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12 Selbstgeführte Stromrichter

Unter selbstgeführten Stromrichtern versteht man Stromrichter zur Umformung von Gleich-
und Wechselströmen unter Verwendung abschaltbarer Bauelemente. Die Ventile können daher
ohne führendes Netz kommutieren. Selbstgeführte Stromrichter arbeiten als Wechselrichter
(WR) mit eingeprägter Spannung (UWR) oder mit eingeprägtem Strom (IWR). Wir betrachten
zunächst 1-phasige Wechselrichterschaltungen.

12.1 Wechselrichter mit eingeprägter Spannung (UWR)


1-phasige Wechselspannungen werden durch Mittelpunktschaltungen (Abb. 12-1 a und b) oder
durch eine Brückenschaltung (Abb. 12-1d) erzeugt. Der Vorteil von Mittelpunktschaltungen
liegt im Vergleich zur Brückenschaltung in der geringeren Anzahl an Halbleiterventilen,
wodurch speziell bei kleinen Leistungen ein günstiger Wirkungsgrad erreicht werden kann.
Der für Mittelpunktschaltungen erforderliche Spannungsmittelpunkt kann von der Gleich-
spannungsseite z. B. über einen kapazitiven Spannungsteiler nach Abb. 12-1b oder nach Abb.
12-1a über den Ausgangstransformator bereitgestellt werden. Der Transformator ist zur
Spannungsanpassung und Potenzialtrennung ohnehin erforderlich.
a) b)
uUV
uUV
Ud C
2 +1
Ud S
+1 -1
-1
Ud Ud
S 2 C

c) d)
uUV
uUV
Ud · ü
+1 +1
t Ud SV
SU
-1 -1
-1 +1 s
+1/-1 -1/+1 sU /sV

Abbildung 12-1 Mittelpunktschaltungen mit gleich- und wechselspannungsseitigem Mittelpunkt

Die Ausgangsspannung uUV (Abb. 12-1c) bildet hier ein symmetrisches Rechteck, dessen
Effektivwert von Ud bzw. dem Windungszahlverhältnis ü des Trafos abhängt. Die Frequenz
folgt aus der Schaltfrequenz der Umschalter (s bzw. sU und sV). Zur Erzielung sinusförmiger
Ausgangsspannungen ist zusätzlich ein Sinusfilter vorzusehen.
194 12 Selbstgeführte Stromrichter

12.1.1 Mittelpunktschaltung mit AC-seitigem Mittelpunkt


Auf der Lastseite sind im Allgemeinen induktive Komponenten vorhanden, welche plötzliche
Stromänderungen verhindern. Die Abschaltung eines Ventils würde daher zu hohen Über-
spannungen führen. Deshalb sind zusätzlich die Dioden D1 und D2 vorzusehen, welche einen
Freilaufkreis ermöglichen. Damit der Primärstrom unmittelbar zwischen den Wicklungshälften
ohne Überspannungen wechseln kann, muss die Primärwicklung streuungsfrei ausgeführt sein.

L R Ausgangssituation: i2 = 0

uL uR Der Schalter S1 wird geschlossen.


U uUV (< 0) V
N2 i2 Die Spannung uUV ist über das Windungs-
zahlverhältnis N1:N2 mit der Gleichspan-
1 i1 uP N1 nung Ud verknüpft (uUV < 0, i2 > 0).
id Der Laststrom i2 zeigt mit der Lastzeitkon-
S1 S2 stanten L/R einen exponentiellen Verlauf.
Ud
D1 D2

L R S1 wird geöffnet, S2 geschlossen.


Beim öffnen von S1 ändert uL die Polarität
uL uR und hält i2 aufrecht. Die primäre Teilspan-
U uUV V
N2 i2 nung uP überschreitet dabei Ud und schaltet
die Freilaufdiode D2 ein, wodurch auch i1
2 N1 weiter fließt.
uP i1
id À Der Strom i1 ist vom Schalter S1 auf die
Freilaufdiode D2 kommutiert
S1 S2
Ud À der Energiefluss ist umgekehrt.
D1 D2
À S2 ist noch stromlos.

L R Unter dem Einfluss von Ud ändert i1 seine


Richtung. Nach dem Stromnulldurchgang
uL uR von i1 blockiert D2 und der Strom i1 wird
U uUV V
N2 i2 von Ud über S2 weitergetrieben
(uUV > 0, i2 > 0).
3 N1 i1 À Der Strom i1 ist von der Freilaufdiode
uP
id D2 auf den Schalter S2 kommutiert.
S1 S2
Ud
D1 D2

Abbildung 12-2 Schaltermodell des 1-phasigen Wechselrichters mit ohmsch-induktiver Last


12.1 Wechselrichter mit eingeprägter Spannung (UWR) 195

Die Ausgangsspannung uUV ist näherungsweise rechteckförmig. Die Amplitude ist von der
Gleichspannung Ud und dem Übersetzungsverhältnis des Transformators abhängig. Auf der
Primärseite fließt i1 über unterschiedliche Pfade, die in Abb. 12-2 dargestellt sind.

12.1.2 Ausführungsbeispiel mit Thyristorschalter


Werden die Schalter in Abb. 12-2 durch Thyristoren realisiert, so erhält man zunächst die
Schaltung nach Abb. 12-3. Hierin ist auch der Kondensator CK zur Bereitstellung der erfor-
derlichen Kommutierungsspannung für die Thyristoren T1 und T2 dargestellt.
uUV uUV
U V U V

D11 D21

D1 D2
CK CK
T1 T2
Ud Cd T1 T2 Ud D1 D2
Cd

LK

Grundschaltung Verbesserte Schaltung


Der Kondensator CK ist auf 2Ud aufgeladen. Die Dioden D11 und D22 verhindern eine
ungewollte Kondensatorentladung, die Induk-
tivität LK verhindert den Einfluss von D1 und
D2 auf die Thyristor-Kommutierungen.
Abbildung 12-3 Selbstgeführter Thyristorwechselrichter
Um zu vermeiden, dass sich der Kondensator CK im Löschaugenblick über die Freilaufdioden
D1 bzw. D2 über einen Kreisstrom iKreis entladen kann, ist eine Kommutierungsdrossel LK er-
forderlich. LK wirkt auch auf die Stromübergabe zwischen Thyristor und Freilaufdiode, die
dadurch verzögert wird. Die Dioden D11 und D21 sollen ein vorzeitiges Entladen von CK ver-
hindern. Die Wirkungsweise soll ausgehend von Abb. 12-4 betrachtet werden (T2 leitet).
uUV
Abbildung 12-4
Ȋ iU L R 1-phasiger WR mit AC-seitigem Mittelpunkt und
U V Kommutierungseinrichtungen

Ausgangssituation: T2 leitet, uCK = 2Ud, uUV > 0.


D11 CK D21
D1 D2
T1 uCK T2
Ud
Cd

LK
196 12 Selbstgeführte Stromrichter

In Abb. 12-5 wird T1 wird gezündet. CK löscht T2. Der Strom ist von der Induktivität L der
Lastseite eingeprägt und fließt daher weiter über T1 und CK. Dabei wird CK umgeladen. Es
fließt zusätzlich ein Kreisstrom iKreis über D2-D21-CK-T1, welcher sich zum Laststrom in CK-
T1-LK überlagert.
uUV
Abbildung 12-5
L R Thyristorkommutierung mit anschließender
ȋ Umladung von CK
À Der Löschstrom fließt nur für kurze Zeit
und ändert die Kondensatorspannung
uCK praktisch nicht.
uCK
Ud D1 À uCK baut über D2 den Kreisstrom iKreis
iLÖSCH
Cd T1 T2 D2 auf.
À An der Primärwicklung des
LK iKreis Transformators wirkt die Spannung uP.
uP = Ud + uCK

Ist CK soweit umgeladen (Nulldurchgang von uCK), dass sich der Kreisstrom durch D2 um-
kehren will, so verlöschen D2 und D21. Der Strom wechselt auf D1, wodurch die Durchflutung
des Transformators auf die andere Wicklungshälfte wechselt (Abb. 12-6). Der Gleichstrom id
wechselt dadurch seine Richtung und es wird Energie zur Gleichstromquelle übertragen
(Rückspeisung).
uUV
Abbildung 12-6

L R
Rückspeisemodus, uUV < 0, iU > 0

Ȍ À Die Last speist Energie in die


Gleichspannungsquelle zurück.
CK À Der Kreisstrom iKreis baut sich in der
D2 Praxis langsam über ohmsche Verluste
Ud D1 uCK und Durchlassspannungen an den
T1 T2 Ventilen ab.
Cd

iKreis
LK

Dieser Zustand dauert solange, bis der (induktive) Verbraucherstrom unter dem Einfluss der
Spannung uUV seine Richtung ändert. Dann ändert sich die Durchflutungsrichtung des Trans-
formators, die Freilaufdiode D1 sperrt und T1 führt den Strom allein (Abb. 12-7). Bei der
Stromübergabe an den Ventilen D1 und T1 wirkt sich die Induktivität LK nachteilig aus.
Deshalb wird LK mit bei praktischen Anlagen einer Mittelanzapfung ausgeführt (Saugdrossel).
Der Kreisstrom sollte vollständig abgebaut werden.
12.1 Wechselrichter mit eingeprägter Spannung (UWR) 197

uUV
Abbildung 12-7
Ende der Kommutierung
L R
Der Laststrom iU hat seine Richtung umge-
ȍ kehrt, womit die Kommutierung abge-
schlossen ist. Es gilt: uUV < 0, iU < 0.
CK
À Der Kondensator CK ist mit der
dargestellten Polarität löschbereit für
T1 uCK T2 die Ablösung von T1 durch T2. (uCK = 2
Ud D1 Ud)
D2
Cd

LK

Die vollständige Periode der Ausgangsspannung uUV und des Stromes iU zeigt Abb. 12-18.
Die Spannung uUV ist idealisiert rechteckförmig dargestellt. Der Einfluss der Kondensator-
spannung uCK in Abb. 12-5 ist somit vernachlässigt. Der Verlauf von iU entspricht daher einer
Exponentialfunktion mit der Zeitkonstanten ˃L. Die Höhe des Effektivwertes der Ausgangs-
spannung (UUV) kann über die Eingangsspannung Ud und das Übersetzungsverhältnis des
Transformators eingestellt werden. Die stets vorhandene Streuinduktivität des Transformators
sollte so klein wie möglich sein, da sie zu einer Vergrößerung der Zeitkonstanten ˃L führt.

N2 ˃L
ʅU d ŏ
N1
u UV iU Rückspeisung

0
t

N2
ėU d ŏ
N1
Ȋ Ȍ ȍ
ȋ
Abbildung 12-8 Ausgangswechselspannung (idealisiert) uUV und Ausgangsstrom iU (Die Zahlen-
angaben beziehen sich auf die entsprechend gekennzeichneten Schaltbilder.)
198 12 Selbstgeführte Stromrichter

12.1.3 3 phasige Brückenschaltungen


Als Beispiel für eine Brückenschaltung wird eine 3-phasige Wechselrichterschaltung vorge-
stellt. Den prinzipiellen Aufbau der 3-phasigen Wechselrichterschaltung mit Einspeisestrom-
richter (ESR) und Zwischenkreiskondensator (UZK) zeigt Abb. 12-9. Die Phasenspannung uU
und die Leiterspannung uUV wird mit den Schaltfunktionen sU, sV und sW nach Gl. (12-1)
bzw. (12-2) hergeleitet. Näheres dazu siehe Kap. 13.1.7.1. In Tab. 12.1 sind die Schaltzustände
des Wechselrichters mit den entsprechenden Spannungen uU und uUV aufgelistet.

u1 Phasenspannung
+1 SU uU
iU
Ud
u2 Cd 2
ė1 +1 SV uUV
iV
0 K
u3 ė1 +1
Cd iW
Ud
SW
N 2 ė1 Mittelpunkt-
spannung
uW0

ESR UZK Wechselrichter


Abbildung 12-9 Schaltermodell des 3-phasigen U-Wechselrichters (UWR) mit symmetrischer Last

Tabelle 12.1 Schalterstellungen und Spannungen (uUV, uU) des UWR


ʱ SU SV SW uUV uU
Grad Ud U d 3

1 0 - 60 +1 -1 +1 1 1
2 60 - 120 +1 -1 -1 1 2
3 120 - 180 +1 +1 -1 0 1
4 180 - 240 -1 +1 -1 -1 -1
5 240 - 300 -1 +1 +1 -1 -2
6 300 - 360 -1 -1 +1 0 -1

Ud
u UV ʛs U ė sV ʜŏ (12-1)
2

sV sW Ud
uU ʛ sU ė ė ʜŏ (12-2)
2 2 3
12.1 Wechselrichter mit eingeprägter Spannung (UWR) 199

In Abb. 12-10 sind die Zeitverläufe der Ausgangsspannung des UWR dargestellt. Für die
Phasenspannungen wurde ein symmetrischer Verbraucher angenommen. Die Kennwerte der
Spannungskurvenform sind in Tab. 12.2 angegeben. Die Betriebsart des Wechselrichters wird
wegen der blockförmigen Spannung als Grundfrequenz- oder Blocktaktung bezeichnet.

u
Ȋ ȋ Ȍ ȍ Ȏ ȏ
uUV
uU Ud

ˈt


u uVW
uV

ˈt

u
uWU
uW

ˈt

Abbildung 12-10 Ausgangsspannungen des UWR mit symmetrischer Last

Tabelle 12.2 Ausgangsspannungen des UWR

verkettete Spannung Phasenspannung


uʒ UV,1 2 ʎ3 uʒ U,1 2
Scheitelwert 1,103 0,637
Ud ˀ Ud ˀ

Effektivwert der U UV,1 ʎ6 U U,1 ʎ2


0,780 0,450
Grundschwingung Ud ˀ Ud ˀ

U UV UU
ʎ2
Effektivwert
Ud ʎ 2
3
0,816
Ud 3
0,471
200 12 Selbstgeführte Stromrichter

12.1.3.1 Betrieb mit passiver Last


Für eine idealisierte Betrachtung wird die Spannung uU entsprechend Abb. 12-10 als treppen-
förmige Zeitfunktion übernommen. Hierbei überträgt die sinusförmige Grundschwingung die
Wirkleistung während die Spannungsoberschwingungen Verzerrungsanteile im Strom und
damit zusätzliche Verluste erzeugen. Die Aufteilung in Grund- und Oberschwingungen wird
durch zwei Spannungsquellen in Abb. 12-11 symbolisiert. Als passive Last wird eine symme-
trische R-L-Schaltung angenommen. Die Spannungsquellen stellen die Mittelpunktspannung
uU nach Abb. 12-10 bereit. Das Ergebnis zeigt Abb. 12-12.

Abbildung 12-11
iU RS L˂
uU,OS Vereinfachtes Simulationsmodell
für eine passive R-L-Last am UWR
uU
uU,1

iU
Abbildung 12-12
Phasenstrom- und Spannung
bei passiver RL-Last im
uU stationären Zustand

ˈt

12.1.3.2 Betrieb mit einer Drehfeldmaschine


Die Drehfeldmaschine wird im Allgemeinen mit einem konstanten magnetischen Fluss ʥʯʡ
betrieben. Der Stromrichter wird dazu so gesteuert, dass sich an den Maschinenklemmen bei
jeder Drehzahl ein konstantes Verhältnis U/f ergibt. Zur Beschreibung der elektrischen Ver-
hältnisse aus Sicht des Stromrichters genügt ein Ersatzschaltbild nach Abb. 12-13.
iU RS L˂ Abbildung 12-13
1-phasiges Ersatzschaltbild einer
Drehfeldmaschine am Beispiel einer
uU eU ASM (Phase U, rotorflussbezogen)

Die Herleitung diese Ersatzschaltbildes ist in [4] erläutert. Aufgrund der schaltenden Arbeits-
weise des Wechselrichter sind in der Spannung uU neben der erwünschten Grundschwingung
12.1 Wechselrichter mit eingeprägter Spannung (UWR) 201

uU,1 auch viele, von der Taktung des Wechselrichters abhängige Oberschwingungen uU,OS
enthalten. Im Ersatzschaltbild nach Abb. 12-14 sind dafür 2 Spannungsquellen vorgesehen.

ʧu
Abbildung 12-14

UWR-gespeiste Drehfeldmaschine,
iU RS L˂
uU,OS vereinfachtes 1-phasiges Simulations-
modell einer Phase zur Ermittlung der
uU eU Stromkurvenform iU
M
uU,1
uU,1: Grundschwingung
uU,OS: Oberschwingungen

Während die Spannungs-Grundschwingung UU,1 für das Drehmoment der Maschine und die
übertragene mechanische Leistung zuständig ist, erzeugen die Oberschwingungen Verzer-
rungsströme, wodurch Pendelmomente, und zusätzliche Verluste in der Maschine entstehen.
Die Abweichung der Spannung von der Sinusform ist beschrieben durch ʧu nach Gl. (12-3).
Die Spannung ʧu liegt an der Maschinenimpedanz und verzerrt die Stromkurvenform.
ʧu uU ė eU (12-3)
Im Phasenstrom nach Abb. 12-15 kann der Einfluss der Spannungsoberschwingungen bei
Grundfrequenztaktung auf den Stromverlauf als Abweichung von der erwarteten Sinuskurven-
form beobachtet werden. Für die Stromkurvenform ist der Einfluss des ohmschen Widerstand
RS im Vergleich zu dem induktiven Widerstand (ˈL˂) vernachlässigbar.
Während die oberschwingungsabhängigen Stromkomponenten durch die Wechselrichtertak-
tung stets die gleiche Phasenlage behalten, verschiebt sich lastabhängig die Stromgrund-
schwingung, wodurch in der Summe eine veränderte Stromkurvenform auftritt. Der
Scheitelwert îU steigt bei dieser Betriebsart typisch über das zweifache des Effektivwertes an
(crest factor).
uU
ˍ iU,1
eU
iU

ˈt

ʧu

ˈt

Abbildung 12-15 Phasenstrom und -spannung bei aktiver Last (Motorlast)


202 12 Selbstgeführte Stromrichter

12.1.3.3 Wechselrichter mit Phasenfolgelöschung


Zur Erzeugung eines Drehspannungssystems nach Abb. 12-10 kann ein Phasenfolgewechsel-
richter nach Abb. 12-16 eingesetzt werden. Dieser Wechselrichter ist mit Thyristoren bestückt.
Derartige Umrichter werden heute wegen der Verfügbarkeit abschaltbarer Bauelemente (GTO,
IGBT) nicht mehr hergestellt, sind aber noch im Einsatz. Die Schaltung nach Abb. 12-16
macht auch deutlich, welchen Vereinfachungen der Einsatz abschaltbarer Bauelemente bietet.
Die Thyristorlöschung erfolgt bei diesem Wechselrichter über die Spannung eines
Kondensators durch Zündung der Folgephase. Während der Ventilablösung werden die
Kondensatoren so umgeladen, dass anschließend die nächste Phase gelöscht werden kann.

C Abbildung 12-16
T1 D1 T3 D3 T5 D5
C35 Wechselrichter mit
Phasenfolgelöschung
C13 C51
Ausgangssituation:
iU sei eingeprägt.
D10 D30 D50
L13 iU fließt C-T1-D10-L13-U von
U0 Cd
dort über die Last und über W-T2
D40 D60 D20 zurück nach D.

Ablauf:
C46 C62 Durch Ansteuerung von T3 soll
C24 T1 abgeschaltet werden.
T4 T6 T2 À Die Spannung von C13 muss
D so gepolt sein, dass beim
D4 D6 D2
Ansteuern von T3 T1 sofort
iU
U V W abschaltet.

Ansteuern von T3 (uC13 > 0):


C
T1 D1 T3
C35 Beim Zünden von T3 geht iU schlagartig
C13 von T1 auf T3 über. Anschließend fließt iU
C51
über T3-C13-D10-L13-U. C13 wird durch iU
D10 L13 D30 umgeladen. Die Ventilspannung am
U0 Cd abgeschalteten Ventil T1 ist gleich uC13 und
bleibt zunächst kleiner 0. Hierdurch wird
die Thyristor-Schonzeit tS sichergestellt. L13
verhindert eine vorzeitige Entladung von
C13 über die Diode D1-T3-C13-D10.
D4
D

U V W
12.1 Wechselrichter mit eingeprägter Spannung (UWR) 203

Kommutierung T3-D4:
C
T1 D1 T3
C35 Sobald uC13 auf íU0 umgeladen wurde, kann
C13 D4 leitend werden und es erfolgt ein über-
C51 lappender Stromübergang mit abnehmendem
D10 L13 D30 iC13 und zunehmendem iD4 bis iC13 Null wird.
U0
Cd (Für die Leitbedingung von D4 (uD4 > 0) ist die
D40
Maschengleichung íU0 í uC13 í uD4 = 0 nach uD4
aufzulösen.)

D4
D

U V W

C Endzustand:
T1 D1 T3

C13 C35 iU fließt über DíD4íL13íU und von dort über


C51 die Last und T2 nach D. Durch Zündung von
D10 L13 D30 T3 ist iU von T1 auf D4 gewechselt. Im Schal-
U0 termodell nach Abb. 12-9 entspricht dies einer
Cd
Änderung der SU-Schalterstellung von +1
nach í1.

D4
D

U V W

Für eine endliche Schonzeit für T1 muss C13 langsam umgeladen werden. Hierfür ist die In-
duktivität L13 vorgesehen. Die Kommutierungsmittel C13 und L13 zusammen mit der Spannung
uC13, der beim Ansteuern von T3 vorhanden ist, sichern den Stromübergang T1 nach D4. Am
Ende dieses Stromüberganges ist uC13 negativ. Bei den folgenden Stromübergängen in der 3-
phasigen Schaltung wird uC13 umgeladen, so dass am Ende des Abschnittes, in dem T1 Strom
führt, uC13 wieder positiv ist.
À Die Ventilablösung erfolgt unabhängig von den Maschinenparametern. Der UWR mit
Phasenfolgelöschung ist daher für variable Lastimpedanzen geeignet.
204 12 Selbstgeführte Stromrichter

12.2 Wechselrichter mit eingeprägtem Strom (IWR)


12.2.1 Prinzip
Dieser Wechselrichter schaltet den in der Induktivität Ld eingeprägten Gleichstrom an die
Motorphasen weiter. Wegen des eingeprägten Stromes ist das Motormoment, welches
proportional zum Strom ist, nur über den Eingangsstromrichter steuerbar. Mit Rücksicht auf
den schlechten Leistungsfaktor des Eingangsstromrichters wird der Wechselrichter mit
eingeprägtem Strom für neue Anlagen mit Wechsel- oder Drehstromeingang nur noch selten
eingesetzt, jedoch:
À Wegen des eingeprägten Stromes hat dieser Wechselrichter eine hohe Kurzschluss-
sicherheit.
À Die Stromsteilheiten sind durch die Systemeigenfrequenzen begrenzt. Dies wirkt sich
günstig aus hinsichtlich der elektromagnetischen Verträglichkeit.
À Der eingeprägte Gleichstrom Id erlaubt durch Polaritätsumkehr der Zwischenkreisspannung
eine direkte Netzrückspeisung. Diese Eigenschaft kann nach Abb. 12-17 mit einer kosten-
günstigen netzgeführten B6-Gleichrichterschaltung realisiert werden.

Ld Id
u1

1 5 uUK
3 iU
u2
iV uUV
K
iW
u3
6
4 2
Last

Eingangsstromrichter (ESR) IZK Wechselrichter


Abbildung 12-17 IWR mit Eingangsstromrichter (ESR) und symmetrischer Last

Tabelle 12.3 Schalterstellungen und Ströme des IWR

ʱ S+ S- IU IV IW
Grad Id Id Id

1 0 - 60 1 6 1 í1 0
Die Winkelangaben
2 60 - 120 1 2 1 0 í1 für ʱ beziehen sich
3 120 - 180 3 2 0 1 í1 auf die Darstellung
in Abb. 12-18
4 180 - 240 3 4 í1 1 0
5 240 - 300 5 4 í1 0 1
6 300 - 360 5 6 0 í1 1
12.2 Wechselrichter mit eingeprägtem Strom (IWR) 205

iU 1 2 3 4 5 6 Abbildung 12-18

Id Ausgangsströme des
IWR (ideal)
ˈt

iV

ˈt

iW

ˈt

Abb. 12-18 zeigt die Ströme in idealisierter Form. Dafür gelten die Kennwerte nach (12-4).

ʒi 2ʎ 3
Scheitelwert U,1 ŏI d 1,103 I d
ˀ
Grundschwingungseffektivwert I U,1 ʎ 6ŏI 0,780 I d (12-4)
ˀ d

Effektivwert IU =
ʎ 2
ŏI
3 d
= 0,816 I d

Eine Umschaltung der Ströme ist wegen der in den Streuinduktivitäten gespeicherten Energie
nur mit begrenzter Stromsteilheit zulässig. Eine Nachbildung von iU durch entsprechende
Rechteckströme (analog zum UWR) ist daher zur Ermittlung von uU nicht sinnvoll. Um die
Spannungsbelastung durch die induzierte Spannung prinzipiell darzustellen wird der Motor-
strom iU deshalb in Trapezform nachgebildet. Abb. 12-20 zeigt den Stromverlauf als Synthese
mehrerer Sinusschwingungen. Eine Ermittlung der Spannungen uL und uR ist daher einfach
durch Überlagerung der einzelnen Oberschwingungen möglich. Das Ergebnis zeigt ebenfalls
Abb. 12-20. An der Phasenspannung uU ist der Einfluss der Maschineninduktivität L˂ bei der

ʧu Abbildung 12-19
iU
R L
IWR-gespeiste Drehfeldmaschine
iU,OS iU,1 d iU 1-phasiges, vereinfachtes Simu-
u R Rŏi U u L Lŏ lationsmodell zur Ermittlung der
uU dt Spannung uU.
eU
206 12 Selbstgeführte Stromrichter

Änderung von iU deutlich zu erkennen. Die Höhe der Überspannung, hier als ʧu bezeichnet,
ist direkt proportional zur Steilheit von iU.

uU

ˈt

uL

ˈt
A

iU Id

ˈt
ʧt
Abbildung 12-20 Strom- und Spannungsverläufe einer Maschinenphase

Die zur Änderung der magnetischen Energie in den Maschinenwicklungen erforderliche Span-
nungszeitfläche A ist abhängig von der Induktivität L˂ und dem Spulenstrom Id. Unter der
Annahme einer linearen Stromabnahme ist uL während ʧt konstant. Wenn ʮ den in der In-
duktivität gespeicherten magnetischen Fluss darstellt, dann gilt folgender Zusammenhang:

ʮ ĩ u L d t Flussabbau in ʧ t bedeutet: ʧ ʮ uL ʧt L˂ ʧ I d
1 (12-5)
Erforderliche Zeit: ʧt L I ( uL = konstant)
uL ˂ d

Je schneller der Spulenstrom abgebaut werden soll, desto höher muss uL sein. Beim Strom-
zwischenkreiswechselrichter, wie z. B. dem Phasenfolgewechselrichter nach Abb. 12-21, wird
die Spannung uL über entsprechend geladene Kondensatoren bereitgestellt. Der Verlauf von
Strom und Spannung wird dann mit der von L˂ und C bestimmten Eigenfrequenz 1 L˂ C ʎ
erfolgen. Die Spannungshöhe ist proportional zu L ˂ C . Für eine Phasenspannung stellt sich
ʎ
damit ein ähnlicher Verlauf wie in der vereinfachten Schaltung nach Abb. 12-20 ein.
Anmerkung: Es wird nur die Energie des Streufeldes einer Ständerwicklung (symbolisiert
durch L˂) geändert. Der magnetische Hauptfluss in der Maschine ändert als Flusszeiger ʯ
durch die Umschaltungen des Wechselrichters nur seine Winkellage (Drehfeld).
12.2 Wechselrichter mit eingeprägtem Strom (IWR) 207

12.2.2 Wechselrichter mit Phasenfolgelöschung


Nach dem Prinzip der Phasenfolgelöschung wird der Strom vom gerade leitenden Ventil zum
nächsten Ventil kommutiert. Die in den Streuinduktivitäten der Maschine gespeicherte Energie
wird mit der Eigenfrequenz von den Wechselrichterkondensatoren aufgenommen. Durch die-
sen Energieaustausch entstehen an den Kondensatoren kurzzeitig Überspannungen. Zur De-
monstration der Arbeitsweise wird hier der Stromübergang von T1 auf T3 besprochen. Die
Ausgangssituation zeigt Abb. 12-21.
Ld Id Abbildung 12-21
C T 1 C1 T 3 C3 T5 Wechselrichter mit eingepräg-
tem Strom und Phasenfolgelö-
schung

Ausgangszustand:
C5
D1 D3 D5 U iU eU der Strom Id fließt über T1-D1

zur Klemme U und von
eV Klemme W über D2-T2.
V iV L˂

eW
W iW L˂

D4 D6 D2

T4 T6 T2
D

Der Strom Id fließt über C-Ld-T1-D1-U-W-D2-T2-D. Die Kondensatoren der oberen Brücken-
hälfte sind in der dargestellten Polarität aufgeladen, d. h. die Schaltung ist für den Stromüber-
gang T1 - T3 löschbereit.

1 (Zündung von T3) 2 (C-Umladung)

T1 uC1 T3
C3
T1 uC1 T3
C3
D1 C5 D3 U iU L eU
˂
D1 C5 D3 U iU L eU
V iV L˂ eV ˂

eW V iV L˂ eV
W i W L˂

D2 W iW L˂ eW

D2
208 12 Selbstgeführte Stromrichter

3 (Diodenkommutierung) 4 (Ventilablösung beendet)

T1 uC1 T3
C3 T1 uC1 T3
C3

D1 C5 D3 U iU L eU
˂ D1 C5 D3 U iU L eU
˂
V iV L˂ eV
V iV L˂ eV
W iW L˂ eW
W iW L˂ eW
D2
D2

Thyristor-Kommutierung. Durch Zünden von T3 wird unter Wirkung von uC1 der
Laststrom I von T1 auf T3 kommutiert. D3 ist wegen uC1 í uVU < 0 in Sperrrichtung
1 beansprucht und kann den Strom noch nicht übernehmen. Bei dieser schnell ablaufen-
den Thyristor-Kommutierung bleiben die Kondensatorspannungen nahezu un-
verändert.
Nachdem T1 gelöscht ist, fließt der Strom über T3 sowie die Kondensatoren und die
weiterhin leitende Diode D1. In der Kondensatorgruppe ist C1 mit der
Reihenschaltung von C2 und C3 parallel geschaltet. Die resultierende Kapazität
2 beträgt (3/2) C, wenn C die Größe der Einzelkapazität ist. Die Kondensatoren führen
den Strom iC1 = (2/3) I bzw. iC3 = iC5 = í(2/3)I und werden linear umgeladen. Die
Spannung uC1 liegt an dem gelöschten Thyristor T1 als Sperrspannung und bestimmt
seine Schonzeit tC.
Sobald die Kondensatorspannung uC1 den Augenblickswert der Leiterspannung uVU
am Lastkreis überschreitet, wird die Diodenspannung uD3 = uC1 í uVU > 0 und die
Diode D3 wird stromführend. Danach besteht über die Dioden D1 und D3 ein
Schwingkreis, der zwei Stränge des Lastkreises und die Kapazität (3/2)C enthält. Der
weiterhin konstante Laststrom I geht in einem zweiten Kommutierungsabschnitt, der
3 Diodenkommutierung auf den Zweig 3 über. uVU ist gleich der Kondensatorspannung
uC1 und überschreitet deutlich den Scheitelwert der induzierten Spannung. Nach Ab-
lauf der Diodenkommutierung sind die Kondensatoren stromlos, ihre Spannungen
sind gegenüber dem Kommutierungsbeginn zyklisch vertauscht. Der Brückenzweig 3
führt den Laststrom I, bis im Abstand T/3 = 2/3 auf der betrachteten Brückenseite die
nächste Kommutierung eingeleitet wird.
Aus dem Ladezustand der Kondensatoren lässt sich auch eine Rückkommutierung
einleiten (von 3 auf 1). Es ist also auch eine Umkehr des Drehsinns möglich. Durch
4
mehrmaliges Wechseln zwischen zwei Zweigen ist auch ein Pulsen des Laststromes
möglich (Zwischentakten).

Kennzeichnend für den I-Wechselrichter ist die hohe Spannungsbeanspruchung der Ventil-
zweige und des Lastkreises durch die während der Kommutierungen auftretenden Spannungs-
spitzen. Am Ende der Kommutierung haben die Kondensatoren die Energie von L˂ aufgenom-
12.2 Wechselrichter mit eingeprägtem Strom (IWR) 209

men, wodurch sich die Lastkreisspannung in Abb. 12-22 um den Betrag ʧu über den
stationären Augenblickswert erhöht.

ʎ
2L
˂
ʧu I dŏ (12-6)
3
C
2
Mit diesem Endwert der Kondensatorspannung werden auch die Thyristoren zusätzlich bean-
sprucht. Bei leitender Diode D3 ermittelt sich die Diodenspannung uD1 zu:
u D1 u VU ė u C1 (12-7)

ʧu
Schnittpunkt von
uC1 und uVU
uVU
- D3 leitet
ʧu U0
uU 2
uV

ˈt

ˈtC

U0
ť
Diodenkommutierung D1 ä D3
Schwingkreis: D1-U-V-D3-Cges
uC1
Ť Ŧ
C-Umladung Im Stromnulldurchgang des
(linear) iU D1 Diodenstromes ist die Dioden-
T1 kommutierung beendet.
D1 sperrt und D3 leitet.
ţ
ˈt
Thyristorkommutierung
iV
T1 äT3 T3
D3
ˈt
Abbildung 12-22 Spannungs- und Stromverläufe für die Kommutierung von T1 - T3
210 12 Selbstgeführte Stromrichter

Der Spitzenwert ûD1 liegt erheblich über der Kondensatorspannung. Die Bemessung der
Löschkondensatoren wird deshalb auf eine geringe Spannungsbeanspruchung der Ventile
ausgerichtet und führt gegenüber vergleichbaren U-Wechselrichtern zu mehrfach größeren
Kapazitäten. Bei bekannter Schaltungsdimensionierung kann durch Messung von ǻu mit Gl.
(12-6) auf die Motor-Streuinduktivität Lı geschlossen werden.
Die erreichbare Schonzeit tC für die Thyristoren berechnet sich nach Abb. 12-22 und Abb.
12-23 mit Gl. (12-8).
3C U 0
tC (12-8)
2 Id

Für die Schonzeit tC ergeben sich relativ große Werte. Wegen der geringen Anforderungen an
die Freiwerdezeit können daher einfache Netzthyristoren eingesetzt werden.

uT1
Abbildung 12-23
uT1 C Verlauf der Ventilspannung zur
tC
I Berechnung von tC nach Gl. (12-8)
U0
Während der Umladung ist uT1 = uC.
t C C
U0 3
C ges C
2

À Da jede Kommutierung über zwei Stränge des Lastkreises verläuft, gehen die Daten der
Last in die Schaltungsbemessung ein. Daraus folgt, dass die Schaltung nicht für veränder-
liche Belastungsimpedanzen geeignet ist. Sie wird einem Lastkreis fest zugeordnet.
À Der Laststrom hat durch die harmonischen Kommutierungsvorgänge cosinusförmige
Flanken.
À Für die Kondensatorumladung ist ein Mindeststrom erforderlich. Die Schaltung ist daher
nicht leerlauffest.
À Ausgeführte I-Wechselrichter erreichen Ausgangsfrequenzen bis 150 Hz.
Vergleicht man den Schaltungsaufbau des Wechselrichter für eingeprägten Strom nach Abb.
12-21 mit dem Wechselrichter für eingeprägte Spannung nach Abb. 12-16, so zeigen sich
folgende Unterschiede:
À Der IWR benötigt keine Freilaufdioden.
À Der IWR benötigt keine zusätzlichen Induktivitäten.

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