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Bild: Ramazan
Pastor Ramazan aus Antalya
Hatte ich früher auch nicht. Als ich in Antalya hinter einer
anderen Nachricht her war, erfuhr ich zufällig von einem Pastor
mit diesem Namen. Als ich ihn schließlich gefunden hatte und
mit ihm telefonierte, sagte er, als wäre es etwas völlig normales:
„Ich weiß zwar nicht, warum Sie ausgerechnet mit mir reden
wollen, aber kommen Sie nur!”
Ich bin dorthin geflogen. Was ich hörte, war die Geschichte der
"Suche im Leben" eines 28-jährigen jungen Mannes. Seit 2,5
Jahren ist er der Pastor der St.-Paulus-Kirche in Antalya. Er hat
eine Gemeinde von 150 Personen. Doch seine Geschichte
besteht nicht nur daraus: Er war das zunächst (überzeugt)
muslimische und später atheistische Kind einer muslimischen
Mutter und eines atheistischen Vaters. Er wurde zum
Sympathisanten der DKHP-C, wurde von "Ülkücüs" geprügelt
("bis zu Kopfbruch und blaugeschwollene Augen"), ging in eine
Kirche, um ein Mädchen zu schnappen, und wurde schließlich
Christ.
Ich fange vielleicht sehr direkt an, aber: Sie heißen Ramazan,
sind aber von Religion Christ. Wie geht das? Was für ein
Selbstvertrauen?
Ihre Familie, die Ihnen den Namen Ramazan gegeben hatte, wird
Ihnen wohl nicht den Rücken gestreichelt (oder: "auf die
Schulter geklopft") und gesagt haben: "Wie gut, dass du Christ
geworden bist".
- Die meinen Vater als Atheisten kannten, sagten: „das war klar,
dass aus dem Baum diese Frucht hervorgeht”.
Sie sind jetzt 28 und haben sich schon auf jeder Bahn, Islam,
Atheismus, Christentum, bewegt. Nach 28 kommt noch 38, 48,
58. Sind Sie sicher, dass es in Ihrem weiteren Leben keine
weitere Änderung mehr geben wird?
Gut, Sie sind Pastor, aber Sie sind auch ein 28-jähriger junger
Mann. Kommen Sie nicht bei Beziehungen zu Frauen ins
Wanken?
Das heißt, Sie stufen Ihre Gefühle herunter und hören auf Ihren
Verstand - richtig?
- Ich achte Gefühle durchaus, aber ich bin nicht jemand, der
nach Gefühl vorgeht. Der Verstand ist für mich wichtig. Wenn
die Bibel etwas nicht gut heißt, halte ich mich davon fern.
- Was Sie da sagen, sind für uns keine neuen Sachen. In der
Bibel sagt Jesus: "Teilt mich mit den Menschen" (gemeint ist:
von Jesus weiter sagen). Mission ist im Wesen des
Christentums drin. Eigentlich ist jeder Christ ein Missionar. Aber
nicht als Agent, wie es in der Türkei verstanden wird. Weil es
uns Jesus so geboten hat, geben wir unseren Glauben an
andere weiter. Wir würden niemandem die christliche Botschaft
aufzwingen. Wer zuhören will, dem erzählen wir es gern. Weder
machen wir Gehirnwäsche, noch missionieren wir in dem Sinne,
wie es allgemein verstanden wird.
- Ich habe mit Sicherheit keine Angst. Für mich ist das Leben
Christus, und Sterben ist Gewinn (Philipper 1, 21). Wenn ich
lebe, lebe ich für Gott, und um Gott den Menschen zu
verkünden. Wenn ich sterbe, ist das für mich Gewinn. Ich weiß
gewiss, wo ich bei meinem Tod hingehe. Ich glaube, dass ich in
den Himmel (bzw. "ins Paradies") komme.
Als Atheist war mein Vater in Sivas nicht sehr beliebt, dort
konnten wir nicht sicher wohnen. Als ich vier Jahre alt war,
ließen wir uns als Familie in Kalkan nieder. Ich kannte Islam, wie
ich ihn von meiner Mutter und von den Nachbarn gehört hatte.
Aber ich wusste nicht genau, was Islam ist. In der "Mittelschule"
(6. -8. Schuljahr im damaligen Schulsystem) war ich ein
schlechter Schüler. Mein Religionslehrer lenkte mich auf eine
"Tarikat" (religiöse Sondergemeinschaft, s. Anmerkung am
Schluss), damit sie mir beim Religionsunterricht helfen und
auch meinen Glauben festigen würden. In der Tarikat kümmerte
man sich sehr um mich, ich habe es sehr dort gemocht. Bis zur
Lise (etwa: Oberstufe Gymnasium, vgl. franz. Lycée) ging ich
jeden Tag zur Tarikat. Alle meine Freunde waren aus
islamischem Umfeld.
Sie sagten: Das Auge deines Herzens ist verschlossen. Da
verliess ich die Tarikat
Ich war dabei, mich nach und nach vom islamischen Glauben zu
entfernen. Ich glaubte an Gott und dann auch wieder nicht. Auch
unter dem Einfluss der sozialistischen Bücher, die ich später
las, fing ich an, an die Existenz Gottes zu zweifeln. In der Zeit
beteiligte ich mich an politischen Aktivitäten. Ich hatte auch
Sympathien für die DHKC. Ich verkaufte ihre Zeitung. Ich bekam
viel Ärger mit den Ülkücüs, und wurde oft verprügelt. Sex,
Alkohol, Flucherei - all das war in meinem Leben. In der Zeit
lernte ich einen Christen kennen. Er gab mir ein NT (oder ganze
Bibel?). Ich nahm es an, um ihn nicht zu verletzen. Mir war, wie
wenn ich Geschichten (Märchen?) gelesen hätte, es kam mir
sehr unsinnig vor. Obwohl ich so dachte, fing er an, mir das
Christentum zu erklären. Ich fing später an, die Bibel genauer zu
lesen, um seinen Glauben zu widerlegen. Ich stellte viele Fragen
und wollte ihn damit in Widersprüche bringen. Doch er hatte auf
jede meiner Fragen eine überzeugende Antwort.
Ich ging hin, um ein Mädchen zu "schnappen"
Eines Tages lud er mich in die Gemeinde ein. Bis dahin war ich
noch nie in einer (christlichen) Kirche oder Gemeinde gewesen.
Was sie "Kirche" nannten, war ein Konferenzsaal in einem Hotel.
Meine Absicht, um dorthin zu gehen, war nicht, die Bibel zu
studieren oder Gott kennen zu lernen. Ich dachte, ich könnte ein
ausländisches Mädchen finden, heiraten und auswandern. In der
Gemeinde erwies man mir unglaubliche Aufmerksamkeit.
Außerdem waren dort auch keine Mädchen. Ihr Verhalten mir
gegenüber gefiel mir sehr. Ich nahm an den Gottesdiensten teil
und lernte auch mehr über die Bibel.
Bild: Gemeindeaktivität
Aktivitäten in der Gemeinde: www.antalyaincilkilisesi.com
Schlussbemerkung: