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MAGNUSFE 2010 - Islam

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Ramazan aus Sivas ging in eine Kirche, um ein Mädchen zu


schnappen, und kam als Pastor wieder raus

Bild: Ramazan
Pastor Ramazan aus Antalya

Haben Sie jemals von einem (christlichen) Pastor mit Namen


Ramazan gehört?

Hatte ich früher auch nicht. Als ich in Antalya hinter einer
anderen Nachricht her war, erfuhr ich zufällig von einem Pastor
mit diesem Namen. Als ich ihn schließlich gefunden hatte und
mit ihm telefonierte, sagte er, als wäre es etwas völlig normales:
„Ich weiß zwar nicht, warum Sie ausgerechnet mit mir reden
wollen, aber kommen Sie nur!”

Ich bin dorthin geflogen. Was ich hörte, war die Geschichte der
"Suche im Leben" eines 28-jährigen jungen Mannes. Seit 2,5
Jahren ist er der Pastor der St.-Paulus-Kirche in Antalya. Er hat
eine Gemeinde von 150 Personen. Doch seine Geschichte
besteht nicht nur daraus: Er war das zunächst (überzeugt)
muslimische und später atheistische Kind einer muslimischen
Mutter und eines atheistischen Vaters. Er wurde zum
Sympathisanten der DKHP-C, wurde von "Ülkücüs" geprügelt
("bis zu Kopfbruch und blaugeschwollene Augen"), ging in eine
Kirche, um ein Mädchen zu schnappen, und wurde schließlich
Christ.

Ich fange vielleicht sehr direkt an, aber: Sie heißen Ramazan,
sind aber von Religion Christ. Wie geht das? Was für ein
Selbstvertrauen?

- Den Namen gab mir meine Großmutter väterlicherseits. Die


meinen Namen kennen, jedoch nicht meine Arbeit, halten es für
einen Witz und lachen darüber, wenn sie hören, dass ich Pastor
bin. Mich hat mein Name nie gestört, ich hatte nie das Bedürfnis,
ihn zu ändern. So wie es ist, sind die Leute noch neugieriger,
wieso ich Christ bin. Eine Gelegenheit zum Zeugnis!

Ihre Familie, die Ihnen den Namen Ramazan gegeben hatte, wird
Ihnen wohl nicht den Rücken gestreichelt (oder: "auf die
Schulter geklopft") und gesagt haben: "Wie gut, dass du Christ
geworden bist".

- Ich bin in Sivas in eine muslimische Familie geboren. Meine


Mutter und Geschwister waren Muslime, mein Vater war Atheist.
Manchmal glaubte ich an die Existenz Gottes, manchmal fiel ich
in Zweifel. Aber meine Sippschaft ist im Allgemeinen extrem
religiös. Ich habe sogar gehört, dass einige von ihnen an dem
Massaker von Sivas (Anm: Anschlag gegen eine Konferenz von
Alewiten, 1993) beteiligt waren. Meine Mutter sagte zu mir: „Mein
Sohn, es ist gut, dass du Christ geworden bist, erst danach ist
aus dir ein Mann geworden”. Zu meiner Familie habe ich ein
ganz besonderes, gutes Verhältnis. Überzeugungen und Ideen
haben niemals Probleme bei unserer Beziehung bereitet. Unser
Haus ist ein bisschen wie Jerusalem. Wie in Jerusalem
verschiedene Religionen beisammen sind, so ist auch unser
Haus.

Und welche Reaktionen erhielten Sie aus Ihrer Umgebung?

- Die meinen Vater als Atheisten kannten, sagten: „das war klar,
dass aus dem Baum diese Frucht hervorgeht”.

Erhielten Sie religiöse Unterweisung über das Christentum?

- Ich habe die Offene Christliche Theologische Fakultät


absolviert und die Bibelschule in Selçuk (bei Ephesus) besucht.

Was steht in Ihrem Ausweis unter "Religion"?

- Ich habe (die Religionsangabe) ändern lassen zu "Christ". Es


war sehr schwierig. Da ich in Antalya der erste war, der die
Religion wechselte, wussten sie auf dem Amt nicht so recht, was
sie tun sollten. Sie verlangten einen Gerichtsentscheid, ich
sagte, die Gerichte würden sich nicht darum kümmern, ich
besorgte mir eine Bescheinigung der christlichen Gemeinde und
ging wieder hin, sie machten etwas Schwierigkeiten. Nach drei
Monaten konnte ich (den Religionseintrag) ändern. Im Feld
"Religion" steht "G. Hrs.".

Was bedeutet das denn?

- Das sollte bedeuten: "zum Christentum übergetreten". Sie


schrieben nicht einfach "Christ". Mein Personenregister war in
Sivas. Im Fax von dem dortigen Amt wurde aus Platzmangel der
Sachverhalt mit "G. Hrs." abgekürzt. Der Personenstandsbeamte
(in Antalya) hat, auch um mich ein bisschen zu ärgern, statt
"Christ" diese Abkürzung unverändert übernommen.

Sie sind jetzt 28 und haben sich schon auf jeder Bahn, Islam,
Atheismus, Christentum, bewegt. Nach 28 kommt noch 38, 48,
58. Sind Sie sicher, dass es in Ihrem weiteren Leben keine
weitere Änderung mehr geben wird?

- Mein weltliches Suchen hat in Jesus die Lösung gefunden. Seit


7,5 Jahren bin ich jetzt Christ und jeden Tag fühle ich mich ihm
noch näher. Ich studiere auch andere Glaubensformen und
Religionen aber ich glaube definitiv, dass das Christentum mein
Schlusspunkt ist.

Gut, Sie sind Pastor, aber Sie sind auch ein 28-jähriger junger
Mann. Kommen Sie nicht bei Beziehungen zu Frauen ins
Wanken?

... Im christlichen Glauben sind uneheliche Beziehungen


Ehebruch ...

- Im christlichen Glauben sind uneheliche Beziehungen


Ehebruch. Aber in der Ehe natürlich steht eine solche Beziehung
frei. Im Christentum ist die Sexualität auch eine Gabe Gottes an
den Menschen.

Wenn Sie sich in ein muslimisches Mädchen verlieben würden,


würden Sie sie heiraten?
- Im Christentum hat die Heirat mit andersgläubigen Menschen
nicht die Zustimmung Gottes. In unserem Leben ist Gott das
Wichtigste. Wenn ich das Wichtigste in meinem Leben nicht mit
meinem Ehepartner teile, hat diese Ehe keinen Sinn mehr.

Das heißt, Sie stufen Ihre Gefühle herunter und hören auf Ihren
Verstand - richtig?

- Ich achte Gefühle durchaus, aber ich bin nicht jemand, der
nach Gefühl vorgeht. Der Verstand ist für mich wichtig. Wenn
die Bibel etwas nicht gut heißt, halte ich mich davon fern.

Eines werden einige Radikale, die diesen Artikel lesen, sowieso


fragen - dann frage ich es gleich. Machen Sie Gehirnwäsche mit
den jungen Leuten? Bilden Sie Agenten aus? Treiben Sie
Missionsarbeit?

- Was Sie da sagen, sind für uns keine neuen Sachen. In der
Bibel sagt Jesus: "Teilt mich mit den Menschen" (gemeint ist:
von Jesus weiter sagen). Mission ist im Wesen des
Christentums drin. Eigentlich ist jeder Christ ein Missionar. Aber
nicht als Agent, wie es in der Türkei verstanden wird. Weil es
uns Jesus so geboten hat, geben wir unseren Glauben an
andere weiter. Wir würden niemandem die christliche Botschaft
aufzwingen. Wer zuhören will, dem erzählen wir es gern. Weder
machen wir Gehirnwäsche, noch missionieren wir in dem Sinne,
wie es allgemein verstanden wird.

So offen zu sein, macht sie doch auch zur Zielscheibe. Haben


Sie keine Angst?

- Ich habe mit Sicherheit keine Angst. Für mich ist das Leben
Christus, und Sterben ist Gewinn (Philipper 1, 21). Wenn ich
lebe, lebe ich für Gott, und um Gott den Menschen zu
verkünden. Wenn ich sterbe, ist das für mich Gewinn. Ich weiß
gewiss, wo ich bei meinem Tod hingehe. Ich glaube, dass ich in
den Himmel (bzw. "ins Paradies") komme.

Als "Tarikat" - Anhänger wurde er Atheist, und als Atheist wurde


er Christ
Mein Religionslehrer lenkte mich zur "TARIKAT" (Sekte, islam.)
hin

Als Atheist war mein Vater in Sivas nicht sehr beliebt, dort
konnten wir nicht sicher wohnen. Als ich vier Jahre alt war,
ließen wir uns als Familie in Kalkan nieder. Ich kannte Islam, wie
ich ihn von meiner Mutter und von den Nachbarn gehört hatte.
Aber ich wusste nicht genau, was Islam ist. In der "Mittelschule"
(6. -8. Schuljahr im damaligen Schulsystem) war ich ein
schlechter Schüler. Mein Religionslehrer lenkte mich auf eine
"Tarikat" (religiöse Sondergemeinschaft, s. Anmerkung am
Schluss), damit sie mir beim Religionsunterricht helfen und
auch meinen Glauben festigen würden. In der Tarikat kümmerte
man sich sehr um mich, ich habe es sehr dort gemocht. Bis zur
Lise (etwa: Oberstufe Gymnasium, vgl. franz. Lycée) ging ich
jeden Tag zur Tarikat. Alle meine Freunde waren aus
islamischem Umfeld.
Sie sagten: Das Auge deines Herzens ist verschlossen. Da
verliess ich die Tarikat

Nach dem Lise-Schulabschluss (etwa: Abitur) musste ich


arbeiten und fing bei einem Gewürzhändler an. Ich fand mich in
einem sozialistischen und atheistischen Umfeld wieder. Bei
unseren Gesprächen sprachen sie von den Widersprüchen im
Koran und verwirrten mich. Um meinen Glauben näher zu
erforschen, las ich den Koran. Ich wunderte mich etwas beim
Lesen, dachte, es wäre wohl eine schlechte Übersetzung, und
las nun den Kommentar eines "Hamdi Yazir von Elmali". Aber
meine Widersprüche konnte ich nicht wegschaffen, in meinem
Kopf waren noch Fragen. Ich ging zur Behörde für
Religionsangelegenheiten ("Diyanet") und verlangte Aufklärung
über meine Widersprüche. Sie mühten sich um mich,
beantworteten meine Fragen, aber nach einer Weile schickten
sie mich aus Verdruss wieder fort. Ich brauchte zufrieden
stellende Antworten. Ich ging wieder zu meiner alten Tarikat und
bat um Hilfe. Ich stellte jede Frage, die in meinem Kopf war.
Nach einer Zeit sagte mir der Führer der Tarikat, „Du brauchst
nicht mehr zu kommen, dein Herzens-Auge ist verschlossen.”.
Es gibt im Koran den Vers: "Freund, du kannst ihnen erklären
was du willst - sie werden dich nicht verstehen, denn wir haben
ihre Herzens-Augen verschlossen". (Anm: Der Begriff hat in der
islamischen Sufi-Mystik auch eine spezielle Bedeutung) Ich
ärgerte mich, man mir diesen Vers sagte. Ich sagte, „wenn Allah
mir die Augen verschließt, dann lebe ich eben blind”, und ging
nicht mehr zur Tarikat.
Ich verkaufte Zeitungen für die DHKP

Ich las nun die Bibel genauer, um seinen Glauben zu


widerlegen

Ich war dabei, mich nach und nach vom islamischen Glauben zu
entfernen. Ich glaubte an Gott und dann auch wieder nicht. Auch
unter dem Einfluss der sozialistischen Bücher, die ich später
las, fing ich an, an die Existenz Gottes zu zweifeln. In der Zeit
beteiligte ich mich an politischen Aktivitäten. Ich hatte auch
Sympathien für die DHKC. Ich verkaufte ihre Zeitung. Ich bekam
viel Ärger mit den Ülkücüs, und wurde oft verprügelt. Sex,
Alkohol, Flucherei - all das war in meinem Leben. In der Zeit
lernte ich einen Christen kennen. Er gab mir ein NT (oder ganze
Bibel?). Ich nahm es an, um ihn nicht zu verletzen. Mir war, wie
wenn ich Geschichten (Märchen?) gelesen hätte, es kam mir
sehr unsinnig vor. Obwohl ich so dachte, fing er an, mir das
Christentum zu erklären. Ich fing später an, die Bibel genauer zu
lesen, um seinen Glauben zu widerlegen. Ich stellte viele Fragen
und wollte ihn damit in Widersprüche bringen. Doch er hatte auf
jede meiner Fragen eine überzeugende Antwort.
Ich ging hin, um ein Mädchen zu "schnappen"

Eines Tages lud er mich in die Gemeinde ein. Bis dahin war ich
noch nie in einer (christlichen) Kirche oder Gemeinde gewesen.
Was sie "Kirche" nannten, war ein Konferenzsaal in einem Hotel.
Meine Absicht, um dorthin zu gehen, war nicht, die Bibel zu
studieren oder Gott kennen zu lernen. Ich dachte, ich könnte ein
ausländisches Mädchen finden, heiraten und auswandern. In der
Gemeinde erwies man mir unglaubliche Aufmerksamkeit.
Außerdem waren dort auch keine Mädchen. Ihr Verhalten mir
gegenüber gefiel mir sehr. Ich nahm an den Gottesdiensten teil
und lernte auch mehr über die Bibel.

Bild: Gemeindeaktivität
Aktivitäten in der Gemeinde: www.antalyaincilkilisesi.com

Ich bekehrte mich unter Tränen

Genau in dem Zeitraum wurde ich zum Militär einberufen. Die


ersten neun Tage vergingen wie ein Albtraum, ich beschloss zu
fliehen. In der Nacht, in der ich fliehen wollte - während ich
"Nachtwache schob" - kamen mir ständig Texte aus der Bibel in
den Sinn. Vor dem Depot (Anm.: Lager für Waffen oder
Treibstoff oder Munition?) schob ich Wache, ich kniete nieder
und fing an zu weinen. In dem Augenblick dachte ich daran, wie
schwach ich sei, auf mich selbst gestellt gar nichts. Ich dachte
an das Bibelwort, in dem es heißt: "Denn ich kenne ja die
Gedanken, die ich über euch denke, spricht der HERR,
Gedanken des Friedens und nicht zum Unheil, um euch Zukunft
und Hoffnung zu gewähren." (Jeremia 29,11) In dem Augenblick
dachte ich, Gott würde mich hören, und betete zum ersten Mal
nach meiner atheistischen Periode. Mit Weinen bat ich um die
Vergebung meiner Sünden. Ich hatte viele Schulden bei Gott. Als
ich am nächsten Tag aufwachte, war Friede in mir. Ich fand die
Kraft, den Wehrdienst fertig zu leisten. Und seit dem Tag, an
dem ich mich damals unter Tränen bekehrte, bin ich Christ.

Schlussbemerkung:

Dieses Interview erschien vor einiger Zeit in der größten


Tageszeitung der Türkei. Es wurde allerdings als Kopie von
einer türkischen christlichen Website
(http://www.hristiyanforum.com) übernommen, sowie aus der
Website der von Ramazan geleiteten Gemeinde in Antalya. In
Leserzuschriften an "Hristiyanforum" bekennen ein paar Leser,
durch Ramazan geistlich gesegnet, eine Bibel bekommen,
getauft worden. zu sein. Ein Bezug auf seine spätere Hochzeit
(er ist inzwischen verheiratet) kam auch vor.

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