Professional Documents
Culture Documents
5
nachrichten g 3336 10.3.2005 21. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.antifaschistische-nachrichten.de
In einer gemeinsamen statisti- für Opfer rechtsextremer Gewalt in Leip- Keine Entwarnung
schen Erhebung ziehen die acht zig und Nordwestsachsen bei der RAA Vor dem Hintergrund, dass die Bera-
vom Bundesprogramm CIVITAS Leipzig, und in Thüringen der Thüringer tungsstellen im Jahr 2003 ebenfalls 551
geförderten Projekte zur Beratung von Hilfsdienst für Opfer rechtsextremer Angriffe mit mindestens 808 direkte Be-
Opfern rechtsextremer Straf- und Ge- Straftaten (THO). troffenen erfassen konnten, muss von ei-
walttaten Bilanz für 2004: Bei 551 An- Recherchierte Straf- und Gewalttaten nem gleich bleibend hohen Pegel rechts-
griffe kamen 822 Menschen zu Scha- extremer Gewalt ausgegangen werden.
den. Die meisten Gewalttaten ereigne- Im Jahr 2004 erlangten die Opferbera- Die professionelle Unterstützung von
ten sich in Sachsen. tungsstellen Kenntnis von insgesamt 551 Opfern rechtsextremer Gewalttaten bil-
rechtsextremen Angriffen. Die meisten det einen notwendigen und wichtigen
Seit Herbst 2001 werden mit Hilfe des dieser Gewalttaten ereigneten sich in Bestandteil von Strategien gegen Rechts-
Bundesprogramms Civitas acht Projekte Sachsen (146), gefolgt von Brandenburg extremismus, die auf den Aufbau zivilge-
zur Beratung von Opfern rechtsextremer (136) und Sachsen-Anhalt (109). Von den sellschaftlicher Strukturen in den neuen
Straf- und Gewalttaten gefördert. „Civi- 551, in ihrer Intensität sehr unterschied- Bundesländern abzielen. Leider wird die-
tas – initiativ gegen Rechtsextremismus lichen Angriffen, waren mindestens 805 ser wichtigen Rolle der Opferberatungs-
in den neuen Bundesländern“ ist ein Pro- Personen direkt betroffen. In der überwie- stellen von staatlicher Seite nicht immer
gramm des Bundesministeriums für Fa- genden Mehrzahl der Fälle handelte es Rechnung getragen: Derzeit ist die Op-
milie, Senioren, Frauen und Jugend und sich um Körperverletzungsdelikte. ferperspektive in Brandenburg von der
unterstützt die Schaffung einer demokra- Beratungsfälle Schließung bedroht, weil das Justizmi-
tischen, gemeinwesenorientierten Kultur nisterium die bisherige Landesförderung
in den neuen Bundesländern. Für das Die Beratungsstellen betreuten im vergan- nicht fortführen will – womit auch die
Jahr 2004 legen die Beratungsstellen genen Jahr insgesamt 1230 KlientInnen, weit höheren Bundesmittel verfallen, mit
eine gemeinsame statistische Erhebung darunter 822 Personen, die direkt zu Op- denen die Opferperspektive derzeit
vor, in der Zahlen über recherchierte An- fern rechtsextremer Gewalttaten gewor- unterstützt wird.
griffe sowie über KlientInnen veröffent- den sind. Es handelte sich dabei um 675 gemeinsame PM
licht sind. Die Beratungsstellen sind Männer und 147 Frauen. Mindestens 360 der Opferbe-
Reach Out e.V. in Berlin, die Opferper- der beratenen Personen, vor allem Flücht- ratungsstellen ■
spektive e.V. in Brandenburg, in Sach- linge, MigrantInnen und AussiedlerInnen,
sen-Anhalt die Mobile Beratung für Op- wurden aus einer rassistischen Tatmotiva-
fer rechtsextremer Gewalt und die Bera- tion angegriffen. Ein weiterer Schwer- Chronologie antisemitischer
tungsstelle für Opfer und potenzielle Op- punkt lag bei 329 meist jugendlichen Op- Vorfälle 2004 vorgelegt
fer rechtsextremer Straf- und Gewaltta- fern, die sich mehrheitlich einem alternati-
ten im Multikulturellen Zentrum Dessau, ven Milieu zugehörig fühlen. In 70 % der Wie im vergangenen Jahr haben die drei Berliner
in Sachsen AMAL – Hilfe für Betroffene Fälle erwies sich ein langfristiges Bera- Projekte gegen Rassismus, Rechtsextremismus und
rechter Gewalt und die Beratungsstelle tungsverhältnis als notwendig. Antisemitismus: apabiz e.V., ReachOut und tache-
les reden! e.V., jetzt eine bundesweite Chronologie
antisemitischer Vorfälle vom Jahr 2004 vorgelegt.
Die auf Presseauswertung basierenden Daten zei-
„Wie viele Teilnehmer werden erwar- (ANS), wie Christian Worch und Michael gen eine Steigerung antisemitischer Übergriffe,
tet, welche Demonstrationsroute ist ange- Kühnen mit Helmen, Eselsmasken und darunter allein 48 veröffentlichte Schändungen
meldet bzw. genehmigt, welche Rechts- Plakaten mit der Aufschrift „Ich Esel von jüdischen Friedhöfen oder Einrichtungen und
rockgruppen treten tatsächlich auf? glaube noch, dass in deutschen KZs Juden Mahn- und Gedenkstätten (2003: 35). In 5 Fällen
wurden sogenannte „Stolpersteine“ in Berlin, Düs-
Stillschweigen und Aussitzen sind der vergast wurden“ durch die Hamburger seldorf, Halle und Leipzig zerstört. Diese Zahlen
schlechteste Weg Neonazis entgegenzu- Innenstadt. können jedoch keineswegs als vollständig bezeich-
treten. Angesichts der aktuellen Debatte Auch bei einer Demonstration im Jahr net werden – die Dunkelziffer ist erheblich höher.
gehen wir von vielfältigen Protesten ge- 2004 in Hamburg gegen die Ausstellung Auch die Anzahl tätlicher Übergriffe auf Menschen
gen dieses geplante Neonazi-Spektakel „Vernichtungskrieg – Verbrechen der mit erkennbar jüdischen Emblemen oder ritueller
Kleidung ging 2004 nicht zurück: in diesem Jahr
aus.“ Wehrmacht“, trugen Neonazis Eselsmas- wurden sechs Angriffe veröffentlicht (2003: fünf).
Das Thema der Demonstration „Sozial- ken und Plakate mit der Aufschrift „Ich Aus den Daten wird ersichtlich, dass Übergriffe
staat“ stellt einen weiteren Versuch der bin ein Esel, weil ich immer noch glaube, und Angriffe in der gesamten Bundesrepublik statt-
Neonazis dar, sich antikapitalistisch und dass mein Grossvater ein Verbrecher finden, konstant in Ost und West – tätliche Angriffe
globalisierungskritisch gerierend an die war.“ auf Menschen gab es in Wismar, Berlin, Hagen
und Frankfurt am Main. Dazu kommen Sachbe-
Proteste gegen die sogenannten Sozial- Den Bezug zu derlei Aktionen stellt schädigungen mit eindeutig antisemitischer Konno-
und Arbeitsmarktreformen (Agenda Norman Bordin im Internet noch einmal tation: so wurde etwa in Wuppertal ein Verlagsau-
2010/Hartz IV) anzudocken. her: „In der Tat stellt Christian to und die Hoftür eines Verlages mit antisemitischen
Doch auch wenn Sprache, Outfit und (Worch/Anm. AIDA) ein paar Masken Parolen und mit einem „J“ beschmiert und das Auto
Aktionsformen moderner geworden sind: aus der Tierwelt zur Verfügung, aber kei- demoliert – in der Zeitschrift des Verlages war ein
Artikel über die Widerstandsgruppe „Edelweißpi-
Hinter der Sozialabbaukritik von Rechts ne Angst, Ratten sind nicht dabei. Diese raten“ erschienen. Auffällig ist die besondere Qua-
steht die immer gleiche völkisch-rassisti- Masken würden die Bewohner eines Lan- lität dieser Übergriffe, bei denen die Täter mit anti-
sche Ideologie von Volksgemeinschaft, des beleidigen können, welches kleiner ist semitischen Parolen und der Herausstellung einer
Nationalismus und Antisemitismus. als Hessen...;-)“ unterstellten oder realen jüdischen Herkunft Einzel-
Mit dem Motto der Demonstration Auch das ideologische Weltbild der ne denunzieren. Die vollständige Chronologie
kann bei www.apabiz.de im pdf-Format (91 kB)
spielen die Organisatoren auf frühere Pro- Veranstalter wird damit einmal mehr of- heruntergeladen werden. Auf Nachfrage kann die
pagandaaktionen neonazistischer Grup- fensichtlich. Datei auch gerne per Email (mail@apabiz.de bzw.
pen an. Bereits 1978 liefen Mitglieder der Marcus Buschmüller tacheles@tacheles-reden.de) zugeschickt werden.
„Aktionsfront Nationaler Sozialisten AIDA e.V., www.aida-archiv.de ■ ■
ropa sind damals aufgenommen wor- den, um die gegenwärtig blockierte Si-
Arbeiten ohne Papiere! Kämpfen für
den. Nach einem gesamtschweizeri- tuation zu entschärfen. Diese Gruppe Rechte! Seminar am Samstag den
schen runden Tisch im Dezember 2002 nimmt (auch anonymisierte) Dossiers 19.3.2005, DGB-Haus in
und im Rahmen der Härtefallregelung von Betroffenen entgegen und prüft sie Freiburg, Hebelstr. 10
sind bis heute 1.785 OGAB in der gan- aufgrund des Härtefall-Rundschrei- Die Arbeitsgruppe Arbeit und Migration (Personen von
zen Schweiz regularisiert worden. (....) bens. Die Rolle der Arbeitsgruppe be- rasthaus, kanak attak und saga) veranstalten mit dem
Deutschen Gewerkschaftsbund Südbaden-Hochrhein,
Große Unterschiede gibt es nach schränkt sich auf eine vermittelnde. Es mit der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG-
Region. Maßgebend in der Schweiz ist bestehen weder die Möglichkeit von BAU) und mit der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gast-
der Kanton: So akzeptieren BE, BL, Entscheiden noch von Rekursen. stätten (NGG) ein Seminar zu dem Schwerpunktthema
BS anonymisierte Gesuche; VD Obwohl diese Gruppe ein prüfendes Sans-Papiers. Prekäre Arbeit“ heißt, dass die Arbeitsver-
kämpft für die Regularisierung einer Expertengremium darstellt, gibt es hältnisse flexibel und ungesichert sind – das bezieht sich
auf das Einkommen, die Sicherheit des Arbeitsplatzes
Gruppe von 523 Personen; FR kämpft darin auch einen Vertreter des Schwei- und die Gestaltung der Arbeitszeit. Unter diesen Bedin-
für die Regularisierung einer Gruppe zerischen Gewerkschaftsbundes. Un- gungen arbeiten überproportional viele MigrantInnen,
von 250 Personen. sere Erfahrungen sollen dort zum Aus- unter ihnen ein bis zwei Millionen in Deutschland leben-
Genf verlangt vom Bundesrat (Re- druck kommen, sonst riskieren wir de illegalisierte Menschen. Ganze Wirtschaftszweige
gierung) für 5.000 Menschen, die in Ratlosigkeit und Handlungsunfähig- werden von der entrechteten und ausgebeuteten Arbeits-
kraft der Sans-Papiers getragen.
privaten Haushalten tätig sind, eine keit. Wir sind der Meinung, dass weni-
einmalige Regularisierung und einen ge Kriterien gekoppelt an faire Ar- Anmeldung unter: DGB-Region Südbaden-Hoch-rhein,
Hebelstr. 10 79104 Freiburg, Fax: 0761-3884724,
Lohn von 3.400 Schweizerfranken; 9 beits- und Lohnbedingungen sowie die Mail: freiburg@dgb.de. Weitere Infos:
Kantone haben keinen einzigen Fall Aufnahme ins Sozialversicherungssys- www.suedbaden-hochrhein.dgb-bw.de oder Netzwerk-
gemeldet! Auf Bundesebene ist eine tem für eine Regularisierung reichen Dreyeckland@gmx.net, Rasthaus, Adlerstr.12, 79098
Gruppe Sans-papiers gegründet wor- sollen. ■ Freiburg. www.rasthaus-freiburg.org ■