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PROSA
I. IM ANFANG
„An den Abenden ging Gott mit ihnen spazieren, und sie verständigten
sich still miteinander und ließen sich an ihrem Zusammensein genügen.
Doch manchmal saß Gott neben ihnen... Er erzählte ihnen dann erneut die
Geschichte, die sie nicht oft genug hören konnten: ...wie Er sein Werk mit
seinen am meisten geliebten Geschöpfen gekrönt hatte - mit dem Mann
und ... mit der Männin.“
(Evelyn Minshull)
1. Ewigkeit
HERR, ich bitte Dich um Deinen Beistand, Gott Vater und Sohn und
Heiliger Geist, von heute an für die mir bestimmte Zeit, Dich zu besingen
als den einzigen Gott, den einzig wahren und lebendigen Gott, der sich in
Jesus Christus der Menschheit selbst offenbarte. Lieber Vater, ich will es
nicht wie die Theologen machen, denn du hast mich nicht einen Theologen
werden lassen, ich will es machen wie die Poeten, denn du hast mich einen
Poeten werden lassen. Gob, daß alles in meinem Werk zur Ehre, zum Lob
und zur Verherrlichung Jesu Christi geschieht. Das ist der Sinn meines
Lebens und meines Werkes, die Verherrlichung Christi, den ich liebe von
ganzem Herzen.
Die Weisheit, die wirkliche, wirkende Weisheit, spielte wie ein Kind
vor dem Höchsten. Und die Weisheit war die Schwester des Geistes, und
dieser Geist war die Liebe zwischen dem Ewigen Zeugenden und dem
Kind, der Weisheit, und das Kind war der Sohn, und der Ewige Zeugende
war der Vater, der in der Ewigkeit zeugte aus sich selbst ein Anfangloses,
aus-dem-Vater-Gezeugtes, ein Wesen, Ihm in allem gleich.
Und dies Wesen, das da sein Wesen war und sein innerstes Herz in einem
schönen Wort zusammengefasst, das nennt man auf griechisch: Logos. Die
Hebräer aber nennen es: Memra. Die Chinesen nennen es: Tao. Die
Deutschen nun nennen es: das Wort.
Und Logos war schön, denn sein Vater war vollkommen, sein Zeuger war
vollkommen, und das in vollkommener Liebe Gezeugte konnte nicht
häßlich sein (allein im Sinne des Dichters: faire ist foul and foul is fair, so
konnte es häßlich sein, denn es war die vollendete Schönheit, über allen
irdischen Begriff hinaus schön). Nicht häßlich ist Liebe, sondern die Liebe
ist lieblich, und Lieblichkeit ist schön. So ist, was aus der Liebe kommt
(und Gott ist Liebe) lieblich und schön. Und das ist meine Lilie des
Zeugnisses.
Schön war Logos und in allem das vollkommene Ebenbild des Angesichtes
des Vaters, sein Einziggeborener, der nicht geboren ward, sondern gezeugt,
der Anfanglose, allein aus einem Vater, ohne eine Mutter, nicht Geschöpf
wie die Engel und Menschen und andern Kreaturen, sondern ewig und
derselbe Gott. Was ein Mensch zeuget ist Mensch. Was Gott zeuget ist
Gott. Und Gott zeugte Gott, und Gott liebte Gott, und die Liebe Gottes zu
Gott selbst, ist Gott, denn Gott ist die Liebe. So ist Gott der Liebende, Gott
der Geliebte, Gott die Liebe.
Und der Liebende gab sich seinem Geliebten als der Vater dem Sohne, und
die Liebe, mit der der Geliebte den Liebenden liebte (denn der Geliebte
war der Liebende) war der Geist der Liebe. Und darum nennt man Gott
auch den heiligen Geist der Liebe.
Denn die Liebe war heilig, ist heilig und wird immerdar heilig sein, denn
sie ist vollkommen und ohne Schuld, ohne Fehl und Makel, ohne
Finsternis, denn die Liebe ist ein schönes Licht, ein liebliches Licht, ein
heiliges Licht, als welches man es auch Herrlichkeit nennt, denn es ist ein
Licht von Majestät und Schönheit und reicher Pracht.
Darum heißt es: Deine Stimme ergeht mit Macht / und deine Stimme
ergeht mit Pracht. (Darum auch ist Gott der Erzvater aller Poesie der
Liebe. Darum ist der Geist der Liebe, der Heilige Geist, des Minnesangs
Erzvater, und er sang das Liebeslied der Liebeslieder und das
schmachtende Seufzen - voller Lob - des Mannes, der da „der Geliebte“
hieß.)
Und Gott reimte darum Pracht auf Macht, da er prächtig war in seiner
vollkommenen Vollmacht. Und Gott reimte darum Leben auf Weben, weil
er der Lebendige war, der bis auf den heutigen Tag webt in
Geisteswirkungen. Und Gott reimte darum Stangen auf Fangen, weil er,
der Leidenslose, leiden würde um unsres Heiles willen.
Und Gottes Wille ist der Wille zur Seligkeit und Glückseligkeit und zum
ewigen Heil, darum ist sein Wille heilig, und sein Wille ist heilig, weil er
der Wille des Heiligen ist, und sein Wille ist rein und heilig, weil es der
Wille der Liebe ist, der heiligen Liebe. Und nichts wird er wollen noch je
wollen können was außer der Liebe ist, denn sein Wille ist Liebe, sein
Herz ist Liebe, sein Geist ist Liebe, und sein ewiges Poem der Liebe ist der
menschenliebende Logos.
Diesen will ich mit schönen Worten besingen, denn er ist der schönen
Worte würdig, weil er der Herr der Herrlichkeit ist und der Schöpfer der
Schönheit. Ja, er ist des Preises würdig, denn er ist der Würdige, der
Erhabene, der in sich selber ruhte zu sein in ewiger Ruhe und war in
gleicher Ewigkeit zeugend wirksam.
Diesen will ich anbeten, denn er ist der Anbetungswürdige. Genügt es
nicht, daß geschrieben steht: Gott ist Liebe!? Wer anders sollte Anbetung
verdienen, als der die Liebe ist? Unser aller abgrundtiefste Sehnsucht ist
die Liebe, unser, die wir vor Grundsteinlegung der Welt im Herzen Gottes
waren, im Schoß des Schöpfers, im Gedenken seines Geistes.
Er sah alles voraus, da er die göttliche Weisheit ist und immerdar sein
wird, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Er ist allwissende Weisheit, und kein
Geheimnis ist ihm zu tief, nicht einmal das Geheimnis der Tiefe der
Gottheit (und was wäre so tief wie die Tiefe der Gottheit?) denn der Geist,
der Gott ist, ergründet die Tiefe der Gottheit. Dies vermag der Geist, denn
er ist Gott innewohnender Gott von Gott.
Siehe, er ist Ein Gott!
Siehe, er ist der Dreipersonale!
Siehe, er ist drei Personen in Einer Göttlichen Natur!
Oh Gott, anbeten will ich dich wie in meiner ersten Stunde im Reiche des
Lichtes, und darum laß mich Anteil haben an deiner Weisheit, die vor
deinem Throne - spielte! als Kind! Und auch ich bin Kind und will spielen.
Oh laß mich trinken von den Brüsten der Weisheit Erkenntnis um
Erkenntnis. Das weißt du, daß ich ein Kind im Glauben bin, im Glauben,
nicht im Schauen, ein Niemand noch im Schauen, aber einst ein
vollkommener Mann im Schauen, wenn ich schauen darf Dein Angesicht,
Allerschönster!
Gott, laß mich mit Hilfe deines Geistes der Erkenntnis die Weisheit selbst
erkennen tiefer und tiefer, die dein ewiger Sohn ist. Deine Weisheit, o
Gott, ist das Wort, das bei Gott war und Gott ist und unter uns wohnte.
Und der Geist des Wortes wohnt in meinem Herzen. Durch den Geist des
Wortes wohnt das Wort in meinem Herzen und durch das Wort wohnt Gott
in meinem Herzen. Liebe und Wahrheit und göttliche Weisheit wohnen in
meinem Herzen. Oh, Herr! das ist mir zu wunderbar!-
Du bist die Liebe, allmächtiger Gott, der du Recht zu allem hast, denn du
bist die Gerechtigkeit selbst. Es gibt keine Ungerechtigkeit bei dir oder in
dir, denn du bist die Wahrheit und ohne Fehl und Schuld. Denn du bist ein
heiliger Gott, ein reiner Gott. Du bist das ganze, allumfassende Geheimnis,
du bist der Einzige und ein einiger Gott.
Untrennbar bist du der Vater, der Logos, die heilige Liebe. Untrennbar bist
du das Licht, die Seligkeit, das ewige Heil. Untrennbar bist du die Freiheit,
der Trost, die herrliche Schönheit.
Dreiperonaler Gott, du, o Trinität in Union, sei angebeten von mir in alle
Ewigkeit!
Vater, lehre mich durch den Beistand deines Heiligen Geistes, der der
Geist deines Sohnes ist, ob du im Nichts lebtest? Wenn aber ein Nichts
gewesen wäre, in dem du lebtest, dann wäre ja auch noch etwas anderes
gewesen als du, nämlich das Nichts. So aber war weder Nichts noch Ichts,
sondern allein Gott.
Und Gott hatte sein Zuhause in Gott selbst, denn er ist der Zufluchtsort,
der Hort, die Burg. Gott ist sich selbst Heimat, denn der Sohn wohnt durch
den Geist im Herzen des Vaters, und der Vater wohnt durch den Geist im
Herzen des Sohnes, und der Sohn und der Vater lebt im Geist, der Gott ist.
So ist Gott in sich eine ruhende Ewigkeit.
Es gab auch keine Ewigkeit als eine lange, wenn auch sehr lange Folge
von Jahren, sondern es gab nur Gott. Und Gott bewegte sich, denn er
bewegte sich vom Vater zum Sohne, doch die Bewegung geschah nicht im
Raum, denn es gab keinen Raum, sondern im Geist, denn es war nichts als
Gott allein.
Hallelujah, Gott, ich will dich loben, dich, den ich meinen Herrn und
Gebieter nenne! Gott, mein lieber Vater, gewähre mir, mehr und mehr das
Wesen deiner heiligen Liebe zu ergründen, deiner ewigen Liebe, denn da
du die Liebe bist, bist du, o Ewiger, die ewige Liebe.
Und du hast deine Liebe offenbart, indem du offenbart hast, wie der Vater
den Sohn liebte. Immer in deines Herzens Allerheiligsten lebte der Sohn.
Immer ließ der Vater dem Sohn den Segen und die Salbung des Heiligen
Geistes zufließen, es war ein ewiger Fluß vom Vater zum Sohn, denn in
Ewigkeit, vor aller Zeit, zeugte der Vater den Sohn, darum gab es auch
keine Zeit oder Ewigkeit, in der der Sohn nicht wäre gewesen. Und
Zeugen ist das Wesen deiner Liebe, denn der Zeugende gibt vom Eigenen
dem Gezeugten, und deine Liebe ist ein unendliches Geben, darum ist
Geben seliger als Nehmen. Und Seligkeit ist der Kuß deiner Liebe, der
Kuß des Geistes, der Kuß der Liebe auf den Mund des geliebten Sohnes.
Und Seligkeit ist das Anschaun deines schönen Angesichtes, o Gott, und
niemand sah noch den Vater, als nur der Sohn, und wer den Sohn sieht,
sieht den Vater, denn der Abglanz deiner Herrlichkeit und Ausfluß deines
Lichtes, o Vater, ruht auf dem Angesicht des göttlichen Sohnes. Darum
begehre ich, o Herr, dein Angesicht zu schauen, denn dein Angesicht zu
schauen ist der Quell der ewigen Glückseligkeit!
(Gott vergebe mir die Torheit meiner Erkenntnis!)
Und der Sohn liebte, liebt und wird in alle Ewigkeit lieben den Vater, denn
er gab sich ganz hin, seine Liebe war völlige Hingabe. Und der Sohn
vollzog den heiligen Willen des ewigen Vaters, denn er erkannte, daß der
heilige Wille des ewigen Vaters der heilige Wille der ewigen Liebe war
und ist und ewig sein wird! Voller himmlischer Harmonie war das Herz
Gottes gestimmt, und die Harfe des Herzens Gottes spielte die Weise der
Liebe.
Und der Liebeskuß des Geistes ruht auf den Lippen des Sohnes, über
welche Anmut ausgegossen war, und das Herz des Sohnes schlug am
Herzen des Vaters, und der Geist war innigst verbunden mit dem Vater,
war inwendig in dem Sohne.
Und der Geist erkannte die Tiefe der Gottheit, denn er war der Geist aller
Erkenntnis. Und die Fülle der Erkenntnis war in dem Sohne, und der Geist
nahms vom Sohne und gabs durch den Sohn dem Vater wieder. Und der
Geist war der Geist des Dienens, denn der Sohn war ein Diener, denn
Liebe heißt dienen.
Gott vergebe mir, wo ich nicht würdig genug anbeten kann! Gott vergebe
mir, wo meine Worte von der göttlichen Wahrheit des wahren Glaubens
abirren! Ich bin Hauch, Staub, ein Geschöpf, eine Blume, ein bald welkes
Gras. Aber Gott ist von Ewigkeit zu Ewigkeit ein und derselbe, der
dreipersonale Eine Gott!
Du bist Licht, und in dir ist keine Finsternis, du wohnest in einem überaus
unzugänglichen Lichte, und der Sohn ist der Ausfluß und Abglanz dieses
Lichtes in solcher einzigartiger Weise, daß er selbst das Licht heißt. Du
bist rein, und in dir ist nichts Böses. Du bist die Liebe, und in dir ist kein
Haß auf irgendein Geschöpf deiner Liebe.
Du bist ein guter Gott, ja, niemand ist gut als Gott allein. Du heißest: der
gute Meister. Und in deinem Gutsein ist beschlossen die lauterste Güte.
Darum war und ist in deinem ewigen Reiche nur die Güte wirksam, die
Reinheit, das Gutsein, die Liebe. Du bist so gut, daß du die Lüge nicht
kennst, und alle deine Verheißungen sind wahrhaftig, und treu stehst du zu
ihnen. Denn du bist der Gott der Wahrheit, und dein Sohn ist die Wahrheit,
und dein Geist heißt der Geist, der in alle Wahrheit führt. Da du wahrhaftig
und wahrhaft und wahr bist, bist du auch vertrauenswürdig. Darum komm
ich mit meinem Vertrauen vor dich und verehre dich. Denn dich ehren, ist
die Quelle des Heils. Du heißest der, der da das Heil bringt, der Heiland,
der da rettet und Seligkeit bringt mit seinen durchbohrten Händen!
O Vater, deine Seligkeit besingen, das wollt ich gerne, dazu hilf mir bitte
durch den Beistand deines Heiligen Geistes! Deinen Sohn hast du
bestimmt zu leiden, um die Seligkeit für deine Geliebten zu erringen. Die
Seligkeit aller derer, die du schaffen wolltest, lag dir an deinem Herzen, so
sehr, daß du dir deinen eigenen Sohn vom Herzen rissest, wie der Pelikan
sich sein Herzblut herausreißt für seine Jungen, um Seligkeit zu erringen
für die Geliebten. Denn du wolltest und willst sie ewiglich an der Seligkeit
deines Herzens teilhaben lassen.
Und dein Herz ist voller Seligkeit, und dein Herz zu kosten, heißt das
Glück zu kosten, und dein Angesicht zu schauen, heißt die ewige
Glückseligkeit. Überschwengliche Freude verheißest du denen, die in dir
leben, in deinem Geiste und auf den Spuren deines Sohnes wandeln, ihnen
verheißest du: Ihr werdet euch noch freuen! und den treuen Knechten:
Gehet ein zu eures Herrn Freude!
Dich schauen, o Herr, von Angesicht zu Angesicht, heißt überfließende
Freude schöpfen aus dem Born des ewigen Lebens, heißt trinken den Wein
der ewigen Glückseligkeit, heißt sattwerden an den Früchten von den
Bäumen unsterblichen Jubels, heißt ewig zu genießen das Manna der
himmlischen Wonne!
Das Leid ist für die Zeit des Wimpernzuckens, aber Freude und
Glückseligkeit sind die ewige Schau, Aug in Auge, da wird kein Leid mehr
sein, kein Weinen aus das Weinen von Freudentränen, kein Schreien außer
der Jachzeschrei der Glückseligkeit, dann wird es, wie am ersten Tag des
Paradieses: Wonnen über Winnen tränken uns wie Ströme der
Glückseligkeit, sie strömen direkt aus dem Bronnen deines Herzens, o
Jesus, es sind ströme deines alleinseligmachenden Blutes!
Herr, du bist das Wort Gottes, die Lateiner sagen: das Verb, das ist den
Grammatikern das Tu-Wort, denn in dir offenbarte sich die mächtigste Tat
Gottes, die Erlösung und Errettung vieler. Du bist das Wort, der
ausgesprochene innere Sinn des Herzens Gottes. Du bist das Wort, der
manifest gewordene Gedanke des Geistes Gottes. Du bist das Wort,
vollendeter Ausdruck der Seele des Vaters, die ganze Liebe des Vaters ist
in dir beschlossen und ausgedrückt.
Du bist das Wort, das Liebeslied Gottes, die vollkommene Liebeslyrik.
Wie der Dichter in einem Wort seinen Gedanken ausspricht, seinen Geist
formuliert, so tat es Gott im Logos; denn Gott ist der Erz-Poet, und Jesus
ist sein Opus der Liebe, Jesus ist der Ausdruck der Liebe des Vaters, der
Liebe des Vaters, die er zu seinen Geliebten hat. Der Satz, der den Logos
ausdrückt, lautet: Gott ist Liebe, oder: Ich hab dich je und je geliebt.
Vater, du trägst den Titel El Shaddai, das ist der, an dem mein Geist und
meine Seele und mein Leib Genüge hat, du bist der: Genug. An dir hat
mein inwendiger Mensch sein Genüge, und gerade in dieser Zeit, da ich
Mangel leide, bist du mein Ein und Alles. Da ich die Kreatur entbehren
muß, bist du der, der mich erfüllen möge mit seinem Geist der Liebe.
Herr, ich begehre deine Herrlichkeit mehr als die vergängliche Herrlichkeit
eines schönen Geschöpfs, denn ich erkannte: Gott ist vielmal größer als
alle seine Geschöpfe zusammen, Gott ist vielmal schöner als sein
schönstes Geschöpf. Ich weiß nicht, welches Geschöpf sein schönstes
Geschöpf ist, und angenommen, es sei der Mensch, welcher Mensch ist
denn der schönste Mensch? Aber ein Geschöpf weiß ich, das in meinen
Augen sehr schön ist, und ist doch nur des Grases Blume und muß bald
davon, ist nur Hauch und Staub und weht dahin, und muß vielleicht, wie
Stroh, ach, ins Feuer! Erbarme dich, Herr, des schönen Geschöpfes!
Und nun, was soll ich sagen, Herr? Ich steh an einer Weggabelung, da
stehen zwei Wegweiser, und auf beiden steht: der Weg schmerzlicher
Leiden! Und ich habe einen Weg zu gehen, ich weiß, der rechte Weg, der
Weg der Tugend und des Gehorsams, ist der Weg des Willens Gottes, aber
auch dieser erscheint mir als ein Leidensweg.
Darin will ich dir aber gehorsam sein, daß ich den Weg beschreite, und
deinen Geboten folgen, die mir diesen Weg weisen. Ich will, wie du es
geboten, mein Kreuz auf mich nehmen und es tragend den Weg
schmerzlicher Leiden beschreiten und es tragend dich preisen und
verherrlichen, o du herrlicher Gott!
Du wirst mit mir diesen Weg der Schmerzen gehen, wirst dich unter mein
Kreuz stellen und mir tragen helfen, so daß ich dein Joch trage, und es ist
leicht, und die Trübsal ist zeitlich und vergänglich, und die Trübsal ist
leicht im Vergleich zur ewigen Glückseligkeit, die bei Gott ist, an der ich
teilözuhaben erhoffe im Glauben an den Retter, den ich zu schauen sehr
begehre! Hallelujah an dem Tage der Schau!
Herr Jesus, du Licht vom unerschaffnen Lichte, selber unerschaffnes Licht,
gezeugt vom Gott des Lichtes, komm mit deinem Licht in meine
Dunkelheit! Herr, du verheißest denen, die dir vertrauen, daß die
Tautropfen deiner Gnade ihre Wüste zu einem Garten macht, daß ihre
Seele wie ein bewässerter Garten blüht und Frucht bringt!
Und der Heilige Geist sprach mit leiser sanfter Stimme zum Vater: „Was
sinnest du? Ich weiß wohl, was du sinnest.“ Und der Vater sprach mit einer
Stimme wie lindes Wetter: „Ich sinne, eine Schöpfung zu schaffen.“ Und
der Sohn sprach mit mildem Tone: „In mir und durch mich willst du eine
Schöpfung schaffen, Vater?“ Und der Vater antwortete dem Sohne: „Das
ist mein Wille, durch mein Wort eine Schöpfung zu schaffen, und es brüte
der Geist überm Chaos.“
Und der Heilige Geist sprach: „Herr, du weißt, wie die Dinge kommen
werden, denn du bist der Allwissende.“ Und der Vater sprach: „Ja, ich
weiß, daß meine Geschöpfe mich verlassen werden.“ Und der Sohn sprach
zum Vater mit der Stimme des Heiligen Geistes: „Und du wirst sie zu dir
zurückholen durch die Erlösung.“ Und der Vater lächelte, wie umwölkt:
„Mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe, ich werde dich drum
opfern müssen und hingeben an den Tod.“ Und der Heilige Geist fragte
den Vater: „Ich ich werde erwecke als Geist des Lebens den Sohn?“ Und
der Vater bestätigte: „Ja, Gott der Sohn, das Leben selbst, wird auferstehen
aus dem Reich des Todes.“
Und der Sohn lächelte und sprach zum Vater: „Vater, du siehst die
Geliebten, die du mir geben wirst.“ Und der Vater lächelte und seufzte:
„Ach, ich habe solche Sehnsucht nach meinen Kindern!“ Und der Heilige
Geist fragte den Sohn: „Lieber Sohn des Vaters, du wirst mich senden zu
den Kindern des Vaters?“ Und der Sohn sprach erhabner Stimme: „Ja,
geliebter Geist, ich werde dich senden vom Vater her mit Sausen und
Brausen, daß du wohnest in den Herzen der Kinder.“ Und der Heilige
Geist sprach zum Sohn: „Ich leite sie zu deiner Verherrlichung.“ Und der
Sohn erwiderte: „Ja, verändere sie, auf daß sie mir ähnlich werden und
werden vollkommene Ebenbilder der Gottheit.“
Und der Vater sprach: „Du willst ihr Meister und ihr Führer sein, und
wohinaus?“ Und der Sohn sprach: „In ihrer himmlischen Heimat mögen
sie alle, die du mir gibst, zu deinem Lobe und Preise ewig sein! Ich werde
sie dir zurückgeben, Vater, dann sei Gott alles in allem.“
Und der Vater und der Sohn und der Heilige Geist sprach: „Amen, Amen.“
2. Die Schöpfung
Am Anfang der Schöpfung breitete Gott durch sein Wort den Himmel der
Himmel aus wie einen bunten Teppich, und gründete auf dieser weiten
elysischen Flur einen herrlichen Palast, der kein Ende nahm. Und es ward
das Vaterhaus Gottes, und er wohnte darin und erleuchtete dasselbe durch
seine überaus schöne Herrlichkeit.
Und keiner der zu schaffenden Menschen, die auf Erden leben sollten, sah
dies Vaterhaus Gottes je bisher, aber es mußte herrlich sein, denn Gott
selbst wohnte in Pracht und Majestät. Und es war ihm nicht genung, denn
der Himmel der Himmel konnte nicht fassen die herrliche Schönheit
Gottes, also daß diese überfließend und überquellend war und sich ergoß
in weiteren Schöpfungen nach seinem Herzen.
Und er schuf den nächsten Himmel durch sein Wort, er sprach und er war
da, und es war ein Himmel, der trug den Abglanz seiner herrlichen
Schönheit, und es war das Heiligtum. Gottes Palast aber war das
Allerheiligste, in welchem Gott und das Lamm wohnte. In dem Heiligtum
des nächsten Himmels aber lebten, die er geschaffen durch sein Dichten,
die Himmlischen, welche fast so schön wie Gott.
Und die Himmlischen sahen auf von ihrem Himmel zum Himmel des
Himmels, und sie sahen eine überaus edle herrliche Schönheit das
Wohnhaus Gottes erleuchten, und es war eine so strahlende Schönheit, daß
es ihre Augen blendete. Darum verhüllten sie ihre Augen mit den Flügeln.
Sie verhüllten die Augen mit den Flügeln weniger vor dem Palast der
Himmlischen Unendlichkeit, als vielmehr vor der Schönheit Gottes selbst,
denn sie konnten die schmerzlich-schröckliche Schönheit Gottes zu
schauen nicht ertragen!
Aber sie dienten ihm allezeit und verehrten ihn und hoben ihre weiteren
Flügel, mit denen sie nicht ihre himmlischen Augen erhüllten, sie hoben
ihre Flügel auf zum Himmel der Himmel, hoben ihre Flügel auf zu Gott,
ihn zu preisen mit Lobgebärde.
Und ihre Flügel waren bedeckt mit tausend Augen, wie Schmetterlinge,
denn auf alle Arten und Weisen suchten sie Gott zu erkennen, wie er sie
erkannte, und sie suchten ihn zu schauen, und schauten seinen Sohn, der
war der Herr der Himmlischen Scharen, und sie nannten ihn Zevaoth, den
Gott der Scharen von heiligen Himmlischen!
Und Gott war schöpferisch gesonnen, da schuf er den dritten Himmel, und
es war der Himmel der Erde. Der war ebenfalls ein schöner Himmel, von
einem sanften milden Licht, denn Gott schuf das Licht. Er schuf, um das
Licht zu unterscheiden und die Zeit zu erschaffen, auch die Finsternis.
Und das Licht war überuas kostbar und leuchtender als die schönsten
Edelsteine, weißer Onyx und blauer Lapislazuli und lichtgrüner Smaragd,
oder als Lampione aus Elfenbein und Pergamentpapier. Und das Licht war
süßer als Honig und kostbarer als Gold. Und das Licht war das fließende
Licht der Gottheit, summend wie Bienen, und es war Licht vom
unerschaffnen Lichte, und es stieg herauf der Morgenglanz der Ewigkeit.
Und eie Finsternis war schwarze Nacht, und sie war wie schwarzer Samt
oder Katzenfell, und es war eine Nacht ohne Mond und Sterne. Es war
undurchdringliche Finsternis, und nichst und niemand war zu sehen. Nur
der Geist wehte... Und Gott durchschaute die dichte Finsternis und sah ihr
auf des Abgrunds Grund. Das war der Abyss.
Und Licht und Finsternis ebbten und fluteten wechselnd in harmonischen
Wellen an dem Himmel der Erde.
Die Erde aber war öde Wüste, chaotische Leere, es war auf ihr ein Tohu
und ein Bohu. Auf der Erde wohnte die unendliche Einsamkeit. Es war, als
wäre schon der Tod gewesen, aber es war der Anfang der allerersten
Schöpfung.
Weder entstand die Erde aus dem Lehm, den einer der Götter formte, noch
ward das Chaos von einer Schlange umschlungen und befruchtet wie ein
steinernes Ei, daß sie einen Affen gebäre, noch war die Erde selbst eine
Göttin Mutter, und auch war geschaffen die Erde nicht von einem bösen
Demiurgen, und schon gar nicht entstand die Erde aus Selbstbewegung
und Höherentwicklung aus dem knallenden Nichts. Sondern die Erde ward
geschaffen, weil Gott im Worte seines Sohnes sie schuf, durch diesen
Logos: Jhehi! Und Gott rief mit unendlichen Donnern: Veni creator
spiritus!
Und es kam der schöpferische Geist und schwebte auf dem Wasser. Denn
die Erde in ihrer Ödheit war bedeckt von dunklen Urfluten, welche
stürmten, brausten, wogten, brandeten und alles überfluteten, wie die
Sturmflut von Baltrum Norddeich überflutet, als der Poet ward gezeugt.
Und es waren die Wasser der Tiefe, die Abgrundbronnen, die Ozeane der
Erde, und die Wasser des Himmels, welche aus des Himmels Schleusen
stürzten, vom König der Fischer geöffnet. Und der heilige Geist, er
schwebte überm Wasser, wie eine Taube, und, wie manche Althebriden
sagen, brütete.
Er ist ja die Taube, die der Vater zu seinem Sohne sandte mit dem Briefe:
Ich hab dich lieb! Da darf man wohl auch sagen: Sie brütete, und er brütete
aus dem Chaos die Schöpfung aus, da Gott wollt schaffen aus dem Nichts
ein Ichts.
Alles Gute kommt von oben, und so kommt von oben der gute Geist, und
was entstand, das war, siehe, gut! Da waren Himmel und Erde und Licht
und Finsternis und die Wasser, über denen der weiße Vogel Gottes
schwebte. Und es brach herein der schönste Morgenglanz der Ewigkeit,
denn es war das erste Osterfest der ersten Liebe.
Und der Himmel der Erde und die Erde waren mit dem Vater erbunden
durch einen himmlischen Weg, den die Himmlischen immer beflogen, mit
ihren sechs Flügeln fliegend. Und sie bestaunten die Schönheit der
Schöpfung und freuten sich mit ihrem Schöpfer, daß alles, siehe, von solch
einer außerordentlichen Schönheit war.
Schön war das Licht des ersten Himmels, das Gott aus seinem lichten
Herzen, sich ähnlich erschaffen hatte, es berührte die Seele wie Musik von
goldenen Himmelsharfen, es floß wie die kristallenen Wasser des oberen
Himmels, es leuchtete wie das Ariel-Feuer auf dem Altare des Himmels.
Und schön war die Schönheit der Dunkelheit, denn es war eine Dunkelheit
wie Rabenfedern oder Salomos Haar, und es war eine Dunkelheit, die
schließen ließ aufs unendliche Geheimnis Gott, der selbst noch tausend
und abertausendmal unergründlicher ist als die geheimnisreichste Nacht
der Erde.
Und reich an Schönheit war auch der Chor der Wasserfluten und der Geist
über dem Wasser, die wie der Wind da wehten, denn Gott machte seine
Himmlischen zu einem wehenden, raunenden Wind. Und sie sangen über
den Wassern zusammen mit dem melodischen Rauschen der Wasser selbst,
die in Harmonie eintönten mit den oberen und den unteren Wassern, und
alles brauste wie ein Orgelspiel: Soli Deo Gloria!
Und die wunderschöne Kreation des Erdenschöpfers lag eingebettet in den
Wassern, ein Embryo mit einer sanften Seele in der Mutter Fruchtwasser,
und die Wasser waren angeblickt vom lichten Himmel.
Und in dem Himmel der Himmlischen entstand eine große Bewegung, ein
Rauschen von Myriaden Schwingen, welche alle leuchteten mit ihren
Abermyriaden Augen, und ein großes Chor entstand, ein Lob- und
Freudengesang ging aus von den Anbetungsstätten der Himmlischen,
welche Gott lobpreisten.
Gott hatte sie zu seinen Boten bestimmt, darum hießen sie: Engelinnen.
Und sie waren nach oben bestimmt zu dienen durch Anbetung dem
Allerhöchsten, und sie waren nach unten bestimmt, Botschaften von Gott
an die schönen Kreaturen auszutragen und den Kreaturen zu helfen, den
Kronen der Schöpfung, in Liebesgemeinschaft mit ihrem Schöpfer zu
bleiben.
Und da sie nach oben ihren Lobpreisdienst verrichteten, tönten sie zu den
goldenen himmlischen Harfen ein wunderschönes Werk von
Freudengesängen, und sie sangen Jubel über Jubel, denn es begann das
große Jubeljahr der Schöpfung.
Und sie verhüllten mit zween Schwingen die Augen (denn Gott war zu
schön) und sie verhüllten mit zween Flügeln ihre Leiber (denn sie waren
keusch) und sie hoben zween Schwingen zur Anbetung auf zum Himmel
der Himmel, wo Gott war und ist und sein wird. Und sie priesen ihn mit
allerschönsten Stimmen, welche nur Sterbende und Selige vernehmen.
Und es flutete auf ihr Chrous zu Zevaoth!
Und die Lobpreisengel Luzifer, der Träger des himmlischen Lichtes, und
Gabriel, der Künder, und Michael, der Erzritter, und Ariel, der Hüter des
Altares, standen unterhalb des Thrones Gottes und priesen ihn mit
herrlichem Lobgesang.
„Herr“, sprach der herrliche Luzifer, „du hast mich zu einem Engel der
Freiheit gemacht, zu einem freien Engel, und ich will dir meine Freiheit
darbringen zum Lobpreisopfer. Du hast mich zu einem Engel der
Schönheit gemacht, zu einem herrlichen, und ich will preisen deine
herrliche Schönheit, allmächtiger Gott!“
Weiter sang der schöne Morgenstern unter den Engeln: „Schöpfer der
Engel und der Himmel, ein wenig herrlicher als ich bist Du, denn dein
Thron ist um sieben Stufen höher als der heilige Berg der Versammlung
der Himmlischen. Sei du mein Gebieter, denn du bist der Allerhöchste,
hoch erhaben, würdig zu empfangen Lob und Preis von einem Engel, den
du schön gemacht.“
Und Gabriel, der Bote des Wortes Gottes, der einst grüßen wird die
Jungfrau Maria, hob an zu preisen den allmächtigen Gott: „O du Wort der
Schöpfung, ich preise dich, weil du dich herabbegeben, eine Schöpfung zu
schaffen von drei herrlichen Himmeln, einer wasserumgürteten Erde und
schönen Engeln, demutvollen Dienern und geringsten Knechten.“
Weiter pries der Künder Gottes, der Herold des Herrn, das Wort Gottes:
„Herr, in deiner weisheitvollen Vorsehung siehst du den Fall des
Menschen, und mich erwähltest du, die Kunde von ihrer Errettung zu
ihnen zu bringen. Dafür sei dir meiner Stimme Lob und Preis!“
Und Michael, der goldene Ritter unter den Himmlischen, pries mit einer
Stimme, die geschliffen war wie das Schwert des Geistes und mächtig wie
die Posaune des Jüngsten Tages: „Gewaltiger! Du bist meine Stärke, Herr,
und ich hab dich herzlich lieb! Du bist der allmächtige Gott, der zu allen
Tagen der Ewigkeit das Zepter in den Händen hält und die Kaisergewalt
nicht niederlegt, die Regierungsmacht über die Universen, zu keiner
Sekunde!“
Und weiter pries der starke und gewaltige Erzengel Gott: „Gott meiner
Stärke, du weißt vom Kommen des Bösen, aber uns rufst du zum Streite
gegen deine Feinde, dafür preis ich dich, o mein Gott, daß ich dir mit dem
ganzen Einsatz meines Lebens als streitbarer Schutzengel deines
tausendjährigen Friedens dienen darf, mit Schwert und Posaune, zu
errichten das Reich der Himmel auf Erden, daß hereinbricht auf die arme
Erde der Morgenglanz der Ewigkeit, ich darfs schauen, ich darfs schauen
und dich anbeten!“
Und Ariel, die Glut der Seraphim im Blicke, pries Gott, der die Liebe ist:
„O Vater, von Herzen lieb ich dich! Keiner ist so schön wie du, keiner ist
so sanft und gütig und gnädig wie du. Du bist die preisungswürdige
Weisheit, und dich zu lieben, Vater, ist niemals vergeblich und allein zum
ewigen Glück, denn herzlich liebst du deine guten Engel und den
Menschen, die zu modellieren willst.“
Und weiter pries Ariel Gott mit Feuer: „O Gott, welche Glut der Liebe hast
du mir ins Herz gegeben! Das ist das Feuer deines Altares, Herr, und du
selbst bist das Opfer, das sich in Liebe verzehrt wie in himmlischer Glut
der Passion! Gott, in deinem Sohn erweisest du deine Liebe, der wird
heißen: der Schönste der Menschenkinder! Und Gott, weckt nicht
Schönheit Liebe? Aber du liebst auch die entstellten, verkrüppelten,
blinden und lahmen Kreaturen, die aussätzigen, ekelerregenden,
widerlichen, lästerlichen, ja gottfeindlichen Menschen, den du, du bist die
Liebe!“
Und da war geworden aus Abend und Morgen der erste Tag der Schöpfung
vollendet.
Guter Gott, ich möchte gern ein Lob der Wasser schreiben, und ich würde
auch gern, so wie die alten Poeten es taten, die Muse dazu bitten, die Muse
Melpomene.
Herr, ich danke dir für das Wasser, dies der vier Elemente, welches der
Melancholien Element ist, denn die Melancholischen haben nah am
Wasser gebaut. Und die letzten Tage war mir manchesmal zum Schluchzen
und ich hätte gern das befreiende Naß in meinen Augen und auf meinen
Wangen gespürt. Darum wird mir, dem Manne Tor (das ist hebräisch und
heißt verdolmetscht Turteltaube) das Lob des Wassers zu einer Klage um
Lilith, auf die zu verzichten mir herbe Schmerzen macht. Aber ich weiß,
wenn ich leide nach deinem Willen, ich dafür Lohn der Seligkeit mehre,
denn die die weinen, werden dereinstmal lachen!
Aber nun bin ich zu müd und matt zum Lachen, und näher steht mir
melancholischer Dämmer und das traurige Denken an Lilith. Ich denke an
sie - o Lob des Wassers - wenn ich meine fiebrigen Glieder bade, die so
zerschlagen sind, daß sie im heißen Wasser vor Fieberschauern zittern.
Da denk ich an Lilith und sehne mich nach ihrem gütigen Beistand, aber
du gabst ihre Güte einem andern Hirten, daß wir nicht zueinander kommen
können, wie die Königskinder, zwischen denen sich ein tiefer Graben
befand - o Lob des Wassers.
Da ich nun in den dunklen Wassern der Seele dämmre mit müder
Traurigkeit - o Lob des Wassers - bitt ich dich, Herr, daß du mit dem
stärkeren Elemente kommst, mit Feuer, mich wiederzubeleben, wie dein
Sonnenfeuer das Jahr im Märzen immer wieder belebt, im Monden Abib.
Zum Zeichen dieser Hoffnung bekam ich von meinem Bruder heut ein
Bündel weißer Tulpen. Aber du weißt auch, wie gern ich diese Tulpen
weiterreichte an Lilith, daß sie sie mit Liebe ins Wasser stellte - o Lob des
Wassers - oder lieber noch eine einzige rote Rose. Aber leider nein! Drum
schluchz ich und ist mir weh zumute und meine Seele zerfließt wie ein
dunkler Strom - o Lob des Wassers.
Und wie denn soll ich vergessen ihre Schönheit? Reden die alten Poeten
von der Lethe, dem Fluß des Vergessens, der Psalmist auch vom Land des
Vergessens, aber Dante spricht vom Fluß der Erinnerung alles Guten und
Wahren und Schönen - o Lob des Wassers.
Reiße mich heraus aus dieses Elends tiefen Fluten - o Lob des Wassers -
und diesen stillen Meeren der Traurigkeit, und scheide die Wasser der
Melancholie und Depression von den Strömen der Wonne, und dann laß
mich baden in dem erneuernden Bad der Ströme der Wonne, daß sie da
mächtig brausen wie der hawaianische Ozean.
Herr, ich wüßte gern, ob du die oberen Wasser über der Feste, die du den
Himmel der Erde nanntest, gesammelt zum Gericht über die Menschen,
die du schaffen wolltest und von denen du wußtest in deiner Vorsehung -
ach! daß sie fallen würden?
Waren die oberen Wasser bestimmt für die Sintflut, die Sündflut, die die
Sünder hinwegschwemmen würde, alle Menschen bis auf den Einen und
seine Sieben? O großer erschröcklicher Gott!
Herr und Vater, ich darf mir kein Bild von dir machen, sagt dein zweites
Gebot. Und so leicht ist es, sich von dir ein Bild zu machen, als eines
Despoten (der du nicht bist) oder eines allesversöhnenden Großvaters (der
du auch nicht bist), sondern du bist ein einiger Gott, den wir Menschen auf
Erden nie ganz erkennen werden, sondern für den Himmel ist uns
verheißen, daß wir dich erkennen, wie du uns erkennst, vollkommen.
Aber du hast dich offenbart in der Heiligen Schrift, und darin hast du dich
offenbart als ein Richter der Sünde, als einen zornigen Gott, der Adam aus
dem Paradies mit Eva vertrieb, der die große Flut ließ kommen, der Israel
nach Babylon ließ deportieren, und der, o Jesus, die Händler aus dem
heiligen Tempel zu Jerusalem mit Peitschen heraustrieb und die Pharisäer
nannte Otterngezücht: Wie wollt ihr sicher sein, daß ihr dem künftigen
Zorn entrinnet? Und es wird kommen der Tag des Herrn, da ergehen wird
der Zorn des Lammes, der da ausschenken wird in einem Taumelbecher
den Wein des Zornes Gottes über die Völker und Nationen und Könige
derselben und die große Hure.
Vater, so darf ich dich weiterhin nennen und will dir vertrauen, auch wenn
ich dich nicht immer verstehe. Mit den gewaltigen Wassern über der Feste
des Himmels hast du es niederschütten so lange, und die Wasser der Erde
stiegen über die höchsten Berge sieben Meter, daß Sünder und Vieh darin
ertrunken, bis auf die Gerechten, Noah und seine Familie in der Arche.
Und in der Arche des Glaubens an Jesus Christus ist es möglich, dem
kommenden Zorn zu entrinnen, und in jenes Land zu kommen, wo der
Gerettete wird wie Noah unter einem Weinstock sitzen, denn wir werden
dort mit dem Herrn und Meister trinken vom Gewächs des Weinstocks,
uralten, besten Wein beim Hochzeitsmahl des Lammes.
Von den Wassern will ich dir singen, o Lamm, du Retter meiner Seele!
Hat nicht der Regen, der in Friesland so oft darniedergeht, mich oft
zuhause in meinem Zimmer sitzen lassen bei herbstlichen sauren Äpfeln,
und ich vergrub mich in die schönsten Kinderbücher, daß ich die Welt der
Phantasie bereisen konnte mit dem Segelboot meiner Seele?
Und wie schön war es auch heute, nach langer krankheitsbedingter
Einsamkeit, der Gang durch die dunklen regennassen Labyrinthe der
Innenstadt, da mit so viele wunderschöne Menschen entgegenkamen,
anmutige Männinnen, die den Kragen hochschlugen gegen den nassen
Wind?
Und hast du denn auch am zweiten Tag den Schnee gemacht? Wie herrlich
ist doch der Schnee! So herrlich, daß er mit dem erscheinenden Christus,
wie er selbst sich dem Johannes offenbarte, in Verbindung gebracht wird.
Und wie lieblich und überaus zart und anmutig ist doch der feinste
Schneepuder oder Schneestaub auf den braunen Wimpern eines Mädchens,
wenn es den Liebenden mit den flockigsten Bällen bewirft, lachend, und
sein Herz verzaubert.
Der Schnee, wenn er die Landschaft einweißt, und wenn dann der Himmel
blau und die Sonne weißgolden ist, er hat so einen schönen Abglanz von
der Herrlichkeit Gottes, daß er zu Recht vom Seher als Christi Gewand
geschaut ward. Und er kann nach langem grauen Regen des norddeutschen
Dezembers im tiefsten Winter dann der Seele wieder etwas vom herrlichen
Lichte geben, das unsre Seele so dringend braucht, und braucht nicht nur
das Licht von Schnee und Sonne, sondern das Licht vom Lichte selbst.
Und wie schön wars, in Friesland am Deich spazieren zu gehn, durch das
Maisfeld zum Deich, und dort die Nordsee zu sehn, die manche den
Blanken Hans nennen, mir begegnete sie wie ein silbermatter Spiegel, in
dem der alte grauhaarige Wolkenhimmel sich betrachtete und seine Falten
mit Freude zählte. Und mir war sie wie das Land von kleinen
weißhäutigen Meermädchen, welche auf kleinen schimmelweißen
Seepferdchen aus schaumiger Gischt ans Ufer ritten, um dort mit den
Menschenkindern zu spielen, daß die Mannen in ihrer Philosophie nicht
Lebensfreude vergessen. Denn schöne Mädchen sind ein Quell von
Lebensfreude.
Dies alles trifft die Gewalttat des zweiten Schöpfungstages nicht, gewiß,
ich leb ja in gefallener Schöpfung, und die Wasser, die du, Herr,
sammeltest und voneinander schiedst, die aren in nichtgefallner
Schöpfung. Aber in der Schönheit der gefallnen Schöpfung liegt ein
Abglanz und ein Vorschein heiler Schöpfung, wenn man mit Sehnsucht
und Liebe des Herzens schaut.
Und mit Liebe zum Schöpfer vollendet sich der zweite Tag.
Du, Herr, sammeltest die Wasser des Euphrat, der am Ararat entsprang, die
Wasser des Tigris, der das Zweistromland bewässerte, in dessen
Fruchtbarkeit die Schrift entstand, und Gihon und Pischon strömten in
Eden.
Du ließest entstehen den Quell der Donau, über welchen Hölderlin eine
orgelnde Hymne dichtete, die mir, bevor ich dich kannte, Religion war auf
dem Weg zu dir; und den Vater Rhein, den Strom der deutschen
Märchenerde; und den Neckar, an welchem der Turm von Tübingen ruht.
Du ließest den Quell des gelben Vaters Ägyptens, des lotossäumigen
Nilstroms, im Dunkeln, und ließest die Wasser sich sammeln zum
schwarzen Niger. Die Amazone des Urwalds, den Amazonas, ließest du
werden, und den herrlichen Jangtsekiang (den Blauen Strom) und den
Huanghe (den Gelben Strom) und Majia-He im Reich der Mitte.
Die Rote See machtest du nicht rot. Das Mittelmeer ließest du schaumige
Muscheln tragen. Du teiltest die See, wie man einen Apfel hälftet, und
winktest auf dem Meer mit weißer Hand.
Du ließest werden Ems und Weser meiner Heimat, und die jadegrüne Jade
Frieslands. Du ließest werden die Nordsee, mit dem warmen Golfstrom,
und den Atlantik, den Stillen Ozean mit seinem pazifischen Frieden und
die Indische See mit schönen fruchtbaren Inseln.
Du ließest sich sammeln die Thamis, wo der schwarze Schwan von Avon
singen wird, die Mündung der brabantischen Schelde, wo der
Schwanenritter erschien, und den Schwanenteich zu Norden, wo ein
einsamer Poet in Trauer wandelte - bei den Trauerschwänen beschwör ich
dich, Geliebte!
Und die Jungfrau Terra, rund wie das Schönheitsideal der Tang-Zeit, zog
den Schleier der silbernen Wasser zur Seite und offenbarte ein herrliches
Antlitz, schwarz wie eine schwarze Madonna oder schwarze Jade; mit
Nasenbergen, Wangenhügeln, Augenteichen, Kinriffen, Ohrgrotten und
Lippenwellen. Und die Stirn war umweht von rosigem Wolkenhaar. Und
siehe, sie war schön. An ihrer Stirn trug sie ein Diadem, das heilige Land
von Jerusalem, die Stadt des Morgensternes.
Und Terra trat, die schöne Jungfrau, wie eine meergeborene Göttin
(gezeugt aus des himmlischen Vaters Liebe) mit einem Fuß an den
schwarzen Sandstrand von La Palma. Und sie wanderte zum goldnen Sand
der Sahara (die Erde war wüst) und zum Atlasgebirge, das den Himmel zu
tragen schien wie ein Titane.
Und ihre Brust war der Himalaya. Und ihre Scham (und sie schämte sich
nicht) der Jungfraunberg der Alpen. Ihre Finger waren die Five Mountains.
Ihr Nabel aber, in welchem eine Perle ruhte, war der Merg Moria, denn er
ist der Nabel der Welt, da dort der heilige Tempel des Allerhöchste würde
stehn.
Schöpfer, Gott, du schufest wie ein Künstler, mit jedem Schritt des Werkes
zufrieden und dennoch von kreativer Unruhe weitergetrieben. Ruhe
fändest du erst, wenn dein großer Plan eines Schöpfungsromans in sieben
Kapiteln zuende gebracht. Und auch ich will mich freuen an jedem Tag,
den du werden läßt, und schaffen in meiner Dichterarbeit.
Auch du, Herr, tust bis auf den heutigen Tag deine Werke. Dennoch bin ich
nicht wie du. Ich schaffe aus Vorhandenem, aus Geist und Natur, aus
Kultur und Seele, aus Tag und Traum, aber du, o Gott, du schufest Himmel
und Erde und alles Lebende aus dem Nichts.
Danke, Gott, daß du auf den herrlichen Gedanken gekommen, die Erde zu
schaffen!
Und du, o Schöpfer, bist herrlicher und gewaltiger als deine Schöpfung
von Himmel und Erde. Groß und herrlich bist du und nie genug zu preisen.
In Ewigkeit wird mir der Lobpreis nicht enden, Herr, du Gott des
Himmels!
Und den Poeten schufest du zu deinem Ebenbilde, du legtest
schöpferisches Vermögen in ihn, gabest ihm die Gabe aus Gnade, kreativ
zu sein, gabest Phantasie und Verstand und Glauben, dich als den Geber
aller guten Gaben zu verherrlichen.
Himmel und Erde und Meere, sie scheinen mir wie ein Mythos, sie sind
Fingerzeige und Hinweise auf die Wahrheit, sie sind nicht die Wahrheit
selbst, sondern Schatten der Idee, denn du, o Jesus, bist die Wahrheit
selbst.
Darum laß mich bei aller Mythe nicht vergessen, daß du mein Gott bist,
mein Schöpfer und mein Erlöser und mein Tröster, und dir allein will ich
alle Mythen opfern und sie zu Füßen deines heiligen Thrones im Himmel
dankbar niederlegen.
Ach mein Gott! Mir schien, Gott sei ungnädig und hart, kalt und fern. Ich
verzweifelte an der Wirksamkeit der Gebete, und meinte, Gott erhöre
meine Gebete nicht. Aber dann warf ich mich weinend aufs Angesicht und
betete: „Vater, Vater...“ Und ich bat den Herrn Jesus um seinen Trost, den
heiligen Tröster. Und ich unterwarf mich Gott als sein Knecht.
Und Gott tröstete mich durch seinen Heiligen Geist, der in mir wohnt,
Christus in mir. Und Gott sandte meinen Bruder im Herrn vorbei, der
sagte, mein Dichten sei ein Sammeln von Schätzen im Himmel, denn ich
tät es ja zu Lob und Ehre Gottes. Wer den Lohn nicht auf der Erde hat, der
hat aber ewigen Lohn im Himmel, und dieser Lohn wird größer, goldener
und süßer sein.
Darum preise ich dich, daß ich für dich leiden darf, leiden an meinem
Leben, meinem armen Dasein, und dein Geist befeuert in mir die
Sehnsucht nach deines Sohnes herrlicher Wiederkunft und der Entrückung
in die Lüfte; dein Geist befeuert in mir die Sehnsucht, die heiße Sehnsucht
nach dem ewigen Leben im Paradies, in der schönen Jeruschalajim, der
hochgebauten Stadt. Ach, wär die Stunde da!
Dann wollt ich weiter dich preisen, aber besser, heiliger und
vollkommener, denn du bist der Leiter meines Lebens, der Erlöser meines
Geistes und Leibes und der Tröster meiner Seele und Gemütes. Du bist der
Herr! Du bist die Majestät im Himmel, die Lobpreis verdient, und von der
ich den Lohn allen süßen Trostes und herrlicher Glückseligkeit dankbar
empfangen darf in der Stunde, da ich meinem Heiland gegenüberstehe.
Herr Jesus, ich grüße dich mit dem Kuß der Liebe, und ich bitte dich
demütig, daß du weiterhin all mein Dichten leiten und erfüllen mögest mit
deinem Geist, der mir sagt, daß alles, was lieblich und wohllautend und
eine Tugend, bei mir sein soll.
Du schufest den Ozean des Nordens mit seinem eiskalten Glanz, seiner
metallenen Härte und silbernen Unterkühltheit, mit seinen herrischen
Fluten, seinem männlichen Brausen, wie einen kaltherzigen Frostriesen
machtest du das nördliche Meer, wie einen rationalen Engländer oder
einen germanischen Donnergötzen, der polternd durch die Eisweiten reitet.
Du schufest den Ozean des Südens mit seinen heißen Fluten, seinen
fließenden Silberblicken, seinen geöffneten feuchten Wellenlippen,
stöhnend vor Brunst, wallend vor Leidenschaft, schwülstig in seinem
Aufwallen von stürmischen Gefühlen, welche branden wie ein Meer aus
Feuer, eine wütende See der Leidenschaft, wie einen italienischen Poeten
machtest du den südlichen Ozean, wenn er seine Madonna mit
schluchzendem Mandolinenlaut besingt oder wie eine mittelmeerische
schaumhafte Liebesgöttin, welche bloß und schön auf ihrer Muschel
einherzieht.
Und mitten zwischen ihnen legtest du den Weg der Erde frei, den goldenen
Mittelweg, und da gabest du der Erde Verstand und Gefühl, Leidenschaft
und Vernunft, Poesie und Philosophie, Theologie und Minne, und du
ließest über die Erde kommen drei Zeitalter der Sehnsucht: das Zeitalter
der großen Mythe von der Insel der Glückseligkeit, das Zeitalter der
Jungfrau süßer Minne und das Zeitalter der romantischen Natur mit der
unendlichen Sehnsucht nach dem Ewigen.
Und auch ich, ich wandle auf dieser Erde, die ihre Sehnsucht durch das
Jammertal trägt, daß das Jammertal zu einem Quellgrund wird, und es
fließen daselbst die Brünnlein der Hoffnung, der Hoffnung auf den
Himmel, der Hoffnung auf die Fluten göttlicher Liebe, der Hoffnung auf
das Paradies, und alle Hoffnungen münden in Eine ein, daß ist die
Hoffnung auf die Erkenntnis des Herzens Gottes!
Den Blumenstrauß, den der Hebräer Tor gern der fernen Lilith gebracht
hätte, da er sie liebte, diesen bring ich nun dem dar, der der Schöpfer der
Blumen, und nicht nur der Blumen, sondern auch von Kraut und Gras und
allerlei Bäumen.
Pfingstrosen Chinas schuf der Herr in seiner weisen Voraussicht als
Verheißung auf die Erweckung im Reich der Mitte und als Zierde für den
Päonienblütenpalais von Guefe, der schönsten Frau der Tang!
Lilien schuf der Herr in seiner großen Reinheit zum Zeichen für die
Tugend der klugen Jungfraun, zum Bilde für die großen Mondaugen eines
schönen Weibes.
Rosen schuf der Herr in seiner großen Liebe, und er gab sie den
Menschen, um die Liebe zu ihrer Geliebten in feuriger Minne
auszudrücken. Und er machte ihre Schönheit mit dem Dorn zum Sinnbild
der geheiligten Sünderin. Und er ließ sie blühen im purpurnen Blute, denn
an dem Dorn des Kreuzes vergoß der Herr sein Blut und bewies damit die
Liebe Gottes zu allen Kreaturen.
Veilchen schuf der Herr in seiner unendlichen Barmherzigkeit als Blume
für die lieben Großmütter und ebenso zum Bilde für die veilchenaugigen
Griechinnen, welche anmutige Schwestern sind, und zum Gefäß eines
herrlichen Duftes, der wie Weihrauch aufsteigt mit den Gebeten der
Heiligen.
Vergißmeinnicht schuf der Herr, damit der Mann in seiner unerwiderten
Liebe nicht den Tröster vergesse, der ihm alle Tränen von Wimpern und
Wangen küssen will mit seinen Feuerlippen und Balsammunde.
Passionsblumen schuf der Herr in seiner großen Hingabe an seine
Geschöpfe zur Erinnerung an die Passion seines Sohnes Jesus Christus.
Nelken schuf der Herr in seiner großen Zuneigung für alle jene, welche
Liebe fühlen, aber nicht ausdrücken dürfen, orangene Nelken, welche wie
Morgenröte glühen, verschwiegene Schwestern der roten Rosen.
Und die Bergamotten-Orange schuf Gott an diesem Tage zum Zeichen für
Salomos Liebe, der der Fürst der Liebe geheißen ist, und ein Vorschatte
war des Sohnes, denn die Bergamotten-Orange ist immergrün wie Christus
ewig, und seine Frucht erfrischend.
Die Eiche schuf Gott und den ganzen Eichgrund, auf daß darin
dereinstmalen David dürfe wandelnd, und die Herrschaft seines Sohnes
währe ewig!
Die Blutbuche schuf Gott mit großer Trauer um den Mann Tor, der sich
unter die Blutbuche legen wird und sein Leben auszuhauchen hofft, aber
„Gott fand ihn in seinem Blute liegen und beschloß bei sich, er solle leben
und schön werden“!
Den Wacholder schuf Gott mit Trauer und Versprechen von Trost, auf daß
Elia eines Tages, wenn er sterben wird wollen, daselbst von einem Engel
Gottes gestärkt wird und getröstet mit schlichten, schlichten Dingen, die so
kostbar sind.
Die Zeder schuf Gott an diesem Tag als einen König der Bäume, denn es
wird die Zeder sein ein Zeichen für den Gerechten, welcher alle andern
Menschen überragt. Unter Zedern wird der Fürst der Liebe lagern und
seine Liebe seiner Braut bezeugen.
Die Zypresse schuf Gott an diesem Tage mit großer Liebe für die
Griechen, welche sich am Tage des Todes ihrer Geliebten mit
Zypressenzweigen das Haupt bekränzen und heulen und klagen wie
Klageweiber, denn noch war ihnen der sterbende und auferstehende Gott
in Wahrheit nicht begegnet, der Sieger über den Tod.
Die Myrte schuf Gott an diesem Tage für alle Liebenden, denn in ihrer
Liebe, der Liebe eines Mannes zu einer Frau, hatte Gott ein Abbild
geschaffen seiner Liebe zu seinem himmlischen Volk.
Die Myrrhe schuf Gott mit großer Freude an diesem Tage, und die Narde
in Indien ebenso, denn es würde gebraucht das Harz derselben zum
heiligen Öl für den Propheten, Priester und König, welcher Gesalbter des
Herrn heißt.
Das Gras und des Grases Blume schuf Gott an diesem Tage zum Zeichen
der Demut und Erkenntnis für seine sterblich gewordenen Menschen, denn
sie sollten erkennen, daß des Menschen Leben ist wie Gras und Grases
Blume (die Gänseblümchen auf dem Rasen): Am Morgen und Mittag
wenden sie ihre Häupter und Spitzen der Sonne zu, aber am Abend werden
sie welk und gemäht.
Und sie müssen davon.
Darum lehre mich bedenken, daß ich sterben muß, auf daß ich klug werde
und nach dir frage, Herr, denn du schauest vom Himmel, ob einer der
Menschen klug sei und nach dir frage. Denn wer nach dir fragt, der wird
gewißlich Antwort finden, und wer suchet und bittet und anklopfet, der
wird finden und empfangen und ihm wird aufgetan das Tor zum
himmlischen Jerusalem, so er stirbt in deinem Namen, Jesus.
Und du schufest an diesem Tage auch die Ähren mit ihren goldenen
Halmen, und es ward noch kein Unkraut zwischen den Weizen gesät, denn
noch war der Feind nicht auf den Plan der Heilsgeschichte getreten. Der
Weizen und der Roggen, die Gerste und der Reis, das Sorghum-Korn und
Mais und Hirse und Cous Cous, alle geriten wohl und neigten sich demütig
vor dem sanften Winde, deinem sanften Geiste.
Und zahllos wie die Halme der Gräser auf den weiten Wiesenebenen von
Scharon wird sein die Zahl der Heiligen und Erlösten in der neuen Stadt
am Ende der Zeit, eine unzählige Zahl, und der Same Abrahams, des
Vaters des Glaubens, wird unzählig sein wie die Staubkörner auf der Erde,
die Sandkörner am Meer und die Sterne am Himmel.
Und so atmete aus mit purpurner Glut des Abends der dritte Tag sein
Leben, um sich Gott als Opfer darzubringen.-
Und am Himmel flog hin der Adlerstern. Der Adler war an Jovis’ Throne,
trug seine Befehle und seine Blitze aus. Er holte den griechischen Jüngling
Ganymedes in den Himmel des Jovis, indem er ihn ergriff und in die Höhe
riß: auf Adelers Fittichen, wie es im Liede heißt. Und Ganymed ward
Mundschenk des Göttervaters. Und darum, weil die Seele hinaufsteigt in
ihre Heimat, ließen die Griechen einen Adler aus dem Feuer steigen, wenn
des Toten Glieder Asche wurden. Weil er den allwissenden Adler, der
allein das Licht der Sonne schauen kann, liebte, ließ Jovis ihn an das
Firmament versetzen, wo er in der Milchstraße, nah am Äquator, steht. Er
besteht aus drei Sternen, zum Lobe der Dreieinigkeit, die alle in gleicher
Entfernung von einander stehen; der mittlerste der drei (wie bei den drei
Engeln, die Abraham im Hain Mamre begegneten, der mittlere Engel der
Engel des Herrn war) ist Atair, ein Stern der ersten Größe.
Und am Himmel schuf der Höchste Capella im Sternbild des Fuhrmanns,
und Capella war der himmlische Name der Jungfrau Aega, welche in einer
Höhle ein Kind aufzog, das war Jovis, der geboren worden auf Kreta. Sie
hatte solchen Glanz, daß sie die Giganten blendete, da diese den Himmel
stürmen wollten. Dieser Glanz kam von der Gnade Jovis’, da sie ihn auf
Kreta aufzog, und zum Lohne dafür versetzte er sie ans Firmament. Von
ihr wird auch gesagt, daß sie die Braut des syrinxspielenden Gottes war.
Und am Himmel tauchte Ambrosia auf, eine der sieben Plejaden, der
Töchter des Heroen, der den Himmel auf seinen Schultern trug, Atlas
geheißen von den Griechen. Weil Ambrosia an den Himmel versetzt ward,
ward das Himmelsbrot der unsterblichen Götter Ambrosia genannt, denn
am Himmel ward auch sie mit demselben gespeist, wie es zum Trank den
himmlischen Nektar gab.
Die Plejade Maja ward von Orion sieben Jahre lang umworben, bis sich
Jovis über sie erbarmte (und über ihre triefaugige Schwester Merope) und
sie als Plejade an den Himmel versetzte. Ihre Schwester Electra aber,
dieselbe wird genannt eine Braut des Höchsten, Jovis’ Braut, und darum
ward auch sie zu den Himmlischen gerechnet und bildet mit ihren
Schwestern das Siebengestirn. Die Römer nannten die Plejadenschwestern
Vergiliae, das heißt verdolmetscht Frühlingsgestirn, weil der Frühling die
Jahreszeit der Liebe ist.
Und unter den celestialen Lichtern waren auch zu finden Cassiopeia und
Andromeda, ihre Tochter. Da Cassiopeia stolz war und sich für schöner
hielt als die Meeresnymphen, ward ihre Tochter Andromeda an einen
Felsen gebunden und einem Meeresdrachen ausgeliefert, dem Leviathan.
Sie war schon verdammt, und der Leviathan nahte bereits, als der herrliche
Heros Perseus nahte, ausgestattet mit göttlicher Rüstung, und befreite
Andromeda aus ihren Ketten, rettete sie vorm Rahab-Drachen und freite
sie zur Braut und führte sie in sein Vaterland. Jovis aber versetzte sie (und
ihre Mutter, die späzter Buße tat, als sie sah, daß ihrem Hochmut der Fall
der Tochter gefolgt war) an das Firmament.
Und am Himmel entstanden die vier Gegenden mit ihren Sternen und
Bildern, und die südliche Himmelsgegend ward Antica genannt, die
nördliche Postica, die östliche Antesinistra (der Himmel der Sinesen) und
der Westen Antedexira.
Und am Himmel, aus Gnade und Erbarmen des Höchsten, ist auch
Antinous zu finden, der schönste Jüngling, welcher den Kaiser des Orients
liebte, und aus religiösem Wahnsinn und übergroßer Schwermut ertrank er
im gelben Fluß. Sein Sternbild ist auf der nördlichen Halbkugel zu finden
und besteht aus neunzehn Sternen, wovon einer veränderlich ist, wie auch
des Antinous Gemüt je nach dem Stand der Frühlings- oder Herbststerne
veränderlich war.
Und es ward am Himmelsfirmament der Ara-Altar gefunden, den einige
als einen Opfertisch und andere als ein Weihrauchgefäß darstellen, und auf
diesem Altar sollen die unsterblichen Götter geopfert haben, bevor sie zum
Kampfe gegen die dämonischen Cyclopen auszogen. Und darum besteht
der Altar auch aus sieben Sternen, der Zahl der himmlischen
Vollkommenheit, oder aus vier Sternen, der Zahl der Gestalten vor dem
Throne des Höchsten und der Zahl der Bücher des Lebens.
Und am Himmel ist auch zu finden das Bild des Arcas, der der Stammvater
aller Arkadier wurde, die in dem Hirtenlande Arkadien lebten (auch ich
war in Arcadia). Er war ein Sohn Jovis’ und wurde von einem Wüterich
geschlachtet, dem Jovis zum Mahl vorgesetzt, um zu sehen, ob dieser ein
Gott sei; derselbe aber machte Arcas wieder lebendig und ließ ihn in den
Tempel des Jovis eintreten, von wo er ihn an den Himmel versetzte (und
seine Mutter Callisto ebenfalls): die große Bärin und der Bärenhüter.
Und Arcturus ward am Himmel gefunden, den die Araber Hüter des
Himmels nennen (Haris el Semä), von dem aber auch Ben Jonson meinte,
er sei der verherrlichte Arthur, König des Grales auf der Insel der Seligen,
Avalon.
Und die Argo, das Schiff, mit dem die Argonauten ausfuhren, das goldene
Vlies zu finden (ein Vorschatte des reinen unbefleckten Lammes Christus),
dieses Schiff ward zu seinem ewigen Ruhm ans Firmament versetzt.
Und die Jungfrau des Goldenen Zeitalters, Asträa, ward an den Himmel
versetzt, denn im Himmel herrscht ein ewiges Goldenes Zeitalter, da gibt
es keine Kriege, kein Leid und Geschrei und keinen Tod. Denn als auf der
Erde der Sündenfall stattgefunden hatte, verließ Asträa die Erde und
wandte sich dem Himmel zu (wie auch die Perser sagen, daß die Gottheit
der Liebe den Baum der Unsterblichkeit auf den Mond versetzte).
Auriga ward am Himmel glänzend gemacht, welcher mit seinen Ziegen (er
ist der Hirte) zum Teil in der Milchstraße steht und zum Teil auch
außerhalb derselben. Er steht zwischen den sieben atlantidischen
Jungfraun und der großen Bärin, der Mutter des Hirtenvaters Arkas.
Aurigas erster Stern kann als der glänzendste Stern des gesamten Himmels
gefunden werden.
Der Becher des Gottes aller Poeten steht am Himmel, westlich der
Jungfrau, mit 17o Grad gerader aufsteigung und hundertzwanzig und
einem Sternen. Es ist ein Becher mit Wein, denn in Raserei haben alle
Poeten als Propheten geweissagt (und sie sind Propheten, denn sie sind
Jünger des Sohnes Gottes).
Berenice war eine ägyptische Jungfrau, welche einen Mann mit großer
Treue liebte, und als er in den Krieg zog, schnitt sie sich das lange Haar
mit herrlichen Locken ab und brachte es in den Tempel der Gottheit der
Liebe. Wo es aber nicht wieder gefunden ward, denn es war als das Haar
der Berenice an das Firmament versetzt worden, eine Sternschnuppe nah
am Schweife des Löwen, in vielen Nebeln verschleiert, denn das Haar
einer Jungfrau ist ihr Schleier. So haben die unsterblichen Götter des
Himmels die Treue wahrer Liebe gewürdigt.
Icarius war ein Hirte, der seinen Mitgenossen den Wein der Seligkeit zu
trinken gab, sie aber verschmähten die Heilkraft dieses Trankes und
erschlugen in lästerlicher Trunksucht und Wahnsinn den Hirten, der mit
seiner Tochter Erigone ans Firmament versetzt wurde: Icarius ist der
Bootes.
Brome war eine Nymphe, die den Gott des Weines und des mystischen
Brotes erzog, und ward von dessen Vater an den Himmel versetzt mit ihren
Schwestern als Hyaden.
Und über alle herrschte Chardaniel, wie die Juden den Engel nennen,
welcher der Engel des Firmamentes ist und sieben Myrionen Mal größer
ist als die andern Engel, er strahlt immerfort von zwölf weißen Blitzen.
Und eine Hyade war die Schwester des Hyas, der von einem wilden Tier
zerrissen worden, worüber sie und ihre Schwestern so weinen, daß sie
Regen bringen auf die Erde. Und ihr Name war Cleia.
Und Cygnus war der Sohn des Gottes der Seher. Und er starb aus großem
Leid, weil ihn sein Freund verlassen hatte. Er ward an den Himmel
versetzt, wo er mit dem Haupt nach unten (wie Petrus dereinst in Rom) am
Kreuz des Nordens hängt. Um seinetwillen ward der Schwan, der nicht zu
den unreinen Tieren des mosaischen Gesetzes zählt, sondern der
Kormoran, zum Lieblingstiere der Dichter erwählt. Denn der Schwan, wie
Platon sagt, singt, wenn er seinen Tod kommen sieht in Vorausschau, denn
er freut sich auf die Unsterblichkeit seiner Seele und sein Schwimmen in
den elysäischen Seen. Und darum wird der Schwan von den Chinesen auch
Himmlische Weißgans genannt.
Und da die Jünger der großen Gottheit diese loben mit Zymbeln und
Triangeln, ward die Triangel (Deltoton) an das Firmament versetzt, am Fuß
der Andromeda, die mit ihren klingenden Füßen Lobtanz tanzt, und nahe
am Widder, der geopfert ward an Isaaks statt.
Und zur Mahnung für alle Sünder, sich dem Bösen nicht länger
auszuliefern, sondern an den Retter Christus zu glauben, ward der Drache
ans Firmament geheftet mit feurigen Pfeilen. Er war der lenäische Drache,
welcher zehn Köpfe hatte und von Herkules getötet ward. Er war der
Drache, der in den hesperischen Gärten am Apfelbaum sich ringelte. Er
war der Drache, der aus der deukalionischen Flut auftauchte und den
ganzen Erdkreis versuchte. Er war sogar am Orakel des castilischen
Quells, von welchen giftverpesteten Wassern viele Dichter tranken, bis
Apollon den Drachen tötete, die kastalische Quelle reinigte, und Weisheit
zum Lobe und zur Verherrlichung des allmächtigen Gottes strömt nun
daraus. Ich selbst trank auch davon, es war süß - wie der Kuß meiner Muse
- und trunken von diesen „heilig-nüchternen Wassern“ sing ich nun
Christus meinen Lobpreis!
Und am Himmelsfirmament kniet ein Mann, den man Engonasi nennt, und
er kniet und streckt seine Arme zum himmlischen Vaters aus. Und er kniet
zwischen der Krone und der Leier. Und sein Mitknecht Opiuchos betet mit
an, ein gelber Stern, denn er war ein Asiat, mit den schwarzen Haaren des
nächtlichen Himmels, denn Gott wekcte ihn immer in der Nacht zur
Anbetung auf.
Und zwei Brüder, von denen der eine unsterblich und der andere sterblich,
waren am Firmament zu sehen, und der unsterbliche Zwilling trug eine
Lyra und der sterbliche Zwilling trug eine Keule. Und sie liebten einander
und ließen sich oftmals den friesischen Fischern sehen. Und sie wurden als
Sternbild Gemini genannt.
Und Hesperus liebte die atlantische Tochter Hesperis, die Hoffnungsreiche
ebenfalls ihn, der ihre Hoffnung war. Und er stieg auf den Berg, der den
Himmel trug (den Atlas) und ward in einem großen Sturme
hinweggerissen. Gott nannte den schönen Abendstern Hesperus, weil er
ihn nicht mehr Luzifer nennen wollte. Manchmal nennt man Hesperus, die
Hoffnung, auch Vesperstern, weil er gnädig lächelnd schaut aufs
Vespergebet.
Und die Ozeaniden oder Atlantiden (denn Atlantis im Ozean war die Insel
des Goldenen Zeitlaters) hießen: Arinoe, Ambrosia, Baccho, Bromia, Erato
(nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Muse der erotischen Lyrik),
Eruphia, Eudora, Cisseis, Coronis, Cardia, Nysa, Phäsyla, Polyhymno,
Polyxo, Phäo, Pytho und Synecho. Sie waren Geliebte des Gottes von
Wein und Brot, und wurden deshalb von dessen Vaters ans Firmament
versetzt.
Hydrochous ward am Himmelsfirmament gefunden, aber er leitete, der
Wassermann, kein neues Zeitalter ein, sondern er war nur Zeichen der
Herrlichkeit Christi, des Einzigen, der ein neues Zeitalter eingeleitet.
Die Krone, welche die Gottheit der Liebe einst der Jungfrau Ariadne zum
Geschenk gemacht, als sie sich mit dem herrlichen sterbenden und
wiederkehrenden Gott vermählte, die Krone ward an den Himmel versetzt
und wartet auf die Heiligen, als Krone des Lebens.
Und schließlich ward auch die Lyra jenes Poeten, der um seiner Geliebten
willen in die Unterwelt stieg, wiederkehrte ins Leben durch die Gnade
Gottes und schließlich von wilden rasenden Frauen zerrissen wurde, weil
er ihr Wollust- und Wahnlied nicht singen wollte, sondern wollte weiter
Gott im Himmel mit seiner Lyra preisen, an den Himmel versetzt. Seiner
Lyra wohnte und seinem Gesange solche Macht inne, daß Totes lebendig
wurde und Unbewegliches ihm folgte. Und er besang die unsterblichen
Götter in frommen Hymnen. Diese Lyra ist, wie alles Lyrisches sollte
Prophetisches sein, nah am Schwan zu finden (Cygnus am Kreuz des
Nordens). Und ihr hellster Stern heißt Wega. Es muß Wega einer der
unsterblichen Poeten sein, Dante oder Milton oder Klopstock. Oder ist
Wega eine der Musen, Beatrice oder Laura oder Diotima? Aber alle Sterne,
seien es Wega oder Sterne vierter Ordnung oder die vielen teleskopischen
Sterne, strahlen ihr geliehenes Licht dem Schöpfer zurück, der sich
geoffenbart hat in Christus dem Herrn! Ihm sein Lob und Preis und Ruhm,
jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit! Selah!
Sol (Sonne) trat hervor aus seinem Himmelszelt, wie ein Bräutigam, und
er wusch sich in dem Tau des Morgens, und er kämmte sein goldenes Haar.
Sein weißes Antlitz glänzte vor großer Herrlichkeit, und er legte die
goldene Rüstung an, schirrte die weißen Rosse vor seinen goldenen Wagen
und reiste zum Zenit, von dort aus seinem himmlischen Auge mit
glühendem Blick auf seine Braut zu schauen.
Und er warb um sie im Frühling, da seine Kraft die Rosen belebte, im
Maien, da sein mildes Leuchten die Apfelbäume blühen machte in
rosaweißem Blust, und er warb um sie im Sommer, da seine Hitze die
Nymphen in den Seen erfreute, daß sie sich badeten in der Wärme des
Tages, und er warb um sie mit seinem güldenen Glanz im Herbste, da das
Gold der Bäume wetteiferte mit dem Golde Sols, und da seine glühenden
Blicke auf den weißen Schleier des Nebels fielen, und er warb um sie im
Winter, da der weiße jungfräuliche Schnee mit dem Glanz der Reinheit
Antwort gab auf sein Werben und sagte: „Willst du mich treffen, mich
Frau Erde, so warte bis Frühling, und dann am Sonntag in der Frühe, da
werden wir uns treffen und gemeinsam das Blühen der Liebe feiern!“
Und Sol stand auf dem Gipfel des Himmels, und er vergoß das purpurne
Glühen seines Blutes, und er sank in die tiefe Nacht, am Morgen zu
erstehen, am Sonntagmorgen mit der Herrlichkeit des Morgensternes.
In der Nacht aber waltete die Jungfrau mit ihrem milden Antlitz, Luna, die
schöne Sandte. Sie hatte wahrlich ein Mondgesicht und trug ein weißes
Kleid, bestickt mit Tautropfen und der Zierde der diamantenen Sterne, die
aber verblassten vor der herrlichen Silberglorie ihrer Erscheinung. Und sie
lächelte lieblich zu dem träumerischen Hirten Endymion, der in Karien auf
dem Berge Lat in einer Höhle schlief, und sie küsste ihn mit ihren blassen
Lippen und ließ rinnen die kristallenen Augentropfen aus ihren
Lilienkelchen, und es waren Tropfen der Sehnsucht. Und Endymion
träumte von der Schönheit Lunas, wie sie wandelte am Meere des
Himmels, herzutrat zu ihm und ihn umarmte. Und er sah ihren
Keuschheitsgürtel, den sie um die Hüfte trug, und auf dem Gürtel war ein
Mondstein angebracht. Und die Nacht wob Lunas Haar wie einen
fließenden Schleier um ihr weißes Gesicht, in denen tiefe Augenkelche
schlummernd glänzten. Und Endymion floß über vor Wonne und
himmlischer Lust, denn es war ein so überaus sanftes Licht, das da vom
Antlitz Lunas ausging, und es war so eine romantische Süßigkeit auf ihren
lächlenden Lippen, und es war eine so selige Stille um ihn her, daß er das
leise Singen hörte, und es war das Singen der Nachtigall, die in einem
weißen Rosenbusche saß, und es war die Sprache Lunas:
„Nun biet ich dir Adieu, mein Lieber, denn ich muß scheiden! Ich muß
sinken in die feuchten Wellen der Zeit und untergehen in den Feuern des
Tages, weh mir! Ich klage und weine, siehe, meine kristallenen Tränen
tropfen aus den himmlischen Lilienkelchen auf den schlummernden
Busen, aber ich muß davon, und wir werden uns nimmer wiedersehen.
Adieu denn also, mein Lieber!“ Und Luna schied.
Und da schimmerte herauf die herrliche Morgenröte. Alle Vögel
Griechenlands und Israels, alle Vögel vom Indus bis zum Rhein, hoben
allezeit an, die Morgenröte zu grüßen. Sie streute mit ihren rosigen Armen
weiße und purpurne Rosen über die Flur. Sie trug in ihren langen goldenen
Locken Rosen- und Päonienblüten. Und im Haare, über der Stirn, trug sie
ein wunderbares Diadem, das war der Morgenstern.
Der Morgenstern, den die Heiden nach der schönen Venus benannten, war
geschaffen von Gott zum Gleichnis für den sterbenden und erstehenden
Christus. Er war derselbe wie der Abendstern, der in der Umnachtung sein
purpurnes Blut vergoß, durch die Grabesnacht wanderte, und in seiner
weißen Glorie am Morgen vom Schöpfer erweckt ward.
Und der Morgenstern funkelte in siebenfältig-weißem Licht mit seiner
kristallen-diamantenen Krone am Haupt des Himmels, und er sagte: Schau
mich an, aber anrühren kannst du mich nicht! Und Gott wird diesen
Morgenstern, der aufgegangen ist, in unsern Herzen leuchten lassen, ihr
Christen, denn es wird Christus in unsern Herzen wohnen durch den
Heiligen Geist.
Und Christus wird der Bräutigam sein, der da suchet seine Braut, das ist
sein himmlisches Volk, und Christus wird ihr Tröster sein, der bei allem
Liebesweh (wie Tor um Lilith weinte) der Trost und die Verheißung der
ewigen Seligkeit ist, und Christus wird kommen vom Haupt des Himmels
und uns, die wir an ihn glauben, auferstehen lassen zu ihm in den Äther
hinein, dort mit ihm zu leben in alle Ewigkeit, denn der Morgenstern hat
bereitet eine himmlische Stadt, die herrlicher ist als das Firmament, und es
wird darin wohnen eine Schar, größer als die Schar der Sterne am Himmel,
und die Stadt wird heißen: die neue Jerusalem und wird geheißen werden
mit einem neuen Namen.
Das alles war Gottes Plan, als er Sonne und Mond und Morgenstern und
alle Sterne erschaffen, den Menschen zu leuchten und die Zeit zu messen,
die am Ende aufgehen wird in Ewigkeit.
Damit endete der vierte Tag.
Und Gott schuf die liebliche Nachtigall und gab ihr eine himmlische
Stimme. Und der jugendliche Nachtigallsänger sehnte sich nach der Rose,
welche in purpurnen Farben süß duftete und im Herbste so anmutig die
roten Tücher ihrer Blütenblätter sinken ließ, im Frühling aber blühte in
verschlossener Keuschheit, gewandet in Purpurgewänder. Und er sehnte
sich und sang seiner Sehnsucht die schönsten Hymnen. Er saß in der
Nacht, im silbernen Mondschein und linden Frühlingsduft in einem
Myrtenbusch und sehnte sich nach der persischen Rose und sang:
„O Rose, wie herrlich schön bist du! Deine purpurnen Gewänder stehen dir
so gut, und deine Blütenaugen, und deine feinen Blätterhände, und selbst
deine Dornen, mit denen du deine Keuschheit schützt vor den
Versuchungen durch böse Würmer, alles an dir scheint mir wahre
Schönheit zu sein!
Ich bin bezaubert von deinen Düften, es sind die weltweit berühmten Düfte
des Rosenöles, ein lieblicher Duft, der meine Sängerseele in Verzückung
setzte. Ja, deine Düfte machen mich närrisch, daß ich, wenn ich meditiere
im Mondschein über des Schöpfers Schönheit, an nichts andres denken
kann als an deine Schönheit. Und im Herbste, wenn dunkle Wetter mit
heftigen Stürmen deinen Hain umrauschen und du dein rotes Tuch ganz
keusch zur Erde fallen läßt, dann würd ich dich so gern mit meinen
weichen Vogelschwingen einhüllen und wärmen und dich schützen vor des
Winters scharfer Schneide.
Du bist meine Sehnsucht, denn in deinem Rosenbusch möcht ich mich
gerne bergen und ein Nest in deinen Blüten finden. O wir würd mir im
Maien! wenn du süß duftest und deine Wangen so weiß und rot leuchten,
und deine Augen, die Knospen, so schimmern, und deine Lippen, die
taufeuchten Rosenblütenblätter, zum Kusse gespitzt - mir alles so
antgegenlacht!
Dann würf ich mich gern in deine Arme, aber deine Dornen wehren mir.
Dann macht ich mich so gerne innig eins mit dir, aber wir sind getrennt,
denn du sitzt jenseits des Euphrat und ich diesseits. Und so bleibt mir
nichts, als deinen Purpur zu missen und nur den Purpur meines
Nachtigallenblutes und den Purpur meiner Liebesglut in wehe
schluchzenden Hymnen zu verströmen.
Darum sing ich dir von dem Blut und dem Purpur eines Königs und von
der Schönheit des Schöpfers, daher du deine Schönheit zu danken hast,
Geliebte. Und ich bete in neunfältigen Psalmen zum Schöpfer, daß du
seine Liebe erfährst wie ich, denn er machte dich nicht nur zum Gleichnis
seiner Schönheit, sondern zum Gleichnis der Liebe überhaupt, einer Liebe,
die in Purpurblutströmen verströmt und die Auferstehung ewiger Liebe
feiert!
Und ich würde mich so gern über den Phrat schwingen und mit meinem
Schnabel deine Blüte küssen, o wie würd ich da singen einen herrlichen
Hymnus der Liebe! Aber so sing ich einsam im Myrtenbusch, einsam im
Mondschein, trauernd um deine herrliche Schönheit, die mir nicht
verliehen ist, Elegien in süßen Reimen. O Rose, o Rose, ich lieb dich,
wahrlich, wahrlich, ich singe dir: Ich liebe dich!...
Und von der Treue der Schwäne hat schon manches Lehrbuch geschrieben.
Ich aber will ihre Schönheit rühmen und erzählen, wie sie mir begegnet
sind in den schweren Zeiten.
Ich ging einsam am Schwanensee im Februarnebel, und wie der Nebel floß
meine Seele aus laute Weh- und Schwermut hin, denn ich liebte Diotima,
welche die Göttin meiner Träume war, und ich sah sie, wie Morgaine le
Faye, in einem Zauberbilde durch den Nebel fließen, und ich kehrte in
meine Eremitage zu weinen.
Da trat die Seele eines blauen Schwanes in mein Zimmer und rief mich
zurück zum Schwanensee. Und ich ging zum Schwanensee und sah, das
erste Mal in meinem Leben, einen schwarzen Trauerschwan an der grünen
Pforte auf mich warten. Und ich sah sein Auge, welches aus einem
einzigen Rubin gemacht war, und er vergoß unter den schwarzseidigen
Lidern eine blutige Träne, denn er litt sympathetisch mit meiner
Schwanensängerseele.
Und wir teilten ein Stück vom Brote, und ich redete mit ihm und gab ihm
den Namen Arminion. Und immer, wenn ich zum Schwanensee kam mit
Trauer in der Seele und Umnachtung um meinen klagenden Geist, da
grüßte mich zum Troste Arminion.
Aber eines Tages war er fort, er war erschlagen worden, und seine
Schwanin, Thusnaldea, sie fraß nicht mehr, sie litt und starb aus Treue,
denn sie wollte ihm folgen in den Staub der Erde. Und der Schwanenhirte
flößte ihr ein Öl ein, aber sie weigerte sich der Medizin und starb
Arminion nach.
Und ich hängte meine elegische Harfe wie Jeremia in die Weide, die
Trauerweide, welche sich silbern über den stillen See neigte, und ging
ebenfalls zu sterben, denn auch meine Hoffnung war verschwunden und
dahin. Aber Gott erweckte mich und gab mir meine Harfe wieder, daß ich
den Vater und den Sohn im Geiste preise und rühme!
Und auf dem See ruhten die Enten, die bunten Erpel hatten ihr grünes
Regenbogenkleid an, die Weibchen trugen das franziskanisch-braune
Gewand, daß sie ihre Küken bergen könnten am braunen Schilfufer. Und
um die Enten herum paddelten die Möwen mit aufgeregtem Gemüt und
hofften auf ein Gnadenbrot des Menschen.
In meiner Kindheit sah ich immer in jenem Garten, der das Paradies
meiner Kindheit war, die Amseln bei den Büschen und Sträuchern, die
Männchen im schwarzen Anzug schienen mir besonders herrlich, anders
als bei den Menschen, wo die Schönheit die der Weibchen ist.
In demselben Garten stand eine alte Kastanie, welche ihre mütterlichen
Arme weit breitete. In ihrer Krone nisteten Tauben, welche immer
Ruckediguh riefen und Ruhu-Ruhu. Mir war dies Gurren der Turteltaube
so heimelig und so sehr vertrauenserweckender Wohllaut mit dem Klang
von Heimat und Ruhe, daß ich das Gurren der Turteltaube schöner noch
fand als den Klang des Glöckchens der alten römischen Kapelle, die hinter
der Hecke des Gartens friedlich schlummerte oder in stillen Zeiten des
Gebetes meditierte.
Die Taube wählte Gott, der sie erfand, zum Zeichen des Heiligen Geistes,
so daß der Heilige Geist wie eine Taube niederkam auf den Täufling Jesus.
Halleula dem Heiligen Geist, welcher die Salbung ist, mit welcher der
Messias gesalbt ward, Halleuja dem Heiligen Geist, der der Geist des
Friedens ist (und darum die Taube) und der Geist der Sanftmut (und darum
die Taube) und der Geist der Liebe (und darum die Taube).
Im Meere geschaffen hatte Gott auch den Riesenfisch, den manche für
einen Walfisch hielten, und er schuf ihn zum Zeichen den Propheten Jona,
denn der Prophet würde für drei Tage in seinem Bauch begraben liegen
und auferstehen, Gericht und Gnade zu verkünden.
Ich hatte einen Traum. Da stand vor mir eine Jungfrau, Chiesa geheißen,
sie schien eine Jungfrau von hohem Wert und von himmlischer Geburt. Ihr
Antlitz war so schön, daß es nicht von Fleisch zu sein schien, sondern ein
himmlisches Portrait, dem Antlitz lichter Engel gleich, klar wie der
Himmel, ohne Makel und Flecken. Auf ihren Wangen schien das Rot wie
Rosen, in Lilien gebettet, ausatmend ambrosianischen Wohlduft, mich mit
doppelter Wonne erfüllend, und ihr Duft war in der Lage, die Kranken zu
heilen und die Toten zu beleben. Es war der süße Odor des Geistes.
In ihrem schönen Antlitz flammten zwei feurige Lampen, genährt von des
Schöpfers himmlischem Licht, und die Blicke schossen aus ihren Augen
wie feurige Strahlen, so wunderbar hell, daß es mir mein Sehen beinah
benahm. In ihren Augen versuchte der blinde Liebesgott oft sein Feuer zu
entzünden, aber er hatte keine Macht über ihre Augen, denn mit
schrecklicher Majestät und grimmigem Zorn zerbrach sie seine
wollüstigen Pfeile und ertränkte die niedre Begierde.
Ihre elfenbeinerne Stirn breitete sich wie eine Tafel, auf welche die wahre
Liebe ihre lieblichen Triumphe schrieb und schrieb die Kämpfe ihrer
Göttlichkeit. Alles, was gut und eine Tugend war, stand darauf zu lesen,
denn daselbst wohnte Gutes und Ehre.
Und wenn sie sprach, waren ihre süßen Worte wie tropfender Honig, der
zwischen den Perlen von Zähnen und Rubinrosen von Lippen
hervorströmte mit einem silbernen Klang, der himmlische Musik zu sein
schien.
Auf ihren Augenwimpern saßen viele Grazien unter dem Schatten ihrer
ebenmäßigen Brauen, und jede stattete sie aus mit Grazie. Jede ließ ihr
Sanftheit zukommen. O solch ein glorioser Spiegel himmlischer Gnade
und souveränes Monument sterblicher Gelübde! Wie soll eine
zerbrechliche Feder ihr himmlisches Antlitz beschreiben, in großer Furcht,
durch den Wunsch nach besonderen Worten ihre Schönheit zu
entwürdigen?
So schön schien sie, und tausend mal tausendmal so schön, als sie vor mir
erschien, und war gewandet in gesponnene silberne Seide, mit Gold
bestickt, dessen Fäden glänzten wie zwinkernde Sterne, und der Gürtel um
ihre Taille war von reinem Gold.
Und in ihrer Hand hielt sie eine Lanze und auf ihrem Rücken trug sie
Bogen und Köcher, gefüllt mit stahlgespitzten Pfeilen, womit sie jagte das
böse Tier in siegreichem Lauf. Die Sehne ihres Bogens teilte ihre
schneeigen Brüste, die wie junge Früchte im Maien ein wenig schwellten
und bebten, durch die dünne Seide zeichenhaft zu erkennen.
Und die Jungfrau Chiesa in ihrer Schönheit führte mich in meiner
nächtlichen Phantasie zum Ufer des Meeres und sagte: „Siehe, Ichtys
kommt!“ Und da tauchte auf aus den gewaltigen Fluten der Zeit in großer
Herrlichkeit der Ichtys-Fisch. Er war ganz aus Gold, mit silbernen
Schuppen, seine Schwanzflosse Opal, seine Augen Rubin, seine Kiemen
Smaragd.
Und der Ichtys-Fisch nahm mich auf den Rücken und entführte mich in die
Tiefe. Und ich ward durch einen feuerroten Korallenwald geführt und
spürte, wie ich dadurch verwandelt wurde. Schließlich kamen wir zu dem
Muschelschloß, wo der Ichtys regierte. Das schloß war aus
hundertvierundvierzig Millionen Muscheln gebaut und von einem
herrlichen Perlmuttglanz. Die zwölf Toren waren aus Perlen gebaut. Die
Mauern waren aus unterseeischem Gold. Zu Seiten standen
Korallenbäume mit Meeresfrüchten behangen, und wer von diesen
Meeresfrüchten speiste, würde ewig leben in dieser untermeerischen Welt.
Und Ichtys prophezeite, daß dieses Muschelschloß des Meeresgrundes am
Ende der ersten Schöpfung auftauchen würde aus der Tiefe des Ozeans
(und das sei das wahre Atlantis, von dem die Griechen auch ein
Auftauchen stets sich hatten erhofft) und würde an den Saum des
kristallenen Meeres, an den kanaanitischen Strand gesetzt, von wo der
Strom des Lebens in silbernem Liquor fließen wird. Ich selbst,
prophezeiten Ichtys mir, würde daselbst die Jungfrau Chiesa sehen, und ich
wäre eingeladen zum Hochzeitsfest.
Und mit diesem Traume endete der fünfte Tag der Schöpfung.
Und Gott schuf die Hindin der Morgenröte, die weiß wie Schnee war und
mit braunem Hauch. Und sie war jene, der eine alte hebräische Weise
gewidmet war, eine Melodie, welche die große Ehre hatte, des sterbenden
Christus Worte zu tragen: Eli, Eli, lama asabthani!?
Und es war möglicherweise dieselbe Hindin, dieselbe weiße Hindin,
welche in Eirelonde Thomas den Reimer holte in das Land der Feen, wo
Prinz Oberon in einem christallenen Schloß regierte.
Und Gott schuf das weiße Einhorn, welches so rein war, daß es nur von
einer keuschen Jungfrau gefangen werden konnte. Und es heißt, der Engel
Gabriel, als Jäger verkleidet, trieb das reine Einhorn zur sanften stillen
Jungfrau Maria. Und auch dies ist Christus.
Und Gottes Stimme machte das Einhorn kreißen, und es gebar eine Herde
von Einhörnern, lauter reine unschuldige Tiere, welche leben werden in
dem Wald der Feen unter der Herrschaft des Prnizen Oberon, dem Prinzen
im christallenen Schloß. Und es wird sein der ganze geschaffene
Weltzraum nach dem großen Purgatorium ein ewiges Christ-All, in
welchem Christus Alles sein wird.
Herr, als du den Löwen schufest, den König der Tiere, den mächtigen
Aslan, da machtest du ihn zum Freunde der sulamithischen Gezlle, welche
nicht zu zittern brauchte vor dem Mächtigen, denn er war ihr Freund. Und
sie legte ihre weichen freudebebenden Flanken an seine väterliche Mähne
und schmiegte sich an.
Herr, als du den Wolf schufest, daß er ein Tragiker unter dem Monde sei
und heule in sibirischen Einsamkeiten, da gabest du ihm ein beherztes
Herz, alles Leid, das nach dem Fall der Schöpfung über ihn kommen
würde, zu tragen, und dennoch einst ein treuer Freund des Lammes war er.
Nein, du schufest ihn nicht als Diokletian des Lammes, sondern als
Mitgefährte desselben.
Herr, als du den chinesischen Tiger schufest und den afrikanischen
Elefanten und den amerikanischen Grizzly-Bären, da machtest du sie zu
Gleichnissen deiner Macht und Stärke. Du gabest ihnen Gewalt, nicht zum
Unfrieden, sondern Kraft des Lebens. Und du gabest ihnen weder Feinde
noch machtest du Elende zu ihren Opfern.
Und als du, Herr, die kleinen Füchse schufest, da wolltest du mit ihrem
Purpurpelz einen herrlichen Farbtupfer in die Schöpfung setzen, und du
wolltest sie zu einem Gleichnis der Klugheit machen. Darum heißt es in
den Apokryphen: „Seid lieblich wie die Nachtigall und klug wie die
Füchslein.“ Nicht hattest du im Sinn, die dämonischen Legenden von der
wollüstigen Geisterfüchsin in Umlauf zu setzen, welche Manneskraft und
Mannesleben aussaugt und nichts fürchtet als den Donner. Nein, du
machtest die Füchse niedlich, hübsch und unschuldig. Und sie spielten mit
den kleinen Mäusen Fangspiele, ohne ihre Leben anzutasten.
Und du machtest die vierfüßige Schlange, welche noch klüger war als die
kleinen Füchslein, und du gabest ihr ein glühendes Aug und eine herrliche
Haut, die mit dem Regenbogen im Schillern wetteiferte. Und sie lief und
lief in der Schöpfung umher und pries den Schöpfer. Nicht schufest du sie
als Zeichen des Satan, sondern damit der Herr Jesus zu sagen vermochte:
„Seid wahrhaftig wie die Tauben und weise wie die Schlangen.“ Erst
später ließest du es zu, daß in einer dämonischen Metamorphose Luzifer in
sie fahren konnte.
Herr, du machtest die Eselin und würdest sie eines Tages sprechen lehren,
daß sie unterweise einen falschen Propheten, der auf dem Wege war, Israel
zu verfluchen. Und deine Eselin ließest du sehen den Engel Gottes. Im
Paradiese aber sprach die Eselin immer nur Eines: I-AH, womit sie den
Herrn pries.
So pries mit Stammeln das Schaf mit seinem Bäh-Bäh in Wahrheit den
himmlischen Vater, den seine Kinder Abba nennen, die chinesischen Baba,
die deutschen Papa.
Er, nicht wir uns selbst, hat uns gemacht zu Schafen seiner Weide. Er schuf
die Schafe, die so friedlich und so sanftmütig und so fromm zu ihrem
Hirten schauen. Und er würde seinen Schafen (denn noch war Adam, der
erste Sohn Gottes, nicht geschaffen) einen Hirten erwecken, der sie bei
ihrem namen rufen würde und sie weiden mit großer Langmut und
Barmherzigkeit. Aber schon hatte Gott geschaffen die saftig grünen
Weiden mit den köstlichen Blümlein, schon hatte Gott geschaffen die
stillen frischen Wasser der Quellen und Bäche für ihr Dürsten. Denn Gott
schuf Gras und Kraut, daß es das Herz der Schafe stärke, und das
trunkenmachende Wasser, daß es das Herz der Lämmer erfreue! Gnade
über Gnade, o überfließender Gnadenborn, o überquellender Segensborn, o
Gott, mein Hirte. Du bist Hirte, o Jesus Christus, und würdest selber zu
einem Lamme werden, o Herr!
Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat!
Meine Seele war betrübt, da gab mir das heilige Wort den Trost, den Gott
für mich bereitet hatte. Seine Gnade und Barmherzigkeit währt ewig!
Lobet ihn, ihr seligen Engel, ihr seine Diener, die er zu Winden und
Feuerflammen machte, lobet den Herrn, ihr Cherubim und Seraphim!
Lobet ihn, denn Gnade und Gerechtigkeit sind seine Thrones Säulen, lobet
ihn, denn er ist Schöpfer und Erhalter und Vollender des Universums!
Lobet ihn, meine Gedanken, denn er ist sehr sanft und zart und gehet
spazieren auf den Fittichen des unsichtbaren Windes! Loebt ihn, meine
Sinne, denn ein herrliches Feuer und Blitze ohne Zahl gehen aus von
seinem schönen Antlitz! Lobet ihn, meine Phantasie und meine Seele, denn
der Herr ist prächtig geschmückt mit Schöpfungen außerordentlicher
Schönheit!
Ich will bedenken, daß ich Staub bin und wie ein Buschwindröschen,
welches vom Wind entblättert wird und in den Staub sinkt, aber mit all
meinem Odem will ich preisen und rühmen meines Vaters Liebe und
meines Herrn Gnade und des Geistes meines Geistes Tröstungen ohne
Ende! Halleluja dem Allerhöchsten, dem König der Völker, dem Gott
meiner Seele Hallelujah!
Die Heiden in China erzählen nun folgende Mythe, welche noch Reste der
auch an sie geoffenbarten Wahrheit erkennen lassen. Näcmlich nachdem
Himmel und Erde geschaffen waren, durchwanderte die gütige Göttin Nü
Wa die Landstriche zwischen Himmel und Erde. Wunderschön wars auf
der Erde und wunderschön am Himmel strahlte die Sonne, schimmerte der
Mond und funkelten die Sterne. Auf der Erde gediehen Zimtbäume und
blühten Pfingstrosen, Einhörner und Tiger lebten friedlich miteinander.
Überall reges Leben!
Obwohl sich die Göttin an dieser herrlichen Landschaft erfreute, regte sich
Einsamkeit und Traurigkeit in ihrer Seele. Zwischen Himmel und Erde
fehlte ein Lebewesen, welches intelligent sei und welches sie zum Herrn
über die andern Kreaturen machen wollte. Ohne dieses Lebewesen bliebe
die Landschaft mit allem Gezweig und Getier, so schön auch immer,
einsam und öde.
Die Göttin begann, mit beiden Händen den gelben Lehm der östlichen
Erde zu nehmen und, nach ihrer eignen Gestalt, eine kleine Figur zu
formen, die aufrecht stand und geschickt war, klug war und sprechen
konnte. Die Kreatur umtanzte jubelnd ihre Schöpferin, da war Nü Wa
glücklich und tanzte vor Freude.
Aber die Erde war groß und weit, und sie war zu groß, für nur Eine
sprechende Kreatur zu groß, darum holte sie von einem Berg eine
Kletterpflanze, die sie dann an einem Ende in der Hand hielt und das
andere Ende an einen Felsblock band. Dazwischen häufte sie gelben
Lößschlamm auf und schwang dann die Ranke mächtig hin und her, wie
Kinder beim Seilspringen ihr Seil bewegen. Die verspritzten Klümpchen
Schlamm aber bildeten eine weitere Figur, und auf diese Weise entstand
zum Menschen ein Mensch. Und es dauerte nicht lange, da war aus Weib
und Mann eine ganze Menschheit geboren.
Aber mitnichten war die Göttin Nü Wa die Schöpferin, sondern der einzig
wahre, lebendige Gott, welcher sich offenbart als der: Ich bin, der ich bin!
Er allein ist der Schöpfer, der durch das Wort den Menschen schuf, und der
Mensch hieß Adam, und Gott schuf den Menschen zu seinem Schatten und
ähnlichen Bilde, und zu seinem ähnlichen Bilde schuf Gott den Menschen
als Mann und Weib.
Aber nicht schuf Gott den Menschen als Hermaphroditus, als mythisches
Zwitterwesen zwischen Gott Hermes (dem Gott der Diebe ) und Göttin
Aphrodite (der Göttin der Huren).
Auch schuf Gott nicht, wie manche Juden fabeln und Aristophanes im
Symposium lallt, den Menschen als ein Doppelwesen aus einer
männlichen und einer weiblichen Häfte, welche Rücken an Rücken
gewesen, später aber getrennt, wie man einen Apfel hälftet, und darum Zeit
seines Lebens Sehnsucht haben, zueinander zu kommen, jeder Mann zu
seiner angeschaffenen Hälfte.
Oh, warum denn dann hätte Tor, die Turteltaube, solche Sehnsucht gehabt
nach Lilith, der Lilie, dieselbe aber keinerlei Sehnsucht verspürt nach
ihm?...
Gott schuf, indem er den Mann Adam von der Erde Adama nahm und
hauchte ihm Lebensodem ein, den Odem vom Odem Gottes, und schuf
ihm eine vernünftige Seele, damit er sich dadurch von allen andern
Kreaturen unterscheide. Und Gott schuf aus der Herzensseite des Mannes
diesem zum Gegenüber das Weib, welche heißen wird Mutter der
Lebenden, Eva.
Und Gott machte einen Mann und eine Frau, denn so sollten sie in Liebe
zueinander leben. Und Gott schuf, wie die Juden sagen, den Menschen als
Mann und Weib am Vorabend des Sabbat, wie auch die Chinesen und
Platon sagen, der Mensch wurde als letzte Kreatur geschaffen, am sechsten
Tage der Schöpfung, und Gott lehrte den Menschen Demut: denn selbst die
Mücke ward vor ihm geschaffen, die unvernünftig summende; und Gott
gab dem Menschen Herrlichkeit und Würde: denn der Mensch sollte
beherrschen in weiser Liebe die ganze Kreatur. Darum auch begegnete
Sankt Franziskus den Vögeln in solcher christlichen Liebe.
Und Gott ließ Adam und Eva leben bei den fruchtbaren Bäumen des
Paradieses, deren Früchte reicher waren als selbst das dickste Vieh in
Siebenbürgen, wie ein Hundertjähriger sagte.
Und mit der Schöpfung der Tiere und Menschen an Einem Tage - Herr, da
war ich wie ein Vieh vor dir - endete der sechste Tag, und Gott setzte dem
Menschen die Krone auf, und es war die Krone der Berufung zum ewigen
Sabbat.
Damit endete der sechste Tag.
Gott hatte sich in sechs Tagen jede Spezie erschaffen zu seiner
Verherrlichung, alles was auf Erden, im Himmel oder im Meer zu finden,
alle Sterne, alle Vögel und Fische, alle Lämmer und die ersten beiden
Menschen. „Mein Vater wirkt bis auf den heutigen Tag“, sagte der Herr
Jesus zehntausend Jahre später.
Und so begann Jahwe am siebenten Tage seinen Feiertag, den großen
universalen Sabbat, die kosmische Ruhe, den großen Sphairos, er, der
Schöpfer und Erhalter und Vollender des Universums.
Denn das Ziel seiner Schöpfung war das gemeinsame Liebesfreudenfest
von Schöpfer und Schöpfung, ein Hochzeitsfest von Bräutigam und Braut
in unendlicher reiner Liebe, Jubel des Ewigen und seiner Ewigen! Und
Gott sah zu allen Kreaturen und lächelte: Siehe, es ist gut. Und Gott sah zu
den Menschen, Adam und Eva in unverdorbener Unschuld, und lächelte
lieblich und sagte: Siehe, dies ist sehr gut!
3. Eva
Adam ging allein einen weiten Weg, von Kusch nach Gihon, von Gihon
zum Phrat, vom Phrat zurück zum Morijah. Dort legte er sich nieder. Er
weinte, sein Gesicht in den Händen verborgen. Und er weinte vor Gottes
Angesicht, und er w a r Gebet. Sein ganzes weinendes Wesen war Gebet,
ein stummes Schluchzen, ein schluchzendes Flehen.
Gott der Barmherzige sah ihn und hörte ihn in seinem Herzen. Und er
ratschlug mit sich selbst und sagte: „Sohn, wie wollen Wir Adam trösten?“
Und der Sohn sagte: „Da ich vorausschauend meine Menschheit sehe und
weiß um die Sehnsucht des Menschen, der Unser Ebenbild ist, sage ich:
Wir müssen ihm eine Geliebte schaffen, eine, die er lieben kann.“ Und der
Heilige Geist sprach: „Herr, ich will der neuen Schönheit meinen Odem
geben, Geist vom Geiste des Lebens.“ Und Gott der Schöpfer beschloß:
„Im Worte Gottes soll geschaffen werden und beseelt werden mit dem
Geiste Gottes von Mir die, die Adam Geliebte sei.“
Und Gott der barmherzige Vater senkte Adam in einen tiefen barmherzigen
Schlaf. Und in seiner väterlichen Barmherzigkeit nahm er aus Adams Seite
und gestaltete eine schöne Frau, herrlich anzuschauen, und hauchte ihr den
Atem der Liebe in, daß sie wahrhaft lebe.-
Siehe, aber in der Diaspora, im Exil, wandelte der Hebräer Tor, die
Turteltaube, in Arkadien, einsam unter den schönsten Blumen, traurig im
Herbste über das Welken der Blätter, das Sterben der Bäume, den grauen
Schleier des Herbstes, der die bloße Schönheit des Maien verhüllte mit
griesgrämigem Sinn. Anders sah es aus in seinen Träumen, denn da
träumte er von Eden und Edens Süße und Buntheit unsterblichen Lebens:
Freude über Freude, wahres Glück der Seele!
Oh, wenn die Hirten ihre trottenden Schafe auf die Wiesen trieben, dann
irte der Exilant allein durch den traurigen Hain, da die Blätter der
Orangenbäume seufzten und der Oleander so einsam am staubigen
Wegrand stand. Wo ist ein Teich, dessen Wasser kristallinisch genug,
wiederzugeben die reine Struktur der Zypressengestalt seiner schönen
Lilith? Wo ist ein rinnender Bach, rieselnd wie das Wasser des Lebens von
Eden, hier im arkadischen fremden Lande?
Nicht mehr ist der goldene Widder da! Fern ist er gegangen, durch die
Lüfte, über den Hellespont, ins ferne, entrückte Colchis-Chawila, auf der
andern Seite des Meeres! O Sehnsucht, sich zu betten ins goldene Vlies
des Widders, dort zu kosen mit der Lammesseele, dem göttlichen Daphnis,
den Vergil gepriesen, dem Sproß der Götter! Käm er wieder, da wäre
purpurn gefäbrt das Vlies der Lämmer, niemehr wird stechen die giftige
Schlange, und nimmer durch Disteln und Dornen irrte der nackte Fuß des
Exilanten, sondern er wäre in der Heimat wieder! Friede, Friede wird sein,
das Land des Friedens, da dort wandert der schöne Fürst des Friedens,
durch die athenischen Gärten bis zur platonischen Stadt! Aber wie ferne,
wie ferne! „Ich bin nichts als ein Fremder auf Erden, und meine Heimat ist
in der Höhe, o so weit in der Ferne, o so weit in der Ferne“ sang der
arkadische Sänger auf goldener Leier Apollons.
Tor stand die Sehnsucht nach Leben, mitten in einer sterbensmüden,
welkend matten Zeit, da der Sand durch die Uhren rieselte und der
Schatten vorwärts wanderte auf die Nacht zu, die kein Ende nehmen
wollte. Ach wie anders in Eden! -
In Eden wandelte Adam im maienen Sonnenschein über die grünenden
Hügel, da die Zypressen ohne Traurigkeit und die Zedern ohne Stolz sich
erhoben in mächtigen Hainen, umgeben von weisheittriefenden Ölbäumen
und freudetrunkenen Weinstöcken, in deren Schatten die beiden Engel
saßen, einer ein Cherub und einer ein Seraph, und hingen ihre goldenen
Harfen in die grünen Schleier der jungfräulichen Silberbirken am
rauschenden Euphrat. O die Engel waren schön wie Keuschblickende,
jungfräuliche Jüngerinnen des Himmelreiches. Die Engel waren
entsprungen dem Schönheitssinn des Schöpfers.
Dieser selber aber, der die Spiegel der Seelen, die Augen so liebte, daß er
sie vertausendfältigte auf den Flügeln der Seraphim, alle von Liebe
glühend, alle schimmernd in Adams Seele strömend, daß er verzückt
erstand von seiner Ruhe auf moosenem Lager und wandelte bloßen Fußes
durchs tauige Gras, das seine Haut liebkoste mit seinen Spitzen wie mit
Mädchenfingern,- dieser selber aber, der Schöpfer, war die Quelle der
Schönheit, denn aus dieser Quelle entsprang die Musik, die Melodie, die
wohllautende Sprache, die innige Liebesverschlungenheit von Wahrheit
und Schönheit, Wahrheit und Liebe, Liebe und Schönheit. Jahwe war das
bona summa summarum bonum, das Gute und Wahre und Schöne, und
schuf sich Adams Gesang, die ewige Hymnik, und die Geliebte ihm zum
Anschaun der Herrlichkeit Jahwes, als Quelle seiner ewigen Hymnik.
Laß uns doch, Adam, hören die protobiblische Hymne von
Ebenbildlichkeit nach der schöpferischen Liebe Ideal!
„O Herrlichkeit, du vollendetes Wesen der Schönheit, o Leben in
vollkommener Liebe, welche Kuß und Umarmung ist, meines Schöpfers,
der mich an die Brüste der Weisheit legt und auf den Schoß der ewigen
Ruhe, o schöpferische Liebe, halt mich an den Händen und leite mich nun
durch den Hain der Unsterblichkeit, leite mich durch deine schönen
Augen, welche da sind Lammesaugen, welche da sind Taubenaugen, und
birg mich in der milden Mutter Nacht lind liebkosend unter dem Schirme
deiner weißen Schwanenschwingen, und schau mich an aus sanften
himmlischen Augen, wie Monde balsamisch, und umschling mich, daß
meine Seele in deine Seele fließe und wir in eins verschmelzen, und gib
mir den Kuß und den süßen Odor deines Odems! O süße Wonne, o schönes
Leben, o göttliche Liebe! O Preis und Ruhm sei dir, du ewiger Vater auch
der Mondin, die mit dem weißen Gesicht und den balsamishen Blicken
und dem Lächeln der Perlenzähne und betauten Rosenblütenblätterlippen
mir ihr Mondlied singt und murmelt Minne an den Perlenschnüren und
Kränzen goldener Rosen an ihrem Lilienarm und spricht dem Wanderer zu
das innige Nachtlied: Süße Ruh in Gipfeln und Wipfeln, so ruhe auch du...
Diese hast du mit deinem goldenen Finger erschaffen, o ewiger Vater!“
Und aus dem Meer der Magnolienblüten im grünen Gras, gebadet im
Honigseim der Sonne, von himmlischen Amoretten weißer und goldener
Schmetterlinge hymnisch jubelnd umschwungen, von dem Dufte der
Myrrhe und Myrte und Moschus umdüftet, tauchte aus dem Traum der
Sehnsucht, aus einem Traum der Liebe, die erste Liebe, die Neue, Eva!
Rote Rosen in ihren braunen Locken, eines Weibes Haar: Ach läg ich in
diesen Locken gefangen! Der Abendschimmer Hesperien ruht auf diesem
blonden Haupt! Schleier eines Weibes, das unsterbliches Leben in sich hat!
Wie Schimmer der Plejade, die Orion so liebte, die Augen,
segenströmende Monde, voll von himmlischem Feuer, astrale Fackeln aus
Kiefernholz, Blaue Blumen, Traumaugen, Garten-Eden-Sterne voller
Vergiß-mein-nicht, Veilchen mit holdseligen Mädchenblüten,
Lilienmonde! O die blauen Meere, die Mütter des Lebens, o die
veilchenaugigen Töchter der Liebe, o die tiefen Teiche, an den Tauben
sitzen, o an eurem Saume sinnend, findet der Dürstende den
berauschenden violetten Wein der ewigen Liebe!
Lippen wie Rosenblütenblätter, auf denen der Nektar der olympischen
Venus schlummert, lächelnd wie rosige Amoretti, trunken von Ambrosia,
Palmblätter sieghafter Keuschheit! Seligmacherinnen seid ihr, süßer als der
Kakao von Kusch! Rosen, Rosen, Rosen! Eos, die Morgenröte, und Eros in
ihrem Schoße, die Liebe, liegen auf deinem rosenlippigen Mund, wenn du
küssest, Eva! O küss Küsse zahlreich wie die Sterne der Plejade, die Orion
so liebte!
Perlenkränze, lobpreisend das weiße Sternbild der Jungfrau, welche zum
Kreuz des Südens schaut, sind deine Zähne, lauter kleine Schwanenküken,
badend in der roten See deiner Lippen! Deine Zähne sind lauter kleine
Elfeinbeinplektren, mit denen Sappho auf goldener Lyra für Kypris und
Adonis spielte! Deine Zähne sind lauter kleine Elfenbeintürme Davids, in
denen David träumte von Michal, der Prinzessin! Deine Zähne sind lauter
weiße Pergamente oder Papyrusblüten, auf denen siebenzungige Dichter
niederschreiben ihre Oden vom Küssen, Küssen, Küssen! Schneeflocken,
aus den Rosenhimmeln Auroras gesunken mit schaumweißem Tanz!
Goldene Glocken von untermeerischen Domen sind deine Brüste, sind rote
Äpfel vom Baum des Lebens, sind Nährmütter der tröstenden Weisheit und
Gazellenzwillinge, welche hüpfen, sind die Marmorbrüste der Melitta von
Petra Tou Romiou, wenn sie in Marion badet!
O Eva, in der Grotte, o Eva, in der Nacht, o Eva, wo du gesegnet bist mit
Liebe!
Du bist die unsterbliche Geliebte, du bist die Immerneue,-
die immerneue Eva, die immerneue Eva, die immerneue Eva, die
immerneue Eva, die immerneue Eva, die immerneue Eva, die immerneue
Eva!
4. Prophezeiung
Es war einmal ein guter Fürst, und es war einmal eine ängstliche zitternde
Taube, die zitterte und war ängstlich, denn sie sah einen Falken kommen,
der sie packen und fressen wollte. Da flüchtete sich die Taube zum Fürsten
und suchte Schutz bei ihm. Der Fürst gewährte der Taube sicheren Schutz.
Aber der Falke trat auch zu dem Fürsten und sagte: „Gib mir die Taube!“
Und der Fürst sagte: „Laß die arme, zitternde Taube, nim dir eine starke
Wildsau, aber laß die arme, zitternde Taube!“ Und der Falke sagte: „Ich
fresse aber keine Wildsauen, denn ich bin ein Falke, und der Falke will die
Taube fressen!“ Und der Fürst besann sich bei sich selbst und entschloß
sich zu sagen: „Ich will dir Fleisch von meinem Bein geben und es
aufwiegen gegen die Taube, dann kannst du mein Fleisch fressen, und die
Taube geht frei aus.“ Und der Falke war einverstanden, denn des Fürsten
Fleisch war wie Taubenfleisch. Also schnitt sich der Fürst sein linkes Bein
ab und wog es gegen die Taube, denn er durfte (da er ein gerechter Fürst
war) den Falken nicht betrügen. Das Bein wog aber leichter als die Taube.
Daraufhin schnitt er sich das rechte Bein auch noch ab, aber immer noch
war die Taube schwerer als die beiden Beine. Daraufhin schnitt sich der
Fürst alles Fleisch vom Leibe, und da wog es die Taube auf, aber er selbst
stand da als ein blutiges Skelett. Der Falke fraß das Fleisch, und die Taube
war frei und dem Fürsten von ganzem Taubenherzen dankbar. Als der
Falke davongeflogen war, stand der Fürst (denn es war ein wundervoller
Fürst) wieder als ein herrlicher Fürst mit schönem Leibe da und sandte die
Taube aus, den Brief von seiner Liebe an alle Enden der Erde zu tragen.
(Diese Abteilung wird dem Lenz zugeordnet und behandelt das "Wahre
Buch vom Südlichen Blütenland" des Tschuang Tse.)
Der Meister sagte zu seinem Jünger A-Ji: "Tschuang Tse sagt: Der höchste
Mensch ist frei vom Ich, der geistige Mensch ist frei von Werken, der
berufene Heilige ist frei vom Namen.- Was ist das Ich? Es gibt ein
doppeltes Ich, das erste und gute Ich ist ein Spiegel des Himmels, erfüllt
vom Himmlischen Frieden, unsterblich und rein, das zweite Ich wendet
sich dem roten Staub zu, ist irdisch gesinnt und vergänglich und liebt die
Tugend nicht. Vom letzteren ist der Weise frei, er hat es in den Tod
gegeben. Aber seine Persönlichkeit, wie der Atem des Himmels sie
hingehaucht hat, die hat zurecht Bestand. Nach dem Bestand des Wesens
sehnten sich schon viele, sowohl die Herrscher der alten wie die der
neueren Zeit, aber man erreicht nicht lange Dauer durch magische oder
tugendhafte Werke oder aus der Hand der Gui-Geister, sondern allein der
Himmel verleiht die Dauer, da er selbst ewig ist. Im Himmel beginnt der
Weg, da ist die Quelle des langen Lebens immerdar, und wer auf diesem
rechten Wege wandelt, kehrt sich zur Unsterblichkeit. Das ist Sinn und
Ziel des Weisen, des (vom Himmel) berufenen Heiligen, darum sehnt er
sich nicht nach einem irdischen und gar vergänglichen Ehrennamen, wie
die Narren es tun, sondern er ist frei vom eigenen Namen. Ist er darum
namenslos? Das sei ferne! Sondern er ist gerufen nach dem Namen des
Himmels (ich nenne ihn Dao)." Da hob A-Ji seine feinen Brauen, die wie
schlafende Seidenraupen waren, und sagte: "Meister, woher hast du das?"
Worauf der Meister sprach: "Ich hörte einem Klangstein zu, und die Musik
trug mich auf Flügeln in die Unsichtbare Welt der Himmlischen Geister."
Der Meister sah in einer Vision zwei Katastrophen; die eine war geschehen
in der Vergangenheit, eine große Flut, und die andere wird geschehen in
naher Zukunft, ein großes Feuer. Da dachte er sich: Wer kann bestehen?
Nur wer sein Vertrauen auf den Himmel setzt. Wie recht hat doch
Tschuang Tse, wenn er vom Gläubigen sagt: "Eine Sintflut, die bis an den
Himmel reicht, kann ihn nicht ertränken. Gluten der Hitze, in denen
Metalle und Steine zerschmelzen und die Erde und Berge verdorren,
können ihn nicht verbrennen." In vergangener Zeit rettete der Himmel
einen Menschen, den wir Da Yü nennen, in einem Boot (einem Acht-
Leute-Boot); in der kommenden Zeit wird er die Himmelssöhne, die Dao-
Jünger retten durch seine Liebe.
Der Lieblingsjünger des Meisters, A-Ji, kam mit einer Bambusflöte des
Weges von Honan in die Eremitage des Meisters, da hörte der das süße
Flötenspiel und sagte: "Tschuang Tse redet vom Orgelspiel des Himmels.
Was meint er damit? Es gibt verschiedene Orgelpfeifen, die eine ist lang
und die andere kurz, die eine gibt einen tiefen und die andere einen hohen
Ton, aber alle sind gleich wichtig, um eine vollkommene Musik zu
erzeugen. Aber nicht die Pfeifen allein machen die Musik, sondern der
Wind, das ist der Atem des Himmels. Tschuang Tse sagt: Hinter all dem
steht eine treibende Kraft, die macht, daß jene Klänge sich enden und daß
sie sich erheben.- Ist dir aufgefallen, mein lieber Sohn, daß der Weise
zuerst das Ende der Töne anspricht und dann, daß sie sich erheben? So
macht der Atem des Himmels unsern letzten Seufzer, aber er macht auch,
daß wir (um mit den Dichtern zu sprechen) auf einem Gelben Kranich uns
erheben in das Reich der Unsterblichkeit. Ist dieser Atem des Himmels
auch der Geist deiner Musik? Dann soll sie mir gefallen." Daraufhin fing
der Meister an zu singen: "Zhi dao wan dai".
Als zum Meister in seine Einsiedelei ein junger Wahrheitssucher kam, der
den Meister zum Lehrer haben wollte, da setzte der Meister dem
Menschen mit den schönen Augen etwas Reis und grünen Tee vor und
fragte: "Wie ist dein Name, schöner Mensch?" Und der Wahrheitssucher
sagte mit melodischer Stimme: "Mein Vater nannte mich Liang-Yi, aber
wenn du mir einen anderen Namen geben willst?" Da lächelte der Meister
und sagte: "Ich erkenne den Namen an, den dein Vater dir gab. Und du
suchst einen Lehrer in Weisheit? Weißt du, was Tschuang Tse sagte? Er
sagte: Man muß wohl einen wahren Lehrer annehmen, obwohl wir keine
äußere Spur von ihm zu erfassen vermögen. Man kann entsprechend
seinem Glauben an ihn handeln.- Das ist ein Wort, des Bedenkens wert.
Aber welcher Lehrer ist würdig, das man an ihn glaube? Das Dao sei unser
gemeinsamer Lehrer, es ist das Wort der Weisheit und ist älter als Mond
und Lotosblumen. Ja, schon im Anfang war das Dao beim Himmel wie ein
Kind und spielte vor dem Jadethron des Himmels, da es vom Atem des
Himmels alle Erkenntnis der Ewigkeit empfing. Nimm dir das Dao zum
Lehrer, und wenn du es auch nicht siehst mit deinen fleischlichen Augen
(die schön sind wie die einer Prinzessin), dann kannst du im Glauben doch
erkennen, daß das Dao sozusagen eine Himmlische Person ist, und da das
Dao das Wort ist, das der Weg ist, so folge ihm und du bist auf dem
rechten Weg, dem Weg des Himmels, da dich der Atem des Himmels
belebend treibt in die Ewigkeit. Zweifle nicht, Liang-Yi, glaube!"
Und Liang-Yi, der aus Nanking gekommen war in des Meisters einsame
Berghütte auf dem Taishan, wurde ein Jünger des Meisters, bemüht, seine
Lehre von der Wahrheit des Himmels zu erfassen. Da stellte Liang-Yi eine
Frage: "Lieber Meister, als du mich das erste Mal sahst, sprachst du von
meinen Augen, die du nicht verschmähtest, schön zu nennen. Was nennst
du schön?" Da war der Meister einen Augenblick stille und besann sich im
innersten Inneren, da er sich besprach mit dem Geist, und daraufhin gab er
zur Antwort: "Tschuang Tse sagt: Der Berufene sieht die Dinge an im
Lichte der Ewigkeit.- So hab ich deine Augen angesehn, und da hab ich
gesehn, daß deine Augen nach dem Himmel Ausschau halten wie die
fliegenden Vögel, ich merkte: Dieser Mensch hat Phönix-Augen, die
aufschauen. Alles Gute kommt von oben, vom Himmel der Himmel, und
wer viel dahin schaut, dessen Augen werden erleuchtet vom Licht des
Himmels. Du, mein Lieber, hast Augen, die leuchten, als ob du Honig
gegessen hättest, aber nicht vom Honig leuchten deine Augen, sondern von
der Erleuchtung, die in dir wohnt. Was suchst du eigentlich bei mir, da du
schon einen Himmel im Herzen hast?" Da senkte Liang-Yi seine Wimpern
demütig beschämt und sagte: "Ach Meister, du weißt doch wirklich mehr
über mich selbst als ich. Wieviel mehr erkennt mich der Himmel, der
meine Augen so kunstvoll bereitet hat wie die Sterne der Weberin oder des
Hirten."
6
Der Meister stand eines Morgens früh auf (er pflegte immer früh
aufzustehen, mit den Vögeln und dem Morgenstern) und wanderte über
den Taishan; an seiner Seite gingen seine beiden Jünger: A-Ji mit den
Seidenraupenbrauen und Liang-Yi mit den Honigaugen. Auf einen Felsen
setzte sich der Meister und hob die Stimme: "Meine lieben Kinder, was
denkt ihr über folgenden Spruch? Das Dao zu erkennen heißt, des
Himmels Schatzhaus zu besitzen.- Ist das nicht ein ganz herrliches Wort?"
Da sagte A-Ji: "Mir scheint, im Himmel ist eine wunderbare Welt, wenn es
da auch gar ein Schatzhaus gibt. Das müßte aussehen ganz von hellgrüner
Jade und roten Edelsteinen und von außen geschmückt ganz
regenbogenfarben oder smaragden." Da lächelte der Meister und sagte:
"Die hellgrüne Jade ist grün wie das Leben, das dauert, und hell wie das
Licht des Himmels; der rote Nephrit ist rot wie das Herz des Himmels, das
heißt die Liebe, und das regenbogenbunte Drumherum, das ist die Vielfalt
der Himmelssöhne." Da hob Liang-Yi seine Arme zum Himmel und sagte:
"O welch ein Lohn, das Dao zu erkennen, das so reich ist an Liebe und
Licht und Leben! Nach dieser Erkenntnis trachten ein irdisches Leben
lang, das ist ein wertvolles Leben, ja, das hat Sinn." Da freute sich der
Meister über seine Jünger und sagte: "Darum schämen wir uns nicht
unserer irdischen Armut, weil wir im Himmel einen Schatz haben, und wo
unser Schatz ist, da ist unser Herz."
Der Meister schlief wenig; wenn er sich auf seine Bambusmatte legte,
dann nicht, ohne mit dem Himmel zu reden. Oft wachte er in der Nacht auf
und sagte: "Der Himmel hat zu mir geredet: Ich liebe meinen Jünger!" Als
er nach solch einer Nachtwache aufstand, sah er zur aufgehenden Sonne,
die den Taishan vergoldete, setzte dann Wasser für seinen Tee auf, weckte
die beiden Jünger, die in einer Nebenkammer ruhten, und sagte: "Ich denke
über ein Wort des Philosophen nach. Er sagte: Es gibt wohl ein großes
Erwachen, und danach erkennen wir diesen großen Traum.- Was wird das
für ein Erwachen sein? Ich meine, wir werden jubeln wie die Lerchen,
wenn sie sich aufschwingen zum Licht des Himmels. Und wenn wir hier
nur in dunklen Rätseln denken und vieles uns geheimnisvoll und
unergründlich scheint, dann werden wir da Klarheit haben und sehen die
Wahrheit in voller Schönheit und Güte. Die bedrängenden Träume werden
wir abschütteln, uns gern der prophetischen Träume erinnern. Der lichte
Morgen der Ewigkeit wird alle Schatten der Nacht verbrennen mit seinem
heiligen Feuer. Aber mit Pfingstrosenarmen, weiß und rosig, wird uns das
unsterbliche Leben umarmen. O meine Kinder, ich kanns nicht aussagen,
ich glaub, ich müßte ein Poet sein!"
Kurz, nachdem in den Städten und Dörfern der Welt das Neujahrsfest
gefeiert wurde mit dämonischem Zauber, da trat in die Stille der heiligen
Einsamkeit zum Meister mit seinen beiden Jüngern ein junger Mann. Er
trug ein einfaches Bauernlinnen, im Beutel hatte er nur ein wenig Ginseng,
in seiner Hand hielt er einen knorrigen Knotenstock. Aber diese ärmliche
Erscheinung wurde bereichert durch ein himmlisches Lächeln in seinen
Augen und auf seinem ganzen Gesicht. Er neigte sich ehrfürchtig, als er
den Meister sah, und sagte: "Ein Himmlischer Bote befahl mir in einem
Traum, dich aufzusuchen, um von deinen Lippen Worte des Lebens zu
lesen. Siehe, hier bin ich." Da freute sich der Meister, daß der junge Mann
gekommen war, denn er hatte ihn schon erwartet. Der Meister klatschte in
die Hände und rief: "A-Dar, A-Dar, ich habe ein Wort des Philosophen für
dich: Erhebe dich ins Grenzenlose! Und wohne im Grenzenlosen!" A-Dar
dachte nach und fragte: "Meister, deute mir das Wort." Und der Meister:
"Grenzenlos ist der Himmel der Himmel, da ist alle Macht versammelt, die
kein Berg aufhalten kann, die übers Wasser laufen kann von einem Ende
des Himmels bis zum andern, von einem Winkel des Meeres zum andern.
Da hat eine Stadt von Jade das Dao, und diese Stadt selbst soll deine
Wohnung sein. Wer sein Herz an die Ewigkeit bindet, dem scheint das
Menschenleben auf Erden das Dasein einer Eintagsfliege, aber das
bekümmert ihn nicht, denn nach seinem letzten Seufzer ist er daheim!"
A-Dar und A-Ji waren im Gespräch begriffen über die Vögel des Berges,
da sagte der eine, der Spatz sei schöner, und der andere, der Sperling sei
schöner, der eine meinte, eine Frau solle die Haare lang und offen tragen,
der andere meinte, sie solle den Knoten tragen. Sie hatten sich in den
Garten des Müßiggangs, in den Hain der Nichtigkeit verirrt. Der Meister
hörte es eine Zeit lang geduldig sich an und sagte dann: "Ihr redet wie
Poeten. Wann werdet ihr weise? Kennt ihr nicht das Wort: Ich verlasse
mich ganz auf den Geist und nicht mehr auf den Augenschein, der Sinne
Wissen hab ich aufgegeben und handle nur noch nach den Regungen des
Geistes?- Wisst ihr nicht, daß ihr Geist vom Geiste seid, daß euer Atem
Ausfluß ist des Himmlischen Atems? Was meint ihr denn, ist eine Frau
anderes? Fragt nicht, ob sie ein Phönixschmuckstück oder ein
Eisvogelfederschmuckstück im Haar trägt, sondern ob ihr Geist Vertrauen
zum Himmel hat. Lieblich sein, rosige Wangen haben ist nichts, ist wie
schnell verblüht! Aber einen Himmel im Herzen: das ist liebenswert." Da
schämten sich A-Dar und A-Ji, daß sie nicht weiser waren als Besucher in
den Gassen der betörenden Blüten.
10
Noch am folgenden Tage schämten sich die beiden Jünger, und sie trauten
sich nicht mehr unter die Augen des Meisters, darum schütteten sie ihr
Herz Liang-Yi aus. Der trat zum Meister und erzählte ihm alles. Da sagte
der Meister mit einer Stimme voller Barmherzigkeit: "Was den beiden
geschehen ist, das ist heute allgemeines Menschenlos. Der Philosoph nennt
es: ein Abweichen von der himmlischen Wesensart, so daß man die
anvertrauten Gaben Gottes vergißt.- Aber sie mögen sich nicht
bekümmern. Darum ward ja das himmlische Dao irdische Tugend, daß
man diesen Weg gehen kann. Reue ist gut, das sag ihnen, aber sie sollen
sich nicht zergrämen, sondern auf die Güte des Himmels bauen. Sag ihnen
dies: Bereut! Der Himmel ist nahe!"
11
Liang-Yi wollte für eine Zeit in die Welt hinauswandern, er fühlte sich
zum Wanderphilosophen berufen. Er sprach den Meister darauf an, und der
sagte ihm: "Gehe nicht zu den Weisen in den Einsamkeiten. Zum einen
scheint ihnen meine Lehre eine Torheit und Narretei, zum anderen sind sie
bereits auf der Suche nach Unsterblichkeit. Geh vielmehr zu den Studenten
und Melonenverkäufern, zu den Blumenmädchen und Nebenfrauen, geh zu
Beamten und Bonzen, geh zu den Bettlern. Ja, sind sie nicht alle Bettler
um Geist? Sie sind krank an der Seele, weil sie die himmlische Natur
verlassen haben. Darum sagt der Philosoph: Ein Reich, das in Verwirrung
ist, muß man suchen. Vor der Tür des Arztes sind viele Kranke.- Ich sage
dir, die Kranken bedürfen des Arztes. So gehe hin in Frieden, aber kehre zu
Neumond wieder, denn ich habe noch einige Worte für dich, die gut sind,
daß du sie hörest."
12
A-Ji bat den Meister, ihm etwas geschälten Reis kochen zu dürfen, und er
fragte, ob er auch Geschmack fände an etwas Melonentee. Da merkte der
Meister, daß A-Ji ihm dienen wolle. Weit entfernt, hochmütig zu sein,
nahm der Meister dies zur Gelegenheit, den Lieblingsjünger zu belehren:
"Mein Sohn, in der Schrift, über die ich schon öfter gepredigt habe, steht
folgendes geschrieben über das Dienen: Wer ein Diener des Himmels ist,
der weiß, daß der Himmelssohn und er selbst in gleicher Weise vom
Himmel als Kinder angesehen werden.- Wieviel mehr wäre es also gerecht,
wenn ich dir diente!" Das verstand A-Ji, und er verstand es so: Die Kinder
des Himmels sollen einander dienen, so dienen sie auch dem Himmlischen
Vater. Da sagte A-Ji: "Wie schön ist doch das Geräusch, wenn man Reis
wäscht! Darum will ich dir dienen, mein Meister! Du dienst mir schon
genug mit deinem Wort!"
13
Die Hütte war nicht groß und prächtig wie der Kaiserpalast von Tschang-
an, aber es lebte sich ganz herrlich in dieser Eintracht und Einmütigkeit.
Da empfand A-Dar etwas ganz Wunderbares, aber er konnte es nicht in
Worte fassen. Der Meister aber durchschaute seinen Jünger und sagte:
"Mein Freund, wenn du in deine Kammer gehst, dann vergißt du nicht das
Dao, du bewahrst es im Herzen und traust dem Himmel. Das ist recht und
die wahre Tugend. Wer so lebt, auf den trifft das Wort aus der
philosophischen Schrift zu, das da lautet: Zu einem solchen kommen die
Unsichtbaren, um bei ihm Wohnung zu nehmen.- Ja, ich sage dir, in deine
Kammer kommen der Himmel und sein Dao, der Atem des Himmels
säuselt in deiner Wohnung, und das ist des unaussagbaren
Wohlempfindens eigentliche Ursache. O mein Freund, ist das nicht ganz
wunderbar? Der Himmel ist der Hausvater in unserer Hütte, das ist noch
schöner, als wenn selbst der Kaiser Wu-Di in all seiner Pracht uns
besuchte!"
14
Über den Taishan flog ein Zug Wildgänse, weiß und geordnet, denen
schaute A-Dar nach, und da er die Vögel des Himmels verfolgte, dachte er
über den Himmel nach und was noch über dem Blau des Äthers sich
befindet. Der Meister sah seine Blickrichtung und sprach gütig: "Die
Menschen sehen im Himmel ihren Vater, sagt Tschuang Tse, und lieben ihn
persönlich." A-Dar strahlte den Meister an und fragte: "Ist es nicht so, o
Meister, daß wir Himmelskinder viel mehr sind als die nach Süden
ziehenden Wildgänse? Und wenn die schon an die blaue Kuppel dringen,
wieviel höher hinaus gehts dann mit uns! Zum Vater, in seine liebende
Gegenwart! A-ya!"
15
Der Meister sagte: "Im Buch steht geschrieben, daß das Dao von Ewigkeit
besteht, daß es den Geistern den Geist verleiht und die materielle Welt des
Oben und Unten geschaffen hat. Ja, Tschuang Tse sagt: Das Dao ist älter
als das Altertum und doch immer jung.- Ich meine, solch ein Dao ist wert,
zu empfangen Anbetung und Loblieder. Ach, wäre es doch als Mensch
unter uns! Ich wollte diesen Menschen auf den Mund küssen!"
16
A-Ji und A-Dar gingen über die Bergwiesen und betrachteten die schönen
Blumen, die alle so kunstreich gefertigt waren, sie waren hervorragend
modelliert, schöner noch als die großen Standbilder auf den Seelenwegen.
Da sagte A-Ji: "Die Natur ist ein großer Schmelzofen, der Schöpfer ist der
große Gießer." Und A-Dar stimmte in den Lobpreis ein: "Wohin er mich
schickt, soll es mir recht sein." Und da sie einmütig mit den Worten des
Weisen den Schöpfer priesen, tönte eine Stimme vom Himmel: "Es ist
vollbracht!... (Ich schlafe ein, und ruhig werde ich wieder aufwachen...)"
17
Als die beiden Jünger von der Berghöhe zurückkamen, da sie die Stimme
des Dao gehört hatten, kamen sie zur Hütte, die im Schatten immergrüner
Kiefern stand, sie traten ein und sahen den Meister auf dem Boden liegen,
mit der Stirn auf den Planken. Er hatte sie schon bemerkt, schaute kurz
auf, ganz geduldig und gütig lächelnd zitierte er ein Wort des Alten: "Ich
bin eben dabei, mit dem Schöpfer zu verkehren." Die beiden Jünger zogen
sich demütig zurück, und der Meister fiel wieder weinend auf sein
Angesicht.
18
Da der Meister betete, hörte er die sanfte Stimme, mit der ihn der Atem des
Himmels von innen anhauchte, süßer als Honig: "Sie alle sterben; ich
allein bin!" Da empfand der Meister diese unaussagbare Gnade, daß dieser
"Ich bin" sich herabließ von seinem majestätisch-himmlischen Thron und
zu seinem geringsten Knecht auf Erden so barmherzig sprach. O Herr!
19
Nach seiner stillen Zeit rief der Meister seine beiden Jünger (Liang-Yi war
ja bis zum kommenden Neumond auf Wanderschaft) und sagte: "Ich will
euch die Demut und Ordnung lehren. Es heißt: Dem Dao gegenüber muß
der Edle alles eigene Streben aus seinem Herzen verbannen.- Könnt ihr
das? Macht euch auf den Weg! Überwindet euch selbst! Der Mensch ist
sich selbst der größte Drache! Aber der Himmel gibt seinen Jüngern ein
Schwert, diesen Drachen zu richten, es ist das selbe Schwert, mit dem der
große Tang den letzten Tyrannen der Xia-Dynastie vertrieb und das
fromme gottwohlgefällige Königtum der Shang errichtete. Laßt ab von den
Wegen der bösen Leidenschaften, laßt euch vom Atem des Himmels
erfüllen, der der wahre Meister ist und euch auf den Weg des Himmels
führt, den das Dao als Himmelssohn für alle Menschen zwischen den vier
Meeren gebahnt hat zum Vater Himmel! Auf, auf!"
20
Als der Neumond am Himmel stand, dunkel wars die Nacht so ganz und
gar, da kehrte wie eine leuchtende Lampe Liang-Yi wieder zu seinem
Meister, der ihn freudig empfing. Liang-Yi sagte: "Wie irrte ich, als ich
fortging von dir, mein Meister!" Da gab der Meister ein Wort der Weisheit:
"Wenn einer seine Torheit einsieht, so ist er noch nicht ganz betört.- Mein
Sohn, wie freue ich mich, daß wir gemeinsam nun wieder in der Stille dem
Himmel lauschen wollen. Und wenns auch ganz finster um uns ist, das
Dao in uns macht uns zu Lichtern in der Welt, herrlicher als der Mond und
der Himmelsstrom!"
21
Am folgenden Morgen, als die Luft so klar und frisch war auf dem
Taishan, da kam Liang-Yi von seinem Frühgebet zurück in der rosigen
Morgenröte, um den Tee mit seinen Brüdern zu trinken, da sagte er:
"Welch ein Friede zwischen uns!" Der Meister nickte: "Friede mit den
Menschen, das ist menschlicher Friede; Friede mit dem Himmel, o das ist
himmlischer Friede! - Gewiß, der zog in dein Herz ein, Liang-Yi, ich seh
es am Glanz auf deinem Angesicht."
22
"Meine Kinder", sprach der Meister, "meine lieben Kinder, wie lieb ich
den Himmel und das Dao und den Atem des Himmels! Er hat mich
gesegnet in dieser Morgenstunde, angerührt und berührt hat er meine
Empfindung. Seht und suchet, ob ihr die Gottheit fühlen könnt! Wie sagt
der Liebhaber der Weisheit?: Unaussprechliche Unendlichkeitsgefühle
stiegen in mir auf. - O Weite an Weite, Herrlichkeit an Herrlichkeit!
Ewigkeit, Ewigkeit, Kinder! Da sah ich die Jadestadt des Allerhöchsten
und das Dao wie einen Himmelssohn mit ausgebreiteten Armen, mich
willkommen heißend! Myriaden Geister lobten ihn mit ehrwürdiger
Tonkunst! Kinder, ich sage euch: Gerechtigkeit, das ist das Lamm über
uns! A-ya!"
23
A-Ji dachte viel nach, und er fand viele Prinzipien, daß sich sein Geist
verwirrte vor lauter Philosophie. Da sah ihn der Meister ratlos, erkannte
seine Gedanken und sagte: "Laß dich nicht verwirren von Philosophie. Ich
will dir sagen, worauf es in den letzten Dingen ankommt. Wir haben ja die
Alten zum Vorbild, und wie sagt Tschuang Tse?: Die höchsten Menschen
der alten Zeit nahmen die Liebe zum Pfad. - Die Liebe ists!"
24
25
A-Ji, A-Dar und Liang-Yi hatten sich untereinander besprochen, sie hatten
die Lehre des Meisters weiter vertieft und sich gegenseitig ihre
Erkenntnisse mitgeteilt. Dabei waren sie auf eine Frage gestoßen, die ganz
lebendig vor ihren Sinnen stand und sie drängte. Also hob A-Ji als der
Älteste der Drei seine Stimme, wohltönend im Klang, und er sagte zum
Meister: "Ehrwürdiger Meister, eines haben wir, wie wir meinen, noch
nicht ganz verstanden. Du sprichst desöfteren vom Atem des Himmels.
Was ist darunter zu verstehen?" Und der Meister faltete fromm seine
Hände vor der Brust, schlug die Augen zum Himmel auf und hauchte:
"Der Geist, heißt es, entsteht aus dem Dao. - Der Atem des Himmels ist
der Geist des Himmelsvaters, der wie ein Wind weht, so unsichtbar, so von
einem Ende der Erde zum andern dringend. Die Alten lehrten, daß dieser
Geist über die Flut des Anfangs blies, daß aus ihr die Erde auftauchte.
Manche Dichter vegleichen ihn auch mit einem Vogel, der von einem Ende
des Himmels zum andern fliegt. Ich meine, es ist ein singender Vogel, ein
wahrhaft himmlisch singender Vogel, er singt schöner als Himmelsgans
oder Phönix, er singt nicht nur schön, sondern (was erst eigentlich schön
ist) vollkommene Wahrheit. Wenn der Atem singt, so süß, oder säuselt wie
ein Abendlüftchen in den paradiesischen Hainen, dann beginnt der Mensch
aus Lehm erst wahrhaft zu leben, er ist angehaucht mit Leben und voller
Freude, zu der der Himmel ihn geschaffen hat. Ja, der Himmel hat den
Menschen, wie die Alten sagen, aus Lehm geschaffen und ihn mit dem
duftenden Atem des Himmels angehaucht, mit Geist von seinem Geiste,
mit Leben aus der Quelle des Lebens. Ach und Weh über die Menschheit,
daß sie so sehr abgekommen ist vom Weg des Dao und gefallen ist in die
Begierden des roten Staubes! Aber nicht verläßt uns der Atem des
Himmels, sondern als ein Geist der Freude ist er uns in unserer Trübsal,
mitten in des Chaos Mitte, ein Trost, so süß und selig seufzend nach der
Seligkeit. Ach Kinder, wenn ich es sagen könnte, mit welchem
himmlischen Trost ich getröstet wurde in meiner Trübsal, die mich ergriff
über die Nichtigkeit der Welt! Sinn und Seligkeit, Glut und Geist, Friede
und Freude hauchte mir ein der heilige Atem des Himmels. Gewiß, dieser
Hauch ist eine Gottheit, ebenbürtig dem Vater Himmel und dem Dao und
mit beiden eins, kurz: mein Herr!"
ZWEITE ABTEILUNG
A-Ji und Liang-Yi gingen in brüderlicher Eintracht über den Taishan durch
das geheimnisvolle Kiefernwäldchen, als eben die Sonne aufging und die
Lichtung vergoldete. Da flog der Vogel Fong vorüber und sang aus den
Lüften: "Ein Jüngling soll seine Liebe überfließen lassen auf alle!" Da
sagte A-Ji: "Wenn ich recht unterrichtet bin, ist das ein Wort Kung Fu
Tses"; und Liang-Yi sagte: "Das ist eins der Lieblingsworte unseres
Meisters."
A-Dar zweifelte an der Wahrheit des Dao, diesen Zweifel hatte ihm ein
Gui-Geist eingeblasen, und er hatte sich nicht zu wehren gewußt. Aber der
Meister sah A-Dar an seinem zerrissenen Gesichtsausdruck seine innere
Zerrissenheit an und sagte: "Bewahre dies Wort Kungs: Mache Treue und
Glaube zu deiner Hauptsache.- Glaube an die Wahrheit des Dao und
glaube, daß des Dao Liebe treu ist und nach deiner Treue trachtet. Es ist
wie in einer Liebesbeziehung, da Vertrauen und Treue so wichtig sind."
Als nun A-Ji und Liang-Yi von ihrem Spaziergang zurückkamen, da nahm
der erste die Bambusflöte, um ein altes Loblied zu spielen, Liang-Yi aber
verneigte sich vor seinem Meister. Dieser betrachtete seine zwei Jünger
genau, als sähe er mit Feuerkohlenaugen direkt in ihr Herz hinein, und
sagte dann: "Kiu sagte: Ein Mensch ohne Menschenliebe, was hilft dem
die Form? Ein Mensch ohne Menschenliebe, was hilft dem die Musik? -
Lobpreis und Demut, die sind beide nichts wert ohne Liebe."
Eines Abends, der Sturm rüttelte an der Hüttentür, klopfte es, und ein
armer Mann trat herein, machte den Kotau vor dem Meister und sprach:
"Eine Sündenlast zernagt mir die Seele, ich hoffe hier den Frieden zu
finden." Da sah der Meister des armen Mannes Zerknirschung und sagte:
"Wer gegen den Himmel sündigte, hat niemand, zu dem er beten kann;- so
sagt Kiu. Aber einer betet für uns, das ist das Dao, das vor dem Jadethron
des Himmels tönt und für dich eintritt, lieber Yün. Dieses Dao ist deine
Gerechtigkeit: das Lamm über dir, es wäscht dich rein und kleidet dich in
lotosweißes Hanflinnen. Sei getrost und guten Mutes." Da streckte Yün die
Arme zum Himmel aus und rief: "O Himmel, o Himmel, o lieber Vater!
Ich danke dir, daß du mir die Vergebung zugesagt hast durch den Meister,
und ich bitte dich, daß ich sein Jünger werden darf!" Draußen donnerte es,
der Sturm brauste gewaltig wie eine Heerschar über die Hütte hin. Yün
war nun der vierte Jünger des Meisters.
Yün stellte sich den andern drei Jüngern vor und sagte: "Die Welt war
lange ohne Wort Gottes, nun gebraucht der Himmel euren Meister als
Glocke." Er meinte damit ein bronzenes Glockenspiel aus der alten Zeit,
da man Gott spielte auf Glocken Opferlieder. Die Glocke läutet laut, daß
die Schlafenden aus dem Schlaf erwachen und sich des Opfers bewußt
werden. Das ist ein Wort Gottes, vom Himmel her gesprochen, daß das
Lamm geopfert ward, die tugendlose Welt zu versöhnen mit dem Himmel.
Yün hob die Arme zum Himmel und betete: "Ach, daß die Menschen den
Weg verlassen haben und in Untugend leben! Was wäre da möglich, zu
tun? Wenn nun einer käme und spendete dem Volk Gnade, ja wenn einer
käme, der die gesamte Menschheit erlösen könnte; was wäre zu dem zu
sagen?" Und da sandte der Himmel durch das Gebot eines Himmlischen
Boten den Meister zu Yün, da sagte der Meister: "Dschung Ni sagte über
den Erlöser: Göttlich wäre der zu nennen. - Haben diesen Erlöser nicht
schon Yao, Shun und Yü erwartet, war er ihnen nicht durch Schafgarbe
und Schildkröte verheißen: Gut ist es, auf den Wahren Mann zu sehen? Ich
meine, er ist schon gekommen, ein wahrer Gottmensch. A-ya!"
Immer, wenn Liang-Yi einen Pirol zwitschern hörte, dachte er an das Wort
des Meisters, der Erlöser wäre schon gekommen, das ließ ihm keine Ruhe,
darum fragte er den Meister, ob der den Höchsten Heiligen gesehen habe
mit eigenen Augen. Da sagte der Meister mit einem Worte Kius: "Den
Gottmenschen zu sehen, war mir nicht vergönnt. - Ich habe die
Offenbarung, daß das Dao auf der Erde gewandelt ist im roten Staub, aber
im vollkommenen De, in vollendeter Tugend. Ist das begreifbar, daß das
ewige Dao uns menschlich begegnete? Das ist mehr, als Götter und Geister
können! Denn das ist Ausdruck der Liebe zu den Menschen (ren)."
10
Zu der Zeit, da die Menschen der Welt das Drachenbootfest feierten, kam
ein junger Mann auf den Taishan, trat vor den Meister, der im Kreis seiner
Jünger an einem Maulbeerbaum saß, und gestand ihm, daß er mit
Blumenmädchen nach den Gesetzen des Kamasutra gelebt habe, wie er es
ausdrückte. Da entrüsteten sich die Jünger und sagten, solch ein Mann der
Untugend habe in ihrem heiligen Kreis nichts zu suchen. Aber der Meister
sah die Schamröte auf den Wangen des jungen Mannes und sah die
silberne Träne an seiner seidigen Wimper, da sagte der Meister mit einem
Wort des Vaters der Lehre: "Wenn ein Mensch sich selbst reinigt, um zu
mir zu kommen, so billige ich seine Reinigung, ohne ihm seine früheren
Taten vorzuhalten. - Da du Scham über deine Schmach empfindest, mögest
du dein altes Leben und den roten Staub der Welt von dir abtun durch eine
rituelle Reinigung, eine Waschung und das Anziehen eines reinen weißen
Gewandes, wie es schon die Shang hielten." Da freute sich der junge
Mann, der To-To hieß.
11
To-To trat gereinigt und geheiligt dem Meister unter die Augen und fragte,
was er nun bedenken solle und an welche Worte er sich nun halten solle.
Da gab der Meister ihm zu seinem Neuanfang ein Wort aus der Schrift des
Vaters der Lehre: "Bis zum Tode treu dem rechten Weg! - Das sollst du
halten, denn wer bis zum Tode nicht vom Weg der Wahrheit abweicht, der
geht am Ende in die Himmelstadt aus Jade ein, der wird wandeln im
Himmlischen Garten unter Pfingstrosen mit seligen Genien!"
12
Und To-To fragte den Meister, ob er, To-To, ein Amt annehmen solle, er
kenne die Klassiker und den Kanon, ja einen Großteil der Oden
auswendig, wäre also geeignet, an der Regierung des Reiches
mitzuwirken. Da schaute der Meister ernst und sagte: "Das Reich des Dao
ist nicht von dieser Welt des roten Staubes. Kennst du nicht das Wort Kius:
Meint ihr, ich möchte in den Armen von Ministern sterben und nicht
vielmehr in den Armen meiner treuen Jünger? - Wes Geistes sind die
politisch Mächtigen? Willst du dem grausamen Qin Shihuangdi dienen
oder dem liebreichen Dao des Himmels? Dem Sklaventreiber oder der
Mutter der zehntausend Wesen? Ein Amt, das ist eitel."
13
Yün fragte, wie man merke, ob man wirklich Vertrauen und Hingabe
gegenüber dem Himmel in sich habe und übe, oder ob man sich mit
religiösen Gefühlen selbst weihräuchere. Da sagte der Meister: "Der Weise
sagte: Wenn das Jahr kalt wird, dann erst merkt man, daß Lebensbäume
immergrün sind. - Siehe, erst wenn du in Not, Bedrängnis und Verfolgung
gerätst, merkst du, ob du dem Himmel vertraust. Liegst du in Seide auf
Samt und Brokat auf einem Kang aus Jade bei Reiswein und gekochtem
Lachs mit Reis vom Yangtse, so magst du zufrieden sein mit deinem
Leben. Aber danke dem Himmel um so inniger, wenn du mit der
neunschwänzigen Peitsche gestraft wirst, wenn man die Knöchelpresse bei
dir anlegt und dich in ein finsteres Loch zu den Ratten wirft. Dann dem
Himmel Ja! zurufen und dankbare Liebe haben zum lieben Himmlischen
Vater, das nenn ich Glauben, der Glaube genannt werden kann."
14
Liang-Yi sagte: "Im Dao wurden der Äther und das Reich der Mitte
geschaffen, es ist unausschöpflich und geheimnisvoll. Und dieses nun,
meinst du, kümmere sich um mich? Ich halte es nach meinem Empfinden
für unnahbar und fern." Da schaute der Meister verständnisvoll in Liang-
Yis schwarze Augen, die schimmerten, und sagte: "Mein Vorbild sagte
angesicht des Todes: Wehe, Gott hat mich verlassen! Wehe, Gott hat mich
verlassen! - Aber wie irrte er darin! Gott verläßt uns nicht, er ist der
Verläßliche. Er ist unnahbar, aber uns so nahe. Vielleicht fühlte Kiu den
Abgrund der Untugend mit seiner ganzen Verworfenheit. Aber flöhe ich
auch zu den Gelben Quellen, siehe, Gott wäre auch da. So sorge dich nicht,
fürchte dich nicht, weine nicht länger, o Liang-Yi. Gott ist mit dir!"
15
A-Ji machte sich viel Gedanken über die Ethik des Altertums, über Sitten-
und Morallehren, den Tugendbegriff und die Auffassung von der Pietät,
das Verständnis der Kinderliebe und Sohnespflicht. Er hatte eine Meinung
ausgebildet, daß diese Tugenden auch für die Jünger seines Meisters vom
Taishan Bedeutung hätten. Davon erzählte er dem im Natürlichen älteren,
im Geistlichen jüngeren Bruder To-To, der nichts anderes zu sagen wußte
als ein Kung-Wort: "Der Vater sei Vater, der Sohn sei Sohn." Er meinte
wohl, daß der Himmel Vater sei und A-Ji Sohn, und so wie der Himmel
wirklich Vater in allem ist, liebevoll und vorbildlich, erzieherisch wirkend
und versorgend, so solle auch A-Ji ein Sohn sein, eine Freude seines
Vaters, in Kinderliebe lebend, gehorsam und dem Wege des Vaters folgend.
Dasselbe bezog To-To auch auf sich.
16
A-Dar sah man eines Abends sich plötzlich oben auf dem Taishan flach auf
den Boden werfen, er kniete nicht nur, er neigte nicht nur seine Stirn zu
Boden, er legte sich auf den Boden und drückte sein Antlitz auf den harten
Felsen. Da pries er den Himmel in einer Zunge, die weder Mandarin noch
Kantonesisch war. To-To, der herbeikam, staunte, schwieg, verharrte, und
erst, als A-Dar sich erhob, fragte To-To, was das alles zu bedeuten habe. A-
Dar sagte mit einem Gespräche-Wort: "Das Wesen des Herrschers ist der
Wind, das Wesen der Geringen ist das Gras. Das Gras, wenn der Wind
darüber hinfährt, muß sich beugen. - A-ya! Der Herrscher ist der Himmel,
und da er mir begegnete, da warf ich mich vor ihm nieder. A-ya! Der
Herrscher Himmel ist wie Wind, wie Hauch, wie Atem, und da er mich
angehaucht hat und seine Liebe ausgegossen in meinem Herzen, darum
preis ich ihn mit der Sprache der Himmlischen Boten." Da sagte To-To
naiv: "Ich konnte deine Zunge nicht verstehen, aber es schien mir, als
sagtest du immer wieder: Friede! Friede!"
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19
To-To sah Yin-Ko und befreundete sich mit ihm, denn er fühlte, daß sie
eines Geistes seien, ja, beide wußten, der andere ist ebenfalls angehaucht
vom Atem des Himmels, er hat sich eins gemacht mit dem Dao und
erkennt die Herrschaft des Himmels an. Lob und Preis der Gemeinschaft,
die der Himmel gestiftet hat. Da sah der Meister ihre Gemeinschaft und
sagte: "Wohl denen, die die Macht des Geistes an sich wirken lassen.
Dieser Geist ist ein Geist der Einmütigkeit, der Brüderlichkeit, des
Friedens, der Harmonie und der Menschenliebe, der Tugend und des
rechten Weges. Ihr, meine Kinder, ihr kennt die Macht des Geistes. Kiu
sagte: Wenige sind ihrer, die die Macht des Geistes kennen. - Es sind vom
Himmel Erkorene, deren Bund dauerhaft und fest ist. Lobenswert ist
wahrlich diese Liebe zwischen euch!"
20
To-To und Yin-Ko sprachen aus einem Munde, eines Sinnes und Geistes,
als wäre To-To Oberlippe und Yin-Ko Unterlippe, und der eine könne nicht
reden, ohne daß der andere mitrede. Da sagte, ein Wunder des Himmels
war es, da sagte (mit einem Worte aus den Gesprächen) To-To: "Gibt es ein
Wort..." und Yin-Ko ergänzte: "...nach dem man das ganze Leben handeln
kann?" Der Meister war so froh, so froh ihrer Einmut und
Gleichgesinntheit, daß er an den beiden die Antwort ersah: "Die
Nächstenliebe."
21
Als es einmal finstere Nacht war, der Mond von der Erde verdunkelt
wurde, da belagerten grausige Dämonen, schwarze Krieger, die Seele A-
Jis, der er flehte zum Himmel (Gott), daß er ihm helfe, ihn rette und
beschütze. Er fürchtete sich in dem Augenblick nicht mehr vor den
Dämonen, aber er fühlte eine große zitternde Ehrfurcht vor dem
allerheiligsten Gott. Das drückte er am nächsten Morgen Liang-Yi
gegenüber mit folgenden Worten aus: "Kung sprach: Der Edle hat eine
heilige Scheu vor dem Willen Gottes. - Daß das Wirklichkeit und Wahrheit
ist, hab ich erfahren, da mir diese Scheu geschenkt worden ist zum Schutz.
Wahrlich, wer vor Gott heilige Scheu hat, ihn also mit gebotener Demut
und kindlichem Herzen liebt, der ist geschützt, der ist zuhaus in der Burg
des Himmels, der braucht sich nicht länger zu fürchten vor den Dämonen
des Aberglaubens. Diese Scheu vor dem Willen Gottes ist der Anfang der
Erleuchtung und der Weisheit jenseits des Wissens. A-ya!"
22
Nach einer Meditation mit dem Meister, früh am Morgen, sie hatten über
ein heiliges Wort meditiert, das die Liebe des Allerhöchsten ausdrückte,
nach dieser Meditation ging der Himmelsbürger Yün von des Meisters
Hütte fort. Er ging zu den Vertretern einer philosophischen Schule, die
versuchten, das Dao mit geistiger Spekulation zu erfassen. Sie bereiteten
sich vor auf ein politisches Amt, sie wollten einen idealen Musterstaat im
Reich der Mitte gründen nach den Prinzipien des Dao. Yün hatte eine
andere Einsicht. Er sagte zu einem Vertreter dieser Philosophen: "Ihr
studiert die Worte Kungs und versteht sie doch nicht. Ja, ihr versteht ja
nicht einmal die Worte des Dsi Dschang. Wenn ihr nicht einmal die
Erklärungen des Jüngers versteht, wie meint ihr, könnt ihr den Meister
selbst verstehen? Wenn ihr die Jünger nicht liebt, wie wollt ihr den Meister
lieben? Ja, seht in euch, ob ihr Liebe habt. Wie wollt ihr ohne Liebe zur
Wahrheit etwas Wahrhaftiges begründen? Kennt ihr nicht dieses Wort des
Dsi Dschang: Wer der Wahrheit in seinem Verstande zustimmt, ohne daß
sie eine Macht in seinem Leben wird, der ist weder kalt noch warm. - Ja,
ich sage euch, der Himmel wird solche lauen Leute ausspeien! Ich bin
gewiß, das Herz des Himmels ist voll der Glut der Liebe, und ich will
hineingeschmolzen werden, ich will, daß dieses Feuer der Liebe mein Herz
läutert wie Gold und veredelt. Mein Ziel ist die Wahrheit, aber eine
Wahrheit der Liebe, eine andere erkenne ich nicht an. Was ist Wahrheit?
fragt ihr Philosophen. Ich frage: Wer ist Wahrheit? Der Gottmensch ist
Wahrheit, der das Dao ist, der die Liebe des Himmels ist! Aber was red ich
zu verschlossenen Ohren? Euer Verstand hat euer Herz hart und taub
gemacht. Ach, ihr seid wie Schlangen, die den Beschwörer nicht hören! Ihr
seid meinem Herzen eine Last und ein Ach und ein ständiges Flehen zum
Himmel!" Als die Philosophen dies hörten, lachten sie Yün aus und jagten
ihn mit Knüppeln fort.
23
Yin-Ko fragte den Meister, wer Heiliger sei und welche Erkenntnis ihn als
solchen ausweise. Der Meister sagte: "Ich kenne ein Wort Kungs, das da
lautet: Wer Anfang und Ende zugleich besitzt, der nur ist ein Heiliger. -
Wer nun ist Anfang und Ende? Das Dao ists, denn im Dao wurde die Welt
geschaffen, im Dao wird sie enden. Man kann es nun Anfang oder Ende
nennen, es ist einfach wahr, es ist Wahrheit und Wirklichkeit. Der Anfang,
der das Dao ist, ist ein mächtiger Anfang, nicht nur Beginn der Zeit,
sondern urgewaltiges Geschehen. Ein solches vollzieht sich am Heiligen,
wenn der Anfang seiner Weisheit zu ihm kommt, die Wende seines Lebens
zum Ursprung zurück, das ist so unaussprechlich erhaben, gewaltig und
machtvoll und herrlich, o Yin-Ko, da seh ich die Macht der Liebe, die im
Dao mir begegnet, ja, daß der Himmel so an mir gehandelt hat! Diesen
Anfang halt ich, wie ich das Ende ersehne, das Ende, das ein Wirken
herrlich und groß ist und mich heimbringt in das Geheimnis der
Geheimnisse." Yin-Ko sah den Meister mit großen Augen an.
24
To-To, eines Sinnes mit Yin-Ko, trat zum Meister und sagte: "Meister, du
hast Yin-Ko gesagt, wer ein Heiliger ist, du hast gesagt, wer Anfang und
Ende besitzt, ist heilig, geheiligt vom Dao, das da Anfang und Ende und
Wort des Lebens ist. Der Heilige, ist es nicht der, der immer aufs Dao
schaut? Was nun sagst du zum Dao? Ich meine, du hast ein Wort darüber
auf dem Herzen, das wunderbarer ist als das Geschwätz der Philosophen."
Da lachte der Meister herzlich und sagte: "Nicht, daß ich die Alten nicht
ehren würde, ich nehme gern ein Wort des alten Kung auf. Eins seiner
Worte liegt mir besonders am Herzen, er legt es dem heiligen Shun in den
Mund, der da sagte: Wenn die zehntausend Gegenden Sünde haben, so
bleibe die Sünde auf meinem Leib. - Das bedenke, mein Sohn. Du mußt
wissen, daß Shun sich nicht selbst verherrlichen wollte, sondern als ein
Prophet des Altertums sprach und das, was er scheinbar auf sich bezog, auf
einen Gottmenschen bezog. Wer ist nun dieser? Ich meine, wie er Gott und
Mensch ist, der Gottmensch, so ist er Dao und roter Staub zugleich. Ja, er
ist das Wort des Lebens in einer tugendhaften Gestalt. Wäre mir die Gnade
früherer Geburt zuteil geworden, ich wäre in den Westen gewandert, ihn zu
sehen, über die Berge und über die drei Ströme, Euphrat und Tigris und
Jordan, ins exotische Land gezogen wäre ich, dem Gottmenschen seine
Füße zu küssen. Aber nun red ich von ihm, was mein Herz mir sagt. Er ist
der, der sah, daß die Menschen der zehntausend Gegenden sündigten
gegen Gott, indem sie den Himmelsvater verachteten und sich selbst an
seine Stelle setzten, ihre Ahnen oder Götter und Geister mehr liebten als
den Allerhöchsten und ohne Tugend lebten. Da ward das Dao unwürdige
Staubgestalt und nahm bis zu einem fluchwürdigen Tod die Sünde aller auf
sich und warf sich mit ihr in den Tod. Wo ist nun meine Sünde? Siehe, auf
ewig dahin und von mir genommen ist sie fort und ab! A-ya! Aber der
Gottmensch, siehe, zur Rechten des Himmlischen Vaters steht er und redet,
das Dao, mit dem Atem des Himmels: Ich komme wieder!"
DRITTE ABTEILUNG
(Diese Abteilung wird dem Herbst zugeordnet und behandelt das "Li Ji",
das Buch der Riten und Sitten.)
Der Meister versammelte seine Jünger um sich, als da waren: A-Ji, A-Dar,
Liang-Yi, Yün, To-To und Yin-Ko. Er sagte zu ihnen: "Wir wollen von der
Sitte reden, das ist, wir wollen von dem reden, was gut und was böse ist.
Seit unsere Urahnen sündigten, haben wir Erkenntnis des Guten und
Bösen. Aber wer ist gut, als Gott? Gott ist das Dao des Himmels. Im Li Ji
heißt es darum: Was der Himmel dem Menschen bestimmt hat, ist sein
Wesen; was dieses Wesen zum Guten leitet, ist der Weg. Der Weg darf
nicht verlassen werden; dürfte er verlassen werden, so wäre er nicht der
Weg! - Lange Rede mit tiefem Sinn! Kinder, euer Wesen hat euch der
Himmel zugeteilt, er hat euch geschaffen, damit ihr auf dem Wege des
Lebens wandelt. Daher hat jeder den Drang, die Unsterblichkeit zu suchen.
Wer den Weg des Lebens gefunden hat, der hat schon Anteil an der
Unsterblichkeit. Das ist nicht nur langes Leben von hundert Lenzen, das ist
langes Leben immerdar, langes Leben von zehntausend Lenzen! Ihr habt
den Weg, aber weicht nicht zur Rechten und nicht zur Linken! Zur Rechten
ist die Unzucht des Leibes, zur Linken ist der Hochmut des Geistes. Seid
demütig vor dem Himmel, aufrichtig gegenüber dem Dao und betrübt
nicht den Atem des Himmels in euch. Wisset, das Dao ist der einzige Weg,
der zum Himmel führt, zum Vater auf seinem Jadethron!"
Da sagte Yün, der in der Welt gewesen war und die Menschen kannte, da
sagte er mit einem Li-Ji-Wort: "Ach, daß der Weg nicht begangen wird!"
Er hatte eine Last auf dem Herzen, ein Mitleid mit denen, die noch nicht
auf dem Wege des Lebens waren, darum auf dem Wege des Todes waren,
arme Seelen!
3
To-To hatte die Worte A-Jis bedacht und trat mit seinen Überlegungen zu
Yin-Ko, zu dem er sagte: "Wenn Dao lebt als Gottmensch und mir nah
kommen will, wie muß ich dann leben?" Und Yin-Ko sagte: "Dasselbe,
mein Lieber, fragte ich gestern den Meister. Wir sind uns wirklich
seelenverwandt. Siehe, er sagte mit einem Wort aus den Riten: Nach oben
grollt er nicht dem Himmel, nach unten zürnt er nicht den Menschen. - Ja,
damit ist er dem Dao ähnlich, der ist aller Heiligen Vorbild und Erster.
Denn, mein Lieber, der Gottmensch hatte vollendeten Frieden mit dem
Himmel, ein Himmlischer Friede füllte sein Herz, und er hatte Liebe und
Erbarmen für die Menschen, ach die armen Seelen, die ihre Untugend zu
den Gelben Quellen hinabzieht, aber Er, Er zieht sie hinauf in des Himmels
Jade- und Phönixstadt! Wer so ist, der hat Ruhe gefunden im Schatten des
Allerhöchsten, in den wurde die Himmlische Liebe ausgegossen. Das ist
der gute Weg. Ich bin so dankbar, mein Geistbruder, daß wir beide auf
diesem Weg des Lebens sind, geleitet vom Wort der Liebe zum Ziel der
Wallfahrt: der Himmlischen Harmonie mit Gott!"
Der Meister trat vor seine Jünger und sagte: "So weit geht die Offenbarung
des Geheimnisvollen (Li Ji): Ich sah das Dao, ich sah ihn, der da Dao ist,
seine Augen blickten voll Glut der Liebe in mein Herz, sein Herz war aus
Glut, seine Haare waren licht wie der Weisen Haare. Oben war er wie
Licht und Feuer, unten herum aber wie Messing oder Kupfer. Das war ein
Gottmensch. Ja, so weit geht die Offenbarung des Geheimnisvollen, wie
das Li Ji es nennt."
Yün sah man am Morgen auf dem Taishan zum Gipfel gehen, an eine
schöne Stelle, da Kiefern des ewigen Lebens standen, da betete er zum
Himmel. Natürlich nicht zu dem, was die Welt so Himmel nennt, zu den
Sternen und Wolken, nein, er betete nicht zum Sternbild des Drachen. Der
Himmel, zu dem er betete, das war der, den sie im fernen Ju-te-a "Ich bin"
nannten, ein Geist, personhaft. Er betete wie die Alten in Ehrfurcht und
Demut, und da er anbetete, empfing er Kraft vom Himmel, moralische
Orientierung und umfassende Menschenliebe (ren). Davon wußte der
Meister, und er sagte über Yün mit einem Wort aus dem Sittenbuch: "Vom
Himmel empfängt er's täglich neu."
Liang-Yi sah über die Jasmintee-Tasse hinweg zu A-Ji und sagte: "Bruder
im Dao, woher kenn ich dich? Wie kenn ich dich? Was heißt es, einen
Menschen zu erkennen? Das Li Ji sagt: Wer den Menschen kennen will,
darf es nicht unterlassen, den Himmel zu erkennen. - Es ist so: Wir sind
vom Himmel geschaffen, wir sind des Himmels Spezie, ja, kühn bekenn
ich: wir sind Himmelssöhne, Kinder des Vaters (Baba). Siehe, wie es in
einem Lied heißt, wir haben den Himmel im Herzen. Ich kenn den Himmel
in deinem Herzen und sehe, er ist gleich mit dem Himmel in meinem
Herzen. So sind wir eins und einig und einmütig. Diese herzliche
Verbundenheit, vom Himmel geschaffen, nenne ich wahres Erkennen. So
will ich den Himmel erkennen, also daß ich eins mit ihm bin: Ich im
Himmel und Himmel in meinem Herz. Bruder, meinen Himmel will ich dir
schenken! Nennen wir das ai oder ren?"
Der Meister lehrte: "Im Buch heißt es: Die Wahrheit haben, ist des
Himmels Weg; die Wahrheit suchen, ist des Menschen Weg. - Ja, Kinder,
der Himmel hat Wahrheit, ist wahrhaftig, ist nicht nur wahrhaftig, das
heißt, hat nicht nur Wahrheit an sich, sondern ich sage: das Dao des
Himmels ist Wahrheit. Das hat mir nicht Fleisch offenbart, das offenbarte
mir der Himmel, da das Dao sagte: Ich bin die Wahrheit... Dao ist nicht
allein Richtigkeit eines Gedankens, sondern ist das einzig Wahre, das
einzig wirklich Substantielle und Wesentliche. Alles, was sich wahrhaftig
nennen will, muß eins sein mit dem Dao, sonst ist seine Wahrhaftigkeit nur
ein subjektiver Trugschluß, eine sich selbst irreführende Illusion. Darum:
der Mensch erlangt Wahrheit, die Wahrheit über Gott und des Menschen
Bestimmung dadurch, daß er die Wahrheit sucht, das heißt, indem er jenes
Wesen sucht, daß vom Himmel her offenbarte, daß es die Wahrheit im
Wesen ist, also, indem er das Dao sucht. Das sagt den Menschen der Welt:
Sucht die Wahrheit, macht euch auf den Weg! Ja, begehrt denn keiner mehr
nach der Wahrheit?"
Der Meister lehrte: "Noch einmal will ich euch von der Wahrheit predigen.
Dazu berufe ich mich auf ein Wort aus der Schrift: Die Wahrheit ist Ende
und Anfang aller Dinge. Ohne Wahrheit gibt es kein Ding. Darum hält der
Edle die Wahrheit wert. - Wie nun, meine Lieben? Beten wir nicht den
Himmel an als unsern Schöpfer? Sind wir nicht des Himmels Söhne? Aber
ist nicht der Gott des Himmels und das Dao des Himmels identisch, und
sagte nicht das Dao von sich, daß es mit der Wahrheit identisch ist, und
sagte weiter nicht auch das Dao, daß sein Geist ein Geist der Wahrheit ist,
daß dieser Geist der Wahrheit der Atem des Himmels ist? Wer will das
scheiden? Dies nenn ich die wahren Drei Schätze (in Wahrheit Ein Schatz,
meines Herzens Schatz und Liebling)." Da schaute To-To ganz verzückt,
da er hörte, daß Gott ein Liebling sei, denn da war ja nun vollkommen und
auffindbar, was er seit je ersehnte und suchte! Nun fuhr der Meister fort:
"Dieser Geist der Wahrheit, der Geist des Dao, in ihm sind wir geboren. Er
war am Anfang über dem Chaos. Im Dao ist alles geschaffen, durch das
Dao (Es werde) und zum Dao hin. Und da das Dao die Wahrheit ist, wurde
die Schöpfung aus der Wahrheit, durch die Wahrheit und für die Wahrheit
geschaffen. Wir nun, als Geschöpfe ebenfalls, wie sollten wir unsern
Schöpfer nicht ehren und die Wahrheit als unserm Herrn huldigen?"
Der Meister wollte wissen, was nun das Credo und die Konfession seiner
Jünger sei, da sagte A-Ji: "Der höchste Heilige ist, wie das Li Ji sagt, wie
ein tiefer Quell, der Wasser spendet zu seiner Zeit. - Ich meine, dieses
Wasser, das der Höchste Heilige, das der Gottmensch spendet, das ist das
Wasser des Lebens vom Himmel her. Was ist das Wasser des Lebens? Es
ist Erquickung des inneren Lebens, des Geistes, darum muß es selbst Geist
sein, denn nur Geist erquickt den Geist. Der Geist, den der Höchste
Heilige spendet, daß muß der höchste, Heilige Geist sein. Der werde in mir
zu einer Quelle und quelle auf, täglich will ich den Gottmenschen (Dao)
darum bitten, daß sein Geist des Lebens, sein Himmlischer Atem, in mir
lebendig sei und meinen Geist und ganzen Menschen lieblich erfülle!"
10
Daraufhin bekannte Yün: "Wie es im Buch der Riten heißt: Wenn der
Höchste Heilige sich offenbart, dann ehrt ihn sein Volk; wenn er spricht, so
glaubt ihm sein Volk; wenn er handelt, so freut sich sein Volk. - A-ya, Er
offenbarte sich an seinem Tag, er offenbart sich auch heute noch täglich
durch seinen Geist (shen), er wird sich schließlich vollends offenbaren,
indem er wiederkommt, Er, der Gottmensch, der das Dao Gottes ist. Ich
danke dem Himmel (Abba), daß ich zu Seinem Volk zähle, da ich des
Himmlischen Vaters Kind bin, so glaube ich dem Gottmenschen, so freue
ich mich am Dao, so ehre ich den Höchsten Heiligen."
11
Dann zeugte To-To von seinem Glauben: "Es steht geschrieben: Alles, was
Odem hat, ehre und liebe Ihn! Er ist dem Himmel zugeordnet! - A-ya! Mit
Oden und Gedichten, Preis- und Kultliedern, Hymnen und Liebesversen,
großen Psalmen (Da Ya) und kleinen Psalmen (Siau Ya) lobe alles, was
Odem hat, den Herrn der Himmlischen Boten, den Herrn, der wie Jade und
Nephrit auf dem Throne, meinen Herrn! A-ya! Lobet den Herrn!"
12
Und Liang-Yi bekannte: "Ich glaube an des Einzigen Doppelnatur: Echt ist
seine Menschlichkeit... strahlend ist sein Himmlisches... (Li Ji) Darum
nennen wir ihn ja auch Gottmenschen. Er war der beste Mensch, lebte in
vollkommener Tugend (heilig war seine Geburt) und erfüllte alle Gebote
der Menschenliebe vollends. Aber das nicht allein, sondern vom Himmel
hoch da kam er her, im Himmel der Himmel war er von Anfang an
zuhause, strahlend, wie es heißt, leuchtend von himmlischem Licht, da er
das Licht selbst war und ist und sein wird, das Licht, das mich erleuchtete,
ein süßes Licht, so süß, ach!"
13
Und A-Ji besprach sich morgens in der Frühe, vor Sonnenaufgang, mit
Liang-Yi, der Lieblingsjünger mit dem schönen Jünger, und in einem
waren sie sich einig, was da A-Ji nach den Worten des Ritenbuches
formulierte: "(Unser Weg ist,) die Menschen zu lieben und das Ziel sich zu
setzen im höchsten Guten." Da sagte Liang-Yi: "Wie? Ist es nicht so, daß
nur, wer die Menschen liebt, die Kinder des Himmels, daß nur der auch
den Himmel lieben kann? Wer hat das Anlitz des Himmlischen Herrn je
gesehen? Wer nicht seine Kinder, die sichtbar sind, liebt, wie sollte der den
Vater, der unsichtbar ist, lieben können? Darum: laß uns lieben mit Gemüt
und Verstand, Seele, Herz, Geist, hun und po und allen Kräften!" Und A-Ji
ergänzte: "Ja, mein lieblicher Lieber! Und unser Ziel, das ist im höchsten
Guten; und wer ist denn dies? Das ist der Himmel, der Herr des Himmels,
der Vater, Er allein ist gut! Er ist die Quelle allen Gutens, denn alles Gute
kommt von oben. Wie kommen wir dahin, da wir soviel Frevelhaftes in
unserer Körperseele (po) haben, soviel Frevel und Freudenmädchentum,
ach, Liang-Yi, du weißt, wir sind nicht durch und durch gut und rein und
heilig. Wie das werden?" Da hörte der Meister ihr Gespräch und ihre
Besprechung und erbarmte sich der beiden und gab ihnen ein Wort der
Weisheit: "Das Dao ist eure Gerechtigkeit, eure Gerechtigkeit ist das
Lamm über euch (wie das Schriftzeichen verdeutlicht). In alten Zeiten
bereiteten die Priesterhirten ein Lamm vor zum Opfer für Shang-Di, das
der Himmelssohn als Hoherpriester opferte, dies Lamm, rein und
makellos, sollte die Frevel des Volkes tragen. Dies ist nun das Dao selbst
geworden, eure Gerechtigkeit, so ihr euer Herz ihm übergebt und ihm
nachfolgt!"
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Yün, den man auch das Lied des Himmels nannte, weil er allmorgentlich
einen Psalm im Herzen sang dem Himmel zu, der überdachte eines
Morgens in seiner Stillen Zeit folgendes Wort aus dem Buch: "Er hatte
stets die klare Bestimmung des Himmels vor Augen." Da besprach sich
Yün mit dem Meister: "Meister, was ist meine Bestimmung vom Himmel
her?" Da sprach der Meister: "Des Himmels Sohn ist das Dao, das
vollkommene Ebenbild des Himmels, eins und identisch sind Himmel und
Dao, gleichgesinnt wie Vater und Sohn in Liebe. Diesem Sohn werde
gleich. Das ist die Bestimmung des Himmels." Yün fragte: "Wie kann das
werden?" Da sagte der Meister: "Der Atem des Himmels, in dich gehaucht
vom Himmel bei deiner Erneuerung des ganzen Menschen vom Dao her,
der arbeitet an dir, der wirkt in deinem Inneren als dein Lebensatem
gestaltend, der wird dich umgestalten und dich gleichgestalten dem Dao,
dem erstgeborenen Himmelssohn!"
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To-To sagte: "Meister, ich leide unterm Hochmut, ich meine, ich, ich bin
nun ein Jünger des Dao, die Menschen der Welt des roten Staubes sind all
eitle Narren. Wie nun? Ich leide darunter." Da sprach der Meister sanft:
"Was will der Himmel, wie du dich zu stellen hast zu den Kindern der
Welt? Was sagt das Li Ji: Nur die Liebe zu den Nächsten ist für ihn
köstlich. - Du willst ihm doch köstlich sein, ein Wohlgeruch und
angenehm seiner Zunge, auf daß er dich nicht ausspeit? So laß dich
erfüllen von der Liebe, die der Schöpfer aus dem Chaos zu allen seinen
Kreaturen hat. Wenn er schon den Eisvogel und die Steinschwalbe liebt,
wieviel mehr das Blumenmädchen, das er freikaufen will! So gehe hin,
achte ihrer Linien nicht, sieh ihr in die Augen, die da Spiegel der Seele
sind, und sieh in dieser Seele die vom Himmel überschwenglich geliebte
Seele!"
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To-To zagte nach einem schrecklichen Traum von einer drei Meter langen
Ratte eines Morgens ganz fürchterlich, da sah ihn der Meister zittern und
beben und sang ihm zu Trost und Erbauung: "Trau dem Dao, denn, wie
geschrieben steht, auf diese Weise hat der Heilige einen sicheren Schutz, in
dem er seine Persönlichkeit bergen kann." Da seufzte To-To ganz schwer
und tief und lang und hingegeben und sagte: "Ja, mein Meister, ich glaube,
das Dao ist ein Zufluchtsort, ist eine Eremitage oben auf den höchsten
Bergen, wo kein fremder Teufel hingelangt, ist wie eine zehntausend Li
lange Mauer um das Reich, daß kein grausamer Barbar eindringt. Ja, wer
unter dem Baldachin des Himmels Zuflucht findet, der kann zum
Allerhöchsten sagen: Bei dir find ich Ruhe, du bist sicher wie eine
Palaststadt. Mein Herr, auf dich traue ich, du Dao Gottes!"
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Der Meister sagte zu A-Dar eines Abends: "Es steht geschrieben (im Li Ji):
Des Großen Einen Offenbarung heißt Bestimmung, sein Wirken ist im
Himmel." Da sagte A-Dar: "Das ist etwas, meinen Verstand völlig
übersteigend, daß der Himmel alles, was geschieht, bestimmt hat im
Voraus, aber daß der Täter seiner Tat die freie Entscheidung aus seinem
freien Willen heraus hat und damit die volle Verantwortung. Aber ebenso
wundersam nimmt mich, daß das Dao (aus dem das Firmament und das
Reich der Mitte entstanden, und das ewig ist) im roten Staub gewandelt in
der verachtungswürdigen Gestalt eines Dieners und den Tod eines
Verbrechers gestorben sein soll in Ju-te-a, und ist doch noch das volle
ganze Dao, das man auch Gott nennen kann? Ja, wahrlich wundersam ist
der Weg des Himmels."
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Und Yin-Ko, der Liebliche unter den Jüngern, beschloß, den Meister zu
verlassen, nicht weil er die Welt liebgewonnen hätte, sondern weil sein
Herz brannte für die Verlorenen unten in den Tälern, den im roten Staub
des nichtigen Daseins kriechenden Elenden, und er, Yin-Ko, nahm
Abschied. Der Meister segnete: "Liebe! Liebe! das ist unser Spruch für
dich, Yin-Ko! Siehe, wenn dich auch das Elend der Welt bedrängt, die
schweren schwarzen Wolken der Trübsal dich bedrängen, dich die
Seufzerlüfte der Wehmut anhauchen, Trauer dich umflort, gedenke des Li-
Ji-Wortes: Endgültig entsteht das Glück, wenn große Geisteskraft in
Gemeinschaft mit dem Himmel wirkt.- Ja, daß das so ist, das hab ich selbst
in Weh und Not erfahren, daß da eine Freude ist, die man auch Trauer
nennen könnte, denn sie gleicht nicht den heitern Vergnügungen oder dem
großen und beständigen Glück, sondern ist so weh und süß, so sehnsüchtig
selig, so groß vom Goldglanz des Glückes und zugleich durchsetzt vom
schwarzen Ebenholz der Qual, tiefempfundenes Leben, ach... Du, Yin-Ko,
du mit dem Himmel! das geht jedenfalls gut, wenns auch schwer dich
anficht, gehts zum Guten aus. Und so will ich dies und das dir sagen, es sei
alles lauter Gutes und Liebes dir, ich wills sagen mit einem Li-Ji-Wort:
Früh und spät segnen sie sie; das dringt empor und wird vernommen von
dem höchsten Geist des erhabenen Himmels, und er ist voller Freude.- Ja,
mein Lieber, mein Schöner, mein Freund, das ist wahr: des Segens freut
sich der Geist des Himmels, der ja der Segnende ist, denn wer segnet, der
segnet im Geiste des Himmels, und so segne ich dich: Ich bitte den Geist
des Himmels um den vollgültigen Segen für dich, o du liebenswerter
Mensch! Der Geist des Himmels, der hochheilige, lasse schauen seine
Taubenaugen auf dich, er sei voll Mitleid und Barmherzigkeit zu dir, er
hauche dich an: Tsing an! Friede dir, o Yin-Ko, Friede in der Zeit und
Friede in der Ewigkeit! Und dies will ich dir als letztes Wort mit auf deine
Mission geben, deine Wanderung durch die Täler der Todesschatten, ein
Li-Ji-Wort, mit Wahrheit gedeutet: Der Herr, der dem Himmel opfert, heißt
Himmelssohn; wenn er begraben ist, wird er zum göttlichen Herrscher
(Di).- Ja, wie ist das nun zu verstehen? Der Herr, der ist der, der auch
selbst das Opfer genannt wird, mit dem er hinwegtrug die Sünde der
Menschheit, dies ist dir gültig, so bist du mit dem Himmel ja versöhnt und
lebst in Frieden und Himmlischer Harmonie; dieser Herr nun, er ward
begraben, obwohl er doch so himmlisch war, aber er ward zur großen
Herrlichkeit erhoben, wo er thront auf dem Jadestuhl des Himmels mit
Shang-Di, selbst ist er Di, göttlicher Herr, der sei mit dir, ja, Yin-Ko, der
Herr sei mit dir!" Das sagte der Meister und küsste Yin-Ko mit einem
brüderlichen Kuß der Liebe.
VIERTE ABTEILUNG
Der Meister nahm all seine drei Seelen zusammen, Geist-, Gemüts- und
Leibes-Seele, denn nachdem Yin-Ko gegangen war zur Mission der
Todestäler, war seine Seele wehmütig wie die kaltfeuchten Nebelstreifen
um des Taishan Gipfelspitze. Die Maulbeerbäume starrten wie Skelette in
der fahlen und bleichen Dämmerung gespenstisch. Da besann sich der
Meister auf seinen Geist, in dem der Atem des Himmels wohnte, und ließ
sich trösten von dem himmlischen Lispeln des Geistes, der ausseufzte
seine Seele, der vorbrachte all seine Traurigkeit vor den Jadethron des
Allerhöchsten, von wo zurückkam eine Aufgabe. So wandte sich der
Meister wieder dem Philosophieren und geistlichen Spekulieren zu. Er rief
seinen Lieblingsjünger A-Ji zu sich, ging mit ihm durch den seufzenden
Nebel, der in den kahlen Bäumen hing, da war ihre Rede aber blühendes
Leben, ja, des Meisters Worte über Mo-Ti waren wie Pfingstrosen, welche
im Winterschnee blühn. Der Meister sprach: "Von den Himmelssöhnen
sagte Mo-Ti, daß sie: die Bevölkerung des Reiches dazu anleiteten, durch
Ackern Shang-Di zu dienen. - Ja, mein Lieber, das wollen auch wir tun,
das Volk lehren die wahre Verehrung, dazu wollen wir selbst als Diener
des Allerhöchsten (Shang-Di) ackern, nämlich zuerst das Unkraut
ausreißen, dann den Boden umpflügen, dann den Samen säen. Das
Unkraut ausreißen heißt, irrige Vorstellungen von dem Allerhöchsten
auszulöschen, etwa die, Er sei ein grausamer Herr, streng und unerbittlich,
nein, sondern wir wollen dem Volk sagen, daß er die Liebe ist! Das möge
dann, möge der Geist es wirken! das möge dann ihre Seelen aufwühlen
und umkehren die Begriffe von Gut und Böse und von Recht und Unrecht,
denn bisher hielten sie das Böse für gut und Unrecht für rechtmäßig, aber
wir, wir säen gleich hinein, und was ist unser Same? Das Wort Gottes! Das
Dao des Shang-Di, das ist der Same, den wir säen, nicht sterblichen Samen
wie die Wollustjünger, sondern unsterblichen Samen aus dem Schoß des
ewigen Vaters: den Sohn (Dao) wollen wir senken in die Seele der
Menschen. Möge der Geist es geben, der Hauch des Heiligen, daß nicht
die Gui-Dämonen kommen und gleich das gute Wort wieder rauben, oder
daß die Dornen und Disteln der Sorgen dieser Welt es erwürgen, sondern
ruhe dies Wort im guten, fruchtbaren Grund des Menschengeistes im
Herzen, auf daß es treibe und die Pfirsiche ewigen Lebens reifen! Das ist
Dienst am großen Shang-Di, dem Herrn und Gott!"
Yin-Ko ging aber nun vom Taishan hinab, durch den kahlen
Papiermaulbeerbaumwald, im Herzen die Mission, die Menschen der Täler
zu befreunden mit dem Himmel im Dao, da dachte Yin-Ko an ein Mo-Ti-
Wort: "Als der König die Verheißung Gottes erfüllt hatte", da ward das
Dao wie das Fleisch eines Opfertieres, wie ein Sklave, da ward der
Gottmensch, einst in lauter Herrlichkeit die Freude selbst, mit einem Mal
bestürzt und gar betrübt bis an den Tod... Herr! Diesen, der sich bis zur
Menschlichkeit erniedrigt aus seiner höchst erhabenen göttlichen Gottheit,
den wollte sie den Menschen Shandongs nahebringen, die da aber- und
zaubergläubisch waren und den Magierpriestern nachliefen.
Und Yin-Ko (die Augen leuchteten wie die Liebe, die eine Flamme Gottes
ist) traf auf drei alte Weiber, zahnlose Großmütter von mehr als einem
dutzend Enkeln, die schwatzen und tratschten über das neuste Unwichtige
ihres Dorfes Penglai, an der Küste zum kalten Bo-Hai gelegen, die saßen
inmitten vieler gackernder Hühner auf dreibeinigen Hockern und
schrubbten Fische. Da kam Yin-Ko dazu und sagte: "Friede euch!
Ehrwürdige Großmütter, ich will euch von Shang-Di erzählen. Ihr seid
zum Segen geworden, da ihr habt Nachkommen gegeben und das
chinesische Volk groß gemacht. Gott liebt die Chinesen! Sehet, so sagt
auch Mo-Ti: Wenn die Bevölkerung abnimmt, dann gibt es nicht genügend
Leute, die da Shang-Di dienen.- Ja, nun muß es aber auch so sein, daß ihr
wirklich Shang-Di dient! Aber was will er denn, daß wir tun? fragt ihr. Er
will nicht Opfer von Jade und Nephrit, keine Dreifüße und Tonschalen,
keine Seide und keinen Bambus, weder Weihrauchstäbchen noch
Seelentafeln, er will euer Herz und eure Liebe! Sehet, sein Dao, das Wort
von der Liebe Gottes, ist Gottmensch geworden im fernen Ju-te-a, jenseits
des Euphrat, den sollen wir lieben! Aber wie nennt er sich? fragt ihr?
Sehet, mir träumte heute Nacht ein Traum, ein Himmlischer Bote sagte mir
den Namen des Gottmenschen, den ihr herzlich lieben sollt: YE-SU!"
5
Und Yin-Ko ging weiter und fand zwei Männer, die des Morgens an der
Mole beim Schattenboxen waren, sie rief ihnen zu: "Friede euch! ihr
Männer, mit den Fäusten werdet ihr die Schatten des Unheils nicht
überwinden! Womit aber dann? fragt ihr? Sehet, mit dem Wort Gottes, dem
Wort des allerhöchsten Shang-Di, mit dem Dao der Liebe! YE-SU ist sein
Name! Der in eurem Munde wird Wunder wirken. Aber wenn man, wie
Mo-Ti sagt: die Dienste gegenüber Shang-Di verhindert, dann wird Shang-
Di von oben einschreiten.- Ja, wie nun wollt ihr euch, ihr Schattenboxer,
vor dem kommenden Zorn Shang-Dis schützen? Da sag ich euch in aller
Liebe: YE-SU ist euer Anwalt, euer Schirm und Schutz, auf den vertraut,
und ihr seid entronnen dem schrecklichen Zorn des Allerhöchsten!"
Und Yin-Ko traf auf eine Frau, die da im roten Kleid mit blauem
Seidenumhang und mit einem beinah nackten Säugling auf den Armen
ging mit bloßen Füßen, die nun sprach Yin-Ko derart an: "Friede dir und
dir! Liebe Frau, was meinst du, wie wirst du dem Zorn des Allerhöchsten
entrinnen? Siehe, Mo-Ti sagt: Shang-Di wird Strafen herabsenden, diesen
Leuten Unheil bringen, sie züchtigen und verwerfen.- O Frau, ist das nicht
fürchterlich und zum Entsetzen? Ich sehe, du entsetzt dich. Gut so. Aber
sei getrost, wenn du den Sohn Shang-Dis, den Gottmenschen YE-SU in
deinem Herzen zu lieben dich entschließt (denn er ist wahrlich
liebenswert), so wirst du womöglich gezüchtigt, aber aus Liebe tut Shang-
Di das dann als ein lieber Vater, dich zu ihm und zu YE-SU
zurückzubringen; verworfen wirst du aber nimmermehr, sondern bist
angenommen für Zeit und Ewigkeit, ja, wirst gesegnet mit echtem Leben,
das da dauert in die Unsterblichkeit hinein, welche da zuhaus sein wird im
Himmlischen Garten und in der Jadestadt des Himmels, der Stadt des
Lammes der Gerechtigkeit und des Allerhöchsten, Shang-Di und seinem
göttlichen Sohne YE-SU!"
Und Yin-Ko traf auf einen Familiensohn, der saß über den Schriften über
die Kindespietät, die Sohnesliebe, und grübelte über die Frage des
Aufwandes, den man bei Begräbnissen zu betreiben habe, um als
tugendhaft in den Augen des Himmels zu gelten. Yin-Ko sah das und
sagte: "Wie sagt doch Mo-Ti: Strebte man dadurch (durch pomphafte
Begräbnisse und überlange Trauerzeiten) nach der Gunst Shang-Dis und
seines Geistes, so würde man doch nur Unheil erlangen.- Ja, das ist nicht
der rechte Weg, um als tugendhaft in den Augen des Allerhöchsten im
Himmel zu gelten. Aber welchen Weg kenn ich? fragst du mich? Siehe, es
gibt da nur einen Weg der Wahrheit, der ins Leben führt, welches
unvergänglich ist, und dieser Weg ist das Dao Gottes, das ist der
Gottmensch, vom Himmel zu uns gekommen in die Niedrigkeit des
Irdischen, der da wandelte unter uns im roten Staub der Welt und war doch
nicht von der Welt, sondern von Gott, der starb für unsre Schuld als das
Himmelsopfer, das Lamm des Hirtenpriesters, zu diesem Gottmenschen
gehe, der wiederbelebt wurde von Shang-Di, der nun im Himmel auf dem
Jadestuhl sitzt und deine Liebe begehrt: YE-SU ist sein lieblicher Name!"
To-To nahm nun (da sein geliebter Bruder Yin-Ko nicht mehr auf dem
Taishan in der Bambushütte des Meister weilte) ebenfalls Abschied vom
Kreis der Jünger und ihres Rabbunis, er ging mit dem Segen des Lehrers.
Er ging durch Wälder und Täler, über Berghänge und durch kleine Dörfer,
aber seine Sehnsucht nach Yin-Ko nahm er mit sich, da dachte er dies:
Wenn schon mein glühendes Herz voller Bruderliebe dem Himmel bekannt
ist, sollte da nicht auch jegliche Sünde in meinen Gedanken, ja in meinen
Träumen und in meinem Unterbewußtsein dem Himmel bekannt sein? Das
sagte doch auch der gute Mo-Ti: "Vor dem Himmel gibt es keinen Wald,
kein Tal, keine noch so dunklen, verborgenen menschenleeren Plätze,
sondern sein Licht sieht alles." Ja, darum: Der Himmel (Shang-Di) ist der
Allwissende, sein Dao (YE-SU) ist die Weisheit Gottes. Dies dachte To-To
und beruhigte sich.
To-To traf auf einen jungen Inder, der im Büßergewand wie ein Asket
durch die Ebene lief und verloren und depressiv wie ein aus dem Nest
gefallener Vogel klagte. Da schrie er nach einem Menschenkind, aber der
war schon gestorben und konnte nicht mehr hören. Also sagte To-To zu
dem depressiven Inder: "Auch der Himmelssohn (sagt Mo-Ti) darf nicht
entscheiden, was richtig ist, sondern der Himmel tut dies für ihn.- Wie soll
denn gar ein einfaches Menschenkind das Rechte wissen, das im Alter von
achtzig Jahren sagte: Ich suche die Wahrheit immer noch...? Nein, sondern
ich sage dir: Der Himmel, Shang-Di selbst, der sagte dem Himmelssohn,
ich meine diesmal das Dao, den Sohn Gottes, Er sagte Ihm, was zu tun ist,
ja, der Sohn kam vom Vater und brachte dessen Wort zu den Menschen auf
der Erde, der wahre Sohn des Menschen, er hat die Mission vom Himmel,
dem Himmlischen Vater war er in allem untertan, bis zum Tod am
Fluchholz gar, darum ward er auch erhöht und gekrönt mit Majestät, er ist
das Lamm über uns, unsre Gerechtigkeit. Dem wende dich zu, der wird dir
helfen."
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Da fragte der Inder, mehr neugierig als aufrichtig suchend: "Was soll ein
Mensch tun, der sich dem Sohn des Himmlischen Vaters zuwendet? Und
was wird ihm gegeben?" Worauf To-To nicht verlegen war und mit Kraft
des Geistes sagte: "Mit einem Wort aus dem Buch des Mo-Ti sag ich dir,
siehe, es steht geschrieben: Wenn er sich den Ansichten des Himmels fügt,
alle Menschen liebt und ihnen hilft, dann wird er Belohnung erhalten.- Ja,
siehst du nicht? Füg dich in die heilige Fuge, die da YE-SU lautet, stell
dich an sein Herz, an seine blutende Seite (eine blutende Liebe ist Seine)
und du kannst beginnen, die Menschen zu lieben; nicht nur die Deinen,
wie es alle Barbaren halten, sondern auch die bedürftigen Nächsten, ja
bald gar die Feinde, die liebe mit einer Liebe, mit der dich Shang-Di durch
das Dao liebt mit dem Kusse seines lieblichen Himmels-Atems... Ja, das
darfst du hoffen, wie die Väter in Ju-te-a ebenfalls, die auf einen
himmlischen Lohn schauten, das darfst du wagen zu hoffen, daß der Sohn
des Himmels dich führt in den Himmlischen Garten, in die Himmlische
Stadt von Jade, in die Gegenwart Shang-Dis, des Allerhöchsten, der dich
herzen will mit herzlicher Liebe. A-ya!"
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Auf das Wort Liebe reagierte der Inder zurückhaltend, er schien es mit
Wollust zu verwechseln. To-To sah sein fragendes Gesicht und sagte: "Der
Himmel sagte (wie Er durch Mo-Ti sprach): Diese Heiligen lieben alle die,
die auch ich liebe, und sie dienen allen, denen auch ich diene. Ihre Liebe
zu den Menschen ist allumfassend, ihre Hilfe für die Menschen ist groß."
Da staunte der Inder, daß Gott redete. To-To aber gab von sich eine
Hermeneutik, mehr poetisch als philosophisch: "Die Liebe ist der Phönix
am Himmel droben herrlich glühend, aber mir ward sie zu einem Spatz in
meiner Hand. Die Liebe ist eine Königin, schimmernd wie die
Sternstromdame, ja, viel herrlicher noch als jene, aber mir ward sie ein
bettelnder Bruder. Die Liebe ist der himmlische Garten mit Bambushainen
der Poesie und Kiefernhainen des langen Lebens und Pfirsichhainen der
Unsterblichkeit, aber mir ward sie ein Marterholz, da man mich streckt
und mir die Glieder verzerrt. Die Liebe ist mir wie ein himmlischer Bote,
der den Balsam des süßesten Trostes zuseufzt, aber mir ward sie eine
Nacht abgrundtiefer Einsamkeit, da sie in großer Todverlassenheit mir
erschienen ist vom Himmel her, sie, die Liebe, mit langen Haaren, im
braunen Gewand, die Arme ausbreitend, mich zu empfangen an einer Tafel
von Reiswein und Mantou, oh mein Lieber! ich danke der Liebe und liebe
die Liebe, bin verliebt in die Liebe, wenn ich das so sagen darf, verzückt
vor Liebe, die Liebe... was ist sie? Sie ist eine Flamme Gottes! Sie wohnt
für immer in Ihm, in YE-SU!"
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Und A-Ji ging vom Meister fort, gesegnet zur Mission, und ging zur Küste
und nahm im Hafen ein Boot, eine seetüchtige Dschunke, und segelte
hinüber nach Taiwan, wo er in den Bergen zu den wilden, heidnischen
Menschen vom Stamme der Paiwan ging, die da an totemistische Zauberei
glaubten, was ein Gestank und Greuel dem Himmel ist. A-Ji aber hatte
Liebe für die verlorenen Seelen, die da in Schatten und Todesdunkel saßen.
Er sagte vor dem versammelten Volk auf dem Marktplatz: "Achtet doch
nicht eure Schlangengötter und Totengeister für so hoch! Siehe, Mo-Ti
sagt: Nur der Himmel ist vornhem, nur der Himmel ist weise! - Das ist
wohl wahr, der Himmel ist sehr erhaben, er ist der Schöpfer des Äthers
und des Reiches der Mitte mit den Inseln, er ist der, der diese Berge
machte und den Pazifischen Ozean. Ihr Menschen, der Himmel hat
Schönheit und Pracht zum heiligen Schmuck sich angelegt, Morgensterne
sind die Edelsteine in seinem Diadem, mächtige Gottessöhne dienen Ihm,
dem Erhabenen, Ihm, dem gewaltigen Herrscher, Ihm, dem Allmächtigen,
Ihm, dem Allerhöchsten: Shang-Di ist sein Name in unserer Zunge! Siehe,
die Weisheit des Himmels, die Weisheit Gottes, das ist das Dao Gottes, das
er in Ewigkeit aussprach, das ist jetzt Mensch geworden um eurer
Vergehen willen. Wisst ihr denn nicht, daß ihr den heiligen Himmel
beleidigt, den Herrn, wenn ihr Schlangengötter und Totengeister verehrt?
Er, der Himmel, ist allein verehrungswürdig, Gott! Ihr kränkt und beleidigt
sein heiliges Herz! Aber in seiner Weisheit ist ihm das alles bewußt und
auch der Weg zu eurer Rettung: denn euer Vergehen bringt euch
unweigerlich ewigen Tod! ewige Qual in dem finsteren Reiche unter den
Gelben Quellen, da in neun Regionen die Höllenfeuer geschürt werden
ewig von den Dienern der Finsternis, gräßlich-greulichen Todesdämonen;
Gott aber in seiner Weisheit weiß die Rettung und sagt es euch heute: Traut
dem Dao Gottes, das da Mensch ward, und sein Name ist YE-SU! Er ist
die Weisheit Gottes, er ist der Vornehme, der sich gering machte um
unsretwillen, euret- und meinetwillen, er ist der Schönste aller
Himmlischen, der der häßlichste Menschensohn ward vor lauter Striemen
und Wunden am Fluchholz, da er starb, er, den Gott (Vater Himmel) vom
Tode und aus den Toten auferweckte, daß Er, YE-SU, nun im Himmel
herrscht, mein Herr und mein Gott, wie der heilige Mensch To-Ma ihn
nannte. Dem glaubt, dem Herrn!" Da bekehrten sich viele Paiwanesen in
den Bergen, warfen ihre hölzernen Schlangenidole ins Feuer und beteten
Gott an!
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Yin-Ko ging auf ein Schiff und reiste nach Japan, denn die Mission nahm
ungeahnte Ausmaße an, da redete sie: "Wie der chinesische Weise Mo-Ti
geredet: Es gibt solche, die ihre Mitmenschen lieben und ihnen helfen, die
den Willen des Himmels befolgen und des Himmels Lohn empfangen, - so
will auch ich euch sagen: Hört auf den Willen des Himmels! Was ist der
Wille des Himmels? Es ist der Wille des Himmels, daß ihr den ewigen
Himmelssohn, das Dao Gottes, den Gottmenschen YE-SU liebt und ihm
traut und euch ihm hingebt mit aller Liebe, die er in euch schütten wird,
glaubt nur, daß er für eure Verfehlungen alle am Fluchholz gestorben ist,
am Kreuz der Lateiner, daß er nicht geblieben ist unter den Gelben Quellen
und nicht geblieben in der Region der neun Höllenfeuer, sondern ward
heraufgerufen von Vater Himmel, seinem Gott und meinem Gott, seinem
Vater und meinem Vater, und ward gerufen, sich zu setzen neben Gott, von
wo er wiederkommen wird zu richten die Lebenden und die Toten. Ja,
glaubt an YE-SU, dann könnt ihr somit auch glauben an das ewige Leben
in Gemeinschaft mit Gott, dem Gott des Himmels. Dem und seinem Sohn
und seinem Geiste sei Lob und Preis und Ruhm und Herrlichkeit und
Anbetung und Weisheit und alles Liebesküssen in Ewigkeit! Amen!"
III. ZUR VERLEIHUNG DES GELBEN BAMBUSHUTES –
Einleitung.- Der Gelehrte, der sich selbst nannte „Das Geräusch beim
Reiswaschen“ schrieb einen umfangreichen Essay über die kindliche Liebe
in der sanften Schule der Literaten. Da wir wissen, wie schwer dies
umfangreiche Werk durch seine Schriftzeichenanalyse und
fremdsprachlichen Texte ist, haben wir uns vorgenommen, denen, die
gerne lesen, Anregung zu verschaffen, und denen, die gerne in der
Weisheit des Ostens forschen möchten, einen Einblick zu gewähren, und
allen, die gern ein Buch zur Hand nehmen, inneren Gewinn zu bringen. Es
wird nicht leicht, wenn wir uns der Mühe der Kürzung unterziehen, aber
ohne Fleiß kein Preis, so wird ja auch eine köstliche Mahlzeit nicht ohne
Mühe zubereitet. Diese Mühe wollen wir aber gerne auf uns nehmen,
damit es vielen zur Erbauung gereiche. Das ins-Detail-gehen wollen wir
dabei den Forschern der Wissenschaften überlassen. Wie jener Gelehrte
einen Palast aus Edelsteinen schuf, wollen wir uns begnügen, eine schöne
Jade zu schleifen.
Mein Sohn, vernimm die Bedeutung der Tradition, durch die wir die
Wahrheit mehr und mehr erkennen und mit ihr uns selber. Mögest du
erkennen des Himmels Willen und des Himmels Plan für die Gegenwart.
Man soll der Quelle gedenken, wenn man Wasser trinkt. Darum gedenke
auch der geistigen Traditionsgüter der Weisheit und der kanonischen
Schriften.
Sei gewissenhaft gegen die Vollendeten, folge nach den heiligen
Dahingegangenen, so wendet sich deine Art zur Hochherzigkeit. Darum:
Gib nicht preis die Lehren der Väter.
Die Heiligen der vergangenen Zeiten haben einen Grund gelegt, nicht
allein in ihren Worten, sondern auch in ihren Taten.
Die Summe ihrer Lehre ist die kindliche Liebe zum Vater im Himmel.
Diese kindliche Liebe ist die oberste Tugend. Nur durch sie wird der
Mensch zum Menschen.
Die Kaiser des Altertums pflogen der kindlichen Ehrfurcht vor dem
Himmel, daher hatten sie ihr Amt.
Wenn man die kindliche Liebe senkrecht stellt, reicht sie von der Erde zum
Himmel; wenn man sie waagerecht stellt, reicht sie von einem Ende der
Erde zum andern; wenn man sie auf die Zukunft anwendet, erkennt man
ihre Ewigkeit.
Dreizehn Jahre suchte Konfuzius einen Herrscher, den er unterweisen
konnte. Schließlich kehrte er in seine Heimat Lu zurück und wandte sich
der Unterrichtung seiner Schüler zu. Fortan widmete er sich der Musik und
der Poesie.
Mit fünfzig Jahren ward Konfuzius das Gesetz des Himmels kund, mit
sechzig ward sein Ohr aufgetan. Er glaubte an den Himmel als seinen Gott.
Seine Jünger überlieferten seine Lehre. Man nennt seine Lehre: die sanfte
Schule der Weisen.
Der Meister war seinen Jüngern wie ein Vater seinen Söhnen.
Die Gelehrten sollen sich bemühen um eine fortdauernde Interpretation der
heiligen Schriften, der Klassiker, die da enthalten historische Dokumente,
Weisheitssprüche, Poesie und rituelle Texte.
Wenn die Menschen mit dem Himmel in harmonischer Einheit leben, dann
sind in Einheit auch die Früheren und Späteren und auch die Lebenden und
Heimgegangenen.
Das Leben ist ewig.
In den überlieferten Schriften wird nach dem Willen des Himmels und
dem Sinn des Lebens gefragt. Im Buch der Lieder wird der Himmel
verehrt.
Von den Jüngern wurden geschrieben die Vier Bücher; die Worte des
Meisters sind darin überliefert.
Mein Sohn, die ersten Schriftzeichen wurden auf Knochen geschrieben
und waren Ritualtexte zum Opfer. Daran siehst du, daß um des Todes
willen die Menschen von jeher versöhnt werden wollten mit dem Himmel
und daß ein Opfer der Sühne vonnöten.
Beim Opfer ward der dunkle Wein im Tempel dargebracht.
Schon die Alten wollten die Gemeinschaft mit den verklärten
Heimgegangenen aufrecht halten.
Wer den Schutz des Vaters verliert, lebt furchtsam wie ein streunender
Hund. Ist er in der Ferne, strebe er danach, heimzukehren, wie die
fallenden Blätter eines Baumes zur Wurzel zurückkehren.
Lasse den Weihrauch nicht ausgehen!
Unter dem Himmel seien alle eine himmlische Familie des
Himmelssohnes!
Der Himmel ist Vater. Er ist der Eine, der groß ist. Er ist der Allerhöchste.
Der Herr brachte die lichte Tugend, da mußten die wilden Kuan fliehen.
Der Himmel verleiht Amt und Genossin.
Der Allerhöchste setzte den Himmelssohn ein, über alle Völker zu
herrschen.
Erhaben ist der Allerhöchste, des Volkes Herrscher, erschrecklich ist er,
und oftmals wird sein Wille fälschlich dargestellt.
Erhaben ist der Allerhöchste, er schaut vom Himmel in hehrer Macht, er
blickt forschend in das Reich, ob die Völker Ruhe haben.
Er herrscht über Raum und Zeit.
Der Sohn des Himmels empfing vom Himmel den Befehl, sein Volk zu
regieren.
Alle Lebewesen stammen vom Himmel ab, aber das Menschenvolk ward
vom Himmel gezeugt.
Leib und Seele sind Gabe des Himmels.
Der Himmel leidet mit seinem leidenden Volk.
Der Himmel hilft seinen Kindern, die Harmonie zu erreichen.
Die Menschen können Kontakt mit dem Himmel aufnehmen nur durch die
Vermittlung des Himmelssohnes. Der Himmelssohn ist Vertreter des
Himmels, die Menschen zu regieren, und Vertreter der Menschen, dem
Himmel das Opfer darzubringen.
Konfuzius sprach: Wer mich kennt, das ist der Himmel.
Der Edle habe Scheu vor dreierlei: Vor dem Willen des Himmels, vor
erhabenen Menschen, vor den Worten der Heiligen.
Wie edelgesinnt war König Wen! O lichte Hingabe lebenslang! Vom
Himmel war ihm sein herrliches Königsamt verliehen.
Beim Opfer steigt ein Wohlgeruch auf, den der Allerhöchste riecht und
sich freut.
Der Himmelssohn ist der Erste Sohn. Er heißt auch: die Quelle, der
Anfang. Er ist Vater und Mutter des Volkes. Er erfüllte stellvertretend für
das Volk das Gesetz des Himmels.
Von der Vergangenheit bis heute wurde nicht gesehen, daß zwei Starke um
die Macht kämpften und doch lange an der Macht blieben. Der Himmel
hat nur Eine Sonne, das Land nur Einen König.
Der Vater ist Oberhaupt. Die Mutter ist herzlich. Kindliche Liebe und
Freundlichkeit gegen die Brüder muß man wahren.
Hundert Wohltaten fangen mit der kindlichen Liebe an.
Der Gehorsam des Sohnes ist das Fundament der Menschenliebe.
Mein Sohn, diese Schrift ist kostbar wie ein Opfergefäß aus Bronze. Für
die Kinder und Kindeskinder soll sie immerdar gut bewahrt werden.
Mache Namen und Werke der Alten bekannt. Entscheide, welche
Lobschrift ihnen gebührt. Überliefere den Preis treu den Nachkommenden.
In der Rühmung wird auch deine Persönlichkeit bewahrt.
Sei gehorsam den heiligen Geboten, überliefere Tugenden, Werke und
Worte.
Wenn ein Mensch eine Lobinschrift betrachtet, gedenkt er nicht allein des
Gelobten, sondern auch des Lobenden.
Was die Menschen können, ohne es gelernt zu haben, ist ihr eigentliches
Können. Was die Menschen wissen, ohne darüber nachgedacht zu haben,
ist ihr eigentliches Wissen.
Jedes Kind, das die Mutter auf den Arm nimmt, weiß seine Mutter zu
lieben.
Anhänglichkeit an die Nächsten ist Liebe.
Die Art der heiligen Könige war kindliche Ehrfurcht und Brüderlichkeit.
Die Mutter nimmt das Kind in die Arme, stillt es an ihren Brüsten, hütet
es.
O Vater, du zeugtest mich, o Mutter, du säugtest mich.
O weiter, hoher Himmel, voller Vater- und Mutterhuld!
Ich freue mich des würdigen Herrn, der das Volk wie Vater und Mutter
pflegt.
Groß ist wahrlich die Ursprungskraft des Schöpferischen, alle Wesen
verdanken ihm ihren Anfang.
Der Mensch ist das Würdigste aller Geschöpfe.
Sohn bedeutet Mensch, Sohn bedeutet Meister. Der Himmelssohn ist der
Erste Sohn.
Die die Tugend makellos besitzen, leben langes Leben für und für und
werden nie vergessen.
Die Jungen mögen in Weisheit lauschen den Weisungen der ehrwürdigen
Väter.
Die Art des Vaters ist Liebe, Erbarmen und Gerechtigkeit. Die Art des
Sohnes ist kindliche Liebe, Ehrfurcht und Gehorsam.
Gütiger Himmel, gib uns einen beständigen Geist, auf daß wir nicht
beschämt werden.
Preist man ihn nicht? Ehrt man ihn nicht? Nie wird mans müde bei den
Menschen, den Vater zu preisen!
Mein Sohn, ich begehre, dein Herz gerade zu machen, ruchloses Reden
zum Schweigen zu bringen, verkehrte Worte zu bannen, um so das Werk
der Heiligen fortzusetzen.
Kindliche Liebe und Brüderlichkeit sind die Grundlagen der
Menschlichkeit.
Von allen Kreaturen ist der Mensch die größte. Von allen menschlichen
Taten sind die Taten der kindlichen Liebe die größten.
Die Wahrheit suchen, ist des Menschen Weg. Die Wahrheit besitzen, ist
des Himmels Weg.
Im Anfang war der Weg des Himmels und der Weg der Menschen ein
einziger.
Mein Sohn, nicht deine Zeugung ist das Höchste, sondern daß du das Tao
findest.
Wenn der Allerhöchste kindliche Liebe gebietet, wer wagte es, nicht zu
folgen?
Dem Gelehrten ist das Tun die Vollendung der Erkenntnis.
Ein Kind sollte seinem Vater dienen: Beim Hahnenruf aufstehen, sich
waschen, den Mund spülen, sich kämmen, sich das Haar knoten, es mit
einem Seidenband umschlingen, es mit einem Haarpfeil feststecken, die
übrigen Haare hinter den Schläfen bürsten, den Hut aufsetzen, ihn unterm
Kinn zusammenbinden, die Enden des Bandes herunterhängen lassen, ein
dunkles Gewand anziehen, Knieschützer anlegen und den großen Gürtel,
in den es sein Notiztäfelchen steckt (Worte der Rühmung einzutragen).
In der Ferne dient mancher dem Vater mit Gedichten.
Wildgänse regen laut die Flügel und setzen sich in den Eichenwald. O
endloser blauer Himmel! Wann sind wir in der Heimat? Der wilden Gänse
Flügel rauschen, sie setzen sich in den Dornwald. O endloser blauer
Himmel! Wann kommt das selige Ende?
Rastlose Arbeit! Dem Baum wär Ruhe lieber, aber der Wind hört nicht auf
zu wehen.
Des Edlen kindliche Liebe ist verbunden mit Ehrerbietung. Er tut, was in
seinen Kräften steht, lebt nach der Tugend und hat inneren Frieden.
Mein Sohn, wandle mit Furcht und Zittern, als stündest du vor einem
tiefen Abgrund, als trätest du auf dünnes Eis.
Mein Sohn, lache nicht unbeherrscht und schwatze keine Geheimnisse aus.
Ehrerbietung vor dem Himmel ist Anfang der Weisheit.
Ehrerbietung ist schwierig, sie mag wohl möglich sein, aber Beständigkeit
ist schwierig, sie mag wohl möglich sein, aber das Durchhalten bis zum
Ende ist schwierig.
Vom Aufstehen bis zum Schlafengehen sei dem Himmel nicht zur
Schmach.
Dem Meister nachfolgen heißt nachzuahmen, nachzuahmen heißt
ähnlichzuwerden.
Das Leben beginnt nicht mit der Geburt, sondern im Schoß der Mutter.
Bei der Schwangerschaft sollte die Mutter sich benehmen, wie sich die
Königinmutter benahm, als sie König Cheng im Schoße trug.
Wenn sie allein war, war sie nicht hochmütig. Wenn sie zornig war,
schimpfte sie nicht.
Man lese der Mutter Gedichte vor und rede zu ihr nur Erbauliches.
Bei der Geburt eines Mädchens wurde in alter Zeit ein Tuch aufgehängt.
Das Tuch heißt Folgsamkeit und Sanftheit.
Man unterziehe das Kind dem Reinigungsbad. Wie einen Pfeil vom Bogen
schieße man die Sünde weit weg!
Wie ein Pfeil das Zentrum der Scheibe treffen soll, so sollst du den Sinn
des Lebens treffen.
Die Kunst ist leicht zu erreichen, schwieriger ist es, das Tao zu erreichen.
Das Tao ist aber wichtiger als die Kunst.
Wenn bei der Namensgebung die Poesie bedacht wurde, waren die Namen
von Menschlichkeit, Sanftheit und Schönheit bestimmt. Wenn bei der
Namensgebung die Weisheit beachtet wurde, nannte man seinen Sohn
Sheng (heilig) oder Hui (barmherzig) oder Tao (Weg).
Das Kind wird von der Mutter aufgezogen. Mit dreizehn Jahren lerne es
Lieder und Musik.
Glücklicher Monat, glückliche Zeit! Sei ehrfurchtsvoll und
vervollkommne deine Tugend. Zehntausend Jahre währe dein Leben!
Empfange die unendliche Segnung immer und ewig!
Heute, mein Sohn, gebe ich dir deinen Ehrennamen: Minziqian! Er ist gut
und schön, er paßt zu dir. Folge dem Jünger des Meisters nach und werde
ein tugendhafter, weiser Mensch. Dein neuer Name ist dein Weg.
Hochzeit ist ein Werk des Himmels. Die Eheschließung dient der
Vermeidung von Unzucht.
Wie eine Wildgans soll die Frau dem Manne folgen. Wie eine Wildgans
soll eine Jungfrau ihre Keuschheit bewahren.
Der Tod bedeutet Trennung von Fleisch-und-Knochen.
Leben und Tod sind vom Himmel vorherbestimmt.
Ich kann abends gut sterben, wenn ich morgens das Tao gehört habe.
Wer das Tao fand, fand den Sinn des Lebens. Der braucht vorm Tode keine
Angst zu haben.
Nur wenn man in der Erde liegt, hat man Frieden.
Der Himmel ist die Quelle aller Lebewesen.
Der Mensch ist das bevorzugte Lebewesen, der Empfänger der Tugenden
des Himmels. Der Befehl des Himmels bestimmt die menschliche Natur.
Das menschliche Schicksal ruht im Willen des Himmels.
Der Edle hat eine heilige Scheu vor dem Willen des Himmels.
In dem Maße, in dem die Menschen nach dem Tao des Himmels leben,
empfangen sie des Himmels Segnungen.
Der Edle soll mehr nach dem Tao verlangen als nach gewöhnlicher Speise,
denn das Tao ist die wahre Speise des menschlichen Herzens.
Der Mensch bekommt vom Himmel die Tugend verliehen mit dem
Auftrag, sie zu verwirklichen.
Der Himmel gibt mit dem Leben auch eine Lebensaufgabe.
Der Himmel schafft nicht nur die Menschen, sondern legt ihnen auch den
Weg des Lebens vor.
Die Heiligen folgten dem Tao des Himmels und verwirklichten die
Tugenden des Himmels.
Mein Sohn, überwinde deine selbstsüchtigen Begierden und stelle die
Sittlichkeit her.
Menschen sollen lernen, menschlich zu sein.
Alle Dinge sind harmonisch, nur die Selbstsucht sät Zwietracht.
Im Herzen des Menschen wohnt das himmlische Prinzip und die
Selbstsucht. Wenn das Diesseits siegt, ist das Jenseits unterworfen; wenn
das Jenseits siegt, ist das Diesseits unterworfen.
Um Selbstlosigkeit zu erreichen, betrachte das Lamm der Gerechtigkeit
über dir.
Der Mensch soll das Tao nicht allein zum eigenen Nutzen hören, sondern
es weitergeben an die anderen Menschen.
Denke täglich darüber nach, ob du treu und zuverlässig bist, die Lehre übst
und als Vorbild weitergibst.
Wer gut singen kann, sollte auch andere seiner Stimme nachfolgen lassen.
Wer gut lehren kann, sollte andere seinem Herzen nachfolgen lassen.
Eis besteht aus Wasser, ist aber kälter als Wasser. Das Messer wird durchs
Schleifen geschärft. Der Edle soll tiefgründig und umfangreich lernen und
erkennen und sich selbst ergründen, so wird er erleuchtet.
Wenn man nicht auf den Himalaya steigt, weiß man nicht, wie hoch der
Himmel ist. Wenn man die überlieferten Worte der Heiligen nicht hörtdann
weiß man nicht, wie reich die Weisheit ist.
Das Wissen ist nicht allein fürs Wissen da, sondern für ein besseres Tun.
Lernen und ständige Übung bringt Freude.
Lernen heißt: wiederholte Übung des Fliegenlernens.
Wenn eine Jade nicht geschliffen wird, dann wird aus ihr kein gutes
Werkzeug werden.
Einem Menschen ohne Menschenliebe, was hülfe dem die Sittlichkeit?
Einem Menschen ohne Menschenliebe, was hülfe dem die Kunst?
Mein Sohn, du brauchst ein großes Herz, denn deine Last ist schwer, dein
Weg ist weit. Die Menschenliebe, die ist deine Last: ist sie nicht schwer?
Im Tode bist du erst am Ziel: ist der Weg nicht weit?
Menschenliebe ist wichtiger, als das eigene Leben zu erhalten.
Was du dir selbst nicht wünschst, das tu du auch den Andern nicht.
Wer sich um die Menschenliebe müht, der hat sie schon. Doch auch
Konfuzius hat die wahre Menschenliebe nicht erreicht.
Ohne Menschenliebe ist der Mensch ein abgestorbenes Stück Holz.
Ehrfurcht ist der Anfang der Menschenliebe.
Sei mit ungeteiltem Herzen treu.
Sei gütig und zur Vergebung bereit.
Übe Menschenliebe an den Elendsten.
Liebe den Himmel über alle Maßen und die Menschen desgleichen.
Hilarion, Papas der Maronitischen Kirche von Marion und Patriarch der
Schlüsselinseln grüßt San Marco von Venedig und seine geliebte
Schoschannim
von Susa mit dem Kuß der Liebe!
Ihr Lieben, Ihr bittet mich, Euch von meinem Eiland Cypros zu erzählen,
das
will ich gerne tun. Zuerst will ich Euch berichten, wie es dazu kam, daß
ich
Papas wurde. Ich lebte auf Cypros und dichtete an einem Heldenepos über
die
Schlacht von Salamis, da die Griechen die Perser besiegten, als mir Maria
Metamelia begegnete. Ich liebte sie vom ersten Blick in ihre schönen
Augen
an. Sie war so keusch, daß man sich ihr nicht mit Begehren nahen konnte,
sondern allein mit Bewunderung. Sie nahm sich meiner Seele an, ich
glaube
auch in regelmäßigen Fürbittegebeten. Eines Tages führte sie mich in die
Burg, oben in den Bergen, die nach meinem Namenspatron Sankt Hilarion
benannt ist. Diese alte schöne Burganlage, in einem Wald von blauen
Zedern
gelegen mit weiter Aussicht auf die fruchtbaren Felder, war der der Ort, da
die Religion der Liebe entstand. Ich liebte Maria Metamelia so innig, daß
mir schien, ich sei in einem Feuer verbrannt und als Phönix auferstanden,
als ein Mensch mit einem neuen Herzen. Da trat ich vor die Jungfrau und
schenkte ihr rote Rosen, weiße Rosen und goldene Rosen. Sie aber in ihrer
allgemeinen Menschenliebe, an der sie so reich war, schenkte diese Rosen
der
ganzen Welt. Ich sehe sie noch am Burgfenster stehen und hinausschauen,
voller Sehnsucht, voller lebendiger Hoffnung auf den Himmel... sie sah
"durch den Horizont", wie man in Papua-Neuguinea die Hoffnung nennt.
Sie war
ganz vom Evangelium geprägt, wie ich jetzt zu erkennen vermag. Sie war
allein von Christus geprägt, liebte die Schrift über alle Bücher und
sonstigen Geistesäußerungen, glaubte an die unendliche Gnade Gottes und
hatte einen tiefen Glauben, aus dem heraus sie sich demütig Gott unterwarf
und sagte: "Nicht wie ich will, sondern des Herrn Wille geschehe an mir!"
Ihr Lieben, ein Maler, der aus Italien kam und sie sah, wollte sie malen. Er
nannte sich Alessandro der Büßer, denn er hatte lange Zeit heidnische
Bilder
von Aphroditen gemalt, nun aber hatte er Buße getan und wollte eine
Madonna
malen. Da sah er Maria Metamelia und nahm sie sich zum Model. Sie
liebte die
armen Straßenkinder sehr mit reicher barmherziger Liebe, sowohl die
griechischen als auch die türkischen. Ein kleines Kind aus Medina hatte sie
als Paten angenommen, als es getauft worden war, es hieß Jussuf. Nun saß
sie
also inmitten einer Schar schwarzhaariger griechischer und türkischer
Kinder, der kleine getaufte Jussuf auf ihrem Schoß, einen Granatapfel
haltend, winkte er dem Maler zu. Ich will euch nur schreiben, wie das
Antlitz der Maria Metamelia aussah. Über ihre langen dunkelblonden
Locken
trug sie einen hellroten Schleier, welcher einen transparenten Saum hatte.
Der Schleier fiel über ihre Haare, ließ diese aber noch sichtbar sein, ihr
schönes Antlitz war jedenfalls zu sehen. Sie hatte hellbraune Haut, von der
Sonne Cypros' hellbraun, eine feine schlanke Nase und schmale,
ungeschminkte
Lippen von schöner rötlicher Farbe. Ihre feinen Brauen wölbten sich schön
über den Augen, welche blaugrün waren und mit unendlicher Melancholie
schauten. Sie sah aus wie ein Traum, wie ein melancholischer Traum von
wahrer Schönheit und ewiger Liebe. Überhaupt war sie sehr schwermütig.
Das
nannte sie ihren "Dorn im Herzen". Aber diese Schwermut brachte sie
dazu,
immer wieder nächtelang unter Tränen auf dem Angesicht zu liegen auf
ihrem
griechischen Hirtenteppich in ihrer Zelle und Buße zu tun vor Christus. Er
hat ihr daraufhin reiche Gnade zugesprochen. Denn im Maße der Buße
bemißt
sich das Maß der Gnade. Nun starb sie jung, mit dreiunddreißig Jahren.
Was
die Ärzte auch sagen, ich bin mir sicher, sie starb an ihrer schwermütigen
Sehnsucht der Seele, ihrer Sehnsucht nach dem Paradies Gottes. Ich ward
an
ihr Sterbelager gerufen, der kleine Jussuf saß und hielt ihr schönes Haupt
und weinte, ich kniete zu ihren Füßen und benetzte diese mit bitteren
Tränen. Da schaute sie aus tiefen mondweichen Augen, verzückt gen
Himmel
lächelnd, und flüsterte: "Meinen Heiland seh ich nahen... Gott ist Liebe,
darum liebet einander, liebe Kinder!" Damit verschied sie, indem ihr Engel
ihr den Atem von der süßen Lippe küsste. Ach ihr Lieben, ich kann nicht
dran
denken, ohne traurig und fromm zu werden. Nach Maria Metamelia wollte
ich
keine weitere Frau mehr lieben! Ich ging darum ins Kloster, ward ein
Augustinermönch. Christus berief mich dann in einer Erscheinung am
Tage
Marien Himmelfahrt zum Papas der Maronitischen Kirche. Mit meiner
Vollmacht
als Papas sprach ich die Jungfrau der Barmherzigkeit heilig: Sankta Maria
Metamelia! Ich bin sicher, sie betet für mich. Das Volk verehrt sie und hat
in einer Andachtsgrotte das Bild des Malers Allesandro des Büßers
aufgestellt. Auch eine Ikone, die Sankta Maria Metamelia selbst gemalt
nach
einer Vision aus dem Andachtswinkel ihrer Seele, wird dort in Ehren
gehalten, sie zeigt Christus als den Phönix der Auferstehung im Paradies
des
Ewigen Lebens! - Ihr Lieben, nun will ich Euch also in der nächsten Zeit
in
meinen Episteln dies schöne Eiland vorstellen. Da ihr die klassische Poesie
liebt, werdet ihr auch hören von der Geburt der Aphrodite, welche in den
beiden Homerischen Testamenten "Charis" heißt. Sie sieht gewiß aus,
lieber
Bruder San Marco, wie deine junge Sponsa Schoschannim von Susa.
Homer nennt
Charis "die Keusche, Blühende, Goldengekränzte". Viel Blüten sollen
blühen,
viel Wein getrunken werden, denn ich weiß, Euch freut dies. Schließlich
wollen wir gemeinsam das Osterfest der Cyprioten feiern. Denn Jesus
Christus
lebt wahrhaftig, unser Herr! Dem seien Eure schönen Seelen anempfohlen,
damit grüßt Euch
Papas Hilarion von Marion.
An die Geliebten schreibt der Liebende, Papas Hilarion von Marion an die
schöne Schoschannim und den weisen San Marco. Der Gott, der Euch
anschaut
und mit mir viel Geduld hat, segne Euch!
Ihr Lieben, diese Epistel wendet sich besonders an die Edelfrau von Susa,
denn in Eurer letzten Epistel schrieb sie: "Blüten..." Ich höre sie seufzen
dabei, was ich verstehe, da Euer Venedig ja nur aus Marmor und Wasser
besteht. Hier aber weckt alles die Sehnsucht nach dem Garten Eden. Ich
will
dir also, meine Schwester, Cypros zeigen, wie es blühend und gekränzt aus
einem vielfarbigen Blütenmeer sich erhebt in vollkommener Schönheit.
Besonders die Zeit von März bis Mai, allerorten die schönste Zeit des
Jahres, ist sehr blütenreich dies Eiland. Da sind zum einen die vielen
verschiedenen Orchideenarten mit ihrer sinnlichen Schönheit, daneben
aber
auch die nonnenhaften Tulpen, die kriegerischen Jungfraun und Amazonen
der
Schwertlilien durchziehen die Wiesen, der wilde Mohn blutet seine
träumerische Milch und schaut mit schamroten Wangen, der goldene Raps
betört
die Vögel mit seinen betörenden Düften, sinnverwirrend, vor allem lieb ich
die Pfirsichbäume, von denen man in China sagt, sie tragen die Pfirsiche
der
Unsterblichkeit. Im Sommer ist das Eiland ein goldenes, da die
Getreidefelder alles in ein Goldgewand kleiden, bestickt mit den Blüten
der
Oleander. Im Bergland kann man dann auch singen: O Nadelbaum, o
Nadelbaum,
bist auch im Sommer grün! Kommt der Herbst, dann blühen die violetten
und
keusch-weißen Krokusse, die goldenen Glocken der Narzissen, die
zartzarten
Anemonen, die prachtvollen Hyazinthen und die Ophelien von Seelilien.
In den
Wäldern findet ihr vor allem die Aleppo-Kiefer, in hohen Höhen auch die
bizarren Schwarzkiefern. Im Gebirge walden vor allem Zedern als Könige
und
Zypressen als Klageweiber. Der australische Eukalyptusbaum seufzt nach
dem
Flug des australischen Trauerschwanes. Die Olivenbäume sind geziert mit
grünen Smaragden oder jenen köstlichen Früchten, von denen sich Sankt
Petrus
in Rom ernährte, die Zweige allerdings sind der Göttin der Weisheit und
dem
Frieden und Noahs Taube gewidmet. Hier sind auch deine Apfelblüten, o
Schoschannim, zu finden, geschwisterlich leuchtend neben den Birn- und
Kirschblüten. Die Mandelbäume, die vanGogh so herrlich malte, stehen
hier
Modell. In den Ebenen steht der Baum der Daphne, den man auch den
Lorbeer
nennt, benannt nach der Liebe Petrarcas Madonna Laura, welche den
Poeten mit
dem kapitolinischen Lorbeerkranz kränzte. Bananenstauden und
Zitrusfrüchte
geben die schönsten Farbtupfer in Gelb und Orange. Vor allem aber, das
wird
dich freuen, lieber San Marco, wachsen hier die fruchtreichsten
Weinreben.
Besonders vorzüglich ist der Wein von der Mesaoria-Ebene, aber auch von
anderen Weinen will ich dir bei Gelegenheit berichten. Der Stachelbusch
der
Macchia hat hier breiten Raum gewonnen. Daran freuen sich die Ziegen.
Häufiger aber als die Ziege ist das Mufflon Agrinon, das scheue Bergschaf.
Die männlichen Wildschafe haben imposant gewundene Hörner und halten
sich
mit ihren Weibchen vor allem im Troodos-Gebirge auf. Auch findet man
ab und
an noch Wildleoparden und Wildesel, und auch den Hirsch des Eustachius
kann
man, wenn Gott gnädig ist, ab und an schauen, er ist edel und
menschenscheu.
Natürlich schleichen hier auch überall vor den Häusern Katzen den Frauen
um
die Beine. In den Wäldern jagen manche Hasen und Kaninchen, wenige
nur
lieben wie ich die purpurroten Füchse, welche der Dichter Reinecke nennt,
und die behenden Kletterer Eichhörnchen, die man meines Erachtens
völlig zu
Unrecht Rote Waldteufelchen nennt, sie sind sehr lieb. An den Teufel
erinnert mich da mehr die karogemusterte Otter. Nun aber zu meinen
Lieblingen, den Eigentümern von Schwingen: da gibt es auf Cypros die
Seidensänger, die nicht so heißen, weil sie immer flöten, wenn sie ein
Seidenkleid sehen, die Wildtauben, die girren und gurren und turteln wie
die
Weltmeister oder Don Giovanni, aber auch den Vogel Kaiser Friedrichs
von
Sizilien, den Falken, der Minnesänger Königsvogel, aber am
majestätischsten
ist der in den Bergregionen mit Blick in die Sonne segelnde Kaiseradler -
Lang lebe unser Kaiser von Gottes Gnaden! Für Euch aber hab ich zum
Schluß
die Flamingos aufgehoben, die an den Salzseen von Larnaca überwintern
auf
der Reise nach Lanzarote oder La Palma. Da führen die Vogelmännchen
Wettrennen und Balztänze auf, den Weibchen zu imponieren, nähern sich
ihnen
werberisch, und wenn ein Weibchen ganz still hält, ist es einverstanden
und
gibt sein Jawort, dann verschlingen Flamingomann und Flamingoweib die
Hälse
in zärtlich-zierlichen Windungen, was sehr anmutig anzusehen. Ihre rosane
Farbe haben sie übrigens vom Verspeisen der Krebse und Algen. Damit
wären
wir wieder beim Wasser, und das ist ja Cypros Element, darum ist auch
hier
zuhause, guter San Marco, die Venus deiner Venen. Ich freue mich an Euer
beiderseitiger Wonne, wende mich nun wieder in meiner Zelle der Schrift
zu
und grüße Euch mit frommem, ehrerbietigem Gruß!
Hilarion.
Hilarion von Marion an die liebe Schwester Schoschannim und den Lehrer
des
Evangeliums San Marco: Alles Liebe! -
Ihr Lieben, heute Nacht ist eine stille Melancholie in meiner Seele und ich
denke mit Wehmut an die Zeit zurück, als Sankta Maria Metamelia noch
auf
Erden weilte. Vielleicht vermag mich das Schreiben an Euch ein wenig zu
trösten? -
Man kann von Cypros nicht schreiben, ohne von Paläa Paphos zu erzählen.
Wieder einmal muß ich auf den Fels der Römer zu sprechen kommen,
Petra tou
Romiou. Heute stand ich am dunklen Strand und sah die drei Felsen im
blauen
Meere ruhen, und die Brandung brach sich am Felsen. Der Himmel war
licht und
helle Perlmutterwolken segelten leise durch die Lüfte. Hier soll die
Marionische Aphrodite das erste Mal gesehen worden sein, sie kam gewiß
vom
Morgenstern, dem Reich der Liebe, da die Ideen und Ideale der schönen
Liebe
zuhause sind. Und sie wird ja auch genannt: Mutter der schönen Liebe.
Man
baute ihr in Paläa Paphos, nicht weit vom Strand, ein Heiligtum. Dort
salbte
man einen schwarzen Stein, ich weiß nicht ob es ein schwarzer Onyx war,
mit
Myrrhenöl. Man brachte Weihgeschenke dar, Maronen und Maränen und
Myrtenblüten der Magna Mater. -
An dieser Stelle will ich Euch aus dem Mythenkreis von Paphos erzählen.
Da
ist die Geschichte von Pygmalion: Angewidert von der Hurerei zog sich
der
Künstler in die Einsamkeit zurück und bildete aus Marmor von Mararra
das
Bild der Marionischen Aphrodite. Die Gestalt war ganz aus dem Traum
seiner
Seele aufgestiegen, ich weiß nicht, ob man es auf genialie Inspiration
zurückführen kann. Das Bild entsprach so sehr seinem Ideal, daß er in
Liebe
entbrannte für die Marmorschöne. Die himmlische Liebe erbarmte sich des
träumenden Künstlers und sandte ihm eine zyprische Jungfrau, welche in
unglaublichem Maße dem Ideal seiner Seele glich, das war die schöne
Jungfrau
Galathea. In einem goldenen Muschelwagen, gezogen von schneeweißen
Delphinen, fuhr die schöne Galathea über das Meer. Junge Tritonen bliesen
auf gewundenen Muschelhörnern Lobpreis ihrer Schönheit. Meeresgreise
schwammen um sie und wurden jung unter dem Meereshimmel ihrer
Blicke. Ihr
goldenes Haar wehte im Winde, im Winde wehte ihr rosenroter Mantel,
den sie
um die elfenbeinweißen Schultern geworfen und der die jungen Tauben
ihrer
Brüste keusch verhüllte. Sie fuhr in ihrem goldenen Muschelwagen an den
Strand von Paphos-Ktima, da Pygmalion sann und träumte in seiner
musischen
Melancholie, und küsste ihn, da küsste ihn sein Ideal, da küsste er die Idee
der ewigen Schönheit, die schöne Liebe selbst, die ihm in der Jungfrau
Galathea begegnete. -
Eine andere Mythe sag ich, die nicht ursprünglich aus Cypros stammt,
sondern
aus Delphi, wo der Nabelstein der Welt steht, aber da sie die Liebe zum
Inhalt hat, wird ihrer auch in Paläa Paphos gedacht. Apollo, der Gott der
Propheten und Poeten, liebte unsterblich die schöne Nymphe Daphne. Er
sang
ihr zur "goldenen Leier Apollons" Preisgesänge ihrer Anmut und
Holdseligkeit. Sie aber mochte sich nicht so gepriesen sehen und wollte
vor
allem begehrt nicht werden. Apollo jedoch ließ nicht ab, um sie zu werben,
und stellte ihr nach. Sie aber floh vor dem Stürmischen. In dem
Augenblick,
da er sie erhaschte, flehte sie zum König der Götter, der sie in einen
Lorbeerstrauch verwandelte. Apollo aber hörte nie auf, Daphne zu lieben,
und
da er im Reigen der Musen war, verkündete er das Edikt, daß wahrhaft
heilig
singende Dichter der Liebe sollten werden gekränzt mit dem Lorbeerkranz.
Ihr
Lieben, dieser Ehre wurden Dante und Petrarca teilhaftig, dieser wegen
Beatrice und jener wegen Laura, die er mit Daphne verglich. -
Schließlich will ich Euch erzählen vom Kult des sterbenden und
auferstehenden Halbgottes Adonis. Sein Kult stammte aus dem Vorderen
Orient,
er ward heilig gepflegt in Paläa Paphos. Adonis war der Schönste aller
Menschenkinder, ward aber von einem Untier häßlich entstellt und zu Tode
verwundet. Er starb in einem Hain aus Olivenbäumen in Idalion. Die
schöne
Göttin Anadyomene, welche einst von vielem Volk als Herrin sündiger
Liebe
angesehen, aber den edleren Geistern und Liebhabern der Weisheit eine
Fürstin schöner Liebe war, liebte den Halbgott Adonis sehr und beweinte
ihn
mit bitteren Tränen. Sie saß in ihrer immer sich erneuernden
Jungfräulichkeit und schönen Anmut im fließenden Kleid auf der Wiese,
und
quer über ihren Schoß lag der hingegossne Leichnam des Adonis, des
Sohnes
der Myrrha, nur mit einem Lendentuch bekleidet. Aber im Frühling feierte
man
im Vorderen Orient und im abendländischen Paläa Paphos das Erwachen
des
Adonis. Mit ihm erwachen die Lilien und die Rosen und die ganze Natur.
Da
ziehen singend und tanzend die Jungfraun unter Zither- und Zimbelspiel
ins
Heiligtum und jubeln: Feiert Adonis, kommt und feiert ihn, denn erwacht
ist
Adonis, drum feiert ihn! Da wird dann gepriesen die Heilige Hochzeit, in
der
die Priesterin der Liebe stellvertretend für die Gemeinde der Jungfraun und
Jünglinge sich mit dem schönen Gott vermählt. Dann wandeln alle in den
Heiligen Garten, da sie in weißen Gewändern Reigentänze tanzen
überschwenglicher Freude und seligen Lachens! -
Ihr Lieben, mich hat das Schreiben an Euch wirklich getröstet. Ich
empfehle
Eure Seelen der Fürsprache der Sankta Maria Metamelia und der
allerseligsten
Madonna Maria Aphroditissa: O clemens, o dulce, o venusta Maria! Das
nächste
Mal will ich Euch schreiben von Neu-Paphos und der Geißelsäule des
Paulus.
Ich grüße Euch mit dem Kuß der Liebe, bitte Euch, mir zu schreiben, und
bitte richtet meinen Gruß auch an die Sabinerin und die Versammlung in
ihrem
Haus aus.
Euer
Hilarion von Marion.
7
An San Marco, der mit Wein, und Schoschannim, die mit Olivenöl der
Seele
Hilarions wohltat oftmals in Korinth, wo wir in Zungen sprachen, schreibt
dieser aus Marion auf Cypros: Ich grüße Euch wiederum mit dem Kuß der
Liebe! -
Ihr Lieben, ich hoffe heimlich, Ihr habt das Interesse an Cypros nicht
verloren, darum wag ichs, Euch heute von Neu-Paphos zu schreiben. -
Neu-Paphos, oder die Königliche Domäne Ktima, das im dritten
Jahrtausend vor
Christi Geburt genannt ward Souskia, liegt inmitten von Zitrusplantagen
und
Weingärten. Die Römer nannten es Heilige Hauptstadt aller zyprischen
Städte,
liebevoll: Augusta des Augustus. Paulus und Barnabas, der auf Cypros
geborene Sohn des Trostes, auch Josef geheißen, kamen auf einer
Missionsreise auf dies Eiland. Paulus bekehrte hier Sergius Paulus, den
römischen Prokonsul. Von Pauli Schicksal auf Cypros etwas später mehr. -
Erst will ich Euch in die antiken Häuser führen. Im Haus des Dionysos
befindet sich ein Mosaik vom göttlichen Dulder (Ulyß) in der Meerenge
von
Messina. Im nächsten Raum ist dargestellt der Jüngling Narziß, der von
der
Nymphe Echo abgewiesen worden war und fortan das Echo der Echo das
Bild
seiner Seele liebte. Die himmlische Liebe erbarmte sich des
Schmachtenden
und verwandelte ihn in einer Wiedergeburt in eine Osterglocke, die seinen
Namen trägt. Über einem Tor steht, an die Mutter Erde gleichermaßen und
den
eintretenden Gast: Sei gegrüßet, auch du! Dann sieht man den Weingott
selbst
einziehen, in einem Wagen, gezogen von schwarzen Panthern, Musikanten
begleiten ihn, Bauern ernten Wein, umschwärmt von Hasen und Vögeln.
Dir,
lieber San Marco, möcht ich widmen das Mosaik vom Ersten Weintrinker!
Dionysos ist da zu Gast beim attischen König Ikarios, sie sprechen über
die
Kunst des Weinanbaus, lauschend sitzt dabei die süße Nymphe Akme.
Ikarios
spendet das heilige Getränk einigen Ziegenhirten, die glauben, er wolle sie
vergiften durch das Machwerk der Zauberei, daraufhin erschlagen sie ihn,
Ikarius geht in die Mythologie ein als erster Märtyrer des Weingottes. -
Wie
Apollon die Daphne liebte, das sagt ich Euch schon. Aber wie der König
der
Götter den Jüngling Ganymed liebte, wisst Ihr das auch? Er riß ihn heraus
aus dem Tal der Tränen, auf den Adelers Fittichen trug er ihn in die
Himmelsburg, wo Ganymed Mundschenk der Götter ward. Auch zu sehen
ist ein
Bild der Jungfrau Leda, welche der Gott in Gestalt eines Schwanes
besuchte.
Er umhalste sie, sie gab sich ihm hin in der Umarmung, der Blick des
Schwanes und der Blick der Jungfrau flossen in eins, da ward aus der
Union
der Seelenfunken geboren die schönste Frau Griechenlands, die
Spartanerin
Helena, welche die hohe Siegestrophäe der edlen Griechenfürsten vor den
Toren des asiatischen Ilion war. Im Haus des Äon wird der Preis der
Schönheit unter allen Meermädchen der Jungfrau Kassiopeia zuerkannt;
Zeus,
der Göttervater, Helios, sein Sohn, die Sonne, und die Jungfrau Minerva,
die
Göttin der Weisheit, schauen zu und bestätigen den Sieg Kassiopeias. Im
Haus
des Theseus, des Königs von Athen, ist zu sehen, wie er sich in das
gefährliche Labyrinth begibt, da das Untier in der Mitte lauert, daraus ihn
der Beistand der kretischen Prinzessin Ariadne herausführt. Auch Achilles,
der Freund des Patroklos, ist zu sehen im Bilde. Die drei
Schicksalsgöttinnen, Moiren, schauen ihn an und gemahnen, daß auch
selbst
ein Achill wird nicht seinem Schicksal entgehen. Schließlich im Haus des
Orpheus ist der Dichter-Seher zu schauen, wie er mit der siebensaitigen
Leier, gestimmt auf die Sphärenharmonie, die Bäume des Waldes in seine
Nachfolge ruft und die wilden Tiere zähmt, er, der bis zu den Sternen,
Jungfrau und Schwan und Leier, seine Eurydice liebt, über das Totenreich
hinaus, wie er ihr zuschwor. - - Nun aber zu der fränkischen Kirche des
heiligen Franziskus, der ein zweiter Orpheus war und mit seinem Gesang
die
Spatzen und Sperlinge fromm machte. Vor dem Tor dieser Kirche steht
eine
Säule, an welcher dereinst Sankt Paulus ausgepeitscht worden von den
aufgebrachten Heiden. Er pries ja den Kaiser nicht als Herrn und Gott,
sondern pries den Unbekannten Gott, der seinen Sohn Jesus Christus als
Retter gesandt hat und an einem vorbestimmten Tage als Richter der
Lebenden
und Toten senden wird, wie es das Apostolische Credo bezeugt, und darum
seien alle Menschen aufgerufen zur Buße. Hier in Paphos war Sankt
Paulus
auch in einem geistlichen Kampf mit dem okkulten Zauberer Barjesus, wie
ein
wenig später auch Sankt Petrus ringen mußte geistlich mit Simon Magus,
der
sich als die Kraft Gottes ausgab. Paulus nahm dem Zauberer das
Augenlicht.
Die Blinden von Paphos wallen zur Kirche der heiligen Solomonis an der
Avenue Apostolos Pavlos. Jene Märtyrerin war mit ihren sieben Söhnen im
zweiten Jahrhundert in der Zeit der Christenverfolgung auf Zypern des
roten
Martyriums gewürdigt worden. Ihre Freude im Herrn war der Siegeskranz
und
die Krone des ewigen Lebens! -
Wollen auch wir, ihr Lieben, zu jeder Zeit bereit sein, den Namen des
Herrn
Jesus treu zu bekennen als des einzigen Namens unterm Himmel, in
welchem
Rettung ist, und wollen wir in Seinen Fußtapfen wandeln und unser Kreuz
auf
uns nehmen täglich. Er segne Euch!
Hilarion von Marion.
Papas von Marion an die Heiligen von Venedig! Gottes Gnade und Christi
Frieden und die Liebe des Heiligen Geistes seien mit Euch!
Ihr Lieben, in der Maronitischen Kirche singen wir einen "im Stehen
gesungenen" Hymnus, den ich dichtete, er wird genannt: das Marionische
Alpha-Beta Mariens:
Auferstehungszeugin!
Bekennerin!
Christusgebärerin!
Davidsturm!
Eulogia, vor allen Frauen gepriesene!
Fraue Minne!
Gott Sohnes Mutter!
Hagia Aphroditissa!
Immaculata!
Jungfrau!
Kelch der Hingabe!
Liebe Frau von Marion!
Madonna!
Neue Eva!
Osterfreude bezeugende!
Pieta!
Quadrocento-Muse!
Rose ohne Dornen!
Sitz der Weisheit!
Tor von weißem Stein!
Unbefleckte!
Venusta dulce pia Maria!
Wabenhonig-Bienenkönigin!
Xenion des Euangelion!
Yehowah's Magd!
Zofe Gottes!
Ich weiß nicht, ob man in der Kirche Sankt Markus denselben Hymnus
singt.
Aber seht nur, in der Maronitischen Kirche ist vor allem die Liebe unsre
Verkündigung, die Liebe unsre Lehrerin und Meisterin und die Liebe die
uns
inspirierende Weisheit - darum, was in der Liebe gesungen wird, mag Gott
dem
Herrn wohl alles wohlgefallen!
Mit dem Gruß der Liebe grüßt Euch
Hilarion.
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An Schoschannim die Sanfte und San Marco den Herzlichen schreibt
Hilarion
von Marion in frommer Bruderliebe: Seid gegrüßt!
Ihr Lieben, als Onesilos der Herrscher von Salamis war, drängten die
Perser
und Phönizier an. Die Jonier aber besiegten am Schlüssel von Cypros die
Feinde, so schreibt Herodot. Ruhmreiches Qubrus (Cypros), Tyros
genüber,
zwölf Tagereisen groß, wie bist du allen schön gewesen! Auch dem Tiroler
Pilger Martin von Baumgarten, der deine freundlichen Hügel und
wundervollen
Täler pries und deiner Myrten Nachtigallensang. Der Amerikaner pries
deine
Palmen, deren lange Blätter so melancholisch hingen, als er auf dem
Lichterkahn Mahona der Insel nahte. Kennst du dies nicht auch, lieber
Bruder, von deiner Braut, was der Erzherzog Salvator von Österreich
sagte:
Weder Griechen noch Türken sagen Nein, sondern heben nur wortlos den
Kopf
ein wenig. Und wie bewunderte doch der englische Dichter den Ort
Bellapais,
den Ort des schönen Friedens, da er wandelte in stiller nachdenklicher
Liebe
zwischen hohen Säulen und flammenden Orangenbäumen, bei dem
Wappenschilde
des Richard Löwenherz, dem König des Robin Hood und der Maid Marian
von
Sherwood Forest. Und wie lieblich pries der griechische Dichter die
Heimat
der Aphrodite: nie sah er ein Eiland mit solchem weiblichen Liebreiz, nie
atmete er solche süßen Düfte, wenn ihn am Abend Wohlgefühl befiel, da
die
Sonne sank in den Schoß des Meeres, die Kähne schwankten in der Brise
und
Kinder Jasminsträuche trugen am Quai. Da löste das Herz den Gürtel und
gab
sich hin der Liebe und dem Leben. Ist es mit mir, wie ein Dichter sagte:
"Mein Schicksal ist das eines Mannes, der sein Ziel verfehlte"? Ist Sie
doch
vorübergewandelt und vorausgegangen in die schönere Welt, wo aller
Sehnsucht
Ziel: die Liebe des Ewigen ist zuhause! - Letzte Worte über Cypros sind
diese: Durch die Lande ziehen die Poietarides und singen gute
Nachrichten.
Der Erste unter ihnen war Homer, der nach dem Zeugnis des Dichters
Euclos an
Salamis Ufer geboren und dessen erste Schrift das Epenfragment "Cypros"
gewesen. Aber nun zum Osterfest: Wir beginnen mit der Fastenzeit. In
diesem
Jahr enthielt ich mich fastend des Fleischgenusses. In der Woche vor
Ostern
wird das Haus gereinigt und geweißt. Die Frauen backen Falouna, das
käsegefüllte Ostergebäck. Am Gründonnerstag spielen die Kinder mit dem
Osterhasen und malen die Ostereier rot an. Am Karfreitag wird das
Epitaphion, die Nachbildung des Leichentuches Christi, unter einen
tragbaren
Baldachin gelegt, den junge Mädchen mit Blumen und bunten Tüchern
schmücken.
In der Kirche werden die Ikonen schwar verhängt. Nach der abendlichen
Messe
wird das Epitaphion durch Marion getragen. Am Ostersamstag werden die
schwarzen Tücher von den Ikonen genommen. Zur Mitternacht
versammeln sich
die Gläubigen mit Kerzen zur heiligen Messe der Osternacht. Um
Mitternacht
trete ich, als der Papas, hervor und rufe der Gemeinde zu: Christus ist
auferstanden! Und die Gemeinde ruft im Chor: Er ist wahrhaftig
auferstanden!
Am Freudenfeuer verspeisen wir mit den lachenden Kindern das
Osterlamm. -
Ihr Lieben, herzlich sehn ich mich danach, mit Euch dies Osterlamm zu
speisen.
Gott segne Euch!
Hilarion.
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[Inhalt]
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WEB6
[Inhalt]
22.4.2000
Nur das Gebet (Vaterunser) half mir aus dieser Welttraurigkeit. Besonders
schön die Aus-legung von Reinhold Schneider zu „und führe uns nicht in
Versuchung“, er sagt, Christen müssten oft ein schwereres Kreuz tragen als
Heiden, hätten dafür aber auch die ewige Hoffnung, im Gegensatz zum
vergänglichen Glück der Gottlosen.
Ich mit meiner Schwermut mag das Freuden- und Jubelchristentum der
Charismatiker nicht. Ich liebe Autoren wie Reinhold Schneider, die aus der
Tiefe des Leidens Gott geprie-sen haben. Leid verwandelt uns in das
Ebenbild des Gekreuzigten. „Freude in allem Leide“ ist für mich keine
Fröhlichkeit mit Lachen, sondern Trost und Dankbarkeit, daß der Vater da
ist, ich ihm mein Herz ausschütten kann, der Geist in mir als Tröster, Jesus
der Garant der ewigen Glückseligkeit. - Aber ich kenne in der Bibel keinen
Fall von Liebeskummer. Salomo liebte glücklich. Jakobs Sehnsucht nach
Rahel wird nicht geschildert, und sie ist ihm ja versprochen. David bekam
jede, die er haben wollte. Aber unglückliche Liebe ist Wirkung des Übels,
es wird soetwas im Paradies nicht geben, wo alle lieben ohne Aus-nahme
und vollkommen. Und Melancholie und Schwermut, ist das die
„Traurigkeit der Welt zum Tode“? Eine „göttliche Traurigkeit“ ist die Reue
über die Sünde. Aber ich bin nicht von der Welt und doch schwermütig. Es
kann nicht die Welttraurigkeit zum Tode sein. Aber es ist auch kein Leiden
um Christi willen. Es ist nicht Sauls böser Geist, es ist nicht Elias Angst, es
ist nicht Davids Traurigkeit wegen des Ehebruchs oder seine Angst vor den
Feinden. Warum bin ich so schwermütig? Das zu fragen, scheint unsinnig,
ich werde darauf im Himmel erst eine Antwort bekommen. Luther kannte
Schwermut und empfahl Musik, Komödie, Geselligkeit.
24.4.
War bei Schwester S. Sie las mir zwei Lieder von Jochen Klepper vor, der
die letzten Lie-der vor seinem Tod sehr schwermütig dichtete. Er hatte eine
Jüdin zur Frau und ein halbjü-disches Kind, und zwei Tage, bevor sie ins
KZ abgeholt werden sollten, drehten sie den Gashahn auf und starben mit
Blick auf den segnenden Christus. Jochen Klepper, Rudolf Alexander
Schröder und Reinhold Schneider will ich besser kennenlernen.
27.4.
Las etwas über Goethes Liebesleben. Er traf die Freundin Charlotte von
Stein im Garten, wenn Stallmeister von Stein nicht da war, verherrlichte
sie in Tasso und Iphigenie und lieb-te sie, sie liebte ihn als seine Schwester
und Muse. Aber schließlich reiste er nach Italien und klagte über sein
weimarianisches Unbefriedigtsein, er hätte Charlotte gern besessen, nahm
sich Faustina als Schätzchen und schrieb Erotica. Kann eine idealisierende,
platoni-sche, verzichtende Liebe erfüllend sein?
1.5.
Ich bin mit der Pfingstgemeinde unzufrieden, schon seit etwa Dezember.
Der Lobpreis ist mir zu oberflächlich und ewig-fröhlich, die Gemeinschaft
heuchlerisch fast und oberfläch-lich auf small-talk beschränkt, die
Predigten sprechen mich nicht an, sie sind mir zu welt-lich. Ich fühle mich
in der Gemeinde nicht mehr zuhause, auch das Reden von „Bildern“ und
„Zungenrede“ befremdet mich mehr und mehr. Ich bin ganz vom
Charismatischen weg. Wenn Charismatiker vom Heiligen Geist reden oder
Pfingstler, werd ich mißtrauisch. Ich will gucken, ob ich mir vielleicht eine
evangelikale Gemeinde suche.
2.5.
Leiden um Christi willen ist nicht nur die äußere Verfolgung und
Peinigung des Leibes der Christen durch den Teufel und seine Kinder,
sondern auch das innere Traurigsein der Seele der Christen über die Übel
des Fleisches und der Welt.
5.5.
Ich bin irgendwie in einem dunklen Lybrinth, wo alles sinnlos scheint, ein
lebenslanges Umherirren, und erst der Tod ist der Ausweg.
6.5.
8.5.
10.5.
Waldemar Augustiny „der Glanz Gottes“ gelesen, eine Novelle über den
deutschen Ba-rockmaler Johann Lyß in Venedig, der in sinnlicher
Lebenslust lebte und melancholisch war, weil er Übersinnlich-Göttliches
malen wollte. Ein Kardinal sagte ihm: Sein Beruf ist Berufung, er muß
gehorchen. Er kann sinnliche und seelische Schönheit zur Ehre des schö-
nen Schöpfers verherrlichen. Wenn zu seiner Kunstgabe ein frommes
Leben käme, könne auch ein Abglanz der ewigen Schönheit in seine Werke
fallen.
Lese Schneiders Sonette. Er bekennt sich zu seiner Schwermut, die
ihm von Anfang an gegeben ist, es ist sein Kreuz, er ist auf der Erde nur
Gast, mit Sehnsucht nach der lichten Heimat. Sehr tief, sehr still, sehr
melancholisch die Sonette, gefallen mir ausgesprochen gut.
„Läßt nur ein Herz in Treue sich bereiten, / so kehrt ihm einst, sein Elend
auszu-söhnen, / verklärt der Liebe Morgenglut zurück.“ (Schneider)
13.5.
14.5.
15.5.
Wollte in eine kleine dunkle katholische Kapelle und beten und Eucharistie
feiern.
Leiden gehört zum Christenleben, unschuldiges Leiden. Alles
unschuldige Leiden ist ein Leiden um Christi willen, und ein Segen, weil
es uns Christi Leiden und Tod gleichgestal-tet, uns dem Herrn ähnlich
macht. Wir sehnen uns und seufzen nach der Erlösung. Was heißt aber:
„Freuet euch, und abermals sage ich euch: Freuet euch im Herrn!“ wie
Paulus sagt? Wie hängt das Schicksal der Leiden mit der gebotenen Freude
zusammen?
Im Gebet sagte ich Gott, daß ich es annehmen will, wenn es mein
Schicksal ist, immer ohne Weib zu bleiben. Vielleicht ist es Voraussetzung
für mein Werk? Aber die Sehnsucht nach Zärtlichkeit und Küssen,
Gemeinschaft und Annahme bleibt, besonders an den schwermütig-
einsamen Abenden.
16.5.
„Der Reiz der Schönheit ist in der Tat nicht rein erotisch; fester noch als
das Verlangen bindet der Widerschein, der Tau auf ihren Flügeln, den sie
aus einer unbekannten ersehnten Welt herausträgt. Die schöne Frau ist viel
mehr als sie von sich weiß. Was sie selbst als ihren höchsten Wert
betrachtet, ist nicht ihr Wert. Sie ist unbesiegbar wegen jenes Wider-
scheins, für den sie keine Augen hat.“ Reinhold Schneider. Lewis sagte,
alle irdische Schönheit sei Abglanz und Hinweis auf Gottes Herrlichkeit.
Ich kann nicht anders als glauben, daß Gott schön ist und sicher hat er Sinn
für das Schöne. Jerusalem-Eden ist schön, Jesus ist schön, Maria ist schön,
die Engel sind schön.
Wäre es vorstellbar, daß ich mit einer Frau zusammenlebe? Daß ich
nicht jederzeit ein-sam an meine und anderer Dichter Werke gehen könnte?
Nur um an manchen Abenden nicht die Einsamkeit zu spüren? Man hätte
keinen sexuellen Verzicht mehr zu leisten, aber oftmals einen Verzicht auf
ein Leben in Traum und Phantasie, denn eine Ehefrau wird wahrscheinlich
mehr Prosa als Poesie ins Leben bringen. Und dennoch möchte ich einmal
wieder umarmen und küssen!
Gebet aus dem katholischen Gotteslob: „Mein Herr und Gott, es hat
sich für mich so ergeben, daß ich allein lebe. Manchmal freue ich mich
zwar über meine Freiheit, aber oft drückt mich das Alleinsein, und ich
frage mich, was mein Leben soll. Dann laß mich spü-ren, daß du mich an
einen Platz gestellt, an dem du mich haben willst, so wie ich bin, mit
meinen Gaben und Fähigkeiten, mit meiner Schwachheit und
Unzugänglichkeit, in meiner Einmaligkeit, die du so und nicht anders
gewollt hast. Zeig mir, daß mein Alleinsein nicht Einsamkeit sein muß.
Weil ich frei bin, kann ich vieles tun. Weil ich allein bin, kann ich vielen
etwas bedeuten. Weil meine Liebe nicht gebunden ist, kann sie sich vielen
zuwen-den. So kann auch mein Leben erfüllt sein, wenn ich es nur selbst
annehme und bejahe. Dazu hilf mir.“ Amen.
17.5.
Bin um 2 Uhr morgens aufgewacht von einem Traum, der schön war. Ich
hatte eine Rad-tour im Haschischrausch gemacht und kam an einer
modernen evangelischen Kirche vor-über; als ich sah, daß es eine
evangelische war, sagte ich: Nein, ich wollte ja in eine katho-lische; die
stand daneben, und ein Pfarrer saß davor. Ich sagte: Entschuldigung, dürfte
ich mal in der Kirche beten? Er sagte: Wie? Ich sagte: Ich suche schon den
ganzen Tag eine kleine katholische Kapelle, um eine Andacht darin zu
halten. Er sagte: Ja, wer steckt denn da dahinter? Ich sagte: Ich bin schon
Christ, aber protestantischer, am Anfang meines Christseins war ich
Katholik, und nun bin ich mir über meine Frömmigkeit nicht mehr im
Klaren. Er lächelte, als wolle er mich zur Madonna bekehren, was ich
nicht wollte. Ich wollte ihn erst fragen, ob ich bei ihm beichten könne. Ich
wollte mein Haschischrauchen beichten, tat es aber dann nicht, entweder
weil ich als Protestant nicht zur Beichte zugelas-sen war, oder weil ich
nicht ans Sakrament der Beichte glaubte. Ich ging dann in die Kir-che, die
von einem farbigen Dämmer erfüllt war (von den Glasfenstern). Da saßen
zwei Frauen, eine in meinem Alter, mit grau-beiger Strickjacke, und eine
ältere Frau, die auf-standen und sich erschraken oder verwunderten, als sei
ich zu früh gekommen. Ich sagte, ich sei nur zum Beten gekommen. Sie
zogen sich zurück. Ich setzte mich und fing eben an zu beten, da kam der
Pfarrer zu mir, im schwarzen Talar, beleibt, etwas älter, und sprach mit
warmer, väterlicher, freundlicher, salbungsvoller Stimme mit mir. Ich weiß
nicht mehr, was er sagte. Dann verabschiedete ich mich und stellte beim
Herausschauen aus dem hellen Vorraum fest, daß es die katholische Kirche
ganz in meiner Nähe war, ich war irritiert, denn erst dachte ich noch, ich
sei in einem ganz andern Stadtteil von Oldenburg. Der Pfar-rer gab mir
zum Abschied eine Broschüre über ein esoterisches Fernsehprogramm, in
dem die Überlegenheit der italienischen Rasse über die deutsche
dargestellt wurde, und ein Lie-derheft mit katholischen Liedchen, „Unser
Leben“ hieß es und freute mich sehr. Er fragte, ob ich ein Dichter sei, und
ich bejahte. Das erklärte auch, warum ich den weiten Weg, den ich bis zur
Kirche schon hinter mir hatte, nicht bemerkt hatte: ich war ein Träumer,
und es war recht so, er lächelte liebend-väterlich.... Ich glaube, von der
großen Liebe, die ich spür-te, wachte ich auf, hatte Durst und war wach.
Gott ist also gewiß schön: „Mein Volk wird schauen die Herrlichkeit
des Herrn und die Schönheit unseres Gottes“ (Jesaja 35).
Ich glaube nicht an die Taufwiedergeburt, nicht an die
Transsubstantiation und nicht an die Fürsprache Marias und der Heiligen.
Ich mag am Katholischen die Mystik, besonders die Minnemystik, und
Innerlichkeit und Gebet, was man vielleicht auch bei den älteren Pietisten
findet. Innerlichkeit ist mir ein zentraler Begriff geworden, und heiligen
Ernst will ich und Annahme der Leiden und Gleichgestaltung durch Leiden
(auch Schwermut ist ein Leiden um Christi willen). Jedes Leiden an Geist,
Seele und Leib, das nicht Strafe für eine begangene Sünde ist, sondern von
Gott zugemessen zur Läuterung und Umgestaltung, ist ein Leiden um
Christi willen.
Gestern dachte ich: Ich bin ein Schiff, ich muß nur das Segel des
Gebetes spannen, dann wird der Wind des Heiligen Geistes mich führen in
den Port. Heute fühle ich: Mein Leben ist ein Stück Wrackholz, das im
chaotisch-wogenden Ozean treibt.
Ich hatte sonst das Gebet zu begreifen gesucht als Bitte um konkrete
Dinge, die ich mir wünschte. Manches kam und manches blieb aus,
manches kam spät. Aber ich begriff die Kraft des Gebetes nicht. Das
Lobpreisgebet hatte mich kräftig und lebensfroh gemacht, aber es war
wenig eigenes. In Altensteig die Gebetsspaziergänge mit den Psalmen und
dem evangelischen Gesangbuch, das war Intimität, die mein Herz berührt
hat. Das schöne Gebet gestern nach den Lob-, Segens- und Bußgebeten
aus dem katholischen Gotteslob hat mir Liebe für Gott geschenkt. Das
Wichtigste am Gebet ist die Gemeinschaft mit dem Vater, Intimität,
innerliche Union, die grundsätzlich das Herz verändert.
Ein Wort für den ruhigen, müßigen, stillen Abend: „... die Anleitung zu
einem Schwei-gen vor Gott, das nicht unter dem Erfolgsdruck
überwältigender Emotionen steht, sondern auch mit der Erfahrung der
Nichterfahrung rechnet und diese bejaht.“
Ich mag auch nicht, wie in der Pfingstgemeinde das Abendmahl
gefeiert wird, ohne An-dacht und Versenkung in die Leiden Christi,
sondern mit Fröhlichkeit und Lachen. Wie sehne ich mich nach einer
Frömmigkeit, wie sie die Katholiken bei der Eucharistie haben, dieser
Heiligung und Würde und Ernst und Demut.
18.5.
Sehe eine Messe mit dem Papst auf dem Petersplatz, viel fromme Gebete
zum barmherzi-gen Vater, dem Herrn und Erlöser Christus in der Freude
und durch die Gaben des Heiligen Geistes. In würdiger Feierlichkeit
werden Psalmen gesungen melodisch von Chören. Der Märtyrer und der
Einsamen und Leidenden wird gedacht. Das Volk Gottes wird eine heili-
ge, prophetische Priesterschaft genannt, Tempel Gottes. Ich bin neidisch
auf diese biblische Sprache; wie säkular ist die Sprache in der
Pfingstgemeinde. Aber die Fürsprache Marias und der Heiligen und die
Schlüsselgewalt des Papstes und das Opfer der Eucharistie halt ich nicht
für biblisch. Maria ist tot, sie wird an der ersten Auferstehung am Jüngsten
Tag teilhaben, dann werde ich sie nicht Mutter, sondern Schwester nennen.
Ich kann auch Tote lieben, wie meinen Bruder Reinhold Schneider, so
liebe ich auch meine Schwester Maria, und freue mich, sie beim alleinigen
Herrn und Hohepriester und Fürsprecher Christus zu sehen.
Wenn das Mahl des Herrn kein Sakrament ist, in dem der Leib des
Herrn und sein Blut tatsächlich gegeben werden, dann muß es immerhin
eine heilige Meditation über den Kreu-zestod Christi sein, eine Versenkung
in sein Opfer. Das will ich mit heiligem Ernst bege-hen, nicht mit
Lustigkeit und Spaßigkeit und Tanz, sondern mit Ehrfurcht, in der Furcht
des Herrn.
Teilzuhaben an Christi Leiden, um in einen Christus-Ähnlichen
verwandelt zu werden, ist mein Los. Freude ist mir die Hoffnung auf die
ewige Glückseligkeit und nicht die Teil-habe an zeitlichem irdischem
Glück. In der Pfingstgemeinde predigen sie, wie man auf Erden glücklich
wird. Ich mag die sanguin-hysterische Fröhlichkeit nicht. Die barock-
protestantischen und die pietistischen Liederdichter schufen aus der
Schwermut und dem Leiden heraus.
Zur Einsamkeit: „Nicht an den Menschen fehlt es oder an der
mangelnden Möglichkeit zu sprechen, sondern an der Möglichkeit, es zu
sagen. Das Herz ist nicht mitteilbar und kann deshalb niemand gewinnen.“
Kehrte in Osternburg in die katholishe Kirche ein und betete: Mein
Leben erschien mir als Kreuzweg, und Christus hilft mir, mein schweres
Kreuz zu tragen. Ich zündete eine Kerze vor dem Christus, der als Kind
gekommen ist, fürs Baby an.
Etwas in Schneiders Tagebuch gelesen, aber ich glaub ich mag nicht
mehr. Seine Idee vom Künstler aus Gnaden des Verzichts auf Glück hab
ich verstanden, seine Bemerkungen über das katholische Spanien des 16.
Jahrhunderts aufgenommen, ich will mehr vom be-kehrten Schneider ab
1936 lesen.
Mechthild von Magdeburg schreibt: „Denn Gott erscheint allen in dem
Maße schön, in dem sie hier in der Liebe geheiligt und in den
Tugendwerken veredelt wurden.“
20.5.
Hiob 36,15, Elihu sagt: „Wer aber leidet, wird durchs Leid gebessert, Gott
öffnet ihm die Augen durch die Not.“
Blaise Pascal: „Denn es gibt zwei Prinzipien, die den menschlichen
Willen in die eine oder andere Richtung lenken: die Begierde und die
christliche Liebe. Es ist nicht so, daß die Begierde mit dem Glauben an
Gott und die christliche Liebe mit den Gütern der Erde unvereinbar wären,
aber die Begierde bedient sich Gottes und hat ihre Freude an der Welt, und
die christliche Liebe verfährt umgekehrt.“ - „Verhärte ihr Herz. Und wie?
Indem man ihrer Begierde schmeichelt und ihnen Hoffnungen macht, daß
man ihr freien Lauf läßt.“ Die Gerechten verstehen unter ihren Feinden die
Leidenschaften, die sie von Gott wegbrin-gen wollen.
Die Pein, sagt Mechthild, sei nicht aus dem Himmel, sondern aus dem
Schoß Luzifers, aber sie haben schon manchem den Weg zum Himmel und
zur Seligkeit geebnet. So viel-leicht auch unglückliche Leidenschaft? und
gewiß die Schwermut, die man auch als bösen Geist oder Pfahl im Fleisch
verstehen kann, welchen Gott mir gegeben hat, damit ich sei-nem Sohn
gleichgestaltet werde.
War in der Osternburger Heilig-Geist-Kirche und betete: Wenn ich auf
dem Kreuzweg Jesu gehe und mein Kreuz trage, ist meine Freude, daß
Gott da ist, Jesus meine Hilfe und der Heilige Geist mein Tröster, und ich
eine lebendige Hoffnung habe. Aber diese Freude ist nicht notwendig eine
sanguinische Heiterkeit und Fröhlichkeit, sondern Trost, Dank und
Hoffnung, „Freude in allem Leide“.
21.5.
Ich stelle viel Hochmut fest. Der glückliche Christ sieht auf den
schwermütigen herab und sagt: „Du hast die Erlösung noch nicht erfahren,
noch nicht die Auferstehungsfreude im Heiligen Geist und das heilige
Lachen der Geisterfüllung erfahren“. Der Schwermütige sieht auf die
Fröhlichen herab und sagt: „Du willst dein Kreuz nicht auf dich nehmen,
dich nicht durch Leid in Christus verwandeln lassen, du bist infiziert vom
Zeitgeist der Spaß-Generation.“ Um diese, von Gefühlen begründete
Theologien bauen sich ganze Kirchen, wie mir scheint, vielleicht ist dies
die Differenz zwischen Pietisten und Charismatikern.
Was ist gemeint mit der „Traurigkeit der Welt, die zum Tode führt“? Ist
es Hoffnungslo-sigkeit und Depression der Kinder der Welt angesichts des
Todes? oder ist es alle Traurig-keit, außer der „göttlichen Traurigkeit, die
zur Reue führt“?
Schneider zitiert Papst Innozenz III: „Den Ehelosen quält die
Fleischeslust, den Verhei-rateten das Weib.“
Pascal zitiert Jesus, der sagt: „Wer nicht sein Leben haßt, kann mir
nicht folgen.“ Aber das Gebot: „Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst“
setzt doch voraus, daß es geboten ist, auch sich selbst zu lieben. Sollte man
nicht lieben, was Gott liebt? Und Gott liebt mich. Aber es heißt auch: „Wer
Vater und Mutter nicht haßt, kann nicht mein Jünger sein“ und „Ehre Vater
und Mutter!“ Heißt „hassen“ hier: an die zweite Stelle setzen? Sein Leben
hassen, heißt, es ist nicht das Höchste, sondern Gott zu lieben ist mehr. Auf
dem Thron des Herzens sitzt nicht mehr das Ego, sondern der Heilige
Geist. Erst in Christus ist das Selbst wieder geliebt. Ist das recht gedacht?
Das Leben wird nach vorne gelebt, aber nur nach rückwärts
verstanden, sagt Kierke-gaard. „Glücklich, wen ein leerer Wahn
beschäftigt“, sagt Goethe.
22.5.
Vater, wie die Israeliten in der Wüste die Entbehrung satt waren und nicht
mehr nur vom Manna leben wollten, sondern sich nach dem Fleisch
Ägyptens sehnten, so denk auch ich manchmal, deine Gebote von mir zu
werfen und nach dem Willen meines Fleisches zu leben. Und Vater, wie
Mose die Last zu schwer wurde, die Israeliten zu führen, und er sich eine
Erleichterung seiner Qual erbat oder du mögest ihn sterben lassen, so sehn
ich mich nach Freude oder mehr noch nach dem Abscheiden.
J. meinte, die Schwermut sei die „Traurigkeit der Welt, die zum Tode
führt“, aber könne von Gott zur Heiligung verwandt werden. Die
Schwermut sei eine seelische Behinderung, wie es geistige oder
körperliche gebe. Sie sei das Erbteil der sündigen Natur der Väter. Das
trifft mit Mechthild zusammen, die sagte, die Pein sei aus Luzifers Schoß.
Sie ist das Kreuz, das ich zu tragen habe. Gott gebraucht sie aber, mich zu
ihm zu drängen. So sandte Gott den Juden die Finsternis der
Nationalsozialisten, um den zionistischen Gedanken mächtig werden zu
lassen. Vor dem dritten Reich warben die Juden in Freundlichkeit für die
zionistische Idee, aber erst die Drangsal brachte den israelischen Staat
zustande. So ist das Leid oft wirksamer als die Freude zur Herstellung
einer intensiven Gottesbeziehung.
Pascal fragt, ob man einen Menschen, den man wegen seiner Schönheit
liebt, wirklich liebt? Nein. Liebt man einen Menschen, den man wegen der
Tugend seiner Seele liebt, wirklich? Nein, denn auch die kann, wie die
Schönheit, vergehen. Aber kann man die Sub-stanz der Seele eines
Menschen abstrakt lieben? Nein. Man liebt also den Menschen wegen
seiner Eigenschaften.
Pascal: „Der Glaube umfaßt mehrere Wahrheiten, die einander
scheinbar widersprechen: lachen hat seine Zeit, und weinen hat seine
Zeit... Deren Quelle ist die Vereinigung der zwei Naturen in Jesus
Christus.“ So ist es legitim, eine ernste, liturgische, heilige Messe im
Dunkeln zu feiern, und ebenso legitim, einen fröhlichen Lobpreisabend zu
feiern. Es ist legitim, beim Abendmahl lachend des Auferstandenen zu
gedenken und ebenso legitim, beim Abendmahl ernst und würdig des
Gekreuzigten zu gedenken. Seit kurzem bin ich nicht mehr überzeugt, daß
bei dem Schisma durch die Reformation die Wahrheit allein auf den
Reformatoren lag. Auch bei Katholiken wie Augustinus, Mechthild, Pascal
und Schneider finde ich Glaube und Wahrheit.
Die totale dogmatische Verneinung alles Katholischen führt zu einem
Traditionsverlust, es sei denn, man baue seine Traditionslinie über
Waldenser, Albigenser, Hussiten, Refor-matoren. Wo bleibt da die Mystik?
Mystik ist unter den Evangelikalen ein Schimpfwort, was ich immer schon
bedauerlich fand.
Das Besondere der Poesie ist, daß sie erfreuen und belehren kann. Nur
christliche Poesie kann recht belehren, denn sie lehrt die von Gott
offenbarte Wahrheit. Erfreuen kann mich aber auch nichtchristliche Poesie,
und auch aus ihr kann ein Christ lehren ziehen, z.b. vom Streben der
Menschen nach natürlicher Religion Hölderlin, Rilke, Hesse). Schönheit
und Wahrheit scheinen mir aber nicht identisch. Die Marienverehrung
finde ich schön, halte sie aber nicht für wahr. Eine buddhistische Pagode
finde ich schön, halte sie aber nicht für einen Tempel der Wahrheit. Solche
Schönheit ist ein entstellter Abglanz der wahren Schönheit Gottes. Wenn
Platon von dem Schönen, Wahren und Guten sprach, kann dies in Einheit
nur von Gott erfüllt werden.
Luther nennt den Papst Rattenschwanz des Antichristen, Pascal nennt
die Calvinisten Ketzer und Häretiker. Was soll man darüber denken? Was
ist mit dem Leib Christi und seiner Gegenwart im Abendmahl oder unter
dem Abendmahl oder ist es allein ein Ge-dächtnismahl? Die Evangelikalen
lehren reines Gedächtnismahl und würden an einer Eu-charistie nicht
teilnehmen, es sei erneute Opferung Jesu, das Kreuz sei das alleinige und
endgültige Opfer. Die Katholiken schließen die Protestanten vom
Abendmahl aus, weil sie den Leib des Herrn verunehren würden. Was soll
man darüber denken?
23.5.
Ägypten ist die Welt, die Wüste das Leben der Heiligen in Aussonderung
und das Gelobte Land der Himmel. Die Rotte Korach war ein Bild für die
Namenschristen, die sich der Füh-rung Gottes durch Mose (Christus)
widersetzten und wollten zurück in die Welt: „Ägypten ist das Land, wo
Milch und Honig fließt. Wo ist denn dein Gelobtes Land? Stattdessen
führst du uns in die Wüste.“ Die Wüste ist eine Entbehrungszeit, aber Gott
sorgt für die Seinen und ist mit ihnen. Die Verheißung ist fest. Es gibt
einen Verzicht auf irdische Glückseligkeit, aber eine Verheißung auf das
Paradies. Die in der Wüste sind schon nicht mehr in der Gefangenschaft,
aber noch nicht in dem Land, das Gott ihnen geben will. Wir sind nicht
mehr von der Welt, aber noch nicht im Himmel, der uns aber fest
verheißen ist.
24.5.
Pascal: „Jesus Christus ließ, so scheint mir, nach seiner Auferstehung nur
seine Wundmale berühren. Noli me tangere. Wir sollen uns nur mit seinen
Leiden vereinen.“
25.5.
Ich träumte, daß ich am See Genezareth ging in der heutigen Zeit, da sah
ich auf dem sturmaufgewühlten See ein Boot und in dem Boot den Herrn
und seine Jünger. Der See war sehr romantisch von einer Felsenlandschaft
in der Abendsonne umgeben und Blumen, die Straße war staubig und ein
Kampfgebiet im Krieg zwischen Palästinensern und Israeli-ten.
Meister Eckard: „Willst du recht wissen, ob dein Leiden dein sei oder
Gottes, so sollst du dies hieran erkennen: Leidest du um deiner selbst
willen, in welcher Weise es immer sei, so tut dir das Leiden weh, und es ist
dir schwer zu ertragen. Leidest du aber um Gott und einzig um Gottes
willen, dann tut dir das Leiden nicht weh, und es ist dir auch nicht schwer,
denn Gott trägt die Last. In voller Wahrheit!“
26.5.
Film über Vincent van Gogh. Er liebte seine Cousine, aber die schickte
seine Briefe unge-öffnet zurück. Dann hatte er ein einfaches Weib, die den
brotlosen Künstler verließ. Er lebte in Einsamkeit in Arles, Provence, und
schuf wie ein Besessener, genoß die Gemein-schaft mit Gauguin, stritt sich
aber viel mit ihm, schnitt sich im Wahn das Ohr ab, als der ihn verließ und
die Einsamkeit drohte. Ruhe fand er in der Anstalt, fand wieder zu seiner
Schöpferkraft zurück. Sehnsucht seines Leben: Liebe und Lebensberufung.
Soll ich alle Menschen lieben außer mir selbst? Soll ich mich selbst
hassen? Soll ich doch den Nächsten lieben wie mich selbst. Wenn ich mich
selbst aber hasste, liebte ich den Nächsten schlecht. Und wenn Gott in
meiner Seele wirkende Liebeskraft ist: Gott liebt mich. Ich soll mich aber
selbst verleugnen, nicht eigensüchtig oder selbstsüchtig sein. Was ist der
Unterschied zwischen der Selbstliebe und der Eigensucht? Der natürliche
Mensch ist eigensüchtig, er macht seinen eigenen Willen zu seinem
Gebieter und Gott. Der geistli-che Mensch nimmt seinen eigenen Geist
und Seele und Leib an als von Gott geschaffen, erlöst und geliebt. Er haßt
nicht, was Gott liebt. Aber er liebt sich selbst (wenn er Christus ähnlich ist)
nicht mehr als andere, sondern gibt sich anderen hin. Er nimmt seine
gottgege-benen Schätze an, um sie zu verschenken.
28.5.
29.5.
Gertrud von LeFort, Hymnen an die Kirche: Die Seele spricht: „Mutter...
bist du gewiß, meine Mutter, daß nicht der Bote des Abgrunds dich betrog?
oder daß Wildlinge aus der Engel Saal dich verhöhnten?“ Die Seele
spricht: „Ich irre wie ein Vogel um meines Vaters Haus, ob ein Spalt ist,
der dein fremdes Licht einläßt, aber es ist keiner auf Erden, außer der
Wunde in meinem Geist.“ Die Kirche spricht: „Ich habe dich überblendet,
daß deine Grenzen verfließen, ich habe dich verschattet, daß du deine
Schatten nicht mehr fändest... Ich bin zum Hohn geworden an deinem
Verstand... auf meiner Stirne wittern die Ufer des Drüben! Darum muß ich
Wildnis sein in deiner Erkenntnis und Vernichtung auf deinen Lippen.“
Die Kirche spricht: „Siehe, die Tage wollen nicht mehr aufstehen vor
Andacht, und die Nächte der Erde sind dunkel geworden vor tiefer
Ehrfurcht.“
Ich bin zornig über die Gebetsarmut der Pfingstler und merke, meine
Frömmigkeit läßt sich zur Zeit wenig mit andern Christen verbinden,
zumindest nicht mit den freikirchli-chen... Ich müßte Eremitenchrist sein
zur Zeit und schweigen wie Nikolaus von Flüe.
Lese über Pater Anselm Grün. Die Mystiker reden vom Ich-Tod, das ist
das Ende des Egoismus. Die Pietisten reden vom Zerbruch der
Persönlichkeit, das ist falsch. Sondern in der Tiefe des Selbst, im Herzen
Gott finden, ist der Weg. Gottes Wort meditiert führt zu Stille, es
entflammt nach Augustinus unsere Sehnsucht, und alle Sehnsucht unserer
Seele zielt auf Christus. In dem Sinn ist Selbsterforschung im Tagebuch
gut. Sankt Benedikt sag-te: Suche die Gemeinschaft und das Ich stirbt. In
Grüns Kloster keine feurige Predigt, son-dern Lesung und Psalmengesang,
keine anstrengende Bibelarbeit, sondern Meditation. „Al-le Einseitigkeit
wird zur Häresie“. Der protestantische Begriff vom Menschen sieht diesen
meist als durch und durch verdorben durch die Sünde an. Die katholische
Anthropologie redet von der Ebenbildlichkeit des Menschen und dem
Funken im Selbst, der durch Chris-tus erlöst und befreit werden muß.
(A.Grün legt fasziniert griechische Mythen aus.)
Aufsatz von einem Charismatiker: Gemeinschaft mit dem
Gekreuzigten. Heute wollen alle Gemeinschaft mit der Auferstehungskraft.
Aber Paulus wollte Anteil am Leiden Chris-ti. Ignatius von Antiochia
wollte zu den Löwen, sich zermalmen lassen und zum Brot Got-tes
werden. Die irischen Mönche sprachen vom „weißen Martyrium“ eines
opferbereiten Lebens, wenn sie das Leben lassen mußten, nannten sie es
das „rote Martyrium“. Die Mön-che des Mittelalters entwickelten
Methoden und Übungen, das Leiden Christi zu erfahren. Zinsendorf und
Teerstegen als christozentrische Mystiker wollten in Innerlichkeit auf den
Gekreuzigten schauen. Die Kreuzwegstationen nachvollziehen. Kreuz-
Jesu-Litaneien. Wir sollen nicht das Leid suchen, sondern Jesus
nachfolgen und alles Leid, das er uns zumutet, bejahen als Gemeinschaft
mit ihm (also auch die Schwermut).
30.5.
Reinhold Schneider: „Mein Herr und mein Gott, entreiße uns der Lüge
unseres Lebens, der Lüge der Eitelkeit und der Lüge der Gefälligkeit, der
Lüge der Angst! Lasse den Glauben in uns wachsen, der die Angst
auslöscht, und schenke uns den Mut, der deinem Sohne auf geradem Wege
entgegengeht durch die Bangnis der Zeit, diesen Glauben, der weiß, daß
kein Herr ist in der Welt außer deinem Sohne!“ Amen.
31.5.
Judith: „Also sind auch Isaak, Jakob, Mose und alle, die Gott lieb gewesen
sind, beständig geblieben und haben viel Trübsal überwinden müssen. Die
andern aber, so die Trübsal nicht haben annehmen wollen mit Gottesfurcht,
sondern mit Ungeduld wider Gott gemurret und gelästert haben, sind von
dem Verderber und durch Schlangen umgebracht.“
Das trifft auf den Hauskreis zu, in der wahren Anbetung schwach, im
Bitten stark: „Un-ser Gebet war kein Gebet mehr, kein Dank, kein
Lobpreis, keine Hingabe, nur die immer unvollständige Aufzählung
unserer Nöte und Ängste.“ (Schneider)
Schneider über die Bekenntnisse: Ein englischer Missionar ging nach
Indien und fand die Form der Hochkirche ungeeignet. Da er aber nicht auf
das Sakrament verzichten wollte, ging er in jede christliche Gemeinschaft,
ohnerachtet ihres Bekenntnisses. Keppler war zerrissen und litt an der
Zerrissenheit der Konfessionen, in der Frage des freien Willens war er für
Melanchton, gegen Luther, in der Lehre vom Abendmahl gegen Luther, für
Cal-vin, und wünschte sich, man kehre zur Einen catholischen Kirche und
dem einfachen christlichen apostolischen Alphabet zurück. Schneider
meint, die Wahrheit sei nicht im Siegen oder Siegenwollen, sondern in der
Liebe. Christus will die Einheit.
1.6.
2.6.
Omas Geburtstag. Jesaja: „Deine Augen werden den König sehen in seiner
Schönheit; du wirst ein weites Land sehen.“
Herr, du bist mein Erlöser von Selbstsucht, mein Tröster in Trübsal,
meine Stärke in meiner Schwachheit und der Herr und die Quelle meines
Lebens, der mich an meinem in-neren Leben täglich erfrischt und erneuert.
Laß mich jede Tat als Gottesdienst, jedes Wort und jeden Gedanken als
Gotteslob verstehen und vergib mir meine verborgenen Sünden, durch
Christus, meinen Herrn, Amen.
Eine Erzählung von Hesse gelesen und Elegien von Hölty: „Gaukelt
nur, ihr bunten Schmetterlinge! Andre Szenen laden mich zur Grotte, wo
die Schwermut lauschet, der Be-trachtung Mutter.“
3.6.
5.6.
6.6.
10.6.
Die deutschen Romantiker erfanden den Roman, die Engländer blieben bei
Versen. Die Deutschen griffen auf Katholizismus und Mittelalter zurück,
die Engländer benutzten anti-ke Mythologie. Schneider lehnte die
Renaissance als irdisch und sinnlich ab und griff aufs Mittelalter als
asketisch, mystisch und fromm zurück. Ich mag Antike und Renaissance,
aber in Heiligen und Mystikern und deutscher Romantik ist mehr
Christentum.
Ironisch werd ich von den Evangelikalen schon mit Mystik,
Mönchstum und Eremiten-tum in Verbindung gebracht.
Traurigkeit der Welt gleicht dem Räuber am Kreuz, der Christus
verachtet und im Un-frieden stirbt. Göttliche Traurigkeit gleicht dem
leidenden Räuber am Kreuz, der auf Jesus im Paradies vertraut, und den
eine ewig-lebendige Hoffnung erfüllt. An der Stellung zu Christus, nicht
am Charakter der Traurigkeit selbst, entscheidet sich, ob sie weltlich oder
göttlich ist.
Zur Poesie: „Und Er sprach zu mir: Du bist mein Knecht... durch den
Ich mich verherrli-chen will! Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und
verzehrte mein Kraft umsonst und unnütz, wiewohl mein Recht bei dem
Herrn und mein Lohn bei meinem Gott ist.“ Ich schreibe für den Herrn,
und mein wahrer Ruhm ist ein himmlischer. Dem gehorsamen Die-ner und
Arbeiter im Weinberg Gottes winkt vermehrte Seligkeit, wenn er nicht zu
Selbst-verherrlichung, sondern zu Christi Ehre schreibt. Alle
Selbstgefälligkeit und Eitelkeit der Kunst wird im Feuer des Preisgerichts
verzehrt.
Ovid, Metamorphosen: Ein Gott, wer auch immer, schuf Himmel und
Erde und Meer aus dem Chaos. Er schuf den ersten Menschen, „Japetos,
Sohn des Prometheus“, aus einem Erdenkloß und machte ihn zu Seinem
Ebenbild. Im Goldenen Zeitalter gab es keine Müh-sal, nur Frömmigkeit.
Dann stürzte Saturnus in den Tartaros. Krieg und Goldgier und Sün-den
breiteten sich auf der Erde aus. Überall herrschte die Göttin des Wahns.
Jupiter beschloß, die Erde zu überfluten. Vom Schicksal ist es bestimmt,
daß eines Tages Erde und Kosmos im Feuer vergehen. Die Sintflut kam.
Nur zwei Menschen überlebten, die landeten in einem Nachen am Berg
Parnassus (und opferten den Musen). Ein neues Menschenge-schlecht
entstand.
11.6.
Pfingsten. Lese Ludwig Tiecks Dichterleben, über Shakespeare. Marlowe
schrieb, wenn poetische Stimmung ihn ergriff, Robert Green schrieb zu
jeder Zeit. Das Sinnliche muß vom Schöpferischen verwandelt werden in
Sehnsucht nach dem Unsichtbaren, Ewigen. Das Ewige muß das Irdische
durchdringen, verwandeln und erheben. Gott wurde Mensch, verwandelte
den Menschen und erhob ihn zum reinen ewigen Leben. - Nachruhm
erstreben ist eitel, es kann nicht das wahrhafte Streben eines christlichen
Dichters sein. Sein ist: Zeu-ge Christi zu sein in der Zeit und teilhaftig zu
werden des himmlischen Ruhmes. Was nach seinem Heimgang mit seinem
Werk in der Welt geschieht, legt er begierdelos in die Hände des Heiligen
Geistes. - „...so wird auch das einsame Gemüt des Dichters erst wahrhaft
mit dem Überirdischen vermählt, wenn er den Abglanz desselben im
Irdischen mit liebender Hingebung erkennen mag.“ (Green nach Tieck).
„...ließ ich auf kurze Zeit alle meine Arbeiten ruhen, weil mich kein
Plan reizte, weil es mir unmöglich gewesen wäre, in dieser Stimmung
irgendetwas, wie meine früheren Stücke, zu schreiben“, sagt Shakespeare
im Tieck, so ergeht es mir diese Zeit.
12.6.
13.6.
14.6.
15.6.
Was heißt es, Christi Tod gleichgestaltet werden zu wollen? Ist das nur im
blutigen Marty-rium möglich? Paulus ersehnte die Todesgleichgestaltung,
ersehnte er das Martyrium? O-der ist es auch die Ungeborgenheit im
Sterben, die Gottverlassenheit, das Einsamsein im schmerzlichen Sterben,
die Todesangst? Wenn Paulus ersehnte, den Leiden Christi gleich-gestaltet
zu werden, ersehnte er dann das Leid? Und was heißt in dem
Zusammenhang die Sehnsucht, eins zu werden mit dem Auferstandenen?
Geschieht dies erst in der Auferste-hung von den Toten?
Ich muß mein Leben Christus opfern. Ich opfere ihm um seiner Ehre
willen meinen welt-lichen Ruhm und, wenn er will, um meiner Berufung
zu seiner Verherrlichung willen mei-ne Begier nach einem Weibe. Ich bin
bereit, ihm auch meine Dichtkunst zu opfern, sie soll ein Opfer des Lobes
sein, oder, wenn er will, soll mein Opfer in ihrer Aufgabe bestehen, im
Verzicht auf sie. Man kann das Dasein nur vom ewigen Leben her richtig
bewerten.
Schneider über Novalis und den Tod: „Die Dichtung gibt das Bild des
Lebens, nicht das Leben selbst; wie auf der Höhe des Glaubens der nur das
Leben gewinnt, der gestorben ist und wiedergeboren wurde, so läßt sich
auch wohl von der Kunst an ihrer Stelle sagen, daß der Künstler nur das
Bild des Lebens und der Welt erreicht, der sich von der Welt gelöst hat, in
gewissem Sinne sogar ihr gestorben und dann wieder, frei und von ihren
Gütern nicht beschwert, in sie eingetreten ist. In einer besonderen
Beziehung zum Tode erst kann die letzte Zusammenfassung der
Wirklichkeit in gereinigten Bildern gelingen, mag diese Beziehung nun
eine geheime oder offenbare sein; der unbedingte Abschied erhöht die
Sprache zur Sprache der Kunst.“
Novalis schreibt, daß Christus „als die Geliebte umarmt“ werde.
Welche Idee von Chris-tus verbirgt sich in der Ideal-Liebe? Die Ideal-
Liebe ist das Heilige, Himmlische, darum der Jungfrau Maria so verwandt,
die Lust ist das Irdische, der Venus verwandt. Mein Bild war eine heilige
Jungfrau, die wirkliche Frau war anders, das war der tragische Irrtum.
„Da er (Novalis) sich zu sterben sehnte, entdeckte er, daß er Christi
Sterben an seinem Leibe trug, und war gerettet.“
17.6.
Die Liebe zu einer Frau kann nicht zum Sinn des Lebens werden, daß
hieße, die Frau zu vergöttern. Die Frau kann auch nicht vor finsteren
Mächten schützen. Das und Sinn geben kann nur Christus. Christus muß
die Idee, der Grund jedes Poetischen Werkes sein, denn Christus ist der
„Sinn“, wie man Logos auch übersetzen kann. Kann man „in der Geliebten
Christus umarmen“? Wahre Entsagung besteht darin, sein Heil nicht in der
Frauenliebe, auch nicht in der idealisierten Frau, zu finden, sondern in
Christus allein, wie es die entsa-genden Mönche taten.
Schneider über Chamisso: „Dichtung entspringt nicht in den
Ereignissen, sie ist die Er-füllung eines ursprünglichen, vor allen
Ereignissen gegebenen Auftrags, der im Lebenslau-fe wohl verstärkt und
bestätigt werden kann, jedenfalls aber ihm wie der Künstler dem Stoffe
oder dem Material gegenübersteht.“ Chamisso „geht vom Schmerz um das
Teuerste aus, dessen Verlust eine Gnade für die geläuterte Seele ist“.
Schneider über Droste-Hülshoff: „Gerade darum muß ja in gewissen
Phasen Nacht ohne Trost für den Heimgesuchten sein, als sein Anteil an
Golgatha.“ - „Wer könnte die Versu-chung der Zerstörung, die Neigung
zum Untergang leugnen: einen wesentlichen Klang des deutschen
Gedichts!“
Paul Claudel: „O fühlt ich doch bald mein weites Werk unter mir
auferstehn, o berührt ich doch schon mit den Fingern dies unzerstörbar von
mir Gefügte, ein Ganzes, zusam-mengeschlossen aus all seinen Teilen, dies
wohlgefestigte Werk, das ich schuf aus hartem Gestein, dem Urquell eine
Fassung, mein Werk, die Wohnung Gottes!“
4.7.
Werner Bergengruen: „Ich weiß nicht, von welchem Franzosen das Wort
stammt: Je ne travaille pas, je m’amuse. Ich mache es mir gern zu eigen.
Das heißt, ich arbeite nicht im Dienst von Ideen, Thesen, Programmen,
Ansichten und Zwecken, sondern aus Leiden-schaft und meiner Freude
zuliebe. So habe ich denn auch nicht das Gefühl einer Mission;
dergleichen vermöchte mein Unabhängigkeitsbedürfnis nicht zu dulden.“
Lese die Erzählung Plus Ultra von Gertrud von LeFort, eine Liebe, die
verzichtet, ver-zichten muß und sich verzichtend im Kloster dem Gebet für
den geliebten Menschen wid-met. Der Beichtvater sagte, auch die irdische
Liebe sei (nach Platon) ein Weg zu Gott. Gott lieben in seinem Ebenbild
sei eine Liebe, Gott dargebracht.
9.7.
Ich will ein weites Christentum, Einheit der Christen, lernen von allen
Strömungen, auch Charismatikern und Katholiken. Die extreme Theologie
scheint mir kunst- und poesie-feindlich. Der orthodoxe Dostojewski und
der katholische Novalis sind meine Brüder. Für die Poesie brauch ich ein
weites Verständnis. Die fundamentalistische Theologie schränkt die Poesie
so ein, daß man im Extremfall nur noch die Bibel abschreiben kann,
Deutsche Literatur: In der Karolingerzeit Heliand und Otfried,
Überlieferung heidnischer Spruchdichtung (Odin). Ottonenzeit: Geistliche
und romantische Epen, Das Leben Jesu, Marien-Epen, Rolandslied,
Kaiserchronik. Stauferzeit (1150-1250): aristokratische Ästhe-tik:
Vervollkommnung durch hohe Minne, Rittertum, Ehrfurcht vor Gott.
Höfisches Epos: Wolfram von Eschenbach, Hartmann von Aue, Gottfried
von Straßburg (nach französi-schen Vorbildern). Nibelungenlied und
Kudrun. Minnesang. Spätes Mittelalter: Niedergang der höfischen Kultur;
Oster- und Fastnachtsdramen. Neue Prosaformen der Mystiker. Hu-
manismus und Reformation: Rückgriff auf italienische Formen,
evangelisches Kirchenlied, viele Satiren, Schuldrama des Humanismus,
Entstehung der Briefliteratur. Hans Sachs. Lyrik nach dem Vorbild von
Horaz und Ovid. Volksbücher (Faustus). Barock: Aneignung der Formen
der Renaissance: Opitz-Poetik. Jesuitendrama. Viel Vanitas Vanitatis.
Gryphi-us. Angelus Silesius. Hoffmannswaldau. Schäferdichtung. Das
18.Jhd: vor allem Klop-stock. Empfindsame Dichtung entwickelte sich
unter Einfluß des Pietismus. Neigung zu seelischer Analyse und
autobiographischem Roman. Lessing. Wieland (Rokoko). Anakre-ontiker.
Sturm und Drang nach dem Vorbild Shakespeares, Ossians, Klopstocks.
Neuent-deckung der Ballade. Klassik beeinflusst von deutschem
Idealismus. Goether, Schiller. Romantik: Philosophie Schellings.
Erwachen eines Nationalbewußtseins. Das Geheimnis-volle, Sehnsucht
und Suche, das Chaotische, viele Lieder, Grimms Märchen, Novalis,
Brentano, Eichendorf, Spätwerk Goethes. Rezeption von Calderon.
Zwischen Klassik und Romantik stehen Kleist, Jean Paul und Hölderlin.
19. Jhd: Realismus, Grabbe, Grillparzer, Büchner; vor allem Mörike
(Biedermeier), Stifter, Heine, Droste, Keller und Storm. Hebbel und CF
Meyer. 20. Jhd: Rilke, Hesse, Thomas Mann.
Man kann den bedeutenden Einfluß des Christusgeistes auf die
Literatur feststellen: He-liand, Otfried, Marien-Epen, Mystik, Wolfram,
Kirchenlied, Gryphius, Jesuitendrama, Klopstock, Novalis und Brentano,
Mörike, im 20. Jhd: Schneider, Bergengruen, LeFort, Schröder, Klepper.
Aber mir scheint, der Einfluß nimmt immer mehr ab, die Literatur ent-
fernt sich mehr und mehr von der Offenbarung. Die moderne Literatur in
Deutschland wird im Wesentlichen neuheidnisch, okkult werden und von
Sinnsuche und Suche nach über-sinnlichen Erfahrungen geprägt sein.
Novalis: „Wenn es schon für einen einzelnen Dichter nur ein
eigentümliches Gebiet gibt, innerhalb dessen er bleiben muß, um nicht alle
Haltung und den Atem zu verlieren...“ Könnte ich ein Jesus-Epos ohne
Frauen schreiben? Nein, denn ich tauge nicht zur Darstel-lung des rein
Männlichen. Selbst meine Ritter waren feminin und von bedeutenden
Frauen umgeben. Meine männliche Poesie, David, sind nur
Nachdichtungen der Bibel. Wo ich Eigenes schaffe, heißt es: Maria.-
Die Religion der Liebe beschreibt auch Novalis im Gespräch zwischen
Heinrich und Mathilde: „O Geliebte, der Himmel hat dich mir zur
Verehrung gegeben. Ich bete dich an. Du bist die Heilige, die meine
Wünsche zu Gott bringt, durch die er sich mir offenbart, durch die er mir
die Fülle seiner Liebe kundtut.“ Im zweiten Teil des Ofterdingen zu Be-
ginn spricht zum elenden Pilger die heilige Mutter Maria mit der Stimme
Mathildens zu ihm.
Novalis sagt, man muß Sinn und Verstand, Genie und Talent haben,
eins ohne das ande-re ist Schwäche.
Der Theologe kann in Jesus den Theologen sehen, der Arbeiter den
Arbeiter, der Knecht den Knecht, der König den König, der Arme den
Armen, der Wanderer den Wanderer, der Leidende den Leidenden, der
Sterbende den Sterbenden. Kann der Dichter in ihm den Dichter sehen?
Was ist ein Dichter und ist Christus ein solcher? Die Bibel ist die Poesie
der Poesien, die höchste Poesie, der Heilige Geist ist vollkommner Poet.
Christus, ist er Dichter in den Gleichnissen, in den Lobgesängen, in dem
Vaterunser und der Bergpredigt? Er sagt Wahres schön, er sagt
Offenbarung in alltäglich-weltlichem Gewand. Er ist selbst die
Offenbarung im irdischen Kleid, er ist Logos im Fleisch, er ist ein Gedicht.
Sein Leben ist ein Roman, sein Sterben eine Tragödie, seine Auferstehung
ein Hymnus. Er stirbt mit einer Elegie auf den Lippen: Psalm 22. Es gibt
ein Buch eines christlichen Schriftstellers übers Jesus: „der Sperlinge und
Lilien zu Gleichnissen nahm“, durchaus romantisch. Er sprach
verständlich und zugleich geheimnisvoll. Die Bibel kennt geistliche
Lieder, darin Elegien und Hymnen, Liebeslieder, Tanzlieder,
Geschichtsbücher in mythisch-poetischer Sprache, also dichterische, den
Mythos der Schöpfung, die Phantasieprosa der Offenba-rung, die Romane
der synoptischen Evangelien, die Biographie in lebendiger Darstellung,
theoretische und persönliche Briefe voller Beredsamkeit und ohne
Niedrigkeit. Der regel-mäßige Anfang der Seligpreisungen „Selig sind...“
ist ein poetisches Stilmittel. Die Send-schreiben der Offenbarung sind
poetisch gegliedert mit fast refrainartigen Wendungen. Die Bibel kennt den
hebräischen Rhytmus, das Stilmittel des Parallelismus, die Metapher,
sinngebundenen Reim und Alliteration, Akrostichen, Witz und Ironie,
Satire, Klage und Jubel. Sie ist höchst poetisch und sollte das Muster aller
Poesie abgeben.
10.7.
11.7.
Habe geträumt, daß ich zur Katholischen Kirche konvertieren wollte, aber
der Volkskatho-likenverein empfing mich ohne Liebe. Höhere, gläubige
Katholiken redeten mir ermuti-gend zu, ich solle enthaltsam leben.
„Ich bin die Liebe. Ich habe dich, o Mensch, je und je geliebt.“ Und
der Mensch preist die Liebe. Der Mensch lebte im Garten der Liebe, die
sie ihm alles gegeben hat und mit ihm sprach. Aber er wählte die
Lieblosigkeit. Aber er kann nicht ohne Liebe leben, denn sie ist sein
Leben, sein Licht, sein Sinn. Der Mensch ist zur Liebe geschaffen, zur
Liebe berufen. Er kann nur durch das Opfer, durch das Blut wieder zur
Liebe finden. Die Liebe will sich in das Herz des Menschen ergießen, sie
will ihn wieder in den Garten der Liebe führen, das ist der Himmel.
12.7.
Las Arnims Isabella zuende. Die gleiche Idee, wie Spenser bei Una und
Duessa, war bei Arnim mit Bella und Golem-Bella. Arnim ist dunkel. Las
Der tolle Invalide und Frau von Saverne. Arnims Stil ist mir fremd, er ist
Dunkel, es kommt keine liebliche Natur vor, aber viele böse Menschen.
Lese Eichendorfs Verspoem Robert und Gusicard. Die Romantik liebt
das Schauerliche, Gespenstische: Arnim und Hoffmann.
16.7.
17.7.
Im Glauben ist der Wein Blut, das Brot der Leib Christi, im Glauben essen
und trinken wir Christus.
18.7.
Traum: Ich war in eine fremde Stadt gezogen, für einige Wochen. Eines
Abends ging ich auf die Straße, in eine Schenke, wo niedrigster Pöbel saß
und soff und mich schmähte. Ich ging und wußte, ich würde nie wieder
hineingehen. Dann ging ich einsam spazieren, einen steinernen Fußweg
durch Baumreihen. Schließlich kam ich zu meinem Erstaunen in eine
romantische Altstadt, mittelalterlich. Ich stand vor einer schlichten
steinernen Burg. Zur Rechten befanden sich mehrere Kirchen: eine große
katholische, eine kleine katholische Kapelle und eine lutherische, alle im
romanischen Stil. Ich sah mir den Schaukasten der lutherischen Jugend an,
da hingen Plakate von Marx, Lenin, Mao Tsetung. Ich war entsetzt. Dann
trat ich aufgeregt und wild in die katholische Kirche, die ich leer vermutete
und in der ich betend meinen Frieden finden wollte. Es war aber gerade
Heilige Messe. Der Pries-ter in edlem Priestergewand sah mich streng
ermahnend an. Ich setzte mich beschämt auf eine Bank. Die Kirche war
kunstvoll ausgestaltet, die Wände in grün und blau und gold, wohl mit
Bildern und Zierat, die Holzbänke in warmem hellem rotbraun. Die
Besucher Männer und Frauen zwischen sechzig und neunzig Jahren. Der
Priester ging leise mit ei-nem Tablett voll Hostien umher, das Brot
austeilend. Er kam zu mir und sagte, das Brot werde nach streng
päpstlicher Lehre nur an Katholiken ausgeteilt. Ich bekundete, kein Mit-
glied der katholischen Kirche zu sein, fand es aber im Stillen schade, am
Abendmahl nicht teilnehmen zu können. Der Gottesdienst war zuende, ich
ging neben dem Priester einen langen Gang durch einen herrlichen
Vorsaal, im Gespräch. Er war voll von großer mysti-scher Weisheit, voller
tiefgeheimer Wahrhaftigkeit. Aber er ermahnte mich wegen meines wilden
Eintretens in die Kirche. Er unterrichtete mich in der Geheimlehre der
Weisheit. Ich stand mit dem Priester am oberen Ende einer Treppe, die
Stufen ausgelegt mit rotgoldenen weichen Teppichen, die Wände von
feierlichem Dunkel, alles wie ein Gottestempel voller Herrlichkeit, aber
nicht dem Mammon, sondern der Weisheit Gottes geweiht, wie mir schien.
Dann flüchtete ich mit jungen Katholiken schwimmend durch einen Kanal.
- Es ist erstaunlich, der dritte Traum vom Katholischen in den letzten
Wochen. Erst die Empfin-dung großer Liebe, dann die Konversion, dann
der heilige Tempel.
Erster Petrusbrief: Leiden wir, wie auch Christus gelitten hat, ist es
eine selige Freude und Gnade zum Heil, dann kommt die Herrlichkeit und
Seligkeit der Seelen, große Freude.
ETA Hoffmann, Der Goldene Topf, ist voller Phantasie und Poesie,
aber er berührt mei-ne Seele nicht so schön wie Novalis, Eichendorf,
Brentano. Arnim war offen dem Aber-gläubischen, das macht ihn dunkel.
20.7.
Brentanos Gockel durch, niedliche Stellen darin, zB. von der
Mäuseprinzessin Sissi und dem reimenden, wortspielenden Schwälblein.
Aber leider sind die Romantiker Verächter der Juden gewesen. Bettine hat
einmal aus Trotz gegen den antisemitischen Zeitgeist (auch in der
Christenheit) sich mit einem Judenmädchen angefreundet. Große Schuld
lastet auf der Christenheit für ihren Antisemitismus, dem auch der alte
Luther frönte. Papst Johannes Paul II bat die Juden im Namen seiner
Kirche um Vergebung.
Homerübersetzer Voß wird im Brentanomärchen Murmeltier
verspottet. Voß verab-scheute die Romantik, nichtdeutsche Worte, Sonett
und Kanzone. Ich liebe Sonette mehr als die stolpernden deutschen
Hexameter.
Romantischer Briefroman: Der Mönch Narzissus flieht aus den engen
bedrückenden Klostermauern, in die er als Knabe kam, er hat noch keinen
Glauben, stürzt sich in die Weltlust der Frauenliebe, Zauberei,
Naturschwärmerei; bleibt aber im Briefwechsel mit der Nonne Agnes, der
er von seinen Eskapaden berichtet, die ihn gütig lenkt, und schließlich
seine Bekehrung und sein Gang entweder ins Kloster oder zu einem
Bettelorden.
23.7.
Der Dreißigjährige Krieg findet in meiner Seele statt. In mir Tilly und
Gustav Adolf von Schweden.
24.7.
25.7.
26.7.
Tiecks Sternbald ist das Schönste, was ich bisher von Tieck gelesen habe,
fromm, voller Seele und Schwärmerei, voller Gedanken über das Wesen
der Kunst. Dürer ermutigt mich dazu, alle Pläne meines Herzens fleißig
auszuführen. Aber Fleiß geht nur in Zeiten der Be-geisterung. Ohne
Begeisterung ist Kunst tot.
27.7.
31.7.
2.8.
Der ständig graue und verregnete Sommer ist fürchterlich. Die Einsamkeit
ist groß. Unge-färbte Liebe, wo ist sie? Ich habe eine Sehnsucht nach
einem Leben, die auf Erden nicht gestillt werden kann. Es muß so
poetisch, licht und voller Liebe sein, wie es nur im Him-mel sein wird.
Selbst in irdischer Poesie ist das nicht zu schildern. Die Häuser der
Ewigkeit werden wirklich aus Rubinen und Smaragden sein, heute ging
mir die unglaublich poeti-sche Schönheit der ewigen Wohnungen auf. Die
Gärten und Wälder werden voll sein von den schönsten Gesängen, alles
licht und lebendig, sehr fruchtbar, sehr friedlich, ohne Un-heimlichkeit.
Und alles wird voller Liebe sein. Es gibt da keine Einsamkeit. Die
Heiligen und Seligen lieben sich alle mit einer vollkommenen Liebe, kein
Neid, keine Abneigung, keine Überheblichkeit, keine Kälte wie auf Erden
auch unter Christen. Kein Zweifel mehr, ob Jesus lebt und das Gebet hört,
er ist sichtbar und allgegenwärtig. Selbst wenn ich A-bendfrieden und
goldnen Sonnenschein und Taubenruf und Baumgrün und Teichstille ha-
be, sehne ich mich nach dem Paradies. Möge Jesus bald mich holen
kommen. Nichts hält mich hier.
Mach End, o Herr, mach Ende.
7.8.
Lieber Vater, in letzter Zeit habe ich oft das Gefühl, daß meine Gebete nur
Selbstgespräche sind. Ich finde und fühle dich nicht. Ich bete dennoch, aus
Not... Bewahre mich vor erneu-tem Liebesleid. Die Zeit meiner Mystik im
Mai war so tief, so friedlich, aber ich habe auch viel Einsamkeit erfahren.
Nun habe ich Sehnsucht nach liebevoller, gefühlvoller, zärtlicher
Gemeinschaft, Sehnsucht nach einem verstehenden Freund und Sehnsucht
nach Küssen und Umarmungen. Wie gern würd ich einmal von einer Frau
hören: Ich liebe dich! Vater, du füllst diesen Mangel grad nicht aus. Ich
sehe Jesus nicht, nicht seine Schönheit. Auch darf ich nicht an die Jungfrau
Maria glauben, die selbst im Glauben nicht gegenwärtig ist und nicht
sinnlich erfahrbar. Jesus spricht nicht zu mir. Die Bibel sagt: Ich, Gott, hab
dich je und je geliebt. Ich lese das, Vater, aber es ist nicht so, wie wenn ein
Mensch mir das sag-te. Ich sehe deine Augen nicht, ich höre deine Stimme
nicht, ich werde von dir nicht um-armt. Ich muß entsagen und verzichten,
und das ist mein Kreuz. Wie einsam war Jesus auch in Gethsemane, da die
schlafenden Freunde ihm nicht beistanden. Ach Vater, ich lie-be die Erde
und mein zeitliches Dasein nicht und sehne mich danach, bei dir in deiner
schönen Welt zu sein, und in Liebe gebettet zu sein und ewiger Freude.
Das Leben ist schwer. Wenn du nicht wärst, Vater, würd ich mir das Leben
nehmen. Nun aber hab ich die lebendige Hoffnung inmitten meiner
Traurigkeit. Lob sei Christus, Amen.
9.8.
Eichendorff: „Die heiligen Märtyrer, wie sie, laut ihren Erlöser bekennend,
mit aufgehobe-nen Armen in die Todesflammen sprangen - das sind des
Dichters echte Brüder, und er soll ebenso fürstlich denken von sich; denn
so wie sie den ewigen Geist Gottes auf Erden durch Taten ausdrückten, so
soll er ihn aufrichtig in einer verwitterten, feindseligen Zeit durch rechte
Worte und göttliche Erfindungen verkünden und verherrlichen.“ - Und:
„Wache, sinne und bilde nur fleißig fort, fröhliche Seele, wenn alle die
andern Menschen schlafen! Gott ist mit dir in deiner Einsamkeit, und er
weiß es allein, was der Dichter treulich will, wenn auch kein Mensch sich
um dich bekümmert.“ Sehr schön, genau mein Sinn.
Im alten Venedig hatten die verheirateten Adelsfrauen mit Einwilligung
ihres Ehemanns einen Cavalier servente, der sie morgens am Bett
besuchte, bei der Morgentoilette half, sie zu ihrem Vergnügen ausführte
oder in die Kirche, auch sein Geld stand ihr zur Verfügung. Meistens war
es nicht unzüchtig, manchmal gab sich auch ein Geistlicher dazu her. So
ein Cavalier servente (wahrscheinlich Überrest der älteren Zeit, da die
Gräfin einen Ritter hat-te, der für sie die Lanze brach), so ein Amico bin
ich. Die Ehen wurden in Venedig von der Eltern aus Ökonomie
geschlossen, nicht aus Liebe.
10.8.
11.8.
12.8.
Ich weiß nicht zu beten, ich habe kein Verlangen nach der Bibel, pro forma
bete ich ein Vaterunser. Dichtete nachts traurige Geistliche Lieder. Ich
habe Sehnsucht nach einer lyri-schen Sprache voll von Weisheit und
himmlischem Wohllaut, und meine Versuche schei-nen mir nur Gestotter
und Radebrechen. Erst im Himmel kann ich wahre Poesie zustande
bringen. Allgemeines Ungenügen an der Erde.
13.8.
Erwachte mittags voller Haß und Verachtung auf alles. Ohne Gott leben ist
fürchterlich, da lebt keine lebendige Liebe im Herzen. Wüstenzeit. Gott
scheint ferne, scheint tot. Kein Gebet gelingt. Keine Sehnsucht nach Gott,
nach der Bibel. Diese wird langweilig, allzu bekannt, unbedeutend für
mein Leben und nicht schön genug. Gleichzeitig Unglück der Seele, die
Gott entbehrt. Gefühl, ungeliebt zu sein. Alle frommen Sätze sind hohle
Phrasen. Dunkel. - Mich rettet nicht mein Glaube, sondern Gottes Gnade.
Ich ersehne das intime Zwiegespräch mit Gott. Habe eine Sehnsucht nach
Liebe, Geliebtwerden, Glück, Poesie und Leben, die auf Erden wohl nie
gestillt wird. Ach wär ich tot!
18.8.
19.8.
Schrieb Sonette und Madrigale. Las gerne Tieck (seit seinen Alma-
Sonetten lieb ich seine Dichtungen), der genialste Romantiker in meinen
Augen ist Novalis, der auch schöne anti-ke Oden und Hexameter dichtete,
und der liebe, liebe Clemens Brentano mit seiner ver-zweifelten,
kindlichen Frömmigkeit.
Die „Emanzipation des Fleisches“ war eine Bewegung um 1800, halb
klassisch, halb romantisch, Byron und Heinse vor allem, auch Brentano im
Godwi und Schlegel in Lucin-de. Ich gestehe, ich lese so etwas mit Lust:
Heinses Ardinghello hab ich dreimal gelesen, mein Italien mehr als
Goethes Reise. Und Don Juan mit allerschönstem Genuß, Haidée ist die
wahre Venus. Aber ist nicht Emanzipation des Geistes vom Fleisch das
göttliche Pro-gramm? Aber ist nicht auch Lob der wahren Sinnlichkeit wie
im Hohenliede Aufgabe eines christlichen Dichters?
In der Bibel steht, daß alle Könige der Erde ihre Herrlichkeit in das
Neue Jerusalem ein-bringen werden. So werden alle Meisterwerke der
Kultur im Himmel verherrlicht sein: der Himmelstempel von Peking und
die chinesischen Gärten, der Kölner Dom oder die Aache-ner Pfalz,
Venedig als Märchenstadt etc.
Mein persönlicher Eindruck von Venedig - Piazza und Canale Grande,
Dom, Geschäfts-straße, Rialto, Fischmarkt, Maria del Miracoli, Marco-
Polo-Haus - war das Bild der Venus von Botticelli, also in Wahrheit eine
weiße Geliebte mit langen roten Locken, Flammetta am besten geheißen.
Gotteslob: „Wo Liebe ist, da ist Gott. In ihr können wir Gottes Nähe
erkennen. Wenn wir Liebe haben, zeigen wir den anderen Menschen Gott.“
20.8.
21.8.
22.8.
Gebet zu Gott. Und Maria führe sie ihrem Sohne Jesus zu. Maria ist die
Schwester der En-gel. Möchte noch einmal Maria-Hymnen schreiben:
oliva speciosa, o Balsamstrauch, o elfenbeinerner Turm! Aber ich muß
schauen, wie der allmächtige und allwissende Gott meine Frömmigkeit
entwickelt. Maria ist Ecclesia, Braut Christi, Sulamith.
O Maria, schöne Fürstin des Himmels, Braut des Morgensternes! Du
bist die Gnadenrei-che, die Schmerzensmutter, die Jungfrau sonder Makel.
Schön wirst du gepriesen als Bal-samstaude, als Vlies, auf das der Tau des
Geistes sank. Bitte du für mich und trete ein für mich bei Jesus, dem
dornengekrönten König. Führe mich zu ihm und entflamme mein Herz mit
der Liebe, die du zu Gott hast, meine Mutter.
23.8.
Ich versuche unter Menschen zu kommen, aber bin froh wieder allein
zuhause zu sein und einsam trauern zu können um In., die nun ein Engel
ist. Die Kerze brennt vorm Marienbild mit Ähnlichkeit zu der
Verschwundenen und der Ikone. Gotteslob, Musik, Wohlsein in elegischer
Einsamkeit. Ich suche Trost bei Menschen, aber sie trösten nicht, sie
zerstreuen höchstens.
28.8.
Einer fragte, wie es mir ginge. Er zitierte Paulus, der die Christen
ermahnte, die Elenden zu ermutigen, daß sie nicht von „übermäßiger
Traurigkeit verschlungen“ würden. Es ist wie Israel in der Wüste.
Beschränkung auf Manna, keine Fleischtöpfe und Knoblauch und Bier
Ägyptens mehr. Wachteln begehrten sie, das erzürnte Gott. Zu trinken gab
es nur Wasser aus dem Felsen, keinen Wein der Freude. Und dennoch
kamen sie nach Elim, wo Palmen und Quellen rauschten, ein flüchtiger
Vorgeschmack auf das Gelobte Land. Im Gelobten Land wuchsen riesige
Trauben (Wein der Fülle). Die Psalmisten und Hiob berichten von der
Erfahrung eines Christenlebens, das die Dürre kennt, wo Gott sich nicht
lebendig zeigt. Wir sollen treu sein. Die Psalmisten trösten auch über das
trügerische, vergängliche Glück der Gottlosen. Das Evangelium verheißt
nicht Erdenglück, sondern Seligkeit des Himmels.
1.9.
Dichtete im Traum antike Oden.
Lieh Catull aus und kopierte Ovids Liebesgedichte. Lesbia und
Corinna erinnern mich an Eine. Überlege, erotische Elegien zu schreiben.
Las Hiob und klagte Gott mein Elend. Ich lebe ein Hiobs-Leben. Trost gab
mir der spekulative Gedanke an Freitod. Wäre es nur einfach, schmerzlos
und nicht sündig! Ich wäre am allerliebsten tot!
2.9.
Es wäre grausam von Gott, wenn er mich mit diesem Gemüt alt werden
lassen würde. Der Tag des Todes ist besser als der Tag der Geburt, sagt der
Prediger. Verflucht die Stunde, in der man sagte, ein Knabe kam zur Welt,
sagt Hiob. Jerusalem, du hochgebaute Stadt, wollt Gott, ich wär in dir, sagt
der Kirchendichter. Ich würde gern morgen, nachdem ich die Ge-liebte
sah, am Herzinfarkt sterben. Zur Not müßt ich in totaler Verblödung und
Abge-stumpftheit des Gemüts die restlichen Jahre leben. Selbstmord ist
grausam und verboten. Gott scheint mir grausam, daß er mich so leiden
läßt. Warum heißt der Heilige Geist Trös-ter, wenn er nicht tröstet? Warum
im Herzen solche Sehnsucht nach Liebe, wenn mich kei-ne Frau liebt?
Warum solche wahnsinnige Sehnsucht nach dem Paradies, seit sieben Jah-
ren, wenn ich in diesem Jammertal vielleicht noch fünfzig Jahre vegetieren
muß? Das ver-hüte Gott! Ich bete um einen frühen Tod. Wer kann mich
retten? Ich will weinen! Die Ge-liebte wird mich nicht retten, sie wird
mich nicht einmal mütterlich oder fraulich trösten.
Warum hab ich nur meinen Selbstmordversuch überlebt? Majakowskis
Kugel traf, Zwe-tajewas Strick erwürgte sie, Byron ward erschossen, der
selige Novalis starb früh, Jochen Klepper starb am Gas, und ich muß
leben, dieses gottverdammte Erdenleben leben! Ich hab das feste Gefühl,
daß Gott Selbstmord verbietet. Aber ist nicht Jochen Klepper im Him-mel?
Es rettet einen doch nicht die Tugend, sondern der Schrei zu Gott! Aber
schrei ich zu Gott? Gott ist so fern! Er kümmert sich nicht um mich,
teilnahmslos läßt er mich leiden, ein kalter gleichgültiger Alter auf dem
Thron, und ein verherrlichter Herr, der nicht mehr nahe ist, und ein Geist,
der nicht mehr tröstet. Sinnlos scheint mir das Gebet, scheint mir nur
Selbstgespräch. Ich vertraue Gott nicht mehr. Gott ist Gott! Ich verstehe
ihn nicht. Die Gottlosen läßt er glücklich sein, mich aber hat er mit meiner
Bekehrung zum Allerelends-ten gemacht. Seit dem Sankt-Agnes-Tag 93
bin ich dem Tode nah und kenne kein Vergnü-gen an der Welt mehr. Wenn
es nur so schön einfach wäre, sich das Leben zu nehmen, wenn wir nicht
so an diesem elendigen Dasein doch hängen würden, wenn die Angst vor
dem Schmerz und die Angst vor dem Sterben nicht so groß wäre und die
Angst vor Gottes Gericht! Ich fürchte den Zorn und das Gericht Gottes!
Ich fürchte die Hölle! Wer kann ga-rantieren, daß bekehrte Selbstmörder
nicht in die Hölle kommen, wo steht das geschrieben? Wer kann mich in
die Freude retten, wenn Gott mich nicht rettet? Wie soll ich dies Kreuz
tragen? Es scheint mir zu schwer. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich,
Christus, erbar-me dich!
3.9.
4.9.
5.9.
Über biblische Poetik. Die Bibel ist Gotteswort und Menschenwort, wie
diese beiden Quel-len sich zueinander verhalten, ist ein heiliges
Geheimnis. Jedes Wort ist gottgehaucht (wie ich wohl glaube), aber ganz
in den eigenen Worten des Chronisten, Dichters oder Prophe-ten
ausgedrückt. Gott verwandte die Sprache der Menschen. Er verwandte
auch die menschlichen, kulturell gewachsenen literarischen Formen. Die
orientalischen Volker kannten Hymnus, Klage, Spottlied, Liebeslied etc.
Gott verwandte das. Inwiefern ist da-durch in der Bibel eine neue Qualität
dieser Formen entstanden? Vielleicht ist die Schön-heit verwandt mit der
der heidnischen Poesie, aber in der Bibel sind Schönheit und Wahr-heit
optimal vereint. Vielleicht ist der altägyptische Hymnus schön, aber er hat
keine göttli-che Wahrheit. Welche Entwicklung nahm die menschliche
Seite der hebräischen Poesie? Hat David eine kulturelle Blüte
hervorgebracht? und Salomo diese noch verfeinert? Als ältestes Bibelbuch
wird Genesis, dann Hiob angesehen. Genesis gibt den wahren Mythos in
einem großen Gedicht von Schöpfung und Paradies. Hiob ist in Versen
verfasst. Welche Gestalt haben die hebräischen Hiobsverse? Eine deutsche
Nachdichtung gibt es in Blank-versen. Hiob ist dramatisch, dialogisch,
elegisch, Weisheitsliteratur, voller poetischer Bil-der. Goethe greift in
Faust I auf Hiob zurück. Die liberalen Theologen datieren Deborahs
Triumphgesang (Schlachtlied) in älteste Zeiten, welchen Versrhytmus hat
dieses Lied? In der deutschen Literaturgeschichte las ich, daß das
poetische Mittel des Parallelismus häufig in sakraler Poesie verwandt wird.
Stammt es ursprünglich aus der Bibel oder kannten die Babylonier und
Ägypter es ebenfalls (und Chinesen im Shi-Jing)? Alle Uroffenbarung der
Völker ist in Poesie, in Versen überliefert. Das deutet darauf hin, daß das
Dichterische zum Wesen des Menschen als Ebenbild und damit auch zum
Wesen Gottes gehört. Gott hat auch das Wesen eines Erzpoeten. Die
formalen Aspekte der Dichtkunst, Rhytmus, Melo-die, Wohllaut,
Regelmäßigkeit, kann man in der natürlichen Schöpfung ebenfalls finden.
Der innere Aspekt der Dichtkunst, der verdichtete Ausdruck, gehört
wesentlich zum Reden Gottes. Gott ist kein Schwätzer, sondern ein
wesentlich und gedichtet redender Gott der Wahrheit. Platon redete vom
obersten Prinzip als von dem Wahren, Guten und Schönen. Gott ist wahr
und gut. Jesaja sagt, Gott ist ein Gott der Schönheit, oder, noch
wesentlicher, der Herrlichkeit. Gott dichtete mit seinem Reden (und das
Wort geschah) die gesamte Schöpfung: einen Jaspis, einen Schwan, ein
Röslein, Sie: das sind die Gedichte des Logos Gottes!
6.9.
7.9.
Gestern vorm Einschlafen las ich die Kreuzigung in Lukas. Wie nüchtern,
ruhig, undrama-tisch wird das größte Leiden der Welt dargestellt! Wie
anders hätte es ein Tragiker (etwa des Sturm und Drang) dargestellt.
Warum ist das Neue Testament so wenig poetisch? Wie wird das Leiden
dramatisch und exaltiert im Hiob geschildert!
8.9.
Godwi: „Ich habe zuviel gelitten und hänge noch viel zu innig an meinen
Tränen, den ein-zigen, die mir treu blieben.“
Mir tun gut die Schilderungen und Lieder des todessehnsüchtigen
Einsiedlers in Godwi, sanft und traurig und von stiller schöner Hoffnung
auf besseres Leben jenseits des Grabes. Welchen Wohlklang hat das Wort
„Grab“ für mich! Wichtig in depressiver Verzweiflung ist liebevolle
Menschennähe. Die frommen Ratschläge der Freunde Hiobs sind
überflüssig. Liebe, Sympathie, Freundschaft, Anteilnahme sind die beste
Medizin. Traurige, meidet die Einsamkeit.
Ach ich bekomme nirgends die Liebe, nach der ich mich sehne.
Niemand hilft mir, auch Gott nicht, ich in meiner Elendsschwäche muß
mir selber helfen. „Arzt, hilf dir selber!“
„I’m nothing but a stranger in this world. I’ve got a home on high, so
far away...“
11.9.
12.9.
13.9.
Jeremia: „Nie saß ich fröhlich im Kreis der Scherzenden; von Deiner Hand
gebeugt, saß ich einsam; denn mit Grimm hast du mich erfüllt. Warum
ward mein Schmerz denn ewig, ward meine Wunde unheilbar und will
nicht gesunden? Wie ein Trugbach wardst du mir, wie ein Wasser, auf daß
kein Verlaß ist.“ (Jer. 15; 17,18)
Schneider war den Protestanten zu katholisch, den Katholiken nicht
katholisch genug, den Andern zu christlich. Am Ende seines Lebens fügte
er sich nicht mehr in tradierte Glaubens-Denkmuster. Sein Begriff des
Tragischen hieß, der Mensch sei bestimmt, sich im Leiden zu bewähren, er
solle sein Schicksal annehmen, um frei zu werden. Die Tragik des Christen
ist das Vertreten der Wahrheit, die auf Erden als etwas Zerbrochenes
erscheint, von der Welt abgelehnt wird. Schneider als „geborener
Selbstmörder“, Klepper als „Selbstmörder wider Willen“. Im Drama
personifizierte Laster, das Gefängnis der Leiden und die Rettung durch
Buße und Gnade. Die „Wiederkehr des Immergleichen“ in der Ge-schichte
macht historische und doch auch aktuelle Werke möglich. Er war
Monarchist. Er wollte aber das Gottesreich anstelle des Weltreiches. Der
alte Schneider, wie Johannes vom Kreuz, glaubte, als er glaubte, nicht
mehr zu glauben: „Gefordert wird von uns über die Kraft, der felsenfeste
Glaube, daß durch die Untergänge hindurch der Weg des Heiles führt, der
Heimweg.“ Glauben über den Glauben hinaus. Die Christenheit versagte
in Liebe und Gerechtigkeit. Daß die Wahrheit eines Lebens hervorleuchten
kann, muß das Leben viel-leicht gar zerbrochen werden. Daß Christus in
mir Gestalt gewinne, muß ich gekreuzigt werden. Schneider war einsamer
Christ, Einzelgänger. Er schrieb kurz vor seinem Tode, um der Wahrheit
willen sei es besser, mit einer brennenden Frage im Herzen zu sterben, als
mit einem nicht mehr ganz ehrlichen Glauben. Anteil an Christi
Verlassenheit. Leid ist Anteil am Kreuz Christi, kann aber auch
Versuchung zum Unglauben sein. Er war Asket, nicht Zelot. Er hatte
Toleranz ohne Indifferenz. Fatalität der Geburt: Schwermut, Existenz-
angst, Hang zur Einsamkeit. Schopenhauer, Leben ist Leiden. Nietzsches
Rausch. Musik der Deutschen als Todesrausch. Entscheidende Begegnung
mit Kierkegaard, dieser: „O Tod, ich glaube, man tut dir Unrecht. Welche
Bedeutung kannst du nicht dem Leben ge-ben!“ Schwermut wird Passion.
Kierkegaard: „Die Situation der Gleichzeitigkeit mit Chris-tus, das allein
ist Existenz.“ Schneider: „Es ist das Paradox der Botschaft, daß wir in
einem gewissen Sinne krank sein müssen, weil Er sonst nicht zu uns
kommt.“ In der absurden Leere des Atomzeitalters erlitt er seine letzte
Anfechtung, Hoffnungslosigkeit und Klein-glaube. Er erbat ewigen Schlaf
unterm Kreuz, ohne Hoffnung der Auferstehung, verharrte dennoch im
Gebet. „In aller Religion ist die Sehnsucht nach dem Leidenden Gott, dem
Bruder in Schmerzensgefangenschaft, ein Trost. Der Mitleidende ist uns
deshalb auf Erden hilfreicher als der Auferstandene. Krankheit ist eine
Gabe, eine Gnade, Anteil am stellver-tretenden Leiden Christi.“ Es ist
falsch, die Tragik ins Heidentum zu verweisen. Einmal trifft der Weg eines
jeden auf den Kreuzweg des Herrn. „Es gibt eine Stelle ohne Trost. Wir
müssen aushalten, wenn wir sie erreicht haben. Näher als hier können wir
dem Kreuz nicht sein.“ - „Der Schmerz über die göttliche Liebe, die nicht
hilft, ist der schrecklichste der Kreuzigung.“ Selbsthingabe in der Agonie,
im Bewußtsein des unbegreiflichen Gottes. Schneider über Camoes: „...ein
Leiden, aber auch ein Leiden-Wollen“, unergründlichen Schmerz erfährt er
frühzeitig von der Qual der Liebe, aber „gerade Qual wird in der Liebe
gesucht“. Camoes Geliebte als menschliche Bestie...
Das Thema der Todesahnung unter der Wolke der Schwermut: Kleist,
Schopenhauer, Wagner, Nietzsche, Thomas Mann, Hesse, Schneider.
Untergang im Leben, Vollendung im Werk. Konflikt der Vorstellung mit
dem Willen, der Form mit dem Leben, des Dichters mit der „menschlichen
Bestie und dem Meer“. Den Untergang durch Annahme überwin-den. Die
Vernichtung gebiert durch den Dichter das Werk, das idealisiertes Leben
ist. Das Leben wird im Dichter vernichtet, daraus entsteht die Formung
idealisierten Lebens; das ist Dialektik. Schneider konnte nur in Bildern
und Schicksalen denken, nicht in abstrakt-rationalen Theoremen. Natur,
Rausch, Trieb und Macht (Wille) auf der einen, Geist und Ohnmacht
(Vorstellung) auf der anderen Seite: idealistische Metaphysik.
Augustinisches Entweder-Oder: Gottesstaat oder irdische Macht unter der
Herrschaft des Teufels. Schnei-der stellt Elend, Tod, Verfall, Besessenheit,
Untergang Einzelner und ganzer Völker aus-führlich dar. Barocke
Gruftstimmung. Die Geschichte sei „sehr reich an Bildern, die mit den
Mitteln irdischer Wirklichkeit die jenseitige ausdrücken und den Gehalt
einer Epoche in ihrer Beziehung zur Ewigkeit ausdrücken.“ Dichter sind
geschichtliche Figuren, Vorbil-der, sie tragen das Stigma der
Selbstaufopferung für Werk und Auftrag auf der Stirn. „Dichter kommen
entweder zu früh oder zu spät; vorzubereiten, was kommen soll, oder in
die Dauer zu erheben, was vergänglich oder vielleicht schon vergangen
ist.“ Ich bin ein zu Spätgekommener. Die Romantiker waren ebensolche.
„In der Prägung und verpflichtenden Darstellung, nicht in der Erfindung
des noch nie Dagewesenen besteht die schöpferische Tat.“ Schneider
kritisierte an der deutschen Klassik und Romantik die Flucht vor der ge-
schichtlichen Stunde in den reinen Geist. Auch ich fliehe vor dem Geist
der Weltzeit in den Traum des Heiligen Geistes in meiner Seele.
Wollust, Wahn und Tod! gewaltige Urtriebe, vielleicht dämonisch,
beherrschen mein Denken. Licht, Liebe, Güte, Vernunft und Geist sind
nicht in Sicht. Gott ist fern, ich bin allein. Eine Szene an Hiob und Lilith
wühlte mich sehr auf, es ist ein mich sehr anstren-gender dionysischer
Tanz vom Untergang und der zerstörenden Wollust.
Salomo vereinigt die Schwermut (Prediger) und die Lust (Hoheslied).
Das wäre ein inte-ressanter Stoff, diese Mischung aus melancholischer
Weisheit und Genuß der Liebe eines Weibes. Wollust der Verzweiflung,
Todes-Lust!
Gedanken beim Wodka: Goethe kannte Leiden am Geist in Iphigenie
und Tasso, dann wandte er sich der Lust an Faustine zu. Ich hasse den
politisch-katholischen und den fun-damentalistisch-charismatischen
Triumphalismus. Christentum besteht im Leiden. Gegen die Absurdität
Gottes steht nur das Kreuz Christi. Ich finde Christus in der Vergangenheit
am Kreuz, in der Zukunft im Paradies, aber nicht (mehr) in der Gegenwart.
Die Moralität des Christentums und die Liebe Gottes gingen mir fort, aber
das Kreuz Christi steht mitten in meinem Leben. Ich bin ein nordischer,
deutscher, friesischer Typus, aber nicht mir zum Genuß, sondern es ist
mein Kreuz. Das Paradies ist im Südland, sinnlich und sonnig. Ein-samkeit
ist mir ekelhaft. Ich will mich an geistreichen Gesprächen berauschen.
Habe Sehn-sucht nach zügelloser Lust.
„Ich glaube langsam, die Menschen verlieben sich, um unglücklich zu
werden.“
„Er läßt mich nicht Atem schöpfen, sondern sättigt mich mit Bitternis.“
(Hiob)
14.9.
Die Frauen wissen von ihrer Schönheit, üben damit tyrannische Macht
über die Männer aus, sie sind menschliche Bestien, she-demons, Lilim.
„Mich ekelt mein Leben.“ Hiob. Eliphas von Teman sagt zu Hiob:
„Siehe, du hast viele unterwiesen und matte Hände gestärkt; deine Rede
hat die Strauchelnden aufgerichtet, und die bebenden Knie hast du
gekräftigt. Nun es aber an dich kommt, wirst du weich, und nun es dich
trifft, erschrickst du!“ Wer hilft mir, wenn ich ertrinke?
Wer in die Nachfolge Christi tritt, wird mehr als vorher leiden, aber er
erfährt auch die Gnade, die sein Leben in ein Opfer verwandelt. Das
Gottesbild zerbricht, aber Gnade be-deutet, daß es Schneider auch als
zerbrochenes weiter in Anspruch nimmt. In dem Tragi-schen sieht er das
Geheimnis des ganzen zeitlich-historischen Lebens. Er betont, daß man es
nicht genau definieren kann, sucht es aber trotzdem immer wieder zu
beschreiben und zu bestimmen. Er findet den Inhalt des Tragischen in der
Literatur, die den Namen Tragödie trägt. Das Tragische bedeutet für ihn,
daß die Lage des Menschen hoffnungslos ist, daß die Ewigkeit mit dem
Zeitlichen in Widerstreit steht, daß durch das Leben ein Bruch geht, daß
aber dennoch ein transzendentes Licht auf den Weg des Menschen beim
Sturz in die Tiefe fällt. Die Welt ist ein zerknicktes Rohr, das ist das
Zeugnis aller abendländischen Tragö-dien. Gegen den billigen
Optimismus, dem Nihilismus und dem Absurden nahe, dialek-tisch
denkend. Mystisch, prophetisch, utopisch. Im Tragischen handelt es sich
um Leiden, Unglück, Widerspruch. Man wird sich des Leidens bewußt und
sucht eine Antwort. Man findet auf das Leiden keine wahre Antwort. Das
Einzelschicksal wird transzendent für das Leiden der Menschheit. Das
Tragische ist ein allgemeinmenschliches Gesetz und unabhän-gig vom
Glauben. Schopenhauers und Buddhas „Leben ist Leiden“. Das Bild eines
Men-schen, dessen Schicksal es ist, sich im Leiden zu bewähren. Antike
Antworten: sich gegen sein Schicksal auflehnen oder es annehmen.
Widerspruch von Notwendigkeit und Freiheit. Notwendigkeit ist objektive
Wirklichkeit, Freiheit ist die subjektive Stellungnahme dazu. Trotz der
Annahme des Schicksals bleibt der Widerspruch zwischen Notwendigkeit
und Freiheit. Es gibt keine Auflösung. Eine letzte Antwort wird nicht
gefunden. (Auch in Hiob nicht.) Im Tragischen liegt eine Tendenz zum
Kreuz. Das „glückliche Ende“ hebt nicht unbedingt das Tragische auf
(Ödipus auf Kolonos.) Im Zentrum des christlichen Glaubens steht das
Kreuz. Das Schicksal des Christen verwirklicht sich im Dunklen. Die
Größe des Christen zeigt sich im Leiden. Das ist auch die Idee des
„russischen Christus“. Die Idee will sich in der Existenz verwirklichen und
geht in ihr unter, das Heilige wird auf Erden zerbrochen.
Ich bin wie ein Panther im Käfig gefangen. Niemand ist da für mich,
ich bin ganz allein, ohne Gott, dem Absurden und der Verzweiflung
ausgeliefert, ohne Trost der Religion.
Pascal: Es gibt nur ein Glück auf Erden, das ist die Hoffnung auf das
ewige Leben! Die Antike: Wen die Götter lieben, den lassen sie jung
sterben! Jeremia: Ach wär ich im Schoß meiner Mutter geblieben!
Nietzsche: „Ich liebe die, die nicht mehr zu leben wissen, es sei denn als
Untergehende...“
Wo ist Gott in dieser großen Trübsal? Ist er mit mir? wie? leidet er mit?
oder beobachtet er und wartet ab? Ach Christus an seinem Kreuz hatte
ebensoviele Fragen! Er sagte nicht: Gott, du hast mich verlassen, weil ich
zur Erlösung für viele zur Sünde und zum Fluch ge-macht werden mußte!
sondern schrie: Mein Gott, warum, warum hast du mich verlassen?
Christus existiert für mich nur noch am Kreuz, in seiner Gottverlassenheit.
Aber es gibt für mich keinen triumphierenden Christus auf dem Thron, der
mächtig mir beisteht. Meine Sehnsucht ist nicht nach einem Paradies, das
wir uns nur irdisch vorstellen können mit Li-lienwiesen, schöner Stadt,
gesungenem Lobpreis, Gespräch mit dem Menschensohn; son-dern meine
Sehnsucht ist das Nichtmehrsein, das Erlöschen aller Leiden, ewige Ruhe!
In einem Tagtraum sah ich ein leeres Kreuz, aus hartem Holz gezimmert:
Christi Kreuz oder meines? Gott hilft mir nicht tragen. Die Frömmigkeit
der glückseligen Christenheit gibt mir weder Trost noch Kraft. Ich muß das
Kreuz tragen, Elend bejahen, aber es ist mir zu schwer, das Kreuz der
Einsamkeit, ich strauchle und falle weinend zu Boden. Wie Maria am
Kreuzweg sagte: Sehet, ob jemand solche Schmerzen kennt, wie ich
erleiden muß! Ich kann nicht um Hilfe beten, weil ich nicht wirklich
glaube, daß Gott lebt, für mich ist, Gebet erhört. Er ist ein Gott an sich,
aber nicht für mich in dieser Stunde. Er war für mich am Kreuz in
Christus, damals starb er meinen ewigen Tod, daß ich vor der Hölle
bewahrt wer-de. Aber ist dies nicht die Hölle, diese Gottesferne? Wehe
mir, ich elendster aller Men-schen!
Eine wies auf die Biographie Joni Tadas hin, daß Gott gerade den
Leidenden helfen kön-ne, daß gerade die Leidenden Erkenntnisse
gewinnen könnten, die den Satten und Zufrie-denen versagt blieben. Wenn
ich wieder an die Gegenwart Gottes glauben könnte! Ich bete einzig das
Vaterunser oder „Vater, ich lege meinen Geist in deine Hände!“ Mehr
nicht.
15.9.
Will nur den müden romantischen Schlummer von Godwi auf meine noch
vom gestrigen Leid wunde, kranke Seele wie Mondenbalsam wirken
lassen.
„Aber was ist das für ein Leben: ganz allein in einem fremden Land!“
Ich bin kein großartiger Erfinder, ich schreibe Seelenbekenntnisse wie
die empfindamen Pietisten und Hesse, auch der Godwi ist weitgehend
autobiographisch. Brentano war in seinen jungen Jahren hin- und her-
gerissen zwischen Venus- und Marien-Dienst, hoher und niederer Minne.
Brentano entschied sich in späteren Jahren für einen streng-asketischen,
büßerischen Mariendienst.
16.9.
18.9
20.9.
Für mich hat „Ehe“ einfach einen faden Klang.- Die Katholiken sind
ebensolche Puritaner wie die Evangelikalen. Die liberalen Evangelischen
sind freier gesonnen, aber dafür auch Synkretisten. Ich bin skeptisch
gegenüber allen christlichen Konfessionen. Ich bin ein chri-stologischer
Freigeist, ein Dionysos am Kreuz. Daß die Christen aber auch immer so
bür-gerlich sein müssen, solche Moralapostel und Anstandsdamen!
Novizin und Fundamenta-list werden mich nicht verstehen können.
„Puritaner“ ist mein Schimpfwort und „Philister“. Wie, wo, wann, mit
wem kann ich endlich das Fest der Wollust feiern?
Brentano: „Oh, es ist ein großer Unterschied zwischen dem Traum der
Liebe und der Liebe des Traumes!“
Ich weiß nicht, was ich nach Godwi noch lesen könnte. Will noch
einmal etwas wie den Godwi lesen: erotisch und christlich, ästhetisch-
immoralisch und tief, genialisch und katho-lisch. Ich bin begierig nach
Erotik, aber mit Religion.
Interessant der Doppelsinn der antiken Elegie: Klagelied und
buhlerisches Lied. Was sagt Platon über den Eros? Diotima nennt ihn einen
Dämon. Die Alten nannten ihn Ältes-ten der Götter, später ward er der
Knabe, der blinde Gott. Die Liebe und die Gerechtigkeit sind den Römern
beide blind, die beiden scheinbar widersprüchlichen Wesenszüge Gottes,
des Gottes, der mich sieht. Einer sagte, Eros lebt von schönen Gefühlen,
die schöne Ge-danken hervorbringen und diese schöne Taten; Agape lebe
von schönen Gedanken, die gute Taten zeugen, diese wiederum gute
Gefühle. Das Wort Eros kommt im Neuen Testa-ment nicht vor, aber Eros
ist der schrecklichste und gewaltigste der Götter! Die Leiden-schaft ist hart
wie die Hölle, unwiderstehlich wie das Totenreich! Eros ist ein
Daimonium, also der gute Geist, der Sokraktes inspirierte.
21.9.
Schneider: „Gott ruft, und der Mensch soll antworten. Aber er versteht im
besten Falle das an ihn ergangene Wort, nicht Gottes Plan. Er sollte
einsehen, daß an einen Andern ein an-deres Wort ergehen kann und es
achten.“ Auch Schneider sagt, in ihm tobe der Dreißigjäh-rige Krieg. Er
wäre zwar katholisch, könne aber die Evangelischen nicht widerlegen und
verstehe sie nur zu gut.“ - „Ich halte die Neigung zum Selbstmord für eine
angeborene Ver-suchung, ein nicht lösbares Problem... Wie ist es mit denen
bestellt, die Dissonanz sein sollen in der unhörbaren Symphonie?“ - „Die
innere Verwundung, die er ((der Selbstmord-versuch)) zurückläßt, vernarbt
nicht. Wer sich auf solche Weise einmal von Welt und Men-schen
geschieden hat, wird sich nie mehr in ungeteilter Gegenwart an ihren Tisch
setzen.“ - „Es kann sein, daß das Leben zerstört wird aus der Sehnsucht
nach einem Übermaß an Le-ben; aber ebensowohl aus wahrhaftiger
Sehnsucht nach Schlaf...“ - Über Camoes: „Das Tödliche der Leidenschaft,
die vernichtende Betörung, die Dämonie der Liebe, das Glück ihrer
Selbstzerstörung und denTriumph ihres Leidens, ihre absolute
Unstillbarkeit hat er mit solcher Macht des Klanges ausgesagt, daß nach
ihm kaum etwas zu sagen bleibt. Er hat sie bis ins Mythische gesteigert...
Die Geliebte ist zugleich Beatrice und wildes Tier und wieder Mutter:
menschliche Bestie.“ Camoes konnte sich nicht losreißen von den Göttern,
er suchte sie ins Christliche zu retten.
Tizians Bild „Himmlische und irdische Liebe“, eine sittsam bekleidete
Tugendfrau und eine reizend Nackte, welche Liebe ist irdisch und welche
himmlisch? Die Bekleidete soll himmlisch sein und die Nackte irdisch?
Tizian scheint es umgekehrt auszulegen: die Be-kleidete ist bodenständig,
die Nackte scheint stürmisch in den Himmel zu fliegen. Nackt-heit der
biblischen Eva im Paradies, Linnenkleider im Neuen Jerusalem? Scham
über die Nacktheit in der Sündenzeit.
„Wenn sie lachte, war es nicht laut, es war vielmehr ein sanftes
gedämpftes Girren“.
Bettine: Schönheit ist göttlicher Geist im Mutterschoß der Natur
gezeugt. Erkenntnis ist die Schönheit des Geistes, höher als leibliche
Schönheit.
22.9.
23.9.
Ihrem beharrlichem Nein verdank ich die Theologie der Schwermut und
die neue Nähe zum Kreuz. Alle Dinge müssen dem, der glaubt, zum
Besten dienen. Ich finde soviel Frie-den in der Heiligen Messe, da ist mir
der Streit der Theologen gleichgültig. Ich will aber auch das Blut Christi
trinken. Ich betete zur heiligen Mutter Maria das Salve Regina frag-
mentarisch: Wende deine barmherzigen Augen mir in diesem Elend und
Tal der Tränen zu und bitte Jesus, meinen Herrn, um Trost und Kraft und
Barmherzigkeit für meine Seele. Dies Gebet stieg aus meinem Gefühl,
nicht aus meinem protestantischen Verstand.
24.9.
Wieviel Klage und Jammer ist in der Bibel, besonders im Alten Testament,
wieviel Zerstö-rung (durch die Sünde), wieviel Gewalt der Feinde und
Klage über das Glück der Gottlo-sen! Der Sündenfall, Sodom und
Gomorrha, die Sintflut, der Turm zu Babel, Ägypten, die Wüste, Sauls
Wahnsinn, Davids Klagelieder, der Prediger Salomo, Hiobs Elend, die
Klage-lieder Jeremias und seine Prophezeiungen, das Leid des Elia, die
Verzweiflung des Jona, der Gottesknecht in Jesaja. Dagegen nur die Idylle
des Hohenliedes und die Halleluja-Psalmen. Im Neuen Testament wird von
Christi Tränen geschrieben, nicht von seinem La-chen. Paulus: Ach ich
elender Mensch! In der Apokalypse breit gemalt das Gericht, am Ende nur
kurz angedeutet das Neue Jerusalem. So auch in meiner Poesie
Hauptgewicht auf dem Elegischen, dem tragischen Ton.
Gott „hat mich geführt und gehen lassen in die Finsternis und nicht ins
Licht... Er hat mich ringsum eingeschlossen und mich mit Bitternis und
Mühsal umgeben... Und wenn ich auch schreie und rufe, so stopft er sich
die Ohren zu vor meinem Gebet... Er hat mich mit Bitterkeit gesättigt und
mit Wermut getränkt... Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die
Hilfe des Herrn hoffen. Es ist ein köstlich Ding für einen Mann, daß er das
Joch in seiner Jugend trage. Er sitze einsam und schweige, wenn Gott es
ihm auferlegt, und stecke seinen Mund in den Staub; vielleicht ist noch
Hoffnung.“ (Jeremias Klagelieder.)
25.9.
Gregor der Große: Einem dunklen Gemüt kann nur durch den Anblick des
Leidens gehol-fen werden. Tauler: „Wohin Gott durch das Leiden mit dem
Menschen wolle, dahin folge er Gott und ergebe sich in seinen göttlichen
Willen.“
Eigentlich hätte ich gern einen katholischen Glauben wie Augustinus,
Franziskus, Mechthild, Pascal, Schneider, aber ich finde die rationalen
Argumente des Protestantismus nicht erschütterbar. Mein Herz hat
Sehnsucht nach dem Sakrament und der Heiligen Jung-frau. Maria, ora pro
nobis.
27.9.
Ging um 2 Uhr nachts ans Meer von Baltrum, gewaltiges Donnern der
Wogen, schöner Sternenhimmel, dunkle Erinnerungen an die Gräser und
Wege der Kindheit (einer heilen Kindheit). Ruhiges Gebet: Ich fand bei
Gott nicht Glück, sondern Tragik: einen Hang zum Dunklen und zum Tod.
Als die Laternen erloschen, überkam mich Furcht. Ich bejahe meine
Lebensgeschichte, denn sie führte mich dahin, wo ich jetzt bin: nicht zu
Müßiggang, son-dern an ein tragisches Leben und tiefes Ja zum Kreuz, mit
der Hoffnung und Gewißheit der Ewigkeit. O Ewigkeit, du Donnerwort!
30.9.
Bettine auch und Schneider auch sprechen vom antiken Daimonium: die
Zerrissenheit des Menschen kommt von seiner Sünde gegen sein
innewohnendes Daimonium. Schneider: „Ohne Todessucht keine Magie.“
Ich laß mich nicht mehr therapieren: Todessucht, Ro-manzensucht,
Idealisierung, Kindlichkeit, Eskapismus, erotisches Getriebensein: das bin
ich.
Mönche, Eremiten, Poeten und Seelenkranke sind Höhlenexistenzen.
Will über die Hei-ligen schreiben, wenn ich zu ihnen gefunden habe:
Wüstenväter, Säulenheilige, Maria Ä-gyptiaca, Antonius, Agnes in Rom,
Katharina von Alexandrien, Bonifazius, ganz katho-lisch, mystisch. Ich
könnte einmal ein Romänchen über Maria Ägyptiaca schreiben.
Ich bin maßlos in den Gefühlen. Baltrum war mir heute das Paradies
auf Erden, morgen mein tragisches Schicksal und Passionsdrama. Die
ganze Heilsgeschichte von Eden zum Kreuz lag darin, aber Ostern und
Jerusalem sind nicht in Sicht.
Die schöne Fähigkeit zum hohen Traum und die Unfähigkeit, ihn zu
verwirklichen.
Schneider: „In jeder Inspiration jubelt, verführt uns der Tod.“
Nihilismus, Dekadenz, sie kommen wieder nach diesem Elysium der
Südlichen Nordsee. Gibt es nicht unbelehrbare Tiere, die den gleichen
verhängnisvollen Fehler immer wieder begehen? So geht es mir mit der
Geliebten. Die klugen Ratgeber können mich nicht dressieren und dadurch
vor dem Unheil schützen. Nur gehe ich, anders als die Tiere, sehendes
Auge auf das Schwarze Loch zu.
Zwischen Jugendkraft und Altersweisheit.
1.10.
Der Mensch ist für die „niedere Minne“ geschaffen, für die Ehe. Die „hohe
Minne“ ist nur säkularisierter Mariendienst. Vielleicht sollte der religiös
begangen sein, ich bin unsicher. In der letzten Nacht auf Baltrum betete ich
einen frei improvisierten Rosenkranz mit Beto-nung auf die
Gleichgestaltung meines Lebens mit der Gottesgebärerin und dem
gekreuzig-ten Sohn Gottes.
Liebe ist der Wunsch nach Überwindung der Einsamkeit. Es gibt
schicksalshafte Ein-samkeit und die Einsamkeit des Kreativen, der keinen
Kongenialen fand.
3.10.
4.10.
Der Begriff „Sünde“ ist mir seltsam fremd geworden. Schneider schlägt
„Heimsuchung“ vor.
Es gibt eine innere Einsamkeit, die man zu den Menschen mitnimmt.
Die Menschen be-rühren nur die Peripherie meiner Seele, ergreifen von ihr
nicht den Kern. Wenn ich sagte von der „Peinigung durch die Krallen der
grausamen Einsamkeit“, was ich empfinde, wer von den Heiteren
empfände die Worte nicht als übertrieben pathetisch? Pathos heißt doch
Leiden, Mit-Leiden. Der Ausdruck für wahres Leiden muß pathetisch sein.
Einer sagt, Kunst sei Kommunikation. Wer meine Poesie liebt, liebt
mich. Es gibt keine Kommunikation, däucht mich gerade, es gibt nur
Radebrechen der Seele, Stammeln und Stottern und Lispeln des Herzens.
Sagt Poesie tiefer das Herz aus als das persönliche Ge-spräch? Dennoch
der unstillbare Drang nach Kommunikation. Suche, sich auszudrücken und
ein Echo seiner Seele zu finden. Ach wir dialogisieren, als wenn wir
monologisierten.
Wer will ihn heben, den Schatz meiner jungen Weisheit? Ich kann nicht
verstummen, kann nicht schweigen. Ich will daß ein Mensch mein
Tagebuch liest. Ein Mensch muß mich verstehen!
Einheit von Agape und Eros. Agape als der Geist des Eros, Eros ist
Fleisch. Fleischwer-dung des Logos. Die Geliebte ist ein verschlossener
Lustgarten. Sie gedenkt daran, daß sie sein ist, mit Geist und Seele und
Leib, dann gedenkt sie, daß er ihrer ist, er opfert sein Herz, sein Fleisch,
gibt ihr seinen Geist hin. Er, der voller Liebe ist, lebt diese Liebe für sie.
Er gibt sich ihr hin, sie antwortet hingebungsvoll mit einem tiefen
Vertrauen. Sie ist die Schönste unter den Frauen, die Braut ist die Einzige,
die er mit der ganzen Fülle seiner Liebe liebt. Sie ist die Vollendung seines
Traums. Was er schafft an schönen Werken, ist übertroffen von ihrer
Schönheit. Sie ist so schön, weil er sie liebt. Und gäbe es nur sie, und wäre
sie mit ihm vereint, so wäre eine neue Welt der Harmonie der Herzen da.
Ein Myr-rhebund. Die Myrrhe ist die Bitterkeit, das Leid, das der
Bräutigam leiden muß unter der Sonne. Dieses Leiden verkörpert den
göttlichen Bund, den er mit ihrem Herzen geschlos-sen hat, denn zwischen
ihren Brüsten beherbergt sein heißt, Ruhe zu finden am Herzen der
Geliebten, wie sie auch Ruhe findet erst in ihm. Wohl der fruchtbaren
Wirklichkeit der Braut, die den Bräutigam mütterlich aufnimmt und ihren
Leib ihm als Opfer hingibt. Gab die Narde ihren Duft: ein Bild für
schamhaftes Erröten. Die Narde ist eine indische Pflan-ze, die besonders
kostbar und besonders wohlriechend ist. All ihren Reichtum an Arom, an
Odor des Geistes, gibt sie ihm, von seinem Anschaun erweckt, ja, er weckt
den Reichtum ihres Wesen, der ein Wohlgeruch ist dem Liebenden. Dein
Name ist wie Balsamen-Salbe: Der Name wird ausdrücklich auf die Salbe
gereimt, denn ein Trost ist der Name des Bräu-tigams, denn ein
Wohlgeruch ist der Name der Braut. Die Braut heißt nach dem Öl des
Lebens. Ihre Seele ist gesalbt mit dem Öle der heiligen Liebe. Deine
Augen sind Tauben. Es sind reine Tauben, die gut sind und voller Sanftmut
und Frieden. Die Augen sind Tau-ben, weil sie die Liebe so oft angeschaut
haben. Sie trinken von den Wassern des Lebens und fließen über davon,
darum schimmern sie so von stillem Licht. Tauben sind Liebesvö-gel, ihre
Augen als Spiegel der Seele weisen Gestalten wie Engel der Güte auf, lieb
und licht und lind.
8.10.
9.10.
„Ach daß das Entsagen dem Begehren die Waage hält!“ Bettine.
„...die scheinheiligen, moralischen Tendenzen seh ich so alle zum
Teufel gehen mit ih-rem erlogenen Plunder, denn nur die Sinne zeugen in
der Kunst wie in der Natur.“ Bettine.
Mein Werk ist ein lebendiger Organismus, ständig aus dem Chaos sich
schaffend, vom Geist geordnet und zu festen Formen gestaltet. So
entstehen aus Leidenschaften, Leiden, poetischen Instinkten und Glauben
Werke, die Bestand haben müssen!
10.10.
„Ach, es ist so schauerlich, mit sich allein sein, in mancher Stunde! Ach,
so mancher Ge-danke bedarf des Trostes, den man doch niemand sagen
kann, so manche Stimmung, die geradezu ins Ungeheure, Gestaltlose
hineinzieht, will verwunden sein.“ Bettine.
Jesus Sirach über die Freunde: Sie sind wie Wein, sie müssen erst alt
werden, dann erst sind sie gut. Den neuen soll man nicht zu schnell
vertrauen. Manche bestehen nicht in der Not und machen sich lustig über
einen Elenden. Man solle keinen alten Freund um eines neuen willen
aufgeben.
„Du bist in sie verliebt, Goethe, es hat mir schon lange geahnt, jene
Venus ist dem brau-senden Meer deiner Leidenschaften entstiegen, und
nachdem sie eine Saat von Tränenper-len ausgesät, da verschwindet sie
wieder in überirdischem Glanz. Du bist gewaltig, Du willst, die ganze Welt
solle mit dir trauern, und sie gehorcht weinend Deinem Wink.“
Bettine zitiert Beethoven: „Da fühlt man denn wohl, daß ein Ewiges,
Unendliches, nie ganz zu Umfassendes in allem Geistigen liege, und
obschon ich bei meinen Werken immer die Empfindung des Gelingens
habe, so fühle ich einen ewigen Hunger, was mir eben er-schöpft schien,
mit dem letzten Paukenschlag... wie ein Kind von neuem anzufangen!“
Du Einzige, die mir den Tod bitter machst!
„Die Kunst ist Heiligung der sinnlichen Natur.“ Geniale Poesie: „Zu
solcher Aufgabe gehört nicht Berechnung, sondern vielmehr Leidenschaft,
oder vielmehr das Erleiden einer göttlichen Gewalt.“ - „Alle Erzeugnisse
der Kunst sind Symbol der Offenbarung.“ - „Die Gabe des Eros ist die
einzige genialische Berührung, die den Genius weckt; aber die an-dern, die
den Genius in sich entbehren, nennen sie Wahnsinn.“ Bettine.
11.10.
Bettines Buch der Liebe wühlt mich so auf. Ich bin strahlend vor Liebe
und süß wie Honig wegen der Goldenen Honigbienenkönigin. Oft war sie
mein bitterer Beifuß, nun ist sie meine herrliche Rose. Beifuß-Rose Ai-Wei
ist ihr chinesischer Name. Etwas am Hohenlie-de nachgedichtet.
12.10.
Bettines Buch der Liebe ist das schönste, was sie je geschrieben hat. „Ja,
die Wehmut ist der Spiegel des Glücks; Du fühlst, Du siehst in ihr
ausgesprochen ein Glück, nach dem sie sich sehnt.“ - „Ach und im Glück
wieder durch allen Glanz der Freude durchschimmernd diese schmerzliche
Wollust. Ja das Glück ist auch der Spiegel dieser aus unergründlichen
Tiefen aufsteigenden Wehmut.“ Gott, der „meiner Inbrunst, meiner
Sehnsucht kühlenden Balsam zuträufelte, der alles Begehren in geistiges
Schauen umwandelte.“
„The night is my companion, the solitude my guide.“
Bettine: „Schönheit erzeugt Begeisterung, aber Begeisterung für
Schönheit ist die höchs-te Schönheit selbst. Sie spricht das erhöhte,
verklärte Ideal des Geliebten durch sich selbst aus.“
Die Geliebte ist das Dornröschen der Nordsee, ihr Mund ist eine
Hagebutte, ihr Leib ein Meer, eine Zitterpappel, ihre Brüste sind
Schiffsglocken, ihr Haar ist rauschenden Dünen-gras. - Das Hohelied ist
ganz für Sie nachgedichtet. Sie ist so vielfältig, und ich will ihr tausend
Hohelieder schreiben.
Bettine: „Vielleicht dringt Gott durch den Geliebten in unser Herz?“ -
„Wo ich nicht in Worten liebkosen kann, da verweile ich nicht lange.“
Schneider: „Ach, was soll ein Herz auf der Welt, das schwer ist von
Liebe und diese Liebe verschenken möchte und niemanden mehr findet,
der sie annimmt!“
14.10.
War in der Heiligen Messe, so schöne Predigt über den Segen einer
christlichen Gemein-schaft, in der man seinen Götzen: seinen Reichtum an
Eigendrehung loslassen könne und Mensch sein. Es wurde ein Lied von
Angelus Silesius vom Kreuztragen gesungen und an-dere Lieder mit
süßmelancholischen Melodien. Der taubstumme Bettler, den ich aus der
Obdachlosenarbeit der Pfingstgemeinde kenne, gab mir während der
Wandlung die Hand, ich freute mich über ihn und gab ihm mein letztes
Geld. Ich ging so beseligt und verklärt aus der Messe, die mir immer so
gut tut. Mir gingen während der Messe die Parolen durch den Kopf, die
Wandlung sei Magie und Zauberei, die Kirche Roms sei heidnisch-okkult
oder die größte Sekte der Welt; all das kam mir nur engherzig und
lächerlich und sektiere-risch vor. Mich berührt der Katholizismus mit
seiner schönen Frömmigkeit.
Fragt ein Jud einen andern in Amerika: Na, bist happy? - Jo, happy bin
ich schon, aber nicht glücklich.
15.10.
16.10.
„The Lord is the only way for you to stop the hurt.“
Das schöne Buch Jesus Sirach gelesen, besonders schöne darin das
Hohelied der Weis-heit, so schön wie die Vermählung Salomos mit der
Weisheit in der Weisheit Salomos. Ich weiß nicht ob Jesus Sirach Gottes
Wort ist, die Katholiken sagen ja, die Protestanten nein.
Hesses Siddharta angefangen. Jesus Sirach und Prediger Salomo
wecken eine Sehnsucht nach der Weisheit in mir. Schneider spricht von
Jugendkraft und Altersweisheit. Noch do-miniert bei mir die Jugendkraft,
die sich in der Begeisterung erotischer Leidenschaft äußert. Ehrfurcht vor
Gott ist der Anfang in der Weisheit, aber wie wächst man in der Weisheit?
Es gibt ein Charisma der Weisheit. Übers Leid kann ich weise reden, aber
gerade in der Liebe bin ich meistens töricht und die wilden Leidenschaften
lassen mich fast die Ehrfurcht vor Gott vergessen. Ach ich armer Tor, wann
werd ich endlich weise? Brecht sehnte sich nach Weisheit und
Freundlichkeit und Güte. Konfuzius und Lao Tse waren weise und Pla-ton
und Sokrates. Schneider war weise. Gott, ich bitte dich, wenn du mich
noch viele Jahre auf der Erde leben lassen willst (was ich gar nicht hoffe),
dann mach mir Reife und Alter sinnvoll durch das Charisma der Weisheit.
Ich bin der törichten Leidenschaften überdrüs-sig.
17.10
18.10.
19.10.
Mit Einem über den Prediger gesprochen. „Haschen nach Wind“ (Luther),
„Verdruß des Geistes“ (King James) ist eine hebräische Doppeldeutigkeit.
Es heißt Verlangen, Begehren, Schmachten des Geistes und zugleich
Trachten, Streben nach Wind. Das Schmachten des Geistes ist vergeblich
wie ein Streben nach Wind. Ich sage: „Vergebliches Schmachten des
Geistes“.
Überlege, die Klagelieder Jeremias (Elegie) mit Lang- und Kurzzeilen
(Qinah) in Jam-ben textnah nachzudichten. In Jamben dichtete auch Tur-
Sinai nach, aber er war kein deut-scher Dichter, er radebrecht, die Gute
Nachricht dichtet auch in Versen, aber zu unabhän-gig vom Grundtext.
Clemens mußten die „Berge fern sein, um golden zu erscheinen“. Ist es
die Unerreich-barkeit der Geliebten, die sie so ideal macht? Aber ach die
Einsamkeit! ach das Fernsein vom Herzen!
Clemens an Sophie: Mir fehlt „ein Unnennbares, was mir deine Nähe
gewährt, mehr als irgend die Nähe eines Menschen.“ O Wohlsein und
Glück in Ihrer Nähe! Salomo: „Nichts vermag ein Mensch zu sagen!“
Sophie an Clemens: „...und bekämpfe jenen Hang, stets nach den
Fernen dich zu sehnen. Diese ewige Sehnsucht gehört nur Gott.“ Ja,
Sehnsucht nach dem fernen Lande als Sehn-sucht eigentlich nach dem
Paradies, (mein Israel und China), Sehnsucht nach dem fernen, verklärten
Menschen als eigentliche Sehnsucht nach dem vollkommenen Menschen,
dem Ideal, das ist Jesus.
Ein Hauch von Küsschen wie der Duft einer weißen Jasminblüte auf
ihre glühende Wan-ge...
Unbestimmt fühle ich, daß meine wilde Leidenschaft nicht zum
Katholizismus passt. Da scheint mir Dämpfung, Demut, Tugend und
Keuschheit zu sein, aber mich ziehts zu Sturm, Lebenslust, Stolz und
Genuß.
„Brentano liebte diese Frau als sein in die Welt getretenes Ideal, irdisch
und sinnlich und zugleich als Verkörperung dessen, was seine Phantasie in
kühnsten Träumen ausgemalt hatte.“ Arnim: „Wer dich nicht kennt, würde
dir geradezu sagen, du liebst sie nicht mehr als eine Romanperson.“
Brentanos hitzige Phantasie und ruhelose liebeshungrige Seele, seine
stürmische Schwärmerei und Absolutheit der Liebe.
Rubine des Feuers, Diamanten der Erde, Smaragde des Wassers,
Saphire der Luft, all das ist Sie, Sie ist die Natur, nach der ich mich sehne.
Sie ist die Rose, der Garten, die Lichtung im Walde, die Pinie, die
Hainbuche, der Apfelbaum, Pflaumenbaum, Birnenbaum, Pfir-sichbaum
und Granatapfelbaum, sie ist die Feige und die Dattel, in ihrem
Palmenschatten will ich ruhn, sie ist der reine weiße Lotos im trüben
Teich, sie ist sanft wie eine Wolke, süß wie ein Sommerhimmel oder der
Mai, zärtlich wie Maienblütenblust, melancholisch wie ein Herbstnebel,
tief wie der Winter, sie ist aus tiefem stillem Wasser, von verborge-nem
Feuer, geht mit den Jahreszeiten der Erde in ihrer Kleidung und ist ein
sanfter Wind, sie ist die Königin der Elemente, sie möchte gerne tanzen,
sie ist religiös, sie berherrlicht die Gefühle, sie ist romantisch, sie will tiefe
Gemeinsamkeit, absolutes Vertrauen, absolute Treue in der Liebe, sie will
Einheit von Liebe und Verliebtheit und Verlangen, sie hat Angst vor
Vereinnahmung durch die Freundinnen, sie war ein todtrauriges Kind, ein
schwermütiges Mädchen, sie mag mit Holz arbeiten, interessiert sich für
romantische, mo-dern-naturverbundene Architektur, sie glaubt an das
Prinzip Gottes, die Liebe und Wahr-heit und Güte, sie sehnt sich nach
spiritueller Führung, sie würde an Gott als Person zu glauben beginnen,
wenn sie ihn fühlen würde, sie ist klug, sie interessiert sich für Weltan-
schauung, Religion und Weisheit, sie wird unsicher, wenn sie fühlt, daß sie
in Wirklichkeit dem poetischen Bild nicht entspricht, sie ist schön, sanft
und süß, ihr Lieblingswort ist: Lieb... Sie ist meine Muse, sie hat es mir
erlaubt, sie so zu nennen.
Vorwort zu den poetischen Rosenkränzen: Diese jungen Rosenkränze
sind allesamt ge-zählt und gesungen zur Ehre Gottes. Manche mögen
darüber streiten, ob der Rosenkranz ein rechtes christliches Gebet sei. Ich
sehe in diesen Rosenkränzen die Verherrlichung der geschaffenen
Herrlichkeit und dadurch der schaffenden, ungeschaffenen Herrlichkeit.
Da alle diese Werke aus Liebe geschaffen wurden, weisen sie durch die
Ähnlichkeit der menschlichen mit der göttlichen Liebe deutliche Spuren
der letzteren, höheren auf. Diese Rosenkränze sind alle vom Morgenstern
gestreut worden und von einer klugen Jungfrau gereiht worden zu
Perlenschnüren. Jede dieser Perlen ist eine Sehnsucht nach der Neuen
Jeruschalajim, der schönen Braut Gottes, in deren Mitte der Poet die Liebe
lobt.
Nachdem Sophie mit 36 Jahren bei der Fehlgeburt stirbt, ist Clemens
Leben öde, ausge-brannt, undichterisch, tot. Er sucht Trost in der Religion.
Er träumt oft von Sophie: sehr schön, sehr heilig, wie in der ersten Liebe.
Sie starb: „Ach Gott, ach Gott, stärke mich! Lebt mein Kind?“
Gott möge mir ein ganzes Ja zu meiner Leiblichkeit geben. Ja, Gott
nennt in der hebräi-schen Sprache auch das sexuelle Verlangen Liebe, ein
Element der Liebe, dazu Eros der Seele, Freundschaft der Herzen und
Geister, stille Zuneigung von Natur und Kindern, ge-genseitige Inspiration
des Geistes und Liebe wie Christi Liebe: Er möge sich ihr offenba-ren!
Und das Verlangen bleibt.
Einer meinte: Wenn Schullamyth sagt: Ich bin schwarz, aber schön, so
meint das die Demut der Kirche, die von ihrer Sünde und von ihrem
Geliebtsein weiß. Mir scheint das rassistisch. Sie ist braun von der Sonne
Ägyptens. Ich bin schwarz und schön. Ihr Weißen, seht, ich bin eine
Negerin, und was für eine schöne Negerin!
Gereinigt für die Geliebte. Schenkte ihr Duftöl vom Ylang-Ylang-
Baum und einen Duft-stein mit Schmetterlingsbild. Sie freute sich ebenso
lieblich. Dann waren wir in einer Aus-stellung: 5000 Jahre
Stadtentwicklung von Dammaskus und Aleppo. 3000 Jahre vor Chris-tus
Kultur von Sumer, der Euphrat als Wiege der Menschheit, er entspringt
etwa nördlich von Syrien. Assyrische und ägyptische Herrschaft in Syrien.
Kleine Tontafeln mit Keil-schrift. Kleine Frauengestalten, vielleicht
Ascheren-Bilder. Schmuck, Perlenketten. Brun-nen, Töpfe,
Räuchergefäße. Hellenistische Epoche mit korinthischen Kapitellen, Akan-
thusblätter als Zier, und Friese mit Erosköpfen. Baalskult. Baal wurde in
römischer Zeit mit Jupiter identifiziert. Im 4 Jhd. wurde Syrien Teil des
oströmischen Reiches, in Dam-maskus byzantinisch-orthodoxe Basilika
oder Kathedrale. Um 650 Eroberung durch die Muslime, im Zentrum Bau
der Großen Moschee. Ornamentenkunst. Ein handgemalten Buch mit
naiven Illustrationen, ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Eine Art
Zither. Wasserpfeifen, gläserne Schminkfläschchen, verzierter kupferner
Zuckerhammer, Pfeifen in Samtstickereien gewickelt. Zigarettenspitze.
Moccatässchen von Bronze oder Kupfer. Bunte Ornamente an den
Wänden. Häuser mit Innenhof, Brunnen und schattenden Bäu-men... Dann
waren wir im Café. Sie war so schön! wie sprachen schön über die Liebe
und Kunst. Bedürftige und wertschätzende Lust. Freundschaft in aller
Liebe. Eifersucht. Ge-sprächslosigkeit ihrer Beziehung zum Ehefeind, mit
mir tausche sie sich viel mehr aus. Erzählte ihr von Clemens und Sophie
und Hölderlin und Diotima. Sie solle in mir nur lesen wie in einem Buch,
sie lachte. Aber sie, sagte sie, sei nicht befruchtend für mich. Ich sagte, ich
hätte es nüchtern geprüft und noch keine Frau so befruchtend empfunden
wie sie. Sie sei befruchtend durch ihr bloßes So-Sein, sie sei immer anders,
es sei sehr interessant, sie sei für mich die Summe der Natur. Sie freute
sich von Herzen darüber. Ich verglich sie mit Oma, das sei ein
Kompliment, denn Oma sei mir der liebste Mensch auf Erden gewesen.
Wenn die Geliebte die Natur ist, die Natur ein Bild Gottes, dann ist die
Geliebte ein Bild Gottes. In ihrer Schönheit, Sanftmut, Süße,
Freundlichkeit, Tiefe und Güte liebe ich diese Wesenszüge Gottes.
Qoheleth: Besser der Augen Schauen als der Seele schweifende
Sehnsucht. Im Frühling 98 hörte ich eine Predigt über den Genuß der
Schöpfung. Ich ging zu Ihr und genoß in ihr die Schöpfung.
Der Talmud sagt, der Embryo lese die Thora vor- und rückwärts und
kenne alle Geheim-nisse der Gottheit, aber bei der Geburt schlage ihm ein
Engel auf den Mund. Platon sagt in der Republik, die Seele sinke wie eine
Sternschnuppe aus dem All-Einen nieder, durch-wandere eine Wüste,
tränke von der Lethe und werde geboren. Nur Künstler, Philosophen und
Poeten hätten wenig von der Lethe getrunken und erinnerten sich der
Geheimnisse aus der Welt der Ur-Idee. Wir kommen aus dem Schoß
Gottes, er schuf unsre Seelen aus dem Nichts (was ist das Nichts?) und gab
uns Ähnlichkeit mit sich, schuf uns als Ebenbilder, wir sollen ihn suchen,
er zieht uns, er wird sich offenbaren.
Daß Diotima, die Sokrates über die Liebe lehrte, ihm auch den
Schierlingsbecher reichte! Das ist Tristan und Isolde, Liebe und Tod in
einem, das ist Antigones Hymnus auf das Brautgemach des Hades, das ist
Lammes Liebe am Kreuz und Hochzeit im Jenseits.
Homers Helena „steigt mit gerafftem Gewand leichtfüßig die Stufen
zum skäischen Turm empor, daß die Greise ihr bewundernd nachschauen.“
Isolde Kurz.
„Schönheit ist die Sprache, durch die der Schöpfer seine liebevollen
Gedanken uns im-merzu mitteilt, darum ist sie durch die ganze Schöpfung
ausgegossen.“ (Isolde Kurz)
Ihre Nase ist ein Duftflakon aus ägyptischem Rosenharz. Gott blies
Hans Adam den O-dem in die Nase, der Eva auch?
„... indem er seine unbelohnte Liebe der schönsten Frau als einen
Strahlenkranz um die Stirn legte, mit dem sie durch die Jahrhunderte
geht.“ Isolde Kurz.
Die Nase in der Bibel: „...blies ihm den Odem des Lebens in seine
Nase...“, „...will dir meinen Ring in die Nase legen...“, „solange der Hauch
von Gott in meiner Nase ist...“
22.10.
Einer sagte, die Eskimos hätten viele Worte für Schnee. Ich sagte, die
Griechen viele Wor-te für Liebe, die Hebräer viele Worte für Gott. Was
einem Volk wichtig ist!
Sie ist ihm „das Eine, Wesentliche, wodurch alle Dinge erst ihren Wert
erhalten“. Isolde Kurz.
23.10.
„Die Griechen wußten bei aller Verehrung, daß Aphrodite das Lachen
liebt. Wir sind kei-neswegs verpflichtet, unsere Liebesduette in Moll zu
singen, bebend, ewigkeitstrunken, herzzerbrechend, wie Tristan und
Isolde. Singen wir doch auch wie Papageno und Papage-na.“ CS Lewis.
Galle heißt Mara, das Bittere. Mirjam sah bitter die Not des
Mosekindes. Maria die Bit-tere sah die Passion. Dem einen wird das
Bittere zuviel, er verspritzt Galle; der andere nahm es an und schluckte die
Galle. Wer das Bittere mit Weisheit versteht, dem wird die Galle zum
Guten, er wird barmherzig. Der Ort Mara (2.Mose 15,23). Das Holz des
Lebens machte das bittere Wasser süß. Die Juden kennen vier Gallen:
schwarze, rote, weiße, grü-ne. - Die Scham der Frau heißt Mekem, Quelle
des Ursprungs. Das Geheimnis der Frau. Die Mutter schlechthin.
Keuschheit heißt Bescheidenheit, Verborgenheit, Heimlichkeit,
Unmerklichkeit. Ich will trinken von der Quelle allen Lebens. Nur durch
persönliche Liebe und intimes Vertrauen sich nähern. Eine keusche Frau ist
keine Prüde, sondern eine Ver-borgene. Liebe ist ein Opfer, keine Vorteil
bringende Sache. Liebe ist so unerreichbar wie der Baum des Lebens.
Begegnet man der Frau als Menschen, bestaunt in ihr das Wunder der
Frucht. Sie ist in Liebe gesehen Bild und Gleichnis Gottes. Das
Mannesglied nennt der Hebräer Mila: Beschneidung, oder Zeichen des
heiligen Bundes. Beschneidung ist Wegtun des Äußeren. Der Fromme lebt
den Akt als Verborgenes, Geheimnis.
24.10.
25.10.
26.10.
„Heute grüß ich sie von Weitem. Ich bin zu traurig und zu feierlich... zu
feierlich für Kin-der. Und doch Kind.“ (Rilke, die Weiße Fürstin)
Was mich tröstet, ist die Arbeit. Fragment um Fragment entsteht ein
Musentempel, ein Haus Jehowahs.
Lese die trostreichen Zisterzienser-Meditationen zum Hohenlied:
„Nirgends habe ich Trost, nirgends Erholung gefunden, sondern überall
nur Kummer und Schmerz, denn ich habe den, den ich so glühend liebe
und so inständig suche, nicht gefunden.“ Liebe ich Je-howah, liebte ich
Jesus so, wie ich Sie liebe! Würde mich solch eine süße Leidenschaft für
ihn ergreifen, wie ich für sie empfinde! Er würde mich nicht so
verschmähen. Wie soll ich zu Gott finden? Ich suchte Glück und Liebe,
Schönheit und Poesie, Herrlichkeit und Geist bei Ihr. Wo Sie war, war
mein Himmel, wo sie sich weigerte, meine Hölle. Aber sie kann nicht
geben, was meine Seele braucht. Ich zweifle sündig, daß Gott allein geben
kann, was meine Seele braucht. Er mutet mir zu, daß ich an ihn glauben
soll, obwohl ich ihn nicht süpre und erfahre. Ich bin in einer kalten
Fremde, ich aus dem hebräischen Südland, zuhau-se eigentlich bei Eyn
Gedyj; ich muß im kalten Germanien leben! Ich will heim zur Braut
Jeruschalajim, ich will zur Tochter Tsyown, ich will in den Himmel,
Jehowah dort zu um-armen und abzuküssen, zu ruhen an seinem Herzen,
im Sonnenschein seiner liebenden Au-gen. O Jesus komm! O laß mich
bald abscheiden! Ich ertrage das Exil nicht mehr.
Heimsuchung: mit Unerwünschtem, Unangenehmem überfallen,
geplagt werden. Mein Leben ist eine Heimsuchung. Den Frommen dienen
die Heimsuchungen zum Besten.
Jesus: Du mußt den Kelch trinken, den ich getrunken habe... Er war
Bitterkeit des nichti-gen Lebens, er war der Tod in allem Dasein. Jesus
rief: Mich dürstet!... Ihn dürstete nach der Liebe der Menschen. Sie aber
kreuzigten ihn. Dem werd ich gleichgestaltet.
Die Zisterzienser haben mir Sehnsucht nach Tiefe, frommer Stille,
Gebet, Meditation, Andacht, Sakrament, mystischem Wort Gottes und
konzentrierter Liebe zum Bräutigam Jesus gegeben. Jetzt lese ich
Brentano-Gedichte und fürchte mich vor der leidenschaftli-chen Liebe. Ich
will Seelenruhe. Ich will erwiderte Liebe. Ich bin der Liebesleiden über-
drüssig. Gott, mach mich gesund! Aber das ist unmöglich. Sie ist in mein
Herz gebrannt. Das hat etwas von Verurteiltsein zu unglücklicher Liebe,
und das hat etwas von Ver-dammtsein. Verfluchte Erde, die du Sehnsucht
erzeugst nach Milch und Honig, aber nur Staub und Kot gibst.
Lukas 11,27. Eine Frau erhebt ihre Stimme und ruft Jesus zu:
Glückselig der Leib, der dich getragen, und die Brüste, die du gesogen.
Und er sprach: Gewiß... - O glückselige Ma-donna Maria!
27.10.
28.10.
Dachte an Selbstmord. Heute tröstete mich eine Predigt über den Himmel.
Jesus in seiner göttlich-süßen Schönheit sehen, mit ihm tafeln, im Palast
Gottes im Himmel der Himmel wohnen, Gott loben, in neuer Kreativität
ihn mit Kunst verherrlichen, zur Harfe Hymnen in Himmelszungen singen,
unendliche Epen voller Wohllaut rezitieren von der Liebe und dem süßen
Herze Jesu, der da ist und nimmer fern. Ach wär ich da! Gott, gib Kraft zur
Ge-duld, zum Überstehen!
Heilige Messe. Nur der Kreuzweg ist der Weg der Auferstehung. Wie
1994 fühl ich eine tiefe, sehr süße, weltentrückende Beseligung durch den
Leib Christi. Mit Gesundung der Seele, tiefer Begegnung mit Gott und
dem Frieden Jesu trat ich aus der Kirche in die Nacht und gehe mit ihm
durch die Zeit gesegnet.
30.10.
Wozu die Mühe meiner Arbeit, wenn es doch keiner liest? Vor dem
Kruzifix: Christus ist auch auf der Erde gescheitert, die Jünger hielten
seinen Tod auch für eine Niederlage. Aber Christus wußte, daß Gott seiner
Niederlage einen Sinn geben wird in der Auferstehung. Dennoch, inmitten
der Niederlage war die kommende Auferstehung ihm kein Trost, sie
erleichterte sein Leiden nicht. Gott gab mir das Charisma meiner Poesie,
ich muß ihn damit verherrlichen, nicht um irdischen Ruhm zu erlangen,
sondern um Gott zu dienen. Das wei-tere Schicksal, das Vergessenwerden
oder der Nachruhm oder auch Erfolg zu Lebzeiten, liegt in Gottes Hand.
Was tut einer, der still in seinem Kämmerlein für alle Welt betet? Er hat
auch keinen irdischen Lohn, sein himmlischer wird um so größer sein.
Rilke: „Ist Schmerz, sobald an eine neue Schicht / die Pflugschar
reicht, die sicher einge-setzte, / ist Schmerz nicht gut? Und welches ist der
letzte, / der uns in allen Schmerzen unterbricht? // Wieviel ist aufzuleiden.
Wann war Zeit, / das andre, leichtere Gefühl zu leisten? / Und doch erkenn
ich, besser als die meisten / einst Auferstehenden, die Selig-keit.“
1.11.
2.11.
Brentanos späte Lieder haben eine Tiefe, die denen seiner Jugend mir zu
mangeln schien. In der Jugend heiteres Spiel, im Alter tiefer Schmerz,
Schmerz um die toten Kinder, vor allem um Sophie, und das Kreuz bitterer
Schwermut. Dennoch ist alles, bis auf ein paar sprachlich karge
Kirchenlieder, von Wortreichtum, blitzenden Schätzen an Reimen, betö-
render Musikalität. Diese späten Lieder und der Godwi, dafür lieb ich
Clemens. Möchte gern seine Briefe an Sophie lesen. Über Brentano:
„Zwischen Diesseits und Jenseits hin- und hergerissen, der tiefsten
weltlichen Leidenschaft verfallen und zugleich voll einer ge-heimen
Sehnsucht nach einer überirdischen Erfüllung seiner Träume, hat Brentano
sein Leben hingebracht. Am Ende blieb ihm das tragische Gefühl der
Vergeblichkeit seiner Dichtung.“
3.11.
4.11.
„Doch in den Begeisterungen / weiß die Jungfrau nichts von allem, / sie
hat nur vor Gott gesungen, / lauschen gleich die Nachtigallen.“ Clemens.
Diese Haltung brauch ich. Dichten im Angesicht Gottes, allein für Jesus,
wenn auch vielleicht der eine oder andre den einen oder anders Vers zu
lesen bekommt.
In den Rosenkranz-Romanzen, von Biondette, eine schöne
Nachdichtung des Hohenlie-des. Ich merke, wie mir durch meine
Übersetzung das Lied der Lieder nahgekommen ist. Auch den Prediger hab
ich jetzt tiefer im Herzen.
5.11.
„Und wisse: der Kranz ward geschlungen / dem Dichter aus Dornen seit
je.“ (Valerij Brjus-sow) - „Den Geist der Schwermut nicht beschmutze!“
(Anna Achmatowa, mir die liebste)
8.11.
10.11.
Eine Freundin sagte, ich wäre nicht der erste Dichter der katholisch würde.
Möchte italieni-sche Lyrik von Petrarca und Dante hören. Brentano und
Rilke haben vielleicht etwas von diesem Wohllaut, nicht die deutsche
Härte Schillers. Warum wirkt die Eucharistie so ver-wandelt auf mich? Ist
es allein die heilige Atmosphäre oder ist es wirklich ein wirksames
Sakrament?
Augustinus: „Und selbst auch die Traurigkeit, die nach den Stoikern
keinen Platz im Geiste des Weisen haben sollte, findet sich in gutem Sinne,
und das besonders bei unsern Schriftstellern.“
11.11.
„...wie geschrieben steht in der Chronik der Mütter des Messias...“ (Schoß
der Morgenröte)
12.11.
Lese über Schneider. Geistige und religiöse Einsamkeit. Freitod wurde von
der Kirche bis ins 4. Jhd anerkannt.
Johannes vom Kreuz und die Nacht: Die Seele muß der Welt entsagen,
die Welt muß ihr Nacht sein. Die Seele muß glauben, der Glaube ist die
Nacht des Verstandes. Die Seele wendet sich zu Gott, der der auf Erden
pilgernden Seele eine unergründliche Nacht ist. Ril-kes Stundenbuch:
Mein Gott ist dunkel. Novalis: Hymnen an die Nacht.
13.11.
14.11.
In dieser Zeit wäre ich gern ein Philosoph, bin es aber nicht. Ich bin nur
ein traurig Fühlen-der, ein Einsamer inmitten der Menschen, der sich
daseinsunlustig von Tag zu Tag schleppt.
Im Alter wandte sich der Priester-Dichter Paul Claudel von der
Prunksucht der Poesie ab und wandte sich Meditationen über die Bibel zu:
Ein Dichter betrachtet das Kreuz. Ich ha-be viel aus Leidenschaft
geschrieben, ich sehne mich aus der Jugendkraft nach der Alters-weisheit.
Zur katholischen Bewegung des 19. Jhd: Novalis, Brentano,
Eichendorff, und der des 20. Jhd: Bergengruen, LeFort, Schneider, kommt
die des 21. Jhd: dazu will ich mich zählen.
17.11.
Emily Dickinson, Gedichte und Briefe. Zeit ihres Lebens wurde nichts von
ihr veröffent-licht. Leid und Unsterblichkeit ihre Themen und Ekstase des
Lebens. Vielleicht wird gera-de in der Todesnähe die wahre Ekstase des
Lebens entdeckt, eines Lebens im Sinn der E-wigkeit, ewiger Schönheit,
ewiger Liebe und Lust am Schöpfer seiner Schöpfung.
18.11.
Gott fehlt mir so, ich habe solche Sehnsucht, in Jesu Armen an Gottes
Herzen ewige Ruhe, ewigen Frieden zu finden. Aber er ist schrecklich
fern, er ist nicht nah und da, sondern läßt mich allein in diesen verfluchten
Dornen der Erde. Ich mag nicht mehr als Dichter arbeiten, eine Lüge und
sündige Wollust auf die andere häufen, immer dieser schmutzige Schaum
der Poesie.
19.11.
Seh gerstern einen Film über Botticelli. Wer das Modell zu seiner Venus
gab, ist unbe-kannt, hieß es. Die heidnischen Bilder sind voll allegorischer
Zeichen, Blumensprache, Embleme. Später kam der Dominikaner und
Bußprediger Savonarola nach Florenz, wetter-te gegen das korrupte
Papsttum und die sinnlichen Medici. Sandros Bruder war einer der
Anhänger Savonarolas, vielleicht ward auch Sandro von ihm beeinflusst,
er malte mehr und mehr sakrale Bilder, mehr und mehr mit düsterem Ton.
Der Frühling des florentini-schen Humanismus ging zuende, die Zeit der
Medici war vorbei, die Pest kam. Er malte das Gesicht seiner Venus nun
als reizende Madonna mit dem Granatapfel. Er war nie ver-heiratet, auch
Affären sind nicht bekannt. Seine farbigen Illustrationen zu Dantes
Komödie sind leider verlorengegangen, ein Spätwerk.
„Der Wahnsinn, ein bestimmter Wahnsinn, geht oft Hand in Hand mit
der Dichtung. So wie es den vernünftigsten Menschen schwer fallen
würde, Dichter zu sein, fällt es den Dichtern vielleicht schwer, vernünftig
zu sein.“ Pablo Neruda.
23.11.
25.11.
29.11.
30.11.
1.12.
2.12.
3.12.
Zypern, da müsste eine Geschichte spielen, Zerrissenheit zwischen Venus
und Maria, die gleiche Zerrissenheit, die Fürst Myschkin zwischen Aglaja
und Natassja empfand.
6.12.
8.12.
9.12.
Heilige Messe. Wir erwarten den neuen Himmel und die neue Erde, die
Wandlung der Eu-charistie ist Symbol für jene eschatologische Wandlung
und Hoffnungszeichen für die Wandelbarkeit der Umstände.
12.12.
Zu Antigone, Psalm 79: „Sie (die Heiden) haben die Leichname deiner
Knechte den Vö-geln unter dem Himmel zu fressen gegeben und das
Fleisch deiner Heiligen den Tieren im Lande. Sie haben ihr Blut vergossen
um Jerusalem her wie Wasser und da war niemand, der sie begrub...
Rechne uns die Schuld unsrer Väter nicht an... Laß vor dich kommen das
Seufzen der Gefangenen, durch deinen starken Arm erhalte die Kinder des
Todes.“
War bei Kar., so schön, Juri auf dem Arm zu schaukeln.
Die Tragische Trilogie - Kassandra, Orpheus, Antigone - entstand im
Jahre 65 nach Christus. Cygnus war ein junger römischer Dichter gewesen,
der sich in eitel erotischen und spöttisch satirischen Jamben versucht hatte,
als er durch die Predigt des Petrus in den Katakomben Roms sich bekehrte.
Seine Liebe zum griechischen Mythos versuchte er zum Lobe Gottes zu
verwenden, dessen tragisches Schicksal am Kreuz ihm Anlaß zu seiner
Tragödie gab. Juventus und Martial verspotteten ihn deswegen, er erntete
in Rom keinen Ruhm. Sein Werk wurde von den Christen, besonders den
Frauen, durch die Zeit des Mar-tyriums und der Verfolgung
hindurchgerettet, kam in die Hände des Hieronymus, von ihm zu Gregor
dem Großen und durch diesen in die päpstliche Bibliothek, wo es in der
Versen-kung verschwand, bis es im 14. Jhd ein mit Petrarca befreundeter
Bibliothekar entdeckte. Petrarca fertigte eine Übersetzung in die
italienische Vulgärsprache an, die noch Ben Jon-son und Edmund Spenser
bekannt war, aber verlorenging. Das lateinische Original aber bewahrte
Erasmus von Rotterdam für die Nachwelt auf. In der Bibliothek der
Universität von Rotterdam fand ich, durch Zufall oder Vorsehung, die
Abschrift des Erasmus und ü-bersetzte sie in meine deutsche
Muttersprache. Schwanke.
Virgils Wesen spricht mich an. Es gab katholische Virgilverehrung, es
liegt eine Advent-sehnsucht über seinem Werk. Er lebte in stiller
Zurückgezogenheit.
„Die uns das himmlische Feuer leihen, die Götter schenken heiliges
Leid uns auch, drum bleibe dies. Ein Sohn der Erde schein ich, zu lieben
gemacht, zu leiden.“ Hölderlin.
15.12.
17.12.
Sehnsucht nach und Angst vor einer Ehe, Hang zur platonischen
idealisierenden romanti-schen Liebe.
21.12.
Werde der Protestanten Brot und Wein an mir vorübergehen lassen. Schlief
mit dem Ro-senkranz. Las die Geburt Jesu aus dem Schoß der Morgenröte,
eine Pfingstlerin: „Außeror-dentlich! So eine Vision hatte ich noch nie!“
22.12.
23.12.
Heilige Messe. Da befiel mich im Angesicht des Kreuzes eine tiefe Angst,
Angst vor einem Leben als unaufhörliche Passion, Angst vor kommender
innerer und äußerer Not. Werden denn meine Sehnsüchte nach Licht, Lust,
Liebe, Leben erst im Jenseits erfüllt? Haben wir keine Verheißung auf
irdisches Glück, sondern nur die Leiden der Nachfolge? Ich habe Angst.
Gleiche Widersprüche zwischen Lust und Weisheit, Welt und Gott,
Venus und Maria, Glück und Leid, Familie und Ideal usw. Wollen die
Hoffnung auf irdische Segnungen nicht aufgeben. Wollen Weite des
Philosophierens.
Gott, mach mein Herz zu einer Krippe, daß Maria Christus sanft
hineinlegt und das Got-teskind mir mein Herz sanft heilend berührt.
26.12.
Heiligen Abend nach der Mitternachtsmesse des Papstes rührte mich das
Lied „Maria durch ein Dornwald ging, da wurden die Dornen Rosen“ zu
Tränen. Ich fühlte meine Ein-samkeit.
27.12.
Film über Jesuiten. Film über David und Bathseba, Thamar und Amnon.
Weltschmerz. Goethe-Lyrik. Selbstmordgedanken. Testament gemacht,
möchte mir die Pulsadern auf-schneiden. Entweder ist Gott das kommende
Jahr gnädig und schenkt Licht, oder ich ster-be. Kyrie Eleison!
28.12.
In diesem Jahr ein Leid aufs andere, die Geliebte, Gottverlassenheit. Nun
hab ich keinen Liebeskummer, denk aber trotzdem an Selbstmord. 1993
war ich einsam, 94 wahnsinnig, 95 des Lebens überdrüssig, 96
gelangweilt, 97 depressiv, 98 traurig, 99 verliebte ich mich... Ist das eine
normale Biographie eines Christen? Wenn sich mein Leben nicht ändert,
fürcht ich auf diese Passionen von Schwermut folgt der Selbstmord.
29.12.
Von Psyche geträumt. Quo vadis, Domine? Christus ging nach Rom und
ließ sich ein zwei-tes Mal kreuzigen. They gonna crucify me again!
30.12.
2.1. 2001
Der Deuterokanon gehört nach dem Konzil von 389, nach der
Überlieferung der östli-chen Kirchen und der römischen Kirche zur
Heiligen Schrift dazu.
6.1.
Heilige Messe. Getauft in ein neues Leben mit Gott, der Himmel ist offen,
ich bin Gottes geliebter Sohn, er ist alle Tage mit mir.
„Sweet virgin angel, sweet love of my life....“ - „Mystical wife...“ -
„Glamorous nymph with an arrow and bow...“
Marien-Sonett. Möchte gern meine Sehnsucht und Suche nach Maria
in Sonetten aus-drücken.
14.1.
Je begnadeter, desto mehr Anfechtung. Wen der Vater liebt, den züchtigt er.
20.1.
Träumte, daß ich eine Karte an das Jugendideal schriebe. Dann war ich in
Dornum. Da wimmelte es in einem schmuckelosen steinernen Burgturm
oder Kirchenraum von Christen und Tieren. Einer sagte, der Affe wäre der
Antichrist. Die Tiere sehnten sich nach Erlö-sung, aber der Affe rufe die
Tiere auf, gegen den Menschen zu rebellieren. Da jagte eine Ratte wild
durch den Raum, sie war Bote des Antichristen. Ich sagte (wohlwissend,
daß einige Brüder den Papst für den Antichristen hielten), es gäbe nur
entweder Papstkirche oder Kirche des Antichristen. Dann trat eine weiße
Katze auf. Die Katze fraß die Ratte. Ich sagte, die Katze sei die junge
Kirche, sie fraß den Antichristen im Blut ihrer Blutzeugen unter Domitian.
Dann sah ich einen körperlich verkrüppelten Märtyrer von Theben, er
jammerte über seinen verkrüppelten Leib, ich sprach tröstend von seiner
herrlichen Seele im Himmel. Da erzählte er mir von einer Vision im
Martertode: Er sah Maria und Jesus, Maria als Mutter und Jesus als Kind,
und ein Engel war an des Märtyrers Seite. Ich sah das Bild förmlich vor
mir und mußte vor Rührung weinen. Ich fuhr mit einem antikatholischen
Protestanten in einem Auto, wollte aber nur das Bild von Maria und Jesus
malen. Einige Charismatiker sprachen über Rockmusik, ich wollte aber
nur das Bild malen. Schließlich allein in einer alten romanischen Kirche
konnte ich das Bild malen.
21.1.
Jesus Sirach 25,27: „Fall nicht auf die Schönheit einer Frau herein, und
begehre sie nicht deswegen.“ Jesus Sirach 26, 21-24: „Wie die Sonne,
wenn sie aufgeht, an dem hohen Himmel des Herrn eine Zierde ist, so ist
die Schönheit einer guten Frau eine Zierde in ih-rem hause. Ein schönes
Antlitz auf hoher Gestalt ist wie die helle Lampe auf dem heiligen
Leuchter. Schöne Beine auf schlanken Fesseln sind wie goldene Säulen auf
silbernen Fü-ßen.“ Jesus Sirach 36, 24-27: „Eine schöne Frau erfreut den
Mann, und er sieht nichts lie-ber. Wenn sie dazu freundliche und liebliche
Worte spricht, so ist ihr Mann nicht zu ver-gleichen mit andern. Wer eine
Frau erwirbt, erwirbt damit noch mehr: eine Gehilfin, die zu ihm passt,
und eine Säule, an die er sich lehnt... Wo keine Frau ist, da irrt der Mann
seuf-zend umher.“ Jesus Sirach 40,23: „Einem Freund und einem
Gefährten begegnet man ger-ne, aber lieber hat man die Frau, mit der man
lebt.“
Bin ich Johannes, der die Mutter der Schmerzen in den Armen hält?
oder sehn ich mich nach der feurigen Maria Magdalena? oder soll ich
unbeweibter Johannes der Täufer blei-ben, der allein auf den Gekreuzigten
hinweist? (Grünewalds Kreuzigung)
„Wein und Weiber betören die Weisen.“ Ich werde immer ein
Bewunderer der Frauen-schönheit bleiben. Keine pries ich, die mir nicht
schön erschien.
23.1.
Das Schicksal hat mich unterworfen. Ich soll nicht glücklich sein, ich soll
nicht von einer Frau geliebt werden. Sie mögen mich, sie lieben mich
vielleicht als Schwestern, aber es kommt keine Gehilfin. Ich fühl mich wie
von einem Dämon ans Jugendideal gekettet. Ich habe Sehnsucht nach der
Sanftheit der Geliebten. Erträgliche Bitterkeit und Fatalismus in meiner
Seele. Schicksal der Einsamkeit und unerwiderten Liebe.
Meine Madonna, rot wie die Liebe, heilig-weiblich, schwebt über
meiner einsamen Poe-tenhütte, im Gefolge ein Chor Weißer Frauen und
dunkler Kinder. Und der Herr Jesus steht auf, steht zur Rechten Gottes. Da
ist mein Kreuz, ich nenn es Schicksal. Und sterbe einen kleinen Tod. Ganz
tragisch ist mir. Wollt ich Glück und irdische Liebe? wollt ich vorbei an
meinem Schicksal? Wie einsam auch innerlich!
Die Frauen gehen alle an mir vorüber, um Inneres, Idee in mir zu
werden.
Ich komme mir vor wie ein unendlicher dunkler Kosmos mit
ausgesäten Sternen, auf denen Denker und Jungfrauen leben, den aber
allein Gott in seiner Tiefe versteht. Ich ver-steh mein Schicksal nicht. Die
Poesie erhascht nur hier und da einen Zipfel des Logos in diesem Kosmos,
Innenkosmos, Herzenskosmos.
24.1.
Sprechen muß ich mit dem Pfarrer über die Eucharistie und Maria.
25.1.
27.1.
Bitter! Sollen mich doch alle Weiber für immer in Ruhe lassen. Sie sind
wirklich Instru-mente des Teufels. Ich hasse die Liebe, die solche Qual
bereitet. Könnt ich doch einfach alleinstehender Philosoph sein, ohne
Leidenschaft. Verflucht!
Das Leben kommt mir vor wie ein Ungeheuer, die Liebe mit Haß
vergiftet, die Vertrau-teste ganz fremd, die Liebe hart und unbarmherzig
wie ein Wüstenstrauß (wie man so sagt). Ich Gesegneter des Herrn komme
mir vor wie ein Fluchbeladener, wie ein von einem zerstörerischen Dämon
Besessener und Zerrissener. Ich bin die ganze Tragödie, sie offen-bart das
Ungeheuer meines Lebens.
Schrecklicher Blick eines Zerspaltenen in den inneren Abgrund der
Ungeheuer. Völlig außer mir, innerlich in alle Lande zerstreut, ging ich in
die Heilige Messe. Angst, an der Eucharistie zu sündigen. Fragte den
Priester: Darf ich teilnehmen? Er: Heute ja. Nahm es von Anfang bis Ende
knieend, betrat und verließ die Kirche knieend, mich hingebend an das
Gebet der Kirche. Weisheit der Predigt: Berufung Jeremias, wer Profil
entwickelt, muß mit Einsamkeit rechnen. Gott sammelte mich ein und gab
mir elegischen Frieden.
28.1.
Schneiders Wort: „Gerade Qual wird in der Liebe gesucht“, wieder wahr.
Nun bin ich selt-sam stumm.
29.1.
Ich sehne mich nach Altersweisheit. Wahre Weisheit ist melancholische
Einsicht. Die Weisheit Gottes sei meine Freude. Ja zum Geschick, zu den
eigenen Grenzen, diese als Gnade Gottes erkennen. Ich will den
babylonischen Hiob, ägyptische und chinesische Weisheitssprüche, Platon
und die griechische Philosophie kennenlernen. Muß Kierkegaard
ergründen. Um Weisheit bitten. Hoffe auf die Altersweisheit, dafür lohnt es
sich zu leben. Was Dichtung betrifft: Ich hoffe, Gott kann meine eitle
Selbstdarstellung zu seiner Ehre verwenden.
Eine deutete an, daß dem alten Goethe verschiedene Frauen zu einer
einzigen Idealisier-ten zusammengeflossen wären. Das ist mir neu, ich
weiß nicht ob es stimmt, aber das ist vielleicht der einzige Weg, mehr und
mehr von den Weibern fortzukommen und zur Idee der Schönheit oder
Maria als dem Ewig-Weiblichen hindurchzudringen.
„...er liebte sie mit jener wunderbaren, leidlosen Liebe, welche (ich
fühlte es wohl) von allen Wesen dieser Erde einzig dem Dichter
vorbehalten ist zu lieben, ihm, welchem kein Mensch zu helfen vermag,
weil seine tiefsten Schicksale sich gar nicht im Menschlichen vollziehen,
sondern in dem Königreich seiner Dichtung, dort, wo sie gelöst sind von
der furchtbaren Bedrängnis des wirklichen Lebens, wo alle Verwirrung
und Qual, ja die unge-heuerste Tragik nichts sind als grenzenlose
Schönheit, Unberührtheit und flügelndes Glück.“ (LeFort)
31.1.
1.2.
Salomo wählte die Weisheit als Braut, eine Schwester wählte Jesus zum
Bräutigam, und ich wähle Maria, die selige Jungfrau, zur Braut? Ist das
Wahn oder Glaube?
Es gibt eine Auslegung des Hohenliedes auf Maria und den Heiligen
Geist. Maria ist eine keusche Sulamith, ein verschlossener Garten, ein
versiegelter Brunnen, ja, aber ist dann auch ihr Schoß ein Kelch, dem nie
der Mischwein mangelt? und hüpfen auch ihre Brüste wie Gazellen? und
biegen sich auch ihre Schenkel wie Juwelenspangen?
Die Kirche lobt Marias Glauben, wie Sara, Mutter, wie Ruth, Erlöste,
wie Ester, Befrei-ung Bringende. Ich nun will allein ihre Schönheit, ihren
Liebreiz besingen? Wie Sulamith, Geliebte, wie Rahel, Geliebte? Im
Stammbaum Jesu stehen Tamar, Rahab, Ruth die Moa-biterin und
Bathseba. Ist Maria sündlos gewesen? Hatte Jesus leibliche Brüder oder
nur Vettern? Blieb Maria nach der Geburt Jesu Jungfrau? Als ich die
Elegie um die Ver-schwundene schrieb, pries ich aus der Doxologie
Mariens die reine Jungfrau, nicht die Mutter. Ich nahm Esther und Ruth
und Sulamith, nicht die Stammutter Sara. Rahel die himmlische, Lea die
irdische Liebe. Rahel gerühmt durch ihren Tod bei der Geburt Benja-mins
bei Bethlehem. Ich bin Benjamin. Ist „Himmelskönigin“ nicht ein Titel der
Aschera, vor deren Verehrung Jeremia warnt? Ist Maria mit Leib und Seele
in den Himmel aufge-nommen worden?
Dante nachgereimt. Francesca, Mathilde, Beatrice, Jungfrau Maria,
Gott. - In der Jugend singt man Venus, in der Reife Maria, im Alter Gott.
2.2.
3.2.
Im Geist bin ich Katholik, glaube an die heilige Eucharistie, die selige
Jungfrau Maria, gehe gern in die Kirche wie nach Rom. Nur fürcht ich
mich vor dem Schritt der förmlichen Konversion, da ich schon oft von
Gemeinde zu Gemeinde wechselte, in die Kirche aber nur eintreten mag,
wenn ich sie nicht nach zwei Jahren wieder verlasse. Der Protestantismus
hat biblisches Wissen, die römische Kirche göttliche Weisheit. Fragte
Maria, ob sie mir sponsa oder mater sein wolle. Verzehre das Sakrament
sehr bewußt, es ist mir Speise der Seele, die mich wunderbar verwandelt.
In diesen Tagen, wo ich sehr verliebt in Maria bin, fühl ich mich sehr
versöhnt mit Gott. Ich nannte sie Madonna Minne. Die Kirche nennt sie
Mutter der schönen Liebe, und die schöne Liebe ist Gottes Liebe in Jesus
Christus.
In protestantische Gemeinden kann man ein- und austreten. Die
katholische Kirche ist ein heiliges Geheimnis, dem man sich nur ganz
anvertrauen kann. Zur Zeit bin ich ihr sie liebendes Stiefkind; mit einem
Fuß in und mit einem Fuß außerhalb ihres Tempels. Ich kann meinen
Glauben nicht mit der Ratio aussagen und in kein deutliches Bekenntnis
fas-sen. Den Nichtchristen kann ich nicht mehr dies oder das bekennen,
ich will für sie nur ein „Medium“ der Liebe Gottes werden. Ihre
Gotteslästerungen betrüben mich sehr, und ich bitte Gott, mir Liebe für sie
zu schenken.
Eine Kerze anzündend, wußte ich Maria nur zu sagen, daß ich sie
liebe. O sponsa mea, virgo caritates! O Madonna der Minne, Mutter der
schönen Liebe! LeFort schreibt, die See-le liebt Gott mit der Liebe, der
Geist liebt Gott mit dem Gebet. Ich weiß nicht zu Maria zu beten, aber
meine Seele liebt sie. Es ist ein mächtiger schöner Ausdruck ihrer heiligen
Jungfrauschaft in mir und um mich.
LeFort: „Ich wußte, was er meinte, denn zu ihm waren doch die Dinge
sonst nur in der Scheingestalt der Dichtung gekommen: in der Dichtung,
da hatten sie sich ausleben dürfen, wenn sie nur ihn selbst in Frieden
ließen.“
4.2.
Die immerwährende Jungfrau ist die Idee der Schönheit, auch noch als
Pieta, nicht zerris-senen Angesichtes, sondern die Schönheit einer
bodenlosen Melancholie und Schicksalser-gebenheit. Sie als Gloriana,
Jungfrau Königin, Urania Christi.
Dante verherrlichte vor allem Beatrice, sie wies ihn durch Bernhard
auf die Madonna, deren Gebet ihn Gott schauen ließ. Novalis’ Blaue
Blume war Mathilde, aber die Madonna sprach zu ihm mit Mathildes
Stimme. Petrarcas Lob der triumphierenden Laura mündete in das Lob
Mariens und Christi. Sicher hatte Sophie Mereau für Clemens Brentano
etwas Ma-rianisches. Sie war die Geliebte mit den Zügen seiner Mutter:
virgo-mater als sponsa... Auch Spenser war auf protestantische Weise
marianisch.
Vor meiner Phantasie seh ich Maria, in deren Madonnenmantel ich
eingehüllt bin, aber nicht allein ich, sondern der ganze nächtliche Kosmos.
Ich sehe auch eine alte Kirche, in-nen dunkel, aber erfüllt von einem
goldenen Glanz vieler Kerzen.
Maria, du ewiges Weib, so gnädig, so sanft und süß, sei barmherzig mit
einem Leiden-den, der dich liebt, einem lebensmüden! Erscheine in deiner
vollen reinen himmlischen Schönheit, mit dem Liebreiz deines
Angesichtes, winde mich in dein Haar und laß mich küssen deine Brüste.
Laß meine Seele in dir aufgehen, mein ganzes sterbliches Sein in dei-nen
Armen ruhen. Du wehst im weißen Schleier und weißen Gewande durch
meine innere Landschaft. Deine Blicke sind so weich und voller Traum der
Seele, zuhause ist deine See-le in der unsichtbaren Welt. Deine Augen sind
wie das Meer, wie das Licht des Mondes. Den roten Mantel umgelegt,
erscheinst du in deiner zarten Holdseligkeit, im Glauben von der Liebe
Gottes redend. Du bist Braut des Heiligen Geistes, überwältigt vom Feuer
des Charismas. Du bist mit betörend süßer Stimme Lobpreiserin Gottes,
indem deine Seele über ihre Seligkeit in Gott jubelt. Du bist die
Schmerzensreiche, die den Sohn anschaut am Kreuz und in deren Schoß
der tote Christus niedergelegt wurde. Aber durch seine Aufer-stehung
wurdest du in den Himmel entrückt, wo die Engel dich zu deinem Throne
führten und Christus dir die Krone des ewigen Lebens aufsetzte. Von dort
erscheine mit deiner jungfräulichen, bräutlichen und schwesterlich-
mütterlichen Liebe dem dich Liebenden, erscheine überglänzt vom Glanz
Gottes, und führe mich zu deinem Sohn, dem Sohne Got-tes, deines und
meines Vaters.
5.2.
8.2.
Theophanie.
„Der Herr hat mir als Lohn eine neue Zunge gegeben, damit will ich
ihn loben.“ (Jesus Sirach, 51,30)
[Inhalt]
WEB6
1
WEB2
[Inhalt]
„Maria, Königin meines Herzens, Liebe Frau, lebe in meinem Herzen. Ich
weihe dir alles, was in mir der Liebe fähig ist, und sei es auch nur ein
Tropfen.“ (Bruder Ephraim)
9.2.2001
Meine Irrfahrt ist abgeschlossen, ich bin nun ein katholischer Poet. Ich will
in den Fußtapfen Jesu wandeln. Klopstock war ein heiliger Mann. Und du,
o schöne liebe mütterliche Mutter, führe mein Leben und wandle es in ein
Magnificat, in einen Psalter. Meine Seele preist den Herrn! Gebe Gott, daß
Mir. mir ein Echo sanfter Schwesterliebe wiedergibt. Heut ist ein Tag des
Auferstandenen: Christus ist auferstanden, Halleluja, Er lebt! „Wie eine
Perle, wertvoll und kostbar, ein Schatz, für den man alles gibt.“ Christus
sprach in dem Sinne, ich solle mich von der Kirche in Erziehung nehmen
lassen. Er weihte mich ein ins Allerheiligste Altarsakrament und die
Verehrung Seiner Mutter. Darum bin ich Katholik. Da Er da in solcher
Theophanie bestimmte, könnte ich zweifeln? Ich zähle mich nicht zu einer
von dreihundert Kirchen, sondern zur Einen, Ecclesia Catholica, deren
Adventsdichter Vergild war. Petrinische, marianische und im wesentlichen
jesuanische Frömmigkeit gilt es zu ergründen. Mein Leben sei ein Opfer
für Christus. Und ich will barmherzig sein. Du bist Christus, der Sohn des
lebendigen Gottes! Herr, laß uns drei Hütten bauen, Mose eine und Elia
eine und dir eine. Aber die Stimme erscholl: Dies ist mein lieber Sohn, Ihn
sollt ihr hören. Und Petrus schaute als Träumer die Verklärung Christi.
Und Christus ging allein in den Ölgarten, und Petrus schlummerte mit den
Donnersöhnen. Und Satan begehrte Petrus zu sieben wie den Weizen, aber
der Herr hat gebetet, daß Petri Glaube nicht aufhört. Und Petrus versprach
als Erster, und alle taten es ihm nach: Und wenn ich mit dir sterben müßte,
ich wollte dich nicht verleugnen. Hab ich in meinem Leben Christus
geleugnet? Herr, geh weg von mir, ich bin ein sündiger Mensch! Der Herr
sprach: Wirf deine Netze aus, diese Nacht wirst du Fische fangen. Und die
Boote sanken fast vor Überfülle. Ich mache dich zum Menschenfischer.
Bin ich als Poet Menschenfischer? Sollen sie zappeln in den Netzen
meiner Reime! Und Schlüsselübergabe. Und Stuhl Petri. Der heilsame
Schatte des Petrus. Der Brief vom Leiden und der kommenden
Glückseligkeit, meine Theologie. Ich will ernst machen mit der ganzen
Kirche nach dieser Theophanie. Christus zeugte in mir die Sehnsucht nach
der Absolution. Ich will Gott bitten um das Charisma der Ehelosigkeit.
Poet der Mutter im Dienste Gottes will ich sein. Das ist eine Gnade und
Ehre, und weil es eine Gnade ist, muß man demütig sein wie die Mutter
Maria. Ich werde mich vor dem Gericht des Wortes für alle meine Worte
zu rechtfertigen haben.
10.2.
Sie sagten von Jesus, er sei „von Sinnen“, so war ich die Tage nach der
Theophanie von Sinnen.
13.2.
Paulinius trägt Agnes von Rom den Smaragdring an. Sankt Agnes in
langem weißem Gewand, unstofflich, mit goldener Krone, von schöner
Gestalt, eine Jungfrau so erhaben, daß man sie Königin nennen möchte.
14.2.
„Wer mir nachfolgen will, der nehme sein Kreuz auf sich und verleugne
sich selbst!“
Lese mit ehrfürchtiger Liebe und tiefer Belehrung die Oden des
Propheten-Poeten Klopstock.
19.2.
27.2.
„Aus der siebenten Generation nach Kain kam die erste uns aus der Bibel
bekannte Dichtung, die des Lamech über seine Mordtat.“ Danach wurden
Saiten- und Blasinstrumente erfunden. Ich glaube aber, daß das Reden
Adams im Paradies Poesie war, Idee der Poesie sozusagen. „Und Lamech
sprach zu seinen Frauen: Ada und Zilla! höret meine Rede, ihr Weiber
Lamechs, merket auf, was ich sage: Einen Mann erschlug ich für meine
Wunde und einen Jüngling für meine Beule.“ Ada war die Mutter von
Jubal, von ihm stammen die Zither- und Flötenspieler. Zilla gebar die
Naama.
Lutherisches Flugblatt: „... wie das griechische Wort für Bruder
(adelphos). Letzteres kann auch Vetter heißen. Daher die unlösbare Frage,
ob Jesus Brüder oder nur Vettern hatte.“
Es waren so überwältigend wunderschöne Frauen in der Universität,
alles Modelle für Venus-Madonnen. Schmerzlich schön! nur wollen sie
nicht küssen!
Kopierte Bilder von Klopstock (er allein) und Dante (knieend neben
der stehenden Beatrice vor Christus inmitten Paulus und Petrus).
4.3.
Milan Kundera: Der Schriftsteller ist von zwei, drei Obsessionen
bestimmt, darum wiederholt er sich.
10.3.
Aus der heiligen Messe komm ich voller Liebe. Raffael malte die
Madonna Diotalevi. Vielleicht kann ich eine Magd Gottes mit Kind noch
schaffen. - Mein Herz war die Schlange. Die Geliebte war sanft, demütig,
liebevoll, hilfsbereit, dienend.
Rilke: „Und jetzt bist du diese ganze Stille. / Doch mein Aufblick wird
dich immer wieder / sammeln in den lieben: Deinen Körper.“ (Lulu)
Sie ist Magdalena die Lauscherin, Martha die Dienerin, Maria die
erschrockene Erde. Oder sie ist Meschiane, in der persischen Mythologie
blühend im Baum als Same in Vereinigung mit Meschia (Adam), die ersten
Menschen. Oder sie ist Morpho, Venus als Vollenderin den Gestalten
vorstehend.
11.3.
21.3.
Gott sprach zu Jeremia: Wenn du Edles redest und nicht Gemeindes, sollst
du weiter mein Mund sein.
22.3.
23.3.
Auch Lao Tse war ein Prophet, er gab mir gestern abend etwas Frieden.
Der Heilige Geist spricht zu mir auch durch Lao Tse und apokryphe Jesus-
Worte.
24.3.
Lese italienische Poesie. Dante höher als Petrarca. Lese Vita Nuova
26.3.
Marien Verkündigung. Gestern vorm Einschlafen sah ich die Bucht von
Petra tou Romiou und eine geistig erhabene Venus: Ich bin die große
Königin! Im Schlaf heute nachmittag fasste ich alle Träume von vielen
Frauen und Venus und Minerva der letzten Tage zusammen in einem
einzigen Buchstaben: M, das Ewig-Weibliche.
Gespräch mit einer Freundin. Ich liebe das Ewigweibliche, sprach von
Frau von Stein und Diotima, die Frau als geistige Braut. Darum sei auch
die Doktorarbeit so knöchern, tot, unlebendig, weil es ohne Rücksicht auf
das Weibliche entstand, darum lieb ich auch das Glasperlenspiel nicht, weil
es allein die männliche Welt der Vernunft ist. Weisheit, du bist ein Weib.
Darum lieb ich Lao Tse. Darum lieb ich Maria. Alle hohe Poesie entstand
durch die Befruchtung durch Frauen.
Die letzte Zeit wehte der Geist, lehrte mich mein Engel, sprach Gott zu
mir. Jetzt ist alles tot und nüchtern. Die Bücher raunen nicht mehr
bedeutungsvoll, die Bibel bleibt kalt und stumm, mitten in der Nacht ist es
wie sachlicher Tag. Vielleicht, und diese Erfahrung kommt von Gott, soll
ich geerdet werden? Idee, Litaneien zu schreiben. Will über Maria von
Frankreich schreiben.
27.3.
30.3.
Minnesang gelesen.
2.4.
Traum von einem Traum oder einem Buch, das ich schrieb, das legte
Gottes Wort mir aus, da sah ich Bilder und hörte Worte von allerschönsten
Engeln, hörte Maria oder die mütterliche Weisheit reden, sah Kerzen:
Komm herein! Mit einem gewaltigen Donnerschlag erwachte ich.
3.4.
Franz Liszt in einem Film: Ich bin halb Zigeuner, halb Priester. Wenn ich
einsam bin, sehn ich mich nach der Welt, bin ich in der Welt, sehn ich
mich nach der Abgeschiedenheit eines Klosters. Durch mein Talent muß
ich der Musik dienen, wie ich Gott dienen möchte, mit Hingabe, Demut
und ohne Eitelkeit. Wenn ich so der Musik diene, habe ich auch Gott
gedient.
4.4.
Las Mittags Briefe von Petrarca über die Provence. Schrieb drei Strophen
an La France: In der Provence möcht ich am liebsten leben. Petrarca
berichtet von manchem Mann, der durch Familiensorge in seiner geistigen
Entwicklung gehemmt worden ist. Sich ganz einem Dienst an Gott
widmen, dazu braucht man Ehelosigkeit. Auch lobt Petrarca die
Einsamkeit. Aber heute möcht ich menschliche Sympathie oder gar Liebe
fühlen.
Goethe späte Gedichte. Sehne mich nach Weisheit. - Mit dem Petrus-
Epos begonnen, 17 Stanzen über die Weisheit.
13.4.
14.4.
15.4.
17.4.
18.4.
Einerseits ist der Dichter, der sich ganz seinem Werk hingeben will, wie
ein Priester notwendig Jungfrau, andererseits ist er aufgerichtet auf die
geliebte Muse, deren Liebe er begehrt, weil sie ihm die Totalität der
Schöpfung einbringt. Ein reiner Widerspruch, oh Rose: Lust, niemandes
Schlaf zu sein unter sovielen Lidern.
Hebbels Judith, alttestamentliche Sprachgewalt über eine jungfräuliche
Retterin.
19.4.
„Denn die Welt ist schön zu begehren und schal zu begreifen“ (Gertrud
Kolmar).
Eine große Tafel mit Bildern gemacht: Dürers Adam und Eva, daneben
sinnende Magdalena mit Büchern und Kerze und Totenschädel, darüber ein
energischer Petruskopf neben einem Marienkopf aus einer Kreuzigung,
darüber eine zyprische Gottesmutter und Tizians Himmelfahrt Mariens, zu
Seiten der Marien die Magdalena von der Kreuzabnahme Botticellis und
die büßende Magdalena Tizians im losen Kleid, über allem in der Mitte
ragend ein Kreuztragender Christus vermutlich von Dürer.
22.4.
Siehe, viel Wissen erforscht ich und manche Kunde lernte ich und siehe,
das war eitel Haschen nach Wind und vergebliches Seufzen des Geistes.
So gehe hin und liebe deine Mitmenschen, sei barmherzig mit ihnen und
wende dich ihnen zu in Demut, Aufrichtigkeit und kindlicher Herzlichkeit.
Wo viel Wissen ist, ist viel Hochmut.
25.4.
Dogmatische Aussagen zur Evolution liegen noch nicht vor. Die Kirche
hält fest an der Schöpfung des Himmels und der Erde, der geistigen
Engelwelt und der körperlichen materiellen Welt und des Menschen aus
Leib und geistiger Seele durch Gott, hält fest am Urzustand und am
Sündenfall. Allerdings wird bezweifelt daß Genesis 1 und 2 ein
geschichtlicher Bericht ist und nicht eher eine poetische Hymne, in
literarischer Form mosaischer Zeit die ewigen Wahrheiten verkündend.
Warum hat wohl, wie ich hörte, der alte Brentano die Romanzen vom
Rosenkranz verworfen? Sie sind doch fromm, Gott, Christus, Maria, die
Messe, die Buße geliebt, Wollust und Magie und Teufel gehasst, dazu sehr
schöne Verse, auch ein schönes Hoheslied Biondettens. Ist es, daß das
Alter so sehr Weisheit oder Religion will, daß es die Kinderspiele der
Poesie nicht mehr wertschätzt? So Petrarca mit seinen Sonetten, Tolstoi
mit seinen Romanen.
26.4.
Gertrud Kolmar: „Du weißt von unsrer Scheinromantik nichts, die uns am
Tage des Gerichts verläßt, und nichts von goldgetünchten Idealen.“
Die Seele ist eine, nicht zwei, nicht eine geistige und eine sinnliche
Seele hat der Mensch. Die Natur ist gut von Gott geschaffen, er offenbart
in ihr seine Macht und Herrlichkeit und Weisheit, vor allem im
menschlichen Leib.
27.4.
Adam im Paradies besaß immer die Herrschaft seiner Vernunft über seine
Begierlichkeit, besaß keine böse Begierlichkeit. In der Wiedergeburt in der
Taufe wird die Erbsünde ganz vom Gotteskinde genommen, die
verbleibende Begierlichkeit ist keine Sünde, macht aber zur Sünde geneigt.
Ach daß uns manchmal die leibliche Begierlichkeit herrscht über die
Vernunft der Seele!
28.4.
Heute las ich vom Primat des Papstes. Christus ist der Fels, Petrus ist auch
der Fels, ihm ist der Schlüssel gegeben, er ist zum Hirten der Herde
eingesetzt, er war Bischof von Rom und weihte den römischen
Bischofssitz mit seinem Blut, alle römischen Bischöfe sind seine
Nachfolger und damit die Hirten der ganzen Herde.
Wie gewann denn Venus vor Juno und Minerva den Preis? Sie ließ ihr
Gewand fallen!
1.5.
Marien-Tag. Betete die Lauretanische Litanei. Trank mit der Freundin eine
Flasche Wein „von der Insel der Aphrodite“. Betete dem Säugling vor,
Credo und Vaterunser, Gebet zu seinem Schutzengel. Saugte an seinem
Ohrläppchen, was ihm gut gefiel. Sang ihm vor Ma-Ma-Maria und Li-la-
lei.
2.5.
Maria ist „schwarz und schön“, sie ist Brückenbauerin zwischen den
Kulturen. Nicht das Entweder-Oder des religiösen Holocaust gilt, sondern
das Sowohl-als-auch. So gibt es Schwarze Madonnen zu Recht. Ich denke
an die Guan Yin. Katholische Mönche begegnen buddhistischen Mönchen.
Ich denke an eine Widmung Chinas an die Mutter der Barmherzigkeit.
Asketen: „Sie sind keusch aus Bewunderung der Weisheit und aus
Liebe zu ihr, und sie begehren so sehr, ihr Leben mit der Weisheit zu
verbringen, daß sie den Freuden des Leibes gegenüber gleichgültig sind.“
„Wie im Osten, so auch im Westen wetteiferten Dichter darin, immer
neue Bezeichnungen für Maria zu erfinden.“
„Ich würde lieber in Richtung Überschwang irren und ihr übertriebene
Vorzüge zuschreiben, als in Richtung von zuwenig und ihr eine Größe
absprechen, die sie womöglich hat.“
3.5.
Ich muß allein sein, dann bin ich nicht mehr so einsam. „Bei Musik und
Speisen bleiben sie stehen, aber vom Tao will keiner hören. Ich allein bin
elend, aber ich ehre die nährende Mutter.“ Lao Tse. Ich habe das Gefühl,
ein neues Leben, ein neues Glaubensleben, ein neues Lieben und Fühlen
und Denken beginnt, alle alten Bekanntschaften fallen ab, keiner will mich
begleiten in mein neues Leben, ja, es merkt ja nicht einmal jemand. Ich
habe nicht-mehr-mitteilbare Gedanken und Gefühle. Meine Einsamkeit
wird zunehmen.
Nicht mehr säkularisierten Mariendienst (hohe Minne) will ich,
sondern religiösen Mariendienst. Ich will mich der Weisheit als Braut
vermählen. Soll ich, wie Franziskus Frau Armut wählte, Frau Einsamkeit
wählen? Sie ist doch die Magd der Frau Weisheit. Ach ich würde gern jetzt
schon in den Schoß der Kirche. Ich habe Sehnsucht nach Beichte und
Firmung. Ich habe Sehnsucht nach Marien Gemeinschaft. Ich brauche zu
meinem Heil das Ursakrament der Kirche. Die katholische, heilige,
apostolische Kirche ist der Leib Christi, der mystische, ich will kein
abgetrenntes Glied sein. Ich will heim zu meiner Mutter, die mich auch im
tiefsten Protestantismus nicht ließ, darum der häretische Schoß der
Morgenröte, der protestantisch-polemische, aber doch irgendwie
marianische.
4.5.
Eine sagte, Johannes vom Kreuz habe auch sehr vollkommene mystische
Gedichte geschrieben. Die muß ich einmal lesen. Seine mystische Prosa
sei kaum verständlich, sei eine Kommentierung seiner Gedichte. Sie liest
Vita Nuova auf italienisch. Sie erwähnte, daß der alte Petrarca seine
Liebessonette vernichtet haben wollte. Allgemein wird sein Canzoniere als
sein Meisterwerk angesehen, aber ich habe Sehnsucht nach seinen
Weisheitsschriften, nach den Gesprächen über die Weltverachtung.
Welchen Sinn hat das Schmachten des Canzoniere? War Laura mehr als
eine nur schöne Frau? Hätte er einen Canzoniere für die Jungfrau Maria
geschrieben! LeFort sagt, der Dichter brauche das Weib. Ich glaube das.
Muß das ein irdisches, sichtbares Weib sein? oder kann das auch Maria
sein? Ich sagte der Schwester, ich wolle ein Marien-Minnesänger werden.
5.5.
Was ist das für eine Änderung meines Lebens, die ich nicht mitteilen
kann? Ist es das Überzeugtsein von der Wahrheit des katholischen
Glaubens in seiner mystischen Tiefe? Ist es die fromme Liebe zu Maria?
Ist es die Begegnung mit dem Auferstandenen zu Sankt Apollonia? Es ist
nicht eine andere Auffassung in der einen oder anderen „nicht
heilsnotwendigen“ Glaubensfrage, es ist eine Revolution, ein völlig neuer
Glauben, ein völlig neues Denken, Weltempfinden. Dazu kommen die
mystischen Erfahrungen dieses Jahres, die Erfahrungen Christi waren (und
mich in Widerspruch zu den Evangelikalen setzten), es waren Erfahrungen
Marien und Petri, Visionen von David und Agnes von Rom, die Osternacht
mit Magdalena. Es war und ist ein verändertes Verhältnis zur Frauenliebe.
Zum ersten dachte ich an eine entschiedene Widmung meines Herzens an
die Erinnerung des Jugendideals als hohe Minne, platonisch-ideale Liebe;
aber ich dachte auch an den Ursprung der Minne, die Marienliebe, ich
denke an die Ehelosigkeit und die Vermählung mit Frau Weisheit. Die
Schwester sagte: „Das hört sich an, als ob du weißt, was du willst.“ In
diesem Mai sehne ich mich nicht nach Verliebtheit, ich sehne mich danach,
Maria als Mutter Natur zu finden. Die Natur berührt mich, eigentlich von
der romantischen Zeit des Mai 2000 an, wie nie zuvor. Ich habe das
Gefühl, in einer ganz anderen Welt als meine Freunde zu leben, sie werden
mir dadurch fremd.
6.5.
„Dem Himmel ist nichts fremd, der Zweifel und der Glaube nicht. Aller
Schönheit wohnt ein Schmerz inne, aller Hoffnung eine Sehnsucht, allem
Gebet eine große Einsamkeit.“
Bei der Vermählung Mariens mit Josef, sagt die Legende, seien zwölf
Bewerber mit Stäben gewesen. Des Josef Stab blühte. Ein Jüngling liebte
und begehrte Maria besonders innig, aus Enttäuschung zerbrach er seinen
Stab. Raffael malte das. Es heißt, aus Liebeskummer sei er Eremit auf dem
Karmel geworden. Dort aber erklang später der Jubel an die Gottesmutter.
Die Jungfrau, die keinen Mann je erkennen wollte, wäre nie so sein eigen
geworden, wie er es einst ersehnte. Sankt Josef war ja allein ihr Hüter und
Bewahrer ihrer Reinheit. Aber die verschmähte Liebe trieb den Jüngling in
ein gottgeweihtes Leben, in dem er später eine reine heilige Liebe zu
Maria finden sollte. Eine hervorragende Legende!
Der engelgleiche Thomas von Aquin sagt, Freude sei die beste Medizin
gegen Traurigkeit. Maria ist unsere Freude, unsere Wonne, sie ist die
Trösterin der Betrübten, im Stabat Mater Dolorosa heißt es: Laß uns
kindlich mit dir weinen! Die Betrachtung der schmerzhaften Geheimnisse
ihres Rosenkranzes tröste, Tränen gießen die Traurigkeit durch die Augen
aus, sagt Thomas, wir dürfen uns ausweinen vor dem Mutterherzen, das da
Wonne aller Heiligen war und ist. Thomas sagt, die Betrachtung der
Wahrheit lindere den Schmerz.
„Wir sind die Kinder glaubenstreuer Ahnen. Was war für diese Maria?
Fragen wir jene herrlichen Dome, die ihr zu Ehren erbaut, jene Folianten,
die ihr zum Lobe, zu ihrer Verteidigung geschrieben worden, die Gemälde
und Statuen Mariens, zahllos, und dabei wahre Meisterwerke der Kunst,
die Lieder und Hymnen zu ihrer Ehre, sie alle sind Zeugen und Urkunden
der Liebe zu Maria, Beweise, daß die wahre Kultur sich immer an ihren
Namen geknüpft hat. Der Tempel Salomos, ein Wunderwerk an gewaltiger
Schönheit (80 000 Steinmetze arbeiteten daran) ist nach Augustinus ein
Bild Mariens als des Tempels der Barmherzigkeit Gottes.“ Im Liede heißt
es auch: Freue dich, Zion, jauchze, Jerusalem, jubele, Gottesmutter, denn
dein Sohn ist auferstanden! Wenn Maria die Kirche, die wahre Religion,
der Tempel Gottes ist, dann ist auch der Kölner Dom ihr Bild. Wenn sie
das Thema der wahren Kunst ist (Raffael, Dante, Faust Zwei), dann will
auch ich ihr singen, „...ähnlich jenen gothischen Domen, die zu Ehren der
Gottesmutter entstanden und nicht nur im Großen wundervoll
harmonieren, sondern auch im Kleinsten Maß-Werke, in jeder Krabbe und
Kreuzblume Meisterstücke sind.“
7.5.
„Du bist ja die Mutter des Allerhöchsten, darum möchte mein Vertrauen
fast bis zur Kühnheit steigen.“ Sankt Ephraem der Syrer. - Die
Marienfrömmigkeit entfaltete sich im Mittelalter vor allem durch die
Verbindung der Minneliebe für die Dame und der mystischen Liebe zur
Muttergottes. Die Reformatoren ehrten Maria mehr als der heutige
Protestantismus. Dennoch wurde ihre Lehre über Maria von der
katholischen Gegenreformation als häretisch bezeichnet. „Der
gegenreformatorische Aspekt dieser Mariologie zeigt sich auch darin, daß
die neuen Konvertiten ihre Rückkehr zur römisch-katholischen Kirche
durch Akte ausdrücklich marianischer Frömmigkeit manifestieren sollten.“
An der Schwelle zur Neuzeit gibt es eine Art „katholischen Pietismus“,
eine „Religion des Herzens“, die die gelehrten Dogmen der Orthodoxie als
zu abstrakt verwerfen und aus gefühlsmäßiger Liebe blühen. Das führte zu
ketzerisch-abgöttischen Übertreibungen, von den Jesuiten verurteilt. Neue
marianische Frömmigkeit Mitte des 19.Jhd. bis Mitte 20.Jhd. 1942 weihte
Pius XII die Welt dem Unbefleckten Herzen Mariens. Das Zweite
Vaticanum bremste die isolierte Mariologie. Von Maria-Königin ging man
mehr zu Maria-Magd über, dachte über ihr Verhältnis zum Heiligen Geist
nach. Johannes Paul II hat eine große Marienverehrung, besuchte alle ihre
Wallfahrtsorte dieser Welt und nennt sie am Ende jeder seiner
Interventionen. Seine ökumenischen Bemühungen sind vor allem auf die
Orthodoxe Kirche bezogen. Paul VI rief 1974 zu einer Neubelebung der
Marienverehrung auf. Nur durch die Mariologie ist die rechte Christologie
zu finden. - Mein Gefühl sagt, ich brauche einen „anderen Christus“ als in
den letzten Jahren. Das evangelikale Christusbild ist, da die ganze
Bewegung häretisch ist, gewiß auch nicht rein und wahr. Ich denke jetzt
vor allem an das „süße Herz Jesu“. Ich will mich intensiv mit dem
überlieferten katholischen Glauben beschäftigen, zur Zeit vor allem mit
Maria. So will ich auch zum wahren Christus finden, den der recht
ausgelegten Schrift und der Väter und Kirchenlehrer und Heiligen. Ich
habe Interesse an Theologie gewonnen, an katholischer Dogmatik. Meine
Fragen: Wie unterscheidet man wesentlich „Verehrung Mariens“ und
„Anbetung Gottes“, welche Form sollen, dürfen die Gebete an Maria
haben? Die kirchliche Lehre selbst unterscheidet zwischen dem genauen
Dogma und dem Überschwang der Poesie und der Volksfrömmigkeit. Der
Überschwang der Poesie ist erlaubt als Poesie, aber entspricht nicht der
genauen Lehre des Apostolischen Stuhles. - Maria ist Gottes Geschöpf,
rein Mensch, rein Frau. „Sie muß zunächst in ihrem Wesen als Frau
betrachtet werden. Nicht als eine Frau, die von den anderen Menschen
getrennt wäre, noch als ein Modell passiver Unterwerfung, das die anderen
Frauen den Männern gegenüber nachzuahmen hätten, noch als Symbol
einer idealen Weiblichkeit, die eine gewisse Verachtung der Sexualität und
der fleischlichen Fortpflanzung beinhaltete. Das alles sind Entgleisungen,
die zurecht von den feministischen Bewegungen unserer Zeit angeprangert
werden, und die in der Tat zu häufig die Darstellung der Jungfrau Maria im
Laufe der Jahrhunderte geprägt haben. Die Entwicklung der Kunst ist ein
gutes Beispiel dafür: Wenn Maler wie Georges de la Tour die stille
Innerlichkeit Marias ausgezeichnet wiedergegeben haben, und sie somit
wie ein sublimiertes Bild der Frauenfigur erscheinen konnte, haben andere
Künstler dagegen Maria idealisiert und sie dadurch der Gefahr ausgesetzt,
die simple Projektion eines imaginären Wunsches oder der Ausdruck einer
götzendienerischen Entgleisung zu werden.“ Peguy nennt sie „eine arme
jüdische Frau aus Judäa, das demütigste aller Geschöpfe“, nicht
herausragend wie Miriam, Deborah, Esther oder Judith, mit einem
Allerweltsnamen Maria. Sie war eine treue Tochter Israels und eine
Mutter, die Freud und Leid der Mutterschaft kannte. Von der Jungfrau
wurde sie zur Jungfrau-Mutter, von dieser zur Jungfrau-Mutter-Jüngerin.
Jungfrau vor Gott, Mutter vor dem Sohn, Jüngerin vor dem Geist. Sie ist
„mit Gnade erfüllt“, die Gnade in Maria geht auf eine empfangene und
ungeschuldete Gabe zurück. - „Ambrosius von Mailand (+379), der Vater
des Kirchengesangs, dichtete Hymnen, in den vier völlig gleichartige
Zeilen zu einer Strophe zusammengefasst sind. Die einzelne Zeile besitzt
vier Hebungen. Anfangs wurde der Vers wie in der antiken Lyrik nach
metrischem Prinzip gebaut (jambische Dimeter), später setzte sich, wie
fast überall in der lateinisch verfassten Dichtung das rhytmische Prinzip
durch (steigende Achtsilber).“ Ambrosius dichtete reimlos. Das erste
lateinische Loblied auf Maria dichtete Ennodius (+521). Auffällig am
reimlosen Loblied des Ennodius ist die auf Kosten eines gehobenen
Lobpreises gehende Freude an der genauen theologischen Formulierung.
Im Hymnus des Venantius Fortunatus (ca. 530-600) wird Maria Herrin
genannt. Die lehrhafte Theologie wird vernachlässigt zugunsten einer
Verehrung ihrer Herrlichkeit. In ihm löst sich der poetische Geist vom
theologischen, das Marienlob emanzipiert sich vom Christuslob. 300 Jahre
später entstehen die Sequenzen des Notker des Dichters (+912). Er bricht
mit der Hymnenform. Die Sequenz hat verschiedenartig gebaute Strophen,
von Anfang bis Ende durchkomponiert. Das Lied des Venantius war das
Lied einer Einzelseele und inniger Liebe zur Himmelskönigin. Die
Sequenzen waren Gemeindelieder. Maria wird gelobt als Verkörperung
aller Tugenden (von Edelsteinen symbolisiert). In dem Hymnus Ave Maris
Stella (fallende Sechssilber) wird erstmals Maria nicht allein um Fürbitte
gebeten, sondern es wird zu ihr gebetet. Hermannus Contractus (Hermann
der Lahme) schuf Antiphone und Sequenzen: Salve Regina Misericordia,
ein Mariengruß, ein Gebet an sie. Der Lobpreis ist dem Gebetston
untergeordnet. Zum ersten Mal tauchen die Bilder des Hohenliedes auf.
Ihre leibliche Schönheit wird als Ausdruck ihrer Tugendschönheit
gepriesen, vor dem Konzil von Nicäa dachten z.B. Origines und Johannes
Chysostomus an einige Unvollkommenheiten Mariens. Nun wird sie nach
neuplatonischer Lehre zur Perfectissima, der Tugend- und Leibesschönheit
angehören. Attikus von Konstantinopel (um 400) sagte, ihre Schönheit
übertreffe die aller Frauen des Alten Testaments. Inflation der
Marienhymnik des 12.Jhd., aber in der Bilderwelt kaum Neues. Blüte und
klassische Form in den Sequenzen des Adam von Sankt Victor. Sie wird
gepriesen als Himmelskönigin, Mutter der Barmherzigkeit, aller Tugenden
Reiche, Jungfrau-Mutter. Ausführliche Bilderwelt des Alten Testaments:
Stab Aarons, Reis Jesses mit Blüte Christus, Pforte des Tempels,
Honigstab Jonatans, der Tempel selbst, lichttragende Menorah der sieben
Geistesgaben etc. Neue Form zu Hymne und Sequenz sind die
Grußhymnen (Ave, Salve), die die Doxologien Mariens „im Stehen
gesungen“ aufzählen. Man steigert sich zu asiatisch-hyperbolischem
Lobpreis. DAS LOB MARIENS MÜSSE, FALLS ES ANGEMESSEN
SEIN SOLLE, SO GROSSARTIG SEIN, DASS DER DICHTER SELBST
ES NIEMALS VOLLENDEN KÖNNE. Hinter den ästhetischen
Preisungen innerer und äußerer Schönheit verblasst der theologische
Gehalt. Schon Ambrosius deutete die Braut des Hohenliedes auf Maria,
sieht in der Braut aber vor allem die Seele oder die Kirche. Die
Himmelfahrt Mariens begleitete man ab 550 mit Worten des Hohenliedes.
Hieronymus deutete den Verschlossenen Garten auf die Immerwährende
Jungfrau. Maria ist schön wegen ihrer jungfräulichen Reinheit und
jungfräulichen Mutterschaft. Maria hat ihre Schönheit von Gott. Sie ist
schön als Heilbringerin. Maria ist schön als an allen Tugenden, Keuschheit
und Demut Reiche. Maria ist schön, weil ihre Rede süß ist zum Lobe
Gottes. Maria ist Vorbild aller Kontemplativen. Nicht nur um Fürbitte wird
gebeten, sondern zu ihr selbst wird gebetet als zu der Führerin ins ewige
Leben (Salve Regina). Sie ist auch Vorbild des aktiven Lebens. Als Vorbild
des kontemplativen Lebens ist sie Vermittlerin ihres tieferen Wissens von
Christus. Die Passio Mariae wird aufgesagt, das Stabat Mater entsteht, die
Franziskaner ehren die Mater Dolorosa. Eine Auslegung des Hohenliedes
auf Maria wird in Reimprosa verfasst von Phillip von Harvengt (+1183).
Der Prolog dazu endet mit einem Gedicht in Distichen (Maria als Mond,
Christus als Sonne). Breit wird das Lob der Aurora gesungen. Maria als
Sonne überstrahlt die Sterne aller Heiligen. Bernhard von Clairveaux
deutete Maria als das Große Zeichen, das Weib der Apokalypse. Im 12.Jhd.
entstehen erste volkssprachliche Marienlieder. Das epische „Leben Jesu“
von Frau Ava entsteht, in dem Maria fast keine Rolle spielt. Der Fromme
ist Diener der Herrin Maria, schon ihr Lob gibt ihm Trost und Freude. Im
Gebet zu Maria geht man weit über das orthodoxe Dogma hinaus, bittet sie
um Vergebung und Erlösung. Drei Stufen im Marienlob: „1.Diskussion
ihrer Stellung im Heilsgeschehen, 2. rein ästhetische Würdigung, 3.
Wärme und innige Vertrautheit zu einer Quasi-Göttin.“ In den
volkssprachlichen Marienpredigten des 12.Jhd. wird sie vor allem
gepriesen als Königin und Mutter der Barmherzigkeit. Desweiteren ist sie
Unsere Liebe Frau und Himmelskönigin. Trost und Zuflucht der armen
Sünder. Allein der hohe Minnesang ist Abglanz der Marienverehrung. Der
Kult der Dame (Vrouwe) entstand vielleicht parallel zur Marienverehrung,
aber dem Dichter entging nicht die Verwandtschaft oder Ähnlichkeit.
Vielleicht ist durch die Würdigung Mariens der Frau eine höhere
Würdigung dargebracht worden, sie war nicht mehr Objekt der
Sinnlichkeit, sondern der Verehrung. Aber der wenig mariengläubige
weltliche Dichter konnte leichter seiner Vrouwe als Quasi-Maria huldigen
als der wahrhaft Mariengläubige. Walter von der Vogelweide ist der
einzige Minnesänger der Blütezeit, der auch Verse an Maria geschrieben
hat. Zurückgespiegelt wirft der Minnesang im 13. und 14.Jhd. auf die
Marienverehrung einen merkwürdigen Schein: „Formen erotischer
Verehrung Mariens von Seiten
der Mönche und Geistlichen; die Mönche nennen sich Gatten oder
Geliebte Mariens, und nicht selten finden sich stark sinnliche Elemente in
der Marienverehrung“. Ein geistlicher Dichter polemisiert gegen die
Übertragung der Attribute der Gottesmutter auf sämtliche Frauen, sie allein
ist der hohen Ehren würdig. Heinrich von Morungen, der „marianischste“
Minnesänger, prophanisiert auf irreligiöse Weise die Marienverehrung. - In
Marienlyrik und Minnesang wie in gothischen Domen verborgene
Zahlensymbolik: 150 Psalmen, 150 Ave Marias, 7 Freuden, 7 Leiden, 7
Tugenden Marias, 7 Gaben des Geistes, 7 Sakramente. 28 Tage des
Mondes /Maria) aus 4 x 7. Dreifaltigkeit und dreifache Jungfräulichkeit:
vor, während und nach der Geburt. Das Leben Mariä: 12 Jahre (Mädchen),
40 Wochen (Schwangerschaft), 33 Jahre (Christus), 9 Jahre (bis zur
Aufnahme). Die meisten Traditionen sagen, sie empfing mit 14 Jahren. Sie
lebte 7 Jahre zuhause, 7 Jahre im Tempel. 7 die wichtigste Symbolzahl
Marias. Die 12 Sterne ihrer Krone. Die heilige Brigitta lehrte, Maria habe
63 Jahre auf Erden gelebt. Davon reden auch die Franziskaner. Eine andere
Tradition sagt, sie habe 24 Jahre nach dem Kreuz gelebt und insgesamt 72
Jahre und beruft sich dabei auf Sanct Epiphanius.
8.5.
„...der Greis / liegt im Gebete still und heiß / in der Kapelle, wo ein Bild /
der Gottesmutter rauchgeschwärzt / ihr eingeräuchert Kindlein herzt /
verzeichnet bunt, doch gut genug / da es dem Manne sonder Trug / mit
Andacht so die Seele füllt / denn ganz besonders hat er sich / geweiht der
Jungfrau minniglich.“ (Droste-Hülshoff).
Schob den Säugling im Kinderwagen in die Heilig-Geist-Kirche, da
Messe war, bekreuzigte ihn mit Weihwasser, kniete mit ihm vorm
Tabernakel, zündete für ihn eine Marienkerze und lauschte etwas dem
Gebet des Priesters. Ich glaube, das Kind nahm es gut auf und empfand die
heilige Atmosphäre.
9.5.
Gott der Dreifaltige ist (anders als Zeus) über das Geschlechtliche erhaben.
Er trägt das Urbild des Männlichen und des Weiblichen in sich. Wenn er in
der Religionsgeschichte oft als Mann dargestellt wurde, ist das nicht
notwendigerweise seinem Wesen gemäß, sondern kulturgeschichtlich
bedingt.
Ist des katholischen Dichters Aufgabe in erster Linie religiöse Poesie?
War Wolfram von Eschenbach Katholik? Waren es die Minnesänger? Da
waren der Heliand, die Evangelienharmonie, die Marienlieder. Dann die
Ritterepen. Dann Dantes Commedia, ein religiöses Gedicht. Petrarcas
Sonette als moderner Minnesang, den er später verwarf, sein heidnisches
Epos Afrika, seine gelehrten Weisheitsschriften. Die Ritterepen der
Renaiccance (Ariost, Tasso, Spenser, alle christlich inspiriert) und die
petrarkistischen Sonette der Italiener und Engländer. Französisches
Theater. Lope de Vega und Cervantes. Miltons Paradise Lost und
Klopstocks Messias. Die deutsche Romantik (Natur, Mittelalter, Märchen,
Sehnsuchtsliebe): Novalis Geistliche Lieder, sein Minnesänger-Märchen
Ofterdingen ein Künstlerroman, wie Tiecks Sternbald. Clemens’ Märchen.
Sein Rosenkranz, halb Märchen, halb religiöse Dichtung. Seine
Hinwendung zur Emmerich und dem Kirchenlied. Drostes Geistliches
Jahr. Charles Péguys religiöse Lyrik, sein religiöses Epos Eva. Paul
Claudel, der Dichter des Dogma, Schneiders geistliche Sonette, religiöse
Dramen, Laientheologie. LeForts Ewige Frau (Mariologie), Schweißtuch
der Veronika (über die Sakramente, über das Mysterium Caritatis).
10.5.
Wachte nach wenigen Stunden Schlaf auf und dachte: Urweib - Mutter -
Maria - wühlte mich in ihr Wesen hinein und schlief wieder ein.
Ich wende mich der mariologischen Dogmatik zu. Gerade der
sinnenfreudigste Monat, der Mai, ist der Madonna gewidmet. Italien dient
ihr treuer als Deutschland. Raffael malte sie schöner als Dürer. Die
katholisch-deutschen Romantiker hatten alle Sehnsucht nach Italien.
Eirenaios von Lyon spricht im Jahre 202 von den „in Germanien
gegründeten Kirchen“.
12.5.
Wenn der Logos die menschliche Natur von Maria angenommen hat, hat
Jesu menschliche Seele dann auch ein Gepräge von der Mutter geerbt?
oder hat der Gottessohn nur seinen Leib von Maria? Hat dann sein Leib,
etwa sein Antlitz, Ähnlichkeit mit Maria? „Der Heilige Geist ist es ja, der
in Maria die menschliche Natur Christi aus ihren eigenen weiblichen
Möglichkeiten schöpferisch hervorgebracht hat.“ - Maria ist nicht „die
weibliche Dimension Gottes“ (The Mary Myth). Die Kollyridianerinnen
des 5. Jhd. (Maria-Anbeterinnen) wurden von der Kirche verurteilt.
Verwandt sind sie mit der feministischen Bewegung der Gegenwart. Maria
ist Geschöpf, allerdings das vorzüglichste. - „Wenngleich der
menschgewordene Gottessohn seine leibliche Gestalt seiner Mutter
verdankte, so daß man sagen durfte, er sehe ihr gleich, so wurde doch
Maria ihrem eigenen Sohne vor allem ähnlich, insofern er selbst das Bild
des himmlischen Vaters ist. Sie gab ihm das geistig-leibliche Antlitz; sie
empfing von ihm das geistlich-geistige Angesicht.“ Der Autor wandte sich
gegen die „gnostische Entgeschichtlichung Marias, in welcher Maria sich
zu einer neuplatonischen Idee verflüchtigte“.
13.5.
„Wer also einen Heiligen um Fürbitte anruft, drückt den Wunsch aus, der
Heilige möge mit seiner Liebe zu Gott auch ihn, den Beter, umfangen und
so durch die weckende Kraft seiner von Gottes eigener Liebe genährten
Liebe die Liebesfähigkeit des Beters entbinden und dessen Herz bereit und
aufnahmefähig machen für Gott.“
Den ersten dichterischen Gruß an Maria richtete um 350 Ephräm der
Syrer, dann Ennodius von Pavia im Lied des 5.Jhd., im Abendland die
erste Anrufung Marias bei Augustinus. Papst Paul VI bestimmte 1974, die
Marienfrömmigkeit solle sich gemäß der gegenwärtigen Zeit gestalten und
insbesondere das gewandelte Frauenbild berücksichtigen.
14.5.
15.5.
Hesekiel 33, 31-33: „Und sie werden zu dir kommen, wie das Volk so
zusammenkommt und vor dir sitzen als mein Volk und werden deine Worte
hören, aber nicht danach tun, sondern ihr Mund ist voll von Liebesweisen,
und danach tun sie, und hinter ihrem Gewinn läuft ihr Herz her. Und siehe,
du bist für sie wie einer, der Liebeslieder singt, der eine schöne Stimme hat
und gut spielen kann. Sie hören wohl deine Worte, aber sie tun nicht
danach. Wenn es aber kommt - und siehe, es kommt! - so werden sie
erfahren, daß ein Prophet unter ihnen gewesen ist.“ Dies Wort stellt die
prophetische Verkündigung des Gotteswortes weit über irdische
Liebeslieder, aber man erkennt, daß das prophetische Wort wie ein
Liebeslied erscheint. Siehe Mechthild von Magdeburg.
Ich bereue den „Schoß der Morgenröte“. Eine evangelische
Seelsorgerin sagte, ich solle annehmen, daß zu jener Zeit mein
Mariaroman meiner Überzeugung entsprach, ich müßte zu meiner
Geschichte stehen, solle mich nicht anklagen. Alles Geschriebene würde
nach einiger Zeit in Frage gestellt. Gott würde mich nicht anklagen, mir
wohl verzeihen. Ich solle getrost sein.
16.5.
21.5.
22.5.
Nachwort zu Gerard Nervals Aurelia: Aurelia ist nicht allein ein Deckname
für Jenny Colon, sondern ein Symbol wie Beatrice in der Vita Nuova. Sie
kann einen Gestaltenwandel eingehen: die vergeblich gesuchte
abgeschiedene Geliebte (Eurydice), die Führerin ins Jenseits (Beatrice),
die Königin und Göttin (Artemis). Alles in allem, sag ich, ist sie ein
Schatte Mariens, deren Preis auch synkretistisch gesungen wird gegen
Ende der Erzählung. Die letzten Manuskriptseiten des Werks fand man in
Nervals Manteltasche, als er sich erhängt hatte.
Wenn ich einmal von einem „Christus untergeordneten Synkretismus“
des Dichtens schrieb, findet das seine Rechtfertigung in der katholischen
Lehre von Offenbarung und Religion. Die Religionen sind auf den
göttlichen, katholischen Glauben hingeordnet. In ihm ist die ganze Fülle
der Offenbarung (die römische Kirche steht dem katholischen Glauben am
nächsten), in den Religionen sind Funken, Schatten, Reste, Sehnsüchte.
Alles dies nahmen die katholischen Missionare auf. In Irland „taufte“ man
den keltischen Druidenglauben, in China griffen die Jesuiten auf die
klassischen Schriften (und das Bild der Guan Yin) zurück. So ging
Klemens von Alexandrien mit klassischer Poesie und Philosophie um. Das
sagt mir zu und ist künstlerisch viel fruchtbarer als der evangelikale
Rigorismus (die Puritaner kämpften gegen das elisabethanische Theater).
Was LeFort von der geistigen Hochzeit des Dichters mit der Geliebten
schreibt, sie sei Mitschöpferin, Ergänzung zur Totalität des Lebens, kann
das auch die heilige Jungfrau Maria sein? oder muß es eine irdische Frau,
eine sterblich Geliebte sein? Ist das Phänomen der idealisierten Geliebten
erledigt, weil ich Maria gefunden habe?
Ist mir die Madonna Geliebte oder Mutter? 1994 war sie geliebte
Gottesmutter, aber war es sublimierte erotische Liebe oder fromme
kindliche Liebe? Die Kirche lehrt fromme kindliche Liebe. Mir scheint
aber, der Frauenliebhaber Raffael malte seine Madonnen aus sublimierter
erotischer Liebe. Kann man die Minne für die Dame auf Maria übertragen
oder ist die mystische Liebe zur Mutter Gottes eine ganz andere? Ist die
Minne platonische Stufenleiter, menschliche Religion des Eros; dagegen
die Offenbarung von Maria als Mutter der Gläubigen spricht? Das Zweite
Vaticanum definiert Marienkult als „aus dem Glauben, nicht aus
Gefühlswallungen“ (sinngemäß). Ist sie denn Jungfrau-Mutter: Geliebte
und Mutter in einem? Italien preist die geliebte Madonna, Deutschland
preist die verehrte Muttergottes. Der Pfarrer sagte, ich solle mit Maria
reden „wie mit einer Freundin“. Maria ist auch (wie die Muse Nervals)
abgeschiedene Geliebte, Führerin ins Jenseits, Königin und Göttin.
Dennoch hatten die Dichter eine Frau, eine Geliebte, eine Stellvertreterin
Mariens (Vikarin Mariens). Vielleicht ist Sie selbst zu erhaben, zu
unnahbar? Es gibt in der Poesie zwei Linien: die Linie Dantes, Beatrice als
Mittlerin zu Maria zu verherrlichen, und die Linie der Hymniker, Maria
selbst zu grüßen. Welchen Weg werd ich gehen? Maria ist doch
preisungswürdiger als die idealisierte Frau, welche auch zur großen Teilen
ihre Attribute von der Königin borgt, Maria ist doch die, die mehr gesegnet
ist als alle anderen Frauen. - In der Sankt-Marien-Kirche stehen zwei
Mariengestalten: In der Kapelle eine nonnenhaftee ältere Mutter, vor der
der Glaube beten kann, und im Chorraum eine junge Madonna ohne Kind,
die Schlange niedertretend, schön und schlank, welche die Seele lieben
kann. Der Geist glaubt, die Seele liebt. Die Seele liebt Schönheit, Jugend,
Jungfräulichkeit, Anmut, Reinheit, Liebreiz. Ja, auch Liebreiz, denn die
Weisheit hat nach der Schrift die Welt mit ihrem Liebreiz gestaltet.
23.5.
Träumte von einem Juden, dem ich sagte, Mutter der Juden sei die
ungehorsame Eva, Mutter der Christen sei die gehorsame Maria.
Nicht allein im Weitersagen des Gotteswortes, sondern in jedem Tun
und Wort des Trostes, der Ermutigung, der aufbauenden Kritik gibt der
Christ das Heil weiter. Für seine Heilsvermittlung ist allein die Liebe
maßgebend. Im liebenden Christen liebt Gott, im die Liebe Empfangenden
empfängt Gott die Liebe. Das Kreuz des Getauften ist Christi Kreuz, in
Leiden und Sterben hat der Christ Anteil am Leiden und Sterben Christi,
besonders im Leiden des Christen wird das Heil wirksam. Der
Auferstandene wirkt in den Sakramenten und im ursakramentalen Handeln
der Kirche und ihrer Glieder.
24.5.
Ich habe so ein Gefühl der Liebe für Maria heute, fast als ob ich sie
begehrte, als ob ich die Sixtina umarmen und küssen wollte, eine
schmachtende Sehnsucht.
25.5.
Träumte von der Kirche, kam in eine kleine Landgemeinde von acht
Schwestern, einer Pfarrerin, bekam ein Einzelzimmer, aber die Pfarrerin
verstand nicht, daß ich als Dichter leben wollte. Ich wollte in der
Nachbargemeinde beim Pfarrer eine Glaubensunterrichtung mitmachen.
Einige Kirchenlehrer sagten, wer nachts wache, werde besonders leicht
von Dämonen versucht. Der Pfarrer sagte, ein Dichter dürfe ruhig nachts
wachen, um in der Stille der Welt zu dichten; wenn die Einsamkeit zu
schwer würde, sei ja die Musik da.
„...so bleibt es unentschieden, ob ich an Bettine denke oder an
Abelone. Nein, Bettine ist wirklicher in mir geworden, Abelone, die ich
gekannt habe, war wie eine Vorbereitung auf sie, und nun ist sie mir in
Bettine aufgegangen wie in ihrem eigenen, unwillkürlichen Wesen.“
(Rilke, Malte)
Angefangen mit Franz Werfel, Das Lied von Bernadette. Gefällt mir
sehr, schöne Sprache, poetisch-realistische Schilderungen. Ich habe viel
Sympathie für Frankreich, das ich in Nerval, Rilkes Malte und jetzt Werfel,
vorher in Peguy und meinem Frankreich-Poem, gefunden habe. Ich würde
gern nach Frankreich reisen. Rom ist eine religiöse Frage, aber von der
Lebensart zieht es mich nach Südfrankreich. - Mit der wunderschönen
Beschreibung Unserer Lieben Frau von Lourdes (nach Werfel) geh ich
schlafen, er nennt sie „die Allerliebste“.
26.5.
Das Brot der Eucharistie ist Frucht der Erde, Gipfel der Evolution, von den
denkenden Kreaturen gebacken, dargebracht Gott. Christus ist seit der
Himmelfahrt die Weltseele, der schöpferische Logos. Er verwandelt die
Frucht der Erde und Menschenarbeit in seinen Leib, daß wir den
kosmischen Christus empfangen, den Leib des Logos überall in der Welt
entdecken und selbst Sakrament werden.
28.5.
Mechthild von Magdeburg: „Die Jungfrau ist hier vor der Heiligen
Dreifaltigkeit / eine Beschirmerin aller Keuschheit / und eine Anwältig der
Versuchten, / die sich mit Reue fürchten.“
Consolatrix afflictorum: Ihr Wallfahrtsort ist Kevelaer, dahin zieht es
mich. Die Madonnenmaler von Kevelaer sagen: Der Mund muß
ausgearbeitet sein, soll aber kein roter Kußmund sein. (Aber die Madonna
küsste Johannes Chrysostomus!)
Als Bernadette die Dame nicht sehen darf, ist sie voller Sehnsucht, wie
ein Geliebter sich nach einer fernen Geliebten sehnt. Als sie ihr das zweite
Mal begegnet, ist sie von einer ersten Hingerissenheit vorgedrungen zu
einer dauerhaften Hingabe. Als die Dame, unendlich geduldig, zu ihr
spricht, ist trotz ihrer Erscheinung von junger Mädchenhaftigkeit ihre
Stimme mütterlich. Sie sagt zu Bernadette: „Ich kann nicht versprechen,
Sie in dieser Welt glücklich zu machen, aber in jener!“ Sie wird die
Allerliebste, Allerlieblichste, Allerschönste genannt. Ich nannte sie
Freundin der Armen, Freundin der Gottsuchen, Freundin der Erdenpilger,
Freundin der Dichter, meine geliebte Freundin, die mich liebt.
Gottesmutter und Königin ist sie sicher, aber diese Titel schaffen solche
Distanz. Trösterin der Heimgesuchten ist sie, unsre Wonne, süße, milde,
gütige Maria.
31.5.
1.6.
2.6.
3.6.
4.6.
Der Priester von Notre Dame de Paris sagte zur Zigeunerin: „Ich hatte
meine Ruhe und wollte nichts als meine Ruhe, aber nun seh ich nur dich
und überall dich, in jedem Buch, in jedem Bild, und habe keinen Willen
mehr!“ ...Das seelische Verlangen nach der Geliebten brennt in jeder Fiber,
in meinem Blut. Sie ist umwerfend, tief beeindruckend. Sie ist der Traum
einer Geliebten, einer asiatischen Prinzessin, einer Indianerin, einer
Pantherin, einer demütigen Dienerin Gottes vielleicht. Es ist das Verlangen
nach ihrer Schönheit, das mir meine innere Ruhe raubt.
5.6.
6.6.
Papst Pius XII an Maria: „Und wir arme Sünder, wir, denen der Leib den
Aufschwung der Seele hemmt, wir bitten dich, reinige unsere Sinne, damit
wir lernen, schon hienieden inmitten der Lockungen der Geschöpfe Gott
zu lieben, Gott allein.“
Der heilige Märtyrer Maximilian Kolbe betete zu Maria: „Erlaube mir,
dir eine solche Ehre darzubringen, wie sie dir noch niemand dargebracht
hat.“
Schon ETA Hoffmann sagte: Wie schön ist „Ave stella maris!“ und wir
unschön: „Meerstern, wir dich grüßen“.
7.6.
Papst Pius XII: „Aus der Tiefe des Tales der Tränen, in dem die
leidbeladene Menschheit mühsam dahinzieht, aus den Meeresfluten, die
von den Stürmen der Leidenschaften beständig aufgepeitscht werden,
erheben wir unsere Augen zu dir, o Maria...“ Wir „verbannte Kinder Evas“
seufzen zu dir trauernd und weinend. Die Heiligen sind „beseligt in der
Schau deiner leuchtenden Schönheit“!
10.6.
Heilige Messe. Wann wurde mir zum letzten Mal die Liebe erklärt? Mir
stiegen die Tränen auf. Der Gott der Liebe ist die Liebe in aller Liebe.
Liebe zwischen Mann und Frau ist nicht Symbiose, denn wenn wir den
Andern ganz in uns aufnehmen wollen, werden wir selbst entwurzelt und
gehen verloren. Aber groß ist die Sehnsucht des Menschen nach
Vereinigung: mit der Geliebten, mit der Natur, mit Gott. Der Dreifaltige ist
in sich totale Liebesgemeinschaft in Union, aber in drei völlig souveränen
Personen. Im Geheimnis der Dreifaltigkeit liegt das Geheimnis der Liebe.
Mein Christus-Evangelium heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast
du mich verlassen? Mein Petrus-Evangelium heißt: Eine Zeit lang, wenn
es sein soll, Leiden, danach aber eine übergewichtig herrliche
Glückseligkeit der Seele! Amen.
Ich war mit dem Säugling allein im Kinderzimmer. Er lag auf dem
Rücken allein, ich sagte mit schluchzender Stimme: Ach du! und die
Tränen drangen herauf. Da fing auch er an, traurig zu weinen. Ich
ermannte mein weibliches Gemüt und sagte: Sei nicht traurig, du. Da hörte
er wieder auf zu weinen. Ich hab ihn lieb und sag ihm das auch.
11.6.
Du bist ein sehr schöner Mensch, innen und außen, ich hab dich von
Herzen lieb, aber wenn ich bei dir bin, entflammt es mich und alle
Sehnsüchte nach Liebesgemeinschaft erwachen in mir, denn du bist die
Verkörperung so vieler Sehnsüchte meiner Seele!
Nur Bachs „Komm, o süßes, süßes Kreuz, o süßes Kreuz, o komm!“ ist
mir Trost. Ich bin sehr einsam. Die Leidenden sind meine Brüder. Die
Glücklichen stehen bei mir im Verdacht der Gottlosigkeit. Der Bettler im
Winter vor der Kapelle war mehr mir Bruder als die satten Philister in den
Kirchenbänken.
13.6.
Mit dem Säugling ging ich in die Heilig-Geist-Kirche. Er war wach und
gespannt. Daß ich ihm ein Kreuz auf die Stirn tupfte mit Weihwasser,
schien ihn sehr zu freuen. Dann zog ich ihn im Kinderwagen in den
Kirchenraum und sagte: Da ist Jesus, sein Leib. Ich kniete und bekreuzigte
mich. Dann sagte ich: Jetzt gehen wir zur Mutter Maria. Da, wies ich ihm
das Muttergottesbild: Maria und Jesus! Jetzt zünden wir für Maria eine
Kerze an. Wir grüßen dich, Maria, bitte für uns! Dann zeichnete ich mir,
dem Kinde das Gesicht zugewandt, ein Kreuz auf die Stirn und dann auch
ihm: Sei gesegnet im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen
Geistes. Er freute sich und schien dankbar. Wir verabschieden uns vom
Herrn Jesus. Ich betupfte ihn mit Weihwasser am Ausgang, dann gingen
wir, er sah so beseligt aus. Das helle Licht des Tages blendete ihn. Ich
sagte: Das ist gut, das Licht! Aber, nach einer Besinnung, du, wir beide
sind doch Kinder der Nacht. Abends badete die Freundin den Säugling, ein
glückliches wasserplätscherndes Baby. Sie machte ihn bettfertig und sagte:
Man kann auch so einen kleinen Buffodontel zusammen haben, nicht
wahr? Ja, das ist eine schöne Art, einen Buffodontel zusammen zu haben,
wie wir ihn uns 1990 am Golf du Lyon erträumten.
Maria von der Todesstunde, wenn du bei mir bist, dann sterb ich
getrost.
14.6.
16.6.
Las Hölderlin „An die Madonna“, er singt darin vom Teutoburger Wald.
Ich war im Herzen so verwirrt-verliebt. Ich denke an Hölderlin und Rilke.
Sie liebten ihre Musen. Hölderlin liebte und sang Diotima, ging dann aber
in den Gesang der großen Hymnen über. Rilke liebte Lou oder Abelone,
ging dann aber in das mystische Preislied vieler Frauen und Prinzessinnen
über.
Rasputin-Film: Der sibirische Mönch, aussehend wie das Leiden
Christi, bekreuzigte sich und sagte: Gott ist gut! Er stand im Licht, er
betete auf Knieen, ihm war die Mutter Gottes erschienen, sie hatte ihn
berührt und ihn gesandt zum bluterkranken Zarewich, den er durch
Handauflegung und ein gutes Wort heilte. Die Zarin vertraute ihm, der Zar
Nikolaus II war skeptisch. Aber Rasputin wußte sich am Hof nicht zu
benehmen, er war wie ein russischer Muschik: versoffen und verhurt. Er
sagte: Ich bin Rußland! Warum gerade ich auserwählt wurde, weiß ich
nicht! Der Zar schickte ihn fort. Das Kind wurde krank. Die Zarin ließ
Rasputin wieder rufen. Er machte sein Testament: Wenn er von Bauern
ermordet wird, sei es nicht schlimm; aber wenn er von der zaristischen
Familie ermordet würde, würde die Zarenfamilie binnen zweier Jahre
sterben. Kein Fluch, sondern Prophetie. Er sollte vergiftet werden, ihm
aber schadete das Gift nicht. Dann wurde er wie ein Hund erschossen. Sein
letztes Wort war: Schmerz! Die Zarenfamilie wurde von den
Bolschewisten ermordet. Wie Rasputin prophezeit, folgte Blut und Terror
und Krieg und Mord.
Im Garten der Geliebten allein dachte ich an Sankt Maria Magdalena,
da dort eine weiße Malve mit rotem Mittelpunkt stand, die Malve von
Magdala, die große Minnerin Christi, wie Meister Eckhard sie nannte. Ich
dachte an Sankt Eva von Eden, die zu Füßen Mariens im Himmel sitzt, im
weißen Gewand, oder im orangenen und lichtgrünen Gewand, wie die
Frucht des Paradieses, die gute Frucht der Glückseligkeit und der süßen
Wonne. Ihr widmete ich die schönen orangen-blühenden Mohnblumen.
Dann muß die violettgelbe Iris mit dem keuschen Blütenschoß die Blume
der Seligsten Jungfrau sein. Ich habe mich dem Unbefleckten Herzen
Mariens geweiht, die Unsere Liebe Frau von Fatima wünschte. Ich
wünsche, mich mit ihr zu vermählen, um Liebe und Friede und Ruhe für
mein Herz zu finden. Maria, führe mich!
Zur Messe ging ich in stiller Freude, die Frucht (Jesus) vom Baum des
Lebens (Maria) speisen zu dürfen, auf daß ich dereinst am himmlischen
Hochzeitsmahl teilhaben darf. Ich bat Maria um Segen für meine
Freundinnen. Die Lesung und Verkündigung war von der Sünderin, die
Jesus die Füße mit Tränen gewaschen, sein Haupt mit Salböl gesalbt. Sie
hat viel geliebt, darum ist ihr viel vergeben worden. O Simon, weil ihr viel
vergeben worden, darum liebt sie viel. O heilige Magdalena! Bei den
Einsetzungsworten donnerte es, und wenn Gott aus dem Donner sprach,
dann sprach er: Dies ist mein Leib! Ich bat Jesus um das Manna und sah
vor meiner Seele einen Granatapfel.
Der Priester sprach von der Inkarnation: Logos ward Fleisch und Blut.
Wir sind Fleisch und Blut Christi. Christus ist nicht „Idee“ oder „Ideal“.
El Greco, Maler der spanischen Gegenreformation, lernte als Kind
byzantinische Ikonenmalerei. Er stand im Dienst der Kirche, lebte in
Toledo mit seiner Lebensgefährtin. Er malte die Hure, die Sünderin, die
büßende Magdalena, den heiligen Franziskus, über einem Totenschädel
meditierend, er malte Maria, mit entblößter Brust Jesus stillend, er malte
das Antlitz Christi mit tieftraurigen Augen. Ein weltliches Bild malte er:
Gaukler am Feuer. Einen Mythos malte er, aus seinem Nachlaß, nur für
sich gemalt, voller Rätsel: Laokoons Kampf mit den Schlangen. Seine
Heiligen waren von ekstatischer, mystisch-verzückter Religiösität,
überirdisch, in lauter Finsternis in einem kühlen reinen Licht.
Ein beseligtes, seliges Glück empfand ich in der Hl. Messe. Es war
wirklich die Frucht vom Baum des Lebens. Ich wiegte mich zum
Halleluja, lachte selig tonlos nur auf dem Antlitz und im Herzen und sang
von Herzen: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren, alles was
Odem hat, Psalter und Harfe, wacht auf!“ Ich konnte vor der Eucharistie
nicht tief genug knieen. Das ist wahrer Gottesdienst.
17.6.
Traum: Ich kam zum Priester, er führte mich in sein Wohnzimmer. Wir
sprachen, er fragte, was mein Problem sei. Ich sagte, vielleicht sei der
Kern des Problems mein Selbstmordversuch, seit dem ich nicht mehr
heimisch auf der Erde. Er sah mich an, ob ich sicher sei, daß dies das
Problem sei. Dann trat eine Frau mit langen roten Haaren ein, sie trank
einen Schluck Alkohol. Der Priester sagte zu ihr: Wollen wir diesen hier in
die Kirche aufnehmen? Ein Diakon trat ein. Priester und Diakon griffen
mich, banden mich, wickelten mich ein, machten etwas, wie als ob sie
mich unter Strom setzten, da rief ich: Vater, Ewiger! Das war meine
Bekehrung. Ich trat aus dem Haus und sagte: Maria, Tochter des Vaters,
bitte für mich. Ich kam in eine katholische Altstadt, da sagte Eine zu mir:
Wenn ich wieder auf Abwege gerate, seien Bessere immer mit mir, auch
werde die Weiße Dame immer da sein. Ich war dann bei einem einsamen
alten Mann, wir sprachen davon, daß wir von Anglikanern, Lutheranern
und Baptisten nichts mehr wissen wollten.
20.6.
Der alte Meßdiener, der mich unterwies, wie man den Rosenkranz betet,
sagte, nicht dem solle ich folgen in der Verehrung Mariens, was andere
sagten oder wie die offiziellen Gebete lauten, sondern ich solle meinen
eigenen, ganz persönlichen Weg gehen. Mir schien, er hieß meinen
Wunsch nach der „mystischen Vermählung“ mit Maria für gut und recht.
Es sagte, ich sei ein Mönch in weltlicher Kleidung, ein Freund Mariens.
21.6.
Ich möcht mich für immer begreifen als „Marien Bräutigam“. Sie hat noch
nicht Ja gesagt zu meinem Antrag in der Litanei von der Lieben Frau. 1994
hab ich ihre weiße Hand geküsst. Maria wird immer da sein, wird mich nie
verlassen: „Und wenn mich alle Freundinnen verlassen, dann nimmst du
mich doch auf!“
Maria begegnete mir zwar in der idealisierten Frau, aber Maria ist ganz
anders. Die Frau ist dornenreich, Maria ist die dornenlose Rose. Maria ist
zwar „gebendeit unter den Frauen“, aber sie ist vor allem „mehr gesegnet
als alle anderen Frauen“. Wird die idealisierte Frauenliebe nun ganz in die
Marienliebe aufgehen? Alles durch Maria für Jesus, immer durch Maria zu
Jesus!
Maria hüllte mich heute Morgen in die Wolke stiller Wehmut, einer
weltabgeschiedenen Versunkenheit und innigen Liebe zu ihr.
22.6.
23.6.
Traum: Ich ruh in Maria in Jesus, in Jesus in Gott. Vor dem Einschlafen
versenkte ich mich in die Madonna auf dem Sessel und liebte die Madonna
innig-minnig, und sie nahm mich in die Arme.
24.6.
25.6.
Die Heilige Agnes von Rom hat sich mit dem Jesuskind verlobt, dem
Jesuskinde auf der Madonna Arm.
„Weigert sich aber ihr Vater, sie ihm zu geben, dann hat er ihm soviel
zu zahlen, wie der Brautpreis für eine Jungfrau beträgt.“ (Exodus 22,16) -
Vermählung mit Maria muß im tiefen Geheimnis eine Vermählung mit
dem lieben Christus sein und in Ihm im Tiefsten mit Gott - „Ich lege dich
wie einen Siegelring an meine Hand“, sagte Gott zu einem, zu Serubabel,
glaub ich, und, wie mir schien, 1994 zu mir.
Der heilige Johannes vom Kreuz war Seele, die den Geliebten liebte, er
war die Geliebte. Ich bin ein Liebhaber der Liebsten, von Ihr geliebt, von
der Königin meines Herzens, und singe ihre einen bräutlichen Rosenkranz,
einen Hochzeitstanz. O Rosenkranz-Marie!
26.6.
Mit der Schwester gesprochen. Gott will uns immer ganz persönlich,
jedem anders begegnen. So darf ich Maria als Liebender begegnen. Als
Maria Sonntag fern war, schmachtete ich, ich schmachtete wie ein
unglücklich Liebender. In einem Rilke-Gedicht sprach sie dann abends mit
mir. Das Liebesschmachten, die Sehnsuchtsnacht ist auch das Thema San
Juans. Die Schwester will mir mehr Gedichte von ihm schicken. Bin dabei,
ein zweites Gedicht von ihm nachzudichten.
28.6.
29.6.
Polnischer Priester: Maria ist Königin, ist die Immaculata. Jeder hat ein
anderes Marienbild in sich. Lesen solle ich päpstliche Enzyklika zur
Marienverehrung. Ich sang „Schwarze Madonna, children at your feet“, als
ich von ihm ging. Er hatte meinen Minneweg aber nicht verstanden und
nicht gefördert.
5.7.
9.7.
Las eine Übersetzung des Hohenliedes mit Kommentar, das Lied ward mit
der Poesie von Theokrit in Verbindung gebracht und mit den Kultgesängen
aus dem Ischtar-Tammuz-Kult.
Inannas Vulva glich einem Salatkopf. Aphrodite ist Schwanin. Ihr
Element ist das Wasser. Inanna ist keine Muttergöttin, sondern eine
erotische Göttin. „Mein Bruder brachte mich in sein Haus, legte mich auf
ein duftendes Honigbett, legte sich auf mein Herzstück, tat es fünfzig Mal,
zungenfertig!“ Sie war Göttin des Kusses und der Masturbation. Die
älteste Poesie war von der Dichterin Enkeduanna aus Babylon, sie dichtete
2300 v.Chr. ihre „Zelebration für Inanna“, dichtete über die Kriege und
Verwüstungen und Blutbäder der Liebe. Archetypischer Widerspruch
zwischen der Mutter und der Geliebten: Demeter und Aphrodite, die
Muttergottes und Maria Magdalena.
10.7.
Irgendetwas von Maria, Grotte, Schleier geträumt, wollte es nicht
vergessen, vergaß es aber im Traum, nur „Massabielle“ blieb mir im Sinn.
Erwachte morgens mit Gedanken an Maria und Elisabeth.
11.7.
Träumte von Maria und der Geliebten, mir scheint, Maria gab mir Weisung
wegen der Geliebten.
12.7.
13.7.
14.7.
15.7.
18.7.
Ahnung, als wenn der milde weise Gott der Liebe sagte: Steige nicht zu
steil die Himmelsleiter hinan, sei geduldig, dulde deine Sinnlichkeit und
zähme sie. Der Kardinal zum Maler: Du bist berufen, sinnliche und
seelische Schönheit zu gestalten, führe ein frommes Leben, dann kann
auch ein Abglanz überirdisch-heiliger Schönheit auf dein Werk fallen.
Poet, vergiß nicht die Charitinnnen und die Nymphen von Judäa!
19.7.
San Juan sagt, je mehr einer vom Himmel erwartet, desto mehr bekommt
er vom Himmel. O Gottes Brautgemach! Liebe! Trank vom Saft des
Granatapfels! Göttliche Wollust der unsterblichen Seele in Ewigkeit! Und
ein Liebesmartyrium, ein seliger Liebestod, kein Strohtod, sondern im
lodernden Feuer verbrennen! Maria, tritt in das Allerheiligste meines
Herzens, in das Brautgemach, zu dem allein der Bräutigam meiner Seele,
Jesus, den Schlüssel hat. Vermählung Mariens mit dem feurigen Geist in
mir! Vermählung mit Maria ist, wie Sankt Agnes vollzog, Vermählung mit
Marien Kind Jesus.
Der Heilige Geist in mir weht feurig und begehrt die Jungfrau Maria!
Ein Kreuzleben, las ich, ein Leben in Schwachheit und Agonie, im
innersten Herzen der Kirche, wie San Juan und die Kleine Therese, ist
weniger ein Leben von Ordnung und Harmonie, mehr ein Brennen:
Propheten waren Ekzentriker.
20.7.
21.7.
„Nimm mich doch auf, wie du es so oft versprochen hast; halte Wort. Du
hast mir so oft versprochen, nicht nur mir ganz zu gehören, sondern mich
auf eine Weise aufzunehmen, nach der ich dir ganz gehöre. Du hast mir
oftmals Worte wiederholt, die nur diese eine Bedeutung haben. Nun gut,
jetzt nimm mich auf, wie du gesagt hast. Und vor allem: beschäme mich
nicht in meiner Erwartung: so lange warte ich schon, so lange sehne ich
diese Stunde herbei, diesen Augenblick, von dem an du mich ganz in dein
Innerstes aufnehmen und mir nichts mehr vorenthalten wirst!“
23.7.
„Ich mag dich dicht, obwohl du so bist, wie du bist, sondern weil du so
bist, wie du bist.“
Fand Reinhold Schneider über Camoes und über Portugal. Ja, südlich
sinnlich lieben, eine Sehnsucht so groß, daß sie aus der Welt geht, immer
schmachtend, immer einsam und unglücklich, im schwarzen Mantel der
Schwermut, der Einsamkeit und des Todes, die Geliebte ist Gnade und
Dämon, eine Lust am Leiden, eine Liebe zum Leiden, eine Wollust des
Untergangs. Ich liebe wie ein Portugiese. Darum Ja zur Geliebten, sie ist
mir Schicksal.
25.7.
Worte Jesu an Torsten. Jesus will, daß ich ihn so liebe, wie ich bin, ich
muß nicht erst ein Heiliger werden. Kümmere dich nicht um deinen
Mangel an Tugenden! Zuviel Tugend gibt Jesus mir nicht, weil es meiner
Eigenliebe schmeicheln würde. Nicht nach meinen Talenten oder meiner
Weisheit verlangt er, sondern allein nach dem Gesang meines Herzens.
„Ich habe dich allein zur Liebe geschaffen“! Aus meinem Elend soll die
Liebe zu ihm aufsteigen. Ich soll nicht an ihm zweifeln. „Ich gab dir meine
Mutter“, ich soll ihm alles, alles geben durch ihr reines Herz.
Erwachte nach wenig Schlaf frühmorgens, da liebte mich Maria
unsagbar; wie soll ich sagen? Als wäre ich in ihr, als schliefe ich mit ihr,
solche Liebe, ganz unkörperlich.
Ich weinte, da sah ich das Antlitz des Dorngekrönten. Jesus will mir
Kraft zum Leiden geben, die kleine Therese wollte das Leiden lieben, es
ist ein Martyrium der Seele. Aber die Märtyrer segneten die, die die Löwen
schickten. Ich aber bin arm an Liebe zu denen, die mir zuwider sind.-
Nicht kann ich dir geben, o Herr, nur mein Nichts!
26.7.
Sehne mich danach, mein Leben in der Grotte von Lourdes niederzulegen,
dort wiedergeboren zu werden, und von Jesus durch Marien Hände ein
neues Leben zu empfangen.
28.7. - 5.8.
6.8.
9.8.
War bei der Geliebten, das war überwältigend schön! Sie hat so ein
wunderschönes Gesicht, so ein schönes leises Lachen! So schön ihr
Armgelenk mit dem Silberkettchen mit bunten Steinchen aus Lourdes! Sie
freute sich über die silberne Halskette mit dem Anhänger von Sainte
Evelyne, wollte die Heilige kennenlernen! Ich erzählte ihr von der Liebe
der portugiesischen Dichter: Du wirkst südlich auf mich, du entflammst
solche Sehnsucht in mir, die nur durch die Liebesvereinigung mit Gott
gestillt werden kann! Ich schilderte ihr die Erschütterung vor dem Mund
der Pieta. Zum Abschied gab ich ihr einen Kuß auf die warme weiche
Wange, was sie gewährte. Ich bin tief am Herzen von Freude berührt.
1997 bis 2000 war der Psalter mein wichtigstes Buch, 2000 kam der
Koheleth dazu, nun wird es das Hohelied, Weisheit und Jesus Sirach dazu.
Die Perser möcht ich kennenlernen. - Ich bin wie ich bin, mit sinnlicher
Sehnsucht, da will Jesus, daß ich ihn mit sinnlicher Sehnsucht preise, nicht
in platonisch-gnostischer Leibfeindlichkeit eines Asketen. Was ist
Leidenschaft und Begehren?
Die Geliebte: „Inbegriff aller Schönheit“.
Ich danke Gott, daß er mir Magdalena als Heilige in mein Leben
gegeben hat. Sie möge mich lehren, meine Sinnlichkeit, meine sinnliche
Sehnsucht, in Glut der Liebe zu Jesus zu verwandeln. Als solche rief ich
sie auch in Lourdes an. Ich freu mich auf das Paradies, dort Magdalena zu
sehen, und neben Magdalena Eva und Sulamith. Dort werden auch Esther
und Judith sein.
Portugal passt zu Magdalena: Traurigkeit der Sinnlichkeit, Sinnlichkeit
der Traurigkeit. „So bin ich auch“, sagte die Geliebte. Wie es von
Magdalena heißt, war sie Hetäre mit dämonischer Schwermut. Eben tanzte
die Heilige unsichtbar betörend in meiner Wohnung, da erklärte ich ihr
meine Liebe: Führe mich, ich brauche dich!
11.8.
Die Schwester schickte mir einen Rosenkranz von „Unserer Lieben Frau“,
Perlen wie rote und violette Weinbeeren an goldenen Kettengliedern. Ich
sehe portugiesische sinnliche Schwermut, schwermütige Sinnlichkeit
darin, Marias weinrote südliche Schönheit.
Einer erzählte, auf Lanzarote ward eine Marienstatue vom Meer
angespült und durchs Land getragen und die Madonna angerufen gegen die
Dürre. Welche mythische Macht ist in den Kult der Madonna eingegangen:
vom Meere angespült!
12.8.
Persische Mystik von den Poeten geschaffen. Das Lob der irdischen Liebe
ist ein Gleichnis der göttlichen Liebe. Mystik des Weines. Wein ist Tröster
der Betrübten, Freude der Herzen, Blut Christi. Maria ist der schöne Kelch
der Hingabe. Derwische und die Extase, Dionysos und die Extase, San
Juan: Ekstase ist Selbstvergessenheit und Gottversunkenheit.
13.8.
Träumte von Maria, sehr innig, sehr rot, sehr intim, sehr liebevoll, voll
ehrfürchtiger Liebe zu der Gnädigen erwachte ich und küsste innig den
portugiesischen Rosenkranz am Handgelenk.
Die Freundin las mir meine französischen Strophen an die Immaculata
vor und war „sprachlos“, solche eine „Liebes-Hymne“ zu lesen. Sie sagte,
sie fände mich schön.
14.8.
15.8.
Ich sehne mich so in den Süden, Südfrankreich oder Portugal! Wo ist das
Buch, das diese Sehnsucht stillen könnte? Ich muß es selber schreiben. Wo
ist poetische, romantische, schwermütige Sinnlichkeit? Ich kann die
Weltmenschen und die kühlen Frauen nicht ertragen. Ich sehne die Nacht
herbei. O Magdalena hilf!
In Indien war Maria erschienen und schenkte einer Armen ihr Lächeln.
Das Gnadenbild wird in Indien zu Marien Geburtstag von Millionen
Pilgern - Christen, Moslems und Hindus - ans Meer getragen. Man badet
im Meer, gedenkt des Meeressternes Maria, welche schiffbrüchigen
Portugiesen an den Strand half, und schert sich die Haare. Den einen ist sie
Mutter Gottes, Mutter des Lebens, Mutter des Universums, den andern die
Muttergöttin, allen die heilige Mutter. Es wird das Magnificat gesungen:
Die Mächtigen stürzt er vom Thron und die Armen erhöht er.
18.8.
Simson: den Löwen der Wollust zerreißen und den Bienenhonig des
Gotteslobes sammeln. Simson, von der Hure und der Philisterin versucht,
wie Salomo von den heidnischen Frauen.
19.8.
Priester von Sankt Marien: Leidenschaft ist gut, sie gibt Kraft und Energie
zum Leben.
Allein in Maria verliebt und ehelos - unglücklich verliebt wie ein
Portugiese in sinnlicher Schwermut?
21.8.
22.8.
Ich hätte gern südliche Leichtigkeit, Genuß an Sonne und Meer und Wein
und schönen Frauen. Aber ich bin ein dunkelblauer Friese mit nordischem
Winter in der Seele, Weh umd Schmerz, und Sehnsucht nach Folkwang...
Es ist in mir blaue romantische Nacht, Traurigkeit und Einsamkeit. Ich
fürchte mich vor dem deutschen Herbst und Winter, den maroden
Stimmungen und den frostigen Schwertern durch das Herz. Ich wäre gern
glücklich. Heute ist die Welt lieblos, voll von Nesseln und Disteln und
Dornen. Wo ist die Rose Maria? Laß mich dich sehen, Maria, die
Schönheit Gottes! Meine Seele ruft an die Königin der Schwermut, aber
meine Seele fürchtet sich vor der Schwermut. Ich sehne mich nach dem
Glück, von einer sterblichen Frau geliebt zu sein.
O Königin Portugals, Fürstin von Fatima! War mit Maria allein.
Sehnsucht nach der Blume in dünner Gaze. Sah Maria innen, als blicke sie,
schwarzgewandet, mit schwarzen warmen Augen (Schönheit der
Schwermut) in meiner dunkle, lichtbegierige Seele, sie mit dem Schmuck
am Handgelenk.
Heute liebe ich keinen Menschen, nur Maria liebe ich, die
portugiesische, die nach Indien will! Der Tag, die Welt, die Zeit ist
grausam. Maria in mir! Alle Frauen außen, einzig Maria innen! Wie sieht
sie aus? Den Mexikanern eine Indiofrau, den Indern eine lächelnde
Somamilch-Mutter, den Afrikanern die schwarze Madonna, den Europäern
die Sixtina und Pieta und Madonna vom Granatapfel, den Russen die
melancholische Ikonenmutter. Mir die Göttin der Schönheit, heute schwarz
wie eine Portugiesin gekleidet, mit Perlenarmband geschmückt, Schmelz
und liebe linde Glut der dunklen Augen, Schwester meiner Schwermut,
meine treu mich liebende Frau (was ich auch tu, sie liebt mich).
Sah einen Film über portugiesische Fado-Musik, Lieder über die
Liebe. Bild einer Portugiesin, im schwarzen Kleid, braune bloße Arme,
schwarzes Haar, dunkle Augen, im Sonnenuntergang auf einer steinernen
Mauer sitzend, am braunen Handgelenk einen silbernen Armreif. Das war
das Ebenbild der Maria, Inbild meines inneren Ideals heute, Königin der
wehmütigen Schönheit, meine Frau, die mich ansah.
23.8.
25.8.
Maria, der großen Träume Königin, ich lebe quasi eine Ehe, eine treue
Brautzeit mit mir, sie ist allzeit da als Mutter und Frau und Muse.
Inneres Bild: Weihnachten, Maria geht als wahre Mutter unsichtbar
durch das Wohnzimmer meiner Kindheit.
27.8.
Jeder Dichter hatte eine Muse. Einige blieben einer Einzigen ihr leblang
treu. Andere suchten das Weib an sich in den vielen. Auch Tizian und
Raffael liebten die Frauen. Raffael hätte das Madonnenlob ohne seine
Geliebten nicht malen können. Auch Baudelaire hatte eine oder mehrere
Musen. Nicht die bleiche, weiße, verfließender Schleier in die Nacht,
sondern die im Leib, die Reizende, Rote, Engel und Sphinx in einem. Was
will denn Maria? Kann sie allein meine Muse sein? Sie, die ich Königin
der Musen nenne? In Lourdes suchte ich Maria allein, sie war die
Gebendeite unter den Frauen. Wen lieb ich? Kann ich Maria als Einzige
lieben? Sie, die da gesegnet ist mehr als alle Frauen? Sie ist die einzige
Rose ohne Dornen. Aber warum kam ich aus Lourdes mit Camoes? Maria!
Königin, ich will dein Sänger sein. Dich lobt ich im Jugendideal, du warst
mein eigentliches Ideal. Du kennst Raffael und Dante, Michelangelo und
Camoes und weißt, wie die Dichter sind. Führe mich, meine Meisterin,
meine Madonna, daß ich dein Lob singe, auch wenn ich nicht nur
Marienloblieder singe. Dein Bild scheine in meinem ganzen Werk auf.
Aber, Geliebteste, brauch ich auch eine irdische Frau zum Bilde der
Ewigen Frau, die du in Vollendung bist? Und ist es die Geliebte, die ich
singen soll? An ihr seh ich schon seit so vielen Jahren meinen Traum von
Schönheit. Sie ist der Schönheit Inbegriff. Erlaubst du, Herrin, solch ein
Lied? Kann dein Lob daraus entstehen? Siehe Botticellis Muse, wie er sie
als Venus und als Madonna malte. Maria, hilf mir, das Marianische an der
Geliebten zu singen. Willst du, daß sie meine Muse ist? Oder willst du
allein meine ideale Frau, mein Spiegel, mir der Abglanz Gottes sein?
Lenke mein Herz, du Königin meines Herzens!
Ich schließe meine Augen und sehe Marien Handgelenk, geschmückt.
Sie ist die Muse, die nicht von außen kommt, sondern von innen. Sie ist
meine Trösterin, wenn die liebekargenden Frauen mich verwunden. Sie
allein ist wahrhaft „anbetungswert“. Sie ist von himmlischer Schönheit, sie
ist vollendet, vollkommen, das Weibliche in Vollkommenheit, meine Frau.
- Wie ist das Verhältnis von Frauen und der Lieben Frau, von der Königin
der Musen und den jungen Musen?
In mir seh ich eine Maria, die schöner ist als - kaum zu glauben - ja als
selbst die Geliebte! Wie soll ich sie beschreiben? Sie scheint eine
Portugiesin, schlank, im schwarzen Kleid, die Madonna voller Anmut,
voller südlicher Grazie, mit bloßen Armen, makelloser Haut, glatt und
gebräunt, am Arme: Perlen oder Diamanten, ein weißes Gesicht mit
warmen schwarzen Augen, die Haare in einem schwarzen Schleier. Du bist
so schön, so schön, schöner als jedes Mädchen, das ich je liebte! Du bist
die Glut des Südens, der Schönheit und der Liebe! Solch eine Frau, das
hätt ich nie gewagt, zu hoffen, daß mich solch eine Frau liebte, und nun
liebt Madonna mich und lebt mit mir!
Wie gern hätt ich ein portugiesisches Madonnenbild Unserer Lieben
Frau von Fatima! Was geschah in Fatima?
Wo aber bleibt in der Marienliebe der Eros in mir, Sinnlichkeit und
Leidenschaft? Wird Eros sich nicht immer wieder eine Geliebte suchen?
„Dein nackter Busen seinen Duft verschwendet...“ Ich bin kein Asket,
sondern ein leidenschaftlicher Mensch.
Beaudelaire: „Madonna!... und mein Begehren dient dir als Gewand,
das bebt, das sich in Wellen senkt und wieder neu erhebt, sich auf der
Höhe wiegt, im Tal zur Ruhe streckt, und das mit seinem Kuß den weißen
Leib bedeckt.“
Ja, jetzt ist Hälfte des Lebens, ich trete in die Heilige Apostolische
Kirche ein und habe mich mit Maria verlobt, ihr soll mein Gesang, ihr und
allem was sie liebt, gewidmet sein.
30.8.2001
Bei der Geliebten, alles süß und ruhig, schenkte ihr drei rosane Lilien, die
sie und ihren Duft sehr schön fand.
6.9.
Träumte von Sankt Josef als dem Patron der Sterbenden. Er hatte ein
schmales, älteres, gütiges, väterliches Gesicht, dunkelblonde Locken und
einen reichen, aber nicht sehr langen Bart.
8.9.
Las das Nachwort zu den Eichendorff-Gedichten. Der „erotische
Marienkult“ seiner Jugend wirke „pubertär“, erst als er die Frau seines
Lebens, Luise, als Gattin und Mutter gefunden, huldigte er „Mutter und
Kind“ mit „christlichen Wurzeln dieses Kultes“. Ich sollte keine
Nachworte lesen!
Traurig über das Desinteresse der Freundinnen an mir. Sie haben mich
vergessen! Ich werde zum Misanthropen.
10.9
Traum: Ich war in Herford, am Stiftsberg, in einer Schule. Ich trug einen
Rosenkranz am Arm, wollte täglich zum Stiftsberg und der dortigen
Marienkirche wallfahren. Ich sah ein Bild, die Evolution darstellend in den
Armen Gottes, der Adam und Eva den Apfel reichte, Eva auf einer
Muschel. Ein Schüler fragte mich nach Martha und Magdalena. Ein Pastor
sagte, man wisse von der Legende der Magdalena, weil die Heilige einmal
gesagt: „Ich bin Magdalena!“ Da stöhnte ich auf, weil ich die Heilige so
liebte. In einer Gesprächsrunde sagte ich, alle, Nietzsche, Freud und
Dostojewski, hätten ihre Musen gehabt. Ich ging aus dem Schulraum, ein
Mädchen ging neben mir. Sie sagte, die Künstler haben Musen, aber eben
doch immer die Hübschesten, Schönsten. Es sei auch aus moralischen
Gründen besser, manchmal mit Frauen zu feiern, als immer allein zu sein.
Dann saß ich an einer Skulptur von Michelangelo, die Barmherzigkeit
darstellend, eine liegende Frauengestalt mit hübschen Brüsten. Als ich den
Kopf ansah, war es der Geliebten Kopf. Ich erwachte und rief in großer
Liebe: Maria!
„Hat Raffael in der Madonna auf dem Sessel das Irdische zur höchsten
Reinheit erhoben, so scheint er bei der Sistina den Versuch zu machen, das
Göttliche in Irdische Gestalt zu bringen.“
12.9.
Die politischen Fundamentalisten geben nicht das Bild des Islam, sondern
Hafis und Rumi.
13.9.
Ich bin im Sommer, Blumen blühn, Früchte reifen, Frauen sind erwachsen
und schön!
15.9.
Heilige Messe: Frieden und Versöhnung mit den Muslimen, Gerechtigkeit
auch für Arabien, keinen „gerechten, heiligen“ Krieg, Wettstreit der
Weltreligionen in der Liebe.
17.9.
Weihe an Gott kann öffentlich oder privat-geheim abgelegt werden.
„Eremitisches“ Leben? Weihe an Maria; noch nicht ganz vollzogen die
Weihe durch Marien Herz an die Allerheiligste Dreifaltigkeit.
Paul Claudel an André Gide: Sankt Franz hob ein Pergament von der
Straße auf, denn es war S c h r i f t ! Wir dagegen, wie unsorgfältig gehen
wir mit der Schrift anderer um und sogar mit unserer eigenen.
20.9.
Der älteste Liebesbrief der Welt ist aus dem 17.Jhd. vor Christus und auf
Ziegel geritzt an eine ägyptische Prinzessin.
21.9.
Platens Abbassiden zuende. Als Katholik muß man darin zu den Muslimen
halten, sie vertreten den wahren Glauben gegen die Götzendiener. Aber am
schönsten sprach mich die Gestalt der Heliodora an, der Tochter des
Kaisers von Byzanz, eine Christin, die der Liebe zum Kalifensohn entsagte
und sich in ein libysisches Kloster zurückzog. Ich denke an meine alte
Liebe zum schönen Byzanz.
Lese Platens Hafis. Das ist die Geliebte, denn es ist das Lied der
Schönheit. Keats erhob die Schönheit zum Maß der Poesie. Ein Dichter ist
ein Dichter und singt die Schönheit. Lobt der fromme Dichter die
Schönheit der schönen Frau, ist es Lob der Schönheit-schaffenden
Schönheit des Schöpfers.
Nizamis Madschnun und Leila.
22.9.
Welche herrliche Poesie in den orientalischen Doxologien, syrischen,
byzantinischen, auch Ambrosianus, wie will ich das alles mehr und mehr
kennenlernen. Das liturgische Beten soll „von außerordentlicher
Schönheit“ sein. Eines Tages will ich eine Messe und ein Totenangedenken
schreiben, sehr orthodox und sehr poetisch.
23.9.
Ist die Schönheit oder die religiöse Wahrheit das höchste Maß der Poesie?
Vielleicht hat Dante als Einziger die beiden Reiche vereint in seiner
Commedia. Aber ist nicht Gott ein schöner Gott? Und wie schön sind die
Liebeskanzonen des Heiligen Johannes vom Kreuz! Wie schön sind die
orientalischen Hymnen und die byzantinische Liturgie! Soll man Platos
Wahres-Schönes heranziehen? Ist das wahre Wahre nicht immer schön?
Die katholischen Gebete, Bilder, Kirchen sollen schön sein. Welche Rolle
spielt die Imagination und welche das Dogma? Wer wird mir Vorbild sein?
Einst waren Hölderlin, dann Rilke meine Meister. Kommt man aus dem
Alter heraus, wo man Meistern folgt? Nahm nicht der alte Goethe noch
Hafis zum Vorbild? Ich bin doch ein religiöser Dichter. Aber bin ich nicht
auch vor allem ein Liebesdichter? Der göttliche Glaube ist (im Gegensatz
zum trocknen Rationalismus des Protestantismus) ein Glaube an die
Schönheit der Religion. Ihr werdet sehen die Schönheit eures Gottes! Ist
das Thema der Poesie nicht die Schönheit der Schöpfung? Soll meine
Kunst eine sakrale Kunst sein? Soll ich meine Seele aussagen? LeFort: In
der Selbstaussage des charismatischen Dichters sagt sich Gott aus. Und
was ist mit der Ewigen Frau? Salomo dichtete von der Schönheit der
Schöpfung (von der Zeder bis zum Ysop), von der geliebten Frau Sulamith
und von der bräutlichen Weisheit. Michelangelo schuf mit 24 Jahren seine
Pieta: die ideale Schönheit. Er war Platoniker, die Idee der Schönheit war
sein Höchstes Gut. Vor seinem Tode schuf er eine andere Pieta, die Leid-
Entstellte, fragmentarisch: die Häßlichkeit des Kreuzes, die Torheit des
Kreuzes, den Platonikern eine Torheit? Aber die Weisheit Gottes!
24.9.
Tag der Jungfrau der Barmherzigkeit.
Die drei schönsten Frauen der Welt: Die Sixtinische Madonna von Raffael,
die Venus von Botticelli, und meine Geliebte von Gott dem Schöpfer!
25.9.
Platens Ghasele.
29.9
Habe an nichts als an der Geliebten Freude.
Goethes Rat an jüngere Dichter: Schau in dich, kenne dich selbst, schaffe
aus dir und der Natur, häng dich nicht ewig-nachtrauernd an eine
verstorbene oder entfernte Geliebte, sondern sei lebendig, lebe!.
1.10.
Fuhr zur Geliebten mit einem Sulima-Gedicht, war zwei Stunden bei ihr.
Ich kann mich nicht sattsehen. Möchte ihr soviel schenken, ihr in allem das
Leben erleichtern und sie glücklich machen. „Schön daß du da warst“,
sagte sie zum Abschied. Ich solle nicht mehr soviel von meinem Werk
vernichten und werde der Nachwelt nicht vergessen sein. Ich: Dann wird
die Nachwelt auch von dir reden!
Denke an Rumi-Ghaselen, sehr freie Nachdichtung.
Wie herrlich ist Goethes Dialog mit der Houri! Möcht Rückerts Koran
lesen.
2.10.
Lese die Bibel als Literat: Salomo und die Königin von Saba, Gold,
Spezerei, Edelsteine, Affen, Pfauen, Sandelholz, Schiffe, Harfen, Weisheit.
Wie herrlich wäre es, hätte ein alter Perser ein Epos Salomo gedichtet.
Auch lieben sie Jussuf.
Zu Hafis: Die Religion des Herzens, die Religion der Liebe, freies Leben,
fern der Sittengesetze der verdienstlichen Frömmler, fern der Verbote,
allein auf Gnade für Sünder fußend, das Lied von der Liebe inspiriert, vom
erleuchtenden Himmel eingegeben.
Denke an ein Salomo-Poem, Bathseba, Abischag, Sulamith, Astarte.
4.10.
Goethe über den Unterschied zwischen Propheten und Poeten: „Beide sind
von Einem Gott ergriffen und befeuert, der Poet aber vergeudet die ihm
verliehene Gabe im Genuß, um Genuß hervorzubringen, Ehre durch das
Hervorgebrachte zu erlangen, allenfalls ein bequemes Leben. Alle übrigen
Zwecke versäumt er, sucht mannigfaltig zu sein, sich in Gesinnung und
Darstellung grenzenlos zu sein.“ Über Rumi: „...daß der eigentliche
Dichter die Herrlichkeit der Welt in sich aufzunehmen berufen ist und
deshalb immer eher zu loben als zu tadeln geneigt sein wird. Daraus folgt,
daß er den würdigsten Gegenstand aufzufinden sucht und, wenn er alles
durchgegangen, endlich sein Talent am liebsten zu Preis und
Verherrlichung Gottes anwendet. Besonders aber liegt dieses Bedürfnis
dem Orientalen am nächsten, weil er immer dem Überschwenglichen
zustrebt und solches bei Betrachtung der Gottheit in größter Fülle gewahr
zu werden glaubt.“ - „Auch unseren westlichen Dichter loben wir, daß er
eine Welt von Putz und Pracht zusammengehäuft, um das Bild seiner
Geliebten zu verherrlichen.“
„...eine alte Goethesche Weisheit, sich von der Vergänglichkeit der
irdischen Tage innerlich unabhängig zu machen, indem man jede Stunde
nimmt, wie sie ist, und sich eine innere Welt aufbaut, in der die Liebe
herrscht.“
„Im Koran findet sich ein Kapitel, das zwölfte, unter dem Namen Jussuf,
wo von Suleika, Tochter des Pharao und Gemahlin des Potiphar die Rede
ist und ihrer Liebe gegen Jussuf. Da diese Liebe aus dem Anblick der
großen Schönheit Josefs entstanden sein soll und ohne sinnliche
Befriedigung geblieben, so wird sie von den Mohammedanern als ein
Muster keuscher, obgleich brennender Liebe vorgestellt, welche zur Liebe
gegen Gott geführt haben soll, weil man hinzudichtet, daß Suleika sich am
Ende zum wahren Glauben bekehrt habe. Dies hat zum Roman Jussuf und
Suleika von Dschami Gelegenheit gegeben. Die Liebe wird darin als die
Neigung zu allem Schönen, Guten und Edlen vorgestellt und soll sich
durch Betrachtung der sinnlichen Schönheit an Menschen wie an anderen
Geschöpfen zur Liebe und Anbetung des Schöpfers aller Schönheit
erheben. Die Religion wird überall hineingezogen.“
5.10.
„Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß was ich leide!“
6.10.
Luther: „Ja freilich, denn Gott der Herr wird einen neuen Himmel und ein
neues Erdreich schaffen, auch neue Belferlein und Hündlein mit goldener
Haut. Da werden die Blumen, Laub und Gras so lieblich sein wie
Smaragd. Und wird ein großes Licht sein und alles, was hier schön ist,
wird dort nichts sein. Unsre Augen werden glänzen wie fein Silber, unser
Leib wird leicht dem Willen folgen, wie ein Flaum. Wir werden uns
genügen lassen an der Gnade Gottes. Wenn wir die nur haben, lachen uns
alle Kreaturen an.“ Luther: „Gott spricht nicht Worte der Grammatik,
sondern ruft wahre Wirklichkeiten; Sonne, Mond, Himmel, Erde, Du und
Ich, wir sind Worte Gottes, seine Dichtung, Verse, Zeilen seines
Schaffens.“
Ephesus, wo Artemis mit sechs Brüsten vom Himmel gefallen,
Traumdeuter und Heiler und Wahrsager in ihrem Tempel waren, der Bau
stürzte der Legende nach durch Johannes ein, der da begraben liegt und
ewig mit seinem Atem Mannastaub bewegt, weswegen viele wallfahren zu
dem, der nicht stirbt. Dort wird nach Anna Katharina Emmerich Tod und
Himmelfahrt Mariens stattfinden, dort wird sie zur Muttergottes erklärt,
dort wird angeblich Magdalena ihre letzte Ruhe finden (oder in Aix-en-
Provence), dort werden die Siebenschläfer schlafen.
12.10.
An meiner Wand, mir im Rücken der Mund der Pieta und die marmorne
Magdalena von Bernini, vor mir die Sixtina und die Venus von Urbino
unter Leonardos Abendmahl. Wer ist die Venus?
13.10.
Die Flut meiner Leidenschaft stürmt vergebens. Mein Trost: Möge sie
poetische Perlen an den Strand werfen.
Nicht in der Messe, in der Sinnlichkeit such ich Trost, in Venus, nicht in
Christus. Ich fliehe den Trost des Heiligen Geistes, um meinen Schmerz zu
kultivieren.
14.10.
Ich will ihr die Liebe Christi bringen und in ihr Christus verehren. Ich lebe
allein in der Geliebten!
Der Tempel Salomos ist die Braut Jerusalem, die Nymphe des Lämmleins,
das Haus der Weisheit, Tochter Zion, Maria, das ist die Geliebte.
Ich hab zur Geliebten gebetet. Stern des Paradieses am Himmel.
16.10.
Die Geliebte ist das Leben, mein Sommergenius im Sommer meines
Lebens, ist die Mutter der Lebenden, die Neue Eva öffnet mir die Pforte
zum Paradies. Ich sage Pforte und nicht Tor, denn die Pforte zum Paradies
ist weiblich, ist marianisch. Petrinisch sind die Engel darüber und die
Jünger, ihre treuen Freunde.
Die vielen Lilim laß ich, ich singe die lebendige Eva. Meine Neue Eva!
Milton und Péguy sangen Eva. Bei Milton ist es die schöne Sünderin, bei
Péguy die alte Mutter aller Lebenden. In meinem Poem ist sie die Schöne
Braut, die Perfekte Schönheit, und dann die junge Mutter eines Urvolkes.
Ganz von Eva selbst geschrieben. Die Geliebte in Maria lieben, Maria in
der Geliebten lieben! Ihr Abbild, ihre Gestalt! Sulamith, Bild der
göttlichen Mutter!
In Liebestrunkenheit und Rausch ahne ich, ahne ich etwas vom Paradies.
Nicht der kristallene Himmel der Esoteriker, sondern die Über-
Sinnlichkeit, Geist-Leiblichkeit, das Fleisch ganz Seele, die Seele ganz
Fleisch, und alles in Harmonie und Ausgewogenheit, voller süßester
Freude und lichten Jubels der Liebe! - Dann Adam im Staub, Eva mit den
Kindern an seinem Grab. Die Kinder, ein ganzes Volk des Orients, alle
Welt bevölkernd. Gott gebe mir den Geist der Prophetie!
Eine Seidenpfingstrose für Sie, denn sie ist eine dornenlose Rose. Sie ist
wie violette Lavendeljade. Viva Eva! Evoe! Ein Name der Geliebten: La
Vita!
Klopstocks Eva Hexameter, Miltons Blankverse, Péguys Alexandriner.
Goethe sagt, der Deutsche singt Knittelreime (so spricht die Huri mit dem
deutschen Dichter).
Lourdes: Suchen und Jagen und Finden junger Verliebter, eine italienische
Venus, eine angerufene Magdalena von den Sternen, Prozessionen,
schmerzreiche Nächte, Weinseligkeit, Sommerschwüle, Beichte, Glück,
der Kreuzweg, der Mund der Pieta!
17.10.
Sie lachte. O du bist die Einzige in meinem Herzen! Ich darf sie morgen
sehen. Ich liebe sie.
18.10.
Bei Ihr. Fühlte mich ungeliebt, nicht wertgeschätzt, war traurig. Noch eine
Rose mit Dornen! Wehe, Schmerz! Einsamkeit, ohne wahre Freunde. Viel
Ave Maria. Sie sah mir aus hellen blaugrünen Augen in die Seele. Zum
Abschied: Schön daß du da warst. Ich küsste ihr die Hand: Ich hab dich
lieb. O Schmerz des Verzichts auf Gegenliebe! An meiner Wiege stand
Eros, aber nicht Anteros.
Wandte mich zu marianischen Gebeten. „Sie wird sein Ein und Alles auf
dem Weg zu Jesus. Da also diese Seele ganz Maria gehört, gehört Maria
auch ganz ihr.“ - „Nicht länger nennt man dich die Verlassene und dein
Land nicht mehr das Ödland, sondern man nennt dich Meine Wonne und
dein Land Die Vermählte“ (Jesaja 62).
Wenn der Schmerz der Verschmähung kommt, sag ich: Dich kenn ich,
Dorn der Rose, sei gegrüßt, mein Schmerz, da bist du, altes Schicksal.
Dann sah die Geliebte mich an aus lichten reinen klaren Augen, von
traurigen Lidern verhangen. Ach Maria, wie soll ich dich ehren, wenn ich
so verliebt bin? Ich traue auf dich, ewige Herrin, aber all mein Gefühl
glüht für die Geliebte. Sprich zu mir!
20.10.
Sie weiß, daß ich sie liebe, aber sie fühlt es nicht. Wenn sie es fühlte,
könnte es sie bewegen. Vielleicht fühlt nur die selbst Liebenden die Liebe
des Liebenden. Die nur Geliebte nimmt die Liebe nur distanziert und
damenhaft zur Kenntnis. Im besten Fall sagt sie: Ja, du darfst mich lieben,
mir huldigen, aber verlange nichts, nichts für dich selbst (als nur meine
Gedanken einer Dame).
Sieht der Liebende im Geschöpfe Gott oder macht er das Geschöpf zum
Götzen?
Sie: Freundschaft ist nicht Sehnsucht nach Verschmelzung. Sie sehe sich
nicht als Dame, finde es aber schön, so gesehen zu werden. Sie zog sich
zurück, weil sie kein Liebesunglück oder dramatische Leidenschaft
erregen wollte. Ich: Bewege dich auf mich zu, du bringst soviel Leben zu
mir. Ich will doch nur jemanden liebhaben, und wenn es manchmal weh
tut, nun, das ist nicht so schlimm.
Sie ist mein Leben. Ich bin an einen Dorn gebunden, den Dorn einer
schöneren Rose. Ich liebe, um zu leiden, das scheint mir mein Fluch?
21.10.
In Lourdes warf ich mich Madonna zu Füßen, Sie gab mir die Geliebte als
geistige Braut.
Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß was ich leide! Wer nie sein Brot mit
Tränen aß, der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte!
Liebe ist Sehnsucht nach ganzheitlicher Verschmelzung mit der Geliebten.
Aber mag sein, ich brauche die Sehnsucht zur poetischen Produktion. Sie
darf nicht gestillt werden, das wäre Kastration. So ist das Dichten ein
sublimierter Liebesakt. Der Dichter leidet, um Schönheit zu erzeugen. Er
trägt den Fluch, um Segen zu bringen. Darin ist er Christus gleich. Jedes
Werk ist eine Hostie, in der sich die Seele des Poeten der Welt spendet.
„Um den Plunder im Werk zu vermeiden, muß man den Plunder im Leben
vermeiden“. Mir scheint, jeder Dichter hat seine eigene Sendung, die
Romantiker und Goethe die Natur, Shakespeare und Schneider die
Geschichte, meine ist die Ewige Frau. Darum muß ich LeFort noch einmal
lesen. Es ist mein Evangelium. Darum bin ich Katholik, weil Maria die
Ewige Frau in bezug auf Gott ist.
23.10.
Goethe lobt Byrons Frauengestalten: „Es ist aber auch das einzige Gefäß,
was uns Neueren noch geblieben ist, um unsere Idealität hineinzugießen.
Mit den Männern ist nichts zu tun. Im Achill und Odysseus, dem
Tapfersten und Klügsten, hat der Homer alles vorweggenommen.“
Auch der Liebende und der Dichter seiner Geliebten sind für Gott
geschaffen, der Liebe in allem Lieben. Gott, ein verschmähter Liebhaber,
zärtlich Werbender.
Meine Liebe zur Geliebten nimmt religiöse Formen an. Ich sehne mich
nach ihr. Aber es wird keine ganz erfüllende Gemeinschaft geben. Wann ist
sie mein Götze und wann seh ich Gott in ihr? Ist es Neuplatonismus,
Aufstieg vom Geschöpf zu Gott? Aber wo ist Gott? In dünnen
intellektuellen Lüften? Nicht den Gott der Theologen such ich. Ich habe
Sehnsucht, den Hunger, den die Geliebte weckt, im Sakrament zu stillen,
Liebe zu essen, Jesu Fleisch, ob es mich sättigen kann? oder ist es
irdisches Schicksal, Sehnsucht und Hunger zu haben? Wenn es mich schon
so trunken macht, ihre seelenvolle Schönheit nur still anzuschauen, wie
erst bei Gott, der ihrer Schönheit wesentliche Essenz, das Ideal, die Idee,
die Substanz, das konzentrierte Wesen, die Schönheit selbst, die sich in der
Ewigkeit nicht entzieht, sondern sich ewig mir hingibt! In dem Sinne ist es
das Himmelreich, die Geliebte zu küssen, der Geliebten beizuwohnen, das
wird über-sinnlich in Gott geschehen. Ach wär ich tot, damit ich die
Geliebte in Ewigkeit anschauen kann! Denn Gott ist schön wie die
Geliebte! Aber wie im irdischen Leben die quälende Sehnsucht, den
Hunger ertragen? Soll ich Gott im geliebten Geschöpf suchen oder alle
Kreatur verlassen und in mein Herz schauen? Was ist ins eigene Herz zu
schauen anderes als Eigenliebe, Selbstverliebtheit? geht doch Liebe immer
auf ein Du! Aber wann wird die Geliebte zum Götzen? Die persischen
Liebesmystiker reden bewußt vom Götzen, bejahen diesen Götzendienst
als Mittel zur Vereinigung mit Gott. Wo, wie, in welcher Art kann ich mich
mit Gott vereinigen? Wie schwer fällt mir das Gebet, zu dem Maria
aufruft, wie scheint es mir oft Selbstgespräch und wie oft vermehrt es nur
meine Traurigkeit! Ich sehe zur Zeit nur die eucharistische Kommunion.
24.10.
Hilflos... ausweglos... vergeblich...
25.10.
Etwas von der Helena aus Goethes Faust geträumt.
Nachts ergreift mich eine quälerisch verzehrende Begierde. Gefangen in
Qual, Trauer, Schmerz, Einsamkeit. „Ich bin verflucht!“
1.11.
Goethe über indische Philosophie: Der Jugendliche ist Sensualist, der
Mann Idealist und legt der Geliebten Eigenschaften bei, die diese
eigentlich nicht besitzt, der reife Mann Skeptiker, der Alte begnügt sich
mit Quietismus. Ich im traurigen Sommer meines Lebens bin leider
unheilbarer Idealist.
Hesse: „...scheint mit einem Leid beschäftigt, das er kostend angebissen,
das er wie verbotene Frucht fürchtet und doch liebt und sucht.“
2.11.
Abends wieder dieser Dorn im Herzen. Wie soll ich das Leben überstehen?
Wer kann mir helfen? Wünsche schon wieder, tot zu sein.
3.11.
Lebensangst. Calderon: Was dem Elenden das Leben, ist dem Glücklichen
der Tod. Dauerhaft zerrissenes Herz. San Juan: Die Welt ist ein Raubtier.
Er nennt die Sinnlichkeit den Feind der Seele. Bruder Ephraim sagt, viele
Künstler und Mystiker leiden an Angst, die kleine Therese hatte Angst. Er
empfiehlt, von der kleinen Therese zu lernen, die sterbend sagte: Nun bin
ich ein geheiltes Kind! Fehlende Mutterbindung führt zur Einnahme
giftiger Substanzen. Mama: Tu uns das nicht an, dir das Leben zu nehmen!
4.11.
Der Genius bleibt, die Musen wechseln? Aber hinter allen Musen steht
Maria. Die sponsa im Werk des Mannes vertritt die virgo-mater. Was aber,
wer aber ist Genius? Ist es Charisma? Der berufene Dichter ist eine
charismatische Persönlichkeit, sagt LeFort. Eine Gnadengabe des Heiligen
Geistes, des Meisters, des verherrlichenden Geistes, der da lobpreist die
Schönheit des Schöpfers.
5.11.
Sehne mich nach schönen Marienliedern. Schwäche, Einsamkeit,
Lebensuntüchtigkeit.
6.11.
Firmung: Chrisam: Nimm hin die Gabe des Heiligen Geistes! Priester: Er
war überzeugter Evangelischer und kommt nach reiflicher Überlegung in
die katholische Kirche und bringt die Würdigung des Wortes mit. Das
Grundwort vor allen Worten und Geschichten des Lebens ist das Wort, das
Gott ist. Euphorisches Glück anschließend. Tanz an der Hand des Heiligen
Geistes!
Darum hat Gott mich am Leben gelassen, damit ich seinen Namen auf der
Erde bekannt mache.
[Inhalt]
WEB2
1
WEB12
[Inhalt]
Mein Junge, laß dir von deiner Großmutter ein Märchen erzählen. Ich
träumte einmal, ich hätte vor sehr langer Zeit in China gelebt. Es war in
der Zeit der Xia-Dynastie, dem goldenen Zeitalter des Matriarchats im
Reich der Mitte. Noch war der Gelbe Kaiser nicht geboren, ihn hatte das
Regenbogenmädchen noch nicht in die Geheimnisse der himmlischen
Musik und der mystischen Liebeskünste eingeweiht, noch waren Yao,
Shun und Yü nicht aufgetreten, es war lange vor der Sintflut. Die Mütter
bestimmten die Gesellschaft und die Mutterbrüder oder Onkel waren den
Kindern der Mutter tausendmal näher und lieber als die natürlichen
Zeuger, die nichts galten. So war das damals. Ja, so ist das auch heute noch
manchmal. Aber zu jener Zeit geschahen große kosmischen Katastrophen.
Die größte kosmische Katastrophe war noch schlimmer als die spätere
Sintflut. Nämlich die großen dämonischen Mächte in den Lüften schufen
zu der einen guten Sonne noch neun weitere Sonnen, so daß der Himmel
die Erde und das Meer und alle ihre Bewohner zu vernichten drohte. Viele
Menschen begannen gegen den Himmel zu rebellieren und zu fluchen,
aber ebenso viele beteten auch zum Himmel, daß er einen Retter senden
möge. Und der Himmel war gnädig und sandte einen Retter, den Herrn.
Das war gewißlich unser lieber Herr Jesus. Aber dieser Name ist für eine
chinesische Zunge schwer auszusprechen, darum nannte sie ihn immer nur
den Langen I. Seine Frau, die Retterin, das war unsere liebe Frau Maria.
Aber weil die chinesische Zunge das R nicht aussprechen kann, darum
nannten sie sie Majia-He. Wenn ich mich recht erinnere, bedeutete Majia-
He soviel wie die Gelbe Maria, weil sie von gelber Hautfarbe wie die
Chinesen war, sie hatte auch ebensolche Schlitzaugen und lange schwarze
Seidenhaare. Nun, der Lange I trug Pfeil und Bogen, er war als ein Krieger
gekommen. Er bat Majia-He, zuhause zu bleiben und für den Erfolg seiner
Mission zu beten. Dann setzte er sich auf seinen mongolischen Renner und
ritt hinaus in die Welt. Droben brannten die neun dämonischen Sonnen, die
grimmigen Feuer des Zornes. Aber der Lange I legte den Pfeil an, spannte
den Bogen und schoß die erste Sonne vom Himmel, die zweite, die dritte,
und so weiter, bis er alle neun Dämonensonnen vom Himmel geschossen
hatte. Die Sonnen fielen in das Bo-Hai, das Gelbe Meer, und verlöschten.
Da ritt der Lange I zurück in seine kleine Hütte in dem unbekannten
Dörfchen Anci. Dort begrüßte ihn unsere Frau Majia-He. Der Ruhm des
Langen I war groß und es sammelten sich Schüler um ihn, die von ihm in
die Kunst des Bogenschießens eingeweiht werden wollten. Denn das
Bogenschießen nach der Lehre des Langen I war eine Mystik. Es ging
dabei darum, von aller Zielverfehlung abzusehen, diese galt als Sünde, und
das Ziel genau in der goldenen Mitte zu treffen, dieses galt als
Gottvereinigung. So sammelten sich zweiundsiebzig Schüler um den
Langen I, aber er wählte zwölf besondere Männer aus, denen er auch noch
tiefere Geheimnisse mitteilte, wie zum Beispiel die Geheimnisse der
ewigen Jugend. Der Anführer dieser zwölf Schüler war Gen, der Fels. Das
war ein starker Mann. Aber der Lieblingsschüler vom Langen I war Yen-
Hui, nach ihm benannte sich später auch der Lieblingsschüler von Kung
Fu Tse.
Aber auch eine Schülerin hatte der Lange I, das war ein Blumenmädchen,
die nannte er immer nur Meh-Meh, Schwesterchen. Er weihte sie ein in die
Geheimnisse des Regenbogenmädchens. Das war eine mystische Lehre,
die die sexuelle Vereinigung des männlichen und des weiblichen Prinzips
zum Gleichnis nahm für die Vereinigung des Menschen mit der höchsten
Gottheit. Der Lange I lehrte nun dreihundert Jahre lang seine Schüler, dann
ging er in eine Bergeinsiedelei, das Kraut der Unsterblichkeit zu suchen.
Er war auf dem Gipfel des Tai-Shan, des Ostberges, allein mit dem
höchsten Herrn des Himmels, der zeigte ihm das Kraut der
Unsterblichkeit. Da brachte der Lange I es zurück in sein Haus und
verwahrte es sorgfältig in einer Truhe. Er sagte: Ich werde nun bald
heimkehren in den Himmel. Nach meinem Tod wird der Himmel euch
zeigen, ob einer von euch würdig ist, das Kraut der Unsterblichkeit zu
kosten. Ich kann es euch nicht erlauben. Denn ihr seid allesamt Sünder, das
heißt, arme Teufel, die das Ziel verfehlen im mystischen Bogenschießen.
Ihr seid des Krautes der Unsterblichkeit allesamt nicht würdig. Da ritt der
Lange I davon und ward nicht mehr gesehen. Nur sieben kleine Kinder,
drei Mädchen und vier Knaben, erzählten, sie hätten ihn auf seinem
mongolischen Schimmel durch den Himmel reiten sehen. Aber die
Menschen glaubten ihnen nicht. Nun sammelten sich die Schüler alle um
Majia-He, um unsere Frau vom Reich der Mitte, die Gelbe Majia. Sie
zählte neunhundert Jahre, als ihr träumte, nun dürfe sie eine Spitze eines
Blattes vom Kraut der Unsterblichkeit kosten. Sie war aber so bescheiden
und hielt sich selbst für den ärmsten aller armen Teufel, daß sie nur mit
ihrer Zunge an der Wurzel des Stengels leckte. Da fuhr sie auf in einem
gewaltigen Wirbel in den Himmel und flog geradewegs auf den Mond zu.
Zuerst sah sie mitten auf dem Mond einen hohen vollen Zimtbaum stehen,
darin saß ein kleiner Schneehase, der zerrieb die Rinde mit einem Stößel in
einem kleinen Mörser zum alchymistischen Puder der Träume, das er dann
über die Erde streute. Aber so wurde der Baum immer kleiner. Wenn nur
noch ein Wurzelstock übrig blieb, war der ganze Mond als lichter
Vollmond von der Erde aus zu sehen. Damals menstruierten die Frauen
noch regelmäßig zu Vollmond.
Aber dann wuchs wieder ein Reis und wieder ein Zimtbaum aus dem
Wurzelstock, und wenn der ganze große breite Baum wieder mitten im
Monde stand, dann war der Mond verfinstert und die Menschen sagten auf
der Erde: Nun ist Neumond. Zu Neumond prophezeiten immer die
Urgroßmütter und die Poeten sangen geheimnisvolle Liebeslieder. Und
Majia-He kam zum Mondpalast, der war ganz aus weißer Jade gebaut. Im
Innern hingen viele Spiegel, so daß der Palast unendlich erschien. In der
Mitte der Unendlichkeit aber stand ein Thron aus einem einzigen
durchsichtigen Jaspis. Dort ließ sich nun Majia-He nieder und war fortan
die Himmelskönigin. Manchmal sehen Menschen, wenn der Mond ihnen
ganz nah kommt, auch die Himmelskönigin lächeln. So erging es viele
Zeitalter später einmal einem Dichter. Der war unsterblich in die schönste
Frau Chinas verliebt, aber natürlich unglücklich, sonst wär er ja kein
Dichter gewesen. Darum zechte er unermeßlich und stieg
sternhagelbetrunken in ein kleines Fischerboot und ruderte auf den Dung-
Ting-See. Der Dichter sah im Spiegel des Sees den Vollmond glühen wie
einen Pfirsich der Unsterblichkeit und im makellosen Spiegel des
Vollmonds sah er das Angesicht der Frau des Reiches der Mitte, der
Gelben Majia. Da warf er sich dem Spiegelbild des Mondes im Dung-
Ting-See entgegen und ertrank im See, so sagen die Ungläubigen. Aber die
Gläubigen sagen, er versank in den Liebesumarmungen der
Himmelskönigin für immer!
Das Liebeslied der chinesischen Poesie. Von Shi Tuo-Tang, dem Ersten
Dichter der Tang-Dynastie. Mit seinem Ölmaul soll er mich küssen! Seine
Küsse sind berauschender als der heiße Reiswein! Dein Moschus duftet
stark! Dein Name ist wie Moschus! Darum lockst du die Blumenmädchen
an. Reiß mich an dich! Rasch! Der Himmelssohn führe mich in seine
Duftgemächer! Wir wollen jubeln: A-ya, A-ya! Deine Liebe ist des
Ruhmes würdiger als die dreihundert Becher Reiswein, die der Dichter
zechte! Es gibt nur eine rechte Sitte und wahre Tugend: Dich zu lieben!
Ich bin wie schwarze Jade, ihr Blumenmädchen von Xian, ich bin wie eine
schöne schwarze Jade! Ich bin wie die Zelte der Mongolen und wie die
Teppiche Ming-Huangs! Was schaut ihr die schwarze Jade an? Ich bin
ohne Sonnenschirm in der Sonne spazieren gegangen. Meiner Großmutter
Enkelsöhne sind böse auf mich. Ich soll ihre Gärten pflegen. Aber meinen
eigenen Garten hab ich nicht gepflegt. Geliebter, wo ruhst du am Mittag,
wo spielst du mit Phönix und Drache? Was soll ich irren durch die Gassen
roten Staubes bei den andern Kerlen? Wenn du das nicht weißt, du
Schönste der Schönen, dann laß deine Nymphensittiche frei! Du bist der
Lieblingsstute gleich vor dem Wagen des Kaisers Shi-Huangdi, meine
Geliebte! Wie schön ist die jadezarte Haut deines Angesichts mit dem
Ohrschmuck von Perlen. Wie schön ist dein elfenbeinweißer Hals mit der
Schnur von Münzen. Machen wir dir noch silberne Kettchen mit kleinen
Zauberformeln dran. Wenn der Himmelssohn zu Tische sitzt, dann duftet
meine Orchidee. Mein Geliebter liegt mir wie ein Beutelchen mit
Zimtrinde zwischen meinen Brüsten. Eine Päonie ist mein Geliebter, eine
Päonie auf dem Weg zu den Reisfeldern. Schön bist du, eine wahre
Schönheit, Prinzessin. Deine Augen sind wie Meteore. Schön bist du, stark
und kräftig, Geliebter. Unter dem rauschenden Bambus ist unser Bett.
Pinien und Kiefern sind die Wände unsres Duftgemaches. Ich bin eine
Päonie in den Gefilden von Xian, ich bin eine reine Lotosblüte im Teich.
Eine Lotosblüte unter Nesseln ist meine Geliebte unter den närrischen
Weibern. Ein Pfirsichbaum unter Kiefern ist mein Geliebter unter den
törichten Kerlen. Ich will ruhen im Schatten des Pfirsichbaumes und
seinen süßen Pfirsich mit meinem Gaumen kosten. In das Weinhaus hat er
mich geführt. Seine Fahne über mir ist die flatternde Liebe! Stärkt mich
mit Pflaumenkuchen, labt mich mit Litschi! Ich bin krank vor Liebe! Seine
Linke liegt unter meinem Kopf und mit seiner Rechten streichelt er mich.
Bei den Einhörnern und den weißen Elefantenkühen beschwöre ich euch,
ihr Blumenmädchen in Xian, stört unsre Liebe nicht, bis wir erwachen. Ah,
der Geliebte kommt! Siehe, er kommt! Er springt über den Ostberg, er
hüpft über die Westhügel. Dem Einhorn gleicht mein Geliebter, der
geflügelten Schlange! Draußen steht er! Durch das Fensterloch spioniert er
und lugt durch den Seidenvorhang meines Schlafgemaches. Der Geliebte
säuselt mit glatter Zunge: Steh auf, Geliebte, du Schönheit, und komm!
Vorbei ist der Winter und der Schnee geschmolzen. In den Gärten blühen
die Pfingstrosen. Der Pirol singt. Die Nymphensittiche zwitschern in den
Bambuskäfigen. An den Pfirsichbäumen blüht die Blust. Vor der Schenke
wird Reiswein ausgeschenkt. Steh auf, Geliebte, Schönste der Schönen,
und komm! Meine Elster in der Pinie, mein Zaubervogelweibchen im
Maulbeerbaum, komm, laß mich dein jadegleiches Angesicht sehen und
deine hauchende säuselnde Stimme! Fangt uns die Geisterfüchsin, fangt
uns die Geisterfüchsin, die meine Manneskraft aussaugen will! Der
Geliebte ist mein und ich bin sein, der in den Lotusblumen lagert. Wenn
der Tag verweht und die Schatten lang werden, dann komm, Geliebter, und
sei wie ein Einhorn auf dem O-mi-Berg! Nachts unter meinem
Gazevorhang des Bettes im Schlafgemach, da suchte ich den Geliebten,
aber das Lager war leer. Ich will aufstehen und durch die Gassen des roten
Staubes schweifen an den Häusern der Blumenmädchen vorbei, ob ich ihn
finde. Ich will schauen, ob er auf dem Platz des himmlischen Friedens ist.
Ich suchte ihn und fand ihn nicht. Mich fanden die Bonzen auf ihrer Runde
durch Peking. Habt ihr ihn gesehen, den meine arme demütige Seele liebt?
Kaum war ich an den Bonzen und ihren Mönchen vorbei, da fand ich den
Geliebten. Ich umschlang ihn mit meinen jadeweißen Armen. Ich brachte
ihn in das Haus meiner Großmutter, die mich erzogen hat, in die
Ohrenkammer jener, die mir aus dem Buch der Lieder vorgelesen. Bei den
Einhörnern und den Phönixen will ich euch beschwören, ihr
Blumenmädchen in der Welt des roten Staubes, stört mich und den
Geliebten nicht, bis wir unser Liebesspiel zuende gespielt – Sung-Dschou!
Wer ist jene, die da aus der Wüste kommt, wie Rauch von
Weihrauchstäbchen aufsteigend, Weihrauchstäbchen von Zimt und Opium,
duftend wie die Gewürze der Apotheker? Siehe, da ist die Sänfte von
Ming-Huang. Sechzig Bonzen begleiten ihn. Alle tragen Dolche in den
Seidenärmeln, gegen die fremden Teufel von Mitternacht. Eine Sänfte ließ
Kaiser Ming-Huang sich machen aus Tung-Ölbäumen vom Westgebirge,
die Pfosten aus Jade, die Lehnen aus Nephrit, der Sitz von Brokat,
eingelegt mit Perlen. Kommt, ihr Blumenmädchen von Peking und schaut,
ihr Blumenmädchen von Xian, schaut den Kaiser Ming-Huang mit dem
Hochzeitskranz, den seine Kaiserinmutter aus Bambuszweigen geflochten
für den Tag der Hochzeit des Kaisers mit seiner Lieblingskonkubine, der
Nacht seiner schönsten Freuden! Eine himmlische Schönheit bist du,
meine Geliebte, eine himmlische Schönheit bist du! Hinter deiner Seide
schimmern deine Augen wie Meteore. Dein Haar ist glatt wie Seide und
schwarz wie Lack. Deine Zähne sind wie Melonensamen. Deine Lippen
sind wie eine Himbeere. Wie ein Pfirsich ist deine Schläfe unter dem
seidigen Haar. Wie ein Elfenbeinturm ist dein Hals, daran hängen Gong
neben Gong von Pagoden. Deine Brüste sind wie Jujuben-Datteln, zwei
Jujubendatteln, und deine Brustspitzen sind wie Jadekospen auf
Jadegebirgen. Wenn der Tag verweht, will ich zum Weihrauchhügel und
zum Zimtberg. Alles an dir ist Schönheit, Geliebte, du bist eine makelose
Jade! Komm mit mir, meine Braut, komm von dem O-mi-Berg, komm mit
mir herab vom O-mi-Berg! Weg vom Ostberg, weg vom Westgebirge, weg
von den Hügeln der Drachen und Tiger! Verzaubert hast du mich mit der
Magie deiner Blicke und dem Zauber deines Amuletts am Halse. O wie
hinreißend schön sind deine Liebeskünste, Geliebte, meine Braut! Deine
Liebeskünste berauschen mich mehr als dreihundert Becher Reiswein, dein
Schweiß ist betörender als die besten Öle und Essenzen.
Von deinen Lippen, Geliebte, fließt Pfirsichsaft, Pfirsichsaft und Reiswein
sind unter deiner Zunge! Die Düfte deiner Seide sind wie die Düfte einer
Apotheke. Ein japanischer Garten ist meine Geliebte, ein japanischer
Garten in der verbotenen Stadt, ein verschlossener Brunnen. Ein
Lustgarten bist du! Pfirsichbäume mit köstlichen Pfirsichen sprossen in dir,
Jujubendatteln, Pflaumenbäume, Lotos, Orchideen, Päonien,
Chrysanthemen, Bambus! Eine reine Quelle bist du, eine reine Quelle, wie
Wasser, die herabfließen vom Himalaya. Kommt, ihr Winde des Drachen
und des Phönix, blast in diesen Lustgarten, daß die Düfte, daß die
betörenden Düfte mich berauschen! Mein Geliebter komme in seinen
Lustgarten und speise von den süßen Pfirsichen der Unsterblichkeit! Ich
komme in meinen Lustgarten, Enkelin meiner Großmutter, meine Geliebte,
meine Lieblingskonkubine! Ich esse meine Pfirsiche samt den Pflaumen,
ich trinke meinen Reiswein samt der Pflaumenmustunke! O ihr Poeten, ihr
fröhlichen Zecher, kommt und berauscht euch an den Liebeskünsten der
Geliebten! Ich schlief, aber meine demütige Seele war wach. Da, mein
Geliebter pochte so laut wie mein Herz: Mach auf, Meh-Meh, mein
Schwesterchen, meine Geliebte, mein Zaubervogelweibchen, du makellose
Jade-Jungfrau! Mein Kopf ist voll von Tau, aus meinen schwarzen Haaren
tropft der Tau der Nacht. Ich habe meine Seide schon ausgezogen und
mein durchsichtiges Gazehemdchen ganz abgelegt, soll ich mich wieder
anziehen? Ich habe meine kleinen niedlichen Lotossprossenfüße schon
gebadet, soll ich sie wieder beflecken mit dem roten Staub der Welt? Mein
Geliebte führte die Hand durchs Loch, da bebte mein Leib vor Wollust. Ich
erhob mich, dem Geliebten aufzutun. Da troff das Schloß der Pforte von
Gummi arabicum. Ich tat ihm auf, dem Geliebten. Aber da war er
entschwunden. Mir blieb der Atem stocken und zirkulierte nicht mehr vom
Scheitel zu den Fersen, denn er war fort! Ich suchte ihn, aber ich fand ihn
nicht. Ich rief ihn, aber er gab keine Antwort. Da fanden mich die Bonzen
bei ihrem Gang durch die Nacht, die Sittenwächter schlug mich und
nahmen mir meinen leichten Seidenumhang, sie schlugen mich mit der
neunschwänzigen Peitsche, die Sittenwächter. Ich beschwöre euch, ihr
Blumenmädchen, wenn mein Geliebter bei euch liegt, so sagt ihm, daß
seine Geliebte krank ist vor Liebesbegierde! Was hat dein Geliebter denn
vor anderen Kerlen voraus, du Schönste der Schönen? Worin übertrifft
dein Geliebter die anderen Kerle, daß du uns so beschwörst? Mein
Geliebter ist weiß wie Jade und rot wie Nephrit. Er ist der Hauptmann von
Millionen Chinesen. Sein Haupt ist transparent wie Jade. Seine glatten
Haare sind schwarz wie Lack. Seine Augen sind Mandeln, in Tau
gewaschen. Seine Zähne sind wie eine Perlenschnur der Mönche. Seine
Wangen duften wie Gewürze der Apotheker. Seine Lippen sind süß wie
Litschi, sie fließen über von Soyamilch. Seine Finger sind wie Goldbarren
und daran trägt er Ringe von Magiern. Sein Leib ist wie Elfenbein. Seine
Schenkel sind Säulen, um die sich geflügelte Schlangen ringeln. Seine
Gestalt ist wie der Ostberg Tai-Shan, erhaben wie Kiefern des langen
Lebens. Sein Mund ist wie Reiswein, alles ist berauschend an ihm.
Zehntausendfaches Glück dem, der von ihm geliebt wird. Das ist mein
Geliebter, ja das ist mein Go-Go, mein Bruder, ihr Blumenmädchen von
Peking! Wohin ist dein Geliebter gegangen, du Schönste der Schönen?
Wohin verschwand dein Geliebter? Wir wollen ihn in allen Betten suchen.
In seinen Lustgarten ging mein Geliebter, zu den Beeten mit den
Heilkräutern weiser Einsiedler, um im Lustgarten zu spazieren und
Lotosblumen zu pflücken. Ich gehöre meinem Geliebten als seine
ergebenste Sklavin und mir gehört der Geliebte als mein ergebenster
Sklave, er, der zwischen Lotosblumen spazieren geht. Schön wie Peng-lai-
shan bist du, herrlich wie die verbotene Stadt von Peking, himmlisch wie
das Sternbild der Weberin, meine Geliebte! Wende deine Zauberaugen von
mir, denn sie verzaubern mich. Dein Haar ist fein wie Seide, schwarz wie
Lack. Deine Zähne sind Melonensamen. Der Pfirsichwange gleich ich
deine Wange. Sechzig Kaiserinnen hat Ming-Huang, achtzig Konkubinen,
Blumenmädchen ohne Zahl, aber Eine ist seine Geliebte, seine
Auserwählte, die Lieblingin ihrer Mutter! Sie ist das einzigartige
Zaubervogelweibchen, die makellose Jade-Jungfrau!
Erblicken die Blumenmädchen die Geliebte, dann sind sie eifersüchtig,
sehen die Konkubinen und Kaiserinnen sie, dann brennt die Galle in ihnen.
Sie ist schön wie das Lächeln der Morgenröte, sie ist strahlend wie die
Sonne, sie ist inspirierend wie der Mond, den die Dichter besingen beim
Wein. Sie ist schimmernd wie der weiße Sternenstrom, sie ist liebevoll wie
die himmlische Weberin. In den Garten mit den Mandelbäumen stieg ich
und zu dem Dattelbaum, nach den Datteln zu sehen. Ich wollte sehen, ob
die Pflaumenbäume und die Pfirsichbäume schon blühen. Dreh dich im
Kreis, Yang Gue-Fei, dreh dich im Kreis, damit wir dich betrachten
können. Was wollt ihr denn sehen an Yang Gue-Fei? Den Tanz von Phönix
und Zaubervogel! Wie schön sind deine Lotossprossenfüßchen, du
Prinzessin! Deine Hüften sind wie ein Geschmeide eines
Schmiedemeisters. Dein Schoß ist der Becher, aus dem der Himmelssohn
zecht! Deine Brüste sind Jadeberge und deine Brustspitzen Jadekospen der
Unsterblichkeit. Dein Hals ist ein Turm aus Elfenbein mit manchem Gong
daran. Deine Augen sind wie die Teiche der Mandarin-Entenpaare von
Szetschuan. Dein Haupt gleicht dem Westgebirge der Königinmutter Hsi-
Wang-Mu, in deinen Haaren wie in Seideschlangen liegt der Kaiser
gefangen. Wie lüstern bist du und wie aufreizend, o Geliebte, du Geliebte
voll der Wollust! Wie eine Dattelpalme ist dein Leib, dein Schoß ist
gespalten wie eine Dattel. Ich will die Palme besteigen und die Dattel
pflücken. Krüge mit Reiswein sind deine Brüste, ich will mich satt trinken.
Deine Küsse sind wie überfließender Reiswein, der den Zecher betrunken
macht, daß er im Schlafe spricht. Ich gehöre meinem Geliebten als seine
ergebenste Sklavin und mein Geliebter gehört mir als mein ergebenster
Sklave. Mein Geliebter begehrt keine andere Freundin als mich allein!
Komm, mein Geliebter, wir spazieren unerkannt, inkognito durchs Reich
der Mitte und spazieren zu den Feldern der armen Bauern und schlafen in
den Dörfern unter Bambus. Früh wollen wir dann zu den Reisfeldern
gehen, zu sehen, ob der Reis für den Reiswein schon reift, ob die
Pfirsichblüte blüht, ob die Pflaumenblüten blühen. Dort schenk ich dir
meine Ganzhingabe. Die Alraune der Magier schreien. Ach bist du nicht
mein Brüderchen, Go-Go, der mit mir auf den Knieen meiner Großmutter
gesessen? Dann dürft ich dich in aller Öffentlichkeit küssen und kein
Sittenwächter würde zetern. Führen wollt ich dich und dich in die
Ohrenkammer meiner Großmutter bringen, die mich erzogen hat mit dem
Buch der Lieder allein. Dort gäbe ich dir Pflaumenmustunke und
Pfirsichsaft. Seine Linke liegt unter meinem Köpfchen und seine Rechte
streichelt mich. Ich beschwöre euch, ihr Blumenmädchen von Peking, stört
unsre Liebesruhe nicht, bis wir von selber aufwachen. Wer ist sie, die aus
der Mongolensteppe kommt, Arm in Arm mit ihrem Geliebten? Unter dem
Pfirsichbaum der Unsterblichkeit bist du aufgewacht, erleuchtet unterm
Feigenbaum der Religion, dort, wo deine Großmutter heimgegangen ist in
das himmlische Reich der Ahnen. Stärker als der Tod ist die himmlische
Liebe! Eifersucht ist aber heißer als die Hölle. Die Glut der Lust ist eine
Glut des Himmels! Auch das Gelbe Meer und auch der Yang-Tse-Kiang
kann das Feuer der Liebeslust nicht löschen. Gäbe einer auch den
Reichtum des Kaisers von Indien für die Liebe, man würde ihn nur
verspotten. Die du in den Lustgärten wohnst, auf deine hauchende
säuselnde Stimme lauschen die Poeten, die Zecher bei Nacht. Laß mich
dein Liebessäuseln hören. Rasch, rasch, mein Geliebter, tanze wie der
Phönix mit dem Zaubervogelweibchen und fahre in den Himmel wie der
Gelbe Kranich!
Salomo und Sulamith saßen sich gegenüber. Über ihre Scheitel floß ein
Licht und zwischen ihren Augen brannte eine Sonne, ihr Hals
erschimmerte bernsteinfarben. Auf dem Schoße Sulamiths loderte eine
rosenfarbene Flamme wie ein Stern. Auf ihren Füßen blühten goldene
Blumen. Auf Salomos Schoße loderte eine lilienfarbene Flamme wie ein
Strahl. An seinen Füßen schimmerten Ledersandalen von Schlangenhaut.
Salomo bete Jah an, den Herrn. Und Sulamith rief zur Ischa Chochmah,
der Königin. Die Kraft von Jah drang in Salomo und die schöne Liebe der
Chochmah strömte in Sulamith ein. Salomo wurde stark und feurig, voller
Verlangen, Sulamith zu haschen und zu fangen und zu umfangen. Sulamith
ward scheu und weich und süß, doch voll schelmischer Lust. Salomo und
Sulamith schenkten einander den Süßwein in die Kelche. Salomo sah
Sulamith an, wie Jah die Lieblingin Chochmah ewig anschaut. Sulamith
schaute Salomo an, wie Chochmah die Kraft von Jah bestaunt in Ewigkeit.
Salomo tauchte seinen Finger in ein Gefäß mit Honig und zeichnete
Blumenmuster auf die festen jugendlichen Brüste Sulamiths. Er tropfte
Honig auf ihre lieblichen Lippen und Honig in ihren Nabel, er bestrich ihre
schön gebogenen Schenkel mit dem tropfenden Seim der Wabe und
beträufelte auch die hennagefärbten Zehen der Füße mit dem Nektar der
Biene. Sulamith sprach sehr freundlich zu Salomo und malte mit dem
Honig labyrinthische Linien auf den Körper Salomos, auf die Lenden und
Kniee und versüßte auch noch sein königliches Zepter, das zu der Krone
gehörte. Salomo begehrte den Honig und die Milch unter der Zunge
Sulamiths. Er wollte gewinnen die ganze Liebe Sulamiths. Dazu ist heilige
Reinheit vonnöten. Salomo war geladen wie ein elektrischer Blitz, bereit
sich zu entladen über der schwülen Erde. Sulamith fühlte sich irdisch.
Aber sie liebte den feurigen Salomo. Er aber sah in ihr nicht die irdische
Frau, vielmehr den mystischen Becher der Freude, den Kelch der
Ganzhingabe, den er mit dem Weine des Heiles füllen wollte. Das Lager
duftete nach grünen Kräutern. In dem irdenen Becher glühte der feurige
Wein. Salomo und Sulamith breiteten ihre Arme zur ewigen Anbetung aus.
Sie weihten ihre Liebe der Quelle aller Schöpfung, der ewigen Liebe in
Jah, dem Ewigen! Und Salomo und Sulamith erkannten einander in der
Liebe Gottes .Salomo flog auf dem Sturm wie ein Adler, Sulamith ritt auf
den Flügeln des Windes. In einer Vision erschienen vor ihren geistigen
Augen Adam und Eva nackt im Paradies. Salomo und Sulamith opferten
alle Glut der Liebe und alle Kraft der Ganhingabe der schöpferischen
Kraft, die das Universum geschaffen. Die göttliche Kraft, so beteten sie
zusammen, möge die dargebrachte Liebe und Ganzhingabe zum Heil der
Welt verwenden.
Und Salomo und Sulamith ruhten aus in dem Frieden des göttlichen
Hauches, der ewigen Ruach, wie im Schoß der ewigen Shabbath. Der
Garten duftete und der Wein und Honig schmeckte köstlich. Erfrischend
war ein kühler Windhauch auf dem Salz des Körpers. Das Blut rauschte
leise eine ewige Anbetung Gottes: Jah-Chochmah, Jah-Chochmah, Jah-
Chochmah! Salomo und Sulamith speisten Feigen und Datteln, tranken
Wein und brachen vom Brot. Sie ruhten in einem ewigen Atem, der Ja und
Amen hieß.
Abischag von Schunem, das schöne holdselige Mädchen trat ein. Sie blieb
so weit entfernt vom alten Dichter David, daß er sie nicht berühren konnte.
Er ssagte zärtlich zu ihr: Ach, Abischag von Schunem, ich bin lebenssatt
und gehe nun bald den Weg allen Fleisches. Ich sehne mich nach dem
Frieden in der Versammlung meiner Ahnen und ich sehne mich nach
deiner Mädchenschönheit. Öffne mir deine Pforte und rufe mich zurück zu
dir, mein Mädchen. Aber das braune Mädchen schwieg. Da sprach der alte
Dichter David wieder: Abischag, mein braunes Mädchen, Geliebte meines
Herzens! Hast du mich vergessen? Hast du mein Angesicht in deinem
Geiste denn nicht mehr gesehen? Aber das Mädchen schwieg. Da hob der
alte Hirte zum dritten Mal seine Stimme: Wenn ich nun verlassen muß das
Land der Lebendigen, ohne deine Liebe zu spüren, dann will ich beten zu
Gott, daß er dein Herz bewege, mir ein Zeichen der Erinnerung, eine
Reliquie unserer Jugendliebe zu schenken. Da holte das braune Mädchen
unter ihrem weißen Schleier eine rote Rose hervor und ließ sie auf die
Erde sinken. Dann zog sie sich zurück. Der alte Dichter war allein mit der
roten Rose und dachte an die schöne Jugend.
In den Gärten von Jerusalem aber verbarg sich Abischag von Schunem
hinter einem Dornstrauch. Im Hintergrund stand ein Davidsturm von
Elfenbein. David kam und trug in einem Beutel die roten Rosenblätter
jener Blume der Erinnerung, die sein Mädchen ihm geschenkt. In seiner
Hand hielt er den Hirtenstab. Er hat die Erziehung seines Sohnes Salomo
beendet und den Sohn in die Obhut des Propheten Nathan gegeben. David
ist nun bereit, heimzuwandeln durch die Pforte des Todes in die
Versammlung der Ahnen. Während er im Freien wandelte, versuchte er
Zeichen zu schauen aus der Jugend der ersten Liebe. Er dachte an Michal.
Abischag ist ganz wie Michal in ihrer Jungfräulichkeit war. Da seufzte er:
Alles ist anders geworden, seit ich zum ersten Mal den blühenden Garten
von Jerusalem durchgewandelt bin. Ach, Abischag, Abischag, heiliges
Mädchen, meine letzte Liebe, höre mich und begleite mich an die Pforte
des Todes. Mädchen, Mädchen, öffne mir die Pforte zur ewigen Jugend,
ins Reich der Herrlichkeit, in das Himmelreich der Freude! Mein
Nachfolger ist gesalbt, auf dem Thron Israels wird ein Davidssohn sitzen.
Er lauschte auf das Wehen des Windes und rief: O Herr, du Vater der
Geister und Herr der Herzen, sende mir Abischag von Schunem, mein
braunes Mädchen. Herr, du hast mich alle Weisheit gelehrt, du hast mir
vom Garten Eden gesprochen. Erhöre mein Gebet und sende mir Abischag
von Schunem, daß sie mich leite an die smaragdene Pforte in das Reich,
das meine Sehnsucht ist! Ich, David, der Sohn Gottes, durch dessen Lieder
die Ruach gesprochen, der Lieblingsdichter Israels, ich bitte dich, König,
sende mir das braune Mädchen an der Pforte des Todes! Da erschien das
Mädchen Abischag von Schunem und sprach zu David: Herr, mein König,
ich hörte ein Wehen in der Luft und eine leise Stimme säuselte um mich:
David, sprach die Stimme. Und so bin ich gekommen, meinem Hirten zu
begegnen. Und David sprach: Ach, braunes Mädchen, meine Jugendliebe
bist du in meinem hohen Alter. Öffne mir den Elfenbeinturm und laß mich
eintreten fröhlich mit dir. Nun komm, und nimm mich in die Arme und laß
mich ruhen in der Beuge deiner Arme. Und Abischag flüsterte: David war
Michals Liebe, aber Michal hat David verloren an die Welt, denn David
war berufen, als Hirte das Gottesvolk zu weiden. Michal ist ohne Kinder
geblieben. Wenn Michal dich heute sehen würde, sie spräche zu dir: Das
ist nicht mehr der Jüngling, den ich geliebt, der jung und stark und schön
war. Du bist gebeugt von der Last der Lebensernstes und des Hirtenamtes
und der Hinfälligkeit deines Fleisches. Du bist dem Tode nahe, Geliebter!
Und David sprach mit leiser Stimme: Mein Mädchen, ich schwöre bei dem
Milan, den ich dir geschenkt hab als Vogel der Liebe, daß ich immer noch
David bin, der Hirte, David, der Dichter. Bei dem grünen Unterrock aus
serischer Seide, den ich dir gestohlen, schwör ich, daß ich immer noch der
Mann bin, der liebt! Und das Mädchen sprach: Still, nicht mehr davon,
schweig von dem Unterkleid, daß du mir gestohlen! Du stehst an der
Pforte des Todes! Und David sprach: Geliebte, süße Königin meines
Herzens, Seele meiner Seele, ich bins, der deine Jungfräulichkeit glich der
dornenlosen Rose. Da öffnete Abischag von Schunem den Elfenbeinturm
beim Dornbusch und er trat ein zu ihr. Da ließ sie ihren Schleier fallen und
stand allein in reiner Schönheit da, in ihren schwarzen Haaren einen Kranz
von Rosen. David kniete vor seinem Mädchen und sprach: Ich, König, ich
knie vor meiner Königin. Meine Liebe, ich schenke dir mein Herz! Das
braune Mädchen sprach: Die Rose ist das Zeichen meiner Liebe. Willst du
mich im Angesicht des Todes zu deiner Geliebten nehmen? Und David
küsste die Rose zwischen Dornenhecken. Und David segnete Abischag
und das braune Mädchen weihte den Hirten, sie küssten einander mit dem
heiligen Kuß der Liebe. Da rief das braune Mädchen: Seid gegrüßt, ihr
Todesengel, ich rufe euch zu Zeugen auf: Ich bin das braune Mädchen, die
unberührte Jungfrau, und der alte sterbende Hirte ist mein Geliebter! Und
da sich der Hirte und die Jungfrau liebten, starb der Hirte und opferte hin
sein Leben dem Herrn, dem Ewigen!
Alle versammelten sich im Tempel vor dem Altar. Der Hohepriester stand
im Osten und die Prophetin im Westen. Sie waren Greise. Salomo und die
Tochter des Pharao standen, er im Norden und sie im Süden. Alle
verneigten sich in Richtung des Allerheiligsten. Und der Hohepriester
sprach: In diesem Tempel wohnt Schalom, in diesem Tempel lebt die
Liebe. Wir heißen die Erzengel und die Schutzengel hochwillkommen,
diese Hochzeit mit uns zu feiern. Der Hohepriester betrachtete still das
Tau-Kreuz und berührte die Reliquien des Altares. Er sprach: Die Hochzeit
im Tempel beginnt. Wir feiern die Hochzeit unter dem Segen der Gnade
Gottes. König Salomo, du, und du, o Königstochter, Tochter des Pharao,
kommt, damit ihr geheiligt werdet, wie es alter Brauch ist, wenn
Priesterkönige sich vermählen. Und Salomo und die Tochter des Pharao
knieten vor dem Hohenpriester. Der salbte ihnen die Hände mit dem
heiligen Salböl. Er sprach: Hebt eure Häupter, das ich eure Stirnen mit
dem heiligen Tau-Kreuz der Seraphim und Cherubim besiegeln kann. Der
Hohepriester zeichnete mit dem Salböl das heilige Kreuz des Tau auf die
Stirne Salomos und die Stirn der Tochter des Pharao. Dann sprach der
Hohepriester: O Tochter des Pharao, du bist nach dem Bilde der Weisheit
gebildet. Du bist erfüllt vom Geist der Weisheit. Sei barmherzig und sei
wie eine Mutter zu allen Menschenkindern. Siehe deine Hilfe in deinem
Bräutigam und werde ein Fleisch mit deinem Geliebten. Sieh in ihm dein
inneres Selbst und juble über deinen Geliebten. O König Salomo, du bist
geschaffen als Ebenbild von Jah. Übe Treue und Gerechtigkeit. Halte die
Gebote Gottes und sei barmherzig mit den Armen, Schwachen und
Kleinen. Gebrauche das Schwert des Wortes und den Hirtenstab des guten
Hirten. Durch diese Frau wird dein Leben vollkommen. Sieh in ihr dein
eigenes weibliches Selbst und juble über die Geliebte. Und Salomo und die
Tochter des Pharao fassten sich bei den Händen und küssten sich. Und die
Prophetin hob den heiligen Kelch des Bundes und betete: Komm, Frau
Weisheit, Jungfrau im Sternenmantel, Mutter mit dem schöpferischen
Schoße, Schwester mit den heilenden Händen. Schau nicht auf unsere
Sünden, sondern schau auf diesen heiligen Kelch des Bundes. Du erfüllst
die Menschen mit geistlicher Gnade und vergöttlichst die Menschen zu
Göttern. In dem heiligen Kelch des Bundes begegnen wir deiner Seele und
deinem Blut. Wer deine Gottheit trinkt wie Blut, der wird die Weisheit und
Gnade empfangen. Hier wirst du in ihm gezeugt und geboren. Von hier
wird er ausgesandt in die Welt und hierher darf er zurückkehren als wie zur
Ruhe in deinen Armen, um dich anzubeten und dir sein Leben zu weihen.
Chochmah, Mutter, Schwester und Braut des Königs Salomo, Mutter,
Schwester und Göttin der Tochter des Pharao, Chochmah, fülle den
heiligen Kelch des Bundes mit deiner Gottheit und deiner Allseele und mit
deinem mystischen Blut, damit, die daraus trinken, eingehen in die
Offenbarung der Herrlichkeit Gottes! Und die Prophetin rief den König
Salomo und die Tochter des Pharao und führte sie zum Altar. Die
Prophetin sprach: Dies ist der Kelch des Heils, gefüllt mit dem kosmischen
Leiden der Weisheit, der ewigen Mutter. Vor diesem Kelche werdet ihr
geloben, den andern zu lieben, zu ehren und einander treu zu sein für alle
Tage eures Lebens. Der Bund der Ehe Gottes ist unauflöslich. Indem ihr
von diesem Kelche trinkt, empfangt ihr die Gnade des Herrn und seiner
Herrlichkeit. Schaut den Kelch der Hingabe an als eure Mutter und den
blutigen Wein als euren Freund und Vater. Trinkt das Blut der Traube und
seid gesegnet! In euch sind Adam und Eva wiedergekehrt auf die Erde und
die Erde ist der Garten Eden.
Auf einem schwarz und silbernen Tische standen sieben weiße Kerzen,
drei rote Rosen und ein Gefäß mit goldenem Honig. Sulamith trug ein
Gewand aus feiner fließender weißer Seide und Salomo einen
schneeweißen Umhang. Weihrauch glühte auf einer Räucherpfanne.
Salomo sprach: Gegrüßet seiest du, Sophia, Königin des Himmels und der
Erde! Diese Wohnung wartet auf dich. Gegrüßet seiest du, Sophia,
fleischgewordne Idee der Schönheit, Tochter Gottes! Gegrüßet seiest du,
Sophia, Jungfrau Israels, Mutter des Messias, des Heilands, Herrin der
Weisheit! Siehe, da sah Sulamith, wie Sophia auf sie herabkam und sie wie
eine Glorie oder ein lichter Schleier umgab. Als Sulamith nun die
Gegenwart der göttlichen Herrin Sophia spürte, sprach sie: Das Gebet ist
erhört und die Jungfrau ist gekommen. Sie hat ihren Sternenmantel
angelegt und ihre Füße auf den Mond gestellt und ist mit dem
Lichtgewand der Sonne zu uns gekommen. Wer sie annimmt, muß würdig
werden, ein Mensch des Friedens, ein Menschenfreund! Und Salomo
nahm nun Sulamith an die Hand und trat mit ihr an den Tisch. Er führte sie
in die Wolke des Weihrauchs. Salomo sprach: O Sulamith, ich spende
deinem Haupte Weihrauch und bewundere die in dir wohnende Weisheit.
O Sulamith, ich spende deinem Körper Weihrauch und bewundere die
durch ihn sich offenbarende Schönheit. Ich spende deinen liliengleichen
Füßen Weihrauch und bitte dich, bei mir zu bleiben. Dann benetzte Salomo
Sulamiths Zunge mit einigen Tropfen Wabenhonigs. Er sprach: Geliebte,
deine Zunge ist süß wie Honig, dein Name, Geliebte, ist süß wie Honig,
deine Küsse, Geliebte, sind süß wie Wabenseim. Siehe, ich spende dir
meinen Honig. Teile die Süße mit mir und spalte die Wabe für mich.
Gleich der Biene mit dem Stachel saug ich den Nektar deiner
Blütenlippen. Salomo küsste Sulamith. Dann salbte er ihre festen
jugendlichen Brüste mit dem Salböl von Myrrhe, Narde, Aloe, Balsam und
küsste die Spitzen ihrer Brüste zärtlich. O Sulamith, sprach Salomo, laß
mich die Schönheit des Reichtums deiner Brüste, deiner festen
jugendlichen Brüste mit duftendem Salböl salben. Laß mich ruhen wie ein
Myrrhebeutel zwischen deinen Brüsten, die wie Gazellen in Lilien hüpfen.
Und Sulamith-Sophia sprach: O König Salomo, du sollst mein König und
Geliebter und Gemahl sein! Solange du mir beiwohnst und mit mir
zusammenlebst in einer heiligen Ehe, sollst du Friedefürst von Israel und
Juda sein. Du sollst stets zwischen den Brüsten Sophias gebettet ruhen und
die Ruach ihres Mundes trinken unter heiligen Küssen der Liebe mit
feurigen Zungen! Zwischen Sophias Brüsten gebettet, wirst du der König
der Juden werden, durch ihre Salbung der Gesalbte heißen! Vor der Macht
Sophias bist du ein kleines Kind. Und Salomo nahm die Rosen vom
heiligen Tische. Vor Sophia verwandelten sich die drei roten Rosen in eine
weiße, eine rote und eine goldene Rose. Sophia führte Salomo zum
mystischen Brautgemach. Sophia, meine göttliche Jungfrau-Braut, sprach
Salomo, öffne mir die Pforte zum Königspalast, ja, öffne mir die Pforte
zum Brautgemach! O göttliche Jungfrau, ohne deine Liebe bin ich nur ein
sterblicher Mann, doch von dir mit göttlicher Liebe geliebt, durch deine
Einwohnung, deine Beiwohnung werde ich von deiner Ganzhingabe
vergöttlicht zu einem unsterblichen Menschen-Gott aus Gnade! Wenn wir
uns vereinigen, Jungfrau, wird das heilige Land im Frieden sein. ...Und
Sophia vereinigte sich mit Salomo.... Und Salomo sprach: Die Rettung ist
gekommen, das Gottesvolk hat die Macht des Gesalbten gesehen. Ich bin
zum Gesalbten geworden, zum Messias Israels, ich werde als Friedefürst
regieren solange die Sonne scheint und der Mond am Himmel steht.
Gegrüßet seiest du, Sophia, Königin des Himmels, Königin des Südens,
gegrüßet und gebendedeit sei dein Name von Ewigkeit zu Ewigkeit! Und
Sophia sprach durch den Mund der zärtlichen Sulamith: Ich bin die
Gottheit Israels, die Herrscherin der ganzen Welt, ich bin Sophia, ich bin
den heiligen Männern Ein-und-Alles! Ich werde bei euch bleiben bis ans
Ende der Zeit und werde sein in alle Ewigkeit! Gesegnet sei die Frau,
durch die ich spreche, und gesegnet sei die Wohnung, in der meine
Verehrung erneuert wird. Und Sophia schwand von Sulamith. Und
Sulamith und Salomo ruhten in vertrauter Umarmung als Mann und Frau
im Frieden des Ehebettes.
JAH-CHOCHMA
Dunkle Nacht. Schau: Jah saß auf seinem Throne. Jah beschaute die
Formen des Lebens. Chochmah war bei Jah und lag auf einem Kissen zu
Füßen des Thrones. Die Sphärenmusik erklang wie Rauschen des
kristallenen Meeres am Throne. Jah sprach: Himmel und Erde sind
gestaltet aus dem Nichts. Die Nacht und den Tag hab ich, o Jah, der
Schöpfer, geschaffen. Ich will ruhen von meinen Werken. Und Jah
schwieg. Aber Ruhen und Schweigen erzeugt in mir den Drang der Liebe.
Komm, Geliebte! Und Chochma sprach: Ich höre die Stimme Gottes. Ich
bin Chochmah, die bei Ihm war vor aller Zeit und allem Raum und aller
Existenz. Siehe, Schöpfer, ich bin deine Hoffnung, dein Glaube, deine
Liebe. Frage mich, ich werde dir antworten in der Weisheit deines Geistes.
Und Jah sprach: Chochmah, wie kann ich meinem Alleinsein jenseits der
Schöpfung ein Ende bereiten? Und Chochmah sprach: Indem du aus Liebe
Geschöpfe schaffst und ihnen die Fähigkeit gibst, zu lieben, dich vor allem
zu lieben und die Mitgeschöpfe wie sich selbst. Und Jah sprach:
Chochmah, sage mir in dem Geiste meiner Weisheit, wie ich, die einzige
Gottheit, Götter erschaffen soll, die göttlich sind wie ich? Denn einer ist
Gott und ist keine Gottheit außer Ihm. Und Chochmah sprach: Du kannst
in meinen Armen Menschen erschaffen, Ebenbilder deiner Gottheit. Du
kannst mich senden, deine göttliche Weisheit, in dem Schoße einer
Menschentochter selbst ein Mensch zu werden, um die Menschen aus ihrer
Hinfälligkeit zu erlösen und sie durch meine Ganzhingabe zu vergöttern.
Dann werden sie aus Gnade Menschengötter und Menschengöttinnen sein
durch mystische Anteilhabe an meiner Gott-Natur. So wirst du, o Herr, der
einzige Gott sein, aber in mir sind dir gesellt zur Anteilhabe an deiner
Gott-Natur die aus Gnade gezeugten Mitgötter deiner einzigen Gottheit.
Und Jah sprach: In der gesamten Schöpfung seh ich keine Frau, die rein
genug wär, makellos, daß sie würdig wäre, dich in ihrem Schoße zu
empfangen und zu gebären. Ich sehe sie allein in der Idee meines Geistes.
Chochmah sprach: Gib ihr, der makellosen Idee deines Geistes, ein
menschliches Leben. Sie wird geschaffen von deinem heiligen Geist als
makellose Jungfrau. In sie will ich niedersteigen, sie unter Bewahrung
ihrer makellosen Jungfräulichkeit Mutter werden lassen und Gebärerin
meiner Gottheit.
Die Schechinah sang: O Jah, o Schöpfer, alles Leben ist aus deinem Willen
entstanden. Aus deinem Gedanken kamen Raum und Zeit, aus deinem
Gedanken kamen die Elemente. Ich schaue dich und Licht von tausend
Sonnen strahlt von deinem Antlitz! Und Jah gab seiner Schechinah eine
goldene Harfe, das Lied des Kosmos zu singen. Und es redete Jah: Du, du
bist die Schechinah, du erfüllst die Schöpfung. Wir sind eins, der Herr und
seine Herrlichkeit. Von dir kommt alle Weisheit und die Kunst ist der Lohn
für die Psalmisten, die dir huldigen. Du bist die Inspiration der heiligen
Schriften. Du bist die Verheißung. Gemeinsam mit dir hab ich die Welten
erschaffen. Dein Licht ist der Schimmer von tausend Monden, meine
Schönheit! Und es ist erschienen der Logos und seine Sophia. Und der
Logos schenkte seiner Sophia eine goldene Lilie.Und der Logos sprach:
Wie schön du bist, Geliebte, eine Frau wie eine Aue, zart wie ein Garten.
Deine Harmonie erfüllt das All mit Schönheit. Du bist die Weltseele, du
bist die Makellose. Und Sophia nahm die Posaune der Auferstehung und
reichte sie dem Logos und sprach: O Logos, in dir ist alles Leben
erschaffen. Wenn ich als Weltseele eine Harfe der Harmonie der
Schöpfung bin, so bist du als Weltgeist die Schöpferhand, die meine Harfe
streicht und spielt. Wir sind der Sphäros, der Ur-Ton, in welchem das
vollendete und vollständig erlöste All ertönt als eine Harmonie und ein
kosmischer Gesang der Liebe. Ohne Vereinigung von Weisheit und Wort
gibt es keine Lieder. Und es klang eine Glocke und Ecclesia kam, die Idee
der himmlischen Jerusalem. Sie nahm eine Fackel und reichte sie dem
Heiligen Geist. Und Jerusalem sprach: O Herr, der du Gott bist, Herr, der
du Licht bist, Gott auf Erden und Geist in aller Materie, du, der die Welt
im Innersten zusammenhält als der Geist der Liebe, erfüllt von dir will ich
alle Sterbenden führen in meinen Schoß als in einen Palast der Liebe. Dort
wird der in mir Gestorbene tanzen den Tanz der Engel, der kein Ende
nimmt, und lachen das Lachen des Heiligen Geistes in einer Freude, die
dem Rausch der seligsten Liebestrunkenheit gleicht! Und der Heilige Geist
nahm die Fackel der Liebe und reichte der Jungfrau Ecclesia nun das
Schwert des Wortes und sprach: O Heilige Jungfrau, die die Menschen
nicht kennen und die sie fürchten, ich reiche dir das Schwert des Wortes,
das Wahrheit von Lüge scheidet. Du bist mein Tempel, ich bin der liebende
Gott in dir. Und wenn ich in dir tanze und brause und rausche, dann
prophezeie die Erfüllung aller Verheißungen und das Kommen des
Goldenen Zeitalters, da Gerechtigkeit und Friede sich küssen, sich küssen
im heiligen Kuß der Liebe! Und als die drei Personen der Gottheit so
gesprochen, erwachte der Seher.
MARIEN-SYMPOSIUM
DER PROTESTANT:
Wir bekennen im Apostolicum, daß Christus ist geboren von der Jungfrau
Maria. Das ist unbestritten. Ja, Maria ist semper virgo, immerwährende
Jungfrau, vor und in und nach der Geburt, wie Luther, Zwingli und Calvin
bekennen. Luther verurteilte scharf den Häretiker des vierten Jahrhunderts,
Helvidius, der behauptete, daß Maria mehrere Kinder gehabt hätte.
Zwinglis glühendste Leidenschaft war die immerwährende
Jungfräulichkeit Mariens. Es steht geschrieben: Josef erkannte Maria nicht,
bis sie ihren erstgeborenen Sohn gebar. Doch dies bedeutet nicht, daß
Maria eine ordinäre Ehe geführt habe. Josef ist der Jungfrau nur zum
Schutze beigegeben worden. Schon daraus, daß Jesus seiner Mutter, der
Frau, am Kreuze den Lieblingsjünger als Sohn anvertraute, ist zu
erkennen, daß sie keine weiteren Kinder gehabt hat. Die im Evanglium
genannten Brüder und Schwestern Jesu sind nahe Verwandte des Herrn.
Wir bekennen also als die Kinder der Kirche der Reformation, daß
Christus ist geboren: Ex Maria, pura, sancta, sempervirgine!
Was sagt die Reformation zur Unbefleckten Empfängnis? Diese Lehre, die
Lehre der Makellosen Konzeption, behauptet die Empfängnis der Jungfrau
im Schoße ihrer Mutter, der heiligen Anna, als eine natürliche Empfängnis,
die durch die Gnade Gottes frei von allem Makel der Erbsünde war. Luther
liebte diese Reinheit Mariens, die ihr gegeben war um der Reinheit und
Sündlosigkeit des Menschensohnes willen. Die heilige Mutter Gottes, die
den Gottessohn im Fleisch geboren, konnte nicht eine gemeine Sünderin
sein. Die Freiheit Mariens von dem Makel der Erbsünde geschah im
Augenblick ihrer Empfängnis als der Vereinigung des Leibes mit der
vernünftigen Seele. Der reformatorische Theologe Valentin Weigel nannte
Maria darum gar eine Inkarnation des Heiligen Geistes. Zwingli nannte
Maria eine reine, heilige, unbefleckte Magd, das heißt Jungfrau. Dennoch
bestritten andere, wie Calvin und Melanchton, diese Lehre. Schließlich
war sie auch in der katholischen Kirche lange umstritten und wurde erst im
neunzehnten Jahrhundert zum unfehlbaren Dogma der Offenbarung
erhoben.
Was lehren wir aber von der Aufnahme Mariens in den Himmel? Das Volk
schwärmt wohl gelegentlich von der Himmelfahrt Mariens, doch ist es
keine Himmelfahrt gleich der Himmelfahrt Christi, sondern eine
Aufnahme in den Himmel durch den in den Himmel gefahrenen Christus.
Die katholische Kirche verkündet, daß die unbefleckte Gottesgebärerin
und immerwährende Jungfrau Maria nach Vollendung ihres irdischen
Lebens mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen
worden ist. Wo ist aber für diese Auffassung die Grundlage in der Heiligen
Schrift? Luther kannte das Fest Mariä Himmelfahrt. Er sprach, es stehe
zwar nichts davon im Evangelium, wie Maria im Himmel sei, auch nicht,
wie sie dorthin gekommen, das sei auch nicht nötig zu wissen. Es genügt
zu glauben, daß die Heiligen leben. Er wußte nicht, ob sie im Leib oder
außerhalb des Leibes in den Himmel gefahren sei. Er wollte das Fest
Mariä Himmelfahrt gefeiert sehen. Welcher Christ zweifelt daran, daß die
würdigste Mutter des Herrn bei ihrem Sohn in himmlischen Freude lebe?
Die einen Christen glauben nun einmal, daß Marien Seele im Himmel sei,
ihr Leib aber noch in der Erde ruhe, die anderen Christen aber glauben,
daß sie mit Leib und Seele im Himmel sei. Jeder urteile, wie er will.
Schließlich ist Henoch leiblich in den Himmel aufgefahren und bei Christi
Auferstehung sind viele Heilige leiblich auferstanden. Gewiß ist aber, daß
Maria mit ihrem Sohne Jesus lebe. Aber ist nicht auch Elias leiblich in den
Himmel gefahren, damit die Kinder Israels ein Bild der Unsterblichkeit der
Seele hätten und doch nicht den Leib des Heiligen verehren? So ist auch
die reine unbefleckte Kammer der Gottesgebärerin und Jungfrau Maria, ihr
heiliger Leib, von den Engeln in den Himmel getragen worden. Ja, wir
trauen darauf, daß die reine heilige Magd von Gott erhöht ist über alle
Geschöpfe der Menschen oder seligen Engel, aller Kreaturen im Himmel
und auf Erden und im Meer, bei Christus in der ewigen Freude. Nun aber,
ihr Papisten, werdet wohl bedauern, daß der Körper der Jungfrau im
Himmel ist, ihr hättet sonst wohl eine Kirche um ihre Reliquien gebaut, die
größer als Jerusalem und Rom gewesen wäre...
DER ORTHODOXE:
Herr Jesus Christus, Sohn des lebendigen Gottes, erbarme dich über mich
armen Sünder! Dich besingen wir, dich preisen wir, dir danken wir, Herr,
und bitten dich, Gott, zu preisen die selige Gottesmutter und
immerwährende Jungfrau Maria! Im Augenblick der Wandlung des Brotes
und Weines durch den Heiligen Geist in Fleisch und Blut Christi, danken
wir Gott vor allem für unsere allerheiligste, makellose, über alle Heiligen
und Engel gelobte Gottesmutter Maria, die Ewige Jungfrau! Wahrhaft
würdig ist es, dich, Theotokos, selig zu preisen, Allerseligste, Unbefleckte,
Mutter Gottes! Verehrungswürdiger bist du als die weisesten Cherubim
und die vor Liebe brennendsten Seraphim, die du in unversehrter
Jungfräulichkeit den göttlichen Logos geboren, Gottes Gebärerin und
Gottes Mutter, dich preisen wir höher als alle Geschöpfe im Himmel und
auf Erden! Wen aber führt die Herrin der himmlischen Heerscharen an?
Wen führt die Königin der Engel und Mutter der Menschen? Alle im
Glauben Entschlafenen, alle Voreltern, alle Väter und Mütter des
Glaubens, alle Patriarchen, Propheten und Prophetinnen, die Apostelin der
Apostel und die Apostel, die Jungfraun und die Evangelisten, die Märytrer
und Bekenner, alle Heiligen, Witwen und Waisen! Wir danken, wenn wir
der Gottesmutter danken, auch Johannes dem Täufer, dem Apostelkonzil
und besonders danke ich dem heiligen Andreas, meinem Patron, und aller
Heiligen des Orients und Okzidents, auf deren Fürsprache hin uns gnädig
heimsuchen möge der Gott, der Liebe ist! Wir bitten die Gottesmutter um
Fürsprache für alle Heimgegangenen, die universelle christliche Kirche
und die ganze Menschheit und die gesamte Schöpfung. Unserer
allerheiligsten, reinsten, über die Maßen gepriesenen, allen Ruhmes
würdigen Gottesmutter und Ewigjungfrau Maria eingedenk, weihen wir
uns selbst und die gesamte Schöpfung unserm Herrn und Gott, Jesus
Christus! Siehe, die Gottesmutter in der Ikone ist niemals ohne ihren Sohn.
Er ist das göttliche Kind der Gottesmutter. Steht sie aber als unsere
Fürsprecherin vor Seinem Thron, so steht sie dort mit Johannes dem
Täufer. Denn wie Johannes der Täufer die Vollendung des Alten Bundes,
ist Maria der Inbegriff und die Vollendung des Neuen Bundes, die sich
zusammen als Ein Ewiger Bund der Menschheit mit Gott zu Christus, der
göttlichen Weisheit, anbetend wenden. Maria ist der Anbeginn des Neuen
Bundes. Deine Geburt, o Gottesmutter, hat der ganzen Mutter Erde Freude
bereitet. Aus dir ging hervor aus wie aus dem Schoß der Morgenröte die
Sonne der Gerechtigkeit. Er nahm den Fluch hinweg, zerstörte den Tod,
brachte den Segen und schenkte uns ewiges Leben. Darum preisen wir
dich, die Aurora Gottes, die du dem Himmelslicht, das die Sonne ohne
Untergang ist, auf unaussprechliche Weise aus deinem Schoß der
Morgenröte den Leib geschenkt, gesegnete Gottesmutter und heilige
unbefleckte Jungfrau, sei gepriesen! Darum ist der Tag der Verkündigung
des Herrn durch den Engel an die Jungfrau Maria der Anbeginn des Heils
und die Offenbarung des Geheimnisses von Ewigkeit. Gottes Sohn wird
Sohn der Jungfrau, der Engel verkündet der Begnadeten die Gnade. Mit
dem Engel beten wir allezeit: Sei gegrüßt, du Gnadenvolle, freue dich,
Maria, Gott ist mit dir! In der heiligen Weihnacht aber gebiert die Jungfrau
den Seienden, überwesentlichen Gott! Die Mutter Erde gewährt der
Höchsten Macht eine Grotte. Die Himmlischen und die Hirten feiern den
Frieden. Die Weisen des Morgenlands ziehen nach der Weisung der Sterne
zu der Jungfrau und dem Jungfraunkind, dem urewigen Gott und Gottheit
von Urzeit her! Halleluja!
Singen will ich die heiligen Ostern, das Mysterium von Kreuzestod und
Auferstehung zu ewigem Leben! O Christus! Als dich, den Schöpfer und
Gott, am Kreuze hängen sah Jene, die dich als Jungfrau geboren, da rief sie
unter Tränen und Trauer: Mein Sohn, mein Sohn! Wohin ist deine
Schönheit? Siehe, du warst der Schönste aller Menschensöhne! Nun ist an
dir keine Schönheit mehr, du bist der Allerverachtetste, der entstellte
Gottesknecht! Ich ertrage es nicht, den Gerechten so ungerecht gekreuzigt
zu sehen! So klagte Maria. Wir wollen besingen Ihn, der sich aus Ewiger
Liebe für uns kreuzigen ließ! Ihn schaute Maria am Kreuz und sprach:
Wirst du gekreuzigt, entstellt in deiner Schönheit, verflucht, weil du am
Holze hängst, angespieen mit Gift und Galle, du bist doch mein Gott und
mein geliebter Sohn! So klagte Maria. O Jesus, Ströme von Tränen hat mit
blutendem Herzen die Allerreinste über dich vergossen und gerufen: Wie
soll ich nun dir dienen, mein geliebter Sohn? O Gott, o Logos und Sophia!
O meine Wonne! Wie soll ich dein Begrabensein drei Tage lang ertragen?
Es zerreißt mir vor Schmerzen mein Mutterherz! Wer wird mir Wasser
geben, daß meine Augäpfel überströmen von Tränenfluten wie
Wasserbäche? Woher nehme ich all die Ströme, rief die jungfräuliche
Mutter und Frau der Schmerzen, meinen Jesus zu beweinen? Ihr
Schluchten, ihr Seelen alle, schluchzet, schluchzet mit der Frau der
Schmerzen, alle Kreaturen des Kosmos, heult mit der Mutter Gottes um
den gekreuzigten Sohn Marias! So klagte Maria. Siehe, der Gekreuzigte in
seiner Passion am Kreuz, er tröstete seine Mutter und alle Frauen von
Jerusalem und ihre Kinder und die gesamte Menschheit: Weine nicht über
mich, meine Mutter! Du wirst schauen im Grabe deinen Sohn, den du im
Schoß getragen. Aber ich werde auferweckt, ich werde auferstehen in der
Kraft Gottes und verherrlicht im Geist zu ewigem Leben im Reiche
Gottes! Siehe, Magd des Herrn, die dich seligpreisen, alle Kinder und
Kindeskinder, die werde ich, o Frau der Schmerzen, als dein Sohn und
Gott, ich, Christus zur Rechten des ewigen Vaters, werde alle jene erhöhen,
die in Glauben und Liebe dich, o allerseligste Jungfrau, lieben und preisen!
So sprach Christus am Kreuz. So ruft nun die Kirche im Schoß der
Menschheit der allerseligsten Jungfrau zu, die Christus verklärt hat:
Strahle, strahle heller als die Sonne, milder als der Mond, glühender als die
Morgenröte, himmlische Jerusalem! Denn die Gloria Gottes geht auf in
dir! Tanze mit den Engeln und Seligen himmlische Hochzeitstänze,
Tochter Zion, und jauchze im Heiligen Geist als die Braut des Heiligen
Geistes! Mutter Gottes, allerreinste Jungfrau, freue dich, Halleluja, über
die Auferstehung Christi und die Auferstehung der Toten! Siehe, der Engel
des Herrn rief der Jungfrau zu: Freue dich, Maria, voll der Gnade! Und ich
sing auch mit englischer Zunge und mit Menschenzunge: Freue dich,
allerseligste Jungfrau, denn dein Sohn ist auferstanden als die Erstgeburt
aus den Toten! Freue dich, makellose Jungfrau! Freue dich, Menschheit!
Halleluja!
Chaire! Freue dich! Das will ich singen! Es wäre leicht und wäre ohne
Gefahr der Übertreibung der Poesie, ein skrupulöses Schweigen zu
bewahren, o Jungfrau! Dir zu Liebe schöne Hymnen zu singen ist ein
schwieriges Werk. So gib mir, die du meine Braut und Mutter bist, passend
zu meiner Absicht auch die heilige Inspiration! Wohlan, singen wir im
göttlichen Wahnsinn die Schönste der Frauen! Freude dir, du Gipfel,
schwer ersteigbar den Menschen! Freude dir, du Tiefe, schwer erschaubar
den Engeln! Freude dir, du Thron des ewigen Königs! Freude dir, du
Trägerin dessen der hält das All in der Hand wie einen Apfel! Freude dir,
du Luna, die spiegelt den Sol justitiae! Freude dir, du Mutterschoß der
Fleischwerdung Gottes! Freude dir, du Anfang der neuen Schöpfung!
Freude dir, in der der Schöpfer ein Embryo geworden! Freude dir, meine
jungfräuliche Braut! (Maria lächelte...) Freude dir, in den unergründlichen
Rat du Eingeweihte! Freude dir, du gewisse Ruhe der Ruhebedürftigen!
Freude dir, du Vorspiel der Wunder Jesu! Freude dir, du schönste Weisheit
der Lehre Jesu! Freude dir, du Himmelsleiter, auf der Gott selbst zu uns
kam! Freude dir, du Regenbogenbrücke, die von der Erde zum Himmel
führt! Freude dir, du von den Engeln besungenes Wunder und Meisterwerk
des Schöpfers! Freude dir, du Entsetzen und Zittern der Dämonen! Freude
dir, die du empfangen das Überlicht! Freude dir, du von allen Weisen
unergründliche Weisheit! Freude dir, meine jungfräuliche Braut! (Maria
lächelte...) Freude dir, du Paradiesfrucht! Freude dir, du Aue der
Barmherzigkeit! Freude dir, du Tafel der Weisung Gottes! Freude dir, du
Garten der Wonne! Freude dir, du Heim der Seele! Freude dir, du
Brautgemach des Christen! Freude dir, meine jungfräuliche Braut! (Maria
lächelte...) Freude dir, du unverwelkliche Blüte! Freude dir, du keuscher
Flor! Freude dir, du Lebensbaum! Freude dir, du Kleid des Nackten!
Freude dir, meine jungfräuliche Braut! (Maria lächelte...) Freude dir, du
tausendjährige Rose! Freude dir, du Apfel der Schönheit! Freude dir, du
Duft des Menschheitsfrühlings! Freude dir, du Brot des Lebens! Freude
dir, du Wasser des Geistes! Freude dir, du versiegelter Garten,
verschlossener Born, Lustgarten Gottes! Freude dir, meine jungfräuliche
Braut! (Maria lächelte....) Freude dir, du Grenze der grenzenlosen Liebe
Gottes! Freude dir, du Zusammenfall der Gegensätze! Freude dir, du
Schlüssel des Paradieses! Freude dir, du Hoffnung auf die Schöne Liebe!
Freude dir, du unvermählte Braut! Freude dir, du Kelch der Weisheit!
Freude dir, du Brautgemach der Vorsehung! Freude dir, du Weisheit der
Narren! Freude dir, du Muse der heiligen Dichter! Freude dir, du Sophia
der Philosophen! Freude dir, du Königin der Apostel! Freude dir, du Braut
der Patriarchen! Freude dir, du Erleuchtung aller Lebenden! Freude dir,
meine jungfräuliche Braut! Freude dir, Christi jungfräuliche Braut! (Maria
lachte sanft gedämpften Girrens...)
DAS GASTMAHL BEI NATHAN DEM WEISEN
AL-HAFI:
Ich nenne mich einen Sufi, denn ich trage das wollene Gewand der Armut.
Armut ist Mystik. Aber ein Sufi ist nicht nur ein Armer, nicht nur ein
Wanderer und Asket und Beter, er ist ein innerer Mensch mit sieben
Qualitäten und einer achten Qualität: Er ist großmütig wie Abraham, der
seinen geliebten Sohn losließ, er ist hingebungsvoll wie Ismail, der sich
geopfert hat, er ist geduldig wie Hiob, er lebt von Zeichen wie der stumme
Zacharias, er ist ein Fremdling in der Welt wie Johannes der Täufer, er ist
arm wie Moses, er ist ein Pilger wie Jesus und wahnsinnig wie
Mohammed! Alle diese Heiligen sagen eines: Lasse dich selber los! Lasse
ab vom tyrannischen Moslemstaat, von den Paschas und Patriarchen, lasse
ab von den Herren des Geldes! Geh in die Wüste und suche Gott! Sei ein
Wüstenvater, ein Eremit, ein einsiedlerischer Mönch, sei ein Bettler! Denn
wir sind alle Bettler vor Gott, das ist gewißlich wahr. Ein Sufi besitzt
nichts und wird von nichts und niemandem besessen. Ein Sufi zieht Gott
allem anderen vor und wird von Gott allen anderen vorgezogen. Ein Sufi
ist ein Safa, er ist ein Mensch der inneren Reinheit. Wer durch Liebe
gereinigt ist, ist rein, wer durch den Geliebten gereinigt ist, ist ein Sufi.
Adam war ein Sufi. Vierzig Tage war er einsam im Garten Eden, bis ihm
Gott den Odem in die Nase blies. Ein Sufi trägt die Freude im Herzen auch
in der Zeit des Kummers. In der Zeit des Kummers tanzt der Sufi und tanzt
sich ekstatisch in die Vereinigung mit dem Geliebten, das ist der
Höhepunkt der Glückseligkeit! In diesem Gipfelpunkt des Tanzes gibt der
Sufi sein Ich auf, wirft es dem Geliebten zu und wird der Geliebte selbst!
Gott ist groß und ist keiner außer ihm und Ich bin sein Prophet! – Daja,
schenke mir ein vom verbotenen Wein!
Meine lieben Freunde, ich wurde in Afghanistan geboren. Als Kind sah ich
das Nichts. Das Nichts war Liebe, war Alles. Tyrannen aber überzogen die
Erde, Theologen verfolgten die mystischen Gottesfreunde. Mein Vater, ein
mystischer Gottesfreund, sah in einer Vision die Schreckensherrschaft der
Barbaren. Ich war in meiner Jugend ein eifriger Gottsucher und suchte
einen greisen Mystiker auf. Er war ein Dichter. Auch ich ward ein Dichter.
Wer kann von Gott reden als allein ein Dichter? Ich pilgerte nach Mekka
und studierte die Lehren meines Vaters, der Plotin und Gregor von Nazianz
studierte. Nach dem Tode meines Vaters lehrte ich den Koran, das schönste
Gedicht der Welt. Nun verstand ich erst den mystischen Geheimpfad
meines Vaters. Die Weltseele Plotins, die Weisheit des Heiligen Geistes
von Gregor von Nazianz und der Barmherzige des Koran begannen einen
dreifaltigen Tanz vor meiner Seele zu tanzen. Da stürmten die Tyrannen,
Barbaren und Mörder unser Land. Aber zu jener Zeit traf ich meinen
Freund, die Sonne des Glaubens. Er stellte mir eine Frage, die so
ungeheuerlich klang, so blasphemisch, daß ich alle meine
Gottesgelehrsamkeit in einem Blitz verlor, vom Kamel stürzte wie Saulus
vor Damaskus und Gott sah! Da begann die große Liebe zwischen dem
Schriftgelehrten und dem Derwisch. Die Liebe loderte so hell, daß ich
alles andere vergaß. Ich saß zu Füßen des Meisters, des Geliebten, aß und
trank nicht mehr und lebte allein von dem Manna seines Wortes und dem
Tau seines Geistes. Er liebte mich so sehr, daß er die berühmtesten
Theosophen Kieselsteine nannte im Vergleich mit mir, dem Rubin seines
Herzens. Er nannte sich selbst: Der Liebende. Ja, er nannte sich: Der Pol
aller Geliebten. Und ich stürzte wie die Sterne diesem Pol zu, in dessen
Feuer ich brannte und doch nicht verbrannte. Die Theologen mißbilligten
meine Liebe, weil ich den religiösen Pflichten nicht mehr nachkam. Auch
kämmte ich Haare und Bart nicht mehr und wusch meine Kleidung und
mein Geschirr nicht mehr. Ich lebte nur noch als Liebender des Pols aller
Geliebten. Da verschwand der Geliebte plötzlich wie ins Nichts. Meine
Seele wollte sich nicht trösten lassen. Ich war elender als der Psalmist,
elender als Jeremias, elender als Hiob! Aber schließlich fand ich den
Geliebten wieder und liebte ihn heißer und inniger als je zuvor! Aber
meine Familie wurde eifersüchtig auf den Geliebten im Geist und
ermordete ihn heimlich. Sie sagten mir, er sei ins Ausland gegangen. Mein
Herz starb den Tod, aber auferstand als der Geliebte! Ich war nicht Ich
mehr, ich war Er! Mein Herz war die Muschel, der Geliebte die Perle! Ich
war der Mensch, mein Herz war Er! Ich war nicht mehr in mir, sondern Er
war in mir! Nun lebte nicht mehr ich, sondern Er lebte in mir! Ich war
verborgen in Ihm, Er war verborgen in Gott! Ich legte meinen Namen ab
und wurde Träger Seines Namens.
Nun sammelten sich Jünger um mich, wir tanzten gemeinsam den Tanz der
Ekstase! Auf den Todesfeierlichkeiten der Freunde tanzten wir die Tänze
der Hochzeit! Wir wurden die tanzenden Derwische, die auf den Gräbern
tanzten, die tanzten im Geiste Gottes, die tanzten mit Gott! Wir waren
berauscht von Gott! Nun beteten nicht mehr wir selbst, sondern Gottes
Geist betete in uns! Gott ließ Gebete in uns strömen und erhörte Seine
eigenen Gebete! Unsre Gebete wurden in uns gebetet mit feurigen Zungen!
Die Leute meinten, wir hätten vom verbotenen Wein getrunken. Aber dann
ward das Gebet in uns – Stille. Ich ging in die Stille, wanderte durch das
Schweigen und verschwand im Nichts. Als ich zunichte ward, da war ich
nichts als Lobgesang zu Gottes Ehre! Ich hatte aufgehört, ein Beter zu
sein, um die Anbetung selbst zu sein. Ich hatte aufgehört, ein Dichter zu
sein, um das neue Lied des Mose vor Gottes Thron zu singen. Ich war
Gottes durch das immerwährende Angedenken so inne geworden, daß ich
aufgehört hatte zu sein, in Gott aufging, wo Beter und Gebet nicht mehr
sind, nur noch Gottes ewige Gegenwart. – Daja, du bist schön! Schenk ein
den Wein, du Schöne!
Daja, deine schönen Augen fragen: Was ist Liebe? Meine Schöne, du wirst
es heute sehen, morgen sehen und übermorgen sehen. Heute werde ich
getötet, morgen werde ich verbrannt, übermorgen streut man meine Asche
in den Wind! Die Theologen sehen in mir einen Hexenmeister, einen
Gotteslästerer. Sokrates war ein Gotteslästerer, Jesus war ein
Gotteslästerer, Al-Hafi ist auch ein Gotteslästerer! Unsere Gotteslästerung
ist die Lästerung der falschen Götter, denn wir lieben alle einzig den
Einen! Er ist der Stein der Weisen, der unser Blei in Gold verwandelt, in
ihm sind Feuer und Wasser, Königin und König, Er ist der Eine, der
Zusammenfall der Gegensätze, das vollkommene Werk Seiner Selbst! Er
ist Er und ich bin Er! Er ist die absolute Wahrheit und darum bin ich auch
die absolute Wahrheit! Er ist Gott von Selbst und ich bin Gott durch Ihn!
Ihr wundert euch, Freunde? Aber seht, so sprach Pharao auch, als er
sprach: Ich bin der höchste Herr! Siehe, als Gott Adam erschaffen, forderte
Gott die Engel auf, sich vor Adam anbetend niederzuwerfen. Aber Satan
sprach: Ich bin besser als Adam. Gott hat Adam aus Lehm erschaffen, aber
mich aus Feuer. Da sprach Gott: Hinweg mit dir, Satan, hinweg mit dir aus
dem Paradies! Liebe Freunde, ich sage euch: Ich bin Er und Er ist ich! Ich
bin der höchste Herr wie Pharao und aus Feuer geschaffen wie Satan.
Wenn ihr Rechtgläubige seid, müßt ihr mich für diese Gotteslästerung
steinigen! Die Gelehrten rufen mir zu im Gericht: Welches Kreuz willst du
mit deinem Blut beflecken? Ich werde mein Kreuz mit meinem Blut
beflecken! Aber vorher zog ich durch Indien, war bei Brahmanen, war bei
Tantristen. Ich meditierte mit dem Kopf nach unten. Ich studierte die Lehre
der Manichäer. Dann kehrte ich heim und pilgerte wieder nach Mekka.
Siehe, ich bin der, den ich liebe, und der, den ich liebe, er ist ich! Schon
schreien die Glaubenswächter, die muslimischen Inquisitoren verschworen
sich im Hohen Rat, mich zu ermorden! Sie werfen mir vor, daß ich Tote
auferwecke und Dämonen durch den Finger Gottes austreibe! Allen
Rechtgläubigen rufe ich zu: Siehe, Gott der Erhabene fordert mein Blut
von euch! Ich sage wohl die heiligen Worte des Buches und bete die
heiligen Gebete, aber der Sinn, warum Gott mein Blut fordert, ist tiefer als
heilige Worte und Gebete. Ihr werdet einen Märtyrer für die Wahrheit
schaffen! Es gibt für die ganze Welt nichts wichtigeres, als daß ich als
Märtyrer für die Wahrheit sterbe! Dann werden nicht mehr Gott und Ich
sein, sondern nur noch Einer! Ich bin Nichts, Alles ist Er! Ich bin nicht
mehr und Er ist nicht mehr allein Ich-Bin, sondern ich bin in Ihm und wir
sind vereinigt ewig Ich-Bin! Ich bin dann Gott in Gott, denn Gott ist einzig
und es ist kein Gott außer Gott!
Daja lächelte, sie war so unaussprechlich lieblich...
Am folgenden Tag, in der folgenden Nacht, der Nacht des jüdischen
Sabbat, war eine Sabbatstille über Jerusalem, in der eine Nachtigall anhob,
Gott zu besingen. Daja setzte sich auf den Boden zu Füßen der drei
Männer. Sie hatte die Karaffe mit Libanonwein auf den Tisch gestellt, die
Schale mit gesalzenen Mandeln daneben, sie hatte Kissen auf die Lager
gelegt, auf denen die Männer lagen. Nun schaute sie aus dem Fenster und
sah auf den Mond und lauschte Nathan dem Weisen, ihrem Patriarchen,
der sich gemütlich in den Kissen streckte und anhob, Gott zu preisen.
NATHAN:
Wir preisen den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs. Es
heißt nicht: Wir preisen den Gott Abrahams und Isaaks und Jakobs. Denn
obwohl der Gott Abrahams auch der Gott Isaaks ist und der Gott
Abrahams, der Gott Isaaks auch der Gott Jakobs ist, so ist Isaak nicht
gläubig an Abrahams Gott und Jakob nicht gläubig an Isaaks Gott und
Abrahams Gott, sondern Abraham glaubt an Abrahams Gott, Isaak glaubt
an Isaaks Gott und Jakob glaubt an Jakobs Gott. Er ist der Gott der
Lebenden, Ihm leben sie alle. Er ist allen unmittelbar, so daß jeder sagt:
Mein Gott!
Wißt ihr, Freunde? In früherer Zeit ging der Heilige, wenn er ein Wunder
vollbringen wollte, an einen heiligen Ort, entzündete eine geweihte Kerze
und sprach das meditative Gebet. In der folgenden Zeit entzündete der
Weise, wenn er ein Wunder vollbringen wollte, zwar nicht mehr die
geweihte Kerze, aber er sprach das meditative Gebet am heiligen Ort.
Dann, wenn der Priester ein Wunder vollbringen wollte, so entzündete er
nicht mehr die geweihte Kerze und sprach auch nicht mehr das meditative
Gebet, aber er war am heiligen Ort. Schließlich, wenn der Dichter ein
Wunder wirken wollte, so entzündete er keine geweihte Kerze, sprach kein
meditatives Gebet und war nicht am heiligen Ort, aber er besang das Licht
und das Wort und den Tempel. In dem Gesang solch einen Dichters ist mir
Gott begegnet.
Da suchte ich Gott zu erforschen. Ich las den einen Meister der
Überlieferung und dann den andern Meister der Überlieferung, und der
eine sagte dies und der andere jenes. Aber als ich den einen Meister las,
der dieses von Gott sprach, da vereinigte ich meine Seele mit seiner Seele,
er sprach in meiner Seele, und sein Gotteserleben wurde mein
Gotteserleben. Dann las ich den andern Meister, der jenes von Gott sprach,
ich vereinigte meine Seele mit seiner Seele, er sprach in meiner Seele, und
sein Gotteserleben wurde mein Gotteserleben. Und es war ein und derselbe
Gott, denn es ist nur ein Gott, er ist Einer und Alles. Ich studierte die
Weisung Moses, den Psalter und die Propheten. Dann studierte ich Talmud
und Kabbala. Ich studierte die babylonische Magie, den Sufismus, den
indischen Pantheismus und die Mystik der spanischen Barfüßer. Platon
und Plotin erschlossen mir Idee und Sphären der göttlichen
Selbstoffenbarung, Pythagoras das Geheimnis der Zahl, nach der der
Kosmos geordnet ist. Ich studierte das Tao der Chinesen und erkannte, daß
Gott männlich und weiblich ist und der Zusammenfall der Gegensätze in
eins. Denn der Alte der Tage ist der Vater und die Einwohnung in der
Schöpfung ist die Mutter, Er ist Gott-Geist und Sie ist Gott-Natur und in
ihrer Vereinigung ist es die Eine überwesentliche Gottheit.
Der Mensch ist Gottes Bild. Gott ist aber glückselig, und darum ist der
Mensch auch glückselig. Darum ist der wahre Weise der lächelnde Weise
und der wahre Fromme der singende Fromme. Einmal fragte mich eine
junge Frau nach dem Namen Gottes. Ich sagte: Die ganze Heilige Schrift
ist der Name Gottes. Liebe Ihn, Er ist da, liebe Ihn und dann geh, und tu
was du willst, geh in die Welt und putze den Kindern die Nase und liebe
Ihn! Ich war im Sankt Katharinen.Kloster am Fuß des Sinai. Ich sprach mit
den Mönchen dort über die Weisheit der Heiligen Schrift. Alle Meister
waren beseligt von der göttlichen Weisheit. Ein Abbas des Klosters sagte
mir: Das Studium der Gelehrsamkeit der Geheimnisse Gottes muß dich zu
einem einfältigen Kinde machen, sonst ist all deine Weisheit Torheit vor
Gott. Wenn du wirklich weise sein willst vor Gott, dann werde zum Narren
der Liebe! Dann wird dir das Essen der Speise, das Trinken des Weines,
das Baden deines Leibes, der Schlaf in der Nacht, das Tanzen zur Musik
und die Erkenntnis der Geliebten zum reinen Gottesdienst, denn Gott ist
Alles und Nichts, er ist überall und nirgends. Dann wirst du Gott in deiner
alltäglichen Wirklichkeit erleben, in den Augen eines Kindes, in dem
Lächeln einer schönen Frau, in der Hand des Bettlers, in dem Gesang der
Nachtigall, in dem guten Gedicht, ja, selbst ein schillernder Schwarm
Schmeißfliegen auf dem Kothaufen eines Hundes wird dir schön sein wie
der Smaragd am Throne Gottes! Gott ist da! Dann wirst du von allen
lernen, nicht allein von den Weisen, nicht allein von den Frommen, nicht
allein von den reinen Herzen der Kinder, sondern auch von den Narren,
den Gottlosen und selbst von den Satanssöhnen wirst du lernen, Gott
anzubeten. Alles spricht von Gott. Jede Seele ist Thron Gottes, selbst die
Seele des armen Sünders, der seine Seele dem Satan vermacht, selbst in
ihm wirst du tiefer als seine Verdammnis die Schöpfermacht Gottes sehen.
Denn Gott ist das Nichts, das allein Alles belebt, und ohne dieses alleinige
Nichts ist das Alles nichts als ein Nichts. Alles ist geheimnisvoll und
verborgen, Gott allein ist klar, Gott allein ist der Ich-bin-da!
Nathan nahm einen tiefen Schluck vom Wein, Daja schenkte ihm gleich
nach, denn sie begehrte, weiter vom Patriarchen zu hören den Lobpreis
Gottes.
Liebe Freunde, ich habe den Vater Elias geschaut! Ihr fragt mich, wie ich
den Vater Elias schauen konnte, wo ihn doch der Rabbi der Synagoge nicht
schaut? Aber seht, der Vater Elias ist der Engel des Bundes. Wird das Kind
in den Bund aufgenommen durch die Weihe des Rituals, gewinnt es Anteil
an der Seele des Vaters Elias. Er ist nämlich in seiner mystischen
Ganzhingabe an Gott zur Seele des Bundesvolkes geworden. So ist in
jedem Kind, das in den Bund aufgenommen wird, ein Funke von der
Allseele des Vaters Elias gegenwärtig. Bildet das reifende Kind die
Bundesseele des Vaters Elias in sich zur Gestalt, so erscheint ihm der Vater
Elias, der in ihm war. Gute Werke der Liebe lassen die Offenbarung des
Vaters gedeihen. Der Rabbi der Synagoge hatte nicht die Kraft, den Keim
der Allseele gedeihen zu lassen. Wer sich Gott ganz hingibt, dem schenkt
Gott die Gnade, daß seine Seele sich mit der Allseele verbindet. Nur der
Tod des Ich bringt das Selbst, die Seele, in Verbindung mit der Allseele. Ist
er aber in Verbindung mit der Allseele, erlebt er das göttliche Licht der
Liebe nicht nur in seinem eigenen Innern, sondern in dem Innern jeden
Menschenkindes, in dem Innern aller Schöpfung. Gott ist die Seele seiner
Seele, aber Gott ist auch der Duft des Frühlings, aber Gott ist auch das
Leid des Kranken. Ja, Gott ist auch die Seele der Seele der Sklaven Satans.
Der Erleuchtete sieht, wie nahe die Sklaven Satans doch in Wahrheit Gott
sind, nur durch einen winzigen Schritt getrennt. Dann wird die Seele
trunken vom allgegenwärtigen Gott. David singt: Wie lieblich ist es, dem
Herrn zu singen! Und ich singe: Wie lieblich ist es, den Gesang Gottes in
der eignen Seele singen zu hören! Alles andre ist nur Schall und Lärm.
Allein wenn Gott im Sänger singt, ist wahrer Gesang. Das ist der Gesang,
der im All ertönt, das süße Lied, das in allen Dingen schläft. Du wirst ein
Wahnsinniger, wenn du das Meer singen hörst und des Bettlers Hymne an
Gott! Aber dein Wahnsinn wird Torheit der Liebe sein!
Daja summte ein Kinderlied vor sich hin, das ihre Amme ihr an der Wiege
gesungen. Sie zählte dabei Mandeln in die Schale. Nathan schaute in den
Kelch und betrachtete den Rubin des Blutes und sprach:
Ein Student der Theologie erzählte mir von seiner Begierde nach der
göttlichen Weisheit. Jener sprach: Ich studierte den Pantheon Babels und
Griechenlands, den Feuerkult der alten Perser, die Mysterien der Isis und
die Hymnen an Aton, ich studierte Philosophie und Magie Chinas und den
Asketismus und die Erotik Indiens, ich studierte Platon und Empedokles,
ich studierte die Engellehre und die Äone der Gnosis und die Sprüche der
apokryphen Evangelien. Aber nach jeder Pforte der Erkenntnis tat sich
eine weitere geheimnisvolle Pforte auf. Auf eine gelöste Frage erschien ein
neues Rätsel. Gibt es da ein Ende? So fragte mich der Student. Ich sprach
zu ihm: Mein Sohn, es gibt ein Ende, das ist die jähe Einsicht. Die jähe
Einsicht ist die Offenbarung. Du hörtest wohl, Frau Weisheit sei eine
verschleierte Göttin. Du begehrtest, sie bloß zu schauen. Du möchtest sie
entblättern Schleier um Schleier, Schmuck um Schmuck. Du begehrst, sie
bloß zu schauen und dich in Erkenntnis mit ihr zu vereinigen. Siehe, eines
Tages erkennst du, in den Gnadenstunde, im göttlichen Kairos erkennst du
dies: Sie selbst kommt aus dem ewigen Geheimnis aller Geheimnisse, sie
legt Kronen und Diademe ab, legte die Schleier einen nach dem anderen
ab, entkleidet sich der Obergewänder und der Untergewänder und tritt
ganz nackt in deine Todesfinsternis. Du suchtest sie, aber sie hat dich
gefunden. Du wolltest sie schauen, aber nun schaut sie dich an. Du
wolltest ihrer teilhaftig werden, aber nun geht sie selbst in dich ein. Da bist
du durch die Pforte des Ewigweiblichen in das Geheimnis der
Geheimnisse eingetreten, in das Ur-Geheimnis der Ewigen Liebe! Da
singst du: O Du, o Du! Wo ich gehe, wo ich stehe, Du! In Freuden und in
Leiden Du! In Licht und Dunkel Du! In Tod und Leben Du, nur Du, allein
nur Du, einzig und immer nur Du! ICH BIN!
Daja schaute Nathan tief in die Augen, zu schauen dieses Du in ihm. Sie
hoffte morgen noch mehr zu hören vom Geheimnis der ewigen Liebe.
Liebe Schwester! Liebe Brüder in Gott! Ich kenne einen Mann, der die
Gläubigen in seiner Jugend mit dem Schwert verfolgte. Aber in einer
Nacht sah er plötzlich Christus. Christus war das reine Licht, das in der
Finsternis schien. Aber Christus war nicht das Licht des Tages, in dem alle
Geschöpfe so deutlich sind und Gott so undeutlich ist, sondern der Mann
erblindete sozusagen und sah die dichteste Nacht. Die Nacht war der
Wohnort Gottes, Gott war die dunkle Nacht. Gott war das unsichtbare
Licht in der dichten Nacht. Denn Gott ist nicht das sichtbare Licht, sondern
das unsichtbare Überlicht. Wer das wahre Licht sehen will, der schaue in
die dunkle Nacht. Wer schauen will, muß blind sein. Wer Gott schauen
will, muß blind sein für alle Geschöpfe. Oh die verwirrenden und
betörenden schönen Geschöpfe! Wer sie anschaut, wird blind für Gott. Wer
mit den Geschöpfen redet, der hört das Wort Gottes nicht. Wer aber mit
Gott redet ohne das Gleichnis eines Geschöpfes zu gebrauchen, der redet
von der Bloßheit Gottes in der Nacht. Alle Bilder Gottes sind wie dichte
Schleier. Gott legt die Schleier ab und ist bloßes Nichts in der Nacht. Alles
ist ein Etwas, ein Etwas, das ein anderes Etwas nicht ist. Aber Gott ist
Alles und Nichts. Gott ist die absolute Fülle der absoluten Leere. Alles ist
ein Seiendes, darum ist Gott ein Nichts. Alles ist Nichts, darum ist Gott ein
Seiendes.
Als ich so unaussprechlich ahnte das Geheimnis des Nichts, das das reine
Sein ist, da träumte mir, ich sei Maria und wäre schwanger geworden vom
unsichtbaren Licht und gebäre Gott in mir. Da sah ich nichts als Gott in
meinem Schoß. Die Engel schauen wohl die überwesentliche Gottheit, die
brennenden Schlangen der Seraphinen verhüllen Antlitz und Geschlecht
und rufen: Heilig, heilig, heilig ist der Herr der himmlischen Scharen!
Aber Maria spricht: O mein geliebter Sohn! Ich sah nicht Maria, aber ich
war in Maria, daß ich Maria war und Gott gebar und sprach zu Gott: O
mein geliebtes Kind!
Die Theologen sagen: Gott ist Vater. Aber wenn du den Vater siehst, so
fällt Geschöpfliches in deine Seele und du siehst nicht die bloße
überwesentliche Gottheit. Die Theosophen sagen: Umarme Gott als
Geliebte. Aber wenn du die Schönheit der Geliebten schaust, so fällt
Geschöpfliches in deine Seele, und du umarmst nicht das reine Sein in
Ewigkeit. Erst als ich den Vater nicht mehr sah und auch nicht mehr die
Geliebte in ihrer Schönheit betrachtete, sah ich das reine Nichts Gottes,
das Alles ist. Da ich Gott sah, Gott in mir und ich in Gott, da liebte ich
Gott. Da ich Gott liebte, der Liebe ist und nichts als Liebe, da liebte ich
nichts außer Gott, da war in mir keine Liebe außer der Liebe Gottes. Als
ich die göttliche Liebe liebte, da liebte ich erst in Wahrheit. Denn alle
Liebe zu einem geschöpflichen Etwas, das nicht Liebe an sich ist, ist eine
irdische Mischung aus Liebe und Haß. Allein die Liebe zur Liebe an sich
ist reine Liebe und nichts als Liebe.
Daja flüsterte fast unhörbar den Namen Curd...
Wer ist Gott ohne mich? Geh ich verloren in Gott, so gewinnt Gott.
Vereinigt sich Gott mit meiner Seele, so sind wir eine vereinigte
Gottmenschheit. Ist nicht das Ziel der Selbstoffenbarung Gottes das
Gottmenschentum? Ist das nicht die höchste Lust der göttlichen Liebe, ein
Gottmensch zu sein? Gott begehrt mit der brennendsten Leidenschaft, sich
der Menschheit zu vereinigen und ein Gottmensch zu sein!
Siehe, Er ist Gottmensch, er ist Christus! Er ist der Bräutigam und ich bin
seine Liebe Frau, er ist der göttliche Eros und ich bin seine Braut Psyche!
Oh, der Geliebte führte mich in die Nacht. Ich sah ihn nicht, ich fühlte ihn
nicht, ich verstand ihn nicht. Aber der Geliebte liebte mich. Als er mich
liebte, ward ich erfüllt von seiner Liebe. Ich war schön, weil er mich in
Liebe ansah. Ich war nackt vor ihm, weil er mich erkannte. Als er mich
liebte, ward ich eins mit ihm. Das war mein Liebestod, das Mitsterben
seines Liebestodes. Das war das nächtliche Fest der Hochzeit. Er hatte
mich durch die Hölle der Todesangst geschleift, durchs Fegefeuer der
verschmähten Leidenschaft, bis ich im Paradies an seinem brennenden
Herzen lag! Sein Herz war eine blutende Wunde, von Dornen gekränzt,
mein Herz war auch eine blutende Wunde, vom Schwert durchbohrt. Wir
vereinigten unsere Herzen und wurden ein einiges brennendes Herz!
Dieses Herz war die Glückseligkeit der einigen Liebe Gottes! Dieses Herz
war eine ewige Lust im Paradies! Ich liebte den Geliebten mit der ewigen
Liebe, mit der er mich liebte, der Geliebte liebte seine Geliebte mit der
ewigen Liebe, unaussprechlicher Liebe, brennender Liebe, einzigartiger
und besonderer Liebe! Das war die süße Wollust der mystischen
Vereinigung! Ich erhob mich vom Ehebett des Kreuzes, feucht vom Blut
und Schweiß des Liebestodes, da sah ich den Geliebten: Er war Eins und
Alles! Er war nicht mehr Er, Er war die Ewige Liebe! Die Ewige Liebe
war der Berggipfel über den Wolken, die Ewige Liebe war die Lichtung im
Fichtenwald, die Ewige Liebe war die einsame Insel im Salzmeer, die
Ewige Liebe war der kristallene Strom in der Nacht, die Ewige Liebe war
das Flüstern der Lenzluft, die Ewige Liebe war die Mutterstimme der
dunklen Nacht, die Ewige Liebe war die Jungfrau in der Morgenröte, die
Ewige Liebe war das trunkene Liebeslied, die Ewige Liebe war das
einsame Wort: Ja, ich will! Die Ewige Liebe war in der Vereinigung, da die
Ewige Liebe Sich Selber ganz hingab und in mir die Ewige Liebe zeugte!
Daja seufzte: Alleluja...
Die Männer lagen müde vom Wein in ihren Kissen und schlummerten.
Daja ging einsam durch die Nacht von Jerusalem. Sie flüsterte: Gott, gib
mir ein Zeichen! Siehe, Gott war nicht müde wie ein Mann, Gott gab ein
Zeichen. Am Himmel erschien eine Frau, mit der Sonne bekleidet, den
Mond unter ihren Füßen, auf ihrem Haupt eine Krone von Sternen. Daja
flüsterte: Wer bist du, Schöne Dame? Du bist die Schönste aller Frauen! –
Da sprach die Dame mit sanfter Stimme: Ich bin schön, weil ich liebe!
Willst du schön sein, so liebe auch du! – Und Daja sprach: O Schöne
Dame, in der Welt gibt es unterschiedliche Religionen. – Da sprach die
Dame geheimnisvoll: Vor Gott sind die Menschen aller Religionen gleich.
Gott herrscht in jeder Religion wie ein König. Es gibt nur einen Gott und
einen wahren Glauben. Gott ist Liebe! – Und Daja sprach zu der Dame: O
Schöne Dame, sag mir deinen Namen! – Da lächelte die Dame überaus
lieblich und sprach mit süßer Liebe: Ich bin die Mutter des wahren Gottes!
[Inhalt]
WEB12
1
CLOUD16
[Inhalt]
MYSTISCHE SPEKULATIONEN
„Die Geliebte spricht: Komm, Geliebter, und sei wie ein Einhorn auf dem
Scheideberg!“
ERSTES KAPITEL
1
Maria, du bist schön wie das Meer. Dein Leib ist ein Weizenbüschel,
umwunden mit blauen Kornblumen, Wiesenkerbel, wilder Kamille und
Wiesenmohn.
O Hagia Sophia, so schön bist du! So schön bist du, o Schöpfer, so schön
bist du, Maria, so schön ist die Hagia Sophia! Niemand weiß, wer die
Hagia Sophia ist. Ist sie Gott-Mutter, ist sie matriarchale Göttin, ist sie
Christus, ist sie Maria, ist sie der heilige Geist, ist sie die Weltseele?
Maria sagt, Jedidja ist schön wie Gold. Jedidja sagt, Maria ist schön wie
Gold.
Maria ist schön wie Haura, aber Maria ist schöner als Haura, weil Marias
Augen mich voller Liebe anschaun.
Ich bettle nicht um Frauenliebe, denn mich liebt die himmlische Frau.
Die Sonne auf dem Meer, der Schimmer und Flimmer, das ist wie der
Goldglanz der Kuppel der Hagia Sophia. Ich gehöre der Hagia Sophia, ich
bin ihr Sohn und Geliebter. Was können mir Menschen tun?
Die chinesischen Weisen lebten von einem Reiskorn und einem Fingerhut
voll Wein und dem Chi der Mutter Tao allein.
8
Die marianische Großmutter dient als stille demütige Magd.
Tao Yüan-Ming pflanzte nur Reis für den Reiswein seiner mystischen
Trunkenheit, bis sein Weib ihn bat, ihr ein Ackerfeld für den Gemüseanbau
zu überlassen. Su Tung-Po berichtete voller Mitleid von einem
befreundeten Dichter, dem das Weib das Trinken verbot.
10
Großmutter, was ist Liebe? Die Großmutter zeigt auf den Himmel, die
Erde, das Meer und spricht: Dies alles ist Liebe!
11
Das Kind der Mutter Tao ist das Kind der Pansophia.
12
Der kosmischen Pansophia Energie und Dynamik ist der heilige Geist.
13
Goethe pries den schöpferischen Pan-Eros und pries als den Gipfel des
immerschöpferischen heiligen Eros den schönen Menschen, genauer: die
schöne Frau, nämlich Helena von Sparta. Die Frau ist die Krone der
Schöpfung.
14
15
17
Die Mutter aller Menschen sagt: Du, ich gebe dir meine Liebe, damit du
sie den Andern gibst.
18
19
Maria spricht: Mein Dodo, du sollst der Welt mein marianisches Herz
zeigen!
20
21
Ich bin ein Kind, das ehrt die nährende Mutter Tao. Wer die Mutter fand
und erkannt hat seine Kindschaft, der ist im Untergang des Leibes ohne
Gefahr. Kinder leben im Hier und Jetzt, im All-Eins, sind ursprüngliche
Mystiker. Kindern ist Erdkloß, Stein und Gold gleich viel wert, das nennt
die Gita Weisheit.
22
Das ist die gute Botschaft, o Hagia Sophia: Du lebst! Aber du bist die
verschleierte Göttin.
24
Der Rosenkranz der tibetanischen Madonna meditiert das Wort: Das Juwel
ist in der Lotosblüte. Gott ist in der Seele. Erotisch geprochen ist der
Phallus in der Vulva.
25
Mein Sohn, schau dir an die blauen Kornblumen, wilde Kamille, Mohn
und Butterblumen. Sie sind von Gott gekleidet, so schön war nicht einmal
Sulamith gekleidet in ihrer geblümten Seide. Mein Sohn schau dir die
Schwalben an, sie arbeiten nicht und sparen nicht, die nährende Mutter Tao
ernährt sie doch.
26
27
Maria ist die Königin des Friedens. Der Friede beginnt im Herzen. Friede
kommt von Gott.
28
Anna tauchte aus dem Meer wie die schaumgeborne Aphrodite. Sie fror
wie die Venus frigida. Sie meditierte und wurde eins mit dem mütterlichen
Meer im ozeanischen Gefühl der All-Liebe.
29
Gott, du bist kein Vater mit weißem Barte auf einem Stuhle über den
Wolken. Du bist das All-Eine, in dem wir leben und weben und sind wie
ein Embryo im Mutterschoß.
30
Der gewaltige, vom Wind durchrauschte Lebensbaum ist ein Bild der
mütterlichen Gottheit.
31
32
Die Muse singt: Ich glaube an Frieden und Harmonie, du sollst glauben an
die Liebe. Gib du Liebe und du bekommst sie zurück.
33
Verschmähe die Frauen und sie werden dich lieben. Liebe die Frauen und
sie werden dich verschmähen.
34
35
Ich bin kein Freier der Frauen, sondern der Sklave und Geliebte der
Jungfrau Maria.
36
Maria wacht eifersüchtig über mein Herz. Der Weise bleibe Frau Weisheit
treu und gebe sein Herz keiner anderen Frau. Maria war einen Augenblick
eifersüchtig auf Anna. Aber ich bin Marias bevorzugter Geliebter, und auf
besondere Weise ihr einziger Geliebter.
37
Wer im Zölibate lebt und Freundschaft mit den Frauen pflegen will, muß
achtgeben auf sein Herz, daß die jungfräuliche Gottesliebe immer stärker
anzieht als die Freundin. Dazu braucht er Einsamkeit und Gebet.
38
Der Sohn der göttlichen Mutter ruft der Jugendgeliebten zu: Weib, willst
du mich wieder zurückziehen in die eitle Welt der Weiber und des Geldes?
ZWEITES KAPITEL
Maria entblößte ihre schöne Brust und stillte das Jesuskind. Das Jesuskind
hielt die Granatfrucht des Paradieses. Die Glocken läuteten, als der Urlaub
begann. Sankt Christopherus trug das Jesuskind und gab den Reisesegen.
Ich sah das himmlische Jerusalem: Das Fundament waren die nackten
Putti-Engelskinder der Antike, darüber gingen die ernsten Heiligen und
droben schwebte die schöne geschmückte Braut, die himmlische
Jerusalem, deren oberster Gott ist das Jesuskind.
Ich atme Maria ein und atme allen Zorn aus. Die pneumatische Maria
bereitet sich ein Bett in meinem Innern.
Sophia begegnet mir wie eine glückliche Mutter, die mir Brot und Wein
reicht, und wie eine liebevolle Jugendliebe mit dem Reichtum der Brüste.
Sie führt mich an das Wasser, daß ich dort erfüllt vom Heiligen Geiste
Midda taufe.
Midda schlief ein, da die Madonna im Sessel mit dem Jesuskind im Arme
ihm zugelächelt. Midda sagte: Ein Kind ist geboren!
5
Die Rose gibt sich mit großer Kunst viel Mühe, süß zu duften und schön
zu glühen. Schau sie an, sie glüht so schön für dich, doch höre ihr nicht zu,
wenn sie plappert ihre eitlen Worte.
Der Weise schaut den Himmel der Idee der Schönheit. Die Magd spottet
über ihn, weil er das Schlammloch zu seinen Füßen nicht gesehen und ist
hineingefallen.
Ein Engel hat meine Eltern in Liebe zur Hochzeit und Ehe
zusammengeführt. Gott hat mich bereitet und berufen im Mutterschoß. Bei
meiner Geburt sangen die Himmlischen einen Lobgesang. Ich bin
gekommen, zu künden die Mutterschaft Gottes.
Der Prophet gilt nichts in seinem Vaterhaus und bei seiner Familie. Aber
die Weisheit schafft dem Sohn der Weisheit einen ewigen Namen. Kinder
und Kindeskinder werden seligpreisen meine Weisheit.
Meine Großmutter als meine Engelin tröstet mich mit dem süßen Troste,
daß ich Gottes bevorzugter Liebling bin.
10
Dem Ritter verband man die Augen, setzte ihn auf ein hölzernes Pferd und
erzählte ihm von seiner Himmelfahrt durch die sieben Planeten. Dort
begegnet ihm die angebetete Königin seines Herzens. Das ist wahr. Denn
das Innere des Minneritters ist ein unendlicher Kosmos, in dessen Zentrum
der Thron der Herrin steht, der Freundin seiner Gefühle.
12
13
Sappho ist Dichterin, Diotima ist Philosophin, Hildegard von Bingen ist
Prophetin, Magdalena ist Apostelin, Maria ist Unsere Frau und Sophia ist
Göttin.
14
Erquicke dich im Gebet. Atme tief, atme ein und aus mit Bewußtheit.
Atme die Ruach ein und atme Maria aus. So wirst du neu belebt.
15
Wenn die Straußenhenne auch ihre Eier im heißen Sande liegen läßt,
unbesorgt in ihrer Torheit, ob die Eier zertreten werden, so sorgt sich doch
die Weisheit Gottes mütterlich um jedes Straußenküken.
16
17
Wie eine Biene von Blume zu Blume fliegt und Nektar sammelt, den
Honig im Palast der Königin zu bereiten, so sammelt der Weise
Lebenserfahrungen, meditiert das Leben und dringt zum inneren Sinn der
Erscheinungen vor, um Weisheit zu ernten. Der Weise lernt von allem,
auch von Toren und selbst von den Sklaven Satans.
18
Das Verlangen, allezeit zu lernen, ist der Weg der Weisheit. Das Gebet ist
der Lehrmeister der Weisheit. Erkennst du die Weisheit, so lächelt sie dir
in der Sonne und singt dir im Vogel ein Liebeslied. Die Weisheit ist ein
Geist, der alles Lebendige liebt. Der ist ein Weiser, der alles Lebendige
liebt.
19
Der ist ein Weiser, der spricht: Ich und die göttliche Mutter sind eins.
Sophia ist die Gottheit, in der alles Lebendige lebt und webt und ist.
20
Sophia spendet der dürstenden Erde fruchtbaren Regen, wie eine Mutter
den weinenden Säugling stillt. Sophia ist die Mutter der Natur und die
Herrin der Tiere. Sophia wohnt in den Wolken. Sophia bestimmt die Zahl
der Regentropfen. In Sophia ist alles gezählt, nichts ist zu viel und nichts
fehlt an der vollkommenen Zahl.
21
Sophia ist die Weisheit des Bienenstocks. Sophia ist die Weisheit im Reich
der Ameisen.
22
Das Wetter, die Pflanzen und die Tiere gehorchen Sophia. Allein der
Mensch kann die innere göttliche Sophia erkennen und lieben durch
Vernunft und Gnade.
23
Sophia lebt im Innern jedes Menschen. Toren verschütten die innere
Sophia durch die Eitelkeit der Welt. Weise sind sich bewußt der inneren
göttlichen Sophia.
24
Die Weisen erkennen Sophia im Innern als göttliche Mutter und göttliche
Braut. In der Sophien-Ehe der mystischen Vereinigung haben die Weisen
Anteil an der Gottheit Sophias und sind Götter aus Liebe.
25
Ich, ich will mich mit dir verloben, spricht Sophia. Meine Brautgabe ist die
Liebe und Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Ich will mich dir in ewiger
Treue verloben und du wirst Sophia erkennen.
26
Ich habe Ja gesagt zu Maria, Maria hat Ja gesagt zu mir. Wir haben uns
verlobt im Heiligtum der Unbefleckten Empfängnis. Gott sprach: Fürchte
dich nicht, Maria, deine Verlobte, als deine Ehefrau zu dir zu nehmen. Ein
weiser Priester segnete unsere Ehe. Wir haben uns Liebe geschworen vor
dem Angesicht Gottes. Es ist eine rechtsgültige Ehe. Was Gott
zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.
27
Lerne von der Torheit Salomos, die heidnischen Frauen nicht zu sehr zu
lieben, sondern Sophia allein, die göttliche Sulamithin.
28
Dem Weisen wird Sophia wie eine fromme Großmutter sein und wie ein
liebreizend schönes siebzehnjähriges Mädchen. Sie schenkt ihm den
mystischen Wein ein und gibt ihm die Speise der Kraft.
29
Maria spricht: Die Zärtlichkeit meines kleinen Jesuskindes soll dich immer
begleiten.
30
Das Jesuskind liegt in meinen Armen, sitzt auf meinem Schoß, folgt mir
wie ein Lamm. Ich nähre und tröste und küsse das Jesuskind. Das
Jesuskind küsst mich oftmals auf den Mund und schläft in meinen Armen
ein. Ich singe das Jesuskind mit meinen Reimen in den Schlaf.
31
32
In der dunklen Nacht, wenn alle schlafen im Haus, dann geh ich leise
hinaus, zu suchen die eulenäugige Sophia.
33
Am Abend nach des Tages Arbeit ruh ich bei Sophia aus. Sophiens Herz ist
sanftmütig und demütig. Sie erquickt und labt meine Seele. Die Ehe mit
ihr bereitet keine Schmerzen und ist ohne Verdruß. Sie spendet Seelenruhe
durch Ergebung in ihren heiligen Willen, durch Vereinigung mit ihrem
heiligen Geist und durch das Empfangen ihrer mütterlichen Zärtlichkeit.
34
Sophia sieht in mir das Bild Gottes, ihres Gemahles, sie sieht in mir den
anderen Christus, ihre Inkarnation, und sieht in mir das Heiligtum des
Heiligen Geistes, ihrer göttlichen Seele. Sophia nennt mich Dodo,
Geliebter.
36
Maria sang jeden Abend dem Jesuskind das Wiegenlied. Sie sang: Schlaf
selig und süß und schaue im Traum das Paradies. Das Jesuskind sang
dieses Lied mit viel Liebe leise flüsternd immer wieder, bis es
eingeschlafen war.
37
Als Jesus drei Jahre alt war, da sprach er: Ich bin eine Frau in einem
Sternenkleid.
38
Das Jesuskind ist pure Wonne und Lust. Wer liebevoll das Jesuskind küsst,
der ist im Paradies.
39
Die Welt kennt den Namen der Sophia nicht, das Kirchenvolk hat nie von
ihr gehört, kein Papst hat sie verkündet. Nur Einzelgänger und Sonderlinge
waren eingeweiht in ihr Geheimnis. Ich bin berufen, sie zu kennen und zu
lieben als meine göttliche Ehefrau.
40
Maria breitet ihren Sternenmantel aus und nimmt das Jesuskind unter ihre
Fittiche. Dort ist das göttliche Kind geborgen und behütet, dort ruht es
sicher und weiß sich geliebt.
41
Das entwöhnte Jesuskind spielte noch oft und gerne mit dem Busen
Mariens. Es schlief gern unterm Sternenmantel der Jungfrau, ihm war, als
läge er wieder an der Plazenta ihres Mutterschoßes. Jesus lernte als
Embryo im Uterus Mariens Barmherzigkeit, Liebe, Ganzhingabe und
Heiligkeit. Seine Seele war geprägt vom immerwährenden Gebet Mariens.
Seine Speise war das reine Blut der reinen Jungfrau. Die Gebärmutter
Mariens ist der Wohnort der göttlichen Barmherzigkeit.
42
43
Gott ist Gott der adoptierten Gotteskinder. Gott ist liebender als eine
Mutter, Gott ist eine hingebungsvolle Amme, die die Kinder neu gebiert im
Geheimnis der geistigen Liebe.
44
Die Weisheit sagt mir, daß Helena von Sparta eine Tochter Abrahams war.
Die Weisheit sagt mir, daß die Athene des Odysseus ein Schatte der Hagia
Sophia war.
45
46
Ich sah die siebzehnjährige Madonna, die schöne Jungfrau von Guadelupe.
Brust und Schoß waren ihr verschleiert mit reinem Leinen. Ihre Haut war
braun von der Sonne. Ihr Leib war schlank und graziös. Die langen
schwarzen Haare ließ sie fallen ins Wasser, in dem sie gewandelt ist. Sie
schaute vom See zu mir mit heimlichem Eros in den glühenden Augen.
Die makellose Jungfrau war die reine Braut-Psyche des göttlichen Eros, im
Meer des Paradieses badend. Sie war der makellose Spiegel der göttlichen
Schönheit.
47
Die Weisheit spricht: Sei stark, mein Sohn, durch die Gnade Gottes. Lehre
Weisheit für die Wissenden. Kämpfe den guten Kampf mit den Waffen der
barmherzigen Liebe. Kämpfst du den guten Kampf auf heilige Weise, so
wirst du schließlich von mir gekrönt mit der Krone der Schönheit, der
Liebe und des Friedens.
48
49
Den Narren ist die göttliche Weisheit eine lächerliche Torheit, aber die
Torheit der Welt ist der Narren eitle und nichtige Weisheit.
50
Die Brüste meiner Ehefrau sind der Reichtum der Mutterbrüste mit der
Milch des Trostes. Der Schoß meiner Ehefrau ist der Urgrund der
Schöpfung und der Sitz der göttlichen Barmherzigkeit. Der Mund meiner
Ehefrau ist das ewige Wort Gottes. Die Küsse meiner Ehefrau sind die
feurigen Zungen des Heiligen Geistes. Die Augen meiner Ehefrau sind die
Flammen der Weltseele. Das Antlitz meiner Ehefrau ist das feminine
Antlitz Gottes. Meine Ehefrau ist die göttliche Weisheit.
51
Des Philosophen Ehefrau ist die Philosophie. Des Dichters Ehefrau ist die
himmlische Muse. Des Propheten Ehefrau ist die heilige Jungfrau Maria.
Andere Ehefrauen begehren solche Männer nicht.
52
Meine Zuflucht vor denn närrischen Weibern ist die vollkommen schöne
Frau, Spiegel der göttlichen Schönheit, Mitgöttin Gottes, feminines Antlitz
Gottes. Sie ist die stille Frau, die kontemplative Frau, die weise Frau. Sie
ist die mystische Nymphe des inneren Paradiesesgartens in pneumatischem
Eros. Sie ist die innere Frau, die Herzenskönigin, die Seele meiner Seele.
Sie ist die einzige Geliebte, die ewige Geliebte. Sie ist Maria.
53
Die sinnliche Weisheit liebt die Genüsse des Fleisches, die irdische
Weisheit liebt Macht und Reichtum und Ruhm der Welt, die teuflische
Weisheit liebt das okkulte Reich der dämonischen Geister. Diese Anti-
Sophia fliehe, dann wird dir erscheinen Sophia Urania: himmlische
Schönheit, göttliche Liebe, ewige Weisheit.
54
DRITTES KAPITEL
Ich bin die Fraue... Du sollst keine anderen Frauen neben mir lieben. Ich
habe dich vom Tod errettet. Du sollst meinen Namen Maria nur mit Liebe
nennen. Begehre nicht die Fremde Frau und ergib dich nicht Frau Torheit.
Laß die anderen Frauen nicht über dich herrschen. Ich allein bin deine
Herrin. Ich bin die Fraue der Frauen. Ich liebe dich mit leidenschaftlicher
Liebe. Ich bin eine eifersüchtige Herrin. Du liebe mich von ganzem
Herzen, von ganzer Seele, mit aller Kraft, und alle Seelen wie deine eigene
Seele.
Ich bin ein Sohn Gottes und wanderte vierzig Jahre lang in der Wüste der
sündigen Welt. Frauen wie Giftschlangen haben mich gebissen und fast
ermordet. Da sprach Gott: Schau die apokalyptische Frau von Guadelupe
an, sie ist die Eherne Schlange. Wer sie anschaut, wird vor den tödlichen
Bissen der Giftschlangenfrauen bewahrt und wird ewig leben.
Ich hatte den ganzen Schabbath die Theosophie der Kabbala mit geistiger
Anstrengung eifrig erforscht und sie in Gedankenpoesie zum Ausdruck
gebracht. Am Abend in der Stunde der Rekreation sah ich Michelangelos
Bild der Erschaffung des nackten Adam durch Gott. Gott, der Vater, der
Alte an Tagen, hielt in Armen seine Lieblingin, seine Mitschöpferin
Sophia.
Der Herr taufte mich im Becken am Marien-Altar. Der Herr rief mich als
Kind zur Weihnacht an die Krippe, daß ich dort sänge Maria, der reinen
Magd, der Rose, und dem Knaben im lockigen Haar. Der Herr lehrte mich
Knabenschicksale des jüdischen Bundes: Moses im Weidenkorb auf dem
Nil, Josef in der Grube, David im Kampf mit dem Riesen. Der Herr
erzählte mir das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Der Herr rief
mich wie den Knaben Samuel im Tempel. Jesu Blick auf den leugnenden
Petrus sah mir ernst und traurig in die Seele. Der Herr lehrte mich das
Vaterunser und schloß im evangelischen Abendmahl einen Bund mit mir,
da ich auch geblutet habe wie der Erlöser auf dem Blut. Das ist der Bund,
den der Herr mit mir in meiner Kindheit schloß.
„Ich bin deine göttliche Mutter. Du bist mein auserwählter Liebling. Ja,
mehr noch: Ich bin zu deiner Brautgenossin geworden. Singe und
zelebriere das Verlöbnis im Himmelreich. Sei demütig vor mir, aber erhebe
dein Haupt, denn ich bin deine Ehre. Ich will die Freude in dir erwecken.
Spruch Sophias.“
Meine Seele sitzt auf einem Stein, ganz in sich zusammengesunken vor
Schmerz und Traurigkeit. Mein Bart ist verklebt von Blut und Schweiß
und Tränen. Die Haut meiner Seele hängt in Fetzen herunter von den
Geißeln der Sünde. Ich habe allen gesagt, wie sehr ich sie liebe, aber sie
gaben mir nur Kälte, Gleichgültigkeit und toten Haß zur Antwort. Ich bin
der traurigste König dieser Welt, ganz nackt und elend.
Meine Seele ist gestern gestorben. Ich war die Schlange der Weisheit und
hoch erhöht über aller Welt. Aber aus allen meinen Enden sprudelte Blut
wie Wein in den Gralskelch der Engel. Nun bin ich tot. Man lege mich in
Mariens Schoß. Vor meiner Geburt war ich in ihrem Schoß und nach
meinem Tode leb ich wieder in ihrem Schoß.
Ich habe das Angesicht des Alten an Tagen in einem Gesicht gesehen und
seinen Sohn, den Menschensohn, den Weltenrichter am Jüngsten Tag. Und
Gott und der Menschensohn und die himmlischen Scharen der Engel und
Heiligen lebten alle im Schoß der Mystischen Rose. Der Kelch der
Mystischen Rose war rund und die Engel und Heiligen waren in Spiralen
um das Zentralfeuer ihres Schoßes geordnet. Die Mystische Rose war die
Schöne Liebe, die alles umfasste und alles ordnete und trug die göttlichen
Personen und die Heiligen in ihrem mystischen Mutterschoß wie in einem
jungfräulichen Flor. O die Mystische Rose der Schönen Liebe trug in ihrer
innersten Mitte, im Zentrum der Zone ihres Schoßes, das Kreuz, die
blutige Versöhnung der Menschheit mit der Gottheit.
10
Ich sah die vier apokalyptischen Reiter des Krieges, der Seuche, des
Hungers und der Teuerung über die Erde stürmen. Die Seuche ritt in Afrika
und Asien, der Hunger ritt in Afrika und Asien und Südamerika, der Krieg
ritt in Israel, die Teuerung ritt in Nordamerika und Europa. Dann sah ich
eine Mondsichel und darauf sitzen ein wahres Wonneweib mit bloßer
Brust, an der ein nacktes Kindlein saugte. Um dieses Wonneweib war eine
Aura wie Sonnenlicht und über ihrem Haupte schwebte wie eine Krone der
Zodiak. Mit der Milch des Trostes aus dem Reichtum ihrer prallen
Mutterbrust wird sie die apokalyptischen Reiter besiegen. In ihrer schönen
Liebe wird sie stiften ein Reich des Friedens, da sie Königin ist und ihr
Knabe König.
11
12
Jesus war ein richtiger Prinz und seine Mutter seine Königin. Jesus war ein
leibhaftiges Muttersöhnchen. Darum ist er auch ein großer Poet geworden,
der Gleichnisse gedichtet hat. Er lebte dreißig Jahre lang allein bei seiner
Mutter, ihr einziges Kind. Von der bedingungslosen Liebe seiner jungen
schönen Mama ward er so zärtlich, daß er später nur von der Ewigen Liebe
predigte und das Himmelreich der Hochzeit von König und Königin
verglich. Das konnten die Herrensöhne, die Theologen des zornigen Vaters
und die Soldaten des vergötterten Kaisers, nicht ertragen und brachten
Jesus um, sobald er das Haus seiner Mutter verlassen.
13
Jesus ward einmal übermütig und befahl dem Regenbogen, die sterblichen
Spielkameraden des Jesuskindes in die Wolken zu tragen. Die sterblichen
Menschenkinder sind aber vom Regenbogen heruntergefallen und haben
sich weh getan, wohl auch geblutet. Einem sind die Zähne ausgefallen. Da
mußte Maria Jesus züchtigen. Sie war nämlich keine Närrin, die ihr Kind
verzärtelte und nicht streng erzog nach der Weisheit Jesu Sirachs. Maria
nahm drei Weidenruten und gab dem Jesuskinde drei Schläge auf den
nackten Allerwertesten. Fortan dachte Jesus immer daran, daß wir armen
Menschenkinder Fleisch und Blut sind und keine Engel, sondern Staub
vom Staube, Asche von der Asche.
14
Ich hinterlasse euch das schwarze Blut meiner Schwermut als Wein-
Sakrament, berauscht euch daran zum Trost eurer Seelen. Ich hinterlasse
euch den blutigen Fleischfetzen meines wunden Herzens als Brot-
Sakrament, sättigt eure liebeshungrigen Herzen daran. Wenn ihr euch an
meiner Schwermut betrinkt und fresst mein Herz, dann leb ich in euch fort
mit meinem ewigen Schöpfergesang.
15
Maria schrieb mit einer ungebrauchten Feder, mit Tau der Lilie und Milch
einer Koskosnuß, in der Schrift der Engel, einen Liebeszauber als Amulett
auf ein Pergament und band es mir um den Hals. Nun bin ich ihr für alle
Ewigkeit in Liebe verfallen. O du Magierin aus dem Morgenland!
16
Nein! Der Heilige Geist hat Maria nicht vergewaltigt, wie eine närrische
Anbeterin der Göttin von Sidon sagte! Nein! Sondern der Heilige Geist
warb wie ein galanter Galan um die holde Jungfrau. Erst grüßte er sie und
lobte sie und wünschte ihr Glück und nannte sie Geliebte!
Dann fragte er sie, ob sie ein Kind von ihm wolle, ja, ob sie ihm ein Kind
schenken wolle, er wolle so gerne den Sohn Gottes und der Jungfrau mit
ihr schaffen. Sie war ein schüchternes, schamhaftes junges Mädchen und
sagte: Wie soll das möglich werden, da ich der körperlichen Liebe entsagt
habe als weiße Lilie Gottes? Der Heilige Geist respektierte und akzeptierte
die freiwillige Jungfräulichkeit um des Himmelreiches willen Mariens und
sprach: Ich werde wie ein Schatte sein und dich nicht körperlich erkennen.
Nur im Geiste zeuge ich den Sohn, du wirst ihn empfangen unterm Herzen
allein durch das Liebesspiel meines Englischen Grußes und deines Ja-
Wortes. Wenn du den Sohn Gottes als junge schöne Mutter gebierst, sollst
du vor und während und nach der Geburt eine intakte Jungfrau sein. Alle
kindlich reinen Seelen werden dich das Wunder der Wunder nennen. Da
sagte Maria und schwor: Bei meiner Unverletzlichkeit des gottgeweihten
Hymens, o Hauch, ich will den Sohn Gottes von dir empfangen!
17
18
Alle Pracht deiner Gewänder der himmlischen Mode der Madonna kann
nicht verhüllen die paradiesische Schönheit deines geistigen Lichtleibes!
Alle Schleier der keuschen und demutreichen Jungfräulichkeit können
nicht verbergen die einzigartige Gott-Ähnlichkeit deines heiligen Antlitzes,
Jungfrau, meine Geliebte!
19
Maria ist ein Weinstock. Maria ist der Weinberg Gottes, Gott selbst
bewässert sie. Ihre Brüste sind Trauben. Aus ihren Brüsten fließt Süßwein
der Ekstase der Weisen. Ihre Tränen sind Blut und Blut ist der Wein
Lacrimae Mariae. Ihr Schoß ist ein Kelch, dem nie der Mischwein
mangelt. Der Mischwein? Ja, dem bevorzugten Liebling schenkt ihr Schoß
den unvermischten Wein ein! Marias Lächeln ist die Blüte des Weinstocks.
20
Maria ist eine Orientalin, eine Sultanin des Paradieses, Herrin der Huris.
Sie selbst liegt auf Kissen und Polstern lässig gebettet des Nachts auf der
Sichel des Mondes. Sie entzückte mich zu ihr hinan. Sie öffnete ihr Kleid
und ließ mich wie ein Beutel Myrrhe zwischen ihren bloßen Brüsten
gebettet schlafen, zwischen ihren prallen, jugendlichstraffen Brüsten. So
schwebte ich durch den Himmel der Nacht in seliger Liebesumarmung.
21
22
Siehe, ich sah, und was ich sah, war die apokalyptische Jungfrau in einer
Aura von Sonnenlicht auf dem himmlischen Berg der Tochter Zion, und
um sie schwebten in reinen Geistleibern Eva und Sulamith. Alle drei
Frauen waren so himmlisch schön, daß ich sprach, wie betrunken von der
himmlischen Schönheit der Frauen: Ich will drei Tempel bauen, einen
Tempel der Eva, einen Tempel der Sulamith und einen Tempel der Maria.
Da erwachte ich aber wie aus einem Rausch und sah in nüchterner
Trunkenheit des Geistes allein die apokalyptische Jungfrau im Kleid aus
reinem Licht. Da schwebte die Liebestaube der göttlichen Ruach über
Maria und gurrte das mütterliche Wort: Diese ist meine geliebte Tochter,
sie ist mein Wohlgefallen, sie allein sollst du lieben und verehren und ihr
dienen in Minne!
23
Madonna spricht: Dein Leben gehöre der Liebe! Aber nicht der
menschlich-allzumenschlichen Venus mit den vergänglichen Reizen ihres
Todesleibes und nicht dem blinden Knaben Amor mit seinen brennenden
Giftpfeilen, die dein Leben verbittern und dich fast zu Tode trauern
machen, nein! Weihe dich der göttlichen Mutter Caritas und ihrer
bedingungslosen Mutterliebe, deren Ganzhingabe der Liebe dir das ewige
Leben schenkt, und dem kleinen Jesuskinde, dessen honigsüßer
Liebespfeil der ewigen Liebe deine Seele in ewige Glückseligkeit taucht!
Vertraue deine Seele wie eine kleine Königin dem Jesuskinde als dem
göttlichen Bräutigam an, dann wirst du auf Erden schon leben mit mir in
meinem paradiesischen Rosengarten der wechselseitigen Liebesfreude und
gegenseitigen Ganzhingabe! Ich bin die Frau, die dich unermeßlich liebt!
24
Morgens weckt mich Maria und spricht: Ich weiß, das Reich deiner Seele
ist ein ideales Matriarchat. Ich, Maria, bin deine Mutter und du bist mein
Sohn. Ich, Maria, bin deine Braut und du bist mein geliebter Bräutigam.
Ich überströme dich mit bedingungsloser Mutterliebe und überströme dich
mit brennender Ganzhingabe der Geliebten! Wie könntest du nicht
glücklich sein, da ich, Maria, dich mit unerschöpflicher Liebe ganz
überströme? Und siehe, wie mein Kind, das heilige Kind der Liebe, dich
anschaut aus glückseligen, vertrauensvoll gläubigen, strahlend liebenden
Augen und dir lachend sagt: Du bist von ganzem Herzen geliebt!
25
Maria schenkte mir die wundertätige Medaille und hängte sie mir um den
Hals an einem Silberkettchen. Sie sagte: Die Medaille der Immaculata
bewirkt nicht den Tod deiner Feinde, sie schenkt dir nicht Geld und nicht
den Applaus der Welt. Aber wenn eine sterbliche Sünderin mit den
vergänglichen Reizen ihres Todesleibes dich versucht, dann schützt dich
die Medaille der Immaculata wie ein Schild der Minne Mariens.
26
Ich habe die Wände meines Zimmers nicht mit vielen Gemälden der Maler
behängt. So kommen keine Sinnesmenschen und bewundern die Reize der
italienischen Venus, so kommen keine Rationalisten und fragen vor lauter
Madonnenbildern: Wie sieht Maria denn nun aus? Nun kommen auch
keine lieben törichten Knaben und fragen, ob denn die Madonna Sixtina
keine Strümpfe habe? Nein, Gott sah das Ideal meiner Liebe und gab mir
die Ikone, die nicht von dieser Welt ist, die nicht geschaffen ist von
Menschenhand, das vom Himmel gefallene Bild meiner Göttin, das Tuch
der Tücher, das originale Antlitz der schwarzen und schönen Braut, die
Offenbarung der apokalyptischen Frau, die schwarze Madonna, die
Sulamith des ewigen Bundes, die Schönste aller Frauen – die Jungfrau von
Guadelupe!
27
Auf dem Wege zur Operation des Tumors weihte ich Maria meine
Seelenangst zum Heil der Welt. Während der Operation betete ich den
Rosenkranz, das Ave Maria. Nach der Operation bat ich Maria um Trost
für meine arme, erschrockene Seele. Sie entblößte ihre Brüste und bettete
mich an ihre jugendlichstraffen Brüste, die prall waren von der süßen
Milch des Trostes, und sie ließ mich trinken den Trost ihrer Liebe. Sie
sprach: Im Gericht erscheine ich mit dir und entblöße vor Gott und dir
meine Brüste. Gott wird bei meinen nackten Brüsten an die
Fleischwerdung seines Sohnes denken und dich als meinen Minner in den
Himmel laden.
28
Maria, meine Seele ist nackt vor dir. Du liest in meiner Seele wie in einem
offenen Buch. Ich muß mich vor dir nicht verstecken, du kennst all die
Sünden und Tugenden, das Gute und das Böse, die Liebe und den Haß
meiner Seele. Aber du liebst mich mit bedingungsloser Mutterliebe, du
liebst mich mit der Glut liebfraulicher Liebe, so wie ich bin. Frauen
verachten und verspotten die Männer, wenn sie klein und schwach und
elend sind. Wenn ich ein armes kleines Kind bin, voll Angst und
Hilflosigkeit, so bist du eine wahrhaft barmherzige Mutter und Trösterin,
Schutzfrau und starke Frau. Deine Gnade ist besonders an den Schwachen
und Kleinen mächtig. Du bist Liebe und Barmherzigkeit. Mutter Gottes,
unter deinen Schutz und Schirm flücht ich mich, unter deinen Rock,
Madonna!
29
30
Einmal sagte ein guter Hirte: Jesus ist wie der Falter, der eben hier
vorüberschwebt. Kinder in der Todesstunde zeichnen kein Kreuz, sondern
einen Falter als Zeichen der auferstandenen Psyche. Nun immer, wenn ich
einen Falter schweben seh, so grüß ich ihn: Sei gegrüßt, o Jesus! Heute in
meiner Schwester Rosengarten sah ich im lichten blauen Himmel zwei
weiße Falter schweben, in Minne tanzen und Hochzeit feiern. Seid
gegrüßt, o Herre Jesus und Fraue Maria! Ihr seid Gottes liebste Gedanken.
31
Ich will stellvertretend für all die Germanen, die Maria vergessen, Maria
preisen. Ich weiß, das freut den Herrn. Maria ist doch die Lieblingstochter
des Herrn. Es freut den Herrn der Liebe, wenn ein Mensch Seine
Lieblingstochter liebt, verehrt und preist. Der Herr ist doch verliebt in die
Anmut ihrer Demut. Die kleine Magd hat den Herrn bezaubert. Der Herr
hat sie lieb, und er gibt sie dem, den er liebt. Der Herr liebt alle
erstgeborenen Söhne des Vaters, alle an Gott Gläubigen, aber die Kinder
Mariens sind die auserwählten Lieblinge des Herrn. Meine Muse,
wetteifere mit dem Heiligen Geist, wer schönere Liebeslieder an Maria
schreibt, Er oder Du?
32
33
Maria, der Heilige Geist preist deine Zähne: Frischgewaschene Schafe, die
aus dem Bade kommen, schön gepaart, fehlt keines, Zwillingslämmer,
Zahn bei Zahn. Die orientalischen Dichter nennen deine Zähne Perlen,
aufgereiht an der scharlachroten Schnur deiner Lippen. O Maria, ich
beschwöre dich bei dem makellosen Elfenbein deiner Zähne, ich weihe dir
meine hinfälligen Zähne. Die Müllerinnen wollen nicht mehr mahlen. Das
Volk sagt: Liebeskummer und Zahnschmerz sind die schlimmsten Leiden.
Meine Zähne sind schwarze Perlen eines schwarzen Rosenkranzes der
Höllenfahrt Christi! Aber noch in der Hölle soll jeder Zahn dir Ave
schreien!
34
35
Ich liebe dich, spricht Gott. Herr, ich spüre deine Liebe nicht, ich leide so!
Woran erkenne ich, daß du mich liebst? Der Herr spricht: Unter den
Menschen ist der Erstgeborene der Angesehene, aber ich liebe den, der an
mich glaubt. Ich habe dir gesagt: Der Zweitgeborene, der den Traum der
Mutter verwirklicht, ist der Bevorzugte Gottes. Menschlich gesprochen ist
das ungerecht, aber göttlich gesprochen ist das freie Gnadenwahl. Ich sage
dir: Du bist mein Liebling, ich habe dich auserwählt, daß du mein seist, ich
habe dich im Mutterschoß bereitet, daß du mein Sohn seist und ich dein
ewiger Vater bin. Darum fürchte dich nicht, mein Sohn, du armes
Würmlein, ich, ich bin mit dir und helfe dir.
36
Wer ist sie, die Rose, der Gott das Diplom verliehen, das Adelsdiplom der
Schönheit? Das ist die wahre Geliebte. Der ewige Gott reicht seinem
Geliebten am Feiertag der Auferstehung der Toten diese Rose zum Zeichen
Seiner ewigen Liebe! Sie ist die Geliebte, das Sakrament der ewigen
Liebe! Sie ist die Königin im Garten des Paradieses, sie ist die Rose des
Hohen Liedes, sie ist die Blume, die der Vater der Braut dem Bräutigam
zur himmlischen Hochzeit schenkt! Sie ist die Mystische Rose, die dem
Weisen den Kelch ihrer Blüte gefüllt mit Hochzeitswein reicht! Sie ist die
Rose in Gott, die den Mystiker wie einen Falter in ihren glühenden Schoß
lädt, dort sich mit ihr zu vereinigen! Sie ist die Rose der ewigen Liebe, die
Rose des brennenden Herzens Gottes!
37
Die Schwester des Weisen sagte: Ich war in Gott! In Gott sind keine
Paradiese und keine Scharen von Engeln und glückseligen Geistern,
sondern in Gott ist nichts als Gott. In Gott kann nichts sein als Gott allein.
Drum wer nicht Gott geworden, kann nicht sein in Gott. Ich sage: Darum
ist Gott Mensch geworden, daß der Mensch Gott wird. Der Mensch, der
durch die Menschwerdung Gottes die Gottwerdung des Menschen erfuhr,
der ist ein Gott in Gott.
38
Den Ewigen Vater rufe ich an, Er möge mir das Kreuz nehmen oder mir
die Kraft geben, das Kreuz zu tragen, denn ich bin in Ohnmacht. Der
Ewige Vater sprach: Weissage dem Geist! Da sprach ich: O Geist, komm
von den vier Winden und hauche mich an, daß ich auferstehe! Da sprach
der Geist: Maria! Ich sprach: O Maria! Ewige Jungfrau! Du ruhst in der
Morgenröte, von lichten Schleiern wie Hauchen verhüllt, erwache! Und
die ewige Jungfrau neigte sich zu mir und nahm mich unter unzählbaren
Küssen an ihre Brust! Ich rief: O Maria, laß mich in Ewigkeit an deinem
Herzen ruhen!
39
Jesus sagte einmal: Jede Frau ist ein wenig wie meine Mutter. Und der
selige Heinrich Seuse sagte einmal: Ich ehre jede Frau, weil die
Himmelskönigin eine Frau ist. Ich sage nämlich: Jede Frau ist ein
unvollkommenes Gleichnis der vollkommenen Frau Maria. Maria ist die
makellose Frau. Maria ist die Frau, die Gott sich rein erdacht hat. Maria ist
die Idee der Frauen, die Frau der Frauen. Sie ist nicht nur die Idee der
Frauen, sondern die im pneumatischen Körper verkörperte Idee der
Frauen.
40
Als Maria mit Jesus schwanger war, hörte sie im Schoße den Sohn singen:
O Fraue, du Aue der Wonne! Ich bin Fleisch von deinem Fleisch und Bein
von deinem Bein! Ich bin in mein Paradies gekommen, in den Lilien zu
weiden. Ich habe meine Milch getrunken und meine Honigwabe gespalten.
O Fraue, dein Schoß ist ein Becher mit dem Blut des Lebens! Dein Leib ist
ein Lustgartenparadies! Ich sauge schon vom Most deiner Granatäpfel!
Wahrlich, in der Kammer meiner Mutter, die mich unterm Apfelbaum
empfangen, in dem Gemach meiner Königinmutter bin ich gesegnet als
Bräutigam meiner Menschheit! Maria hörte dies Lied Jesu, aber sie sprach
davon zu keinem, nicht zum heiligen Josef und nicht zur heiligen Anna.
41
Ich trat durch eine hölzerne Pforte, von Heckenrosen umschlungen, und
schaute über einen langen schmalen Gartenpfad zu einer Gartenlichtung,
rings verschlossen von Apfelbäumen und rauschendem Bambus. In der
Mitte des Gartens in der Ferne sah ich die Madonna. Sie war schlank und
trug ein langes weißes Gewand aus feiner fließender Seide, leuchtender als
die Sonne des Sommers. Sie bewegte sich anmutig und holdselig, tanzend
wie ein Engel. Die Seide umwehte und umfloß sie wie fließendes Licht der
Gottheit.
42
Ich bin des Königs Schenke. Ich trat mit der vollen Flasche zum König,
ihm einzuschenken. Der König sprach: Mein Liebling, was ist mit dir?
Dein Angesicht ist von Schmerzen gezeichnet! Bist du krank oder hast du
Herzeleid? Ich sprach: O mein geliebter König! Ich bin ruiniert! Eine
schlimme Krankheit muß vom Arzt in einer schmerzensreichen
Behandlung ausgemerzt werden. Der König sprach: Nimm dir einen
Becher, mein Liebling, und trink mit mir! Die Königin zur Rechten des
Königs sprach zu mir: Mein Wunderschöner! Wie lange ist es noch bis zur
Behandlung? Ich sprach: Allergeliebteste Königin! Es ist die Zeit von
Vollmond zu Neumond. Die Königin sprach: Mein Junge, ich gebe dir
solange Urlaub. Fahr in deine Heimat und besuche das Grab deiner Ahnen.
Und nun trink, mein Liebling, und vertreibe die Trübsal aus deinem
Herzen!
43
O Maria, die Heroen der Heiligen sagen: Begehre nur das Kreuz, ohne
Trost! Sie sagen: Liliengleiche Seele, danke dem Herrn, daß er dir Leiden
schenkt, denn so ist Jesus dein Blutsbräutigam! Ach weh, Maria, ich bin
kein Heros der Heiligkeit, ich bin ein armes, elendes Kind, ich will saugen
die Milch des Trostes von deinen Mutterbrüsten, ich will heim in deinen
Mutterschoß und ewige Ruhe finden für meine arme Seele!
44
Maria spricht: Ich bin nicht nur die Himmelskönigin, die vergöttlichte
Braut des dreifaltigen Gottes, die Frau der Frauen und ideale Geliebte, von
den Minnern angebetete Madonna im Äther, sondern ich bin auch die
Mutter der Armen, die Trösterin der Betrübten, die Schutzfrau der
Schwachen, das Heil der Kranken, der Hort der Elenden, der bergende
Schoß der Todgeweihten, die alle deine Tränen abwischt und legt dich an
die Brüste des Trostes.
45
Tochter Zion, du bist eine einsame und bekümmerte Frau. Wo sind all die
Andern, denen du geholfen und die du getröstet hast? Nun die Schmerzen
an dich kommen, hilft dir keiner auf und hast du keine Tröster. Selbst
deine Verwandten schütteln den Kopf über dich. Ich, der Herr, ich habe
mich eine zeitlang vor dir verborgen, aber jetzt wende ich mich dir wieder
in Gnade zu. Du bist doch meine Jugendgeliebte, die ich angenommen
habe und die ich nicht verstoße. Ich, der Schöpfer, bin dein Ehemann, der
Ewige, der dich liebt!
46
Madonna sprach: Ich bin schwanger von der Kraft meines Herrn. Meine
benedeite Leibesfrucht ist nun eine Weinbeere. Meine benedeite
Leibesfrucht ist nun ein Granatapfel. Meine benedeite Leibesfrucht ist nun
ein Brotlaib. Mein Leib ist der wandelnde Tempel Salomos. Mein Schoß
ist das Allerheiligste, darin Gott im Dunkel wohnt. Im Augenblick vor
meiner Niederkunft mit dem Sohn Gottes bin ich mächtig wie der Sinai,
heilig wie der Zion, fruchtbar wie der Karmel. Aus meinen prallen Brüsten
spritzt schon die süße Milch des Trostes.
47
Ich sehe Jesus mit Moses und Mohammed im Rosengarten der Königin
des Friedens, im ewigen Jerusalem-Eden der Himmelskönigin versammelt
drei himmlische Stunden für den Frieden des Heiligen Landes und der
Heiligen Stadt Jerusalem beten.
48
Maria geht im schwarzen Kleide durch die Gassen und weint diamantene
Tränen. Sie ist ein Schmerzjuwel. Sie ist die schwarze, schöne Braut der
Schmerzen, ihr Bräutigam ist das Kreuz, der Blutsbräutigam. Durchbohrt
vom Schwert der Schmerzen weint mein Herz Tränen von Blut. Diese
blutigen Tränen netzen die Seelen auf Erden. Durch meine blutigen Tränen
erflehe ich den Sündern auf Erden Barmherzigkeit. Ich bin Madre Dolores,
deine Mutter. Ich bin die heimliche Geliebte und du bist mein Schatte.
Vereinige deine Schmerzen mit meinen Schmerzen. In der Wollust der
Schmerzen sind wir vereinigt. Unser Bett ist das Kreuz. Wir sind Frau der
Schmerzen und Mann der Schmerzen, vereinigt durch Eine gekreuzigte
Liebe.
49
Ich sah die schwangere Madonna. Sie war die Kaiserin des Empyreums,
die allerhöchste Herrscherin des Himmels. Sie glich einem Weltenberge,
schwankend auf der Urflut. Ihr Bauch war transparent, die Haut wie
durchsichtige Jade. Ihre Brüste waren das Land, wo Milch und Honig
überströmen. Ich sah in ihren Schoß. Ihr Schoß war der Wohnort der
Barmherzigkeit Gottes, die Wurzel der göttlichen Weisheit. Ihre
Leibesfrucht war der göttliche Embryo, das fleischgewordene Evangelium
des Lebens. Ihre Leibesfrucht hielt in einem winzigen Händchen den
gekrümmten Kosmos. Wahrlich, die gekrümmte Raumzeit des Kosmos lag
in dem winzigen Händchen des göttlichen Embryo im Schoß der
allerheiligsten Kaiserin des Empyreums.
50
Frau Weisheit, Gyne Sophia, Ischa Chochmah, wer ist sie? Sie ist die
göttliche Natur der Person des himmlischen Vaters, die göttliche Natur der
Person des Menschensohnes, die göttliche Natur der Person des Heiligen
Geistes. Credo In Unum Deum: Ich glaube an die Einige Einzige göttliche
Natur, das ist Sophia. Diese will ich anbeten, dieser will ich vertrauen,
diese will ich lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all
meiner Kraft.
VIERTES KAPITEL
Der Heilige Geist sagt durch Jesus Sirach: Sophia ist dir angeboren, sie ist
mit dir im Schoß deiner Mutter gezeugt. – Der Gedanke, daß Maria mit
mir im Schoß meiner Mutter war, der Gedanke ist ein Juwel der Liebe,
eine Perle der Schönheit. Der jüdische Philosoph verneinte den Platon-
Gedanken der Präexistenz der Seele und vertrat die Ansicht, es gäbe ein
von Gott dem Menschen von Anfang an mitgegebenes Wissen vom Guten,
Wahren und Schönen. Ich denke, das ist die Gotteserkenntnis des
Ebenbildes im Innern der Seele. In der Seele der Seele befindet sich ein
Originalbild, ein einzigartiges Ebenbild Gottes, das ist mir die Ikone der
Hagia Sophia. Gregor von Nazianz sagt, die Seele sei in den Leib
gekommen, um den Leib zu verherrlichen und sich das Himmelreich
gewissermaßen zu verdienen durch Treue in der Prüfungszeit des irdischen
Lebens. Der Heilige Geist schreibt im Buch Baruch: Warum, Israel, lebst
du im Land der Fremden und machst dich unrein unter den Toten? Darum,
weil du die Quelle der Weisheit verlassen hast! – Das scheint mir das
Schicksal der Seele zu sein. Sie war im Geist Gottes als Idee, in der Quelle
der Weisheit, sie ist gefallen in die irdische Verbannung. Jesus ruft: Tut
Buße! Die Seele soll heimkehren in die Quelle der Weisheit. Das bringt
mich auf den Gedanken der Gnosis von der gefallenen Sophia. Meine
Seele ist die gefallene Sophia, gefallen aus dem Lichtäon in die materielle
Verbannung, in die Spelunke des Fleisches, in den Kerker des Leibes. Der
Heiland kommt, die gefallene Sophia wieder aufzurichten, sie zu erlösen
und heimzuführen in das Lichtäon, aus dem sie stammt. Aber die
ungeschaffene Sophia Gottes ließ die geschaffene und gefallene Sophia
meiner Seele nicht allein, sondern begleitete sie in das Exil. Als Matrone
Schechinah, Matronitha, ist sie mit Israel in die Verbannung gegangen. Ja,
sie war als Maria in meiner Empfängnis bei mir. Diese Maria fragt mich
nun: Wer sagen die Leute, daß ich sei? Ich sage: Sie nennen dich Neue Eva
oder Braut des Heiligen Geistes wie Sulamith. Da sprach Maria: Und wer
sagst du, daß ich bin? Ich sage: O Maria, du bist Sophia, die Tochter des
lebendigen Gottes! Da sprach Maria: Selig bist du, denn Menschen haben
dir das nicht gesagt, sondern das hat dir der Heilige Geist offenbart.
Fast möchten wir an die vierfältige Gottheit glauben. Wenn wir Jakob
Böhme lesen, sehen wir, wie der unergründliche Vater sich in dem Grund
des Sohnes gefasst hat und die Liebe des Vaters zum Sohne als der Heilige
Geist aus beiden hervorgeht, schließlich die drei Personen sich in der
Jungfrau Sophia spiegeln. Wenn wir Johannes Paul den Großen lesen über
die Mutter des Erlösers, tritt in der Deutung der Offenbarung zu dem Vater
und dem Sohn und dem Heiligen Geist noch die Frau. Wenn wir aber an
der Dreifaltigkeit Gottes festhalten, dann stellt sich die vierte Person als
das Erste aller Geschöpfe dar, gewissermaßen das Ur-Geschöpf, wie
Sophia sagt: Vor der Morgenröte wurde ich geschaffen. Dann scheint die
Frau als die Krone der Schöpfung Gottes und sein Meisterwerk auch die
Erste aller Schöpfungen Gottes zu sein. Dann muß man sagen: Vor
Himmel und Erde schuf im Anfang Gott Maria. Maria-Sophia oder die
Frau ist das Ewigweibliche, das Teilhard de Chardin das verbindende
Antlitz alles Seienden nannte und das Ideal der Schöpfung. Mechthild von
Magdeburg sagte, die Allerheiligste Dreifaltigkeit schuf aus dem Jubel
ihrer Liebe die Schöpfung. Der Jubel der ewigen Liebesvereinigung im
Schoß der Dreifaltigkeit schuf als Urprinzip, Idee und Krone der
Schöpfung Unsere Frau Maria.
Die einige und einzige göttliche Natur offenbart sich in drei Qualitäten.
Aus der Allmacht der göttlichen Natur geht wie aus einem unergründlichen
Mutterschoß die Weisheit der göttlichen Natur hervor, die als Tochter aus
der Mutter ewig geboren wird, nicht geschaffen. Dies ewig gebärende
Lieben der mütterlichen Allmacht und dies töchterliche Lieben der ewigen
Weisheit ist als Qualität der göttlichen Natur die brennende Liebe der
göttlichen Natur. Die Einswerdung der mütterlichen Allmacht mit der
töchterlichen Weisheit in dem Geist der feurigen Liebe erzeugt in Ewigkeit
solch einen Jubel der göttlichen Natur, daß die eine einzige göttliche Natur
aus dem Überfluß ihrer Lust im Anfang schuf die Weltseele und den
Weltkörper.
Als die Einswerdung der drei Daseinsweisen der einen göttlichen Natur im
Nun der Ewigkeit vollzogen ist, erzeugte dies im Schoß der göttlichen
Natur solch ein Übermaß von glückseliger Lust, daß sich in der
Liebesnatur der Gottheit der Wille erregte, diese Liebe als reines Geschenk
an eine nichtgöttliche Natur zu verströmen. Darum schuf die göttliche
Natur aus dem aboluten Nichts den Himmel und die Erde, das heißt die
Weltseele und den Weltkörper. Sie hauchte die Weltseele in den
Weltkörper. Sie selbst war das göttliche Leben der Weltseele, die Weltseele
wiederum wie eine Mittlerin war das ewige Leben des Weltkörpers. Die
Weltseele als Erste aller nichtgöttlichen Naturen hat ihr Leben vom Leben
der einzigen göttlichen Natur. Durch die Mitterschaft der Weltseele
verströmt die göttliche Natur ihr ewiges Leben in den Weltkörper, den
schönen Kosmos. Die göttliche Natur ist der Seelenfunke der Weltseele,
die Weltseele baut in schier unendlichen Evolutionen den Körper des
Kosmos. Der ganze von der Weltseele durchseelte Kosmos strömt wie in
einem unendlichen Dankpsalm, tönend wie die Sphärenharmonie, das
empfangene Leben und die empfangene Liebe zurück in den Schoß der
göttlichen Natur. Die göttliche Natur empfängt die Liebe der
nichtgöttlichen Natur, dennoch wird die Liebe der göttlichen Natur nicht
vermehrt, die Lust nicht erhöht, da die göttliche Natur in sich
vollkommene Vereinigung, glückselige Lust und ewiger Zyklus der Liebe
ist.
Ich schaue Maria an, meine jungfräuliche Mutter der schönen Liebe. Der
Heilige nennt sie: Ruheort der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Der Papst
nannte sie: Spiegel der göttlichen Schönheit. Darum erkenne ich in ihr wie
in einem Spiegelbild die eine göttliche Natur, die Mutter und die Tochter
und die feurige Liebe! Maria ist der makellose Spiegel der Allerheiligsten
Dreifaltigkeit. Maria ist das unbefleckte Ebenbild der einen Gottheit, das
sichtbare Abbild der unsichtbaren Gottheit. In der Glorie der Kreatur wird
im Gleichnis die unaussprechliche Glorie der schöpferischen Gottheit
erkannt. Maria ist die Frau nach dem Mutterherzen der Gottheit. Im
Namen der Gottheit, der Mutter Jahwe und der Tochter Chochmah und der
feurigen Liebe Ruach, Amen!
Ich bin die Madonna und halte im Arm mein blühendes Kindlein. Schau
meinem Jesuskinde in die Augen, schau, wie es dich liebt! Fürchte dich
nicht vorm Bösen, denn ich bin da! Ich führe dich ins blühende Land, wo
meine Engel spielen und singen! Sie singen zu Harfen und auch zur
Schwanenlyra aus deinem Minnebrevier der Gottesmutter... Ich bin die
Madonna und lausche immer gern, wenn meine Engel mir deine Lieder
singen! Du liebkost mein Ohr und freust mein Herz, du tröstest mein Herz
über die blinde Menschheit. Siehe, ich komme zu dir als deine Maria
Aphroditissa! – Da sprach ich: O Madonna Maria Aphroditissa, ich
schwöre bei deiner virginalen Zone dir ewige Treue und Ganzhingabe, so
wahr mir Gott helfe!
Ich hab die Madonna gesehen, die Himmlische, schön wie eine
Mädchengöttin! Sie war schlank und hochgewachsen wie eine Palme. Sie
trug einen schwarzen Mantel und ein schwarzes Beinkleid bis zu den
Stiefeln. Ihre Haare waren tiefschwarz und fielen ihr lang auf den Rücken
hinab. Wie schön war ihr Gang in den Stiefeln, wie edel der Gang der
Jungfrau! Jugendlich schlank war Maria wie Tamar, die Palme, das
Symbol der weiblichen Schönheit. Da sang ich: Wende dich, wende dich,
Sulamith, daß ich dich schaue! Da wandte sie mir ihr Antlitz zu. Ihr Antlitz
war weiß und rot, frisch und glühend. Die Haut wie weiße Jade von
makelloser Transparenz. Auf den Wagen frische Röte wie Duft von
glühenden Rosen. Ihre Augen waren tiefschwarz und schwarz die langen
geschwungenen Wimpern. Aus tiefen ernsten Augen schaute mich
freundliche Liebe und ernste Weisheit an. Die Natur unter dem Mond der
Toten war von trüber Tristesse, die Zivilisation des Todes war häßlich, aber
die Madonna war die frische, gottbetaute Knospe einer schwarzen Rose
des Paradieses eines ewigen Frühlings! Wahrlich, die unbefleckte Jungfrau
ist der makellose Spiegel der göttlichen Schönheit! Darum lächelte
Madonna auch, die Schönste aller Frauen: Ich bin schön, weil ich liebe!
Amen, Amen, du bist schön, Maria, schön wie eine siebzehnjährige
Jungfraungöttin!
Der Demiurg, der Schöpfer als Werkmeister, schuf nach dem Bilde seiner
Idea den Kosmos. Platon sagt, der Demiurg schuf nach seiner Idea, die das
reine ewige Sein ist. Solowjew sagt, der Herr schuf aus Sophia, dem
Göttlichweiblichen, die das absolute Nichts ist. Der Jude sagt, der Herr
schuf nach dem Bilde seiner Idea, die die Torah ist, die verschleierte Maid.
Papst Benedikt greift das auf und setzt an die Stelle der Torah den Logos,
die Vernunft. Ich sage: Wie ein Künstler schafft sein Poem nach dem Bilde
seiner Muse, wie der Künstler Schöpfer ist und seine Muse seine Idea,
seine Mitschöpferin, so sind seine Poeme seine Geschöpfe. Paulus nennt
nämlich selbst die Geschöpfe die Poema Gottes. Gott ist also der göttliche
Erzpoet, Sophia seine göttliche Muse oder Idea. Darum heißt Sophia auch
Schöpferin, Werkmeisterin, Künstlerin. Sophia ist also die Idee der
Schöpfung, die Schöpfung ist nach der Idee Sophias geschaffen. Darum
nennt Teilhard de Chardin das Ewibweibliche das Ideal der Schöpfung.
Der Mensch ist als vernünftiges Wesen der Weisheit fähig und der
Gotteserkenntnis, weil der Mensch das Abbild Sophias ist. Die
menschliche Psyche ist Abglanz Sophias. Die menschliche Psyche ist das
Liebespoem des Schöpfers, inspiriert von der göttlichen Muse Sophia.
Verliebt in Sophia, entflammt vom schöpferischen Eros der göttlichen
Liebe, singt der Herr das Liebeslied der menschlichen Psyche. Die Psyche
ist darum ein Gesang Gottes. Das Gesamt der menschlichen Seelen sind
der Reim auf das schöpferische Wort Gottes zur ewigen Verherrlichung der
göttlichen Sophia.
10
Platon sagt, aus der Mischung der einen ewigen Idea mit dem
raumzeitlichen Kosmos schafft Gott die Weltseele, Anima Mundi, die
Psyche des Kosmos. Die ewige, göttliche Idea ist die ungeschaffene
Sophia. Die Psyche des Kosmos ist die geschaffene Sophia. Platon sagt,
die Welt werde zusammengehalten von dämonischem Wesen. Eros ist ein
dämonisches Wesen, die Sehnsucht und das Streben nach der göttlichen
Schönheit und Liebe. Die dämonische Weltseele ist also wie Eros ein
Streben und eine glühende Sehnsucht nach der vollkommenen Form in
Gott. Ardinghello dichtete: Urania, die glänzende Jungfrau, hält mit ihrem
Zaubergürtel das Weltall in tobendem Entzücken zusammen. Der
Zaubergürtel der Urania und ihr tobendes Entzücken ist der dämonische
Eros der Weltseele. Urania ist die erotische Weltseele oder die geschaffene
Sophia. Der Psychologe Jung nannte Sophia gar die Weisheit des Eros. Die
erotische Sophia als Weltseele strebt im Inneren des Kosmos nach der
vollkommenen Form der Schönheit und Liebe Gottes. Das nennt Teilhard
de Chardin die Amorisation des Universums durch den Panchristus. Der
Panchristus ist die Pansophia, die Pansophia ist der Panchristus. Solowjew
nnennt darum Sophia die verklärte Weltseele, gewissermaßen den
Schutzengel des Alls, die die ganze Schöpfung heimführt in Gottes Schoß.
11
Das Evangelium sagt, daß nach dem Vorbild des himmlischen Tempels der
irdische Tempel gestaltet wurde. Mose sah in einer Vision den Plan des
Offenbarungszeltes. Bezalel schuf als Künstler nach der prophetischen
Vision das irdische Offenbarungszelt. Gott gab David den Plan des
Tempels, Salomo baute nach dem gottgegebenen Plan, Salomo baute als
Architekt nach der Zeichnung des göttlichen Weltarchitekten. So sagt
Platon, der ganze Kosmos ist nach dem Muster eines göttlichen Urbildes
geschaffen. Der Kosmos, geschaffen aus Nichts, sein Werden und
Vergehen und seine Anteilhabe an dem verborgenen ewigen Sein, ist
geschaffen nach dem Vorbild oder dem Muster oder der Idea des ewigen
Seins. Dieses Urbild des Komos und das reine ewige Sein ist Sophia. Sie
ist die Idee des Komos und darum der Schutzengel des Alls.
12
Kehrt die menschliche Psyche durch die Pforte des Todes heim in Gott,
lebt sie in dem himmlischen Urbild des Kosmos, der platonischen
Gegenerde. Das ist die Stadt Gottes oder das Paradies. Das Urbild des
Komsos ist der schöne Schmuck der Jungfrau Sophia. Das Paradies ist,
wie Salomo sagt, der Leib der Geliebten, der Körper der Jungfrau Sophia.
Das Paradies ist, wie der heilige Grignion sagt, der Schoß der Jungfrau
Maria. Das Paradies ist also der Schoß der göttlichen Jungfrau Sophia. Das
Himmelreich ist, wie Jesus sagt, einer Hochzeit gleich. Der ewige König
Jahwe veranstaltet für seinen Liebling Sophia eine himmlische Hochzeit.
Die Hochzeit des Menschen mit der göttlichen Geliebten, der Braut
Sophia, ist das in Ewigkeit gesungene Hohe Lied der Liebe. Das ist der
wahre Hieros Gamos im ewigen Paradiese. Zu ihrem Jünger Jakob Böhme
sagte Sophia: Meine Perle hebe ich dir auf für das Paradies. Das Paradies
ist nämlich die ewige Vereinigung mit der Jungfrau Sophia oder die wahre
Gottes-Ehe.
13
Es wohnt dem Stoff die geistige Form inne. Der Form wohnt aber die
göttliche Form der Formen inne, die seiende Gottheit. Der Stoff ist die
Mater, die Materia. Sie ist Hyle, der Leib. Die Form ist Morpho, die
Gestalt der Psyche. Der Morpho wohnt aber Theos inne, die Gottheit.
Morpho ist die Lebendigkeit der Materia, Theos ist die Lebendigkeit
Morphos. Morpho baut die Materia, sie entwickelt und entfaltet sie zur
Zielvollkommenheit. Theos lebt und wirkt in Morpho und entwickelt und
entfaltet sie zur Zielvollkommenheit. Der Stoff soll seine ihm
wesenseigene Form verwirklichen. Die verwirklichte Form soll aber ein
Gleichnis der vollkommenen Urform sein, der Form der Formen oder der
seienden Gottheit. Die Gottheit ist die absolute Vollkommenheit. Da aber
alles aus innerem Gesetz zur Vollkommenheit strebt, strebt alles nach
innerem Gesetz zur Gottheit. Die Gottheit ist die gesuchte, angestrebte,
begehrte Zielvollkommenheit. Aber da die Gottheit die Form der Formen
ist, ist sie durch die Mittlerschaft der dem Stoff immanenten Form auch die
bewegende Ursache dieses Strebens und Begehrens. Darum kann man die
Gottheit auch die ewige Erzeugerin der Begierde nennen. Das All geht aus
der göttlichen Ursache hervor und drängt in Begierde in die göttliche
Zielvollkommenheit heim. Die Gottheit ist Erstursache und Ziel der
Kreaturen. Die Entelechie als der innere Drang nach Entwicklung zur
wesensgemäßen Vollkommenheit ist der Drang zur Gottheit,
gewissermaßen ein innerer Liebesdrang oder ein Begehren des Stoffes
nach dem Urschoß der Gottheit. Diese gewissermaßen erotische Entelechie
ist ein Abglanz des göttlichen Liebesdranges selbst. Denn die Gottheit
begehrt, die aus ihr hervorgegangene nichtgöttliche Natur mit ihrer
eigenen göttlichen Natur zu vereinigen.
14
Platon sagt, die präexistente Seele komme in den Kerker des Leibes
(Spelunke nennt den irdischen Leib Augustinus) und verlasse im Tode das
Gefängnis und lebe als unsterbliche Seele im Himmel. Der Leib aber stirbt
und vergeht. Aristoteles nennt die Seele die Form des Körpers und die
Entelechie des Körpers und als solche für immer an den Körper gebunden.
Er behauptet drei Kräfte der Seele, die Pflanzenseele als ernährende Seele,
die Tierseele als die sinnliche Seele und die menschliche Seele als
Vernunft oder Geist. Die menschliche Vernunft empfängt die Formen vom
Körperlichen, aber sie schafft auch selbst Formen aus der Kraft des ewigen
Geistes. Der schaffende Geist des Menschen ist eingehaucht und identisch
mit dem ewigen Geist und als solcher unsterblich. Die Seele aber ist nicht
unsterblich. Die Kirche definierte mit dem Konzil von Trient (unter dem
Einfluß des katholischen Neuplatonikers Ficino) die Wahrheit der
Unsterblichkeit der Seele. Im Dogma der Aufnahme Mariens mit Leib und
Seele in den Himmel definiert die Kirche auch eine leibliche
Unsterblichkeit. Maria sagt: Im Tode verläßt die Seele mit vollem
Bewußtsein den Körper, der Körper stirbt und wird nie wieder leben, die
Seele bekommt einen neuen Körper aus Licht. Paulus nennt diesen
Lichtleib im Unterschied zum psychischen Körper den pneumatischen
Körper, den Hauchkörper oder Geistkörper. Dieser ist die himmlische
Kleidung der unsterblichen Seele und ist anzuschauen wie weißes Linnen.
Das ist die Auferstehung des Fleisches, denn Fleisch bezeichnet die Leib-
Seele-Einheit des Menschen.
15
Platon sagt, aus zwei Quellen ströme der Glaube an die Gottheit in den
Menschen: aus der Tiefe der menschlichen Seele und aus der Herrlichkeit
des Sternenhimmels. Aristoteles sagt das Gleiche und nennt den
menschlichen Geist und die Sternenordnung zwei Gottesbeweise. Kant
hielt das moralische Bewußtsein und das Firmament für Quellen des
Glaubens an die Existenz Gottes. Goethe pries vor Ekkermann eine
doppelte Offenbarung: Christus ist der Verkünder des Sittlichen für den
Menschen, die Sonne ist die Offenbarung der Herrlichkeit der Gottnatur. In
meiner Seele seh ich die unbefleckte Jungfrau. Bei Sonne, Mond und
Sternen denk ich an die apokalyptische Frau. So ist die Jungfrau der
Offenbarung in Bibel und Kirche in meiner Seele und am Himmel
Sakrament der mütterlichen Liebe Gottes. Die makellose Jungfrau meiner
Seele ist Sophia als Herzenskönigin, die apokalyptische Frau im Kosmos
ist Sophia als Himmelskönigin, die Königin des Universums oder die
Weltseele. Ein Sophiologe nannte die apokalyptische Frau Sophia
triumphans, und der heilige Grignion nannte Sophia die Himmelskönigin.
Sophia als die Herzenskönigin und Himmelskönigin, das sind die beiden
Quellen meines Glaubens und die Beweise der Existenz der Hagia Sophia.
16
Schau meinen roten Mund an! Ich liebe dich! Wer sagt das nun, ich oder
du? Ich liebe dich mit leidenschaftlich brennender Ganzhingabe! Du sollst
immer am Busen der Gottesmutter ruhn! Wie könntest du nicht glücklich
sein, da ich dich so liebe? Mein Herz ist eine schlanke lodernde Flamme
für dich! Du sollst immer mein sein. Du sollst mir allein gehören. Kein
anderes Herz wird je dich so lieben wie ich dich liebe. Du sollst ganz eins
sein mit mir und Verkünder meines Reiches sein! Mein Herz ist eine steile
Flamme, die leuchtet in den Ätherhöhen der Sophia! In meinem Herzen
spürst du das Mutterherz Gottes!
17
Jahwe war in seine göttliche Allvernunft versunken und sah die Hagia
Sophia, siehe, da war es ein kleines Kind, Jahwes Liebling, Jahwes
Hätschelkind! Das göttliche Christuskind spielte jenseits von Raum und
Zeit. Wahrlich, ich sah das göttliche Christuskind in einem Lichtglanz der
ewigen Liebe spielen. Womit spielte das Christuskind? Mit dem Kosmos,
all seinen Bauteilen, als ein kleiner Architekt. Er spielte mit Magneten. Ich
sprach: Magnetes Geheimnis, erklär mir das! Sophia sprach: Nichts andres
als Liebe und Haß! - Siehe, das Auseinandertreiben des Kosmos ist
kosmischer Haß, aber das Zueinanderstreben der Elemente ist kosmische
Liebe. Diese Liebe nannte Empedokles Philia, Freundschaft, nämlich
Wohlwollen, Sympathie, Liebhaben. Die Kräfte des Kosmos haben
einander lieb, weil das göttliche Kind es so fügt, Pol an Pol, Magnet an
Magnet, die innere Sympathie in den Atomen von positiven und negativen
Teilchen, alles ist Liebhaben, Sympathie. Im Anfang war stark die Liebe,
sagt Empedokles, da herrschte die goldene Aphrodite, die Kypris des
goldenen Zeitalters. Dann begann der Streit von Liebe und Haß, der
Ehekrieg der Haßliebe von Ares und Aphrodite. Zuletzt versinkt die Welt
nach der Vision des Philosophen in einem apokalyptischen Krieg des
kosmischen Hasses. Davor, sage ich, bewahrt uns die makrokosmische
Madonna, die Jungfrau, deren Körper gebildet ist aus Spiralnebeln. Sie ist
die Galaktrophousa der Galaxieen! Sie ist der Triumph der ewigen Liebe
und göttlichen Sympathie. Sie ist die apokalyptische Maria Aphroditissa,
deren Sympathie die Welt im Innersten zusammenhält!
18
Der erste Gottesbeweis ist die Herrlichkeit der Seele, der zweite
Gottesbeweis ist die Herrlichkeit des All. Die Seele des Mannes ist die
Anima, die Seele des Kosmos ist die Anima mundi. Der Maler nennt dies
die mikrokosmische und die makrokosmische Madonna. Pascal und
Klopstock sagen: Groß ist die Herrlichkeit des Alls, aber größer die
Herrlichkeit der menschlichen Seele. Ich sage, groß ist die
makrokosmische Madonna, aber größer ist die mirkokosmische Madonna.
Groß ist Maria die Himmelskönigin, aber größer ist Maria die
Herzenskönigin. Groß ist die Anima Mundi, die Psyche des Kosmos, die
Weltseele oder die kosmische Sophia, die Weltarchitektin, aber größer ist
die mystisch-innerliche Seele der Seele, die geheime Psyche der Psyche,
die Idee der Seele als Sophia, die da ist die göttliche Psyche-Braut des
göttlichen Eros-Bräutigams! Groß ist das Wunder der Schöpfung, aber
größer ist das Wunder der Vergöttlichung des Menschen! Gewaltig ist der
Gottesbeweis der Schöpferin Sophia, aber gewaltiger ist der Gottesbeweis
der mystischen Braut Sophia, der Seele der Seele als der Braut Gottes! So
wird die Seele in der mystischen Versenkung eins mit Sophia als der Seele
der Seele, und einsgeworden mit Sophia ist die Seele zur Braut und
Ehefrau Gottes geworden, gewissermaßen Mitgöttin Gottes durch
erkennende Liebe im Geheimnis des göttlichen Eros. Der Kosmos ist
Kreatur und Kind Gottes, die Psyche aber ist Braut und Mitgöttin Gottes!
Was heißt aber Mitgöttin Gottes? Sophia spricht: Ich und der Vater sind
Eins!
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Frau Welt ist schön... Die schöne Frau Welt ist durchseelt von Frau
Weltseele. Alle Seelen sind geheimnisvoll verbunden in Einer Seele, der
Seele der Menschheit. Darum lieben die Seelen sich, weil sie eins sind.
Frau Weltseele ist gezeugt vom heiligen Geist. Der heilige Geist erkennt
sich selbst, er ist Erkennender, Erkanntes und Erkenntnis. Der heilige Geist
ist Ausfluß der absoluten All-Einheit. Die Ureinheit ist die Urgutheit, die
Urgutheit ist die Urschönheit. Die Urschönheit ist die höchste Gottheit.
Der vom feurigen Eros entflammte Mensch in seinem Inneren liebt die
schöne Frau Welt, liebt die schöne Frau Weltseele, liebt die schöne Herrin
Urschönheit! Der feurige Eros vereinigt den geistigen Menschen in
Ekstase mit der göttlichen Urschönheit. In wiederholten ekstatischen
Verschmelzungen mit der göttlichen Urschönheit wird der menschliche
Geist vergöttlicht, so daß er dichterisch gesprochen den ewigen Göttern
gleicht. Die letzte, höchste und vollkommenste Gunst der Urgottheit ist die
absolute und ewige Verschmelzung des menschlichen Geistes mit der
göttlichen Urschönheit, die unauflösliche Einswerdung, da der Geist ein
Gott in der Gottheit wird aus reiner Ganzhingabe der Urschönheit. Das ist
das Evangelium der Gottwerdung des Menschen: die Theosis des
Menschen durch Ganzhingabe der Gottheit!
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Jesus ist ein Jüngling von achtzehn Jahren, von blühender Schönheit,
frisch und glühend, mit feurigen Augen und schönen Locken, an seinen
Wangen wie Tulpenbeete der Flaum, seine Lippen wie eine Rose, die von
Nektar überfließt. Die Jungfrau Maria ist eine makellose Schönheit von
siebzehn Jahren, die Perfektion der schlanken Lilie in der weißen Vase ist
das Entzücken des Alls! Jesus sagt zur Jungfrau Maria: Meine Freundin,
du bist schön wie eine ägyptische Stute. Dein Kettchen am Hals bezaubert
mich und deine Perlenschnur am schlanken Handgelenk ist herrlich. Wenn
du mir entgegenkommst, dann hüpfen deine hübschen Brüste wie
Gazellenzwillinge, Zwillingskitze in den Lilienauen. Deine Augen schauen
friedlich wie Tauben. Du bist schlank wie eine Palme. Ich möchte die
Palme besteigen und die Dattelfeige pflücken! Deine Brüste sind wie
Trauben des Weinstocks, der Traubensaft geht lieblich in den Geliebten
ein. Die Jungfrau Maria spricht: O mein Bräutigam, deine Küsse mit
feurigen Zungen sind berauschender als der Wein! Ich singe von deiner
Liebe mehr als vom Wein. Deine Liebe ist wie edler Wein, der sich in mich
ergießt in feurigem Strom! Jesus spricht: Ja, meine Braut, deinem Schoß
soll nie der Mischwein mangeln! In gerütteltem und geschütteltem Maße
schütte ich dir mein Korn in deinen Schoß. Die Jungfrau Maria singt: Ich
bin dein und du bist mein, des wollen wir gewiß sein, du bist beschlossen
in mir innen in meinem Minnen und sollst immer drinnen sein! Jesus
schrie: Es ist vollbracht! Da brach die ewige Sabbatruhe an.
FÜNFTES KAPITEL
[Inhalt]
CLOUD16
1
CLOUD5
[Inhalt]
THEOSOPHISCHE BRIEFE
Liebe Schwester!
Ich sende dir ein Beispiel meines poetischen Schaffens. Es sind Worte der
Mutter Gottes, die in einer dunklen Zeit mir wie ein Trost vom Himmel
erschienen, die ich darum in Versmaß und Reim gefaßt habe. Mir selbst ist
von Gott der Glaube geschenkt worden nach dem Heimgang meiner
geliebten Großmutter. Mir scheint, ihre Seele ist zu Gott getreten und hat
den Herrn gebeten, mir, ihrem Lieblingsenkel, die kostbarste aller Gnaden
zu schenken, nämlich den Glauben. Da ist mir denn auch Christus
erschienen und ich habe Gott angebetet, den Gott der Allmacht und der
Weisheit und der Liebe. So scheint mir, daß der Tod derer, an denen Gott
sein Wohlgefallen hat, große Gnaden auf Erden bewirkt. Auch durch den
Heimgang des Heiligen Vaters Johannes Pauls des Großen ist mir Schönes
geschenkt worden, nämlich die Entscheidung, mein künstlerisches Talent
ganz in den Dienst der Verherrlichung Gottes zu stellen und die schwarze
Madonna, die Jungfrau von Guadelupe, zu meiner himmlischen Muse zu
wählen, ja, nicht nur zur himmlischen Muse, sondern auch zur
himmlischen Braut dessen, der von Gott zur Ehelosigkeit um des
Himmelreichs willen berufen ist.
Liebe Schwester!
Lieber Bruder!
Aristoteles sagt, daß alles Seiende eine Ursache haben muß, und daß man
daraus schließen kann, daß es eine Erstursache gibt, die alles sich
Bewegende verursacht, diese Erstursache als der Allbeweger ist selbst aber
ohne Ursache und unbewegt. Dies sagt einem die menschliche Vernunft.
Ebenso ist das Ziel jedes Menschen das Gute, das Vollkommene, das
Glück. Das höchste Gute aber und das schlechthin Vollkommene und das
Glück ohne Bitterkeit ist das, was wir Gott nennen. So ist nach Aristoteles
Gott die Erstursache aller Schöpfung und zugleich ihr Ziel. Platon
behauptet, daß alles, was in der materiellen Welt Wirklichkeit hat, zuvor
als geistige Idee im Ideenhimmel präexistent war. Die materielle Welt ist
der Schatte oder das Abbild der ewigen Ideen in Gott. Der Neuplatonismus
von Plotin lehrt ein Hervorgehen aller Wirklichkeiten aus Gott, zuerst
gehen die Ideen und geistigen Kräfte hervor und als letzte Wirklichkeit,
gleichsam als Verfinsterung des göttlichen Lichts, die materielle Welt. In
der jüdischen Philosophie und Mystik der Kabbala, die neuplatonische und
mosaische Ideen zu harmonisieren versucht, schafft Gott die wirkliche
Welt nach dem Vorbild der geistigen Ideen, die in der Ewigen Weisheit
existieren. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde, was aber heißt: Im
Anfang? Als Gott die Welt schuf, war die Weisheit als seine Werkmeisterin
bei ihm. In der Ewigen Weisheit (oder der zweiten Person der Gottheit)
existierten die geistigen Formen, nach deren Exempel die materiellen
Dinge geschaffen worden sind. Die neuplatonische Philosophie nennt die
ewige Weisheit auch die Weltseele. Dabei stellt man sich den gesamten
Kosmos aller Kreaturen als einen einzigen Körper oder Organismus vor,
der von einer Seele belebt wird. Diese Weltseele ist von Gott in die
Schöpfung eingehaucht und ist das Leben in allem Lebendigen oder die
Weisheit in aller Schöpfung oder das, was die Welt im Innersten
zusammenhält. Diese göttliche Kraft wird in der mittelalterlichen
Philosophie mit dem Heiligen Geist identifiziert, als der Anwesenheit
Gottes in der Schöpfung, der innere Lebensodem aller Kreatur, der
schöpferische Geist, der wirkt und schafft bis auf den heutigen Tag. So
verteidigte auch Papst Benedikt den Glauben an Gott den Schöpfer, indem
er sagte, die menschliche Vernunft muß durch den Glauben erleuchtet
werden, um wahrhaft vernünftig zu sein, die erleuchtete Vernunft lehrt
aber, daß die Schönheit des Kosmos und die Würde des Menschen nicht
aus Sinnlosigkeit und Chaos entstanden sein kann, sondern durch eine
Intelligenz, einen Geist, eine Weisheit schön gebildet worden ist. Diese
Kraft nennt Papst Benedikt den Schöpfergeist. Er sprach aber auch davon,
daß es ähnlich sei wie in der jüdischen Überlieferung, die behauptet, daß
Gott vor der Schöpfung in die Torah geschaut habe und nach der Weisung
der Torah die Schöpfung geschaffen. Dies ist für Papst Benedikt das ewige
Wort oder der Logos oder die Allvernunft oder der göttliche Sinn. Im
Anfang war das Wort und in dem Wort und durch das Wort ist alles
geschaffen. Die griechischen Philosophen wie Heraklit und Zenon
sprachen auch von dem Logos, als dem göttlichen Sinn und Geist in der
Schöpfung, der alles am Leben erhält, als die Allvernunft und Weisheit
Gottes in der Schöpfung. Und diese göttliche Person – man nenne sie
Logos oder Sophia, Wort oder Weisheit, oder Allvernunft oder Sinn oder
Geist, ist in Jesus ein Mensch von Fleisch und Blut geworden.
Liebe Schwester!
Liebe Schwester!
Du bist nun schwanger, da wird Maria dir natürlich anders begegnen, als
sie mir begegnet, der ich ein Mann bin und auch kein Vater. Der
Psychologe sagt, Maria ist dem Mann gewissermaßen seine Anima. Sie ist,
poetisch gesprochen, die Athene des Odysseus, und philosophisch
gesprochen, die Aphrodite Urania des Platon. Das ist die Anima des
Mannes. Aber der Psychologe sagt, Maria sei für die Frau gewissermaßen
das Selbst oder die höhere Persönlichkeit. Das Selbst der Frau ist der
innere Mensch, der aus Bewußtem und Unbewußtem besteht und
vollkommener ist als das rationale Ich. In Träumen, Phantasien und
Visionen kann die Frau ihrem Selbst begegnen. Wie ich hörte, hat das
Selbst der Frau ein Doppel-Antlitz, es ist ein übernatürliches Mädchen
(Jungfrau) und eine irdische Mutter. Das spricht der Mythos der Antike in
den Mysterien von Eleusis aus, da die göttliche Mutter Demeter die
göttliche Jungfrau Kore Persephone im Schattennreich sucht, wo
Persephone das göttliche Kind Triptolemus gebiert. Dieses Eleusinische
Mysterium als ein Mysterium der weiblichen Seele scheint wieder auf in
dem Bildtyp Anna Selbdritt, den auch Leonardo da Vinci gestaltet hat,
auch Albrecht Dürer desöfteren. Dort umarmt die Marienmutter Sankt
Anna das heilige Mädchen Maria, die das göttliche Kind in den Armen
hält. Wenn das weibliche Selbst als die höhere Persönlichkeit der Frau, als
die innere Weisheit des inneren Menschen oder als die innere
Seelenführerin, in Gestalt einer Jungfrau und einer Mutter erscheint, dann
ist das gewissermaßen Maria, die in ihrer göttlichen Mutterschaft
gleichzeitig, wie die Reformatoren bekannten, immerwährende Jungfrau
geblieben ist. Ich weiß nicht, über welches Marienbild du meditieren
könntest, denn die Madonnen der Künstler sind doch in der Regel Anima-
Gestalten oder die Musen der malenden Poeten. Aber ich denke, eine
orthodoxe Ikone der Gottesmutter bringt eher den weiblichen Aspekt zum
Ausdruck. Wenn du in einer orthodoxen Ikone die göttliche Mutterschaft
Mariens anschaust, dann kannst du über die Mutterschaft Mariens
meditieren, um deine eigene Mutterschaft zu benedeien, zu segnen und zu
heiligen. Wenn du magst, dann meditiere folgendes Geheimnis aus dem
heiligen Rosenkranz: „Gegrüßet seiest du, Maria, voll der Gnade! Der
HERR ist mit dir! Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist
die Frucht deines Schoßes, Jesus, den du, o Jungfrau, zu Elisabeth
getragen hast.“ Denn vielleicht magst du einmal betrachten und dir
vergegenwärtigen die Szene, da die selbst schwangere Jungfrau Maria über
die Hügel von Judäa geeilt ist zu ihrer schwangeren Freundin Elisabeth,
um ihr in den letzten drei Monaten der Schwangerschaft beizustehen. Ja,
vielleicht hat Maria auch den Dienst der Hebamme an der Freundin
Elisabeth geleistet? Ist Maria doch gewiß eine bessere Hebamme als
Sokrates es jemals sein konnte! Also bitte die heilige Mutter Gottes, als
deine Freundin zu dir zu kommen, als deine Schicksalsgenossin, die das
Wunder und Geheimnis der Schwangerschaft an sich selbst erfahren hat.
Ich möchte, da du davon sprachest, daß du bei Maria immer an deine
Mutter denken mußt, dir noch sagen, was ich von einem Mönch gelernt
habe. Er schlug vor, daß die Frau betrachte, welche Rolle Maria in der
Kindheit der Frau gespielt hat. Ich selbst, wie du ein evangelisches Kind,
habe in den kirchlichen Weihnachtsliedern und in der Krippe der
Weihnachtsmesse, ein Bild von Maria gewonnen, Marie, die reine Magd,
von der Jesaja uns gesagt. Dann schau einmal, wie Maria die Süßigkeit
und Zärtlichkeit in die christliche Religion bringt. Dann schau einmal
dieses evangelische Mädchen Marie von Nazareth an, die im Lobgesang
Mariens ganz vom Wort Gottes her lebt und denkt und singt, dann schau
die an, die gerechtfertigt ist aus Gnade durch Glauben, denn Elisabeth sagt
zu ihr: „Selig bist du, weil du geglaubt hast“. Dann schau die an, die ganz
für Christus gelebt hat, sich ganz in den Dienst Christi gestellt hat, seine
erste Jüngerin war, ja, die ihn geboren hat, die ihn der Welt als das Heil
geschenkt hat. So sollst du auch wie Maria sagen: „Siehe, ich bin die
Magd des HERRN. Dein Wille geschehe, mir geschehe nach deinem
Wort!“ Ich will desweiteren erwähnen, was ein jüdischer Philosoph
gesehen, der über den Eros und die Religion gesprochen. Er meinte
nämlich, daß im Zeitalter der Minne die Frau in Maria wieder eine solche
Ehre als Göttin erhalten habe, wie sie sie mit dem Untergang des
matriarchalischen Äons verloren hatte und war die leibeigene Sklavin der
Herrensöhne im Patriarchat geworden. In den Minnedienern der Lieben
Frau Maria aber habe die gerechte Vorsehung eben diese patriarchalischen
Herrensöhne wieder knieen lassen zu Füßen der Frau. So will ich dir auch
sagen, daß Johannes Paul der Große Maria gerade als „die Frau“ verehrte,
die Neue Eva, die der Schlange den Kopf zertritt, die Frau des
Evangeliums, die Frau der Apokalypse. In Maria ist erschienen die
göttliche Würde der Frau, gewissermaßen der Genius der Frau. Maria als
die Unbefleckte Empfängnis, oder besser gesagt, Maria als die Makellose
Konzeption ist die Frau, wie Gott sie als Bild in seinem Geiste trägt, die
vollkommene, das heilige Ebenbild der Frau nach Gottes (weiblichem)
Bild. Insofern kann Maria dir in vollkommener und heiliger Weise helfen,
dein weibliches Selbst zu finden und zu heiligen, dein Frausein zu leben.
Dabei ist Maria nicht wie deine Mutter daran interessiert, dich klein und
unmündig zu halten, sondern dich zu einer großen, freien, tüchtigen,
weisen, frommen, starken Frau zu machen, kurz, zu einer Heiligen Gottes!
Ich hoffe, meine Gedanken können dich inspirieren. Das Wichtigste ist,
mit Maria ins Gespräch zu kommen, denn sie sagt: „Bete, bete, bete!“
Liebe Schwester!
An Allerheiligen sagtest du: „Ich hörte von der Königin von Saba und dem
König Salomo. Ob sie sich wirklich so getroffen haben, wie es in der Bibel
steht?“ Ich will gar nicht sagen, daß die jüdischen Rabbis meinen, die
Königin von Saba sei in Wahrheit Lilith gewesen. Ich will dir auch nicht
die Legenden erzählen, die die muslimischen Frauen von ihr erzählen,
stolz auf ihre Königin von Saba des Koran, oder die die jüdischen Frauen
erzählen, stolz auf die Weisheit Salomos, welche die Königin von Saba
begehrte zu hören, oder die die äthiopischen Christinnen erzählen, stolz
auf ihre Kaiserin, die jungfräuliche Königin von Saba, die schwarze und
schöne Braut des Hohen Liedes, die Königin des Südens, die im
Weltgericht die reichen Völker richten wird. Nein, ich will dir nur von
einem poetischen Schauspiel erzählen, daß ich einmal sah, einem kleinen
romantischen Liebesroman. Die Königin von Saba kam aus Afrika, dort
betete sie die Mondgöttin an. Sie hörte aber von der weltberühmten
Weisheit des weisen Salomo und kam, ihn zu besuchen und zu befragen
über das göttliche Wesen. Da sah Salomo die Königin von Saba, die Bilkis
hieß, und verliebte sich in ihre Schönheit. Sie erkannte die Weisheit
Salomos und sah das Reich des Friedens, das er begründet hatte, und sie
verliebte sich in ihn. Er sang ihr Liebeslieder, die nun in der Bibel stehen.
Er nannte sie seine schwarze und schöne Geliebte, die er mehr liebte als
das Licht, denn die Sonne geht unter, aber das Licht der Geliebten ist ein
unsterbliches Licht. Er nannte sie seinen Atem, den reinen Hauch der
Gottheit. Er nannte sie seine Lebensgenossin von göttlichem Adel. Sie
liebten einander, und die Königin von Saba bekam einen Sohn. Salomo
wollte ihn zu seinem Thronnachfolger machen, er sollte König von Israel
werden. Aber da standen die jüdischen Hohenpriester zornig auf, sie
sagten: „Ein Heide soll Israel regieren? Das kann und darf nicht sein!
Salomo, du mußt deine Heidin fortschicken.“ Salomo wollte nicht auf die
Hohenpriester hören, aber sein Prophet sagte: „Salomo, wenn du die
Priester gegen dich hast, hast du das Volk gegen dich, dann kannst du nicht
König von Israel sein. Das Friedensreich wird zerfallen. Das Volk Gottes
wird sich unter die heidnischen Völker auflösen.“ Aber Salomo wollte
nicht lassen von seiner heidnischen Geliebten. Da sagte die Königin von
Saba: „Salomo, gegen die Hohenpriester kann mein Sohn niemals in
Frieden ein König in Israel sein. Ich werde nach Äthiopien zurückkehren,
dort soll mein Sohn der Erste Kaiser von Afrika sein.“ Da reiste die
Königin von Saba ab. Salomo lag mit gebrochenem Herzen am Boden
zerstört. Er trank Wein und schrieb eine philosophische Schrift voll bitterer
Weisheit, voller existentiellem Lebenspessimismus und voller Melancholie
und Resignation. Das Buch steht nun in der Bibel. „Alles ist sinnlos,
spricht der Prediger, alles ist sinnlos, Sinnlosigkeit der Sinnlosigkeiten!
Alles ist ein Jagen nach Luftgespinsten, ein vergebliches Haschen des
Windes, ein vergebliches Seufzen des Geistes, ein sinnloser Verdruß des
Geistes! Ich pflanzte mir Gärten und hatte einen Harem von Frauen, aber
das war sinnlos. Ich forschte nach Weisheit, aber auch das war sinnlos.
Denn alles ist sinnlos.“ In seinem Elend und seiner Verzweiflung ließ
Salomo, um Trost bei einer Mutter zu finden, die Marmorstatue einer
Muttergöttin errichten. Die Frauen seines Harems tanzten und sangen vor
der göttlichen Mutter. Salomo lag jammernd vor dem Bild der Muttergöttin
und betete: „O große Mutter, deren fruchtbare Brüste das ganze Weltall
ernähren, spende mir deinen Muttertrost in meiner Verzweiflung! Göttliche
Mutter der ewigen Liebe, stille mich mit dem Reichtum der prallen
Mutterbrüste voll der Milch des Trostes!“ Das erregte den Zorn der
jüdischen Hohenpriester, sie wiegelten den männlichen Pöbel in den
Gassen auf. Die zornigen Männer aus den Gassen hassten das Götterbild
der göttlichen Mutter, sie hassten alle Götterbilder! Voller Zorn und Eifer
stürmten die aufgehetzten Männer die Kulthöhe und zertrümmerten mit
Hämmern das Bild der Muttergöttin. Die Hohenpriester sprachen zu
Salomo: „Dein Friedensreich wird zerfallen, aus dem einen Israel werden
zwei jüdische Staaten werden. In Nord-Israel werden heidnische Könige
herrschen, die heidnische Götter und Göttinnen verehren! Die Könige nach
dir werden den Göttern Menschenopfer bringen, ja die Israeliten werden
den Göttern ihre eigenen Kinder opfern! Das ist die Strafe für deinen
Abfall vom Glauben an den Gott Israels!“ Salomo war alt geworden. Sein
Tod stand ihm nah bevor. Er ging in unendlicher Verlassenheit und
Einsamkeit allein in den leeren Tempel, ging durch das Heiligtum zum
Allerheiligsten, dem leeren dunklen Raum, da unsichtbar die Gegenwart
der Gottheit wohnte. Er warf sich weinend vor der unsichtbaren ewigen
Gottheit nieder und weinte das ganze Elend seines Lebens vor der
unsichtbaren ewigen Gottheit aus, und unter jammernden Tränen stieß er
immer wieder hervor den Namen: „HERR! HERR! HERR!“
Liebe Schwester!
Ich habe in der zurückliegenden Zeit einer kranken Freundin und ihren
Kindern mit viel Tätigkeit geholfen. Dabei sind mir die kleinen Kinder so
ans Herz gewachsen, daß mir oft schien, ich küsste das Jesuskind, das
Jesuskind saß auf meinem Schoß, das Jesuskind umschlang meinen Hals,
das Jesuskind nannte mich Mama, ich schlief mit dem Christkind in der
Krippe. Das Jesuskind wurde von Maria mit ihrem Sternenmantel
zugedeckt, wenn es ins Bett ging. Dann sang Maria als Wiegenlied dem
Jesuskind: Schlaf selig und süß, schau im Traum‘s Paradies. Das Jesuskind
war so verliebt in Maria, daß es in jedem Mädchen auf der Erde, jedem
jungen schönen Mädchen Maria sah! Da hab ich etwas über die Gottheit
gelernt, denn Mutter Theresa von Kalkutta sagte von der Caritas, man sähe
Jesus in den Armen und Kleinen und Kranken und Sterbenden. Dietrich
Bonhoeffer sagte: Kreise nicht um dein eigenes Leiden, sondern um das
Leiden Gottes in der Welt. Bernhard von Clairveaux sagte, Gott ist die
Mutter Caritas, die all ihre verlorenen Söhne gerne wieder in die Arme
nimmt. Hildegard von Bingen sagte, die göttliche Caritas sei die Gattin
Gottes und hüte das göttliche Ehebett. Papst Benedikt schrieb: Deus
Caritas est. Aber der Poetenpapst Schwanke schreibt: Deus Mater Caritas
est! Dann habe ich mich wieder der Suche der Weisheit zugewandt in
Studium und Betrachtung und Gebet. Da habe ich zum einen den
hinduistischen Heiligen und Mystiker Ramakrishna studiert, der einmal
nach theologischen Spitzfindigkeiten gefragt wurde und sagte: Ich weiß
nichts von diesen theologischen Spitzfindigkeiten, ich weiß nur, daß ich
ein Sohn der göttlichen Mutter bin. Dann habe ich im Frühjahr mich mit
der Kabbala beschäftigt und darin besonders mit der Gestalt der Chochma-
Sophia und der Matrone Schechinah, der Einwohnung Gottes in der
Schöpfung als dem mütterlichen Prinzip der Gottheit. Die Sophia ist dort
die Tochter des ewigen Königs, die der Mystiker zu seiner Braut wählt. Ich
habe dann besonders im Herbst mich mit der griechischen Philosophie
beschäftigt und vor allem Gefallen am Platonismus und Neuplatonismus
gefunden, da ich dann die Gottheit als die Urgottheit und die Urschönheit
(Urania) verherrlicht habe.
Liebe Schwester!
In der katholischen Zeitschrift „Fatima“ las ich von Eurem Eintritt in die
Marianische Frauen-Congregation, Prinzessin. Ich möchte als ein
unbekannter deutscher Dichter und Minnesänger Unserer Lieben Fraue
Euch dazu herzlich beglückwünschen. Eure natürliche Anmut wird durch
die Grazie Unserer Lieben Frau im Spiegel Eurer Seele vielmals erhöht.
Maria als die Frau der Frauen oder die philosophische Idee der
Weiblichkeit ist in ihrer makellosen Heiligkeit ein vollkommenes Vorbild
für jede Frau, die wahrhaft fraulich, wahrhaft menschlich, wahrhaft
christlich, wahrhaft heilig werden will. Maria ist die Frau nach dem
mütterlichen Herzen Gottes. Ich freue mich, daß Ihr, hochedle Prinzessin,
die Himmelskönigin verehren wollt, denn darin besteht der wahre Adel der
Seele. Unsere Liebe Frau Maria als selige Jungfrau und Gottesmutter ist
das höhere Selbst der Frau. In der „Imitatio Mariae“ nähert sich die Frau
dem innewohnenden weiblichen Ebenbild Gottes, den der Mystiker die
„Urschönheit“ nennt.
Lieber Bruder!
Ich habe dieses Jahr vor allem Arbeit auf die Theologie der Ewigen
Weisheit gewandt. Die Ewige Weisheit, Frau Weisheit, Ischa Chochmah
oder Gynä Sophia, ist die Gestalt, die in den Sprüchen Salomos, der
Weisheit Salomos, Jesus Sirach, Baruch, Ersten Korintherbrief
niedergelegt ist. Sie ist von Theologen der Orthodoxie, des Katholizismus,
des Lutherischen Protestantismus und des pietistischen Protestantismus
und der Anglikanischen Konfession gleicherweise entfaltet worden. Sie ist
gewissermaßen Christus in Gestalt einer göttlichen Braut. Denn der Herr
bereitet der Christus-Sophia die Hochzeit mit dem Christen. So hat mich
der Herr denn auch zur Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen
berufen, wie ich am Pfingstfest deutlich erkannte. Der Herr, Jahwe
Zebaoth, stellt sich mir selbst als mein Herr und Schöpfer, als mein
Bräutigam und Gemahl dar, meine Seele ist seine geliebte Königin. Er, der
Herr, will mich führen den Weg der Weisheit, sie hab ich liebgewonnen,
ihre Schönheit und ihr göttlicher Adel lassen sie mir als eine ideale Braut
erscheinen, darum habe ich beschlossen und mich wahrhaft entschlossen,
sie, Frau Weisheit, als meine Lebensgefährtin heimzuführen, wie Salomo.
Jesus stellt sich im Evangelium vor als die menschgewordene Sophia,
Paulus im Korintherbrief bezeichnet Christus, den Auferstandenen, als
Gottes Sophia. Ich habe in diesem Jahr vor allem zu der christlichen
Theologie der Sophia eine jüdische und eine griechische Bereicherung
gefunden. Denn ich habe mich mit jüdischer Mystik der Kabbala und
jüdischer Philosophie der Antike, des Mittelalters und der Renaissance
beschäftigt. Darin sind viele Erkenntnisse über die göttliche Weisheit, die
der christlichen Weisheit entsprechen. Dazu habe ich mich auch mit
griechischer Philosophie beschäftigt und vor allen anderen Systemen
Gefallen an der Platonischen Philosophie gefunden, ja, ich habe mich in
die Schönheit der platonischen Philosophie verliebt. Ein katholischer
Priester aus dem Florenz der Renaissance, der selbst neuplatonische
Philosophie trieb, nannte die platonische Philosophie die immerwährende
Philosophie und eine Schwester des christlichen Offenbarungsglaubens.
Ich habe alle meine Erkenntnisse, die ich immer in meinem Gebet vor Gott
im Herzen bewegt habe, wie ich glaube, angeregt vom Heiligen Geist, in
Versen und Prosa niedergelegt. Wie Jesus Sirach sagt, habe ich mich nicht
für mich allein gemüht, sondern für alle, die Weisheit suchen. Ich meine,
es ist ein Leichtes dem Heiligen Geist, die dafür vorgesehenen Menschen
zu meinen Poetischen Werken zu führen. Ich sorge mich nicht um Ruhm
oder Nachruhm, sondern allein um die Ehre des Herrn. Meine Poesie hat in
dem Maße Anteil an der Ewigkeit, als es Gebet, Lobpreis und Betrachtung
des Ewigen ist.
10
Ich möchte die Geburt Jesu aus der Jungfrau feiern. Ihr wisst, mein Mund
geht immer von Gott über. Wes das Herz voll ist , des fließet der Mund
über, sagt Jesus. Mein Herz ist nun einmal voll von Maria. Die Weihnacht
ist die Nacht, in der sie geboren hat. Ich sah die Geburtskirche, dort ist im
Boden ein Stern an der Stelle, da Maria Jesus geboren hat. Das möchte ich
gerne feiern. Ich kann das nicht feiern mit einem Mann, der fleißig ins
Hurenhaus geht, aber bei jeder liebenden Erwähnung der heiligen Jungfrau
in Spott oder Haß ausbricht. Ich will aber auch nicht aus purer Höflichkeit
von nichts anderem reden als von albernen Scherzen, sondern will die
heilige Nacht heiligen. Goethe sagte einmal: „Das ist es, was dich mit der
Welt entzweit, sie will nicht Gemüt, sie will nur Höflichkeit.“ In
gesellschaftlicher Höflichkeit kann ich mich mit einem Mann arrangieren,
der Maria vielmals beleidigt, aber eine heilige Nacht kann ich mit solch
einem Spötter nicht feiern. Ich weiß, ihr verehrt Maria als evangelische
Christen auch nicht so, wie ich das tue. Aber der Anglikaner C.S. Lewis
hat einmal in seinem Buch über den christlichen Glauben gesagt: „Über
Maria sage ich hier nichts, denn ich möchte niemanden kränken, der Maria
wie seine Mutter oder seine Geliebte liebt.“ Es gibt auch eine evangelische
Ehre Mariens, da man die Magd des Herrn und Mutter Jesu
stillschweigend wertschätzt. Aber sie mit zornigen Worten zu übergießen
und ihr oftmals ein Schwert durch die Seele zu bohren und so zu meinen,
Jesus zu ehren, indem man seine Mutter verhöhnt, das ist gewiß unheilig.
Soweit die Worte meines Zornes.
11
Am Heiligen Abend kurz vor Mitternacht hörte ich die Frohe Botschaft:
Ein Kind wird geboren! Ihr bekommt ein Kind! Dazu fällt mir soviel
Schönes ein, daß ich gleich um Mitternacht in der Heiligen Nacht euch ein
Liebeslied an das Kind schreiben will. Wie es sich für einen evangelischen
Christen gehört, ein Wort der Schrift voran: „Kinder sind eine Gabe
Gottes, Leibesfrucht ist ein Geschenk des Herrn!“ Der Psalmist sagt: Wohl
dir, Mann Gottes, du hast es gut: Deine Frau im Innern deines Hauses ist
wie ein fruchtbarer Weinstock, deine Kinder um deinen Tisch sind wie
Zweiglein des Ölbaums. Wohl dem Mann, der seinen Köcher gefüllt hat
mit den Pfeilen seiner Kinder! - Von Konfuzius hab ich gelernt, daß die
Erziehung im Mutterschoß beginnt. Die Mutter, sagt Konfuzius, soll keine
aggressiven Farben anschauen und keine kriegerische oder lüsterne Musik
hören. Ein Psychologe, der sich auf die Psyche der Embryos spezialisiert
hatte, erzählte, wie eine Frau in ihrer Schwangerschaft einen Trauerfall in
der Familie erlebte und davon so traurig ward, daß sich um die Seele ihrer
Leibesfrucht für immer ein schwarzer samtener Mantel der traurigen
Schwermut legte. Ein katholischer Priester erzählte von einer schwangeren
Frau, deren Onkel ihr zur Abtreibung riet, da zürnte sie ihn an und sagte:
Sei still, mein Kind soll das nicht hören! Eine amerikanische schwarze
Baptistin ging in die Gebärstationen der Hospitäler und legte den
Schwangeren die Hände auf den Bauch und sang Gospel-Lieder, da
stellten die Ärzte fest, daß die Kinder im Schoß freudig belebt auf die Gute
Nachricht und die Freude des Heiligen Geistes reagierten. Jesus selbst
spricht ja von der Entbindung und sagt: Wenn eine Frau in Wehen liegt, so
überkommt sie die Angst, aber wenn das Kind da ist, vergißt sie die Angst
über der Freude, daß sie ein Kind in Armen hält. Als ich den Liebling der
Zwillinge meiner Freundin in den Armen hielt, verstand ich den
Feminismus, ich sage das als Scherz: Denn wie Siegmund Freud vom
Penisneid der Frauen sprach, so sprachen die Feministinnen vom
Gebärneid der Männer. Ich aber hatte das süße Baby so lieb, als es in
meinen Armen lag, daß ich ihm gern die Brust gegeben hätte, das war
mein maskuliner Stillneid oder Brustneid. Hier setzt das Wort Jesajas an:
Ich will euch trösten, spricht der Herr, wie einen seine Mutter tröstet. Ja,
ihr sollt an Jerusalem getröstet werden. Ihr werdet saugen die Milch des
Trostes aus dem prallen Reichtum der Mutterbrüste. Auf den Knieen wird
man euch wiegen und in den Armen wird man euch liebkosen. An der
Stelle setzt dann Hosea an, der von der Pädagogik der Gottesliebe spricht
und sagt: Ich zog euch an Seilen der menschlichen Liebe, ich war zu euch
wie Mutter und Vater, die den Säugling in ihre Arme nehmen und dem
Kinde Sprechen und Laufen beibringen. Da spricht der Herr: Ist nicht
Ephraim mein Lieblingskind? Und wenn ich meinem Lieblingskind auch
zürnen muß, weil ein Vater sein Kind auch streng erziehen muß, so bricht
doch mein Herz vor Barmherzigkeit, so oft ich an ihn denke. So wird es
euch ergehen in der Liebe zu eurem Kind. Denkt auch an die Stelle in den
Sprüchen Salomos über die Weisheit Gottes im achten Kapitel des Buches,
da die Ewige Weisheit der Liebling Gottes genannt wird. Luther übersetzte
das Wort mit Werkmeister, man kann es auch mit Architektin und
Künstlerin übersetzten, aber es heißt auch Liebling oder Hätschelkind.
Mutter und Vater schauen zu ihrem Hätschelkind wie Gott zur Ewigen
Weisheit schaut. Und die Freude des Lieblings Gottes war es, vor dem
Ewigen zu scherzen und mit den Menschenkindern zu spielen. Welche
Freude ist es, mit einem Kind zu spielen! Kinder sind Poeten. Mein lieber
Pflegesohn sprach im Alter von drei Jahren wie ein romantischer Dichter.
Kinder haben solch eine Freude an Schönheit, und wenn ihr mir glauben
wollt, es wird den Kindern das Jesuskind lieb sein, wenn sie es in den
Armen der schönen Mutter Maria sehen, etwa auf dem Bilde Raffaels.
Kinder identifizieren sich mit dem Jesuskind und werden selbst „Jesuskind
spielen“. Da wird euch viel über das Jesuskind aufgehen, da wird euch
auch viel über die elterliche Güte der Ewigen Liebe Gottes aufgehen, die
Vaterliebe und Mutterliebe ist. Dann werdet ihr dem Kind sprechen
beibringen, ihr werdet die Urlaute des Kindes lernen, der erste Buchstabe
des Kindes ist das M, das, wie der Dichter Rilke sagt, die Mütter bedeutet.
Der Hahn im Garten heißt Ammi, die Großmutter Amma, die Mutter
Mamma, das Essen heißt Mam-Mam, das auf den Arm-Nehmen heißt Am!
Das ist die Ursprache, wie man sie in den Anfängen der Steinzeit vielleicht
auch gesprochen hat. Kinder sind Gläubige. Eine indische Weisheitsschrift,
die Bhagavadgita, sagt vom Heiligen und Weisen, daß ihm Erdkloß und
Stein und Goldstück gleichviel wert sind, so ist es bei den Kindern, sie
sind naive Heilige, sie spielen mit Erde wie mit Kieselsteinen wie mit
Münzen, alles ist gleich wertvoll, gleich schön! Mit Kindern über Gott zu
sprechen ist eine Quelle ewigen Staunens, und Platon sagt: Staunen ist der
Anfang der Weisheit. Die Fragen, die ein Kind euch stellen wird, wird
euch oft an die allzuengen Grenzen eurer menschlichen Weisheit bringen.
Eine russische Dichterin sagte: Man muß Kinder beschwören, ja,
beschwören wie mit magischen Formeln. Ein evangelischer Pastor sagte,
Kinder lebten in einer magischen Weltsicht. Eine große Zauberformel, die
in Ewigkeit eingeschrieben bleibt in der Seele des Kindes ist das
Vaterunser: Vaterunser der du bist im Himmel! Keiner versteht das, aber es
ist ein ewiges Wort Gottes in der Seele eures Kindes. Papst Benedikt sagte
bei seinem Antritt als Papst: Wichtiger als in materielle Güter zu säen oder
in Eigentum oder selbst in Bücherwissen, wichtiger ist es, Liebe in eine
Seele zu säen, denn das bleibt für alle Ewigkeit. Also säet die Liebe in die
Seele eures Kindes und ihr habt ein Werk getan, das den Missionsreisen
des Apostels Paulus gleicht! Ich gratuliere euch, ihr werdet in den reinen
strahlenden Augen eures Kindes sehen, wie euch Gott in Liebe anschaut,
euch Liebe schenkend und auf eure Liebe wartend! Und selbst das
Windeln und Wickeln, wie süß, wenn man einmal bedenkt, daß Maria dem
Jesuskind den Kot vom Popo gewischt und die gewaschenen Windeln noch
den Magiern aus dem Morgenland als Reliquien mitgab, ja, daß Maria zum
heiligen Josef sagte: Wickle das Jesuskind, und der heilige Josef wischte
das Exkrement vom Po des fleischgewordenen Logos und murmelte in
seinen Bart lauter Liebkosungen für den „kleinen Gott“!
12
13
Liebe Schwester!
Gerne wollte ich dir eine Sendung als Trostschreiben zukommen lassen. In
der beiliegenden Hymne an die Brüste Mariens wirst du dich wohl
entdecken können, wie ich vermute. Ich habe diese Hymne im Juni
geschrieben, als ich große Schmerzen an der Seele leiden mußte, meine
Seelenangst war so schmerzlich, es war wie tausend kleine Nadelstiche in
die Seele. Da schrie meine Seele zu Maria: O Maria, tröste meine Seele,
heile meine Seele, denn meine Seele ist sehr erschrocken! Da entblößte
Maria ihre Brüste und ließ mein inneres Seelenkind in reichem Maß die
Milch des Trostes aus ihren bloßen Brüsten saugen. Da war meine Seele,
wie der Psalmist sagt, wieder ruhig wie ein gestilltes Kind in den Armen
seiner Mutter. Ich habe dir gleichzeitig eine Meditation und Musik über
Maria zukommen lassen, die von einem Benediktiner-Mönch stammt, die
wie Balsam für die Seele ist. Nicht umsonst heißt Maria, die Trösterin der
Betrübten, auch die Balsamstaude. Ich hoffe, daß dir auch heilsamer Trost
der Balsamstaude zufließt. Zuletzt habe ich dir eine kleine persönliche
Litanei gedichtet: - Christus, erbarme dich über uns! Christus, sei uns
barmherzig! Christus, gib uns deinen Frieden! Maria, Mutter Jesu, bitte für
uns! Maria, Mutter Gottes, bitte für uns! Maria, Mutter aller
Menschenkinder, bitte für uns! Maria, Frau der Frauen, bitte für uns!
Maria, Trösterin der Betrübten, bitte für uns! Maria, Zuflucht der
Heimgesuchten, bitte für uns! Maria, Hort der Verlassenen, bitte für uns!
Maria, wahre Freundin der Einsamen, bitte für uns! Maria, deren Brüste
prall sind von der Milch des Trostes, bitte für uns! Maria, deren Seele
durchbohrt ist von sieben Schwertern der Schmerzen um die Leiden deines
Kindes, bitte für uns! Maria, die du weinst und schreist um die Leiden der
unschuldigen Kinder, bitte für uns! Bei der Armut, in der du Jesus geboren,
bei der winterlichen Kälte, in der du Jesus zur Welt gebracht hast, bei dem
durstigen Weinen deines Kindes, bei deiner Flucht vor den Häschern des
Herodes, bei deinem mütterlichen Mitleid mit dem Leiden deines Kindes –
nimm alle Mütter als deine geliebten Töchter an, nimm alle Kinder als
deine geliebten Kinder an! Laß alle Menschenkinder, die großen und
kleinen Menschenkinder reichlich trinken die süße Milch des Trostes aus
dem Reichtum deiner prallen Mutterbrüste! O du lebendiger Gott der
allumfassenden Barmherzigkeit, erbarme dich über alle deine großen und
kleinen Kinder und schenke uns deine bedingungslose Liebe!
14
Liebe Schwester!
Als ich dich das erste Mal sah, da standest du neben mir, eigentlich hoch
über mir, und ich sah an dir hinauf, da ich am Boden lag. Ich war voll von
altägyptischen Hymnen an die Isis und sah an dir hinauf wie an einer
Hohepriesterin der Isis. Du hattest nämlich geflochtene Locken nach
altägyptischer Mode und trugest eine Kleidung wie die liebreizendste
Ägypterin. Darum hab ich auch ein oder zwei Jahre später im Spiel dich
dich selbst als Kleopatra erraten lassen. Kleopatra war nämlich nicht nur
eine Hohepriesterin der Liebe, sondern verstand sich auch als eine
Gottkönigin, als eine Verkörperung der Göttin Isis. Isis ist nun die älteste
Göttin Ägyptens, gewissermaßen die Urgöttin schlechthin, die Große
Mutter der dunklen Vorzeit. Ihr Kult war in den letzten Zeiten des
vorchristlichen Zeitalters im ganzen Orient und auch in Griechenland und
Rom so weit verbreitet, daß man fast von einem weiblichen Monotheismus
und weiblicher Weltreligion sprechen kann, wie manche behaupten. Ich
habe dir ja zu lesen gegeben meine Gedichte von den ägyptischen
Ostermysterien. Nämlich wie im Mythos die Isis den gemordeten Gott
Osiris beweint, ihn wieder zusammenfügt, er aufersteht und im Jenseits
Richter der Toten wird, der den Guten das ewige Leben schenkt, so in der
wirklichen menschlichen Geschichte beweinte Maria den gekreuzigten
Christus, der auferstanden ist und in die unsichtbare Welt Gottes heimging,
wo er verehrt wird als der Richter der Lebenden und Toten und als der
Spender des ewigen Lebens. Maria ist also die neue Isis? Schon in
vorchristlicher Zeit lebten Juden in Ägypten, die den Gedanken eines
einzigen Gottes, der der Schöpfer aller Welt und Menschen ist,
zusammendachten mit dem Kult der großen Göttin Isis. Sie nahmen die
religiöse Sprache der Isis-Religion und drückten den jüdischen
Eingottglauben in weiblicher Sprache aus. Daraus sind die biblischen
Bücher der Frau Weisheit oder Hagia Sophia entstanden, Gott der Einzige
in Gestalt einer weiblichen Göttin Sophia. Als das Christentum dann in die
Gebiete am Mittelmeer kam, da die Isis verehrt wurde, da wurden die
Isistempel zu Kirchen umgebaut. Man nahm die Bilder der Isis mit dem
Horuskind auf dem Schoß oder der Mutter Isis mit dem Horuskind am
stillenden Busen zu Vorbildern für Bilder der Madonna mit dem Jesuskind.
Isis wurde auch verehrt als dunkle oder schwarze Göttin, da die Ägypter
besonders an Mysterien und an den Geheimnissen von Tod und ewigen
Leben interessiert waren. Daraus entstanden dann die vielen Kultbilder der
schwarzen Madonna, die besonders in Frankreich reich vertreten sind, aber
auch in der Schweiz, in Bayern und in Polen verehrt werden. Hier wird die
neue Isis, Maria, zur Mutter eines „esoterischen“ Christentums, das heißt,
eines Christentums, das nicht in dem Befolgen äußerer Traditionen besteht,
sondern in dem Eindringen in die inneren Geheimnisse des Glaubens. Man
spricht von einem religiösen Leben als dem Befolgen der Traditionen und
Gebote, dann von einem spirituellen Leben, das heißt, einem unbewußten
Suchen nach den Geheimnissen des Lebens und des Höchsten Wesens, und
schließlich von einem mystischen Leben, das ein Leben der gläubigen
Seele in immerwährender Liebesgemeinschaft oder Liebesvereinigung mit
dem Göttlichen besteht. Maria als die schwarze Madonna ist die Herrin des
mystischen Lebens. Die schwarze Isis-Madonna verweist auch auf die
dunklen Aspekte Gottes, das heißt, daß Gott nicht ein Großvater mit
Wolkenbart ist, sondern ein unerforschliches Geheimnis, Gottes Licht ist
für uns Menschen wie eine dunkle Nacht, das man mit dem Licht der
menschlichen Vernunft nicht erleuchten kann, sondern man kann sich
allein mit dem Vertrauen, wie es ein Kind in seine Mutter setzt, diesem
dunklen Geheimnis der Gottheit liebend anvertrauen. Das ist der Glaube.
Es gibt auch eine poetische Prosa von Novalis über die Isis. Denn im
ägyptischen Ort Sais stand in einem Tempel die Statue der Isis als
verschleierte Göttin der Wahrheit oder als die verschleierte Weisheit.
Schiller schrieb darüber ein Gedicht, da ein Jünger trotz des göttlichen
Verbotes den Schleier von der Wahrheitsgöttin heben wollte – man fand
ihn am nächsten Tag tot. Aber bei Novalis verläßt der Jünger der Weisheit
seine menschliche Geliebte Rosenblüte, um die Göttin der Weisheit zu
suchen. Und als er zu der verschleierten Weisheitsgöttin von Sais kommt,
hebt er den Schleier von dem Antlitz der Göttin und – sinkt Rosenblüte in
die Arme, wird glücklich mit ihr und zeugt mit ihr viele lachende Kinder.
In einem Sinnspruch schrieb aber Novalis: Er hob den Schleier der Göttin
von Sais und – fand sich selbst! In der christlichen Religion heißt es, daß
wir die Gottheit in unserer irdischen Lebenszeit nur undeutlich wie in
einem antiken dunklen Metallspiegel erkennen, daß wir im Dunkel des
bloßen Glaubens, oder im Halbdunkeln des Glaubens leben, daß wir aber
nach dem Tod im ewigen Leben die Gottheit schauen werden von
Angesicht zu Angesicht und die Gottheit erkennen werden, wie wir schon
immer von der Gottheit zutiefst erkannt worden sind. Im Tode als dem
Eingang in das ewige Leben wird die Weisheitsgöttin ihren Schleier vom
Angesicht heben und wird uns in ewiger Liebe anlachen, in seliger Liebe
wie eine göttliche Geliebte! Ich nun bin nicht berufen zu einem ehelichen
Leben mit einer sterblichen Geliebten Kleopatra-Rosenblüte in einer
kinderreichen Familie, sondern berufen bin ich, zu sein der Jünger und der
Geliebte der Isis-Maria-Sophia selbst, des Gottes in Gestalt einer Göttin
der Weisheit, Schönheit und Liebe! Aber im Gleichnis der Rosenblüte wird
Isis erkannt, im Anschauen der Kleopatra wird der Isis Schönheit wie im
Spiegel erkannt und in deiner zauberhaften Herrlichkeit, liebe Schwester,
erkenne ich wie im Bild das Urbild der Schönheit Gottes.
15
Liebe Schwester!
Was zieht dich an? Du sagst: Meine Kinder, die Natur und die Schönheit.
Ich sagte: Das ist eine schöne Dreifaltigkeit! Da lachtest du mit deinem
schönen Lachen. Aber ich will dir Hinweise geben, wie in deinen Kindern,
in der Natur und in allem Schönen Gott aufleuchtet. Zuerst einmal die
Kinder: An deinem Erstgeborenen kannst du die Weisheit Gottes erkennen.
Seine Liebe zur Sprache zeigt dir, daß die Weisheit Gottes auch das Wort
Gottes ist. Die Welt wurde, weil Gott sprach: Es werde! In dem Wort und
durch das Wort sind geworden alle Dinge und nichts, das lebt, ist
geworden außer durch das Wort. Das Wort war im Anfang bei Gott, ja, das
Wort ist Gott. Es ist das schöpferische Wort. Der Evangelist Johannes sagt,
dieses Wort Gottes ist Christus, das Mensch geworden ist und bei den
Menschen wohnte. An der Liebe deines Erstgeborenen zur Mathematik
und zur Zahl an sich kannst du wiederum die Weisheit Gottes erkennen.
Die Heilige Schrift sagt, die Weisheit Gottes hat den Kosmos geschaffen
nach Maß, Gewicht und Zahl. Die griechischen Philosophen liebten die
Mathematik, weil sie eine so wahrheitsvolle Wissenschaft ist. Pythagoras
lehrte, der Kosmos sei aufgebaut nach gewissen geheimnisvollen
Zahlenordnungen. Auch die Planetensysteme ständen in einem
zahlenmäßigen Verhältnis zueinander, die den Zahlenordnungen der Musik
entsprechen, den Tönen der Oktave. Ja, alles sei zusammengesetzt aus
geraden und ungeraden Zahlen, wobei die geraden Zahlen das Unendliche
und die ungeraden Zahlen das Endliche bezeichnen. Platon studierte die
Mathematik und bewunderte die Reinheit ihrer Idealität. Das Wort Gottes
ist Christus, aber auch die Weisheit Gottes ist Christus, die das All nach
Maß und Zahl geschaffen. Du siehst also in deinem Erstgeborenen
verborgen einen geheimnisvollen Abglanz der Weisheit Gottes oder
Christus. Bei deinem Kleinen will ich vor allem auf das Spiel hinweisen.
Hier erscheint die Weisheit Gottes in einer kindlich spielenden Form, so
beschrieb sie der weise Salomo: „Ich, die Weisheit, war im Anbeginn aller
Dinge bei Gott dem Ewigen, ich scherzte und spielte vor ihm und war sein
Entzücken und Wohlgefallen den ganzen Tag, ich war sein Liebling, sein
Pflegling, sein Zögling, sein Hätschelkind, und meine Freude ist es, bei
den Menschenkindern zu sein.“ Diese biblische Selbstvorstellung der
Weisheit Gottes glänzt an deinem Kleinen auf. Hier ist die göttliche
Weisheit oder Christus das göttliche Kind. Damit bin ich beim
Wesentlichen. In den Kindern scheint auf das Urbild des göttlichen
Kindes. Man darf nicht denken, daß Gott ein alter Mann mit weißem Bart
ist, nein, das Göttliche offenbart sich auch im Judentum und Christentum
und eigentlich in allen Religionen der Völker auch als das göttliche Kind.
So erscheint in den Erscheinungen Mariens in den vergangenen
Jahrhunderten Maria oft mit dem Jesuskind, dem göttlichen Kind. Dieses
göttliche Kind ist aber nicht nur die schöpferische Weisheit, die durch ihr
geniales Spiel den Kosmos erschaffen hat, dieses göttliche Kind ist nicht
nur das Jesuskind auf den Armen der himmlischen Madonna, sondern
dieses göttliche Kind ist auch das göttliche Kind in jedem Menschen, das
reine makellose Bild des höheren Selbst, in unbefangener Freiheit, die
reine Seele, wie sie kindlich-unschuldig den Händen Gottes entsprungen
ist im Akt der Schöpfung der Seele durch Gott. Dieses göttliche Kind
wohnt auch in dir, meine liebe Schwester, und wartet im Innersten deiner
Seele auf deine mütterliche Liebe. Denn so sagte selbst einmal der weise
Jesus: Wer Gott liebt, der ist meine Schwester und meine Mutter. So schau
das göttliche Kind in der innersten Kammer deiner Seele an und spiele mit
dem göttliche Kind. Dann wirst du selbst frei und glücklich sein, ein Kind
Gottes. Das war der erste Monolog, und der zweite folgt sogleich. Ich gebe
dir Hinweise, in der Natur Gott zu entdecken. Die griechischen
Philosophen vor Sokrates waren Naturphilosophen und versuchten, das
Wesen der Natur zu ergründen. Sie versuchten, in all dem Wandel, dem
Werden und Vergehen in der Natur, ein Ewigseiendes zu entdecken. Dieses
ewige Leben alles Lebens nannten sie Gott oder Geist oder Weltvernunft.
Die Weltvernunft ist auf griechisch der Logos, und im Evangelium heißt
Jesus der menschgewordene Logos, der bei Gott war und Gott selbst war.
Diese Weltvernunft wird auch als Weltseele bezeichnet, wobei die Vernunft
ein Wesenszug der Seele ist. Dabei herrscht der Gedanke vor, daß der
gesamte Kosmos ein universeller Körper ist. Der menschliche Körper als
kleiner Kosmos wird ja belebt und gestaltet von der Seele des Menschen,
so wird der kosmische Körper beseelt, belebt und gestaltet von der
Weltseele. Diese Weltseele der Philosophen wird manchmal identifiziert
mit Sophia, der göttlichen Weisheit der Bibel, oder auch mit dem Heiligen
Geist, dem Hauch Gottes. Der Heilige Geist oder der göttliche Hauch wird
als die göttliche Liebe bezeichnet. Der große Dichter Dante beschreibt in
seiner Göttlichen Komödie das Wirken der göttlichen Liebe. Goethes Faust
suchte zu ergründen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Und Dante
sagt, das sei die Liebe. Er unterscheidet zwischen der natürlichen Liebe
und der seelischen Liebe. Die natürliche Liebe herrscht in allen Dingen
und Lebewesen im All. Es ist die Liebe, die die Teile des Atoms verbindet,
die Liebe, die die Bahnen der Sterne ordnet, die Liebe, die die Tiere paart.
Gott ist diese natürliche Liebe in Vollkommenheit. Die Liebe, die Gott
dem Menschen zugeteilt hat, ist die seelische Liebe, eine Liebe in Freiheit,
die in der Freiheit des Menschen frei ist, sich für die Liebe oder gegen die
Liebe zu entscheiden. Weil aber die seelische Liebe als die freie Liebe die
höhere Liebe ist als die natürliche Liebe der Natur, die nicht frei ist, darum
ist der Mensch Mitte und Krone des Kosmos. In der Seele des Menschen
findet gewissermaßen der Kampf statt zwischen Liebe und Anti-Liebe,
zwischen Gut und Böse. Die freiwillige Entscheidung der Seele für die
Liebe bringt den Menschen in Übereinstimmung mit der natürlichen Liebe
im Kosmos und mit Gott, der die Liebe in totaler Vollkommenheit ist.
Wenn du also die Natur betrachtest, dann schau im Frühling das Paar der
Schmetterlinge in deinem Garten tanzen und sage dir: Dies ist die göttliche
Liebe. Und siehst du im Gespräch mit dem Freund der Weisheit die
Insekten auf dem Wasserkrug kopulieren, so denke: Das ist ein Akt der
göttlichen Liebe. Und höre die Vögel aus purer Brunst so schöne Gesänge
singen und sage dir: Das ist die göttliche Liebe. Und siehe die Rose so
glühen wie ein junges Mädchen, dem ein Mann geschmeichelt hat, so
denke: Das ist die göttliche Liebe. Und sieh den Wind mit den Blättern des
Baumes spielen wie mit einer Orgel und denke: Da höre ich die göttliche
Liebe. Alles ist Liebe, alles ist Hauch, alles ist Geist. So wie du bei einem
Menschen auch nicht allein den Körper lieben willst, sondern auch und
mehr noch die Seele, so suche in der Liebe zur Natur auch die Liebe zur
göttlich-eingehauchten Weltseele zu pflegen. Diese Weltseele ist der
Heilige Geist oder die göttliche Liebe. Dieser Geist wirkt der Gottheit
lebendiges Kleid, das ist die Natur. Die Natur ist eine große Dame, sie
trägt schöne Kleider, aber das innere Geheimnis in ihrem Busen ist die
göttliche Liebe, die die Welt im Innersten zusammenhält. Das war der
zweite Monolog, und der dritte folgt sogleich. Nun will ich über die
Schönheit sprechen. Ich habe einmal gesucht, ob meine erste Sammlung
poetischer Texte unter dem Titel „Lobgesang der göttlichen Schönheit“
gelesen wird. In meinen Forschungen stieß ich auf einen Brief von Papst
Johannes Paul dem Großen an die Künstler. Er sagte darin, so wie jeder
Mensch zur Wahrheit berufen ist, ja, geradezu verpflichtet, die Wahrheit zu
suchen, so sind die berufenen Künstler zur Schönheit berufen. Dabei
spricht er von der Schönheit, die der Philosoph Platon die Wahrheit-
Schönheit nannte. In der Philosophie wird das Höchste Wesen in dieser
Dreifaltigkeit gepriesen: Als Gutheit, Wahrheit und Schönheit. Die Gutheit
ist Gott, wie Jesus einmal sagte: Gott allein ist gut. Die Wahrheit ist Gott,
wie Jesus als Gottessohn sagte: Ich bin die Wahrheit. Die Schönheit ist
aber auch Gott, wie es im Alten Testament bei einem Propheten heißt:
Deine Augen werden den König in seiner Schönheit schauen. Ja, mehr
noch, der griechische Mönch Dionysios Areopagita, der als der Vater der
abendländischen Mystik gilt, bezeichnet Gott als die Urgottheit, die
Urschönheit! Paulus sagt, in der Schönheit der Schöpfung kann wie im
Spiegel die Schönheit Gottes des Schöpfers erkannt werden. Platon, der
der besondere griechische Philosoph der Liebe und Schönheit war,
bezeichnete alles Wirkliche in dieser Sinnenwelt als bloße Schatten oder
Abbilder oder einen Abglanz der wirklichen geistigen Urbilder, der
geistigen Ideen. Theologisch gesprochen, sind alle Dinge geschaffen nach
den Idealen dieser Dinge, die im Gedanken der Weisheit Gottes geistig
existieren. Gott denkt sich die Dinge in Vollkommenheit, diese Gedanken
der Vollkommenheiten sind allesamt in Gottes Geist. In Gottes Geist sind
alle Schönheiten, dorther stammen sie, Gottes Schönheit spiegeln sie
wieder, und in Gott soll ihre Schönheit vollendet werden. Eine schöne Frau
zum Beispiel ist ein Abglanz der Schönheit Gottes. Das geistige Ideal der
schönen Frau existiert von Ewigkeit zu Ewigkeit im Geist Gottes oder in
der Weisheit Gottes. Gott ist die Urgottheit der Urschönheit, die schöne
Frau ist der Spiegel dieser göttlichen Urschönheit. Je transparenter die
Frau für die Güte und Liebe Gottes wird, desto durchlässiger wird sie auch
für die Schönheit Gottes. Je mehr sie von Gottes Liebe und Güte erfaßt
wird und erfüllt und verwandelt in eine Heilige oder Gott-Ähnliche, desto
schöner wird sie, weil sie gleichsam übergossen wird mit dem Licht und
dem Liebreiz der göttlichen Schönheit. Darum ist Maria als die am
allerinnigsten
mit Gott vereinigte Frau auch die Schönste aller Frauen. Ja, der Papst
Johannes Paul der Große bezeichnete Maria als den Spiegel der göttlichen
Schönheit. Aber Maria ist der einzigartig makellose Spiegel der göttlichen
Schönheit. Jede schöne Frau ist ein Spiegel der göttlichen Schönheit.
Darum betete ich auch einmal auf dem Weg zu dir die Perlenschnur des
Rosenkranzes so: „Sei gegrüßt, Maria, du Spiegel der göttlichen
Schönheit, segne meine Schwester, den Spiegel der göttlichen Schönheit.“
Jetzt in unserem irdischen Leben erkennen wir die Urgottheit der
Urschönheit nur wie im Spiegel oder im Gleichnis oder Abbild, aber Jesus
verheißt uns, daß wir im ewigen Leben die göttliche Schönheit schauen
von Antlitz zu Antlitz, und dieses Schauen wird ewige Glückseligkeit sein.
16
Im ersten Buch der Könige ist mir einmal aufgefallen, daß dort zwei
Töchter Salomos namentlich erwähnt werden. Als ich nun bei unserem
Weihnachtsfest eure beiden Töchter beobachten durfte, sind mir
gewissermaßen die beiden Töchter Salomos leibhaftig-lebendig und
gegenwärtig geworden. Der Name der Mutter ist nicht überliefert. Salomo
heiratete ja die Tochter des Pharao und holte sie in die Stadt Davids, aber
sie sollte nicht in der Stadt Davids, das ist Zion, bleiben, denn dort war die
heilige Bundeslade, es sollte keine Frau in der Burg sein, wo sie, die
heilige Bundeslade, wohnte. Salomo baute für die Tochter des Pharao ein
eigenes Haus aus Zedernbalken und Zypressenbrettern, ausgelegt mit
schwarzen Teppichen Salomos und ausgestattet mit Säulenschäften mit
Lilienverzierung, daran Ketten hingen von goldenen Granatäpfeln. Er
nannte sie fortan Schullammyth, das heißt: die Friedsame oder die
Friedliche oder die Fürstin des Friedens, das ist die weibliche Form von
Schelomo oder Schlomo, dem Friedsamen oder Friedlichen oder
Friedefürsten, oder auf Deutsch: Friedrich. Schalom ist die Wurzel dieser
beiden Namen und bedeutet nicht nur Friede, sondern auch Wohlergehen
und Fülle des Heils, der Gesundheit und des Lebens. Schalom als Gruß
kann man mit: Friede sei mit dir! übersetzen, aber auch mit: Heil! Daß
Schelomo und Schullammyth so gleiche Namen tragen, zeigt, daß sie ganz
ein vereinigtes Liebespaar waren. So hießen Adam und Eva im Paradies
Isch und Ischscha und so hießen bei den Germanen der Gott und die Göttin
Freyr und Freyja (Fraue), so heißen bei den Persern die Göttin Mithra
(Erste Mutter) und ihr Sonnengott Mithras. Die Liebe von Schelomo und
Schullammyth war also eine vollkommene Liebe von Mann und Männin
oder Herr und Herrin, gleich würdig, einander ebenbürtig, gewissermaßen,
wie es in der Ehe sein soll, Ein Fleisch geworden mit Leib und Seele. Nun
wird von dem Fürsten des Friedens, nämlich dem Messias, gesagt, daß er,
Jesus, mehr ist als Salomo, nämlich der wahre König des Friedens, und so
sage ich von Unserer Lieben Frau Maria, daß sie mehr ist als Sulamith,
nämlich die wahre Freundin ohne Flecken und Fehler, nämlich die
Unbefleckte Empfängnis oder Makellose Konzeption, die sich selbst in
unserer Zeit als die Königin des Friedens vorstellt, wobei die Freunde Jesu
und Mariens bekennen, daß Jesus und Maria gewissermaßen Ein einiges
Herz haben, nämlich das Herz der bedingungslosen Liebe Gottes. Aus
dieser Hochzeit also von Herr und Herrin, von Schlomo und
Schullammmyth, sind zwei Töchter hervorgegangen. Ihre Namen sind
Tafath und Bosmath oder Baschemath. Tafath bedeutet Tröpfchen oder
Tropfen, insbesondere Tropfen der Salbung oder Ölung. Bosmath oder
Baschemath bedeutet Duft oder Wohlgeruch. Da in der Heiligen Schrift
Nomen immer auch Omen ist, sind diese beiden Töchter Salomos und
Sulamiths besondere Trägerinnen des Heiligen Geistes. Zum einen Tafath
als Salbentröpfchen oder Salböltropfen bezeichnet die Salbung des
Heiligen Geistes, welche nach einer heiligen Salbenmischung über
Könige, Priester und Propheten ausgegossen wurde, daß diese fortan die
Gesalbten des Herrn waren. Der Gesalbte des Herrn ist der Messias. Aber
auch die im Dienste des Messias sind die Gesalbten des Herrn, gesalbt mit
der Taufe des Heiligen Geistes, wie sie ausgegossen wurde im Ersten
Pfingsten oder heute im neuen Pfingsten der Liebe. Die einen meinen nun,
daß im Sakrament der Firmung als der Salbung mit dem heiligen Salböl
Chrisam oder Myron der Getaufte in besonderer Weise mit dem Heiligen
Geist versiegelt wird, um ein lebendiges Zeugnis Jesu in dieser Welt zu
sein, und die anderen meinen, daß durch Lobpreis und Anbetung und
Zungenrede als Charismen des Heiligen Geistes eine besondere Feuertaufe
mit dem Heiligen Geist geschieht, wodurch der geistgetaufte Christ ein
freudiges Zeugnis der Kraft des Heiligen Geistes in dieser Zeit wird.
Auffällig ist aber, daß Tafath oder Salbtröpfchen nicht die Gesalbte
bezeichnet, sondern die Salbe selbst, das heißt den stofflichen Träger des
Heiligen Geistes, gewissermaßen das Sakrament des Heiligen Geistes.
Dabei muß ich an den reformatorischen Theologen Valentin Weigel
denken, der als Protestant die Überschattung Mariens mit dem Heiligen
Geist so deutete, daß Maria gewissermaßen eine Inkarnation des Heiligen
Geistes ist. Zumindest scheint Maria in besonderer Weise Trägerin des
Heiligen Geistes zu sein, daß sie von der Kraft Gottes schwanger
geworden ist. So meint ein brasilianischer Theologe, daß es insbesondere
das weibliche Geschlecht ist, daß offen für den Heiligen Geist ist. Der
Heilige Geist oder die Ruach ha kadosch, im hebräischen ein weiblicher
Begriff, ist Hauch oder Atem Gottes. Im Hebräer-Evangelium, einer
Apokryphe, die von den Kirchenvätern löblich erwähnt wird, ruft Jesus die
Ruach als seine Mutter an, und es heißt: Und die Ruach ergriff Jesus bei
den Locken. Tafath ist also marianisch, feministisch und charismatisch.
Das ist die erste Tochter Salomos und Sulamiths. Sie ist eine emanzipierte
Frau der Gnadenzeit des neuen Pfingsten der Liebe! Nun zu Bosmath oder
Baschemath. Zuerst findet sich der Name Bosmath in der Genesis, da von
Esau oder Esaw (dem Rauhen) berichtet wird, daß er im Alter von vierzig
Jahren zwei hethitische Frauen zu Ehefrauen nahm, nämlich Judith und
Bosmath. Judith bedeutet die Jüdin schlechthin oder Juda in weiblicher
Gestalt. Judith ist im Buch Judith eine Retterin des Gottesvolkes wie
Esther im Buch Esther und wie die apokalyptische Frau im zwölften
Kapitel des Buches der Offenbarung, nämlich die Maria des christlichen
Gottesvolkes. Wie Esther den Gegenspieler Haman überwindet, so
überwindet Judith den Gegenspieler Holofernes, so überwindet die
apokalyptische Frau Maria den Gegenspieler Satan, den Drachen, die alte
Schlange. Bosmath aber, die andere Ehefrau Esaus oder Esaws, bedeutet
Duft oder Wohlgeruch. Nun aber zu der anderen Tochter Salomos,
Bosmath oder Baschemath. Man muß dabei unbedingt an eine Rose
denken, hebräisch Schoschannah, die für ihren Duft und Wohlgeruch bei
allen Völkern berühmt ist. Die Rose ist zu einem Bild der katholischen
Poesie für Maria geworden, sie ist die mystische Rose, die geheimnisvolle
Rose, die edle Rose, die Himmelsrose, die Rose ohne Dornen. Sie
verströmt den Wohlgeruch des Heiligen Geistes. So sagte einmal ein
Priester über die Art und Weise, Zeuge der Liebe Gottes in dieser Welt zu
sein, wir sollten nicht mit überredenden Worten die Menschen bedrängen,
sondern wie eine Rose den Duft der Liebe Gottes verströmen. So spricht
auch das Evangelium von dem Duft, den die Christen verströmen, da ist
die Rede von einem Wohlgeruch des Lebens aus dem Glauben und eine
Gestank des Todes aus der Gottlosigkeit. So scheint mir Baschemath als
die andere Tochter Salomos und Sulamiths wieder eine ganz besondere
marienähnliche Frau zu sein, die als Rose Gottes (Schoschanna) den Duft
der göttlichen Liebe oder den Wohlgeruch des Heiligen Geistes ausströmt.
Wieder steht hier das Weibliche in besonderer Beziehung zum Heiligen
Geist, der als dritte göttliche Person mit der Gottesqualität der göttlichen
Liebe in Beziehung gebracht wird. Der Vater ist die Allmacht, der Sohn ist
die Weisheit, der Heilige Geist ist die Liebe. Hier ist die marienähnliche
Gläubige Trägerin des Heiligen Geistes oder der schönen Liebe, der
ewigen Liebe, der göttlichen Liebe. Damit sind wir wieder bei einer
emanzipierten Christin als prophetischem Gefäß des Heiligen Geistes in
der apokalyptischen Gnadenzeit des neuen Pfingsten der Liebe!
17
Liebe Schwester!
Dein inneres Kind, dem du aus der Tiefe deines Unbewußten den Namen
Mora gegeben hast, ist gewissermaßen dein Selbst, zusammengesetzt aus
Bewußtheit und Unbewußtheit. Das Selbst der Frau wird in der
Tiefenpsychologie dargestellt als eine dunkle Erdmutter und ein
himmlisches Mädchen. Es drückt sich aus in dem matriarchalen Mythos
von Demeter, der dunklen Erdmutter, und ihrer Tochter Kore, dem
göttlichen Mädchen oder der himmlischen Jungfrau. Dies ist der
Doppelaspekt des weiblichen Selbst. In der Heiligen Schrift, der Bibel als
dem Buch der Selbstoffenbarung Gottes, ist die Rede von der Ewigen
Weisheit, Hagia Sophia, der göttlichen Weisheit, die dem Weisen
„entgegenkommt wie eine Mutter und eine junge Braut“. Hier ist auch
ausgesprochen der Doppelaspekt des Göttlichweiblichen, das in der Bibel
Sophia heißt. Ich wollte aber vor allem dem Namen Mora auf den Grund
gehen. Zuerst fand ich in meinen Forschungen, daß Mora ein international
verbreiteter weiblicher Vorname und auch ein Nachname ist, daß es
sowohl in Schweden, als auch in Italien und Portugal und Amerika Orte
namens Mora gibt. Desweiteren sind Urlaubshäuser mit dem Namen Mora
zu erwähnen. Das kommt vermutlich daher, daß Mora im Lateinischen
Ruheort oder Aufenthalt heißt. Wir wollen dabei festhalten, daß Mora
etwas mit Ruhe zu tun hat. Im Italienischen bezeichnet Mora die
Brombeere oder Maulbeere, aber vor allem das Schwarz der Beere wird
damit bezeichnet, denn Mora im Italienischer bedeutet auch Negerin oder
Mohrin. Mora heißt also die Schwarze. Das führte mich zu der
Verkleinerungsform von Mora, im Spanischen heißt die kleine Mora
nämlich Morenita. Morenita nennen die Mexikaner und überhaupt alle
Indios Lateinamerikas die Jungfrau von Guadelupe, wegen ihrer braunen
Hautfarbe wird die Jungfrau Morenita genannt, nämlich braunes Mädchen.
Johannes Paul der Große nannte die Jungfrau von Guadelupe zärtlich
Morenita mia, mein kleines braunes Mädchen. Sie war seine geistige
Geliebte und die Muse seiner Künstlerseele. Sie hat ihn auch in seinem
Tod besucht und in den Himmel geführt, davon bin ich persönlich
überzeugt. Die Morenita, das braune Mädchen, oder Mora hängt also mit
der Schwarzen Madonna zusammen. Darauf komm ich noch zurück.
Zuerst ist mir noch aufgefallen, daß Mora verwandt ist mit dem
lateinischen Wort Mare, dem Meer. Das mare tenebrarum ist das Meer der
Dunkelheit. Mare und Mora sind beides Mutterworte. Die Mehrzahl von
Meer, Mare, ist nämlich lateinisch Maria, die Meere. Das Meer wird
immer als Mutter gesehen, wie im Französischen La Mer, das Meer, sich
reimt auf La Mère, die Mutter. Überhaupt ist allein der Anfangsbuchstabe
M ein Buchstabe der Mütter. Der Buchstabe M heißt im hebräischen Mem
und bedeutet das Meer und die Mutter. Rainer Maria Rilke ersann ein
Sternbild M, das die Mütter bedeutet, wie er schrieb. So hieß die Mutter
des Konfuzius Ma, die die Verkündigung seiner Empfängnis von einem
weißen Einhorn empfangen hat. Die Mutter des Buddha hieß Maya, die die
Seele Buddhas in Gestalt eines himmlischen weißen Elefanten empfangen
hat. Die Mutter Jesu heißt Maria, die Jesus durch den Heiligen Geist
empfangen hat, der gewöhnlich mit einer Taube in Verbindung gebracht
wird. Ma, Maya und Maria, das ist das M der Mutter. So auch Mora ist ein
Muttername. Aber Mora ist die schwarze Mutter, wie ich meine. Das
bedeutet die Morenita mia, mein braunes Mädchen als Schwarze
Madonna. Aber ich muß auch an die Fata Morgana denken, die Fee
Morgana. Die Fee Morgana ist die christianisierte Form der keltischen
Göttin Morrigen. Diese stand in Beziehung zu den schwarzen Raben des
Schicksals und war eine Todesgöttin. Hier taucht also der matriarchale
Mythos der schwarzen Göttin auf. Nach den Theorien der Anhängerinnen
des Matriarchats bezeichnet die schwarze Göttin die weise alte Frau, die
die Herrin ist über das Schicksal, die Magie, das Orakel, den Tod, das
Abwickeln des Lebensfadens, das Spinnrad als Rad des Schicksals, die
Wiedergeburt, das Jenseits. Ihr Symbol ist die Eule als Nachtvogel der
Weisheit, denn die schwarze Göttin ist die Göttin der Weisheit und der
Inspiration. Die schwarze Göttin ist also die Muse der Künstler. Hier
erinnere ich dich daran, daß Johannes Paul die schwarze Jungfrau Maria
seine Muse nannte. Ein Symbol der schwarzen Göttin ist auch der
Todesapfel und das Jenseits als Apfelgartenparadies. Hier ist nämlich die
eigentliche Heimat der Fee Morgana, das Apfelgartenparadies des Jenseits,
oder das Reich Avalon jenseits der Nebel, wohin der sterbende König
Arthus gebracht wurde. Die schwarze Göttin hängt also mit dem Tod und
dem Jenseits zusammen. Das erinnert wieder an die lateinische Bedeutung
des Wortes Mora, nämlich Aufenthalt oder Ruheort. Ruhe in Frieden, so
wünscht man den abgeschiedenen Seelen, und betet: und das Licht der
ewigen Ruhe leuchte ihnen. – Dann forschte ich auch in der Heiligen
Schrift, ob das Wort Mora dort angedeutet wird. Was ich jetzt schreibe, ist
nicht wissenschaftlich gesichert, sondern pure künstlerische Intuition.
Zuerst mußte ich an die alte Witwe Noomi denken, das bedeutet, die
Liebliche, die als Witwe sagte: Nennt mich nicht mehr Noomi, die
Liebliche, sondern Mara, die Bittere. Mora und Mara scheinen doch
verwandt zu sein. So wird der Name Maria manchmal auch hergeleitet aus
Marjam, nämlich Mara, die Bittere, und Jam, das Meer. Dann kam ich im
Ersten Buch Moses zu einem Hain namens More. Der Stammvater des
Monotheismus, auf den sich Juden, Christen und Muslime berufen,
nämlich Abraham, dem Gott sich offenbarte, weilte in dem Hain More.
Der Hain lag in Kanaan, das war eine heidnische Landschaft mit
Fruchtbarkeitsgöttern und Göttinnen. Sie ehrten ihre Götter und Göttinnen
in heiligen Hainen und auf heiligen Hügeln. Der Hain More war solch ein
heiliger Hain auf einem heiligen Hügel, vielleicht sogar einer Göttin
namens More geweiht? So wurde die heidnische Göttin der Araber, Allath,
auch in Gestalt eines heiligen Lebensbaumes verehrt. Aber in ihrem
Aspekt als schwarze Göttin oder weise alte Frau wurde sie in Gestalt eines
schwarzen Steines verehrt. Diesen schwarzen Stein der Todes- oder
Schicksalsgöttin Allath-Manath brachte Mohammed in das Heiligtum von
Mekka. Noch heute bezeichnen sich die Wächter von Mekka als Diener
der Alten Frau. Hier lebt also das Gedächtnis an die Schicksals- und
Todesgöttin weiter. Aber ich fand noch einen dritten Namen im Alten
Testament, der mit Mora in Beziehung zu stehen scheint, nämlich den
heiligen Berg Morijah. Morijah setzt sich zusammen aus Mori und Jah, Jah
ist Gottes Name, nämlich Jahwe, ICH BIN DER ICH BIN. Mori-Jah wird
übersetzt mit: Der, den Jahwe sieht. Aber vielleicht hängt Mori auch mit
Mora-Mara-More zusammen, nämlich dem Schwarzen und dem Tod und
der ewigen Ruhe? Nämlich der heilige Berg Morijah ist der, wo Abraham
meinte, seinen Sohn Isaak opfern zu sollen, wo ihm aber Gott in die
Opferhandlung einfiel durch einen Engel und offenbarte, daß Gott keine
Menschenopfer will. Gott spricht im Alten Testament immer wieder davon,
daß ihm die Menschenopfer der heidnischen Völker ein Greuel und eine
widerliche Abscheulichkeit sind! So ist also der Ort Morijah ein heiliger
Berg des Todes, des Opfers, ja, auch des göttlichen Verbots der
Menschenopfer. Auf diesem Berg Mori-jah stand später der Tempel von
Jerusalem, der Tempel Salomos, als der Wohntempel Gottes. Heute steht
nur noch die Klagemauer dieses Tempels, dafür steht der muslimische
Felsendom auf diesem Berg. Hier vor den Toren Jerusalem ist auch Jesus
gekreuzigt worden, das einzige Lammesopfer Gottes, das alle anderen
Menschenopfer und Tieropfer abgeschafft hat, durch das Selbstopfer
Gottes ersetzt. Gott hat sich in seinem Sohn selbst geopfert, um den Tod zu
überwinden durch das Sterben Gottes und durch das Auferstehen Gottes
den Menschen ewiges Leben zu schenken, also Mora: Das Jenseits, die
Geburt ins ewige Leben, das Apfelgartenparadies, den ewigen Ruheort.-
Die schwarze Göttin hält die Waage des Seelengerichts im Tod. Die
schwarze Göttin ist die Herrin über Intuition, Kunst, Weisheit. Ihr Thema
ist die Transformation des Menschen im Tode. Von der schwarzen Göttin
führt ein Weg zur Schwarzen Madonna. Die Schwarze Madonna sagt im
Hohenlied Salomos von sich selbst als die schöne Geliebte: Ich bin
schwarz und schön. Sie sagt nicht, wie es in den Bibelübersetzungen steht:
Ich bin schwarz, aber schön – sondern sie sagt: Ich bin schwarz und
anziehend! Die schwarzen Juden und überhaupt die Schwarzen fassen das
zusammen in dem Wort: Black is beautiful! Die Schwarzen sind nicht, wie
Rassisten sagen, zwar außen schwarz und häßlich, aber haben innen eine
weiße, reine, heilige Seele. Nein, sie haben eine schwarze Seele, eine
schwarze, schöne, anziehende Seele. So in Äthiopien in der koptischen
Kirche werden die Teufel weiß gemalt und die Engel schwarz. Sulamith,
die Geliebte des Hohenliedes in der Bibel, ist schwarz und schön! Und die
Königin von Saba, die mit dem weisen Salomo über Weisheit diskutierte,
war schwarz und schön! Nun wird in den katholischen Kirchen in allen
Ländern die Schwarze Madonna verehrt. Es gibt die Schwarze Madonna
von Altötting in Bayern, die Schwarze Madonna in der Kupfergasse in
Köln, die Schwarze Madonna in Maria-Einsiedeln, dem Hauptheiligtum
der Schweiz, die Schwarze Madonna von Montserrat im Baskenlande, das
lange als die Gralsburg schlechthin galt, die Schwarze Madonna von
Tschenstochau in Polen, die als Königin Polens gilt und als Göttin (Diva)
auf dem Lichten Berg verehrt wird, unzählige Schwarze Madonnen in
Frankreich und die Schwarze Madonna von Mexiko, die zur Kaiserin der
beiden Amerika erklärt wurde und die Ikone der feministischen und
revolutionären Befreiungsbewegungen Südamerikas geworden ist, eben
die Morenita Mia, die Jungfrau von Guadelupe (die dich von deinem
Klavier anschaut). Ein Theoretiker der matriarchalen Göttin schrieb
einmal, die schwarze Göttin der Weisheit oder die Schwarze Madonna
wird den Menschen zurückführen zu seinem sicheren Instinkt der Liebe,
den er vor langer Zeit durch den Stolz des Intellekts verlor. Ein
Religionshistoriker schrieb über die Schwarze Madonna, als er
frühchristlich-gnostische Manuskripte in der ägyptischen Wüste fand, daß
die schwarze Madonna eine wesentliche übernatürliche Rolle spielt. Man
kann sie beschreiben als Erde, Materie, das Weibliche im Mann und das
Höhere Selbst in der Frau. Bevor nicht Männer und Frauen gleichermaßen
sich dieser uralten Vorstellung der Schwarzen Madonna wieder bewußt
werden und sie in sich selbst integrieren, wird die Menschheit unfähig
sein, die Probleme des Materialismus, des Rassismus und die Aufgabe der
Frauenemanzipation zu lösen. Von der Schwarzen Madonna muß man
dann die Linien ziehen zu den frühchristlichen Gottesbildern, da die
göttliche Mutter auch Weisheit (Sophia), Heiliger Geist (die Ruach) und
Gott genannt wurde. Ja, die jüdischen Christen der ersten Zeit beteten zum
Heiligen Geist als der mütterlichen Geistigkeit (Ruach ha kadosch), als zur
göttlichen Mutter. Denn Sie – ist Gott! Ein Wort, fand ich, traf dies alles
hier von mir beschriebene, besonders schön: Die Schwarze Madonna
verweist auf „das Faszinierende des Geheimnisvoll-Göttlichen als des ganz
Anderen“...
18
Liebe Schwester!
Wie die Frau ein Gleichnis Gottes ist, will ich eine Blumenpredigt der
schönen Gottheit schreiben. Beginnen wir bei Jesus, der zu seiner
geliebten Jüngerin Susanna sagte: Siehe, Schoschannah, meine Braut,
siehe die Lilien (Schoschannim), sie weben nicht, sie spinnen nicht, und
doch ist jede von ihnen schöner gekleidet als Schullammyth in ihrer
feinsten Seide! – Die Jüngerin des Meisters Susanna führt zu der Susanna
des Alten Testaments. Zwei Älteste der Gemeinde suchten sie lüstern zu
verführen, doch blieb sie rein und unberührt ihrem Gemahle treu. Es ist ein
beliebtes Motiv der Künstler der Renaissance, wie Susanna in ihrem
Garten ein Bad nimmt. Die Ältesten der Gemeinde verbergen sich in den
Sträuchern, zu spionieren die liliengleiche Gestalt der schönen nackten
Susanna aus. Aber der Prophet Daniel erkannte die ehebrecherischen
Begierden der Ältesten der Gemeinde und verteidigte die unbefleckte
Keuschheit der Susanna, der Lilie. Die Lilie, Schoschannah, ist ein Symbol
der Keuschheit, die in der Berufung zur Ehe bedeutet, die Treue Gottes in
der ehelichen Treue zu leben und die Liebe Gottes in der ehelichen Liebe.
Das ist die eheliche Keuschheit, die den Eros in das innerste Brautgemach
der Ehe verweist, wo der gottgewollte Eros seine Hochzeitsfackel zünden
möge! Daß Susanna aber im Garten badete, bedeutet auch ein Gleichnis
auf das Paradies. Denn der nackte Leib der liliengleichen Susanna im Bad
im Garten ist ein paradiesisches Bild der makellosen Reinheit und
Schönheit und Liebe und Wonne! Der eigentliche Gemahl Susannas im
Garten ist Gott der Herr, der die unbefleckte Lilie Susanna zu seiner
Geliebten, Braut und Ehefrau erwählt hat. – Von Susanna, der Freundin des
Propheten Daniel, komme ich zum Schloß Susan, dem Schloß des
persischen Königs. Hier lebte das jüdische Mädchen Esther, das bedeutet
Morgenstern, in dem Schloße Susan im Harem der Frauen, unter der
Aufsicht des Eunuchen im Harem der Frauen. Sie wurde mit Myrrhe und
Narde gesalbt und mit Schönheitsmitteln gepflegt, bis sie die Schönste
aller Frauen war. Und der König hatte Gefallen an Esthers Schönheit und
liebte sie und erwählte sie zu seiner Braut und sprach: Bitte von mir, was
du willst, und sei es auch die Hälfte des Königreichs, ich will es dir geben!
Das Harem der Frauen im Schloß Susan ist also ein Schloß der Lilien, der
unberührten Jungfrauen, die sich bereiten für die Hochzeit mit dem König.
Das Harem der Frauen im Schloß Susan ist auch ein Schloß der Rosen,
nämlich der Geliebten und Lieblinge des Königs, ein Palast der Liebe und
Schönheit. So ist das Schloß Susan auch zu einem Bild des Paradieses oder
der Braut des Lammes, nämlich der himmlischen Jerusalem, geworden. –
Kommen wir zum „Allerheiligsten“ der Heiligen Schrift, nämlich dem
Hohenliede Salomos. Salomo nennt dort seine Geliebte Lilie unter Disteln,
er nennt also die Braut Sulamith eine Schoschannah unter den Disteln,
Dornen und Nesseln der anderen Frauen. Sulamith selbst sagt von sich: Ich
bin die Schoschannah, die Lilie des Tales! Der Dichter Salomo preist seine
Schwester und Freundin Sulamith als einen Lustgarten, ein
Gartenparadies. Die Blumen, die das Lustgartenparadies beschreiben, sind
gleichzeitig Beschreibungen der Geliebten. Die Blumen des Hohenliedes
sind lauter exotische Blumen von idealer Schönheit, wie sie im alltäglich-
wirklichen Garten in Israel nicht vorkamen. Der Dichter vergleicht also die
Geliebte einem Lustgartenparadies von Sandelholz, Ebenholz, Elfenbein,
Pfirsichblüten, Feigen, Pflaumen, Lotosblumen, Orchideen, Aloe, Ylang-
Ylang, Jasmin, Rosen, Lilien, Zimt. Der Dichter würde etwa schreiben:
Meine Schwester, du bist die Schoschannah unter den anderen Frauen.
Dein Haar ist braun wie Zimt und rötlich wie Henna, deine Augen gleichen
den Blumen des Himmels, deine Zähne sind von Elfenbein, deine Lippen
sind Blütenblätter roter Rosen, vom Tau betaut, deine Brüste gleichen
Granatäpfeln, deine Gestalt ist schlank wie eine Palme, dein Schoß ist wie
eine Schale mit Wein aus Shiraz, die nie des berauschenden Rebenblutes
für deinen Gemahl ermangelt! – Wenn der weise Dichter Salomo aber
seine Schwester Sulamith als Paradies besingt, so besingt er in Wahrheit
seine eigentliche Ehefrau, die göttliche Sophia. Der Lebensbund Salomos
mit der göttlichen Sophia ist im Buch des Weisheit Salomos
ausgesprochen. Salomo sagt: Sie hab ich gesucht von Jugend an, ich habe
ihre Schönheit liebgewonnen und suchte, sie als Braut heimzuführen. Da
nahm ich sie zu meiner Lebensgefährtin und schloß den Bund mit ihr. Der
katholische Heilige Grignion de Montfort schrieb in seinem Buch über die
Ewige Weisheit: Wenige beschlossen ernsthaft, Frau Weisheit
heimzuführen, bei vielen ist es nicht mehr als ein frommer Wunsch. Wer
kann schon wie Salomo sagen: So beschloß ich...? Die Ehe mit Sophia ist
eine mystische Ehe, aber eine wirkliche Ehe, nur für die Kinder der Welt
ist das nicht zu begreifen. Diese göttliche Sophia oder die Weisheit Gottes
(das ist Christus) besang Salomo als sein Paradies. Hier trifft die Rede
wieder, das die Geliebte dem Liebenden ein Paradies ist! Und die göttliche
Geliebte ist eben das wahre und ewige Paradies des Himmels! – Nun will
ich beweisen, daß Sophia eine wahre Schoschannah ist. Ob nun
Schoschannah mit Blume, Lilie oder Rose zu übersetzen ist, weiß ich nicht
genau zu sagen. Sophia aber stellt sich selbst im Hohelied der Weisheit im
Buch Jesus Sirach als Lebensbaum und Blume vor. Sie vergleicht sich den
Zedern und Zypressen, Olivenbäumen und Palmen, Eichen und Oleander,
der Rose von Jericho, dem Myrrhestrauch und dem Zimt. Sophia sagt also
in der Selbstoffenbarung in der Heiligen Schrift selbst: Ich bin ein
Lustgartenparadies für meinen Geliebten! So ist es auch zu verstehen, daß
der heilige Grignion von Montfort Maria, als einen Spiegel der göttlichen
Sophia, das wahre Paradies des Christen nennt. Er sagt, der Schoß Mariens
ist ein seligerer Aufenthaltsort als der Schoß Abrahams, der Schoß Mariens
ist der Ruheort der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, der Schoß Mariens ist der
Lustort Gottes und das Paradies der Erlösten! So sah der Dichter Dante in
seiner Göttlichen Komödie am Ende seiner Wanderung durch das Paradies
die weiße Himmelsrose. Himmelsrose oder mystische Rose oder
geheimnisvolle Rose ist in der katholischen Poesie ein Name Mariens. Wie
die Blütenblätter sich im Kreisen, Zyklen und Spiralen um die Mitte
ordnen, so ordnen sich in der weißen Himmelsrose die seligen Geister der
Erlösten in Sphären und Spiralen tanzend um die Zentralsonne Gottes, das
ewige Licht der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, das die ewige Liebe ist. So
kann man frei nach einem indischen Dichter sagen, daß die Rose ein
Zeichen der schönen Liebe Gottes ist, daß die Rose als Blume der Liebe
ein Paradiessymbol für den Schoß der Gottheit ist. Der Schoß der Gottheit
ist aber die Quelle, aus der alles Leben geflossen ist, und der Schoß der
Gottheit ist auch das Ziel, in den alle Erlösten eingehen werden, um in der
Vereinigung mit der Gottheit der Schönen Liebe selbst vergöttlicht zu
werden und Anteil zu haben an dem glückseligen Wesen der göttlichen
Natur. Die mystische Schoschannah, mit einem Wort, ist also Anfang und
Ende, der Schoß der göttlichen Liebe!
29
Lieber Bruder!
20
Liebe Schwester!
Maria brachte ich vergangenes Jahr zu Sankt Valentins Tag zu ihrem Bild
eine chinesische Rose aus Seide, eine Pfingstrose, eine Rose ohne Dornen,
denn Maria ist die Rose ohne Dornen, oder wie die Bibel sagt: Die Ehe mit
ihr bereitet keinen Liebeskummer und keinen Verdruß, sondern lauter
Wonne und Seligkeit. Nun aber will ich dieses Jahr zu Sankt Valentins Tag
etwas schreiben über die Königin der Rosen. Nach dem Zweiten Weltkrieg
ist Maria in Deutschland erschienen, in Heroldsbach. Viele tausend
Menschen sahen die Sonne am Himmel tanzen und Maria aus der Sonne
erscheinen und zur Erde kommen. Sie sprach dort in einem
Birkenwäldchen mit sieben Kindern und gab die Botschaft, die Menschen
sollten beten, beten, beten, dann könnten Kriege verhindert werden. Die
Kinder sahen Maria in übernatürlicher Schönheit, auf ihren Füßen blühten
Rosen. Maria sprach: „Ich bin die Königin der Rosen.“ Am nächsten Tag
sagte sie: „Verwechselt das nicht mit der Rosenkranzkönigin, ich bin die
Rosenkönigin.“ Da sahen die Kinder um die Madonna viele Rosen, immer
abwechselnd eine rosane Rose, eine gelbe Rose und eine rote Rose. Diese
Maria von Deutschland wird nun, wie passend für die Deutschen, das alte
Volk der Dichter und Denker, als Mutter der göttlichen Weisheit verehrt.
Aber was heißt: „Ich bin die Königin der Rosen“? – Ich hörte einmal,
wenn ich mich recht erinnere, den Unterschied zwischen der Edelrose und
der Wildrose. Die eine hat sieben Blätter und die andere fünf. Fünf Blätter
hat die Rose, denn fünf Geheimnisse hat der freudenreiche Rosenkranz,
fünf Geheimnisse hat der schmerzensreiche Rosenkranz, fünf Geheimnisse
hat der glorreiche Rosenkranz, das sind die Geheimnisse Jesu, mit dem
Herzen der Mutter Maria betrachtet. Sieben Blätter hat die Rose, weil
sieben die Zahl der Vollkommenheit ist, vor dem Throne Gottes sind
sieben Geister, das ist der Heilige Geist, es gibt sieben Gaben des Heiligen
Geistes, Christus, das Opferlamm der Menschheit, hat sieben Hörner als
Zeichen seiner Macht und sieben Augen als Zeichen seiner Allwissenheit.
Das Buch der Offenbarung ist ein Buch mit sieben Siegeln, das nur
Christus öffnen kann. Maria wurde bei der Kreuzigung Jesu mit sieben
Schwertern der Schmerzen in ihrem Herzen durchbohrt, sieben Schmerzen
litt Maria in ihrer Passion bei der Passion Jesu. Die Passion Jesu und das
Mitleiden Mariens bringen mich zu der Rose, die Bloody Mary heißt.
Jesus hat durch sein blutiges Sterben den Tod überwunden und das Tor des
ewigen Lebens aufgestoßen. Maria hat aus Mitleid mit dem Todesleid des
Sohnes in ihrem Mutterherzen blutige Tränen geweint, sie hat in ihren
Schmerzen ihr Mutterherz allen Menschen geöffnet. Das ist die Bloody
Mary. Diese Rose heißt nun heute aber Freiheit. Das Paradox des Glaubens
besagt, daß der Mensch erst wahrhaft frei wird, wenn er sich an Gott
bindet. Dann wird er frei von allem und jedem, denn der Geist Gottes ist
die Freiheit. Die Weisheit Gottes weist den Weg in unserer Zeit, sich an
das Herz Mariens zu binden, um in Maria dem Heiligen Geist verbunden
zu sein, der frei macht, der weht, wo er will, in dem die Freiheit ist, denn
er ist der Geist der Wahrheit, und Jesus sagt: Die Wahrheit wird euch frei
machen. Die Bindung an Maria gleicht der Bindung eines Sklaven an seine
Herrin, aber das ist die Garantie der göttlichen Freiheit. Das ist die Rose
Freiheit. Aber du pflanztest in deinem Garten auch die Rose New Dawn,
die neue Morgenröte. Maria wird auch als die Morgenröte bezeichnet, die
den Morgenstern Christus hervorbringt, oder als Morgenstern Maria, der
der Sonne Christus vorangeht. Es wird gesagt, daß Maria als Neue Eva und
Christus als der Neue Adam das verschlossene Paradies wieder eröffnet
haben und gleichsam in Maria und Christus eine neue Schöpfung beginnt,
das ist die Rose der Morgenröte einer neuen Schöpfung, einer neuen, mit
Gott vereinigten Menschheit, das kommende Reich Gottes. Maria ist auch
in unserer Zeit die Morgenröte einer neuen Zeit, die Morgenröte eines
neuen Zeitalters der Gnade, denn sie sagt: Sagt jetzt Ja zu Jesus, denn es ist
eine Neue Zeit, eine große Gnadenzeit, in der sich alle zu Jesus bekehren
können. Maria ist die goldene Morgendämmerung des neuen Zeitalters, der
Morgenstern der neuen Zeit. Aber als die du Rose New Dawn gepflanzt,
sagtest du, beinahe hättest du die Rose Marion gepflanzt. Marion ist aber
ein französischer Kosename Marias. So sind in allen Ländern Kosenamen
Marias entstanden, und jeder Mensch kann eine so innig und intim
vertraute Liebesbeziehung zu Maria eingehen, daß für die intime
Vertrautheit nur noch ein zärtlicher Kosename angemessen ist. So nannte
Johannes Paul Maria zärtlich Morenita Mia, mein kleines braunes
Mädchen. Denn wie Christus die Liebe Gottes offenbart, so offenbart
Maria gewissermaßen die Zärtlichkeit Gottes, die Zärtlichkeit einer Braut
des Mannes oder einer Schwester und wahren Freundin der Frau. Darum
gibt es auch eine Rose namens Johannes Paul, weil er der Minnefreund der
Königin der Rosen war, denn er sah seine Morenita, die schwarze
Madonna, als seine Schwester und geistige Braut. Er ist durch alle Länder
der Erde gereist, alle ihre Heiligtümer zu besuchen und die ganze Erde und
die ganze Menschheitsfamilie aller Völker der Madonna anzuvertrauen.
Ich muß auch denken an die Hagebutten oder Heckenrosen, die auf der
Insel Baltrum so zahlreich wachsen, daß die Insel das Dornröschen der
südlichen Nordsee heißt. Die Heckenrose heißt auch Weinrose, denn der
Wein ist wie die Rose ein Symbol der Liebe, der Ekstase, der Glut und der
Hingabe. Die Heckenrosen umschließen einen stillen friedlichen Ort, da
die Seele ruhen kann und träumen. So ist auch oft die Rede von Maria im
Rosenhag, im Rosengarten, als einem abgeschlossenen Paradiesesgarten
oder Lustgarten der Liebe. Der Rosenhag ist ein Hag, das heißt ein heiliger
Hain der Behaglichkeit und der Heiligkeit (Hagia). Es ist auch ein Bild für
den inneren Ort der Seele, den Maria beschützt, und in dem sie als
Herzenskönigin wohnen will, einen inneren Ort der Heiligkeit und
Ganzheit der Seele, wo der Mensch wahrhaft Mensch ist und ganz mit
Gott vereint. So schlummerte auch Dornröschen in einem Schloß, von
Heckenrosen umgeben. Das ist ein Zeichen für den Menschen, der durch
den Fluch der Sünde, das heißt, der Trennung von Gott, wie tot ist. Aber
Christus als der Prinz auf dem Schimmel kommt und küsst die Seele
Dornröschen wach, sie ersteht vom Tod und feiert Hochzeit mit dem
Prinzen, dem Bräutigam Jesus. Nun sah ich bei dir auch noch die
Christrose, die du einpflanzen wolltest. Christus ist auch eine Rose, denn
Christus hat allen die Liebe Gottes verkündet und den Menschen ein
einziges Gebot gegeben: Liebt die Liebe Gottes und liebt die Menschen
alle, wie ihr euch selber liebt. Das ist die Christrose der göttlichen
Menschenliebe. Die Königin der Rosen ist also eine Rose der
Mutterschmerzen Marias beim Kreuz Christi, eine Rose der Freiheit im
Heiligen Geist durch die sklavische Bindung an Maria, eine Rose des
Neuen Zeitalters im Geiste Christi und Marias, eine Rose der Morgenröte
der neuen Schöpfung und neuen Menschheit der Erlösung durch Gott, eine
Rose der inneren Heiligkeit und Vereinigung mit Gott im inneren Garten
der Seele und eine Rose der Auferstehung vom Tode schon in diesem
Leben und eine Rose der spirituellen Hochzeit mit dem Bräutigam
Christus. Dem Mann ist die Rose ein Zeichen der spirituellen Hochzeit mit
der geistigen Braut, der Morenita, der schwarzen Madonna. Und der Frau
ist die Rose ein Zeichen der spirituellen Hochzeit mit Christus, dem
Verkündiger der göttlichen Liebe. Maria als die Rosenkönigin ist also die
Rose des Heils, die Rose des Heilands, die Rose der Liebe Gottes, die
Rose des liebenden Herzens Gottes. Ich schließe mit einem Gedicht an die
Rose Gottes: „O Rose Gottes, rötliche Glut auf dem Saphirglanz des
Himmels, Rose der Freude, Rose der süßen Glut, in sieben Tönen wie in
sieben Ekstasen! Blühe im Herzen des Menschen, du wunderbare Flamme,
du Passionsblume des Unbekannten Gottes, du Blüte des mystischen
Namens Gottes. Rose Gottes, du bist die Blüte der Weisheit auf dem Gipfel
des Daseins, du bist die Rose aus Licht, ein unberührbarer Kern der
heiligen Anschauung Gottes! Lebe auf unserer Erde im Geist als goldnes
Geheimnis und sprieße, du Sonne an der Stirn der Ewigkeit, du Freundin
der vertrauten Stunde! Rose Gottes, du Schwert des siegreichen Wortes, du
Ikone der göttlichen Energie, du Rose der Kraft, mit deinem Diamantglanz
durchdringe das Dunkel! Entflamme in den Herzen der Sterblichen,
zeichne den Heilsplan deiner Wunder in die Seelen der Menschen, dein
Bild der Unsterblichkeit der Seele, das Aufblühen Gottes im Innern des
Menschen! Rose Gottes, du rötliche Wunde des göttlichen
Liebesverlangens, du Rose des ewigen Lebens, dein Kelch gefüllt mit dem
mystischen Wein und deine Farbe getönt mit der Glut der göttlichen Liebe!
Verwandle den sterblichen Körper, wie durch ein machtvolles Wort, mach
unsterblich die Seelen und laß auferstehen das Fleisch in Ewigkeit! Rose
Gottes, verzückte Glut des Errötens auf dem Antlitz der Ewigkeit, du Rose
der göttlichen Minne, du Rubin des Heils, die glühende Sehnsucht der
göttlichen Gnade, glühe du im Herzen des sehnsuchtsvollen Menschen,
das im Abgrund weint, verwandle Himmel und Erde in eine paradiesische
Heimat und mach das ewige Leben zu einem glückseligen Kuß!“
21
Liebes Schwester!
Ich bin ein Minnesänger Gottes. Ein Minnesänger verehrt die Hohe Frau,
ohne sie als Geliebte und Braut zu begehren. Letztlich verehrt der
Minnesänger in der Hohen Frau die Madonna, und in dem er die Madonna
verehrt, verehrt er das weibliche Angesicht Gottes. Als ich dich gesehen
habe, hat mich das tief bewegt und ich sprach auf der Heimreise im Gebet:
Wenn man allen Dingen auf den Grund geht, findet man Gott. Ich habe die
makellose Schönheit gesehen. Wer ist diese makellose Schönheit? Ich habe
die schwarze Madonna gesehen, nicht in ihrer göttlichen Mutterschaft,
sondern in ihrer göttlichen Jungfräulichkeit oder Mädchengestalt. So
sprach ich im Gebet auf der Heimreise. Dann gab mir der Heilige Geist
den Gedanken an die Huri ein, die Paradiesmädchen des Koran. Ich fand
im Kommentar zum Koran, das Huri ein Wort ist, die Paradiesmädchen
bezeichnend, das wörtlich bedeutet: Mit Augen, darin das Schwarze und
das Weiße deutlich ist. Da sah ich im Geist deine schönen schwarzen
Augen. Sie gleichen dem schwarzen Edelstein Onyx. Es sind Augen eines
Paradiesmädchens, denn die Paradiesmädchen heißen auch Schönäugige,
Großäugige und Schwarzäugige, kurz Huri. Die Einzahl von Huri ist
Haura. Und ich nannte einmal eine Frau in meiner Poesie Haura. Nun sehe
ich Haura ganz als inneren Menschen, als bloße schwebende Seele, wobei
ihre Seele der Spiegel meiner Seele ist. Aber du bist mir vorgekommen,
wie die Haura in ihrer Jugendblüte. Du bist also die jugendliche Haura.
Deine schwarzen Locken sind nach derselben ägyptischen Mode der
Kleopatra geknüpft. Dieselben lockigen Strähnen fallen an deinen Wangen
herab. Das brachte mich auf den Gedanken der Kleopatra. Kleopatra
verstand sich ja als eine göttliche Kaiserin, als eine Tochter und
Inkarnation der Göttin Isis. Isis ist die Allgöttin als schwarze Göttin der
Mysterien von Tod und ewigem Leben. Sehr berühmt ist der Isis-Tempel
von Sais, da gab es eine Statue der verschleierten Isis als der verschleierten
Weisheit, deren Schleier kein Sterblicher heben durfte oder konnte. Denn
die göttliche Weisheit ist ein ewig unausforschliches Mysterium, das vom
Verstand der Sterblichen nicht ergründet werden kann. Der Tempel der
verschleierten Isis zu Sais wurde umgewandelt in einer Kirche Unserer
Lieben Frau Maria. Hier wurde die schwarze Madonna verehrt. Die
schwarze Madonna verweist ebenfalls auf die dunkle Nacht des
Geheimnisses Gottes. Gott ist nicht im Tagesbewußtsein des menschlichen
Verstandes zu begreifen, sondern Gott ist wie eine dunkle Nacht, der man
sich nur vertrauensvoll ausliefern kann, um dann in der Tiefe der Nacht die
Morgenröte zu ahnen, die Morgenröte des ewigen Lichts. So kam ich also
auf die schwarze Madonna. Die schwarze Madonna Maria wird aber
verehrt in ihrer göttlichen Mutterschaft als Mutter Jesu und wird auch
verehrt als himmlisches Mädchen in ihrer göttlichen Jungfräulichkeit als
mystische Braut Gottes. Bevor ich dich traf am Tag, träumte ich am
Morgen von der makellosen Braut Gottes. Da ahnte ich, daß ich in dir wie
in einem Spiegel oder einem Gleichnis die makellose Braut Gottes als die
schwarze Jungfrau erkannt habe. In der Heiligen Schrift aber heißt die
Braut Gottes Sophia. Du hast sicher schon von der Kirche der Hagia
Sophia in Istanbul-Konstantinopel-Byzanz gehört. Sie gilt als die Mutter
aller Kirchen des Orients. Die Hagia Sophia ist die göttliche Weisheit. In
der Heiligen Schrift wird sie als Mutter und als junge Braut des
Philosophen verehrt. Ein Mystiker des Christentums nannte die göttliche
Weisheit oder Hagia Sophia auch Idee der Schönheit. Das ist ein Begriff
aus der Philosophie Platons. Platon sagt, beziehungsweise, er läßt die
Prophetin Diotima es vor Sokrates sagen, daß alle erotische Liebe bei der
sinnlichen Liebe beginnt, dann aufsteigt zur seelischen Schönheit, dann
zur Schönheit des Guten an sich und im letzten dann die göttliche Idee der
Schönheit erotisch geliebt wird. Diese Idee der Schönheit nennt Platon
nach einem antiken Mythos die Himmlische Aphrodite. Im Christentum
heißt sie aber Hagia Sophia, die göttliche Weisheit, das göttliche Urbild
der Schönheit. Denn die Mystiker bezeichnen Gott als die Urgottheit der
Urschönheit. So habe ich also letztendlich in der Meditation über die
bewegende Schönheit deines Antlitzes und besonders deiner Augen Gott
gefunden. Nämlich Gott ist der Grund aller Dinge. Der göttliche Grund
deines Angesichts und deiner schönen Augen ist die Urgottheit, die
Urschönheit. Diese ist meine Herrin, und Ihr habe ich diesen Minnegesang
gesungen.
22
Liebe Schwester!
Auf der oberflächlichen Ebene erscheint der Animus als eine Vielzahl von
Männergestalten und Vätergestalten und Autoritäten, die gewissermaßen
unfehlbare vernünftige Urteile abgeben. Aber tiefer betrachtet, ist das nur
ein von Kindheit an zusammengelesenes Sammelsurium von
Männermeinungen. Damit bleibt die Frau durch den oberflächlichen
Animus an die patriarchalische Kultur gebunden und die Meinung, daß die
vorherrschenden Männer auch wertvoller sind. Dem eigentlichen Wesen
des Weiblichen ist diese oberflächliche Animus-Schicht eigentlich fremd.
Dieser Animus treibt die Frau in die Anpassung an die patriarchalischen
Werte und Normen. Denn zu tief sitzt seit Jahrhunderten in den Frauen
unbewußt die Auffassung, das Weibliche sei weniger wert als das
Männliche, es wird die Macht des Animus betont als das Männlich-
Wertvollere. So wird das eigentlich weibliche Wesen der Frau aufgerieben
zwischen dem Patriarchat der Gesellschaft und dem inneres Animus als
gewissermaßen innerem Patriarchen. Denn die Seele der Frau ist zu tief an
den Werten des Eros und der Liebe orientiert, als daß die männlichen
Werte der Macht und des Wissens ihr helfen könnten. Während die
weibliche Anima als die Seele des Mannes im Mann eine Verbindung zum
eigenen Unbewußten herstellt, treibt der männliche Animus die Frau in die
äußere Welt. Durch die in der Außenwelt aber vorherrschende
Männlichkeit, die Dominanz des Patriarchats, ist der Animus für die Frau
gewissermaßen gefährlich geworden, ein Moment der Selbstentfremdung.
Der Animus speist sich aus den Vaterbeziehungen, die ja nicht so
ursprünglich sind wie die Mutterbeziehungen, aus denen sich die Anima
des Mannes speist. Darum ist die Anima des Mannes eine stärkere Macht
des Unbewußten als der Animus der Frau. Die Macht aber, die die Anima
im Manne ausübt (oder ausüben sollte), wird in der Frau ausgeübt von
ihrem weiblichen Höheren Selbst. Das Höhere Selbst ist die Ganzheit der
Persönlichkeit aus Unbewußtem und Bewußtem, das wahre Selbst. Das
Wahre Selbst der Frau führt die Frau aus der patriarchalischen
Selbstentfremdung in ihr eigenes Wesen. Das Höhere Selbst der Frau
erscheint als göttliche Jungfrau und als große Mutter, entspricht also genau
dem christlichen Bilde der Jungrau-Mutter Maria. Beim Mann ist es die
Anima und letztlich die hinter der Anima stehende Ganzheit der
Persönlichkeit, die den Mann zur Selbstfindung treibt. In der patriarchalen
Kultur bedeutet also Selbstfindung oder Selbstwerdung beides für Mann
und Frau eine Hinwendung zum Weiblichen, des Mannes Hinwendung zur
Anima und der Frau Hinwendung zum Höheren Selbst. Aber der Animus
ist nicht nur so oberflächlich ein angelernter innerer Patriarch, es gibt auch
einen tieferen Animus, den Geist-Animus. Aber um zu diesem positiven
Animus zu gelangen, muß die Frau zuerst den anstudierten inneren
Patriarchen, den oberflächlichen Animus des Vaters, der konkreten Männer
und der Gesellschaft, entschieden zurückweisen. Die Frau darf sich von
diesem kulturell-patriarchalischen Animus nicht beherrschen lassen. Sie
muß sich empören gegen den äußeren und inneren Patriarchen. Sie muß
aufstehen oder auferstehen und zu ihrem eigentlich weiblichen Wesen
finden. Aber wenn die Frau zu dem dem weiblichen Wesen tiefer
einwohnenden positiven Geist-Animus vordringt, dann verkörpert dieser
Geist-Animus gewissermaßen den Sinn, die Vernunft, den Gedanken in der
Frau. Das zutiefst erotisch-liebende Wesen der Frau, ihre visionäre Gabe,
die mehr schaut und fühlt als denkerisch durchdringt, wird hier durch den
Geist-Animus ergänzt, der der Frau als innerer Seelenführer hilft, das von
ihr Geliebte, Gefühlte, Visionär-Geschaute auch wissensmäßig und
denkerisch zu durchdringen. In der griechischen Philosophie ist der Geist-
Animus als Gedanke, Sinn und Vernunft „Logos“ genannt. Im Evangelium
wird Jesus als ewiger Logos bezeichnet. Dieser ewige göttliche Logos
wird in der griechischen Naturphilosophie auch als die Weltvernunft des
Weltalls oder als das Ewig-Innerliche der Natur gesehen, als
schöpferischer Geist, als geistige Weltseele. Dieser Logos (Jesus) oder
Geist-Animus führt die Frau zu einem gewissermaßen „göttlichen
Animus“, einem überpersönlichen Gottvater, der gleichzeitig auch
„dämonisch“ und leidenschaftlich-erotisch und natürlich ist, gleichzeitig
auch der mystische Zusammenfall der Gegensätze, oder das weibliche
Sowohl-als-auch von Gottvater und Gottmutter, ein göttlich-liebendes
Wesen oder die innere Gottheit der Frau. Letzlich führt also der Animus
der Frau als geistiger Seelenführer auch zur inneren Gottheit, wie ja auch
die Anima den Mann, wenn er seine Anima integriert, letztlich zu einer
Gottheit führt, die nicht ausschließlich männliche Züge trägt, sondern in
gleichem Maße auch weibliche Züge. Die Ganzwerdung von Mann und
Frau führt zu einem ganzheitlichen Gottesbild, in dem männliche und
weibliche Züge, geistige und natürliche, vernünftige und erotische
zusammenfallen zu einem unbeschreiblich vollkommenen Wesen, das man
auch All-Einheit oder All-Eins nennt oder: Gott.
23
Lieber Bruder!
[Inhalt]
CLOUD5
1
CLOUD3
[Inhalt]
ERSTER TEIL
1
Während Jesus alle Jungfraun von Jerusalem liebte, ging Magdalena fort,
betrübt, weil sie nicht seine einzige Liebe war. In den Scharon-Wiesen,
südlich des Karmelgebirges, da die Bienen über den Mariengräsern
summten, sprach Magdalena:
O Jesus! Deine Lilienlippen fließen über von Nektar, wenn du zur Flöte
des Hirten den Psalm spielst nach der Melodie: Jungfrauen! Deine
bezaubernden gnädigen Blicke preis ich und deine Ohren, die Gebet
erhören. Ach, ich muß an Jesus denken, wie er mit den Töchtern Zions
wandelt und von den Freuden des Geistes spricht.
Mit einer Pfauenfeder möchte ich deine braunen Locken schmücken, Pfeil
und Bogen dir hängen um die Schulter, von welcher der Mantel meines
Rabbi herunterfällt. Ach, ich muß an Jesus denken, wie er wandelt mit den
Töchtern Zions und von dem Jubel im Heiligen Geiste spricht.
Die Töchter von Tyrus mit den schönen Lenden und die Töchter von Sidon
mit den weiblichen Becken schauen auf Jesu Lippen, die wie Lilien von
Nektar überfließen. Ach, ich muß an Jesus denken, wie er mit den
Töchtern des Morgenlandes von den Freuden des Paradieses spricht.
Als der gute Hirte umarmt er mit seinem rettenden Arm zehntausend
Mutterschafe und geliebte Lämmlein. Seine Hände wie Elfenbein mit
Jaspis-Ringen und seine Beine gleich Marmorsäulen des Tempels
erleuchten die Finsternis dieser Welt. Sein Herz gleich einer glühenden
Rose ist das Licht des Kosmos. Ach, ich muß an Jesus denken, wie er als
Gottessohn die Menschentöchter besucht und von dem Jubel des ewigen
Lebens spricht.
Von seiner gesalbten Stirn zum Antlitz, das die Sonne verdunkelt, ergießt
sich das Licht vom göttlichen Licht. Seine Linke umfängt die Herzen alle,
die pochenden Herzen unter den schwellenden Brüsten. Ach ich denke an
Jesus, wie er wandelt mit den weisen Jungfraun von Jerusalem und von
den Wonnen der Hochzeit des Lammes spricht.
Eine Kirsche hängt über seinem Ohr, das Gebet erhört, und Salben duften
in dem Barthaar seiner Wangenbeete, er schreitet in den Sandalen und im
Pilgermantel und ist umgeben von Salomo und Samson und von
Gotteslöwen und Morgensternen. Ach ich denke an Jesus, wie er mit
Mitka, Marias Schwester, von den Vereinigungen der heiligen Hochzeit
des Himmels spricht.
Er lehnt sich an die Zeder des Paradieses, um den Geist des Todes zu
besiegen. Er überwand die sieben Dämonen in meiner Seele durch einen
einzigen Blick voll glühender Liebe. Ich denke an Jesus, wie er die
mystische Freundin Magdalena erwählte und zu mir als der Schwester der
Engel vom Tanz der Engel sprach.
Jesus zählt alle meine Tränen und alle meine Gebete. Er verstößt mich
nicht, denn er ist der König der Versöhnung, er tilgt meine Schuld. Wenn
Jesus auch mit allen Menschentöchtern in Liebe wandelt und meine Seele
ihn des Nachts zwar sucht und doch nicht findet, ich kann aber nicht
anders, ich muß ihn dennoch suchen, denn wohin sollte ich sonst gehen als
zu ihm? Denn er hat Worte der ewigen Liebe!
Ich bin verborgen unter den Malven von Magdala und er ist am Ufer des
Sees Genezareth im Schatten der Kapernbüsche. O meine Freundin,
Mutter Maria, mir, der Jesus Betrachtenden, bringe Jesus, der das Lächeln
Gottes ist, bring ihn zu mir, Maria, den Sieger über die sieben Dämonen!
Ich erröte vor Scham, wenn ich Jesus sehe, ihn, das Wort Gottes, den
Gesandten der ewigen Liebe. O meine Freundin, Mutter Maria, Jesus, den
Sieger über die sieben Dämonen, bring ihn zu der Freundin seiner Liebe,
daß er in der dunklen Nacht der Seele sich mit mir vereint!
Gras ist mein Lager, Zedernbalken und Zypressenbretter mein Bett. Mir zu
Seite ruhe der Herr! Ich bin bereit für die Küsse des Heiligen Geistes, zur
Umarmung ewiger Allbarmherzigkeit! Ich bin bereit, zu saugen aus dem
Kelch des Hochzeitsfestes den Wein der Ekstase! O meine Freundin Maria,
bringe mir den Sieger über die Dämonen, bring ihn zur Hochzeit des
Lammes, daß er die Liebe in mich einströmt in der mystischen Nacht der
Vereinigung!
Meine Augenlider sind gesunken, meine Wangen glühen vor Scham. Ich
fließe über vor Liebe! Bebend liebe ich den Heiland, zitternd vor
Todesangst will ich umarmen den Retter aus dem Tod! O Freundin Maria,
den Sieger über Satan, Jesus bring du zu mir zu der Gottesehe, zur
Einswerdung mit der Einen Natur der Gottheit!
Nachtigallen umschweben mich und singen mir, der mystischen Rose der
Morgenröte. Ich glühe für den Helden der Minne, den strahlenden Ritter
Gottes! Malven von Magdala, Hennablumen von Zypertrauben wallen in
meinen langen schwarzen Haaren. An seinem Busen seh ich Spuren von
Nägeln. O meine Freundin Maria, ihn, den Sieger über Tod und Teufel,
Jesus bring du zu mir, zur Hochzeitsnacht im Brautbett des Kreuzes!
Glöckchen und Zimbeln klingen an den Kettchen an den Knöcheln der
Fesseln meiner Füße. Er durchwandelt das gelobte Land in bestaubten
Sandalen. Ich trage den Liebreiz gegürtet um die Lenden meines Gemütes.
Ich suche ihn, denn ich will seine Füße waschen mit dem Tau meiner
Tränen und seine Füße trocknen mit meinem langen Haar. O Freundin
Maria, den Sieger über den ewigen Tod, Jesus bring du zu mir, daß ich
eingehen darf in Gottes Schoß, das Paradies!
Ich bin wie tot in der Erfahrung der höchsten Glückseligkeit! Seine Augen
sind wie Feuerflammen! Mir sinkt die Blüte meines Körpers hin, doch er
ist der Triumph der göttlichen Liebe! O Freundin Maria, den Sieger über
das ewige Nichts, Jesus bringe du zu mir, daß ich mich mit Gott vereinige
als die mystische Gattin Gottes, daß ich aus lauter Gnade Gottes
vergöttlicht werde zu Gottes mystischer Göttin! Hallelujah!
Jesus, der himmlische Sieger über den Gott dieser Welt, nahm die
Schönste aller Schönen, Maria, an sein Herz. Er ließ alle neunundneunzig
Frauen und umarmte die einzige Immer-Jungfrau.
Gen Osten und gen Westen ging der Messias, den Feuerpfeil der
göttlichen Liebe im Herzen, ging der Messias Maria nach. Im Wildbachtal
des Jabbok bei Mahanajim ruhte er am Ufer eines Wassers im Schatten
grüner Myrrhebüsche bei Maria.
Ach, als Maria mich sah, sprach Johannes, der Jünger der Schönen
Liebe, wie ich mit Johanna spielte und ihren Kindern und wie ich brannte
lichterloh für Magdalena, die Schöne, und wie ich höflich war zu Susanna,
und wie ich Mitka nicht vergessen konnte, da ging Maria davon. Ich hielt
sich nicht auf. O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Welchen Plan ersinnt sie? Über welche Weisheit denkt sie nach? Was
kann mir die Schönheit dieser Welt und Ruhm und Gold mir geben? Wie
sinnlos ist ohne Maria das Leid und wie freudlos das Leben! O Herr Herr,
wie ist die Gekränkte davongegangen!
An ihr Antlitz denk ich. Ihre feinen Brauenbogen sind wie die Waage
der Wahrheit im Weltgericht. Ihr Antlitz ist wie eine weiße leuchtende
Lilienblüte. Wie eine vom Fleiß der Honigbienen gewobene Honigwabe
schimmert ihr Antlitz. O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Ich trage sie immer im Herzen. Ihr Bild schwebt immer vor den Augen
meiner Seele. Soll ich sie zwischen den Fichten suchen? Ist all mein
Klagen vergebens? O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Schlanke Jungfrau, himmlische Herrin, überhimmlische Jungfraun-Diva!
An dein Herz muß ich denken, das von sieben Schwertern der Schmerzen
durchbohrte Mutterherz! Wohin wandelst du? Kann ich dir folgen? O Herr
Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Du bist mir erschienen, apokalyptische Jungfrau! Wahrlich, wahrlich, Ja
und Amen! Ich sah dich mit diesem meinen Augen vor mir am nächtlichen
Himmel lächeln! Ach, warum war die Begegnung nur so kurz? Darf ich
immer noch als dein geliebtes Söhnchen in der Beuge deiner Arme ruhen?
O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Verzeih mir, himmlische Herrin, daß ich dich verließ! Nie wieder will ich
mich von dir abwenden, Frau! Schau mich an mit jenen deinen
barmherzigen Augen, Schönste aller Frauen! Ich schmelze hin in
himmlischer Wonne vor deiner Lieblichkeit, Liebste! O Herr Herr, wie ist
die Gekränkte davongegangen!
Diese Fesseln um mein Herz sind nicht von der alten Schlange. Diese
Würzkräuter in dem Beutel an meiner Brust sind nicht von giftigen
Zauberdrogen, die da täuschen den Geist. Weihrauch brenn ich nieder und
streue mir Asche auf das Haupt. O liebe mich oft und heftig und lange,
denn ich bin einsam und elend und krank vor Liebe!
Du verwechselst mich mit Jesus - oder warum lächelst du mich so voll
immerwährender Mutterliebe an? Nimm den Bogen und den Köcher,
Lichtjungfrau, und ziele auf mich! Schieß den Pfeil der Liebe Gottes
deinem Freunde, dem Hirsch auf den Scheidenbergen, in den Busen!
O deine Augen sind Taubenaugen! Von deinen liebevoll-zärtlichen
Liebesblicken glüht mein Herz im Herzen! Mein Herz war all mein Leben
lang krank vor Liebe... Du bist die Liebe meines Lebens, Ewig-Geliebte!
Deine feine schwarze Braue ist der Bogen, deine geschwungene Wimper,
die lange, seidige Wimper ist der Pfeil, dein Muschel-Ohrläppchen ist die
Sehne. O Liebe Gottes, wie hast du dieser herrlichen Himmelskönigin alle
Waffen Gottes verliehen!
Von den Brauenbogen den Pfeilschuß eines unendlich liebevollen Blickes
schießt du, diese Liebe muß tödlich sein! Der schwarze Schleier deiner
nachtschwarzen Haare, der langen glatten Seidenhaare, sind bis in die
Spitzen hinein besessen vom Eros Gottes! O du bist voll der Minne-Magie,
Marie!
Berausche mich, du überschöne Jungfraun-Diva, berausche mich dein
weinroter Mund mit Küssen des Heiligen Geistes! Doch deine makellosen
Brüste, jugendlich fest und wohlgeformt, wie spielen sie zärtliche
Liebesspiele mit meinem unsterblichen Geist!
Die himmlische Zärtlichkeit, die unerschöpfliche Liebe deiner
liebkosenden Blicke, der süße Duft der Lippenrose, der fließende Wein
deines weisen Wortes, die paradiesische Wonne deiner verschmelzenden
Liebesküsse...
Da das Gedächtnis deines Liebeswerkes dich gegenwärtig vor mir
darstellt, wie kann das Elend der Verbannung auf Erden noch dauern?
Jesus sprach zu Maria: Geh zu Magdalena, bring ihr meine Werbung! Und
bring sie zu mir! So vom Sieger über den Satan gesandt als Gesandte, eilte
Maria zu Magdalena und sprach zu ihr:
Wo die Frühlingslüfte wehen und den Blütenstaub und die
Schmetterlinge tragen, wo die Glockenblume sich der saugenden Biene
öffnet, wo Freund und Freundin sich nacheinander sehnen, o Schwester,
wie schmachtet dort Jesus im Dornenkranz nach dir, du ferne Geliebte!
Mitten am Tage verfinstert sich die Sonne. Jesus ist bereit, aus Liebe
sein Leben zu geben! Ihm im Herzen brennt der Feuerpfeil der göttlichen
Liebe! Er klagt: Mich dürstet! Wie schmachtet Jesus im Dornenkranz nach
dir, du ferne Geliebte!
Vor dem Summen der Honigbienen muß er die Ohren verschließen, zu
süß ist ihm der Honigseim der Liebe. Getrennt von seiner Freundin, ist
seine Seele freudlos. In dunkler Nacht der Seele vergeht er vor Kummer. O
Schwester, wie schmachtet Jesus im Dornenkranz nach dir, du ferne
Geliebte!
Im Walde des Libanon betet er. Er hat den goldnen Tempel verlassen.
Im Olivengarten wälzt er sich im Staub der Erde und wird blaß und bleich
vor Todesangst und seufzt wehmütig nach der Braut. O Schwester, wie
schmachtet Jesus im Dornenkranz nach dir, du ferne Geliebte!
Wo der Liebe Ziel erreicht ist, die Hochzeitsfreude im Garten des
Paradieses, in den Gefilden der Seligen weilt er im Geist schon mit der
Angetrauten. Ah! Wie dürstet er nach dem Becher deines Beckens mit dem
Wein der ekstatischen Liebesvereinigung, dem Blut der Ganzhingabe!
Wenn er in das Haus des Vater gekehrt ist, in die Glorie ewiger Liebe,
o Magdalena, gegürtet an den Lenden des Gemütes, dann rühre ihn an, den
König der Liebe! Unter dem Lebensbaum im Säuseln des heiligen Geistes
wartet auf dich der Geliebte im Dornenkranz!
Er spielt auf der Hirtenflöte das Lied zur Hochzeit des Königs, ein
Lied der Liebe zur Melodie: Rosen. Er atmet den Wind ein, den du
ausgeatmet in deinen Seufzern. Unter dem Lebensbaum im Säuseln des
heiligen Geistes wartet der Geliebte im Dornenkranz!
Schwebt die Turteltaube aus dem Ritz in der Spalte des Felsens,
liebkost der Wind den Busch, so meint er, Magdalena komme. Dann
bereitet er das grüne Bett der Einigung im Garten der Seele und wartet auf
dich in seiner Liebe Passion. Unter dem Lebensbaum im Säuseln des
heiligen Geistes wartet der Geliebte im Dornenkranz!
Laß die Zimbeln, den klingenden Zaubergürtel um die Hüfte, die
Kettchen um die Knöchel, die Spangen an den Armen und die Lapislazuli-
Ohrringe, hülle dich in schwarzes Linnen und geh in der dunklen Nacht
der Seele vor Liebe weinend zum Kreuz! An dem Lebensbaum im Sausen
des heiligen Geistes wartet auf dich der Geliebte im Dornenkranz!
An deinen beiden Brüsten, die verschleiert sind von deinem schönen
langen schwarzen Haar, an deinen Brüsten will er ruhen und will wohnen
in deinem Herzen wie im strahlenden Thron des dritten Himmels. Unter
dem Lebensbaum im Wehen des heiligen Geistes wartet der Geliebte in
seiner Dornenkrone!
Laß deine langen schwarzen Haare mit den roten Hennablüten wallen
und weine Ströme zu Füßen des Geliebten und umschlinge mit deinen
bloßen Armen die Beine des Geliebten! An dem Lebensbaum im Blasen
des heiligen Geistes wartet im Dornenkranz der Geliebte auf dich!
Jesu Herz ist sanftmütig, demütig, siehe, die Mitternacht der Welt ist
da. Eile, Magdalena, mit dem Pochen der Liebe im schwellenden Busen
und stille Jesu brennenden Durst mit dem Tau der Küsse deiner Liebe! An
dem Lebensbaum im Brausen des heiligen Geistes wartet im Dornenkranz
der Geliebte auf dich!
Die Sonne hat sich verfinstert. Du schüchterne Freundin, Jesu
Liebesverlangen brennt in tiefster Mitternacht! Wie die liebeskranke
Nachtigall ruft Maria zur Rose Magdalena: Eile, liebe Schwester, liebe
Braut! Die Stunde ist gekommen zur Hochzeit der Gottheit und der
Menschheit in der dunklen Nacht!
Magdalena umschlingt Messias mit ihren starken Armen, sie küsst
seine Wunden, sie stillt den brennenden Durst seiner Liebe mit den
Strömen ihrer Tränen, sie schenkt ihm ihr Herz im bebenden Busen ganz
hin! Gottheit und Menschheit waren in der Sünde getrennt, siehe, sie sind
jetzt ganz intim vereinigt, denn gekommen ist die Hochzeit des Lammes
mit der Nymphe Jerusalem in der tiefen Mitternacht des Kreuzes!
Auf ihn sind die Fehler und Zielverfehlungen aller geworfen, alle Sünden
der Nachtwandlerinnen, auf ihn, den lichten Mond der Nacht, der
Unbefleckte ist davon befleckt, der Mond, am Mund der dunklen Nacht
ein blutroter Tropfen Wein.
Da der Mond sich verfinsterte, rot wie Blut ward, sah Maria, daß
Messias einsam sterben mußte! Da hob mit lauter Klage Maria an zu
weinen:
Ach, ich bin einsam im Garten der Dornen, meine Jungfräulichkeit
verliert nun die Leibesfrucht! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen
haben mich alle allein gelassen!
Dem ich nacheile in die Einöde und die Wüste, ihm durchbohrt die
Lanze des Todes das Herz! Mir bohren sich sieben Schwerter der
Schmerzen ins Herz! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich
alle allein gelassen!
Mitgekreuzigt zu werden mit dem Gekreuzigten – was bliebe mir
sonst? Sollte ich ohne den Heiland diese tödlichen Schmerzen tragen, den
Heiland zu verlieren? Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich
alle allein gelassen!
Welche unsagbaren Schmerzen bringt mir diese tödliche
Frühlingsnacht! Wer hat diese Frühlingsnacht in Liebeslust durchlebt?
Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle allein gelassen!
Die Rose press ich an mein brennendes Herz, sie durchbohrt mit ihrem
Dorn mein Fleisch! Der Dorn der Rose ist wie der tödliche Feuerpfeil der
göttlichen Liebe! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle
allein gelassen!
Jesus geht den Frauen von Jerusalem nach und spricht zu ihnen: Ihr
Frauen, weint nicht über mich, weint über euch und eure Kinder! Wem soll
ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle allein gelassen!
Sie sieht Messias von Gott verlassen! Maria sieht sich selbst vom
Messias verlassen! Da träumt sie in der Mitternacht der Todesstunde
Christi von der Hochzeit des Lammes und der Nymphe Jerusalem im
Liebesgarten des himmlischen Paradieses.
Den Rock geschürzt als Mutter der schönen Liebe, Hennablumen in
den langen schwarzen Haaren, sah ich dem Herrn vereinigt die selige
Herrin!
Trunken vom Wein der Liebe des Herrn, während der Myrrhebeutel
zwischen ihren Brüsten lag, sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Das Mondgesicht, das lichtübergossene Antlitz, von langen schwarzen
Haaren verschleiert, saugend am Becher des Mundes den Wein der
Liebesküsse, sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Mondstein und Lapislazuli an dem Muschelohr als Schmuck und den
Zaubergürtel aller Anmut um das mütterliche Jungfrauenbecken, sah ich
dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Lächelnd mit charmantestem Lächeln, sich freuend am freundlichen
Lächeln des weisen Meisters, flötend mit gespitzten Lippen auf der
Knochenflöte den Psalm zur Melodie Jungfrauen, sah ich dem Herrn
vereinigt die selige Herrin!
Ehrfurchtsdurchschauert, sanftmütig, demütig, seufzend vor
unaussprechlichen Seufzern des Geistes, blickend mit jenen ihren
barmherzigen Augen, von Liebe ganz erfüllt, sah ich dem Herrn vereinigt
die selige Herrin!
Wie das heilige Antlitz des Herrn ist der lichte Mond in der dunklen
Nacht. Er breitet über mein Herz unendliche Liebesschmerzen! Auf das
vor Liebe glühende Antlitz der Lieblingin, auf den kusslichen
Scharlachmund der Geliebten malt der Fürst des Friedens mit Moschus ein
Zeichen. Er ist der Hirsch auf dem Mond und sie die Hirschkuh auf dem
Mond. O wie spielt jetzt Jesus an den Teichen im Garten Eden!
In der Nacht der langen schwarzen Haare, die fließen um die
schöngewölbte Wange, flicht er Nelken und Margarithen, die wie Licht
und Feuer glühen. O wie spielt jetzt Jesus an den Teichen im Garten Eden!
Der Brüste paradiesische Augenweide, die Weide des Lebens, behängt
er mit Sternen aus Saphir und Lapislazuli, der Schweiß im Tal der Brüste
ist der Tau des Mondes. O wie spielt jetzt Jesus an den Teichen im Garten
Eden!
Die lilienarmige Jungfrau mit der schlanken Schneehand schmückt er
mit Honigbienen aus Gold und Rosen aus Rubin und ziert die Hand der
Herrin mit dem Ehering aus Gold des Paradieses mit dem Schoham-Stein
von Eden. O wie spielen jetzt Jesus und die Jungfrau an den Teichen im
Garten Eden!
Um die Wonne des Bechers, des Beckens der Geliebten, um die
Lenden des Gemütes band er den Gürtel allen Liebreizes, allen
himmlischen Charmes. O wie spielen jetzt Jesus und die Jungfrau im
Garten Eden!
Die feurigen Pfeile der Liebe im Herzen, die juwelenen Schwerter der
Liebesschmerzen in der Seele, pressen sie Herz an Herz. O wie spielen
jetzt Jesus und die Jungfrau im Garten Eden!
Da also der Sieger über den Tod, der Sohn der Ewigen Liebe, die
liebliche Jungfrau liebkost, ach weh mir, was leide ich hier sieben
Todesschmerzen und Leiden der Passion, die Gefährtin Christi, ohne allen
Trost? O wie spielen doch Jesus und die Jungfrau im Garten Eden!
Wie mußt du leiden, Gefährtin Christi, da der liebenswürdigste aller
Menschensöhne gekreuzigt wird! Stirbt der Sündlose, muß auch sterben
die Makellose! Zur Hochzeit des Lammes und mystischen Gottesehe soll
nun meine Seele wallen durch die Nacht des Todes!
Nachdem Messias seine Gefährtin Maria, Maria mit den Brüsten wie
Gazellenzwillingskitze und Augen wie Turteltauben, am Morgen gegrüßt,
ging er in den Garten der Olivenbäume und Zimtbäume und Jujubendatteln
als der Gärtner des Gartens der Seele. Da sprach die Menschenfreundin
Maria zu ihrer Freundin Magdalena, die sich die schwarzen Haare mit
Henna gefärbt und geflochten hatte und eine goldene Spangen in den
Haaren trug:
Der Versöhner, der mit dem Gesang der Liebe auf den Lippen dir die
Füße umfängt, er wartet nun im Garten der Seele auf dich, er wartet unter
dem Ölbaum der Weisheit. Frau, dem nahen Meister nahe dich,
Magdalena!
Deinen fruchtbaren Busen wie Weintrauben trage in den Weinberg des
Geliebten! Deine Lenden des Gemütes gürte mit dem Gürtel der Grazie
Gottes! Lasse klingeln die Schrittkettchen und die Glöckchen an deinen
Knöcheln und wandle wie ein Rebhuhn in den Garten zu Ostern! Frau,
dem nahen Meister nahe dich, Magdalena!
Hörst du die Stimme des guten Hirten, du einziges Lämmchen, du
Lieblingsschäfchen? Unter dem Gesang der Nachtigallen, die von Minne
flöten, geh in den Rosengarten der Minne! Frau, dem nahen Meister nahe
dich, Magdalena!
Die Hainbuchen winken dir mit grünem Laube, das im Winde rauscht.
Die Blutbuche rauscht dir vom Erlöser auf dem Blut. Der Efeu schlingt
sich zärtlich um den starken Stamm der Eiche. Der Wein rankt treu an der
Ulme auf. Sie mahnen dich alle zur Eile. Frau, dem nahen Meister nahe
dich, Magdalena!
Dies mein Herz, entflammt von der Liebe, diese Brust wie Jadegipfel
und diese Brustspitzen wie Jadeknospen, diesen Busen Marias frage nur,
Mädchen. Frau, dem nahen Meister nahe dich, Magdalena!
Von Susanna und Johanna, von Tiphsah und Tirza und von Mitka
begleitet, schlage die Pauke und lasse klingen die Zimbeln, die klingenden
Zimbeln des großen Halleluja, und tanze im Anbetungstanze zur
Bundeslade des Wortes Gottes! Frau, dem nahen Meister nahe dich,
Magdalena!
Leg deinen starken Arm um Maria, deine wahre Freundin, und lasse
deine Perlenschnüre um den Schwanenhals den Sohn Marias allzeit mit
Segnungen grüßen. Frau, dem nahen Meister nahe dich, Magdalena!
Der Messias betet: Kommen wird die Geliebte und mich grüßen und
segnen, und ihre Seele wird meine Seele liebkosen!
Im Geiste voll Gedanken der Weisheit schaut der Messias im
Ostergarten nach Magdalena aus, ob sie komme. Ihn durchschauert die
Macht der Liebe, er jauchzt im Jubel der Liebe, er schmilzt in Glut der
Liebe, er wandelt liebend in der Liebe der Natur, der geheimnisvolle
Freund.
Blaue Augenschminke auf den Lidern, Efeu in den Locken, am Herzen
die Rose der neuen Morgenröte, gehüllt in ätherische Schleier aus Seide,
lauscht die Morgenröte zwischen den Edeltannen. Und der Frühling tröstet
die traurigen Jungfrauen Christi.
Die traurigen Jungfrauen Christi im Leib wie weiße Seide, mit Augen
wie Diamanten, sie wandeln leise. Die blaue Nacht der alten Edeltannen
prüft das Gold ihres Glaubens auf ihre Reinheit.
Bei der Heckenrosenpforte strahlte die goldene Spange in der
schwarzen Haarflut Magdalenas, glitzerte silbern der Gürtel ihrer Grazie,
schimmerten die Rubine an den Kettchen ihrer Füße. Da schaute
Magdalena den Messias, den Schönsten der Menschensöhne!
Hier in das grüne Erscheinungszelt des auferstandenen Gartengottes
tritt ein! Spiele Liebesspiele in seliger Wonne, Magdalena, am Herzen des
Messias!
Wo sich die Gräser zum Bette breiten im Schatten des rauschenden
Bambus, spiele Liebesspiele und lasse erklingen die Perlenschnur auf
deinem vollen Busen, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo den Tempel Salomos der Magnolienbaum erbaut, vom Morgentau
gesalbt und geweiht, spiele Liebesspiele in scheuer Zärtlichkeit, Geliebte,
die du wie die Seele der Blüten bist, o Magdalena, am Herzen des
Messias!
Wo die Winde rauschen wie der süße Odem des heiligen Geistes, da
singe, du Muse des Meisters, mit dem Lied der Lerchen Gesang zum
lichten Himmel, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo die Hummeln Zuckerwasser trinken und die Fühler der Falter
saugen begierig in der Glocke der Glockenblume, spiele zärtliche
Liebesspiele, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo nach dem schluchzenden Flöten der Nachtigallen der Jubelhymnus
der Lerche fröhlich erschallt, da sinke in süßer Begierde versunken,
Magdalena, am Herzen des Messias, sinke hin in süßer Begierde an die
Brust des Messias, Magdalena, und gib dich ganz hin...!
ZWEITER TEIL
Messias sprach: Ich sah eine Frau, die war makellos schön, die Schönste
aller Frauen, sie war ein unbefleckter Vollmond und eine fruchtbare Rebe,
ihre Augen waren Zwillinge von blauen Blumen, von einer sanften
Abenddämmerung mit Abendsternen, blaue Blumen, die schwammen in
stillen Teichen von Milch, die schimmerten auf den Wellen der schönen
Liebe, ja, ihre Augen waren Zwillinge von Turteltauben, die girrten von
Minne im Lenz, von der Seele der Natur gepaart in einem Frühling der
Liebe. Um ihren langen schlanken Hals trug sie die Perlenschnur des
Rosenkranzes mit Kugeln von weißem Elfenbein. Die Perlen spielten mit
ihren hübschen bloßen Brüsten. Mir war, als ließe die göttliche Liebe
Ströme vom Himmel strömen aus der Muschel der göttlichen Liebe, sich
ergießend auf die hölzerne Statue eines Gartengottes! Wer Weihegaben der
Ganzhingabe opfert, der wird gesegnet mit solchen überwallenden
Strömen der göttlichen Liebe! – Siehe, so ist mein Messias, der Bräutigam
liebender Seelen, sprach der Dichter Dodo.
Messias sprach: Warum kreuzte diese Tochter des Mondes meinen Weg?
Ein tiefer Zauberblick des Seelenfunkens aus ihren Augen in meine Augen,
die Spiegel meiner Seele, ein streifender Blick voll geheimer Lust, wie
schlug er eine Liebeswunde in meinem Herzen! O Tag der
Liebesschmerzen, Nacht des Liebestodes, warum bist du aufgegangen?
Mein zärtlicher Blick und mein träumender Sinn verloren sich
selbstverloren an ihren hübschen bloßen Brüsten mit dem Muttermal der
linken Brust. Die Liebe läßt sich nicht löschen. Selbst Ozeane löschen
nicht das Feuer der Liebe, die Flammen Gottes! Ihre Worte sind lieblich
und freundlich und gehen sanft meinen Ohren ein. Ich wollte fortgehn von
ihr, doch meine Füße blieben wie gebannt durch einen magischen
Zauberkreis in ihrer Gegenwart. Der Sehnsucht Fesseln fesseln meine
Seele. – Aber, sprach der Dichter Dodo, Liebe ist wie ein grenzenloses
Meer!
Messias sprach: Heut ist der Tag der Wonne! Ich schaute die Geliebte in
ihrem Bad! Ströme von reinem Wasser flossen durch ihre langen
schwarzen Haare wie Perlenschnüre des Rosenkranzes aus kristallenen
Tropfen! Sie salbte ihr wunderschönes Antlitz mit Öl der Freude, als
reinigte sie einen unbefleckten Spiegel Gottes! Sie offenbarte mir ihre
beiden bloßen Brüste, die wie Alabaster-Becher waren! Frei ließ sie
niederwallen ihren Charis-Gürtel allen Reizes! Aufgeschlossen war das
Schloß der virginalen Zone! Nun war meiner Sehnsucht keine Grenze
mehr!
4
Magdalena sprach: Wie soll ich aussprechen können, wie schön ist mein
Jesus, mein Jesus, mein Jesus! Wie soll ich mit menschlichen Worten
beschreiben die Traumgestalt der Vision? Seine Erscheinung gleicht dem
offenen Himmel der unendlichen Nacht und ist doch lichter als ein Blitz.
Braun sind seine langen Locken und braun ist sein dichter Bart. Seine
Gewänder duften nach Zimt und Aloe, daß der ganze Wonnemond des
Minnemaien nicht so lieblich duftet wie mein Messias. – Dodo fragte: Was
soll ich anderes nun noch sagen? In ihm hat die Liebe des Schöpfers die
Schöpfung erschöpft!
Salome sprach: Kann ich von der Liebe Marias und des Messias sagen?
Als sie einander erkannten als reine Spiegel der göttlichen Weisheit, da
erwachte die ewige Glückseligkeit der menschlichen Seelen in ihren
brennenden heiligen Herzen! Als der Feuerpfeil der göttlichen Liebe wie
eine Lanze und wie ein Schwert ihr Herz durchbohrte, da blieb in ihrer
beiden einzigem Herzen nur eine einzige brennende Sehnsucht! Wenn ihre
Seelen vereinigt werden, die Seele des Lammes und die Seele der
Nymphe, dann werden sie ewig eine vereinte Seele sein. Das sei euch
allezeit bewußt, daß euch niemand und nichts besiegen kann als allein die
ewige Liebe Gottes! Denn eure Augen glühen wie Funken und offenbaren,
daß die unbefleckte Jungfrau dem Herrn gehört und der Menschensohn
sich Unserer Lieben Fraue weiht! Ja, sein Lichtleib und ihr Lichtleib
werden zusammengeführt in der Glorie heiligen Geistes im Paradies, in
dem Lichtglanz Gottes, in der Rose des Herzens Gottes! Wie lange wird er
so gekreuzigt werden, wie lange wird sie so mit ihm gekreuzigt werden?
Werden sie ewig so ihre blutenden Herzen voll Liebe verströmen? Werden
sie ewig so töricht vor Liebe sein? Verschweige deine Sehnsucht, Maria,
verschweige deine Leidenschaft, Messias, denn eurer Demut Stolz ist das
mystische Schweigen der geheimnisvollen, unaussprechlichen Liebe! –
Dodo, der Dichter, hat dies gesungen, und seine Königin Frau Weisheit
versteht dies zutiefst.
10
Magdalena sprach: O meine Freundin Maria, wie sag ich dir all meine
innere Wehmut? Die Flöte Christi gießt süßen Gift-Balsam der Liebe durch
alle meine beseelten Glieder! Er schwärmt vor mir, er wirbt um mich, er
beschwört mich bei den Zwillingskitzen der Gazelle auf der Wiese, ich
höre ihn um meine Liebe flehen mit dem Hohenlied der Minne. Mein
Körper schmachtet nach süßer Lust und meine Seele sehnt sich nach der
wahren Liebeswonne! In den innigsten Augenblicken der Liebeserfüllung
will der Becher meines Innern überfließen vor fließendem Feuer! Da
schließe ich meine Augen, daß nicht Flammen aus meinen Augen
schießen. Wenn ich im Hause meiner Mutter weile und mich die Lust der
Liebe durchschauert, schlag ich meine eigenen Arme um meinen eigenen
Körper und schaffe Frieden den verzehrenden Gluten meiner Minne zum
fernen Geliebten! Leise, leise wie eine Katze schleiche ich Nachts durch
mein Haus auf samtenen Pfoten. Ein gütiges Schicksal hat geheimnisvoll
meine Liebe im tiefsten Innern verborgen. Meine Seele ist magisch
verzaubert von der Innerlichkeit der geheimnisvollen Liebe. Der
Zaubergürtel allen Reizes gleitet von meiner Hüfte, meine virginale Zone
erwartet den Geliebten, daß er mich erkenne in der dunklen Nacht meiner
Seele mit der Kraft seiner Liebes-Ganzhingabe! - Was kann der Dichter
Dodo noch sagen, wo die geheimnisvolle Stimme der Vorsehung selber
spricht?
11
Salome sprach: Als Magdalena das erstemal zu ihrem Freier Christus kam,
da pochte ihr das Herz im Busen vor Scham und Ehrfurcht. Ganz still war
Magdalena wie ein goldenes Heiligenbild, sie sah nicht zur Linken und
nicht zur Rechten. Da nahm Messias Magdalena bei den Händen und
setzte sie an seine Seite in den Thronsessel seiner Minne. Die holdselige
Schönheit verschleierte ihr glühendes Antlitz mit dem Schleier ihrer
langen schwarzen Haare. Er strich ihr die Haare aus der Stirn (allein der
Gott der Liebe selbst vermochte mit ewig zärtlichen Händen ihr die
verwirrten Locken aus der empfindlichen Stirn zu streichen). Da küsste
Christus mit friedlichen Küssen der Liebe Magdalena auf den
scharlachroten Mund. Die Freundinnen Magdalenas waren eifersüchtig,
doch Christus küsste allein die auserwählte Freundin Magdalena auf den
Mund. Da barg sie sanft ihr Haupt an seinem Herzen. – Dies ist ein
jauchzender Psalm des Dichters Dodo, der das heilige Herz seines Fürsten
Jesus erfreut!
12
Salome sprach: Ich sehe den jungen Jesus in allem Stolz seiner blühenden
Jugend. Er schwärmt von der Erinnerung an die Nacht des ersten Kusses:
O wunderschöne Magdalena mit dem süßen Antlitz! Wie hab ich dich doch
mit grenzenloser Lust in meiner innersten Seele empfangen! Wie hast du
mich so sanft und keusch geküsst in der liebestrunknen Nacht! Du
lächeltest mit deinem feinen leisen Lachen, dem sanftgedämpften Girren,
das klingt wie das kleine Silberglöckchen beim Hochzeitsmahl des
Lammes. Du bist in tausend inneren Bildern mein Entzücken, mein Traum
von überschäumender Wollust der Liebe! Deine Worte sind süßer als
Honig. Deine Lächelblicke schauen so schelmisch. Du hast mit deinem
Blut mir deinen Namen in mein Herz geschrieben! - Dies, sprach Dodo, ist
der Psalm vom ersten Kuß.
13
Maria sprach: Eile, mein Mädchen Magdalena, eile zum Jüngling Messias,
Holdselige, denn der Liebende wartet auf dich! Die Nacht fällt von den
Sternen herab. Bald kommt der Tag, da kann sich die Liebe nicht mehr
verbergen im Schoß der Mutter Nacht. Lieblichste Freundin, laß dein
Antlitz nicht schauen, dein glanzübergossenes Antlitz, sonst wird leuchten
die Nacht. Die Turteltaube im Garten hält dein Antlitz für den Mond, und
dürstend nach Tau, wird sie girren vor deinem Antlitz, zu trinken das
fließende Licht deines Antlitzes. Schweige, sanftmütige Stimme, denn
wenn du redest, wird der Falter dich für Nektar halten und dein glühendes
Antlitz für eine Rose und mit dem zärtlichen Fühler tasten nach dem Kelch
deiner Lippen, sich festzusaugen. Du suchst die schöne Liebe, die ewige
Liebe. Die Mainacht ist kurz. Also eile, Freundin, und kehre ein in das
Haus der Liebe. - Dodo sang dies seiner Herrin Maria.
14
Messias sprach: Dunkel ist die Nacht und tief die Dunkelheit. Wann
kommt zu mir die Geliebte, die holdselige Frau, die all meine glühende
Sehnsucht ist? Steil ist der Pfad und dornenreich und es wimmelt von
giftigen Schlangen. Wie groß ist die Gefahr und wie zart sind ihre bloßen
Füße! Gott im Himmel, ich will dir meine Liebste vertrauen. Schütze die
Schönheit und führe sie zu mir! Schwarz ist die Nacht und feucht der
Grund. Mein Herz in meinem Busen glüht. Der Weg ist so schmal. Dicht
ist die dunkle Nacht. Engel, gib acht, daß sie ihren Fuß nicht an einem
Steine stößt. Wie Sterne ihr Blick, ihre Seele wie ein heiliger Engel! Sie ist
die Hagia Sophia in Menschengestalt! – Ja, sprach der Dichter Dodo, eine
liebende Frau kennt keine andere Macht als die Macht der Schönen Liebe!
15
Messias sprach: Ich habe dich mit meinem Blut gekauft. Nun kommst du
zu mir. Ich sehe deine Liebe zu mir. – Magdalena sprach: Ach Immanuel,
deine Wolke der Herrlichkeit rief mich am Tag und die Feuersäule deiner
Herrlichkeit rief mich in der Nacht und führte mich zu dir. – Messias
sprach: Groß ist die Versuchung. Dunkel ist die Nacht. Ich kann deinen
Körper nicht sehen in der Finsternis. Wie hast du den Weg zu mir
gefunden? – Magdalena sprach: Gottes Blitz zeigte mir den Pfad,
Geliebter. – Messias sprach: Durchs dunkle Tal und die tiefe Schlucht,
durch Jammertal und durch Tal der Tränen ging dein Weg. Ritzten die
Dornen dich wund? - Magdalena sprach: Ich hatte Todesmut wie ein
Singschwan, das flößte mir Trost ein. – Messias sprach: Die Nacht der
Seele ist tief und du bist allein. – Magdalena sprach: Und doch bin ich
nicht allein, denn bei mir ist meine Herrin, die Schöne Liebe!
16
Magdalena sprach: Heute ist die Schüchternheit von mir genommen. Der
Geliebte stillte meine Sehnsucht! Was soll ich sagen, o Liebe? Ich muß
leise lächeln. So wundervoll war heute seine Liebe! Der Regen ergoß sich
auf die Erde. Der Berg ragte auf bis in die Wolke. Ich schaute in den
smaragdenen Spiegel des Wassers und war in einer anderen Welt. So voller
Weisheit ist mein Geliebter und machtvoll bezaubert sein Wort meine
Seele. Er gab der Ruhelosen eine Ruhe. Ich barg mich an dem heiligen
Herzen, das für mich glüht! Der Fürst des Friedens setzte mich auf seinen
Schoß. Er spielte mit meinem feinen Schleier, bis ich einschlief. – Dodo
rief: O selige Liebeswonne!
17
Magdalena sprach: Wie soll ich von ihm sprechen? Er ist ja der namenlose
Name! Ob ich ihn im Traum sah, ob ich ihn in Wirklichkeit sah, als ich ihn
liebte, weiß ich nicht. Er war ganz nah und doch jenseits der Welt. Der
Blitz durchzückte die Nacht. Die Nacht durchschlängelte nektarsüß ein
himmlischer Strom. Die Nacht nahm den Mond in den Mund. Die Sterne
schauerten, regneten Funkenströme. Der Himmel tat sich auf. Die Berge
bebten. Die Erde spaltete sich und ergoß sich in Glut. Der Wind blies
mächtig. Die Falter taumelten trunken. Die Meere fluteten über. Aber es
war noch nicht das Ende der Welt. – Wie kann das alles wahr sein, fragt
der Dichter Dodo.
18
Salome sprach: Verwirrt hingen ihre schwarzen Locken mit rotem Henna
um ihr berückend süßes Antlitz, wie schwarze Gewitterwolken um den
lichten Vollmond. Mondstein-Ohrringe schaukelten an ihren
Muschelohren. Schweißperlen glitzerten licht wie Diamanten auf ihrer
weißen Stirn. Frau Schönheit, dein Antlitz spendet Wonne. Willst du weiter
kämpfen im Liebeskampf, Magdalena, wie soll Messias sich retten?
Armspangen um die bloßen Arme, Silberringe um die schlanken Finger,
Kettchen um die nackten Knöchel, das alles ist wie Musik im Rhythmus
der Liebe. Betrunken vom Wein der Liebe gibt die Liebe ganz sich hin!
Triumph! Blast die Flöte! Streicht die Zymbel! Nun war Stille um die
Lenden der Geliebten. Der Kämpfer im Liebeskampf war besiegt, der
ewige Friede eingekehrt. – Der Meister des Dichters Dodo vollendet das
All in Liebe, Himmel und Erde vereinigen sich.
19
Dodo, der Dichter, sprach: Betrunken vom schweren Rotwein der Liebe
zieht Messias Magdalena auf seinen Schoß. Sie blickt so schelmisch und
lacht mit leisem Girren wie ein Lenzschalk und Herzschelm. Zärtlich
schmiegt sie sich an ihn. Ihr Leib ist Musik der Liebe. Verliebt ist
Magdalena, Messias ist voll Leidenschaft! Herz und Herz vereinen sich!
Trunken sind beide, der Feuerpfeil der göttlichen Liebe steckt zitternd im
Ziel des fleischernen Herzens! – Dodo sang von dieser großen Liebe.
20
Salome sprach: O solche Liebe gab es noch nie! So innig zwei Herzen
vereint! Sie sind noch beieinander, schon seufzen sie aus Furcht vor einem
Augenblick der Trennung. Ist sie ihm nur einen kurzen Augenblick
verborgen, schon weint er Tränen der Sehnsucht. Wenn er fern von ihr ist,
dann ist er wie ein Fisch, aus der Flut gezogen und an den Strand
geworfen. Nein, unter Menschen ward solche Liebe nie erlebt. Die Sonne
liebt die Rose, doch die Rose welkt, die Sonne wandert fröhlich weiter von
Ost nach West. Die Nachtigall nennt man den Freier der Rose, seiner
Minneherrin, doch Nachtigall und Rose kamen nie in Liebe zusammen.
Wenn der Falter mit seinem zärtlichen Fühler am Kelch der Blume saugt,
so kommt zwar der Falter zur Blume, doch die Blume kommt nie zum
Falter. – Nichts in dieser Welt, sprach Dodo, läßt sich der Liebe des
Messias vergleichen.
21
Magdalena sprach: Mein Geliebter, du bist mein ewiges Leben! Dir weihe
ich Leib und Seele, Herz und Geist, alles was ich bin und habe, dir weihe
ich meine Familie, mein Volk und die ganze Erde, dir weihe ich mein
unsterbliches Schicksal: Ich bin ganz dein, Geliebter! Du bist mein Gott, o
kosmischer Christus, du König des Universums! Angebetet wirst du von
allen bräutlichen Seelen, Gott! Ich bin nur die arme Magd des Ewigen,
wenig Weisheit nur ward mir zuteil und ich weiß nicht recht zu dir zu
beten. Dennoch biete ich mit Leib und Seele dir meine Ganzhingabe der
Liebe! Du bist mein Weg, meine Wahrheit und mein Leben! Du bist meine
Auferstehung und mein ewiges Leben! Mein Herz kennt keine andere
Ruhe als dich allein, mein Gott! – Die Heilige und die Hure sind beide von
Gott geliebt, sprach Dodo, ich weiß von Sitte und Sünde nichts, ich kenne
nur Jesu durchbohrtes Herz!
[Inhalt]
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WEB14
[Inhalt]
In Zypern wars, bei Paphos, am Strande von Petra tou Romiou, das eines
Nachts die Fischer auf dem Meer ein Licht sahen, das wallte auf dem
Meer. Sie konnten sich nicht erklären, was das sei, da sind sie in ein
Fischerboot gestiegen und zum Licht hinausgerudert. Als sie in die Nähe
des Lichtes kamen, sahen sie, daß es eine Ikone war, eine lebensgroße
Gestalt der Jungfrau Maria Aphroditissa abbildend. Sie stand in ihrer
schlanken jungfräulichen Leiblichkeit aufrecht da, voll Grazie, in einem
schneeweißen Seidenkleid, von ihrem Haupte floß ein feuerfarbener
Schleier herab und fiel auf ihre Brust und endete an ihren Lenden. Ihre
bloßen schmalen Füße standen auf einem Sichelmond, der wie eine
Muschel sie als ihr Thron trug. Ihre bloßen Füße schienen fast den
Meeresschaum zu berühren. Ihr Antlitz war von unglaublich entzückender
Lieblichkeit. Die Ikone lag nicht flach auf dem Wasser, sondern wandelt
aufrecht über das Mittelmeer. Die Fischer wollten die Madonna in ihr Boot
heben, aber die Jungfrau Aphroditissa wandelte immer vor ihnen her und
wanderte über das Meer an den Strand von Paphos-Ktima, wo die Ikone
aufrecht zwischen den Muscheln des Strandes stand, und der
Meeresschaum rollte zu den bloßen Füßen der Panhagia Aphroditissa. Der
Mönch Petros Kyknos dankte dem Himmel und nahm die Ikone der
Königin der Schönen Liebe und brachte sie in die Gnadenkapelle von
Kouklia, wo er sie aufstellte zur Verehrung der Gläubigen.
Einige Zeit später kam ein Fanatiker, ein islamistischer
Fundamentalist, der einen besonderen Haß auf christliche Gottesbilder und
Heiligenbilder hatte und ganz besonders die Ikone der Jungfrau
Aphroditissa hasste, in die Kapelle Unserer Lieben Frau von Zypern zu
Kouklia, und verwundete die Jungfrau mit einem Säbel, indem er ihr
Wunden an der Wange anbrachte. Als er die Wange der seligen Jungfrau
verletzte, floß Blut aus der Wange heraus. Der Arm des Fundamentalisten
war aber auf der Stelle gelähmt. In seinem fanatischen Zorn schwor er, die
Ikone zu zerhacken und zu verbrennen, und ist zu seinen Soldaten in das
Lager gegangen, sie aufzuwiegeln gegen die Königin der Liebe.
Als der Soldat voll Haß die duftende Kirche verlassen hatte, sprach
die Ikone der Jungfrau zu dem zypriotischen Mädchen Marion Metanoia
von Kouklia, die betend still in der Kirche gekniet hatte. Da sprach die
Panhagia Aphroditissa zu dem Mädchen Marion Metanoia: Liebes Kind,
trage mich fort, damit die Fundamentalisten mir nichts antun können!
Marion nahm ehrfurchtsvoll die Ikone der Himmelskönigin und barg
sie unter ihrem Mantel und trug sie durch die Gassen des Dorfes. Ihr war,
als würde die Ikone sie führen. Und obwohl sie aus Angst sehr schnell
gelaufen war, spürte sie keine Erschöpfung.
Als sie außerhalb des Dorfes war, hörte sie einen großen Lärm. Denn
die islamistischen Fundamentalisten hatten aus Zorn, die Ikone der
Jungfrau nicht zerstören zu können, die Kirche der Panhagia Aphroditissa
angezündet und verbrannt. Das Mädchen Marion Metanoia aber lief unter
der geistigen Führung der Ikone Unserer Lieben Frau die Berge des
Olymposgebirges hinan und kam zum höchsten Gipfel, wo ein stilles
einsames Kloster stand. Da sprach die Panhagia Aphroditissa zum
Mädchen Marion: Mein liebes Kind, trage du mich in die Kapelle des
Klosters auf dem Gipfel des Olymp, denn hier werde ich sicher wohnen.
Und Marion tat so, wie Maria gesagt.
Als die Ikone in der Kapelle des Klosters auf dem Gipfel des Olymp
aufgestellt war, sprach Maria Aphrodtitissa zu Marion Metanoia: Nun
trockne mit deinem Schleier mir das Blut vom Antlitz ab, damit mein
heiliges Antlitz wieder makellos und rein ist. Da nahm Marion ihren
Schleier und wischte das Blut vom heiligen Antlitz der allerseligsten
Jungfrau. Zu ihrem Erstaunen konnte sie sehen, wie sich das überaus
entzückende liebreizende Antlitz der zyprischen Madonna in ihren Schleier
eingedrückt hatte, so daß nun das heilige Antlitz Mariens in dem Schleier
Marions zu sehen war.
Marion ist dann heim in ihr Häuschen in Kouklia gegangen, aber sie
hat jeden Tag vor dem Bilde der Jungfrau und dem Abdruck ihres heiligen
Antlitzes in dem Schleier gebetet, denn sie hatte den Schleier neben die
Ikone in die Kapelle auf dem Olymp gehängt.
Eines Nachts, da Marion vor Maria betete, sprach die allerseligste
Jungfrau Aphroditissa zu dem schönen Mädchen: Liebes Kind, wir müssen
heute Nacht noch fliehen, denn die Fanatiker und Fundamentalisten
werden morgen kommen und dies Kloster ausrauben und plündern. Wenn
du nicht mit mir fliehst, werden sie dich versklaven und in einen Harem
verkaufen.
Da nahm Marion die Ikone Mariens und lief vom Olympus herunter
und eilte durch Kouklia und verlief sich in die geheimnisvollen
Pinienwälder. In der Ferne hörte sie schon den schrecklichen Lärm des
Krieges.
Ihr ganzes Leben lang ward Marion von Maria beraten, sie hat ihr
später zu einem Mann verholfen und zu getauften Kindern. Nie hat Marion
etwas unternommen, ohne vorher die Madonna zu befragen.
Wohin aber das heilige Antlitz in Marions Schleier gekommen ist?
Das weiß niemand zu sagen. Einige alte Großmütter behaupten, ein
Dichter habe das heilige Antlitz an sich genommen und es in seiner
Poetenhütte geborgen und aufbewahrt, wo er Madonna Aphroditissa als
seine himmlische Muse anrief.
Einige rechtgläubige Mönche behaupten, es habe sich bei der Ikone
Unserer Lieben Frau Maria nicht um die Ikone der Panhagia Aphroditissa
gehandelt, sondern um die Panhagia Chrysorroyitissa, die Madonna mit
dem goldenen Granatapfel. Dieses Bild wurde aber als Unsere Liebe Frau
Galathea von Galataria verehrt.
Mir scheint aber, Unsere Liebe Frau Maria ist wirklich die wahre
Panhagia Aphroditissa vom Olymp!
Es hatte der König David drei Söhne, Absalom, den Erstgeborenen, und
die Zwillingsbrüder Amnon und Salomo, wobei Salomo, der als Jüngster
aus dem Mutterschoß gekommen war, der zärtlichste war. Absalom und
Amnon und Salomo wollten König von Israel werden, wenn König David
versammelt würde zu seinen Ahnen. David wußte nicht, wem Gott das
Reich von Juda und Israel geben wollte, darum wollte er sie einem
Gottesurteil unterziehen. Er sprach: Meine lieben Kinder, ihr Söhne meiner
Seele, ich liebe euch alle drei, jeden auf seine Weise, und ihr alle drei seid
des Königsthrones würdig. Aber da ich nicht weiß, wem Gott den Thron
über das Gelobte Land von Milch und Honig geben will, will ich euch
einer Prüfung unterziehen. Ihr sollt mir die Blaue Blume suchen, die
meinem Leiden einen Trost und eine Heilung bescheren könnte. Wer mir
als Erster die Blaue Blume bringt, der wird zum Sohn Davids und Erben
des Thrones von Juda und Israel. Als Erstes soll Absalom gehen, der
Erstgeborne, dann Amnon, der Ältere der Zwillinge, und als Letzter
Salomo, der Jüngste meiner Frauen. So sprach der König David. Die
Söhne bekamen alle eine Hirtentasche mit einem Rosinkenkuchen und
zogen davon.
Absalom zog als Erster davon und suchte überall die Blaue Blume,
ohne sie zu finden. Da sah er an einem Wegesrand eine Großmutter sitzen,
die ein verhungertes Enkelkind auf ihrem Schoße sitzen hatte. Die sprach:
Wohin gehst du, du schöner Jüngling mit dem langen lockigen Goldhaar?
Da sprach Absalom: Ich suche die Blaue Blume. Wenn ich sie finde, werde
ich König von Juda und Israel. Da sprach die Großmutter: Wenn du mir
einen Krümel von deinem Rosinenkuchen gibst für meinen Enkelsohn, der
fast vor Hunger stirbt, so will ich dir helfen. Da sprach Absalom: Wenn
dein Enkel sterben will, so soll er sterben! Da sprach die Großmutter ernst:
Du kannst nach der Blauen Blume suchen, aber du wirst sie nicht finden.
Am folgenden Tag machte sich der Ältere der Zwillinge auf die
Pilgerreise. Er begegnete auch der Großmutter mit den silbernen Locken
und den himmelblauen Augen und dem hungrigen Enkel auf dem Schoß.
Da sprach die Großmutter: Wohin gehst du, mein hübsches Püppchen?
Amnon sprach: Ich suche die Blaue Blume. Wenn ich sie finde, kann ich
König von Juda und Israel werden. Da sprach die Großmutter: Willst du
mir nicht einen Krümel von deinem Rosinenkuchen abgeben für meinen
Enkel, der so verschmachtet? Da sprach Amnon: Mag er verschmachten,
ich gebe nichts ab von meinem Kuchen. Da sprach die Großmutter: Da
kannst du lange die Blaue Blume suchen, du wirst sie nicht finden. Amnon
zog weiter und suchte in der ganzen Welt, doch fand er nicht die Blaue
Blume.
Am dritten Tag zog Salomo los, der Jüngste der Söhne Davids und
heimliche Liebling seines Vaters. Er trug auch die Hirtentasche mit dem
Rosinenkuchen. Er ging durch Felder und Wälder und stieß auch auf die
Großmutter mit den Silberlocken und den himmlischen blauen Augen und
dem hungrigen Enkel auf dem Schoß. Sie bat ihn ebenso wie sie seine
Brüder gebeten hatte, um einen Krümel vom Rosinenkuchen für ihren
schmachtenden Enkel. Da sprach Salomo: Ich suche wie meine Brüder die
Blaue Blume für meinen Vater David, damit er Trost und Heilung findet in
seinen Leiden. Ich armer Junge kann gar nicht glauben, daß ich sie finde,
da schon meine älteren Brüder sie nicht gefunden haben. Aber wenn du
mich um einen Krümel vom Rosinenkuchen für deinen Enkel bittest, liebe
Großmutter, siehe, so nimm den ganzen Rosinenkuchen, ich brauch ihn
nicht, ich singe ein fröhliches Lied zu Gott und schon bin ich satt!
Da gab Salomo der Großmutter den ganzen Rosinenkuchen. Die
Großmutter, die keine andere als die selige Gottesmutter Maria war, gab
ihrem Enkel, nämlich dem Herrn Jesus, den Rosinenkuchen des zärtlichen
Knaben. Da sprach die Großmutter, nämlich die Gottesmutter Maria, zu
dem Knaben Salomo: Mein kußlicher Knabe, du Allerliebster, du brauchst
die Blaue Blume nicht mehr zu suchen, denn ich, ich will sie dir schenken!
Da zog sie unter Akelei uund Liebfrauenhandschuh und
Venuspantoffel und Madonnenlilie und Mariengras und Salomosiegel die
Blaue Blume hervor und gab sie dem allersüßesten goldigen Knaben
Salomo. Die Blaue Blume duftete lieblich wie der Weihrauch im Tempel
von Jerusalem.
Da sprach Salomo: Wo soll ich die Blaue Blume verstecken? Wenn
Absalom und Amnon sie bei mir finden, werden sie sie mir gewaltsam
wegnehmen und König werden. Da zog die Großmutter, die die
Gottesmutter war, dem Liebling Salomo die Schuhe aus und legte die
Blaue Blume in einen Schuh und sagte zu ihm: Nun geh heim zu deinem
dich liebenden Vater, denn du sollst Friedefürst von Jerusalem werden!
Da zog Salomo heim zum Königspalast des Königs David in Zion.
Unterwegs aber traf er Absalom und Amnon. Da sprachen sie: Du lachst so
selig, da sehen wir schon klar, daß du die Blaue Blume zu deinem Vater
bringst. Aber Salomo log: Nein, ich habe die Blaue Blume nicht gefunden,
und ihr? Die Brüder sprachen: Wir haben die Blaue Blume nicht gefunden.
Aber wir riechen den Duft der Blauen Blume an dir, die duftet wie der
Weihrauch im Tempel von Jerusalem.
Da zogen Amnon und Absalom den kleinen zarten Salomo aus und
fanden in seinem linken Schuh (den er am rechten Fuße trug) die Blaue
Blume. Da erfasste Absalom solch ein Neid und Amnon solch eine
Eifersucht und Begierlichkeit, daß sie zusammen den zarten Salomo
töteten, um die Blaue Blume an sich zu nehmen und König zu werden.
Und damit ihr Mord am Bruder nicht entdeckt würde, begruben sie ihm am
Kanal.
Als Absalom und Amnon aber den zarten Liebling Salomo getötet
hatten, gerieten sie auch in heftigen Streit und Neid und Eifersucht, denn
jeder von ihnen wollte die Blaue Blume haben, nicht um den Vater David
zu trösten, sondern um selbst König von Israel zu werden. Sie gerieten so
sehr in Streit, daß sie sich rauften und schlugen und schließlich der
Erstgeborene Absalom den jüngeren Amnon erschlug und tötete.
Absalom, trat zu seinem Vater David und sagte: David, ich habe die
Blaue Blume gefunden, ich will nun König von Israel und Juda werden.
Aber König David dachte an die Zwillinge Amnon und Salomo, besonders
vermisste er seinen Liebling Salomo, er dachte immer nur: Sie habend die
Blaue Blume vergeblich gesucht, nun sind sie aus Neid und Eifersucht
nicht heimgekehrt. Das ist ihr Stolz, ich würde es genauso machen, meine
Söhne sind genauso stolz wie ich!
Es verging eine lange Zeit, vielleicht drei Jahre, da wuchs an der
Stelle am Kanal, wo Absalom und Amnon den zarten Liebling Salomo
begraben hatten, Schilfrohr auf. Eines Tages kam ein Hirte und machte
sich aus den Schilfrohren eine Syrinxflöte, um seine Psalmen an den Guten
Hirten mit der Syrinxflöte zu begleiten, wenn er seine Mutterschafe und
Lämmer weidete auf der grünen Wiese und am ruhigen Wasser. Als der
Hirte aber auf der Panflöte spielte, hörte er zu seinem großem Erstaunen
folgenden Vers:
Kaum hatte der Hirte die Worte vernommen, lief er zu König David, der
einst auch ein Hirte gewesen war und immer noch ein Psalmist und
Flötenspieler Gottes war, und der Hirte sprach: O mein Herr König lebe
lange! Ich habe eine Flöte gefunden, die Verse spricht. Da nahm der König
David die Panflöte und blies hinein und hörte diesen Vers:
König David erstaunte sehr und war sehr verwundert und ließ Absalom
rufen und befahl ihm, die Flöte zu spielen. Absalom blies die Flöte und
hörte diesen Vers ertönen:
GOTTES SCHWIEGERSOHN
Eine Großmutter hatte einen einzigen Enkel, den sie mütterlich liebte. Am
Anfang eines Jahres nahm der Gutsherr der greisen Großmutter ihre
Mägde und ihre Hütte, so daß die alte Frau betteln gehen mußte. Der arme
Enkel aber zog in die weite Welt hinaus und wurde ein Spielmann. Um
sein täglich Brot zu verdienen, ging er als Knecht bei einem Priester in
Dienste.
Nach drei Jahren Dienst beim Priester erhielt der arme Enkel drei
Taler von dem gütigen und weisen Priester. Da wollte der Spielmann
wieder in die Welt hinaus und sein Lied mit dem Lerchen in der
Morgenröte flöten und sein Lied mit den Nachtigallen in den Nächten
schlagen. Bevor er den weisen Priester verließ, wollte der arme Enkel noch
am Brunnen trinken. Da fielen ihm seine drei Taler in den Brunnen. Der
Priester sah aus seinem Garten mit an, was dem armen Enkel geschehen
war und sprach zu ihm: Mein lieber Sohn, wenn du die drei Taler
wiederbekommen willst, mußt du mir weitere drei Jahre als Meßdiener
dienen, denn ich habe keinen anderen Knaben als dich. In jedem Jahr
deines Dienstes verdienst du dir einen Taler zurück.
Drei Jahre später zog der arme Enkel als Spielmann in Gottes weite
Welt hinaus. Der Priester gab ihm seine drei Taler. Der weise alte Priester
gab dem armen Enkel noch eine Spritze und ein Tuch und einen guten Rat.
Aller guten Dinge sind drei. Drei ist friesisches Recht. Er sprach: Zieh in
die Spritze Weihwasser, spritze einen Kreis um dich herum und lege das
Tuch unter dein Haupt, dann wird dir nichts Böses widerfahren.
Der arme Enkel wanderte Lieder singend durch die schöne Natur und
wollte in der ersten Nacht im Walde übernachten. Er spritzte mit
Weihwasser einen Kreis um sich und bettete sein blondes Haupt auf das
Tuch und schlief ein. Um Mitternacht erwachte er, denn er hörte junge
Löwen brüllen, die nahten dem Bannkreis, konnten ihn aber nicht
überschreiten. Nach den Löwen kamen Bärinnen und nach den Bärinnen
kamen hungrige Wölfe. Alle wilden Tiere verneigten sich vor dem
Spielmann und verschwanden wieder im dunklen Wald.
Mit dem ersten Glanz der Morgenröte erschien vor dem armen
Spielmann eine lichtstrahlende Jungfrau, ein himmlisches Mädchen von
entzückendem Liebreiz und betörender Holdseligkeit. Sie weckte mit
sanfter Stimme von englischer Güte den Jüngling und lispelte ihm
liebevoll in das Ohr: Mein Liebling, reiche mir deine Hand und ziehe mich
zu dir in den Bannkreis aus geweihtem Wasser. Siehe, ich bin kein
Gespenst, sondern ein himmlisches Mädchen in einem Leib aus Licht!
Der arme Enkel reichte der schönen Jungfrau, dem entzückenden
Mädchen die Hand und gab ihr seine Hand fürs ganze Leben. Ja sagte er
zu ihr und Ja sagte sie zu ihm! In seiner Wonne über dieses Liebchen, daß
ihm der allgütige Gott in seiner Weisheit und Liebe zur Frau gegeben,
glaubte er, der Seligste aller Seligen auf der Erde zu sein! Aber sein
himmlisches Liebchen erklärte: Hier unter den Bärinnen und den
Löwenjungen und den finsteren Wölfen können wir nicht ungetrübt
glücklich sein. Komm mit mir, ich führe dich in die Hütte deiner
Großmutter heim. Dort wollen wir ein heiteres Leben in seliger Schönheit
leben.
So zog das himmlische Mädchen mit dem Spielmann in jene Gegend,
da die Hütte der Großmutter stand. Der Spielmann wollte wie ein
Zimmermann die Hütte wiederherstellen, aber die entzückende Jungfrau
nickte nur einmal mit dem schmalen Haupt auf dem langen Schwanenhals,
siehe, da stand an Stelle der Hütte der Großmutter ein großes Wasserschloß
mit einem englisch-chinesischen Garten als Park, von vielen Kanälen
durchzogen und mit vielen Pavillonen der Ruhe erfüllt.
Aber in der Nähe lebte Herr Neid, ein finsterer Ankläger der
Gerechten. Als Herr Neid das selige Glück des Spielmanns und des
himmlischen Mädchens sah, da wurde er von Eifersucht und Begierde fast
zerrissen. Herr Neid trat zu dem Gutsherrn und blies dem ein und sprach
ihm in die Ohren: O Gutsherr, kannst du es ertragen, daß der arme Enkel
der armen Großmutter hier mit seinem Liebchen in einem fürstlichen
Wasserschloß lebt wie Schwan und Schwanin? Schick sie fort, daß sie im
Schweiße ihren Angesichts ihr täglich Brot in der Welt der armen Leute
verdienen!
Herr Neid sprach zum Gutsherrn: Gib dem armen Spielmann den
Auftrag, einen Bären müde zu reiten. Kann er das, so mag er im
Wasserschloß mit dem englisch-chinesischen Garten leben. So spann Herr
Neid die Intrige. Aber was kann der finstere Ankläger jemals dem
Gerechten schaden? Der Enkel der armen Großmutter warf das Tuch des
Priesters über den wilden Bären und ritt den Bären müde, bis der
schäumend zusammenbrach.
Da sprach Herr Neid zum Gutsherrn: Befiehl dem armen Enkel der
armen Großmutter, den Schatz deines Vaters zu finden. Findet er den
Schatz, so mag er im Schloß mit seinem jugendlichen Liebchen wohnen
bleiben. Als der Spielmann dies hörte, sagte er: Da muß ich gen Himmel
fahren, um den heimgegangenen Vater des Gutsherrn zu befragen, wo der
Schatz vergraben ist. Als Herr Neid das hörte, wollte er sofort mit gen
Himmel fahren.
Der arme Enkel der armen Großmutter hatte von seinem himmlischen
Liebchen ein Kruzifix bekommen. Damit stieg er auf einen Kastanienbaum
und berührte den Wipfel. Der Ankläger klammerte sich gierig an ihn. Der
Kastanienbaum flog auf die Berührung des Kruzifix hin gen Himmel.
Im Himmel sah der arme Enkel eine Schenke. Vor der Schenke
schlugen Kerle und Dirnen auf einander ein mit zerbrochenen Stühlen. Als
sie den Enkel sahen, jammerten sie: O Schwiegersohn Gottes, bitte für
uns!
Wie, bin ich Gottes Schwiegersohn? So sprach der arme Enkel der
armen Großmutter, und sah eine Windmühle, vor der Tag und Nacht die
Hunde bellten und heulten. Da bellten die Hunde: O Schwiegersohn
Gottes, bitte für uns!
Wie, bin ich der Schwiegersohn Gottes? So sprach der arme Enkel der
armen Großmutter, und sah einen lehmigen Acker, wo Menschen mit
blutigen Nasen den Boden pflügten. Die schrien, als sie ihn sahen: O
Schwiegersohn Gottes, bitte für uns!
Wie, bin ich der Schwiegersohn Gottes? So sprach der arme Enkel der
armen Großmutter, und sah ein großes Meer aus Milch, in dem große
Schiffe schaukelten, voll mit Frauen, die schrien aus Angst zu ertrinken.
Die Weiber kreischten: O Schwiegersohn Gottes, bitte für uns!
Wie, bin ich der Schwiegersohn Gottes? So sprach der arme Enkel der
armen Großmutter, und trat geneigten Hauptes an die selige Pforte des
Himmel. Gott schloß den Himmel auf und sprach zum Spielmann: O du
mein liebes Schwiegersöhnchen, was willst du denn schon hier?...
Ich will den Vater des Gutsherrn fragen, wo der Schatz verborgen
liegt, sprach der arme Spielmann.
Ich weiß alles, sprach der liebe Gott. Geh zu jenem eisernen Pflug,
den der Vater des Gutsherrn dort seit sieben Jahren im Schweiße seines
Angesichtes selber zieht. Spanne dich selbst für sieben Jahre ein, daß der
Vater sich ein wenig ausruhen kann. Aber sprich mit mir, mein Herz, was
hast du gesehen auf dem Weg zu meinem Stuhl?
Ich sah eine Schenke, vor der sich Kerle und Dirnen schlugen.
Siehe, da sind die, die den falschen Spiritus zu ihrem Tröster gemacht
und nicht den Spiritus Sanctus. Die soffen sich voll Wein und ließen sich
nicht vom Heiligen Geist erfüllen.
Ich hörte vor einer Windmühle Hunde bellen und heulen.
Siehe, das sind die, die den Teufel angerufen und ihre Kinder
ermorden wollten. Sie sind zu Bestien geworden im Jenseits, wie sie auf
Erden schon Bestien waren.
Ich sah auf einem lehmigen Acker Menschen mit blutigen Nasen den
Boden pflügen.
Siehe, das sind die, die das Geld zu ihrem Seligmacher gemacht und
den Mammon angebetet. Sie müssen nun wie arme Knechte dienen um ein
kärgliches Stück trocknes Brot.
Ich sah ein großes Milchmeer mit schaukelnden Schiffen, in denen
Weiber gräßlich lärmten aus Angst, zu ertrinken.
Siehe, das sind die Hexen, die die magischen Praktiken übten und die
Naturgöttin angebetet haben, aber dem Schöpfer frech den Rücken
zugekehrt.
Nach sieben Jahren, da der arme Enkel der Großmutter den eisernen
Pflug für den Vater des Gutsherrn gezogen, sprach der Vater, wo der
Schatz verborgen sei. Da rief der Schwiegersohn Gottes: O Lebensbaum,
du schöne Kastanie, trag uns zur Erde zurück! Und der Schwiegersohn
Gottes und der finstere Ankläger kamen wieder zur Erde herab.
Da wies der arme Enkel dem Gutsherrn den Schatz. Aber Herr Neid,
der finstere Ankläger, ließ nicht ab von seinen bösen Plänen und sprach:
Gutsherr, nun leben da der Spielmann und die himmlische Jungfrau
friedlich und selig in ihrem Wasserschloß wie Schwan und Schwanin, das
darf nicht sein. Bereite einen großen Kessel mit kochendem Pech und wirf
sie hinein!
Da spielten die himmlische Jungfrau und ihr seliger Ehemann in dem
kochenden Pech wie in einem kühlen erfrischenden Wasserbad und
spritzten sich lachend naß. Aus dem Kessel fischten sie große Perlen, so
groß wie Straußeneier. Da wurden der Gutsherr und Herr Neid so gierig,
daß sie schrien: Perlen, Perlen, so groß wie Straußeneier, gib mir, gib mir!
Der gierige Gutsherr und der neidische Ankläger verbrannten in dem
kochenden Pech, aber der selige Spielmann lebte für alle Zeiten in seliger
Wonne der glücklichen Liebesehe im Wasserschloß und dem schönen Park
mit dem himmlischen Mädchen Maria!
DAS HIMMELSMÄDCHEN
Shi Tuo-Tang lebte mit seiner Großmutter in Armut. Jeden Morgen stieg
Shi Tuo-Tang auf den Berg, um Holz zu schlagen. Seine Großmutter O-mi
blieb in der Hütte, um sauber zu machen, Essen zu bereiten, und zu
spinnen und weben. Eines Tages wurde die Großmutter O-mi krank und
wollte Teigtaschen mit Fleischfüllung essen. Shi-Tuo-Tang war traurig,
denn er hatte kein Geld, um Fleisch zu kaufen.
Da ging er traurig den Berg hinan und hörte sieben Kinder lachend
rufen: Komm, wir brauchen Fangnetze, Lanzen und Messer und Pfeil und
Bogen, dann fangen wir ihn! Shi Tuo-Tang dachte: Es wird wohl kein
Schakal und keine Hyäne am Wegesrand liegen. Shi Tuo-Tang ging in den
Wald und sah einen weißen Edelhirsch auf der Wiese am Bächlein
lebendigen Wassers ruhen. Shi Tuo-Tang sprach: O Edelhirsch, enteile
über die Berge, rasch über die Hügel davon, denn die wilden Knaben
wollen dich fangen und töten! Da enteilte der Edelhirsch.
Aber Shi Tuo-Tang wanderte weiter traurig und mit Kummer im
Gemüt über den Berg, da begegnete ihm ein alter Eremit mit kahlem Kopf
und langem weißen Bart und sprach zu ihm: Mein lieber Shi Tuo-Tang, ich
bin der weiße Edelhirsch, den du gerettet hast. Komm, ich will dir danken,
dir und deiner Großmutter O-mi, die dich zu einem guten Menschen
erzogen hat.
Und der alte Eremit führte Shi Tuo-Tang zu einem kleinen Hain von
Tung-Ölbäumen, in dem ein goldener Pavillon stand. Er öffnete die Tür
und führte Shi Tuo-Tang hinein. In der Hütte überreichte er ihm einen
Wunderpinsel und sprach: Dieser Pinsel taugt mit Tusche zu wunderbarer
Kalligraphie von schönen Shi-Gedichten auf Seide, aber wenn du mit ihm
dreimal in die Luft schlägst, so deckt sich dein Tisch und der Tisch deiner
Großmutter immer wieder mit Teigtaschen mit Fleischfüllung.
Shi Tuo-Tang bedankte sich und trug den Wunderpinsel nach Hause.
Wirklich, er und seine liebe Großmutter O-mi hatten alle Tage Teigtaschen
mit Fleischfüllung zu essen. So lebten sie sieben Jahren, ohne Hunger zu
leiden.
Aber eines Tages, als Shi Tuo-Tang fünfunddreißig Jahre alt war, ging
auch seine geliebte Großmutter den Weg alles Fleisches und versammelte
sich zu ihren heiligen Ahnen. Da war Shi Tuo-Tang so traurig, daß er den
alten weisen Eremiten aufsuchen wollte. Er wanderte über den Berg und
kam zu jenem Hain von Tung-Ölbäumen und klopfte an den goldenen
Pavillon. Da trat der weise Alte heraus und fragte, warum Shi Tuo-Tang so
traurig ausschaue. Shi Tuo-Tang klagte bitterlich: Ach, ich bin ja ganz
allein auf dieser weiten Welt! Meine geliebte Großmutter ist den Weg allen
Fleisches gegangen und ist nun versammelt in der Versammlung unserer
heiligen Ahnen! Ich habe nun niemanden mehr, der mir die Wohnung rein
macht und mir die Wäsche wäscht und mir ein leckeres Essen bereitet!
Ach, hätte ich doch..., sprach Shi Tuo-Tang und errötete vor Scham vor
dem heiligen Eremiten. Der aber war ein weiser Seelenkenner und
erkannte, was Shi Tuo-Tang sich wünschte im Geheimnis seiner Seele.
Da sprach der alte Eremit An-Ci: Du willst eine liebe Frau, die dich
liebt? Siehe, morgen ist das Fest des Himmelskönigs! Da gehe nur an den
verborgenen Teich, denn es wird das Himmelsmädchen kommen, die
Tochter des Himmelskönigs! Wenn der Himmelskönig dir gnädig ist, so
wird die Tochter des Himmelskönigs deine Frau!
In der Nacht lag Shi Tuo-Tang im Gebüsch am Teich auf der Lauer.
Und wirklich, um Mitternacht schwebte ein himmlisches Mädchen wie ein
Vollmond zur Erde herab. Sie war eine himmlische Jungfrau von siebzehn
Jahren, von entzückendem Liebreiz, himmlischer Anmut und
göttergleicher Schönheit! Sie wähnte sich allein und legte ihr weißes
Schwanenkleid ab am Ufer des Sees und badete ihren weißen makellosen
Jadeleib im klaren kristallenen Teich. Ihre weiße Haut war durchsichtig
wie weiße transparente Jade. Ihr Leib war wie Mondlicht und von
makelloser Perfektion. Ihre jugendlichen Brüste waren straff und fest.
Ihren Schoß verbarg sie keusch in der keuschen Schwester Wasser.
Shi Tuo-Tang nahm listig das weiße Schwanenkleid des himmlischen
Mädchens an sich. Da stieg die makellose Jungfrau aus dem keuschen
Wasser. Sie stand da wie eine Säule im Tempel. Sie war umleuchtet von
dem milden Licht des Vollmonds. Alles an ihr leuchtete, alles war lieblich
und überaus schön. Kein Makel war an dem Mädchen. Vor ihrem Schoß
hielt sie ein Feigenblatt. In der rechten Hand hielt sie einen rotwangigen
Pfirsich der Unsterblichkeit. Sie flüsterte in die Nacht: Wer du auch immer
seist, du Dieb, der du mein Schwanenkleid an dich genommen, gib es mir
wieder! Da seufzte Shi Tuo-Tang: Du bist schön, mein Mädchen, du bist
allerdinge schön, und kein Makel ist an dir! Ich gebe dir dein weißes
Schwanenkleid wieder, wenn du mir deine Hand zum Lebensbund gibst
und meine Frau wirst! Da sprach das Himmlische Mädchen: Ich sage Ja zu
dir, sage du auch dein Ja-Wort! Ja, lispelte Shi Tuo-Tang, reichte der
makellosen Jungfrau das Schwanenkleid, sie reichte ihm die Hand und
ward seine Frau.
Sie lebten einen Frühling, einen Sommer und einen Herbst zusammen
in der Hütte der lieben Großmutter O-Mi glücklich wie Verlobte. Aber
eines Nachts, zur Zeit des Herbstvollmondes, verschwand das himmlische
Mädchen, nicht ohne zwei Kinder zurückzulassen. Die kleinen Zwillinge
Yen-Yen und Yün-Yün jammerten nach der jungen schönen Mutter und
Shi Tuo-Tang weinte alle Tage und Nächte aus weher Sehnsucht nach dem
himmlischen Mädchen.
Kummervoll ging Shi Tuo-Tang zu dem alten weisen An-Ci und bat
ihn um Rat, denn er war der Vater des immerwährenden Ratschlags. Da
sprach der gute Mann: Mein lieber Shi Tuo-Tang! Vielleicht will der
Himmelskönig dich prüfen, ob du treu bist. Wer ist schon würdig solch
einer himmlischen Gemahlin? Das kann man sich nicht ohne Prüfung und
Trübsal verdienen. Wenn du aber treu befunden wirst, wirst du dich später
freuen mit unaussprechlicher Freude und du wirst überglücklich sein!
Der Weise sprach: Nimm diesen Flaschenkürbis an dich und pflanze
ihn in deinen Kräutergarten. Er wird in einer Nacht in den Himmel
wachsen. Dann steige an dem Flaschenkürbis die Himmelsleiter zum
Himmel hinan. Nimm aber auf alle Fälle die beiden Söhne deiner Seele
mit dir! Im Himmel wird der Himmelskönig dir sieben himmlische
Mädchen zeigen und dich fragen, welche von ihnen die von dir erwählte
Jungfrau und Braut sei. Der Himmelskönig wird sie alle mit göttlicher
Glorie verklären, so daß eine wie die andere ganz wie eine selige Göttin
dir erscheint. Du wirst die Jungfrau nicht erkennen vor soviel Glanz und
Schönheit. Aber dann gib den Zwillingen jedem einen Klaps auf den Popo
und schaue, was geschieht.
So tat Shi Tuo-Tang und kam mit den Zwillingen Yen-Yen und Yün-
Yün in die himmlische Stadt, die ganz aus Jade und Nephrit war. Man
kann das nicht beschreiben. Shi Tuo-Tang trat in den Thronsaal des
Himmelskönigs und warf sich auf sein Angesicht vor dem Himmelskönig
nieder und sagte: O mein König, ich bin dein andächtiger Diener! Nimm
mich und die Söhne meiner Seele als deine Kinder an!
Da kamen sieben himmlische Jungfraun, Paradiesmädchen mit Augen
jede wie eine strahlenäugige Göttin des Himmels! Und der Himmelskönig
sprach: Mein lieber Sohn Shi-Tuo-Tang, welche von den Frauen ist deine
auserwählte Frau? Welches von den Mädchen ist deine rechtmäßig dir
anverlobte Braut?
Shi Tuo-Tang konnte vor Glanz und Schönheit nicht unterscheiden,
welches von den Paradiesmädchen seine Jungfrau war. Da erinnerte sich
Shi Tuo-Tang an den Rat des Weisen und gab seinen Zwillingen einen
Klaps auf den Popo, nicht kräftig, nur ganz leicht, aber sie weinten gleich
ganz jämmerlich, denn er hatte die Knaben immer verzärtelt wie eine
törichte Großmutter. Da trat die makellose Jungfrau vor und sprach mit
ernster Strenge: Was schlägst du meine Kinder? Schäme dich und zeige
Reue und tu Buße! Da strömten Shi Tuo-Tang heiße Tränen der Reue über
sein Antlitz. Aber die Jungfrau trat zu den Zwillingen und tröstete die
Kinder mit ihrer göttlichen Mutterliebe. Die Knaben hörten auf zu
jammern und spielten wieder lachend im Himmel.
Da sprach die himmlische Jungfrau zu Shi-Tuo-Tang: Ich bin Majia,
die Makellose! Nun hast du mich erkannt als die Einzigartige, die dich
auserwählt hat und die du dir erkoren hast zur Gemahlin! Nun vermählt
uns der Himmelskönig im Himmel! Wir leben in meinem Jadeschloß und
unsere Kinder spielen als geflügelte Engel im himmlischen Garten! Ich bin
ganz dein! Du bist ganz mein!
MEDITATIONEN
„Schreibe alle Worte in ein Büchlein, die ich zu dir reden werde.“
MARIA
Maria sprach: Ihr habt ein schweres großes Kreuz zu tragen, aber habt
keine Angst, es zu tragen, mein Sohn ist da und hilft euch. Vergeßt nicht,
daß euer Leben nicht euch gehört, sondern ein Geschenk ist, mit dem ihr
andere erfreuen und zum ewigen Leben führen sollt. Die Zärtlichkeit
meines kleinen Jesus soll euch immer begleiten. Ich rufe euch zur
Nächstenliebe auf, denn wenn ihr den Nächsten liebt, werdet ihr Jesus
tiefer erfahren.
Meiner lebensmüden Seele, die sich vor allen Menschen nur noch
verbergen wollte, gibst du eine schwere Arbeit unter den törichten Kindern
dieser Welt, Maria. Warum tust du mir das an? Lehre mich, wie du sagtest,
dir gnädig zu sein! Wenn du mir nicht nach Wunsche tust, sondern nach
deinem Willen mich heimsuchst, erhabene Herrin, will ich dir gnädig sein.
Dein Wille geschehe, Herrin!
Maria sprach: Mein Auserwählter, du sollst auch weiterhin den Armen und
Kranken helfen (und für die Toten beten)! Du sollst mich in dem Armen
erkennen.
Sie ist nicht von dieser Welt, die Liebe, die mich am Leben hält. Ohne dich
wärs schlecht um mich bestellt.
Sankt Bernhard sprach: Nimm Maria hinweg, diesen Stern des Meeres,
waa bleibt dann als hereinbrechendes Dunkel und Todesschatten?
Die Schönheit Mariens bringt mein Angesicht vor Freude zum Strahlen.
Für meine Augen gibt es keine Schönere. Da sie auch noch liebevolle und
weise Worte spricht, bin ich, ihr Gemahl, nicht wie die gewöhnlichen
Männer. Wer Maria zur Frau gewann, gewann das Beste, was man
bekommen kann, eine Hilfe, wie der Mann sie braucht, einen Beistand in
allem.
Maria ist die starke Frau. Wer sie gefunden hat, hat mehr als Gold
gefunden. Sie hilft den Armen. Vor der Morgenröte steht sie zum Gebet
auf. In der Nacht erlischt iihre Lampe nicht beim Studium der Weisheit. In
jeder freien Minute nimmt sie den Rosenkranz in die Hand. Ihr Mann ist
geschätzt als Weiser in der Beratung der Gemeinde. Ihre Kinder jubeln ihr
zu. Ihr Mann sagt: Es gibt wohl viele schöne Frauen, aber du bist die
Schönste aller Frauen! Die Reize der sterblichen Frauen verwelken, aber
Marias Weisheit bleibt für immer. Für ihre Wunderliebe voller Gnade soll
die ganze Menschheit sie lieben und loben!
Das Ave Maria, sagt Sankt Grignion, ist ein keuscher Kuß Mariens. Also,
willst du Maria recht oft küssen, so bete oft den Rosenkranz!
Vielleicht ist es besser, das Ave Maria allein zu beten und die
Jesusgeheimnisse voranzusetzen. Dann wird das Ave zum Mantra, das
nicht mit dem Verstand, sondern mit dem Herzen meditiert wird. So wirst
du Ruhe für deine Seele finden. Das wäre nicht der intellektuell-
christozentrische Rosenkranz Deutschland, sondern der marianisch-
meditative Rosenkranz vom Mittelmeer.
Marias Antlitz ist wie die Sonne am Himmel. Ihre schlanke Gestalt ist wie
eine Kerze auf dem Altar. Ihre Beine sind wie klassische Marmorsäulen.
Nichts ist schöner, nichts sieht ihr Mann lieber als die liebenswürdige
Schönheit Unserer Lieben Frau. Ihr Gatte ist nicht wie die gewöhnlichen
Männer. Selig zu preisen ist der Gatte der Allgebenedeiten! Ihr Mund lehrt
ihn Weisheit, daß er weiser ist als die Weisen dieser Welt.
Maria, die Prophetissa, sprach: Auf, mein Ritter, ziehe in die Schlacht um
die Seelen, den apokalyptischen Kampf der Liebe mit der Anti-Liebe zu
kämpfen zur Rettung der Seelen! - Ich sprach: Madonna, ich kämpfe nur,
wenn du mit mir in den heiligen Krieg ziehst! – Maria sprach: Aber dann
wird der Ruhm jeder geretteten Seele nicht deiner sein, sondern mein
Ruhm! Des Herrn Sieg wird kommen durch die apokalyptische Frau!
Der Name Aphroditissa bedeutet das Geheimnis des wahren Glaubens, daß
die Menschentochter Maria vollkommener in der Liebe ist als die Heiden
sich selbst die Göttin der Liebe erdachten. Das ist der Triumph der
katholischen Offenbarung über die Mythen der Heiden.
Ich hörte, daß der Prophet Mohammed, Friede sei mit ihm und den Seinen,
sagte, daß Paradies sei für ihn die Hochzeit mit der Jungfrau Maria.
O Maria, Mutter des Mitleids, hab Mitleid mit unserm Elend! – So betete
ich am See, da schwebte Unsere Liebe Frau im weißen Kleid und
goldenem Heiligenschein ums Haupt an mir vorüber, siebzehnjährig und
lieblich, und lächelte mich an.
Im Morgentraum sah ich Maria, schwebend, auf einer Wolke liegend, im
rosaroten Kleid, mit bloßen weißen Armen, von unglaublicher
Weiblichkeit und Schönheit. Und eine Stimme sprach: Maria ist schön wie
eine Aphrodite!
Maria siehst du nicht mit den zwei fleischlichen Augen der Augenlust und
Fleischeslust. Maria siehst du allein in der Meditation des Marien-Mantra
mit dem dritten Auge des erleuchteten Geistes.
Ich betete die Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens und sang Lob der
apokalyptischen Frau, da hörte die weiße Henne mir aufmerksam zu und
schaute mich mit ihrem purpurnen Auge klug an. O Maria, Königin der
Welt, segne die ganze seufzende Kreatur, die so wartet auf die
Offenbarung der Kinder Gottes in Herrlichkeit!
Wenn ich den hellblauen Himmel mit den rosanen Wölkchen sehe, wenn
ich das Sonnenlicht sehe auf dem weißblühenden Heckenrosenstrauch, so
scheint mir, ich sehe die Schönheit Mariens. Wenn ich im Frühling den
Duft der Blüten rieche, so betörend süß, so scheint mir, ich rieche das
Parfüm der Madonna. Ja, so erscheint mir Maria als die Seele der Natur.
Madonna sprach: Wie schön bist du, wenn du betest! Wie schön bist du,
wenn du liebst! Ich danke dir für deine Gebete! Weil du mich verherrlichst,
komm, daß ich dich segne! Ich brauche dein Gebet und dein Zeugnis.
Ohne dich kann ich den Ungläubigen nicht helfen. Komm, ich sehne mich
nach dir!
Daß Maria mich zur Nächstenliebe aufrief, zur Aktion der Caritas, in einer
Zeit, da ich lebensmüde und mißmutig und misanthropisch war, das
machte mich fast verzweifelt. Da beschloß ich, Maria gnädig zu sein. Aber
nun befreite mich die göttliche Herrlichkeit in der Schöpfung und die reine
Liebe in den Kinderseelen von allem menschenhassenden Trübsinn und
Weltekel. So gnädig ist die Madonna, die unendlich weise und liebevolle
Gebieterin!
Herr Toto sprach: O Maria, totus tuus ego sum, tota pulchra perfectissima!
Schau, wie die Heckenrose die weißen Blüten auf die Erde streut, so
überschüttet Maria mich mit Liebe! Schau, wie der glitzernde Morgentau
die Wiese erfrischt, so erquickt mich Marias keusche Liebe! Schau, wie die
Turteltaubenpaare gurren ihre Dialoge, so beruhigt mich das Gebet zu
Maria und schenkt mir Seelenfrieden und neue Liebesfährigkeit! Schau,
wie die herrliche Sonne am Himmel aufgeht in der Morgenstunde, so
herrlich ist die göttliche Herrlichkeit!
Maria sprach: Ich werde die Welt für dich verändern, ich, deine Trösterin!
Ich preise den prallen Reichtum deiner Brüste, Madonna, ich benedeie
deinen himmlischen Busen, Madonna, ich berausche mich an dem prallen
Reichtum deiner makellosen Brüste, Geliebte! Ich preise deine makellose
Schönheit, siebzehnjährige Jungfrau! Maria, du mußt göttlichen Ursprungs
sein, du strahlende Göttin der Schönheit! Du bist das ewige Meisterwerk
des Schöpfers! Alle Engel sind entzückt von deiner himmlischen
Schönheit!
Ich habe bei der Königin gespeist, bei der Königin des Universums. Ihre
sieben Mägde haben das Mahl mit Liebe zubereitet. Ich lag mit der
Königiin zu Tische und habe den Trost ihrer jungfräulichen Schönheit
getrunken! Dann stand die Königin von der Tafel auf und ging in den
Schloßpark hinein.
Maria, du bist das absolute Maß der Schönheit! In dem Maß, in dem eine
Frau an deiner Schönheit Anteil hat, ist sie schön. Je ähnlicher dir eine
Frau ist, Madonna, desto schöner ist die Frau. Aber du bist die
Unvergleichliche und die Ohnegleiche. O tota pulchra perfectissima!
Maria, wenn ich heimkehre in die ewige Wohnung im Vaterhause und ruhe
von dem harten Lebenskampf, dann lade mich in deinen heiligen Schoß
ein, der wie ein Becher ist, dem der berauschende Wein der Ganzhingabe
nimmer mangelt!
WEISHEIT
Das hebräische Wort für Weisheit, Chochmah, hörte ich, bedeutet nicht
allein Weisheit, sondern auch Drang und Begierde Gottes zur Vereinigung
mit der Schöpfung.
Luther sagte, der Wille Gottes sei das Heil aller, aber Wille sei nicht das
richtige Wort, man dächte dabei an Willkür des Allmächtigen, es sei
vielmehr die Begierde Gottes. Die Begierde der göttlichen Liebe ist die
Seligkeit Aller!
Jesus sprach: Umarme mich! Ich schenke dir mein Herz! Ich gebe dir
meinen Kuß der Liebe! Mach du den Kindern Freude, diene ihnen! Indem
du ihnen dienst, dienst du mir! Ich werde dich überreich belohnen!
Eine wirksame Meditation ist das Sprechen des Mantras Ruach-Maria mit
dem Herzen im Rhythmus des Atems. Es wirkt Wunder.
Auch der Weise soll nicht immer nur die Schriften studieren, sondern sich
auch Zeit nehmen, mit den Kindern zu spielen und sich an schönen Frauen
in schönen Gärten zu ergötzen. Selbst ein Karmelit hat die Zeit der Muße
in der Rekreation. Sei nicht allzuweise, sagt der Prediger, daß du dich nicht
zugrunde richtest. Der Apostel Johannes sagte, ein Bogen kann nicht
immer straff gespannt sein, sonst leiert die Sehne aus, man muß den Bogen
ab und an entspannen. Auch der Bauer drischt nicht nur Korn, sondern
pflanzt auch Dill und Kümmel und schöne Blumen in sein Beet.
Ich habe auf der Wiese den guten Kampf mit den Waffen der Weisheit und
Liebe gekämpft, Allvater, nun sende am Abend das himmlische
Schwanenmädchen mit dem berauschenden Trank der Weisheit und Liebe!
Herr Toto bin ich, so heiße ich. Ich bin zwar nicht die heilige Therese von
Lisieux, aber an sie zu denken, wird nicht ganz verwerflich sein, die sie
das Spielzeug des Jesuskindes war.
Die herrliche Sonne ist ein herrlicher Abglanz der Herrlichkeit des Herrn,
aber ein noch herrlicherer Abglanz ist der herrliche Seelenfunke in den
Augen eines liebenden Kindes!
Die Schönheit der geschaffnen Natur ist herrlich, wenn sie auch
vergänglich ist und unter dem Gesetz des Leides und des Todes steht. Die
Schönheit der ungeschaffnen Natur des Einen ist vollkommen rein und
unaussprechlich herrlich!
Maria sprach: Ich bin schön, weil ich liebe! Willst du schön sein, so liebe!
Und Gott sprach: Wie schön sind deine Augen, wenn du Göttliches
verkündest!
Die Sonne kannst du nicht anschauen, sie ist zu hell, aber du kannst den
Abglanz der Sonne auf dem See sehen, die vielen kleinen Sonnen. So
kannst du die Herrlichkeit Gottes nicht sehen, aber den Abglanz der
Herrlichkeit in der Schöpfung und vor allem im liebenden Menschen
kannst du sehen, sozusagen die vielen kleinen Götter.
Ein Theologe sagte: Adam war ein kleiner Gott auf Erden. Das Altertum
nannte den Fürsten einen kleinen Gott auf Erden. Die Neuzeit nennt den
Menschen einen kleinen Gott auf Erden. Mir ist der liebende Knabe ein
kleiner Gott auf Erden. Der kleine Gott auf Erden ist ein Spiegel des
großen Gottes im Himmel. Willst du dem großen Gott im Himmel dienen,
so diene dem kleinen Gott auf Erden!
Goethe sagte, die Katze komme auch ins Paradies, denn immer ist es ein
heiliges Tier, das der Prophet gestreichelt.
Gott hauchte die Allseele. Die Einzelseele, die sich denkend mit der
Allseele verbindet, ist auf dem guten Weg zu Gott.
Die Buße, der Glaube und das Gebet stoßen ein Tor auf in die andere Welt,
in die Dimension des göttlichen Geistes, so lebst du im Lichtglanz Gottes.
Ein Mensch, der sein Leben bewußt im Angesicht Gottes lebt, ist von
anderer Natur als jener, der sein Leben fern von Gott lebt. Der Gläubige ist
der wahre Übermensch. Der Christ ist im Gottmenschen Christus der
wahre Menschengott, die vergöttlichte Menschennatur. Wie Christus
wahrer Gott und wahrer Mensch ist, so ist der Christ wahrer Mensch und
wahrer Gott-aus-Gnade. Das ist an Maria schon ganz vollendet. Es ist aber
allen Heiligen verheißen. Die vollendeten Heiligen werden Götter und
Göttinnen sein in der Einen Göttlichen Natur. Das ist die freudige
Botschaft des Gottmenschen! Die Menschwerdung Gottes erwirkt die
Gottwerdung des Menschen. Wie der Gottmensch thront im Thron der
Urgottheit, so wird der Heilige als Menschengott thronen im Thron des
Gottmenschen. Die Anteilhabe des Menschen an der göttlichen Natur
geschieht durch die Vermittlung des Gottmenschen, in dessen einzigartiger
Person sich die göttliche Natur mit der menschlichen Natur vollkommen
vereinigt. Außer Christus gibt es keine Gottwerdung des Menschen. Außer
dem Gottmenschen gibt es keine Vereinigung der menschlichen Natur mit
der göttlichen Natur. Nur Christus zieht uns hinein in den Urgrund, die
Quelle des Lebens, den Schoß der Urgottheit!
Die Blätter der Bäume klatschen Applaus, wenn der Heilige Geist kommt,
zu erleuchten die Herzen der Gläubigen.
Jesus sprach: Es ist mir eine große Freude und Gnade, daß deine Fürsorge
für mich wieder einmal so richtig aufgeblüht ist. Es ist freundlich von dir,
daß du an meiner Notlage Anteil nimmst und mir hilfst. Was du den
Geringsten meiner Brüder und Schwestern tust, das tust du mir!
Johannes Paul sprach: Platon ist ein guter Freund, aber Frau Weisheit ist
eine bessere Freundin.
Der Ehebund mit Frau Weisheit führt dazu, mit Gott zu herrschen! Willst
du ein König sein mit Zepter und Krone, vertraue dich ganz Frau Weisheit
an!
Der Herr mein Befreier sprach: Die Worte, die ich dir, meinem Propheten,
gegeben habe, die werden bei den Enkeln lebendig bleiben.
Jesus gebot, den Nächsten wie sich selbst zu lieben. Dann sah er die
Seuche der Selbstliebe in der Endzeit und gebot ein neues Gebot: Liebt
den Nächsten wie ich euch liebe!
Ich saß am See und betete. Gott sprach: Du Sohn Abrahams bist in die
Knechtschaft geführt für eine bestimmte Zeit. Ich werde die richten, die
dich knechten und mißhandeln. Aber du wirst herausgeführt aus dem
Frondienst und wirst mir auf dem heiligen Berge dienen.. – Da stand ich
vor dem Thron der Herrlichkeit und betete an. Da kam der Allmächtige zu
mir in einem Hauch, kühl und erfrischend, wie ein Kuß des heiligen
Geistes. Da sang ich den Psalm: Herr, im Glanz deiner Majestät, auf den
Stufen vor deinem Thron, stehe ich in deinem Licht und singe dir Lieder!
Sophia ist der Hauch des Allmächtigen und Ausfluß der Herrlichkeit des
Herrn und Abglanz des ewigen Lichtes. Ich habe im Morgengebet Sophia
empfangen. Ich nannte sie meine wahre Freundin und (mit Klopstock)
Göttin der Vortrefflichkeit!
Kunstverstand bringt die schönsten Werke hervor. Wer in der ganzen Welt
ist eine größere Künstlerin als Sophia? Durch Sophia werde ich unsterblich
werden und bei der Nachwelt in Erinnerung bleiben.
Sophia als geistige Ehefrau des Weisen bringt keinen Ärger und keine
Enttäuschung, sondern Glück und Freude. Wenn ich nach Hause kehre in
meine sichere Wohnung und stolze Ruhe, werde ich mich in ihren
liebenden Armen erholen.
Herr Toto vom Kinde Jesus im Karmel sprach: Da betteln wir bei den
Geschöpfen um ein erbärmlich kleines bißchen Zuneigung und gehen
vorüber an der unerschöpflichen Quelle der göttlichen Liebe!
O du Brunnen der spielenden Minne, liebe mich oft und heftig und lange!
Herr Toto vom Kinde Jesus im Karmel sprach: O du mein süßes Jesuskind,
ich bin dein Spielzeug! Aber wenn du nicht mehr mit mir spielen willst,
wenn du dein Spielzeug unbeachtet in der Ecke liegen läßt, nun gut, ich
bins zufrieden, beachte mich nicht!
Ich bete dich an, du schöne Liebe in deiner göttlichen Majestät! Ich bete an
die Macht der Liebe, die sich in Maria offenbart!
Sophia ist eine Frau, die in ihrem Bette liegt, der Philosoph spioniert
durchs Fenster, ob er die Schönheit der Frau betrachten darf und sich daran
weiden. Sophia ist ein Kastanienbaum, unter dessen Laubdach du sitzen
kannst und Schatten finden vor der Sonnenhitze. Der Weise bringt durch
die Weihe an das heilige Herz Sophias auch die Söhne seiner Seele unter
ihren Schutz und Schirm. Sophia liebt mich mit Mutterliebe,
bedingungslos wie eine liebende Amme. Sophia liebt mich wie eine
siebzehnjährige, entzückend schöne Geliebte! Wenn ich vor den Menschen
predige, brennend im Geist, so legt sie mir ihre Worte in den Mund. Die
Heiligen Schriften sind die Weisung Sophias. Sophia macht mich
glücklich! Sophia gibt mir einen Namen bei der Nachwelt.
Jesus, der Bräutigam der weisen Jungfraun, ist die Jungfrau Sophia, die
Braut der weisen Junggesellen. Nimm das unbefleckte Bild der Jungfrau
Sophia in dich auf und vollziehe die mystische Hochzeit im Innern der
Seele und stelle so in dir das androgyne Ebenbild Gottes her. Gott ist der
Zusammenfall der Gegensätze und ist Logos-Sophia.
Gott spricht: Ich will dich trösten wie eine Mutter. Ich bin deine Mutter
und du bist mein Sohn und mein Geliebter. Ich bin die Mutter der Schönen
Liebe.
„O divina!“
(Puschkin)
„Ecce femina!“
(Puschkin)
ERSTER TEIL
1
Gott der Herr formte den Menschen aus dem Staub der Erde und blies in
seine Nase den Odem, so daß der Mensch ein lebendiges Wesen wurde.
Gott schuf Mann und Frau nach seinem Bilde und segnete sie und gebot
ihnen, fruchtbar zu sein und sich zu mehren und die Erde zu beherrschen.
In Genesis 2 schuf Gott den Mann aus dem Staub der Erde und gab
ihm die Tiere zu Genossen. Als diese sich als nicht geeignete Genossen
erwiesen, schuf Gott die Frau aus der Seite des Mannes. Der Mann
erkannte die Frau als Fleisch von seinem Fleisch und Bein von seinem
Bein. Es ist wie im mesopotamischen Heldenepos Gilgamesch, da der
wilde Mann Enkidu, der mit den Gazellen lebt, erst von einer Frau, einer
Priesterin der Liebe, zivilisiert und humanisiert wird.
Gott schuf nicht nur die ersten Menschen, sondern Gott ist auch
zuständig für die menschliche Empfängnis. Er ist es, der den Mutterschoß
öffnet. Gott schafft das Kind und gestaltet das Kind im Mutterschoß und
bringt es zur Geburt und hütet es in seiner Entwicklung.
Auch im Verhältnis zum Gottesvolk Israel ist Gott in dieser Rolle.
Gott ist die Macht der Empfängnis und des Gebärens. Gott ist die
barmherzige, mitleidvolle Mutter, die bewacht Israels erste Schritte. Israel
wird wegen seiner Gottvergessenheit angeklagt wie einer, der seine Mutter
vergißt: Du hast vergessen den Berg, der dich trug, du hast vergessen Gott,
der dich geboren hat. Moses beklagt sich, daß es ihm zu schwer wird, das
Volk Israel zu tragen durch die Wüste und erklärt, daß es Gott ist und nicht
Mose, der Israels Mutter ist: Hab ich dies Volk empfangen? Gab ich ihnen
in der Geburt das Leben, daß du nun zu mir sagst: Trage sie an deinem
Busen wie eine Amme einen Säugling trägt?
Gott kann in Bezug auf Israel mit einem mächtigen Krieger und einer
fleißigen Frau verglichen werden: Nun schreie ich wie eine Frau bei der
Arbeit, ich werde stöhnen und seufzen! Der Psalmist ruft Gottes Hilfe und
erinnert Gott: Du hobest mich aus dem Mutterschoß und ließest mich
geborgen sein an den Mutterbrüsten. Durch Jesaja erinnert Gott Israel, daß
er geboren ist von Gott in seiner Geburt und getragen von Gott vom
Mutterschoß an.
Gottes mütterliche Fürsorge für Israel währt das ganze Leben. Sie ist
schöpferisch und erlösend. Bis in dein Alter bin ich derselbe, selbst wenn
du graue Haare hast, werde ich dich tragen. Ich habe dich gemacht und
werde dich tragen. Ich werde dich tragen und retten. Gottes liebende Sorge
für Israel ist größer noch als die Mutterliebe: Kann eine Frau ihr Kind
vergessen, die Frucht ihres Leibes? Und selbst wenn sie dich vergäße, ich,
dein Gott, ich vergesse dich nicht!
Das Mädchen spricht: Küsse mich mit den Küssen deines Mundes, denn
deine Liebe ist berauschender als der rote Wein! Deine Salben duften, dein
Name ist wie ein ausgegossenes Parfüm. Das Mädchen arbeitet im
Weinberg, dazu beauftragt von den Söhnen ihrer Mutter. Sie ist schwarz
und schön. Schaut mich nicht an, daß ich so schwarz bin! Die Liebenden
liegen in Liebesumarmungen umschlungen, ihr Körper duftet wie Narde
aus Indien, sein Körper liegt zwischen ihren bloßen Brüsten, sie vergleicht
ihn mit zyprischen Hennablüten, die so berauschend duften, und mit
Myrrhe, die zerrieben lieblich duftet.
Die junge Geliebte vergleicht sich selbst mit einer Rose der
Scharonwiesen am Fuße des Karmel und mit einer Lilie im Tal,
wildwachsenden Blumen. Den Geliebten vergleicht sie mit einem
Apfelbaum inmitten des fruchtlosen Waldes der andern Kerle. Sie verlangt
nach seinem süßen Geschmach und fleht: Erquicke mich, erquicke mich
mit Rosinenkuchen, labe mich mit Äpfeln, denn ich bin krank vor Liebe!
Oh wie sanft liegt deine linke Hand unter meinem Haupt und wie liebevoll
umfängt mich dein rechter Arm! Mein Geliebter ist wie ein Gazellenbock,
wie ein Hirsch, der über die Hügel springt. Mein Geliebter tritt an mein
Fenster und spioniert durch das Fensterloch, die Geliebte im Bett zu
betrachten! Er flüstert ihr zu: Erhebe dich, meine Schöne, und komm, denn
der Winter ist vergangen, der Schnee ist fort, die Zeit der Liebe ist
gekommen!
Der Geliebte verschwindet. Die Geliebte ruft ihn aus ihrem Bett, aber
er gibt keine Antwort. Sie schlüpft aus hrem Haus und eilt durch die
Straßen, aber sie findet ihn nicht. Schließlich findet sie ihn und bringt ihn
iin das Haus ihrer Mutter.
Erneut erscheint er vor ihrer Kammer und steckt die Hand ins
Schlüsselloch, das Schlüsselloch trieft von Salbe, die von seinen Fingern
tropft. Ihr Inneres wallt und wogt ihm entgegen!
Ihre Freundinnen fragen sie: Was hat dein Geliebter vor andern
voraus, daß du ihn so suchst? Da singst sie den strahlenden Glanz seiner
Schönheit, sein Leib ist ganz aus Marmor! Dann geht sie dahin, wohin er
vorausgegangen ist: In seinen Garten, zu den Beeten mit den Kräutern,
wandle ich, wo er weidet seine Lämmer in den Lilienwiesen und wo er die
Blumen pflückt. Sie erklärt ihre Vereinigung: Ich bin meines Geliebten und
mein Geliebter ist mein!
Wie sie seine Schönheit gepriesen hat, so preist er entzückt nun ihre
Schönheit: Wie lieblich sind deine bloßen Füßen in den goldenen
Sandalen, meine Prinzessin! Deine Schenkel sind wie goldene Spangen,
geschmiedet von einem großen Künstler! Dein Becken ist wie ein Becher,
dem nie der Rauschtrank mangelt! Dein Körper ist wie ein Bündel
Weizengarben, umwunden mit Kornblumen, Wiesenkerbel und Wildmohn!
Du bist wie eine hohe Palme, Geliebte, und deine Brüste sind süß wie
Datteln! Ich will die Palme besteigen und ihre Wedel umfangen, ich will
pflücken die Dattelfeige! Deine Brüste sind wie pralle Trauben am
Weinstock, ich will mich berauschen an dem prallen Reichtum deiner
Brüste! Deine Küsse machen mich selig trunken wie die Küsse des
Weines, der lieblich in mich einströmt, daß ich trunken im Schlummer
selig lalle!
Die Geliebte ruft dem Geliebten zu: Komm in die Aue, komm in den
Weinberg und laß uns schlafen unter Henna! Die Blüten sind aufgegangen
und die Granatäpfel sind schon reif! Ich will dir meine Liebe hingeben!
Setz mich wie ein Siegel auf dein Herz und wie einen Ring an deine
Hand! Meine Brüste sind wie Türme! Mein Weinberg ist für dich, mein
Prinz, komm rasch, komm rasch, mein Geliebter: Rasch, mein Geliebter
und komm wie ein Gazellenbock auf dem duftenden Scheideberg!
Frau Weisheit sing ich und ihre Gegenspielerin, Frau Torheit. Höre, mein
Kind, spricht der Weise, höre auf die Mahnung deines Vaters und den Rat
deiner Mutter, folge nicht den Sündern, die dich in deiner Jugend
verführen wollen, eine Bande von Rebellen und Mördern. Komm mit uns,
sagen sie, wir morden unschuldiges Blut, unsere Opfer rauben wir aus und
all unsre Beute teilen wir untereinander.
Ist der Jüngling vor dieser Räuberbande erst einmal gewarnt, dann
beginnt Frau Weisheit auf den Straßen und Plätzen öffentlich zu reden.
Ihre Stimme ist freundlichernst nach Prophetenart und warnt und mahnt
die, die nicht auf sie hören wollen, vor dem Fall. Wer nicht auf die
Mahnungen der Weisheit hört, den wird Panik wie ein Sturm überfallen,
wie ein Wirbelwind kommt Unheil und Angst. Wer nicht auf Frau Weisheit
hört, dem kommt ihre Hilfe nicht zuhilfe, wenn sie im Unheil rufen. Dann
wird Frau Weisheit über sie lachen! Ich, spricht Frau Weisheit, lache die
Spötter aus uund verhöhne die Übeltäter am Tag ihres Unglücks!
Aber nicht alles ist verloren, denn noch ist eine Gnadenzeit zur
Umkehr gegeben. Wer umkehrt und im Lichtglanz der Frau Weisheit
wandelt, wiird ein gutes Leben haben. Die auf mich hören, werden sicher
und geborgen sein und sich vor keinem Unheil fürchten! Frau Weisheit
schenkt die innere Kultivierung der Seele, aber auch irdische Wohlfahrt
kommt aus ihrem Füllhorn. Wohlergehen, Gesundheit und Klugheit
schenkt Frau Weisheit, sie beschützt vor bösen Schicksalsschlägen, vor
den Launen der Fortuna, sie spendet ein erfülltes Leben und
Lebenssattheit, Wohlgefallen in den Augen der Menschen und
Wohlgefallen in den Augen Gottes! Heilung dem Körper und Erquickung
der Glieder schenkt Frau Weisheit, die Kammern füllt sie mit guten Gaben,
die Becher fließen über von leckerem Wein! In der rechten Hand der Frau
Weisheit ist ein Leben in Fülle und in der linken Hand sind gute Gaben
und ehrenhafter Ruhm! Sie ist der Lebenbaum denen, die sie umarmen,
und die sie umschlingen, werden glücklich sein!
Die Gegenspielerin der Frau Weisheit ist Frau Torheit, die Frau eines
fremden Gottes. Sie schmeichelt dir mit süßen, sanften Worten und
verspricht dir Glück, aber ihre Wege führen in die Hölle der bitteren
Schmerzen. Ihre Lippen fließen über von Milch und Honig, aber später
wird sie bitter wie Wermut sein, ihre Zunge schmeichelt dir sanft und
verspricht dir Liebkosungen, aber später wird sie wie ein scharfes Schwert
dir dein Herz durchbohren! Ihre Füße wandeln in das Schattenreich, ihr
Weg führt in die Unterwelt der Dämonen, ihr Ende ist der Tod! Frau
Torheit verlockt den Frommen, eine gottlose Frau zu heiraten, damit er
abfällt von seinem Gott, dem Herrn. Dann, spricht Frau Weisheit, dann
mein Sohn, wenn du deine Gaben bringst in das Haus der Frau eines
fremden Mannes, dann wirst du klagen, weil du arm geworden bist und
betteln mußt!
Frau Weisheiit lockt den Weisen mit süßen Worten leidenschaftlicher
Liebe: Mein Geliebter, trinke lebendiges Wasser aus deiner eigenen
Quelle, laß deine klaren Wasser dir allein strömen! Jauchze entzückt über
deine jugendliche Geliebte, die lichtstrahlende Jungfrau, die du geheiratet
hast! Sie ist wie eine liebliche Gazelle, wie ein sanftes Reh. An dem
Reichtum ihrer prallen Brüste berausche dich allezeit, laß dich sättigen von
dem überströmenden Reichtum ihrer Brüste! Mögest du selig werden in
der Ganzhingabe ihrer schönen Liebe!
Frau Torheit, die fremde Frau eines anderen Gottes, ist eine
Ehebrecherin, denn sie hat den Bund mit dem wahren lebendigen Gott
gebrochen und sich den Dämonen gewidmet. Sie ist verheiratet mit einem
fremden Mann. Aber wenn du, Mann, durch die Wiesen und Gärten
wandelst, dann lockt sie dich in ihr Haus mit den süßen Reizen einer
unkeuschen Ehebrecherin, mit all dem Zauber ihrer sinnlichen Schönheit
lockt sie dich in ihr Bett. Eine Hure kostet dich ein wenig Geld, aber die
Frau eines fremden Mannes kostet dich dein Herz!
Die Frau des fremden Mannes wartet am Anfang der Straße und am
Tor des Gartens und ist gekleidet verführerisch wie eine Hure, verlockend
zum wilden Taumel der Sinnenlust. Wenn der Spaziergänger in ihren
Garten tritt, dann verspricht sie ihm mit lüsternen Blicken eine
berauschende Liebesnacht in ihrem ägyptisch parfümierten Bett, wenn ihr
Mann auf der Arbeit ist. Mein Mann ist den ganzen Tag auf der Arbeit,
lispelt sie, und er kommt erst bei Sonnenuntergang nach Hauuse. So lange
wollen wir uns berauschen an den Wonnen der nackten Wollust! Wir
wollen spielen die Spiele der Liebe und uns ergötzen an Augenlust und
Fleischeslust! Das ist die sinnliche, irdische, teuflische Weisheit der Frau
Torheit.
Frau Weisheit ist eine liebenswürdige Gastgeberin. Ihr Haus gründet
auf sieben Säulen. Sie bereitet ihr Mahl aus Gemüse, sie gießt den besten
Wein in die Glaskelche und setzt sich mit dem Weisen an den Tisch und
speist und trinkt mit ihm. Iß von meinem Brot und meinem Fleisch und
trink mein Traubenblut, das ich dir eingegossen habe, sagt sie zu dem
Studenten der Weisheit! Lege die Einfalt ab und wandle auf dem Pfad der
Einsicht!
Frau Weisheits Rivalin, Frau Torheit, sieht aus wie die
Zwillingsschwester der Frau Weisheit. Sie lädt auch ein zu einem
Gastmahl. Aber ihr Wein ist Drachengeifer und ihr Brot ist gestohlen. In
ihrem Hause sind Dämonen Gäste ihres Tisches. Wie kann der einfache
Mann Frau Weisheit und Frau Torheit unterscheiden? Der sicherste Weg
ist, im unendlichen Haus Gottes zu bleiben und nicht zu den Götzen der
Heiden abzuirren.
Frau Weisheit schenkt nicht allein das Leben des Menschen, sondern
sie ist das Lebensprinzip des Kosmos selbst. Frau Torheit beherrscht nur
das Gebiet der Gottlosigkeit und des ewigen Todes. Frau Weisheit legte die
Fundamente der Schöpfung Gottes. Durch Frau Weisheit schuf der Herr
die Erde, durch Einsicht bildete Gott das Firmament. Frau Weisheit kam
aus Gott vor der Morgenröte der Schöpfung. Bevor irgendein Geschöpf
geschaffen wurde, wurde Frau Weisheit im Geiste Gottes gezeugt. Als Gott
die Tiefen schuf, die quillenden Wasser, die Höhen und Tiefen der Erde
und den fruchtbaren Grund der Erde, da war Frau Weisheit da. Frau
Weisheit ist Tochter Gottes, eingeborene Tochter Gottes und Gottes
Lieblingin, Gottes Partnerin und Mitschöpferin, Werkmeisterin und
Architektin des Kosmos und Künstlerin, die die Schöpfung gestaltete. Sie
ist Gottes Wonne und sein ewiges Entzücken! Ihre Wonne ist es, bei den
Menschenkindern zu weilen. Ihr Entzücken ist es, mit den
Menschenkindern auf Erden zu spielen! Frau Weisheit spricht: Ich liebe,
die mich lieben!
Sie ist das innere spirituelle Leben der Seele, zugleicher Zeit ist sie
das immanente Dasein des göttlichen Geistes, den Kosmos erfüllend: Sie
umgibt und erfüllt alle Dinge, denn sie ist ein Hauch der Kraft Gottes, eine
pure Emanation der Glorie Gottes, sie ist Reflektion des ewigen Lichts und
makelloser Spiegel des Aktes Gottes und die unbefleckte Ikone der
göttlichen Liebe!
Weisheit, das ist Sophia, ist der Selbstausdruck Gottes, Agentin Gottes in
der Schöpfung des Kosmos, durch die der Kosmos erhalten wird und
vollendet, die göttliche Vorsehung in der endgültigen Ordnung des
Kosmos ist sie und erfüllt das All mit der göttlichen Gegenwart. Sophia
steigt herab auf der Erde und spricht sich aus in der Torah, der irdischen
Manifestation Sophias. Sie bietet spirituelle Speise an, Brot und Wein
denen, die zu ihr kommen. Aber sie wird auch abgelehnt, mißverstanden
von den Gelehrten dieser Welt, offenbart sie sich den Kindern und den
Narren in Gott.
Jesus Christus ist diese göttliche Sophia! Diese Christ-Sophia stieg
herab vom Himmel, wo sie bei Gott in ihrer Gottheit war und hielt ihre
Gottheit nicht fest wie ein Diebsgut, sondern entäußerte sich ihrer
göttlichen Majestät und nahm auf Erden die Gestalt des armen
Gottesknechtes an, geboren im Fleisch, demütig das Schicksal der
Menschen teilend bis zum menschlichen Tode! Darum hat Gott erhöht die
Christsophia über alles, über alle Mächte im Himmel und über alles, was
auf der Erde und im Totenreich ist, daß sich alle Kniee beugen vor der
einen wahren Christsophia, die in Jesus Mensch geworden ist, und daß alle
Zungen bekennen, daß Jesus ist die wahre göttliche Sophia, zur Glorie
Gottes!
Die Christsophia ist die offenbare Ikone der unsichtbaren Gottheit,
die Erstgeborne aller Schöpfung. In der Christsophia sind alle kosmischen
und irdischen Mächte und Kräfte erschaffen, alle Wesen und Dinge sind
durch sie und in ihr und für sie erschaffen, sie ist vor allen Dingen und in
ihr halten alle Dinge zusammen. Die Idee, daß die Christsophia die
vereinigende Kraft des Kosmos ist, führte dazu, sie zum Haupt der Kirche
zu machen, der Kirche, die da ist die Schatzkammer der Weisheit oder
auch der mystische Körper der Christsophia! Die künftige
Wiedervereinigung des Kosmos mit Gott geschieht durch das Opfer der
Christsophia und das erlösende Blut Jesu! Sie ist der Anfang, das
Urprinzip, die Erstgeborne aus den Toten, daß in allem die Christsophia ist
die Erste! In der Christsophia wohnte die ewige Urgottheit in ihrer ganzen
Fülle, und durch die Christsophia wird alles, was im Himmel und auf
Erden ist, erneuert und wiederhergestellt in ursprünglicher Schönheit und
vereinigt mit Gott durch das Opfer des Blutes Jesu am Kreuz!
Gott sprach durch seine Propheten, zuletzt sprach Gott aber in Jesus
selbst. Jesus ist die Christsophia, Liebling Gottes, Schöpferin und
Erlöserin. Diese Christsophia ist Herrin aller Dinge, durch die Gott die
Welt erschaffen hat. Die Christsophia reflektiert die Glorie Gottes und ist
der Stempel der Gottheit und die Spur Gottes in der geschaffnen Natur,
und erhält das Universum durch das Wort ihrer Kraft. Sie reinigt die
Menschheit von der Sünde durch das Opfer Jesu und thront als
Christsophia und Liebling Gottes zur Rechten der Majestät in der Höhe,
erhöht über alle Throne und Seraphim und Cherubim, denn die
Christsophia ist die Königin und Herrin der Hierarchie der neun Chöre der
Engel, vornhmeren Wesens als der Engel des Herrn!
Die Christsophia erlöst die Gläubigen von der Herrschaft des Fürsten
dieser Welt, welches ist der Satan, dem Gott dieser Welt und Herrn der
dämonischen Mächte. Die Christsophia stellt wieder her die Ordnung der
kosmischen Mächte in ihrer Hinwendung zu Gott dem Herrn.
Unterdrückerische Königreiche auf Erden sahen die Propheten als irdische
Manifestationen englischer Mächte in ihrer Rebellion gegen den
Allerhöchsten. Die Christsophia in ihrem messianischen Heilswirken
überwindet diese rebellischen Mächte und restauriert den Kosmos in seiner
ursprünglichen Schönheit und Harmonie. Wer eintritt in die Gemeinschaft
der Erlösten und in den zukünftig wieder hergestellten Kosmos, der ist ein
Glied dieser unbefleckten Kirche, die der mystische Körper der
Christsophia ist, und wird so befreit von der Macht des Einflusses jener
dämonischen Mächte, die sich gegen Gott erhoben unter Führung Luzifers.
Jesus wird uns dargestellt als ein Lehrer und Prediger der göttlichen
Weisheit. Jesus spricht: Die Weisheit hat Propheten und Apostel gesandt,
die von Staat und Kirche der Juden und Römer getötet worden sind. Jesus
als die Jesus-Sophia selbst weint über die geliebte Stadt Jerusamlem und
wollte ihre Kinder unter ihren Flügeln sammeln, wie eine mütterliche
Henne ihre Küken unter ihren Flügeln sammelt, um sie zu beschützen.
Jesu Gemeinschaft mit den Sünderinnen und Sündern wird gerechfertigt,
weil die Weisheit gerechtfertigt wird durch ihre Werke, wie die Weisheit
gerechtfertigt wird durch ihre Kinder.
Im Johannesprolog finden wir den Hymnus auf den ewigen Logos als
eine Form der Hymne an die göttliche Sophia. Jesus war die göttliche
Weisheit, und die göttliche Weisheit war mit Gott und war Gott, und alle
Dinge sind durch sie geworden. Sie ist das Leben und das Licht der Welt.
Sie kam in die Welt, aber die Welt erkannte sie nicht. Aber alle, die sie
empfangen und aufgenommen haben, denen gab sie die Macht, Kinder
Gottes zu sein, nicht geboren von Menschen, sondern geboren von der
Gottheit!
ZWEITER TEIL
Die Weisheit der syrischen und griechischen Kirchenväter will ich sagen.
Heilig Geist ist im hebräischen und syrischen feminin, im griechischen
Neutrum, im lateinischen und deutschen maskulin, denn Heilig Geist ist
von keinem Geschlecht. Im Evangelium nach Philippus heißt es: Manche
sagen, Maria empfing vom Heiligen Geist. Sie wissen nicht, was sie sagen.
Kann ein Weib von etwas Weiblichem empfangen? Im Hebräer-
Evangelium ist Heilig Geist die Mutter Christi und die Kraft, die ihn
erhebt und bringt ihn auf den Berg der Verklärung, Tabor. Jesus spricht: So
tat meine Mutter, Heilig Geist, nahm mich bei einem meiner Haare und
brachte mich zu dem großen Berge Tabor!
Die syrischen Oden von Salomo singen herrlich das feminine Antlitz
Gottes. Gottes Wort ist Milch, die eine Mutter dem neugebornen Baby
gibt. Bei der Taufe wurde dem Getauften ein Becher mit Milch und Honig
gereicht. Dies ist die Speise des Neugebornen, Wiedergebornen. Aber es
sind auch die Ströme des Paradieses, das von Milch und Honig überfließt,
in das der Getaufte nun eingetreten ist.
Das Wort ist die Milch, und Gott ist der Gott mit dem Reichtum der
Mutterbrüste, an denen die Gläubigen saugen! Christus, die Weisheit und
Schöpferin der Menschheit, die Christus-Sophia spricht: Ich formte meine
Glieder und meine eigenen Brüste bereitete ich für sie, daß sie heilige
Milch trinken und durch sie leben! Der Gläubige spricht über Christus: Ich
wurde getragen wie ein Kind von seiner Mutter, und Christus gab mir
Milch, den Tau des Herrn. Der Dichter spricht: Wie Honig trieft von der
Honigwabe der Bienen und Milch strömt aus den Brüsten der Frau, die ihr
Kindlein liebt, so ist meine Hoffnung auf dich, o mein Gott!
Der Gläubige spricht: Ein Becher Milch ward mir gereicht und ich
trank die süße Freundlichkeit des Herrn. Der Sohn ist der Becher, der Vater
wurde gemolken und Heilig Geist melkte Gott. Gottes Brüste sind prall
und übervoll und seine Milch strömte nicht sinnlos von ihm. Heilig Geist
öffnete ihren Busen und mischte die Milch aus den Brüsten Gottes. Dann
reichte Heilig Geist, dann reichte sie diesen Mischtrank den Generationen
von Gotteskindern, und die die Milch empfingen, die ruhen an Gottes
Busen!
Der Schoß der Jungfrau Maria empfing die Milch Gottes und empfing
den Sohn und gebar ihn. So wurde die Jungfrau eine Mutter reich an
Gnade. Sie gebar ihn kraftvoll wie ein starker Mann und gebar den Sohn
mit großer Macht!
Heilig Geist erscheint als Taube. Dies ist die Taube der Liebe und die
Taube des Friedens. Die Taube schwebte über dem Haupt des Messias, sie
sang über ihm und er hörte ihre Stimme. Die Taube flattert über dem Nest
mit den Taubenküken. Der Gläubige ist im Nest wie in einem Schoß und
ruht im Mutterschoß selig, wie ein Embryo in dem Mutterschoß einer
liebenden Mutter, wie Jesus ruhte im Schoß Mariens. Die Schwingen der
Taube über dem Nest der Küken, die sperren ihre Schnäbel ihrem Schnabel
entgegen, so sind die Schwingen des Heiligen Geistes über meinem
Herzen. Mein Herz erquickt sich immer wieder und hüpft vor Freude wie
ein Embryo hüpft im Schoß der liebenden Mutter! Heilig Geist rauscht wie
ein Wind durch meine Harfe, so sing ich diesen Gesang!
Christus ist die Jungfrau Sophia, die ruft ihre Söhne und Töchter zu
sich! Wie vollkommen erhaben stand die makellose Jungfrau Sophia da
und rief ihre Söhne und die Töchter ihrer Söhne: Kehrt um und kommt zu
mir! Ich will in euch eingehen und euch erlösen von der Zerstörung und
euch weise machen auf dem Weg der Wahrheit! Heilig Geist gibt mir, dem
Dichter, Ruhe und trägt mich auf den Flügeln des Gesanges in die Glorie
Gottes, wo ich entzückt von der Schönheit Gottes diese Hymne singe!
Ich höre im Himmelreich das Hohelied: Der Bräutigam liebt die Braut, das
ist Christus, der die Seele liebt, und sie gehen zusammen in das Haus der
Mutter, die Mutter ist Gott!
In der Vision der teutonischen Prophetissa vom Rhein ist die feminine
Figur, die Gott repräsentiert, die der Anfang ist und die Verbindung Gottes
mit der Schöpfung und ist der Sinn, um derentwillen die Schöpfung
geschaffen ist, Frau Weisheit (Sophia), auch genannt Frau Minne. Ihre
Grundlage ist die Weisheitstheologie der Heiligen Schrift. Hier erscheint
sie nicht vermännlicht als Logos Christus, sondern in ihrer femininen
Schönheit des ersten Bundes. Die Seherin schaut die Kosmologie der
platonischen Philosophie, daß alles Geschaffene zuvor existierte im Geist
Gottes. Frau Weisheit ist präsent in Gott und ist Gottheit von Ewigkeit, sie
ist der Geist Gottes, in dem alle Dinge präexistent vor der Schöpfung als
Ideen gegenwärtig sind.
Frau Weisheit ist die Macht, durch die Gott die präexistenten Ideen im
Geist zur manifesten Wirklichkeit hervorbringt in materieller Form. In
diesem Sinne ist Frau Weisheit das Alpha und das Omega, der Anbeginn
der Schöpfung und das Ziel der Schöpfung. Sie ordnet die ganze
Schöpfung. Sie hat niemandes Hilfe angerufen und beraucht keinen Helfer,
denn sie ist die Erste und die Letzte, als die Erste hat sie geordnet die
Ordnung aller Dinge. Aus sich selbst und durch sich selbst hat sie alle
Dinge geformt in Liebe und Zärtlichkeit. Sie übersah vollkommen den
Anfang und das Ende all ihrer Werke, denn sie formte alles vollkommen,
so steht alles unter ihrer Führung. Die ganze Schöpfung ist das Kleid
Sophias.
Sophia ist die Energie, die Grünkraft, die allem Leben gibt, als diese
existiert sie in Gott, der Quelle des Lebens. Alle Kreaturen sind Funken
der Strahlen der Brillianz Gottes. Oh du göttliche Energie Sophias, du
kreisender Kreis, alles umgibst du mit deinem lebendigen Pfad. Drei
Schwingenpaare hast du, das eine Schwingenpaar rührt an die Höhe, das
zweite Schwingenpaar rührt an die Erde und mit dem dritten
Schwingenpaar bist du überall! Ruhm sei dir, Frau Weisheit, wie dir
gebührt!
Die Schöpfung ist kein Ding außerhalb Gottes als vielmehr umgeben
von Gott, eingeschlossen in Gott. Wie ein zeitloses Rad umgibt die heilige
Gottheit alles und schließt alles in sich ein.
Dieses Umgeben Gottes und Allumfassen der Schöpfung ist wie ein
kosmischer Kreis mit den Zyklen der Sphären und Sterne und Elemente,
dem Sonnensystem und der Erde und dem Menschen als Mikrokosmus im
Makrokosmos. Der ganze kosmische Kreis ist umgeben von der femininen
Figur Sophias. Frau Weisheit oder Frau Minne halten das Universum in
ihrem Schoß beschlossen. Sophia ist so die Weltseele, deren
lebensspendende Einwohnung im Kosmos dem Kosmos sein Leben gibt.
Sophia verbindet so das Göttliche und das Geschöpfliche. Sie ist beides,
die Selbstoffenbarung des Schöpfers und die Liebe der Geschöpfe zu
ihrem Schöpfer.
Die Beziehung Sophias zu Gott ist eine erotische Beziehung. Sophia
ist die Braut des Ewigen! Sie ist vereinigt mit ihm in einem zärtlich-
liebevollen Tanz der hochzeitlichen Vereinigung. Sophia ist eine überaus
liebevolle Freundin des Ewigen. Sie wird dem Ewigen treu bleiben, denn
sie ist in Ewigkeit bei ihm und mit ihm, und so wird sie von Ewigkeit zu
Ewigkeit die Seine bleiben. Sie ist auch das Schicksal der Welt, das
liebevolle, göttliche Schicksal, die Herrscherin der Welt. Frau Weisheit ist
das Auge Gottes, das voraussieht alles und betrachtet alle Dinge und
Wesen.
Wie eine starkte Frau gestaltet sie die himmlischen Werke, die die
Menschen bekleiden. Wie eine Mutter ernährt und erzieht sie alle
Menschenkinder und lehrt sie ihre Arbeit. Sie umfasst das Körperliche und
das Spirituelle der menschlichen Arbeit. Frau Weisheit lehrt ihre Kinder,
sich in Tugend zu kleiden, wie eine Mutter, die Kleider macht für ihre
ganze Familie.
Frau Weisheit spricht durch die menschliche Wissenschaft und lehrt,
die Natur zu verstehen. Frau Weisheit ist die Lehre der frommen
Philosophen von Gott, der Natur und dem Menschen. Frau Weisheit ist die
Quelle der Offenbarung der Propheten und Apostel. Frau Weisheit schuf
den Gottmenschen Jesus Christus im jungfräulichen Mutterschoß Mariens.
Schließlich spricht Frau Weisheit auch in einem unstudierten
Menschenkind, und offenbart sich in Einreden und Visionen.
Jesus sagte: Die Königin von Süden kam, die Weisheit Salomos zu hören,
und siehe, hier ist mehr als Salomo. Und also spricht Maria: Salomo sang
sein Liebeslied Sulamith, der Tochter des Pharao, aber siehe, hier ist mehr
als Sulamith. Ich spreche vom Hohen Lied als dem Allerheiligsten der
Heiligen Schrift. Die traditionelle Deutung ist, daß der Bräutigam Gott ist
und die Freundin oder Braut ist die Kirche, ist die Seele, ist Maria. Aber
sowohl in einer pietistischen Bibelauslegung als auch in der Theosophie
des protestantischen Theosophen Gottfried Arnold fand ich die Auslegung,
daß die Braut die göttliche Sophia ist und der Bräutigam der mystische
Theosoph. Wir wollen beides im Auge behalten. Da Gott nicht Mann noch
Frau ist, wollen wir die Gottheit in männlichen und weiblichen Bildern
beschreiben und die bräutliche Menschheit entsprechend als Brautseele
oder als Minnesklaven beschreiben. Unser Thema ist aber die Sexualität
Mariens. Wie wird das Geschlecht der Sulamith verherrlicht? In der Bibel
heißt es: Dein Nabel ist ein Kelch, dem nie der Mischwein mangelt. Oder
es heißt: Dein Schoß ist ein Kelch, dem nie der Mischwein mangelt. Oder
es heißt: Dein Becken ist ein Becher, dem nie der Mischwein mangelt.
Damit ist das Geschlecht der Jungfrau Maria in der Heiligen Schrift heilig
gefeiert. Was ist aber der Mischwein? Es ist die Gottheit, die in
menschlicher Weise begriffen wird, der Mischwein der Gottheit-
Menschheit. Ich weiß nur von der heiligen Mechthild von Magdeburg, die
begehrte, den ungemischten Wein der Gottheit zu trinken. Mechthild von
Magdeburg, die wir heilig sprechen, singt also, und hier ist mehr als
Salomo: Dein Becken, o Maria-Sulamith, ist ein Becher, dem nie der
ungemischte Wein der puren Gottheit mangelt! Was sagt aber die heilige
Schrift von der sexuellen Liebe und dem begehrenswerten Körper der
heiligen Braut? Der prophetische Minnesänger der heiligen Schrift singt,
inspiriert vom heiligen Geist: Dein Körper, Geliebte, ist wie eine Palme,
und ich will die Palme besteigen und die Feige pflücken! Hiermit ist zum
Ausgang des Hohenliedes der sexuelle Akt zum Gleichnis geworden der
Erkenntnis der göttlichen Liebe, die sich in der göttlichen Braut Sophia-
Sulamith verkörpert. Die Jungfrau Maria als eine menschliche
Erscheinung der göttlichen Sophia ist schlank wie eine Palme, und der
Minner der Madonna will die Palme besteigen, das heißt, die Jungfrau
erkennen, und ihre Feige pflücken, das heißt, sich ganz intim mit ihr
vereinigen. So sagt die Jungfrau Maria selbst in ihrer apokalyptischen
Offenbarung: Ich lade euch ein, euch mit mir zu vereinigen und zu lieben.
Ich lade euch in meinen Schoß ein. Wie wird aber die Geliebte im
Hohenlied noch besungen vom trunkenen Liebesdichter? Sie ist ein
verschlossener Garten. Der Garten ist in der orientalischen Liebespoesie
immer ein Gleichnis für die Geliebte. Daß sie ein verschlossener Garten
ist, zeigt, daß sie kein leichtfertiges sündiges Mädchen ist, sondern ein
heiliges Mädchen, das bis zur keuschen ehelichen Vereinigung mit der
Ganzhingabe ihrer intimen Liebe wartet. Gerade, daß sie ein
verschlossener Garten ist, macht sie in den Augen ihres Minners so
verehrungswürdig. Der liebenden Mann verachtet nämlich die Hure, die
ihren Köcher jedem Pfeil öffnet und ihre Beine jedem vorübergehenden
Freier spreizt. Der verschlossene Garten aber ist der wahrhaft
begehrenswerte, der umso kostbarer ist, umso seltener er ist. Es ist die
Liebe Fraue, die die verschlossene Aue ist. Nun spricht aber der
liebestrunkene Prophet Salomo im Allerheiligsten der Schrift: Ich kam in
meinen Garten und speiste ihre Früchte. Ist die Jungfrau Maria die Tochter
der Menschen und Christus der göttliche Bräutigam, so kam der ewige
Logos in den Garten der Jungfrau in der Inkarnation. Die Empfängnis des
ewigen Logos durch die Jungfrau Maria ist wie das zärtliche Eindringen
des göttlichen Bräutigams in den verschlossenen Garten Maria, das heißt
in den keuschen Schoß der Jungfrau. Gott der Bräutigam kam in den
verschlossenen Garten des Schoßes der Jungfrau Maria und speiste ihre
Früchte, das heißt, Gott wurde selbst zu einer Leibesfrucht im Schoße der
Jungfrau und nährte sich als die Leibesfrucht der jungfräulichen Mutter
von ihrem Blut und ihrem Atem. Gott spricht gewissermaßen mit den
Worten der orientalischen Liebesdichter: Ich spaltete deine Wabe! Denn
Gott erkannte die Jungfrau in einem keuschen Liebesakt, da Gott durch die
Courtoisie des Heiligen Geistes in dem Schoß der Jungfrau den Sohn
zeugte. Was sagt aber die Braut selbst, Sulamith-Maria? Sie lädt den
Minner, das ist ihren Jünger, in die Natur, das ist die Welt, und spricht:
Dort, unter den Hennablumen und Zypertrauben, schenk ich dir meine
Liebe, dort geb ich dir meine Liebe ganz hin! Hier spricht die himmlische
Sophia-Maria zu ihrem Jünger, ihrem Theosophen und Minnesklaven, daß
die göttliche Weisheit oder Liebe, Frau Weisheit oder Frau Minne selbst,
dem liebenden Sohn und Geliebten die Liebe schenkt in einer
Ganzhingabe, die, wie die Bibelausleger sagen, durchaus im Sinne eines
sexuelllen Aktes der Liebesvereiniguzng zu verstehen ist. Denn unter dem
Henna oder den Zypertrauben schenkt die göttliche Weisheit der Liebe in
der Gestalt der Jungfrau Maria-Sulamith dem frommen Minner sich selbst
und ihre Ganzhingabe der Liebe in einem spirituell-sexuellen Akt der
Liebesvereinigung.
Sprechen wir von den Propheten! In der katholischen Deutung des Alten
Testaments ist die Jungfrau Israel, Jungfrau Jerusalem, Tochter Zion eine
Gestalt der Frau der Offenbarung, die sich vollends in der Maria des
Neuen Testaments enthüllt. Diese Jungfrau Jerusalem oder Jungfrau Maria
ist die Braut Gottes. So schildert sie Hesekiel. Er schreibt: Der Herr
spricht: Deine Schönheit ist unaussprechlich, du bist eine Königin in
Majestät, weil ich, der Herr, dich so überaus herrlich gemacht habe! Dann
schildert Hesekiel, wie der Herr die Jungfrau gekrönt, geschmückt,
gekleidet hat. Das alles wird jede katholische Theologie als ein Bild der
Mater Gloriosa betrachten. Doch bevor der Herr die Jungfrau gekleidet hat
und geschmückt, fand er sie nackt und bloß. Der Herr sprach zur Jungfrau:
Du warest nackt und bloß! Deine Brüste wurde prall und dein Haar sproß!
Oder es sprach der Herr vielleicht in Wahrheit zur Jungfrau: Deine Brüste
wurden prall und dein Schamhaar sproß! Du warest nackt und bloß, und es
war die Zeit der Liebe, da deckte ich dich mit dem Zipfel meines
Gewandes und schloß einen ewigen Bund der Liebe mit dir! Wir wagen es
kaum zu denken, aber in den kühnen Bildern des Propheten erwählt sich
der Herr die Jungfrau als eine nackte Geliebte, deren Nacktheit er
beschreibt: Deine Brüste waren prall und dein Schamhaar gesprossen! Und
er erkennt sie als seine Geliebte und schließt den Ehebund mit ihr! Wer
wagt es und ist so kühn zu denken, daß dies ein prophetisches Bild der
Jungfrau Maria ist! Auch der Prophet Jesaja beschreibt die Brüste der
Jungfrau Jerusalem, indem durch den Propheten der Herr spricht zu seinen
Kindern: Ihr werdet saugen an den Brüsten des Trostes! Ihr werdet saugen
an dem Reichtum der prallen Mutterbrüste die süße Milch des Trostes! Auf
dem Schoß werdet ihr liebkost wie Kinder! Ich, spricht der Herr, tröste
euch wie eine Mutter! Hier sehen wir wieder die Muttergottes als die
Jungfrau Jerusalem, die der Herr selbst als Liebender besingt in seinem
prophetischen Liebesgedicht und besingt den prallen Reichtum und die
Herrlichkeit ihrer Mutterbrüste! Wir sehen also durch die Propheten
Hesekiel und Jesaja die Vision des Herrn von den Brüsten und dem Schoße
seiner Braut und Geliebten, der Jungfrau Jerusalem oder der Jungfrau
Maria, die der Herr allein in ihrer Nacktheit geschaut und erkannt hat! Es
ist auch allgemeine katholische Lehre, daß das Osttor des Tempels, das der
Prophet Hesekiel beschreibt, ein Gleichnis für den Schoß Mariens ist.
Denn der Prophet schreibt vom Osttor, das verschlossen wurde, durch das
keiner hindurchziehen durfte, weil der Herr selbst hindurchgezogen ist.
Dies wird allgemein gedeutet als ein Beleg für die immerwährende
Jungfräulichkeit Mariens, die nach der Geburt des Herrn keinen Sohn und
keine Tochter mehr geboren hat. Der Herr, der im Heiligen Geist die
Jungfrau erkannt und fruchtbar gemacht hat mit dem Sohn, ist der einzige
Gatte der Jungfrau Maria. Allerdings finde ich an der selben Stelle den
ergänzenden Hinweis des Propheten, daß allerdings der Fürst, das heißt der
Auserwählte, diesem verschlossenen Osttor nahen darf und das heilige
Mahl dort halten darf. Dieses heilige Mahl wird wohl das kultische Mahl
sein, das Hochzeitsmahl des Lammes, das heilige Abendmahl. Darüber bin
ich nicht unterrichtet. Ich weiß nur, daß ich es als einen tröstlichen Akt der
Gnade und Liebe empfinde, als ein Fürst im Himmelreich vorgelassen zu
werden zum verschlossenen Osttor des Tempels, das dasselbe ist wie der
verschlossene Garten des Hohenliedes, nämlich der unverletzte Schoß der
allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria. Im übrigen will ich mich
wiederholen und die Worte Unserer Lieben Frau von Medjugorje zum
zweitenmal zitieren, die gesagt: Ich lade euch ein, euch mit mir zu
vereinigen und zu lieben! Ich lade euch in meinen Schoß ein! Wir wollen
also kühn sein aus Liebe und in den verschlossenen Garten Unserer Lieben
Frau eintreten und dort das Hochzeitsmahl der himmlischen Liebe feiern!
Nun wollen wir vom Islam sprechen, bevor wir auf das Neue Testament
kommen, denn ich meine, der heilige Koran steht zwischen dem Alten
Testament der Biblia Sacra und dem Neuen Testament der Biblia Sacra.
Mir scheint, auch der heilige Koran ist eine prophetische Offenbarung des
Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs. Im Koran wird den Gottergebenen
das Paradies verheißen, da die Jünglinge den Gläubigen den Wein
einschenken und die Gläubigen von Gott mit den Huris vermählt werden,
den Paradiesjungfrauen. Die Jünglinge sind auch verherrlicht worden in
der islamischen Liebespoesie, die oft von tiefen mystischen Ideen
durchdrungen ist. Dort ist es im Idealfall der vierzehnjährige Jüngling von
außerordentlicher Schönheit. Dies geht vermutlich auf die platonische
Knabenliebe zurück, die von Platon gerade für ihre unsinnliche, rein
geistige Art der Liebe gerühmt wurde. Aber in den Huris verkörpert sich
die erotische Form der Liebe. Hier wird das Paradies, das Reich der
göttlichen Liebe, in Form einer erotisch-liebenden Frau geschildert. Diese
Liebe wird von Gott geheiligt, denn die Gläubigen werden rechtmäßig vor
dem Angesicht Gottes mit den Huris vermählt. Ihre Liebe ist eine geistig-
seelische Liebe, was, denke ich, daran zu erkennen ist, daß der Name Huri
ein schönaugiges Mädchen bezeichnet oder ein großaugiges Mädchen. Da
die Augen bekanntlich der Spiegel der Seele sind, ist diese Liebe der Huris
also eine eheliche und seelenvolle. Man kann den Muslimen also nicht
vorwerfen, daß sie animalische Leidenschaften und wildeste Orgien mit
Huren in das Paradies verpflanzen. Dennoch gibt es auch eine Art und
Weise in der islamischen Tradition, wenn mir auch nur weniges davon
bekannt ist, von den Huris und den Freuden des Paradieses in erotischen
und auch sexuellen Bildern zu sprechen. Das ist den Abendländern immer
anstößig erschienen, ebenso wie die erotisch-sexuellen Metaphern der
Gottesvereinigung in den Liebesliedern des indischen Gottes Krishna und
seiner mystischen Braut die Abendländer meistens abgestoßen haben. Es
scheint im Orient eine größere Freiheit zu geben, die Sexualität
unbefangen als einen Ausdruck der Liebe zu verherrlichen und sie sogar zu
einem Symbol für die göttliche Liebe zu verwenden. Das Abendland ist
dagegen stark vom Platonismus geprägt, dem der Körper als Kerker der
Seele galt, und von den gnostischen Strömungen, die auch in der Kirche
fortwirkten, nämlich der asketischen Leibverachtung und Schmähung der
Dreifaltigkeit von Natur und Frau und Erotik. Dagegen hat die
orientalische Freigeistigkeit die Andeutungen des Koran ausgeschmückt.
So erzählt ein armenischer Dichter von seiner Vision des Paradieses, da die
Huris den Gläubigen beiwohnen Nacht für Nacht in wonnevollen
Liebesvereinigungen, und daß sie am Morgen nach der Liebesvereinigung
wieder wie unberührte Jungfraun sind. Hier ist die Liebe in ewiger Jugend
gesehen, fern von der irdischen Fortpflanzung und fern von dem irdischen
Altern. Die Huris sind von idealer Schönheit, schön wie Mädchen, wenn
sie voll erblüht sind, bevor sie zu welken beginnen. Dies ist eine Vision der
himmlischen Schönheit und ewigen Jugend des Paradieses. Die sexuelle
Liebesvereinigung in aller Wonne ist aber ein allerintimster Ausdruck oder
ein wahrhaft köstliches Gleichnis für den überaus beglückenden Genuß der
göttlichen Liebe. In Wahrheit hat ja auch die christliche Brautmystik die
Vereinigung mit Gott in erotischer Sprache zum Ausdruck gebracht, nur
sind sie dabei, anders als die muslimische Tradition, vor sexuellen Bildern
zurückgescheut. Aber ist nicht vielleicht die göttliche Liebe in ihrer
allumfassenden Größe im Eros auf sublime Weise zusammengezogen und
konzentriert und der Eros wiederum vollzieht seine Vereinigung in
konzentriertester Form in der sexuellen Vereinigung? So wird von dieser
muslimischen Tradition auch die Sexualität wahrhaft geadelt und geheiligt
und zum konzentrierten und sublimen Ausdruck der allumfassenden
göttlichen Liebe verherrlicht. So las ich in den Kommentaren zu erotischen
Liebesliedern eines deutschen Dichters die Legende, nach der der Prophet
Mohammed vom Erzengel Gabriel unterwiesen wurde in der Bereitung
einer Speise, die ihm die Manneskraft von vierzig Männern bescherte. Der
Christ wird vielleicht spöttisch lächeln, aber hier erscheint die Manneskraft
als eine potenzierte Lebensenergie, die Lendenkraft des Liebenden als eine
übermenschliche, die verheißene Wollust und ekstatische Seligkeit des
Rausches der Liebesvereinigungen von einer alle Vorstellungen
übersteigenden Kraft und Schönheit. So wird die überaus gesteigerte
Lendenkraft und die somit überaus gesteigerte Lust zu einem Bild für den
göttlichen Segen. Dieser göttliche Segen verheißt die Freuden der Liebe
und die alle Vorstellungskraft übersteigende Lust des Paradieses. So las ich
in einem Totenbuch des Islam die Verheißung an die Gläubigen des
Paradieses, daß ihnen im Verkehr mit den Huris ihre Latten nie ermatten
werden. Wahrlich, nie ermattende Latten mit einer vierzigfach gesteigerten
Manneskraft und Huris, bereit zu immerwährenden Vereinigungen in
immergleichbleibender Jugendschönheit, das ist das Paradies des Eros.
Wer den Eros aus der Religion verbannt, wird dies eine gemeine
animalische Wollustphantasie nennen. Wer allerdings meint, daß der Eros
ein überaus herrliches Gleichnis der göttlichen Liebe ist, ja, daß der Herr
selbst Eros ist, der wird, wenn er freien und kühnen Geistes ist, diese
religiösen Vorstellungen ehren und lieben. Weil unser Thema aber die
Sexualität Mariens ist, wollen wir überliefern die muslimische Tradition,
die ein Wort des Propheten Mohammed anführt, daß er im Paradies vor
allen anderen die Jungfrau Maria, die jungfräuliche Mutter des Messias
Jesus, zu heiraten wünscht. Wenn der Prophet Mohammed auf seinem
Flügelpferd ins Paradies geritten ist,. wenn er dort die ewige Schönheit der
Huris sah, wenn er ihre Bereitschaft zur Liebesvereinigung kannte und ihre
ewige Jungfräulichkeit, wenn er selbst im Paradies die Lendenkraft von
vierzig Männern besaß, wenn er sich dann entschied, nicht die Huris zu
heiraten, derer ihrer zweiundsiebzig, wie manche sagen, für jeden
Gläubigen sind, sondern wenn dann der inspirierte Prophet sich entschied,
die Jungfrau Maria zu heiraten, ja, wenn er die Jungfrau Maria sein
Paradies selbst nannte, dann sagt das dem Nachsinnenden genug über die
erotische Kraft der allerseligsten Jungfrau Maria. Das wird nur der Christ
als geschmacklos empfinden, der die Jungfrau Maria für ein asexuelles
Wesen hält und der Keuschheit mit Prüderie verwechselt und der nicht
wahrhaft begriffen hat, daß Gott, der Herr, unser aller Herr, der wahre
allerhöchste Eros ist, und daß nächst ihm die allerselighste Jungfrau Maria
von allerhöchstem Eros ist! Hier passt dann das Wort, daß die Jungfrau
Maria die höchste Devotion des Eros ist, die bist zur Anbetung sublimierte
Glut des Eros, die Glut des Eros, die noch über die Glut der Anbetung
hinausgeht zur Weißglut der ehelichen Verschmelzung!
Bevor wir zur Weisheit Jesus kommen, wollen wir zuvor die Weisheit der
Heiden betrachten. Der Papst der katholischen Kirche nennt sich Pontifex
Maximus, und meine evangelischen Freunde protestieren, das sei der Titel
des heidnischen Oberpriesters des antiken Rom gewesen. Sie vergessen
dabei, daß in dem Neuen Testament selbst Jesus der Logos genannt wird,
was ein Begriff der heidnischen Philosophie war, besonders des Heraklit
von Ephesos, der seine Philosophie der Artemis von Ephesos weihte, und
der Stoa und auch des jüdisch-hellenistischen Synkretismus des Philo von
Alexandrien. Ich meine, daraus kann man erkennen, daß das Neue
Testament selbst anerkennt, in den Heiden Propheten und Vorläufer des
Christus gefunden zu haben, des Christus, der Logos und Sophia und
Dynamis ist. Aber es wurde auch von vielen darauf hingewiesen, daß die
Geschichte des Lukas-Evangeliums von der Verkündigung des Herrn an
Maria, vom Englischen Gruß und der Zeugung des göttlichen Sohnes
durch den Heiligen Geist, die Taube, Vorschatten in den heidnischen
Mythen gefunden hat, da ein Gott eine irdische Nymphe geschwängert hat.
Zwei dieser Mythen will ich betrachten. Zeus als der Vater der Götter und
Menschen ließ sich herab, in Gestalt eines Schwanes die irdische Nymphe
Leda zu befruchten. Hier wird von orthodoxen Theologen verwiesen auf
den Unterschied zwischen dem griechischen Mythos und dem historisch-
wunderbaren Bericht bei Lukas, in dem Lukas rein geistig oder spirituell
berichte, dieweil der Mythos alles in schwüler Sinnlichkeit ausbreite. Mir
scheint in diesem Argument aber wieder die weitverbreitete Entfremdung
der Religion vom Eros sich zu offenbaren. Die sterbenden und
auferstehenden Götter wie Dionysos oder Adonis können solche
Theologen als Prophetien auf Christus anerkennen, aber die Zeugung einer
Leibesfrucht durch Zeus den Schwan im Schoß der Nymphe Leda können
sie nicht anerkennen als Vorschatte auf die Inkarnation Christi im Schoß
der Jungfrau, weil sie die Sprache des Eros als unheilig empfinden. Der
Schwan, in den sich Zeus dem Mythos nach verwandelte, ist ein
bedeutsames Tier. Bei den Indern ist der Schwan, der Königshansa, das
Reittier des Schöpfergottes Brahma. Bei den Chinesen heißt der Schwan
Tian-Er, das heißt himmlische Gans. Bei Platon singt der Singschwan vor
seinem Tod, weil er sich auf die Unsterblichkeit der Seele freut. Auch ist
der Schwan bei den Indern der Saraswati heilig, der Göttin der Sprache,
der Braut des Schöpfergottes Brahma, weil er Symbol der höchsten
Weisheit und spirituellen Vollendung ist. Bei den Griechen war der
Schwan der Venus heilig, die Schwäne zogen den Triumphwagen der
Göttin der Liebe und Schönheit. Auch gilt der Schwan wegen seines langes
Halses als ein Phallus-Symbol. So ist in dem Schwan die Einheit von
Spiritualität und phallischer Sexualität im Dienst der Venus vereinigt. Der
Schwan ist also ein mythisches Symbol für die Einheit von Spiritualität
und Sexualität oder Mystik und Eros. Das ist in Wahrheit ein sehr weiser
Mythos. So meine ich, ist es nicht unerlaubt, auch in dem Vorgang der
Befruchtung der Jungfrau Maria durch den Heiligen Geist, der die Kraft
Gottes und die Liebe Gottes ist, der das Feuer Gottes und die Spiritualität
Gottes ist, einen mystisch-erotischen Vorgang zu sehen, der
gewissermaßen, wenn man das so sagen darf, etwas von der Sexualität
Gottes zum Ausdruck bringt. Kommen wir zum zweiten Mythos. Damit
meine ich den Mythos, in dem Zeus, der König der Götter, als Goldregen
den Schoß der Danae befruchtet, die in einem Turm eingeschlossen war.
Bei dem Turm, in dem Danae eingeschlossen war, kann ich nicht anders
als an den Elfeinbeinturm Davids denken, als der in der Lauretanischen
Litanei die Jungfrau Maria bezeichnet wird. Die Verkündigung Mariens
wird ja oft in einer stillen kontemplativen Kammer als Ereignis dargestellt,
da Maria in Zurückgezogenheit und Einsamkeit den Psalter meditiert oder
den Schleier für den Vorhang vor dem Allerheiligsten webt. Es zeigt die
Einsamkeit an und die Verschlossenheit vor dem Lärm der Welt, in dem
die Empfängnis Gottes sich ereignet. Daß Zeus sich als Goldregen ergoß,
ist gewiß nicht in dem töricht-weltlichen Sinn der späteren griechischen
Dichter so zu verstehen, daß allein das Geld dem Freier den Weg zum
Schoß des Weibes eröffnet. Das ist eine fast schon blasphemische
Säkularisierung eines einst heiligen Mythos. Der Regen ist in allen
heidnischen Religionen die Fruchtbarkeit Gottes oder gewissermaßen der
Samen des zeugenden Gottes gewesen, der den Schoß der Mutter Erde
oder Mutter Natur fruchtbar macht. Daß es ein goldener Regen war, deutet
auf seine geistige Reinheit, seine sublime Lauterkeit hin, ist doch das Gold
das Symbol für allerhöchste Reinheit und Edelkeit, wie etwa in der
Alchemie das Gold der Prozeß einer langwierigen Purgierung ist. Dieser
Same Gottes, der ein goldener Same ist, ist nicht ein unreiner Same,
sondern ein Same von allerhöchster Lauterkeit und Reinheit. Auch in der
katholischen Theologie wird die Jungfrau Maria als die höchste
Stellvertreterin der Menschheit, ja, der gesamten Natur und Schöpfung
gesehen, da sie gewissermaßen als Ideal der Schöpfung und
Stellvertreterin der Menschheit Ja gesagt hat zu dem Willen Gottes, in ihr
den Sohn Gottes zu zeugen. Damit wird Gott als das schöpferisch-
befruchtende Element angesehen und Maria als die Mutter Erde oder
Mutter Natur oder als die Nymphe, die von Zeus in Gestalt eines
goldenens Regen fruchtbar gemacht wurde. Der griechische Mythos hat
dabei die Ahnung eines Gotteszeugung und Gottesgeburt in der
Sprachmacht des Eros ausgedrückt, während die spätere Kirche dieses
Geschehen der Verkündigung und Inkarnation des Herrn in rationaler
Logik rein geistig dargestellt hat. Ich meine aber, daß der Kirche durch die
Entfremdung vom Eros und seiner mythischen Bilder ein Wärmestrom der
Verkündigung verloren gegangen ist, der hätte zum Ausdruck bringen
können, daß Christus der von Dionysios Areopagita geheiligte Eros Gottes
ist, der sich durch die Offenbarungssphären und himmlischen Hierarchien
ergießt bis in die irdisch-menschliche Seele, um die irdisch-menschliche
Seele durch die Liebeskraft seiner göttliche Erotik wieder in den Schoß
Gottes heimzuholen. Das ist meiner Meinung nach das Geheimnis der
Menschwerdung Gottes in Jesus, in der Sprache der Erotik ausgesprochen.
Begeben wir uns von den Griechen nach Amerika zu den primitiven
Indianern. Ich berufe mich auf den katholischen Priester, Mystiker und
Dichter Ernesto Cardenal, der vom Hügel Unserer Lieben Frau Maria aus
eine Einsicht hatte in die Mystik eines Indianerstammes, der weltverloren
in der Wüste Nevada lebte. Diese Volk hatte einen Gott, der eine Frau war.
Sie waren aus dem Uterus der Gott-Frau geboren, ihre Hängematten waren
der Uterus, ihre Decken waren die Plazenta der Gott-Frau. Ihre
Philosophie war das Leben in Aluna, das heißt, das Sein in der weiblich-
göttlichen Weltseele, Leben oder Weisheit oder Liebe. Wenn sie beerdigt
wurden, wurden sie in Embryonalstellung beerdigt, denn im Tode kehrten
sie heim in den Schoß der Gott-Frau. Dieses Volk nun, berichtet der
Dichter Cardenal, war besessen vom Sexus. Phallus und Vulva waren
ihnen heilige Symbole. Ich erwähne das, weil Ernesto Cardenal schrieb in
seiner poetischen Sprache, daß er dies Mysterium von Unserer Lieben
Frau Maria aus verstand. Ich muß dabei an die Gedanken des jüdischen
Religionsphilosophen Walther Schubert denken, der sagte, daß im
weiblichen Weltzeitalter der Eros die Religion dominierte. So scheint mir
auch, wie manche sagen, das Wesen des Mannes mehr dem Logos
verbunden, das Wesen der Frau mehr dem Eros verbunden. In der
Geschichte des christlichen Abendlandes sind die Frau, die Natur, die
Leiblichkeit und der Eros insgesamt als Instrumente des Teufels
dämonisiert worden, dagegen die Ratio, der Logos und die Männlichkeit
vergöttert wurden. Ich meine aber, wenn, wie bei den Indianern, das
Gottesbild weiblich wird, kehrt der Eros zurück, oder umgekehrt, wenn der
Eros zurückkehrt in die Religion, erwachen die weiblichen Gottesbilder.
Mir scheint das aber gerade ein Bedürfnis dieser unserer Zeit zu sein, daß
die Religion erotisiert wird und die Erotik spiritualisiert und daß im
Gefolge dieser Vereinigung von Religion und Eros die weiblichen
Gottesbilder in den Seelen der Menschen wieder erwachen. Da die
Jungfrau Maria in der katholischen Religion ein Spiegel dieses
Göttlichweiblichen ist, ist es mir ein Bedürfnis, gerade diese Jungfrau
Maria von dem Vorwurf der eiskalten Asexualität zu befreien, die Jungfrau
Maria in ihrer Erotik darzustellen und damit zu einem glühenden
weiblichen Gottesbild hinzuweisen. Da wir nun die männliche Erotik
Gottes in Zeus verherrlicht haben, die weibliche Erotik des
Göttlichweiblichen in Aluna gepriesen haben, wollen wir den Versuch
einer Versöhnung oder innergöttlichen Hochzeit wagen, und die Erotik des
Götterpaares der indischen Religion behandeln. In der indischen Religion
ist die Sprache des Sexus geheiligt, wie vielleicht in keiner anderen
Religion. Ein mächtiges segensbringendes Amulett ist das Symbol des
Phallus in der Vulva, oder, indisch gesprochen, des Lingam in der Yoni.
Die Yoni ist das Symbol der Göttin. Wenn der Hinduismus sich auch
durchgerungen hat zu einem heimlichen Monotheismus und von der einen
absoluten Gottheit spricht, so offenbart sich das eine absolute Göttliche
doch in vielen personifizierten Göttinnen und Göttern. Dabei herrscht der
Gedanke vor, daß jeder Gott seine Göttin oder Shakti hat. Dieser Gedanke
lebt auch im Budhhismus fort, wo es eine Shakti für jeden Buddha oder
Boddhisattwa gibt. Die Bilder dieses Götterpaares von Gott und Göttin
stellen das göttliche Paar in einer sexuellen Liebesvereinigung dar.
Konzentriert ist das Symbol dieser göttlichen Hochzeit eben das mächtige
Segenssymbol des Lingam in der Yoni. So ist im tibetanischen
Buddhismusus das Mantra des Boddhisattwa der Barmherzigkeit
das Om mani padme hum, das heißt, das Juwel ist in der Lotosblüte,
spirituell gesprochen heiißt das, daß das Göttliche iin der Seele wohnt, und
tantrisch oder erotisch gesprochen ist das Juwel der Phallus und die
Lotosblüte die Vulva. In dem indischen Mythus stellen die Göttin und den
Gott Parvati und Shiva dar. Shiva ist dabei der Gott des Geistes und der
Askese, oder, christlich gesprochen, des Logos, der durch seine geistliche
Askese den Kama, das heißt den Eros Indiens, verbrannt hat, nämlich
verbrannt durch die spirituelle Kraft seines dritten Auges, also seiner
asketischen Geistigkeit. Parvati dagegen ist die Natur, die Mutter Natur,
die Göttin, die die Sprache der Frauen und der Armen spricht, Prakriti, was
die Sprache der Natur bedeutet, dagegen Shiva die Sprache der Gelehrten
spricht, das Sankskrit der Veden. Dieses Paar von Shiva und Parvati oder
Geist und Natur wird in einer sexuellen Liebesvereinigung dargestellt.
Katholisch gesprochen ist Shiva das Symbol für die Transzendenz Gottes
und Parvati das Symbol für die Immanenz Gottes. So spricht das
Abendland auch von dem Wesen des Mannes als Verbundenheit mit der
Transzendenz und vom Wesen der Frau als Verbundenheit mit der
Immanenz. So spricht auch der katholische Katechismus davon, daß die
Vaterschaft Gottes besonders die Transzendenz Gottes betont, während die
Mutterschaft Gottes mehr die Immanenz Gottes betont. In der mystisch-
erotischen oder spirituell-sexuellen Vereinigung des Lingam mit der Yoni
drückt sich nun in einem rein sexuellen Bild die heilige Vereinigung des
Transzendenz und Immanenz Gottes aus, oder der Einen heiligen
Elternschaft Gottes.
Kommen wir nun zum Neuen Testament, dem Evangelium der Weisheit
Jesus. Betrachten wir die Verkündigung des Herrn an Maria. Der Engel
grüßt Maria: Freue dich, Liebreizübergossene! Er grüßt sie: Chaire,
Kecharitomene! In Chaire und Kecharitomene ist die Wurzel Charis.
Charis heißt Liebe, Schönheit, Grazie, Anmut, Charme, und ist bei Homer
ein Name der Aphrodite und auch des Zaubergürtels der Aphrodite. Der
Engel spricht: Du sollst Gottes Sohn empfangen und gebären! Maria
spricht: Wie soll das geschehen, ohne daß ich einen Mann erkenne? Denn
die Tradition der Kirche spricht von dem Entschluß der Jungfrau Maria,
jungfräulich zu leben für Gott. Da spricht der Engel: Der Heilige Geist
wird dich überschatten, die Kraft des Höchsten wird über dich kommen!
Da spricht Maria: Ja, mir geschehe nach deinem Wort! Da empfängt Maria
in ihrem Schoß den Sohn Gottes durch die Schöpferkraft des Heiligen
Geistes von Gott dem Ewigen. Der Schoß Mariens ist das
Offenbarungszelt, in das die Wolke der Herrlichkeit des Herrn
hineinkommt. Der Schoß Mariens ist der Tempel Jahwes, erfüllt von der
Wolke der Herrlichkeit des Herrn. Die Wolke der Herrlichkeit des Herrn
erfüllt den Schoß Mariens und macht die Jungfrau fruchtbar, wie es in dem
Mythos von Zeus im goldenen Regen und der Nymphe Danae geweissagt
war. Die Tradition der Kirche und auch der Reformatoren lehrt, daß der
Schoß Mariens vor der Geburt Jesu, in der Geburt Jesu und nach der
Geburt Jesu unverletzt jungfräulich war und ist. Maria ist die Jungfrau
Gottes, die ehelos für das Himmelreich lebt, das heißt, die in der Gottes-
Ehe lebt. Sie lebt in einer solchen dichten und intimen Form der Gottes-
Ehe, daß sie von der Schöpferkraft Gottes schwanger wird und Gott den
gottmenschlichen Sohn gebiert und schenkt. Betrachten wir nun die
Offenbarung der Herrlichkeit des Sohnes Gottes und Mariens auf der
Hochzeit von Kana. Es ist eine Hochzeit in Galiläa, da Jesus und Maria
anwesend sind. Es ist ein verborgener Hinweis, scheint mir, auf die
mystische Hochzeit Jesu und Mariens. Der Wein geht zuende, das heißt,
die Freude der Hochzeit und der Rausch der Liebe droht zu versiegen.
Maria bittet Jesus um neuen Wein, das heißt, sie bittet ihn um den Rausch
der Liebe, um den Wein der Ekstase. Wer das Symbol des Weines tiefer
verstehen will, betrachte die Sufi-Mystik, da der Wein besungen wurde
von den Dichtermystikern, und zwar nicht der verbotene Wein der Welt,
sondern der göttliche Wein des Paradieses. Hier ist der Wein ein Symbol
für die berauschende Liebe Gottes, für die Selbstvergessenheit der
mystischen Liebe und für die Ekstase der Vereinigung der Seele mit Gott.
Um diesen Wein der Sufi-Mystik, um diesen erlaubten Wein des
Paradieses bittet Maria Jesus. Sie bittet geradezu: Herr, die Liebe versiegt
auf Erden, der Wein der menschlichen Liebe ist ausgegangen, schenke nun
göttliche Liebe, schenke den Wein der göttlichen Hochzeit! Und Jesus
spricht: Frau, was begehrst du von mir? Er nennt sie nicht Mutter, sondern
Frau. Denn hier deutet sich wieder das Geheimnis der mystischen
Hochzeit Mariens und Jesu an, des Herrn und der Frau, des Bräutigams
und der Braut, des neuen Adam und der neuen Eva. Die neue Eva bittet um
den Wein der Ekstase, den Wein der berauschenden Liebe und das
Sakrament der göttlichen Vereinigung, und der Bräutigam schenkt den
Wein, der den guten Wein der menschlichen Liebe durch den besseren
Wein der göttlichen Liebe ersetzt. Die irdisch-menschliche Hochzeit von
Kana wird erhöht durch ein Wunder und verklärt in die Offenbarung der
Herrlichkeit des Herrn und Unserer Lieben Frau als die wahren
Hochzeitsleute der göttlichen Hochzeit! Betrachten wir Bräutigam und
Braut am Kreuz! Die Kirche spricht seit langem schon von dem
Mitgekreuzigtsein der Jungfrau Maria mit dem Herrn Jesus. In Amsterdam
erschien Maria und nannte sich: Miterlöserin. Dieser Titel ist in der Kirche
schon lange im Umlauf, wenn er auch noch nicht dogmatisch definiert ist.
Johannes Paul II nannte Maria die Frau der Schmerzen, die mit dem Mann
der Schmerzen gelitten hat. Christus wurde am Körper gekreuzigt, Maria
am Herzen gekreuzigt. Ich will hier nicht die Theologie des Kreuzes
entfalten und auch nicht die Theologie der Miterlöserin, sondern ein
Gemälde schildern, das ich sah in dem Sendschreiben der Kommunion
Maria Königin des Friedens. Dort schwebt über Jerusalem in der
kosmischen Nacht schräg aufsteigend das Kreuz in das All, und auf dem
Kreuz wie auf einem Bett liegt Christus, nackt bis auf den Lendenschurz.
Der Lendenschurz ist aber nicht zu sehen, sondern allein seine männliche
Nacktheit, denn sein Körper wird bedeckt von Unserer Lieben Frau, die in
seinen Armen liegt. Sie trägt ein Gewand aus einer leichten feinen weißen
Seide, die fast durchsichtig ist, ein fließendes Lichtgewand, das weht
durch die Nacht. Ihre zarten schlanken femininen Fingern verschlingt sie
mit den angenagelten Händen Christi, die ihre Hände zärtlich umschließen.
An der Stelle, wo die Brust Mariens über der Brust Jesu gebettet ist,
erstrahlt als Zeichen der Vereinigung des heiligen Herzens Jesu und des
unbefleckten Herzens Mariens ein strahlender Lichtglanz, wie ein
diamantener Morgenstern oder die Quelle des Lichts selbst. Das Antlitz
Unserer Lieben Frau ist dem Antlitz des Herrn liebevoll zärtlich
zugewandt, und sie scheinen einander Liebesworte zuzuflüstern, ja, mir
scheint, ich höre, wie Maria, die Braut, zu Christus, dem Bräutigam, die
Worte des Allerheiligsten der Heiligen Schrift flüstert, den Vers des Hohen
Liedes: Küsse mich, Geliebter, denn deine Küsse sind berauschender als
der Wein! So schweben der Bräutigam und die Braut in ihrer mystischen
Liebesvereinigung in dem Bett des Kreuzes, wie Katharina von Siena den
Ort der mystischen Vereinigung nennt, als Erlöser und Miterlöserin durch
die Nacht des Kosmos! (Liebe alte Mutter im Karmel, Ihr habt mich
ermahnt, dergleichen nicht zu schreiben. Aber hier stehe ich und kann
nicht anders. Immaculata sei mir gnädig!) Der Schluß des Evangeliums der
Weisheit Jesus ist von derselben Vision erleuchtet, nämlich von der
Hochzeit des Lammes mit der Braut, der himmlischen Jerusalem. Die
himmlische Jerusalem ist die Braut und die Frau des Lammes, griechisch
gesprochen, die Nymphe des Lammes. Sie kommt in der apokalyptischen
Endzeit aus dem Himmel hernieder, geschmückt wie eine Braut für ihren
Bräutigam. Ja, der Schluß der Bibel, der ganzen Heiligen Schrift von A bis
O, von Genesis zu Apokalypse, ist die Herniederkunft der himmlischen
Braut, der Nymphe des Lammes, die sich schön gemacht hat zur Hochzeit
mit dem Lamm, dem gekreuzigten und auferstandenen Christus Jesus. Die
Jungfrau Maria ist die himmlische Jerusalem, das Ideal der Ecclesia, der
Inbegriff der erlösten Menschheit, und die letzte eschatologische
Offenbarung der heiligen Schrift ist die heilige und himmlische Hochzeit
der Braut Maria mit dem Bräutigam Jesus. O Maria, du Nymphe des
Lammes, komm herab aus dem Himmel wie eine Braut! Selig sind, die
geladen sind zur Hochzeit des Lammes! Ja, Herr Jesus, komm bald!
Einige Mystiker wollen wir nun betrachten. Als erstes führen wir das Wort
eines katholisch-charismatischen Propheten der Königin des Friedens an,
daß die rote Glut der menschlichen Liebe nicht von dem Violett der
Frömmigkeit, sondern allein von der Weißglut der göttlichen Liebe
überwunden wird. Die rote Rose der leidenschaftlichen Liebe zu einer
sterblichen Frau wird nicht ersetzt durch die blaue Lilie der Keuschheit,
sondern durch die weiße Pfingstrose der leidenschaftlichen Liebe zur
himmlischen Braut Maria. Hier erwähnen wir den seelsorgerlichen Rat
eines Mönchs, der dem Ehelosen die Marienehe empfahl, da der Ehelose
bestätigte, daß die Madonna den Ehelosen leidenschaftlich und mystisch-
erotisch liebe! Denn die Liebe zur Madonna soll kein asexuelles,
unerotisches, das heißt unvitales Liebesverhältnis sein, sondern die höchste
Sublimierung des Eros, die höchste Devotion des Eros sein, eben die
Weißglut des Eros. Hieran anknüpfend zitieren wir den jüdischen
Religionsphilosophen Walther Schubert, der von der Vereinigung des Eros
und der Religion sprach und über den anbetenden Eros in der Religion den
umarmenden Eros in der Religion stellte, das heißt, heiliger als der
Theismus ist die Mystik der mystischen Union mit Gott. Maria wollen wir
betrachten als den Inbegriff und das Ideal dieses umarmenden Eros in der
Religion, da sie wie keine andere die mystische Vereinigung mit Gott
erfahren hat. Diese mystisch-erotische Union hat auch Mechthild von
Magdeburg ersehnt und erfahren, da sie den göttlichen Bräutigam im
Garten der Liebe traf, da sie zu ihm schrie: Herr, ich bin eine nackte Seele
in heißer Gier! Liebe mich oft und heftig und lange! Und der göttliche
Bräutigam sprach zu seiner mystischen Braut: Entkleide dich und komm in
mein Brautgemach und vereinige dich mit mir in Liebesumarmungen und
Küssen und letzter Ganzhingabe! Die mystische Erotik oder spirituelle
Sexualität kann das Verhältnis zur Gottheit aber auch umgekehrt erfahren,
daß der Mensch der Minneritter ist, der um Frau Minne wirbt oder daß der
Mensch der Mönch ist, der als Minnediener die Frau Weisheit verehrt. Die
göttliche Frau Weisheit war die göttliche Geliebte des seligen Heinrich
Seuse und war auch die mystische Braut des Theosophen Jakob Böhme.
Jakob Böhme nannte die Jungfrau Sophia seine göttliche Geliebte, die ihn
innerlich heilige und vervollkommne, so daß er das innere Gottesebenbild
seiner Menschheit wiederfinde in der ursprünglichen Ganzheit. Diese
Jungfrau Sophia verhieß dem mystischen Theosophen, daß sie seine Braut
und Verlobte sei, daß sie ihn führen werde auf seiner Pilgerschaft auf
Erden, und daß sie ihm im Paradies ihr Perllein schenken werde. Offenbar
scheint das die Verheißung zu sein, daß die Jungfrau Sophia auf Erden die
keusche Braut sei, die keusche Verlobte, die wahre Freundin ihres
Minners, aber daß sie ihn heiraten werde und die Hochzeit vollziehen
werde im Himmel. Denn wenn der Christ den irdischen Tod gestorben ist,
ist er geladen, biblisch gesprochen, zur Hochzeit des Lammes, mystisch
gesprochen, zur Hochzeit mit der Jungfrau Sophia. Daß diese verheißt, ihr
Perllein zu schenken im Paradies, ist die Verheißung der ehelichen
Vereinigung in der Hochzeitsnacht, das heißt, die himmlische und ewige
Gottesehe des Erlösten wird in dem sexuellen Bild der ehelichen
Vereinigung im Paradies zum Ausdruck gebracht. Diese Jungfrau Sophia
ist das göttliche Urbild der irdischen Jungfrau Maria, wie Jakob Böhme
sagt, sie ist aber auch Jesus Christus selbst. Es scheint also durchaus
erlaubt, wenn man auf den Genius Böhmes vertraut, das Paradies als die
Ehe mit der Jungfrau Maria zu betrachten. Hier scheint die Hoffnung des
Propheten Mohammed nicht umsonst, der sich wünschte, im Paradies die
Jungfrau Maria zu heiraten. Da Maria Sophia ist (wie auch die päpstliche
Begründung der dogmatischen Definition der Unbeflecktheit Mariens die
Schrift anführt über die Unbeflecktheit Sophias), da also Maria Sophia ist,
wird diese Maria-Sophia ihr Perllein, das heißt, ihre eheliche Ganzhingabe,
im Paradiese ihrem Bräutigam schenken. Dieser Schoß Mariens, den der
Marienbräutigam im Paradies erkennen wird und sich vereinigen mit der
ewigen Jungfrau Maria-Sophia und verschmelzen mit der unbefleckten
Jungfrau in gegenseitiger Ganzhingabe, dieser Schoß Mariens wird vom
heiligen Louis-Marie Grignion de Montfort das Paradies selbst genannt.
Ich werde nicht müde, diese Worte Grignions weiterzusagen, daß der
Schoß Mariens ein seligeres Paradies ist als der im Neuen Testament von
Jesus selbst verherrlichte Schoß Abrahams, daß der Schoß Mariens der
Ruheort der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, der Lustort Gottes ist, daß der
Schoß Mariens das Paradies Gottes ist. Dieser Schoß der Jungfrau Sophia-
Maria mit dem ehelichen Perllein der Ganzhingabe ist das Paradies selbst.
Diese eheliche Vereinigung mit der göttlichen Jungfrau Sophia-Maria und
die Verschmelzung mit ihrem erotisch-mystischen Perllein wirkt, wie
Salomo in der Schrift sagt, keinen Kummer und keinen Überdruß, ja, die
Ehe mit der göttlichen Sophia bereitet nichts als Lust und Freude oder
Wollust und Wonne! Der heilige Augustinus beschreibt geradezu das
Paradies mit den lustvollen Worten eines ewigen Schmachtens und ewiger
Befriedigung, einer ewigen Befriedigung und ewigen Schmachtens!
Amen.
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ESSAYS
ERSTES KAPITEL
In dem die Theologie, Philosophie und Mystik des Islam behandelt wird.
Der Beginn der islamischen Theologie setzte sich mit dem Problem der
Vorherbestimmung Gottes im Verhältnis zur Selbstbestimmung des
Menschen auseinander. Schon im vorislamischen Arabien hatte es den
heidnischen Schicksalsglauben gegeben, des Menschen Schicksal sei von
einer anonymen Schicksalsmacht (Fatum, Dahr) bestimmt oder durch die
Sterne vorherbestimmt. Im Koran erschien nun das Schicksal des
Menschen als vorherbestimmt vom persönlichen Gott. Aber der Koran ließ
offen die Frage, wie sich Gottes Vorherbestimmung und des Menschen
Freiheit zueinander verhalte. Dieses Problem des Verhältnisses von
göttlicher Fügung und menschlicher Verantwortung wird zum
Hauptproblem der frühen islamischen Theologie. Die göttliche
Vorherbestimmung und die menschliche Selbstbestimmung wurden beide
mit dem Begriff Qadar wiedergegeben. Qadar bedeutet eigentlich: Sache
Gottes, und meint im Koran die Vorherbestimmung Gottes,
Schicksalsbestimmung durch den lebendigen Gott. Aber die Frage war
nun: Gibt es neben der Qadar Gottes nicht auch eine Qadar des Menschen,
eine freie Selbstbestimmung? Auf diese Fragen gab es zwei Antworten.
Die einen, vor allem die herrschenden Kalifen und ihre Theologen,
argumentierten von oben her, von der Sache Gottes. Die aufkommenden
Bildungsschichten der Gesellschaft argumentierten von unten her, von der
Selbstbestimmung und Verantwortung des Menschen her. Die Kalifen
waren vor allem an der Sache Gottes interessiert, da sie sich ja
Stellvertreter Gottes nannten. Sie wollten die Lehre verbreiten, dass alles,
was die Kalifen als Stellvertreter Gottes tun, von Gottes Qadar
vorherbestimmt sei, und zwar im Guten wie im Schlechten. Beim frommen
Kalifen Abd al-Malik fiel Gottesgnadentum des Herrschers zusammen mit
der religiösen Lehre der Prädestination. So machte ein Wort, das man dem
Propheten Mohammed zuschrieb, in jenen Zeiten die Runde: Gott schreibt
nur die guten Taten des Herrschers auf, nicht aber die bösen. Der Kalif
Yazid der Zweite hatte sich bestätigen lassen, der rechtgeleitete Kalif als
Stellvertreter Gottes müsse keine Rechenschaft vor Gott ablegen, da er als
rechtgeleiteter Stellvertreter Gottes von vorneherein die Sache Gottes
vertrete. So konnte dann schließlich der lebenslustige Kalif Al-Walid der
Zweite sein Leben mit Wein, Weib und Gesang als gottgewollt
rechtfertigen. In einem Hymnus an den Wein pries er die Gnade Gottes, die
den Muslim, wenn er nur gläubig sei, trotz aller Sünden, nach dem Tode
sogleich ins Paradies einlade. Diese Meinung war in jenen Kreisen weit
verbreitet. Dagegen bildete die Bildungsschicht der Gesellschaft die Lehre
von der menschlichen Verantwortung aus. Sie sagten, jeder Mensch ist von
Gott zum Guten erschaffen, allerdings ist der Mensch frei, auch das Böse
zu tun. Als einzelner Mensch hat die Person dann seine eigene Freiheit,
sich zu entscheiden für das Gute oder für das Böse, dass ist die Qadar des
Menschen, die Freiheit zur Selbstbestimmung, die eine Verantwortung
jedes Menschen vor Gott ist. Jeder Mensch muß Rechenschaft ablegen für
sein Gutes oder Böses vor Gott, gleichgültig, ob ein Untertan oder ein
Kalif. Diese Gruppe der Vertreter der menschlichen Verantwortung in
Freiheit wird Qadariten genannt. Sie hatten ein pietistisches
Sündenbewusstsein und waren vor allem bei den Asketen des Irak präsent.
Die Qadariten werden aber später in Syrien zu einer sozialen Bewegung,
die gegen das absolute Gottesgnadentum der Kalifen protestiert. Hier in
Syrien existierten die Gedanken der Freiheit des Menschen und der
Verantwortung des Menschen vor Gott ja schon als Ideen seit der Zeit der
Christen in Syrien.
Gegen die Qadariten setzten sich die Prädestinatianer durch. Doch wurde
kein absoluter Determinismus mehr vertreten, denn es gab auch Protest
gegen ungerechte Herrscher. Es wurde aber auch bei den neuen Theologen
gegen ein allzu anthropomorphes Gottesbild protestiert. Wenn im Koran
von Gottes Hand, Gottes Auge und Gottes entblößter Wade die Rede sei,
so ist doch Gott nicht einem Menschen gleich, sondern Gottes Hand
bedeutet seine Macht und den Lohn, den er schenkt, Gottes Auge bedeutet
Gottes Allwissenheit, Allweisheit, und Gottes entblößte Wade am Tag des
Jüngsten Gerichts bezeichnet Gottes Entschlossenheit, für die
Gerechtigkeit einzutreten. Der Theologe Halil Ibn Ahmad beschrieb nun
den transzendenten Gott in seinem Buch über das Einheitsbekenntnis des
Islam: O du, der du fragst, den Ewigen zu verstehen! Wenn du fragst: Wo
ist er, dann gibst du ihm schon einen Ort, der doch ortelos ist. Wenn du
fragst: Wie ist er? So gibst du ihm doch eine Beschreibung, eine Qualität,
der doch unbeschreiblich und undefinierbar ist. Gott der Ewige ist plus A,
plus A, aber er ist auch minus A, minus A. Oder aber: Gott der Ewige ist
plus A, minus A, aber er ist auch minus A, plus A. Anders gesagt: Gott der
Ewige ist das Seiende des Seienden und das Nichtseiende des
Nichtseienden, aber er ist auch das Nichtseiende des Seienden und das
Seiende des Nichtseienden. Daß der Theologe Gott so beschreibt, ohne ihn
zu beschreiben, ist verwandt mit der buddhistischen Lehre über das
Absolute. Denn es gibt vier Arten, die Beschreibung des Absoluten zu
verneinen: Zu verneinen, dass das Absolute so ist, zu verneinen, dass es
anders ist, zu verneinen, dass es sowohl so als auch anders ist, und zu
verneinen, dass es weder so noch anders ist. Dies ist verwandt der
negativen Theologie des christlichen Mystikers Dionysios Areopagita und
seiner Schüler. In der negativen Theologie wird gesagt, der Mensch kann
von Gott nur sagen, was Gott eben nicht ist, aber positiv ist Gott nicht
beschreibbar. Vielmehr muß zu jeder positiven Beschreibung Gottes gesagt
werden, dass Gott auch nicht so ist, sondern anders, denn Gott ist für den
Menschen immer Der-Ganz-Andere. Wozu aber diese theologischen
Spitzfindigkeiten? Sie dienen dazu, allzu menschliche Gottesbilder in der
Seele auszulöschen, um zum bildlosen Gott zu gelangen, von dem Meister
Eckard spricht, denn allein der bildlose Gott ist die höchste mystische
Wirklichkeit, die höchste mystische Weisheit, die sowohl mythisches
Reden von Gott als auch theologisch-rationale Rede über Gott unendlich
übersteigt und dem Menschen nur in der mystischen Versenkung sich
offenbart.
Die Araber hatten ein großes Gebiet erobert. Sie trafen in den eroberten
Gebieten auf viele griechische Gelehrte und lernten viel von ihnen. Zuerst
übernahmen sie die praktischen Wissenschaften, mit der Zeit aber auch die
griechische Philosophie, vor allem den Neuplatonismus. Aber in jener Zeit
waren auch die Geheimwissenschaften okkulter Philosophie populär, wie
die Alchemie und die neupythagoräische Mathematik der Zahlenmystik.
Viele wollten, statt auf dem Weg der prophetischen Offenbarung und des
Glaubens, durch esoterische Geheimwissenschaften höhere Weisheit
erlangen. An den Höfen der liberalen Kalifen trafen sich Gelehrte als
Freunde und Zechgenossen in Tafelrunden und theologischen Symposien.
Damals gab es in Damaskus Diskussionen zwischen muslimischen
Arabern und syrischen Christen. Die Christen argumentierten mit
griechisch-christlichem Vokabular einer ausgefeilt-gelehrten Theologie,
ihre Art zu argumentieren fand das Interesse der Araber. Die griechisch-
philosophischen Akademien waren ja vom christlichen Byzanz aus
Griechenland verdrängt worden, auch aus Alexandrien, sie siedelten sich
bei den christlichen Häretikern im Osten an, den Nestorianern in Edessa,
und kamen schließlich im neunten Jahrhundert nach Bagdad. In Bagdad
entwickelte sich im Haus der Weisheit (Bait Al-Hikma) eine rege
Übersetzertätigkeit. Viele Werke griechischer und syrischer Sprache
wurden vor allem von syrischen Christen musterhaft ins Arabische
übersetzt, Schriften des Aristoteles und des Hippokrates. Das Streben nach
Wissen und Weisheit war weit verbreitet. Bald übertrafen die Beiträge der
Muslime zu den Natur- und Geisteswissenschaften das meiste, was sie aus
griechischem, persischem und indischem Erbe übernahmen. Europa
verdankt es zu einem großen Teil den muslimischen Arabern, dass das
antike Kulturerbe weiter tradiert wurde, so dass Europa es später wieder
entdecken konnte, zuerst in der mittelalterlichen Scholastik das Erbe vor
allem des Aristoteles, später, am Beginn der Neuzeit, in der Renaissance,
vor allem den Neuplatonismus, aber auch die Gesamtheit antiker Literatur.
So kam also der Islam in Kontakt mit der griechischen Philosophie. Hier
stellte sich die Frage, wie sich Theologie und Philosophie zueinander
verhalten, wie sich Offenbarung und Wissenschaft zueinander verhalten,
wie sich Glaube und Vernunft zueinander verhalten. War nun die
prophetische Offenbarung des Koran die höchste Offenbarung über Gottes
Wesen oder konnte der Mensch auf philosophischem Wege auch Gottes
absolutes Sein in Wahrheit erkennen? War die heilige Schrift des Koran
der absolute und unfehlbare Maßstab, an dem die griechische Philosophie
von Aristoteles und Platon zu messen war, oder war die philosophische
Geistigkeit ein Weg, die allzumenschliche Redeweise des Koran über Gott
zu übersteigen und zu einem transzendenten Gott der bildlosen Weisheit zu
gelangen? Dieses Problem des Verhältnisses von Glaube und Vernunft,
Offenbarung und Philosophie, stellte sich auch später im Christentum, so
in den mittelalterlichen Auseinandersetzungen über die Frage, ob es zwei
Wahrheiten geben könne, eine philosophische Wahrheit der Wissenschaft
und eine theologische Wahrheit der Heiligen Schrift? Und noch bis in
unsere Zeit ist diese Frage interessant, wie sich Naturwissenschaft und
christlicher Glaube zueinander verhalten, wie die Offenbarung Gottes, wie
Christus Gott offenbart hat, im Verhältnis steht, zu der menschlichen
Weltweisheit der Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft.
In dem Riesenreich des Islam haben die Muslime kaum mit Polytheisten
zu kämpfen, aber sie haben sich auseinanderzusetzen mit den Leuten des
Buchs, den Juden und Christen. Besonders der christliche Glaube an die
Dreieinigkeit Gottes fordert die Muslime heraus, ihr Einheitsbekenntnis
Gottes mit theologischer Vernunft zu begründen. Die frühe islamische
Theologie drehte sich um das Verhältnis der Vorherbestimmung Gottes und
der Selbstbestimmung Gottes. Nun beschäftigt sich die islamische
Theologie mit der Frage des Verhältnisses von Gottes Offenbarung und der
menschlichen Vernunft. Die Theologie wird vor allem in Bagdad und im
Iran getrieben. Es gibt die Traditionalisten, die vor allem die
Haditwissenschaft betreiben, und auf der anderen Seite die Vertreter einer
rationalen Theologie. Auch über das Wesen des Koran begann man zu
diskutieren, ob er geschaffen oder ungeschaffen sei. Besonders in
Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben an die Dreifaltigkeit
Gottes wird besonders die Einheit und Einzigkeit Gottes zu einem
theologisch diskutierten Problem. Die Muslime gingen davon aus, dass die
Gottesvorstellung dem Menschen von Natur aus angeboren sei und dass
der Mensch durch eigenes Erkennen zu der Gewissheit der Existenz Gottes
gelangen könne. Darüber hinaus aber nahmen die Muslime an, dass das
Wesen Gottes ohne prophetische Offenbarung, also den Koran, nicht
vollkommen erkannt werden kann. Nun leiteten die Theologen aus dem
Offenbarungswort des Koran theologische Gottesbeweise ab und eine
Lehre von den Attributen Gottes. Die Traditionalisten und Hadit-Gelehrten
stammten vor allem aus dem Kleinbürgertum und hielten sich an eine sehr
buchstabengetreue Auslegung des Koran und der Hadit-Sprüche. Sie
lassen den Islam als sehr eng erscheinen. Auf der anderen Seite wollen die
rationalen Theologen zwar den Koran nicht durch Vernunftgründe
ersetzen, aber doch den Koran menschlich-vernünftig erklären, also die
Offenbarung rational interpretieren und das muslimische Bekenntnis mit
den Waffen der rationalen Theologie gegenüber Juden und Christen
verteidigen. Diese Schule der rationalen Theologie nennt man Mutazila.
Der erste Vertreter der Mutazila ist Wasil Ibn Ata. Er ist Asket, vertritt eine
gemäßigte innerweltliche Askese und appelliert dabei an die menschliche
Vernunft. Sein Mitstudent Amr Ibn Ubaid war von ihm in einem
Streitgespräch bekehrt worden und vertrat auch die Askese, allerdings eine
strengere Askese. Geld und Luxus verachtet er, vertraut aber auf intensives
Gebet und Pilgerfahrt. Wasil betrachtet in seiner Theologie den Sünder als
einen Menschen, der nicht als Gläubiger ins Paradies eingehe, aber auch
nicht als Ungläubiger in die Hölle, er könne ja zu Lebzeiten noch
umkehren, und schließlich würden im Gericht Gottes die guten Werke
gegen die bösen aufgerechnet. Die unmündigen Kinder kommen im
Todesfall nach seiner Lehre sofort ins Paradies. Amr in seiner Theologie
vertritt eindeutig die Lehre von der freien Selbstbestimmung und
Selbstverantwortung des Menschen vor Gott und ist freigeistig genug,
bestimmte Hadit-Sprüche zu verwerfen, die von einer absoluten
Vorherbestimmung des Menschen durch Gottes Willen sprechen. Auch den
Koran deutet er gemäß der Lehre von dem freien Willen des Menschen.
Die Mutazila-Theologen setzen auf die Vernünftigkeit des Gottesglaubens.
In keiner muslimischen Schule ist die griechische Philosophie so ernsthaft
eingearbeitet worden, wie in der rationalen Theologie der Mutazila. In dem
Gelehrten Dirar Ibn Amr trafen das antiken Denken des Aristoteles und der
muslimische Glaube der Koranauslegung zusammen. Ihren Höhepunkt
erreichte die Mutazila-Schule allerdings in Onkel und Neffe, im Onkel
Abu Al-Hudail und seinem Widerpart und Neffen An-Nazzam. Der Onkel
Abu Al-Hudail hat stärker nachgewirkt, der Neffe war mehr der
Außenseiter, ein Dichter und Sprachkünstler und der Knabenliebe
verfallen. Der Onkel allerdings nahm den griechischen Atomismus der
Physik auf und die griechische Anthropologie, die Einheit der Person aus
Körper und belebendem Geist, und verwandte rationale Methoden zur
Interpretation des Koran und der Hadit-Sprüche. Bei aller Rationalität
gaben die Mutaziliten doch die Grundlage der prophetischen Offenbarung
nicht auf, sie versuchten nur, den Koran mit den Mitteln der menschlichen
Vernunft zu deuten und zu erklären. Auf dieselbe Weise haben auch
Albertus Magnus und Thomas von Aquin ja nicht die Grundlage der Bibel
aufgegeben, als sie versuchten, die Irrlehre von den zwei Wahrheiten der
Philosophie und der Theologie aufzuheben, durch die eine Wahrheit einer
philosophisch gedeuteten Offenbarung, eines vernünftigen Glaubens an
den dreieinigen Gott. Die Mutaziliten schlugen einen Mittelweg ein, sie
grenzten sich ab von den Traditionalisten, die Koran und Hadit
buchstabengetreu und eng interpretierten und auch die menschliche
Redeweise von Gott nicht in Frage stellten, jegliche tiefere Auslegung des
Koran ablehnten, aber sie grenzten sich auch ab von den
Transzendentalisten, die die Unerforschlichkeit und Andersartigkeit Gottes
überscharf betonten und keine menschliche Erkenntnis Gottes zugaben.
Die Lehre der extremen Transzendentalisten geht zurück auf Gahm Ibn
Safwan. Er lebte in Afghanistan, das damals ein Zentrum des
zentralasiatischen Buddhismus war. Gahm hatte Gespräche mit
Sensualisten geführt, die an keine geistige Wirklichkeit und an keinen
persönlichen Gott geglaubt haben. Es waren wahrscheinlich buddhistische
Mönche. Ihnen gegenüber vom persönlichen Gott zu sprechen, war nicht
einfach. Aber vielleicht erklärt der Kontakt mit dem Buddhismus und dazu
der Einfluß des Neuplatonismus, dass Gahm zwar an dem Begriff vom
persönlichen Gott festhält, aber die Lehre von der Transzendenz und
Unerkennbarkeit Gottes noch verschärft. So lehnt er alle göttlichen
Attribute ab und glaubt an eine Gotteserkenntnis auch ohne ausdrückliches
Glaubensbekenntnis. Er glaubt, dass Gott allgegenwärtig ist und alles
bestimmt, auch die guten Werke des Menschen, ja, Gott selbst schafft den
Glauben im Menschen. Auch alles Geschehen in der Natur wird
unmittelbar von Gott gewirkt. Der Mensch ist also ganz und gar Gott
ausgeliefert. Zugleich kann der Gott ganz ausgelieferte Mensch doch Gott
nicht erkennen. Zwar ist Gottes Immanenz allgegenwärtig und
Wirkursache aller Ursache, dennoch bleibt Gott in seiner absoluten
Transzendenz für den Menschen unerkennbar, unergründlich. Obwohl Gott
in allem ist und wirkt, bleibt Gott doch immer das ganz Andre. Gott ist
kein Etwas und kein Ding. Gott ist, wie schon der Koran sagt, mit nichts
vergleichbar. Gott ist Schöpfer jeden Dinges, dessen Sein das Sein jeden
Dinges unendlich übersteigt. Deshalb darf man ihm auch nicht
Eigenschaften eines Dinges zuschreiben. Den Koran versteht er nicht als
Gottes Rede, sondern als des Menschen Rede über Gott. Gott ist
unerkennbar, namenlos und eigenschaftslos. Seine Schüler werden
Entleerer genannt, weil sie das göttliche Wesen aller Eigenschaften
entleeren, wie ja auch im Buddhismus die Leere ein Begriff für die
absolute Wirklichkeit ist. Gott ist der Grenzenlose an Raum und Zeit. An
keinem Ort und zu keiner Zeit ist mehr Gottes Präsenz als zu anderen
Zeiten und an anderen Orten. Die Einheit Gottes ist die Allgegenwart
Gottes, die sich allem Begreifen entzieht. Doch hat sich Gott in der
prophetischen Offenbarung des Koran, die kreatürlich ist, sich selbst zu
erkennen gegeben. Diese Lehre Gahms und der Gahmiten stieß auf
Widerspruch bei den Traditionalisten, die den Koran wörtlich nehmen,
aber auch bei den rationalen Theologen, die folgende Fragen stellten: Wie
kann solch ein Gott in das Schicksal einzelner Völker und Menschen
eingreifen? Wie kann solch ein Gott sich auserwählten Propheten
offenbaren? Wie sollte er eine Heilige Schrift mitteilen? Man befürchtete,
dass nicht allein der Koran in Frage gestellt wird, sondern auch das
Ritualgebet und die Pilgerfahrt nach Mekka, da doch an der Kaaba die
besondere Gottesgegenwart erwartet wurde. Wie sollte die islamische
Theologie Antworten geben auf die Lehre der Entleerer, ohne die Höhe der
Reflexion aufzugeben?
Der schon erwähnte Theologe der Mutazila, Abu Al-Hudail, hielt vorm
sternengläubigen Kalifen von Bagdad eine Rede gegen die Astrologie. Er
war ein Mann mit umfassender philosophischer und theologischer
Bildung. Er setzte sich auseinander mit Christen, Juden, Zoroastriern und
muslimischen Zeitgenossen. Er gilt als der Repräsentant der rationalen
Theologie schlechthin. Über die Ewigkeit lehrte er, alles würde in eine
gleichbleibende Ruhe eingehen. Die Seligen in dem Garten Eden würden
nicht essen und Wein trinken und sich nicht besuchen in den grünen Gärten
des Paradieses und auch nicht mit den Huris schlafen. Aber mit dieser
philosophischen Entmythologisierung des Paradieses machte er sich beim
gläubigen Volk wenig Freunde. Er legte strenge Maßstäbe an die Wahrheit
der Hadit-Sprüche an, sie mussten sehr gut bezeugt sein. Über Gott lehrte
er, man könne Gott zwar nicht mit den Sinnen, aber mit der Vernunft
erkennen. Er war der erste Theologe des Islam, der einen vernünftigen
Gottesbeweis zu erstellen versuchte. Die allzumenschliche Rede von Gott,
von Gottes Hand und entblößter Wade, müssen allegorisch aufgefasst
werden. Aber Gott ist auch nicht ohne Eigenschaften. Gott hat die
Eigenschaft der Allmacht, der Majestät und der Herrlichkeit. Diese
Attribute Gottes sind Ausdrücke der ewigen Vollkommenheit Gottes. Die
Attribute Gottes sind aber nicht von ihm verschieden, sondern sind in ihm,
sie werden von ihm ausgesagt. Gott ist Leben. Gott ist Selbst. Und Gott ist,
wie der Koran sagt, der Allweise, er ist allwissend. Gott ist also die
Weisheit. Er besitzt nicht nur die Weisheit, sondern er ist Weisheit. Aber ist
Gottes Allmacht, die ja Gottes Wesen ist, identisch mit Gottes Weisheit?
Und sind Gottes Allmacht und Gottes Weisheit identisch mit Gottes
Leben? Dies diskutierte er mit einem christlichen Theologen aus Basra,
Ammar Al-Basri. Dieser behauptete, Allmacht Gottes, Weisheit Gottes und
Leben Gottes seien nicht allein Wesenszüge Gottes, Attribute, sondern
göttliche Personen, nämlich die Allmacht sei der Vater, die Weisheit sei der
Sohn und das Leben sei der Heilige Geist, die zwar Eines göttlichen
Wesens sind, aber selbstständig wirkende göttliche Personen. Gottes
Einheit entfalte sich also in den drei göttlichen Personen der göttlichen
Allmacht, der göttlichen Weisheit und des göttlichen Lebens.
Der Streit zwischen den Traditionalisten und den Rationalisten ging weiter.
Da trat der Theologe Abu Al-Hasan Al-Asari auf. Die Legende berichtet, er
habe im Fastenmonat Ramadan drei Träume gehabt, in denen der Prophet
Mohammed ihm befahl, der wahren Lehre anzuhängen, und ihn in der
dritten Vision mahnte, die rationale Theologie deshalb nicht aufzugeben.
Er nahm nach diesen als Bekehrung empfundenen Träumen einen
Standpunkt zwischen Traditionalisten und Rationalisten ein. Er verband
den naiven Glauben der Traditionalisten mit dem aufgeklärten Denken der
Rationalisten. Um den Widerstand der Traditionalisten zu überwinden,
berief er sich auf mehrere Hadit-Sprüche, in denen der Prophet selbst
rational argumentierte. Ja, er verwies auf den Koran, da der Koran selbst
gewissermaßen rational argumentiere, wenn es heißt, dass Gott der Eine
und Allmächtige sei, sei beweisbar aus der Tatsache, dass zwei
Allmächtige sich bei der Erschaffung der Welt behindert hätten. Aber
anders als die Theologen des Rationalismus macht Asari die prophetische
Offenbarung und die Überlieferung der Prophetenworte ganz zur
Grundlage seiner Theologie. Die liberale Theologie der Aufklärung wird
aufgehoben in einer philosophischen Offenbarungstheologie. Al-Asari ist
überzeugt von Gottes überwältigender Wirklichkeit. Menschliches Sein
und Wirken sind vollkommen abhängig von Gott. Das abstrakt-
philosophische Gottesbild der Rationalisten wurde nun abgelöst durch das
konkrete Gottesbild des Koran. Die rationale Theologie hatte gesagt, dass
Gottes Antlitz und Gottes Hand nur Ausdrücke sind für Gottes Wesen und
Gottes Gnade. Man könne vom Offenbaren in der Schöpfung auf das
verborgene Geheimnis Gottes schließen mit Schlüssen der Vernunft, aber
sehen könne man Gott nicht, denn Gott ist kein Mensch, Gott ist keine
Kreatur. Asari will das Gottesbild nach den philosophischen Abstraktionen
wieder lebendiger gestalten, so dass man zu einem lebendigen Gott beten
kann. Er spricht von Gottes Weisheit, Gottes Voraussicht, Gottes Wort.
Gott sei voller Erkenntnis, Einsicht und Vernunft. Gott sei auch sprechend.
Gottes Antlitz und Gottes Hand und Gottes Sitzen im Thronstuhl meinen
gewiß nichts Körperlich-Reales, es sind jedoch wirkliche Attribute Gottes,
deren wahre Natur uns verborgen ist. Gott ist der Immer-Bleibende, die
Hilfe, der Edelmütige. In jener Zeit sammelte man die neunundneunzig
schönsten Namen Gottes, die man auf einer Art muslimischem Rosenkranz
anbeten konnte. Das blasse rationale Gottesbild der vernünftigen
Theologie wird ersetzt durch ein lebendiges Gottesbild eines persönlichen
Gottes, der im Gebet anzurufen ist, der mit den schönsten Namen zu
preisen ist, die sein unermesslich erhabenes göttliches Wesen umschreiben.
Schauen aber werden die Seligen das göttliche Wesen erst im Paradies. Im
Paradies wird die Schau der wahren Gottheit Wirklichkeit sein.
9
Wie nach der Zerstörung des Zweiten Tempels von Jerusalem die
Rabbinen den Talmud formulierten und als Rabbi-Gelehrte die Synagogen
leiteten, so wurde nach dem Untergang des Kalifats, also der einheitlichen
Regierung des islamischen Großreiches, der Islam vor allem in den
Ulama-Schulen gelehrt. Die Ulama-Bewegung war die Bewegung der
muslimischen Religionsgelehrten, die zwar keine Priester waren, aber
Gelehrte der Religion und des islamischen Rechts. Die Ulama bildete die
Juristen und die Theologen aus. Es waren organisierte Gemeinschaften, die
aus Lehrern und Schülern bestanden. Es waren keine volksfernen
wissenschaftlichen Akademien, sondern im Volk verwurzelte
Gemeinschaften von Meistern und Jüngern. Sie wurden oft von
Geschäftsleuten und Handwerkern finanziell unterstützt. Diese Schulen
dienten der intellektuellen Kaderbildung, aber sie förderten auch das
Gemeinschaftsgefühl. Das Gemeinschafsgefühl innerhalb einer Schule war
oft stärker als die Bindung an die staatliche Obrigkeit. Die
Theologenschulen basierten ganz auf der persönlichen Beziehung des
Meisters und seiner Jünger. Der Meister war der religiöse Pädagoge. Der
Schüler erhielt nach Abschluß seiner religiösen Studien vom Meister ein
Zeugnis. Die Lehrer machten oft weite Reisen, um Worte des Propheten zu
sammeln. Auch die Schüler reisten oft von einem Lehrer zum andern, um
von möglichst vielen Lehrern zu lernen. Das Studium sollte möglichst
umfassend sein. Die Schulen waren auch international untereinander
verbunden, so entstand ein Netz der weltweiten Kommunikation zwischen
den Religionsgelehrten. Wer zum Beispiel durch Marokko reist, wird dort
Schulen sehen, Madresse, höhere islamische Bildungsstätten. Die
Madrasa, die Schule, war zugleich Moschee mit einer Gebetsnische in
Richtung Mekka, Bibliothek der Gelehrsamkeit und Wohnhaus für Meister
und Jünger. Es fanden sich Ende des zwölften Jahrhunderts viele Schulen
in Bagdad, Damaskus und Granada. Die Architektur der Madrasa ist neu.
Der Grundriß ist die Kreuzform. Vier Gebäude gruppieren sich um einen
quadratischen Innenhof mit Brunnen. Der Haupteingang ist der Apsis einer
christlichen Basilika ähnlich. Die Gebetsnische für den Vorbeter ist nach
Mekka ausgerichtet und mit Ornamenten und Koranversen geschmückt. In
den Gebäuden befinden sich Wohnräume, Küche, Bad, Bibliothek. Oft war
auch das Mausoleum des Stifters mit in der Schule. Die Madrasa war
Moschee und Lehrhaus in einem, religiöses Seminar und Wohnhaus. Der
Lehrer und seine Schüler erhalten kostenlos Unterkunft und Trank und
Speise. Finanziert ward die Madrasa durch eine Stiftung. Die Schüler
hatten so ein gesichertes Einkommen. Sie waren keine Gottgeweihten,
bildeten aber doch einen eigenen Stand in der muslimischen Gemeinschaft,
nicht unähnlich dem christlichen Weltklerus. Die Schüler sollten vor allem
die Heilige Schrift des Koran möglichst auswendig kennen. Sie lernten
islamisches Recht verschiedener Schulen, Theologie, Geschichte und
Sprachwissenschaften. Nicht gelehrt wurden die nichtislamischen
Wissenschaften wie Philosophie, Naturwissenschaften und okkulte
Geheimwissenschaften. In den Fächern, in denen der Schüler vom Lehrer
geprüft worden war, wofür er ein Zeugnis erhielt, durfte der Schüler selbst
später lehren.
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Vom zehnten bis zum vierzehnten Jahrhundert war die Zeit des mystischen
Islam, die Zeit des Sufismus. Ein Sufi ist ein Mystiker. Was ist ein
Mystiker? Das Wort mystisch kommt vom griechischen myein und
bedeutet, Mund und Augen zu verschließen. Es bedeutet eine Religiosität
als Mysterium, ein geheimnisvolles Erleben Gottes. Vor profanen
Menschen muß der Mystiker den Mund verschließen. Der Mystiker muß
Augen und Ohren verschließen und das Heil im Innern der Seele suchen,
in der unmittelbaren Erfahrung des Einsseins mit Gott. Der Mystiker mag
nun die innere Gottheit Weisheit (Sophia) oder Liebe nennen. Das
arabische Wort für Mystik, Tasauwuf, bedeutet: Sich in Wolle kleiden. So
geht auch das Wort Sufi auf das Wort Suf, das heißt, Wolle, zurück.
Manche meinen, dass in das Wort Sufi das griechische Wort Sophos, das
heißt Weiser, hineinspielt. Zuerst fielen die Sufis durch ihre Wollkutte auf,
wie sie schon sehr viel früher für die christlichen Asketen das Büßerkleid
darstellte. Die Sufis erscheinen allerdings im Islam erst ab dem achten
Jahrhundert. In den Sufismus fließen christliche Einflüsse von syrischen
Mönchen und Eremiten, neuplatonmische Einflüsse aus der „Theologie
des Aristoteles“, die von Plotin stammt, zum teil auch indische Einflüsse
über buddhistische Meditationstechniken, und zuletzt in geringem Maße
turkestanische, schamanistische Einflüsse. Die eigentlich original
islamischen Wurzeln des Sufismus liegen im islamischen Asketentum.
Darum heißen die Sufis auch die Armen Gottes, das heißt, Fakir oder
Derwisch. Die Asketen waren noch nicht Mystiker, die inneres Einswerden
mit Gott anstrebten, sondern sie waren Asketen, die die Welt flohen, ihren
Luxus und ihr Geld, und sich vor Gottes Gericht als Büßer in Gottes Arme
warfen. In Trauer und Gottesfurcht meditierten sie die Worte des Koran
über das Gericht Gottes. Darum nannte man sie auch die Immerfort-
Weinenden! Anders als laue Durchschnittsgläubige hielten sie sich eng an
das Wort Gottes und versuchten, dem Propheten gleich zu werden und die
Gebote Gottes genau zu befolgen, anders als die Lauen und
Oberflächlichen. Mystik ist aber mehr als Gottesfurcht und büßende
Askese. Mystik ist das Streben nach unmittelbarer Erfahrung Gottes, nach
innerer Erfahrung des göttlichen Wesens. Und solche Mystiker treten im
Islam etwa ab dem zehnten Jahrhundert auf.
11
Für die frühen Asketen, die Immerfort-Weinenden, war Abkehr von der
Welt verbunden mit einer radikalen Weltflucht. In der klassischen
islamischen Mystik wurde auch Abkehr von der Welt gelehrt, aber nicht
Weltflucht, sondern innere Distanz zu den Wegen der Welt, innere Freiheit
von der Welt, geistige Freiheit inmitten der Gesellschaft. Im Sufismus ist
die Askese nur eine der Stationen des mystischen Weges. Wichtig ist den
Sufis die Einkehr nach Innen und das unmittelbare Einswerden mit Gott.
Freunde Gottes wollen sie sein. Der mystische Weg ist ein ordentlicher
Weg über Stufen, die bei der Läuterung beginnen, über die versunkene
Kontemplation führen, bis sie schließlich die Ekstase erreichen, bei der der
Mensch sein Ich mit dem Ich der Gottheit vereint. Auf diesem Weg gibt es
verschiedene Übungen der Versenkung. Das ist zum einen das
immerwährende Gedenken Gottes und die Anrufung der schönsten Namen
Gottes, wozu der muslimische Rosenkranz verwandt wird. Es ist ein ganz
einfaches Gebet, das gerade durch seine Einfachheit und seine
Meditationstechnik zur Ekstase führen kann. Dazu kommt auch das
Lauschen auf Poesie, wobei der Liebespoesie ein mystischer Sinn der
Gottesliebe gegeben wird. Ebenso wird das Hören von Liedern der Liebe
zu einer mystischen Erhebung zur Gottesliebe. Auch der Tanz wird als ein
Tanzen vor Gott angewandt. Man denke an das Tanzen Davids vor der
Bundeslade oder an das Tanzen bei dem Derwischorden des Dichter-
Mystikers Rumi, die noch auf dem Grabe tanzten, da sie an die
Auferstehung und das Paradies glaubten. Der Sufi nimmt sich die
Heiligkeit des Propheten zum Vorbild, seine Freundlichkeit, sein Mitleid
und seine Barmherzigkeit. Er gilt als das Muster der Sufis, der die Einheit
mit Gott erreicht hatte. Der mystische Pfad löst sich los vom islamischen
Gesetz der Scharia und geht innere Wege in geistiger Freiheit zur
unmittelbaren Erfahrung der Wahrheit Gottes. Die Sufis lehnten die
rationale Philosophie ab, die da meinte, auf den Wegen des menschlichen
Verstandes zu Gott zu gelangen. Theologie betrieben die Sufis als
Theologie der Innenschau, der Betrachtung Gottes im Innern der Seele,
und als eine Koranbetrachtung, die den mystischen Sinn der prophetischen
Worte meditiert. Ihre Schriften heißen Wissenschaft vom Innern oder
Lehre von den Werken des Herzens. Die Sufis, die sich als Freunde Gottes
verstanden, sahen sich in Übereinstimmung mit dem Geist des Koran. Sie
fühlten sich von den prophetischen Worten der Offenbarung zum
mystischen Weg nach innen geführt. Heißt es doch im Koran, dass Gott
dem Menschen näher ist als seine eigene Halsschlagader. Gewiß, die
Blicke des Menschen erreichen Gott nicht, heißt es, aber auch: Wohin ihr
euch wendet, da habt ihr Gottes Antlitz vor euch. Gott hat Zeichen seiner
Allmacht, Weisheit und Liebe in die Natur gepflanzt, aber auch in die
Seele des Menschen. Die Sufis berufen sich auf den Ur-Vertrag Gottes mit
den Menschen. Als die Menschheit aus Adam erschaffen ward, sprach Gott
zu den Menschen: Bin ich nicht euer Gott und Herr? Und die Menschen
aus Adam sprachen: Ja, wir sind deine Zeugen. Die Menschen dieses Ur-
Bundes, die Söhne Adams, das sind die Sufis, die Freunde Gottes. Die
Sufis lesen den Koran auch mit den Augen des Herzens. Die Asketen lasen
mit Furcht und Zittern die strengen Worte von Gottes Gericht. Die
Mystiker meditieren vor allem die Worte über die göttliche Liebe: Er liebt
sie, und sie lieben ihn, heißt es im Koran. Darum ist Sufismus
Liebesmystik. Gerade diese Liebe, die sich der Sprache der irdischen
Liebe und der irdischen Trunkenheit bedient, gerade diese glühende Liebe
unterscheidet die Sufis von den Asketen. Nicht die Trauer des Verzichts
kennzeichnet den Sufi, sondern die Wonne der Vereinigung mit dem
Herzen der göttlichen Liebe! Sie finden diese Freude der göttlichen Liebe
selbst dann im Herzen, wenn die Zeit des schweren Kummers kommt, wie
Rumi sagte, der Dichter-Mystiker. Das Ideal der Gottesliebe aber
formulierte eine Frau, Rabia Al-Adawiya, die die wahre Liebe eine Liebe
nannte, die sich nicht vor der Hölle fürchtet, die nicht die Belohnung im
Paradies erstrebt, sondern die Liebe um der Liebe selbst willen ist, die Gott
liebt, weil Gott die Liebe ist, und die göttliche Liebe allein deshalb liebt,
weil die göttliche Liebe liebenswert und liebenswürdig ist!
12
Die islamische Mystik war eine Mystik auf dem Boden einer
prophetischen Offenbarungsreligion an den einen Schöpfer und Gott. Sie
unterschied sich von der indischen All-Einheits-Mystik, die von der
wesensmäßigen Identität des menschlichen Geistes mit dem göttlichen
Geist ausging. In der prophetischen Religion steht das Geschöpf vor dem
Antlitz des Schöpfers. Die Beziehung des Geschöpfs zum Schöpfer ist
geprägt von absolutem Vertrauen. Dieses absolute Vertrauen oder der
Glaube gilt dem Schöpfer allein, es kann in dieser Absolutheit keinem
Geschöpf entgegengebracht werden. Dieser Glaube, dieses Vertrauen ist
Hingabe an den einzigen Gott, der in seiner Einzigkeit auch einzigartig ist,
dem allein die ganze Hingabe gebührt, der keine Beigesellung eines
Geschöpfes duldet. Gottes Macht und Weisheit und Barmherzigkeit, diese
drei, sind allesumfassend und allesbewirkend. Persische Mystiker haben
solch ein Gottvertrauen in die universelle Barmherzigkeit Gottes, dass sie
sogar von der Allvergebung der göttlichen Barmherzigkeit sprechen, wie
Yahja Ibn Muad Ar-Razi es tut. Das unbedingte Vertrauen in die Allmacht
der Vorsehung Gottes konnte auch zu passiver menschlicher Haltung
führen. Die Entsagung allem weltlichem Dasein gegenüber würde aber die
menschliche Zivilisation zerstören. Nicht entscheidend ist die äußere
Entsagung allen weltlichen Tuns, sondern das innere Gottvertrauen, die
innere, intuitive Erkenntnis Gottes, wie sie der Nubier Dun-Nun lehrte. In
der irakischen Schule der Mystik entwickelte vor allem Al-Muhasibi eine
feine Seelenkunde, wobei es nicht allein um die Lehre vom Menschen
ging, sondern auch um die Läuterung der Seele, die Purgierung des inneren
Menschen. Doch auch Muhasibi ist mehr noch Asket als Mystiker,
dennoch gilt er als eine Art Kirchenvater des Sufismus. Gott schon auf
Erden zu schauen, davon redet Muhasibi mehr wie ein nüchterner
Theologe als wie ein glühender Mystiker. Er lehrt die Askese als Mittel der
Purgierung der Seele, damit das Herz rein wird, denn, wie Jesus sagte, nur
die reinen Herzens sind, werden Gott schauen. Das eigentliche Haupt der
irakischen Mystik ist aber Abi Al-Qasim Al-Gunaid. Auf ihn führen sich
alle späteren Bruderschaften der Sufis zurück. Er ist ein scharfsinniger
Denker von großem Ernst, ganz erfüllt von dem Gedanken der Majestät
Gottes. Er lehrte auch den langen Weg der Purgierung des Herzens, den
der Mystiker zu gehen hat. Vor allem lehrte er die Rückbesinnung auf den
Ur-Bund Gottes mit der Menschheit in Adam. Alle Menschen sind berufen,
zu Gott umzukehren und Gottes Namen zu preisen. Durch die
verschiedenen Stufen der Purgierung des Herzens geht der Mensch in das
Feuer der göttlichen Liebe ein, der mystischen Liebe zu Gott. Wer in der
mystischen Liebe brennt, reflektiert nicht mehr in philosophischer oder
theologischer Theorie über Gott, sondern wird hineinverwandelt in das
brennende Herz der göttlichen Liebe. Der Mystiker erkennt in seinem
Denken und Beten, dass er als Geschöpf in Zeit und Raum kein wahres
Sein hat, dass sein wahres Sein allein in Gott, dem ewigen Sein in Person,
zu finden und zu begründen ist. Dennoch bleibt Gunaid ein nüchterner
Mystiker, der nichts von mystischem Rausch hält, sondern zu einer
zweiten Nüchternheit gelangen will, jener heiligen Nüchternheit des
Geistes, jener nüchternen Trunkenheit des Geistes. Denn nicht das
ekstatische Entwerden des Menschen in Gott ist das höchste Ziel der
Mystik, sondern dass der Mensch sich verwandelt von Gott
zurückempfängt, dass der Mensch nicht in Gott sich auflöst wie im
Buddhismus, sondern dass der Mensch erst wahrhaft Mensch wird, wenn
er dauerhaft in Gott bleibt, wenn er sich von Gott verwandelt
zurückempfängt und ein wahrer Mensch in Gott geworden ist. Dann
beginnt gewissermaßen das göttliche Leben des Menschen. Das ist
verwandt der orthodox-christlichen Mystik der Vergöttlichung des
Menschen durch die Gnade Gottes. Im Gegensatz zur bloßen Askese ist
diese Sufi-Mystik eine Mystik der Liebe, im Gegensatz zur bloßen
Erkenntnis-Mystik der Gnosis ist diese Sufi-Mystik eine Mystik des
Glaubens an Gott, im Gegensatz zur indischen Mystik der Einheit von
Gottesgeist und Menschengeist, ist diese Sufi-Mystik ein Mystik der
Einswerdung des Geschöpfes mit dem persönlichen Schöpfer-Gott. Es geht
den Sufi-Mystikern nicht um ein gefühlsmäßiges Verschmelzen mit einer
als göttlichen gedachten Natur oder einem vergöttlichten Kosmos.
Vielmehr gehen sie den langen Weg der Purgierung des Herzens, wobei die
Mitarbeit des Menschen viele Stationen durchschreitet und die Gnade
Gottes viele gnadenhafte Zustände schenkt, damit letztendlich das Herz
rein wird und das reine Herz Gott schaut oder anders gesagt, die Einheit
mit Gott, dem Urgrund allen Seins, erfahren wird. Da wird Gott erfahren
als unaussprechlicher Urgrund, als alleinige Wirklichkeit, als das
Ewigseiende, als das Wesen aller Wesen, als Anfang und Ziel der
Schöpfung, als allesbestimmende Vorsehung, als allesdurchdringende
Liebe, eine göttliche Liebe, vor deren Schönheit und Glut der Mensch nur
noch lallen kann. Alle theologischen Begriffe versagen, alles Gottesbilder
stürzen zusammen, und ergriffen vor der höchsten Wirklichkeit der
unerschöpflichen göttlichen Liebe kann der Mensch nur noch erschüttert
stammeln, ja, letztlich nur noch ehrfürchtig-andächtig schweigen! Wer
aber in tiefer Anbetung schweigend anbetet die göttliche Liebe, der wird
von der göttlichen Liebe verwandelt und als ein Mensch-in-Gott wieder in
die Welt gesandt, um das Feuer der göttlichen Liebe in die Welt zu tragen.
Der wahre Mystiker macht nicht sein Ich zum Gott, macht auch nicht
Natur und Kosmos zum Gott, sondern begegnet dem persönlichen Gott,
dem wahren lebendigen Gott der Allmacht, Weisheit und Liebe. Wer so
dem persönlichen Herrn als eine menschliche Person begegnet, der wird
durch die Gnade Gottes zur Gemeinschaft mit dem Herrn geführt und
schließlich zu einem Einswerden mit dem Herrn, um dann eins mit dem
Herrn mitten in der Welt ein gottmenschliches Leben zu leben.
13
Der umstrittenste aller Sufi-Mystiker ist der große Al-Husain Ibn Mansur
Al-Hallag. Er wuchs in der Nähe von Bagdad und im Iran auf und war eine
Zeitlang Jünger des großen Gunaid. Er machte die Pilgerfahrt nach Mekka
und blieb ein Jahr in strenger Askese in Mekka. Nach seiner Rückkehr
klopfte er an die Türe Ganaids. Ganaid sprach: Wer ist da? Der Mystiker
sprach: Ich bin der Wahre! Der Wahre, das ist aber der Herr. Kein Wort
eines Sufi-Mystiker ist so umstritten wie dieses Wort: Ich bin der Wahre
(Ana Al-Hagg). Gunaid wandte sich daraufhin von seinem Jünger ab. Al-
Hallag war inzwischen auch aufgefallen durch Kritik am traditionellen
Islam und auch an dem gängigen Sufismus. Al-Hallag kommt in Bagdad in
Bedrängnis, er wird ein Wanderer, kommt ein zweites Mal nach Mekka,
inzwischen mit vierhundert Jüngern. Dann reist er nach Indien, dort Gottes
Liebe zu predigen. Die Orthodoxen des Islam werfen ihm aber vor, er habe
in Indien nur die Magie gelernt. Dann reist er nach Turkestan und nimmt
Kontakt mit den Schiiten auf, die den Sohn der Mohammedtochter Fatima
als Heiligen und Märtyrer verehren. Dadurch wird Al-Hallag erneut den
Orthodoxen verdächtig. Erneut begibt sich Al-Hallag auf Wanderschaft
und hält sich zwei weitere Jahre in Mekka auf, dann kehrt er nach Bagdad
zurück. Er ist ein bekannter Prediger der göttlichen Liebe. Er wird aber
von der islamischen Orthodoxie verhaftet, drei Tage an den Pranger
gestellt, jahrelang eingekerkert und schließlich hingerichtet. Dies geschah
genau im Jahre 300 der muslimischen Zeitrechnung. Noch in Fesseln auf
dem Weg zur Hinrichtung tanzte Al-Hallag und sprach als letztes vor
seinem Martyrium: Es ist genug für den Liebenden, dass er den Einen
einzig gemacht hat! Das bedeutet: Der Liebende hat sich auf dem Weg der
mystischen Liebe selbst vernichtet, dass allein Gott der Geliebte ist! Der
Liebende wird mit abgeschnittenen Händen und Füßen gehängt. Ein Grab
wird ihm von der islamischen Orthodoxie nicht gegönnt. Sein Leib wird
verbrannt und seine Asche in den Tigris gestreut. Nur wenige Worte sind
vom Meister erhalten, Reimprosa zu Ehren der Einheit Gottes, Gebete und
Gedichte. Aus Liebe zu Gott hat der Liebende nach dem Tod verlangt, er
war der von ihm besungene Falter, der sich der Flamme der göttliche Liebe
nahte und darin verbrannte, um sich mit der Wirklichkeit der Wirklichkeit
zu vereinen! Die persischen Dichter verehren den Märtyrer der mystischen
Gottesliebe, die begeisterten Sufis nehmen ihn zum großen Vorbild. Aber
die islamische Orthodoxie erklärt ihn zu einem Erzketzer. Er starb den Tod
aus Liebe zu Gott, wie Jesus, er war ein Märtyrer der göttlichen Liebe, wie
Jesus, er wurde zu den Verbrechern gezählt, gekreuzigt und als
Gotteslästerer von der Kirche und vom Staat ermordet, wie Jesus.
Gemäßigte Mystiker wandten sich von dem Märtyrer der göttlichen Liebe
ab, weil er die große und erhabene Weisheit der Liebe durch Leiden lehrte!
Der Islam wandte sich von dem Heiligen ab, weil er für Gottes Liebe nicht
das zurückhaltende Wort Hubb benutzte, sondern das sinnliche Wort Isq.
Griechisch gesprochen: Wenn die Apostel sagen im Evangelium: Gott ist
Agape (selbstlose Liebe), so sagt der Mystiker: Gott ist Eros
(leidenschaftliche Liebe). Römisch gesprochen: Wenn der Papst sagt: Deus
Caritas es (Gott ist selbstlose Liebe), so sagt der Mystiker: Deus Amor est
(Gott ist leidenschaftliche Liebe)! Besonders umstritten ist der Mystiker
für den Satz: Ich bin Gott! Paulus schrieb im Neuen Testament: Nun lebe
nicht mehr ich, sondern Christus in mir! Augustinus lehrte: Der gläubige
Mensch soll nicht ein Christ sein, sondern ein zweiter Christus! Die
mystische Erfahrung des Einsseins mit dem Herrn, des Aufgehens in dem
Herrn und des Lebens des Herrn im Menschen drückt sich in dem heilig-
unvernünftigen Wort des Weisen aus: Ich bin der Herr! So sagte ein
Dichter zum Herrn: Wer bist du? Und der Herr sprach: Ich bin du und du
bist ich! Wer so erfüllt ist von der göttlichen Liebe, von dem Herrn, der
Eros ist, der schaut und schmeckt in allem nichts als Gott. So sagte der
Mystiker: Keinen Tropfen trink ich dürstend, ohne dass ich dein Antlitz im
Becher finde! Wer so eins geworden ist mit der göttlichen Liebe, mit Gott
dem Geliebten, der Eros ist, dem ist Gott die einzige Wirklichkeit, dem ist
Gott sein Ein-und-Alles! Das ist das Einheitsbekenntnis der Liebe.
ZWEITES KAPITEL
DRITTES KAPITEL
VIERTES KAPITEL
In dem über den ersten, biblischen Teil des Ave-Maria meditiert wird
„Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade! Der Herr ist mit dir!“ - „Du bist
gebenedeit unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes,
Jesus!“
Was heißt das?
Gegrüßet seist du! So grüßt der Erzengel Gabriel als Bote des dreifaltigen
Gottes die Jungfrau Maria in Nazareth. Gabriel heißt: Kraft Gottes. Was
heißt: Gegrüßet? Ein evangelischer Bruder sagte mir, die ursprüngliche
Bedeutung des Wortes grüßen sei: segnen. So heiße der Gruß: Grüß Gott,
eigentlich: Grüß dich Gott, also: Gott segne dich. Dann grüßt der Engel
Gabriel die Jungfrau also: Gott segne dich! Jeder eigentliche Gruß ist ein
Segenswunsch, so sollte es sein. Man wünscht sich einen guten Tag, einen
schönen Tag. Aber wie grüßt der Engel im Evangelium? Es steht
geschrieben: Chaire! Das Wort Chaire hängt mit Charis zusammen, das
heißt Gnade, das heißt aber auch Freude, Huld, Schönheit. Hier hieße der
Gruß also: Freue dich! Oder auch: Schönes wünsch ich dir! So sagen die
Niederdeutschen: Moin, Moin! Das heißt Moien dag, schönen Tag! Moi
heißt schön. Moin moin, heißt: Schönes, Schönes! Also, wäre Maria nicht
in Nazareth gegrüßt worden, hätte der Engel zu einer friesischen Magd
Marie den Gruß gebracht, so hätte er wohl gesagt: Moin Moin Marie!
Freue dich! Schönen Tag! Ich segne dich mit Freude und Schönheit! Dies
Freue-dich hat zu einer Poesie in der Kirche geführt, da in Litaneien Maria
gegrüßt wird mit wiederholtem Freue-dich, und dann werden alle Gründe
aufgezählt, warum Maria sich freuen kann. So sagen ja auch die Engel, die
himmlischen Heerscharen zu den Hirten auf dem Felde bei Bethlehem:
Freuet euch, euch ist großes Heil widerfahren, euch ist heute der Retter
geboren! Dem Freuet-euch der himmlischen Heerscharen an die Hirten
und die ganze Menschheit ging das Freue-dich des Erzenegels Gabriel an
Maria voraus. Weil der Erzengel Gabriel Maria so gegrüßt hat: Freue dich!
und ihr damit die Menschwerdung Gottes angekündigt hat, darum erging
das Freuet-euch an die ganze Menschheit. Maria ist die höchste Vertreterin
der Menschheit, stellvertretend für die ganze Menschheit wurde dem
Menschen Maria die Freude verkündigt. Aber ich will auch bedenken, dass
wahrscheinlich der Engel zu Maria nicht Chaire gesagt hat, den
Segensgruß der Griechen, sondern Schalom, den Segensgruß der Juden,
denn Maria war ja eine Tochter Davids, sie war ja die Tochter Zion.
Schalom heißt nun: Friede! So gibt es im englischsprachigen Raum den
Gruß: Peace! Im Evangelium grüßt Jesus die Seinen so: Friede sei mit
euch! Die Araber kennen den gleichen Gruß: Salam! Schalom heißt aber
nicht allein Friede, sondern auch Heil, Gesundheit, Wohlergehen. Das
Wort Heil im umfassenden Sinne ist vielleicht die treffendste Übersetzung.
So heißt der Gruß des Engels an die Jungfrau in der King-James-Bibel:
Hail Mary! In Deutschland könnte man sagen: Heil Maria! Der schöne
Segensgruß Heil ist in Deutschland befleckt durch den Unheilsgruß, damit
der antichristliche Tyrann der nationalsozialistischen Tyrannei gegrüßt
worden ist. Dieses Heil an den Antichristen war aber eine Nachäffung und
Perversion des wahren Heil. So wird das antichristliche Heil, das
eigentlich Unheil bedeutet, besiegt durch das Heil des Himmels, den
Heilsgruß des Engels Gabriel an die Jungfrau Maria, die Tochter Zion.
Allein das „Heil Maria!“ kann die Seele des deutschen Volkes entsühnen.
Hail Mary! Schalom Mirjam! Und, erlaubt mir zu sagen: Moin Moin
Marie!
Maria! Was heißt: Maria?
Im Evangelium tauchen viele Marien auf, so viele, dass es kaum zu sagen
ist, wie viele es sind, und wer da wer ist. Es scheint, dass der Name Maria
im Evangelium einfach der typische Name für die Braut Christi ist oder für
die Kirche. Maria ist Braut Christi und Typus der Kirche als Braut Christi
und Mutter der Christen und Christinnen. Da sind Maria Magdalena, Maria
Kleophä, Maria die Mutter von Jakobus und Joses, die Andere Maria, die
Schwester der Mutter Maria (die von der seligen Anna Katharina
Emmerich genannt wird mit dem Namen Maria Heli) und Maria von
Bethanien und eben Maria die Mutter Jesu. Der Name Maria, lateinisch,
heißt auf griechisch Mariam, auf hebräisch Mirjam. Über die Bedeutung
des Namens wird viel verschiedenes geschrieben. Mirjam wird erklärt als
Mir: die Erleuchtete, und Jam, das Meer. Daraus leitete sich der
Marientitel Stella Maris, Meeresstern, ab. Maria ist der Stern am Himmel,
der dem Schiff der Kirche über das Meer der irdischen Finsternis den Weg
zum himmlischen Ehehafen Gottes weist. Ich glaube der Kirchenvater und
lateinische Bibelübersetzer Hieronymus war es, der deutete den Namen
Maria oder Mirjam als Stilla Maris, das heißt Meerestropfen. Aus Stilla
Maris wurde dann Stella Maris, Meeresstern. Andere leiten den Namen
Mariam von Mara ab, das heißt, die Bittere. So sagte Noomi: Nennt mich
nicht mehr Noomi, die Liebliche, sondern nennt mich Mara, die Bittere.
Maria ist nun gewiß die Süße und Liebliche, so wird sie ja im Gebet Salve
Regina auch unsre Süßigkeit genannt. Aber sie sprach in ihren Schmerzen:
Nennt mich nicht mehr: Süße! Sondern nennt mich: Bittere, denn ich leide
bittere Schmerzen bei den bitteren Schmerzen meines Sohnes. Ich leide
auch bittere Schmerzen bei allen bitteren Schmerzen meiner Kinder, die in
der Nachfolge Christi mit Christus gekreuzigt werden an Leib und Seele.
Es gab ja auch das bittere Wasser Mara, an dem die Kinder Israel
vorüberzogen, ich glaube, es war Mose, der ein Stück Holz in das bittere
Wasser Mara warf, da wurde es süß und trinkbar. Dieses Holz ist das
Kreuz, es verwandelt die Bitterkeit des Todes in den Genuß der Süßigkeit
des ewigen Lebens in der Glückseligkeit des Paradieses. Maria, die für uns
die Bittere geworden ist, nämlich die mitgekreuzigte Mutter ihres
gekreuzigten Sohnes, wird uns führen zu ihrem Sohne Jesus Christus, der
uns durch sein bitteres Leiden die Süßigkeit der paradiesischen Wonnen
erworben hat. Dort in der süßen Wonne des Paradieses wird Maria für uns
Noomi sein, die Allerlieblichste und Süßeste aller Süßen! Andere leiten
den Namen Mari-am vom Aramäischen ab, wo Mari-am einfach erhabene
Herrin oder erhabene Mutter bedeutet. Sie ist ja die Mutter Christi, und
Christus ist das Haupt, die Kirche aller Christgläubigen ist aber der
mystische Leib Christi. Das Haupt Christus und der mystische Leib
Christi, nämlich die Kirche, bilden den ganzen Christus, Christus totus.
Maria ist die Mutter nicht allein des Hauptes (so etwas wäre ja eine
Missgeburt), sondern die Mutter des Hauptes und des mystischen Leibes,
die Mutter des Christus totus, also Mutter der Kirche, also Mutter aller
getauften, in Wasser und Geist wiedergeborenen und an Christus gläubigen
Gotteskinder. Sie ist Mutter Gottes, nämlich Christi, und Mutter der
Kinder Gottes. Darum ist sie einfach die erhabene Mutter, Mari-Am.
Andere aber sagen, der Name Mirjam bedeute die Beleibte, was aber eine
Umschreibung sei für: Die Schöne. Den sie ist nicht hager wie ein Skelett,
sondern wohlgeformt, gutgebaut, ein Meisterwerk des Heiligen Geistes
und der makellose Spiegel der göttlichen Schönheit. Spiegel der göttlichen
Schönheit nannte sie Papst Johannes Paul der Zweite und die Kirche nennt
sie: Tota pulchra perfectissima, das heißt: Ganz vollkommene Schönheit
oder absolut perfekte Schöne! So beschreiben alle Seher in der Geschichte
der Kirche, die Maria in Visionen gesehen haben, sie als die Schönste aller
Frauen, und wer Maria sieht, nennt ihre Schönheit unbeschreiblich,
unvorstellbar, und wer die Schönheit Mariens anschaut, der sinkt vor
Überwältigung in die Kniee und stammelt Worte des Hohenliedes: Du bist
schön, meine Freundin, allerdinge schön, kein Makel ist an dir! Andere
leiten den Namen Maria vom lateinischen maria ab, das heißt Meere. So
steht es schon in der Schöpfungsgeschichte geschrieben, dass die Taube
des Heiligen Geistes oder die Taube der göttlichen Liebe über den Meeren
(maria) schwebte und brütete gewissermaßen den schönen Kosmos aus. So
schwebte der Heilige Geist der göttlichen Liebe ja auch über der Jungfrau
Maria und brütete im Schoß der Jungfrau Christus aus, den wahren Gott
und wahren Menschen, der eine neue Schöpfung heraufbringt, die erlöste
und mit Gott vereinigte Schöpfung. Maria wird hier verglichen mit dem
Ur-Meer, aus dem die Schöpfung entstand, dem Chaos oder der Ur-
Materie. So nennt Hildegard von Bingen Maria auch die Materie, aus der
Gott die Materie nahm, als der Logos Materie werden wollte, das Wort
Fleisch werden wollte. Schließlich sagen welche, der Name Mirjam
bedeute Geliebte. Das ist gewiß die schönste Deutung, denn Maria ist die
Geliebte Gottes des Vaters, die Geliebte Gottes des Sohnes, die Geliebte
Gottes des Heiligen Geistes. Wieso? Gott der Vater erwählte die Jungfrau
Israel oder Jungfrau Jerusalem oder Tochter Zion zu seiner Braut, ja, zu
seiner Ehefrau, wie es die Propheten beschreiben. Jesaja: Der Herr
Zebaoth ist dein Gemahl! Hesekiel: Da sah ich dich, du warest noch nackt,
da bedeckte ich dich mit meinem Mantel, es war nämlich die Zeit der
Liebe gekommen, und ich schloß einen Bund mit dir, Jungfrau Jerusalem.
Hosea: Ich, spricht der Herr, will mich mit dir verloben, und du wirst den
Herrn erkennen. Aber der Herr spricht durch die Propheten auch vom
Liebeskummer des Herrn, nämlich die Jungfrau, die der Herr Zebaoth sich
zur Braut und Gemahlin erkoren hat, ist zur Ehebrecherin geworden, ja,
zur Hure und hurte andern Göttern nach, sie spreizte die Beine für alle
Baale, die vorüberkamen. Aber in der Jungfrau Maria fand der Herr
Zebaoth die reine Tochter Zion, die zum Herrn sprach: Mir geschehe nach
deinem Wort. Sie sprach damit Ja zu Gott. Sie ist die Ehefrau des Ewigen;
mit der der Vater im Himmel sein Meisterwerk, nämlich das
menschgewordene Wort, zeugte und gebar aus der reinen Jungfrau Maria.
Darum ist Maria die Geliebte des Ewigen, des Herrn, des Vaters im
Himmel. Warum ist Maria aber die Geliebte des Sohnes? Sie ist doch seine
Mutter, wieso nennst du sie dann seine Geliebte? Jesus distanzierte sich ja
bekannterweise von den Ansprüchen der leiblichen Mutterschaft und wies
auf eine andere Mutterschaft hin, die Mutterschaft im Geist und in der
Wahrheit, die Mutterschaft im Glauben, die Mutterschaft der Kirche, die
Mutterschaft der Jüngerschaft: Die ist meine Mutter, die das Wort Gottes
hört und tut. Maria aber hat das Wort Gottes gehört und getan: Mir
geschehe nach deinem Wort, sagte sie. Und Elisabeth sagte: Selig bist du,
weil du geglaubt hast. Maria ist so zur ersten Jüngerin Jesu geworden. Sie
hat ihn als göttliches Kind angebetet, sie war bei der ersten Offenbarung
seiner Herrlichkeit auf der Hochzeit zu Kana: Was er euch sagt, das tut,
sagte sie. Und sie stand unter dem Kreuz, als selbst Petrus Jesus verleugnet
hatte, da stand Maria unter dem Kreuz ihres Herrn und Gottes, da sprach
Christus vom Kreuz: Frau! Denn er nennt sie Frau, weil sie mitleidend mit
den Leiden ihres Sohnes, des Mannes der Schmerzen, zur Frau der
Schmerzen geworden ist. Als Jüngerin Jesu ist sie wie jede Jüngerin Jesu
eine Braut Christi, als mitgekreuzigte mit dem gekreuzigten Herrn ist sie
Frau der Schmerzen geworden und wie eine Karmelitin mystisch vermählt
mit dem Herrn Jesus im Zeichen des Kreuzes, oder wie Katharina von
Siena sagte, die Jüngerin Jungfrau Maria ist dem Herrn Jesus vermählt im
Bett des Kreuzes, nämlich mitgekreuzigt am Kreuz Christi. Wieso ist sie
aber die Geliebte des Heiligen Geistes? Die Kirche nennt sie ja die Braut
des Heiligen Geistes. Denn Gott der Geist, die Kraft Gottes, hat sie
überschattet und in ihr gezeugt den Menschensohn. Damals ist sie wie in
einer mystisch-ehelichen (nicht fleischlich-ehelichen) Vereinigung
mystische Ehefrau des Heiligen Geistes geworden. Maria ist also die
Geliebte des dreieinigen Gottes. Aber sie ist auch meine Geliebte. Meine
Geliebte ist Maria. Sie ist ja die Liebe Frau, sie ist meine Liebe Frau und
meine ewige Geliebte. Sie sagt zu mir: !Ich liebe dich mit einer
besonderen Liebe! Ich liebe dich mit einer brennenden Liebe! Ich liebe
dich mit einer grenzenlosen Liebe! Komm, ich sehne mich nach dir! Ich
lade dich in meinen Schoß ein, ich lade dich ein, dich mit mir zu
vereinigen, um zu lieben!“ So spricht meine Geliebte, meine Liebe Frau
Maria. „As Joseph ut de Schole quam, / he harr der geen Botter, / her harr
der geen Brod, / he legte sein Kopp in Maree hör Schoot. / Maree de har
der en Rockje an, / dar hungen wol tusend Klockjes an, / de Klockjes
füngen an to pingeln, / leeve Engels füngen an to singen!“
Du bist voll der Gnade! Was heißt das?
Martin Luther, das Genie der deutschen Sprache, sagte: Voll der Gnade,
das ist schlechtes Deutsch. Ich empfinde das ebenso und ersetze es durch
das Wort: Gnadenvolle. Luther selbst sagte: Holdselige, denn (so sagte er)
was heißt voll-der-Gnade-sein anderes als holdselig-sein? Aber das
griechische Wort heißt Kecharitomene. In dem ke-chari-tomene steckt das
Wort Charis, das heißt Gnade. Maria ist die Begnadete. Der Engel grüßt
sie: Chaire, Kecharitomene! Er grüßt sie noch nicht einmal mit ihrem
Namen Mariam, sondern ihr Name oder Titel im Munde des Engels ist:
Begnadete! Was heißt Begnadete? Der Engel sagt: Du hast Gnade
gefunden in Gottes Augen. Hier heißt Gnade: Wohlgefallen. Wie die
Stimme vom Himmel über Jesus sagt: Dieser ist mein geliebter Sohn, an
ihm hab ich Wohlgefallen! so sagt der Herr durch seinen Engel: Maria, du
hast Gnade gefunden in meinen Augen, an dir hab ich Wohlgefallen.
Darum wendet der Herr sich Maria zu. Diese Zuwendung, oder auch:
Zuneigung, oder auch: Herabneigung heißt auf altdeutsch: Zu Genaden
gehen. Die Sonne geht zu genaden am Abend, das heißt: Die Sonne neigt
sich herab, die Sonne geht unter. Gnade heißt Zuwendung und
Herabneigung. Die absolute Gottheit, das Sein in Person, die schöpferische
Gottheit neigt sich in Zuwendung, Zuneigung und Herabneigung diesem
Geschöpf Maria zu. Im alten Testament heißt es: Den Demütigen schenkt
der Herr Gnade. Maria war demütig, als sie sagte: Siehe, ich bin die Magd
des Herrn. Aber eigentlich sagte sie nicht: Magd, sondern Sklavin! Es ist,
als sagte die demütige Jungfrau: Ich bin die allergeringste Sklavin des
allmächtigen Gottes! Sie ist ja nicht bäuerliche Magd eines bäuerlichen
Herrn und reichen Gutsbesitzers, sondern die sich selbst vernichtende
Sklavin Gottes! Die Mystikerinnen sagen dasselbe, sie wollen zu einem
„Nichts“ werden, damit Gottes „Alles“ sei. In dieser mystischen
Ganzhingabe an die Kraft und Macht Gottes steht die Demut der Jungfrau.
Sie war die Allerdemütigste, die bei dem Ansinnen, sie solle Gottes Mutter
werden, gewissermaßen sagte: Ich bin ein Nichts vor Gott, eine
allergeringste Sklavin, mir geschehe nach dem Liebeswillen Gottes! Wie
sie auch im Magnifikat sagte: Der Herr hat meine Niedrigkeit angeschaut,
der Herr hat Großes an mir getan. Das ist der neutestamentliche
Kommentar zum alttestamentlichen Psalmvers: Den Demütigen gibt er
Gnade. Maria hat also Gottes Gnade gefunden, Gott ist ihr gnädig. In
diesem Sinne schon ist sie die Begnadete. Aber was ist Gnade? Gnade ist
ein Geschenk Gottes und zwar unverdient durch den Menschen, ein
freiwilliges Geschenk Gottes aus selbstloser Liebe (Agape, Caritas). Was
schenkt Gott aber, wenn er die Gnade schenkt? Gott schenkt sich selbst!
Oder anders gesprochen: Gott der Vater schenkt seinen Sohn in der
Menschwerdung! Gott der Vater schenkt durch Gott den Sohn Gott den
Heiligen Geist in der pfingstlichen Ausgießung des Heiligen Geistes. Gott
der Vater schenkt den Sohn, Gott der Sohn schenkt Gott den Geist. Gott,
mit Einem Wort gesagt, schenkt Gott! Gott schenkt sich selbst! Was
schenkt Gott, wenn er Gnade schenkt? Was heißt Gnade denn? Es heißt
Charis, das heißt Freude, Zuneigung, Wohlwollen, Huld, Schönheit,
Charme, Liebreiz! Dies sind alles Attribute der Liebe. Das weiß jeder
Liebende auf Erden, das der geliebte Mensch, mit den Augen der Liebe
betrachtet, voll Schönheit, Anmut, Charme, Liebreiz, Freude, Dank und
Huld ist. Es sind die Erscheinungsweisen der Liebe, es sind die
Offenbarungen der unbeschreiblichen Liebe. Gott schenkt also, in dem er
Gnade schenkt, die göttliche Liebe selbst, denn Gott schenkt Gott, und
Gott ist Liebe. Inwiefern ist Maria nun die voll der Gnade, die Begnadete?
Sie hat ja in einzigartiger und herausgehobener Weise Gott selbst
empfangen, in dem Gott in ihrem jungfräulichen Mutterschoß Mensch
geworden ist. Sie hat als Jungfrau Gott empfangen und als Mutter Gott
geboren. Sie ist als Jungfrau zur Gottesgebärerin und Gottesmutter
geworden. In diesem einzigartigen und unvergleichlichen Sinne, indem
Jesus Christus die Gnade Gottes ist, und Maria die Mutter Jesu Christi, das
heißt, wie die Kirche sie nennt, die Mutter der Gnade, in diesem
einzigartigen Sinn ist sie die Begnadete, Gnadenvolle, voll der Gnade.
Mehr noch: Maria hat diese Gnade nicht für sich allein empfangen, in
einem individualistischen Heilsegoismus diese Gnade allein zu ihrem
persönlichen Seelenheil genossen, sondern hat für die Menschheit Ja
gesagt zu Gottes Plan, Mensch zu werden in ihrem Schoß, stellvertretend
für die Menschheit hat sie Ja gesagt zu Gottes Plan der Inkarnation des
Erlösers, indem sie sagte: Ja, mir geschehe nach deinem Wort, dein Wille
geschehe. Maria hat für die ganze Menschheit Ja gesagt zu dem Plan
Gottes, dass sich die Gottheit mit der Menschheit in einem Gottmenschen
vereinigt, und so hat sie diese Gnade der Gottesgeburt in ihrem
jungfräulichen Mutterschoß nicht allein für sich erhalten, sondern zum
Heil für alle. In diesem Sinn hat Maria die Gnade Gottes als einzigartig
Begnadete empfangen und ist als Gebärerin Christi zur Ausspenderin und
Mittlerin der Gnade geworden. Die Kirche sagt nun, dass dieser Vorzug
Mariens, als Mutter der Gnade zur Mittlerin der Gnade geworden zu sein
für alle Zeiten bleibt, so dass wir immer von Maria nichts anderes
empfangen als Gnade, nämlich ihren Sohn Jesus Christus, den Sohn
Gottes, die Gnade. So schenkt uns Gott seine Gnade in Jesus Christus
durch Maria. So ist Maria die Mittlerin zu Christus und Christus der
Mittler zu Gott. So ist Gott zu den Menschen gekommen, so sollen die
Menschen zu Gott kommen: Durch Maria zu Jesus, in Jesus zu Gott!
Der Herr ist mit dir! – Wer ist der Herr? Es heißt: „Heilig, heilig, heilig ist
der Herr der himmlischen Scharen!“ Der Herr ist also dreimal heilig. Es
heißt: „Herr, Herr, Gott! Barmherzig, gnädig, langmütig, von großer
Geduld und Treue!“ Der Herr ist also die Allerheiligste Dreifaltigkeit, die
Eine Göttliche Natur in drei Personen, dem Schöpfer, dem Erlöser, dem
Tröster. In der mittelalterlichen scholastischen Philosophie wird die erste
Person der Gottheit Allmacht genannt, die zweite Person ist die göttliche
Weisheit und die dritte Person ist die göttliche Liebe. Aber die erste Person
der Gottheit, der unergründliche Urgrund allen Seins, wird von Dionysios
Areopagita auch Urgottheit oder auch Urschönheit genannt. Das ist auch
meine Vision der allerheiligsten Dreifaltigkeit: Die Eine göttliche Natur in
den drei Personen der göttlichen Schönheit, der göttlichen Liebe und der
göttlichen Weisheit! Was heißt nun: Der Herr ist mit dir, Maria? Die
göttliche Schönheit ist mit Maria, weil sie Kecharitomene ist, die mit
Charis begabte, die mit „Liebreiz Übergossene“, weil sie „Spiegel der
göttlichen Schönheit“ ist, weil sie Tota Pulchra Perfectissima, die ganz
vollkommene Schöne ist, weil sie Meisterwerk des Schöpfers ist! Maria ist
makelloser Spiegel der göttlichen Schönheit, darum ist sie als Unbefleckte
die Schönste aller Frauen, mehr gesegnet als alle anderen Frauen! Maria ist
auch die Mutter der göttlichen Weisheit, und die Wohnung der göttlichen
Weisheit. Denn sie ist die Mutter der fleischgewordenen göttlichen
Weisheit. Aber sie ist auch der Weisheit gleichgestaltet. So legt die Liturgie
der Kirche die prophetischen Texte der Frau Weisheit immer auch auf
Maria aus. Maria ist also Mutter der Weisheit, aber sie ist auch der Frau
Weisheit ganz gleichgestaltet. Maria ist aber auch die Braut des Heiligen
Geistes; das heißt, der göttlichen Lliebe. Sie ist die Mutter der schönen
Liebe, sie ist die Königin der Liebe (Regina dell’Amore), sie ist die Mutter
der Liebe für alle Menschen. Sie ist gewissermaßen die Mittlerin der Liebe
Gottes, die Vermittlerin der Gnaden des Heiligen Geistes, die Mittlerin der
göttlichen Liebe oder: Maria ist das Sakrament der Mutterliebe Gottes, sie
ist das Sakrament der göttlichen Liebe, unserer himmlischen Mutter. So
lässt sich am Wesen Marias das Wesen der dreifaltigen Gottheit ablesen
wie in einem unbefleckten Spiegel: Maria spiegelt als unbefleckter Spiegel
der göttlichen Schönheit die Urgottheit der Urschönheit, Maria spiegelt als
der Frau Weisheit gleichgestaltete Mutter der göttlichen Weisheit die
Gottheit der Frau Weisheit, Maria spiegelt als Sakrament der Mutterliebe
Gottes und Königin der Liebe die Mutterliebe der göttlichen Liebe. So ist
Maria, mit Einem Wort, ein makelloser Spiegel der Allerheiligsten
Dreifaltigkeit, oder: Ein unbefleckter Spiegel der Einen Göttlichen Natur!
Der Herr ist wahrlich mit Maria!
Du bist gebenedeit unter den Frauen! (Früher hieß es: Du bist gebenedeit
unter den Weibern.) In der katholischen Bibel heißt es: Du bist mehr
gesegnet als alle anderen Frauen! So preist Elisabeth voller Bewunderung
die Jungfrau Maria, die Mutter ihres Herrn. Es kann einen die Schönheit
Mariens auch hinreißen, zu sagen statt: Du bist mehr gesegnet als alle
anderen Frauen: Du bist mehr gesegnet als alle Frauen! So erhebt man
Maria über den Kreis der Frauen, denn, wo Nietzsche den Übermenschen
suchte, da finden wir in Maria die Überfrau, das wahre Superweib! Denn
Maria ist die auserwählte Frau, auserwählt von Gott, Mutter des Sohnes
Gottes zu sein! Maria hat allein die Gnade bei Gott gefunden, Mutter
Gottes werden zu dürfen. Der Jubelruf an die Frau der Auserwählung
findet sich im Alten Testament an zwei Stellen, nämlich bei Jael und bei
Judith. So wie die prophetischen Vorbilder des Messias, wie der
Menschensohn und der Gottesknecht, der Sohn Davids und Adam, vom
Evangelium als Prophezeiungen Jesu Christi gedeutet werden, so müssen
die Preisungen der Jael und der Judith als Prophezeiungen auf die Jungfrau
der Offenbarung bezogen werden. Wie es im Protoevangelium schon in der
Genesis heißt: Das Weib wird der Schlange den Schädel zertreten (so in
der Vulgata), so sind auch die prophetischen Frauengestalten Jael und
Judith Prophezeiungen auf Maria, die neue Eva, die Schlangenzertreterin,
die apokalyptische Frau und Siegerin über den Satan. Als nämlich die
Stämme Israels unter Führung Deborahs und Balaks gegen die Feinde
Israels unter deren Heerführer Sisera in den Kampf zogen und selbst die
Sterne in ihren Bahnen mitkämpften, da war es schließlich Jael, die den
Sieg über Sisera errang. Er trat in ihr Zelt und suchte Unterschlupf, sie
empfing ihn, er bat sie um Wasser, sie reichte ihm Dickmilch, er legte sich
schlafen, sie nahm den Pflock und den Hammer und trieb ihn durch seine
Schläfe und er starb zu ihren Füßen. Dies ist gewiß nicht ein historischer
Kampf der Vorzeit, sondern ein Kampf des Himmels gegen die Mächte der
Unterwelt, ein Kampf des Gottesvolkes gegen die Welt der Dämonen,
wobei Sisera als der Hauptmann der dämonischen Heere den Satan
verkörpert, Jael aber (Jahwe ist Gott! das sagt ihr Name) verkörpert die
Jungfrau Maria, die der Schlange den Schädel zertrümmert als die neue
Eva. Darum ist Jael gesegnet unter den Frauen in den Zelten Israels!
Ebenso Judith, ihr Name ist die weibliche Form von Juda, sie ist Die Jüdin
schlechthin, das heißt, sie ist die Tochter Zion, sie ist das himmlische
Jerusalem, sie ist der Inbegriff des auserwählten Volkes Gottes, das heißt,
im Geist des Evangeliums gesprochen, sie ist das Urbild der Kirche, also
die Jungfrau Maria. Das wird Gott Ehre verschaffen, dass den Feind des
Gottesvolkes, Holofernes, also wiederum den Satan, eine Frau besiegt hat,
eine demütige Frau, die allein auf Gottes Allmacht hofft. Aber Gott der
Herr besiegt den Satan durch eine Frau. Der heilige Grignion von Montfort
sagte, es hätte Gott der Allmächtige den Satan auch allein durch den
Hauch seines Mundes vernichten können für immer, aber es demütigt den
Hochmut und Stolz Luzifers, des Satans, mehr und gibt Gott mehr Ehre,
wenn Gott den Satan durch eine demütige Frau besiegt! So ist Judith auch
mehr gesegnet als alle Frauen in Israel, den sie ist die prophetische Gestalt,
die Maria verkörpert, Maria, die Tochter Zion, Maria, die Mutter des
Messias! Christus hat als menschgewordener Gott durch sein Sterben und
Auferstehen die Macht des Todes und des Teufels gebrochen, das ist
gewisslich wahr. Maria hat aber dem Sohn Gottes die Menschheit
geschenkt, sie hat durch ihr Jawort zu Gott die Inkarnation möglich
gemacht, oder einfach gesprochen: Sie hat dem Sieger über Satan das
Leben geschenkt, sie ist die Mutter der Siegers! Mehr noch, in der
Apokalypse des Johannes wird prophezeit auf die apokalyptische Endzeit
der Sieg der Frau am Himmel über den alten Drachen. Diese Frau im Kleid
der Sonne, den Mond unter ihren Füßen, die Sterne als Kranz tragend, ist
im sechzehnten Jahrhundert als Maria Schlangenzertreterin in Mexiko
erschienen und hat den aztektischen Götzendienst mit zehntausenden
Menschenopfern ein Ende bereitet! Durch ihr Eingreifen sind die
antichristlichen Diktaturen von Faschismus und Kommunismus besiegt
worden, denn „nicht durch Heere wird es geschehen, sondern durch den
Geist“, so hat der engelgleiche Pastor Pius der Zwölfte dem
Bolschewismus und Faschismus nicht durch Heeresmacht widerstanden,
sondern durch seine Weihe der ganzen Menschheit an das Unbefleckte
Herz Mariens, so hat Papst Johannes Paul der Große den Kommunismus
nicht durch politische Akte besiegt, sondern durch sein Totus Tuus an
Maria und das Rosenkranzgebet der alten Mütter im Osten. So wird der
endzeitliche Antichrist durch die Macht der Liebe der Jungfrau Maria
besiegt und das Reich Mariens wird kommen, denn sie, die gebenedeit ist
unter den Frauen, sagt: Am Ende wird mein Unbeflecktes Herz
triumphieren! Denn schließlich wird Maria-Jael dem Satan mit dem
Hammer den Pflock durch die Schläfe treiben! Schließlich wird Maria-
Judith dem betrunkenen Satan mit dem Schwert das Haupt vom Rumpf
schlagen! Dann wird das auserwählte Volk Gottes jubeln und in Ewigkeit
preisen die Mutter Jesu: Du bist gesegnet mehr als alle anderen Frauen!
Gebenedeit ist die Frucht deines Leibes: Jesus! Das sagt Elisabeth zu
Maria, als Jesus noch verborgen im Mutterschoß Mariens war. Jesus ist als
Embryo schon gebenedeit, von Gott gesegnet. Ja, Jesus segnet schon den
Johannes, der noch im Mutterschoß Elisabeths war, und Johannes, der
Embryo im Schoß Elisabeths, hüpfte vor Freude im Schoß seiner Mutter,
als die Mutter seines Herrn zu seiner Mutter kam. Elisabeth grüßt Maria:
Wie kommt es, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Sie nennt
also den ungeborenen Jesus, den Embryo, ihren Herrn, das heißt, ihren
Gott! Wie kann man angesichts der Tatsache, dass ein ungeborener
Embryo, eine Leibesfrucht im Schoße der Mutter, sogar Herr genannt
wird, das heißt Gott, noch auf den teuflischen Gedanken einer
Kindsabtreibung kommen? Der Embryo-Gott Jesus segne alle
ungeborenen Kinder in den Schößen ihrer Mütter und bewahre sie vor dem
Drachen, dem Menschenmörder! Jesus ist also schon als Leibesfrucht
Mariens im Schoß Mariens der fleischgewordene Gott. Maria gibt in ihrem
Schoß dem Logos oder der göttlichen Weisheit das Fleisch und das Blut,
der menschgewordene Gott ist Fleisch vom Fleisch Mariens und Bein vom
Bein Mariens geworden. Aber der heilige Grignion sagt: Jesus ist überall
die Frucht Mariens. So wie Maria Jesus in die Welt gebracht hat, so bringt
sie Jesus in den Seelen hervor. Angelus Silesius sagte: Wäre Jesus
tausendmal in Bethlehem geboren, wäre er nicht auch in dir geboren, so
wärest du ewiglich verloren! Wie wird Jesus aber in der Seele geboren?
Martin Luther sagt, dazu muß man ganz eins mit der Jungfrau Maria sein
und wie Maria Gott empfangen und unter dem Herzen tragen und selbst
die Mutter Gottes sein. Wenn man Jesus durch den Heiligen Geist wie
Maria empfangen hat, dann muß man Jesus in sich bewahren und das
göttliche Kind im Schoß der eigenen Seele vor allem Bösen bewahren.
Wird man das göttliche Kind in der eigenen Seele mit Liebe hüten, nähren
und pflegen, so wird man wie die Mutter Gottes den Gottessohn gebären,
das heißt, man wird, wie Franziskus sagte, durch Werke der Liebe Jesus in
die Welt tragen. Wer aber Jesus in seiner Seele trägt wie im Mutterschoß,
der trägt im Innersten seiner Seele das göttliche Kind, das die göttliche
Weisheit ist. Die Psychologen sagen, das göttliche Kind ist das wahre
Selbst des Menschen in seiner Unschuld, das von Sünde nicht entstellte
unbefleckte Ebenbild Gottes im Menschen, das auch von den Sünden der
Welt nicht verletzte innere Kind in der Seele, das makellose Kind Gottes,
Liebling des Ewigen Vaters, Pflegekind und Hätschelkind des Schöpfers.
Wir sind nach dem Bilde Gottes geschaffen im Innersten der Seele, der
Funke Gottes in der Seele ist geschaffen nach dem Bilde Christi, der das
Bild Gottes ist, Christus ist aber die göttliche Weisheit, die ein
unbeflecktes Bild des Allerhöchsten und ein makelloser Spiegel des
göttlichen Lichtes ist und ist Liebling und Hätschelkind des Herrn, des
Vaters im Himmel. Wer das göttliche Kind in seiner Seele trägt, der trägt
sein wahres Selbst, unverfälscht von der eigenen Sünde und den Sünden
der Welt, im Innersten, sein Wahres Selbst, sein einzigartiges originales
Ebenbild Gottes, hier im Funken der Seele stellt sich das einzigartige und
auf allerintimste Weise persönliche Gottesbild her, hier ist der Mensch
selbst ein einzigartiges Gottesbild. Dies ist der weiße Stein, darauf der
neue Name steht, den nur Gott und der Mensch kennen, denn es ist das
allerintimste und innigste Verhältnis zwischen dem Geheimnis Gott und
dem Geheimnis Mensch. Der Koran sagt: Gott ist dir noch näher als deine
Halsschlagader. Anders gesprochen: Gott ist intimer mit deinem
Seelengrund vereinigt als du selbst es bist. So bist du selbst eine
Menschwerdung Gottes geworden. Dies wurdest du aber, weil du Mutter
Gottes geworden bist und das göttliche Kind in seiner makellosen
Unschuld in deiner Seele ausgeboren hast. Trägst du nun Gott im
göttlichen Kinde im Schoß deiner Seele, so trage, wie eine Monstranz die
Hostie trägt, die fleischgewordenen Liebe in die Welt, wie in einer
Prozession trage als Mutter Gottes das göttliche Kind in deinem Schoße
durch die Welt, dann werden Ströme lebendigen Wassers von deinem
Leibe fließen und die Kinder der Welt, die nach Liebe dürsten, werden
trinken vom Wasser des Lebens, das Jesus spendet, Jesus, die gebenedeite
Leibesfrucht Mariens.
FÜNFTES KAPITEL
Als Jesus sieben Jahre zählte, sollte er in die Schule kommen. Alle sieben
Jahre wechselt die Lebensphase, mit sieben Jahren ist die reine
Kindlichkeit vorüber und das Kind beginnt, die Vernunft zu gebrauchen.
Josef, der Pflegevater Jesu, brachte Jesus das Lesen bei. Er nahm als
Lehrbuch die Bibel. Und er brachte Jesus das erste Wort und den ersten
Satz des ersten Buches Moses bei: Bereschit. Und Jesus sagte: Bereschit,
das heißt: Bei Beginn, als Anfang, zu Anfang, durch einen Anfang, im
Anfang, zu Beginn, am Anfang hat Gott Himmel und Erde geschaffen.
Und Josef fragte Jesus: Warum beginnt die Bibel mit dem Buchstaben B
und nicht mit dem Buchstaben A? Und Jesus sagte: Das A ist der Vater und
das B ist die Mutter, das A ist der Himmel und das B ist die Erde, das A ist
der Geist und das B ist die Materie. Gott hat im Himmel eine Bibel, das ist
die ewige Bibel, die Mutter des Buches, die Ur-Bibel, die ist für Menschen
nicht zu lesen. In diese Ur-Bibel oder Mutter des Buches schaute Gott, als
er die Welt schuf, denn diese Ur-Bibel ist die ewige Tora und das göttliche
Wort. Aber die Bibel für die Menschenkinder ist die irdische Bibel, das
Wort Gottes in der materiellen Welt. So wie eine Mutter, wenn sie mit
ihrem Säugling spricht, dann lallt sie Mama, Abba, Lalla und so weiter und
begibt sich ganz auf die Sprachebene eines unvernünftigen Säuglings,
ebenso ist es mit Gott, wenn er in menschlichen Worten zu den Kindern
der Mutter Erde spricht. Ihr seid alle unvernünftige Säuglinge und Gott ist
die liebende Mutter, die mit euch in euerm Lallen lallt und in euerm
Brabbeln brabbelt. Was ist also Bereschit, das mit dem B beginnt, also mit
dem Buchstaben der Mutter und der Erde und der Materie? Dieses
Bereschit ist das Urprinzip der Schöpfung, die Ur-Form der Ur-Materie. In
der Ur-Form der Ur-Materie als dem Ur-Prinzip schuf Gott die Schöpfung,
den Kosmos und die Erde der Menschenkinder. Dieses Ur-Prinzip als die
Ur-Form der Ur-Materie ist die mütterliche Weisheit, ist Bereschit, en
arche, in diesem Ur-Prinzip des Anbeginns ist alles geschaffen. Also werde
ich einst die heilige Hildegard lehren: Im Anfang schuf Gott den Urkeim
der Schöpfung und teilte dem Urkeim die Weisheit mit, wie und wann wo
sich alle Schöpfungen, die keimhaft in diesem Urkeim enthalten waren,
wann und wie und wo sich zu entfalten hätten nach der weisen Voraussicht
der ewigen Vorsehung Gottes. Gott schuf den Urkeim und in dem Urkeim
wohnt die göttliche Weisheit, die das innere Führungsprinzip der
Entwicklung und Entfaltung der Schöpfung Gottes ist. Da lächelte Josef
und sagte: Jesus, wer das erste Wort der Bibel so erklärt, der ist reif, in die
erste Schulklasse zu kommen und sich vom Lehrer weiter unterweisen zu
lassen.
Josef brachte also im Sommer den Jesusknaben in die Schule. Sein Lehrer
Zachäus war ein weiser freundlicher Mann mit einem kahlen Kopf und
einem langen weißen Bart. Der Lehrer Zachäus lehrte Jesus, das A zu
schreiben, und Jesus schrieb das A. Dann wollte Zachäus Jesus lehren, das
B zu schreiben. Da sagte Jesus zu Zachäus: Du Narr! Wenn du noch nicht
einmal das A verstanden hast, wie willst du mich dann das B lehren? Und
Zachäus staunte nicht wenig und ärgerte sich auch heftig über die Klugheit
dieses Knaben, der einen alten weisen Mann auch noch belehren wollte.
Was redest du da, fragte Zachäus den Jesusknaben. Und Jesus sagte: Das A
ist Gott in seiner Transzendenz, das B ist Gott in seiner Immanenz, das A
ist die transzendente Gottheit als Gott-Geist und das B ist die immanente
Gottheit als Gott-Natur, das A ist der Herr und das B ist die Herrlichkeit
des Herrn, das A ist der ewige Vater und das B ist die göttliche
Mutterliebe. Ich aber nenne den einen und einzigen Gott, den wahren Gott,
die einzig seiende und allein lebendige Gottheit ABBA. Da sagte Zachäus:
Du wagst es und nennst die unbegreifliche Majestät der Ewigkeit - Papa?
Aber der Jesusknabe sagt: Ich sage ABBA, das heißt ich sage A und B und
B und A, das heißt, ich sage: Transzendenz-Immanenz-Immanenz-
Transzendenz, das heißt, ich sage: Gottgeist-Gottnatur-Gottnatur-Gottgeist,
das heißt ich sage: Gottvater-Gottmutter-Gottmutter-Gottvater. Die Eine
Gottheit ist ein heiliger Vater und eine liebende Mutter, eine liebende
Mutter und ein heiliger Vater. Dass ich aber ABBA sage, das heißt:
Gottvater ist kein Patriarch, sondern ein weiser Papa, und Gottmutter ist
keine Matrone, sondern eine liebende Mama. Da sagte Zachäus: Willst du
JAH, den Herrn, etwa eine liebende Mama nennen? Das ist babylonisches
Heidentum, sie haben die babylonische Göttin doch auch Göttin Mami
genannt! Aber da sagte Jesus: So wollen wir über JAH sprechen. Was ist
der erste Buchstabe des Namens? Das J. So werde ich einst meinen
Dichterseher Dante lehren, dass Adam im Paradiese Gott mit dem Namen J
angerufen hat. J ist der Herr, der Ewige, der Alte an Tagen, der Vater im
Himmel. Aber sag mir doch, wenn du ein Lehrer in der Schrift bist, was ist
denn das H? Zachäus sagte: Das weiß ich aber nicht. Da sagte Jesus: Das
H ist Hochmah, das ist die Weisheit. Die Weisheit Hochmah aber ist Frau
Weisheit, die Geliebte des Herrn, von der Jesus Sirach lehrt, sie wird dem
Schriftgelehrten wie eine Mutter und wie eine Jugendgeliebte begegnen.
Das J ist also der Vater im Himmel, das H ist also die göttliche Mutter, die
ewige Weisheit. So ist JAH also der Vater im Himmel und die ewige
Mutter zugleich. ABBA JAH ist also der Vater im Himmel und die ewige
Mutter Weisheit in Einem göttlichen Wesen. Zachäus sprach: Für heute ist
die Schulstunde zuende. Morgen will ich dich das M lehren. Da sagte
Jesus: Ich will zu meiner Mutter Maria gehen, aber morgen komm ich
wieder zu dir.
Am zweiten Schultag ward Jesus von seiner Mutter Maria in die Schule
gebracht. Er hatte eine kleine Tasche dabei mit Schreibtafel und Griffel
und einem Schulbrot für die Schulpause. Jesus trat zum Lehrer Zachäus
und sagte: Lernen wir heute das M? Das sagte Zachäus: Das M heißt
hebräisch Mem. Nun schreibe das M. Jesus schrieb das M und sagte: Weißt
du auch, dass das Mem die Bedeutung hat von Jam? Jam heißt Meer. Das
M ist also das Meer. Das Meer ist ja die Mutter, die Gallier sagen: La mère
la mer. Die Römer sagen Mare zum Meer, aber zu den Meeren sagen sie
Maria. So ist meine Mutter Maria wie die Meere der Gnaden Gottes. Maria
ist aber nicht nur Maria, die Meere, sondern Maria ist auch Mir-Jam, das
erleuchtete Meer. Darum lehren die Kirchenväter einst: Mir-Jam, die
Erleuchtete und das Meer, das ist Maris Stella, der Meeresstern. Maria ist
aber auch Mara, wie Noomi sich nannte, die Urgroßmutter Davids, denn
Mara ist die Bittere, denn Maria wird bei meiner Kreuzigung durch ein
Meer der Bitternis hindurchmüssen. Mirjam heißt aber auch die Beleibte,
aber warum heißt meine allerschönste Mutter die Beleibte? Weil wir Juden
wie die Chinesen und die Afrikaner beleibte Frauen als schön empfinden.
Sie sind fruchtbar. So ist das M die Beleibte, die schöne Mutter, die
fruchtbare Mutter. So ist das M die Magna Mater, die große Mutter der
Fruchtbarkeit. Sie ist die Meter, die Mutter, als göttliche Mutter heißt sie
De-Meter, Demeter ist aber die Muttergöttin der irdischen Fruchtbarkeit.
M ist also die Mutter, Meter, aber persisch heißt die Mutter Mithra. Du
kennst gewiß den persischen Sonnengott Mithras, den die römischen
Soldaten so verehren? Er ist aber der Sohn der göttliche Mithra, das heißt
Mutter. Sind wir schon in Persien, wollen wir in den Fernen Orient. Die
Mutter des Konfuzius hieß Ma, die Mutter des Gauthama Budda hieß
Maja. Ein germanischer Dichter wird sagen: Das ist das Sternbild M, das
die Mütter bedeutet. Mutter Maria, die Mutter Gottes, Mutter Ma, die
Mutter des weisen Konfuzius, Mutter Maja, die Mutter des erleuchteten
Gautama, Magna Mater, die große Mutter der Götter in Kleinasien, die
Göttin Mithra als die persische Muttergöttin, die Göttin De-Meter als die
Muttergöttin der Griechen, die Göttin Mami als die Muttergöttin der
Babylonier, die Göttin Uma, die Erdgöttin des alten Hindostan, das ist alles
mit einem Wort die ewige Mama, das M, das Mem, das Jam, Mirjam, die
Muttergottes Maria! Da sagte Zachäus: Das ist alles sehr sonderbar, aber
von Uma hab ich noch nicht gehört. Jesus sagte: In der drawidischen
Kultur in Indien vor dem kriegerischen Einfall der Arier hieß die
Muttergöttin der Erde Uma. Du weißt doch sicher, dass die Araber die
Mutter Umma nennen. Die Germanen aber sagen Oma, das ist die
Großmutter. Die Indios sagen zu Großmutter Hachamama, und die Mutter
Erde heißt Pachamama. Sie meinen also die Großmama Natur, wie einmal
ein deutscher Dichterfürst sagen wird. Meine Mutter ist die Muttergottes
Maria und sie ist das ewige M, und ich bin ihr Sohn, der Sohn des großen
M, darum heiße ich M wie Meister, M wie Menschensohn, M wie Messias.
Nun, Zachäus, zeig mir deine Hand und zeige mir die Lebenslinie,
Todeslinie und Schicksalslinie und du sieht im Innern deiner Hand
gezeichnet das M, in der linken Hand das M Marias, in der rechten Hand
das M des Messias. Das ist das M. Zachäus sagte: Und dieses M deiner
Mutter Maria ist das selbe wie das M im indischen Uma und germanischen
Oma? Jesus sagte: Was meinst du, mein Lehrer, ist das germanische Oma
und das indische Uma mit dem indischen Ur-Wort Om verwandt? Du
weißt, Om ist eigentlich Aum, AUM, drei Buchstaben für die drei
Personen der Gottheit. Das AUM ist das Ur-Wort oder der Ur-Laut der
Schöpfung. Gott sprach: Es werde Licht und es ward Licht. Gott sprach
das Wort aus und durch das Aussprechen des Wortes ward die Schöpfung.
Die Inder sagen aber nicht: Gott sprach das Ur-Wort aus, sondern sie
sagen: Gott sang den Ur-Laut Aum. Dieses Aum ist aber das Amen der
Hebräer. Denn ich bin das Ja und Amen Gottes, mein Name ist Amen. Ich
bin der Gott Amen, ich bin das Amen Gottes. Ich bin aber auch das Wort
Gottes. Die Inder sollen also sagen: Du, o Jesus, bist das AUM Gottes.
Denn Gott sang sein Amen, das bin ich, und im Gesang Gottes ist die
Schöpfung geworden. Die Schöpfung ist das Lied Gottes und ich bin der
Ur-Laut Gottes. Ich bin Gottes Ja, ich bin Gottes Amen, ich bin Gott
Amen!
Als Zachäus das hörte, fand er den kleinen Jesusknaben so eingebildet und
stolz, dass er voller Verärgerung ihn und die andern Schulkinder in die
Schulpause schickte auf dem Schulhof. Tobt euch aus, ihr wilden Kerle,
und ärgert nicht mit eurem eingebildeten Stolz den alten weisen Mann, der
seine Ruhe braucht. Jesus und die wilden Kerle stürmten auf den Hof und
tobten und lachten. Und der Jesusknabe sah am Himmel einen
Regenbogen und rief seinen zwei Schulfreunden zu: Kommt, das ist die
Brücke Gottes, über die die Engel zur Erde niedersteigen und die Toten in
den Himmel steigen! Laßt uns auf der Regenbogenbrücke spielen! Und
Jesus nahm den einen Schulfreund bei der rechten Hand und den andern
bei der Linken und sie liefen über die Regenbogenbrücke. Oben aber
wollte Jesus die Arme gen Himmel heben und ABBA anbeten, da standen
seine Schulfreunde allein auf dem Regenbogen am Himmel und fielen zur
Erde, der eine schlug sich einen Zahn aus und der andere bekam einen
blauen Fleck unterm Auge. Jesus kam zur Erde hinunter und stand bei den
Schulfreunden und wollte sie heilen, als die Mutter seiner Mutter Maria
kam, die heilige Anna, die Großmutter Gottes, den Jesusknaben von der
Schule abzuholen. Sie sah das Unglück und fragte, was geschehen sei. Da
erzählten der Großmutter Jesu weinend die beiden Schulfreunde, wie sie
die Hände Jesu losgelassen und auf die harte Erde gestürzt seien. Da ward
die heilige Großmutter Gottes traurig und dachte an das Schicksal der
Menschheit und schnitt sich drei Weidenzweige von einer Trauerweide.
Und die Großmutter Gottes, das Oberhaupt der großen Sippe des Herrn,
züchtige den Jesusknaben mit drei Weidenzweigen und gab ihm drei
Schläge auf den Allerwertesten (im Namen des Vaters und des Sohnes und
des Heiligen Geistes) und sagte: Jesus, wahrer Gott und wahrer Mensch,
gedenke in Zeit und Ewigkeit, dass wir, die Menschen, Fleisch sind, Staub
vom Staube, und keine Engel! Wenn du uns am Jüngsten Tag richten wirst,
o Jesus, dann richte uns nicht als himmlische Engel, sondern als Lehm
vom Lehmboden der Mutter Erde! Damit du das nie vergisst, geliebtes
Menschensöhnchen, hab ich dich gezüchtigt! Erbarme dich über mich
armes altes Weib! Jesus weinte drei Tränen zum Heil der heiligen Anna
und der ganzen Menschheit, dann nahm die Großmutter Gottes den
Gottmenschen in die Arme und sie herzten einander überaus liebevoll.
Nach alldem aber ward Jesus aus der Schule genommen. Fortan
unterrichtete die Mutter Maria ihn zuhause in Nazareth.
SECHSTES KAPITEL
Gott ist Liebe, das heißt, Gott liebt Gott mit Gottesliebe, Gott ist ein
Zyklus der Liebe. Das nennt man Vater, Sohn und Geist. Der Vater ist der
Liebende, der Sohn der Geliebte und der Geist die Liebe. In Ewigkeit, vor
der Schöpfung von Zeit und Raum, war die Welt als Idee in Gott. Die
Schöpfung ist hervorgegangen aus der überfließenden Liebe Gottes. Der
Vater goß den Wein des heiligen Geistes in den Becher des Sohnes, der
Becher floß über, so ward die Welt. Gott bildete einen Urkeim, eine
Urmaterie, in der alle Schöpfungen, die noch werden sollten, keimhaft
angelegt waren mit der Information, wann, wo und wie sie entstehen
sollten. Die Welt war geschaffen und war im Entstehen, sie hatte sich
gewissermaßen von Gott losgerissen. So entstand das geschöpfliche Du für
das göttliche Ich, damit ist die Liebe geboren, die Gott zur Welt hat. Diese
Liebe Gottes zur Welt durchströmt als göttliche Liebe das Innere der Welt.
Platoniker nennen dies Weltseele. Orphiker nennen das den
innerweltlichen göttlichen Eros. Kabbalisten nennen das Schechinah,
Gegenwart Gottes in der Schöpfung. Mittelalterliche Theologen nennen
das Heiliger Geist und göttliche Liebe als die immanente Liebe Gottes
oder auch Frau Weisheit, die mit ihrer Energie oder ihren Kraftströmen den
Kosmos durchströmt. Stoiker nannten es Logos, die Weltvernunft. Und so
nennt es auch der Evangelist Johannes: Logos. Die Liebe Gottes brachte
die Welt hervor, die Liebe Gottes lenkt die Welt von innen zu ihrem Ziel,
der Weltvollendung. Dieses innere Lenken der göttlichen Liebe zum Ziel
der Weltvollendung nennt der Wissenschaftler die Amorisation des
Komsos durch den Evolutionator, den kosmischen Christus. Dieses
Loslösen des Kosmos aus Gott, der vollkommen als Idee im Geiste Gottes
war und in die Wirklichkeiten brach, wird als Sündenfall beschrieben von
den Gnostikern. Es lebt aber in der Schöpfung die Sehnsucht nach dem
Ursprung, der Heimat und Geborgenheit in Gott. Das ist die Liebe oder
glühende Sehnsucht nach Verschmelzung und Einheit, die in der Kreatur
sich letztlich nach dem Einssein mit Gott sehnt. Das ist der tiefe Sinn der
menschlichen Liebe, wenn sie nur ans Ziel gelangt und zur Gottesliebe
wird. In der menschlichen Liebe drückt sich die Sehnsucht aus, das
Gefangensein im Kerker des Körpers, ja in den Fesseln des eigenen Ego,
zu überwinden und mit einem Du zu verschmelzen zu einer großen
Einheit, die als Großes-Ganzes, als Einssein, als Union empfunden wird
und ein Abglanz des Einsseins mit Gott ist. So wird gesagt, dass die
Liebenden im Akt der Vereinigung, so er in ganzheitlicher und personaler
Liebe geschieht, als Drittes den Heiligen Geist erfahren, den Geist der
göttlichen Liebe. Denn die Erfahrung von Einssein im liebevollen
Liebesakt ist ein Geschmack der göttlichen Liebe. Die menschliche Liebe
kann diese Sehnsucht nach Gott auf zwei Arten zum Ausdruck bringen: In
der Ehe oder in der Minne. In der Ehe bilden Mann und Frau als Einheit
die göttliche Einheit ab, wobei gewissermaßen das Kind als Frucht der
Liebe die dritte Person der zweifaltigen Liebe darstellt. In der Ehe bilden
also Mann und Frau als gleichwertige Personen, wie zwei Hälften eines
Apfels, zusammen und vereinigt die Einheit. In der Minne aber
symbolisiert die geliebte Person das Ganze, Eine, Große und Göttliche,
wobei der Liebende sich übersteigt durch Ganzhingabe an dieses
gewissermaßen Göttlich-Eine der geliebten Person. Der Minner wird also
zunichte, wird ein Nichts, um durch die Anbetung aufzugehen in dem
Großen-Ganzen, der Einheit der göttlichen Person. Religiös gesprochen ist
die Minne eine Religion der Anbetung, da der Mensch ein Nichts ist, ein
Wurm, ein Staub, und die Gottheit ist über alles anbetungswürdig und
allmächtig und herrlich. Die Ehe aber ist ein irdisches Bild der mystischen
Liebe, der mystischen Gottesliebe als Sehnsucht nach der mystischen
Union mit Gott in Liebe, der mystischen Union des Bräutigams Christus
mit der Braut Psyche. Dabei begibt sich Gott auf die Seinsebene des
Menschen herab und erhebt in der mystischen Vereinigung den Menschen
zur Seinsebene Gottes, nämlich die mystische Liebe oder mystische Union
oder auch Gottes-Ehe schenkt dem Menschen die Anteilhabe an der
göttlichen Natur. Über die Eheliebe als Spiegel der Gottesliebe will ich
weiter unten noch schreiben, aber nun will ich auf die Minne als Weg zu
Gott eingehen. Wer der anbetenden Erotik der Minne huldigt, der schaut
als Minner in seiner Minneherrin den Spiegel der Gottheit. Die
Troubadoure nannten ihre Damen Midons, das heißt Göttin. In der
platonischen Theorie der Liebe schaut der Minner in seiner Geliebten nicht
die sterbliche Unvollkommenheit, sondern die Idee der Frau, sein Ideal,
das Bild Gottes, das diese Frau ist. Hier rührt die Geliebte an Gott und
spiegelt Gottes Schönheit und Liebe dem Minner wieder. So ist Beatrice
der Spiegel der göttlichen Weisheit für den Minner Dante. Wem aber eine
sterbliche Geliebte nicht genügt, der schaut eine ideale Traumfrau, die ein
inneres Frauenbild ist. Wer aber die Vollendung der Minne sucht, der wird
Minner der Jungfrau Maria. In Avignon am Papsthof ward die Minne zur
Marienminne. Die Mönche nennen Maria ihre wahre Freundin, ihre
einzige Freundin oder gar ihre Verlobte, sich selbst nennen sie Josef, der
ein keuscher Bräutigam der hohen Minneherrin war. Hier wird Maria
wirklich zur Midons Marie, zur Diva Madonna, zur Göttin Maria, aber
nicht im theologischen Sinne eines einzig-absolut göttlichen Wesens,
sondern als angebetete Frau in der erotischen Religion der Minne. Die
Diva Maria spiegelt aber gewissermaßen Gottes feminine Züge wieder, die
Schönheit und Weisheit und Liebe Gottes, so wird Maria zur Jungfrau in
der Dreifaltigkeit, zur Lilie der Dreifaltigkeit, die die göttliche Schönheit
des Schöpfers, die göttliche Weisheit der Erlösers und die göttliche Liebe
des Trösters dem Minner widerspiegelt und verkörpert. Sie wird so zur
Frau in Gott, zur höchsten Herrin, zur wahren (auch theologisch wahren)
Menschengöttin von Gottes Gnaden! Die frommen Menschen allerdings,
die über die anbetenden Liebe hinausgehen und zur mystisch-umarmenden
Gottesliebe gelangen, drücken ihre Gottes-Ehe oder die bräutliche Liebe
zum Bräutigam Christus oft in stark erotischen Bildern aus. Psychologen
meinen, es sei ein religiöser Ersatz für verdrängte Sexualität, aber die
Theologen, Philosophen und Mystiker sagen, dass der eigentliche Eros, der
göttliche Eros, in Gott selbst ist, der universale Eros. Die menschliche
Erotik und Sexualität ist nur ein Abbild, ein Schatten, ein ins menschliche
zusammengezogener Abglanz. Aber der ursprüngliche und absolute Eros
sei der göttliche. Die Liebe Gottes wird so leidenschaftlich erfahren in der
mystischen Union und Gottes-Ehe, dass bei den Mystikern und
Mystikerinnen wie auch im biblischen Hohenlied die erotische, ja, sexuelle
Sprache der menschlichen Liebe das einzige Sprachmittel bleibt, die
unmittelbare Berührung mit der glühenden Liebe Gottes menschlich zu
beschreiben. So gibt es mystisch begnadete Seelen, die im innerseelischen
Brautgemach die quasi sexuelle Vereinigung mit Christus erfahren haben.
Denn es ist wahr: Christus ist der Bräutigam, die Seele ist die Braut, der
Bund ist ein ewiger Bund der Gottes-Ehe und die mystische Vereinigung
vollzieht sich wie eine spirituell-sexuelle Vereinigung von Liebenden. So
haben es die Propheten des Alten Testaments und die Mystiker der Kirche
geschildert. Gottes Liebe schenkt sich der begnadeten Seele in einem
mystischen Liebesakt.
Laßt uns die menschliche Liebe lieben! Auch als Mönch sollst du ein
Mensch sein, der in die menschliche Liebe verliebt ist. Die menschliche
Liebe ist immer auch die leibliche Liebe, und die Theologie der Liebe ist
immer auch die Theologie des Leibes, die Theologie des Leibes aber auch
die Theologie der Sexualität, oder anders gesagt, eine Theologie der
Männlichkeit und Weiblichkeit. Was ist der Grund für die Entscheidung
des Schöpfers, den Menschen als Mann und Frau zu schaffen und was ist
die Folge dieser Entscheidung? Die wichtigste Konsequenz dieser
Entscheidung ist die Tatsache, dass der Mensch als Mann oder als Frau ein
Beziehungswesen ist, auf das menschliche Du angewiesen, keiner ist sich
allein genug. Diese Natur des Menschen als Beziehungswesen äußert sich
in der ehelichen Liebe, in der Fähigkeit des Leibes, Liebe auszudrücken,
die Vollendung dieser Dimension des Menschen ist die eheliche, sexuelle
Vereinigung von Mann und Frau, da sind Mann und Frau eine Einheit zu
zweit, da wird die eheliche Liebe als Hingabe an das Du, auch als sexuelle
Hingabe an den Menschen, zum Inbegriff der Liebe schlechthin. Darum
spricht auch Gottes Liebe die Sprache bräutlicher, ehelicher, erotischer
Liebe. Die menschliche Liebe ist immer auch die leibliche Liebe. Im
biblischen Schöpfungsbericht ist der Ausruf des ersten Menschen beim
Anblick der eben erschaffenen Frau ein Ausruf der Bewunderung und
Verzauberung. Dieser Ruf des Entzückens durchzieht die ganze
Menschheitsgeschichte, die ganze Kultur, es ist der Grundton der Poesie
aller Völker! Auch Jesus verwendet für die Liebe Gottes das Bild des
Bräutigams, auch die ewige Weisheit wird von Salomo als Braut
geschildert, so offenbart sich die Vaterliebe Gottes, die Mutterliebe Gottes
auch in ehelichen Bildern. So spiegelt die Ehe von Mann und Frau diese
Vater- und Mutterliebe Gottes wider. Ein Höhepunkt der Offenbarung ist
das Wort: Gott liebt sein Volk! Das ist das Wort, das der Mann seiner Frau
zuspricht und die Frau dem Mann zuspricht: Gott liebt sein Volk, und
Mann und Frau machen einander diese Liebe Gottes erfahrbar, sinnlich-
konkret spürbar. Auch die begehrende Liebe des Mannes und der Frau ist
ein Abbild der Liebe Gottes, denn auch die begehrende Liebe ist ein
Element der göttlichen Liebe. So spricht Gott in den Propheten wie ein
leidenschaftlicher Liebhaber, voller Eifersucht, voller Begierde, in einer
offen sexuellen Sprache. In Gott ist nicht allein die selbstlos schenkende
Liebe (Agape), sondern auch die begehrende Liebe (Eros). So spricht Gott:
Ich bin ein leidenschaftlich liebender Gott! In der menschlichen Liebe,
wenn sie in euch erblüht, sollt ihr Gott selbst schauen, Gott, der Liebe ist.
Wenn Christus sagt: Folge mir nach! so kann das unter Umständen
bedeuten: Folge mir nach als Bräutigam, wie ich Bräutigam bin, folge mir
nach als Braut, wie die ewige Weisheit Braut ist, komm und sei auch
Bräutigam deiner Braut, sei auch Braut deines Bräutigams. Christus lehrt
die Hingabe eines Bräutigams und lehrt den Bräutigam und die Braut, sich
hinzugeben, sich selbst zu schenken. Den bräutlichen Weg der ehelichen
Liebe zu gehen, bedeutet, die Liebe, die Hingabe und das Sichverschenken
jeden Tag zu üben, zu lernen, die Liebe zu lernen, die Geist, Seele und
Leib umfasst und den ganzen Menschen meint. Schaut euch einmal die
Bilder Michelangelos an, die Bilder von der Erschaffung des Menschen in
der Sixtinischen Kapelle, dieser Kapelle der Theologie des Leibes.
Michelangelo schuf die gottgeschaffenen Urgestalten nackt, man muß
ihnen keine Unterhosen übermalen. In den Augen Gottes kann der
menschliche Leib nackt sein, ohne sich schämen zu müssen. Erst der
Mensch, der sich von Gottes Liebe abwendet und sich vor Gott versteckt,
der schämt sich in seiner Nacktheit. Vor Gottes liebenden Augen kann
Glanz und Schönheit der Nacktheit freimütig bestehen. Die Theologie des
menschlichen Leibes ist ja zum Hauptportal der Theologie überhaupt
geworden, als die göttliche Weisheit Fleisch geworden ist, das heißt, als
die Gottheit selbst den menschlichen Leib und die menschliche Seele
angenommen hat. Die Wissenschaft von den göttlichen Dingen ist somit
auch zu einer Wissenschaft vom menschlichen Leib geworden. Der
menschliche Leib existiert aber als männlicher Leib und weiblicher Leib.
Männlichkeit und Weiblichkeit sind zwei verschiedene Inkarnationen, zwei
unterschiedliche Arten, menschlicher Leib zu sein, zwei unterschiedliche
Leiblichkeiten des menschlichen Wesens, das nach dem Bilde Gottes
geschaffen ist. Das menschliche Wesen ist nach dem Bilde Gottes als
Mann und Frau geschaffen. Die konkrete Leiblichkeit als männliche oder
weibliche Leiblichkeit des menschlichen Wesens bedeutet, dass auch die
männliche oder weibliche Sexualität zum menschlichen Wesen gehört. Die
Sexualität ist nicht nur ein Attribut der Person, sondern gehört zur
konkreten menschlichen Person wesenhaft dazu. Der Mensch hat nicht nur
einen Leib, sondern ist Leib, ist männlicher Leib mit männlicher Sexualität
oder weiblicher Leib mit weiblicher Sexualität. Das weibliche Element an
der Seite des männlichen Elements ist eine Bereicherung. Der Mensch in
seiner Geschichte, das heißt, in seiner Heilsgeschichte, wandelt immer als
männliches und weibliches Element Seite an Seite auf Gott zu. Denn Gott
hat den Menschen als Mann und Frau erschaffen und als Mann und Frau
hat Gott den Menschen erlöst und als Mann und Frau wird der Mensch in
Gott vollendet. Die wiedergewonnene Unschuld der paradiesischen
Nacktheit äußert sich in der leiblichen Sprache der Liebe, wie sie die
Liebenden im Akt ihrer wechselseitigen Hingabe sprechen. Die Worte der
Liebe, die die Liebenden sprechen, sind Worte des Leibes, nicht nur weil
der Leib der Geliebten eine Quelle der Faszination bildet, sondern auch,
weil auf dem Leib die Anziehungskraft der Geliebten auf den Partner
beruht. Denn aus der Ausstrahlungskraft des Leibes entsteht im Herzen das
Keimen der Liebe. In ihrer ehelichen Liebe sind sie wieder nackt und
schämen sich nicht, wie im Paradies. Die wahre Liebe überwindet die
Scham. Aber die Sexualität mit ihrer Leiblichkeit und Nacktheit ist vom
Wesen Sprache der Liebe, der ganzheitlichen Liebe zum Du als Geist und
Seele und Leib, sie kann nicht als reine Triebbefriedigung gelebt werden,
als reines Lustprinzip. Die Sprache der Liebe, die Sexualität, ist eine
Sprache der Zärtlichkeit, einer Zärtlichkeit, die aus der Wertschätzung des
Herzens entsteht. Die Zärtlichkeit hat ihren Ort nur in der wahren Liebe.
Die Zärtlichkeit ist eine Kunst, den Menschen als Ganzheit zu empfinden,
als Person, bis in die verborgensten Regungen der Seele hinein.
Zärtlichkeit heißt, stets an das Wohl der geliebten Person zu denken.
Zärtlichkeit ist die Kunst, sich in die Seele des geliebten Wesens
hineinzuversetzen. Aber es ist nicht reine Empfindsamkeit und
Sentimentalität, sondern eine kämpferische Fähigkeit, denn wahre Liebe
bedeutet auch immer Kampf gemeinsam mit der Geliebten und Kampf für
die Geliebte, ja, ein kämpferisches Eintreten für das Reich der Liebe
selbst! Diese starke Zärtlichkeit fühlt sich in die Seele der geliebten Person
ein und möchte dem geliebten Wesen mitteilen, wie nah man sich der
Seele der Geliebten fühlt, wie wesensverwandt und innig verbunden. Wir
wollen unsere innerlichste Nähe mitteilen. Diese seelische Zärtlichkeit
bringt verschiedene Körpersprachen hervor, zärtliche Berührungen oder
Händedrücken oder bestimmten Formen freundschaftlichen Kusses. Das
können Küsse sein, die man Kindern auf die Stirn gibt oder die man
Schwestern auf die Hand haucht. Das können auch tröstende Umarmungen
von weinenden Freundinnen sein. Das kann bedeuten, einer frommen
Schwester den Arm zu streicheln, weil sie soviel Schönheit in die
Gottesverehrung bringt. Das kann bedeuten, sich in den Tanz von Frauen
einzureihen. Das alles bedeutet, keine Scheu vor körperlicher Nähe zu
haben. Ja, die körperliche Nähe zu den Seelen ist eine besondere Form der
Verkündigung der Liebe Christi. Ich selbst habe noch einen Weg vor mir
und hoffe, noch vielen lieben Frauen und lieben Kindern zu begegnen und
ehrlichen Freunden, und hoffe, noch viele Menschen berühren zu können,
als berührte ich körperlich die Liebe Christi und Mariens. Ich will noch
viele liebe Seelen körperlich zärtlich berühren. Ich will noch ältere Frauen
wie Mütter berühren und jüngere Frauen wie Schwestern berühren. Ich
will, dass mir die Liebe Gottes noch viele Söhne und Töchter des Herzens
schenkt, die ich zärtlich berühren und segnend küssen kann. Ich will
ehelos bleiben, wie die Weisheit Gottes es will, aber ich will in mir das
Bild der Frau als Schwester entwickeln. Die Schwester ist die
Manifestation der geistigen Schönheit der Frau. Ich will die geistige
Würde der Frau ehren und den Genius der Frauen immerdar wertschätzen.
Die Schwester stellt eine Form von geistiger Mutterschaft dar und ist ein
Geschenk von Weiblichkeit an meine menschliche Existenz, welche in mir
die edelsten Gefühle weckt, und sie hinterlässt auch eine tiefe Spur der
Dankbarkeit für die Schönheit Gottes, die sich in der geistigen
Mutterschaft der schwesterlichen Frau offenbart. So danke ich der
Schönheit Gottes für die Frau! Und der Frau danke ich dafür, dass sie eine
Frau ist!
3
Ich will nun betrachten die göttliche Liebe in Gott selbst, das heißt, den
innertrinitarischen Eros. Es heißt ja in der katholischen Theologie, Gott ist
Liebe, Gott ist der Liebende und der Geliebte und die Liebe. Es heißt auch,
Gott ist nicht allein Agape, die selbstlos sich verschenkende Liebe,
sondern auch Eros. Die innergöttliche Liebe der dreifaltigen Gottheit ist
also auch innergöttlicher Eros. Um vom innergöttlichen Eros zu schreiben,
beginne ich beim Tantrismus des Hinduismus. Der Tantrismus ist
gewissermaßen die erotische Philosophie der Religion. Auch im
philosophischen Hinduismus ist der höchste Gedanke Gottes der Gedanke
der Einheit der Gottheit, das höchste absolute Wesen ist Ein Gott! Aber
diese Eine Gottheit offenbart sich doppelt als göttlichmännlich und
göttlichweiblich. Der göttlichmännliche Gott verkörpert den Geist und die
göttlichweibliche Göttin verkörpert die Natur. Der Gott ist von solcher
erhabenen Geistigkeit und reinster Askese, dass er mit dem dritten Auge,
das heißt, seiner geistigen Konzentration, in seiner Meditation den
Liebesgott Kama, also den Eros, verbrennt. Der männliche Gott des reinen
Geistes und der strengsten Askese bedarf aber seines weiblichen
Gegenübers. Diese ist die Göttin der Natur, die Seele der Natur. Sie wohnt
auf den höchsten Bergen des Himalaya und ist gewissermaßen die Mutter
Erde. Die Göttin der Natur spricht Prakriti, die Sprache des Alltags, der
Frauen, der natürlichen Dinge. Der Gott des Geistes spricht Sanskrit, die
Sprache der heiligen Schriften und der Priesterkaste. Der Gott und die
Göttin werden in Liebesvereinigung dargestellt. Das Gottesbild des
vereinigten Gottespaares stellt die Göttin und den Gott in einer sexuellen
Vereinigung dar. Des Gottes Symbol ist der kultisch verehrte Phallus, der
Göttin Symbol ist die kultisch verehrte Vulva. Phallus und Vulva in
Vereinigung sind Symbol der göttlichen Liebesvereinigung des Gottes und
der Göttin oder des Geistes und der Natur und stellen erst in dieser
Vereinigung die Totalität des absoluten Wesen, der Einen Gottheit dar. Im
Kult des Tantrismus wird diese sexuelle Liebesvereinigung des Gottes des
Geistes und der Göttin der Natur kultisch nachgeahmt. Dabei gibt es zwei
mögliche Wege, den rechten Weg und den linken Weg. Der rechte Weg ist
der mönchische Weg, da der Mönch oder die Nonne ehelos und keusch
leben und die Kräfte der Erotik und die sexuelle Energie ihres Körpers
erwecken und durch Meditation und Gebet geistig sublimieren zu
spiritueller Energie, die zur Erleuchtung führen soll, zu Zuständen der
Ekstase. Dabei suchen zum Beispiel tantristische Nonnen die Nähe von
Männern, um allein durch die Nähe, nicht einmal durch körperliche
Berührung, die Energie der erotischen Ausstrahlung des Mannes in sich zu
empfangen, um die eigene innere erotische Energie zu erwecken, diese zu
sublimieren und so dem Geheimnis der göttlichen Erotik näher zu
kommen. Dabei wird auch innerlich die persönliche Gottheit als
Liebespartner visualisiert. Hier wird die Gottheit zum persönlichen Gott
oder zur persönlichen Göttin, mit der sich Mönch oder Nonne in
mystischer Erotik bräutlich vereinigen. Der linke Weg ist der Weg der
kultisch praktizierten Sexualität. Da die eigentliche Philosophie des
Tantrismus asketisch ist, werden hier fleischliche Genüsse wie Fleisch-
und Fischessen, Weintrinken, Reisessen und sexueller Beischlaf, allein in
gewissermaßen sakramentaler Weise kultisch zelebriert. Hier wird der
sexuelle Liebespartner kultisch angebetet als Sakrament des göttlichen
Wesens. Der Mönch verehrt die kultische Beischläferin zur höchsten
Göttin, salbt diese, schmückt diese mit Blumen und Schmuck, räuchert ihr
wie dem höchsten Wesen und vereinigt sich mit der kultischen
Beischläferin in dem Bewusstsein der Vorstellung, sich mit der Göttin
selbst sexuell zu vereinigen. Hierbei wird die sexuelle Energie durch die
ausgebildeten Künste der rituellen Liebesvereinigung zur höchsten
Vollendung gebracht, wobei die möglichst potenzierte sexuelle Energie
einen ekstatischen Zustand der Erleuchtung und des Einswerdens mit dem
Göttlichen erzeugen soll. So verstehe ich die Philosophie, den Kult des
Tantrismus. Dies ist also die hinduistische Idee der göttlichen
Zweifaltigkeit von Gott-Geist und Gott-Natur. Der sexuelle Akt wird
Vater-Mutter (Yab-Yum) genannt. Es ist die Doppeloffenbarung Gottes als
Gott-Vater und als Gott-Mutter. Kommen wir nun zur jüdischen Mystik
der Kabbala. Dort finden wir den Gedanken von Gott-Geist als Gott-Vater
und Gott-Natur als Gott-Mutter auch. Wie es im katholischen Katechismus
heißt: Gott mit dem Namen Vater bezeichnet die Transzendenz Gottes,
Gott mit dem Namen Mutter bezeichnet die Immanenz Gottes und die
liebende Zuwendung Gottes zu jedem Geschöpf. So bezeichnet auch die
jüdische Mystik der Kabbala den Einen Gott Israels als Vater und als
Mutter. Als Vater heißt der Herr der Alte an Tagen und der Ewige und der
König. Als Mutter heißt der Herr Einwohnung Gottes in der Schöpfung
oder göttliche Gegenwart in der Schöpfung. Als Vater trägt der Herr den
philosophischen Titel Gott-Geist und als Mutter trägt der Herr den
philosophischen Titel Gott-Natur. In der Selbstoffenbarung des absoluten
Göttlichen (En-Soph) in zehn Offenbarungsweisen oder Hypostasen
(Sephirot) erscheint das Göttliche unter anderem als Herrlichkeit
(Tipheret) und als Himmelreich (Schechinah). Die Selbstoffenbarung
Gottes als Herrlichkeit des Herrn wird bezeichnet mit dem Namen Jahwe
und bezeichnet den König. Die Selbstoffenbarung des Herrn als göttliche
Gegenwart oder Himmelreich (Schechinah) ist die Königin. Schechinah
wird auch die Matrone Israels genannt oder auch die kleine Matrone,
Matronita. Nun wird aber die Beziehung zwischen dem König der
Herrlichkeit, Jahwe, und der Matrone des Himmelsreichs gedacht als eine
Liebesbeziehung, die im Hohenliede Salomos zum Ausdruck gebracht
wird. Die rabbinische Auslegung des Hohenliedes bezieht ja den
Bräutigam auf den Gott Israels und die Freundin auf das Volk Israel. Die
kirchliche Auslegung bezieht den Bräutigam auf Christus und die Freundin
auf die Kirche, beziehungsweise auf die christliche Seele. In der
rabbinischen und in der kirchlichen Tradition stellt der Bräutigam Salomo
den göttlichen Partner dar und die Braut Sulamith den menschlichen Teil
des auserwählten Gottesvolkes. In der jüdischen Mystik der Kabbala aber
ist das Liebeslied ein Liebeslied, das in der Gottheit gesungen wird, da ist
der König und Bräutigam Salomo der poetische Name für Jahwe, den
König der Herrlichkeit, und die Braut Sulamith ist der poetische Name für
die göttliche Gegenwart, die Matrone Schechinah. Es wird also eine
innergöttliche heilige Hochzeit angenommen zwischen Gott dem Herrn
und seinem Himmelreich, zwischen der Herrlichkeit und der Gegenwart
Gottes in der Schöpfung, zwischen Gott-Geist und Gott-Natur. Denn
Jahwe, der Herr, ist der Alte an Tagen, der Ewige, der König, der Vater,
und ist der Gott-Geist, aber Schechinah, die Immanenz Gottes, die
Gegenwart Gottes in der Schöpfung, das Himmelreich Gottes, die Matrone
Israels, das ist die Mutter, das ist die Gott-Natur. Hier finden wir also
eigentlich den gleichen Gedanken wir im hinduistischen Tantrismus, dass
das Göttlichmännliche und das Göttlichweibliche in einer innergöttlichen
Liebesvereinigung, in einer heiligen Hochzeit vereinigt sind und so erst die
Totalität des absoluten göttlichen Wesens darstellen. Findet sich der
Gedanke der heiligen Hochzeit (Hieros Gamos) innerhalb der Einen
Gottheit auch in der christlichen Tradition? Wir finden diesen Gedanken
angedeutet in den Visionen der heiligen Hildegard von Bingen, der
deutschen Prophetin. Sie schaut nämlich die göttliche Liebe, die Caritas,
als Mater Caritas, und schaut die Mater Caritas als Ehefrau des Herrn, die
mit dem Herrn eins ist im Ehebett Gottes. Aber dennoch muß man sagen,
dass der Gedanke der Zweifaltigkeit der Gottheit als Gottvater und
Gottmutter noch nicht die Fülle der göttlichen Liebe umfasst. Denn hier
kommen wir auf das christliche Gottesbild, wie es durch Jesus offenbart
worden ist. Gott ist dreifaltige Liebe, nämlich Liebender und geliebte
Person und eben als dritte Person die göttliche Liebe, das heißt, die Liebe,
die die liebenden göttlichen Personen vereinigt, aber diese vereinigende
Liebe wird selbst als göttliche Person vorgestellt. So stellt sich die
Allerheiligste Dreifaltigkeit bei Augustinus als Gott-Vater, der Liebende,
Gott-Sohn, der Geliebte, Gott-Geist, die göttliche Liebe dar. Aber in den
salomonischen Weisheitsschriften des Alten Testaments erscheint die
Dreifaltigkeit als der Herr, Frau Weisheit und der heilige Geist. Frau
Weisheit aber ist die Lieblingin des Herrn. Der heilige Geist ist der Geist
des Herrn und ist auch die Geist der Weisheit. Frau Weisheit ist aber
Lieblingin und Throngenossin des Herrn. Hier trifft auf die Frau Weisheit
das zu, was die heilige Hildegard von der göttlichen Liebe sagt: Sie ruht
im Ehebett des Herrn. Der Herr und Frau Weisheit sind der Liebende und
die Geliebte, und die Liebe, die sie vereinigt, das ist die göttliche Liebe,
das ist der Heilige Geist. Nun wird von der Frau Weisheit in den
salomonischen Schriften aber auch ausgesprochen erotisch geschrieben. So
kann man auch sagen: Der Herr ist der erotische Liebhaber der Frau
Weisheit, Frau Weisheit ist die erotische Geliebte des Herrn, und der
Heilige Geist ist der göttliche Eros, oder die Erotik der göttlichen Liebe,
die die beiden göttlichen Personen vereinigt. So wird erst auch
nachvollziehbar, warum der Papst Johannes Paul der Große davon spricht,
dass die Ehe, die sexuelle Vereinigung, und die Familie ein Abbild der
dreifaltigen Gottheit sind. Denn der Mann und die Frau vereinigen sich,
und im Akt ihrer Vereinigung ist der Heilige Geist gegenwärtig. Was die
Liebenden verbindet und vereinigt, ist Liebe, diese Liebe aber als Symbol
der Liebe der beiden Person, ist selbst Person, das ist
in der Familie das Kind. So glaube ich an die Allerheiligste Dreifaltigkeit,
die Liebe ist, der liebende Herr, die geliebte Weisheit, und die göttliche
Liebe. Diese göttliche Liebe aber ist auch Eros. Denn es ist gewissermaßen
eine dreifaltige Erotik in der einen göttlichen Natur. Ein begehrender Gott,
eine begehrte göttliche Weisheit, und eine göttliche Erotik, das ist die
Entfaltung des Satzes von Papst Benedikt, dass Gott auch Eros ist. Denn es
ist Ein Gott, der Liebe ist, der Eros ist.
SIEBENTES KAPITEL
In dem Betrachtungen über die Herrin Sophie angestellt werden gemäß
den Lehren der Weisen
[Inhalt]
CLOUD10
1
CLOUD17
[Inhalt]
VITA
ERSTES KAPITEL
„Kann auch eine Frau ihr Kindlein vergessen, dass sie sich nicht erbarme
über den Sohn ihres Leibes? Und ob sie seiner vergäße, so will Ich doch
deiner nicht vergessen.“
(Jesaja 49,15)
Ich bin am siebenten November 1965 geboren. Der siebente November ist
der Geburtstag und Todestag Platons, des größten Philosophen aller Zeiten,
der siebente November ist der Todestag des heiligen Willibrord, des
Apostels der Friesen, und der siebente November ist leider auch der Tag
der kommunistischen Revolution im heiligen Russland. Das Jahr 1965 ist
das Jahr des Zweiten Vatikanischen Konzils der heiligen, apostolischen,
katholischen Kirche, da die heilige Mutter Kirche sich reformierte und die
Fenster zu säkularisierten Welt weit auftat, um allen Menschen das ewige
Evangelium Christi zu verkünden. Die Kirche öffnete die Fenster weit zu
allen christlichen Konfessionen und zu allen Brüdern und Schwestern der
nichtchristlichen Religionen, in denen die Kirche auch Spuren der
Wahrheit der göttlichen Offenbarung verborgen gegenwärtig sah. Die
Kirche sprach, dass es für unsere Zeit einen neuen christlichen
Humanismus bräuchte und dass alle eingeladen seien, an der Schaffung
eines Neuen Humanismus mitzuwirken, die dem Wahren, Guten und
Schönen verpflichtet seien. Die Kirche rief alle Kulturschaffenden auf,
neue humanistische Kulturwerke zu schaffen, wobei es keinen
katholischen Stil in der Kunst gebe, sondern alle Stile der Kunst der
Verherrlichung der katholischen Religion dienen können. Die Kirche
stellte allen Christusgläubigen die Jungfrau Maria als Urbild der Kirche,
als Jungfrau-Mutter der Kirche vor, die dem pilgernden Gottesvolk als
Vorbild vorleuchte auf dem Weg in die ewige Herrlichkeit Gottes.
Ich aber ward zu dieser Zeit in dem Flecken Hage in Ostfriesland nahe der
Nordseeküste geboren und am sechzehnten Januar 1966 getauft. Meine
Großmutter und meine Mutter waren evangelisch-lutherischer Konfession,
und so wurde ich in der evangelisch-lutherischen Kirche Sankt Ansgari
getauft. In diesem Sakrament der Taufe auf den Namen Gottes, des Vaters
und des Sohnes und des Heiligen Geistes, goß mir der lebendige Gott die
heiligmachende Gnade ein. Meine Taufpaten waren ein Verwandter meines
Vaters aus Hannover und eine Freundin meiner Mutter von der
ostfriesischen Insel Baltrum. Mein Vater nämlich stammte aus Hannover,
war von westpreußischer Herkunft, und meine Mutter stammte von der
ostfriesischen Insel Baltrum, eine Tochter friesischer Mütter. Später sah
ich, dass auf dem Altar der Sankt-Ansgari-Kirche, in der ich das
Sakrament der Taufe empfing, auf dem steinernen Altartisch der Name
MARIA eingeschrieben war. Das Sakrament der Taufe wird ja auch als
Bad der Wiedergeburt bezeichnet, da der Mensch wiedergeboren wird
durch Wasser und Heiligen Geist zu einem Kinde Gottes. Nikodemus
fragte ja den Lehrer Jesus, wie ein Mensch denn neugeboren werden
könne, wie er denn wieder in den Mutterschoß komme. Der Mensch wird
ja wiedergeboren im Schoß der Mutter Kirche zu einem Kinde Gottes. Da
Maria aber Urbild und Mutter der Kirche ist, kann man auch sagen, dass so
wie Maria vom Heiligen Geist den Sohn Gottes empfangen hat und ihn
geboren hat als jungfräuliche Mutter, so empfängt Maria auch vom
Heiligen Geist die Kinder Gottes und gebiert sie als Kinder Gottes. So wie
also am siebenten November 1965 meine Mutter mich als Mutter nach der
Natur geboren hat für die Erde und zum Tode, so hat mich am sechzehnten
Januar 1977 meine himmlische Mutter Maria, meine Mutter nach der
Ordnung der Gnade, wiedergeboren zu einem Kinde Gottes ins ewige
Leben.
Die wichtigste Person meiner Kindheit war meine Großmutter, eine
Witwe. Sie lebte mit in unserer Familie und gab mir von Anfang an die
bedingungslose Liebe, die jedem Menschen in der Kindheit einen
Geschmack der göttlichen Liebe gibt. Es war, wie im Buche Ruth, da Ruth
den Sohn auf dem Schoße ihrer Schwiegermutter Noomi gebar, wodurch
Noomi den Obed als ihren Sohn und Erben annahm. Von dem wichtigsten
Erbe meiner Oma will ich später erzählen, nämlich wie sie durch ihren
Heimgang mir den Glauben an Christus vermittelte. Aber vielleicht nicht
weniger wichtig oder vielleicht sogar noch wichtiger ist, dass sie mir durch
ihre süße Liebe in der Kindheit ein Bild eingegossen hat von der
bedingungslosen Mutterliebe Gottes, was denn auch mein besonderes
Gottesbild bleiben sollte. Meine Großmutter hatte ein kleines Häuschen
direkt neben meinem Elternhaus und ich verbrachte meine Kindheit
gewissermaßen in ihrem Schoß, oder an dem Rockzipfel meiner
Großmutter. Ich vergesse nicht, wie ihre Liebe schmeckte, wie ihre
friesischen Mehl- und Milchspeisen süß schmeckten wie die Liebe selbst.
Sie gab nicht irdische Speise statt Liebe, sondern sie gab irdische Speise
zum Ausdruck ihrer mütterlichen Liebe. Ich gab ihr jeden Abend einen
Gute-Nachtkuß und wünschte ihr einen schönen Schlaf und süße Träume.
Ihre Wange war so weich und zart wie die Wange eines Pfirsichs der
Unsterblichkeit aus dem Paradiesgarten der Königinmutter des
Westgebirges, Hsi Wang Mu. Beeindruckend waren die winterlichen Feste,
vor allem das Weihnachtsfest, aber auch das Sylvesterfest. Zu Sylvester
gingen meine Eltern aus, um mit Freunden zu feiern, aber ich und mein
Bruder blieben bei meiner Großmutter, wir schliefen in ihrem Haus und
um Mitternacht aufgeweckt, begrüßten wir mit ihr das Neue Jahr unter
dem Feuerregen der chinesischen Raketen. In der Weihnachtszeit war es
mein Ehrenamt, den kleinen Tannenbaum meiner Großmutter mit Kerzen,
Lametta und Goldkugeln zu schmücken. Am Heiligen Abend speiste die
ganze Familie zu Abend bei meiner Großmutter, die das traditionelle
Weihnachtsgericht der Friesen von Baltrum bereitete, nämlich Heringssalat
mit Roter Beete und Salzkartoffeln. Diesen Salat machte meine
Großmutter selbst, wie sie auch die Weihnachtsbäckerei beherrschte und
vor allem ihre Neujahrswaffeln und ihre Pfeffernüsse unvergesslich
köstlich schmeckten. Ich half ihr stets bei der Weihnachtsbäckerei. In der
Abendröte der Adventszeit ging in unserem Hause der Spruch um:
Abendrot – die Englein backen Brot!
Am sechsten Dezember wurde von den Friesen der Heilige Nikolaus
gefeiert. Dieses Fest stammte noch aus der Zeit, da Friesland katholisch
war. Klaus Störtebecker, der friesische Seeräuber, rief als Seemann immer
Sankt Niklas als seinen Schutzpatron an. Sankt Nikolaus wird von den
Friesen besonders als Schutzpatron der Seefahrt verehrt. So ist die kleine
katholische Kirche auf Baltrum Sankt Nikolaus geweiht, dort diente ich
später einmal am Altar. In Hage aber stellten wir Kinder am Vorabend von
Sankt Nikolaus einen roten Stiefel vor die Tür und einen Teller mit
Schwarzbrot. Das Schwarzbrot war für das Pferd des Heiligen Nikolaus,
der rote Stiefel aber, dass der Heilige Nikolaus seine Geschenke
hineinlege. Denn der heilige Bischof von Myra in Kleinasien war ein
großer Freund der Kinder. Er hörte von einem armen Vater, der Witwer
war, und drei verwaiste kleine Kinder hatte. So schlich sich der Heilige
heimlich auf das Dach des Hauses und warf durch den Schornstein Beutel
mit Gold, die fielen aber gerade in die Kinderschuhe, die vor dem Kamin
zum Trocknen aufgestellt waren. Daher stammt der Brauch, dass die armen
Kinder ihre Stiefel hinausstellen, dass der Heilige Nikolaus auch ihnen ein
Geschenk mache. Am Abend von Sankt Nikolaus ritt der Heilige Nikolaus
in seinem Bischofsmantel auf einem Schimmel durch den Flecken Hage,
auf seinem Rücken einen großen Sack mit Süßigkeiten für die Kinder. Er
warf Hände voll Süßigkeiten unter die Scharen der Kinder. Er wurde aber
auch begleitet vom Knecht Ruprecht, einem Mohren, der der Knecht des
Heiligen Nikolaus war. Dieser trug aber keinen Sack mit Süßigkeiten,
sondern eine Rute. Denn es war den Kindern angedroht, wenn sie nicht
lieb gewesen, dann käme der schwarze Knecht Ruprecht mit der Rute und
züchtige die ungehorsamen Kinder. Ich fürchtete mich aber nicht vor dem
Knecht Ruprecht, aber freute mich sehr über den Heiligen Nikolaus, den
alten Mann mit seinem langen schneeweißen Haupthaar und schneeweißen
langem Vollbart, der aussah wie Gottvater auf den Bildern der Maler.
Zu Weihnachten gingen meine Großmutter mit meiner Mutter und mir
in den Mitternachtsgottesdienst. Diese Weihnachtsgottesdienste sind mir
unvergesslich. Die Sankt-Ansgari-Kirche ist eine romanische Kirche, also
ursprünglich eine katholische Kirche, die auf einem kleinen Hügel erbaut
ist. Sie war früher ein Zufluchtsort und eine Schutzburg, wohin die Friesen
flüchten konnten, wenn eine Sturmflut der Nordsee ihr Land bedrohte. Das
Kirchenschiff, da der Raum der Gemeinde ist, wird vom Raum des Altares
abgetrennt, indem unter der Decke die Szene der Kreuzigung Christi
dargestellt wird. Christus hängt am Kreuz, und unter dem Kreuz stehen
Maria, die Mutter Jesu, und der Jünger, den Jesus lieb hatte. Dies prägte
mir ohne Worte, allein durchs Bild die Szene ein, da der Erlöser zu seiner
Mutter spricht: Frau, siehe deinen Sohn! Und wie der Erlöser dann zu dem
Jünger, den er lieb hatte, sprach: Sohn, siehe deine Mutter! In der
Weihnachtsfeier wurde nun immer auch die Krippenszene in großen
Figuren dargestellt. Dieser Brauch stammt ebenfalls aus der katholischen
Kirche, da es der heilige Franziskus war, der zuerst eine Krippenszene
darstellte und so Weihnachten feierte. Das Bild des jungen Mädchens
Maria, das sich über die Krippe mit dem göttlichen Kinde anbetend neigt,
ist mir unvergesslich. Sie war so liebenswürdig und schön, so anmutig und
holdselig, so sanft und mild und gütig, das ich sie lieb hatte. Ich kannte sie
ja auch aus den Weihnachtsliedern, die ich in der Vorweihnachtszeit viel
mit meiner Mutter gesungen. Meine Mutter hat eine schöne Stimme. Sie
hat als junges Mädchen in der Baltrumer Gitarrengruppe gesungen, später
in ihrem Alter sang sie in großen Chören das Weihnachtsoratorium von
Bach und das Requiem von Mozart. Sie sang mit ihrer schönen Stimme
mir die Weihnachtslieder vor, die einzige Art der Marienverehrung in der
evangelischen Kirche. Da war von der Rose die Rede, und die Rose, die
ich meine, ist die Magd Maria, die Reine. Da war von Josef und Maria die
Rede, dem trauten, hochheiligen Paar, und dem Knaben im lockigen Haar.
Da hieß es: Ihr Kinderlein kommet, o kommet doch all, zu Krippe in
Bethlehems Stall. Diese evangelischen Weihnachtslieder, die ja zugleich
tief vom katholischen Geist durchtränkt waren, verkündeten mir das
Evangelium von der Menschwerdung Gottes aus der Jungfrau in meiner
Kindheit mit einer solchen süßen Predigt, solch einer süßen Stimme, da es
die Mutterstimme selbst war, die mir von Maria und dem Jesusknaben die
erste Lehre gab.
An dieser Stelle fällt mir auch ein, dass die Gottesdienste meiner
Kindheit mich auch haben das Wort Gottes in der Heiligen Schrift haben
hören lassen in der gewaltigen romanischen Kirche, da es feierlich
verkündet wurde. Es wurde die Heilige Schrift vorgetragen in der
deutschen Übersetzung von Martin Luther. Ich habe das Wort Gottes in der
Muttersprache des Lutherdeutsch wie die Muttermilch aufgesogen. Als ich
später als Erwachsener mich zu Christus bekehrte, war meine erste
Handlung, eine Bibel zu kaufen, es war eine Lutherbibel, die mir in den
schrecklichsten Stunden meines Lebens Trost einflößte wie die Milch des
Trostes der Mutterliebe Gottes. Man sagt, die Christen werden genährt an
den beiden Mutterbrüsten des Alten und des Neuen Testaments. In der Zeit
der Reformation polemisierten die Katholiken, die Deutschen hätten sich
von den gebenedeiten Mutterbrüsten Mariens abgewandt und sich der
stiefmütterlichen Mannesbrust Luthers zugewandt. Als ich in die Schule
der Evangelikalen ging, fand ich viel Kritik an der angeblich veralteten
Lutherbibel. Auch in meiner Konversion zur katholischen Kirche
versuchte ich mich in katholischen Bibelübersetzungen. Aber es war in
allen anderen Bibelübersetzungen, ob sie sich nun als modern oder als
wissenschaftlich oder als rechtgläubig ausgaben, immer ein falscher Ton,
es war nicht die Muttersprache. Die Muttersprache, mit der die Liebe
Gottes zu mir spricht, ist das Lutherdeutsch. Nicht allein, dass sie allein
dem Dichter wahren Genuß an der deutschen Sprache gewährt, wie schon
Klopstock und Hölderlin bezeugten, diese Meister der deutschen Sprache.
Ich denke auch an Heinrich Heine, der die Bibel mit einer Großmutter
verglich, die dem geliebten Enkel vom lieben Gotte erzählt. Wie das
Sprichwort sagt: Was Hänschen nicht lernt, das lernt Hans nimmermehr; so
kann man auch umgekehrt sagen: Was das Hänschen gelernt, das verlernt
der Hans nimmermehr. So ist es, gleich welcher christlichen Konfession
ich auch anhing, immer das Lutherdeutsch gewesen, in dem ich die Worte
Gottes nur vernehmen konnte.
In meinen ersten Kindheitsjahren war ich oft mit meinem Bruder allein
auf der Insel Baltrum. Dorther stammt meine Großmutter, meine
Urgroßmutter, meine Ururgrossmutter und mein Ururgroßvater, der
Seemann. Stellvertretend für dieses Geschlecht der mütterlichen Ahnen
lebte noch meine Tante auf Baltrum und unterhielt dort eine Teestube. Dort
waren mein Bruder und ich oft zum Urlaub. Dort lernte ich auch den
Häuptling der Apatschen kennen, dessen Abenteuer mich in meiner
Kindheit episch breit begleiteten. Die Insel Baltrum ist allerliebst, sie wird
genannt das Dornröschen der Nordsee, der Südlichen Nordsee, weil sie so
verschlafen ist und überwachsen mit Heckenrosen. Dort feierten wir oft
das germanische Osterfest mit den bunt bemalten Eiern. Ostern wird
überhaupt von den Kindern ganz und gar als heidnisches
Fruchtbarkeitsfest gefeiert, und ich bekam keine Unterweisung über die
Auferstehung Christi. Alles, was Ostern bedeutete, war das Frühlingsfest
der germanischen Göttin Ostera, die Wiederkehr des Lichts wurde mit dem
Osterfeuer gefeiert, und die wiederkehrende Fruchtbarkeit der Naturgöttin
mit dem Hasen, der Ostera heilig, und den bunten Eiern gefeiert. Man
suchte christliche Umdeutungen dieser Symbole. Der Hase war der
Stellvertreter des christlich-jüdischen Osterlammes. Das Osterfeuer
symbolisierte das Licht, das durch die Auferstehung Christi der
Menschheit aufgegangen. Das bunt bemalte Ei soll der Legende nach
schon die Apostelin Maria Magdalena dem römischen Kaiser präsentiert
haben, da so, wie das Küken aus dem Ei schlüpft, Christus aus dem Grabe
auferstanden ist! Wir feierten also auf der friesischen Insel Baltrum ein
friesisches Osterfest mit Scharen von Kaninchen und Körben voll von
Eiern. Ich fühlte mich auf Baltrum so wohl, dass es mir zu einer Art
besonderen Seelenheimat meiner Kindheitstage wurde. Später sehnte ich
mich oft in dunklen Stunden nach diesem österlichen Baltrum zurück. Ich
besuchte auch mehrmals mit Freundinnen und ihren kleinen Kindern diese
meine Lieblingsinsel, und es war mir eine besondere Freude, den kleinen
von mir herzlichgeliebten Kindern diese kleine Insel der Seligen zu zeigen.
Neben dem Flecken Hage befand sich die Ortschaft Lütetsburg, in der
sich ein Wasserschloß befand, eine Schlossburg der friesischen Häuptlinge
aus dem vierzehnten Jahrhundert, auf dem Wasser schwebend, nur über
eine Fähre zu erreichen. Hinter dem Wasserschloß befand sich ein großer
Park, der nach englisch-chinesischer Art gestaltet war, mit vielen Bäumen,
vor allem Eichen und Buchen, mit vielen Büschen wie Rhododendren und
Bambus, mit vielen Kanälen durchzogen, die wieder von Brücken
überquert wurden, und mit kleinen Pavillons, wie dem goldenen Pavillon
der Freundschaft, und einem anderen Pavillon, da Hochzeiten gefeiert
werden konnten. Auf den Kanälen lief ich im Winter mit meinen Freunden
gerne Schlittschuh. Meines Wissens der einzige Dichter, der das
Schlittschuhlaufen poetisch verherrlicht, ist der Vater Klopstock. Aber in
der Osterzeit machten wir den Osterspaziergang als Familie durch den
Lütetsburger Park, da denn auch kleine Schokoladeneier von den
Blutbuchen fielen. Mein Vater zitierte das Gedicht von Fausts
Osterspaziergang, das er in der Volksschule auswendig hatte gelernt. Zu
Christi Himmelfahrt fand aber alljährlich ein großer evangelischer
Festgottesdienst im Lütetsburger Park statt, an dem meine Großmutter
regelmäßig teilnahm.
Zu Christi Himmelfahrt legten wir friesischen Kinder auch immer den
Brautpfad. Es wurde traditionell gern zu Christi Himmelfahrt geheiratet,
auch mein Bruder heiratete später zu Christi Himmelfahrt (bei dieser
Gelegenheit sagte meine Großmutter mir kurz vor ihrem seligen
Heimgang: „Torsten, heirate nie!“). Aber in der Kindheit war es Tradition,
auf den Tag Christi Himmelfahrt an dem Straßenrand kleine Bilder zu
gestalten auf der Fläche von weißem Sand, gerahmt von grünem Moos und
ausgeschmückt mit den verschiedenfarbigsten Blüten. Dabei wurde dann
der beste Künstler mit einem Lorbeerkranz durch den Bürgermeister
gekrönt. Traditionelle Motive waren beliebt, vor allem das aus der Seefahrt
stammende Motiv von den drei göttlichen Tugenden des Christentums,
einem Kreuz für den Glauben, einem Herz für die Liebe und einem Anker
für die Hoffnung. Der Anker ist natürlich ein Motiv der Fischer und
Seemänner, aber es heißt auch im Neuen Testament, dass Christus als
unser Hohepriester ins himmlische Heiligtum Gottes eingegangen ist, dass
wir nun den Anker unserer Hoffnung auf den Himmel in ihm festmachen
sollen.
Im nahen Norden befindet sich der Schwanenteich, da wir oft
spazieren gingen. Das ist ein besonderer Ort, fast möchte ich sagen, ein
magischer Ort. Das Zentrum von Norden befindet sich an der Ludgeri-
Kirche. Zu Sankt Willibrord, dem Apostel der Friesen, trat schon Sankt
Ansgar, der Apostel von Bremen bis Skandinavien, nun kommt Sankt
Ludger, der mit seinem heiligen Schwan nach Helgoland fuhr, das früher
Forsetesland hieß nach dem friesischen Gott Forsete, denn Forsetesland
war das Hauptheiligtum der heidnischen Friesen. Später komme ich noch
auf Sankt Wiho, einen Friesenmissionar. Hier aber in Norden wird Sankt
Ludger verehrt in der Hauptkirche, heute evangelisch-lutherisch, und
etwas abseits in der katholischen Ludgerkirche. Der Ludgerdom von
Norden aber steht an dem heiligen Hügel, da sich auch der Warzenstein
befindet, der eine Mulde an seiner Spitze hat, darin sich Wasser sammelt,
das Warzen heilen kann. Die Mulde entstand, als ein Gottesmann solange
auf dem Stein zum Gebet kniete, bis die eindringenden Feinde besiegt
waren. Dieser Hügel ist der Heilige Hügel, das Heiligtum der Heiden, da
dann später die Kirche gebaut wurde. Der Heilige Hain der Heiden aber
war der Schwanenteich, da die friesischen Priester aus den Bewegungen
der Schwäne wahrsagten. Der Schwanenteich ist ein kleiner Teich mit
einem Rundgang. Auf dem Schwanenteich lebte ein Paar weißer
Höckerschwäne und ein Paar schwarzer Trauerschwäne. Auch halten sich
dort des weiteren Gänse, Enten, Möwen, Wellensittiche, Pfauen,
Rebhühner, Seehunde und Ziegen auf. Es ist also ein kleines Paradies für
Kinder. Hier stand ich mit drei Jahren mit dem kleinen Mädchen Marita
und fütterte die Schwäne. Später habe ich als Wahnsinniger wieder in der
Nähe des Schwanenteichs gelebt und mit den Schwänen kommuniziert.
Davon will ich, wenn ich es nicht vergesse, später erzählen. Der Schwan
ist nicht nur der Namensgeber für unsern Familiennamen, sondern ein
mythologisch bedeutsames Tier. Die Walkyren bei den Germanen hießen
Schwanenmädchen. In vielen Märchen gibt es Schwanenjungfraun. Der
Schwan war der Venus wegen seiner majestätischen Schönheit heilig, es
heißt, Schwäne zogen den Wagen der Venus. Der Schwan war die Gestalt,
die Zeus annahm, um Leda zu begatten, die daraufhin die schöne Helena
gebar, die schönste Frau der Antike. Der Schwan war auch dem Apollo
heilig als ein Vogel der Weissagung, da Apollo nicht allein der Gott der
Dichter, sondern auch (wenn es nicht das gleiche ist) der Gott der Seher.
Platon lässt Sokrates vor seinem Tode erzählen, dass die Singschwäne vor
ihrem nahenden Tode singen, weil sie sich auf die Unsterblichkeit der
Seele und das himmlische Elysium freuen. Auch im Orient ist der Schwan
heilig, bei den Chinesen heißt er: Himmlische Gans, weil er ein
Himmelsvogel ist. Bei den Indern reitet der Gott Brahma, der
Schöpfergott, auf dem Königshansa, dem Schwan. Der Schwan ist auch
der Göttin der Weisheit heilig, der indischen Göttin Saraswati, denn der
Schwan gilt als Symbol der spirituellen Reinheit der Seele. Im Indischen
ist Schwan gleichbedeutend mit Seele. Ich wüsste allerdings nicht, dass der
Schwan in der Bibel vorkäme. Aber wie schon erwähnt wurde Sankt
Ludger von einem heiligen Schwan begleitet.
Aber um wieder zum Elternhaus und zum Haus meiner Großmutter
zurückzukehren, will ich unseren Garten beschreiben. Dieser Garten an
sich war nicht groß, meine Großmutter zog hier ihre Bohnen. Das kann ich
nicht vergessen und muß jedes Mal daran denken, wenn ich höre von
Pythagoras, denn die Lehre der Pythagoräer von der Seelenwanderung
oder Reinkarnation besagte, dass die Seelen der Toten sich in den Bohnen
wiederverkörperten, weshalb die Pythagoräer keine Bohnen aßen. Aber
mein Vater pflegte auch Stachelbeeren und Erdbeeren und Rote und
Schwarze Johannesbeeren. Aber an den kleinen Garten schloß sich ein
großer Garten an, der einer alten Dame gehörte, den wir aber nutzen
durften. Wir pflegten den Garten und durften dafür seine Äpfel, Birnen,
Pflaumen und Kirschen ernten. Dieser Garten heiß Lenz-Park. Es stand
darin eine kleine Gärtnerhütte, darin noch Gartengeräte sich befanden. In
früheren Zeiten waren darin Bienenstöcke für die Bienenzucht. Das
vergesse ich nicht und denke stets daran, wenn ich einmal in Vergils
Lehrgedicht vom Landbau den Lobgesang auf den Bienenstaat den
Bienenkönigin lese, darin er die matriarchale Bienenkönigin mit dem
römischen Augustus vergleicht. Hier wurde manchmal heimlich Tabak
geraucht. Neben den schon erwähnten Obstbäumen standen da gewaltige
Blutbuchen von erhabenem Alter und majestätischer Würde. Im Frühling
war der ganze Garten mit weißen, gelben und violetten Krokusblüten
übersät, ein wahres keusches Kleid der keuschen Ostergöttin. In dem
gewaltigen Kastanienbaum aber, der vor meinem Fenster stand, saßen
immer die Tauben. Ihr Gurren ist mir zum Inbegriff von mütterlichen
Lauten geworden, ihr mütterliches Taubengurren ist mir zum Inbegriff
eines mütterlich tröstenden Zuredens geworden. Vermischt mit dem Klang
der Kirchenglocken ist es der musikalische Klang meiner Kindheit. Auch
hatten wir im Sommer immer Lämmer im Garten, die das Gras
abweideten. Mit diesen Lämmern gab es manche komische Geschichte.
Manchmal kam ich zu spät zur Schule, weil ich ein Schaf noch einfangen
musste. Aber ein Schaf, das ich Petra genannt hatte, war ein schwarzes
Schaf und war leider elendig an einem Bandwurm krepiert. Schafe und
Lämmer waren mir sowieso gut vertraut, da wir oft auf dem Deich an der
Nordseeküste spazieren gingen, da wir denn mitten zwischen den Schafen
wandelten, die auf dem Deich weideten. Das sollte mir die Schafswelt des
Alten Testaments und die Lammeswelt des Neuen Testaments lebendiger
machen. Ich empfand es immer gewissermaßen als eine Lästerung oder
zumindest als menschlichen Hochmut, diese Bilderwelt der Bibel
abzulehnen mit dem Hinweis auf die Stupidität der Schafe und Lämmer.
Vielmehr empfand ich den Vergleich gut gewählt, da mir die Schafe
sowohl die Unschuld und Reinheit Christi, als auch seine Sanftmut und
Demut gut zum Ausdruck zu bringen schienen. Aber den stolzen
Menschen gefiele ein Löwe eben besser oder ein Adler. Andere aber noch
bevorzugen Steppenwölfe oder listige Füchse oder gar sinnliche
Schlangen.
Von meinem Elternhaus nur durch den Lenz-Park geschieden befand sich
die kleine katholische Kapelle Sankt Wiho. Wir sprachen über die
Katholiken immer wie über Menschen fremder Sprache, fremder Rasse,
unverständlicher Kultur. Alles in Friesland war von evangelischer Kultur
geprägt, lutherisch oder reformiert. Die Katholiken waren wie
Fremdkörper. Es war wie in China, wo man das Christentum lange Zeit die
„Religion der fremden Teufel“ nannte. Wir wunderten uns oft über die
seltsam gekleideten Knaben und Mädchen, die Ministranten, wenn sie vor
der Messe sich hinter der Kapelle im Garten versammelten, wir wunderten
uns über ihre Minsitrantengewänder. Einen unangenehmen Hauch von
Absonderlichkeit hatten auch die katholischen Pfadfinder. Dennoch sollte
ich später drei Mal mit den katholischen Pfadfindern ins Zeltlager reisen.
Aber entscheidend ist doch, dass sich in meiner Kindheit Garten die
Klänge der lutherischen Kirchenglocke mit den Klängen der katholischen
Kirchenglocke zu einem einzigen harmonischen Laut der Mutter Kirche
vereinten. Sie waren wie zwei Schwestern, die evangelische Schwester
war blond, die katholische Schwester war schwarzhaarig, die evangelische
Schwester war allseits beliebt und jung, die katholische Schwester war die
Außenseiterin der Gesellschaft und wurde als sonderbar schief angesehen.
Aber sie beide lächelten in meinen Garten. Und kurz nach meiner
Bekehrung zu Christus besuchte ich zum ersten Mal die kleine katholische
Sankt-Wiho-Kapelle und verliebte mich unsterblich in Unsere Liebe Frau
von Hage, eine wunderschöne junge Madonna, die Apokalyptische Frau,
der Schlange das Haupt zertretend. Sie ist einfach unglaublich schön!
Wir haben als Familie von Vater und Mutter und Kindern manche Reise
nach Skandinavien unternommen. Hier erweitert sich mein Heimatbegriff.
Ich habe mich nie heimatlich identisch gefühlt mit dem politischen
Deutschland. Wo liegt auch Deutschland? Heimat, soweit sie auf Erden in
der Kindheit gefühlt wurde, ist persönliche Erfahrung. Meine engere
Heimat ist Friesland, meine weitere Heimat Germanien. Ich folge hier den
Spuren des heiligen Ansgar, in dessen Kirche ich getauft ward. Er
missionierte Dänemark und Schweden. Skandinavien war eine Zeit
katholisch, später wurde es absolut lutherisch. Wir waren zuerst in
Dänemark auf dem Festland. Ich sah Kopenhagen, ich sah auch die Statue
der Kleinen Meerjungfrau, der nordischen Venus. Wir wohnten am Meer
und ich vergesse nicht die Feuerquallen in der Ostsee, vergesse nicht die
salzige Butter und die Himbeermarmelade und die saure Dickmilch. Wir
fuhren dann zur dänischen Insel Langeland, die übersät war mit
purpurroten Mohnblumen. Hier trafen wir die Familie einer
Jugendfreundin meiner Mutter, deren beide Töchter in dem Alter meines
Bruders und in meinem Alter waren, schöne Mädchen. Die Mütter
verglichen ihre Brüste und fragten mich um mein Urteil, ob der kleinere
oder der größere Busen der Schönere sei? Ich weiß nicht mehr, wie ich
mich aus der Affäre zog. Dann reisten wir zur Insel Öland. Dort lernten wir
eine schwedische Familie kennen, die wir oftmals besuchten. Öland ist
gewissermaßen die große Schwester der kleinen Baltrum. Wie Baltrum die
Perle meiner friesischen Heimat, so ist Öland die Perle meiner
germanischen Heimat. Wir betrachteten alle die vielen Windmühlen, die
ein Don Quichotte wohl für verzauberte Riesen und Trolle gehalten hätte.
Wir sahen die Sommerresidenz der Königin von Schweden, die deutscher
Abstammung war. Die Kinder der schwedischen Familie versuchten mir,
die schwedische Sprache nahezubringen. Am Meeresstrand fand ich Ton
und formte daraus Schlangen, die ich dann zu einer Vase modellierte, diese
ließ ich in der Sonne trocknen und schenkte sie zuhause meiner geliebten
Großmutter, die eine künstliche Rose hineinstellte. Mein Vater fuhr allein
mit einem kleinen Segelboot auf die Ostsee und erlitt einen Unfall. Wir
bangten lange, ob der Vater verschollen sei? Auch liebte ich es, in der
Ferienwohnung Romane zu verschlingen. Dann reisten wir auf das
schwedische Festland und sahen Stockholm, das Schloß der Königin.
Uppsala, der Geburtsort der heiligen Brigitta von Schweden, war in
heidnischer Zeit das Hauptheiligtum der Germanen. Dort trat ich in den
Dom von Uppsala, der lutherisch geworden war. Wir durchfuhren in einem
Wohnwagen das schwedische Land und kamen nach Norwegen, wo wir in
der Stadt Bergen Lachs speisten, den Lachs der Weisheit, eine
sakramentale Speise der Druiden, denn der Lachs schwimmt zur Quelle
zurück, gegen den Strom zurück zur Quelle, um dort zu laichen und zu
sterben, darum ist er ein Symbol der Weisheit. Ich fand die Fjorde
beeindruckend, diese wildschäumenden Wasser in zerklüfteter
Felslandschaft. Wir reisten noch durch Finnland und Lappland. Dort sah
ich die Mitternachtssonne, da um Mitternacht ein rosiger Sonnenschimmer
über den schneebedeckten Bergen lag, ein unglaublich poetisches Bild.
Wir speisten finnische Grütze und übernachteten im Land der tausend Seen
auf einer grünen Weide im Zelt, da mein Bruder und ich morgens von
einem Rentier geweckt wurden, das neugierig vor unserm Zelte stand. Die
Rentiere sind wunderschöne Tiere und leben zahm und zugleich frei
gesellig in großen Herden droben im Land der tausend Seen. Wir sahen
auch die Lappländer in ihren Eingeborenentrachten, Holzfäller, die die
unzähligen Birken nutzten. Hier bekam ich ein Rentiergeweih und ein
Messer mit einem Griff aus Rentierhorn geschenkt. Zuletzt begaben wir
uns an den nördlichsten Punkt Europas, an das Nordkap. Dort stand ich
nun am äußersten Norden der Königin Europa und schaute in das
unendliche Nordmeer herab. Und wenn ich nun lyrisch werden wollte, so
schien mir, ich war an der Grenze zur Welt der germanischen Götter, die
Toren Walhallas taten sich auf, die Schwanenmädchen kamen, die
Schwanenmädchen trugen mich nach Folkwang in die Arme Unserer
Lieben Frouwa!
Ich sollte noch mein Horoskop erstellen, um auch der Poesie des
Aberglaubens zu frönen. Der Dichterfürst Goethe regte mich dazu an, und
ich denke an die Lehre des Dichterpapstes Dante, der selbst seines
Zeichens Zwilling war und auf den engelgleichen Lehrer Thomas von
Aquin hinwies, der nämlich behauptete einen gewissen Einfluß der Sterne
auf die niedere Natur der Seele, wobei die höhere Natur der Seele natürlich
die vollen Freiheit behalte, sich für Gott oder gegen Gott zu entscheiden,
allezeit zu wählen zwischen Gutem und Bösem. Der Einfluß der
kosmischen Ordnung gibt der Seele eine gewisse individuelle Prägung, aus
diesem Material der freie Menschengeist denn Gutes oder Bösen fruchten
lassen kann. Soweit zur Rechtfertigung meiner Darlegung.
Wissenschaftlich kann dieses Horoskop nicht sein, aber ich will doch
sagen, dass ich unter dem Sternbild des Skorpion geboren bin mit dem
Aszendenten Waage. Die Waage steht nun für Sanftmut, Harmonie, Ruhe.
Der Skorpion aber steht unter dem Einfluß des Mars, der für die
Aggression steht, und des Pluto, der für den Tod steht. Dem Skorpion sind
am Menschen die Geschlechtsorgane zugeordnet. Der Skorpion, wie mir
immer vor Augen stand, ist eine geheimnisvolle Mischung aus Sexus und
Tod, dabei neigt der Skorpiongeborene besonders zum Geheimnisvollen,
zum Mysterium. Es ist skorpionmäßig, die Verbindung von Tod und
Sexualität zu betrachten, den Tod als eine Hochzeit, wie Antigone es tat,
die beim Todesurteil die Hochzeit mit dem Hades erwartete. Dieses
Mysterium erscheint auch im Wort Gottes, da der Tod oder vielmehr das
ewige Leben als eine himmlische Hochzeit betrachtet wird. Der so
geprägte Mensch wird offen sein können für das Mysterium von Eros und
Kreuz. Worte wie das der heiligen Katharina von Siena, sie sei vermählt
mit Christus im Brautbett des Kreuzes, sind dem Skorpiongeborenen
intuitiv zugänglich. Das selbe Verhältnis meines Horoskops, das die
Chaldäer das Verhältnis von Skorpion und Waage nennen, drückt sich in
der chinesischen Astrologie durch das Verhältnis von Schlange und Hase
aus. Ich bin geboren im Jahr der Schlange, in der Stunde des Hasen. Der
Skorpion der Chaldäer ist die Schlange der Chinesen, die Waage der
Chaldäer ist der Hase der Chinesen. Die Schlange steht ebenso für das
Mysterium der Einheit von Tod und Sexualität, der Hase steht ebenso für
die Sanftmut und den Frieden. Über das Symbol der Schlange habe ich
lange nachdenken müssen, es hat mich immer fasziniert. Üblicherweise
steht in der Betrachtung der Bibel die Schlange für Satan, für das Böse, für
den Zerstörer, den Tod. Aber der Heilige Geist lenkt meinen geistigen
Augenmerk auf die Eherne Schlange, die Moses an einer Stange errichten
ließ. Als nämlich die Kinder Israel von giftigen Brandschlangen
(Saraphim) angefallen und gebissen wurden und starben, da errichtete
Moses auf Gottes Geheiß hin die Eherne Schlange, das kupferne Bild einer
Schlange an einer Stange aufgerichtet, damit die Kinder Israel, die Eherne
Schlange anschauend, von den tödlichen Bissen der giftigen
Brandschlangen geheilt würden und am Leben blieben. Dieses Kultbild der
Ehernen Schlange wird von Salomo im Buch der Weisheit erwähnt, da
Salomo sagt, die Menschen wurden nicht von diesem Kultbild geheilt,
sondern, dieses Kultbild anschauend, von Gott geheilt. König Hiskia
entfernte das Kultbild der Ehernen Schlange aus dem Tempel von
Jerusalem, da die Israeliten damit Götzendienst trieben. Aber unser Herr
Jesus Christus griff auf dieses Kultbild zurück, das den Namen Nehuschtan
trug, und sagte: So wie Mose die Eherne Schlange an der Stange errichtete,
damit alle, die auf die Eherne Schlange blicken, vom Tode erlöst werden
und Leben haben, so muß auch der Menschensohn am Kreuz erhöht
werden, damit alle, die auf den Gekreuzigten schauen, das ewige Leben
haben. Mit einem Wort: Christus ist die Eherne Schlange! Das wird nie
gepredigt, aber die sakrale Kunst hat es in einem Fall begriffen, dass
nämlich in der katholischen Kirche Sankt Marien zu Oldenburg in
Oldenburg die Eherne Schlange am Kreuz als Altarbild dargestellt ist. Ist
die Schlange ein Symbol des Todes, so ist es wahr, wie der Dichter Vergil
schrieb in der Aenäis: Dein Tod ist mein Leben! Der Kreuzestod Christi ist
mein ewiges Leben, der Tod der Ehernen Schlange ist mein ewiges Leben.
Die Schlange ist aber nicht allein ein Symbol für den Tod, sondern auch
ein Symbol für die Weisheit und für die Ewigkeit, des weiteren ist die
Schlange ein phallisches Symbol für die Sexualität. Es ist ein nahezu
unausschöpfliches Symbol. In der Geschichte des Sündenfalls reicht die
Schlange als das listigste aller Tiere die Frucht vom Baum der Erkenntnis.
Aber Jesus verweist darauf, seine Jünger sollen wahrhaftig und ohne
Falsch sein wie die Taube und klug wie die Schlange. Die Schlange wird
sowohl von Moses als listig, als von Jesus als klug bezeichnet. In alten
matriarchalen Kulturen gilt die Schlange als Symbol der Weisheit. Beim
Zeichen der Heilkunst, dem Äskulapstab, finden wir wieder die Schlange
oder zwei Schlangen erhoben an einem Stab. Dieses Symbol soll
Gesundheit und Heil verkörpern. Es ist dem Symbol der Ehernen Schlange
an der Stange wesensmäßig verwandt, es ist das Zeichen des Heils, des
Heilands. Die Schlange wird zu einem Symbol des ewigen Lebens, da sie
zum einen sich häutet, also aus ihrer leiblichen Haut schlüpft und mit der
Unsterblichkeit der Seele fortlebt. Zum anderen aber auch war im Altertum
weitverbreitet das Symbol der zum Kreis geschlossenen Schlange, die
ihren Schwanz ins Maul nimmt und so den absoluten Kreis der Totalität
oder Ewigkeit darstellt. Der Matriarchatsforscher und Tiefenpsychologe
Erich Neumann bezeichnete dieses Zeichen der Schlange, das man
Uroboros nannte, als ein phallisches Symbol des Urväterlichen, des
numinösen Vaters der Ewigkeit. Das die Schlange als ein Symbol für den
Phallus gesehen wurde, ist evident. In der indischen Philosophie des
Tantrismus gilt die Schlange geradezu als die leibliche Energie, die durch
sexuelle Übungen aktiviert und durch geistige Meditation sublimiert wird,
so dass ein Zustand der Erleuchtung eintreten könne. Das die Sexualität
ausgedrückt wird durch die Schlange wird auch deutlich in der
Bildsprache, da die Schlange mit der nackten Frau Eva in Verbindung steht
und ihr die Frucht schenkt, die sowohl als Apfel als auch als Feige
dargestellt wird. Die Schlange ist dabei der Archetyp der männlichen
Sexualität und die Feige oder der Apfel der Archetyp der weiblichen
Sexualität. Das es dabei auch noch um verbotene Erkenntnis ging, weist
darauf hin, dass der Sündenfall als ein gotteswidriger Erkenntnis- oder
Geschlechtsakt dargestellt wird. In der Mythologie des Judentums existiert
auch noch die Gestalt der Lilith, die die erste Frau Adams genannt wird,
und ich sah ein Bild, da eine erotische Frau, ganz wie eine Venus
dargestellt, von einer kraftvollen Schlange spiralförmig umschlungen wird,
ein kraftvolles Bild der Lilith, die von der jüdischen Mystik der Kabbala
als die Verführerin in Person dargestellt wird. Was lernen wir daraus? Die
Schlange als Symbol der Weisheit, als Symbol des Eros, als Symbol von
Tod und Ewigkeit, von Kreuz und ewigem Leben ist ein Symbol für
Christus, denn Christus ist Gottes Weisheit, Christus ist Gottes Eros,
Christus ist der Gekreuzigte und Auferstandene, Christus ist die
Auferstehung und das ewige Leben. Aber um den Hasen nicht zu
vergessen, der in der chinesischen Astrologie der Schlange zugesellt ist als
zweite Astralkraft, die die niedere Natur meiner Seele beeinflusst, will ich
nur darauf hinweisen, dass der Hase in den germanischen Ländern zu
einem stellvertretenden Symboltier für das Osterlamm geworden ist. Es ist
die Sanftmut und Friedfertigkeit, die sowohl das biblische Lamm als auch
den traditionellen Hasen auszeichnen. In meiner Kindheit hing immer an
der Bilderwand unseres Hauses der Hase von Albrecht Dürer. Der Hase ist
Christus, das Lamm Gottes, der Hase ist Jesus, der sanftmütig und von
Herzen demütig ist, der Hase ist Christus, der wahre Friedefürst.
Der Don Juan ist mir angeboren. Mozart lässt ihn zur Hölle fahren,
Byron schreibt seine unendliche Geschichte, Max Frisch bekehrt Don Juan
zur Geometrie, ich mache ihn zum Marienverehrer, zum Eremiten des
Berges Karmel namens San Juan. An meinem Kinderwagen stand meine
erste Liebe, Anonyma ihr Name, mit Marita fütterte ich dreijährig die
weißen Schwäne am Schwanenteich, mit Dörte segelte ich auf dem
Großen Meer und spielte Ping-Pong im Garten, mit Karin der
Schwarzhaarigen spielte ich Indianerprinzessin und Bleichgesicht, die sich
lieben, mit Karin der Blonden tanzte ich den Walzer, mit Sonja fing ich
Schmetterlinge vom Schmetterlingsflieder und spürte meine Pubertät in
ihrem Schlafzimmer und mit Angela spielte ich Küssen.
Meine Freunde Klaus und Udo waren mir bald fremd geworden, da sie
sich nur für Werkzeugarbeiten und Automobile interessierten. Mit meinen
Freunden Heiko und Andreas spielte ich Indianer im Wald. Andreas traf
ich später wieder bei der Heiligen Messe in der Sankt-Wiho-Kapelle von
Hage zu Füßen der Apokalyptischen Frau. Wir verwechselten David und
Goliath und spielten auf dem kleinen Hügel im Wald, den wir Goliathhügel
nannten, weil er so klein war. Es war doch der kleine Junge Goliath unser
Held, der gegen den hochgerüsteten Riesen David nur mit der
Steinschleuder bewaffnet siegte! So habe ich später auch die Söhne meiner
Seele zu Davidssöhnen gemacht.
Ich bin dreimal mit den katholischen Pfadfindern ins Zeltlager
gefahren. Wir lernten Pfadfindertugenden, uns im Wald zu orientieren. Die
Katholiken mussten bei Tisch immer beten, aber wir Evangelischen, zwar
eingeladen mitzubeten, mussten nicht beten. Mein Betreuer trug mich
durch den Bayrischen Wald und erzählte mir die Legende von Sankt
Christopherus, der nur dem Mächtigsten dienen wollte, er fand dann, der
Mächtigste sei das Jesuskind. Das erzählte mir der fromme Mann, als er
mich auf seinen Schultern trug, er hatte in der Hand einen langen
Wanderstab. Und so geschah es, dass mich Sankt Christopherus auf den
Schultern trug und ich war das Jesuskind. Später konvertierte ich in der
Sankt-Christopherus-Kapelle zur Katholischen Kirche. Heimlich las ich im
Tagebuch meines Betreuers, er beschrieb mich als vernünftig.
Mit meinen Freunden beim Indianerspielen im Wald gab es einmal eine
Auseinandersetzung, da ich als zu vernünftig angesehen wurde, zu wenig
abenteuerlustig. Man sagte mir, ich solle nicht predigen: Du predigst
wieder mal das Wort zum Sonntag. Ja, ich habe später wiedergefunden
meine Neigung zum Predigen. Mancher Frau bin ich damit schon lästig
geworden. Ich wollte gar einmal evangelischer Pfarrer werden. Aber der
evangelische Pfarrer riet mir davon ab.
In der Grundschule hatten wir zum Religionsunterricht eine
Kinderbibel bekommen. Ich erinnere mich noch gut, dass mich die
Geschichte von der Berufung des Knaben Samuel im Tempel so lebendig
ansprach, als spräche Gott nicht zu Samuel, sondern zu mir: Torsten,
Torsten! – Rede, Herr, dein Knecht hört! – Die zweite Szene aus der
Kinderbibel war das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter. Ja, das
Hören auf Gott, der Glaubensgehorsam, muß sich auswirken in der
Nächstenliebe.
Als ich zwölf Jahre zählte, nahm mich meine Kindheitsfreundin Dörte
mit in die Freie Evangelische Gemeinde, eine protestantische Freikirche
calvinistischer Prägung. Dort nahm ich an der Kinderbibelstunde teil. Das
Fräulein Marie gab uns den Unterricht. Ich erinnere mich an das Baby
Moses und seine Schwester Mirjam. Als ich als Erwachsener die Bibel
wieder fand und gläubig wurde an Christus, las ich zuerst die fünf Bücher
Moses und liebte darin vor allem Mirjam. Damit begann meine
Marienverehrung, mit der Verehrung der Schwester Moses, Mirjam. Dann
erinnere ich mich an die Geschichte von Josef im Brunnen. Ich liebte vor
allem Benjamin, weil er seinen Bruder Josef nicht verraten und verkauft
hatte. Josef war ja eine Jesus-Gestalt, und ich wollte gern der Benjamin-
Bruder des Josef-Jesus sein. So, als ich in der englischen Sprache
unterrichtet wurde, nannte ich mich Benjamin. Daran erinnerte ich mich
wieder, als ich den großen englischen Renaissance-Poeten Benjamin
Jonson so außerordentlich liebte, den Musenpriester seiner Göttin Charis.
Schließlich erinnere ich mich an den jungen David im Kampf mit dem
Riesen Goliath. Unvergesslich war mir David, so dass ich später, als ich
wahnsinnig geworden war, das erste Buch Samuel nachdichtete in
Versmaß und Reim, so heilte mich David von meinem Wahnsinn.
Ich las die germanischen Götter- und Heldensagen und war begeistert
von Siegfried. Aber Kriemhilds blutige Rache war mir ganz zuwider, ich
verabscheute den Krieg. Dagegen Gudrun, die irische Prinzessin, von
einem friesischen Häuptling gefreit, von einem Burgunder entführt, von
Friesen und Dänen befreit, sie war mir sehr lieb.
Meine musikalische Mutter hatte für meine musikalische Erziehung
gesorgt. Zuerst lernte ich Volkslieder auf der Flöte zu spielen, dann nahm
ich Klavierunterricht und spielte am liebsten das Notenbüchlein für Anna
Magdalena Bach, schließlich brachte ich mir selber das Gitarrespielen bei.
In meiner Jugend sollte dann die Gitarre mit den „blue notes“ der
afroamerikanischen Klageliebeslieder meine Begleiterin sein.
Ich war ungefähr dreizehn Jahre alt, als ich mich eines Abends in der
romantischen Dämmerung vor einem weißen Heft niedersetzte und es mit
meinem ersten poetischen Erguß voll schrieb. Ich zeigte es meinen Eltern,
fand aber kein Echo. So soll es mir wohl mein Leben lang ergehen, dass
der Geist mich inspiriert, ich dichte, aber es kommt aus der Welt kein Echo
auf meine Dichtkunst zurück.
Mit fünfzehn Jahren ward ich schließlich konfirmiert. Mein Vater hatte
mir gesagt, ich bekäme auch Geschenke, wenn ich nicht zur Konfirmation
ginge, ich bräuchte nicht wegen des Geldes zur Konfirmation gehen.
Meine Großmutter vertraute mir ihre Bibel an, die sie zur Hochzeit vom
evangelischen Pfarrer von Baltrum bekommen hatte. Nach dem Tode
meiner Großmutter ging die Bibel ganz in meinen Besitz über, sie ist nun
Bestandteil meines Hausaltares. Ich bekam ein evangelisches Gesangbuch.
Noch heute lese ich gerne diese reformatorische Poesie. Im
Konfirmationsunterricht diskutierten wir über Liebe und Freundschaft und
meditierten über die hungernden Kinder von Afrika. Ich lernte das
Vaterunser auswendig. Bei der Konfirmationsfeier nahm ich das erste Mal
an einem evangelischen Abendmahl teil. Als der Pfarrer mir den Kelch mit
dem Wein reichte, kniete ich vor dem Kelch und bekam Nasenbluten.
Christi Blut – mein Blut!
ZWEITES KAPITEL
Ich kann es nicht erklären, aber als ich eines Morgens in meiner Jugendzeit
erwachte, stand ich ohne allen Glauben da. Es war, als hätte ich nie von
Christus gehört. Nun musste ich mich also nach einer Weltanschauung
umschauen, die mir als sinnstiftender Leitfaden durchs Lebenschaos
dienen könnte. Wo die Wahrheit fehlt, da tritt die Ideologie an die Stelle.
Christus ist die Wahrheit, aber die Ideologie ist der Antichristus. Es war die
Zeit, da das kommunistische Russland und das kapitalistische Amerika in
einem Wettstreit sich befanden, wer mehr Atombomben besäße. Sie
brachten die Welt an den Rand eines Dritten Weltkriegs, eines Atomaren
Winters. Dagegen erhob sich in den westlichen Demokratien die
Friedensbewegung, die dagegen im Staatssozialismus Osteuropas keine
Meinungsfreiheit fand. Die Fahne der Friedensbewegung war eine blaue
Fahne mit der weißen Taube des Friedens, ihre Protestform waren
Ostermärsche und andere friedliche Demonstrationen. Es sammelte sich
ein Haufen von liberalen Christen, Demokraten, Naturfreunden und
Sozialisten und waren sich einig im Gegensatz zur konservativen
Regierung Westdeutschlands, die sich an die Seite Amerikas stellte. In dem
bunten Haufen der Friedensbewegung begegnete ich den Marxisten, die
mich zur kommunistischen Ideologie verführten.
Ich las das Manifest der Kommunistischen Partei von Karl Marx und
Friedrich Engels und eine Schrift von Lenin über den Imperialismus. Die
angeblich wissenschaftliche Gesetzmäßigkeit der Geschichte, die zuletzt in
das irdische Paradies des Kommunismus münden sollte, faszinierte mich.
Ich ward Kommunist und schloß mich der Kommunistischen Partei
Westdeutschlands an, einer Marionette der Kommunistischen Partei
Russlands. Hier wurde denn planmäßig ein Jugendlicher in seiner
Unwissenheit zum leninistischen Ideologen ausgebildet. Ich studierte den
dialektischen Materialismus, die kommunistische Philosophie,
entsprechend meinem Fassungsvermögen, von der kommunistischen
Ökonomie verstand ich nichts. Was mich und meine Jugendfreunde aber
vor allem faszinierte, das war die Revolutionsromantik. Das ist
verständlich. Ich hörte einmal den Spruch: Wer in seiner Jugend kein
Kommunist gewesen, der ist herzlos, und wer im Alter immer noch ein
Kommunist ist, der ist ein Narr.
Die Revolutionsromantik verklärte die russische Revolution von 1917
als eine welthistorische Wende, eingeleitet von dem großen
Menschheitsbefreier Lenin, der mit seiner kleinen Schar Revolutionäre die
zaristische Tyrannei zertrümmerte, die Weltrevolution einleitete, die den
allgemeinen Weltfrieden und das irdische Paradies herbeiführen wird. Im
Gegensatz zur Philosophie des Kommunismus, da die Geschichte von
Produktivkräften und Klassen bewegt wird, stellte sich in dem realen
Kommunismus ein historischer Personenkult her, der pseudoreligiöse Züge
trug. Dieser Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin, war der Pseudo-
Messias, eigentlich der Anti-Christus. Seine Kirche war die Partei. Seine
Bekehrung des Herzens war die Revolution, seine Waffe nicht die
barmherzige Liebe, sondern der revolutionäre Haß, sein Ziel nicht das
Himmlische Paradies in Gemeinschaft mit Gott, sondern das irdische
Paradies ohne Gott. Aber das durchschaute ich nicht, sondern ich war blind
vor Bewunderung für dieses Idol. Er war mein Götze.
Niemand hatte mir von Fatima in Portugal berichtet, wo die Mutter Christi
erschien vor drei armen Hirtenkindern und bat, für die Bekehrung
Russlands zu beten, Russland dem Unbefleckten Herzen Mariens zu
weihen, da sonst die Kommunisten Russlands ihre Irrlehre über die ganze
Welt verbreiten würden und es nach dem Ersten Weltkrieg zu einem
Zweiten Weltkrieg kommen würde. Aber am Ende wird sich Russland zu
Christus bekehren, dann wird Mariens Herz triumphieren, dann wird
Russland das Volk sein, in dem Gott am höchsten verherrlicht werden
wird.
Zur Zeit der politischen Friedensbewegung in Europa und Amerika,
erschien in der Herzegowina die Mutter Christi als Königin des Friedens
und der Versöhnung und rief die Welt zum Gebet auf: Tut Buße, betet,
betet, betet, denn der Friede kommt nicht von den Staatsmännern, sondern
der Friede beginnt, wo das Herz Frieden schließt mit Gott. Empfangt den
Frieden von Gott in eurem Herzen und dann tragt den Frieden Christi in
die Welt. Die Welt braucht Frieden, darum betet!
Aber davon machte mir keiner Mitteilung, und ich weiß auch nicht, ob ich
es hätte hören wollen. In mir war wenig Sinn für Innerlichkeit, Gebet,
sondern alles in meiner Jugendkraft drängte zur Aktion, zum Kampf. Aber
ich interessierte mich auch für die Philosophie. Ich hörte vom utopischen
Sozialismus aus Frankreich, von Utopien wie dem Utopia von Thomas
Morus und dem Staat Platons. Aber ich meinte in meiner Kurzsichtigkeit,
die Wahrheit hätte erst mit Karl Marx begonnen. Dabei war Karl Marx ein
schlechter Philosoph, der seine schlechte Philosophie mit politischen
Parolen übertünchte. Ich interessierte mich für Lenins Gedanken über die
Dialektik Hegels. Da war ja bei Hegel die Welt in einen klappernden
Dreiklang geteilt, da auf die These die Antithese folgte, und aus These und
Antithese ergibt sich die Synthese, kurz, der Urkommunismus der
historischen Vorzeit als These wurde abgelöst von der Antithese der
Klassengesellschaften, das heißt, der Sklaverei, dem Feudalismus und dem
Kapitalismus, und zuletzt ergibt sich aus historischer Gesetzmäßigkeit und
gemäß der dialektischen Gerechtigkeit die Synthese des Kommunismus,
da der Urkommunismus auf einem höheren Niveau wiedererscheint.
Allerdings, obwohl diese historische Gesetzmäßigkeit die Notwendige
Heilsgeschichte des Kommunismus zwangsläufig einleitet, muß sich
dieses Gesetz doch gewaltsam in der Revolution Bahn brechen. Und mit
dem historischen Ziel des irdischen Paradieses ist der ganze Rote Terror
historisch gerechtfertigt. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Der Weg zur
Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert.
Zuletzt, als das goldene Haus der kommunistischen Ideologie wegen seiner
offenbaren Fehlerhaftigkeit schon kurz vorm Einstürzen war, erschien
noch einmal der Neomarxist, der Philosoph Ernst Bloch mit seinem
Utopischen Marxismus und begeisterte noch einmal mein junges Herz mit
einer Zukunfts- und Hoffnungsphilosophie, die poetisch ausgedrückt, doch
auch im irdischen Paradies des Kommunismus die letztendliche Erfüllung
aller Sehnsüchte und Träume des ganzen Menschheitsgeschlechts sah.
Wie aber ist es in der Weltrevolution dem Don Juan und dem
Ewigweiblichen ergangen? Meine Jugendliebe begann mit Hedda, deren
Mutter Lenin verwarf und treu zum Zaren hielt. Da musste ich mich
abwenden, so wendete ich mich Ursula zu, der Schwester des Marxisten,
der mir das Kommunistische Manifest gegeben hatte. Aber als ich in die
Kommunistische Partei eingeführt worden, begegnete mir die
Kommunistin Sonja, die ich einen Winter liebte, bis sie an meinen
Genossen überging. Ich heulte wie ein sibirischer Wolf den Mond an. In
der Friedensbewegung lernte ich dann Kathi kennen, eine Feministin, die
mir als Antigone erschien, die Frau, die dem Vater Staat trotzte und sich
auf das Urgesetz der Gerechtigkeit berief, das Naturrecht, das als Recht der
Mütter erschien. Asche auf mein Haupt! In Sack und Asche tu ich Buße!
Ich demonstrierte für das Recht der Frauen, ihre eigene Leibesfrucht im
gesegneten Mutterschoß zu töten! Aber als der Kommunismus
zusammenbrach, erschien mir der Engel Annegret, mein Gretchen aus
Faust, der Tragödie Erstem Teil, die eine Christin war, für sie schrieb ich
die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium um, da nicht
Christus der Herr geboren war, sondern Gretchen die Frau! So hatte mich
das Ewigweibliche begleitet vom Zaren zu Lenin, von Lenin zu den
Müttern, von den Müttern zu Christus!
Meine kommunistischen Freunde Volker, Werner und Thomas trafen sich
regelmäßig mit mir, um Propagandatexte zu schreiben. All mein poetisches
Talent, das sich vor Hedda noch in Liebesgedichten ergossen,
verschwendete sich nun an politische Pamphlete. Aber mit meinem Freund
Erich kehrte langsam die Poesie zurück. Er übersetzte Liebeslieder der
Afroamerikaner, er machte langsam eine Wandlung von der Anbetung der
Ikone des Antlitzes Che Guevaras, des kubanischen Revolutionärs, zu
einem Lesen der Heiligen Schrift. Er las mir eines Tages die Apokalypse
des Johannes vor, ich konnte es nicht ertragen, denn es galten all die
Gerichte mir! Dennoch war nun eine Bibel in meinem Haus, und so nahm
ich nicht mehr Lenins Propaganda zum literarischen Vorbild, sondern
Lukas, den Minnesänger der Madonna. Bis sich aber der Madonnen-
Minnesang durchsetzte, war es noch ein langer Weg.
Ich hatte ja nicht allein Lenin zum literarischen Vorbild, sondern drei
Große der Kommunistischen Literatur, ich studierte die Gesammelten
Werke von Wladimir Majakowski, Berthold Brecht und Pablo Neruda.
Majakowski wäre ein großer Dichter geworden, wenn er Lilja und seinem
Herzen gefolgt wäre, aber so ist er zu einem großen Schreihals und
leninistischen Phrasendrescher geworden. Berthold Brecht hat in seiner
Jugend Schweinereien gedichtet und sich dann einer unpoetischen
Agitation mit erschreckend unmenschlichen Zügen zugewendet. Pablo
Neruda hat mich am längsten fasziniert, er hat ein ungeheures poetisches
Talent. Aber all der Reichtum seiner sprachlichen Bilderwelt überdeckt
doch nur die innere Leere eines irdischen Materialismus, der ohne
Hoffnung ist. Zuletzt bewegte mich die Poetische Konfession von
Johannes R. Becher, der mir meine Berufung zum Poeten bewusst machte.
Er versuchte, eine kommunistische Klassik zu schaffen. Klassik kann aber
nur aus dem christlichen Abendland entstehen, aus dem Gott Israels, der in
Christus Mensch geworden ist, verherrlicht mit der Kunst der griechischen
Schönheit. Die kommunistische Poesie ist Poesie ohne Gott, Poesie ohne
den Ewigen, darum auch keine ewige Poesie. Die wahre Poesie an ihrem
Ursprung war Gottesdienst, Gebet! Des Künstlers edelste Eigenschaft
heißt Gott. Gott ist das Wort, und ohne das Wort Gottes sind alle
menschlichen Worte hohl und bedeutungslos. Der wiederkehrende Christus
wird alle diese Machwerke mit dem Hauch seines Mundes wegbrennen!
Ich war einige Male im kommunistischen Ostdeutschland. Aber
wirklich beeindruckend war der Urlaub in Grünheide bei Berlin, da ich mit
den Parteiveteranen in einem Waldhaus wohnte. Es war im Herbst, da der
Wald überall nach Pilzen roch. Schwäne sah ich auf dem Waldteich und
Rehe im Wald. Ich zog mich oft in mein Zimmer zurück und las Bücher
aus der öffentlichen Bücherei. Das Besondere war nun, dass ich einen
Band mit Gedichten von Hölderlin gefunden und eine typographisch
schöne Ausgabe des Hohenliedes Salomos. Nie vergesse ich den Vers von
Hölderlin: Ich habe unwandelbare Liebe dir geschworen, Genius der
Wahrheit! Hier bin ich der wahren Poesie begegnet, der Poesie, die mehr
als Kunst, die Prophetie ist. Hier fand ich einen neuen Zugang zur Bibel,
über die Poesie, denn die Schönheit des biblischen Liebesliedes überzeugte
mich absolut. So wollte ich dichten.
Vom humanistischen Gymnasium aus unternahm ich auch zwei Reisen
ins schöne Prag. Mich beeindruckte schwer die Theyn-Kirche und das
Goldene Gässchen, der Hradschin und die Aposteluhr. Prag ist so schön,
dass ich nicht sagen kann, ob ich Prag schöner fand oder Venedig! Ich bin
einige Tage in Paris gewesen, aber Paris ist eine gewaltige Weltstadt,
Venedig ein Zaubermärchen, aber Prag ist Mystik. Ich sah auf der
Karlsbrücke den Heiligen Nepomuk, den Zeugen des Beichtgeheimnisses.
Mit meinen Eltern und meinem Bruder fuhr ich nach Marokko. Ich war
wirklich in Afrika! Stimmt es, dass Afrika der Kontinent ist, da die
Menschheit geschaffen worden ist? Ich badete im Atlantik und ich war in
der Wüste, ich sah die Berber, die Nomaden und das Atlas-Gebirge. Ich
sah die Verehrung für den König von Marokko überall gegenwärtig und
hörte den Gebetsruf von den Moscheen. Ich sah die Bettelkinder mit
Rosenblüten Rosenmosaiken legen. Ich trank den Pfefferminztee von
Marokko, rauchte das Haschisch von Marokko und wies einen
Schuhputzer zurück, der mir seine junge Schwester als Hure anbot. Ich
war allein in die Stadt Tarudant gereist und traf dort im Teehaus einen
jungen Studenten, der von mir den Schnee beschrieben haben wollte und
der die europäische Philosophie studierte. Die schönen Eindrücke der
freundlichen Marokkaner bewahrte mich vielleicht später vor einer
vorurteilsmäßigen Verurteilung des Islam. Ich sah hier eine humane
islamische Kultur.
Aber nun will ich das Jahr 1989 beschreiben. Es war in mancher
Hinsicht ein bedeutsames Jahr. Es begann mit einem unvergessenen
Traum. Ich steig eine Wendeltreppe hinan in einen Raum, der von bunten
Schleiern durchwoben war. Ich fand aber keinen Ausgang. Plötzlich tat
sich ein Loch im Boden auf und ich glitt hinab in einen tunnelartigen
Schlauch, der nahezu endlos schien, aber schließlich kam ich heraus und
landete in einer Schaukel, die an einem großen Baum hing, der stand in
einem lichtgrünen Garten. Da erschien eine Weiße Dame, eine
Lichtgestalt, eine schlanke Licht-Jungfrau. Ich weiß nicht, ob es die
Jungfrau Maria war oder meine Schutzengelin oder meine Muse oder
meine Psyche? Sie las mir aus einer Buchrolle harmonische Gesänge vor.
Dann führte sie mich in ein Haus mit labyrinthischen Irrgängen. Es war
dort ein Gedränge von Menschen, vor allem von Männern, aber die Weiße
Dame führte mich lächelnd hindurch bis in ein Schulzimmer, da sie meine
Lehrerin ward und mich unterrichtete. Sie war wie eine Hirtin und ich
folgte ihr wie ein demütiges Lamm.
Dann lernte ich ein Mädchen namens Marion kennen. Es war nach der
Aufführung des Laientheaters vom Gymnasium, da die Lysistrata des
Aristophanes gespielt wurde. Ich sah Marions Augen und war unsterblich
in ihre Seele verliebt. Wir lernten einander kennen und fingen an, mit
Maskenspielen und poetischen Texten gegen die Hybris der modernen
Menschen anzukämpfen, die künstlich den Menschen schaffen will, den
Mutanten. Wir verbreiteten auf Flugblättern Texte aus der Johannes-
Apokalypse.
Einmal saß ich auf dem Balkon meiner Wohnung und las das Gedicht
Friedensfeier von Hölderlin, da Christus gefeiert wird als der letzte und
größte der griechischen Götter. Da schien mir aus der goldenen Sonne am
lichtblauen Himmel sich eine weiße Hand zu mir herabzuneigen und mich
zu segnen, ein himmlischer Friede erfüllte mich. Die folgenden Jahre
studierte ich die Gesammelten Werke von Hölderlin, immer erinnerte er
mich an den himmlischen Christus.
Ich las auch den Heinrich Ofterdingen von Novalis, und was ihm die
Blaue Blume und Mathilde (Sophie) gewesen, das war mir Marion. Sie
erschloß mir das Geheimnis der Poesie. Zu der romantischen Sophiologie
von Novalis trat die russische Sophiologie von Alexander Blok. Als ich im
Frankenland auf einem Kulturfestival war, las ich die Verse an die Schöne
Dame. Dort feiert Blok seine Muse und Dame als die Ikone der Jungfrau
Maria, als die russische Venus, leidenschaftslos und rein, als
Himmelskönigin, als die Hagia Sophia von Russland. Die Bilder der
Diotima von Hölderlin, der Mathilde von Novalis und der Schönen Dame
von Blok flossen zu einer neuen Person zusammen. Nun beschloß ich, als
Dichter zu leben. Von erster Rilke-Lektüre beeinflusst, begann ich, meine
ersten Sonette zu schreiben.
Aber auch die Weltgeschichte unternahm einen Schritt. Der
Kommunismus in Russland und Osteuropa brach zusammen. Das deutsche
Volk im kommunistischen Ostdeutschland forderte die Freiheit und bald
auch die deutsche Einheit. Auch in Ostfriesland erschienen Flüchtlinge aus
dem sozialistischen Ostdeutschland. Sie kamen mit der Philosophie
Nietzsches vom Willen zur Macht, vom Übermenschen. Sie genossen nun
die Freiheit des Westens, Drogen kaufen zu können. Der hungrige
Materialismus des Kommunismus wurde durch den satteren Materialismus
des Kapitalismus ersetzt.
Ich aber war in einem poetischen Traum der Liebe. Ich las vom
Matriarchat auf Kreta und vom Kult der Großen Göttin. Mir begegnete
zum ersten Mal Virgil. Ich las Goethes Diwan und so verschmolz Marion
auch mit der westöstlichen Suleika. Ich las die Liebespoesie des jungen
Klopstock und die ersten drei Gesänge des Messias! Poesie, nicht von
einem Menschen gedichtet, Poesie, von einem Seraph gesungen! Ich las
zum ersten Mal das Tao Te King des Lao Tse und war für mein Leben
begeistert von dieser unsterblichen Weisheit. Dann schlug ich die Bibel auf
und las von dem Ruf des Herrn an Hesekiel: Prophezeie, Prophet, und
sprich zum Odem: Komm, Odem, hauche die Getöteten an, dass sie
auferstehen in der Auferstehung des Fleisches! Und siehe, es kam der
Odem, der Geist Gottes, und blies die Toten an, und ich sah, und siehe,
was ich sah, das war die Auferstehung des Fleisches!
2
Ich zog nach Oldenburg in Oldenburg und begann, in der
Universitätsbibliothek autodidaktisch antike Literatur zu studieren. Ich las
die griechischen Lyriker, am liebsten Sappho, aber auch Alcäus, Altmann,
dann mit Begeisterung Pindars Hymnen in der Übersetzung Hölderlins,
Theokrits Idyllen, Daphnis und Chloe, den Roman, las ich mit Genuß, las
die drei großen Tragiker, ich wandte mich der Odyssee zu, die ich mit
gläubigem Sinn las, denn die Tochter Zeus’ Athene verehrte ich wie eine
lebendige Göttin der Weisheit, die mir den Weg des Lebens weisen könne,
ich fühlte mich durch Homer prophetisch angesprochen, aber auch die
Aphrodite-Kypris der Sappho ehrte ich mit gläubigem Sinn. Die
Mediceeische Venus von Botticelli schmückte mein Zimmer und ich
verehrte sie wie eine Ikone der göttlichen Schönheit. Ich las die Theogonie
und die Werke und Tage von Hesiod, die Ilias, und wendete mich dann den
Römern zu, Vergils Hirtengedichten, Georgica und Äneäis, Lukrez’
Lehrgedicht, Horaz’ Oden und Satiren, Catulls Liebesgedichten, Ovids
Metamorphosen und Liebeslyrik. Ich ahmte die antiken Versmaße nach,
vor allem den Hexameter und die Odenstrophen. Ich begann dann, den
Orient zu entdecken und altägyptische Hymnen zu lesen und das
Gilgamesch-Epos. Dabei verehrte ich die Isis als eine Göttin der
Mysterienreligion und begehrte die Ishtar als eine Göttin der Lust und
Liebe. Es hatte sich das Christentum in mir noch nicht durchgesetzt, und
ich ahnte das Göttliche in Gestalt eines ewigweiblichen Schönheit, Liebe
und Weisheit. Ich suchte die Große Göttin des Heidentums und studierte
den heidnischen Feminismus mit seiner Theorie vom goldenen Zeitalters
des Matriarchats. Im Tiefsten war dies Studium Ausdruck meiner
Sehnsucht nach der Mutterliebe Gottes, nach der göttlichen Gestalt der
Hagia Sophia, doch das erkannte ich noch nicht, ich liebte zu sehr die
Mythen von der Liebesgöttin, ja, ich betete sogar einmal ein Gebet zur
Göttin Venus. Aber unmerklich wurde ich auch zum Sohn-Geliebten der
Großen Göttin geführt, und wer ist das in der Theorie des neuheidnischen
Feminismus? Es ist in Wahrheit der gehörnte Bock, der da ist Luzifer und
Satan.
In den drei Jahren meines neuheidnischen Götzendienstes lebte ich
intensiv vom Studium zweier großer Dichter, nämlich Hölderlins und
Rilkes. Hölderlin studierte ich bis in die Entwürfe und Manuskripte, sein
Schwanken zwischen Dionysos und Christus brachte auch meine Suche
zum Ausdruck, denn ich liebte die Antike, ich liebte die griechischen
Götter, aber es war in mir auch ein Gedenken an Christus immer lebendig,
wenn auch nicht gläubig, aber doch von Kindheit an vertraut war mir der
Name und die Liebe Christi. So musste ich mich eines Tages entscheiden,
ob ich die Göttin Isis oder dem Gottmenschen Jesus Christus nachfolgen
wollte. Auch Rilkes makellos-schöne Lyrik hielt mir den Gedanken an die
Engel, die Jungfrau Maria, die Propheten und Heiligen, Jesus Christus und
den lieben Gott im Herzen und Geiste wach. Hölderlin und Rilke waren
für mich mehr als nur außerordentliche Meister der deutschen
Muttersprache, sie waren für mich spirituelle Führer auf dem spirituellen
Weg eines Gottsuchers.
Meine Liebe zu den griechischen Göttern wurde auch schön befriedigt
durch die Renaissance-Poesie, vor allem der Brite Ben Jonson und
Ariostos Rasender Roland führten mich ein in die Kunst der Renaissance.
Ben Jonson stellte mir nun einerseits die Götterwelt der Antike vor, aber
eben durchdrungen und geläutert von einem wahrhaft gläubigen
christlichen Geist. Die reine Venus von Ben Jonson ist eben nicht die Ishtar
der Heiden, sondern es ist gewissermaßen eine christliche Liebesgöttin.
Der Orlando Furioso aber führte mich in die Ritterwelt und den
Minnedienst des Mittelalters ein, hier geisterten in einem zauberhaften
Märchenwald die alten Götter gemeinsam mit den Heiligen und der
Jungfrau Maria des katholischen Glaubens. Ich war eben nicht Christ, aber
ich war auch nicht reiner Heide, sondern ich feierte fröhlich den
Synkretismus, die Mischung aus Christus und Dionysos, die Mischung aus
Maria und Venus, die Mischung aus den Engeln und den Göttern.
Tiefer führte mich dem wahren Christus aber die Lektüre Dostojewskis
entgegen, vor allem der Idiot von Dostojewski, der reine Tor, Fürst
Myschkin, malte mir den russischen Christus, den Christus der
Erniedrigten und Beleidigten, den schönen Menschen vor die Augen der
Seele. Dostojewski schenkte mir herzliche Liebe zu Christus wieder, die
nicht über die Theorie vermittelt wurde, sondern durch die Sprache des
Herzens, des Mitgefühls und der wahren Liebe.
Ich suchte eigentlich Führung von oben, von den Himmlischen, von
den Geistern, von den Engeln. Ich suchte prophetische Orakel in Pindars
Weissagungen, ich suchte Texte der Wahrsagung, ich suchte divinatorische
Mittel. So meditierte ich das Schafgarbeorakel des I Ging, indem ich
fünfzig Schafgarbestengel nach einer gewissen Gesetzmäßigkeit von einer
Hand in die andere ablas. Dabei stand ich am Ende meiner stillen Zeit vor
zwei Menschen, vor Adam und vor Jesus. Ohne jemals von der Theologie
gehört zu haben, die Jesus den Neuen Adam, den Letzten Adam nennt,
habe ich es in meiner Stille erkannt, ich meine, mit Hilfe der Gnade, die
mir in der Taufe eingegossen worden. Aber ich suchte dann auch die Tarot-
Karten-Wahrsagung auf, und kam nur in eine innere Unruhe, in keine
Gewissheit, keinen inneren Frieden. Immer häufiger musste ich die Karten
befragen und bekam nur ungewisse Antworten. Dazu die Auslegung der
Karten von verschiedensten Ideologien begleitet wurde. Schließlich
bekannte der Ausleger der Tarot-Karten, die ich verwandte, dass er aus
dem Geheimnis des Antichristen sei und die Zahl 666 auf ihn anzuwenden
sei. Christus erlöse uns alle aus der Gewalt des Satans!
Ich suchte dann Erkenntnis höherer Welten, geistiger Wesenheiten, die
ich nach den poetischen Worten Hölderlins die Himmlischen nannte. Ich
studierte den Okkultismus der Anthroposophie, den neuheidnischen
Synkretismus. Hier wurde behauptet, dass das sogenannte Christus-
Mysterium dasselbe sei wie das Isis-Mysterium. Christus sei Osiris und
Maria sei Isis. Es fand in dieser Pseudo-Theosophie eine unglaubliche
Religionsvermischung statt. Was hat aber Christus mit Belial gemein? Ich
wollte aber nun wissen, was das Christus-Mysterium sei. Wer war Jesus
und wer war Christus? War Christus der Christus-Sonnengeist? Gab es
wirklich zwei Jesusknaben, von denen der eine die Reinkarnation
Buddhas, der andere die Reinkarnation Zarathustras war? Wer war Jesus?
Ist Christus gekreuzigt worden oder hat der Christus den Jesus vor der
Kreuzigung verlassen? Warum hat Jesus sein Blut vergossen? Hat Jesus
sein Blut in die Aura der Erde gegossen, um die Erde wieder mit der Sonne
zu verschmelzen? Und Jahwe! (Heilig, heilig, heilig ist der Herr!) War
Jahwe ein Mondgott mit sieben Elohim-Göttern? Da legte ich mir die
Bibel zu und begann, im Neuen Testament zu lesen. Aber meine Stunde
war noch nicht gekommen.
In Oldenburg lernte ich eine Gruppe von Frauen kennen, die sich alle
aus Berlin kannten und aufs Land ziehen wollten. Ich kam aus Ostfriesland
und wollte in die Stadt, sie kamen aus Berlin und wollten aufs Land, so
trafen wir uns in Oldenburg. Evi, als ich sie das erste Mal sah, schien mir
die Inkarnation der Göttin der Mysterien und der Weisheit, ich kniete vor
ihr und betete sie an. Don Juan lebte in einem Harem unter der Obhut des
Ewigweiblichen.
Wenn ich an meine damaligen Reisen zurückdenke, erscheint es mir,
ich war eine Zeit lang in Mohammeds Paradies, wie es der Prophet denen
verheißt, die sich bedingungslos dem Allbarmherzigen und Allweisen
unterwerfen. Die Provence, die Weinberge am Ufer der Ardeche, schienen
mir ein Garten der Venus, da Prozessionen des Dionysos hindurchzogen.
Die schöpferische Fruchtbarkeit der Natur, die Herrlichkeit des
Sternenhimmels, der Segen der Himmlischen, die Fülle von weißem Brot
und rotem Wein, die Süßigkeit von Milch und Honig, die Gesänge von
Sappho, Ben Jonson und Hölderlin und ein Wonneweib im Bett, das war
der irdische Paradiesaufenthalt. Dann auf den Bergen des Herzens
ausgesetzt zu sein und doch nicht allein, sondern unter dem
hundertjährigen Hirten und seiner Herde zu wandeln, in der Hirtenhütte
von Brot und Wein zu leben unter der Aufsicht der Madonna, auf den
Spitzen der Gipfel zur Gottheit zu beten, zur Erhabenen Taube der
Schönen Liebe, das war das irdische Paradies, da der Himmel liebevoll die
Erde berührte in einer heiligen Hochzeit! In Polens freien Wäldern zu
zelten, an dem Ufer der San an der Grenze zur Ukraine unter der Aufsicht
des Adlers zu leben und die Geliebte und Schönheit in Person in einem
Zelt zu meiner Seiten liegen zu sehen, das war der Himmel der Huris! Da
sah ich Evi am Feuer sitzen in einem weißen Kleid, eine weiße Dame, eine
Madonna!
Ich war inzwischen zum Geisterseher geworden. In einer ländlichen
Hütte im ostfriesischen Emden las ich ein Buch über die Große Mutter,
eine Freundin studierte das Alte Testament, ich trat in der Nacht vor die
Hütte, da sah ich an einem kleinen Kanal, den ich Lethe nannte, den
Schatten Hölderlins. Er stand dort im schwarzen Anzug und lüftete den
Hut und grüßte mich freundlich. Auf dem Gipfel der Pyrenäen in der
Hirtenhütte sah ich am oberen Ende der Treppe Sappho stehen, die trug ein
langes weißes Kleid mit einem goldenen Gürtel und hielt in den Händen
eine goldene Harfe. Auf dem baskischen Friedhof zu Füßen der Pyrenäen
sah ich meinen Schutzengel, der mit den Haupt bis in die Wolken reichte.
An einem verborgenen Waldteich in Oldenburg saß mir gegenüber auf der
anderen Seite des Teiches Marina Zwetajewa in einem rot- und blau-
purpurnen Gewand und schaute mich liebevoll an. Auf dem Jüdischen
Friedhof von Oldenburg vor der Weißen Kapelle sah ich in der
Sylvesternacht des Jahres 1991 die Madonna in einem blauen Mantel und
einem roten Kleid, sie segnete mich.
Es reißt mich eben hin, etwas über die ernste Musik zu sagen. In
meiner Kindheit liebte ich über alles den Weihnachtschoral: Tochter Zion,
freue dich, jauchze laut, Jerusalem! Als ich dem freiwilligen Tode
entgegenschritt, sang ich dieses Lied! Ich sagte schon, dass ich bei meinem
Klavierspiel besonders das Notenbüchlein an Anna Magdalena Bach
liebte, vor allem das Air. Ich habe mit meinen kommunistischen
Jugendfreunden auf unseren kleinen ostfriesischen Parteitagen immer die
Vier Jahreszeiten von Vivaldi gehört, es war so ganz das Jauchzen der
Jugendvitalität. Ich hörte in meiner Jugend gerne die Mondscheinsonate
und die Appassionata von Beethoven und die Neunte Symphonie mit der
Ode an die Freude, dies hörte ich zur Wiedervereinigung Deutschlands.
Als ich in poetischer Minne in Marion verliebt war, hörte ich die
Winterreise von Schubert, diese stille Melancholie war mir sehr gemäß.
Noch schwermütiger ergriff mich die Symphonie von Gustav Mahler,
genannt das Lied von der Erde, nach Texten von Li Tai-Bo, dem Größten
aller chinesischen Dichter. Es war dies die Trunkenheit der Schwermut, die
nur genießen kann, wer dieses herben Wein bis auf den Grund getrunken
hat. In innerer Zerrissenheit zwischen zwei Frauen, einer rein ideelen und
einer sinnlichen Liebe, hörte ich die Klaviermusik von Schumann. Als
meine Oma gestorben war, konnte ich eine Zeit lang nur noch Johann
Sebastian Bach hören. Meine erste bewusste christliche Weihnacht nach
meiner Bekehrung feierte ich mit dem Weihnachtsoratorium: Jauchzet,
frohlocket! Die holdselige Baptistin Inka erfüllte mich mit einer süßen
Schwärmerei, die ganz dem Ton der Zauberflöte Mozarts entsprach. Und
als einmal die Fröhlichkeit einer neuen heiteren Minne unter den günstigen
Bedingungen einer treuen Freundschaft über mich kam, in Evis Frühling,
da jubelte ich Schuberts Lieder an die Schöne Müllerin! Aber über allem
schwebt Schuberts Ave Maria! (Der evangelische Theologe Karl Barth
sagte: Die Engel musizieren zur Ehre Gottes Johann Sebastian Bach und
zur Freude der Engel Mozart, aber ich möchte hinzufügen, die Engel
musizieren zur Wonne der Jungfrau Maria Franz Schubert.) Aber das war
nur eine Abschweifung.
Puschkins Gedichte habe ich erst sehr viel später in einer guten
deutschen Nachdichtung erfasst, aber ich war tief beeindruckt von einer
prosaischen Übersetzung des Eugen Onegin, denn seine Muse Tatjana war
ganz das Ebenbild und die Schwester meiner Muse. Ich las mit meiner
Freundin den Doktor Schiwago und liebte die unerreichbare Lara. Ich
liebte die Orakel von Marina Zwetajewa und legte allerlei unter, sie
inspirierte mich immer zu einer rein geistigen Liebe. Anna Achmatowas
Poem ohne Held, dieses mystische Geraune einer Seherin, sprach mir wie
die Stimme Gottes ins Gewissen. Alles pries die rein geistige Liebe, die
Abwendung von der Sinnlichkeit, den Idealismus und die Hohe Minne.
Ich sah meine eigene Seele, meine Psyche oder Anima, in diesen
poetischen Werken und identifizierte sie mit einem Mädchen, wie sie in
meiner Erinnerung sich immer mehr verklärte. Ja, sie verklärte sich
letztlich so sehr, dass sie dem Original in keiner Hinsicht mehr ähnlich sah
und sich zuletzt in die Jungfrau Maria auflöste. Psychologen nennen das
Anima-Projektion, da der Mann sein eigenes Unbewusstes in weiblicher
Gestalt verkörpert sieht in Träumen, in Märchen und Gedichten, und diese
weibliche Psyche auf eine lebendige Frau wie auf eine Leinwand
projiziert. Darum ist es auch so tragisch, wenn diese Frau dann die Liebe
nicht erwidert, es ist dann nämlich, als ob der Mann seine Seele verschenkt
habe und diese ihm nicht zurückgeschenkt werde in der Gegenliebe, und
dem Mann so die eigene Seele und damit der Sinn seines Lebens verloren
gegangen ist. Solch ein Liebesunglück kann dann zum Selbstmord führen.
In meinen Träumen träumte ich von meiner Psyche, meiner inneren
Weiblichkeit, die die Psychologen die Anima des Mannes nennen. Sie sah
einem Mädchen ähnlich, aber sie wandelte auch wie eine himmlische
Göttin Diana oder die Jungfrau Maria durch meine Seele, die war Donna
Laura und Donna Beatrice aus Florenz, sie war eine Frühlingsgöttin, eine
Weiße Dame und eine Fee Morgana, sie war eine jungfräuliche
Lichtgestalt und sah aus, als wenn eine strahlende Sonne sich in einer
reinen weißen Schneelandschaft widerspiegelt. Und diese Anima rief mich,
sie rief mich hinan (Das Ewigweibliche zieht uns hinan!), hinan in einen
Spiegelraum, hinan in ein Gartenparadies, hinan zu Gott! Es war die
Anima, das Ewigweibliche in mir, die mich in inneren Träumen hinanzog
zu Gott. Aber vielleicht kann man auch sagen: Es war die Himmelskönigin
Maria, die mir in inneren Visionen begegnete und mich zu Christus und
dem lebendigen Gott führte. Ich allerdings gab der inneren Frau damals
nicht den Namen Maria, sondern hielt sie für ein ostfriesisches Mädchen.
Nun begann die Agonie meiner geliebten Großmutter. Im Sommer 1992
hörte ich sie mich eines Nachts rufen, ich dichtete ihr in jener Nacht eine
Seligsprechung. Im September 1992 besuchte ich sie für sieben Tage allein
in ihrem Haus. Wir waren ganz allein und sie erzählte mir von ihrer
Kindheit auf Baltrum. Ich dichtete in den Nächten in ihrer Wohnung die
große „Elegie um meine Muse“ von Ben Jonson nach, die Seligsprechung
der Muse, Dame und keuschen Geliebten des großen christlichen Dichters,
in der er ihren Eingang in die himmlische Welt Christi besang. Meine
Großmutter kündete mir ihren nahe bevorstehenden Heimgang an. Mit
Liebe entließ sie mich wieder in das Leben. Zu Sylvester 1992 sah ich sie
noch einmal für einen Augenblick, aber ich war mir meiner tiefen
Sündhaftigkeit so bewusst, dass ich die Nähe dieser meiner wahren Mutter
kaum ertragen konnte in dem Augenblick, da sie schon an die Pforte des
Himmels anklopfte. Ich war erbärmlich und wie vernichtet. Im Januar
1993 hörte ich vor einer pietistischen Gemeinde eine alte Dame sagen: Ich
denke in letzter Zeit so oft an den Tod! In jener Nacht sah ich in Oldenburg
den Mond so riesengroß und so nah an der Erde, als ob ich den Himmel
offen sähe, im gleichen Augenblick hörte ich den Todesruf eines Uhus,
prophetischer Vogel! Daraufhin fuhr ich wieder nach Hage in Ostfriesland,
musste aber auf dem Weg umkehren. In Oldenburg wieder angekommen
erreichte mich die Nachricht von der Erlösung meiner Großmutter. Sie
hatte kurz vor ihrem Sterben gesagt: „Ist das Torsten, der da singt?“ In
meiner jähen Verzweiflung schlug ich das Neue Testament auf und las:
„Denn er selbst, der Herr, wird, wenn der Befehl ertönt, wenn die Stimme
des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom
Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind,
auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich
mit ihnen entrückt in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei
dem Herrn sein allezeit. So tröstet euch mit diesen Worten untereinander.“
(Paulus’ Erster Brief an die Thessalonicher 5, 16-18)
DRITTES KAPITEL
„Ich zählte etwa zwölf Jahre, als die Mutter verstarb. Ich begriff, was ich
verloren hatte, und so kniete ich in meiner Traurigkeit vor einer Statue der
Mutter Gottes nieder und bat sie unter Tränen, von nun an meine Mutter zu
sein. Ich glaube, dass diese vielleicht einfältig anmutende Bitte mir viel
geholfen hat, denn immer wieder, auch später, habe ich die Jungfrau
gefunden, wenn ich mich ihr anvertraute. Sie hat mich darüber hinaus zu
sich zurückgeführt.“
(Heilige Teresa von Avila)
In der Nacht vor dem Begräbnis meiner Großmutter saß ich in ihrer
Wohnung und trauerte um sie. Ich fand in ihrem Bücherschrank ein Heft
über eine evangelische Diakonin namens Mutter Eva. Darin erzählte
Mutter Eva, dass sie in allen Trübsalen ihres Lebens immer Trost gefunden
habe in der Wendung der Psalmen: „Aber du, Herr!“ Als ich das las, da
betete ich auch: Aber du, Herr! Plötzlich spürte ich eine geistige
Gegenwart in dem Zimmer, ich wunderte mich noch, dass ein so heiliger
und reiner Geist es nicht verschmähte, in diesen von Rauch erfüllten Raum
zu kommen, da wusste ich plötzlich, dass Christus vor mir stand! Ich kann
es nicht erklären, wie, ich sah ihn nicht, ich hörte ihn nicht, aber ich wusste
mit Gewissheit, dass Christus vor mir stand! Da fiel ich auf mein
Angesicht zu Boden und betete Gott an, und es war, als zöge in mich der
Heilige Geist ein und betete in mir Gott an, den Gott der Allmacht, den
Gott der Weisheit, den Gott der Liebe! Ich erhob mich von meinem Gebet
und war Christ! Ich glaubte an den lebendigen Christus, ich wusste, dass
Jesus lebt, ich glaubte an den lebendigen Gott, den allmächtigen und
allwissenden Gott, der mich liebt!
Auf der Begräbnisfeier meiner Großmutter sprach der Pfarrer, meine
Oma hätte sich bei ihm das Tedeum gewünscht. Als wir nun sangen:
Großer Gott, wir loben dich! Da war es mir, als sänge meine Großmutter
mit und als sänge sie es mir vor, damit ich ihr geistiges Testament
verstünde und empfange, ich solle fortan rein zum Lobe Gottes leben!
Das war am fünfundzwanzigsten Januar
Neunzehnhundertdreiundneunzig.
Gott nahm mich nun in die Zucht des Gesetzes. Ich vertiefte mich in
die fünf Bücher Moses und erkannte den wunderbaren Arm des rettenden
Gottes, ja, es war auch mein Exodus, ich zog aus Ägypten aus, aus dem
Ägypten der Katzengöttin Isis und des hundeköpfigen Totengottes, ich zog
aus der Sklaverei der Sünde aus und ließ mich von Gott führen zum Berg
Gottes, dass der Herr mir dort sein Gesetz offenbare, damit ich lebe nach
den Weisungen Gottes und so dass ewige Leben erbe. In meiner
subjektiven Wahrnehmung der Mosesbücher spielte die Prophetin Mirjam
eine herausragende Rolle. Nicht allein, dass sie als Schwester des kleinen
Moses seine Rettung durch die ägyptische Prinzessin beobachtete, sondern
sie sorgte auch dafür, dass Moses eine Amme fände und gestillt würde.
Nicht allein Aaron war Moses zugesellt als Prophet, sondern auch Mirjam
war eine Prophetin, zu der Gott in Träumen und Visionen sprach. Sie war
Mirjam Prophetissa. Sie war auch die Paukenschlägerin, die das Lied des
Moses mit den Töchtern Israels sang, die große Siegeshymne der
Befreiung! Als Gott Mirjam mit Aussatz schlug, wartete das ganze Volk
der Kinder Israel sieben Tage, bis Mirjam wieder aufgenommen wurde,
denn ohne Mirjam zogen die Kinder Israel nicht weiter. Ich begleitete
Mirjam auch noch zu dem Berg ihres Heimgangs in die Versammlung der
Ahnen. Mirjam war Maria, deren Liebe ich in den Büchern Moses von
Gott empfing.
Ostern beging ich in Köln, noch mit meinen heidnischen Freundinnen,
aber dort verließ ich sie auch und begab mich in die absolute Einsamkeit,
ich wandte mich von allem ab, was irdisch, weltlich und fleischlich war,
um Gott allein zu lieben, Gott in seinem Wort zu suchen. In Köln am
Rhein erfuhr ich in mir die Auferstehung Christi, ich phantasierte von drei
Meermädchen auf dem Vater Rhein, das waren die drei Marien, die zum
Grabe Christi eilten wie in einem mittelalterlichen Mysterienspiel, und
sahen, dass das Grab Christi leer war, denn er ist nicht bei den Toten,
sondern er ist wahrhaftig auferstanden! Da goß der Heilige Geist mir die
Liebe zu Maria Magdalena ein. Ich stand im ersten Ostern meines
bewussten Christseins vor dem Dom von Köln.
Zu Corpus Christi des Jahres suchte ich meine Jugendliebe auf, die
inzwischen im Teuteburger Wald lebte, nahe dem Marienwallfahrtsort
Herford in einem kleinen Dorf namens Heiligenkirchen zu Füßen des
Denkmals Hermanns des Cheruskers, in der Nähe der Kultstätte der
Externsteine. Ich wollte noch einmal in ihre Augen schauen. Es war, als
unternähme ich eine Wallfahrt zur Madonna, zur heiligen Maria vom
Walde. Ich ließ mich führen von den Orakeln Goethes in seinem Zweiten
Faust. Ich las die großen Hymnen an die Mater Gloriosa, und ich meinte,
nun in Marion die leibhaftige Mater Gloriosa zu schauen. Als ich in der
Nacht in Heiligenkirchen ankam, kam mir Marion entgegen, stand vor mir
in der dunklen Nacht im Teuteburger Walde in einem langen weißen
Seidenkleid, die langen kastanienbraunen Locken fielen ihr auf die
Schulter, mit großen Augen wie Doppelmonden schaute sie mich an und
nahm mich in die Arme. Ich übernachtete in einem Zelt auf einer
Waldlichtung und wurde am Morgen von den Röhren eines Hirsches
geweckt, und da ich die Augen auftat, sah ich zwei Rehzwillinge, Kitze
einer Hindin, neben mir stehen. Über mir rauschte die weiße Taube der
Liebe auf. Ich traf mich mit Marion und wir fuhren zu den Externsteinen.
Diese waren in heidnisch-germanischer Zeit eine Kultstelle der
Sonnenanbetung, heute treffen sich auch linke und rechte Neuheiden
wieder an dieser Kultstätte. Aber in christlicher Zeit wurde die Kultstätte
zu einem Passionsmysterium umgestaltet, da die Kreuzabnahme Christi
durch Maria Magdalena und Josef von Arimathia dargestellt war und die
Grabeshöhle Christi gezeigt wurde. Maria Magdalena und Josef von
Arimathia, die Jesus vom Kreuz abnahmen, das waren Josef und Maria,
das war das keusche Paar einer christlichen Minne, die sich liebten im
Zeichen Christi. Dann kehrte ich wieder in meine Oldenburger Einsiedelei
zurück, voller Liebe, Glaube und Hoffnung.
Aber inzwischen hatte mich auch die evangelische Armut erfasst, und
ich hatte kein Geld mehr und nichts zu essen. Ich las gerade eine
Lebensbeschreibung der seligen Agnes von Böhmen, einer Nonne aus dem
Orden der heiligen Klara, der mystischen Weggenossin des heiligen
Franziskus. Die selige Agnes sprach von dem Lob der evangelischen
Armut und von dem Vertrauen, alles von der Vorsehung Gottes zu
erwarten. Mein Vater hatte mir einen kostbaren Lammfellmantel geschenkt
mit goldenen Knöpfen, aber ich fühlte mich nicht würdig, ein weißes
Lammfell zu tragen. Ich verschenkte den kostbaren Mantel an die Caritas
und legte mir einen gebrauchten braunen Ledermantel zu, das war meine
Kutte der evangelischen Armut. Dann ging ich zur Universität und bettelte
vor den Studenten um etwas Geld für ein Mittagsessen. Drei Monate war
ich ohne Einkommen und die Vorsehung Gottes versorgte mich mit allem
Notwendigen, ja, sogar mit dem Unnützen wie dem von mir so geliebten
Tabak.
Alle meine poetischen Schriften häufte ich auf einer Wiese auf und
entzündete ein Feuer, ich verbrannte alles, was ich zur Ehre der falschen
Götter geschrieben, alles, was die freie Liebe verherrlicht. Ich wollte ganz
neu beginnen, als Dichter zu Christi Ruhm zu schreiben.
Nun begann ich das Studium christlicher Literatur. Es scheint zufällig,
was ich als erstes las, und doch ist es Führung durch Gottes Geist gewesen.
Zuerst studierte ich die Göttliche Komödie von Dante. Dantes Lehrstuhl
lehrte mich, der Weg des Menschen sei ein Weg durch die Hölle, durch das
Reinigungsfeuer bis ins Paradies zur Schau der dreifaltigen Liebe. Dabei
wird der Mann von der Frau Weisheit geführt. Zur letzten Schau Gottes
geführt zu werden, braucht der Mann die Fürsprache der Jungfrau Maria,
die dem Thron Gottes am nächsten steht. Dann las ich den ganzen Messias
von Klopstock, der das Evangelium des gekreuzigten und auferstandenen
Christus in seraphischer Poesie verherrlicht. Nun las ich die Bekenntnisse
des heiligen Augustinus, die nicht nur voll sind von Buße über Sünde und
Götzendienst, sondern auch voll der Erkenntnis des wahren Gottes, des
Herrn. Dann las ich das Leben unseres armen Herrn und Heilandes Jesus
Christus von Anna Katharina Emmerich. Diese katholische Selige hatte
Visionen vom Leben Jesu, die von Clemens Brentano aufgezeichnet
worden sind. Es war die Weihnachtszeit, da ich die Visionen von der
lichtvollen Geburt des göttlichen Kindes aus der reinen Jungfrau las und
gewissermaßen schaute. Dann begann ich das Buch Von der Gnadenwahl
von Jakob Böhme zu lesen, das mit einer Entfaltung der Lehre der
Dreieinigkeit Gottes beginnt. Es war mir diese mystische Theosophie aber
zu hoch, ich konnte sie noch nicht begreifen. Ich warte noch heute auf die
Stunde der Erleuchtung, dass ich Jakob Böhme erfassen kann. Dann las ich
frühchristliche Apokryphen und begann nun selbst christlich zu dichten.
Als erstes dichtete ich ein Poem vom Heimgang der seligen Jungfrau
Maria nach einem apokryphen Text, der einem Jünger des Apostels
Johannes zugeschrieben wird. Dann dichtete ich die apokryphe Erzählung
über Thekla nach. Diese frühchristliche Heilige lebte in Ikonium und hörte
die Predigt des Apostels Paulus und entschloß sich, jungfräulich als Braut
Christi zu leben, wofür sie mit dem Leben bezahlte als Märtyrerin der
Jungfräulichkeit.
Die Jungfräulichkeit und Keuschheit war mein Ideal. Ich wusste
inzwischen durch die Lektüre der Paulusbriefe, dass ich nicht zur Unzucht
der freien Liebe bestimmt sein konnte, ich suchte die Keuschheit, ich ehrte
die Jungfräulichkeit als Lebensweise der Ganzhingabe an den Bräutigam
Christus, aber ich wusste nicht, dass ich zur Jungfräulichkeit berufen sei.
Inzwischen verwirrte sich mein Geist. Durch den Verlust meiner
Großmutter in dem mütterlich-liebenden Fundament meines Lebens
erschüttert, als sei die Wurzel meines Lebens ausgerissen, flüchtete ich
mich vor den Schmerzen in eine Phantasie- und Traumwelt. Der okkulte
Hellsehergeist ließ mich nicht, und ich begann, Stimmen zu hören, die mir
absonderliche Befehle gaben. Was war die Ursache meines eintretenden
Wahnsinns? War mein Wahnsinn eine Flucht vor der Totentrauer? War es
eine Erschütterung durch die Begegnung mit dem allerheiligsten Gott?
War es ein Werk Satans, aus dessen Fesseln ich befreit worden, aber der
sein Opfer nicht lassen wollte? Ich weiß es nicht.
Ich las in der Bibel, dass eine Stimme, die Stimme eines Engels, hinter
mir ertönen werde, die mich lenken würde, den Weg nach rechts oder nach
links einzuschlagen. Ich ging eines Tages in der Weihnachtszeit in die
Innenstadt von Oldenburg und hörte nun eine gebietende Stimme, die ich
für die Stimme eines Engels hielt, die gebot mir, rechts herum zu gehen,
dann wieder links herum. So kam es, dass ich im Frost des Winters um
einen Laternenpfahl immer im Kreis ging, einige Male rechts herum,
wobei ich bei jedem Schritt betete: Gott Israels! Dann einige Male links
herum, wobei ich betete: Herr Zebaoth! Das nahm aber kein Ende, ich
kreiste so den ganzen Tag und die ganze Nacht um den Laternenpfahl
herum. Am nächsten Morgen waren alle meine Gliedmaßen steifgefroren,
ich humpelte zum Café im Bahnhofsgebäude und trank einen Tee und aß
ein Brot. Dabei gebot mir die Stimme, das Brot zu teilen, wie eine Hostie,
und das Geteilte wieder zu teilen, bis ich schließlich nur noch Krümel auf
dem Teller liegen hatte. Dabei hörte ich Chöre von Engeln in meinem Hirn
Halleluja und Hosianna singen.
Dann trat eines Nachts mein Vermieter, ein Okkultist, in mein Zimmer,
bestreute mich mit Tabakasche, lästerte Christus als Abgott und
Schwächling, und jagte seinen schwarzen Hund auf mich, der den Namen
eines indischen Götzen trug. Er warf mich aus meiner Wohnung. So verlor
ich über Nacht all meinen Besitz, alles, was ich mitnehmen konnte, war
das Neue Testament. Ich wanderte durch die Nacht, bis ich am Morgen
meinen Bruder aufsuchte. Seine Frau wickelte gerade ihr erstgeborenes
Kind in Windeln. Es war mein Auszug die Flucht der heiligen Familie
nach Ägypten gewesen. Es war die Szene im Haus meines Bruders eine
lebendige Krippenszene. Meine Eltern nahmen mich vorübergehend auf,
bis ich im neuen Jahr eine Wohnung im ostfriesischen Norden am
Schwanenteich beziehen konnte. Dort verlebte ich den blühenden
Wahnsinn meiner Psychose.
In der Osterzeit fand ich in meiner Bibel die Texte der Weisheit, da mir
besonders liebenswürdig die Gestalt der göttlichen Weisheit im
vierundzwanzigsten Kapitel des Buches Jesus Sirach entgegenschwebte
wie eine christliche Göttin aus dem Munde des Allerhöchsten vom
Himmel herabkommend! Nun wusste ich nicht von der Theologie der
Hagia Sophia, aber mir schien diese Frau Weisheit die Jungfrau Maria zu
sein, und so besang ich die Maria-Sophia des Jesus Sirach wie eine
christkatholische Göttin.
Ich ging oft am Schwanenteich spazieren, da ich die schwarzen
Trauerschwäne vor allem liebte. In meiner Schwermut, ja geistigen
Umnachtung, zog es mich nicht so sehr hin zu dem strahlenden Weiß der
Höckerschwäne, als vielmehr zu dem elegischen Schwarz der
Trauerschwäne. Sie schienen mir auch ein Symbol meines
Seelenzustandes. In der Tiefenpsychologie wird auch die Natur von der
Seele des Menschen beseelt und so wird die Natur selbst zu einem
Ausdruck und Spiegel der menschlichen Seele. Meine Seele sah einem
schwarzen Trauerschwan gleich.
Zu Ostern besuchte ich noch einmal meine Jugendliebe in
Heiligenkirchen. Ich hatte wie der Richter Gideon gebetet zu Gott, der
Sonne zu befehlen, still zu stehen über dem Tal Ajalon. Aber Gott erhörte
meine Gebete ganz anders in seinem unergründlichen Ratschluß. Denn auf
dem Weg kam ich in stürzende Regengüsse und wurde umzückt von
flammenden Blitzen, da ich zum Messias schrie um Rettung vor dem
Blitzstrahl, ich übernachtete in einer Hütte unter strömendem Regen und
kam am Morgen auch noch in einen Hagelschlag von harten weißen
Körnern des Gerichts. Da trat Marion aus dem Haus und sagte mir mit
gnadenlos-bösen Worten, sie wolle mich nie wieder sehen! Ich pilgerte
voller Schmerzverzweiflung zu den Externsteinen, zum Kreuz Christi, zum
Heiligen Grab, und schrie: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich
verlassen! Dann begab ich mich wieder in meine ostfriesische Einsiedelei,
wobei auf dem Heimweg das schönste Frühlingswetter war und eine
heitere Sonne am Himmel mich liebkoste. So macht Gott das Wetter zum
Zeichen.
Nachdem ich meine Großmutter verloren hatte und nun auch noch
meine Jugendliebe verloren hatte, war ich absolut einsam auf der Erde und
ohne Liebe. Ich hatte meine Seele ganz hingegeben und verströmt, aber sie
war mir nicht zurückgeschenkt worden, sondern böse Minnefeindschaft
hatte mich zerschmettert. Da stieg in mir der Gedanke an den Selbstmord
auf. Ich dachte, wenn ich mich selbst erlösen würde durch einen
freiwilligen Tod, selbst erlösen würde von diesen Lebensschmerzen, die
mir unerträglich erschienen, so gäbe Gott mir wohl Gelegenheit, im
Fegefeuer die Sünde des Selbstmords zu büßen. Da kaufte ich mir ein
Messer, um mir selbst das Leben zu nehmen. Aber ich sah immer
Menschen auf der Straße mit verbundenen Armen, und in meinem Innern
klang der Reim: Gefunden und verbunden! Gefunden und verbunden! So
dass ich dachte, ich würde nicht sterben, sondern gerettet werden. Das
schien mir aber ein unerträgliches Unglück zu sein. Diesen Reim nutzte
der Satan, der Menschenmörder von Anfang, später aus, indem er mir die
Bibel aufschlug.
Ich dachte nie darüber nach, ob ich evangelisch oder katholisch sei, es
existierte dieser Unterschied für mich gar nicht, er trat nicht im geringsten
in mein Bewusstsein. Es gab für mich nur die Urgemeinde des
Evangeliums. Eines Tages kam ich an der katholischen Ludger-Kirche
vorüber, da gerade die Messe begann, so nahm ich daran teil und feierte
meine erste Heilige Messe und meine heilige Erstkommunion. Der Priester
erhob die Hostie und sprach zur Gemeinde: Kostet und seht, wie
freundlich der Herr ist! Da schmeckte ich die Liebe des Herrn. Und als ich
aus der Kirche trat, war mir zumute, als schwebte ich einen Meter über
dem Boden, ich war so verzückt von der himmlischen Speise, dass ich
mich selbst verwandelt fühlte in ein überirdisches Wesen. Ich habe diese
Verzückung meiner Erstkommunion nie vergessen. Desgleichen habe ich
später nie, weder bei einem lutherischen noch bei einem calvinistischen
Abendmahl gespürt, so dass mir die Hostie der Eucharistiefeier im Innern
immer heilig blieb.
Am fünften Mai geschah es mir, dass ich mein Bewusstsein verlor und,
während mein Körper auf dem Sofa liegen blieb, im Geist eine Reise in
den Himmel antrat. Da kam ich durch Scharen von Seligen und
himmlischen Geister, die alle wie wohltätige Schatten im Himmel sich
bewegten. Ich wusste aber nicht den Weg zum höchsten Ziel, da trat
unsichtbar mein Schutzengel zu mir und sagte mir seinen Namen,
Mahanajim, und sprach zu mir: Halte dich nur immer am Namen des
Messias fest! Dann führte mein Schutzengel Mahanajim mich zur
Himmelstür, die dunkel und verschlossen war, aber als ich eben davor
stand, öffnete sich die Himmelstür, und ich sah durch einen Spalt das
unzugängliche Licht, in dem Gott wohnt. Die Tür öffnete sich weiter und
ich sah in dem unzugänglichen Licht, in dem Gott wohnt, das Antlitz
Christi, das Heilige Antlitz des gekreuzigten Christus! Dann kehrte ich,
wie aus dem Weltall der Erde wieder entgegenschwebend, in meinen
Körper zurück.
Als ich wieder mich auf der Erde in meinem Körper befand, war mein
Schutzengel bei mir in meiner Wohnung. Es war aber eher eine
Schutzengelin, die ich wie meine himmlische Schwester liebte, meine
Himmelsschwester Mahanajim. Sie erschien mir in der Größe eines
Menschen, mit langen goldenen Locken, einem lieblich-schönen, feminin-
zärtlich lächelnden Antlitz voller Güte, ein langes weißes Lichtgewand
tragend, das wie weiße Seide aus Licht an ihr hinunterfloß, an Stelle der
Arme rauschte es wie große weiße Flügel, unter denen sich doch Hände
befanden, die einmal ein goldenes Schwert in der Hand hielten, ein
anderes Mal schwörend die Hand auf die Heilige Schrift legte. Um die
Lenden war sie gegürtet wie mit einem Hauch seraphischer Glut. Als sie
mich verließ, hörte ich in meinem Innern die milde Stimme meiner
himmlischen Schwester: Wir sehen uns im Himmel wieder! Von da an
wandte ich meine Liebe meiner Himmelsschwester, meiner Schutzengelin
Mahanjim zu.
Ich fühlte mich aber plötzlich ganz sonderbar wie ein Chinese. Ich
tauchte mit meiner Phantasie ganz in das China der Literatur ein. Ich las
den Jugendroman namens Der Traum der Roten Kammer, ich las die Lyrik
des Buches der Lieder aus den Jahr Tausend vor Christus, ich las die Lyrik
der Tang-Dynastie, vor allem Du Fu und Li Tai-Bo, ich las das Tao Te
King (Wen der Himmel retten will, den rettet er durch Liebe!), ich las das
Wahre Buch vom Südlichen Blütenland von Dschuang Dse und die
Gespräche des Konfuzius. In den Wolken sah ich die Zeichen des I Ging
und versuchte die Sprache der Wolken mit Hilfe des I Ging zu deutschen.
In meiner Poesie versetzte ich mich auch nach China und verpflanzte das
von mir so überaus geliebte erste Buch Samuels von der bedrängten
Jugend Davids mit poetischer Phantasie nach China. Mit einer
überschäumenden Phantasie verwandelte ich mein ganzes Leben in das
Leben eines Chinesen zur Blütenzeit der Poesie.
Aber ich las auch gerne die englischen Dichter. Lord Byron gab mir
vor allem den Lebensgenuß, in seinem Childe Harold sah ich zum ersten
Mal die Schönheit der Huris, in die ich mich unsterblich verliebte. In
seinem Don Juan kam ich gar mit Don Juan selbst in solch einen
islamischen Harems-Himmel. John Milton allerdings entrückte mich in
den Garten Eden, da ich die göttliche Schönheit der Eva sah! Edmund
Spenser entführte mich mit seiner Fairy Queene aber dagegen in die Hölle,
da ich die Dame Luzifera sah! Ich lebte immer weniger auf der Erde, die
Erde war nur ein Blütentraum von China vor zweitausend Jahren. Ich lebte
mit einem Bein in Paradiesvisionen und mit dem andern Bein in der Hölle.
Ich war wirklich ausgespannt auf dem Kreuz der Erde, auseinander
gerissen zwischen Himmel und Hölle!
Ich las noch einmal in den Bekenntnissen des heiligen Augustinus, vor
allem den Schluß, da er die Schöpfungsgeschichte der Genesis geistlich
deutete auf das Himmelreich Christi. Da erkannte ich und diese Erkenntnis
sollte mich nicht mehr verlassen, dass der Schöpfungsbericht nicht
naturwissenschaftlich zu deuten ist, sondern geistlich interpretiert werden
will auf Christus hin.
Es fügte sich auch, dass mir die Vita des Seligen Heinrich Seuse in die
Hände kam, die ich aus dem Mittelhochdeutschen streckenweise ins
Hochdeutsche übertrug. Da sah ich ihn in einer Verzückung, da sah ich ihn
hören die Texte der Ewigen Weisheit aus dem Alten Testament, so schön,
dass er sich verliebte in höfischer Minne in diese göttliche Frau Weisheit.
Er diente Frau Weisheit in hoher Minne, er betete sie an als seine Herrin
und Gottheit! Dann erkannte er in der göttlichen Frau Weisheit plötzlich
den gekreuzigten Christus und erkannte die Notwendigkeit, dem
Gekreuzigten gleichgestaltet zu werden und mitgekreuzigt zu werden mit
Christus. Eben diese Frömmigkeit sollte später, als ich Katholik geworden,
der Haupt- und Grundzug meiner Spiritualität werden.
Mein erstes Buch über Maria beschrieb das Marienleben nach den
Evangelien und den Apokryphen und kam dann zu sprechen auf die
Herzverwundung der heiligen Teresa von Avila durch den Feuerpfeil eines
Engels, durch den Feuerpfeil der Liebe Christi! Diese unerträglichen
Schmerzen der Herzverwundung rissen Teresa aber hin zu der höchsten
Verzückung! Ich ahnte, dass ich selbst in dieser Zeit etwas ähnliches
erlebte, eine Herzverwundung durch den gekreuzigten Christus! Dann
pries das Marienbuch die Erscheinung der Mutter des einzig-wahren
Gottes und immerwährenden Jungfrau Maria vor dem Indianer Juan
Diego. Es ist sehr bedeutsam, dass mit diesem Marienbuch zwei
Samenkörner des Himmelreichs in mich gesät worden sind, die später
mehr und mehr aufblühen sollten, nämlich die Spiritualität des Karmel-
Ordens und die Verehrung der allerheiligsten Ikone der Jungfrau von
Guadelupe als meiner ewigen Geliebten! Inspiriert von diesem
Marienbuch schrieb ich ein Poem der Liebe zu Maria, die ich als
Immaculata besang, wie ich mich später in Lourdes der Immaculata
verloben sollte, und als Maria Sulamith, wie ich später als Dichter Maria
immer wieder besingen würde mit den poetischen Worten des Hohenliedes
Salomos, denn Maria ist die Sulamith des neuen und ewigen Bundes!
Ich nahm noch einmal an einer Heiligen Messe teil, da ich in mir die
Stimme Christi hörte: Ich will dir einen neuen Namen geben! Da bildete
sich in meinem Geist aus dem heidnischen Namen Torsten der Name
meines Christseins Peter Torstein. Sankt Petrus war mein Patron, ich liebte
ihn wie einen Vater. Der Name Torsten bedeutet ja Steinhammer des
Donnergottes Thor, aber die Thor-Heiligtümer der Germanen sind in der
Christianisierung Germaniens von den Aposteln auf Petrus umgeweiht
worden. Torsten Namenstag ist übrigens, wie ich später erfuhr, am 22.
Februar, an Petri Stuhlfeier, da Petrus Ex Cathedra das Dogma der
Wahrheit verkündet. Petrus steht ja der Überlieferung nach auch am
Himmelstor. Sein Name bedeutet Fels, oder auch Stein. Petrus schrieb in
seinem Brief, die Christen seien lebendige Steine im Haus Christi. So
bedeutete als mein neuer Name Tor-Stein das Himmelstor und den
Eckstein, der Christus ist. Nun bedeutete mir das Schriftwort etwas: Du
bist ja nach dem Namen des Herrn genannt.
In meinen Träumen sah ich oft die Jungfrau Maria, die mich immer
unglaublich liebevoll tröstete wie eine Mutter und wie eine himmlische
Freundin. Sie war wirklich die Trösterin der Betrübten, ja, mehr noch, die
Trösterin der Heimgesuchten, der Desolaten! Ich träumte auch einmal, wie
ich durch eine Sphäre von Feuer hindurch hinaufgerissen wurde und an der
Brust der heiligen Magdalena getröstet wurde. Sankt Maria Magdalena
stand mir auch bei wie eine lebendige Freundin im Himmel, wie eine
Schwester in Christus. Ich pries ihr Leben in einem Poem nach der
Goldenen Legende. Ich pries sie als die mystische Geliebte Christi, und ich
sollte sie in meinem Leben noch oft besingen.
(...)
Vorausgreifend will ich folgendes sagen. Drei Jahre später war ich auf
einer evangelischen Konferenz, da wurde die Ikone des Heiligsten
Angesichts Christi des Gekreuzigten gezeigt als das wahre Antlitz des
wahren Gottes, da wurde der Vers aus dem Propheten Hesekiel gepredigt:
„Ich aber ging an dir vorüber und sah dich in deinem Blut liegen und
sprach zu dir, als du so in deinem Blut dalagst: Du sollst leben! Ja, zu dir
sprach ich, als du so in deinem Blut dalagst: Du sollst leben und
heranwachsen: wie eine Lilie auf dem Felde mach ich dich!“ Das war
Christi Wort an mich, über meinen damaligen Selbstmordversuch. Ein Jahr
später hörte ich einen chinesischen Propheten evangelisch-charismatischer
Richtung, er sprach: Und damals wollte der Feind dich ermorden! Aber der
Heilige Geist beschloss, es war noch nicht die Zeit deines Todes, und der
Heilige Geist führte dich heraus! Ja, und zehn Jahre später las ich ein Wort
der Gottesmutter Maria an ein Seherkind von Fatima: „Du aber bleibst
noch einige Zeit hier. Jesus möchte sich deiner bedienen, damit die
Menschen mich erkennen und lieben.“ Dies Wort gab mir dann auch den
Sinn meines Überlebens an.
Ich kam in die Psychiatrie. Der Psychiater fragte, ob ich mir noch einmal
das Leben nehmen wolle. Ich sagte: Gott will, dass ich noch leben, ich will
solange leben, wie Gott es will.
Meine frühere Freundin Karine erneuerte die Freundschaft, indem sie mir
auf meine Bitte hin ein Bild der Sixtinischen Madonna schenkte, dass
meiner Vision in jener gefährlichen Nacht glich. Von da an verehrte ich
allezeit die Sixtinische Madonna, auch als Protestant.
Ein evangelischer Pastor der Sankt-Ansgari-Kirche, meiner Taufkirche,
ermutigte mich, mich der Weisheit Christi auszuliefern, denn Christus habe
den Ärzten Weisheit geschenkt, zu heilen. Ich verbrachte ein halbes Jahr in
der Psychiatrie, in einem Dämmerzustand, und dichtete als eine Art Gebet
um Heilung das erste Buch Samuel von den Leiden Davids in Strophen
nach. Dieses Poem ist kein Kunstwerk, es ist der Schrei einer gequälten
Seele aus der Tiefe, ein Exorzismus, ein Gebet um Heilung vom Wahnsinn.
David spielte mir mit seiner Harfe vor und heilte mich von dem bösen
Geist, den Gott mir zur Strafe meiner Sünden geschickt. Aber Gott schlägt
uns Wunden, aber er heilt uns auch wieder. Mein Heiland heilte mich von
meinem Wahnsinn! Heilig, heilig, heilig bist du, Jehowah Zebaoth!
Nach der Entlassung aus der Psychiatrie galt ich als geheilt. Die Hölle
hatte sich geschlossen, aber, ach, der Himmel auch. Ich fand mich wieder
auf der platten, nüchternen, öden Erde. Ich wohnte bei einer alten
krebskranken Frau und ging täglich auf dem nahegelegenen Friedhof
spazieren. Manchmal nahm mich mein einziger Freund Enno zu einem
längeren Spaziergang an die Nordsee mit.
Ich hatte mit meinen Halluzinationen auch die Marien- und
Heiligenverehrung verloren und den Glauben an das Wunder des heiligen
Messopfers. Es schien mir dies alles mehr einer kranken Phantasie als
einem wirklichen Himmelreich entsprungen zu sein. Nur der Verstand
wollte noch Christus erkennen, der rationale Verstand eines Mannes. So
nahm ich ein Jahr lang Glaubensunterricht bei einem evangelikalen
Pastoren, der mir die Grundlagen des fundamentalistischen
Glaubensbekenntnisses didaktisch beibrachte. Später wechselte ich aus der
engen Freikirche zur liberaleren lutherischen Gemeinde über, da der
evangelische Pastor mir die lutherischen Heiligen Luther und Melanchthon
als Meister und Freunde vorstellte.
Meine einzige tiefere geistige Speise war ein Buch mit Texten der
deutschen Mystik. Ich las Texte von Heinrich Seuse, Meister Eckard,
Johannes Tauler, Hildegard von Bingen und Mechthild von Magdeburg.
Und besonders die Liebespoesie der gottseligen Mechthild von Magdeburg
begeisterte mich.
Sagte ich: Begeisterte mich? Ach, es war keine Begeisterung in mir, es war
der Geist und die Inspiration von mir gewichen, und in gewissem Sinne
das Leben selbst. Ich lebte wie im Staub ein Wurm, die nackte Existenz. Es
war die Grabesruhe Christi, sie währte drei Jahre.
Kaum konnte mich Venedig erregen. In einer Reisegruppe machte ich
Urlaub im Südtirol und sah einen Tag die Zauberstadt. Ja, ich saß in dem
schwarzen Schwan einer Gondel und sah Maria della Miracoli, ich sah
Maria della Salute und San Marco. Aber alles erfuhr ich mit einer inneren
Freudlosigkeit einer verödeten Seele.
Ich war auf der kanarischen Insel La Palma, ich sah die Santa Maria von
Columbus, ich sah die Kirche El Salvator von La Cruz, ich sah auf der
Bergesspitze die Kapelle Unserer Lieben Frau vom Schnee und stand am
Rand des Vulkans des heiligen Antonius. Und mir wäre zumute gewesen,
wie Empedokles, meine Schuhe auszuziehen und mich in den Krater zu
stürzen.
Ich las nun viel. Ich las auf La Palma den Don Quichote und in Venedig
die Brüder Karamasow, in meiner alten Totenkammer las ich die
Gesammelten Werke von Thomas Mann. Ich las den ganzen Shakespeare
in der Übersetzung von Wieland. Zuletzt kam ein Herbst, der wie der Tod
selbst aussah, ein kranker Nebel schlich mit kranker Schwermut und
ekelhafter Bitterkeit der schwarzen Melancholie um die nackten Skelette
der toten Bäume. Da besuchten mich meine beiden Freundinnen Evi und
Karine aus Oldenburg. Ich schöpfte Hoffnung. Ich wollte nach Oldenburg
ziehen. Norden, das war, wie Rilke von Paris geschrieben: Hierher also
kommen die Leute um zu leben? Ich meine, es stürbe sich hier eher.
Norden war der Friedhof meines Lebens. Aber Christus schenkte mir die
Auferstehung und ein neues Pfingsten. Evi und Karine hatten mich wie
zwei Marien in meine Auferweckung, in meine Erweckung geführt.
Ich zog also nach Oldenburg und wohnte in der Nähe von Evi und Karine,
die zusammen in einem Bauernhaus in einem romantischen
Paradiesgärtlein lebten. Dort lernte ich eine russische Protestantin kennen,
die mich in ihre Freikirche einlud, eine charismatische Pfingstgemeinde.
Ich besuchte die Gemeinde, es war eine Gemeinde von jungen Studenten
und Studentinnen, die Studentinnen war blühend jung und schön, ich
meinte, in dem Paradies des Propheten zu sein. So schloß ich mich der
Gemeinde an.
In der Gemeinde lernte ich auch einen Chinesen kennen, Rong-Ji, der mein
Freund wurde. Wir sprachen über Li Tai-Bo, er gab mir chinesische Lyrik
in englischen Nachdichtungen, die ich ins Deutsche übersetzte. Dann bat
er mich, ihm bei seiner Doktorarbeit in der Pädagogik zu helfen. Er
referierte mir in den folgenden drei Jahren über die Vater-Sohn-Beziehung
im klassischen Konfuzianismus und ihre Parallelen zum Christentum, und
ich formulierte seinen Vortrag in deutscher Sprache. Ich lernte viel über
Konfuzius, Menzius, das Buch der Riten und Sitten, das Shi Ging, das I
Ging. Ich lernte den konfuzianischen Begriff des Tao kennen, der als ein
sittliches Weltgesetz vom Himmel stammte. Ich lernte über das chinesische
Altertum, über die Verehrung Shang-Di’s, des Allerhöchsten, bei Mo Ti,
über die Geschichte des Christentums in China von dem nestorianischen
Alopen an bis zu dem Jesuitenmissionaren Matteo Ricci und Johann Adam
Schall von Bell und bis zu den protestantischen Bewegungen des
neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts. Ich hörte von einer stets
wachsenden Untergrundgemeinde in China und von großen
Kraftwirkungen des Heiligen Geistes in China, bis hin zu
Totenauferweckungen!
Evi bat mich ausdrücklich, in Zukunft auch sie als ein Freund zu besuchen.
Wir begannen über Gott und die Welt zu sprechen, das heißt, über Jesus
und die Kunst. Sie war sehr schön, eine Paradiesfrau in ihrem blühenden
Paradiesgarten.
Ich lernte auch den evangelischen Christen Mark kennen, der ein großer
Liebhaber der Bibel war und mich in seinen Hauskreis einlud, gemeinsam
das Evangelium zu studieren. Dort lernte ich Inka kennen, eine
engelgleiche Jungfrau, die Verlobte war, Jungfrau und Braut, festhielt an
der Keuschheit vor der Ehe. Sie hatte geistige Kämpfe mit Dämonen zu
kämpfen und war von schweren Leiden sehr vergeistigt. Sie war sehr
schön und fein und zart und transparent. Ich schwärmte für sie und schrieb
ihr ein Gedicht in chinesischer Sprache, in dem ich sie Meh-Meh nannte,
Schwesterchen, rein wie Schwan und Jade. Sie sprach, sie nähme meine
Gedichte als Liebesgedichte Jesu an sie.
In der Pfingstgemeinde hatte ich Erwachsenentaufen erlebt, da ich die
Gegenwart des intensiv angerufenen Heiligen Geistes erlebte. Ich streckte
mich auch nach dem Heiligen Geist aus und wollte meine Kindstaufe
erneuern in einer Wiedertaufe. Ich traf mich allmorgentlich mit Rong-Ji
zur Anbetung Gottes an einem See, da wir Psalmen beteten und
Anbetungslieder sangen. So bereitete ich mich auf die Wiedertaufe vor,
denn ich hoffte, wie bei Jesu Taufe, würde sich auch über mir der Himmel
auftun, der Heilige Geist auf mich herabkommen und Gott mich liebes
Kind nennen und Gottes Wohlgefallen! Eines Morgens begann ich mitten
im Gebet in einer mir unbekannten Sprache zu beten, die Zungenrede ward
mir als Charisma geschenkt. In der Wiedertaufe widersagte ich dem Satan
und allen seinen Werken und versprach vor der sichtbaren und
unsichtbaren Welt, Jesus Christus nachzufolgen. Dann ward meine eine
Taufe im Namen des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes erneuert. Die
Gruppe von Freunden am See sang ein chinesisches Anbetungslied: Fels,
Fels, mein Fels ist Jesus! In der Gemeindeversammlung überkam mich
spontan die Gabe der Predigt.
Mit einem Freund fuhr ich im Sommer nach Süddeutschland. Wir
besuchten eine christliche Familie an der Teck. Ich sah das Schloß der
Hohenzollern von Süddeutschland, ich sah das Schloß Lichtenstein mit
den Totenmasken von Goethe und Schiller und das Schlafgemach mit dem
Gemälde der Himmelfahrt Mariens, ich war auch im Turm von Tübingen,
in dem Hölderlin die zweite Hälfte seines Lebens gelebt hatte. Ich sah dort
die Handschrift Hölderlins, das Gedicht Hälfte des Lebens in seiner
Original-Handschrift.
Ich las die Gesammelten Gedichte von Hermann Hesse, der in seiner
Jugend seine Jugendgeliebte als eine Art Beatrice verklärt, der dann die
Ewige Mutter besang und im Alter Buddha und Christus zu vereinen
suchte. Diese Lyrik erinnerte mich wieder an das Ewigweibliche, an die
Sehnsucht nach der Ewigen Mutter. Der Protestantismus kennt ja keine
metaphysische Weiblichkeit. Man spottete über den Begriff Mutter Kirche,
über die Theologie als Mutter der Wissenschaften, einige Protestanten
hatten Aversionen gegen die Verehrung der Mutter Christi. Gott war Vater
und Sohn.
Ich schrieb Liebesgedichte an Inka, da ich zum Schluß meiner Passion eine
Vision besang, da mir Jesus vom Himmel her erschien und an seiner Seite
eine strahlende Jungfrau. Wer war diese Jungfrau? War sie die himmlische
Jerusalem, die bräutliche Gemeinde Christi, oder war sie Inka im Himmel?
Mit Mark und Inka fuhr ich zu einem Seminar über die Apokalypse des
Johannes. Der Lehrer war ein evangelikaler Fundamentalist, der die
katholische Kirche als Hure Babylon bezeichnete, aber Vorsicht, sie habe
noch eine Schwester, das sei die evangelische Kirche. Aber in irgendeinem
Zusammenhang sprach der Lehrer von der siebenten Königin. Ich sah in
Inka die siebente Königin der Apokalypse, eine apokalyptische Jungfrau,
die himmlische Jerusalem, die Braut Christi, die Frau des Lammes!
In einer evangelikalen Studentengemeinde hielt ich einen Vortrag über
Rudolf Steiners gnostisches Christus-Bild. Mein Freund Mark sprach von
meiner Lehrbegabung.
Ich war begeistert von Gott und wollte allein zur Ehre Gottes dichten. Ich
wollte nach dem Vorbild John Miltons und Klopstocks allein geistliche
Dichtung dichten und begann einen Zyklus von evangelischen geistlichen
Sonetten.
Inspiriert von dem Schriftwort: „Wir hörten von ihr in Ephrata...“, begann
ich einen evangelischen Roman über die Jungfrau Maria zu schreiben.
Zwar lehnte ich die katholischen Dogmen der Unbefleckten Empfängnis,
der Himmelfahrt Mariens und der Fürsprecherin ab, ohne sie aber auch nur
zu kennen, dennoch lebte in mir noch Liebe zur Jungfrau und ich sehnte
mich danach, in dem für wahr gehaltenen evangelischen Glauben doch
auch die Mutter Jesu lieben zu können und preisen zu dürfen. Es machte
mir große Freude, von der Schönheit Mariens zu singen in poetischer
Prosa. Mich inspirierte die Sixtinische Madonna, die meine Zimmerwand
schmückte, aber mich inspirierte Evi, mein Abglanz der Madonna, der
Madonna als der Schönen Madonna.
Ich beschäftigte mich nun mit christlicher Psychologie. Zuerst lernte ich
die Lehre von den Temperamenten kennen, die alte antike Lehre von den
Humoren. Ich erkannte, dass ich stark vom melancholischen Humor
beeinflusst war, dass in mir ein Übermaß an schwarzer Galle war. Aber die
Lehre, dass gerade dass melancholische Temperament die Voraussetzung
für künstlerische und philosophische Begabung ist, war doch wieder ein
Trost.
Ich lernte im Schwarzwald Mirjam kennen, die eine Katholikin war und
Nonne werden wollte. Sie sang mir katholische Marienlieder vor. Ich
erinnerte mich an meine Marienverehrung zu Beginn meines Christseins
und fühlte eine Mutterheimat und das Herz der Geliebten Frau, und was
ich verloren hatte, als ich aufhörte, Maria zu verehren. Es war das Herz des
Christentums die Liebe, aber das Herz des Katholischen die Zärtlichkeit,
und diese Zärtlichkeit und Süßigkeit der Mutterliebe Mariens hatte ich
verloren.
Als ich aus dem Schwarzwald zurückkehrte, sah ich Evi vor mir sitzen auf
einem Sessel, den dreijährigen Sohn auf dem Schoß. Evi hatte lange
schwarze Haare und trug ein feines Seidenkleid, ein weißes Seidenkleid
mit eingewobenen Blumenmustern. Der Sohn spielte auf ihrem Schoß mit
ihrem Haar, sie neigte sich mit süßester Mutterliebe ihrem geliebten Kinde
zu. Da traf mich der Blitz der Liebe, der Feuerpfeil Amors, da schlug Eros
seine Fackel in meine Seele!
Ich schrieb den Marienroman zuende. Mein Herz loderte in der Liebe zu
Evi. Das letzte Jahr des zweiten Jahrtausends ging zuende. Meine
evangelische Maria war gepriesen. Die Welt sprach davon, ob Russland
das dritten Jahrtausend mit einem Atomkrieg beginnen würde? Die
Christen sprachen davon, ob Christus jetzt wiederkommen wird? Ich stand
in der Flamme der Liebe, ich liebte in meiner leidenschaftlichen
Besessenheit Evi mehr als Jesus! Ich liebte sie, als sähe ich in ihr die
Schönheit Gottes! Ja, sie glühte und glänzte in der Glorie Gottes, dass sie
mir eine himmlische Göttin der Schönheit schien, es war mir, als, indem
ich vor ihr kniete in anbetender Minne, ich kniete vor dem femininen
Antlitz Gottes! So begann das dritte Jahrtausend.
Das Jahr 2000 begann damit, dass ich ins Fegefeuer eintrat, ich meinte,
nach Dantes Lehrstuhl, in den siebten Kreis des Fegefeuers, da die
Sinnlichkeit der Minnesänger gebüßt wird. Ein katholischer Priester sagte,
man könne das Fegefeuer auch schon auf Erden haben. Heinrich Seuse
schrieb, die Schwermut als Gemütskrankheit sei ein Fegefeuer auf Erden,
und wer auf Erden schon in dem Feuerofen der Trübsal purgiert würde, der
käme nach seinem Tode schneller zu Gott. Man muß mir nicht sagen, es
gäbe kein Fegefeuer, ich weiß, ich war schon darinnen und bin es noch!
Die protestantisch-charismatische Frömmigkeit half mir nicht in den
großen Liebesschmerzen, in der Nacht der Trauer. Hier wurde der
Auferstandene gefeiert, alle bezeugten, dass Jesus sie froh und fröhlich
gemacht, es war das Kreuz und der Gekreuzigte ein Gedanke an Jesus vor
zweitausend Jahren, da er gelitten, damit sie nun fröhlich sein können. Ich
aber spürte etwas vom gegenwärtigen Kreuz, vom Schicksal Hiobs, des
Predigers Salomo und des lamentierenden Jeremias. Ich übersetzte
Koheleth und Lamentationen, sowie das Hohelied ins Deutsche. Ich suchte
nach einer neuen geistlichen Heimat, nach einer Form des Christentums,
die auch im Leiden trägt. Da studierte ich die christlichen Konfessionen in
ihren Bekenntnissen.
Ich hörte dann eine Predigt des Papstes Johannes Pauls des Zweiten und
war beeindruckt von diesem weltumspannenden katholischen Glauben,
dem Gedenken an die Heiligkeit, vor allem beeindruckte mich die
Verehrung der Märtyrer des zwanzigsten Jahrhunderts.
Durch Zufallsfügung fiel mir eine Schrift des katholischen Schriftstellers
Reinhold Schneider in die Hände. Besonders die Aussage, dass das Leben
für Christen geradezu umgekehrt schwerer sein könne als das heitere
Leben der Hedonisten, da der Christ täglich sein Kreuz auf sich nähme,
beeindruckte mich. Ich studierte nun die Schriften von Reinhold
Schneider. Seine tiefe Schwermut, seine Schau der Tragik des Lebens,
seine Vision vom Königtum Christi als einem Königtum der Schmach und
Ohnmacht, seine absolute Erhöhung des Kreuzes und seine Betrachtung
über die dunkle Nacht der Seele nach der Weisheit des heiligen Johannes
vom Kreuz, das machte mich katholisch.
Ich besuchte wieder einmal eine Heilige Messe und nahm auch an der
Kommunion teil, da ich glaubte, das lebendige Herz Jesu in der Hostie zu
speisen. Ein halbes Jahr lang nahm ich sonntäglich an der Heiligen Messe
teil und kommunizierte, bis ich den Priester ansprach und mich von ihm in
die katholische Kirche führen ließ.
In der Weihnacht hatte ich eine Vision der Madonna, die am Himmel über
mir schwebte, ähnlich der Sixtinischen Madonna. Ich las am Ende des
Jahres das Buch die Ewige Frau von Gertrud von LeFort, der katholischen
Schriftstellerin, die in ihrer Bestimmung des Wesens der Frau und Mariens
als der Ewigen Frau von der heiligen Karmelitin Edith Stein beeinflusst
war. So wie mir durch Reinhold Schneider Johannes vom Kreuz begegnete
und mir das Kreuz Christi predigte, so begegnete mir durch Gertrud von
LeFort die heilige Edith Stein und predigte mir Maria. Maria war Tochter,
Mutter und Braut Gottes, Tochter des Vaters, Mutter des Sohnes, Braut des
Heiligen Geistes, sie war der Inbegriff der Kirche, ja, Stellvertreterin der
ganzen Menschheit und der ganzen Schöpfung. Die Dichterin pries Maria
auch als Muse der großen christlich-abendländischen Kunst, denn die
Ewige Frau inspiriere den wahren Dichter durch die irdische Muse, die
ersehnte oder geistige Braut, die wiederum Stellvertreterin der Jungfrau-
Mutter Maria im Leben des schöpferischen Mannes sei.
Das Jahr 2000 schloß, als ich die Hymne an die himmlische Schönheit des
anglikanischen Renaissance-Poeten Edmund Spenser übersetzte, die man
auch eine Hymne an Sapientia nennen könnte. Die Sapientia war schön
wie die Aphrodite Urania der Griechen, war schön und rein wie die
Jungfrau Maria, sie glich der Weltseele, und war doch als Tochter Gottes
der Sohn Gottes, Christus. Maria hatte mich also zur Hagia Sophia geführt.
Maria, Urania, Sophia, das war der Weg den ich nun gehen wollte. Das
war der Weg, den Maria mich führte, den Weg der Urania der platonischen
Philosophie und, im Geist der christlichen Theosophie, der HAGIA
SOPHIA.
Die Hagia Sophia lehrte mich im ersten Jahr des Dritten Jahrtausends
folgende Schritte:
1. Studium der katholischen Dogmatik und der Lehrentscheide der Päpste
2. Studium der katholischen Mariologie
3. Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens
4. Wallfahrt und Lebensbeichte
5. Mystische Verlobung mit der Jungfrau Maria
6. Firmung und Aufnahme in den Schoß der Kirche
7. Kommunion mit der eucharistischen Christus-Sophia.
[Inhalt]
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CLOUD16
[Inhalt]
CHRISTLICHE MYSTIK
Wie hat die Rose das Adelsdiplom der Schönheit erlangt? Der Schöpfer
selbst hat Evi das Adelsdiplom der Schönheit verliehen! Der Adel der
göttlichen Sophia ist ein göttlicher Adel, denn sie ist eins mit Gott! Herrin,
dein untertänigster Diener wünscht, dir die Wunder und Zeichen zu
preisen, die sich ereignet, als du das Adelsdiplom der Weisheit erlangt! Ich
singe das in vier Gesängen, der erste Gesang besingt dein Studium, der
zweite Gesang die Theoriebildung, der dritte Gesang die schriftliche
Arbeit, der vierte Gesang den mündlichen Vortrag.
Der Maien ist gekommen! Der Mai ist Marienmonat und Mond der Minne!
Herrin, was muß ich dich vermissen im Minnemaien! Du sitzt über deinen
Büchern und studierst Pythagoras, Plotin, Hermes Trismegistos, du
studierst in den Bibliotheken von Atlantis und Alexandrien. Ich aber bin
angestellt als dein Diener, deinen kleinen Sohn zu hüten und zu weiden.
Ich weiß wohl, du hast ihn im Advent vor vier Jahren jungfräulich
empfangen. Mein Geist war der Zeuger, der im Schoß deiner Schönheit
gezeugt hat. Du bist die Psyche, und dein Sohn ist Imago Dei, dein Sohn
ist eine Theophanie, du bist die Madonna, dein Sohn ist das Jesuskind.
Vier Jahre alt ist der Jesusknabe. Wir leben hier ja im Athen des Nordens,
von allen Palästen schaut uns die Athene an, die Göttin der Weisheit, und
von manchem Balkon schaut der Amor herunter, der kleine Schelm Eros!
Tom, benannt nach dem heiligen Thomas, dem Apostel der Inder und
Chinesen, und dem engelgleichen Thomas, dem größten Philosophen des
Mittelalters, Tom ward von mir herumgeführt in dem Athen des Nordens.
Zuerst wallfahrten wir zur Sankt-Marien-Kirche, zündeten Kerzen vor der
großen Mutter der Schmerzen an für die Seele Toms und saßen dann auf
den drei Stufen vor dem Allerheiligsten, da Jesus leibhaftig anwesend ist!
Dann suchten wir das Museum auf, und was sahen wir dort? Die Krone
des Kaisers Friedrich II., an dessen Hof das Sonett erfunden worden, das
Sonett, in welcher Form Petrarca seine Donna Laura unsterblich gemacht.
Goldene Krone mit Rubinen und weißen Perlen. Wir sahen die Falken des
Kaisers, wir sahen den Pfau und den Paradiesvogel. Im Keller des
Museums sahen wir das himmlische Jerusalem, eine Stadt ganz aus Gold
und Glas und Edelsteinen. Kristall und Jaspis und Saphir und Smaragd und
Amethyst und alle Edelsteine des himmlischen Jerusalem waren hier
versammelt, und es war der Schatz des Kaisers. Dann suchten wir den
Fürsten auf in seinem Schloß. Wir beteten zuerst im Kloster und
beschauten die heilige Catharina und die heilige Margarethe und die
heilige Barbara (CMB), wir beschauten die Schmerzensmutter mit dem
toten Gottessohn auf dem Schoß, das Taufbecken, den Weihrauchkessel
und das Priestergewand. Dann bestaunten wir die Ritterrüstungen und die
Lanzen. Im Wohnsaal des Fürsten bestaunten wir die Schönheit der
Schönheitsgöttin Venus mit ihrem kleinen Kinde Amor. Schau einmal,
Tom, sprach ich, der kleine Amor, das bist du, und die Venus dort, das ist
Evi! Dann begaben wir uns auf den Kanal am Schlosspark und ruderten
auf dem Kanal, begleitet von den Wasservögeln mit den schönen Hälsen.
Aber wenn ich allein in meiner Einsiedlerzelle war, dann klagte ich Maria
mein Leid: Ach, Maria, es ist Mai, und meine Minnedame plaudert nicht
mit mir im Garten! Was ist das für ein Minnemai ohne Minnedame,
Madonna? Ich vermisse sie so schmerzlich! O Maria, du bist eine strenge
Herrin! Du nimmst mich in allerstrengste Klosterzucht, in die Zucht des
Karmeliterordens, des strengsten und asketischsten aller Orden, und lehrst
mich die Kreuzeswissenschaft, die Mystik von den stellvertretenden
Leiden zur Erlösung der Menschheit, die Mystik der Sühneopferseelen, die
all ihre Leiden Gott aufopfern, um Christi Herz zu trösten und Seelen zu
retten! Strenge Herrin, es ist Mai, die Natur ist wie ein Garten Eden, und
ich bin eingesperrt in der dunkelsten und nacktesten Klosterzelle und
meditiere nur über den blutigen Christus am Kreuz! O Madonna, du Herrin
der Weisheit, was ist das für ein Mai? Draußen lächelt das Paradies, aber
ohne Eva ist das Paradies kein Paradies für Adam! Madonna, soll sich
Adam mitten in der Herrlichkeit des Paradieses mit Philosophie
beschäftigen? Soll ich asiatische Philosophie studieren im Minne-Maien?
Lebensweisheiten von Lao Tse und Kung Fu Tse hebe mir auf für den
Herbst und Winter, Madonna, aber im Minnemaien schenk mir meine
Paradiesfrau! So betete ich, aber die strenge Herrin ließ sich nicht erbitten.
Statt mit der Venus-Madonna zu scherzen, scherzte ich aber mit ihrem
Sohn, dem kleinen Amor-Jesusknaben! Er spielte Pharao, denn der Pharao
ist ganz aus Gold und wohnt in einer riesigen Pyramide. Ach, Evi, du bist
doch die Tochter des Pharao, die Salomo geliebt, doch ich hütete den
kleinen Tom, der Pharao spielte. Aber mitten im Spiel fiel der Heilige
Geist über Tom und während ich betrübt der Geliebten nachschmachtete,
begann Tom zu prophezeien und ich hörte die Stimme meines Herrn und
Gottes, des Kleinen Jesus, zu mir sprechen: Was trauerst du? Die
allmächtige Prinzessin liebt dich doch, sie hat dir doch gesagt, dass sie
dich grenzenlos liebt! Du bist doch verheiratet mit der allmächtigen
Prinzessin aus der Sonne! Und wer bist du? Du bist der König des Meeres!
Ruh dich nur aus, ich werde allein für dich alle Feinde besiegen, du
brauchst nichts zu tun, ich tu alles ganz allein! So sprach der Kleine Jesus
zu mir, und auf mein Angesicht zauberte sich ein Lächeln. Wahrlich,
wahrlich, aus Säuglingsmund und Mund von Unmündigen bereitet Gott
sich ein Lob! Kindermund tut Wahrheit kund! Aber nun sprach auch Maria
zu mir. Sie hatte lange geschwiegen, aber aufmerksam meinen Gedichten
gelauscht. Sie bedankt sich ja immer so höflich und herzlich für meine
Liebesgedichte an sie. Nun begann sie selber zu dichten:
Jungfrau Maria.
Also, Madonna, hieß es Geduld zu lernen, im Sommer kommt die Zeit der
Rosen, die Zeit der Minne und der Schönheit! Du hast es versprochen!
Und niemals lügst du und niemals enttäuschst du den, der dich
unaussprechlich liebt!
Herrin, ich will deine Theorie der sakralen Architektur besingen. Theoria
heißt ja Gottes-Schau! Du hattest die Visionen, die Ahnungen, intuitiv
erkanntest du alles, aber du konntest es nicht ins Wort fassen. Ins Wort
fassen, das kann ich, diese Gabe hat mir Gott gegeben. Eine
neunzigjährige Karmelitin schrieb mir einmal aus dem Edith-Stein-
Karmel: Der Herr hat dir die Gabe gegeben, mystische Erfahrungen ins
Wort zu fassen. Danke dem Herrn dafür! Ich danke dem Herrn und danke
der Liebe Gottes, dass ich nun meiner Minneherrin mit dieser Gnadengabe
dienen darf. Ich will gar nicht davon sprechen, wie in Ewigkeit der Ewige
Vater sich im Sohn selbst ins Wort fasst, denn der Sohn ist das Wort, der
unergründliche Urgrund der Gottheit fasst sich im gezeugten Sohn ins
fassliche Wort, das ist der Logos, das Wort, der Sinn, die Weltvernunft, und
zwischen dem Urgrund und dem Wort waltet göttliche Liebe, das ist der
Heilige Geist, die göttliche Liebe. Aber deine Theoria wollte ich besingen,
die begann mit dem Schöpfungsakt Gottes. Da entfaltetest du die
Schöpfungslehre nach Plotin. Herrin, ich pries dich vor der Jungfrau Maria
und sprach zu Maria: Herrin! Siehst du meine Herrin Evi? Sie studiert den
Neuplatonismus von Plotin! Schau dich um, Herrin Maria, ob du eine Frau
auf Erden siehst wie meine Herrin Evi, die Plotin studiert! Ich kenne keine,
Herrin Maria, wie meine Herrin Evi! Und auch dafür liebe ich sie so sehr!
Denn die Welt ist aus dem Einen hervorgegangen, indem der göttliche
Geist in der Weltseele zeugte. Die Weltseele aber durchwaltet das All. Die
Weltseele, Anima Mundi, ist die göttliche Weisheit, die das All
durchwaltet. Die Kraftwirkungen der göttlichen Weisheit sind die Energien
des Heiligen Geistes. Die Energien des Heiligen Geistes sind Kraftströme
der Grünkraft der Liebe, die in der Schöpfungsordnung Gottes harmonisch
walten. Der Mensch der archaischen Vorzeit lebte versunken unbewusst
wie ein Kind im Mutterschoß der Mutter Natur und verehrte die Mutter
Natur als Große Mutter und Große Göttin. In der antiken Zeit lernte der
Mensch, die Naturkräfte zu beherrschen und sich dienstbar zu machen. Bei
den Hebräern war die Himmelsleiter Jakobs solch eine Verbindung von
Himmel und Erde, und Jakob errichtete ja auch einen Stein an der Stelle,
da er den Himmel offen gesehen hatte, und übergoß den Stein mit Salböl.
Auch der Prophet Hesekiel schaute den Himmel offen und sah die vier
Cherubim, die den Thronwagen Gottes trugen. Die Kabbala spricht davon.
Mose schaute auf dem Berge Nebo das Gelobte Land, wo Milch und
Honig fließen, aber er durfte nicht hinein! Weißt du, Evi, wie oft ich schon
fühlte, ich sei Mose, du seiest das Gelobte Land, da Milch und Honig
fließen, ich schaue es und darf nicht hinein! Aber Hesekiel schaute in
Visionen den künftigen Tempel, den Johannes in der Apokalypse als das
himmlische Jerusalem schaute, die Kubus-Stadt, die Phönixstadt am Ende
der Milchstraße, wie sie der chinesische Dichter nannte. Die wahre Axis
Mundi aber ist in der Grabes- und Auferstehungskirche Christi. Dann
begann der römisch-katholische Kathedralbau. Die Kathedrale war das
irdische Abbild, das himmlische Jerusalem war das himmlische Urbild.
Die übergroße Herrlichkeit schon des irdischen Abbildes lässt einen
schaudern vor Wonne, ahnt man die unaussprechlichen Herrlichkeiten des
himmlischen ewigen Urbildes, die Stadt des ewigen Paradieses! Die
heilige Stadt des römisch-katholischen Mittealters ist ein Abbild Christi
am Kreuz. Alles ist durchwaltet von den harmonikalen Gesetzen der Zahl
und des Maßes. Die Zahl ist überall die pythagoräische Zahl, die Ausdruck
der Musik des Himmels ist. Die heilige Stadt ist Musik, die Kathedrale ist
Musik, Musik, das ist eine in unsichtbaren Räumen geistig errichtete
Kathedrale. Chartres! Das war mein Minne-Zauberwort. Ich brauchte bloß
Chartres zu sagen, und schon sah ich deine Schönheit, deine Weisheit,
schon sah ich den musikalischen Dom, schön hörte ich die Engel der
Sphären singen! Was ist das Heiligtum, für das die Kathedrale von
Chartres errichtet wurde? Es ist das Kleid der Jungfrau Maria, welches sie
in der Weihnacht in Bethlehem getragen! Chartres, meine Liebe! Ich bin
gebannt vom Labyrinth von Chartres! Chartres wurde erbaut auf den
Grundsteinen des Pythagoras und des heiligen Augustinus, es ist
steingewordene Musik zu Ehren der Jungfrau Maria! Den Saum ihres
Kleides ehrfürchtig zu küssen, wurde ein Kosmos aus singenden Steinen
errichtet! O du gebenedeite Jungfrau Maria! Chartres! O du schöne und
geliebte Evi! Von Chartres führt deine Theoria durch die Philosophie des
Abendlandes, die neuzeitliche Philosophie des deutschen Idealismus bis in
unsere Zeit, da die Naturwissenschaft an die göttliche Weisheit grenzt! Ich
denke, wenn du von den Kraftorten sprichst, von den heiligen Orten, an
das Wort meines lieben heiligen Vaters Johannes Paulus des Großen: Ich
will die Erde mit einer Geologie des Gebets durchziehen, die geistigen
Hauptstädte der Welt sind die Wallfahrtsorte der Jungfrau Maria auf allen
Kontinenten! Weißt du, geliebte Frau, wie es mir ergangen, als du mich um
Mitternacht besuchtest zur gemeinsamen geistigen Arbeit? Ich erwartete
dich mit freudiger Sehnsucht und harrte dem Glockenschlag von
Mitternacht entgegen, betend. Ich betete den Rosenkranz und bat Maria,
den Heiligen Geist auf uns herabzulocken. Da sah ich mit diesen meinen
beiden Augen Maria, ihr Bild als Rosa Mystica, als mystische Rose. Ihr
Bild war in einen heiligen Schleier gewoben. Ihre Gestalt war jung und
schlank, sie trug ein langes weißes Kleid mit goldenen Stickereien und
einen goldnen Gürtel um die Hüfte. Auf ihrer rechten Brust wölbte sich die
weiße Rose der Freuden Marias, zwischen ihren beiden Brüsten, im Tal
ihrer Brüste, wölbte sich die rote Rose der Schmerzen Marias, und auf
ihrer linken Brust überm Herzen wölbte sich die goldene Rose der
Herrlichkeit Marias. Ihr Antlitz war vollkommen schön und lieblich
feminin. Aus ihren großen warmen Augen aber strömten blutige Tränen!
Die roten Tränentropfen flossen über ihre Wangen und über das Kleid und
tropften auf ihre gefalteten Hände und flossen weiter über den goldenen
Liebreizgürtel in ihren Schoß. Dann sah ich mit diesen meinen beiden
Augen Maria, ihre Statue, sie war ein junges Mädchen von siebzehn oder
zweiundzwanzig Jahren und trug ein weißes Kleid, sie war die mystische
Rose, und aus ihren Augen tropften blutige Tränen, und aus ihrer Stirn trat
als Schweiß Milch und Honig aus und rann die Gestalt hinunter. Milch und
Honig der himmlischen Mutter ward aufgefangen von indischen Priestern
in einer silbernen Schale. Wahrlich, Maria ist das Gelobte Land von Milch
und Honig. Dann kamst du, geliebte Evi! Dein Hemd war naß geworden
vom Regen, du zogst es aus und standest im weißen Unterhemdchen vor
mir, dann hülltest du dich in Schafswolle. Du saßest auf meinem Sofa und
studiertest, ich diente dir als dein Geheimer Sekretär. Du saßest auf dem
Sitz der Weisheit und ich saß auf dem Apostolischen Stuhl. Du diktiertest
mir und ich fasste es in schöne Worte. Und das heißt Dichten und ein
Dichter sein, denn Dichten kommt von Diktieren, und es ist die Muse, die
diktiert, und der Dichter, der dichtet. Muse der mystischen Weisheit, du
diktiertest, und ich schrieb auf als dein Geheimer Sekretär. Dann trat ich
auf den Balkon und sah zum Sternenhimmel auf. Orion und Großer Wagen
vom Sternenmantel der Madonna schwebten als der Schutzmantel der
Madonna durch die dunkle Nacht. Ich schaute durch das Fenster vom
Balkon in die lichterfüllte Einsiedlerzelle und sah, und siehe, ich weiß
nicht wie, da saß nicht meine Herrin Evi, da saß meine Herrin, die
Jungfrau von Guadelupe und las in einem Buch. Heimsuchung der
Madonna um Mitternacht! Da schenkte ich dir, meine Herrin Evi, meine
Übersetzung eines Verses aus den Sprichwörtern Salomos: Sophia spricht:
Bei der Schöpfung, „da war ich bei Ihm als Seine Architektin und
Lieblingin, ich war Seine Wollust jeden Tag und scherzte immer mit Ihm!
Ich scherzte auf dem Erdkreis und hatte meine Wollust an den Söhnen
Adams!“ (Sprüche Salomos 8, 30.31).
Ich sah mit diesen meinen beiden Augen die Jungfrau Maria, eine hohe
Frau im langen blauen Mantel, der besät war mit goldenen Sternen. In der
linken Hand hielt sie eine brennende Fackel. Sie lächelte mich an und
sprach zu mir: Mein Bräutigam, ich freue mich über dein Dankopfer, das
du mir bringst, und bitte dich: Fahre fort! So will ich also erzählen, liebe
Evi, von einer wunderbaren Nacht. Es waren die Tage, da du deine
schriftliche Arbeit der Architektur dem Lehrstuhl zur Prüfung vorlegen
solltest. Du batest mich, am Abend zu dir zu kommen und als ein
Schreiber dir zu helfen. Es ist mir eine große Ehre, dir meine große Liebe
durch bescheidene Dienste der Tat ausdrücken zu dürfen! Wir arbeiteten
und schrieben die ganze Nacht. Du hattest schon viele Nächte kaum
geschlafen und warst an die Grenze deiner Kraft gekommen. Drei Stunden
nach Mitternacht legtest du dich für eine Stunde in dein Bett, um zu
schlafen und durch den heiligen Schlaf neue Kraft zu bekommen. Ich
setzte mich vor die Pforte deines Hauses und betete für dich den
Rosenkranz: Gegrüßet seiest du, Maria, voll der Gnade! Der Herr ist mit
dir! Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht
deines Leibes: Jesus! Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns arme
Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes! Amen. Weißt du, Evi, lange
Zeit habe ich dieses Ave-Maria-Gebet ein wenig abgewandelt gebetet. In
meiner abgewandelten Form wählte ich eine mir näher stehende Wortwahl
und schloß auch meine Liebe zu dir in das Gebet ein. Denn statt des
kirchlichen Grußes: Gegrüßet seiest du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist
mit dir! betete ich: Ave Maria, du Gnadenvolle, Gott ist mit dir! Weißt du,
Evi, die lateinischen Katholiken sagen, das Ave ist die Umkehrung von
Eva. Wie Eva Nein zu Gott gesagt, so hat Maria beim Ave des Engels Ja zu
Gott gesagt. Dann betet die Kirche: Gebenedeit ist die Frucht deines
Leibes! Aber ich betete: Gebenedeit ist die Frucht deines Schoßes! Denn
ich wollte immer heim in den Mutterschoß. Auch grüßte ich Maria nicht
als Mutter Gottes, sondern als Liebe Frau, denn sie war mir zwar vertraut
als meine himmlische Mutter, aber noch lieber und süßer war mir ihre
Liebe, wenn sie mich zu ihrem mystischen Bräutigam erwählte und meine
mystische Ehefrau ist. Dann betete ich auch nicht: Bitte für uns arme
Sünder, sondern: Bitte für uns verbannte Kinder Evas! Diese Formulierung
stammt aus einem anderen Mariengebet. Verbannte Kinder Evas sind wir,
weil wir nicht mehr im irdischen Paradies leben. Aber ich bin auch ein
verbanntes Kind Evas, weil du, Evi, meine Eva bist und weil dein Leib
mein Garten Eden ist und weil ich aus dir ausgeschlossen bin. Und ich
betete auch nicht: Bitte für uns in der Stunde unseres Todes, sondern: Bitte
für uns in der Stunde unseres Heimgangs! Denn so wollte ich alle
natürliche Todesangst überwinden, indem ich mich erinnerte, dass der Tod
der Heimgang in die ewige Heimat ist, in das himmlische Paradies! Aber
dann sprach einmal Maria zu mir von der Liebesflamme ihres makellosen
Herzens und kam mit dem Erzengel Michael. Und Sankt Michael belehrte
mich, dass das Gebet in der Formulierung, wie es von der Kirche
formuliert ist, mehr Macht hat, das Böse zu besiegen und Seelen zu retten
und Gnaden zu erlangen. Darum gehorche ich der Weisung des großen
Engelsfürsten Sankt Michael und bete das Ave-Maria nun wieder so:
Gegrüßet seiest du, Maria, voll der Gnade! Der Herr ist mit dir! Du bist
gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes:
Jesus! Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der
Stunde unsres Todes. Amen. So betete ich in der Nacht vor deinem Haus,
da trat die Jungfrau Maria zu mir und sagte lächelnd: Töricht bist du, wenn
du glaubst, dass ich dein Gebet nicht erhört hätte. Denn ich hatte den
Rosenkranz für dich gebetet, Evi. Die Jungfrau Maria bat mich, sie
hineinzulassen in dein Haus, sie wolle jetzt zu dir treten und dich segnen.
Da sah ich, wie sie als schlanke Lichtjungfrau in dein Haus eintrat. Ich
folgte ihr, denn es war die verabredete Zeit, da ich dich wecken sollte von
deinem Schlaf. Du hattest aber nicht geschlafen vor innerer Unruhe und
körperlicher Anspannung. Du mochtest dich gar nicht von deinem Bett
erheben. Ich bereitete dir eine Tasse grünen Tee vom Himalaya und schnitt
dir einen Apfel in Scheiben. Ich brachte dir den Tee ans Bett und du
trankest den grünen Tee. Ich kniete neben deinem Bett und war ganz
ehrfürchtig, dass ich in deinem Schlafzimmer vor deinem Bett knien
durfte. Du recktest und strecktest dich und sagtest müde, du seiest ganz
verspannt an den Muskeln und Sehnen deines Rückens und Nackens. Ich
bot dir an, dir den Rücken zu massieren. Ich wagte es kaum, dir das
vorzuschlagen. Aber du nahmst das Angebot freudig an. Da saß ich
wahrhaftig neben meiner liegenden Geliebten auf ihrem weißen
Himmelsbett, du drehtest mir den Rücken zu und ich massierte dir den
Rücken und den Nacken und die Schultern. Und tatsächlich, um dir noch
besser Erleichterung verschaffen zu können, massierte ich nicht dein
Hemd, sondern deinen bloßen Rücken. Du ahnst nicht, welche zitternde
Scheu und heilige Ehrfurcht mich dabei ergriff! Es regten sich wohl
lüsterne Gedanken, wie süß es wäre, deine Brüste zu liebkosen, aber
gleichzeitig ging mir eine Szene aus der Bibel durch den Sinn: Mose
begehrte, die Herrlichkeit des Herrn zu schauen, und Gott sprach: Mein
Antlitz kannst du nicht schauen, denn keiner lebt, der mein Antlitz schaut!
Aber ich werde an dir vorüberziehen, und du wirst meinen Rücken und
meinen Nacken schauen! So sprach Gott zu Mose, und, o Gott, ich kam
mir mehr begnadet vor als Mose! Denn ich durfte nicht allein den Nacken
und Rücken des Herrn schauen, sondern den Nacken und Rücken des
Herrn berühren! Welch ein Wahnsinn der Liebe! Dann erhobst du dich und
nahmst ein erfrischendes Bad. Ich aber nahm die Apfelscheiben auf einer
Schale mit mir und setzt mich in der dunklen Nacht auf die Gartenbank
vor deinem Haus, saß unter der heiligen Eiche und dem Holunderbaum mit
den schwarzen Perlen und speiste den Apfel. Aber ich hob dir einige
Scheiben auf. Dann tratest du aus dem Haus, die langen schwarzen Haare
noch feucht und gelockt vom Bad. Du setztest dich leise neben mich auf
die Gartenbank. Da bot ich dir die Apfelscheiben an und du aßest sie. Mir
war, als sei ich Adam und du seiest Eva und wir speisten im Garten Eden
den Apfel, aber ganz ohne Sünde! Ich war so selig, ich war wirklich einen
Augenblick im irdischen Paradies! Bald aber musste ich Abschied nehmen.
Und da ich in meine Wohnung fuhr, huschte eine graue Katze wie
weggescheucht zur Seite. Daran musste ich denken, als ich bald darauf im
jüdischen Talmud-Buch las, wie Adam nach der Speise der verbotenen
Frucht von Gott durch den Engel wie ein Straßenköter davongejagt wurde,
weil er als Sünder nicht im irdischen Paradies übernachten durfte!... Am
nächsten Morgen las ich im Talmud. Der jüdische Talmud gilt den Juden
neben dem Alten Testament als heilige Schrift und Offenbarung Gottes.
Ich las: „Zwölf Stunden hat der Tag. In der ersten Stunde wurde die zur
Schaffung des ersten Menschen benötigte Erde zusammengetragen, in der
zweiten wurde er zum Klumpen geformt, in der dritten wurden die Glieder
geformt, in der vierten wurde ihm die Seele eingehaucht, in der fünften
stand er auf, in der sechsten führte Gott ihm die Tiere vor, damit er sie
benennen sollte, in der siebenten wurde ihm Eva zugeführt! In der achten
bestiegen sie zu zweit das Bett – und verließen es zu viert (Evas zwei
Söhne), in der neunten wurde ihm das Verbot erteilt, vom Baum der
Erkenntnis zu essen, in der zehnten hat er sich dagegen vergangen, in der
elften wurde er gerichtet, in der zwölften wurde er aus dem Paradiese
gejagt! Denn es heißt in Psalm 49,13: Denn Adam sollte nicht über Nacht
in seiner Würde bleiben, sondern musste davon wie ein Vieh.“ Wirklich,
Evi, als ich das las, da war ich Adam, der erste Mensch der Welt, und war
verjagt aus dem Garten Eden. Und ich heulte und jammerte vier Stunden
lag über das Unglück, daß Adam aus dem Paradies vertrieben! Ich konnte
meine Tränen nicht trocknen, und wie der Psalmist sagt: Meine Seele
wollte sich nicht trösten lassen! Ich war untröstlich und voll des
namenlosen Jammers über den Fall und die Vertreibung Adams. Erst nach
vier Stunden fasste ich mich ein wenig. Da hörte ich die Stimme vom
Horeb beten. Der Horeb ist der Berg, da Gott sich Mose offenbart in einem
brennenden Dornbusch und gesagt: Ich bin Jahwe! Mein Name ist: Ich bin,
der ich bin! Ich bin, der ich war und bin und sein werde! Ich bin, der ich
sein werde! Ich bin der Ich-bin-da! Ich bin! Halleluja! Ich hörte die
Stimme vom Horeb beten die Gebete an Christus auf seinem Kreuzweg:
Christus, mit dem Atem der Menschen, den du geschaffen, lästern dich die
Menschen! Christus, mit der Zunge der Menschen, die du geschaffen,
höhnen dich die Menschen! Christus, du bist dreimal unter der Last des
Kreuzes gefallen! Dann bist du gestorben den Tod am Kreuz! O Christus,
durch dein heiliges Kreuz hast du die ganze Welt erlöst! Christus, dein
Leichnam wurde in den Schoß deiner heiligen Mutter gelegt! Christus,
dein Leichnam wurde begraben! Da überstürzten mich wieder solche
leidenschaftlichen Tränenströme und ich musste drei Stunden weinen über
den Tod Christi am Kreuz! Sie haben meinen Herrn gekreuzigt! Mein Herr
ist für mich gestorben! O welcher Jammer, welches namenlose Leiden,
dass der Sohn Gottes von den Seinen, von der Menschheit, gekreuzigt
wird! Ich weinte drei Stunden, bis ich mich zu einem Marienbild wandte,
das Leonardo da Vinci gemalt. Es zeigt die stillenden Madonna. Die bloße
Brust ist prall und gefüllt mit der süßen Milch des Trostes, und das nackte
Jesuskind saugt begierig an der Brust. Da betete ich in meinem Jammer zu
den Brüsten Mariens: O Maria, gebenedeit sind deine Brüste, an denen
Jesus getrunken! Laß mich auch
saugen die Milch des Trostes aus deinen hochgebenedeiten Brüsten!
Wahrlich, nie ruft einer umsonst zu den Brüsten Mariens! Denn Maria ließ
mich trinken die Milch des Trostes aus ihren barmherzigen Brüsten! Und
da ich gestillt und getrost war, wie ein gestilltes Kind in den Armen seiner
Mutter, da riefest du mich, Evi, mit deiner himmlisch-süßen Stimme, ob
ich erneut in der Nacht dir helfen wolle. So hat mich Maria getröstet! Ich
durfte dich wieder sehen, Evi! Ich betrachtete Bilder von Leonardo da
Vinci. Ich sah die heilige Anna, die Mutter Mariens, mit dem jungen
Mädchen Maria und dem kleinen Jesuskind. Ich sah die Madonna in der
dunklen mystischen Felsgrotte, ein Engel sitzt neben ihr, in ihrem Schoß
faltet sich der glühende Stoff, der kleine Johannesknabe zeigt zum
segnenden Jesusknaben. Ich sah Jesus beim Letzten Abendmahl. Dann sah
ich die Hausfrau Gioconda, die Leonardo verherrlicht in künstlerischer
Arbeit von zehn Jahren zur Mona Lisa mit dem geheimnisvollen Lächeln.
O Mona Lisa, o Herrin Evi, o zauberhaftes Lächeln! Und so kam ich am
Abend zu dir, und du studiertest deine Aufzeichnungen und lächeltest so
selig und friedlich und versunken vor dich hin, ich meinte, ich sehe das
Lächeln der Mona Lisa, ich sehe das Lächeln Evis, ich sehe das Lächeln
der Jungfrau von Guadelupe! Um Mitternacht aber hörte ich in meiner
Einsiedlerzelle wieder die Stimme vom Horeb. Es war die Stimme meines
lieben heiligen Vaters Johannes Paulus des Großen. Der heilige Greis im
Himmel mauschelte den Rosenkranz auf Latein und die Lauretanische
Litanei, das große Marienlob, auf Latein. Und ich schlief ein mit dem
Gebet auf den Lippen: O Maria, ich bin ganz dein! O Maria, totus tuus ego
sum!
Geliebte, der Heilige Geist hatte mich in dieser Zeit immer wieder
hingewiesen auf die Bibelstelle, da Salomo berufen wird, den Tempel
Gottes zu bauen. „So sieh nun zu, denn der Herr hat dich erwählt, dass du
ein Haus baust als Heiligtum. Sei getrost und richte es aus! Und David gab
seinem Sohn Salomo einen Entwurf für die Vorhalle des Tempels und für
seinen Bau, seine Gemächer und Obergemächer und inneren Kammern
und für den Raum des Gnadenthrones; dazu Entwürfe für alles, was ihm
durch den Geist in den Sinn gekommen war... Und David sprach zu seinem
Sohn Salomo: Sei getrost und unverzagt und richte es aus! Fürchte dich
nicht und laß dich nicht erschrecken! Gott der Herr, mein Gott, wird mit
dir sein und wird die Hand nicht abziehen und dich nicht verlassen, bis du
jedes Werk für den Dienst im Hause des Herrn vollendet hast.“ (1 Chronik
28). Ich ging in die Kirche, für dich zu beten. Bei der Opferung Christi
vertraute ich dich dem Ewigen an und bei der Speise des Leibes Christi bat
ich Gott, dir die göttliche Weisheit zu schenken. Der Chor der Gemeinde
sang drei Hymnen an den Heiligen Geist, der Priester sprach: Empfangt
den Heiligen Geist, den Atem Gottes! So kam ich zu dir, um dir zu helfen.
Es war aber so, dass dir die Ideen und Worte nur so herausflossen, denn es
war der Heilige Geist auf dich übergegangen! So schriebst du bis in die
hereinbrechende Nacht. Ich saß nur dabei und betrachtete dich, wie du in
der Nacht im Garten zu einer Schwarzen Madonna wurdest. Ich dachte
immer nur an das Minne-Zauberwort: Chartres! Du warst ein schöner
Schatten in der dunklen Nacht, ich war erfüllt von Eros. Du sprachest: Ich
bin so verspannt im Rücken und in den Schultern! Ich sprach: So ging es
auch Jesus, als der das Kreuz trug. Darf ich dich massieren? Du erlaubtest
es, aber als ich dich ein wenig massiert hatte, erdröhnte ein Donnerschlag.
Du zucktest zusammen, als ob wir etwas Verbotenes getan hätten. Weil du
zusammenzucktest wie vor etwas Unkeuschem, entfernte ich mich von dir.
Du aber, erfüllt vom Heiligen Geist, arbeitetest weiter. Am nächsten Tag
schenkte ich dir ein Perlenband aus Südamerika, ein Armband von weißen
Perlen, an denen Bilder von Heiligen befestigt waren. Bilder waren das
von Jesus und Maria, vom Heiligen Josef und anderen Heiligen. Du trugest
es als Schutz. Am Abend brachtest du deinen kleinen Tom ins Bett, den ich
am Tag gehütet hatte. Er saß nackt auf meinem Schoß, und du standest vor
uns, ihm den Schlafrock anzuziehen. Da sagte das Kind: Guck mal und
schau mal! Ich guckte und schaute und sah, siehe, was ich sah, das waren
deine schönen weißen Brüste! Und in jener Nacht hatte ich einen
bedeutsamen Traum. Ein Mann sprach zu mir, ob ich ein Liebender sein
wolle und heiraten oder ob ich ein Gottgeweihter sein wolle? Ich sagte: Ich
sei ein Gottgeweihter, aber dennoch ein Liebender! Da sprach der Mann,
ich solle beten, meine Berufung zu erkennen. Ich trat in eine Kirche, die
dem Heiligen Geist geweiht war. Auf dem Altar war der Leib Christi zur
Anbetung ausgestellt. Aber ich kniete vor dem Marienaltar. Da sah ich drei
Bilder der Jungfrau Maria. Auf dem ersten Bild kniete der Erzengel
Gabriel wie ein schöner Jüngling vor der schönen Dame Maria und
huldigte ihr in anbetender Minne. Auf dem zweiten Bild stand Maria im
blauen und weißen Kleid, aber mit bloßen weißen Brüsten, und lud mich
ein, ihr Geliebter zu sein. Auf dem dritten Bild sah ich den Liebesakt des
Heiligen Geistes mit der reinen Jungfrau, die Jungfrau lag in ihrem Bett
und die weiße Taube des Geistes der Liebe erkannte die Jungfrau, ich sah
ihre bloßen Brüste und ihr Antlitz, das verzückt war von Glückseligkeit der
Ekstase der Liebe! Am nächsten Tag kam ich wieder zu dir, Evi. Wir
arbeiteten zusammen, aber ich war ungeduldig. Du wolltest langsam und
ruhig arbeiten, aber ich wollte tanzen und rasen und stürmen. Da warest du
wie die schwarze Stute des Pharao aus dem Liebeslied von Salomo, und
ich war dein Reiter, ich wollte dich antreiben zu einem feurigen und
stürmischen Galopp und jagte dir meine Sporen in die schwitzenden
Flanken, aber du bäumtest dich auf voll Unmut und warfst mich aus dem
Sattel! Dann erhobest du dich vor mir und schütteltest versöhnlich die
lange feuchte schwarze Mähne und schautest mich an, ich aber bat
demütig um Vergebung und streichelte deinen Rücken. Um Mitternacht
ging ich nach Hause. Es war der letzte Tag vor deinem mündlichen Vortrag
vor dem Lehrstuhl und der Prüfungskommission. Wir standen in einem
dunklen Raum, es war da kein Licht als das Licht unsrer Augen. Ich bat
dich, mir deine Hand zu reichen und erteilte dir wie ein Priester den Segen:
Auf die Fürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria, auf die Fürsprache
der seligen Evelin von Lüttich und auf die Fürsprache aller Heiligen hin
segne, beschütze und erleuchte dich der all-liebende Gott, der Vater und
der Sohn und der Heilige Geist! Im Zeichen des Kreuzes verließ ich dich.
Als ich aber zuhause wieder in meiner Einsiedlerzelle war, trank ich
meinen Rotwein und betete wieder: Auf die Fürsprache der allerseligsten
Jungfrau Maria, auf die Fürsprache des heiligen Quentin des Märtyrers
und auf die Fürsprache aller Heiligen hin segne und beschütze dich der
allbarmherzige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist! Auf die
Fürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria, auf die Fürsprache des
heiligen Apostels Thomas, Apostels von Indien und China, und auf die
Fürsprache des Heiligen Thomas, des engelgleichen Lehrers der
Philosophie, und auf die Fürsprache aller Heiligen hin beschütze und
segne dich der allmächtige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige
Geist! Auf die Fürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria, auf die
Fürsprache des heiligen Petrus, meines Patrons, und auf die Fürsprache der
heiligen Evi und auf die Fürsprache aller Heiligen hin beschütze und segne
dich der all-liebende Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist!
Amen. Am frühen Morgen, nach wenigen Stunden Schlaf, erwachte ich
und las in der Bibel: „Und der Ewige sprach zu Abram: Ich will dich
segnen und deinen Namen groß machen, und du sollst ein Segen sein. Und
ich will segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den will ich
verdammen, und mit dir sollen sich segnen alle Geschlechter der Erde.“
Da pries ich auf dem Weg zu dir, Evi, die Allmacht und Zärtlichkeit
Gottes, die in diesen Worten mir zum Ausdruck gebracht wurde, ja,
geradezu die göttliche Allmacht der Zärtlichkeit! Als ich aber in deinen
Garten kam, lag der Glanz der reinsten Sommermorgensonne über dem
grünen Garten. Die Bäume und Gräser und Büsche waren grün, Blumen
blühten und Beeren hingen an den Bäumen. Die kleinen Vöglein sangen
und hüpften lustig in den Zweigen umher. Dann trat ich in dein Haus und
begrüßte dich. Du standest in dem Bad vor dem Spiegel. Da warest du
ganz schwarz gekleidet, mit schwarzem Hemd und schwarzem Beinkleid,
mit breitem schwarzem Gürtel mit silberner Schnalle, deine langen
schwarzen Haare waren noch feucht vom Bad und hingen lang und lockig
herunter. Du schminktest deine langen Wimpern schwarz vor dem runden
Spiegel. Da ich dich grüßte, schautest du zu mir und lächeltest mich an.
Das ganze Bad aber war in gleißendes Licht gehüllt. Vor der
überwältigenden Schönheit trat ich zurück und begab mich ins
Wohnzimmer. Da ging mir durch den Sinn, dass der unzugängliche
Lichtglanz, in dem Gott wohnt, auch durch den geheimnisvollen Glanz der
Schwarzen Madonna zum Ausdruck gebracht werden kann. Der Vater der
Mystik des Abendlandes, Dionysios, ein katholischer Neuplatoniker,
sprach von der höchsten Schau als der Schau des finsteren Lichtes Gottes!
Dieses Paradox des finsteren Lichtes ist einzig angemessen, von der
unbeschreiblichen Urschönheit der Urgottheit zu sprechen. Dionysios
nennt ja die allerhöchste Gottheit – Urschönheit! Und wahrlich, mir war,
ich hätte die Schwarze Madonna in einer Wolke von Lichtglanz geschaut,
und sie habe mich liebevoll angelächelt! Ich habe in einer Vision das
finstere Licht der göttlichen Urschönheit geschaut! Meine Kniee begannen
zu zittern und ich trat in den Paradiesgarten in dem Glanz der
Morgensonne. Ich setzte mich auf die Gartenbank und begann ein
Gespräch mit dem heiligen Kirchenlehrer aus dem vierten Jahrhundert,
Johannes Chyrsostomus, das heißt Johannes Goldmund. Man nannte ihn
Goldmund, weil Maria seinen Mund geküsst, davon kam, dass er so
besonders schön sprechen konnte. Ich sprach: Heiliger Johannes
Goldmund, du hast einmal gesagt: Vom irdischen Paradies sind drei Dinge
übriggeblieben, das sind die Reinheit der Kinderaugen, die Schönheit der
Blumen und die Herrlichkeit des Sternenhimmels. Heiliger Goldmund, das
ist wohl wahr, doch hattest du Evi nicht gekannt. Sie ist auch
übriggeblieben aus dem irdischen Paradies! Sie ist rein wie die Augen
eines Kindes, wenn es ein Marienbild anschaut, sie ist schön wie eine
lachsfarbene Rose in der Morgenröte eines Maienmorgens, sie ist
prachtvoll wie die schwarze Mutter Nacht in ihrem diamantenen
Sternenkleid! Ich meine, Evi ist die Eva aus dem Garten Eden, die immer
noch unter uns wandelt! Da lächelte Johannes Goldmund. Ich war wieder
im Paradies, im Garten Eden, und eine geheimnisvolle Wollust
durchglühte mich und ich dachte an das männliche Geschlecht der
Schlange und das weibliche Geschlecht der Feige. Und ich sagte glühend
und doch scherzend im Geist: Ach, Evi, du bist doch meine auserwählte
Feige! Aber dann sah ich wieder die Vision des finsteren Lichtes der
göttlichen Urschönheit, die Schwarze Madonna im Lichtglanz vor dem
unbefleckten Spiegel, da sprach ich: Gott, was ich schaute, das ist die
Herrlichkeit des Herrn! Herr, du selbst erscheinst mit deiner Herrlichkeit!
Deine Herrlichkeit erfüllt die Wohnung wie eine Wolke voller Lichtglanz,
ich kann nicht eintreten in die Wohnung, weil die goldene Wolke der
Herrlichkeit darin ist! Und meine Kniee sanken zum Erdboden, denn es riß
mich hin, anzubeten die Herrlichkeit
des Herrn, das finstere Licht der göttlichen Urschönheit, die sich in der
Schwarzen Madonna offenbart, die Schönheit Gottes anzubeten, die sich
mir in Evi offenbarte! So begaben wir uns zur Universität, wo du deine
Prüfung mündlich bestehen wolltest. Vor Beginn der Prüfung schlug ich
das Evangelium auf und las in der Apokalypse, dass der Seher Johannes
vor dem Engel, der ihm das himmlische Jerusalem gezeigt hatte in
Gesichten, niederfallen wollte und den Engel anbeten wollte! Aber der
Engel sprach: Tu es nicht, ich bin dein Mitknecht und der Mitknecht all
deiner Brüder, der anderen Propheten, sondern bete Gott an! Dann begann
dein Vortrag. Du trugst am rechten Handgelenk das weiße Perlenarmband
mit den Medaillons der Heiligen. Aber ein Medaillon löste sich, als du zu
sprechen begannst, da ich im selben Augenblick begann, den Rosenkranz
im Geist zu beten. Es war dies das Medaillon der Jungfrau Maria. Sie war
schlank und jung, vielleicht siebzehn oder zweiundzwanzig Jahre jung,
trug ein schneeweißes Kleid und einen langen himmelblauen Mantel, um
die Hüfte geschlungen einen himmelblauen Gürtel, ihr Antlitz war
feminin, oval, lieblich lächelnd, mädchenhaft und doch mit mütterlich-
liebenden Augen, von ihren Händen aber gossen sich wie weiße
Sonnenstrahlen die himmlischen Gnaden aus, die sie über die ausgießt, die
sie um Hilfe anrufen. Und diese Gnaden goß Madonna über dich aus, Evi,
und auch über mich, da ich den ganzen Vortrag über im Geiste das Ave-
Maria betete. So bestandest du die Prüfung. Ich verabschiedete mich von
dir und dachte auf meiner Heimfahrt durch den Buchenwald an den
Spruch, den ein Pfarrer in einer Komödie gesprochen: „Man kann von der
Liebe Gottes sagen was man will, aber man hat keinen Liebeskummer!“
Und als ich wieder in meiner Einsiedlerzelle war, ward ich gelehrt von
einem katholischen Schriftgelehrten über die Schönheiten des
himmlischen Jerusalems. Er sprach ganz ernst und weise, aber für mich
war es der lustigste Scherz, den der liebe Gott jemals mit mir getrieben!
Daß er nun sprach von der Braut, von der Frau, die die Frau des Lammes
ist! Dies ist das himmlische Jerusalem, die perfekte Stadt, ein Kubus aus
symbolischen Zahlen der Vollkommenheit! Vom Architekten Christus in
der Ewigkeit errichtet, ist dieses himmlische Jerusalem nur aus Gold
gebaut, aber nicht aus profanem Gold, sondern aus Gold, das wie Glas
durchsichtig ist. Seine Mauern sind aus Jaspis, aber die Tore sind offen.
Jedes Tor ist aus einer weißen Perle, zwölf weiße Perlen bilden die zwölf
Tore, darauf die Namen der Heiligen stehen! Und dieses himmlische
Jerusalem ist die Braut! Dieses himmlische Jerusalem ist die Frau des
Lammes, und sie ist geladen zum Hochzeitsmahl des Lammes, zum
Gastmahl des Himmels! Und ihre Herrlichkeit ist so rein und klar und
strahlend wie ein transparenter Jaspis, ihre Herrlichkeit, griechisch
gesprochen ihre doxa, ist ihre unaussprechliche Schönheit, die
unbeschreibliche Schönheit Gottes gehört wesensmäßig zu ihr, denn in
ihrer perfekten Schönheit wohnt die göttliche Urschönheit!
DIE SCHWARZE MADONNA
Gegrüßet seiest du, Unsere Liebe Frau von der Guten Hoffnung! Ich grüße
dich, Madonna Paritura, du schwangere Jungfrau, hochgebenedeiten
Leibes, die du in deinem Schoße die inkarnierte Weisheit trägst und nährst!
Welche Würde und Ruhe geht von deiner erhabenen Gestalt aus, o
Schwarze Jungfrau von Dijon! Wenn ich dich ohne Schmuck anschaue,
scheinst du aus der Eiszeit zu kommen, aus den Höhlen der
Steinzeitmenschen, aus dem grauen Altertum! Oder bist du die Schechinah
der Juden, die Braut Adams, Abrahams, Isaaks, Jakobs, Moses, Josefs,
Davids, Salomos, Jesus Sirachs und des Hohenpriesters Simon? Ich bete
dein Ave Maria und höre die sanfte mütterliche Stimme des Himmels in
mir flüstern: Ich bin die Schechinah! Du bist die Schechinah, die
mütterliche Gegenwart Gottes in der Schöpfung, die Immanenz der
göttlichen Natur, die Menschenliebe der göttlichen Mutter! Wirst du nun,
du Matrone des Volkes Israel, in dieser Welt herumgestoßen und
ausgestoßen, und musst du dir die Augen ausweinen über die Leiden
Israels in dieser Welt? Hast du blutige Tränen geweint, du Matronita
Israels, als du auf dem Kalvarienberg von Auschwitz die Kreuzigung
deines geliebten Sohnes Israel anschauen musstest und bist du da
verstummt vor namenlosem Schmerz, du Mutter Hiobs? Großen Ernst seh
ich auf deinem Antlitz, in sich gekehrten Ernst und eine Schlichtheit der
Armut, der Einfachheit der Armen Jahwes, deren Mutter du bist! Du bist
von solch einer inneren Sammlung, dass du das Bild der Geschlossenheit
gibst, in der wir alle uns sicher bergen wie in deinem hochgebenedeiten
jungfräulichen Mutterschoß, du Schutzfrau der Armen! Du bist die Mutter
von der guten Hoffnung, denn du, o Schwarze Jungfrau, bist schwanger
mit dem Licht, dem strahlenden Lichtglanz der ewigen Erlösung in Jesus
Christus, der gebenedeiten Frucht deines Schoßes! In dir ist bewahrt das
Mysterium der Erlösung der gesamten Schöpfung und der Menschheit, das
allen angeboten wird, aber es ist auch geheimnisvoll verborgen in dir und
nur den erleuchteten Augen des Herzens sichtbar! So wie Gott sich in der
Schöpfung geheimnisvoll verbirgt und zugleich mächtig und herrlich
offenbart, so ist die fleischgewordene Weisheit und Liebe und Schönheit
Gottes in deinem barmherzigen Mutterschoß verborgen und offenbart sich
zugleich als Jesus, Sohn der Jungfrau! Die dich lieben, schmücken dich,
wie es der Himmelskönigin gebührt, denn du bist die Himmlische
Jerusalem, die Frau des Lammes, und du bist gleich dem allerreinsten
Edelstein und einem transparenten Jaspis gleich, von Gold und Glas und
Muschelperlen verschönt, und die Herrlichkeit des Herrn, die
unaussprechliche Schönheit Gottes wohnt wesenhaft in dir, o
Himmelskönigin! Freue dich, o Himmelskönigin! Wir preisen die Sterne
an dem Nachthimmel, denn sie verweisen auf deinen Schutzmantel, denn
wie die Dichter die schwarze Mutter Nacht besingen und sich bergen in
ihrem Sternenmantel, so sind wir alle in den dunklen Nächten des
Glaubens, der Seele und der Vernunft, da wir Gott nicht fühlen und finden,
in den dunklen Nächten der Gottverlassenheit am Kreuz geborgen immer
noch in deinem barmherzigen Mutterschoß! Siehe, Schwarze Jungfrau,
dein Sternenmantel des Nachthimmels, dein Schutzmantel der gestirnten
Nacht ist die Plazenta, an der all deine Kinder als Brüder und Schwestern
Christi in deinem barmherzigen Mutterschoß geborgen sind, denn wir
leben und weben und sind in deinem Schoß, bis du uns im gnädigen Tod
gebierst in die ewige Herrlichkeit der himmlischen Jerusalem und des
ewigen Paradieses der vollkommenen Glückseligkeit! Halleluja! Schwarze
Jungfrau von Dijon, du gestirnte Himmelskönigin, du verbirgst den Sohn
und offenbarst ihn zugleich, denn in deinem Rücken ist das Kreuz und sind
die ausgestreckten Arme des Gekreuzigten! Man möchte meinen, dass die
Passion des menschgewordenen Gottes sich wie auf einem dunklen
Hintergrund als Traum deiner eigenen Seele vollzieht, ja, es ist ja so, dass
die Passion deines Sohnes sich auch in den dunklen Tiefen deiner
liebenden Seele vollzieht! Denn Christus ist von dir nicht allein in
Bethlehem in der Grotte geboren, sondern vor allem in deinem Herzen
erfuhrest du die mystische Gottesgeburt! So ist Christus auch nicht allein
auf der Schädelstätte von Golgatha gekreuzigt, sondern auch gekreuzigt in
deinem Herzen, als dein Herz mitleidend mit den Leiden deines Sohnes
mitgekreuzigt wurde zur Erlösung deiner geliebten Menschenkinder! So
sehe ich dich versunken in die Leiden des leidlosen Gottes und sehe dich
gleichsam brüten über dem Mysterium der Passion der fleischgewordenen
Liebe, um das Heil allen deinen geliebten Menschenkindern mütterlich
zuzuwenden, das Heil deines Sohnes, das du für uns geboren hast! Darum
sehe ich in deiner mütterlichen Gestalt, o Schwarze Jungfrau, das gesamte
Mysterium der Menschwerdung Gottes und der Erlösung der gesamten
Kreatur, ja, ich sehe in dir als in der Vierge Ouvrante, das Geheimnis der
ganzen allerheiligsten Dreifaltigkeit, als da ist in dir gegenwärtig der
liebende und barmherzige Vater, der gekreuzigte Christus und die Schöne
Liebe des mütterlichen Heiligen Geistes! Diese geheimnisvolle
Dreieinigkeit des allerhöchsten göttlichen Wesens verbirgt sich in dir und
offenbart sich durch dich, die du bist der Abglanz der Schönheit des
Schöpfers, die Wohnung der Weisheit und die Ausspenderin der
mütterlichen Liebe Gottes. Danken muß ich aber auch dir, o Santa Anna,
du Mutter der Unbefleckten Empfängnis. Ich sehe dich auch mit dem
schwarzen Antlitz der schwarzen Mutter Erde, wie du als Großmutter
Gottes in den Armen hältst die Unbefleckte Jungfrau, die jungfräuliche
Mutter Gottes, die auf dem Schoße trägt den Lichtsohn, den Äon der
Weisheit, den kleinen Jesus! Anna Selbdritt, dich hat auch Leonardo
gemalt, der auch die schwarze Mona Lisa gemalt mit dem mystischen
Lächeln. Anna, du Großmutter Gottes mit dem dunklen Antlitz der
schwarzen Mutter Erde, wie schaust du voll Mutterliebe zum Mädchen,
zum makellosen Mädchen, deren Antlitz strahlt voll lächelnder Zärtlichkeit
zum kleinen Gott, zum Lichtsohn, geboren in der Dunkelheit, Jesus, der
die Sonne der Gerechtigkeit ist, unter deren Flügeln wir hüpfen wie
Kälber! Warum hat nicht Friedrich Schiller die Anna Selbdritt von
Leonardo da Vinci betrachtet und statt der Hymnen an das Eleusinische
Mysterium die Hymnen an das Evangelische Mysterium gesungen? Aber
soll ich das sagen, heilige Erdmutter Anna, Großmutter Gottes, dass du
über die Erde gewandert bist, das makellose Mädchen zu suchen, die
hinuntergestiegen in die Unterwelt des Totenreiches, dort in der Finsternis
des Todes den göttlichen Lichtsohn jungfräulich zu gebären? Wir haben
doch auch die geheimnisvolle Speise und den geheimnisvollen Kelch, wir
haben doch auch das mystische Schweigen vor der unergründlichen
Gottheit, wir haben auch das mystische Mahl des Kornes und der Traube,
zu dem allein die Eingeweihten zugelassen sind! Ja, die Mysterien der
katholischen Offenbarung sind die wahren Eleusinischen Mysterien, und
wir preisen Santa Anna, die irdische Mutter, wir feiern das makellose
Mädchen Maria, die hinabstieg in unsre Dunkelheit, und wir beten die
Geburt des göttlichen Kindes an, der das Licht Gottes in der Finsternis
aufstrahlen lässt! Denn er, der Lichtsohn Jesus, besiegt die Macht des
Hades! Er entreisst das makellose Mädchen der Umarmung des Hades und
entrückt sie in den Himmel, er bleibt bei uns im mystischen Mahl des
Kornes und der Traube, er lässt sich speisen von den Eingeweihten, die mit
mystischem Lächeln die Schwarze Jungfrau feiern und mit mystischem
Schweigen den Sohn der Jungfrau anbeten! Schwarze Madonna, dein
Antlitz und deine Gestalt ist dunkel, ist schwarz, doch bist du die Madonna
der guten Hoffnung, denn du bist trächtig mit der göttlichen Hoffnung, mit
dem Licht vom Licht, das sichtbar in der materiellen Welt erscheinen will.
Du, Schwarze Madonna, bist wie die Ursubstanz, wie der Urstoff, trächtig
mit dem göttlichen Licht des Logos. Der Urstoff ist eine
allesdurchdringende Substanz, alles Seiende erfüllend. Substanz heißt ja:
Es ist innen vorhanden. Die in allem Seienden vorhandene Substanz ist
formlos und eigenschaftslos, aber aller Formen und Eigenschaften fähig.
Der Philosoph nannte sie Hyle, das heißt Holz oder Wald. Hyle heißt der
Urstoff, der noch nicht zu konkreten Dingen geformt ist, es ist eine noch
nicht verwirklichte Möglichkeit. Diese Kraft ist unvergänglich und bildet
den Grund aller sichtbaren Erscheinungen der Wirklichkeit. Weil die
Ursubstanz des Urstoffes nicht sichtbar ist, wird sie auch ungeschaffen
genannt von der antiken Philosophie. Man ging von einem ewigen
formlosen Bestehen der Ursubstanz aus und verstand sie gewissermaßen
als eine transzendente Kraft. Die Erscheinungen können vernichtet
werden, nicht aber die erscheinungslose Ursubstanz. In der Scholastik
sprach man von einer ersten Materie (materia prima), die als Ursubstanz
und Kraft allen wirklichen Körpern unsichtbar zugrunde liegt, und einer
zweiten Materie (materia secunda), die die Stofflichkeit der konkreten
Dinge ist. Aber in der Lehre des engelgleichen Thomas galt anders als
beim griechischen Philosophen Aristoteles die Materia Prima, die
Ursubstanz oder Hyle, nicht als ewige Transzendenz, sondern als
geschaffen von Gott. Diese Ursubstanz oder Kraft der ersten Materie heißt
in der modernen Wissenschaft Energie. Die prima materia hat eine
immaterielle Qualität, sie wird erst sichtbar, wenn sie sich in einem
konkreten Körper verwirklicht. Wenn der Körper vergeht, geht die Kraft
der Ursubstanz in einen anderen Körper über. Dies entspricht dem
Grundsatz von der Erhaltung der Energie. Aber was ist Materie? Was ist
Energie? Die Energie wird nicht vernichtet, sie wird nur von einer Form in
eine andere Form umgewandelt. Es ist ein Urgrund der Materie, aus dem
alle konkreten Formen hervorgehen und in den hinein sie sich wieder
auflösen. Lange Zeit nannte man das, was die
Welt im Innersten zusammenhält, Äther. Dieser Begriff wird nicht mehr
verwandt, aber man spricht von einer gewissen Leere als Hauptbestandteil
der Materie. Es ist im Innern aller Dinge etwas, was man die Dunkle
Materie nennt. Diese Dunkle Materie ist der tragende Grund des gesamten
Universums. Aber auch diese Dunkle Materie ist ihrem Wesen nach
unbekannt. So wie das Bewusstsein des Menschen auf einem dunklen
Meer des Unbewussten wie eine Insel treibt, so treibt das sichtbare
Universums auf der unerforschlichen Dunklen Materie. Diese Dunkle
Materie ist wie ein kosmischer Ozean, auf dem die konkrete Gestalt des
Universums wie eine Insel treibt. Also die Urmaterie oder Kraft oder
Ursubstanz oder Energie oder Dunkle Materie ist eine allem konkret
Seienden zugrunde liegende Urkraft, die in allen Religionen als weiblich
aufgefasst wurde, als Sophia. Die schwarze Madonna ist ein kultischer
Ausdruck dieser Prima Materia, dieser Ursubstanz, dieses kosmischen
Ozeans der Dunklen Materie. Sie ist die Mutter, die Mater, die Materie,
Maria. Engelgleicher Thomas, bitte für uns! Schwarze Madonna, dein
Sohn, der Liebling Gottes, die spielende Weisheit, lehrte mich heute die
mystische Hochzeit. Ist nicht in der Prima Materia der göttliche Geist, die
Schöne Liebe, wie im Gefängnis? Ist nicht die Weltseele in dem Gefängnis
der Körper? Wie wird die Weltseele aus dem Gefängnis der Materie
befreit? Die Weltseele vereinigt sich mit dem göttlichen Geist! Erwache,
Weltseele, und erkenne den göttlichen Geist und werde dir bewusst, dass
du Glanz vom Glanz des göttlichen Geistes bist! Erhebe dich aus deiner
Formlosigkeit und Unbewusstheit in einen Zustand der Hochzeit, da Leib
und Seele als Braut und Bräutigam mystische Hochzeit in Gott feiern! Die
von Gott gehauchte Seele und der von Gott geschaffene Leib begehen die
mystische Hochzeit, das ist das große Werk des Menschen. So wird der
Mensch zum Abbild der Ewigen Weisheit, die mit Gott vereinigt ist. Der
Wahre Mensch, der in dieser Hochzeit gezeugt wird, das himmlische Kind,
ist der Lichtsohn. Wie soll ich dich nennen, du Lichtsohn der mystischen
Hochzeit? Soll ich die Lebenselixier nennen oder Tinktur? Soll ich dich
Licht nennen oder Morgenröte oder Osten? Soll ich dich Adam nennen?
Bist du mein Bruder, meine Schwester, mein König? Bist du der
Hermaphrodit? Bist du der Kleine Gott der Erde? Bist du der
mikrokosmische Sohn? Bist du der wunderbare Vater? Das natürliche
Menschenwesen voller Instinkte hat sich mystisch vereinigt mit dem
geistigen Intellekt des Menschenwesens, und aus dieser spirituellen
Hochzeit ist das Gold hervorgegangen, Gold, aber diesmal mehr als Gold,
nämlich Gold, durchscheinend wie Glas, und dies ist die Erkenntnis
Gottes.
2
Über einen Wanderpfad erreicht man die duftenden Bergweiden mit der
Kapelle der Schwarzen Madonna von Vassivière, die während des
Sommers die Menschensöhne und Menschentöchter, die Widder und
Mutterschafe und Lämmchen in Schutz nimmt. Über dem Haupt der
Schwarzen Madonna befindet sich als Glorienschein eine Muschel. Sie ist
nämlich die Panhagia Aphroditissa der zyprisch-orthodoxen Kirche! Sie ist
die Königin der Liebe, die auf Zypern in Marion und Kouklia verehrt
wird! O Petra tou Romiou, du Fels der Römer, wie preist du die zyprische
Madonna, die Madonna mit dem goldenen Granatapfel! Aber hier steigen
wir hinan zur Schwarzen Madonna der Bergweiden, der Schafstriften. Auf
den Bergweiden weiden die Schafe, die im Tal noch der Hirte geschoren,
nun der Hirte aber weidet unter dem Segen der Schwarzen Madonna.
Kleine Glöckchen um den Hals der Schafe sind das Geläute zum
Gottesdienst des Guten Hirten. Hat sich auch ein schwarzes Schäfchen
verlaufen, so eilt der Hirte ihm nach, verlässt die neunundneunzig Schafe
und sucht das verirrte schwarze Schäfchen, das sich im Dornendickicht
verirrt hat. Wenn er es gefunden hat, nimmt der Gute Hirte das schwarze
Schäfchen in seine Arme und trägt es heim. Der Herr ist mein Hirte, und
mir wird nichts mangeln! Er weidet mich auf grünen Auen und führt mich
zum frischen Quell und zum Wasser der Ruhe! Jesus ist der Gute Hirte, der
sein Leben lässt für die Schäfchen und Lämmer, und die Schafe des Guten
Hirten hören seine Stimme und folgen ihm. Der Mietling aber flieht, wenn
er den Wolf kommen sieht, der Gute Hirte aber verlässt die Lämmlein nie!
Schwarze Madonna, Mutter des Guten Hirten, hier ist dein Ort: Die Mutter
Natur! So werden ja die Bilder der Schwarzen Madonna immer gefunden:
Der Hirte ist mit seiner Herde Schafe und Lämmer auf der Weide.
Plötzlich wird ein kleines Lämmlein unruhig, entfernt sich von der Herde
und bleibt an einem Orte stehen und bewegt sich nicht mehr. An diesem
Orte stehen wilde Rosen und sprudelt eine klare Bergquelle. Der Ort zieht
die Aufmerksamkeit des Hirten auf sich, da das Lämmlein wie gebannt auf
den wilden Rosenbusch starrt. Da erblickt der Hirte plötzlich das Bild der
Schwarzen Madonna im wilden Rosenbusch. Die Schwarze Madonna
spricht zum Hirten und wirkt ein Wunder und noch ein Wunder und viele
Wunder. Der Hirte verkündet den Menschen des Tals die Schwarze
Madonna, aber das wunderkräftige Bild der Schwarzen Madonna bleibt
beim Rosenstrauch an der Quelle zurück, denn dies ist der Ort, den die
Jungfrau selbst gewählt hat. Nun kommen die Bäuerinnen Madelaine und
Susanne und Catherine und Marguerite und Marie-Therese und die Bauern
Mark und Yves und das Knäblein Benjamin und pilgern zur Schwarzen
Madonna auf der Bergweide beim wilden Rosenbusch an der klaren
Quelle. In einer Prozession wird das Bild der Schwarzen Madonna,
angekettet, in die Dorfgemeinde zum Ortspfarrer getragen. Die wilde
Jungfrau aber zerreißt die Ketten und flieht zurück in die wilde schöne
Einsamkeit der Berge! Hier will sie wohnen an der Quelle, beim wilden
Rosenbusch, bei den schwarzen Schäfchen und den unschuldigen
Lämmlein! Darum bauen die Gläubigen eine kleine Kapelle für die
Madonna. Diese Herrin ist ein Inbegriff für die Natur selbst, sie ist die
menschgewordne Mutter Natur, ein Bild der Herrlichkeit des Herrn, die
sich in der Natur offenbart! Die antiken Poeten besangen die schönen
Physis: O schöne Physis, die du alles Leben aufquellen lässt, du
schöpferische Mutter aller Lebendigen, du Seele der Natur, du Körper des
Lebens! O schöne Physis, von der Liebe getrieben und der Lust zum
Schönen, gibst du der Natur die Gesetze der Harmonie und die Ordnung
der Schönheit! O schöne Physis, du bist Gottes Kleid, du bist die ewige
Weberin und wirkst der Gottheit grüngoldenes Kleid! Die Schwarze
Jungfrau offenbart sich ja gern in Grotten und an Quellen und Bergbächen,
ja sie lässt sich selbst in der schwarzen Mutter Erde finden. Denn die
Schwarze Madonna ist das schwarze Mütterchen Erde, das feuchte
Mütterchen Erde, und die Große Mutter Gottes ist die Seele der Mutter
Natur! Es ist die schöne Physis, vom Geiste Gottes erfüllt, die sich hier
ausspricht in dem schwarzen und schönen Körper der Schwarzen
Madonna. Darum erscheint die Madonna auch so oft in einem Baum, wie
einst auch auf der Steineiche zu Fatima in Portugal der Hirtenkindern,
denn der Baum ist die Vergeistigung der Ersten Materie, die Wandlung der
Materie in Geist, die Amorisation des Kosmos durch den Amor Dei, das ist
Christus! Darum griff auch in die Saiten der Zither Ephraem der Syrer, er
selbst, die Zither des Heiligen Geistes, und sang der Braut des Heiligen
Geistes, seiner himmlischen Muse, diese Hymne: Maria et arbor unum
sunt! Maria und der Baum sind eins! Denn Maria ist der Lebensbaum des
Paradieses, des wiedergefundenen Paradieses, der Lebensbaum der neuen
Schöpfung, die Neue Eva der neuen und ewigen Schöpfung! Der Vater
wohnt in unzugänglichem Licht, der Sohn ist Licht vom Lichte, der
Heilige Geist erscheint als das Feuer der Liebe! Die Jungfrau
Himmelskönigin erscheint im weißen Kleid mit goldenem Gürtel in der
Aura der Sonne! Die Himmelskönigin ist so hoch in das göttliche Licht der
himmlischen Dreifaltigkeit entrückt, dass sie den Frauen der Erde, den
Töchtern Evas in ihren irdischen Nöten und Sorgen fast zu sehr entrückt
scheint. Aber da erscheint die Jungfrau Maria als Schwarze Madonna, und
als Schwarze Madonna umarmt sie die Natur, die Erde, die Nacht, das
Meer, die Materie, den Alltag der Töchter Evas, das Fleisch der Söhne
Adams! Nun ist in die Religion der katholischen Offenbarung Gottes auch
das Schwarze integriert, nun hat die Madonna auch die Materie und die
Nacht heimgeholt in das Himmelreich Gottes! Sie ist schwarz, aber sie ist
eine gütige Mutter, sie tröstet und heilt, denn nichts Böses ist in Maria,
nichts Böses ist ewig in Gott! Das ist gewisslich wahr und zu glauben:
Gott ist gut und in Gott ist nichts Böses! Gottes Herrlichkeit offenbart sich
in der Natur, und Franz von Assisi besang die Schönheit der Schöpfung als
Spiegel der Schönheit Gottes, und Hildegard von Bingen sah den Glanz
des Kosmos als Glanz der Ewigen Weisheit, Hildegard sah die kosmische
Energie des Heiligen Geistes und sah die vitale Grünkraft in der
Schöpfung als Potenz der Schönen Liebe, Mater Caritas! Hier ist
Naturliebe gleichsam Gottesliebe, hier ist auch hohe Frauenminne
gleichsam Marienminne, und die Hohe Frouwe der Troubadoure ist ganz
ähnlich die Jungfrau, der Schwarzen Madonna! O Madonna, ich bins nicht
wert, Euch den Schnürsenkel Eures roten Schuhes zuzubinden!... Und
woher kommst du, Schwarze Madonna? Der moderne Westler irrt sich, der
meint, das Christentum sei eine europäische Religion. Das Christentum
begann in Ur in Chaldäa, wenn es nicht schon im Garten Eden begann, den
Gott der Herr im Osten pflanzte. Das Christentum irrte durch die Wüste,
war im Heiligen Land, ging durch Ägypten, bereicherte sich in Babylon
und in Alexandrien, vermählte sich mit der griechischen Weisheit, so erst
kam das Christentum nach Europa. Aber der heilige Apostel Thomas
brachte das Christentum nach Indien und China. Die Schwarze Jungfrau
von Sankt Christopherus ward im Jahre 1000 von einem Kavalier aus dem
Heiligen Lande mitgebracht. Die Schwarze Madonna von Aurillac kam mit
einem Kreuzritter von Antiochien nach Vaucluse, wo Petrarca später seiner
Donna Laura gedachte. Ludwig der Heilige, Kaiser von Frankreich,
brachte die Schwarze Madonna aus dem Heiligen Lande mit, nämlich La
Egyptienne von Le Puy, sie stammte vielleicht ursprünglich aus Ägypten,
jenem Land, da Moses studierte in seiner Jugend. Die Schwarze Jungfrau
kommt aus dem Morgenland. Ex oriente lux, aus dem Osten kommt das
Licht. Das Morgenland ist die Terra Incognita, das unbekannte Land. Hier
ahnen wir alles Dunkle, Unverständliche, Fremde, Abgründige, Unerhörte
und Unsichtbare, kurz das Göttliche, das Ganz-Andre. Der Orient ist ein
Rätsel, das Morgenland ein Mysterium. Im Morgenland suchen wir alle die
Romantik unserer Seele, alle die Geheimnisse unseres Inneres meinen wir
im Morgenland verwirklicht. Das Morgenland ist die Verheißung
ungeahnter Fülle des Lebens. Ohne die arabische Ornamentik und
vielleicht auch die indische Mandala-Kunst keine gotische Kathedrale.
Ohne persische Liebespoesie keinen Troubadourgesang der
provencalischen Minne. Ohne arabische Philosophie keine Scholastik des
lateinischen Mittelalters. Das Morgenland ist Vegetation und Geist, es ist
Blume und Weisheit. Schon Marco Polo ward von China magnetisch
angezogen. Ohne die chinesischen Nudeln des Langen Lebens keine
italienischen Spaghetti. Es begann der Poeten große Wallfahrt in das
Morgenland mit Goethes Westöstlichem Diwan und dem Großen Buch
Suleika. Friedrich Rückert übersetzte den Koran meisterhaft als poetisches
Kunstwerk, was er ist, und dichtete die mystischen Liebeslieder zwischen
dem Gottmenschen Krischna und der Seelenfreundin Radha meisterhaft
und kongenial nach. August Graf von Platen dichtete Hafis meisterhaft
nach. Heine sehnte sich nach Indien, den großen Lilien und den klugen
Gazellen. Hölderlin sah den Ursprung seines archaischen Dionysos in
Indien und nannte Christus den Syrier. Else Lasker-Schüler inszenierte den
Orient, in dem sie selbst als der Prinz Jussuf von Ägypten herrschte.
Hermann Hesse vermählte Siddharta mit der indischen Kurtisane Kamala
und reiste selbst nach Indien, in den Urwald von Sumatra. Peter Torstein
Schwanke dichtete chinesische Poesie der Tang-Zeit nach, studierte
chinesische Philosophie und sah sich selbst als Kaiser von China im Exil.
Ja, es ist, wie der Dichter sagt in der morgenländischen Legende von dem
nackten Heiligen: Das Morgenland ist die Heimat des Wunderbaren. Und
von dort, aus der Heimat des Wunderbaren, kommt zu uns die Schwarze
und Schöne Madonna. Das Morgenland der Schwarzen Madonna ist die
Vermählung von Nacht und Tag, ist der Ort des finsteren
Lichts der Gottheit, der Ort der Gottheit, die da ist der Zusammenfall der
Gegensätze, die Wunderheimat Gottes.
Bei der Schwarzen Madonna von Marsat trafen sich das römisch-
katholischen Mittelalter und die römisch-katholische Romantik. Die
Schwarze Madonna ist gekleidet in Schwarz und Rot, doch das verborgene
Gold ihres Untergewandes ist auch zu erkennen, der geheimnisvolle Glanz
schimmert hindurch. Die Thronende hat den ernsten Blick ganz in sich
gekehrt. Ihr ernstes Kind schaut auf ihrem Schoß mit großen Augen in die
Geheimnisse der Ewigen Weisheit. Die Mutter hat übergroße Hände, ihr
ernstes Kind zu schützen. Die Gelehrten kannten immer nur zwei
Kulturepochen: Die griechisch-römische Antike und die italienische
Renaissance, dazwischen lag für sie die Barbarei des finsteren Mittelalters.
Die Romantik aber lenkte die gläubigen Augen auf das heilige römische
Mittelalter deutscher Nation, zu deutschem Kaiser und römischem Papst,
zu Mystik und Minne. Der Klassiker ehrte allein die Griechen, ihr Maß der
Schönheit war das Maß der Idee der Schönheit an sich, es war die
vollkommene Form. Es war das dreifaltige Ideal der Gutheit, Wahrheit und
himmlischen Schönheit, die dem Klassiker das Maß für die makellose
Form gab. Es war der edle Mensch das Maß aller Dinge, der vergeistigte,
dem Ideal gehörige Mensch. Die Romantik war auf der Suche nach den
tiefen Gründen der Seele, nach dem dunklen Urgrund alles Seienden und
alles Seelischen. Die formale Formschönheit des Klassikers wollte die
Romantik auflösen in einem Rausch, in einem Traum, in einer
Leidenschaft, in einer allumfassenden Liebe! Die Romantik wollte
hinabsteigen in den Mutterschoß des Geheimnisvollen, wie Faust
hinabstieg zum Dreistuhl der archaischen Mütter. Aus dieser Urquelle des
schöpferischen Geheimnisses auf dem Grunde der Welten wollte die
Romantik erneuert auftauchen mit der lebendigen Schönheit, und wie
zugleich die Aphrodite aus dem Urmeer der Seele auftauchte, so stieg die
Madonna herab vom Himmel der Seele in göttlicher Schönheit, in der Aura
der Ewigen Liebe! Die Romantik wollte nicht die glatte Formschönheit des
makellosen Apollon, sondern die Ekstase und die Mysterienreligion des
Dionysos, des griechischen Christus, dieser Religion von Fleisch und Blut,
von Brot und Wein, von Ganzhingabe, Passion, von Tod und
Auferstehung! Geist und Natur in Einer Person vereinigt! Die Nacht der
Seele und das Licht der Wahrheit in Einer Liebe umschlungen! Was der
Psychologe lehrt vom Schatten, das sang der Dichter schon vorher in dem
Märchen von Peter Schlemihl, dem Nachfahren des Pinehas, der die
Midianiterin Kisbi im Zelt mit dem Speer durchbohrt! O Peter Schlemihl,
niemals verkaufe deinen Schatten! Es kommt ein hagerer schwarzer Mann,
der schaut aus wie der leibhaftige Tod, ein baumelndes Skelett im
schwarzen Rock und flucht: Bei Satan, verkaufe mir deinen Schatten!
Peter, Peter, niemals verkaufe deinen Schatten! Ohne deinen Schatten ist
deine Seele ewig tot! Weisheit sog die Romantik aus der Minne des
Mittelalters, sie sang die Taglieder ihrer Geliebten, sie sang das
Kreuzfahrerlied des Walther von der Vogelweide, sie sang den Tristan und
die Isolde nach in der Schmerzseligkeit ihrer Passion, die mehr Kreuz war,
Kreuz und Eros in Einem! Sie sang die Marienminne des Gottfried von
Straßburg, die Lieder der provencalischen Troubadoure, die Göttliche
Komödie von Dante und die Hymnen des heiligen Jakobus da Todi an die
Herrin Liebe! Die Romantik sang den Friesen das Gudrunlied, den
Deutschen das Nibelungenlied, den Briten den Sagenkreis um den heiligen
Graal, das ist der Kelch des Sakraments der Eucharistie! Die heilige
Gertrud von Helfta erschien mit dem brennenden Herzen der göttlichen
Liebe! Mechthild von Magdeburg erschien mit ihrem fließenden Licht der
liebkosenden Gottheit in ihrem mystischen Liebesspielen! Die heilige
Hildegard erschien und besang die Mater Caritas im Ehebett Gottes des
Herrn! Der selige Heinrich Seuse erschien und sang seine Herrin und
Minnedame, die Ewige Weisheit, die Idee der Schönheit! Der heilige Franz
erschien und sprach mit den Vögeln und sprach mit Bruder Sonne und
Schwester Mond und sprach auch mit Bruder Esel, seinem Leib, und
Bruder leiblichem Tod. Die Romantik in ihrer Suche nach dem
Mysteriösen und Mystischen fand die Mysterien der katholischen Kirche,
die Kirche selbst als Mysterium Christi in der Welt, und die sieben
Mysterien der Sakramente, das Mysterium des allerheiligsten
Altarsakramentes, nur den Eingeweihten zugänglich! Was der Klassiker
suchte bei den Mysterien von Eleusis, das fand der Romantiker in dem
Mysterium des Evangeliums! So sind in der Zeit der Romantik manche
Figuren der Madonna als Schwarze restauriert worden. Denn die Romantik
war eine Gegenbewegung gegen die Vergötterung der menschlichen
Vernunft und der einseitigen Verklärung des Lichts. Wohl wusste schon
das katholische Mittelalter, das der Glanz des Himmels allein durch Glanz
ausgedrückt werden kann, darum schuf man der Madonna goldenen
Schmuck, Edelsteine, Perlen, Kränze, Diadem, alles, was glänzte an
heiligem Schmuck, aber der Glanz Gottes konnte auch durch das heilige
Paradox eines glänzenden Schwarz ausgedrückt werden. Denn von Gott
kann man nur im Paradox reden. Gott ist Gott, aber Gott ist auch nicht
Gott, denn dass wir Gott Gott nennen, das hat Gott von den Menschen.
Gott ist Licht, ist Vater, ist Geist, aber Gott ist ein finsteres Licht, Gott ist
auch Mutter, und Gott ist auch die Gottnatur, das ist die Einwohnung
Gottes in der Schöpfung. Von Gott kann man nur im Paradox reden, denn
im Sinne der negativen Theologie können wir Gott weder mit
menschlicher noch mit englischer Zunge beschreiben, sondern Gott ist
immer der Ganz-Andre. So ist Gott Lichtglanz von unbeschreiblicher und
unerträglicher Reinheit, aber dieser Glanz wird ausgedrückt durch die
glanzreiche Reinheit des makellosen Schwarz der Schwarzen Madonna. In
der Schwarzen Madonna schauen wir den Abglanz von Gottes
unerschaubarem Lichtglanz! Die Herren der Schöpfung, die Rationalisten
und Verstandmenschen begreifen die göttlichen Mysterien nie. Ihre
wissenschaftliche Objektivität und ihr Glauben an den technischen
Fortschritt ist ein blutleeres Gespenst. Die Seele vertrocknet vor solcher
Ideologie. Sie sagen: Glauben ist nicht Wissen, und trennen die göttliche
Offenbarung des katholischen Religion von den Wahrheiten der
menschlichen Weisheit. Es ist aber nur Eine Wahrheit, Ein Gott ist die
Quelle Einer Weisheit. Die menschliche Vernunft allein kann das
Geheimnis des Lebens nicht ergründen, der sich selbst offenbarende Gott
muß sich dem Glaubenden mitteilen, dann erst wird das Geheimnis der
Liebe Gottes im geschöpflichen Leben mit heiliger Einfalt angenommen.
Diese heilige Einfalt eines Kindes Gottes, das die Selbstoffenbarung
Gottes durch den katholischen Glauben annimmt, ist die wahre Vollendung
der menschlichen Weisheit der Lebensklugheit und der natürlichen
Weisheit der Wissenschaft. So ist doch die Theologie der Offenbarung die
Königin der Wissenschaften, die Philosophie und die andern natürlichen
Wissenschaften sind die Mägde der Königin. Aber die Aufklärung, da der
Gräuelgötze der Göttin der menschlichen Vernunft auf den entheiligten
Altar Gottes gesetzt ward, führt zum Tod der Seele und des gesamten
Lebens der Schöpfung. Die Romantik aber rebellierte wie eine marianische
Revolutionärin der göttlichen Liebe! Die Romantik feierte die Nacht, den
Traum, die Tiefe der Seele, die Inspiration, die Intuition, die visionäre
Schau des Wesens aller Wesen. Die Mutter Nacht war die Urmutter alles
Schöpfertums. Die Mutter Nacht lehrte eine intuitiv erahnte
Geistergemeinschaft und eine universale Harmonie unter der
Alleinherrschaft der lebendigen Gottheit. Hier ging die Seele in der Tiefe
einen Bund mit der ewigen Weisheit ein. Der geheimnisvolle Weg zur
verschleierten Weisheit führte in das Innere der Seele. Im Innern der Seele
war die Ewigkeit mit allen ihren unzähligen Universen. Die Sprache des
Innern der Seele war die Sprache der Mythen und Märchen, der Heiligen
Schrift und der Legenden, die Ursprache der Seele war die geheimnisvolle
Sprache Gottes, wie die Weisen und heiligen Sänger sie überlieferten von
Anfang an. Die Tiefe der Seele war die Heimat der Ursprache, des
Wunders, der sakralen Poesie, der Religion, und der All-Einheit, die wir
Gott nennen. Aus der All-Einheit der Gottheit im tiefsten Brunnen allen
Seins stieg alles herauf, alles Seiende und alles Seelische. Darum wandten
sich die heiligen Seher und Sänger abwärts in die geheimnisvolle Nacht,
ins unaussprechliche Geheimnis des Weltenanbeginns. Das Licht des Tages
herrschte in der bemessenen Zeit, aber die Mutter Nacht erschloß den
geheimnisvollen Raum der Ewigkeit, der Sprache Gottes. So wandte sich
die Romantik der Nacht zu, der Innerlichkeit der Seele, dem Geheimnis,
dem Mysterium Gottes. Aus der Tiefe des Urgeheimnisses Gottes stieg vor
den Sehern die Vision des Ewigweiblichen auf. Clemens Brentano sang die
kostbaren Romanzen vom Rosenkranz, Hölderlin sang seine Hymnen an
Maria-Urania, die Mutterkönigin der Ewigkeit, Novalis pries die
Sixtinische Madonna, aber bekannte als Seher: In unzähligen Bildern sehe
ich Maria verherrlicht, aber keins von allen Bildern kann die Madonna
schildern, wie ich sie in meiner Seele schaue! Nur weiß ich, dass, seit ich
die Madonna in meiner Seele schaue, der Himmel auf Erden lebt und in
meiner Seele das Paradies erschlossen ist! Je mehr der Gott der Zeit das
Geld ist, je mehr die Kinder der Welt die vergänglichen Dinge vergötzen,
je mehr die Gottlosen der sterblichen Göttern nachhuren, desto mehr wird
das dunkle Meer der Seele aufgewühlt und es erscheint die Vision der
Einheit, die uns erlösen will. So weiß ich, dass in Westfriesland die Jugend
immer mehr Verehrung für die Süße Jungfrau hat. Kaum ein Jugendlicher,
der nicht in seinem Heim zwischen Eisselmeer und Groningen einen
Marienaltar hat und Unsere Liebe Süße Fraue verehrt. So weiß ich von
Piet Swantewitt, der vom Eisselmeer stammt und in Groningen den
friesischen Psalter studierte, den Bernlef der Barde übersetzt, dass er in
seinem Heim einen Altar der Süßen Jungfrau hat mit drei Marienbildern:
Der Engel Gabriel kniet als schöner Jüngling ehrfurchtsvoll vor der Süßen
Jungfrau, die Süße Jungfrau erscheint als liebende Frau, die Jungfrau
erscheint als mystische Braut des Heiligen Geistes, des schöpferischen
Geistes der Liebe, die Potenz und Akt ist. So sagte auch der Weihbischof
der friesischen Bischofskonferenz, der den Diözesen von Westfriesland,
Ostfriesland und Nordfriesland vorsteht, Seine Eminenz Bonifazius II.:
Unsere Liebe Süße Fraue steht für die Geborgenheit einer liebenden
Mutter und für die liebenden Ganzhingabe einer liebenden Braut! So ist
den Friesen die Süße Jungfrau zu einem Symbol der Erlösung geworden.
Denn besonders in Friesland wird Unsere Liebe Süße Fraue als die
Miterlöserin verehrt. Es ist die Nacht, die dunkle Nacht der Seele, der
prophetische Traum, da sich die ewigweibliche Pforte zum Urmysterium
auftut.
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Schwarze Madonna, wie soll ich dich verherrlichen? Der Apostel warnt
mich vor den Irrlehren der Gnosis, die von der gefallenen Sophia reden,
von der in die Körperlichkeit gefallenen Psyche. Und mein Herz ist so voll
süßer Liebe und müder Traurigkeit, dass ich nicht philosophieren mag von
der neoplatonischen Anima Mundi. Nein, die Schwarze Weisheit ist mir
Sulamith. Schwarze Madonna, so steht ja auf dem Rücken der Ägypterin
geschrieben: Ich bin schwarz und sehr schön! Sulamith, die Freundin, sie
sucht den Geliebten. Der Geliebte und die Freundin preisen sich in
hymnischen Wechselgesängen. Aber die Freundin ward von den Wächtern
misshandelt. Der heilige Bernhard, der Troubadour der Schwarzen
Madonna, sieht im Geliebten Christus und in der Freundin die menschliche
Seele. Auch ist die Freundin die Kirche, die sich mit ihrem Geliebten
Christus vermählt. Oder sind es Liebeslieder des Königs Salomo an seine
schwarze Freundin, die Königin von Saba? Sie kam immerhin vom Ende
der Erde, die Weisheit zu hören, die Gott dem König Salomo verliehen hat.
Oder sollen wir das Hohelied als geheime Schrift der Alchemie betrachten,
da Braut und Bräutigam sich vermählen? Spricht doch im Buch der
alchemistischen Aurora die göttliche Sophia selbst durch den Mund der
schwarzen und schönen Freundin Sulamith: „Wendet euch zu mir von
ganzem Herzen! Verwerft mich nicht, weil ich schwarz und dunkel bin,
denn nur die Sonne hat mich so verfärbt! Die Abgründe haben mein Antlitz
bedeckt! Die Erde ist verdorben, da Finsternis herrscht über ihr! Ich bin
gesunken in die Tiefe, und aus der Tiefe rufe ich zu euch, aus dem
Abgrund der Erde spricht meine Stimme zu euch, die ihr vorübergeht auf
dem Wege: Seid achtsam und schaut auf mich! Fand jemals einer von euch
Eine, die mir gleicht? Ich aber will euch den Morgenstern in die Hände
legen!“ Dieses Antlitz der Schwarzen Sophia war schon da, bevor sich die
Abgründe der Erde bildeten, war schon da vor der Erschaffung der Erde.
Denn der Ewige hat Sophia gehabt im Anbeginne seiner Wege, ehe Gott
etwas schuf, von Anfang. Sophia ist inthronisiert von Ewigkeit und im
Anfang. Ehe die Erde ward, ehe die Meere waren, ehe die Quellen quollen,
ward Sophia vom Ewigen geboren, geboren, nicht geschaffen. Ehe
Himmel und Erde und Meer geschaffen wurden und alles was lebt, war
Sophia als die Lieblingin des Ewigen bei Gott, und sie war seine Wollust
immer! Sophia war also die Wollust des Ewigen, sie war seine Geliebte!
Seine Geliebte in Ewigkeit war Sophia, bevor die Sonne sie so verbrannt
hat, bevor die Abgründe ihr Antlitz bedeckten. Sophia, die Geliebte des
Ewigen und Gottes Wollust, ist als Gottes Throngenossin die Architektin
des Kosmos. Sie ist der still schaffende, dunkle Urgrund des Seins. Ihr
Aufenthalt ist überall und nirgends. Fragte einst ein Mann einen Weisen:
Wo wohnt Sophia? Da sagte der Weise: Das ist nicht so schwer zu
beantworten wie die Frage: Wo wohnt Sophia nicht? Aber ihr
Aufenthaltsort ist ein unergründliches Geheimnis. Keiner kennt Sophia,
keiner hat Sophia geschaut. Sie ist mit nichts und niemand vergleichbar
und ist verhüllt den Augen aller Lebendigen. Sophia ist unendlich kostbar,
sie ist mit keinem irdischen Schatz vergleichbar und durch keinen
Reichtum zu erwerben. Gott allein weiß, wo Sophia wohnt. Sie ist die
schwer zu erreichende Kostbarkeit der Alchemisten, das Ziel des Großen
Werkes. Wer sie findet, dem schenkt sie den Morgenstern. Doch bis sie
gehört wird, bleibt sie verhüllt und verborgen, und es gibt nur Gerüchte
über sie. Diese Sophia ist der Stein, den die Baumeister verworfen haben.
Diese Sophia ist der Stein der Weisen. Sophia ist umgeben von den
Schleiern des Geheimnisses und der mystischen Nacht. Ihr Wesen ist
Mysterium! Aber sie ist ein allmächtiges Wesen und als die Architektin des
Kosmos ist sie die Schöpferin! Sie ordnet das Viele, dass sie als Schöpferin
erschaffen, nach erstaunlich tiefsinnigen Plänen und Grundstrukturen,
ordnet alles nach Maß und Zahl, schafft die kosmische Harmonie, die bis
ins kleinste Detail von uns unergründlicher, dunkler Weisheit zeugt.
Sophia ist das unerschaubare Wesenslicht aller Kreaturen. Sophia ist die
Offenbarung des Göttlichen. Aber sie wohnt unter uns. Sophia, die in der
Transzendenz die Wollust des Ewigen war in Ewigkeit vor Anbeginn der
Schöpfung, sie ist auch die Immanenz Gottes in der Schöpfung, sie wohnt
unter uns, sie ist die Weisheit und Liebe Gottes in der Schöpfung. Aber als
die immanente Gottheit, in der Schöpfung geheimnisvoll verborgen
wohnend, ist Sophia die schwarze Braut des Herrn. Sie ist aus ihrem
unzugänglichen Lichtglanz herabgestiegen in unsere irdische Nacht. Mit
Trauer und blindgeweinten Augen leidet sie unter uns als Schwarze
Madonna, bis wir alle das Gottesfünklein im Innern erkennen und uns mit
Gott vereinigen!
1
Moses sah auf dem Horeb einen brennenden Dornbusch, der brannte, aber
nicht verbrannte und aus dem brennenden Dornbusch hörte Moses die
Stimme des lebendigen Gottes, der ihn sandte, das Volk Gottes aus der
ägyptischen Sklaverei zu befreien. Da fragte Moses den lebendigen Gott
nach seinem Namen. Da sprach Gott: Ich bin da! Ich bin da für euch! Ich
bin, der ich bin! Ich bin, der ich sein werde! JHWH! Bezeichnet dies nicht
allein den seienden Gott, sondern den für seine Menschen daseienden Gott,
so ist doch in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments, in der
Septuaginta, der Gottesname Jahwe wiedergegeben als der Seiende. Damit
war der Weg gebahnt zur Begegnung der göttlichen Offenbarung in der
Heiligen Schrift mit der Weisheit der griechischen Philosophie. Schon
Parmenides hatte in einer Mischung aus Philosophie und mystischer Vision
von der Göttin der Wahrheit in der Nachtreise seiner Seele die
Offenbarung erhalten, dass allein das Sein ewig ist. Allein das Sein ist,
sagte Parmenides, das Werden und Vergehen ist nicht. Heraklit auf der
anderen Seite nahm auch das Werden und Vergehen an und forschte nach
einem Ewigseienden in dem Werden und Vergehen und entdeckte den
Logos als das innere ewige Sein in allem Werden und Vergehen. Der
Logos als das Ewige in allem Wandel oder als das Göttliche in der
Schöpfung ist auch das Hauptprinzip der Stoa. Der Logos ist die
Weltvernunft oder der Sinn allen Daseins. Im Johannesevangelium ist
dieser Logos identisch mit Christus, dem ewigseienden Sohn Gottes,
Mensch geworden in Jesus von Nazareth. In der Stoa werden für das
innere Prinzip der Schöpfung verschiedene Namen gebraucht, die
identisch sind: Logos, Weltseele, Geist, Zeus. Es ist also das göttliche
Prinzip in der Schöpfung oder die Immanenz Gottes. In der orphischen
Philosophie, die der Legende nach auf den weisen Dichter Orpheus
zurückgeht, ist die Welt geschaffen von der Mutter Nacht, die befruchtet
ward vom Wind, so wurde das Welt-Ei gelegt, der Urkeim der Schöpfung,
und in dem Urkeim der Schöpfung lebte der Gott Eros, die göttliche Liebe.
In der platonischen und neuplatonischen Philosophie ist das innere Prinzip
der gewordenen Welt die Weltseele. Bei Plotin zeugt der absolute Geist,
also Gott, in der Weltseele, und aus der Weltseele geht die geschaffene
oder gewordene Welt hervor, die geistige und materielle Welt. Diese
Weltseele wird vom jüdisch-hellenistischen Philosophen Philo von
Alexandrien mit dem Logos identifiziert. Philo glaubte an den einen Gott,
den Herrn, den Jahwe der mosaischen Offenbarung, und schaute doch den
Logos der griechischen Philosophie als einen Werkmeister und
mitschöpferischen Quasi-Gott oder Gottessohn an der Seite Jahwes. Der
Gedanke des Werkmeisters kommt auch in der Theologie Salomos zum
Ausdruck, da die Werkmeisterin und Mitschöpferin die Weisheit Gottes ist,
Sophia. Diese Sophia oder Weisheit Gottes wird von Paulus mit Christus
identifiziert. Gewissermaßen sind Logos und Sophia identisch, wobei der
Logos als männlich vorgestellt wird, Sophia aber als weiblich. Der
russisch-orthodoxe Religionsphilosoph Wladimir Solowjew identifiziert
die Sophia auch mit der Weltseele oder dem göttlichweiblichen Nichts, aus
dem Gott der Herr alle Welt geschaffen hat, und nennt diese Weltseele
Sophia auch den Schutzengel der Welt. Im Mittelalter schaute Hildegard
von Bingen als das der Schöpfung innewohnende Prinzip die göttliche
Liebe. Die Liebe Gottes wurde von ihr in weiblicher Gestalt visionär
geschaut, sie nannte sie das Mädchen Liebe, die Mater Caritas oder Frau
Liebe, die Ehegenossin Gottes, die in einer heiligen Hochzeit mit Gott
vereinigt ist im Ehebett Gottes. Hildegard sagt, dass Gott den Urkeim der
Schöpfung aus dem Nichts geschaffen, dass aber in dem Urkeim der
Schöpfung die göttliche Liebe innewohnte, die den Urkeim nach und nach
zur Entfaltung gebracht habe und fortwährend bringt. Die göttliche Liebe
wird aber im allgemeinen dem Heiligen Geiste zugeordnet. So erscheinen
also die drei Personen der Einen Gottheit als Jahwe, der Herr, der Seiende,
der Schöpfer, die zweite Person erscheint als Logos und Sophia oder
Christus, Mensch geworden in Jesus von Nazareth, und die dritte Person,
der Heilige Geist, erscheint als göttliche Liebe, als Mater Caritas.
Ein Kardinal wies auf die Philosophie der Freiheit hin. Ich will also mich
Fichte und Schelling nähern. Die Dichter Klopstock, Puschkin und Heine
priesen ja die Göttin Freiheit. Wer ist die Göttin Freiheit? Fichtes
Philosophie beginnt mit der Tat des Ich und endet mit der Versenkung des
Ich in die absolute Gottheit. Fichte schloß sich zuerst Kant an, der sagte,
die Freiheit des Menschen liege darin begründet, dass er sich freiwillig
einer unbedingten Verpflichtung, dem Sittengesetz anschließt. Aber Fichte
sah, dass zwar Kant das Ich für frei hielt, aber doch in der Erkenntnis
höchst beschränkt. Hier ist das Ich vom Nicht-Ich abhängig. Das
erkennende Ich ist vom Seienden abhängig, vom Ding an sich. Eine solche
Abhängigkeit vom Ding an sich scheint für Fichte mit der menschlichen
Freiheit unvereinbar. Außer dem freien Menschen kann es nicht noch eine
ihn bedingende Welt geben, meint Fichte, die Welt außer dem Menschen
sei also wesentlich gar nicht, sie ist nur ein aus dem Menschen
herausgestelltes Bild des Menschen selbst, die Welt ist nichts als der
Weltentwurf des schöpferischen Ich in seiner Freiheit. Das ist der
Grundgedanke des deutschen Idealismus: Es existiert nur das Ideelle,
Geistige, nur das geistige Ich in seiner absoluten Freiheit und
Unbedingtheit. Die Welt existiert nur als Vorstellung des Menschen, aber
die Vorstellungen des Menschen von der Welt werden nicht von der
realexistierenden Welt bedingt, sondern vom Menschen freischöpferisch
selbst erzeugt. Die Absolutheit des Ich lässt die Welt also untergehen.
Wenn aber außer dem absolut freien Ich in seiner Unbedingtheit nichts
existiert, kein Gott und keine Welt, dann existiert das absolut freie Ich auch
nur in absoluter Einsamkeit. Der Mensch ist frei, aber was bedeutet ihm
nun diese einsame Freiheit? Wozu ist er frei? Wenn aber alles Seiende und
Wirkliche bloße Vorstellung des Subjekts ist, ist dann nicht das Ich auch
bloßer Traum, bloße Vorstellung? Hat das Ich denn Sein und Wirklichkeit?
Es bleibt dem Ich kein Sein und auch kein Bewusstsein vom wirklichen
Sein des Ich, alles ist bloß Bild, Vorstellung, Traum. Alles sind
vorbeischwebende Bilder und auch das Ich ist nur ein Bild. Alles wirkliche
Sein wandelt sich in einen Traum, aber einen Traum ohne Träumer, der den
Traum träumt. Es ist ein Traum, der in seinem Traum von einem Traum
abhängig ist. Die Inder würden sagen: Alles Seiende ist bloße Maya, leerer
Schein, Illusion, Zaubertrug. Wer nun die Freiheit retten will, die Freiheit
davon bewahren will, in einem absoluten Nichts der Sinnlosigkeit zu
versinken, der kann dies nur, indem er der Freiheit eine absolute Grenze
setzt. Die absolute Freiheit wird erst wirkliche Freiheit, wenn sie vor
einem Höchsten Absoluten als bedingte und endliche Freiheit erscheint.
Denn der Mensch selbst ist nicht die Absolutheit, sondern er ist eine
Doppelnatur aus Absolutheit und Endlichkeit. So muß auch die Freiheit
diese Doppelnatur haben, dem Absoluten zuzugehören und doch als
endliche Freiheit eine absolute Grenze anzuerkennen. In Wahrheit muß das
Ich doch anerkennen, dass es Wesen außer ihm gibt. Mag man auch Dinge
in der Welt als bloße Vorstellung des Ich betrachten, so gibt es doch andere
Menschen, die selbst wieder solch ein Ich sind, es gibt die wirklichen Iche
außer meinem eigenen Ich. Diese Iche außer meinem Ich sind selbst freie
Persönlichkeiten und nicht nur Projektionsflächen meines eigenen
schöpferischen Ichs. Neben meinem freien Ich stehen die andern freien
Iche. Nun ist der Ausgangspunkt für den philosophischen Humanismus
nicht mehr das einsame Ich, sondern die Geistergemeinschaft der freien
Persönlichkeiten. Nun dringt der Blick des Philosophen in den Ursprung
der Freiheit. Sie wurzelt im Gewissen des Menschen, seiner freien
Entscheidung und auch Verantwortung über die Entscheidung zwischen
Gut und Böse. Aber vor unserm Gewissen kann die Freiheit sich nicht
beliebig entscheiden, sie ist gebunden an den Spruch des Gewissens. Es ist
also eine Notwendigkeit im Ursprung der Freiheit. Es ist ein absolutes
Gesetz der Ursprung der Freiheit. Das Ich muß sterben, um seine wahre
Freiheit zu erlangen. Der Tod muß das absolut-endliche Ich von seiner
Endlichkeit erlösen, damit das erlöste Ich in die absolute Freiheit eintreten
kann. Um die absolute Freiheit zu finden, muß man also auch die
menschliche Freiheit hinter sich lassen. Erst wenn der Mensch die radikale
Abtötung der Eigenmächtigkeit annimmt, gelangt er in Wahrheit über sich
hinaus in die wahre Freiheit, die Freiheit, frei zu sein vom Ich, um das
wahre Ich in der Freiheit zu finden. Wer bereit ist, sein Ich aufzugeben,
hinzugeben, zu sterben, der hat erkannt, dass er nicht der Zeuger seines
eigenen Ich ist, sondern dass er sein eigenes Ich empfangen hat, dass er
sich nicht sich selbst verdankt, sondern Gott. In Gott ist die wahre Wurzel
der Freiheit. Wenn das Subjekt seine individuelle Freiheit aufgibt, kann es
teilhaftig werden der absoluten Freiheit der Gottheit. Denn allein die
Gottheit hat wahrhaft Sein. Die Gottheit ist ja das Sein in Person. Alles,
was seiend ist, hat Sein vom Sein der Gottheit, so dass man sagen kann,
Gott allein ist und außer Gott ist nichts. Der Mensch ist nicht ein Dasein
aus sich selbst, sondern ist ein Dasein vom Sein Gottes, der Mensch ist
eine Offenbarung der seienden Gottes. Wer aber sein eigenes endliches
Dasein in den absoluten Urgrund der allein seienden Gottheit versenkt, hat
teil an der einzig absoluten Freiheit, die Gott ist. – Nun will ich mich nach
dem Ratschlag des Kardinals dem Philosophen Schelling nähern. Auch er
spricht wie Fichte vom absoluten Ich. Aber in dem menschlichen und
endlichen Ich entdeckt Schelling etwas Absolutes, das er das Ewige in uns
nennt. Auf dieses Ewige in sich stößt der Mensch, wenn er in den
absoluten Grund seines Ich hinabschaut. Er nennt dieses Hinabschauen
intellektuelle Anschauung, die Gabe, sich zu entkleiden von allem, was
von außen an die Seele herangetragen wird, und das Unwandelbar-Ewige
in sich anzuschauen. Worauf der Mensch aber stößt, wenn er in den
absoluten Grund seines Ichs hinabschaut, ist das Göttliche selbst. Und
dieses Göttliche ist der Urgrund nicht nur des eigenen Ich, sondern der
Urgrund aller Wirklichkeit. So denkt Schelling, wie Spinoza, das alles
Wirkliche in diesem einen Urgrund eins sei, das alles Wirkliche aus diesem
unerschöpflichen Urgrund hervorkommt, ja, das in gewissem Sinne dieser
unerschöpflich-schöpferische Urgrund aller Wirklichkeit das einige
wahrhaft Wirkliche sei. Dieses Göttliche ist das Leben, das allem
Lebendigen innewohnt. Es ist die schöpferische Gottheit als immanente
Gottheit, die im Innersten der Schöpfung lebt und wirkt. Nun betrachtet
Schelling die Natur, die Schöpfung. Er sieht im Innern der Natur ein
Gesetz der Polarität. Im Anorganischen wirkt das Gesetz von Magnetismus
und Elektrizität, Im Bereich des Organischen wirkt die Polarität von
Weiblichem und Männlichem. In der Natur wirkt die Polarität von
Schwere und Licht. Durch diese Polaritäten verwirklicht sich die Natur als
ein lebendiges Werden. Aber was ist das Ziel dieses Werdens? Schelling
sagt, der Höhepunkt des Werdens der Natur ist der menschliche Geist, der
geistbegabte Mensch ist die Krone der Schöpfung. Der Geist überschreitet
aber die Natur und bringt die Natur zugleich zur Vollendung. Die
Wirklichkeit der Schöpfung besteht also aus dem bewusstlosen Leben der
Natur und dem bewussten Leben des Menschen. Auch in dem
menschlichen Geist entdeckt Schelling das Gesetz der Polarität, das er
auch schon in der bewusstlosen Natur gefunden hatte. Der Menschengeist
verwirklicht sich durch Polaritäten, Spannungen, Gegensätze und die
Versöhnung der Gegensätze. Alle Erscheinungen in der Schöpfung, von
der unbewussten Natur bis zum bewussten Menschengeist, sind Glieder
eines lebendigen Organismus, und in diesem lebendigen Organismus
waltet und wirkt die schaffende Gottheit. Die Natur ist gewissermaßen der
verborgene Gott. Doch die Natur ist noch nicht die eigentliche
Offenbarung Gottes, sondern die menschliche Vernunft ist das Ebenbild
Gottes. So zieht Schelling die Geschichte der Menschheit als eine
fortschreitende Offenbarung des Ewigen, des Göttlichen, die Geschichte
ist ein Epos, vom Geiste Gottes gedichtet. Wie ist aber diese Gottheit
selbst zu denken? Wer ist Gott? Anfangs denkt Schelling Gott als absolutes
Ich, als rein geistiges Wesen. Aber da er Gott auch erkennt als Wirkprinzip
in der Natur, sagt Schelling, Gott müsse Ich und Nicht-Ich zugleich sein,
die absolute Identität, die absolute Einheit vor und in allem, das All-Eine,
aus dem die Polaritäten der Natur und des menschlichen Geistes
hervorkommen, der eine absolute Ursprung und das eine höchste Ziel,
Anfang und Ende. Ich will Schelling nicht weiter folgen in seinen
gnostischen Spekulationen vom Negativen in Gott, vom werdenden Gott,
vom Gott, der durch den Menschen erlöst wird. Für die Philosophie der
Liebe halte ich das Gesetz der Polarität fest, das in der Einheit Gottes
gründet, wurzelt und in die Einheit Gottes zurückkehrt. Dieses Gesetz der
Polarität kann man auch Liebe nennen. Es ist das Yin und Yang der
taoistischen Philosophie, das ja auch im Tao, als der Mutter allen Seins,
wurzelt. Es ist das Prinzip des Eros, die Polarität von Männlichem und
Weiblichem, wie der orphische Mythos es sah, der Eros von Männlichkeit
und Weiblichkeit als Grundprinzip der Natur und der Vernunft. Es ist die
göttliche Liebe, die Hildegard so poetisch besungen, wenn sie schildert,
wie sich die Kräuter liebkosen. Die ketzerische Vorstellung, das in Gott
das Böse seinen Ursprung hat, ja, das Gott gut und böse ist, durchzieht als
eine Art Krankheitsgeschwür den deutschen Idealismus. Hegel nannte den
Diabolos die vierte Person der Gottheit. Das ist eine böse Blasphemie.
Gott ist gut, Gott ist Liebe, das ist die Offenbarung der Heiligen Schrift.
Zu einer Philosophie der Liebe kann Hegel aber dennoch
beitragen mit seinen Überlegungen über das Wesen der Liebe, über die
Dialektik der Liebe. Denn wenn die Polarität das Wesen des Eros ist, dann
kann der Eros nicht allein nur in der Schöpfung gefunden werden, wobei
die Gottheit dann als das Eine, das Absolute, Einige, also einsame
Urwesen gedacht wird. Denn wenn das Neue Testament sagt: Gott ist
Liebe, dann ist die Liebe in Gott. Dann ist dieser Eros der Polarität von
Männlichkeit und Weiblichkeit in Gott. Hier ist der Grund zu sehen für die
Lehre der dreifaltigen Gottheit. Diesem Gedanken nähern wir uns mit der
Hegelschen Philosophie von der Dialektik der Liebe. Kant zerriß den
Menschen in zwei Hälften, in das höhere Selbst, das sich der moralischen
Pflicht bewusst ist, und in das empirische Ich mit seinen üblen Neigungen.
Hegel will die Einheit der Person wieder herstellen. Die Einigkeit des
ganzen Menschen fand Hegel in der Liebe. Sie wird zum Ausdruck seines
sittlichen Wesens und ist doch der Ausdruck der natürlichen Neigung des
Menschen. So wird die Betrachtung der Liebe zum Ausgangspunkt der
Hegelschen Dialektik. Denn Dialektik ist kein hölzernes Gesetz, sondern
das innere Gesetz der Liebe. Was gehört zur Liebe als einem Verhältnis
von Liebenden? Zuerst ist da ein Liebender, der ist, der Ich sagt. Das ist
die Thesis, das Ich des Liebenden. Aber dann gehört zur Liebe wesentlich,
dass der Mensch über sich hinausgeht, aus sich herausgeht, sich hinwendet
und hingibt an das Du des geliebten Menschen. Indem das Ich sich an das
Du hingibt, verliert er sich selbst, negiert sein Ich, negiert die Thesis und
setzt die Antithesis, das geliebte Du. Aber das Paradox der Liebe ist, wie
schon Jesus es beschrieb, dass der Liebende erst in der Hingabe an das Du
sein wahres Ich findet. Das wahre Wesen der Liebe besteht darin, sich
selbst zu vergessen, sich selbst hinzugeben, im geliebten Du aufzugehen
und sich dadurch erst selbst wahrhaft zu gewinnen. Die Negation des Ich
in der Antithese des Du wird also wieder negiert, in dem das Ich im Du
sein wahres Selbst erst findet. Dadurch kommt die Synthesis zustande, die
Einheit von Ich und Du. Der Geliebte ist der Liebende, der Liebende sieht
sich selbst im Geliebten, und doch ist der Geliebte nicht der Liebende,
sondern der Andere, ein Wunder, das den Verstand übersteigt. Diese Liebe
ist aber allgemein das Grundgesetz der ganzen Wirklichkeit. Alles Leben
spielt sich in Liebesbeziehungen ab. In der Liebe kommt das Leben selbst
zu Erscheinung. Indem die Liebenden von der Liebe überwältigt werden,
werden sie vom Leben überwältigt. Das Leben kommt in der Liebe zu sich
selbst. So ist die sichtbare Liebe die höchste Form des unendlichen Alls
des Lebens, die Liebe ist die Grund, aus dem alles Leben erwächst. Was in
der Liebe offenbar wird, ist das All-Leben, das Absolute, das Eine
Absolute, das Liebe ist. Diese Absolutheit als das absolute oder göttliche
Leben, wird in der Liebe des Menschen sichtbar. Der Liebende und der
Geliebte sehen, dass das eine Leben sie durchflutet, sie erfahren sich also
als eine Einheit. Aber dennoch erfahren sie sich als getrennte Wesen und
erfahren den Schmerz der Zerrissenheit. Es ist das einige Leben also in
sich zerrissen, entzweit. In der Entzweiung und Zerrissenheit spüren die
Liebenden aber doch den Drang nach Vereinigung, nach der Herstellung
der höheren Einheit. In der Liebe findet sich das Leben verdoppelt und
vereinigt. In diesem Rhythmus von ursprünglicher Einheit, Zerrissenheit
und Wiedervereinigung pulsiert das lebendige Leben und schafft
schöpferisch die Wirklichkeit. Dieses All-Leben mit dem Gesetz der
dialektischen Liebe bezeichnet Hegel als die Gottheit, sie ist das
unendliche Leben, die schöpferische Liebe. Diese Gottheit der Liebe steht
an der absoluten Spitze der Philosophie. Inwiefern aber diese Gottheit
selbst in sich dialektische Liebe ist, Einheit, Zweiheit und Vereinigung, das
beantwortet nicht die Philosophie Hegels, sondern die Theologie von der
Dreifaltigkeit Gottes.
Wenn man in einem Frühlingsgarten sitzt, das Herz voll Liebe, betrachtet
die Natur und meditiert über das Tao, dann fragt man sich, ob die Liebe,
die in der Natur waltet, die Liebe von Yin und Yang ist, der Eros der
Polaritäten, oder ob nicht vielmehr die Liebe, die in der Natur waltet, die
göttliche Liebe ist, die die dreifaltige Liebe ist. Nun ist aber das keine
Frage, ob die 2 oder die 3 das Grundgesetz der Schöpfung ist, sondern die
Tatsache, dass die Liebe das immanente Gottesgesetz in der Schöpfung ist,
lässt nach dem Wesen dieser Liebe fragen. Auch bei der Polarität von
Männlichem und Weiblichem als der Grundbedingung des Erotischen,
kommt gewissermaßen als dritte Tatsache der Geist der Vereinigung hinzu.
So lehrt der jüdische Religionsphilosoph Walter Schubert, dass im
Augenblick der sexuellen ehelichen Vereinigung von Mann und Frau der
Heilige Geist als der Geist der Liebe und als der Geist der Vereinigung
hinzutritt. So ist Liebe immer der Liebende, die Geliebte und der Geist der
Liebesvereinigung. Diese dritte Person, der Geist der Liebe, wird in der
Familie durch das Kind verkörpert. Der Liebende als der Mann und die
Geliebte als die Frau finden ihre Vereinigung und ihre Einheit
gewissermaßen inkarniert in dem Kind. Der Liebende geht über sein Ich
hinaus in der Hingabe an das geliebte Du, Ich und Du in der Vereinigung
bilden ein Wir, aber dieses doppelt-einige Wir ist fruchtbar und geht in
seiner Fruchtbarkeit noch über sich hinaus und wird schöpferisch, dies ist
das Wesen der menschlichen Liebe, vereinigend zu sein für Mann und Frau
und aus der Vereinigung heraus schöpferisch zu sein und Kinder zu
zeugen. So bezeichnet Papst Johannes Paul II. die Ehe und Familie als
Abbild der Dreifaltigkeit Gottes. Sankt Augustin bezeichnete die
Dreifaltigkeit als den Liebenden, den Geliebten und die Liebe. Das Bild
der Familie oder Ehe in Gott erscheint angedeutet im Buch der Weisheit,
da Salomo den Herrn preist, Frau Weisheit als Throngenossin des Herrn,
und vom Herrn und der Frau Weisheit ausgehend den Geist preist. Die alte
heidnische Vorstellung eines Hieros Gamos, einer heiligen Hochzeit von
Gott und Göttin, weist hier auf die heilige Hochzeit in Gott selbst hin.
Hildegard von Bingen schaut diese Heilige Hochzeit in Gott, indem sie
Frau Liebe preist, die Ehegattin des Herrn, die im Ehebette Gottes mit Gott
vereinigt ist. Aber es ist nicht die Polarität von Göttlichmännlichem und
Göttlichweiblichem allein, die in Gott erscheint, sondern die Vereinigung
von Göttlichmännlichem und Göttlichweiblichem erscheint selbst als die
göttliche Liebe oder als der Eros Gottes, eben das ist der Heilige Geist. So
wird in der jüdischen Mystik der Kabbala von der mystischen Hochzeit in
der Gottheit selbst gesprochen, da Jahwe der Herr sich vereinigt mit der
Schechinah, das ist die mütterliche Gegenwart Gottes in der Schöpfung.
Jahwe und die Schechinah, der Herr und Seine Herrlichkeit, vereinigen
sich, und diese innergöttliche Hochzeit wird nach Anschauung der
Kabbalisten eigentlich im Hohenlied Salomos besungen. Heute wird auch
gern von der Mutterliebe Gottes im Heiligen Geist gesprochen. Der
Heilige Geist, der sich Maria zum Tempel erwählte, ist der Geist des
Trostes, der lebensspendende Geist, der Nährende, Aufziehende,
Fürsorgende, der Geist der Liebe, dies wird als mütterlich empfunden. Es
ist ja gewissermaßen der Heilige Geist auch die Fruchtbarkeit Gottes, denn
der Heilige Geist bewirkte das Fruchtbarwerden der Jungfrau Maria, der
Heilige Geist bewirkt Marias Empfängnis und bewirkt ihr Gebären. Er
verkörpert sich gewissermaßen in Maria, die als sein besonders geweihter
Tempel erscheint. Manche Denker sehen dann den Heiligen Geist als die
Mutterliebe Gottes, so dass zu Gott dem Vater der Heilige Geist als
Mutterliebe Gottes hinzukommt und so der Gott-Sohn hervorgeht. Die
Römischkatholischen und die Orthodoxen stritten ja darüber, ob Gott der
Geist aus Gott dem Vater allein oder aus Gott dem Vater und Gott dem
Sohn hervorgehe. Was aber, wenn Gott der Sohn hervorgehe aus Gott dem
Vater und Gott dem Geist (der Mutterliebe Gottes)? Auch hier sehen wir,
dass die menschliche Ehe und Familie als das göttliche Konzept für die
menschliche Liebe ein Abbild der göttlichen Liebe ist, die dreifaltig ist.
Der Dichterpriester Ernesto Cardenal sagte: Gott ist Liebe und der Mensch
ist auch Liebe, denn der Mensch ist ein Ebenbild Gottes. Die göttliche
Liebe ist eine dreifaltige Liebe, die menschliche Liebe in Ehe und Familie
ist eine dreifaltige Liebe. Nun bleibt es den Naturphilosophen und
Naturliebhabern überlassen, die dreifaltige Liebe als göttliches
Grundgesetz im Innersten der Schöpfung zu entdecken. Es ist das
Schellingsche Gesetz der Polarität, das Gesetz von Yin und Yang, aber mit
der mitgedachten dritten Person, nämlich dem Geist der Vereinigung, der
wechselseitigen Anziehung, der Erotik zwischen den Polaritäten. Denn der
weltimmanente Eros der Orphiker ist dreifaltig. In der Gottheit, im
Menschen als dem Ebenbild Gottes und in der Natur als dem Kleid Gottes
wirkt dasselbe Gesetz, die dreifaltige Liebe. Diese dreifaltige Liebe ist die
Liebe von drei allmächtigen und unendlichen Personen. Der allmächtige
und ewige Vater liebt in seiner ewigen Allmacht der gleichgöttlichen Sohn,
der Sohn aber nimmt sich in seiner Liebe zum Allmächtigen soweit
zurück, da gewissermaßen nur für einen Allmächtigen Raum ist in der
Ewigkeit, dass der allmächtige Sohn aus Liebe zum allmächtigen Vater zu
einer Ohnmacht wird. Die Allmacht der Sohnes wird zur Ohnmacht des
Sohnes aus Liebe zum allmächtigen Vater. Dies ist das Opfer der Liebe,
dass der Sohn am Kreuz als dem Holz der Vernichtigung dem Ewigen
bringt. Gleichzeitig beweist der göttliche Sohn seine Liebe zum Vater,
indem er des Vaters Meisterwerk, die Menschheit, bis zum Tode am Kreuz
liebt. Es ist die Menschheit nämlich dem nackten Nichts und dem ewigen
Tod verfallen, ja, der Verdammnis. Der göttliche Sohn löst sich aus dem
liebenden Schoß des Vaters und teilt in seliger Selbstvergessenheit das
Schicksal der Verdammten dieser Erde, er entäußert sich seiner Allmacht
und wird zur Ohnmacht am Kreuz, er entäußert sich seines ewigen Seins
und geht ein in die Nacht des Nichts, er verlässt die Glückseligkeit der
göttlichen Vereinigung mit dem Schoß des Vaters und steigt hinab in die
ewige Verdammnis, um sich ganz und vollkommen mit dem
Menschengeschlecht zu vereinigen. Durch diese Liebesvereinigung der
göttlichen Allmacht in der Ohnmacht des Sohnes mit dem nichtigen
Menschengeschlecht, wird das Menschengeschlecht durch die Vereinigung
mit dem Gekreuzigten der göttlichen Natur teilhaftig. Das ist die Erlösung,
die uns die gekreuzigten Liebe erwirkt. Alles Seiende ist also die
dreifaltige Liebe, und diese dreifaltige Liebe ist die gekreuzigte Liebe.
Und du, o Mensch, willst du Gott ähnlich werden, sei auch gekreuzigte
Liebe! Laß dein Herz dem Herzen Mariens ähnlich sein, dem
mitgekreuzigten Herzen!
Smyrna ist eine der sieben Städte, die behaupten, Geburtsort Homers zu
sein. Smyrna gehört auch zu den sieben Gemeinden, an die Johannes seine
apokalyptischen Briefe richtete. In Smyrna haben einige Juden Jahwe, den
Gott Israels, unter dem Namen Zeus Hypsitos verehrt. Zeus Hypsitos ist
der Vater der Götter und Menschen, der nicht vergleichbar ist dem
olympischen Zeus mit seinen amourösen Affairen, dem Spottbild der
Komödiendichter. Zeus Hypsitos wurde bildlos verehrt. Er ist ein Beweis
für den Drang der Griechen, zu einem höheren Rang der Verehrung des
Göttlichen zu gelangen.
Plinius der Jüngere war Statthalter Roms und sah die Christen, die sich
weigerten, den römischen Göttern und dem Gott-Kaiser Anbetung
zukommen zu lassen. Man sagte ihm, keine Drohung könne diese Christen
veranlassen, einen andern Gott anzubeten als Jesus Christus. Sie taten
eigentlich nichts, als sich an einem bestimmten Tag der Woche zu treffen,
bei diesen Treffen sängen sie feierliche Hymnen an Christus und
verpflichteten sich feierlich, keine Sünden wie etwa Mord oder Ehebruch
zu begehen. Sie versammelten sich zu gemeinsamen Mählern, bei denen
sie unschuldige Speisen zu sich nahmen. Plinius der Jüngere findet bei
diesen Christen nichts, was zu tadeln wäre, außer einem uferlosen und
verdrehten Aberglauben. Kaiser Trajan empfahl größte Milde und verbot
anonyme Denunziationen, die einer modernen Zivilisation nicht würdig
seien.
In der Syrischen Wüste liegt Rusafa, die eine römische Grenzfestung war.
Dort hatten die Christen Sergios und Bacchus, Soldaten der kaiserlichen
Armee, sich geweigert, Christus zu verleugnen. Sie wurden degradiert.
Dann führte man sie in Frauenkleidern um die Stadt herum, Bacchus in
Frauenkleidern! Nach schrecklichen Martern wurden Sergios und Bacchus
enthauptet. Bald pilgerten viele Christen zum Grab des heiligen Bacchus!
Die Stadt wurde Sergiopolis genannt. In der Zeit Kaiser Konstantins des
Großen baute man die Kirche des heiligen Bacchus und opferte dort Brot
und Wein als Fleisch und Blut des Christus dem Vater im Himmel!
König Abgar der Neunte von Edessa trat zum Christentum über. Schon
sein Ahne, König Abgar der Fünfte, schrieb einen Brief an Christus mit der
Bitte, ihn zu besuchen. Christus schrieb ihm zurück, er werde ihn nach
seiner Auferstehung besuchen, indem er ihm einen seiner Jünger senden
wird. So kam der Apostel Thaddäus nach Edessa und taufte König Abgar
den Fünften. Die spanische Nonne Etheria pilgerte am Ende des vierten
Jahrhunderts zu den heiligen Städten und schreibt, sie habe in Edessa viele
Abschriften der Briefe von Abgar und Christus gesehen. Sie waren in
syrischer Sprache auf Pergament geschrieben und hatten große
Wunderkraft. Christus hatte dem König Abgar auch ein Christusbild
geschickt, die Wahre Ikone des Heiligen Antlitzes.
Simeon der Stylite war 390 nach Christus in Kilikien geboren. Als
Jüngling trat er in ein Kloster ein, doch waren ihm die Klosterbrüder zu
verweltlicht. Da zog er sich in die Syrische Wüste zurück, etwa eine
Tagereise von Aleppo entfernt. Der heilige Simeon zog bald viele Fromme
an, denn je größer die Heiligkeit eines Eremiten, desto wirksamer seine
Fürsprache. Um der Welt noch weiter zu entfliehen, bestieg er eine Säule.
Einige Male erhöhte er die Säule, bis sie zwanzig Meter hoch sich über die
sündige Erde erhob. Um den Säulenschaft schlang sich die Schlange, auf
der Spitze des Schaftes saß mit gekreuzigten Beinen der Heilige und
meditierte das Wort Gottes. Von seiner Höhe aus predigte er den Scharen
und schrieb Briefe an Kaiser und Bischöfe.
Der Obelisk im Vatikan ist ein steinerne Zeuge Christi. Er stand schon
tausend Jahre in der Wüste Ägyptens, bis Kaiser Nero ihn im Cirkus
errichten ließ. Der Stein stammt aus Heliopolis, der Obelisk war dem
Sonnengott Re geweiht. Im sechzehnten Jahrhundert wurde er vor Sankt
Peter in den Vatikan gebracht. Mit achthundert Arbeitern und
hundertzwanzig Pferden unternahm Domenico Fontana das Werk der
Wiederaufrichtung des Obelisks im Vatikan. Den Arbeitern war bei
Todesstrafe Schweigen geboten. Aber als die Seile zu rauchen begannen,
rief ein alter Seemann: Wasser für die Seile! Der alte Seemann hatte sein
Leben riskiert für die Aufrichtung des Obelisken im Vatikan, Christus
geweiht, der Sonne der Gerechtigkeit! Dieser Obelisk hatte das Martyrium
des heiligen Petrus im Cirkus des Kaisers Nero gesehen und ist dessen
steinerner Zeuge!
Als Kaiser Nero nach dem Brand der Stadt Rom den Christenprogrom
befahl, bat die Gemeinde von Rom Petrus, den Bischof von Rom, die Stadt
zu verlassen. Auf der Via Appia erschien ihm Christus. Petrus sprach:
Domine quo vadis? Christus sprach: Ich bin gekommen, mich zum zweiten
Mal kreuzigen zu lassen! Petrus kehrte um und ließ sich für Christus
kreuzigen.
10
Vierzig Jahre nach Tod und Auferstehung Christi, zwanzig Jahre nach dem
ersten Konzil der katholischen Kirche, dem Apostelkonzil in Jerusalem, ist
die hochgebaute Zion von Kaiser Titus erobert und zerstört worden. Der
siebenarmige Leuchter aus dem Tempel, der noch aus dem Tempelschatz
Salomos stammte, ist lange in Rom aufbewahrt worden. Bei der
Plünderung Roms durch die Vandalen ist er verschwunden.
11
Im Palast Fausta in Latrano, dem Haus der Kaiserin, fand das römische
Konzil von 313 statt. In der Laterankirche befindet sich der Holztisch, der
vom heiligen Petrus als Altar für das Messopfer benutzt wurde. Die
Laterankirche ist Bischofskirche des Bischofs von Rom bis heute. Darum
ist sie Mutter und Haupt aller Kirchen der Stadt und der Welt.
12
Papst Sylvester der Erste bat Kaiser Konstantin den Großen, über dem
Grab des Apostels Petrus eine Basilika zu errichten. Der Altar der Kirche
lag über dem Schrein des heiligen Petrus. Konstantin schrieb: Weil unter
Deiner Führung die Welt sich triumphierend zu den Sternen erhoben, weiht
dir Konstantin, der Sieger, diese Halle!
13
In der alten Basilika Sankt Petri ward am Weihnachtsfest des Jahres 800
Karl der Große von Papst Leo dem Dritten zum Kaiser gekrönt. Konstantin
der Große war der erste christliche Kaiser auf dem Kaiserstuhl Roms. Zur
Zeit aber, als Jerusalem im Besitz der Araber war, erhielt ein Franke aus
dem Norden durch das Oberhaupt der christlichen Kirche seine Sanktion
als Nachfolger der römischen Kaiser. Karl der Große hatte lange geplant,
durch eine Heirat mit der Kaiserin Irene von Byzanz den Westen und den
Osten zu einen. Ein Plan, der noch verwirklicht werden muß!
14
15
Das Pantheon von Rom ward vom Schwiegersohn des Kaisers Augustus
errichtet, nach der Zerstörung des Pantheon durch einen Blitz ward er von
Kaiser Hadrian wieder errichtet. Es war das Heiligtum aller Götter. Es ist
den Göttern der sieben Planeten geweiht. Erst als die Kuppel der Hagia
Sophia schon den Himmel erreichte, wurde das Pantheon zu einer
christlichen Kirche geweiht. Dies tat Papst Bonifatius der Vierte, er weihte
das Pantheon der Heiligen Jungfrau Maria und allen Märtyrern.
16
17
Der Kaiser von Rom, Konstantin der Große, erkennt das Oberhaupt der
christlichen Kirche, Papst Sylvester den Ersten, als Stellvertreter Christi
auf Erden an und erhält den Apostolischen Segen. Der Kaiser besucht zu
Fuß und ohne Krone den Bischof von Rom, um ihm die Papst-Tiara zu
überreichen. Dann besucht der Papst, auf einem Schimmel reitend, mit der
Tiara geschmückt, den Kaiser, der die Krone trägt. Der Konflikt zwischen
weltlichem Oberhaupt, dem Kaiser des römischen Reiches, und dem
geistlichen Oberhaupt, dem Papst der römisch-katholischen Kirche,
durchzog das ganze Mittelalter. Dieser Kampf durchzieht Dantes Göttliche
Komödie. Der Kampf zwischen Papsttum und Kaisertum um die
Oberhoheit ist bis heute nicht entschieden.
18
Ambrosius von Milan gehört zu den Doktoren der Kirche. Ambrosius von
Milan ist der erste Gelehrte, der den Ehrentitel Doctor Ecclesiae verliehen
bekam. Ambrosius war Bischof von Milan. Sein Vater war Präfekt in
Gallien. Er selbst hat als Gelehrter in Milan gelebt. Als er zum Bischof von
Milan gewählt ward, war er noch nicht getauft. Man wartete damals mit
der Taufe bis zur Todesstunde, damit des ganzen Lebens Sünde mit der
Taufe abgewaschen wurde und die Seele unbefleckt ins Paradies eingeht.
Ambrosius hatte wenig Lust, Bischof zu spielen, aber der Heilige Geist
befahl es ihm. Ambrosius war ein sympathischer Mann. Ambrosius von
Milan war auch ein Dichter, er hat das Tedeum gedichtet: Großer Gott, wir
loben dich!
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An der Nordküste der Adria fand sich aus dem fünften Jahrhundert ein
Medaillon der thronenden Madonna mit dem Kinde. Die Mutter thront im
Thronstuhl, hält in der Rechten den Hirtenstab mit dem Kreuz, sie wird
umwunden von der Schlange. Auf ihrem Schoß thront das göttliche Kind.
Der Orient begann, den Okzident zu befruchten. Die blühende Kunst von
Byzanz beeinflusste die spätrömische Kunst. Im Medaillon hat Maria die
Christen von Anfang an begleitet als die Mutter der Christen, als die Hilfe
der Christen. Als die Hilfe der Christen half Maria auch dem Papst Leo
dem Großen, allein durch die Vollmacht seiner Persönlichkeit den wilden
Hunnen Attila vor den Toren des Abendlandes zur Umkehr zu bewegen.
20
Einige meinen, die griechische Fassung des Neuen Testaments sei nicht
eine Fortsetzung des hebräischen Alten Testaments, sondern der
griechischen Übersetzung des Alten Testaments, der Septuaginta. König
Ptolemaios Philadelphos hat im dritten Jahrhundert vor Christus in
Alexandria die Septuaginta in Auftrag gegeben. Daß das Neue Testament
in griechisch geschrieben worden ist, war für die weitere Entwicklung des
Christentums von außerordentlicher Bedeutung. Es war eine
Voraussetzung für die Auseinandersetzung des jungen Christentums mit
der ehrwürdigen griechischen Philosophie. Schon Paulus begann diese
Auseinandersetzung, diskutierte mit Epikuräern und Stoikern und zitierte
griechische Dichter. Die Schriften der griechischen Kirchenväter sind eine
umfangreiche Bibliothek, Johannes Chrysostomus, Gregor von Nyssa,
Origines und andere setzten sich intensiv mit der griechischen Philosophie
auseinander.
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Die Einweihung der Hagia Sophia von Byzanz im Jahre 537 ist ein
Höhepunkt der griechischen Kunst. Es war eine Sternstunde des Glaubens
und der Kunst. Kaiser Justinian trat aus der Versammlung heraus allein an
den Altar, hob die Hände und betete: Ruhm und Ehre dem Allerhöchsten,
der mich für würdig hält, ein solches Werk zu vollenden! O heiliger
Salomo, ich habe dich noch übertroffen! – Salomo hatte der Welt den
Tempel von Jerusalem geschenkt, die Griechen hatten der Welt das
Pantheon geschenkt, das Christentum hat der Welt die Hagia Sophia
geschenkt. Die Hagia Sophia ist das vollkommenste Bauwerk
transzendenter Jenseitigkeit, das die Geschichte der Architektur kennt.
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Die Hagia Eirene, die Kirche des göttlichen Friedens, wurde über einem
christlichen Heiligtum errichtet. In einem Aufstand wurde sie zerstört, aber
Kaiser Justinian ließ sich prächtig wiedererstehen. Die Hagia Eirene wurde
nur noch von der Hagia Sophia selbst übertroffen.
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Die alte Hagia Sophia wurde Konstantin zugeschrieben. Aber sie stammt
doch wohl von seinem Sohn Konstantius. Sie war mit heidnischen Statuen
geschmückt. Sie wurde bei einem Aufstand zerstört. Die neue Hagia
Sophia ist über den Trümmern der alten errichtet worden. Die neue Hagia
Sophia hieß beim Volk nun die Große Kirche.
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Kaiser Konstantins Mutter Helena war eine einfache Frau aus Nikomedien,
sie war in ihrer Jugend sehr schön, man nannte sie die Schöne Helena von
Griechenland, bis sie später nur noch die Heilige Helena hieß. In einer
Hütte ist sie geboren, in einem Palast ist sie gestorben. Sie wurde
heiliggesprochen. Konstantin, als er den Thron bestieg, blieb seiner Mutter
treu. Sein Vater hatte seine Mutter tief gekränkt, aber der Sohn verlieh
seiner Mutter den Titel Augusta. Die Augusta Helena war dem
Christentum tief ergeben, schon als Kind hing sie dem christlichen
Glauben an. Sie ging täglich zur Heiligen Messe und mischte sich in
bescheidender Kleidung unter die betenden Frauen. Die Heilige Helena
baute von Trier bis Jerusalem Kirchen. Im hohen Alter pilgerte die Heilige
Helena nach Jerusalem und ließ über dem Grabe Christi die Grabeskirche
errichten, die man im Osten Auferstehungskirche nennt. Die Heilige
Helena fand das Kreuz Christi. Die Poeten singen gern von der schönen
Helena von Byzanz, die das Kreuz Christi fand. Sie weben einen Schleier
aus Poesie um die schöne Helena.
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Alexandria, Antiochia und das Ephesos der Gottesmutter blickten auf das
Neue Rom des Imperium Romanum. Am glanzvollen Hof von Byzanz
versammelten sich Philosophen, Theologen und Künstler. Griechisch und
Lateinisch wurde gesprochen, Philosophie und Rhetorik gelehrt.
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In der Hagia Sophia fand ein Konzil statt, auf dem über die
Bilderverehrung diskutiert wurde. Die asiatischen Bilderstürmer nannten
Bilder von Christus, Maria und den Heiligen Götzendienst, die andere
Gruppe berief sich darauf, dass Gott selbst in Christus ein menschliches
Antlitz und Bild (Ikone) geschaffen habe. Die Bilderstürmer wurden
verworfen, dennoch standen sie zu späteren Zeiten immer wieder auf und
es gibt solcher auch heute noch unter den Protestanten. Die Orthodoxie
und die Römischkatholische Kirche dagegen haben das Evangelium auch
durch Bilder verkündet.
30
Der Glauben der Christen verband das Diesseits durch die Religion mit
dem ewigen Gott im Jenseits. Der menschgewordene Sohn Gottes war der
Mittler zwischen Mensch und Gott. In der Kirche der Hagia Sophia ist
dieses Lebensgefühl zum Ausdruck gekommen. Nach strengen statisch-
mathematischen Gesetzen berechnet und aus realen Steinen errichtet, ist
die Hagia Sophia dennoch rein spirituell, vollkommen vergeistigt. Der
Beschauer, schaut er zur mächtigen Kuppel empor, hat den Eindruck, der
irdische Raum gehe in den Himmel über. Der Innenraum der Hagia Sophia
ist der schönste Raum, der je auf Erden geschaffen worden. Engelshände
haben die Kirche der Hagia Sophia errichtet.
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Der Apostel Thomas erlitt in Indien das Martyrium. Schon nach der
Zerstörung des Tempels von Jerusalem im Jahre 70 nach Christus siedelten
sich Juden an der indischen Malabarküste an. Schriftliche Nachrichten
über die Thomaschristen existieren vom vierten Jahrhundert an. Im Jahre
354 reiste Theophilos als Gesandter des Kaisers von Konstantinopel nach
Arabia Felix und Äthiopien, den Rückweg trat er über Indien an und
berichtete von Kirche und Kloster an der indischen Malabarküste, wo der
Apostel Thomas beerdigt liegt. Die Reliquien sind später nach Edessa in
Syrien gekommen. In der syrischen Kirche feiert man den 3. Juli als
Festtag der Reliquien des heiligen Thomas. In Indien hielten sich über die
Jahrhunderte die Erzählungen vom Wirken des Apostels Thomas.
33
Im Jahre 1623 wurde in Nordwest-China eine Steintafel aus dem Jahre 781
gefunden, die in chinesischer und syrischer Sprache Nachricht gibt von der
Ausbreitung des nestorianischen Christentums in China um die Mitte des
7.Jahrhunderts. Der erste Zeuge Christi in China war der Apostel Thomas.
Sankt Franz Xavier, der China-Missionar der Neuzeit, schrieb 1546: Viele
Leute sagen, dass der Apostel Thomas in China gewesen war. Der
Dominikanermönch Caspar da Cruz schrieb: Als ich in dem Lande war, wo
der Apostel Thomas den Märtyrertod durch eine Lanze erlitt, nämlich an
der indischen Malabarküste, erfuhr ich, dass der Apostel Thomas vorher
noch in China gewesen war. Er predigte in China das Evangelium. Er blieb
einige Zeit da, sah aber, dass er keine Früchte brachte, ließ drei oder vier
Jünger zurück und kehrte wieder an die indische Malabarküste. In der
Stadt Kanton sah ich eine Kapelle, in der sich die Figur einer sehr schön
gestalteten Frau mit einem Kind auf dem Arm befand. Vor der Statue
brannte eine Lampe. Keiner von den chinesischen Götzenpriestern konnte
mir erklären, wer diese Frau sei. Es mag ein Bild der Muttergottes
gewesen sein, das die alten Christen angefertigt oder das Sankt Thomas
dort zurückgelassen hat. Aber die chinesischen Götzenpriester meinten, es
könne genauso gut die Guan Yin sein.
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Am Fuß des Sinai liegt das Kloster der heiligen Katharina von
Alexandrien, der Gelehrten, eine Festung Christi im Meer des Islam. Das
Kloster der heiligen Katharina ist an der Stelle gebaut worden, wo Moses
die Stimme Jahwes aus dem brennenden Dornbusch hörte. Mohammed hat
das Kloster einmal besucht und befahl den Wüstenbeduinen, die Mönche
in Frieden zu lassen. Das Kloster der griechisch-orthodoxen Kirche
enthielt einen wertvollen evangelischen Schatz: Den Codex Sinaiticus,
dem neben dem Codex Vatikanus ältesten erhaltenen Manuskript der
Bibel.
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In Arabia Felix lebte die Königin Bilqis, die Königin von Saba. Sie
besuchte König Salomo. Die Königin von Saba ist keine Märchenfigur aus
den Märchen von Tausend und einer Nacht, ihr Reich Saba lag in
Südarabien.
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Auch in Äthiopien gedenkt man der Königin von Saba. Ich bin schwarz
und sehr schön, sagt die Königin von Saba als Sulamith im Liebeslied des
Königs Salomo. Zur Zeit des Königs Salomo sind die Juden nach
Äthiopien gekommen. Seit jener Zeit nennt sich der Kaiser von Äthiopien:
Löwe von Juda! Das Kaiserhaus von Äthiopien gründet auf der Herrschaft
der Kaiser von Aksum, die zurückgehen auf Kaiser Menelik den Ersten,
den Sohn Salomos und der Königin von Saba. König Salomo verwandte
seine ganze Weisheit darauf, Bilqis zu verführen. Er gab ihr ein Gastmahl
mit scharfgewürzten Speisen. Als Bilqis müde wurde, bot ihr Salomo an,
in seinem Palast zu schlafen. Sie nahm an, aber er müsse sie unberührt
lassen. Salomo schwor unter der Bedingung, dass Bilqis nichts von den
Kostbarkeiten seines Palastes berühre. In der Nacht bekam Bilqis Durst
von der scharfgewürzten Speise. Sie trank ein Glas Wasser. Salomo hatte
nicht geschlafen und warf ihr nun vor, dass sie ihren Schwur nicht
gehalten. Aber, sprach Bilqis, es war nur ein Glas Wasser. Salomo
entgegnete: Wasser ist das Kostbarste auf der Welt. Du hast das Glas
Wasser berührt, nun darf auch ich dich berühren. Und so schlief Salomo
mit Bilqis, und seine Weisheit war ans Ziel gekommen. Die Frucht dieser
Liebesnacht war Menelik, der als Erster Kaiser in Äthiopien den Thron des
Löwen von Juda bestieg. Die Kirche von Äthiopien ist überzeugt, im
Besitz der Bundeslade zu sein. Sie wird einmal im Jahr in einer feierlichen
Prozession zur Anbetung ausgesetzt am Festtag Unserer Lieben Frau von
Zion.
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In der Mitte des vierten Jahrhunderts unternahm ein Philosoph aus Tyros
eine Reise in ferne Länder, mit ihm die zwei Jünglinge Frumentius und
Aedisius. In einem äthiopischen Hafen wurden sie überfallen, alle Männer
auf dem Schiff wurden ermordet. Aber die beiden Jünglinge saßen an Land
unter einer Palme und lernten. Man brachte sie zum Kaiser, der sie
erziehen ließ. Später reiste Frumentius nach Alexandrien und wurde zum
Bischof geweiht. Er kehrte zurück und taufte den Sohn des Kaisers, dieser
Ezana wurde der erste christliche Kaiser Äthiopiens.
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Der Löwe von Juda bewacht die Quellen des Nil. Als der Negus Negesti
Kaiser Haile Selassi vor den Truppen des Faschisten-Duce flüchten
musste, legte die Kaiserin Zauditu ein Gelübde ab: Wenn Gott dem Kaiser
gewährt, nach Äthiopien zurückzukehren, weihe ich meine Krone der
Kaiserin von Äthiopien dem Herrn in der Grabeskirche von Jerusalem. Die
Kaiserin erfüllte ihr Gelübde.
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Denkmal der Ausbreitung der Leuchtenden Lehre aus Ta-chin über das
Reich der Mitte! Diese Steintafel steht in Xian. Ta-chin ist der Ausdruck
für den römischen Orient, gemeint ist Syrien. Die Mission in China ward
aufgebreitet von einem syrischen Mönch namens O-le-pen. O-le-pen ist
die Übersetzung des syrischen Wortes Rabban, was verdolmetscht Meister
bedeutet. Als Tai-tsung, der glänzende Kaiser, seine glückliche Regierung
in Ruhm und Herrlichkeit begann, indem er erleuchtet und weise über sein
Volk herrschte, lebte im Lande Ta-chin ein Mann von großer Tugend
namens O-le-pen, der die heiligen Schriften herbeibrachte. Im neunten
Jahre Cheng-kuan kam er nach Tschang-an. Der Kaiser sandte seinen
Staatsminister Herzog Fang Hsüan-ling an der Spitze einer Eskorte, um
den Besucher zu empfangen. Seine Schriften wurden in der Bibliothek von
Tschang-an ins Chinesische übersetzt. Als die Lehren in den
Privatgemächern geprüft wurden, erkannte der Kaiser ihre Wahrheit und
ordnete an, sie sollen gepredigt und verbreitet werden. Wäre der glänzende
Kaiser Tai-tsung zum Christentum übergetreten, wäre es von nicht
absehbarer Folge gewesen! Doch das Christentum gelangte zur Zeit der
Tang-Dynastie zu einer hohen Blüte. In fast allen Städten gab es prächtige
Kirchen.
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Das Licht des Evangeliums erlosch im Reich der Mitte im Jahre 845. Es
gab Streit zwischen der buddhistischen und der konfuzianischen
Konfession. Der konfuzianische Kaiser Wu Tsung erließ ein Dekret gegen
alle ausländischen Religionen. Das Christentum galt als Religion des
Kaisers von Byzanz. Chu Tang-shu sagte: Von den Mönchen und Nonnen,
die angeklagt wurden, als Ausländer fremde Religionen in China verbreitet
zu haben, waren sowohl die Ta-chin (die Christen) wie die Mu-lu-fu (die
Anhänger Zarathustras), mehr als dreitausend Personen, gezwungen,
wieder ins bürgerliche Leben zurückzukehren und mit dem Verderben der
alten Traditionen Chinas aufzuhören.
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Dschingis Khan hatte als Vasallen die Ongut-Türken, die unter dem
Einfluß des nestorianischen Christentums standen. Dschingis Khan gab
eine seiner Töchter dem Ongut-König zur Frau. Durch die Ongut-Fürsten
blieb das Christentum den Mongolenherrschern vertraut, es bewegte sich
in der Nähe des Thrones. Mit den erobernden Mongolen kam es so wieder
in das Reich der Mitte zurück.
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Der Enkel des Dschingis Khan, der Kaiser Kublai Khan war der Sohn
einer nestorianischen Christin, der Prinzessin Sorghaktani, die aus der
Mongolei stammte. Kublai Khan selbst war Buddhist, aber äußerst tolerant
in religiösen Fragen. Er hat die Nestorianer beschützt und viele Christen an
seinen Hof herangezogen. Kublai Khan hatte auch die Gebrüder Polo aus
Venedig freundlich empfangen und sie über den christlichen Glauben
befragt. Schließlich sandte Kublai Khan die Brüder Polo zum Papst nach
Rom mit der Bitte, hundert Missionare des katholischen Glaubens nach
China zu senden und Öl von der Lampe des Heiligen Grabes aus Jerusalem
mitzubringen. Der Augenblick ging leider ungenutzt vorüber, denn als die
Brüder Polo nach Rom kamen, war der Stuhl Petri gerade verwaist, und
die Kirche musste zwei Jahre auf einen neuen Nachfolger Petri warten.
Leider schickte der neue Papst nur zwei Mönche mit Marco Polo
zusammen nach China. Als die beiden Mönche hörten, die Reise ginge
nach China, liefen sie ängstlich davon.
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Hung Wu, der Gründer der Ming-Dynastie, verwarf das Christentum als
eine ausländische Lehre, die von den fremden Herrschern der Mongolen
begünstigt worden sei. Alle Nachrichten über das Christentum in China
verstummten bis zur Ankunft des Jesuitenmissionars Matteo Ricci im
Jahre 1605. Sein Nachfolger, der deutsche Jesuitenmissionar Johann Adam
Schall von Bell, versuchte, den Kaiser zum Christentum zu bekehren und
so eine konstantinische Wende im Reich der Mitte einzuleiten. Auch dies
gelang leider nicht.
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Papst Johannes Paul II. sagte, im ersten Jahrtausend habe Christus Europa
erobert, im zweiten Jahrtausend habe Christus Afrika und Amerika erobert,
im dritten Jahrtausend werde Christus Indien und China erobern.
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Ptolemais der Erste Soter bestieg den Thron der Pharaonen. Er und seine
Nachfolger holten die Intelligenz nach Alexandria. Der Maler Apelles, der
Mathematiker Euklid kamen nach Alexandria. Demetrius von Phaleron
begründete die Bibliothek von Alexandria. Ptolemais der Zweite
Philadelphos begründete das Musaion, ein Stadtviertel, das der Kunst und
der Wissenschaft diente. Er gab auch die Übersetzung des Alten
Testaments ins Griechische in Auftrag. In Alexandria lehrte der Mediziner
Hippokrates und der Astronom Claudius Ptolemäus, dessen Weltbild bis zu
Kopernikus und Galilei galt. Der Pharos von Alexandria, der Leuchtturm,
war eines der sieben Weltwunder. Das mazedonische Geschlecht der
Ptolemäer hat der Geschichte auch die große Königin Kleopatra geschenkt,
die die Dichter immer wieder inspirierte. Der letzte Sproß dieser Dynastie
war Kaisarion, der Sohn des Cäsar und der Kleopatra.
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In Alexandria lebte auch Origenes, ein Kenner des Alten Testaments und
der Lehren Platons. Er schrieb glänzende Bibelkommentare. Er war der
erste, der eine systematische Philosophie des Christentums geschrieben
hat. Er hat die christliche Theologie tief beeinflusst.
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Du bist also Bischof Cyprian von Karthago, frug der Konsul. Ich bins,
sprach Cyprian. Du bist also der Führer dieser frevelhaften Menschen, die
sich Christen nennen? Ja, sprach Cyprian. Die göttlichen Kaiser, sprach
der Konsul, haben befohlen, dass man sie anbete und ihnen Opfer
darbringe. Cyprian sprach: Ich tu es nicht! Der Konsul ermahnte: Denke
nach! Cyprian sprach: Tu was du tun musst. Es lohnt sich nicht, in dieser
Angelegenheit noch einmal nachzudenken. Der Konsul verkündete: Du
hast dich zum Feind der Götter und Gottkaiser Roms gemacht. Darum soll
dein Blut bezeugen die Ehre der göttlichen Kaiser und der Götter Roms.
Wir befehlen darum, dass Bischof Cyprian von Karthago durch das
Schwert zu Tode gebracht werde. Cyprian betete: Gott sei Dank!
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Tropfen des Blutes Christi kamen nach England. Als Josef von Arimathia
und sein Sohn den Leichnam Christi vom Kreuz abnahmen, floß etwas
Blut auf die Brust des Sohnes herab. Josef fing dieses Blut in zwei kleinen
Fläschchen auf. Diese Fläschchen nahm Josef mit, als er mit dem Apostel
Phillipus nach Gallien ging. Im Jahre 63 segelte Josef mit einer Gruppe
von 12 Männern nach England. Sie landeten an der Küste von Wales und
wanderten ins Landesinnere, bis sie an den Hof des Königs Arviragus
kamen. Der König schenkte ihnen die Insel Glass. Da erschien den
Missionaren der Erzengel Gabriel und befahl ihnen, eine Kirche zu Ehren
der Jungfrau Maria zu bauen. In dieser Sankt Marien-Kirche ist Josef
begraben. Die beiden kostbaren Fläschchen mit dem Blut Christi gab man
Josef mit ins Grab.
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Im irischen Tara feierten die heidnischen Druiden, die Priester der Kelten,
das Frühlingsfest. Als sich im Jahre 432 die Häuptlinge unter ihrem König
Laoghaire um den Hügel von Tara versammelt und das heilige Feuer der
Frühlingsgöttin entzündet, feierte Sankt Patrick mit wenigen Christen in
der Nähe das christliche Osterfest der Auferstehung Christi. Er entzündete
das Osterfeuer zum Ruhm der siegreichen Sonne der Gerechtigkeit, die aus
dem Grab des finsteren Todes auferstanden ist. Sankt Patrick rief: Dieses
Feuer Christi wird Irland nicht mehr verlassen! Dieser Heilige hatte den
Waffen der heidnischen Häuptlinge nichts entgegenzusetzen als das Wort
des Evangeliums. Kriegsrufe erschollen unter den Heiden, aber das Wort
des Heiligen Patrick blies die Heiden auseinander. Da luden die
heidnischen Häuptlinge den Heiligen und seine kleine Schar von Christen
zum Keltenkönig ein, um die Christen durch eine Kriegslist zu besiegen.
Aber es kam statt der kleinen Schar von Christen eine Schar von Rehen
und statt des heiligen Patrick kam ein Rehkitz mit einem Kreuz auf der
Stirn, das war Sankt Patrick. Hundert Jahre später war das Christentum so
fest verwurzelt auf der Grünen Insel Irland, dass der Heilige Ruadhan es
wagte, einen Fluch gegen alle heidnischen Druiden zu schleudern, die
ihren barbarischen Göttern Menschenopfer brachten. Sankt Patrick war im
Jahre 390 im Westen der britischen Insel geboren, in Caerwent in
Südwales, er ist also keltischer Herkunft. Sein Vater war Diakon der
Kirche. Die Spiele seiner Jugend standen unter dem Schutz der Pax
Romana. Dann aber zogen die Römer von Britannien ab. Als Patrick
sechzehn Jahre zählte, wurde er verschleppt von einem Piraten und über
See nach Irland gebracht. Er hat dann als Gefangener die Schafe eines
Räubers gehütet, mit sechzig Jahren allerdings hütete er als Hirte die
irischen Wollschafe der Herde Christi. Patrick gelang es, dem Räuber zu
entfliehen. Auf einem Boot, das irische Wolfshunde nach Britannien
brachte, kehrte er in seine Heimat zurück. Aber er hörte den Ruf Christi,
den irischen Heiden das Evangelium Christi zu verkünden. Er ging in das
Inselkloster Lerinum und besuchte den heiligen Martin von Tours. Dann
lebte er beim Bischof Germanus in Auxerre. Dort wurde er selbst zum
Bischof geweiht und ging nach Irland. Er besuchte die Könige. Er taufte
und weihte Priester, er errichtete Kirchen und gründete Klöster, die später
in der Geschichte Europas eine große Rolle spielten wegen der großen
Gelehrsamkeit der irischkatholischen Mönche, sie waren die Träger der
fränkischen Renaissance. Als Sankt Patrick im Jahre 461 starb, war er sehr
beliebt bei den Iren. Irland, die Grüne Insel der Göttin Eire, das Land der
zarten Poesie, der Stürme und der sanften Farben, war zu einem
christlichen Land geworden.
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Die Schlacht im Teuteburger Wald hat die Germanen davor bewahrt, unter
römische Herrschaft zu geraten. Hätte Herrmann der Cherusker dieser
Schlacht verloren, wäre Deutschland fünfhundert Jahre früher christlich
geworden! So gute katholische Christen die Deutschen im Mittelalter
waren, dieses halbe Jahrtausend römischer Zivilisation fehlte ihnen.
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Von den Gnaden will ich erzählen, von den schweren Gnaden. Maria hat
einmal in Deutschland gesagt: Meinen Kindern lege ich Kreuze auf, weil
ich sie in meinem Sohn liebe, dem Gekreuzigten, ich lege meinen Kindern
Kreuze auf, schwer wie die Berge, tief wie das Meer. Aber ich beginne den
Bericht mit der Buße. Ich empfing das Bußsakrament, das Sakrament der
Versöhnung mit Gott am Tag, da im kirchlichen Kalender die Geburt
Mariens gefeiert wird. Ich bekannte dem Herrn meine Sünden, der Herr
gab mir Weisungen und tilgte alle meine Schuld mit der Gnade seines
kostbaren Blutes. Am Abend sprach der Herr zu mir, wie zu dem
Gelähmten, den man durch das Dach herab zum Heiland ließ: Steh auf,
deine Sünden sind dir vergeben. Und am nächsten Tag sprach der Heilige
Geist in der Liturgie der Kirche mit den Worten des Apostels Paulus
davon, dass ich gereinigt und geheiligt sei. Wie passend, diese Reinigung
am Feiertag der Geburt Mariens zu feiern, die der Herr ja aus reiner Gnade
vor jedem Makel der Sünde bewahrt hat vom Augenblick ihrer
Empfängnis an. Der Herr lud mich ein, mich mit dem Vaternamen Gottes
zu versöhnen, indem ich nicht meines Zeugers gedenke, sondern mir den
Heiligen Vater Johannes Paul zum Vorbild nehme und betrachte, wie ein
Adlervater zu seinem Adlerjungen ist. Der Herr bat mich, im Evangelium
zu betrachten, wie Jesus von Nazareth mit den Ungeliebten umgegangen
sei, mit den Aussätzigen, mit den Blinden, mit den Kopfsteuereintreibern.
Und ich sah, er rief gerade die Ungeliebten in seine Nachfolge: Er heilte
sie, nahm sie an und nahm sie in seine Jüngerfamilie auf. Ich trat aus der
Kirche und sah die Madonna, zuerst als schwarze Jungfrau von Guadelupe
allein und dann als Sixtinische Madonna mit dem Jesuskind, dann sah ich
den Heiligen Vater Johannes Paulus, der mich liebevoll anlächelte. Ich
hatte bekannt meinen Entschluß, jungfräulich für das Himmelreich zu
leben. Die Geschichte dieses Entschlusses ist eine Geschichte von sieben
Jahren. Zuerst rief mich der Herr durch das Wort an Jeremia: Du sollst dir
keine Frau nehmen und keine Söhne und Töchter zeugen an diesem Ort.
Dann bat ich Gott um das Charisma der Ehelosigkeit. Dann verlobte ich
mich am fünften August des Jahres 2001 mit der Jungfrau Maria in
Lourdes, dann sprach der Heilige Geist in der Adventsliturgie zu mir:
Fürchte dich nicht, Josef, du Sohn Davids, deine Verlobte Maria zu dir zu
nehmen! Dann sprach mich das Wort im Propheten Hosea an: Ich schließe
einen Bund der Ehe mit dir, und als Brautgeschenk schenk ich dir meine
Barmherzigkeit und Treue, und du wirst den Herrn erkennen. Das war mir
ein Wort der mystischen Ehe mit der göttlichen Weisheit, der Hagia
Sophia. Denn es schrieb der glühendste Marienverehrer des Barock, Sankt
Grignion von Montfort: Die Ehe mit der Ewigen Weisheit ist eine
geistliche, aber wirkliche Ehe. Aber die Kinder der Welt werden das
niemals verstehen. Schließlich hörte ich den Pfingstgottesdienst von Papst
Benedikt: Die zur Ehe berufen sind, sind dazu berufen, die Treue Gottes in
der Ehe wiederzuspiegeln, und die zur Ehelosigkeit berufen sind, sind dazu
berufen, die Treue Gottes in ihrer Gottes-Ehe unmittelbar zu leben. Als ich
das hörte, wusste ich, ich bin zur Ehelosigkeit berufen. Dann hörte ich
noch Papst Benedikt den Wunsch aussprechen, man möge den Mut fassen
für eine lebenslange Entscheidung, entweder zur unauflöslichen Ehe oder
zum Zölibat. Da fällte ich schließlich die Entscheidung, jungfräulich für
das Himmelreich zu leben mein ganzes irdisches Leben. Ein
benediktinischer Seelsorger gab mir den Rat, die Ehelosigkeit für Gott als
eine mystische Ehe mit Maria zu leben. Dies also war das Sakrament der
Versöhnung mit Gott.
Im Geist begleitete ich den Heiligen Vater Benedikt auf seiner Wallfahrt
nach Lourdes. Zuerst sah ich den Papst in der schönen Kirche auf der Isle
de Paris, Notre Dame de Paris. Ich hätte dies gern meinen Herzenskindern
Midda und Jedidja gezeigt, denn sie sprechen oft von der heiligen Notre
Dame. Die Kirche war ganz voll des goldenen Lichtes, und ich hörte den
weisen Papst sprechen vor den Gottgeweihten den Lobpreis des Wortes
Gottes. Er lud die Priester ein, die Weisheit Gottes, die sich im Wort Gottes
offenbart, zur Freundin und Gefährtin ihres Lebens zu erwählen. Da
erwählte auch ich wieder die Ewige Weisheit, die sich in der Heiligen
Schrift offenbart, zu meiner Freundin und Lebensgenossin und zu meiner
Trösterin in den Zeiten der Traurigkeit. Dann trat der Papst auf den Platz
vor der Kirche Notre Dame, der Platz ist benannt nach dem Heiligen Vater
Johannes Paulus dem Großen. Dort rief der Papst dazu auf, das Kreuz zu
verehren. Er sprach von der wahren Weisheit Gottes, die sich in Christus
dem Gekreuzigten offenbart. Er vertraute den Jugendlichen Frankreichs
zwei Gaben an, das Kreuz und den Heiligen Geist, darin werden sie
erkennen die Schönheit der Weisheit Gottes. Da pries ich die Schönheit der
göttlichen Weisheit und verliebte mich in die Schönheit der göttlichen
Weisheit. Die Jugendlichen beteten in einer Vigil für den Papst und den
Frieden der Menschheit. Am nächsten Morgen sah ich die Heilige Messe
gefeiert werden vor dem Grab Napoleons. Der Papst ermahnte die
Franzosen und die ganze Welt, sich von den Götzen abzuwenden und sich
dem lebendigen Gott zuzuwenden, der sich im Allerheiligsten
Altarsakrament offenbare und hingebe. Dann sah ich den Heiligen Vater in
Lourdes. Es wurde gefeiert das Fest der Sieben Schmerzen Unserer Lieben
Frau Maria. Aber was verkündete der Heilige Vater? Nein, er malte kein
gotisches Gemälde einer Schmerzensmutter mit sieben Schwertern im
Herzen, sondern er sprach wie Marthe Robin: Es ist vor allem ihr Lächeln,
das ich sehe! Eine geraume Zeit lang predigte der Papst über das Lächeln
Mariens. Er malte es mit Worten vor die Augen meines Geistes. Er zitierte
den fünfundvierzigsten Psalm, in dem es heißt: Die Edlen suchen dein
Lächeln! Nicht nur die Kinder und alle Kleinen suchen das Lächeln der
Madonna, sondern die Edlen suchen ihr Lächeln, die Weisen, die
Gerechten und die Heiligen suchen das Lächeln Mariens. Es sind die
Weisen und Heiligen, die wissen, dass ein geduldig und wenn möglich
freudig ertragenes Leid der Weg zur Vereinigung mit Christus dem
Bräutigam ist, der Weg zur mystischen Gottes-Ehe, dies wissen schon die
Weisen, und dennoch suchen sie vor allem Mariens Lächeln. Wie
wunderbar, gerade diese Botschaft vom Heiligen Vater in Lourdes zu
hören. Denn ich war selbst einmal in Lourdes und betete abseits dem
großen Pilgerstrom und suchte vor allem die Madonna als Minnedame und
mystische Braut. Da ging ich auf Knieen den Kreuzweg Christi, und als
ich an der Grabhöhle des Herrn vorüber war, sah ich die Pieta von
Michelangelo und sah vor allem ihren Mund, ihr Lächeln, ihre lieben
Lippen! Und da ich den Mund der Madonna sah, wurden meine Kniee
schwach und ich sank in Verzückung nieder und war überwältigt von der
Schönheit des Mundes der Madonna! Welcher Mund! Welches ruhende
Lächeln! Welcher sprechender Kuß! Und so ertragen Marien Söhne es
gerne, wenn sie selbst, der Mutter gleich, sieben Schwerter in ihrer Seele
stecken haben, sie ertragen es gern, mitgekreuzigt zu werden mit Christus
dem Bräutigam, wenn sie nur das Lächeln Mariens sehen, dieses liebliche
Lächeln der ewigen Liebe! Dann feierte ich gemeinsam mit dem
Nachfolger des heiligen Petrus die Anbetung des eucharistischen Christus.
Der Papst kniete vor seinem Herrn und Gott, vor Jesus, dem Christus, dem
Sohn des lebendigen Gottes. Und ich kniete vor dem Allerheiligsten
Altarsakrament und sah in der weißen Hostie in einer Vision den Himmel.
Es war, als wäre der ganze Himmel in dieser Hostie, in diesem Herzen
Christi. Ich sah die Madonna von Lourdes, die Immaculata, und sah den
heiligen Vater Johannes Paulus den Großen im weißen Gewand des
Bischofs von Rom vor ihr knieen und ihr die Hände küssen. Dann sah ich
die Madonna von Lourdes allein in der Hostie in ihrer femininen
Himmelsschönheit, Gnaden ausspendend. Dann sah ich die Madonna mit
dem Jesuskind auf dem Schoß, und zwar gerade so, wie in der Ikone der
Sedes Sapientiae. Maria war Sedes Sapientiae, Thron der Weisheit, Sitz der
Weisheit, Wohnung der Weisheit, und Jesus war Sapientia, die göttliche
Weisheit, die ewige Weisheit, meine Herrin Hagia Sophia,
menschgeworden in Jesus! Und da erkannte ich wieder, dass die Hostie für
mich die Sapientia sein will, und ich betete an die göttliche Weisheit auf
dem Thron Mariens!
Ich sah das heilige Antlitz Christi, das Grabtuch von Turin. Es wurde
genauestens untersucht von den Wissenschaftlern, aber die Wissenschaft
musste bekennen: Die Vernunft allein kann das Mysterium nicht
ergründen, es muß der Glaube hinzukommen. Mit den Augen des
Glaubens aber sah ich den Leib Jesu, wie er blutig gepeitscht war von den
Lederpeitschen mit den Eisenkugeln, wie die Nägel ihm durch die
Handgelenke getrieben worden waren, wie die Dornen seiner Dornenkrone
sich in die Stirn gebohrt hatten, dass Blut über seine Stirn rann. Der ganze
Körper war bedeckt mit Blutstropfen des kostbaren Blutes. Dann sah ich in
einem Gesicht die Grabeshöhle Jesu, der Leichnam Christi lag auf einer
Steinplatte. Die heiligen Marien waren da, den Toten zu salben für das
Begräbnis. Ich sah die heilige Mutter Maria im schwarzen Kleid und mit
schwarzem Schleier. Ihr Antlitz war blass, umrahmt von schwarzem Haar,
die Augen schwarz und von tragischem Ernst erfüllt. Sie salbte den
Leichnam ihres Sohnes. Dann sah ich in einem Gesicht einen Lichtstrahl
vom Himmel in die Grabeshöhle dringen und das Licht des Heiligen
Geistes den Leichnam Jesu beleben und verwandeln zu einem
pneumatischen Auferstehungskörper. Der auferstandene Christus erhob
sich vom Tod! Halleluja, Jesus ist auferstanden! Halleluja, er ist wahrhaftig
auferstanden!
Erste Ode.
Zwote Ode.
Dritte Ode.
CLOUD16
1
CLOUD5
[Inhalt]
WEISHEIT ASIENS
Drunten da wallte und wogte das Chaos, die finstere Urflut, fließend von
Abgrund zu Abgrund, brüllend wie Donnersturm, höhnisch wie
Drachenlachen, aber über dieser schwarzen Nacht aus feindlicher Flut flog
der Hauch von Tian-Zhu, der schöpferisch zu singen begann.
3
Und da teilte sich Yang von Yin, das Lichte vom Finsteren, die Sonne von
der Nacht, der liebliche Mond von den Wolken des Donners, da entstanden
Großer und Kleiner Bär, da flog der schwarze Rabe der Sonne, da war der
weiße Hase des Mondes, Meere und Berge schieden sich, zwischen den
vier Meeren entstand das Trockene, des Herbstes Chrysantheme blühte und
des Lenzes Pfingstrose.
Mitten auf dem Trockenen trat aus dem Morgennebel der erste Mensch,
Pan Ku. Sein Haupt war umflogen von Himmel (seine Haare
Wolkenschwaden), sein Leib war wie von Erde (seine Knochen Gebirge).
Und Pan Ku sang einen Gesang, fast so wunderbar wie der Gesang von
Tian-Zhu: "O Allerhöchster, wunderbar ist mir deine Ode sichtbar
geworden, dein Wort nahm mir Gestalt an. Siehe, an der Mittelsäule der
Erde seh ich den Sohn des Himmels herrschen und siegen über Kung
Kung, den Drachen. Aya, Tian-Zhu, Gott des Reiches der Mitte, dir will
ich singen Lobpreis zehntausend Jahre! Aya, Aya!"
Tian-Zhu gab dem Gelben Alten den Auftrag, die Menschen die Künste zu
lehren. Er wohnte mitten unter den Menschen, den Söhnen und Töchtern
der Nü Wa, und lehrte sie Oden und Hymnen dichten, naturbesingende
Lyrik und Geschichtswerke zu schreiben, Aquarelle zu malen von Dichtern
und schönen Frauen, und die Saiten zu zupfen der Chin. Zuerst aber lehrte
er sie, den Lobpreis zu singen jeden Morgen dem strahlenden Gott in der
Höhe.
Aber da tauchte Kung Kung auf, der Satan. Er war der Drache. Seine
Augen waren Dämonenaugen und sein Nacken der einer Schlange. Viele
Teile vieler böser Biester vereinigte er in seiner antigöttlichen Person. Er
war der Fürst vieler weiterer Drachen, die alle seine finsteren Engel waren,
die alle aus dem Meere stammten.
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Aber Tian-Zhu war so gütig, er wollte sein Volk mit Köstlichem nähren,
darum lehrte er den heiligen Herrscher Fu Hsi, Tiere zu fangen und Fische
mit Netzen. Das Volk nannte Fu Hsi den Göttlichen Kaiser, den Heiligen
Herrscher, den Überwinder der Tiere.
13
Als Fu Hsi nicht nur lehrte, Tiere zu fangen, sondern auch, diese Tiere zum
Mahl zuzubereiten, da nannte man ihn auch Po Hsi, den Schlachter der
Tiere. Aus den Därmen machte Po Hsi Saiten, denn er hatte erfunden die
Leier mit fünfunddreißig Saiten.
14
Po Hsi, oder auch Fu Hsi, erfand die frühe Schrift, eine Bilderschrift, die
er entwickelte aus dem primitiven System des Knüpfens von Knoten. Er
legte so die Grundlage für das Schreiben von Psalmen und lieblicher Lyrik
sowie alten Überlieferungen in Spruchform.
15
Auf Fu Hsi folgte der heilige Herrscher Shen Nung, den Tian-Zhu
unterwiesen hatte in der Kultur des Landbaus. Die ersten Götzendiener,
vom Drachen verleitet, nannten diesen Lehrer ihren Erdgott, aber in
Wahrheit war er ein Mensch, der Gott gesucht hatte. Tian-Zhu hatte sich
ihm offenbart und ihn auch den Gebrauch von Kräutern zu medizinischen
Zwecken gelehrt.
16
Dann aber kam im Reich der Mitte die Zeit des Huang Di. Es gab die
große Dreieinigkeit Gottes: den Strahlenden des Himmels, den
Strahlenden der Erde und den Großen Strahlenden. Und Gott liebte Huang
Di, den Gelben Kaiser, und machte ihn über alle Maßen herrlich.
17
Zu der Zeit eroberten die Chou-Kiang-Leute von Westen her das Yin-
Reich. Sie brachten ihren Glauben an Gott mit. Herrlich und strahlendes
Licht sei der Herr. Gelb aber sei der Kaiser. Sie sangen darum eine Ode am
Hofe des Gelben Kaisers: "O Strahlender, o unser Gott in der Höhe, schau
herab, o Herr!"
18
Und Gott stand inmitten der Engel und Götter auf dem Taishan, dem Berge
des Ostens, er fuhr im Elfenbeinwagen, den Einbeinkraniche zogen. Der
Satan stand da, der große Fürst der Göttersöhne, als Drachenlenker.
Phönixe füllten den Himmel, Vögel der Auferstehung. Zur
Großversammlung der Engel schuf der Gelbe Kaiser die Melodie Tsing-
Küeh.
19
Hien Yüan zeugte Hüan Hiao, der zeugte Kiao Ki, der zeugte Kao Sin.
Hien Yüan aber war Huang Di, der Gelbe Kaiser, der den Hien-Yüan-Berg
bewohnte mit seinem Weibe, der Tochter des Herrn vom Westlichen
Hügel, welche Lei Tzu hieß, diese gebar dem Kaiser Tsing Yang und
Chang Yi.
20
Der Vater des Gelben Kaisers war Shao Tien (Kleines Gesetz), seine
Mutter war Fu Pao (Amulett-Kleinod). Der Vater war wie ein Blitz, der
von Westen nach Osten zückt, die Mutter war wie der Polarstern, der in der
Mitte des Kreises der Sterne ruht.
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Huang Di fastete mit dem Meister Jung Cheng auf dem Gipfel des
Kungtung, da sprach der Meister: "Der Himmel hat Tao, auf der Erde wirkt
sie, Huang Di weiß von ihr, darum ist er Himmelssohn, darum steigt er auf
zum Wolkenhimmel."
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24
Er baute einen Palast und einen Tempel. Im Palast herrschte er über die
Erde, im Tempel opferte er dem Himmel, dem Gott des Himmels, das ist
Tian-Zhu. Dieser segnete die Regentschaft der Gelben Kaisers hundert
Jahre.
25
Des Gelben Kaisers Frau gab den Menschen die Seide. Sie ist die Patronin
aller Seidenspinnerinnen. Sie lehrte die Kultivierung des Maulbeerbaumes
und des Seidenwurmes. Sie lehrte das Trennen der Seide vom Cocon, das
Spinnen des Fadens und das Weben der schönsten Gewänder. Seit jener
Zeit ist die Sorge für die Seidenwürmer Sache von Frauen.
26
Die religiösen Legenden sagen, daß Huang Di ein Schaf opferte und gen
Himmel fuhr. Andere Legenden sagen, er habe seinen Aufenthalt im
paradiesischen Gefilde auf dem Kunlun-Gebirge.
27
Der Kunlun ist der Weltberg der Mitte, das paradiesische Gottesgebirge,
wo der Gelbe Strom entspringt. Es ist ein jadereiches Land. Huang Di
bestieg den Kunlun und schaute gen Süden und ließ da eine Perle liegen,
die Tao darstellen sollte. Aber Herr Wissen findet sie nicht, sondern Treue
und Trauen, Liebe und Hingabe.
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30
Der Kaiser späterer Zeit schlug sein Lager auf am Fuß des Kunlun, am
Ufer des Roten Flusses. Dann bestieg er den Kunlun und besah sich das
Haus von Huang Di. Anschließend brachte er dem Himmel Rauchopfer dar
auf dem Hügel. Im Norden ließ er zu jener Zeit die Jade bewachen, die
man am Frühlingsberg fand.
31
Auf dem Kunlun befand sich die Halle des Lichts aus der Zeit von Huang
Di. Sie war nach allen Seiten offen und mit Riedgras bedeckt. Um die
Halle war ein Wassergraben geführt. In dieser Halle opferte der
Himmelssohn dem Gott der Götter, Tian-Zhu!
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33
Die Dichter sangen: "Ich bin zum Jadegarten gewandert, habe den Kunlun
bestiegen, Jadeknospen gegessen. Werde ich langlebig sein wie der
Himmel? Wo ist der Gottesberg und der Lustgarten?"
34
In Gottes Ebenem Garten fließt ein Fluß, daneben ist ein Berg, reich an
Blauspat, und ein anderer Berg am Sonnenhang, reich an Jade. Der Engel
Ying Shao führt dort die Aufsicht, er hat ein Menschenantlitz und
Vogelfittiche. Am Jadefluß Yao Shuei lebt ein Himmelsengel (Tien Shen).
Dort züchtete Huang Di Jadeknospen, welche der Dichter essen möchte,
um unsterblich zu werden.
35
Hsi Wang Mu, die Feenkönigin oder Königin von Saba, hat ihren
Aufenthalt am Jadeteich zwischen fließendem Sand. Ebenfalls findet man
einen Jadeteich neben dem Mostquell auf dem Kunlun. Sind diese beiden
Jadeteiche identisch?
36
Vom Kunlun, von Gottes Ebenem Garten kann man schauen in seine
zehntausend Welten. Ein Engel verwaltet dort die neun Abteilungen des
Himmels und die vier schönen Jahreszeiten im Park des einzigen Gottes.
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38
Zwischen Perlen- und Jadebäumen sitzt Hsi Wang Mu an einem Tisch, sie
stützt sich auf, eine Dienerin fächelt ihr, drei blaue Vögel besorgen ihr
Nahrung. Ein Engel ganz in Weiß bewacht den Ort. Jenseits sind das
Schwache Wasser und die Berge Flammenden Feuers. (Das Schwache
Wasser hat nicht die Kraft, Schwanenflaum am Sinken zu hindern.) Mit
Hsi Wang Mu wohnen dort zehntausend Dinge der Schöpfung.
39
In einem Traum überquerte der Dichter das Schwache Wasser (zarter als
Schwanenflaum ist ein Poet), wandelte zwischen den Bäumen der
Unsterblichkeit, am Jadefluß des Langen Lebens, stieß sanft die
Himmelspforte auf, betrat den Palast des Gottes des Himmels. Schön wie
himmlische Jademädchen waren die Engel, zehntausendmal schöner war
Tian-Zhu!
40
Und es kam der Himmelssohn Yao, ein Vorbild an Tugend! Yao war eine
heroische Figur, er trug einen gelben Hut und eine dunkle Tunika, er fuhr
in einem Triumphgefährt, von weißen Rossen gezogen.
41
Aus Demut benutzte Yao keine Juwelen, seine Kleider waren schlicht und
ohne Vielfalt. Im Sommer trug er ein einfaches Hemd aus Hanf, im Winter
Kleider aus Hirschfell. Er löffelte Reissuppe aus tönerner Schale mit
hölzernem Löffel, nur Trockenfleisch, Kleinfische und einfache
Phönixperlen würzten seine Reissuppe. Dennoch war er fromm, intelligent
und gedankenvoll.
42
Yao war so gut, daß sein Volk gut wurde, das Volk der Schwarzhaarigen.
Sie waren so gut und tugendhaft, daß keiner mehr nachts seine Türen zu
schließen brauchte, denn es gab weder Diebe noch Mörder unter Yaos
Tugendherrschaft.
43
Wenn die Menschen etwas wünschten, konnten sie es auf eine Tafel vor
dem Palast Yaos schreiben; wenn sie etwas begehrten, brauchten sie bloß
die Trommel vor dem Herrscherhaus zu rühren. Sein Volk begehrte wenig.
Nur wenn die Nahrung knapp war, suchten sie den Herrscher, aber das
kam selten vor.
44
Yao ward genannt der Urahn der Schrift. Und es steht geschrieben: ER, der
die Erde schuf, ER gab die Gebote des Himmels, ER ist der Herrscher! Da
man aber abwich von seinem heiligen Weg und seiner Normen Fäden
verwirrte, folgten mit der Sünde Untergang, Vernichtung und Tod.
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46
King Tu war Yaos Mutter, sie hatte ihn mit zwanzig Jahren empfangen, als
ein Märchenwesen sie überschattete, das auf der Brust ein Bild trug, einen
Herrn mit leuchtendem Antlitz zeigend.
47
Ein jeglicher kam und bekehrte sich zu Yao, als er das Unter-dem-Himmel
leitete, allein seiner großen Liebe wegen. Er gebot den Feuerhunden,
liebkoste die Verkreuzten Füße und starb am Schattenhang des Kiungshan.
48
Er wurde in drei Leichentücher gehüllt, sein Sarg war ein hohler Baum,
von Stricken umschlungen. Hundert Volksstämme trauerten um Yao wie
um einen starken Vater, wie um eine gütige Mutter. Der hohle
Maulbeerbaum Kungsang war ihm aber eine Himmelsleiter, an deren
oberen Ende Tian-Zhu erschien.
49
Shun, der von Yao erwählte Nachfolger, war sehr weise. Er sorgte sich sehr
um die Wohlfahrt des Volkes. Neue Methoden des Lobpreises für den
Allerhöchsten improvisierte und erprobte der Himmelssohn. Das Land
teilte er in zwölf Provinzen, deren weises und gerechtes Oberhaupt der
Herrscher Shun war.
50
Zum Minister der Erziehung sagte Shun: "Sieh, daß die Menschen auf die
fünf Beziehungen achten und der Pflicht der Tugend Genüge tun." Zum
Minister der Agrikultur sagte Shun: "Die schwarzhaarigen Menschen
haben Hunger. Säet, o Prinz, die fünf Getreidesorten für sie." Seine
Herrschaft und Yaos, das war das Goldene Zeitalter Chinas.
51
Shun hieß mit Vornamen Chung Hua, er hatte doppelte Pupillen in den
Augen, darum hieß er "Doppelter Glanz" oder "Doppelblüte". Shun war
der Eibisch mit seinen schönen, dem Morgenlicht entgegenblühenden
Blumen, die abends sinken, wenn die Sonne sinkt.
52
Zu jener Zeit sang man dies Lied: "Es gibt eine Frau, die fährt einen
Wagen, ihr Antlitz ist wie die Blüte des Eibisch, wie die Blüte des lichten
Shun. Gleich schwebt sie empor, gleich schwingt sie sich auf wie mit
Vogelschwingen, am Gürtel klingt ihr Jadeschmuck. Sie, die schöne Kiang,
sie ist wahrlich hübsch, ja schön. Sie ist wie die Blüte des Eibisch, wie die
Blüte des lichten Shun."
53
Die vier Weltenberge sprachen: "Shuns Vater war blind und starrköpfig,
seine Mutter ein Schandmaul, sein Bruder ein halsstarriger Elefant. Aber
Shun folgte dem Kindesgehorsam."
54
Mit fünf Gesetztafeln zog Shun in die Tiefe und war bei den vier
Welteingangstoren zu Gast. Die Tiefe ward ihm untertan, die
Welteingangstore harrten in Demut vor seinem Gesetz. Unangefochten
betrat er die Hölle der Glut.
55
Shun schaute von ferne auf die Berge und Ströme, er besuchte reihum die
Engel der Herden, belud den Wagen des Mondes mit der Jade der
Fruchtbarkeit. Nach drei Jahren absoluter Stille ernannte Shun zwölf
Hirten.
56
Shuns Frauen waren Yaos Töchter. Die eine hieß Ngo Huang, die Jüngere
hieß Nü Ying. Die beiden Frauen dienten Shun auf den Feldern, da er mit
Elefanten pflügte; sie waren nicht träge und hochmütig, nur weil sie Bräute
des Himmelssohnes waren.
57
Die Fürsten statteten Shun Besuch ab und nicht Yaos Sohn, die Barden
priesen Shun und nicht Yaos Sohn. Der hieß Tan Chu, der Zinnoberrote, er
hatte einen roten Schlangenleib und ward an den Zinnoberfluß Tan-shuei
verbannt, zum Volk der Schlangen-Man des Südens in die höllische Hitze.
58
Shun besaß eine Chin-Zither. Ku Sou schuf eine Se-Zither mit fünfzehn
Saiten. Als Shun herrschte, befahl er Yen, der Se-Zither acht Saiten
zusätzlich aufzuziehen, so entstand die Wölbbrett-Zither.
59
Yü war Shuns General. Er war Chinas Noah. Es hieß in einem Lied zu
jener Zeit: "Wie groß war die Leistung des Mannes Yü, wie groß war seine
Energie! Aber für Yü sollten wir alle Fische sein."
60
Die Wasser stiegen über die Hügel, über die Gipfel der Berge und reichten
bis zum Himmel. Yü sprach: "Ich öffnete Wege für die Ströme,
abzufließen. Zu jener Zeit wurde das Volk wieder gelehrt, Getreide
anzubauen und Fleisch zu züchten. Man begann, Handel zu treiben. Die
Staaten der Völker Chinas kamen unter eine gute Regierung."
61
Auf Yü folgte Tang, ein virtuoser Prinz des kleinen Fürstentums von
Shang, eines Teiles des heutigen Honan. Er ward berufen vom Himmel,
das Reich zu retten. Er überwand das Heer und bestieg den Thron in seiner
Hauptstadt Po.
62
Er sagte: "Ich wollte nicht einfach den Thron usurpieren, sondern handeln
auf Geheiß des Himmels!" Aber bald wetterte des Drachen Zorn, und eine
große Hungersnot währte sieben Jahre.
63
Man mußte dem Himmel ein Opfer darbringen zur Versöhnung der Welten.
Tang, der Himmelssohn, erbot sich, dies Opfer zu sein. Er fastete sieben
Tage, dann ging er in weißen Trauergewändern in einen
Maulbeerbaumgarten, geopfert zu werden. Er kniete nieder und betete, da
intervenierte der Himmel. Tang ward das Fundament eines neuen Volkes,
das da lobte Tian-Zhu, den Herrn des Himmels.
Die Dame Nan nannte den Himmel eine schwarze Wolke und konnte nicht
glauben, daß der Himmel lächle. Mo Di sprach: Darum weint der Himmel,
weil du ihn für eine schwarze Wolke hältst.
Mo Di zitierte einen Klassiker: Was mich flieht, das verfolg ich; was mich
verfolgt, das flieh ich. Die Dame Nan fragte: So sprech ich besser nicht
mit dir?
Dame Nan sagte: Ich liebe Klostervorsteher und Poeten. Einmal liebte ich
einen Dichter, ich gab ihm schöne Verse ein. Aber ich machte den Fehler,
ihn heiraten zu wollen. Poeten müssen wie Klostervorsteher Jungfrauen
sein, sagte Mo Di.
Dame Nan sprach: Alles scheint mir sinnlos. Da trug Mo Di ihr eine
Hymne an den Himmel, ein Liebeslied an Pflaumenblüte vor. Und Dame
Nan sprach: Danke, ich bin erbaut.
Mo Di sagte: Es gibt ein Volk, das gilt als höflich. Pflaumenblüte sagte:
Das Volk ist sehr herzlich. Pflaumenblüte segnete Mo Di mit den Worten
jenes Volkes: Wird es dunkel, trage dich die Mutter Erde; leidest du
Verlust, hülle Liebe dich in ihren Mantel...
Dame Nan war verzweifelt am Leben. Mo Di riet ihr, ins Theater zu gehen
und die Komödie eines Klassikers anzuschauen. Die Heiterkeit der
leichten Muse möge durch ihre schwermutvolle Seele mit erfrischendem
Winde wehen. Denn ein Heiliger sagte: Es ist vernünftig, zeitweise nicht
so vernünftig zu sein.
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Mo Di ward von Pflaumenblüte sehr liebenswert behandelt, aber sie war
dennoch sein Schmerz, darum liebte er sie... Dame Nan behandelte ihn mit
Respekt und Freundlichkeit, aber sie war nicht sein Schmerz, darum
behandelte er sie mit Respekt und Freundlichkeit.
13
Pflaumenblüte war schön wie Hsi-Shy, die schönste Frau Chinas; sie
badete in Stutenmilch wie Yang Guefe, die schönste Frau Chinas nach Hsi-
Shy. So war Pflaumenblüte schöner als die schönsten Frauen Chinas. Mo
Di trank mit einem Dummkopf Wein, der sagte, Pflaumenblüte sei wohl
nicht die schönste Frau Chinas. Da hasste Mo Di den Dummkopf.
Pflaumenblüte aber wünschte, daß Mo Di alle Menschen liebe, auch seine
Feinde.
14
Die Nonne Mi schrieb: Sehr geliebter Mo Di! Ich will nicht mit dir reden
und mag keine Briefe mehr von dir bekommen. Ich liebe dich eben, wie
ich dich liebe. Mo Di sagte traurig: Was ist das für eine Liebe?
15
Dame Nan sagte: Ich halte mich ans geschriebene Wort. Mo Di sagte:
Weißt du nicht, was geschrieben steht im Himmlischen Buch? Die
Meeresgöttin Ma-ku werden die Chinesen aller Zeiten seligpreisen als die
Allergesegnetste! Da schenkte Mo Di der Dame Nan einen tibetanischen
Rosenkranz. Auch Pflaumenblüte ehrte das Bild der schönen Meeresgöttin
Ma-ku.
16
Dame Nan fragte: Ist der Wille des Menschen frei? Mo Di sagte: So
lehrten alle Taoistenpäpste mit dem Gelben Turban. Ob ich das Tao des
Himmels suche oder nicht, ist frei dem Willen des Menschen. Aber bin ich
auch frei, die Geliebte zu lieben oder nicht zu lieben?
17
Mo Di sprach: Dame Nan, ich schrieb ein Gedicht über dich. Sie freute
sich: Dann bin ich verewigt!
18
Ein Beamter hatte ein Gedicht fabriziert und sagte Mo Di, er wolle Geld
dafür, eine Menge Silbertaels. Mo Di verzog angewidert das Gesicht und
dachte bei sich: Ich will das Bild der Geliebten der Nachwelt überliefern.
19
Dame Nan las einen Lobpreis des Himmels und sagte: Es ist mystische
Abkehr von der Welt darin. Mo Di sagte: Das ist nicht das Verkehrteste.
Der weise Tschuang Tse hat dasselbe gelehrt.
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Dame Nan fragte nach Mo Di’s Versen. Er sprach: Die freien Fu-Verse
liegen mir nicht; die archaischen Verse des Shi-Jing sind zu schwer und
fremd; aber im klassischen Shi-Gedicht der Tangzeit leist ich Bedeutendes.
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Mo Di machte seinem Unmut über die Sekten Luft. Dame Nan sprach:
Halte nur fest am Geheimnis, daß der Himmel vom Herzen verspeist wird
in einem Reiskorn und einem Fingerhut voll Reiswein.
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Mo Di las Dame Nan ein Gedicht vor. Sie sagte: Du bist ein wahrer
Chinese!
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25
Mo Di sprach: Meine Heimat ist der Himmlische Garten, in dem ich nach
dem Tode leben will. Aber schon im Lächeln Pflaumenblütes seh ich auf
Erden den Himmlischen Garten. Dann sehne ich mich um so mehr!
26
Mo Di sagte der Dame Nan: Pflaumenblüte und du, ihr seid in dieser Zeit
meine einzigen Freunde. Jede liebe ich auf eine andre Art. Dame Nan
sprach: Nicht daß wir dich zerreißen! Mo Di spürte, während er mit Dame
Nan sprach, die ätherische Gegenwart, den Duft Pflaumenblütes und hörte
Dame Nan einen Augenblick lang nicht zu, weltvergessen sich am Duft der
Liebe berauschend; denn Pflaumenblüte war berauschender als dreihundert
Kufen gelben Weines.
27
Pflaumenblüte ward von Mo Di so genannt, weil die Pflaume eine der vier
„Reinen des Winters“ war. Pflaumenblüte war rein wie der Schnee, wie der
Mond, wie des Himmels Kristall.
28
In der Nördlichen Hauptstadt fiel der kalte Regen. Mo Di sehnte sich nach
dem Mekongdelta und der Insel Hainan im Südchinesischen Meer. Aber er
konnte nicht reisen, denn all seine Silbertaels waren draufgegangen für
Wein und Jadeschmuck als Geschenk für Pflaumenblüte. Da wußte Dame
Nan ihm nicht anders zu helfen: Lies die trunkenen Lieder Li Bais!
29
Dame Nan sagte: Heilige wandten sich ab von der Sinnenwelt und sich
allein dem Geist des Himmels zu. Ich aber sage dir: Auch in deiner
Pflaumenblüte offenbart sich dir der Himmel. Mo Di sagte: Das freut mich
in meiner Trübsal.
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Mo Di sprach: Wir dürfen nicht glücklich sein, wir müssen die Sehnsucht
nach der Seligkeit am Leben halten. Das Leid ist uns lieb. Dame Nan
sprach: Muß das Leben so grausam sein? Aber dem Weisen ist Glück und
Unglück eins, er sucht nur den Himmel.
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Mo Di sprach: Ich träumte von den Menschen der Urzeit, wie sie sich vom
Himmel abwandten, ich sagte der Frau: Ach Frau, du bist all mein
Unglück! Dame Nan sagte: Selige Schuld unserer Vorfahren! Denn sonst
wüssten wir nicht vom Gottmenschen, der das Tao selbst ist!
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Dame Nan sagte: Eine barmherzige Heilige sprach: Ihr Chinesen! Ihr
sprecht von Konfuzius, Lao Tse, Buddha und Mohammed; geht euren Weg
und sucht in allem aufrichtig Gott! Ich für meinen Teil häng mit Liebe dem
Gottmenschen an. Dame Nan sprach: So mag es gehen. Mo Di setzte
hinzu: Welche Liebe zu Gott und den Menschen hatte jene mütterliche
Heilige aus dem Kloster der Barmherzigkeit und Gnade! Nicht nur
Mantou-Brote verteilte sie an die Armen, sondern gab auch den Seelen
Worte der Liebe!
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Und Dame Nan rief eine Schar von Dienern, die sie in einer Sänfte die
Seidenstraße hinauftrugen, denn sie wollte nach Griechenland. Mo Di
lernte zu jener Zeit eine jüdische Amazone kennen, die ihm vom alten
Glauben ihres Volkes erzählte. Die Gedichte an Dame Nan fasste Mo Di in
einem kleinen Büchlein zusammen, und mancher Poet und manche
Jungfrau las es beim Weine oder auf dem Bette liegend mit großem
Gewinn. In allem, sagte Mo Di, suchte Dame Nan den Willen des
Himmels zu ergründen. Das ist der Wille des Himmels, daß wir den
Gottmenschen lieben!
PFLAUMENBLÜTE IM WINTER
1
Es war einmal ein Mann, der drang in den Garten seines Nächsten ein und
stahl ihm Äpfel und Pflaumen. Alle verurteilten diesen Mann. Und wenn
die Obrigkeit diesen Mann erwischt auf frischer Tat, wird sie ihn zu
strenger Buße verurteilen. Denn er suchte sich selbst Vorteil zu
verschaffen, indem er seinem Nächsten schadete. Das ist verwerflich.
Wenn aber gar ein Mann einen andern Mann tötet, um seine Frau an sich
zu reißen, so ist das noch weit verwerflicher. Warum? Weil eine Frau mehr
wert ist als eine Pflaume. Je schwerwiegender der Fall ist, in dem man
sündigt, desto verwerflicher die Sünde. Darum unterscheidet man
zwischen lässlichen (nicht lässigen) und schweren und Todsünden. Doch
wenn nun Vater Staat einen andern Staat überfällt, so sei das nicht zu
verwerfen? Dann wird der Eroberer noch als großer Kriegsheld gefeiert?
Wenn ein Mann einen andern Mann tötet, so verurteilen die Regierenden
ihn zur Todesstrafe. Wenn aber Vater Staat Millionen Menschen tötet, so
wird der Eroberer noch angebetet? Dann stellen sie seinen mumifizierten
Leichnam zur Verehrung aus und die Poeten sudeln ihm Oden zum ewigen
Angedenken?
Wenn einer eine schöne Landschaft erobert hat, dann betrachtet er die
schöne Landschaft und findet sie gar nicht mehr so begehrenswert. Im
Gegenteil merkt er, dass er viel mehr verloren hat als gewonnen, denn er
hat die ganze Jugend seines Volkes geopfert, um diese Landschaft zu
erobern.
Wenn heutzutage in unserm Lande die Menschen etwas loben, warum tun
sie es dann? Loben sie es, weil es Gott gefällt, weil die Engel ihre Freude
daran haben und weil es den Menschen zum Heil gereicht?
Die Männer des Mittelalters einten das Reich und brachten alle Stände
dazu, durch Gebet und Arbeit Gott dem Herrn zu dienen und den Heiligen
ein Wohlgefallen zu sein. Sie sorgten sich auch um das Wohlergehen des
ganzen Volkes. Daher segnete Gott sie und die Engel beschützten sie und
die Menschen des Volkes verehrten sie. Sie wurden mit der Bezeichnung:
Kaiser von Gottes Gnaden geehrt und wurden angesehen als Königliche
Stellvertreter des Königtums Christi. Ihr Name wurde zu den Namen von
Heiligen gezählt. Ihr Name blieb bis zu den heutigen Tag in ehrendem
Angedenken. Das ist der Weg der Weisheit. Es war die Macht der Weisheit,
durch die die Könige des Mittelalters herrschten.
Den Soldaten sagt man aber: Süß ists und ehrenvoll, fürs Vaterland zu
sterben! Verliert ein Soldat sein Bein oder sein Auge im Krieg, so
bekommt er einen Orden. Ein Fahnenflüchtiger wird aber standrechtlich
erschossen. Das Gesetz in der Armee lautet: Die Soldaten sollen ihre
Offiziere mehr fürchten als den Feind!
Menschen sind Kinder Gottes. Wenn nun die Kinder Gottes andere Kinder
Gottes angreifen und ermorden, meinen dann diese Kinder Gottes, sie
hätten Gott einen guten Dienst erwiesen? Womit dienen die Kinder Gottes
denn Gott, wenn sie Gottes Kinder ermorden und ihre Kirchen verwüsten?
Die ermordeten Kinder Gottes können Gott nicht mehr auf Erden dienen
und den Vater im Himmel als Gottes Volk auf Erden anbeten. Sie können
ihm nicht mehr das Opfer von Brot und Wein bringen! Ist das ein guter
Dienst? Wenn das ein guter Dienst ist, Gottes Kinder zu ermorden, um
Gott anzubeten, dann hat man in unserm Jahrhundert wahrlich Gott sehr
gut gedient!
Im Falle der Reformation erließ die Gottesmutter einen Befehl. Sie weinte
blutige Tränen, die Heiligen weinten im römischen Reiche, die Kraniche
schrien. Da trug die Gottesmutter Kaiser Karl dem Fünften auf, das
Mandat des Christkönigs zu übernehmen. In Deutschland, sprach die
Gottesmutter, ist das Reich in Unordnung geraten, ich habe Martin Luther
seine Mönchsgelübde brechen sehen und ihn die Kirche und den
Stellvertreter Christi lästern hören. Meine Gnade ist von ihm gewichen.
Geh, mein Karl, und züchtige die deutschen Protestanten, ich werde dir die
nötige Kraft dazu verleihen. Erst auf dieses Wort der Gottesmutter hin
wagte Kaiser Karl sich an die Spitze seiner Truppen zu stellen und gegen
den Schmalkaldischen Bund der Protestanten zu ziehen. Kaiser Karl nahm
die Grabstätte Luthers ein. Da erschien der heilige Petrus und sprach: Die
Tugend der Deutschen ist in rasantem Verfall. Geh und züchtige sie, ich
werde dir die Kraft dazu verleihen. Ich selbst erhielt dazu den Auftrag von
Christus. Daraufhin gebot der Himmel dem Generalissimus Tilly, die
Magdeburg zu erobern. Dann versammelten sich alle Fürsten in Münster
und beschlossen den Frieden.
10
11
Herrscher, wenn du wohltätig bist und der Not der Armen abhilfst, wirst du
dein Volk für dich gewinnen. Statt Angriffskriege in der ganzen Welt zu
führen, solltest du deinen Staat in Ordnung bringen und die soziale Frage
mit Gerechtigkeit lösen, dann wirst du erfolgreich sein. Rechne einmal aus
die Ausgaben für deine Armee und vergleiche sie mit den Ausgaben
anderer Staaten. Wer zuviel für die Armee ausgibt, wird sich ruinieren.
Wenn man ehrlich ist und handelt nach den Geboten Gottes, wenn man
mildtätig zu dem Volk ist und sparsam mit militärischen Maßnahmen, dann
gewinnt man unter den Regierenden der anderen Länder Freunde. Der
Nutzen für das eigene Reich ist unermesslich. Und Gott hat daran sein
Wohlgefallen.
12
Wenn ein Philosoph dem Staat vorsteht, ist das gut. Wenn ein Weiser die
Kirche führt, ist das für die Menschheit von Segen. Die Weisheit rät nicht
zu Kriegen und Eroberungen, sie warnt auch vor sinnloser Verschwendung
der Ressourcen des Staates.
13
Einst erließ die heilige Kirche folgendes Gebot: Die Menschen sollen
heiraten, wenn sie einander lieben wollen. Sie sollen einen Menschen
allein und für immer heiraten, es gibt keine Scheidung. Es soll keine
künstliche Verhütung betrieben werden und kein Kind im Mutterschoß
ermordet werden. Dann wird das Volk gedeihen und Gott gibt seinen
Segen. Aber seit man auf die heilige Kirche nicht mehr hört, schläft jeder
mit jedem, viele mit vielen, aber es werden keine Kinder mehr gezeugt,
und selbst wenn Kinder gezeugt werden, werden sie ermordet.
Desweiteren liebt der Mann den Mann und die Frau die Frau. Und darum
stirbt das Volk aus.
14
In Afrika herrscht Bürgerkrieg. Groß ist die Zahl derer, die nicht genug zu
essen bekommen. Viele werden krank und sterben. Groß ist die Zahl derer,
die in Bürgerkriegen und Völkermorden getötet werden. So vermindern die
korrupten Herrscher die Bevölkerung.
15
16
Die Handwerker und Bauern sollen arbeiten und erzeugen, bis die
Bedürfnisse des Volkes gestillt sind, aber nicht mehr. Die Weisen gaben
auch ein Gesetz zur Herstellung von Speisen und Getränken. Speis und
Trank sollen ausreichend sein zur Stillung von Hunger und Durst und zur
Fortführung des Lebens bemächtigen. Speis und Trank sollen die Glieder
stärken, dem Auge und dem Ohr die Sinne schärfen. Aber damit ist es denn
auch genug.
17
Die Weisen erließen auch Gesetze die Kleidung betreffend. Im Winter soll
man sich in warme Mäntel hüllen und im Sommer sich in leichte Seide
kleiden, die kühlt und nicht erhitzt. Damit soll es genug sein.
18
Die Fürsorge eines Gerechten für das Reich ist gleich der Sorge eines
Vaters für seinen Sohn. Doch wie wird sich ein herzlich-liebender Vater zu
seinem geliebten Sohn verhalten? Wenn der Sohn in Armut lebt, wird er
ihm Güter verschaffen, wenn es wenige Söhne sind, wird er suchen, die
Zahl der Söhne zu vermehren. Wenn Unordnung herrscht, wird er die gute
Ordnung herstellen. Wenn Streit und Unfriede herrschen, wird er den
Frieden stiften. Bei seinen Bemühungen mögen seine Weisheit und seine
Kraft vielleicht nicht ausreichen, dann kann er nicht mehr tun, aber soweit
ihm seine Weisheit und Kraft bringen, wird er alles zum Wohl des
geliebten Sohnes unternehmen. Er wird es nicht wagen in Verantwortung
vor Gott, seine Kraft und Weisheit nicht zum Wohl des Sohnes zu
verwenden. So verhält sich ein Gerechter zum Reich. Wenn das Volk arm
ist, wird er sich um Wohlfahrt bemühen. Wenn die Bevölkerungszahl
abnimmt, wird er die Familie und die Kinderzeugung fördern. Wenn die
Menge rebelliert, wird er Ordnung wieder herstellen. Wenn Streit herrscht
in der Gesellschaft, wird er Versöhnung stiften. Bei diesen Bemühungen
mögen seine Kraft und Weisheit nicht genügen, aber er wird doch alle
seine Kraft und Weisheit zum Wohl des Volkes einsetzen. Das übrige
überlässt er betend der Weisheit und Kraft Gottes.
19
Wenn das Volk verelendet, dann schreien die Opfer von Brot und Wein
zum Allerhöchsten. Wenn aber keine Kinder mehr geboren werden, dann
bringen zu wenig Menschen dem Allerhöchsten und der Jungfrau das
Opfer von Brot und Wein. Wenn Unordnung herrscht im Tempel und der
große Abfall, dann werden die Opfer von Brot und Wein nicht mehr in der
rechten Weise dargebracht. Wenn das Volk von der herrschenden Klasse so
geführt wird, dass sie dem Allerhöchsten und der Jungfrau nicht mehr
dienen, dann werden der Allerhöchste und die Jungfrau von oben
eingreifen. Dann wird der Allerhöchste sich fragen: Ist es gut, dass solche
Menschen existieren, oder ist es böse? Dann wird der Allerhöchste sagen:
Es ist besser, dass es solche üblen Leute nicht mehr gibt. Dann wird der
Allerhöchste ein Strafgericht über die Welt herabsenden, diesen üblen
Leuten Unglück bringen, sie züchtigen und viele verwerfen. Hat der
Schöpfer dazu etwa kein Recht?
20
In finsteren Zeiten lebten die Menschen in Deutschland so: Wenn ein Sohn
im Schoß empfangen war, dann sagten die Mütter: Es ist besser, diesen
Sohn im Schoß zu ermorden, dann kann ich vielleicht glücklich werden.
Und wenn der Großvater gestorben war, dann nahm der Schwiegersohn die
Großmutter auf den Rücken und trug sie in den kalten Wald, wo sie erfror.
Denn es sagte der Schwiegersohn: Was soll ich mich um die Alte
kümmern? Sie bringt mir keinen Nutzen und keinen Gewinn. Dazu ist mir
mein liebes Geld zu schade. Die Regierung betrachtete das als ein
Wohlverhalten eines aufgeklärten modernen Volkes und es gab keine
Gesetze gegen solch ein Verhalten. Doch war dies Verhalten in
Übereinstimmung mit dem Gesetz Gottes? Solches Verhalten nennt man:
Den Zeitgeist an die Stelle Gottes zu setzen.
21
Die Menschen wissen heute nicht mehr das Gute zu tun. Wenn ein Sohn
den Vater und die Mutter nicht ehrt, kann er zu einer fremden Familie
gehen und mit ihnen leben, aber dann wird ihm sein Bruder sagen: Denke
doch daran, dass dein Vater und deine Mutter dir das Leben geschenkt
haben! Womit könntest du ihnen das vergelten? Und wenn ein
Revolutionär gegen den Vater Staat aufbegehrt, dann kann er aus den
Grenzen des Vaters Staats und aus dem Bereich der Muttersprache fliehen
und in ein Exil gehen. Dann werden ihm seine Brüder sagen: Hast du nicht
Sehnsucht nach deiner Heimat? Aber wenn die Menschen heute gegen
Gottes Gebote sündigen, wohin wollen sie dann fliehen? Es gibt keine
Kammer, die der Ewige nicht sehen würde, es gibt keinen Wald, den er
nicht durchdringen würde, es gibt keine Insel am Ende der Welt, wo Gottes
Auge nicht wachte.
22
Was wünscht Gott? Gerechtigkeit und Frieden wünscht Gott! Wenn ich
also Gerechtigkeit übe und Frieden stifte, tu ich, was Gott wünscht. Dann
wird Gott aus reiner Gnade tun, was ich wünsche.
23
Der Vater im Himmel entschied, was der Menschensohn tat. Die heiligen
Könige David und Salomo opferten im Heiligtum dem Vater im Himmel,
dass er ihnen Segen spende. Ich habe nicht gehört, dass der König den
Herrn im Himmel gesegnet hat, sondern der Herr im Himmel segnet den
König. Daher weiß ich, dass der Vater im Himmel alles gebot, was der
Menschensohn tat.
24
Wenn der Mensch sich der Weisung Gottes fügt und Gott über alles liebt
und alle Menschen liebt wie sich selbst, dann wird Gott den Menschen in
der Ewigkeit belohnen. Wenn der Mensch aber in der Sünde lebt und sich
von Gott scheidet, Kinder tötet, Krieg beginnt und die Natur zerstört, dann
wird Gott ein Strafgericht ergehen lassen.
25
Wie wurden die heiligen Könige gesegnet? Die heiligen Könige dienten
Gott, verehrten die Jungfrau, die Engel und die Heiligen und liebten alle
Menschen. Darum segnete Gott die heiligen Könige mit vielen Kindern
und Kindeskindern und einem dauerhaften Namen. Wie wurden die
ungerechten Könige gestraft? Die ungerechten Könige setzten sich selbst
an die Stelle Gottes, riefen die bösen Teufel an und mordeten die
Menschen. Darum erhängten sie sich in der Mitte ihres Lebens und
hinterließen ihren Namen als einen Fluch.
26
Wenn Gott die Menschenkinder nicht lieben würde, warum sollte er dann
ein Strafgericht ergehen lassen, wenn er sieht, dass die Menschenkinder
ermordet werden? Ich weiß aber, das Gott die Menschenkinder liebt. Und
die die Gerechtigkeit tun, die tun den Willen des Himmels, und die
barmherzig sind, die ähneln dem Herzen Christi. Aber die den Krieg und
den Kindsmord lieben, die sündigen schwer gegen Gottes Liebe!
27
Das Gesetz Gottes ist für mich das, was für den Architekten der Zirkel und
für den Zimmermann das Winkelmaß ist. Was stimmt, ist richtig; was nicht
stimmt, ist falsch. Es gibt so viele Bücher von Leuten, die meinen weise zu
sein, dass man nicht weiß, wo einem der Kopf steht. Ich aber halte mich an
das Maß der Weisung Gottes. Denn die Schriften der Klugen sind weit
entfernt von der Gottesliebe und der vollkommenen Menschenliebe.
Woher weiß ich das? Vom Maß der Weisheit Gottes.
28
Wenn die Menschen sich gerecht verhalten wollen, müssen sie den
Ursprung der Gerechtigkeit kennen. Was ist der Ursprung der
Gerechtigkeit? Die Gerechtigkeit findet man nicht bei den Gemeinen, den
Toren, sondern bei den Erhabenen, den Weisen. Doch wer ist erhaben, wer
ist weise? Nur Gott ist erhaben, nur Gott ist weise! Darum ist Gott der
Ursprung der Gerechtigkeit.
29
Gott steht über dem Papst. Wenn der Papst gesündigt hat, muß er beichten,
Buße tun, fasten und das Sühneopfer darbringen. Ich habe noch nie gehört,
dass Gott sich Glück vom Papst erbeten hat, nein, der Papst erbittet sich
Glück von Gott. Darum ist Gott weiser als der Papst. Darum heißt es bei
den Alten: Licht und weise ist allein Gott, vom Himmel herab regiert er die
Welt.
30
Wenn die Edlen wirklich die Weisheit verehren, den Menschen nützen
wollen und die Wurzel der Liebe und Gerechtigkeit ergründen wollen,
dann müssen sie den Willen Gottes tun. Was ist denn der Wille Gottes?
Gott will nicht, dass große Staaten kleine Staaten angreifen, dass große
Familien kleine Familien in Unordnung bringen, dass die Starken den
Minderheiten übel mitspielen, dass die Schlauen die Einfältigen überlisten
und die Vornehmen die Geringen verachten. Doch damit nicht genug! Gott
will, dass die Starken den Schwachen beistehen, das die Gebildeten ihre
Mitmenschen belehren und die Reichen den Armen von ihren Gütern
geben.
31
Wenn man weiß, was Gott will, aber nicht tut, was Gott will, wird Gott
auch nicht tun, was der Mensch will. Dann wird Gott tun, was der Mensch
nicht will. Und was will der Mensch nicht? Der Mensch will kein Unheil.
Darum gehen die Völker zugrunde, die nicht nach Gottes Geboten leben.
Im Mittelalter wussten die heiligen Könige sehr wohl, was der Wille
Gottes war, und sie taten den Willen Gottes und taten nichts, was dem
Willen Gottes widersprach.
32
Gott liebt die Menschenkinder und will allen seinen Kindern helfen. Man
könnte diesem Satz widersprechen, wenn man auch nur etwas von der
Größe einer Haarspitze fände, das gut wäre und nicht von Gott uns
geschenkt. Aber die Menschen danken Gott nicht und sind darum lieblos,
und darum sind sie auch unglücklich.
33
Wenn ein Vater seinem Sohne von Herzen alles schenken würde, was
dieser braucht, wenn er den geliebten Sohn großzieht, stark macht und ihn
versorgt mit allem, was ihm gut tut, und der Sohn würde den Vater
anschreien: Geh weg von mir, ich will mit dir nichts zu schaffen haben!,
dann würde man den Sohn undankbar nennen. Aber so sind die Menschen
mit Gott. Dabei hat Gott ihnen das Leben geschenkt und schenkt ihnen
täglich die Schöpfung.
34
Es war einmal ein Tyrann, der diente nicht Gott, der ehrte nicht die
Jungfrau und die Heiligen, sondern richtete Unheil an und sagte: Ich bin
der Herrscher! Daher entzog Gott ihm seine Gnade und ließ ihn zugrunde
gehen.
35
Sei achtsam und vorsichtig und tue Gottes Willen. Was liebt Gott und was
verabscheut er? Er liebt Gerechtigkeit und verabscheut die
Ungerechtigkeit. Woher weiß ich das? Wenn Gerechtigkeit herrscht, dann
ist das Reich in Ordnung, wenn Ungerechtigkeit herrscht, verfällt das
Reich. Gott ist aber ein Gott des Friedens, und nicht der Unordnung. Daher
weiß ich, dass Gott das Tun der Gerechtigkeit liebt.
36
Heute wissen alle, dass der Papst die Kirche regiert, doch nur die
wenigsten wissen, dass Gott den Papst regiert.
37
Wie kann man den Willen Gottes tun? Indem man jeden Menschen wie
sich selber liebt.
38
Gott liebt die Menschen. Gott belohnt die Guten und bestraft die Bösen.
Das wissen wir von den heiligen Kaisern. Denn Otto der Erste, Otto der
Zweite und Otto der Dritte taten, was Gott gebot, sie regierten das heilige
römische Reich deutscher Nation mit Weisheit und Gerechtigkeit. Und
Gott segnete sie und nannte sie: Kaiser von Gottes Gnaden!
39
40
Einst war ein kleiner König, der noch in den Windeln lag. Sein Vormund
opferte nicht in der rechten Weise im Tempel. Da kam ein heiliger Greis
und sprach zu dem Vormund: Warum ist das Opfer von Brot und Wein
nicht richtig? Warum wird das kanonische Buch nicht richtig ausgelegt?
Warum wird das Weihnachtsfest nicht heilig begangen? Bist du dafür
verantwortlich oder der kleine König? Da sprach der Vormund: Der kleine
König saugt ja noch an den großen Brüsten seiner Mutter, nein, ich bin
dafür verantwortlich. Da nahm der heilige Greis seinen Hirtenstab und
erschlug den Vormund. Wer kann da noch an der Existenz der Heiligen
zweifeln?
41
In den alten Büchern heißt es: König Christus in der Höhe strahlt im
Himmel glorreich! Alt ist das Volk der Kinder Gottes, aber neu und ewig
ist der Bund, den Gott in Christus mit seinen Kindern schloß. Die Welt
strahlte auf, als sie Christus empfing, das Wort Gottes. König Christus
stieg herauf und thront zur Rechten Gottes und wird wiederkommen zum
Gericht! Wenn die Seele nicht unsterblich wäre, wie könnte dann die
Jungfrau Maria zur Rechten Christi stehen? Daher weiß ich, dass die Seele
unsterblich ist.
42
In der Zeit der Herrschaft der heiligen Mutter Eva lebte die Welt in
Frieden. Die Fische des Meeres, die Tiere des Feldes und die Gefiederten
des Himmels lebten in Frieden und Harmonie miteinander. Und die heilige
Mutter Eva und der heilige Vater Adam lebten in vollkommener Liebes-
Ehe zusammen. Auch die Engel waren Engel des Friedens und beteten für
die Welt. Die Erde bebte nicht und das Meer überflutete nicht das Land.
Denn Mutter Eva lebte in Harmonie mit Gott und regierte als Mutter aller
Lebenden die ganze Welt mit ihrer Weisheit.
Ein Milchmädchen brachte dem Priester täglich Milch. Sie musste einen
Fluß überqueren. Eines Tages war der Fährmann abwesend, da versäumte
das Mädchen, dem Priester seine tägliche Milch zu bringen. Der Priester
rügte sie: Wie kann ein Scheidefluß dich hindern, einem Priester Gottes
seine tägliche Milch zu bringen, Milchmädchen! Was bist du so
kleingläubig? Rufe den göttlichen Namen an und du wirst sicher über das
Meer des Lebens geführt. Nun brachte das Milchmädchen dem Priester
täglich die Milch und sagte: Ich überquere den Scheidefluß allein durch
die Macht des göttlichen Namens. Da wollte der Priester Gottes das
gleiche Wunder tun, er raffte seinen Talar auf, dass er nicht naß würde, rief
den Namen Jesu an, betrat den Fluß und versank. Da sprach das
Milchmädchen: Ehrwürdiger Priester Gottes, wieso, wenn du den
göttlichen Namen anrufst, sorgst du dich, ob dein Talar naß wird? Du bist
in Wahrheit der Kleingläubige! Man muß Vertrauen zu Gott haben wie ein
unschuldiges Kind zu seiner Mutter Vertrauen hat. Denn es heißt im Buch
der Psalmen: Siehe, meine Seele ist getrost wie ein gestillten Kind in den
Armen seiner Mutter, Israel, so hoffe auf JHWH!
Ein Pharisäer namens Simon sah dem Treiben einer Hure namens Maria
Magdalena zu. Sie war eine Hetäre und hatte viele Freier. Da rief der
Pharisäer Simon: Du Sünderin, tu Buße, kehre um und bereue deine
Sünden! Da bereute Maria Magdalena von ganzem Herzen ihre Sünden.
Von da an zählte der Pharisäer die Freier der Hetäre, und die Zahl der
Männer wuchs von Tag zu Tag, die die Hure Maria Magdalena besuchten.
Da rief der Pharisäer Simon: Maria Magdalena, siehst du, wie sich täglich
deine Sünden mehren? Da rief Maria Magdalena: Jesus, sei mir armen
Sünderin gnädig! Erbarme dich, Jesus, erbarme dich, denn ich bin eine
arme Sünderin! Erlöse mich von diesem Todesleibe und denke an mich in
deiner Herrlichkeit! Im selben Augenblick starb Maria Magdalena. Da
sprach Simon der Pharisäer: Jetzt hat die Sünderin den Sold der Sünde
erlangt, welches ist der Tod. Im selben Augenblick starb auch Simon der
Pharisäer. Da sah er von weitem Maria Magdalena im Schoße Abrahams
sich der paradiesischen Wonnen erfreuen. Aber zu Simon sprach Jesus:
Geh weg von mir, du Heuchler! Du siehst den Splitter im Auge deiner
Schwester, aber den Balken in deinem Auge siehst du nicht? Du hast die
Sünden meiner Schwester berechnet, aber dich selbst hast du für heilig und
gerecht gehalten. Sie war bußfertig, du warst unbußfertig. Ich kenne dich
nicht, hinweg von mir in das ewige Feuer!
3
Es waren zwei Freunde, die kamen an einen Ort, da aus der Bibel
vorgelesen wurde. Da sagte der eine: Ich will hören, was in der Bibel steht!
Der andere sagte: Ich will ins Bordell und mich von den Huren befriedigen
lassen. Als der Mann nun im Bordell mit den Huren geschlafen hatte, war
er unbefriedigt, denn der Liebeshunger seiner Seele war nicht gestillt
worden. Da dachte er: Hätte ich doch zugehört, wenn man aus der Bibel
von Jesus vorliest! Und er dachte die ganze Zeit im Bordell an Jesus. Der
Mann aber, der aus der Bibel vorlesen hörte, dachte nur: Ach, was
entgehen mir doch für Freuden und Wonnen im Paradies des Bordells! Was
ist ein Buch und was ist ein Wort gegen ein weiches warmes Weib und den
Schoß und die Brüste einer Hure? So war dieser Mann im Geist im
Hurenhaus und beging alle Sünden der Unzucht, die sich ein Wollüstling
ersinnen kann. Aber Jesus sprach den gerecht aus Gnade durch Glauben,
der im Bordell über des Heilands Leben meditierte.
Jesus sprach: Gott gibt euch, was ihr euch wünscht: Wenn ihr euch Geld
wünscht, gibt Gott als gerechter Vater euch Geld. Wenn ihr euch ewige
Liebe wünscht, gibt Gott euch wie eine göttliche Mutter ewige Liebe. Ihr
aber sollt erkennen, dass die Schätze dieser Welt nicht sind, aber Gottes
Liebe ist.
Jesus sagte: Ich sage euch ein Gleichnis: Der Wurm sitzt im Kot und hält
sich nicht für schmutzig. Die Fliege sitzt einmal auf dem Misthaufen und
einmal auf dem Zucker. Die Biene aber saugt nichts als Honig. Da
sprachen seine Jünger: Meister, erkläre uns dies Gleichnis. Jesus sprach:
Die Somatiker leben in der Welt und merken nicht, wie sie sich mit Sünden
beschmutzen. Die Psychiker genießen die Welt und suchen doch auch die
Geheimnisse des Himmels, aber sie entscheiden sich nicht, sie sind di-
psychos. Die Pneumatiker aber saugen den süßen Honig der Mutterliebe
Gottes aus der Rose des Herzens Gottes und nähren sich von Gott allein.
6
Der Heilige Franziskus kam einmal zu einer Schar Hirten, die ihre Schafe
weideten. Da sprachen die Hirten: Franziskus, hier lebt eine Schlange, die
gefährlich ist. Franziskus sprach: Ich habe keine Angst, denn das heilige
Herz Jesu schützt mich. Da ging Franziskus zu der Schlange und lehrte sie,
den süßen Namen Jesus anzurufen. Die Schlange bekehrte sich und fügte
keinem mehr Schaden zu. Da wandten sich die Hirten um und steinigten
die Schlange, denn nun konnten sie sich rächen. Da sprach Franziskus zu
der Schlange: Selig bist du, Schlange, denn du wirst erhöht im Reiche Jesu
zu einer ehernen Schlange am Kreuz!
Salomo sprach: So lange du lebst, so lange sollst du lernen. Bitte Gott, und
Gott gibt dir Weisheit.
Maria sprach: Die Nächstenliebe, mit der ihr euren Nächsten Gutes tut, ist
gut. Liebt die Nächten mit selbstloser Liebe. Wisst, dass ihr selbst gar
nichts tun könnt, dass es Gottes Liebe allein ist, die alles tut. Durch
Nächstenliebe verwirklicht ihr die Gottesliebe. Wenn ihr die Nächsten
liebt, werdet ihr Gottes Liebe besser erkennen. Die Liebe zu Gott zieht
euch auch zur Kontemplation. Aber die guten Werke im Geist der
selbstlosen Liebe läutern euer Herz. Gottes Liebe erfüllt die Herzen der
Menschen guten Willens mit Barmherzigkeit und die Herzen der Heiligen
mit brennender Liebe. In euren Herzen liegt der Schatz verborgen, die
Perle des Himmelreiches liegt im Acker eures Herzens verborgen. Habt ihr
erst den Schatz in eurem Herzen entdeckt, dann werdet ihr nicht mehr von
der Arbeit allein leben, sondern es wird euch mehr und mehr dahinziehen,
Gottes Schönheit zu beschauen. Gott offenbart sich aus reiner Gnade,
wann er will. Dann könnt ihr Gottes Schönheit schauen und mit dem Wort
Gottes sprechen, so wie ich jetzt mit euch spreche.
9
Einer der Jünger fragte Jesus: Meister, kann ich Gott finden und fühlen,
wenn ich arbeite? Muß ich nicht ganz in vollkommener Muße allein
kontemplieren? Jesus sprach: Alles ist Arbeit, auch das Gebet ist Arbeit,
wie das Atmen Arbeit ist. Tu nur alle Arbeit, dein Gebet und dein Atmen in
Gott, mit Gott, durch Gott und für Gott.
10
11
Jesus sprach: Ein kleines Kind braucht nur seine Mutter, es fragt nicht
danach, ob die Mutter viel Geld besitzt, es muß nur wissen: Ich habe eine
Mutter, alles ist gut. Und auch das Kind der Magd vertraut seiner Mutter.
Und wenn der Sohn des Reichen das Kind der Magd beleidigt, sagt das
Kind der Magd: Das sag ich meiner Mama! Und Jesus sprach: Und so
auch sollst du Gott vertrauen.
12
13
Ein Mann sandte seine beiden Söhne zu Jesus, der die Söhne unterwies in
der Offenbarung Gottes, der die Liebe ist. Nach drei Jahren kam der Vater
der Söhne und wollte wissen, was die Söhne gelernt hatten. Der ältere
Sohn zitierte die Bibel auswendig und zog daraus logische Schlüsse, die
Existenz Gottes zu beweisen. Der jüngere Sohn aber lächelte und schwieg.
Da sprach Jesus: Siehe, dieser hat Gott erfahren.
14
Ein Junge namens Jedidja musste allein durch einen dunklen Wald zur
Schule gehen, aber auf dem Wege bekam er immer Angst. Da sprach seine
Mutter: Hab keine Angst, mein Kind, ruf nur den süßen Namen Jesus an!
Da sprach Jedidja: O Mutter, wer ist Jesus? Die Mutter sprach: Mein Kind,
Jesus ist dein Freund und Bruder. So ging Jedidja wieder durch den
finsteren Wald zur Schule, und als er wieder Angst bekam, rief er: O mein
bester Freund Jesus! Beschützte mich, ich habe Angst! Und Jesus hörte
den Ruf Jedidjas und erschien Jedidja als ein Knabe, der ihn begleitete auf
dem Weg durch den finsteren Wald. Nachdem Jesus den Knaben Jedidja
zur Schule gebracht hatte, sagte Jesus zum Abschied: Mein Kind Jedidja,
wann immer du mich brauchst, dann ruf mich, und ich werde zu dir
kommen!
15
Ein Wasserglas, das im Wasser steht, ist mit Wasser gefüllt und vom
Wasser umgeben. Dies sagte Jesus zu seinen Jüngern. Meister, was soll das
heißen, fragten die Jünger. Jesus sprach: Wer eins geworden ist mit Gott,
der erkennt Gott im Innern und im Äußeren.
16
Gott der Herr hörte die Psalmen, Hymnen und spirituellen Oden eines
Frommen und freute sich. Da sprach Gott der Herr zu dem Frommen: Was
willst du von mir? Da sprach der Fromme: Herr, mein Gott, verzeihe
denen, die mich ausgenützt haben. Denn wenn du sie in deinem Zorn
bestrafen würdest, bestraftest du dich selbst, der du in allen Menschen auf
Liebe und Barmherzigkeit wartest.
17
18
Ein junger Mann bat einen weisen Priester um Rat. Der weise Priester
sprach: Liebe Gott von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit all deinem
Denken und all deiner Kraft und den Nächsten liebe wie dich selbst! Der
junge Mann sprach: Wie kann ich Gott lieben, den ich noch nie gesehen
habe? Da sprach der weise Priester: Hast du denn nicht ein Kind, für das
du sorgen kannst? Hast du denn nicht eine Frau, der du dienen kannst? Da
sprach der junge Mann: Ich habe nichts auf dieser Welt, als das Lamm
Petra in meinem kleinen Garten. Da lächelte der weise Priester und sprach:
So sorge dich um dein kleines Lamm und liebe in der Kreatur den
Schöpfer. Der junge Mann kümmerte sich nun liebevoll um sein Lamm
Petra. Nach drei Jahren kam der weise Priester an dem Garten des jungen
Mannes vorbei. Ehrwürden, sprach der junge Mann, ich erblicke mein
Lamm wie auf Gottes Thron mit sieben Hörnern und goldenen Kronen, es
ist mir mein Christus, dem ich diene! Seit ich Christus dem Lamm Gottes
diene, geschehen lauter Wunder, Gnaden und Segnungen in meinem
Leben.
19
Jesus sprach: Ist ein Mann fromm und doch liebt er sehr eine Frau oder ein
Kind, so soll er in der Frau und in dem Kind das Abbild Gottes verehren
und dem Bilde Gottes dienen. Ein Mensch, der ein Liebhaber Gottes ist,
der liebt Gott wie seine Ehefrau oder wie seinen eigenen Sohn. Da sprach
Maria Magdalena: Herr Jesus, so liebe ich dich auch weniger als den
König des Weltalls, vielmehr als meinen ewigen Geliebten! Da lächelte
Jesus erfreut.
20
Als der selige Seuse gefragt wurde, warum er nicht mit einer Frau in der
heiligen Ehe zusammenlebe, sprach er: Ich sah einmal auf der Straße eine
Frau, die kam mir auf einer schmalen Straße entgegen. Die Straße war aber
voll Schlamm. Ich trat aber in den Schlamm, um die Frau den schmalen
trockenen Streifen beschreiten zu lassen. Am Abend desselben Tages
erschien mir die Jungfrau Maria und bedankte sich, dass ich ihr Platz
gemacht. Da erkannte ich, dass jede Frau die Jungfrau Maria ist. Welche
Frau hätte ich da noch heiraten können? Ich verehre in allen Frauen die
Jungfrau Maria. Da sprach der Dichter Dodo: Auch ich bin wie der selige
Seuse. In jeder Frau erkenne ich die Jungfrau Maria. Jede Frau ist eine
lebendige Ikone der Jungfrau Maria und soll darum wie die
Himmelskönigin verehrt werden.
21
Jesus, der fleischgewordne Logos, sprach zu Johannes: Johannes, wer
meinst du, dass ich sei? Da sprach Johannes: Meister, einmal meine ich, du
seiest der Logos und ich sei ein Gedanke in dir, und dann wieder sehe ich
dich als meinen Herrn und König an und ich sei dein Diener. Aber wenn
ich an das Letzte Abendmahl denke, so sage ich: Du bist in mir und ich bin
in dir! Du wirst Ich, damit Ich Du werde!
22
Frauen vergießen Ströme von Tränen, weil sie keinen Mann bekommen
oder weil sie kein Kind bekommen. Aber wo ist die Frau, die Ströme von
Tränen vergießt, weil sie Gott noch nicht schaut? Jesus sprach: Wer mich
sucht, der wird mich finden, und wer mit Tränen des Verlangens nach Gott
weint, der hat Gott gefunden.
23
Jesus sprach zu seinen Jüngern: Seht ihr dort das kleine Kind? Es weint
und mit den Tränen schmeichelt es dem barmherzigen Herzen seiner
Mutter alles Spielzeug ab, das es haben will. So sollt ihr beten. Wer zur
Liebe Gottes fleht wie zu einer barmherzigen Mutter und bittet mit
flehenden Tränen, der wird beschenkt mit der Gnade, dereinst die göttliche
Schönheit zu schauen von Antlitz zu Antlitz!
24
Jesus sprach: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einer Frau, die den
König sehen wollte. Sie trat zum Schloß des Königs, betrat das erste
Gemach und sah einen überaus herrlichen Mann mit großem Gefolge. Da
fragte die Frau: Bist du der König? Nein, sprach der herrliche Mann, ich
bins nicht. Da trat die Frau in das zweite Gemach und sah einen Mann, der
war noch vielmals herrlicher als der erste und vielmals größer war sein
Gefolge. Da fragte die Frau: Bist du der König? Nein, sprach der, ich bins
nicht. Und so erging es der Frau auch in der dritten, vierten, fünften und
sechsten Kammer. Immer herrlicher wurden die Männer, die sie sah,
immer unermesslicher das Gefolge, aber immer sprachen die Männer: Ich
bins nicht. Schließlich kam die Frau in das letzte Gemach, das innerste,
das siebente. Da sah sie, und siehe, was sie sah, ließ sie vor Seligkeit
verstummen. Sie fragte nichts mehr vor lauter Glück, und der König
musste ihr nicht sagen: Ich bins, denn sie wusste: Das ist der Ich Bin!
25
Ein junger Schüler der Philosophie sprach zu Sokrates: Meister, wie kann
ich die göttliche Weisheit erkennen? Da nahm Sokrates den Schüler und
tauchte ihn im Fluss unter. Dann holte er den Schüler wieder aus dem
Wasser und sagte: Wie ist es dir ergangen? Was hast du gedacht? Da
sprach der Schüler: Ich dachte: Ich ersticke und sterbe, und all mein
Verlangen war allein Atem zu holen, Luft zu schöpfen! Da sprach
Sokrates: Siehe, mein Sohn, wie ein Ertrinkender nach Luft schnappt, so
begierig musst du nach der göttlichen Weisheit sein, dann wirst du Frau
Weisheit gewinnen zur Braut!
26
Platon sprach: Man sagt vom Schwan, er könne die Milch vom Wasser
trennen. Er trinkt die Milch und verschmäht das Wasser. So auch die reine
Seele: Sie lebt in der Welt der Schatten, aber bleibt unberührt von der
irdischen Welt, sondern sie lebt allein für die Idee der Schönheit, das ist
Gott.
27
Ein Dogmatiker fragte einmal Johannes Paulus den Großen: Was ist der
Denker, das Gedachte und das Denken? Da sprach Johannes Paulus der
Große: Ich weiß nur, dass die himmlische Mutter mich liebt.
28
Salomo sprach: Die Erkenntnis Gottes und die Liebe Gottes ist das selbe.
Wer Gott erkennt, der liebt Gott, und wer Gott liebt, wird Gott erkennen.
29
30
Jesus sprach: Nur der Mensch, der heilig einfältig ist wie ein Kind, wird
vom Licht der Welt erleuchtet. Das Wissen bläht auf. Werdet wie Kinder,
die ihre Mutter über alles lieben, dann werdet ihr Frau Weisheit erkennen.
Ist Frau Weisheit im Wesen sagbar, ist Sie nicht die Ewige Weisheit, ist Ihr
Name aussprechbar, so ist es nicht Ihr wahrer Name. Als Unaussprechliche
ist Sie die Schöpferin aller Himmel und der Erde, als Sagbare ist Sie die
Mutter aller Geschöpfe. Ihr Einssein ist dunkel, das Ur-Mysterium aller
Mysterien, aller Geheimnisse Schoß.
Frau Weisheit ergießt sich und bewirkt doch, dass man nicht erfüllt bleibt.
Sie ist tief wie Wasser, Sie ist die Ahnin aller Lebewesen. So frisch wie
Tau ist Sie, so scheint Sie zu dauern. Wer weiß, wessen Tochter Sie ist? Sie
ist, so scheint es, die Ahnin aller Geister.
3
Die Güte steht Frau Weisheit nah, beim Geben ist Sie gut der
Menschlichkeit, beim Reden ist Sie gut der Wahrheit, beim Walten ist Sie
gut der Ordnung, bei der Arbeit ist Sie gut der Begabung.
Kannst du den Geist der Seele eingießen und die Einheit bewahren?
Kannst du den Atem regulieren und die Sanftmut bewahren und sein wie
ein Kind? Kannst du purgieren deine Beschauung und ohne Irrtum sein?
Wenn sich die Pforte des Himmels öffnet, kannst du dann wie eine
Taubenmutter sein? Gebären und nähren, handeln, aber nicht stolz darauf
sein, fördern, aber nicht beherrschen, das ist die mystische Kraft.
Man schaut nach Ihr und sieht Sie nicht, man lauscht nach Ihr und hört Sie
nicht, man tastet nach Ihr und fasst Sie nicht. Drum vereine die Drei und
du erhältst die Eine. Ihre Höhe ist nicht das Licht, Ihre Tiefe ist nicht die
Finsternis. Wie ein endloser Lebensfaden, ach, man kann Sie nicht sagen.
Sie geht ein zum Überwesentlichen, Sie ist gestaltlos und Gestalt, Sie ist
erscheinungslose Erscheinung. Sie ist das Dunkel des Urbeginns. Begegnet
man Ihr, sieht man nicht Ihr Haupt, folgt man Ihr, sieht man nicht Ihren
Rücken. Hält man aber an dem Weg der Alten fest, das Leben von heute zu
meistern, so kann man der Urzeit Schöpferin wohl erkennen: Das ist der
unendliche Lebensfaden der Frau Weisheit.
7
Die Menschen sind allesamt nützlich, ich allein bin ein Taugenichts, ich
allein bin anders als die andern, aber ich ehre die nährende Mutter.
Der Inhalt der ewigen Kraft ist Folge der Frau Weisheit. Frau Weisheit ist
eine Lebendige, aber dunkel und geheimnisvoll. O Dunkel, o Geheimnis!
In Ihrem Inneren gibt es Urbilder, dunkel und verborgen, in Ihrem Inneren
gibt es Urformen, ganz verborgen und dunkel, in Ihrem Inneren gibt es
Urkeime. Diese Urkeime sind die höchste Wirklichkeit. Sie sind
gewisslich wahr.
Wer in seinem Tun Frau Weisheit folgt, wird als Geführter eins mit Ihr.
Wer in seinem Tun der Kraft folgt, wird als Kräftiger eins mit Ihr. Wer eins
wird mit Frau Weisheit, den zu gewinnen freut sich Frau Weisheit. Wer
eins wird mit der Kraft, den zu gewinnen freut sich die Kraft.
10
11
12
Frau Weisheit ergießt sich, Sie ist ein Beistand zur Rechten und Linken.
Die Lebewesen alle sind auf Sie gegründet, Sie versagt ihnen nicht die
Hilfe zum Leben. Ist Ihr Werk gestaltet, nennt Sie es nicht Besitz. Sie liebt
und nährt die Lebewesen alle und spielt nicht ihre gestrenge Herrin. Stets
will Sie nichts für sich selber, so könnte man Sie unbedeutend nennen,
aber alle Lebewesen kehren zu Ihr heim, so muß man Sie nennen: Die
Ewige Mutter!
13
14
Frau Weisheit tut nichts und doch ist nichts, was Sie nicht täte.
15
Wer die Kraft erhebt, der weiß nichts von der Kraft, und ist doch kräftig
durch die Kraft. Kindisches Wissen aber ist der Trugschein der Weisheit
und die Mutter aller Torheit.
16
Heimkehr ist die Bewegung zu Frau Weisheit, Zartsinn ist das Wesen der
Frau Weisheit. Die Lebewesen entspringen aus dem Sein, das Sein aber ist
gezeugt aus dem ewigen Nichts.
17
Erleuchtung durch Frau Weisheit ist wie die dunkle Nacht, eindringen in
Frau Weisheit ist wie Rückkehr. Frau Weisheit ist verborgen, Ihr Name ist
unaussprechlich, aber dennoch ist Sie die Ewige Weisheit, reichlich
spendend und weise vollendend.
18
Frau Weisheit bringt das Erste hervor, das Erste zeugt das Zweite, die Zwei
ergießen sich in das Dritte, aus den Dreien stammen alle Lebewesen.
19
Wer der Vielwisserei sich widmet, bläht sich auf. Wer in Frau Weisheit
webt und lebt, ist wie nichts.
20
Zu den Guten bin ich gut und zu den Nichtguten bin ich auch gut, denn die
ewige Kraft ist Güte. Den Treuen bin ich treu und den Nichttreuen bin ich
auch treu, denn die ewige Kraft ist Treue.
21
Frau Weisheit gebiert, Ihre Kraft ernährt, Ihr Wesen gestaltet, Ihre Macht
vollendet. Unter den Myriaden Lebewesen ist keins, das nicht Frau
Weisheit und Ihre Kraft verherrlichte. Die Anbetung der Frau Weisheit und
Ihrer Kraft geschieht allein aus freiem Willen. Frau Weisheit gebiert und
ernährt in der Kindheit, Sie lässt wachsen und pflegt in der Jugend, Sie
vollendet und reift in der Lebensmitte, Sie bedeckt und schirmt im Alter.
22
Die Welt hat eine Schöpferin, das ist die Mutter der Welt. Hat einer seine
Mutter gefunden, so erkennt er dadurch sein Kindsein. Hat er sein
Kindsein erkannt und bindet sich an seine Mutter, so ist er im Tode
gerettet. Benutze das Licht deines Geistes, kehre wieder ein in deine
Erleuchtung, so verlierst du dein Leben nicht im Tod und gewinnst als
Erbe das ewige Leben.
23
24
Behält man die Fülle der ewigen Kraft, so gleicht man einem neugebornen
Kind. Es weiß noch nicht von der Vereinigung von Mann und Frau, doch
richtet es sich vollkommen empor durch die Fülle der Lebenskraft. Es
schreit den ganzen Tag und doch wird seine Kehle nicht heiser, nämlich
durch die Fülle der Lebenskraft. Die Kraft zu kennen, bedeutet, das ewige
Leben zu kennen. Das ewige Leben zu kennen, bedeutet Erleuchtung.
25
Wer die ewige Mutter des Reiches besitzt, der vermag in Ewigkeit zu
dauern. Sie ist die Wurzel und der Stamm, die Retterin in das ewige Leben
der ewig-glückseligen Schau!
26
Wer waltet im Geist der Frau Weisheit, dem werden die heimgegangenen
Lieben nicht zu dämonischen Mächten. Die heimgegangenen Lieben
schaden dann nicht, sie segnen vielmehr. Auch der Heilige schadet den
Menschen nicht, sondern segnet vielmehr. Eben weil die heimgegangene
Seele und der Heilige segnen, darum segnet in ihnen die ewige Kraft.
27
Frau Weisheit ist der Myriaden Lebewesen Ahnin. Daß die Alten Frau
Weisheit so tief verehrten, was war der Grund? Wer Sie sucht, der wird Sie
finden. Sie ist die Erlöserin aller Sünder, Sie ist der kostbare Schatz des
Himmelreichs.
28
Zu verstehen, Beispiel und Vorbild zu sein, das heißt die mystische Kraft.
Mystische Kraft ist abgrundtief und unendlich. Sie ist anders als die
Lebewesen. Drum folge du Ihr nach.
29
Wer der Menschheit Unheil auf sich nimmt, der ist der König des
Himmelreichs!
Es ist ein Zeugender, der ein Unerzeugter ist. Es ist ein in allem
Wandelnder, der ein Unwandelbarer ist. Der Unerzeugte ist frei, zu zeugen.
Der Unwandelbare ist frei, alles zu wandeln. Das Erschaffene schafft
weiter, das Wandelbare wandelt sich fort und fort. Immer ist ein Schaffen
und Wandeln im Gange. Der Erzeuger aller Erzeugnisse hört nicht auf zu
zeugen, der Unwandelbare hört nicht auf, das Wandelbare fort und fort zu
wandeln. Der Unerzeugte ist einzig. Das Unwandelbare füllt die ganze
Schöpfung und ist doch selbst grenzenlos. Das ist die ewigweibliche
Weisheit. Der alle Wesen erzeugt, ist selbst unerzeugt. Der alles
Wandelbare fort und fort wandelt, ist selbst unwandelbar. Von ihm geht
alle Form aus, alle Erkenntnis, alle Ruhe.
Was geschaffen ist, ist für den Tod geschaffen, aber der Schöpfer ist
unsterblich.
Der geistige Teil der Menschennatur ist himmlisch, der leibliche Teil der
Menschennatur ist irdisch. Das Himmlische ist rein, das Irdische trübe.
Das Himmlische ist leicht, das Irdische belastend. Wenn der Geist die
Form verlässt, so kehrt er heim zu seinem himmlischen Wesen. Das nennt
man: Er ist heimgegangen. Denn die Seele ist heimgegangen zu ihrer Idee
in Gott.
Wie kannst du den Tod für Freude ansehen? Salomo sprach: Leben und
Sterben ist ein Gehen und Heimkehren. Wer hier stirbt, wird dort geboren.
Dodo war des Studierens müde und sprach zu Salomo: Ich sehne mich
nach Ruhe. Salomo sprach: Das eitle Leben schenkt keine Ruhe. Dodo
sprach: So ist keine Ruhe für mich vorhanden? Salomo sprach: Aber ja
doch, siehe nur den Friedhof, im Grab ist Ruhe. Dodo sprach: O groß der
Tod, er bringt die Gerechten zur Ruhe, die Frevler unterwirft er. Salomo
sprach: Wahrlich, du hast Erkenntnis gefunden. Die Menschen dieser Welt
halten das Leben auf der Erde für eine Lust, aber sie kennen nicht den
bitteren Kelch der Schmerzen. Die Menschen dieser Welt kennen nur die
Gebrechlichkeit des Alters, aber sie wissen nicht von der goldenen
Weisheit des Alten. Die Menschen dieser Welt halten den Tod für ein Übel,
aber sie wissen nicht, dass er den Gerechten die ewige Ruhe schenkt.
Salomo sprach: Der Tod ist die Heimkehr zur Versammlung der Ahnen.
Die Toten nennt man die Heimgegangenen. Sie haben ihre ewige Heimat
gefunden. Wir Lebenden auf der Erde sind wie ruhelose Wanderer. Einen
Wanderer, der seine Heimat verloren hat, nennt man einen bösen Burschen.
Wie aber, wenn die Mehrheit der Menschen ihre Heimat im Himmel
verloren hat!
Alles, was Form und Stoff hat, ist ein Ding. Die Urdinge sind nicht von
einander entfernt, sondern sind Dinge an sich und eins in dem einen
allerhöchsten Ur-Ding. Die Dinge entstehen im Ur-Ding, nehmen Form
und Stoff an und enden wieder in dem Ur-Ding. Der Weise, der sein Wesen
entzieht den Stoffen und Formen und wandelt unter Urdingen, der gewinnt
eine Einheit in seiner Natur mit der göttlichen Ur-Natur des Menschen und
dringt vor zum Ursprung des Urdings, Gott.
[Inhalt]
CLOUD5
1
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
Orpheus
ERSTES KAPITEL
„Was ist alles, was in Jahrtausenden die Menschen taten und dachten,
gegen Einen Augenblick der Liebe? Es ist aber auch das Gelungenste, das
Göttlichschönste in der Natur!“
(Hölderlin)
EURYDICE
Wie schlich sich ihr Gesang in das Ohr des Poeten, wie tröpfelte der
Gesang den süßen Nektar der Götter in die Seele, wie kam auf den Flügeln
ihres Gesanges ihre Seele in die seine!
Ihre Seele war schön, ihre Seele durchwaltete ganz die Erscheinung, eine
reine unschuldige Erscheinung. Dieser tiefe kluge, ja weise Blick aus ihren
himmelblauen Augen leuchtete den Frieden ihrer Seele durch die Pforten
seiner Seele tief in sein Herz hinein. Nicht Begierde erzeugte die Klarheit
ihrer Augen, sondern den Frieden des Himmels, eine ruhige Begeisterung
zum Licht des Äthers. Diese Augen waren sanft wie blaue Maienabende,
tief wie Teiche, in denen sich die Sterne spiegeln, diese Augen waren
lebendige Funken eines olympischen Feuers, in ihnen leuchtete das ewige
Licht des Lebens. Ihre Leidenschaft war eine göttliche, heilige
Leidenschaft für die höchste Liebe!
Ihre Lippen waren von der Seele gestaltet. Das sanfteste, mildeste Lächeln
lag in ihren Mundwinkeln, wie Amor in einer Rosenblüte. Dieses Lächeln
war niemals ein Lächeln des Spottes, niemals ein Lächeln von Ironie oder
Sarkasmus, war auch kein betörendes verführerisches Lächeln einer
Phryne, sondern es war das Lächeln der Güte einer himmlischen Jungfrau.
In ihre lächelnden Lippen kleidete sich die Güte und Sanftheit ihrer Seele.
Wenn sie sich freute, wurde sie nicht fröhlich wie die Toren, sondern
zeigte eine tiefe Freude in ihren Augen und auf ihrem ganzen Antlitz,
welches glänzte von der inneren Freude der Seele. Wenn sie sich freute,
dann war sie niemals fröhlich über Nichtigkeiten, vergängliche Dinge,
sondern sie freute sich an der unsterblichen Seele, am Licht des Himmels,
an der heiligen Liebe, die ihr ewiges Licht nie wird erlöschen lassen selbst
in den Kammern des bräutlichen Todes. Selbst wenn sie vom Tode sprach,
der doch allen Menschen ein Schrecken und ein Unheil ist, lag ein
himmlischer Friede auf ihrem glänzenden Angesicht.
Sie glaubte an ein Gericht über die Lebenden und die Toten, und ihre
Liebe, ihre heilige Liebe zu allem Himmlischen beruhigte sie über den
Totenrichter, sie war voller Hoffnung, daß sie aus den Kammern des Hades
würde aufsteigen dürfen zu den Inseln der Glückseligen. Woher sie diese
Hoffnung hatte, konnte sie nicht in Sprache, nicht in menschlichen Worten
ausdrücken. Aber ein tiefes Geheimnis, eine heilige Liebe des Himmels
drückte ihre Seele aus, wenn sie sang, dann erreichten ihre Töne, die Töne
ihres ganzen Wesens, Orpheus’ Mittelpunkt und machten ihn
unerschütterlich gewiß, daß sie unsterblich war und ewige Freuden
genießend.
Sie schien ihm überhaupt mehr eine Selige von den Inseln der
Glückseligkeit zu sein, überschattet von dem bräutlichen Tode, als eine
gewöhnliche sterbliche Frau. Nichts war gewöhnlich an ihr, alles war von
den Geheimnissen des Jenseits verschleiert, ein unergründliches
Geheimnis ruhte in ihrer Seele. Sie war aus einem Mysterium geboren, sie
war wie eine vom Himmel Gezeugte.
Kaum war sie sich ihrer fleischlichen Schönheit bewußt, kaum erreichte
sein Lob ihrer Wangen, ihrer Haare jemals ihr Ohr, ihre Seele. Wenn er
allerdings von dem Widerhall sprach, den ihr ganzes Wesen in seinem
Herzen auslöste, wenn er sie sein Echo nannte, die unsichtbare Nymphe,
die den ganzen Sinn seiner Seele, wenn er ihn auszusprechen versuchte,
ihm mit deutlicheren Worten wiedergab, dann lächelte sie mit einer stillen,
tiefgeheimen Freude.
Sie war ein Engel aus den Regionen der Schönheit, eine Botin der
himmlischen Jungfrau, ein reines unbescholtenes Ebenbild der heiligen
Liebe. Und das reine Feuer ihres Wesens, diese stille Glut der Reinheit,
erzeugte in der Seele des Poeten ein himmlisches Verlangen nach ewiger
Liebe, die durch die Kammern des bräutlichen Todes hindurch ihre
Unsterblichkeit feierte, wie Helena und Menelaos in Elysium.
Der reine Wohlklang ihres Wesens drückte sich am vollkommensten in der
Musik, im Gesang ihrer Stimme aus. Orpheus, der Wortreiche, fand keine
Worte für die vollendete Schönheit ihrer Stimme. Sie lehrte ihn das Wesen
der Musik, die Geheimnisse der Lieder, das Lob der heiligen Liebe zuerst
verstehen und singen. Ihre Liebe war seine Initiation. Sie war seine
Mysterienmeisterin, durch die er zum wahren Poeten gekürt ward. Sie war
sein Lorbeerbaum, sie war sein guter Genius, sie war seine Muse. Ein
einziger Kuß von ihr, und er begann die folgende, erste wahre Ode seines
Lebens zu singen:
DIE NATUR
ARISTÄUS
EURYDICES STERBEN
Aristäus sah die schöne Nymphe sterben, entsetzte sich und floh davon.
Die Furien hatten seinen Geist gepackt und sich seiner bemächtigt, daß er
vollends in die finsteren Abgründe des Wahnsinns abirrte. Er eilte den
Hang des Rhodopegbirges hinauf, in die höheren Wälder, durch deren
Nachtschatten hindurch, verirrte sich im Dorngestrüpp des Gipfels und
hing am obersten Gipfel, einem gespaltenen Felsen. Daselbst hing er in
entsetzlicher Todesangst und wollustvoller Todesgier, in sich zerrissen
zwischen Gäa und Hades, Pandemos und Persephone. Er hielt sich an
einem letzten dürren Baumstrunk fest, der aus der Felsspalte hervorragte
und schaute in den schauerlichen Abgrund. Hinab! hinab! schrieen all
seine zerrissenen Seelenkräfte. „O Gnida! Gnida! du Furie im Gewand der
schönen Liebesgöttin! Du Pythondrache aus dem Acheron, verkleidet als
eine Götterbotin! Jetzt will ich hinab, dich im Orkus zu umarmen, dich als
ein Schatten in der Wollustglut des Phlegeton zu umarmen und all meine
Lust in dir zu stillen, du Todin!“ In dich stürz ich mich, in den Abgrund
wie in deinen höllischen Schoß! schrie sein Geist in ihm, da ließ er den
letzten Strunk fahren und warf sich in die schaudernde Tiefe, an deren
felsigen Grund er zerschellte und in die Glut des Phlegeton fuhr, daselbst
seine Qual zu vollenden!
In der Zwischenzeit hatte Orpheus die Hilfeschreie Eurydice gehört und
war erschrocken aufgefahren aus seinem tiefen Schlaf. Er folgte den
Schreien, die immer schwächer und röchelnder wurden und kam zu der
jämmerlich im Grase liegenden Braut.
„Eurydice, Geliebte! Was ist mit dir?“
„Der Pythondrache verwundete mich zu Tode! Ich muß sterben!“
„Wie? Nein, Eurydice, du mußt nicht sterben! Bei allen Göttern, du darfst
nicht sterben! Wie sollt ich leben? Wie ohne dich, Geliebte? O bei der
heiligen Liebe, die unsern Bund gesegnet, das darf nicht wahr sein!“
„Es darf nicht... aber es wird geschehen...“
„O komm uns eine Hilfe von den Bergen! aus der Höhe! Uranos vom
Himmel, komm und erlöse vom Tode Euyrdice!“
„Sei nur still, Orpheus, es ist Zeit, meine letzte Stunde naht. Ich bin
bereit...“
„Wie, Eurydice! Wie, bereit! war denn unser Liebesleben schon vollendet?
Haben wir nicht eben erst den März unsrer Liebe genossen, den ersten
Lenzbeginn? Wo sind Sommer und der reife Herbst und der würdige weise
Winter? Nein, Euyridice, rufe deine Kräfte herauf und komm zurück!
Entschwinde mir nicht!“
„Ich sehe... Orpheus, ich sehe...“
„Was siehst du, Euyrdice? Nein, schau nicht hin! Verschließ deine schönen
Frauenaugen den abgründig-schrecklichen Visionen des Todes! Komm, du
mein Leben! komm ins Leben zurück! Warte, ich will Heilkräuter holen,
ich werde dich retten! Bleib ruhig, gleich bin ich wieder da!“
Damit stürmte er fort, zitternd an allen Gliedern, rasend pochenden
Herzens, den Puls im Halse würgend, die Schläfen heiß, Angst benahm
ihm den Atem, sein Geist ward dumpf und schwarzumwölkt. Dennoch,
wie von eines heiligen Gottes Hand gelenkt, fand er den Weg zu dem Beet
mit den heilsamen Kräutern. Dort sammelte er, was er brauchte. Er stürzte
in die Hütte, goß Wasser und Öl und Wein in einen irdenen Krug und legte
die Kräuter hinein. Dann nahm er einen Linnenwickel und tränkte ihn in
dem heilsamen Sud. Damit eilte er wieder zurück zu Eurydice.
„Komm, Geliebte, den Wickel will ich dir auf die Wunde legen!“
„Es hat doch keinen Sinn mehr. Ich stehe im Buch der Schatten. Das
Schicksal, mächtiger als die Götter, das uralte Schicksal, nach dessen
Gesetzen Leben und Tod vonstatten gehen, mein Schicksal, es wird mir
begegnen. Ich werde sehen...
„Nichts wirst du sehen! Blindheit ist des Todes Gesetz! Nur auf Erden
kannst du sehen, Eurydice! den blauen Himmel der Liebe! die schönen
Veilchen der zartesten Lust! Die Meermuscheln auf dem Berggipfel,
Euyrdice, die wir so bestaunten, und unsern Küssen verglichen, die sollst
du sehen, und mich, mich laß nicht aus deinem Auge! Eurydice, halte
wach dein Auge, halt offen deine Lider, komm, komm zurück ins Leben!
Sterbliche!“
„Orpheus...“ hauchte sie, „Unsterblichkeit... Orpheus, Minos, der Richter
über die Toten... Orpheus, was steht auf der ehernen Tafel des Schicksals:
des Phlegeton Feuerfluten oder Elysiums Gärten und Athenes himmlische
Burg?.. Orpheus, ich weiß es nicht... Lieber, wem, wem soll ich vertrauen
von all den Göttern allen?“
„Traue der heiligen Liebe, die uns gesegnet und uns als einen einzigen
Menschen erschaffen!“
„Orpheus, bei unsrer Liebe, Orpheus... Bei der heil...........“
Der Dichter war sprachlos vor Schmerz. Weinend warf er sich zu Füßen,
zu den wunden Füßen der Geliebten und netzte ihre wunden Füße mit
seinen Tränen. Mit stummen Küssen bedeckte er ihre Füße. Nein, nein, bei
Zeus! sie durfte nicht tot sein. Er mußte sie ins Leben wieder rufen! Für
Eurydice durft es keinen Tod und kein Totenreich geben, sie war für die
Liebe und das ewige Leben geboren! War nicht seine Leier, durch die
geliebte Muse, mächtig gewesen, wilde Tiere zu zähmen? Konnte er nicht
den Tod bezwingen? Er sprang in die Hütte und holte seine Leier, und
schlug die verstimmte mit schrecklichem Mißton, seine Seele zerquälend!
Nein, bei der himmlischen Harmonie, die allein den Mißton des Todes
überwinden kann, Orpheus, beherrsche dich! Er stimmte seine Leier,
schluchzte hervor, bezwang sich und fing, von Schluchzern unterbrochen,
leise, dann immer mächtiger, immer verzweifelt wilder zu singen an.
ZWEITES KAPITEL
DER ABSTIEG
Nach diesem Lobpreis ward Orpheus in die Tiefe der dunklen Höhle
geführt. Um einen Altar standen Jünglinge mit goldenen Locken, in
weißen Kleidern und roten Unterkleidern, die brennende Pinienfackeln
hielten. Ein reifer Priester teilte den geschlachteten Opferstier aus und
trank den efeulaubgekränzten Becher mit dem Blut der Traube leer.
Orpheus aß vom Götzenfleisch, denn er aß den Götzen, Orpheus trank
vom Trankopfer des Götzen, denn er trank den Götzen. Mit
bacchantischem Jubel priesen die Jünglinge, Mänaden und der trunkene
Dichter den Einzug des Vaters Bacchus in sein Heiligtum! Unter
Zimbelklang traten sie hinaus in die offene Nacht. Ein runder Vollmond
hing am Firmament und erleuchtete die Nacht. Orpheus war erfüllt von
Begeisterung und Todesmut. Er war bereit, hinabzusteigen in die Tiefe.
Er wanderte zur Pforte von Tainaron, dort war das Tor zum Dunkel der
Tiefe. Es war Nacht. Er war in jenem schattigen Hain, umstanden von
hohen Schwarzerlen, und sah die silbernen Dünste aufsteigen aus dem
Schlund. Nachdem er ein weißes Lämmlein geopfert der dritten Person der
Dreiheit, die in der Tiefe waltet, sah er drei Tauben herbeischweben und
sich niederlassen in der Schwarzerle über ihm. Er vertraute sich seinem
holden Genius an, daß dieser ihn nicht verlasse, wenn er in das unholde
Reich der Dunkelheit hinabsteige.
Er trat an die Bucht des Cocytus, da die nächtlichen Fluten des Tartaros
heranspülten. Nichtiger Nebel lag über der Flut. Scharfe Dünste des
Avernus umdrangen Orpheus. Die Flut des Cocytus drang hinab in einen
gähnenden Schlund. Orpheus ließ sich hinunter, den Aornos hinab, um in
den stygischen Hain des Erebus zu gelangen. „O bei der heiligsten Gottheit
und den schweigenden Schatten, die uns umgeben!“ betete Orpheus, „sei
mein Genius bei mir mit seiner lichten Fackel, trete ich in die Räume
nächtlichen Schweigens!“
Dunkel wanderte seine einsame Seele durch den nächtlichen Raum, bis er
zum ersten Schlund des Orkus kam, da am Ufer der Acherusische See
begann. Am Ufer lag die schwarze Gondel des Totenfährmanns Charon.
Dieser war ein Alter, alt an Tagen, mit langen weißem Bart und
feuersprühenden Augen. In seiner Hand hielt er eine lange Stange, mit der
er die Gondel über den Acherusischen See lenkte. „Bei der Jungfrau der
Schweigenden! (begann Charon) du bist eine lebende Seele, im Leibe
wandelnd, was beginnst du hier im Reiche der leeren Schatten?“
„Im Namen der heiligen Liebe komm ich, aus dem Reich der Schatten,
wenn es möglich ist, meine Geliebte, die selige Eurydice heraufzuholen an
den hellen Tag der Oberwelt.“
„Wenn das dein Beginnen ist, so zweifle ich am Erfolg, denn Hades ist ein
schrecklicher Fürst der Finsternis, der keinen gehen lassen mag und alle
eines Tages holt, wissen sie die Stunde auch nicht, denn so ists den
Menschen verhängt vom allwaltenden Schicksal“, knurrte Charon.
Orpheus bestieg die Gondel, die gefährlich tief einsank in den
Acherusischen See, und Charon lenkte die Gondel mit seiner langen
Stange an das andere Ufer. Dort trat Orpheus an den schwarzen Strand.
Nah am schwarzen Strande begann eine Wiese, auf der Asphodelenblumen
blühten. In den Blumen lag der jüngere Bruder des Todes, der Schlafgott
Morpheus, und schlummerte. Seine Lider waren niedergesunken und
zitterten, denn er träumte. Seine Glieder zuckten, er wälzte sich von einer
Seite auf die andere und kippte dabei das Horn um, das neben ihm stand,
und aus dem Horn floß die weiße Milch der wilden Mohns, mit welchem
Morpheus Träume träufelte in die Hirne Schlafender.
An Morpheus vorbei ging Orpheus und drang vor in die Tiefe des
stygischen Haines. In der Mitte des Haines stand ein herrlicher
Pfirsichbaum, die Früchte verhießen schöne Unsterblichkeit und süße
Wonne, und ein Mann lag unter dem Baume und versuchte, die Früchte zu
pflücken. Aber weil er in seinem Leben auf der Erde die Götter nie
gefürchtet, hatte das Los ihm beschieden, ewig hungernd unter
unerreichbaren Pfirsichen der Unsterblichkeit zu darben: Tantalos war sein
Name.
In der Ferne begann ein Berg. An dessen Fuße saß ein Mann seufzend
neben einem Felsblock. „Aufs Neue muß ich beginnen, den Felsblock
hinaufzuwälzen, aber mir ist das Los gefallen, daß der Felsblock vom
Gipfel wieder zurückrollen wird an den Fuß des Berges, wo ich von
Neuem werde beginnen müssen. Ach Vergeblichkeit aller Mühsal! Ach
ewiges Streben nach Leerem! Ach ein vergebliches Schmachten des
Geistes ist alles Mühen im Reich der Schatten!“ seufzte der Mann. Es war
Sysiphos.
Orpheus wanderte weiter. Aus der Ferne drang schreckliches Hundegebell
durch die Dicke der Nacht. Nicht wenig schauerte Orpheus vor dem
Gebrüll. Da sah er auch schon des Untiers feuerflammensprühende Augen
durch die Schwärze dringen. Sein Atem war Schwefelstank. In seinem
Maul die Zähne waren lang und scharf wie Eberhauer. Sein Leib war der
eines Drachen, sein Schwanz war der einer Schlange. Gräßlich brüllte das
Höllenuntier und wollte sich auf Orpheus stürzen. Dieser aber strich einige
betörende Töne auf seiner Lyra, mit deren weichen Melodie er das Untier
einschläferte.
Vor ihm tat sich ein hohes Tor auf, über dessen Architrave ein Schild
angebracht war, eine erzene Tafel, in welche mit diamantenem Griffel
geschrieben war: „Wer hier hereintritt, der lasse alle Hoffnung fahren!“
Orpheus machte seine unglaubliche Liebe todesmutig. Er war bereit, alle
Hoffnung fahren zu lassen, ja seine eigene Unsterblichkeit und Seligkeit
Elysens fahren zu lassen, wenn er nur die Geliebte, die Braut aus dem
Hades befreien konnte!
Orpheus trat durch die Pforte, die aus edelstem Achat gebildet war, da sah
er vor sich: die erhabene, heilige Herrscherin der Schweigenden! O
Persephone, wie schrecklich-schön war ihre jenseitige Erscheinung! Ganz
Schatten, ganz Jenseits, ganz Vergeistigung! Ihre Augen blitzten wie
dämmernde Sterne aus den tiefen dunklen Augenhöhlen! Sie war in ein
langhinwallendes schwarzes Linnengewand gekleidet, auf welches blaue
Cyanenblumen gestickt waren. Ihr Haar ward verhüllt von einem ebenfalls
schwarzen Schleier, der aber ihr Gesicht frei ließ. Es war von einer
milchigen Blässe, aus welcher die schwarzen Augenhöhlen tief und traurig
hervorschauten. Ihre Augen schimmerten feucht von holder Traurigkeit.
Ihre Lippen waren schmal, unsinnlich, ein wenig blass, von einer zarten
violettrosanen Farbe.
„Was begehrst du, Sterbling, von der Königin der Schatten?“ fragte sie ihn
mit einem traurigen Flüstern.
„Ist denn dir, erhabene Königin, die Liebe fremd? Denn dann kann ich
mein Anliegen nimmer vor dich bringen, du würdest nimmer mich
verstehen.“
„Ach, die Macht der Liebe hält kein Achat-Tor zurück, sie dringt bis in die
Reiche der Schatten und des Schweigens. Nein, Sterbling, sei nicht bange:
Die Liebe ist im Jenseits bekannt!“
„Liebst du selbst, erhabene Königin? Ist dir dies unselig-selige Gefühl der
Sterblinge selbst vertraut?“
„Nicht wie die Sterblinge lieb ich, aber wie die Königin der Schweigenden
lieben muß. Du sollst es erfahren, denn wenn du von hier scheidest, wirst
du aus der Lethe Wassern trinken und vergessen, was ich dir insgeheim
offenbaren werde. Den Allerschönsten unter den Halbgöttern, den schönen
Syrischen Adon, den Sohn der Myrrha, den lieb ich mit heiliger Liebe!
Ihm lag auch die schöne Anadyomene zu seinen Füßen, als er verblutete,
da weinte sie die Tränen, aus denen die Rosen erblühten, die Tränen, aus
denen die Bernsteinpforten ihres Palastes gebaut sind. Den Sohn der
Myrrha, den Syrischen Adon, den lieb ich, nicht weniger als die freie
Anadyomene mit den aufgelösten goldenen Lockenfluten und dem leichten
weißen Kleide. Wen aber von uns beiden der schöne Adonis mehr liebt, die
reizende Anadyomene in dem wallenden Hemde oder die traurige Königin
der Schatten in dem schwarzen Schleier, das vermag nur der König der
Götter zu sagen. Nun weißt du, Sterbling, wie es um meine Liebe bestellt
ist.“
„O Persephone, heilige Herrscherin mit dem Antlitz voller Trauer, Königin
der Schmerzen! Wie geschah es, daß solch eine Liebende in das Reich der
Schatten kam? Ist sie nicht bestellt zum leichten Leben in Licht und Luft
und Lust und Liebe?“
„Du stellst törichte Fragen für einen Dichter, ja ich weiß wohl, wer du bist,
Orpheus! Nicht für Licht und Luft und Lust und Liebe geschaffen ist die
Königin der Schweigenden, sondern besiegelt wars von der Vorsehung,
aber meine eigene Torheit, daß ich von dem verderblichen Granatapfel aß,
seine sieben Samen nicht verschmähte. Beim Uhu! Es blieb nicht
verborgen, und darum bannte mich die allgewaltige Vorsehung aus dem
Reiche der Lebenden in die Schattenunterwelt, wo ich weilen muß. Was
soll ich sagen? Soll ich reden wie Achill und sagen: Ich wär lieber eine
Magd im Leben als eine Königin in der Unterwelt? Sich fügen in sein
Schicksal, das ist weise. In meiner Trauer, o Sterbling, ward ich doch eine
Braut der geheimnisvollsten Person der göttlichen Dreiheit, welche da
herrscht über Griechenland und die ganze Ökumene, welche da richtet
über alle Toten, ob ihnen Phlegeton mit seinen Feuerfluten beschieden
oder das selige Elysium und das unsterbliche Glück auf den Inseln der
Glückseligen!“
„Nun denn, o Königin, erbitte den schrecklichen Herrscher, der furchtbar
ist und Finsternis zu seinem Gezelte macht, daß er mir freigibt meine
geliebte Braut!“
„Ich will ihn bitten, und für dich, o Dichter, bewirk ich, daß du vor den
Schrecklichen selber treten darfst. Ihn magst du bitten. Und mag der Gott
des Lebens, mag der Gott der Liebe mit dir sein!“
Damit offenbarte sich vor Orpheus ein Weg, der aus schwarzen
Onyxsteinen gepflastert war und direkt zum Thron führte. Der Thron war
hell wie ein Blitz, umwunden von siebenfarbigen Schlangen, überwölbt
von einem smaragdnen Baldachin. Der König der Toten war aber nicht zu
sehen. Dennoch tönte seine Stimme wie Donnergrollen.
„Du begehrst die geliebte Braut, die Nymphe Eurydice zurück aus dem
Schweigenden Lande? Nun denn, so vernimm, o Sterbling in deiner
Hoffahrt! Sie darf dich begleiten den Weg zurück auf die Erde. Mein Bote
wird euch geleiten. Du wirst vorangehen, wie es sich ziemt für den Mann.
Du wirst wandeln auf das Licht zu. Sie wird dir folgen, denn sie wird
bereit sein, Elysen zu opfern um deiner Liebe willen - ein Opfer ist die
heilige Liebe - aber du darfst nicht zurückschauen. Schaust du zurück,
bevor ihr das reine Licht des Morgensternes schaut, das eurer Liebe Segen
spenden soll, so wird die Braut dir entschwinden in das wesenlose Nichts,
in dessen Stille sie vor den Richter der Toten wieder treten wird, um ihr
ewiges Urteil zu empfangen, welches nicht den Sterblichen mehr
angehören wird. Nun geh, der Bote wird dich geleiten, und vertrau,
vertrau, daß sie dir folgt!“
Damit entließ die furchtbare Majestät den zitternden Sänger. Zu diesem
trat der Bote, dessen Flügel rauschten, selbst dessen Sandalen geflügelt
waren, in seiner Hand hielt er einen Stab und geleitete Orpheus die Wege
von den Thronen zurück, in Richtung auf das Licht des Lebens zu.
DER AUFSTIEG
Orpheus vertraute sich seinem Führer an, in dessen Wesen er heilige Züge
der Gottheit erkannte. Während sie den Weg durch die Schatten gingen,
pries er ihn und sprach ihn an: „Der du der Erfinder der Lyra und der Flöte
bist, darf ich es wagen, als sterblicher Dichter auch auf unsrer Wanderung
durch die Schattenwelt dein Lob zu singen?“
Darauf entgegnete der Führer: „Kannst du andres singen als das Lob
deiner Geliebten?“
„Ist es doch das schönste Liebeslied für die nun bald Gerettete, wenn ich
die Gottheit preise, die uns aus dem Totenreich herauf ans Leben führt!“
„So preise!“ Darauf stimmte Orpheus seine Lyra und sang:
Da ward die Sehnsucht des Orpheus zu groß: Was Zeit, die in den Händen
der dunklen Gottheit steht? Jetzt ist die Zeit! Das ist Freiheit des
Menschen, seine Zeit sich selbst zu wählen! Hinabgeschaut in den Schlund
des Todes in diesem Augenblick, zu erschauen das geliebte Angesicht!
Nach dem geliebten Angesicht, nach dem Antlitz der heiligen Liebe, ergriff
Orpheus solche Sehnsucht, daß er das Gesetz vergaß, das Gebot der Stunde
übertrat und sich wendete!
UNENDLICHE SCHWERMUT
Orpheus ward das Herz wie einst, als er auf dem Schoß seiner Mutter
Calliope saß und ihren Liedern lauschte. Sein Herz war so berührt. War
denn die Hirtin Maa eine Musentochter? ja gar seine Schwester? Er liebte
sie von dieser Ode an wie seine Schwester und war ihr von Herzen
dankbar für den himmlischen Trost. Er wollte ihr die Hand reichen, ihre
Hände halten, zum Dank und sie segnen, er suchte in ihr den Menschen zu
finden, der die Welt ihm erhellte, die seit dem Tode Eurydices wie
umnachtet ihm war. Aber da ging die liebe Hirtin weiter, mit leisen
Saitenklängen: „Ich muß zu meinem Lamme, das wund liegt!“ rief sie ihm
leise zu, und auch sie, auch sie verschwand.
Ja, war sie denn ein die Erde besuchender Genius des Gottes seines Trostes
gewesen und keine Sterbliche? Kehrte sie wieder in den himmlischen
Tempel ihres Gottes, dort mit ihm das himmlische Brot zu teilen? Da sie in
der Ferne entschwand, entschwand mit ihr ein süßer goldener Glanz. Aber
ihre Spuren troffen von Segen in der Seele Orpheus. Und wenn er auch
verloren war, wenn er auch einsam war und eine einzige Klage, wie mit
einem vorüberfliegenden Genius hatte ein Gott sein Herz berührt, ihn
getröstet, ihn gestärkt, für neue Leiden!
DRITTES KAPITEL
DICHTERWETTSTREIT
Mnemosyne, die Königin, stand erhaben auf dem Parnassus. Sie war in ein
langhinwallendes weißes Gewand, gewoben aus dem reinen Licht des
Äthers, gehüllt, als hüllte sie sich in die Aura des Mondes. Ihre langen
Locken waren braun wie die mohnfarbene Nacht, sie flossen in
melodischem Fallen auf die schmalen femininen Schultern. Ihr Antlitz war
gebräunt wie das einer Hirtin aus dem Süden, und zugleich von dem reinen
Schnee und milchigen Schmelz des Mondes. Es war schlank, es war weich
und nicht wollüstig, es war wie eine vollkommene Lyra. Ihre Augen waren
wie der Archipelagus blau und grün im Licht der weißen Milch des
Mondes, aber ohne aphrodisischen Schaum, sondern von einer mütterlich-
jungfräulichen Reinheit. Sie blickte so tief, so tief wie Melancholia, hinab
in die Brunnen der Erinnerung und die Gründe der Seele. Ihr Wesen war
aus Liebe gegossen, in ihrem Herzen brannte das milde Feuer reiner,
himmlischer Liebe. Sie war Jungfrau und Mutter der Musen.
Der Abend war mit seinen purpurglühenden Wolken herabgegangen und
die gütige Mutter Nacht hatte ihren sternenbestickten, samtblauen Mantel
ausgebreitet über den Parnassus. Da kam von Norden geflogen das
geflügelte Roß der Inspiration. Und Pegasos schaute und sah, und die er
sah, war Mnemosyne. Und da setzte Pegasos seinen Huf auf den Gipfel
des Parnassos, wo Mnemoyne immer saß und träumte, und ein Quell
sprang auf, das war der Quell der lebendigen Gottheit, die mich sieht. Und
Mnemosyne, die Erinnerung alles Göttlichen, alles Schönen und alles
Bitteren, stand am Quell der Inspiration. Und da das silbern-kristallene
Wasser leise rann und da die Jungfrau Mnemosyne schaute, da war alles
umher in den Hainen des Parnassus Schweigen, und in dem Schweigen
war der tiefste Lobgesang des Himmlischen.
Und Mnemosyne in ihrem mondenweißen Schleier setzte sich in einen
silbernen Wagen, welchen schwarze Schwäne mit rubinfarbenem Munde
und Äugelein zogen, und fuhr hinauf in die himmlischen Regionen.
Und da die schöne Aurora mit ihren Lilienarmen und Rosenfingern die
Morgenröte ausstreute über dem Parnassus mit seinen Hainen und seinem
kastalischen Quell, da schwebten die neun Töchter der Mnemosyne auf
dem Gipfel. Und sie waren die Musen, und ganz Griechenland war von
ihrem Ruhm erfüllt.
Und Clio saß auf einem Steine und las in einer geöffneten Buchrolle die
Werke und Tage der Geschichte von dem ersten Bebrüten des Chaos an bis
auf das Kommen des Göttersprosses, und alles stand im Zeichen des
Leides und der Sehnsucht, der Sehnsucht zurück nach Arkadien und der
Sehnsucht voraus nach den himmlischen Burgen von Elysium. Und
Melpomene hielt vor ihrem schönen Gesicht die Maske einer leidenden
Frau, deren Gottheit ihre Tränen war, und sie sah im Untergang
beschlossen ihren Triumph, und sie trug den Dolch im Herzen. Und ihre
jüngere Schwester war Thalia, und sie lachte und ihre Hände spielten mit
einer Maske, welche der heitere Himmel Joniens war, und um sie lachten
und schwatzten die kindlichen Vögel, so süß wie Thalia, so voll süßen
Genusses der lieblichen Liebe und reinen Herzenslust. Und um die
Schwestern im Kreise tanzte Terpsichore, die Anmutige mit den
melodischen Bewegungen, und begleitete sich selbst in ihrem Tanz mit der
siebensaitigen Lyra. Erhaben und heroisch blickte, fast wie ein Mann, die
hohe Calliope, bereit von dem Feuer Ilions und der Wiederkehr des
Dulders zu singen in epischem Ausmaß. Sie rollte ein Pergament
zusammen, denn es stand alles schon in ihrem Geiste. Jünger und
verspielter war Euterpe mit der Flöte, welche die Freuden und die
Schmerzen der Tage zu singen und zu dichten wußte. Keine Seele, die
sagen wollte, was an diesem Tage, den Gott hat werden lassen, ihre Tiefen
aufwühlt, konnte Euterpe missen. Aber die Hübscheste von allen mit ihren
zauberhaften Blicken war Erato, die Muse der Liebeslyrik. Keiner vermag
zu sagen, welche Farbe ihre Augen oder ihre Haare hatten, denn jedem
erschien sie in andrer Gestalt. Hochgesinnt stand neben ihr, auf erhabene
und ernste Dinge bedacht, Polyhymnia, die den Gesang der
götterpreisenden Hymnen liebte. Wen sie inspirierte, der sang Preis und
Lob den hohen Himmlischen und ihrem Vater, und kein Staub und keine
niedere Lust vermochte ihn von diesem Ruhmeswege abzubringen. Aber
am wundersamsten von allen schien in diesem Augenblick doch Urania zu
sein, denn die Morgensonne bildete ihr Gewand, der untergehende Mond
lag zu ihren Füßen, und auf dem Haupte, in ihrem Haar blinkte das
Diadem des Morgensternes. Sie war die, die vom Himmlischen die tiefsten
Geheimnisse zu künden wußte und kannte am gründlichsten das
unergründliche Herz des Vaters der Gestirne. Sie war Urania, denn sie war
die Braut des Uranus, des Himmels, denn von ihm war sie gesegnet
worden mit der Liebe des Himmels.
O wie herrlich und lieblich und schön war der Chor der neun Musen,
welche alle Kunst umfassten und das Leben und der Schirm der
Musensöhne waren. Kein Gesang, der nicht nach ihrem Singen abgebildet
war. Kein Tanz von schön geschlungenen Worten, kein melodisches
Schluchzen, kein heroischer Sieg oder tragischer Untergang, da sie nicht
mit Lobpreis der Himmlischen dienend zur Seite gestanden den
Zeusliebenden Musensöhnen. Denn sie hatten Zugang zum Nektar und
Ambrosia, und wen sie liebten, den nährten sie mit Nektar und Ambrosia,
und wen sie erwählt hatten, den ließen sie trinken vom Quell Castalia, der
heiligen Quelle der Inspiration.
Aber da die Musen so rein von der ewigen Liebe sangen (sie hatten das
Lied von Mnemosyne gelernt), da kamen die Töchter der Pierus, die
sterblichen Mädchen, und begehrten, so schön zu singen wie die Musen
und schöner noch. „Ha, uns gebührt es, zu singen wie die Musen, denn wir
hielten manchen Liebhaber heiß in unsern Frauenarmen! Wer weiß von
Liebe zu singen, wenn nicht wir, welche von den Fischern und Hirten und
die Schnittern die schönsten Mädchen im Königreiche des Pierus genannt
wurden? Sie priesen die Glut auf unsern Wangen und die feurigen Blitze in
unsern schrägen Blicken. Unsre Lippen waren ihnen Feigen, und unsre
Brüste ihnen Granatäpfel. Wir aber begehrten die schwarzlockigen
Jünglinge mit dem blauen Schatten auf den Wangen, welche die
männlichen Arme um uns schlangen. Und da ward unsre Leidenschaft zum
Lied, zum Lied von der Liebe, denn die Liebe ist ein Genuß und eine Lust.
Was aber wissen diese schwebenden Unsterblichen von der Liebe? Sind
sie je auf der Erde angekommen? Schweben nicht ihre Füße in den
goldnen Sandalen immer ein wenig über der Erde? Sind sie je von ihrem
stolzen Gipfel des Parnass herunter gekommen in die schlichte
Wirklichkeit der Schnitter und Fischer? Was sollen die Musen denn von
Liebe wissen, die immer nur in heilige Pergamente oder gar nur in die
Sonne des Himmels schauen, als wären sie Adlerweibchen? Wir aber sind
die lieblichsingenden Spätzlein und sind Schätzlein von Liebhabern, die
sind süß wie unter der Sonne Griechenlands gereifter Wein. Nein, ihr
Musen, euch soll nicht gebühren der Ruhm in Griechenland, sondern uns,
den Töchtern des Pierus. Zwar sind wir Menschen, sterbliche Menschen,
aber darum wissen wir doch die Liebe besser zu singen als ihr
luftschwebende Engelsgestalten!“
So forderten die Pierus-Töchter die heiligen Musen heraus. Diese
verschmähten es nicht, ihre Sangeskünste mit den sterblichen Mädchen zu
messen. Sie verständigten sich mit einem kurzen liebevollen Blickwechsel
und wählten Urania, die Lieblingstochter der Mnemosyne, den Gesang im
Wettstreit mit den Pierus-Töchtern zu singen, und Urania sang:
„Meine unsterbliche Liebe lobt den Himmel, und mein Herz ist voller
Jubel über die Liebe, die die Sonne täglich wie ein Bräutigam an uns
erweist. Der Himmel hat seine Tochter angeschaut mit den lieblichsten
Blicken, voller sanften Gemütes und herzlicher Zärtlichkeit der Seele, und
da schmieg ich mich wie ein zartes Lämmlein, das da weidet auf dem
Gipfel des Helikon, in meines Gottes Hand. Siehe, der Sohn Gottes ist
mitten unter uns, der schöne Musagetes, und von ihm hab ich die Liebe
gelernt. Er ist licht wie die Sonne, rein wie der Himmel, rein und keusch
und treu wie eine weiße Schwanenkönigin, die es nicht verschmäht, ihm
zu Willen und Diensten zu sein und seinen Triumphwagen zu ziehen. Er
verschmähte nicht die Erde, sondern betrat sie mit seinen reinen Füßen und
wohnte unter uns heiligen Musen, die wir heilige Dichterinnen und
Poetissen der Himmlischen heißen, weil Musagetes uns auserwählt. Er ist
der wahre Bräutigam der Seele Uranias, und bald, ja bald, da werd ich
singen in seinem untermeerischen Palast den Lobpreis des Lichtes,
welches nie verlischt, denn Musagetes ist heraufgekommen aus den
nächtlichen Pforten der Hyperboräer im Norden und hat seinen Thron
eingenommen zu Zeus Seiten auf dem Gipfel des Olymp. Von dort haucht
er seinen Geist in mich, und das ist die wahre Inspiration, die eingeht in
das Erbe meiner Mutter, die tiefe, tiefe Erinnerung an den Tag, da ich der
Liebe begegnete.“
Die Nymphen, die aus dem kastalischen Quell getreten waren in
schimmernden Kleidern, sprachen den Musen den Siegespreis zu. Seit
jenen Tagen sind die Musen gekränzt mit den immergrünen
Lorbeerkränzen, und sie verteilen diese Kränze an ihre Auserwählten und
Lieblinge. Die Pierus-Töchter aber wurden in Elstern verwandelt und
verdammt dazu, ewig eine Last den menschlichen Ohren mit ihrem
schrillen Gekrächze zu sein. Zur Erinnerung an ihren Sieg wurden die
Musen im kastalischen Quell auf den Namen Pieriden getauft.
Und den Berg Parnassus hinan stieg ein griechischer Mann, er kam vom
Tal herauf. Er war ein kleiner schmaler Mann mit wenig dünnem Haar und
einem bauernschlauen spitzen Gesicht. Er schaute kurz vor sich her aus
seinen grauen Augen. Nichts war an ihm, was Erato, der Muse der
Liebeslyrik, gefallen hätte. Es war Marsyas, der Phrygier. Da sah Erato zu
ihrem Entsetzen auch noch, daß er hinkte, denn ein Bocksfuß war an
seinem kürzeren rechten Bein. Er war ein Satyr.
Als er auf dem Gipfel des Parnass angekommen war, stellte er sich den
Musen vor: „Ich bin Marsyas! Was gibts? Ah, ein Dichterwettstreit? Bin
bereit! Kurz und knapp, Worte machen ist nicht meine Sache! Schöne
Erato? Nun, mögen sich Verliebte um dich bemühen, keusche Muse,
meines ist, die abstrakte Philosophie der Musik auszuüben, denn ich spiele
die Flöte. Aber mit wem soll ich mich messen? Ich bin in jedem Fall der
Begnadete!“
Die Musen aber schauten sich um, wer sich mit Marsyas messen wolle. Da
rauschte ein Gespann schwarzer Schwäne herbei, die einen Wagen aus
lauterem Golde zogen. Sie kamen von Thule geflogen, und in dem Wagen
stand der Fernhinsinnende, der Dunkelsprechende, der Führer der Musen
und Gott der Poeten höchstselbst, der göttliche Seher! Wir wollen ihn
Musagetes nennen. Musagetes aber hielt in seinem Arm eine siebensaitige
Leier, welche die Sphärenharmonie des Kosmos widerhallte. Marsyas
erschrak, aber begann dann trotzig-stolz zu reden:
„Die heilige Jungfrau Minerva mit dem Ölblattkranz der Weisheit
wandelte einst vorüber meines kleinen Tales. Ich stand an einem Teich, an
dem sich zahme Gänse lagerten, als sie am Wasserrand schwebend stand
und eine Flöte an ihre holdseligen Lippen setzte. Da sah sie in den Spiegel
des Wassers und fand, daß die Flöte ihre lieblichen Lippen entstellte.
Darum warf sie die Flöte fort. Ich aber hob sie auf und übte und übte mich
an ihr. Zwar war ich nicht begnadet worden mit dem Feuer der Inspiration,
aber mit viel Fleiß und Talent bracht ich es denn doch zu einer
beträchtlichen Meisterschaft. So nun, wohl an und auf denn, ihr Musen
und lauschet meinem Flötenspiel.“
Und Marsyas spielte eine Melodie, die er einem einsamen Hirten
abgelauscht, eine milde und liebliche Melodie, von einem anmutigen
Zauber. Die Musen waren begeistert von der Melodie. Als er sein Spiel
geendet, griff Musagetes in die Saiten seiner Leier. Und siehe da, zu aller
Erstaunen, spielte der göttliche Musagetes ein schröcklich Lied, daß den
Musen die Haare zu Berge standen, daß allein die Muse der Tragik,
Melpomene, ihre wahre Freude daran hatte, und allein die Muse der
himmlischen Poesie, Urania, weise und wissend lächelte mit traurigem
Blick. Musagetes schlug die Leier, und vor den Musen tauchte das Bild
einer einsam fliegenden und schrecklich krächzenden Wildgans auf,
welche in den Abend und die Nacht hineinflog.
Die Mehrheit der Musen war verzaubert von dem Flötenspiele Marsyas’,
aber sie entsetzten sich zu sehr vor dem Schreckensliede Musagetes’,
darum hob die liebliche Erato ihre süße Stimme und sagte: „Wir danken
dir, Marsyas, für dein Lied einer stillen schlichten Hirtenliebe. Alle Anmut
einer liebesseligen Liebe zwischen Hirt und Hirtin ist im süßen Schmelz
deines Liedes ausgedrückt. Aber dir, bei aller Ehre, Musagetes, muß ich
sagen: Ich verstehe dein Lied nicht, wenn es mich auch in den Abgründen
meiner Seele berührt. Was mich, die Lieblichste der Musen, betrifft, will
ich dem süßen Stück Musik von holdem Hirtenfrieden und damit Marsyas
den Preis zugestehen, den Lorbeerkranz.“
Aber in dem Augenblick hob Musagetes seine Stimme und sang mit einer
weithin hallenden, echohaft-hohlen und geisterhaft leise und dünn
verschwebenden Stimme des Schweigens zu lydischen Melodien:
„Wehe, wehe! Ich liebe! Wehe mir und doch Heil mir! Wehe mir und doch
Elysiums Seligkeiten meiner Seele, daß ich liebe! Von den olympischen
Tafelfreuden des Nektar und Ambrosia wandt ich mich dem dunklen Tale
zu, da die goldenhaarige Daphne irrte! O wie keusch sie war, wie
holdselig, wie rein! Der sanfte Westwind scheute sich, in ihren goldenen
Haaren zu spielen, denn sie war ihm zu rein! Das helle grüne Moos beeilte
sich, ihren weißen Füßen den Weg schön sanft zu machen. Die Gräser
neigten sich demütig vor der demütigen Hirtin. Die Adonisröschen
erröteten vor der Holdseligkeit der Magd. Und ich, der Dichter unter den
Göttern, liebte sie um ihres reinen himmlischen Blickes wegen, der von
solcher sanfter Wehmut umflort war. Ich liebte sie auf einen unsterblichen
Blick und wollte nichts, als um ihre Freundschaft zu werben, allein um
ihre Freundschaft, denn ihrer Liebe achtete ich mich wert nicht genug.
Dennoch war Eros, der Gewaltigste der Götter, meinem Herzen unhold-
hold und zündete ein unsterbliches Feuer an, so ward mir die Freundin zur
Geliebten! Daphne, Daphne, Daphne, seufzt ich den ganzen Tag, da meine
goldene Rüstung den Tag erhellte, und auch des Nachts auf meinem Lager
im hyperboräischen Thule. Daphne, Daphne, war all mein Lied, und
Daphne, Daphne, war all meine Weisheit, und Daphne, Daphne war all
mein schmerzliches Glück, und Daphne, Daphne, war all meine Hoffnung
meines Erde-durchwandelnden unsterblichen Lebens! Da nahte ich ihr. Sie
floh scheu vor mir zurück. Da begehrt ich, sie in meinen Armen zu halten,
wie Zeus, mein Vater, einst als Schwan der Jungfrau Leda genaht war.
Aber Daphne war zu rein für irdische Liebe, selbst wenn es irdische Liebe
eines unsterblichen Dichtergottes war! Sie floh mit fliegenden Schritten,
wie ein reine Taube vor einem Falken flieht. Und als ich sie mit meinen
fliegenden Schritten ereilt hatte, da rief sie auf: O Gott der Poeten, erbarme
dich meiner! Entweihe mich nicht, denn ich bin eine allzu zarte Seele!
Aber erweise mir die eine Gnade, du Dichtergott, und wandle mich in
einen Lorbeerstrauch, auf daß ich ewig die Locken der Musensöhne
kränze, und du, o Musagetes, ewig in deinen Knechten meiner gedenkst
und wie du mich liebtest! In dem Augenblick blühte in meinen Armen ein
duftender, unverwelklicher immergrüner Lorbeerstrauch. Auf seine Blätter
ließ ich meine Tränen fallen. Ich gäbe meine Unsterblichkeit für Eine
Umarmung ihrer Jungfraunarme, und da ich entbehren muß, tönt meine
siebensaitige Leier, die sonst die Weltenharmonien tönt, nichts und wieder
nichts als schrecklichen Mißlaut, der alleine Melpomene zu gefallen
vermag. Weh mir und dennoch auch Heil mir, daß ich Daphne sah!“
Die heiligen Musen waren tief bewegt. Sie sprachen Musagetes, dem Gott
der Dichter, den Kranz zu. Dieser aber lächelte weise und sprach: „Hebt
diesen Kranz auf für meinen Knecht, der kommen wird und singen wird,
nicht besser als ich, aber wenn er gut und schön zu singen weiß, dann singt
er, wie ich. Ihm drückt den Lorbeerkranz in die Haare seines Hauptes!“
Damit schwang sich Musagetes in den goldenen Wagen, rief einen seligen
Ton, da erhoben sich seine beiden schwarzen Schwäne (Schwan und
Schwanin) und flogen mit dem goldenen Wagen und Musagetes, dem
Engel der Poesie, in das Land des Ostens.
Die Musen sahen zu Marsyas, der sich am Boden wand in Schmerzen.
Darum, weil er herausgefordert den heiligen Sohn des Zeus, den Gott der
Poeten, und sich ihm wollte überlegen wissen, hatte dieser ihm die Haut
vom Leibe gezogen. Ohne seine Haut kroch blutend Marsyas von der
Höhe herab, stolperte und rollte den Hang herab in den Abgrund.
Von seitwärts aber kamen zwei Dichter gewandelt, einer herrlicher als der
andere. Der eine hoch und schlank, mit langem braunen Haar und vollem
Bart in der Mode eines Ziegenhirten, der andere kleiner und breiter, aber
mit tiefblickenden Augen im bartlosen Antlitz, aus denen die Weisheit der
Schwermut sprach. Es waren Linus und Amphion.
Und Linus war der Sohn des Dichtergottes und der Prinzessin Psamathe.
Als Kind war er ausgesetzt worden, aber von einem Hirten gefunden und
aufgezogen. Er ward des zwölfjährigen Herkules Lehrer im Saitenspiel.
Und nun stand er auf dem Berg der Musen und begann, seine Lyra zu
streichen und die Stimme zum Gesang zu heben:
„Singen will ich von Myrrha, der lieblichen Myrrha von Smyrna, und von
ihrem traurigen Los! Segne mich du, o Muse der Liebe, und du, o Muse
der Klage, denn euer Werk beginn ich und unternehm ich mit meinem
Gesang! Auf denn, laßt uns Myrrhas Schönheit preisen! Blau waren ihre
Augen wie der Himmel, wenn der Sonnengott ihn heiter durchlächelt, und
blau waren ihre Augen wie die Augen Athenes, der blauäugigen Tochter
Zeus! Ihre Haare waren golden wie das Haar der Venus oder wie die
wogenden Weizenfelder der Ceres! Ihre Haut war weiß wie die Milch der
Luna oder das Schwanengefieder der Mutter Latona, die den Dichtergott
gebar! Sie war so schön, daß die Schönheit selbst, die Göttin der Schönheit
Aphrodite, eifersüchtig ward auf die herrliche Myrrha. Da sprang vom
olympischen Thronsitz Aphrodite auf, die Wangen in Zorn gerötet, die
Locken fliegend, die Blicke blitzend und rief in Wut und Rage: Ha!
Verderben will ich Myrrha von Smyrna! Keine soll sich rühmen, an
Schönheit die Liebesgöttin und Herrin aller Lüste zu übertreffen! Myrrha
von Smyrna stürz ich ins Elend, daß ihre himmelblauen Augen weinen,
daß sie ihre goldenen Haare rauft und daß ihre milchweiße Haut zu
Totenblässe wird! Und mit diesen Worten eilte die gräßliche Aphrodite zu
dem Vater der Beneideten, dem König von Assyrien, König Thias. In
dessen Herz und Fleisch warf die lüsterne Göttin ein frevlerisches Feuer
und eine dämonische Begier nach dem herrlichen Leib seiner zarten
Tochter. Thias ward überwältigt von dem Dämon der Eifersucht
Aphroditens und nahte in einer Nacht seiner reinen unschuldigen Tochter,
nahte zu nah ihr und überwältigte sie mit Gewalt! Myrrha war starr vor
Entsetzen! Sie erbleichte, sie raufte sich die Haare, ihre Augen füllten sich
mit Tränen, ihre Stimme versagte, aber ihr an allen guten Göttern
verzweifelnder Geist rief: Himmel! rette deine elendste aller Kreaturen! Da
erbarmte sich der König und Vater der himmlischen Lichter und
verwandelte Myrrha in einen Baum: Ihr Leib verwandelte sich in einen
Stamm, ihre Beine wurden von Rinde überzogen, ihre Arme breitete sie
aus zu Ästen, ihre Haare wurden zu süßduftenden Blättern, aber ihre
Augen quollen beständig über von Tränen, und ihre Tränen entquollen dem
Baum als das heilige Myrrhenharz, mit welchem Adonis im Tode ward
gesalbt. Dieser nämlich trat aus dem Myrrhenstrauch hervor in göttlicher
Schönheit, und sein Ende, das Ende eines Gottes und eines Heroen,
beweint von Myrrha mit dem heiligen Harz und von der reuigen
Aphrodite, ist ein andres Lied, das andre Dichter zu singen unternehmen
mögen!“ Damit endete Linus, der ein Sänger in den heiligen
Frühlingsfesten des auferstehenden Adonis war.
Nun trat Amphion vor. Er war einer der Söhne Zeus, geboren von der
Antiope. Mit seinem Zwillingsbruder Zethus war er ausgesetzt worden
gleich nach seiner Geburt, aber von einem Hirten gefunden und
aufgezogen, wie Linus. Seine Lyra hatte er aus den Händen Musagetes
höchstselbst empfangen. Er blieb zeit seines Lebens ein Hirte, und
entzückte doch alle als Dichter. Sein Lied war so entzückend, daß sich auf
die Bewegungen seiner Melodien hin die Steine bewegten und sich bauten
zu Mauerwall und Toren und Türmen von Theben. Dieser nun hob seine
Stimme, schlug die Saiten und begann derart:
„Singe mir, Mnemosyne, den uralten Mythos von der herrlichen Aura und
ihrem jammervollen Ende! Siehe, Aura war eine treue Gefährtin im Kreise
der reinen Jungfraun, welche die himmlische Jungfrau Parthenion
begleiteten bei ihren Streifzügen durch die Ökumene. Sie war eine
Prinzessin Arkadiens, Tochter der Nymphe Periböa, aber sie hatte Vater
und Mutter verlassen, um im keuschen Reigen der Jungfrauen Dianas zu
wandeln. Nun hatte aber der Gott des Wahnsinns, Bromios, sich in die
Sterbliche sterblich verliebt und begehrte sie zu einer Braut. Darum nahte
Bromios der keuschen Aura, die sich schüchtern zierte und sagte: Nein,
sondern mit den heiligen Jungfraun der Göttin Parthenion will ich wandeln
alle Tage und keinen Mann und keinen Halbgott erkennen, als nur den
Höchsten! Bromios war gekränkt in seiner Ehre und wandte sich an
Aphrodite, daß diese ihm helfe. Aphrodite stieg hinab in die Unterwelt und
rief die Götter des Schlafes und der Träume und der Phantasie, Morpheus
und Hypnos und Phantasus, daß sie mit einem betörenden Gaukelspiel die
schlafende Aura umgaukelten auf dem Nachtlager. Dies geschah, und so
geschah es, daß Aura träumte einen Traum, daß die Göttin Parthenion
selbst ihre kleine Jüngerin legte in die Arme des rasenden Gottes des
Wahnsinns. Als sie erwachte, war sie voll der brennenden Leidenschaft,
die eine Tochter Aphrodites war und Mutter aller Torheiten. Darum seufzte
Aura nur nach Bromios, und dieser nahte ihr, er wohnte ihr bei und zeugte
in ihrem unbefleckten Schoß ein Zwillingspaar. Dies brachte sie unter
Schmerzen zur Welt. Aber die Liebe des Wahngottes hatte tiefe Spuren in
ihrem Geist und in ihrer Seele hinterlassen: Sie war krank geworden und
verrückt, und immer schlimmer wurde ihr Wahnsinn, bis sie schließlich
ihre beiden Neugeborenen mit Haut und Haaren auffraß und sich gesättigt
an ihrer eignen Leibesfrucht wildschreiend ins Meer hinabstürzte und
ertrank. Bromios aber, der Untreue, hatte sich bereits der Ariadne
zugewandt, die er auf den Olymp entrückte, dort mit ihr der Wollust zu
genießen. Das allerdings ist ein Thema für das Lied eines andern Poeten.“
Damit endete Amphion seinen Gesang.
Die Musen beratschlagten sich, welchem von den beiden Dichtern der
Preis zuerkannt werden müsse. Aber während sie sich noch beratschlagten,
nahten zwei weitere Dichter, sie kamen von Osten den gewundenen Pfad
zum kastalischen Quell gewandelt. Es waren Eunomus, der Lyriker mit
seiner neunseitigen Zither, und der große prophetische Poet Orpheus. Die
Musen entschieden, auch diese beiden Dichter noch zu hören, bevor
entschieden würde über den Preis.
Also stimmte Eunomus seine neunsaitige Zither und strich die Saiten, erst
zart, dann stürmischer werdend in einem dorischen Vorspiel. Aber beim
Stürmischerwerden seines Vorspiels riß ihm eine der Saiten. Hilflos blickte
er drein, aber aus den heiligen Hainen des Parnassos kam eine grüne Grille
geflogen, spannte ihre Flügel über die Zither und opferte ihren
schöngeschaffenen Leib auf als eine Saite für den staunenden Lyriker. So
begann dieser nun zum Zitherspiel dieses zu singen:
„Liebe will ich singen, und alle Musen mögen im Reigen mit Amor mir
beistehn! Siehe, Liebe ist ein Weg der Schmerzen und der Qual zum Tode
und zu gleicher Zeit eine selige Kraft und ein Flug ins Land Elysium.
Liebe ist die köstliche Erfahrung des Einsseins alles Lebendigen und das
schmerzensreiche Ertragen aller Entfremdung. Liebe streckt den einen
Flügel in das Reich der Träume und den andern Flügel in die Plackerei der
Bauern. Liebe ist eine gemeinsame Meerfahrt durch die endlosen
Meereswüsten und ab und an eine Insel der Calypso mit herrlichen
Feenpalästen und fruchtbaren Gärten. Liebe ist das Mysterium und ein
herrlicher Abglanz der Gottheit des Anfangs. Liebe ist eine herrliche
Philosophie, welche ihre Dummheit gelassen erträgt. Liebe ist die
Einsamkeit des Zeussohns im Olivengarten und ist der selige
Frühlingsjubel bei der Wiederkunft des Zeussohns über die Meere. Liebe
ist ein unendliches Lied der heiligen Musen und die Kraft der Mutter Erde.
In Liebe ist die Zweiheit einig und die Einheit entfaltet. Liebe ist das
dauernde Kämpfen von Sympathie und Krieg, denn der Widerspruch ist
Vater aller Dinge, aber die Liebe ist die Versöhnung des Widerspruchs.
Liebe ist der mühselig-fleißige Ackerbau Hesiods und zugleich ein
Geschenk der Charis und ihrer Grazien. Liebe ist eine Flut von Tränen und
zugleich der höchste Genuß, den Epikur zu erstreben riet. Liebe ist eine
gemeinschaftliche Suche nach der Wahrheit und dem Guten und der
herrlichen Schönheit des Ewigen. Liebe ist eine Beflügelung der
Sehnsucht und eine unerschütterliche Hoffnung auf den Garten der
Hesperiden mit den goldenen Äpfeln des Lebens. Und Liebe ist meine
Sehnsucht nach Melione, die im Süden weilt fern von mir, die Geliebte!“
Damit endete Eunomos seinen Gesang.
Nun trat Orpheus vor. Seine siebensaitige Leier ward von dem Musensohn
gespielt, als ob ein Gott sie streiche, dazu sang er mit einer Stimme, die er
von seiner Mutter Calliope, einer der Musen, geerbt hatte, dieses Lied:
„Einst war ich wortreich, als ich noch unter den Lebenden weilte, nun aber
laßt euch, ihr Menschen und Heiligen, nur genügen an einem kurzen
Liede: Das Leben ist mir nichts als der Mangel an Leben. Die Liebe ist mir
nichts als das Fehlen der Liebe. O ihr todlosen Götter, ist nicht Einer unter
euch bereit, den Tod zu schmecken, der so bitter ist? Mir ist er
allgegenwärtig, denn meine Liebe ist der Tod! O Tod, du Allversöhner, der
du meine streitende Seele mit sich selbst versöhnst und mich heimführst in
den seligen Schoß der Liebe! Dir sei Lob, denn du, o Tod, bist das wahre
Leben, und das Leben ist nichts als ein tägliches Sterben! Darum preis ich
den unter den todlosen Göttern, der in deine Tiefe herabdringt, um bei mir
zu sein, der ich ein Abgeschiedner bin und als Schatte nur im Seufzen auf
der Erde wandle, den Menschen die Botschaft zu bringen vom seligen Tod,
der Leben ist.“ Damit endete Orpheus das Lied. Die Musen gaben,
geheimnisvoll genug, ihm den Lorbeerkranz.
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
Das Goldene Vlies
PHRIXUS
Nephele, die Nymphe, ging an einen klaren Quell, Wasser schöpfen mit
einem Krug. Neben dem Quell standen die schönsten orangenen Lilien.
Umher standen alte breite Platanen und gaben ihr Schatten vom hellen
Sonnenlicht. Sie setzte sich unter eine alte Platane und ruhte ein wenig aus,
der Zephyr des Maienabends spielte in den grünen Blättern. Bald neigte
sich die Sonne. Von den Rädern des Sonnenwagens sprühte rotes Feuer,
die purpurnen Rosse zogen das Triumphgefährt des Phöbus, von diesem
gelenkt, über das westliche Firmament auf die hesperischen Gärten zu. Die
Mutter Nacht erhob sich am Horizont und breitete ihren blauen Mantel
aus, in welchen sie ihre Kinder barg. Hesperus, der Abendstern, glänzte an
der Stirn des Firmaments mit diamantenem Funkeln. Nephele mochte sich
nicht trennen von ihrem Ruhesitz, die ganze abendschweigende Natur
wandelte an ihr vorüber. Die Lilien dufteten schöner, die Platanen
rauschten weicher, Hesperus blickte so glitzernden Blickes zu ihr, die mit
schönen Hoffnungen zu dem Gott des hersperischen Gartens schaute, denn
sie sehnte sich, dort einmal die Äpfel vom Baum der Hesperiden zu
speisen; so träumte sie müßig.
Sie hörte in dem Wipfel der breiten Platane eine Turteltaube rauschen mit
dem weißen Gefieder und Ruhelaute gurren, sie schaute herauf und sah der
Taube ins sanfte Aug. Das bewahrte ein stilles Feuer, wie olympisches
Lebenslicht, in ihrem Aug und blickte so lieblich aus der sanften Seele in
die Spiegel der Seele der Nymphe Nephele.
Da trat mit leisem Flügelrauschen der göttliche Psychopompus zu der
hellenischen Nymphe. Diese erhob sich vor seiner Herrlichkeit. Er trug
einen langen purpurroten Rock, mit goldenem Gürtel um die Brust,
darüber einen abendblauen Umhang, daraus hervor die schönsten goldenen
Flügel schauten, die leise im Abendlüftchen rauschten. An seinen bloßen
braunen Füßen trug er goldene Sandalen, die ebenfalls geflügelt waren.
Sein Haupt war von dunkelbraunem weichem Haar belaubt, auf dem ein
goldener Glanz ruhte. Sein Antlitz war sonnenbraun, die Augen goldbraun,
der Mund schmal und fein. Er war von einer wunderbaren Lieblichkeit und
Schönheit. Seine Gestalt war vollkommen, sein Gesicht die reinste Anmut
eines Jünglings mit milden Zügen.
Nephele stand vor ihm. Sie trug einen blauen Faltenrock und einen
dunkelblauen Umhang, der ihrem Haupt auch zum Schleier diente. Über
die dem heiligen Psychopompus entgegengestreckten Hände lag ein
violettes, goldgesäumtes Byssustuch. Ihr Gesicht war hellbraun, die feinen
Augenbrauen fragend, die hellbraunen Augen mandelförmig, die Nase lang
und fein, der Mund hell und weichgeschwungen. Ihre Hände waren
zartgliedrig und schmal, die sie ihm entgegenbreitete, um ihn fromm zu
empfangen.
In jenem Augenblick rauschte die gurrende Turteltaube herab aus dem
Wipfel der Platane und setzte sich auf Nepheles rechte Schulter, dort leise
girrend. Dazu erhob auch Psychopompus seine melodisch-schöne Stimme,
und wie ein Gesang in der Sprache des Himmels erklang seine heilige
Rede: „Anmutige Charitin! Zeus hat dich mit Liebe angeblickt! Dein
Sohn, der junge Phrixos, soll gerettet werden!“
Nephele war fromm vor den Heiligen und gab zur Antwort: „O heiliger
Psychopompus, du Meister des Wortes und Führer aus dem Totenreich! Ich
will in allem so tun, wie Zeus mir gebietet!“
Aus dem Dunkel der Nacht tauchte in diesem Augenblick ein Goldglanz
auf, und als es näher kam, war es ein reiner Widder, dessen Vlies von
geläutertem Golde war. Er war unmittelbar aus der Hand des Schöpfers
entsprungen. Nun stand der Goldene Widder vor Nephele und schmiegte
sich an ihre Seite. Sie neigte sich zu ihm und liebkoste sein weiches
goldsträhniges Fell. Da begann der Widder, den die Götter mit Rede
begabt hatten, zu Nephele zu reden: „Ich bin gesandt von Zeus, deinen
Sohn Phrixus zu retten aus den Intrigen der bösen Welt! Siehe, weil ich bei
dir bin, gewährt dir Zeus Kronion, diesen Mai auf dem Olymp zu wohnen
in der Halle der Himmlischen.“
Damit erhob sich Psychopompus und trat seine geflügelte Himmelfahrt in
die Halle des allmächtigen Vaters an. Nephele ward vom Goldenen Widder
entrückt auf den Gipfel des Olymp, wie Zeus einst auf den Flügeln des
Adlers den Ganymed entrückt hatte.
Nephele hatte einst dem König Athamas von Athamanien zwei Kinder
geboren: den Erstgeborenen, den Sohn Phrixos, und die jüngere Schwester
Helle. Diese lebten bei dem König in seiner Burg, als Nephele auf den
Olymp entrückt war. Der König hatte aber eine Zweitfrau, das war die
zänkische Ino, die er wegen ihrer Schönheit begehrte. Sie hatte große
dunkle Augen, volle Lippen, die weich waren, eine lange schlanke Gestalt,
und wenn sie ging, schimmerten ihre Brüste durch ihr leichtes Kleid.
Diese war eifersüchtig auf die Kinder der Nephele, denn sie waren die vor
ihren beiden Söhnen Geborenen und würden reicher erben. Darum machte
Ino den beiden Nephele-Kindern das Leben schwer. Da sie das Regiment
des Haushalts in der Königsburg führte, legte sie den beiden
Königskindern niedrige Arbeiten auf. Früh scheuchte sie sie auf von ihrem
Lager und gab ihnen Arbeiten, wie sie Herkules hatte erledigen müssen in
den Ställen des Augias. Athamas war ein willenloser, seiner Zweitfrau
hörig ergebener Mann, der dies alles geschehen ließ. Er konnte Ino keinen
Wunsch verwehren, denn wenn er ihren Launen nicht folgte, weigerte sie
sich ihm abends im Ehelager.
Aber es reichte Ino nicht, Phrixos und Helle zu quälen, sie wollte die
beiden tot sehn! Darum entwickelte sie eine böse Intrige. Im Orte war ein
Wahrsager, zu dem ging sie und bestach ihn mit dem königlichem Gold,
eine falsche Prophezeiung zu geben. Er gab daraufhin kund, daß, wenn
Phrixus und Helle nicht dem Hades und seinen Erinnyen geopfert würden,
über das ganze Land Athamanien eine verderbliche Pest käme.
Athamas entsetzte sich sehr über diese Prophezeiung. Er hatte sich aber im
Laufe der Zeit den beiden Nephele-Kindern entfremdet. Auch beredete Ino
ihn, daß ihm als König das Wohl des Landes und seiner Untertanen mehr
am Herzen liegen müsse als das persönliche Wohl zweier Menschen. Sie
sagte: „Es ist besser, daß dein Erstgeborener sterbe, als daß dein ganzes
Volke verderbe!“ Daraufhin beschloß Athamas, die beiden Kinder zu
opfern. Er ließ einen Tag festsetzen, an dem in einer feierlichen
Weihehandlung die beiden Menschenopfer vollbracht werden sollten zur
Versöhnung des Gottes der Schatten und seiner Geister der Vergeltung!
Nephele sah vom Olympos aber das Schicksal ihrer Kinder, des betrübten
Phrixus und der ängstlichen Helle, und beschloß, sie zu retten. Was auch
anderes hätte ein liebendes Mutterherz beschließen können? Darum kam
die Mutter mit dem Goldenen Widder vom Olympus auf die Erde herab,
nach Athamanien vor die Königsburg, und rief ihre Kinder heraus. Phrixus
hatte in der Nacht zuvor schon geträumt, daß Dädalos käme mit seinem
Sohne Ikarus, und die beiden lehrten Phrixus fliegen und fliegend zu
entfliehen seinem Jammer! Dieser Traum hatte ihn mit Hoffnung erfüllt.
Und nun sah er, aus der Burg herausgetreten, seine herrliche Mutter, die
Nymphe Nephele, und den Goldenen Widder! Voller Staunens und
Entzückens über dies Wunder, rief er seine Schwester Helle ins Offene. Zu
den beiden, dem jüngeren Mädchen und dem älteren Jüngling, sprach also
der Goldene Widder: „Setzt euch auf meinen Rücken, ich will euch retten!
Klammert euch nur fest an mein goldenes Vlies!“
So stieg der Goldene Widder auf und flog durch die Lüfte fort aus dem
Königreich Athamanien. Sie flogen der aufgehenden Sonne entgegen.
Aurora erwartete sie mit ihren goldenen Rosenkränzen und dem
himmlischen Lächeln. Titan erhob sich in seiner goldnen Majestät, mit der
goldnen Königskrone, in der Hand den goldenen Stab, und begrüßte mit
dem Gesang der Sonne die Exilanten. Gewölke, blühende Vliese von
himmlischen Lämmern, trieben leise rauschend um den fliegenden
Goldenen Widder. Luftige Genien, zarte Eroten, trieben um sie durch das
blaue Meer des Äthers. Alles war Lachen und Jubelgesang, alles war
heitere sonnengoldene Freude, wie im Goldenen Zeitalter, wie in
Hesperien am Ende der Tage!
Helle ward aber leichtsinnig, klammerte sich nicht mehr fest an das
goldene Vlies des Widders und schaute zur zurückbleibenden Erde und
dem Land Athamanien zurück. Wenn es auch ein Jammer gewesen war
unter der Rute der bösen Stiefmutter, in der Burg des willensschwachen,
wollusthörigen Königs viele Tränen ihr geflossen waren, so war es doch
immerhin das Land ihrer Kindheit, in dem sie unter Zeiland und Saffran
gespielt, inmitten von Veilchen geweidet wie ein kleines Lämmlein, in den
liebreich plätschernden Quellen gebadet hatte und dem Gurren der Tauben
in den breitästigen Platanen am Abend immer so gerne gelauscht. Da hatte
sie auf Grashalmen, wie Zikaden, Lieder gezirpt, die Pan, Arkadiens Gott,
verherrlichten, an diesem Lande hing ihr Herz.
Da sie nun leichtsinnig sich nicht mehr festklammerte am Goldenen
Widder und verderbliche Sehnsucht nach dem Lande ihrer Tränen sie
ergriff mit rührseliger Sentimentalität, stürzte sie vom Rücken des
Goldenen Widders und fiel und fiel, taumelnd durch die Lüfte, haltlos,
verloren, Angstschreie schreiend in die Tiefe und ertrank im Pontus, dem
Schlund des Meeres. Dieses ward nach Helle fortan der Hellespontus
geheißen. In diesem Meere ward die Leichtsinnige getauft in den Tod, aber
es heißt, daß der Gott des Goldenen Widders, der Erfinder dieses
himmlischen Geschöpfes, aus großem Mitleid mit der leichten Helle, diese
schließlich doch noch gerettet habe.
Phrixus weinte ihr nach, und unter Schreien vernahm er kaum die leisen
Worte des Goldenen Widders, der ihm gütlich zuredete und ihm verhieß,
Helle sei nicht verloren. Schließlich beruhigte sich Phrixus. Wohl war ihm,
wunderbar wohl inmitten seiner Traurigkeit um die Schwester, so in das
goldene Vlies geborgen. Der Widder setzte langsam zur Landung an. Unter
ihnen lag das Marmara-Meer mit seinem mütterlichen Gewoge, aus dem
die Aphrodite des Bosporus auftauchte mit dem himmlischen Lächeln. Die
Musen der Krim strichen ihre goldenen Leiern zum Empfang des
Geretteten. Die Nymphen der Dardanellen jauchzten und klatschten in die
Hände. Die Flußgötter der Donau und des stillen Don tosten Preisgesänge
auf den rettenden Widder und den geretteten Phrixus. Am Ufer des Pontus
Euxinus setzte der goldene Widder seine herrlichen Hufe auf die Erde, und
Phrixus stieg herab. Hier sollte sein Refugium sein.
Und mit dem Goldenen Widder trat Phrixus in Kolchis ein und kam zur
Königsburg des Aietes, des Königs der Kolcher. Hohe, eherne Tore, uralte
Pforten standen offen dem Ankommenden, Schutzflehenden. Zwei
mächtige Säulen, nichts tragend, allein der Schönheit willen, standen den
Göttern geweiht am Eingang. Er trat über die Schwelle auf den Vorhof, der
von Rebenlauben umgürtet war, an denen die prachtvollsten Trauben
hingen. Süßrauschende Springquellen mit lebendigem Wasser sprangen
vor ihm auf, den Wasserstaub in den Lüften zerpudernd. Vom Vorhof kam
er zum Mittelhof, von einem Säulengang umgeben, hinter welchem die
Gemächer lagen. Im Eingang zum Innern der Königsburg stand König
Aietes: ein großer Mann, mit langen schwarzen Haaren, mächtigem
schwarzen Bart und glühenden braunen Augen.
Und dieser nahm Phrixus auf, ja, er verhieß ihm eine Hochzeit. Von
diesem Tage an lebte Phrixus, gerettet, glücklich bis an die Stunde seines
Abscheidens.
Aber das Unterpfand seines Glückes war folgendes. Als Phrixus vor den
König Aietes getreten war, hatte der Goldene Widder zu Phrixus diese
Worte gesprochen: „Siehe, aus dem Jammer Herausgetragener, eines ist
not, daß du ein Opfer bringst dem König der Götter zum Dank für deine
Errettung. Er ist wahrlich der Gewaltige, der Beistand allen Hilferufenden,
der allmächtige Schirmer und Menschenhüter! Er ist der Heiligste aller
Götter, denn er ist der König und Vater der Götter und Menschen!“
„Welches Opfer soll ich dem Gewaltigen bringen, dem allmächtigen Vater?
Soll ich ihm Wein, mit Honig versüßt, ausschüttet zum Trankopfer oder
Wasser vom Quell der Donau? Soll ich ihm einen Stier in Flammen
aufgehn lassen oder ihm den Duft des syrischen Weihrauchs zukommen
lassen?“
„Er hat kein Gefallen an deinen Opfern, denn sie sind alle nicht
vollkommen genug. Es gibt für dich nur ein einziges Opfer, mit dem du
zum Dank für deine Rettung Zeus, dem allmächtigen Vater, ein Opfer
bringen kannst. Dies Opfer ist bereit.“
„Welches Opfer ist es? Soll ich selbst mich opfern? Soll ich mich, den der
Allmächtige aus Todesnot rettete, ihm zum Dank in den freigewählten Tod
stürzen und in letzter Menschenfreiheit all meine Freiheit von mir
abwerfen? Wenn es meinem Retter gefällt, will ich zu seinem Ruhm auch
in den Orkus steigen!“
„Was wäre das für ein Opfer, wenn ein Herzensfrevler wie du sich opferte?
Würdest du doch, wenn du einen Stier aus einer Herde opfertest, den
besten Stier dir zum Opfer wählen, und nicht den schwachen und
hinkenden. Nein, ein vollkommenes Opfer mußt du opfern, und dieses
Opfer ist bereit.“
„Öffne meine Augen, o Goldener Widder, daß ich das Bereite sehe!“
„Siehe, so ist es, denn es ist offenbar und dir doch verborgen. Siehe, ich
bin’s!“
„Du sollst das Opfer sein? Meinen Retter sollt ich opfern?“
„Zeus gebietet es. So gehorche!“ sprach der Widder und schritt aus der
Königsburg auf den Kriegshügel vor den Mauern der Burg, da der
verfluchte Aresbaum stand. Daselbst legte er sich auf den Opferaltar.
Schrecklich war Phrixus zumute, als er das Schlachtmesser nahm und dem
Goldenen Widder die Kehle durchschnitt, daß das heilige Blut
herausspritzte! „Aiaiaiai!“ rief Phrixus, „mein Retter mußte geopfert
werden!“
Dann zog er ihm das Goldene Vlies ab. Der König der Kolcher trat hinzu,
in seinen Händen hielt er fünf Nägel, mit denen er das Goldene Vlies des
Retterwidders im verfluchten Aresbaum befestigte.
Die Nacht brach herein. Phrixus saß am Ufer des Schwarzen Meeres.
Dichte Wolken verhüllten das bleiche Antlitz der Jungfrau Mondin, nur
ihre silbernen Tränen tropften zur Erde. Dindymene weinte, mit fliegenden
Haaren jagte sie über die nächtlichen Hügel und schlug sich an den
mächtigen Busen. Die Götterjünglinge standen stumm vor Schmerzen.
Zeus hatte sein Vaterantlitz abgewandt. Mit fürchterlich grollendem
Donner ließ er seine Schicksalssprüche durch den Äther erklingen.
Am Morgen aber ging Himeria, die Nymphe des Morgensternes, mit der
süßduftenden Myrrhe ihrer Schönheit, über den Wäldern des
Kolcherlandes auf. Herrlich glänzte der Widerschein des Morgensternes
auf dem Goldenen Vlies. Blendender Glanz erfüllte dem trauernden
Phrixus die Seele, erfreuend wie die Sonne, die lächelnd sich von der Tiefe
in die Höhe des Himmels erhob. Alles jauchzte Leben, Triumph,
Unsterblichkeit, ewigen Ratschluß Zeus’ und heilige Gerechtigkeit des
allwaltenden Schicksals! Die Himmlischen schütteten Freude und
Glückseligkeit dem Phrixus in das Herz. Er wandelte zu seiner Braut, die
Hochzeit zu feiern.
An den König Aietes war der prophetische Spruch ergangen, daß sein
Leben sicher wäre, solange er im Besitz des Goldenen Vlieses sei. Kein
Speer, kein Gift, kein Tiger könnte ihm irgendetwas anhaben, denn er stehe
im Schutz des Goldenen Vlieses, solang es sein Eigentum sei.
Aietes bangte, das Goldene Vlies zu verlieren. Todesangst ergriff ihn. Es
war ihm wie zur Stunde seiner Geburt, da er durch die Enge des
Mutterschoßes hinaus mußte und Atemnot bekam durch die heftigen
Wehen seiner schmerzensreichen Mutter. Er hatte den warmen
Mutterschoß verlassen müssen, war ausgestoßen worden aus der tiefen
Geborgenheit unterm Herzen seiner Mutter. Da begann seine Todesangst,
die nun durch das Orakel schrecklich in ihm wieder erweckt worden war,
wie ein schlafender Drache erweckt wird durch den Zaubergesang einer
Hexe.
Drache! ja, einen gewaltigen Drachen mußte Aietes herbeibringen, das
Goldene Vlies zu bewachen. Niemand sollte je seine Hand an das Goldene
Vlies legen! Keinem andern durft es gehören, als nur ihm allein! Nicht
sollte das Goldene Vlies seinen Segen über ganz Hellas und Kleinasien
verbreiten, nicht Thule und nicht das indische Nyssa sollte sein Glanz
erreichen, sondern einzig und allein das Eigentum des Königs Aietes sein.
So ließ der Kolcherkönig von seinem Heer einen Drachen des Waldes, der
da in einer Felsenhöhle hauste, herbeischleifen, an den verfluchten
Aresbaum binden, daß er wache für alle Zeiten, bis an das Ende der Tage,
daß niemand seine Hand lege an das Goldene Vlies.
DIE ARGONAUTEN
Jason, der Sohn des Äson, der Sohn des Kretheus, kam gewandert, um
seinen Thron nach dem Tode seines Vaters einzunehmen. Aber in der
Königsburg der Stadt Jolkos im Lande Thessalien, an der Küste des
ägäischen Meeres, saß auf dem Thron des Jason Vetter Pelias. Dieser
entsetzte sich vor Jason, denn er erkannte, daß die Götter mit ihm waren.
Er sah des Jason majestätisch-schönen Wuchs, seine außerordentliche
Schönheit des Angesichtes, er sah ihn gekleidet in das schwarze
Pantherfell, und fürchtete sich, seine Macht zu verlieren. Auch gegen den
Willen der Götter - was scherten ihn die Götter? - wollte er sitzen auf dem
Thron des Äson, des Sohnes des Kretheus, und über Jolkos herrschen.
Darum gab er listig dem Jason einen Auftrag, der ihm unmöglich zu
erfüllen schien (so auch wurde einst dem Herakles seine Arbeit gestellt),
mit der Verheißung, daß Jason, wenn er die Aufgabe erfülle, den Thron
von Jolkos besteigen könne, denn dann würde er, Pelias, frewillig
zurücktreten. Dies, von Pelias als eine Hinterlist gedacht, lag nun ganz im
Sinne des Schicksals, und war von den Dreien, die des Jason Schicksal und
seinen Lebensfaden mit allen Verwicklungen in Händen hielten, so
gedacht, denn auf diese Weise sollte das Goldene Vlies kommen nach
Thessalien. Dies war nämlich der Auftrag, den Pelias dem Jason stellte,
das Goldene Vlies aus dem Kolcherlande nach Jolkos zu holen.
Darum ließ Jason ein Schiff bauen, das das schnellste und sicherste Schiff
Griechenlands werden sollte, die Argo. Die Jungfrau Minerva segnete den
Bau der Argo und stellte für die Argo eine Orakeltafel sprechenden Holzes
aus dem Dodonischen Haine, da das Wort Zeus’ umging.
Die tapfersten Helden Griechenlands warb Jason an, mit ihm auf Fahrt
nach der Reliquie zu gehen. Sie versammelten sich im Innern der Argo, die
im Hafen von Jolkos lag. Da sie alle versammelt waren, nachdem sie
fromm gebetet hatten und sich anbefohlen dem Schirm der Jungfrau
Minerva, redete die prophetische Tafel aus dem Dodonischen Haine des
Zeus:
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los!
Tiphys, du, o Sohn des Agnius, du wirst der Steuermann sein. Du wirst
dich in wütenden Stürmen an das Steuer binden lassen und dich peitschen
lassen von den Wogen des Meeres, wenn Poseidaon kommt mit den
Schlägen des Dreizack! Unter deiner Führung wird die Argo auf den
Wellen in die tiefen Wogentäler stürzen, daß die Wellen darüberhin
zusammenbrechen, alsdann aber wird die Argo hinaufgeschleudert, daß sie
tanzend auf den Wellenspitzen den Rand des Himmels berührt. In allen
Läufen des Schicksals, in allen Niederungen und Finsternissen und in allen
Sonnenaufgängen und herrlichen Kraftwirkungen wirst du treu am Steuer
stehen und die Mannschaft in der sicheren Argo durch die Fluten führen.
Du wirst dich anvertrauen dem heiligen Deukalion, der in den Urzeiten der
Menschheit durch die Sintflut schiffte, du wirst die Argo leiten ins Land
des Goldenen Vlieses, wie einst Deukalion in seiner Nußschale kam und
landete auf dem Gipfel des Helikon, wo er einen Weinstock pflanzte und
Zeus’ Töchter, die reigentanzenden Musen begrüßte! Aber, Tiphys, du bist
nicht unsterblich, sondern wirst sterben müssen. Aber du wirst sterben im
Lande der Maryandiner und daselbst von Maryander, dem Heros, ein
würdiges Grab bekommen. Du wirst an einer Krankheit sterben, die dich
schmerzlich hinwegrafft und dir dein Herz durchbohrt. Aber deine Seele,
Tiphys, dein besseres Teil, wird dein Grab, die Felsenhöhle, im Lande
Maryanders ewig umschweben! Sei nur getrost, denn die Seele ist ein
unvernichtbares Atom!“ Tiphys verneigte sich tief vor der prophetischen
Tafel und küsste das Holz.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los!
Lynkeus, du, Sohn des Aphareus aus Messenien und dem Mädchen Arene,
du bist der Weitblickende und Scharfsehende! Siehe, messenischer Sohn,
einst wirst du mit den Halbgöttern, den Tyndariden, auf Jagd gehen, aber
es wird ein grausames Gemetzel werden. Auch dein Bruder Idas erwarb
sich Zorn der Götter, denn der Gott der Seher bewarb sich um die Jungfrau
Marpessa, er wollte ihr erscheinen als ein duftender Sonnenstrahl. Aber
dein Bruder Idas war in sterblicher Leidenschaft entbrannt für Marpessa
und verlockte sie mit dem Beistand der Peitho, der Überrederin, welche
eine Sklavin der Venus ist. Sie machte süßlockende Honigworte und
schmeichelte der Jungfrau, daß sie sich dem Sterbling Idas ergab und den
Gott der Seher verließ. Sie gebar die Cleopatra; aber der Gott, der Sohn
Zeus’, war zornig in seiner verschmähten Liebe und ließ einen
unheimlichen Schatten auf die Seelen der Marpessa und Cleopatra und des
Idas fallen. Scharfsehender Lynkeus, dir sei geraten, und laß dir raten,
Weitblickender, die Götter zu fürchten und sie zu ehren mit frommen
Gebeten und niemals eine Maid, die ein Gott sich erwählt, zu verführen
mit den berauschenden Lockungsworten der süßen Peitho! Denn sonst
könnte der Zorn Apollons über dich kommen!“ Lynkeus verneigte sich tief
vor der prophetischen Tafel und küsste das heilige Holz.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los! Du,
o Herakles, sollst von deiner Braut das Nesselhemd des Fluches anziehn
und in Qualen sterben, die du kamest seligzumachen mit deiner
Heroenliebe! Wisse, Herakles, sie wußte nicht, was sie tat, denn sie
lauschte den Verführungskünsten eines Tiermenschen, welcher von deiner
Herrlichkeit beleidigt war in seiner Verworfenheit. Du selbst, o herrlicher
Heros, wirst dich in das Feuer stürzen, welches dich verzehren wird, du
wirst den Staub deiner Knochen in die Asche mischen! Aber dein
unsterbliches Teil wird in den Flammen jubilierend aufjauchzen, denn du
wirst entrückt von Zeus, deinem Vater, und in den Hallen der
Himmlischen, in der olympischen Burg wirst du tafeln an den ewigen
Tischen, daselbst wird Ganymed dir den Trank der Götter reichen und
Hebe dir das Geheimnis der ewigen Jugend mitteilen, denn du wirst das
Ambrosia der Genien essen und die Äpfel der Hesperiden werden dir
munden, und du wirst sein wie ein Ölbaum in der Halle des Zeus!“
Herkules verneigte sich stumm vor dem Orakelholz und küsste demütig
den prophetischen Balken.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los! Du,
Peleus, hast ein ehrenvolles Los, denn du wurdest Vater des Helden
Achilleus! Peleus, möge dich ehren ganz Asia und Hellas, India und
Ägypten und die Länder der Hyperboräer als den Vater des Helden. Siehe,
Thetis ward deine Braut, die Meerische, alle Götter des Olymp
versammelten sich zu eurer Hochzeit. Thetis flossen die Haare wie
schaumbraune Wellen, die Augen wie blaue Blumen, die Lippen wie
Korallenblüten, ihre Brüste weiß wie Schwäne, ihr Schoß wie eine
Muschel. Und du bist ein Sterblicher, denn so wollte es Zeus, daß die, die
du deine Göttin nennst, einen sterblichen Mann zum Gatten nahm. Aber
wirst du an ihrer Unsterblichkeit teilhaben? Oder wirst du in den
Heldentaten deines Sohnes fortleben? Wird der blinde Mäonide, wenn er
den Helden Achilleus preist, auch seinen Vater preisen? Wird man noch an
den blauen Gewässern des Smirnio deines Ruhmes gedenken? Und wird es
reichen für deine Unsterblichkeit, durch die Harfe des Musensohnes
erhoben zu sein in die himmlische Welt? Woher deine Unsterblichkeit,
Sterblicher? Sorge dich drum und suche, das Wohlgefallen des Höchsten
zu finden auf dem Weg, den er dir vorzeichnet. Sieh, denn durch deine
unsterbliche Gattin will Zeus dich führen zum Weg!“ Und Peleus neigte
sich vor den dunklen Worten der hellen Tafel und küsste das heilige Holz.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los!
Telamon, du, du Bruder des Peleus und des Herakles Freund! Sohn der
Endeis von Ägina, sei nur immer treu deiner Gattin Glauke. Wisse,
Telamon, wenn Glauke weiter kinderlos bleibt, dann wird sich dein
Freund, der Sohn des Zeus, bei seinem Vater für dich verwenden und für
den Schoß der Glauke, auf daß sie schwanger wird mit einem Kinde. Und
so ist es geschehen, denn was kommen wird, das ist schon geschehen in
dem Äon des Schicksals. Und Ajax wird dir geboren, der Schreckliche, der
wehe, Telamon, der einen schrecklichen Tod wird finden. Nicht rettet ihn
deine Liebe zum Sohne, nicht rettet ihn Glaukes Mutterliebe, sondern
frewillig-unfreiwillig wird er sich in den eigenen Tod stürzen und hoffen
auf die Gnade der lebendigen Götter, daß sie ihn aus dem Orkus erlösen
und zum Helden Achilles und der reizenden Helena senden in die
elysischen Gärten.“ Telamon erschrak, beugte sich aber vor dem redenden
Eichenbrett aus dem Dodonischen Haine und küsste das weissagende
Holz.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los! Ihr,
Zwillinge, Kastor und Pollux, höret mir zu! Ihr seid die Gottesjünglinge,
ihr seid die tyndaridischen Dioskuren, Söhne des Zeus und der
schwanengleichen Jungfrau, Brüder der schönen Helena. Aber Kastor, du
bist sterblich! Warum raubtet ihr euch eure Geliebten? Warum raubtet ihr
Phöbe und Hilaria, daß es zum Kriege kam, wie es wegen des Raubes der
Helena zum Krieg um Ilion kam? Denn wegen dieses Krieges um die
Geliebte, darum mußte Kastor sterben! Ja, du wirst sterben, und dein
unsterblicher Bruder, der gottgeliebte Pollux wird trauern, wird untröstlich
trauern! Aber Zeus, euer Vater, wird mit einem Trost sich nahen für Pollux:
Siehe, Pollux, spricht er, du wirst zum Trost für deine Trauer auf den
Olympos und zum Sitz der Himmlischen werden versetzt. Aber, Kastor,
derart war die Liebe deines unsterblichen Bruders, daß er bereit war, sein
Heil zu opfern für deine Seligkeit, um deiner Liebe willen! Und so
tauschte er deinen Aufenthalt, den Grabesort, mit dir und du, du kamest in
die Halle der Himmlischen! Seliger Tausch, göttlicher Kommerz! Aber
daselbst in deiner Seligkeit wirst du Pollux so lieben, daß du deine
Herrlichkeit nicht festhältst, wie ein Räuber seinen Raub festhält, sondern
steigst hinab und legst dich in das Grab deines Bruders, auf daß er in die
Burg des Zeus hinauf darf! Seliger Tausch, göttlicher Kommerz! Darum
wird eure Liebe unsterblich sein! Darum werdet ihr, Gemini, am
Firmamente leuchten als Schutzheilige allen den Seefahrern, auf die Fluten
des Lebens euer heiliges Liebeslicht sendend!“ Daraufhin verneigten sich
Kastor und Pollux vor dem Orakelholz und küssten die redende Tafel
Zeus’.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los!
Salmoneus, du schöner Salmoneus, wirst lieben das liebe Mädchen von
Tyro. Tyro, wirst du singen, du Reh, du Veilchenblüte zwischen
unfruchtbaren Disteln! Salmoneus, wird sie singen, du Pfirsichbaum
inmitten des Waldes! Eurer süßen Liebe, wert eines Gedichtes von Sappho,
wird der Knabe Neleus entspringen. Du nämlich, Neleus, bist der Zwilling
des Pelias und ausgesetzt in deiner Kindheit, von Hirten aufgezogen. Mit
deinem Bruder wirst du Streit streiten um die Herrschaft, aber du, o
Neleus, wirst vertrieben aus Thessalien. Gehe hin und vermähle dich, du
stattlicher Neleus, mit der schönen Chloris, denn die Frucht eurer Liebe
wird nicht allein der Wollüstling Evagoras sein, der Rasende in dem
Schwarme der Bacchantinnen, der Weintrinker und Pilzekauer, sondern
wird auch sein der weise Nestor. Er wird weise sein, dein Sohn, o Neleus,
ja Nestor wird weise sein, weil er an den Anfang all seines Sinnens und
Trachtens die Furcht vor den Göttern setzte. Und wie die Götter vor die
Vollendung die Mühsal setzten, so setzten sie vor die Weisheit die
Gottesfurcht. Dein Sohn, o Neleus, wird ein ewiges Symbol der Weisheit
werden, der Sohn Salmoneus!“ Und Neleus verbeugte sich vor der
redenden Tafel und küsste das prophetische Holz aus dem Haine Zeus’.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los!
Meleager, du trefflicher Jäger, sagen will ich von dir, wie du tapfer das
Untier gejagt, den calydonischen Eber, das Unheil des Landes. Deine
Brüder im Geiste mit dir, Jason, Mopsus, Echion und die andern. Peleus
aber verbarg sich vor der Wut des grauenhaften Untiers oben im Wipfel
der Fichte, aber da griff der calydonische Eber an und hackte mit seinen
Hauern am Stamm der Fichte. Fürchterlich nahten dem Eber aber die
herrlichen Dioscuren, Kastor und Pollux, die Götterjünglinge, da entsetzte
sich tief in seiner viehische Seele der Eber und verbarg sich im tiefen
Walde. Siehe, da kam sie, die Jungfrau, die heldenmütige Atalante. Sie
legte den Pfeil an, sie spannte den Boden und rasch wie der Blitz des
Donnerers flog der Pfeil, und wahrlich, sie war die Erste, die das Untier
verletzte, ihr Pfeil der erste, der traf. Darum konntest du, o Meleager, den
calydonischen Eber erlegen, weil die wunderbare Jungfrau Atalante den
Eber zuerst verletzt. Darum auch, Meleager, erkanntest du ihr den
Siegespreis zu. Den nicht ohne beneidet zu werden die Jungfrau nahm.
Laß mich Atalante rühmen, o Mann Meleager: Siehe, sie ward im
Waldgebirge Parthenion ausgesetzt als Mädchen und von der himmlischen
Jungfrau aufgezogen. Du aber liebtest sie, denn in ihrem Wesen erschien
dir die himmlische Jungfrau selbst. Darum auch nanntet ihr die Frucht
eurer Liebe Parthenopäus, wohlgeraten der reine Knabe. Aber dein ist der
Tod, und kommen wird der Schmachtende, Milanion. Siehe, ihn werden
die Schmachtenden späterer Zeiten, Poeten des himmlischen Eros, zum
Namen nehmen, denn er verherrlichte in seiner schwärmerischen Seele die
Mutter Parthenopäus. O Mutter Parthenopäus, du Reine, aus dem
Parthenion stammende Jungfrau, von der himmlischen Jungfrau selbst
erzogen! so scheinest du mir nichts Irdisches mehr, dem Sinnlichen
himmlisch entrückt erscheinst du als Sternbild, als Himmlische, als Selige
aus Elysium: Ich aber nur ein Sklave deiner Herrlichkeit, ich nur ein
demütig vor dir im Staube liegender Preisender und Rühmender deiner
reinen Schönheit, der in dir das Ideal der Schönheit verehrt! So wird,
Meleager, die Mutter deines Sohnes verewigt von den Poeten als Sternbild
der Mutter Parthenopäus, und im Sternbild der Jungfrau wird sie Cynthia
heißen, wie die himmlische Jungfrau selbst!“ Da beugte sich Meleager tief
auf den Boden und küsste demütig das prophetische Holz.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los!
Siehe, Menötios, deines Namens preisen die Griechen des Sohn des
Japhetos und der Nymphe Asia, denn vom Orient kam Japet und zeugte
mit Asia sich Nachkommenschaft, die sich auf dem Peleponnes ausbreitete
zum Ruhm des Höchsten. Du aber, du wirst heißen der Vater des Patroclus.
Aber vor allem wirst du gepriesen, weil du vertrauter Freund des Herakles
heißest. Siehe, im Schatten des Zeussohns und doch an seiner Seite, unter
seinem Schirme stehend und doch auch an seinem Herzen ruhend, zu ihm
verehrend aufsehend und doch vertraut ihm alle Händel deiner Seele
sagend, ihm nachfolgend und doch mit ihm in dem selben Kampfe
kämpfend, ihn zum Vorbild für alle Schritte deines Lebens nehmend und
noch im Tod ihm nacheifernd: denn ihm nachsterben wolltest du und dich
ebenfalls auf den Scheiterhaufen legen. Ja, auf dem Scheiterhaufen
wolltest du würdiger Zeuge sein der Freundschaft des Zeussohnes, mit der
dieser dich würdigte. Und nur, indem du ihm ähnlich ihm nachstarbest,
hofftest du, ihm gleich zu werden, und nur, indem du ihm gleich wurdest,
glaubtest du, seiner hohen halbgöttlichen Freundschaft würdig zu sein.
Ehrenvoller Tod, zu sterben wie Zeus’ Sohn!“ Da neigte sich Menötios
zitternd vor dem redenden Brett und küsste die weissagende Tafel aus dem
Haine des Zeus.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los!
Euphemos, du Schöner, du Verschönerer alles Irdischen, du bist Sohn des
Meeres, deine Mutter Mecionice, die Königstochter von Eurotas, ist auch
eine Tochter des Meeres. Darum bist du vertraut mit dem Meere und
wurdest, an der Seite des Steuermannes der Argo Steuermann der Argo.
Siehe, dir wird im lieblichen Lybia einst der Triton durch das Raunen einer
Meeresmuschel reden und dein Los lassen fallen auf ein liebliches Land.
Nicht aber wird in deinen irdischen Tagen dein Fuß dies Land betreten,
Euphemos, so schön dir auch die Erde erscheint, aus der Hand des
Schöpfers entsprungen, die Meerumgürtete, sondern erst in der Zukunft
wird es dein! Siehe, im siebzehnten Geschlecht wird sich der Segen
erfüllen. Du aber wirst die Freuden der Liebe nicht entbehren müssen,
denn dein Herz wird Haus sein der Liebe zu Malache, des lieblichen
Mädchens von Lemnos, und die Lemnierin, die Meerestochter wird Mutter
des Königs von Kyrene. Aus Kyrene aber wird aufstehen Simonis, der
tragen wird das schwere Los des Helden. Und darum: Siehe, ich will
Kunde geben vom Helden und seinem schweren Los!“ Da staunte
Euphemos, der Verherrlicher, und wunderte sich über die dunkle und
obskure Weissagung, nicht verstehend, und dennoch verehrend, neigte er
sich vor dem prophetischen Holz und küsste die Weissagung Zeus’ durch
den Mund der Jungfrau Minerva.
HYLAS
Die Argonauten fuhren über die Ägäis und kamen nach Lemnos. Dort
wurden sie von den schönsten Lemnierinnen bewirtet, die alle reizend
aussahn und die Röcke hochgeschürzt trugen. Ihre Obergewänder waren
leicht und wehten im Anhauch des Zephyr um ihre schönen Brüste. Sie
waren alle Meisterinnen der sinnlichen Liebe, und die beiden Dienerinnen
der Aphrodite, die Mädchen Verlockung und Überredung, standen ihnen
mit allen gefährlichsüßen Mitteln zur Seite. Da lullten sie die Argonauten
in den tiefen Schlaf der Wollust, und einige Monde zogen hin, da die
Argonauten nichts anderes als honigsüßen Wein der Liebe tranken. Der
blinde Gott traf manchen mit seinem Pfeil, manchen ritzte er auch nur,
dennoch wütete des Gottesknaben Wut unter den Argonauten. Viele wären
bereit gewesen, die Fahrt für immer aufzugeben, ja, alle ließen es sich
wohl gehen im Schoße der lüsternen Weiber. Herakles, der Halbgott,
mahnte mit strengen Worten die in Wollust zu Weichlingen gewordenen
Argonauten zur Weiterfahrt. Da besannen sich die Argonauten wieder auf
ihre heroische Aufgabe, das Goldene Vlies nach Griechenland zu holen.
Man setzte die Segel und schiffte weiter über die Ägäis.
Schließlich kamen sie nach Bithynien, da in einem Meeresbusen die Stadt
Kios lag. Die dort wohnenden Mysier empfingen die Argonauten sehr
freundlich und luden sie ein, am Strande sich ein Zeltdorf zu errichten,
dazu brachten die Mysier Speis und Trank herbei. Die Argonauten, nicht
gründlich geheilt von ihrem Hang zur bequemlichen Wollust, ergaben sich
diesmal nicht der erotischen Wollust, aber der Wollust des Magens und der
Faulheit, die sie für eine Göttin hielten: Gliedererschlaffende! nannten sie
sie zum Spaß.
Da brannten vor den Zelten die hohen Freudenfeuer des Festes, daß sie der
Göttin der Muße feierten. Bockslederne Schläuche mit mysischem Weine
kreisten zwischen den Männern, die trunken wurden, weil sie sich beim
Weintrinken nicht von Weisheit leiten ließen. Sie begannen zu tanzen mit
den mysischen Freudenmädchen, welche die Ältesten der Stadt Kios zu
den Griechen hinausgeschickt hatten. Sie umschlangen einander und
tanzten umschlungen tolle schlingende Tänze um die prasselnden Feuer.
Manche sanken hinab in den Sand und ergaben sich der Buhlerei.
Alle feierten aber die Göttin der Muße mit einem opulenten Opfermahl,
welches sie selbst verspeisten: Der Gott eines Toren ist sein Magen! Sie
schlangen die frugalsten Opfermahlzeiten hinunter, Ziegen, Kaninchen,
Eberschenkel, dazu Kraut und Oliven, alles hinuntergespült mit dem süßen
schweren mysischen Rotwein, der mit Honig und Gewürzen angereichert
war (Wasser hinzuzutun verschmähten die Argonauten).
Einige lagen auf dem Sand vor den Zelten und schnarchten wie grunzende
Wildsauen, andere hatten sich in die Zelte zurückgezogen und kämpften
Kampfspiele der Aphrodite Bellona mit mysischen Freudenmädchen,
andere versuchten sich abzukühlen im Meer, um zu neuen Freuden des
Festes wieder aufzubrechen; einer gar übergab sich im Oleandergebüsch,
um erneut sich dem Trunk zu ergeben.
Aber Orpheus weinte, denn er glaubte seine Geliebte verloren. Er sah
hinaus in die tiefe dichte Nacht und suchte sie, denn wenn sie auch
verloren war, so konnte sie doch nicht ganz verloren sein, und wenn es
auch dichte Nacht war, so glänzte am Himmel doch das diamantene
Blicken der schönen Kallisto. Deren Sterne tropften Funkelglanz auf den
Pinienhügel, der wie ein sonderbarer Glanz auf den Wipfeln lag. Aus dem
Dunkel des Haines meinte Orpheus, sich ein Bild lösen zu sehen: ein
weißer Schatten, der wie ein silberseidener Schleier näher wehte, wie ein
erleuchteter Nebel, in fließendem Lichte, kam ihm die Heilige nah.
Sie war ganz in ein langes weißes Gewand aus feinem, aber keusch
dichtem Stoff gehüllt, über ihr Haupt war ein dichter weißer Schleier
gelegt, der auch ihr Gesicht verhüllte. Dennoch meinte Orpheus, an ihr
Eurydice zu erkennen. „Sie ists!“ hauchte er leise in die Nachtluft.
Die Heilige nahte ihm, mit den Füßen leicht schwebend über dem
Waldboden. Sie hob den Schleier, da sah er ein leuchtendes Gesicht, als
glänze ihn der Mondschein an, daraus blickten hervor zwei Sterne, die an
Glanz die Sterne der schönen Kallisto weit übertrafen. Die leuchtende Frau
erhob die Rechte und führte den Zeigefinger Orpheus nahe und legte ihn
Orpheus auf den Mund: „Bei der Königin der Schweigenden!“ dachte
Orpheus und schmeckte auf seinen Lippen einen Tropfen wunderbarer
Süße.
Die weiße Frau erhob den linken Arm, da sah er an ihrem Handgelenk eine
Perlenkette von rosanen Perlen hängen, jede Perle durchbohrt, daß er
hindurchschauen konnte und sah das weiße Licht des Gewandes der
Heiligen und meinte, Melodien zu hören und Rauschen des Meeres. Ihm
war so sonderbar und wundersam zumute. Da wehte ihn ein leichter süßer
Duft an wie von sabäischem Weihrauch, und die weiße Frau entschwand in
die Tiefe der Nacht, sich über dem Horizont verlierend. Orpheus hatte
geträumt, er hatte das Nach-Bild Eurydices mit Hilfe des Gottes Phantasus
geliebt.
Während seine Freunde trunken schliefen, war Zeus Sohn abseits
gegangen, vom Meere fort, und war die Nacht hindurch gewandert. Er kam
zu einem Hain aus Olivenbäumen, deren silbrige Blätter unterm Monde
der dichten Nacht wie Tränen glitzerten. Da befiel auch ihn eine bleierne
Müdigkeit und er setzte sich ins Gras unter den Bäumen.
Da kam ihm schreckhaft zu Bewußtsein, was das Orakel aus dem Hain
Dodona, das Wort des Zeus, zu ihm gesprochen hatte: Er werde das
Nesselhemd des Fluches anziehen und sich selbst auf den Scheiterhaufen
legen. Da entsetzte sich der menschliche Teil des Halbgottes vor dem
Tode, aber der göttliche Teil, der aus dem Geist des Zeus entsprungen war,
willigte ein in die göttliche Vorsehung. Und der göttliche Teil an ihm war
der gewaltigere, und so ward er frei von der Todesfurcht.
Im selben Augenblick drangen aber drei Furien auf Herakles ein. Sie
trugen statt Locken Schlangen, statt Elfenbeinzähnen von Frauen trugen
sie gelbe Spitzzähne von Hunden, ihre Augen glichen Pestfeuern, ihr Atem
stank nach faulen Eiern oder Schwefel. Sie drangen mit aller Gewalt des
schrecklichen Orkus auf Herakles ein und versuchten, ihn vor der Zeit, die
das Schicksal und Zeus Wille ihm gesetzt hatte, in den Orkus
hinabzuziehen, damit er für immer anheimfalle den Fluten des Phlegeton.
Herakles rang mit den drei Furien, die immer wieder, wenn sie die Erde
berührt hatten, neue Kraft bekamen. Und wie die Hydra waren sie, und
ihre Schlangenköpfe wuchsen vervielfältigt nach, wenn er einen
abgeschlagen hatte. Sie schienen unüberwindlich. Da schrie Herakles auf
zu Zeus, dem allmächtigen Vater der Menschen: „Vater! befreie mich von
dieser Stunde, da der grausige Tod mich rauben will vor der mir von dir
bestimmten Zeit! Laß Thanatos mit seinem Kelche der giftigen Milch an
mir vorübergehen, daß ich nicht sterbe, denn mein Los ists, auf dem
Scheiterhaufen meinen unsterblichen Teil aufsteigen zu lassen zu deiner
Burg, gewaltiger Herrscher!“
Da stürzten wieder die Furien auf ihn ein und warfen ihn zu Boden. Er fiel
in das Gras, schmeckte den Staub, wühlte sich in das Laub und ward
schwach, daß er fast keine Hoffnung mehr hatte, diesen Ansturm des
Acheron zu überwinden. Aus seinen Augen spritzten vor Wut der
Ohnmacht Tränen, aus seinen geschwollenen Schläfenadern spritzten
schwarze Blutstropfen. Da er am Grunde seiner Schwäche lag, am Boden
seiner erlegenen Kraft, kam über seinen Geist eine Vision: Ja, er würde
sterben, aber er würde einen Tod sterben, daß aus dem grünen
Mäanderstrom des Lebens Himeros sich erhebe, der Morgenstern, und mit
sieghaften Leuchten, wie eine Orange im Lebensbaum, die ganze
vergoldete Erde erfülle. In seiner Vision griff er nach dieser Orange, saugte
sie aus, da bekam er neue Kraft, erhob sich, schrie mit gewaltiger Stimme:
„Zeus, Zeus, steh mir bei!“ Und diesmal erhörte Zeus sein Flehen und
gebot den Furien, zurückzukehren in das dunkle Haus des Acherusischen
Orkus, in den brennenden Hades. Herakles atmete auf, er atmete tief die
befreite, reine Nachtluft ein, er pflückte sich Zweige vom Olivenbaum und
flocht sich einen Kranz, den er sich in sein Haar setzte. Er war bereit,
seinem Schicksal entgegen zu gehen, der Gott in ihm würde die
Menschheit an ihm erlösen von diesem Kerker und aufsteigen im besten
Teil zur himmlischen Halle, sich dort beim Thronstuhl des Zeus mit der
schönen Braut Hebe in ewiger Jugend zu vermählen.
Am Rande des Zeltlagers der Argonauten saß auch Hylas in traurigschöner
Einsamkeit. Er war ein Jüngling, der von nicht wenigen eine schöne Seele
genannt ward. Frauen, jüngere und ältere, nannten ihn einen schönen
Jüngling. Auch Alkmenes Sohn war angetan von seiner Schönheit und
hatte ihn wegen seiner Schönheit zum Freunde gewählt. Allerdings hatte
Alkmenes Sohn doch mehr die Schönheit seiner Seele, als die Schönheit
seines Körpers im Blick; dennoch hatte er auch stete Freude am
vollendeten Ebenbild und Ebenmaß seines Leibes.
Hylas blickte aus seinen großen braunen Augen, die einen goldnen Funken
trugen und in weißer Milch zu schwimmen schienen, in die Nacht hinaus.
Er dachte an Zeus Sohn und lächelte leise, dabei zeigte er vollkommen
gleichmäßige und reine weiße Zähne. Ein leichtes Lüftchen spielte in
seinen glatten schwarzen Haaren, die er kurz geschnitten trug. Kein Bart
trug er am runden Kinn oder über der schmalen Lippe. Die Haut seines
Gesichts war weich wie die eines Kindes und von gelbbrauner Farbe. Er
war schön wie der herrliche Alkinous, der Beherrscher der Herrscher.
„Deine Schönheit“, hatte Alkmenes Sohn zu ihm gesagt, „ist mehr als der
bleiche Schatten auf der Höhlenwand, sondern deine Schönheit ist wie
eine Natur gewordene Idee, wie die Idee der Schönheit selbst. Diese liegt
als herrlicher Abglanz auf deinem Antlitz, vor allem in dem goldenen
Funkeln deiner Seele. So ergießt sich die Schönheit dieses Seelenfunkens
auf deine ganze Gestalt. Von der Seele beherrscht ist dein ganzer Leib.
Und deine Seele hat so hohe Weisheit, eingegossen in die Naivität eines
Kindes, und all deine Weisheit besteht aus Liebe. So bist du auch in
innigstem Kontakt mit der himmlischen Urania, die mir deine Mutter zu
sein scheint. Ist dein Körper dir ein Gefängnis? Es ist ein schöner Kerker,
von innen bemalt mit dem Goldglanz deiner Seele, von außen bemalt und
verziert mit dem ganzen Farbenreichtum und Marmorzierrat
überströmenden Lebens. In dir begegnet mir das blühende Leben selbst,
das blühende Leben, wie es in elysäischen Gärten blüht, du wandelnder
Seliger, der du wundersam genug durch Griechenland wandelst. Reinheit
ist dein Geist, Tugend deine Seele, Ebenmaß dein Leib. Wenn ich dich
liebe, wenn ich dir das sagen darf, daß ich dich liebe, dann liebe ich in dir
die Schönheit der Seele. In der Schönheit deiner Seele liebe ich die
Schönheit selbst, und in der Schönheit, in ihrer vollendeten Idee, die
Herrlichkeit des Vaters.“
Hylas sann diesen Worten nach. Er war immer noch wie ein einfältiges
Kind. Noch hatten ihn die Stürme der Leidenschaften, die in der Jugend oft
hitzig aufzutreten beginnen, nicht befleckt, noch hatte er ganz die
paradiesische Kinderunschuld. Und in seiner kindlichen Seele hegte er
eine tiefe, heilige Freundschaft zu Zeus Sohn. In ihm war die Kraft, in ihm
war der Sieg, in ihm war alles Herrliche versammelt, er war der großer
Reiniger, der die Welt von Unholden und allem Mist zu reinigen wußte
und die Kraft dazu in Fülle besaß.
Wo aber war Zeus Sohn? Er war hinausgewandelt, fort von den
Berauschten, fort von den Hunden, hinaus in die Einsamkeit der
unendlichen Nacht, gekrönt mit den zwölf Tierkreisbildern und angetan
mit einem Kleide aus Mondschein war Zeus Sohn vorausgegangen, und
auf diesem Wege wollte Hylas folgen. Ja, fort von den Dummköpfen, den
verwilderten Zynikern mit ihren viehischen Begierden, den törichten
Glücksjägern, hinaus in die einsame Nacht. Und sei da Einsamkeit, sei da
saturnmäßige Schwermut, Saturn war nicht allein der Gott der Schwermut,
war vor alters doch auch der Gott des Goldenen Zeitalters gewesen, und
darin mußte doch eine geheime Beziehung zur einsamen Schwermut
bestehen. Dieser hatte sich Herakles ausgeliefert, der tiefen Betrachtung,
der Besinnung, bevor er sich wieder zu herrlichen Taten aufschwingen
würde; er unterredete sich wohl eben in diesem Augenblick mit Zeus auf
einem einsamen Hügel in der Nacht? Und der Gott sprach zu ihm im
stillen Donnern?
Hylas wollte Herakles folgen, er wollte Zeus Sohn gleich sein. Darum
schied er sich von den Prassern und Hurern, darum ging er hinaus, die
Gestalt zu finden, die von zwölf Sternbildern gekränzt und im Kleide des
Mondes ihm Zeus, den Herrscher mit dem eisernen Zepter, nahe brachte.
Und Hylas irrte hinaus in die Nacht, ohne Ziel und doch mit dem Ziel,
Zeus Sohn zu finden. Aber er fand ihn nicht. Er schritt langsam einen
gewundenen Pfad in die Nacht hinaus, fort von den niederbrennenden
Feuern der orgiastischen Freuden, hinaus in die Einsamkeit, tief
nachdenklich. Da sah er am Wegesrand einen kleinen stillen silbernen
Bach murmelnd hinrieseln, der leise Wohlklang des Wassers wiegte ihn
noch tiefer in die einsame Betrachtung. Er versenkte sich in seine Seele,
den Funken zu beschauen, welcher unsterblich war, ein reiner Guß des
ewigen Ur-Seins, des reinen Ideales des Lebens. Wo sollte er denn Zeus
Sohn suchen? in der Nacht und Einsamkeit? oder in der Betrachtung seiner
Seele? denn der Freund und Geliebte lebte ja in seiner Seele, sein Bild
wirkte tätig in seiner Beschauung. Ja, fast schien es ihm, als lebe der
Geliebte wahrhaftiger in der idealen Projektion seiner Seele, fast war es so,
als sei die Seele des Liebenden eine Seherin, welche das ideale Wesen des
im Schatten wandelnden Freundes sah.
So in sich selbst versunken und verträumt wandelnd durch seinen inneren
Kosmos, kam er zu einem Hain von Weiden, die alle silbriggrün glänzend
um einen stillen Teich standen. Die Nacht wob ihre schwarzseidige
Melancholie um all die Trauerweiden, die wie reine Jungfraun oder
Klageweiber auf das stille Wasser schauten, welches einen Abglanz des
reinen Mondlichts hatte. An den uralt mütterlichen Buchen umher war
grünes Moos der Vorzeit gewachsen. Dies schien Hylas das Reich des
Saturn zu sein, das Reich des uralt-ewigen Gottes der Beschauung, der
Melancholie und des verlorenen Goldenen Zeitalters. Hier wob Vorzeit
sich durch den traurigen Hain.
Da aber staunte er nicht wenig, als er die Najade des Teiches sah, sie erhob
sich langsam aus dem Wasser. Ihre Gestalt floß wie Musik, wie ein
Harfenton. Sie trug einen langen orangenleuchtenden Rock, von einem
goldenen Zaubergürtel zusammengehalten. Ihr Oberkleid war ein feines,
goldbesticktes, durch welches ihre braune Haut hindurchschimmerte. Ihre
Haare waren lang und flossen ihr über den Rücken hinab, sie waren
schwarz wie das Haar der Mutter Nacht, der Versöhnerin der Götter. Aus
ihrem hellbraunen Gesicht schauten tiefe schwarze Augen, große Kelche
schwarzer Rosen, tief melancholisch blickend mit einem feuchten
Schimmer.
War dies ein Bild des Goldenen Zeitalters? eine Nymphe aus den vorigen
Zeiten, da Sinnenlust noch eine erhabene Tugend des Geistes war? oder
war diese Najade das süße Ziehen des Todes? War nicht in den
Melancholien der einstigen Freude, im tiefen Reich des Todes das wahre
Glück der Liebe zu finden, einer Liebe, die den Kosmos mit der Macht der
Harmonia ordnend durchwaltete und aus Streit und Sympathie zuletzt den
Sphairos schuf, den großen Einklang aller lebenden Wesen?
„Ich bin Malis“, hauchte sie, die Najade. Malis, darin war das Maa der
Mutter des Dionysos, das Maja der Mutter des Hermes, das Magna Mater
der Göttermutter. Sie war jene Gestalt der Mutter, in deren Mutterschoß
zurück es Hylas sehnlichst verlangte. „Ich bin aus der anderen Welt, die
jenseits des Spiegels des Teiches ihre kristallenen Grotten dir bietet, mit
den Muschelpforten und der Perle der wahren Wonne...“ Damit
verschwand sie in die dunkle Nacht der Tiefe des Teiches.
O hinab! war alles Verlangen und alle Sehnsucht des Hylas. Mit einem
schrecklichen Aufschrei (letzte Todesangst wie eine große Wollust
ausdrückend) stürzte er sich hinab in die Tiefe. Seine Seele, die erstickte,
entfloh dem schönen Leibe. Der Leichnam schwamm oben auf dem
Wasser.
Herakles hatte, er war nicht fern, den Schrei vernommen, wußte, es war
des Hylas Schrei gewesen und eilte zum Teiche, da sah er den schönen,
unbeseelten Leichnam treiben inmitten von Wasserrosen. Die schwarzen
Haare lösten sich wie Algen im nächtlichen Wasser.
Aiaiaiai! schrie Herakles und warf sich weinend auf den Boden. „Mein
Geliebter! Mein Geliebter! Hylas ist tot! Hylas, Hylas, Hylas ist tot! Wehe
mir, weh mir! Hylas, mein Geliebter ist tot!“ schrie er in rasenden
Verzweiflungen.
Orpheus hörte ihn und eilte hinzu. Am östlichen Horizont ging eben der
Morgenstern herauf, der einsamschöne. Herakles weinte, er war nichts als
die Tränen, und er sagte: „Ich bin die Träne des Zeus, die der allmächtige
Vater über den Tod des schönen Hylas weint, ja, ich bin die Träne des
Zeus! Hier werd ich bleiben drei Monde, drei Jahre, drei Äone und nichts
als Sehnsucht sein, traurig-verzweifelte Sehnsucht in die Vergangenheit,
hoffnungslose Hoffnung, daß Hylas, mein geliebter Hylas, mir aus dem
Totenreiche wiederkehrt. Laß mich hier mein Unglück beweinen, Orpheus,
ich werde die Argonauten an dieser Stelle verlassen und einsam meine
Wege wandeln, denn ein anderes Schicksal hat mir der Höchste
zugedacht.“ Orpheus aber ging zu den eben erwachenden Argonauten
zurück, klärte sie auf über des Hylas Schicksal und des Herakles Vorhaben;
damit setzten die Argonauten wieder die Segel der Argo, und mit einem
günstigen Winde segelten sie weiter, das Goldene Vlies nach Griechenland
zu holen.
MEDEA
Die Argonauten sahen die Gipfel des Kaukasus ragen über dem Meere,
von denen immer noch der gequälte Schrei des Prometheus widerhallte.
Sie kamen in die Mündung des Phasis-Flusses, da lag zur Linken die
Hauptstadt des Kolcherlandes, das weiße Kytäa, zur Rechten aber der Hain
der Drachensamen mit dem verfluchten Aresbaum, der heiligen Eiche mit
dem goldenen Vlies. Darunter lag der Drache mit wachen Augen und
suchte, wen er verschlingen könne. Die Argo legte an in einer schattigen
Bucht des Flusses, ging da vor Anker, die Argonauten stiegen aus und
errichteten sich ein Zeltlager am Ufer.
Jason aber, der Erste der Schar, ging zum König der Kolcher. Von der
Zinne der Burg aber schaute die Tochter des Königs, die schöne Medea.
Sie sah Jason und schrie auf: „Herrlicher!“
Nach den Alten war Eros, der Gott der Liebe, der Älteste aller Götter und
Schöpfer aller Himmlischen. Aus Liebe, in Liebe und auf die Liebe hin
war alle Welt erschaffen, der herrliche Schmuck des Kosmos, der
zauberhafte Gürtel des Meeres, die mütterliche Erde, die jungfräulichen
Birken, die blauaugigen Veilchen und der von Wolken verschleierte
Jungfraustern mit den Plejaden.
Eros aber galt als Kind der Aphrodite, bewaffnet mit einem Bogen, auf
dem er die Sehne der Sehnsucht spannte, auf dem er den Pfeil des
Verlangens spannte. Diesen schoß er in Medeas Herz. Er hatte ihn zuerst in
Honig getaucht, den er aus einer Rosenblüte mit seinen Schwestern, den
Bienenköniginnen gesammelt hatte. Medeas Herz ward verwundet, und
diese Wunde schmeckte süß, ja es war eine Süßigkeit in ihrem Herzen, daß
dieses aufblühte wie eine Rose, in deren Kelch der Nektar der Götter
gesammelt lag. In ihrem Herzen war ein heiliger Freudenhain der
Aphrodite, da die Eroten mit den Charitinnen liebkosende Spiele spielten,
umschwärmt von milden Bienen und zarten Schmetterlingen. Die Veilchen
trieben Wolken von betörenden Düften umher und die Linden breiteten
darüber ihr mütterlich-jungfräuliches Gewölbe.
Aber nicht genug, daß Eros ein Gott der Herzenssüßigkeit war, er war auch
ein gewaltiger schrecklicher Herrscher, den Diotima vor Sokrates einen
Dämon nannte. Daher, und die Götter allein wußten zu welchem Zweck,
spannte er erneut seinen Bogen, legte erneut einen Pfeil an. Diesen
allerdings hatte er in einen Schierlingsbecher getaucht. Den schoß er nun
ab und traf direkt in Medeas Herz. Da schrie sie auf: Herrlicher! denn in
ihrem Schmerz der Liebe hatte sie die höchste Herrlichkeit des Geliebten
erkannt!
Da war sie schwach, ihre Seele war betrübt bis zum Tode, aber Eros wollte
sie nicht sterben lassen, darum zündete er seine Pinienfackel am
olympischen Feuer an, dem Lebensgeist des Zeus, und warf die rauchende
Fackel in den Hain des Herzens der Medea. Daselbst brannte nun ein
lodernder Waldbrand: reine Lebenskraft, die sich ausbreitete in wilden
Rasereien, göttliches Feuer in grenzenlosen Stürmen brausend. Da verlor
Medea ihre Besinnung, und in Raserei der Leidenschaften stürmte sie von
der Zinne der Burg herunter auf den Vorhof, daselbst den Herrlichen
einmal umarmen zu können, einmal küssen zu dürfen, ja verschlingen zu
dürfen den Heißgeliebten mit Haut und Haaren, sein Fleisch in sich
aufzunehmen wie bei der mystischen Kommunion des Jacchus!
Jason begehrte vom König das Goldene Vlies, der aber wußte, daß vom
Besitz des Goldenen Vlieses sein Leben abhinge. Da ging Jason wieder
zum Zeltlager der Argonauten, unverrichteter Dinge.
Medea aber saß in ihrer Kammer und sprach vor sich selbst und schüttete
ihr Herz aus bei sich selbst und redete: „O Triformis, du dunkle Gottheit
meines Lebens! Du hältst die Schlüssel zum Hades, zum glücklichen
Leben auf der Erde und zum Himmel in deinen Händen! Schließ mir auf
ein glückliches Leben auf der Erde! Dies muß sein an der Seite Jasons, des
Herrlichen, denn niemand und nichts anderes begehre ich von deiner Güte.
Was das Schicksal ihm verhängt hat, weiß ich nicht, wer vermag schon zu
lesen in den Tafeln des Schicksals? Aber wie sein Schicksal auch aussieht,
und sei es, daß ein Fluch darauf laste, ich will es mit ihm teilen. Er
erscheint mir ganz wie ein Halbgott, und dennoch meiner Hilfe bedürftig.
Lieb ich ihn, wie eine Frau einen herrlichen Heros liebt? oder lieb ich ihn
nicht auch, wie eine Amme oder eine Mutter ein hilfsbedürftiges Kind
liebt? Wir sind von Eros geschaffen, auf Eros hin, denn in deinem Herzen,
o Triformis, waltet Eros! So laß mich alles unternehmen, um ihn zu
retten!“
In der Nacht träumte Medea auf ihrem Lager: Jason war gekommen mit
einem fliegenden Schiff, er ließ sich nieder mit dem Schwan von einem
Schiff auf dem Phasis-Strom und schwamm zur Mündung fort. Daselbst
floß in ihrem Traum der Strom in den Tempel der Gottheit Triformis,
welcher weiß und mit einer runden Kuppel mitten in Kytäa stand. Der
Hohepriester der Gottheit Triformis sprach in ihrem Traume: Ihr seid auf
Eros hin geschaffen, denn Eros ist der Älteste der Götter, und Triformis ist
in Wahrheit Eros! O dunkle Gottheit, schließ auf mit deinem Schlüssel den
Himmel der Liebe! sprach der Priester im Traum: denn wo das Goldene
Vlies hängt, da ist in Wahrheit Medea, und wenn Jason das Goldene Vlies
sucht, so wird die Jungfrau Medea ihn zum Goldenen Vliese führen. Siehe,
er wird erwachen aus seinem Traum, in dem er von den Legenden der
Götter träumt, und wird in seinem Herzen nur einen Gedanken haben:
Medea, Medea! Denn am Anfang seiner Suche nach dem Goldenen Vlies
stand die abgrundtiefe Liebe zu Medea! So träumte die Kolcherin.
Aber am Morgen erwachte sie mit den trübsten Gedanken: Nein, er ist zu
herrlich! dachte sie, ich werde nie seine Liebe erreichen! Allein nach dem
heiligen Goldenen Vlies strebt seine Seele, nimmer nach meiner fraulichen
Liebe! Was wieg ich mich weiter in nichtigen Träumen? Soll ich denn
allein ein Traumbild lieben? Einen Augenblick nur sah ich ihn, und liebte
ihn, und werde verzehrt vom giftigen Feuer dieser Liebe. Liebe ist
schrecklich wie der Tod und Leidenschaft unüberwindlich wie der Hades!
Fort mit meinem elenden Dasein! Herbei mit dem tödlichen
Schierlingstrank, herbei mit dem verfluchten Hanfstrick, daß ich mich am
nächsten blitzgespaltenen Baum erhänge! Widerliches Leben, daß du aus
dem giftigen Meere der Verzweiflung auftauchst und den Schaum der
Nichtigkeit an deinen dürren Gliedern trägst: du sollst die Liebe sein? Dein
Kuß ist süß wie die Mohnmilch des Thanatos, dein Schoß ist der dunkle
Raum des Hades, aus deinen Brüsten will ich trinken den Selbstmord
meiner Verzweiflung! Ah weh mir!“
Aber die liebreiche Göttermutter umschwebte sie wie eine blühende Rose
und ließ Perlen mildesten Trostes auf die Lippen ihrer Seele träufeln. Sie
erschien ihr mit dem milden gütigen Gesicht der Mutter, da legte die
Himmelskönigin ihren mütterlichen Finger auf den Mund Medeas und
stillte sie mit dem süßen Hauch des himmlischen Trostes. Umgeben von
Pfauen und in goldenen Sandalen herrlich wandelnd, kehrte die
Himmelskönigin zu ihrem Aufenthalt vor dem Throne des Zeus zurück,
dort den König der Götter anzuflehen für die Seele Medeas.
Medea war getrost und fand sich drein in alle Schickungen des dreifaltigen
Schicksals. Sie wusch sich im reinen Wasser, legte sich frisches weißes
Linnen an und salbte sich mit dem besten Myrrhenöle. Dann schritt sie aus
der Burg von Kytäa.
Sie begab sich in den Tempel der dunklen Gottheit Triformis mit den
Schlüsseln. Sie schritt durch die hohe weiße Pforte in den Säulengang des
Tempels, da stand ihre Schwester Chalkiope. Diese hatte langes braunes
Haar, dichte dunkle Augenbrauen, eine Nase wie der Aar des Zeus,
dennoch ein weiches unschuldiges kindliches Gesicht. Sie lachte gern, sie
lachte wie ein glückliches Kind. Auch jetzt sang sie zur Zither die süßesten
Lieder der Gottheit: „Siehe die Berge, Parnass und Helikon, siehe Athos
und Rhodope und den schneebbedeckten Olymp und den phrygischen Ida,
alle sind aufgeworfen worden von der uralten Mutter Erde zu deinem Lob,
Triformis! Siehe die Flüsse, Pedhieos der Kypris, den asiatischen
Skamander, den Hebrus, sie alle rauschen zu deinem Lob, denn Poseidon
läßt ihren Sang erschallen zu deinem Ruhm, Triformis! Siehe die Vögel,
die süßschluchzende Philomele und den prophetischen Schwan, den
Wiedehopf und den Kuckuck, die Eule der Athene und die Tauben und
Sperlinge Aphrodites, sie alle rufen Triotriotrio zu deinem Preis, o
Triformis!“ So sang Chalkiope zum lieblichen Saitenspiel.
Medea hatte, wie ihre Schwester, langes braunes Haar, aber in Locken
fallend, und graublaue Augen, welche wie Blitze glänzten. Ihre Lippen
waren hochgeschwungen und von verführerischer Süße, dennoch schauten
sie melancholisch, wie ihr ganzes Antlitz von einer Wolke der Schwermut
beschattet lag. Leise stimmte sie mit ein in den Preis der Gottheit, ihre
Stimme glich mehr einem flüsternden Hauch, wie Aura gesäuselt, als
Dionysos ihr genaht war im Lustgarten am Feiertage des Lenz.
Aber Medea war nicht innig beteiligt am Lobe der Gottheit, denn ein
Sterblicher hatte ihr Herz den Göttern entwendet, der herrliche Jason. An
ihn alleine dachte sie, und ihr Denken war getragen auf den glühenden
Flügeln der Sehnsucht. Alle Wolken des Abends sehnten sich nach
Hesperien und den westlichen Ufern der atlantischen See, wo die Gärten
blühen wie India schön, daselbst war der Garten der Liebe, in welchem sie
kosen und turteln wollte mit Jason, der ihr einem Halbgott, einem
Göttersprößling gleich schien. Aber wo war er, der Herrliche? Alles atmete
seine Schönheit, alles lebte zum Gleichnis ihrer Liebe, die allein auf ihn
hin geschaffen war, er war das Ziel ihrer Sehnsucht, ohne ihn war
Hesperien nicht Hesperien und Elysium nicht Elysium. Er war der Bote
der Gottheit, er war der fleischgewordene Eros. „O komm!“ seufzte ihre
Seele einzig, „o komm und nahe, Herr meiner Seele und überwältige mich
mit deiner Liebe, daß ich in deinen Armen in ewigen Verzückungen
aufjauchze! Küsse mich mit dem Kuß deines Mundes, mit dem heiligen
Kuß der Liebe küsse mich, daß ich ins schönere Leben erwache durch den
Kuß deiner schönen Seele!“
Sie schaute immer aus der weißen Tempelpforte in den grünen Hain vor
den Toren des Tempels. Jeder Lufthauch, der ein Blatt bewegte, jedes
freudige Hüpfen eines Sperlings, jeder Sonnenstrahl schien ihr den
Geliebten anzukündigen. Für ihn allein wollt sie vergessen Volk und
Vaterhaus und in seinen thessalischen Elfenbeinpalast in der fernen Heimat
fahren, daselbst an seiner Seite Hochzeit zu feiern. O sie würden ein
Lamm opfern der gewaltigen Gottheit, wenn sie sie vereint hätte! Dürfte
sie ihn doch endlich schauen! In ihrer Seele lebte sein Bild, wie es aus
ihrer Erinnerung gespeist sich gebildet hatte, aber sie begehrte, endlich
jeden Zug seines Angesichts, jeden Winkel, jeden Schnitt, jedes Haar
seiner Wimpern, die ganze Linie seiner Lippen und vor allem tief und
abgrundtief die schönsten Augen zu erblicken! Darin vergehen, in diesen
Spiegeln seiner Seele, darin zugrunde gehen und sich auflösen in seine
Seele, war all ihr Verlangen.
Da nahte Jason. Die Charis hatte ihn schön gemacht. Er trug das schwarze
Pantherfell um seine starken Schultern. Seine langen herrlichen Locken
fielen ihm auf die Schultern. Sein männlicher Bart verkündete
Männlichkeit seines Herzens, Beherztheit auch in der Liebe. O diese holde
Wildheit, diese sanfte Stärke, o diese Gott untertänige Unbezähmbarkeit!
Er war frei, frei wie Athen, er war geistreich, weise wie Nestor, er war
schön, schön wie die Insel der Kypris, er war stark, mächtig wie Herakles
oder Achill, er war voller Huld, wie die Himmelskönigin oder Adonis.
Medea besprach sich mit Jason und erzählte ihm von ihrem Plan. Jason
erschauderte vor der jungen Priesterin der dunklen Gottheit, denn der Weg,
den sie ihm vorschlug, war ein Weg der Bitterkeit und des Opfers. Sie
selbst war bereit, ihre Heimat zu verlassen und in der Fremde, in der
Ferne, im Königspalast ihres Geliebten das wahre Glück zu finden (wenn
ihr Glück beschieden sei, denn das allmächtige Schicksal teile Glück und
Unglück nach unergründlichen Gesetzen aus).
Jason und Medea gingen aus der Königsburg und begaben sich in die
Nacht. Die Argonauten, Jasons Brüder, schliefen am Ufer des Flusses, sie
konnten ihm nicht helfen. Er allein hatte die Aufgabe erhalten, das
Goldene Vlies in seine Heimat zu bringen. Sie kamen in ein
Myrtenwäldchen, wo Medea dem Jason einen Grasplatz zeigte, da er sich
niedersetzen sollte. Sie pflückte einige giftige Kräuter, Belladonna und
Schierling und Wermut und Alraune, und bereitete aus dem Saft dieser
Pflanzen einen bitteren Sud, den sie mit schwerem Wein in einem irdenen
Kruge mischte.
„Triformis!“ flehte Jason, „du waltende Gottheit über dem schweigenden
Geheimnis der Nacht, in deren Weiten du die unermeßliche Schar der
Sterne gesät hast! höre mich! denn hier, nach dem Ratschluß deiner
Priesterin, sitze ich und schaudre vor deiner Unergründlichkeit und deinem
unerforschlichen Geheimnis. Aber wenn es so sein soll, und wenn es
geschrieben steht auf der Tafel des Schicksals, und wenn Moira es mir
vorgesehen hat, dies Schoßkind Jovis, dann, o Triformis, bin ich bereit,
diesen giftigen Krug zu leeren. Sie, die dich kennt, erklärte mir, daß unter
deinem Segen der Fromme selbst Schlangen anfassen kann und Giftiges
trinken, denn du verwandelst Bitteres in Süßwein und Gift in Nektar und
Ambrosia! Siehe, so will ich mich dir anvertrauen und bin bereit, selbst zu
sterben, wenn es dein Wille sein soll, gewaltige Gottheit, aber gib nur, daß
das Goldene Vlies sein Licht verbreite in meiner Heimat. Zu diesem
Berufe will ich alles, auch meines Lebens Leben, einsetzen.“ Mit diesen
Worten leerte er den giftigen Sud.
Er taumelte ein wenig und sank auf den Boden, aber da er schwach im
Grase lag, hatte er eine Vision von einem goldenen Schlüssel, der sich aus
der Höhe des Himmels herniedersenkte und ihm die Seele aufschloß, da
sah er durch eine Pforte von hohen attischen Säulen und herrlichen
Marmorarchitraven für einen Augenblick Elysium - unendliche Wiesen aus
weißen Lilien, in Schnee gewandete Genien mit goldenen Flügeln,
Jubelbäume wie Blitze - dann aber ward alles überschattet von dem
beschatteten Antlitz Triformis’, da erwachte Jason.
Medea hielt ihm einen anderen Krug vor, der aus geläutertem Golde war,
und reichte Jason ein Messer. Damit schnitt er sich in den linken Unterarm
und ließ einige Tropfen seines Blutes in den Becher fallen. Medea hielt
diesen Kelch in die Höhe und weihte das kostbare Lebensblut der dunklen
Gottheit Triformis und sprach: „Siehe, o Triformis, hier ist das Opfer
unsres Lebens, denn in Jasons Leben ist auch mein Leben beschlossen,
und so halten wir dir es hin. Und hiermit flehen wir dich an, dies Blut im
Angesicht des Goldenen Vlieses zu weihen mit deinem Genius, daß es
werde ein Tod dem Drachen. So, o Triformis, wollen wir unter deinem
Schirm mit dem Goldenen Vlies, in Liebe, in die Heimat fahren.“
Sie gingen zum Feld der Drachensamen, zum verfluchten Aresbaum, der
durch das Goldene Vlies zu einer heiligen Eiche geworden. Medea
besprengte mit dem geweihten Blute Jasons den Rachen des Drachen, der
im selben Augenblick, in letzten Zuckungen, starb. Jason hob das Goldene
Vlies vom Baum und trug es mit Medeas Hilfe zu seinem Zelt, wo er es in
einer Truhe barg. Diese heilige Truhe trugen die Argonauten auf ihr Schiff,
und am frühen Morgen segelte die Argo klammheimlich aus dem
Kolcherlande fort, und Medea folgte Jason in des Königssohnes Heimat.
Die Argonauten kamen auf ihrer Fahrt ins Land der sanften Phäaken, deren
König Alkinoos sie freundlich willkommen hieß. Er bewirtete die
Argonauten mit den köstlichsten Speisen und besten Weinen und sagte:
„Manche Irrfahrt habt ihr hinter euch und manche Irrfahrt vor euch, und
euer Leben ist wie ein Windhauch, der weht, der weht, der sich dreht, der
sich dreht, und ihr wisst nichts anderes, als daß er euch in den Schlund des
Totenreiches hinunterbläst. Euer Leben, ihr Argonauten auf Meerfahrt, ist
wie eine kleine Blume, welche am Morgen blüht, am Mittag stolz ihr
Haupt erhebt, am Abend aber ihr Köpfchen hängen läßt, dann wird es welk
und wird geschnitten vom Schnitter. Und wenn ihr auch Weizen seid und
kein Unkraut, ihr Freunde des Goldenen Vlieses, so werdet ihr doch wie
das Unkraut abgemäht vom Gott der Sense. Was aber bleibt, ihr Helden
Griechenlands, von eurem Leben? Ist es dies, daß man an den Lagerfeuern
kommender Generationen von euren Heldentaten erzählt? Was berührt die
Schatten im Schattenreich der Ruhm bei kommenden Generationen? Nein,
das Totenreich wird eure Seelen erben. Nur dies bleibt nach meinem
Dafürhalten: Daß man Kaninchen brät und Wein aus Smyrnos genießt und
freut sich an den Brüsten der Weiber!“
Jason sah zu Medea. Durch ihr violettes Purpurkleid blickten die Spitzen
ihrer Brüste. Ihre braunen Locken fielen an den errötenden braunen
Wangen entlang und sanken auf die Brustspitzen. Ihre Blicke blitzten ihn
an wie feurige Hesper-Sterne über den Fluten von Kytherea. Ihre Gestalt
war eine schöngeschwungene lesbische Lyra. Ihre Stimme war wie das
Lispeln der luftigen Aura, als sie Jacchus ihre Liebe gestand, so ergeben,
so voller demütiger Liebe und völliger Hingabe. Und das Feuer ihrer Liebe
fiel in seine Seele und erweckte in seinem Herzen Feuer der Liebe. Da
begehrte er sie zur Frau seines Alters und zur Bettgenossin seiner Jugend.
Er gestand dies Medea, und diese hauchte mit ihrer Hauchstimme: „O
Jason, das ist so schön, daß du, gerade du mir solches sagst! Ja, ich will
dein Weib sein und die Genossin deiner Nächte und die Freundin aller
deiner Tage!“
Da freuten sich mit Jason und Medea alle Argonauten, der König Alkinoos
und die Königin Arete und (wie es Medea schien) die Sonne und die
Blumen. An einem Freitag - der Liebe geweiht - zogen sie abends alle in
eine Felsengrotte. Die phäakischen Mädchen hatten Bienenwachskerzen in
der Grotte aufgestellt und Blumenkränze um die Säulen geschlungen.
Jason trug sein schwarzes Pantherfell umgeschlungen, aber in den langen
Locken einen Kranz von Myrten. Medea trug ein feines Gewand, daß die
Königin Arete ihr zur Hochzeit geschenkt hatte, ein weißes Gewand, in das
mondensilberne Fäden eingeschlungen waren, und in den langen braunen
Locken trug sie Zyperblumenkränze. Kleine phäakische Kinder trugen
Pinienfackeln vor den beiden her und geleiteten sie in die Grotte. Daselbst
stand der König Alkinoos in seinem Königsgewand und vermählte in einer
feierlichen Zeremonie die beiden Liebenden: Glück und Treue! segnete er
sie.
Dann küsste Jason die reizende Medea, führte sie in den Saal, wo sie beide
der Tafel vorsaßen, auf der die erlesensten Speisen aus dem phäakischen
Lande standen. Alle Argonauten lachten und genossen großzügig den
köstlichen Wein. In der Nacht führte Jason Medea in seine Kammer und
wohnte ihr bei. Orpheus aber saß die Nacht, melancholisch vom Wein,
unterm Firmament und hielt Ausschau nach dem Stern der Jungfrau.
HEIMKEHR
Die Argo segelte weiter übers weite Meer, das tosende, auf dem Weg in die
Heimat. Um die Masten züngelten blitzende Flämmchen, die Sterne
wiesen dem kundigen Steuermann den Weg, aber das Schicksal wollte, daß
die Sterne ihm einen Irrweg zeigten, und so irrte die Argo durch die Fluten,
Tage und Nächte, Stürme und Wogen hindurch, bis sie aufs Westmeer
kamen, ohne zu wissen, daß sie auf der See von Atlantis waren. Da tanzte
die Argo ihren stürmischen Wogentanz auf den Gipfeln und in den Tälern
der Fluten und nahte den sirenusischen Inseln.
Daselbst lebten an den Ufern der Inseln die Sirenen, verlockende Weiber.
Aglaopheme, das heißt Glanzstimme, hieß die eine, Thelxiepea, das heißt
Zaubergesang, hieß die andere, und die weiteren waren Pisionoe, Ligea
und Leucosia. Diese Sirenen tanzten auf den Wellen und badeten ihre
nackten Leiber in den Fluten, schlugen die Wasser stürmisch auf mit ihren
irisierenden Flügeln. Da hörten die Argonauten sie singen ihre betörenden
Lieder.
Und Aglaopheme sang: „Höre, du Mann, du, den ich meine, höre und sieh,
denn hier ist Schönheit, hier ist schöne Zauberei der Liebe, der lichten Lust
und des frohlockenden Lebens! Komm und schau, wie voller himmlischer
Wollust das Leben an den seligen Ufern zu sein vermag in den Armen
geflügelter Sirenen! Hier sind Küsse, wie Venus sie mit Mars gewechselt,
hier sind Küsse, wie Venus sie mit Anchises gewechselt, hier sind Küsse,
wie Venus sie mit Adonis gewechselt. Hier ist das Leben an den Quellen
des Lebens, an den Brüsten berauschender Weiber frischester Jugend. Hier
ist der Schoß, aus dem Eros ans Leben trat, der aphrodisische Schoß der
Liebe, eine Perlmuttpforte, eine Muschelgrotte, in welcher der Fisch des
Mittelmeeres eine Perle auf der Zunge trägt! Komm und genieße, du
einziger Mann, den ich einweihen will ins bräutliche Geheimnis der
nektarsüßen Wollust! Laß uns den blinden Erosknaben leiten, den Pfeil in
den Honigkelch der Rose zu tauchen. Komm und trinke von den Lippen
den Tau der bestrickenden Schönheit! Laß dich fangen in meinem
Fischernetz einer Zauberin und laß dich verzaubern von dem Zauberspruch
einer Circe, daß du mir werdest ein Adonis auf dem Kissen, ein Paris auf
den seligen Inseln in den Armen der schönsten Helena! Komm, o komm,
denn ich erwarte dich mit offenen Armen, offenem Herzen, durstigen
Lippen, so komm!“
Da wurden die Männer der Argo toll und töricht. Ihre Triebe loderten in
ihnen auf, ihre Begierde nach zügelloser Wollust wurde in ihnen
aufgereizt, sie vergaßen ihre Weiber, die zuhause auf sie warteten, sie
vergaßen ihre Kinder, die sich nach den Vätern sehnten, sie vergaßen ihr
Vaterhaus und ihre Vaterstadt und ihr Vaterland und wollten ewig an den
süßen Ufern der sirenusischen Inseln leben unter dem Nektarlicht der
Liebessonne, in den Gärten der Wollust.
Da begann Thelxiepea zu singen: „Komm herbei, du schöner Mann, denn
du bist der Schönste und sollst sterben in den Armen einer
ambrosianischen Schönen. Denn siehe, hier liegen an den Ufern die
bleichen Gebeine vieler Männer, die alle den Zauberkelch der Lust geleert
und seligen Tod starben, festgebannt an die Arme einer Sirene. Laß dich
locken in die Wollust des Todes, in den berauschenden Tanz des
Unterganges, denn ich will dein Tod sein, der dir eine Hochzeit ist, ich will
dein Sterbelager sein, auf dem Eros und Hymen dir Haupt und Füße
streichen und ich als dein Thanatos dir das Leben aus den Gliedern sauge.
Hast du Lust auf den Untergang in den Schoß der Nacht? Hast du Lust auf
den Scheiterhaufen der Liebe? Hast du Lust, von meinen begehrlichen
Armen erwürgt zu werden? Hast du Lust, daß ich mit meinen
Perlenzähnen dir die Halsschlagader küsse? Dann komm und küsse deinen
Tod, deine Todin, deine geliebte Mörderin, die dich in das Feuerbett des
Hades, auf das Kissen des flammenden Phlegeton, in die Hölle der
taumelnden Wollust zieht, hinab, hinab, in meinen Schoß, du
todestrunkener, denn ich bin deine Hure Todin!“
Die Männer verstanden den Sinn dieses Hymnus nicht, sondern wurden
allein betört von der Musik, von dem bestrickenden Wohllaut dieses
Liedes, und alle verliebten sich in die honigsüße Stimme der gefährlichen
Sirene. Die Argonauten standen an der Bordwand der Argo und wollten
sich eben in die Fluten stürzen, um zu den Sirenen zu schwimmen, trunken
wie Selbstmörder. Da sah Orpheus die Gefahr für die Argo, für den Führer
der Argonauten und für das Schicksal des Goldenen Vlieses, und da schlug
er seine Leier und sang eine Ode mit seiner Stimme, die er von der Muse
Calliope, der Tochter der Mnemosyne geerbt hatte (und wenn die Sirenen
auch schön zu singen wußten, so waren die Musen doch von jeher die
Meisterinnen allen Gesanges, und der dem sie es verliehen).
Die Argonauten hatten der Gewalt der Lyra des Musensohnes gelauscht
und waren taub geworden für die irdische oder gar höllische Wollust der
Sirenen, und ihre Herzen waren nun erfüllt von den hohen Idealen reiner
Liebe zu einer himmlischen Jungfrau. So hatten Aphrodite Pandemos und
die Zeustochter Cynthia, Cynthus’ Schwester, mit einander im Wettstreit
gelegen, aber in den edlen Griechenseelen der Argonauten hatte, durch
Vermittlung des Musensohnes, die höhere Liebe über die niedere sieghaft
triumphiert.
Nur der Sohn des Teleon war taub für den Triumphgesang erhebender
Liebe. Während Orpheus Gesang an ihm bedeutungslos vorüberrauschte,
hatte er zu den sirenusischen Inseln geschaut. Daselbst war die Königin
der Sirenen, Parthenope, erschienen. Sie war Jungfrau, denn wenn sie
einen Sohn geboren hatte, so badete sie in ihrem magischen Teich mitten
auf ihrer Insel und erneuerte durch dieses Bad ihre Jungfräulichkeit.
Während ihre sirenusischen Mägde Wollust gesungen hatten, Genuß und
Untergang in der Wollust, hatte sie mit dem Geheimnis ihrer Augen unterm
transparenten Schleier gewunken, mit den grünen Vollmonden ihrer
Augen. Der Wind wehte in ihre braunen Locken, die unter ihrem weißen
Schleier hervorquollen. Und der Sohn des Teleon hatte nur eine einzige
Begier: in diesen Locken gefangen zu liegen und ewig in diese grünen
Augen zu schauen. Darum riß er sich aus den Armen seines Freundes los
und stürzte in die See. Er wäre an den Ufern des sirenusischen Inselreichs
zerschollen, seine Gebeine hätten im Sande gebleicht, seine Seele wäre in
den Hades abgeirrt, wenn ihn nicht die himmlische Liebe der Göttin
Urania aus dem dritten Himmel zuhilfe gekommen wäre und hätte ihn in
einem Feuersturm, in ihrem himmlischen Feuerarmen hinaufgerettet,
durch die Lüfte gerissen hinan, hinan, das ewige Weib zog ihn hinan, an
ihren himmlischen Busen, wo er die unsterblichen Wonnen Elysiums
genoß!
Die Argonauten aber, befreit durch den Musensohn, fuhren weiter auf ihrer
Meerfahrt. Die Sterne lenkten sie östlich, bis ein widriger Sturm sich erhob
und sie im libyschen Meer ergriff und die Argo an das Sandwüstenufer der
afrikanischen Syrten verschlug. Dort strandeten die Argonauten. Hilflos
und wie Schatten Gestorbener irrten sie im Sandwüstenland umher,
halbverdurstend. Sie nahmen die Truhe mit dem Goldenen Vlies und irrten
durch die Wüste, auf der Suche nach einer Quelle oder Oase, denn sie
starben nahezu vor Hunger und Durst.
Orpheus ging den Wanderern durch die Wüste voran. Da sah er in der
Ferne, sei es, daß es ein Wüstentruggespenst war oder ein wirkliches
Wesen, eine schöne weibliche Gestalt. Da er aber näher kam, war es eine
der Hesperiden, die Edelste der sieben Töchter der Hoffnung: Mela, die
einem goldenen Apfel vom Baum Hesperiens an Schönheit glich. In
unvordenklichen Vorzeiten hatten die Menschen unter diesem Geschenk
der Mutter Erde für den Göttervater gelebt und von den Äpfeln des
Baumes gelebt (damals aßen die Menschen noch nichts Lebendes). Aber
als die Menschen hochmütig geworden waren, hatte der Göttervater den
Baum mit den goldenen Äpfeln auf die ferne und nahezu unerreichbare
Insel der Hesperiden gesetzt und die sieben Töchter der Hoffnung zu ihren
Wächterinnen. Allein Zeus Sohn Herakles war zu diesem Baum mit den
Äpfeln der Hesperiden vorgedrungen.
Nun aber kam eine der sieben Töchter der Hoffnung, die wunderschöne
Mela dem Orpheus entgegen. „Sage mir, o herrliche Nymphe, wo ist hier
Wasser, um unsern Durst zu löschen?“ fragte Orpheus die Nymphe, die er
für eine Nymphe des Tritonischen Sees hielt, sie nicht als Hesperide
erkennend. Mela nahm Orpheus bei der Hand und führte ihn zu einem
Felsen. Mit einem kleinen Stück Holz schlug sie an den Felsen, da sprang
aus dem Felsen eine Quelle bitteren Wassers hervor. Abermals berührte sie
mit dem Stückchen Holz den Felsen und das Wasser, da ward das bittere
Wasser zu süßem Wasser, und Orpheus stillte seinen Durst an diesem
Wasser der Hoffnung. Er rief seine ihm von ferne folgenden Brüder, und
alle löschten ihren brennenden Durst an diesem Wasser.
Schließlich aber, nach weiteren Abenteuern, waren die Argonauten
glücklich gelandet im Hafen von Jolkos. Jason zog mit Medea in den
Palast von Jolkos. Aber nach einiger Zeit sah er sie anders an. Er sah ihre
dunkle Schwermut auf dem erröteten Antlitz, die schwarzseidigen
Augenbrauen waren ihm welkes Herbstlaub, das Feuer auf ihren Wangen
schien ihm dämonischer Zauber der Hecate zu sein, ihre braunen Locken
schienen ihm Fesseln und Netze zu sein, in deren wollüstigem Locken und
Fangen er gefangen lag. Ihre Lippen, schön geschwungen seinen Sinnen
einst, schienen ihm wollüstig und stolz aufgeworfen. Der Honig des Eros
war ihm zu Galle geworden.
In jenen Tagen sah er die korinthische Prinzessin Glauke. Sie war jünger
als Medea, sie schien ihm alle frischen Reize der Jugend zu besitzen. Nicht
war ihr Antlitz solch ein dunkles Feuer des Herbstes, nicht waren ihre
Augen tiefbeschattet von dämonischer Schwermut, sondern Licht war all
ihr Wesen, ihre Haare golden (und auch nicht gelockt zur Lockung), ihr
Antlitz weiß und hellblickend aus blauen königlichen Augen. So wie
Medea ihm das Abendfeuer auf dem Weg zur Nacht war, so war Glauke
ihm der junge frische Morgen, wenn Phöbus in seiner Jugend mit seinen
goldenen Locken sportlich den Gipfel des Firmaments ersteigt. Da ward
Eros abermals rege, der gesetzlose wilde, und entflammte in Jasons Herz
eine Liebe zu Glauke, der Tochter des korinthischen Königs Kreon.
Er warb um sie, und da er selbst ein König war, schien dem Korinther
seine Tochter dem Jason wert. Darum willigte Kreon ein und die Hochzeit
ward beschlossen. Jason trat nach jenem geheimen Bündnis zu Medea,
welche schwermütig auf ihren vielen Samtdecken lag und im verdunkelten
Zimmer den Tag und die Heiterkeit und ihr eigenes Leben verachtete.
„Medea“, sagte Jason mit harter Stimme, „du zehrst an meinem Leben mit
deinem dunklen Gemüt. Allen Lebensmut und alle Lebensfreude saugst du
aus meinem Leben aus. Gib mich frei. Gönne mir mein Glück. Wenn du
mich wirklich liebst, gönnst du mir mein Glück und gibst mich frei, denn
alle Hoffnungen meines Lebens sammeln sich vor dem taghellen Antlitz
der jungen Prinzessin Glauke. Sie will ich zu meiner Gefährtin meiner
Lebenstage machen, denn mit ihr lacht mir wieder die Sonne des Lebens.
Ich bitte dich also und fordere dich auf, in die Scheidung zu willigen, auf
die Ehe mit mir zu verzichten und meinem Glück nicht länger im Wege zu
stehen.“
Medea war stumm vor Zorn und Scham. Sie hasste ihr Leben noch mehr
als bisher, aber sie ertrug diese Menge Selbsthaß nicht mehr, da wandte
sich all ihre Aggression in Zorn, und zornig rief sie: „Bei allen guten
Göttern! Gedenkst du nicht mehr des Treueschwures? Bist du ein
Meineidiger? Solch einen verachten die Götter! Besinne dich und laß von
deiner vorübergehenden Leidenschaft und bleib bei mir, der du den Bund
fürs Leben geschworen hast!“
Aber Jason war vom blinden Gott verblendet worden und vermählte sich
mit der jungen weißen Glauke. Medea sah den Hochzeitszug durch Jolkos
ziehen, als sie aus dem Fenster ihres Gemaches auf die untere Straße
schaute. Weinend barg sie ihr Antlitz in den vielen Samtkissen, zog die
Vorhänge wieder zu und wandte sie der Nacht und ihren Geistern zu:
„Wehe mir! Welches Unglück haben die Himmlischen auf mein Haupt
beschworen! Ich Verfluchte und Unselige! Der Gott des Tages, der Gott
des Lebens, der Gott des Himmels, kein Gott steht mir bei, sondern allein
die Rachegöttinnen aus dem finstern Orkus erheben sich, um meinen Zorn
anzustacheln. Wohin mit meinem Zorn? Gegen mich selbst muß ich
Unselige all meinen Zorn wenden und wünsche mir den Dolch! Komme
Thanatos mit seinem giftigen Becher und entseele mich! Nehme der Hades
meine gottverfluchte Seele auf, daß ich ewig als ein wesenloser Schatte
mein Unheil beweinen und bejammern kann in den dunklen Hallen beim
Feuerstrom! Ich verfluche die Stunde, da meine Mutter rief: Ein Mädchen,
ein Mädchen! Besser als geboren zu werden, ist freiwillig sich in den
Abgrund zu stürzen! Hab ich gesündigt gegen die himmlischen Gesetze?
Nein! Ich war treu! Jason ist untreu, gegen ihn wende sich die Göttin der
Vergeltung, die strenge Nemesis, und alle Furien mögen sich erheben aus
dem Abgrund, meine Rache zu vollziehen! Besser als sich selbst in den
Tod zu stürzen, ist es, Rache zu üben am Übeltäter, am Übertreter der
himmlischen Gesetze! In seinem Blute will ich mich baden, und aus
seinem Blute neue Lebenskraft mir trinken! Möge die schreckliche
Gerechtigkeit Jason und seine Hure verderben!“
Sie trat, an ihrem Geiste vor Schmerzen wahnsinnig geworden, erneut vor
Jason. In ihrem beschatteten Geist war ein Plan gereift, der ihr, während
sie ihre Schritte ging, immer klarer wurde. Ihre Rache dämmerte herauf
wie ein schrecklicher Tag des Gerichts. Sie bat Jason, wenigstens ihr Kind,
das kleine Baby, bei sich zu behalten, damit es königlich erzogen werde.
Sie aber werde freiwillig gehen, um seinem Wohl nicht länger im Wege zu
stehen. „Damit deine neue Braut auch unser Kind bei sich aufnimmt und
für das Kleine sorgt als wär es ihr eigenes, überlaß ich ihr diese Geschenke
aus meiner Schmuck- und Kleiderkammer. Möge sich ihr junges Herz
daran freuen, wie ich mich einst daran gefreut habe. Nicht bitter will ich
reden, Jason, sondern wünsche dir und deiner Braut das große Glück auf
Erden, in treuer Liebe zu leben und zu sterben!“
Damit überreichte sie Jason ein herrliches Goldgewand, kostbaren
Schmuck und einen Lorbeerkranz aus goldgearbeiteten Lorbeerblättern.
Damit ging sie aus der Burg. Einige Stunden später lief ihr ein treuer
Knecht nach und rief: „Medea, Medea, eile fort von hier, denn die neue
Gemahlin Jasons ist gestorben! Sie kam in den Königspalast, und die
Dienerinnen übergaben ihr deine Geschenke. Als sie die Geschenke sah,
lachte sie vor Freude, schloß auch gleich das Baby ins Herz und war in
allem herzig und goldig wie ein von den Göttern gesegnetes Kind. Aber als
sie das Goldgewand anlegte, den Schmuck umtat und den Goldkranz
aufsetzte - sie war eine Schönheit von der Herrlichkeit der Aphrodite
Urania, direkt vom Himmel auf die Erde herabgestiegen - da wurden ihre
Lippen blau, sie waren vorher so rosig gewesen, da wurden ihre Augen
matt und dunkel, sie waren vorher so leuchtend und himmelblau gewesen,
da riß sie sich die Haare aus vor Schmerz, die feinen goldenen Haare, da
schlug sie sich vor Schmerz und Elend laut schreiend an die Brüste, an
diese herrlichen Äpfel von Brüsten, und sank zu Boden. Röchelnd verstarb
sie, und schwarzes Blut quoll aus ihrem Munde. Die Hochzeitsgeschenke
waren Zaubergeschenke, waren Todesbeigaben geworden. Der Vater
Kreon, König von Korinth, kam herein, sah die Tochter verendend und
schon tot auf dem Boden, in ihrem schwarzen Blute liegend, da warf er
sich auf sie, als könne er sie mit der Wärme seines Leibes noch beleben,
aber er berührte damit das Innere des Mantels, ward infiziert vom Gift und
starb gleich neben seiner Tochter, der herrliche Mann ein entstellter
Leichnam. So ist das Ende aller Dinge und der Ausgang des Ehebruchs.“
Medea triumphierte. Die Furien der Hölle rasten in ihren Sinnen und
entflammten sie zur Vollendung ihres Zornes. Sie eilte, mit schwarzem
Geist, zur Königsburg des Jason, in die Gemächer des Kindes und stellte
sich vor diesem auf, das sie mit liebendem Blick und zugleich erschrocken
anstarrte. „Die Verfluchte wird ihren Fluch vollenden“, rief sich Medea
selbst zu, „die Unselige wird den Verhassten aller Seligkeit berauben! Die
Frucht unsrer Liebe soll nun Opfer meines Hasses werden. Nein, nicht
mehr mag ich dich sehen, du Bastard einer Ausgeburt des finstersten
Orkus!“ Damit stieß sie ihren Dolch in das Herz des Babys, das unschuldig
starb und von der heiligen Liebe in Elysium aufgenommen ward.
In dem Augenblick trat Jason in das Gemach. Er sah Medea mit dem
bluttriefenden Dolch überm entseelten Leichnam ihres Kindes stehen und
irrgeworden lachen. Ihm grauste und er entsetzte sich vor dieser Furie, der
Besessenen und Rasenden. Tödlicher Haß ergriff ihn, aber größer als der
Haß war die Verzweiflung. Dies Baby war ihm alles gewesen, sein
Thronnachfolger, seine Sonne, seine Unsterblichkeit, und nun lag es
hingemordet von der Mörderin. Daran war niemand anders schuld als er
selbst, und in tiefem Bewußtsein seiner eigenen Schuld und Sünde ertrug
er das Leben nicht mehr und floh vor dem schrecklichen Gott des Lebens
in die Schärfe des Schwerts, und brach blutend zusammen. Seine Seele
verließ seinen Leichnam mit zitternder Erwartung des Gerichts.
Medea aber schrie auf, ob vor Unglück oder vor Glück, ob lachend oder
vor Schmerz, war nicht zu entscheiden. Und die Dienerinnen im
Königspalast, ein abergläubisches Geschlecht, behauptete später, sie hätten
Medea auf einem von zwei Drachen gezogenen Wagen gen Himmel fahren
sehen.
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Thirty-Third Book
PROSA
Der Herr sagte zu mir zur Zeit der Regentin Angela: Hast du gesehen, was
Glykere, Frau Abkehr, getan hat? Sie ging auf jeden hohen Berg und unter
jeden belaubten Baum und hatte dort zügellose Sexualkontakte. Ich dachte,
nach dem sie das alles getan hat, wird sie zu mir zurückkehren. Aber sie
kehrte nicht um. Das sah ihre Schwester Thais, Frau Treulos. Sie sah, wie
ich Glykere, Frau Abkehr, entlassen habe, weil sie Ehebruch begangen,
und dass ich ihr die Scheidungsurkunde gegeben habe. Aber ihre
Schwester Thais, Frau Treulos, fürchtete sich nicht. Sie machte sich auf
und hatte ebenfalls zügellose Sexualkontakte. So geschah es, dass sie
durch ihr leichtfertiges sexuelles Treiben Deutschland entweihte: Sie
beging Ehebruch mit Edelsteinen und Phallusstatuen. Bei alldem ist Thais,
Frau Treulos, nicht von ganzem Herzen zu mir umgekehrt, sondern nur mit
lügnerischem Schein, so des Herrn Spruch.
Da sagte der Herr zu mir: Glykere, Frau Abkehr, steht gerechter da als
Thais, Frau Treulos. Geh und rufe diese Worte nach Norden: Kehre um,
Glykere, Frau Abkehr! So ist des Herrn Spruch: Ich zürne nicht für immer.
Begreife doch deine Sünde, Frau! Gegen den Herrn, den wahren Gott, hast
du rebelliert und deine Möglichkeiten unter jedem belaubten Baum an
fremde Männer verstreut. Auf meine Stimme habt ihr nicht gehört, spricht
der Herr.
Vor langer Zeit zerbrach ich dein Joch und zerriss deine Fesseln, Thais.
Aber du hast gesagt: Ich will nicht die Magd des Herrn sein. Auf allen
Hügeln und unter jedem belaubten Baum gabst du dich hin in zügelloser
Weise. Ich pflanzte dich als Rebe von edler Sorte. Aber du bist mir zu
einer sauren Traube geworden. Und wenn du dich auch mit Milch-und-
Honig-Schaum badest und mit Wildrosenöl salbst, so wirst du doch nicht
rein, dein Fehltritt bleibt wie ein Schmutzfleck an deinen Schenkeln
kleben, spricht der Herr. Wie kannst du sagen: Ich bin erlöst und heilig und
weiß von keiner Sünde? Betrachte doch dein Verhalten im Tal des Südens.
Wie eine brünstige Stute bist du hin und her gelaufen, wie eine geile
Eselin, die gierig nach Luft schnappt vor lauter Wollust. Wer kann deine
Brunst zügeln? Aber alle Männer, die dir hinterher laufen, brauchen nicht
lange zu laufen, sie finden dich willig und bereit, sie finden dich geil in
deiner Brunftzeit.
Und du, Verstörte, was machst du, dass du schöne Kleider anziehst, dich
mit Schmuck schmückst und deine Lippen mit Scharlach schminkst?
Umsonst machst du dich schön, Thais. Die Männer, die dich begehrten, sie
trachten dir nun nach der Seele.
Hebe deine Augen, Thais, und schau, wie der Feind von Norden kommt.
Wo sind die Lämmer, die dir anvertraut wurden, wo sind die lieben
Lämmer? Was wirst du sagen, wenn die, die du unterrichtet, sich über dich
setzen und dich beherrschen? Wirst du nicht stöhnen und schreien wie ein
Weib in ihren Wehen? Wenn du dich dann in deinem Herzen fragst: Warum
muß ich so unglücklich sein? Wegen deiner vielfachen Sünden wurde dir
dein Rock hochgehoben und deine Scham vergewaltigt. Ändern wohl
wilde Männer aus Afrika die Farbe ihres Fells? Genauso könnt ihr Weiber
auch nichts Gutes tun, weil ihr böse seid. Ich werde die Bösen verstreuen
wie Wüstensand. Das ist dein Schicksal, der Anteil, den ich dir
zugemessen habe, spricht der Herr, weil du mich vergessen hast und auf
die Lüge vertraut. Ich habe deinen Rock gehoben, dass deine Scham
sichtbar ward, damit alle dein zügelloses sexuelles Treiben sehen, dein
Gewieher, du brünstige Stute, deine zügellose sündige Sexualität. Auf allen
Bergen und Hügeln hab ich deine Phallussäulen gesehen. Weh dir, du bist
nicht rein für den Kult im Heiligtum! Wie lange willst du noch in der
Sünde leben?
Thais, auf deine Schönheit hast du dich verlassen, deinen Namen aber hast
du beschmutzt, herumgehurt hast du und so deinen guten Ruf ruiniert.
Deine Wollust hast du hingegeben, herumgehurt mit jedem Mann, der
vorbeigekommen ist, egal wer es war. Du nahmst deine bunten Decken
und Kissen, breitetest sie aus und lebtest deine Wollust aus und hurtest auf
dem Bett. So etwas soll es nie wieder geben! Den Schmuck nahmst du,
den ich dir geschenkt, und machtest dir Phallusstatuen daraus und triebst
es mit den Phallusstatuen, hurtest mit den kleinen Phalli. Du nahmst deine
hingehauchte Gaze und stülptest sie über die Phallusstatue. Salböl und
Weihrauch legtest du vor deine Phallusgötter. Das Brot, das ich dir
gegeben, den Käse und die Butter opfertest du deinem Phallusgott.
Dann hast du auch noch deine Söhne genommen und sie den Dämonen
durch die Hände der Wahrsager geweiht. War es nicht genug an deinen
verhurten Exzessen, dass du auch noch meine Kinder den Dämonen
weihen musstest? In all deinem Herumhuren, erinnerst du dich da an deine
Jugend, als du nackt warst, als deine Brüste voll geworden sind und dein
Schamhaar gesprossen?
Dann hast du dir eine Theaterbühne bauen lassen. An jeder Straßenecke
stand deine Theaterbühne für die Komödianten. Deine Schönheit hast du
missbraucht. Die Beine hast du gespreizt für jeden, der vorüberkam.
Immer weiter triebst du deine Hurerei. Du hurtest mit deinen
superpotenten Nachbarn. Immer weiter triebst du deine Hurerei und
kränktest mich damit. Da hab ich mich erhoben und dir entzogen, was dir
eigentlich bestimmt war. Ich habe dich der Begierde dessen ausgeliefert,
der dich verachtet, der sich durch deine Dreistigkeit gedemütigt fühlte. Du
hurtest, triebst es noch mit andern und kriegtest das Maul nicht voll! Auch
mit Geschäftsmännern hast du dich eingelassen und die Beine gespreizt
und mit ihnen herumgehurt und kriegtest auch da das Maul nicht voll! Wie
dürstete doch dein Herz, Spruch des Herrn, als du es so getrieben, diese
Taten einer Hure, eines vulgären Weibes, als du an jeder Straßenecke deine
Theaterbühne aufgestellt hast. Aber du bist eigentlich nicht wie eine
ordinäre Hure, denn du hast ja kein Geld von den Männern genommen.
Die Ehebrecherin, die eigentlich ihrem Mann folgen sollte, nimmt sich
fremde Männer, die sonst den Huren Geld gegeben hätten. Aber du hast
den Hurern auch noch Geschenke gemacht und gabst ihnen Geld dafür,
dass sie von allen Seiten zu dir kamen. Obwohl keiner zu dir kam wie man
zu einer Hure geht, bist du als Hure den Hurern nachgelaufen und gabst
den Hurern Geld dafür, dass sie mit dir hurten. So bist du das Gegenteil
einer ordinären Hure!
So spricht der Herr: Weil du sexuell erregt warst und Männer sich über
deine Nacktheit hermachten bei deinem verhurten Treiben mit all deinen
Freiern und deinen trügerischen Geistern und wegen deiner Schuld vor
deinen Kindern, als du deine Kinder den bösen Geistern weihtest, darum,
schau nur, werde ich den Liebhaber rufen, der dich so süß fand, ich werde
gegen dich zusammen rufen alle, die du liebtest, und alle, die du
verschmähtest, von allen Seiten kommen sie zu dir und vergehen sich an
deiner Nacktheit, sie werden dich splitternackt sehen! Nach den Gesetzen
für Ehebruch und Kindermord wirst du gerichtet und ich werde dich dem
glühenden Zorn und der brennenden Eifersucht deines Liebhabers
aussetzen! Ich werde dich in die Hand des Mannes geben. Er wird deinen
Sockel niederreißen, auf den du dich stelltest, als wärest du eine Gottheit,
und er wird die Theaterbühnen zerstören, darauf du dich präsentiert hast
deinen verhurten Freiern! Deine Seidenkleidchen werden dir vom Leib
gerissen und deine Halsketten dir von den Brüsten gerissen und du wirst
splitternackt im Grase liegen! Meinen glühenden Zorn werde ich an dir
vollziehen und meine Eifersucht wird sich erst legen, wenn sich mein
glühender Zorn ganz ausgetobt hat! Weil du dich nicht an deine Jugend
erinnert, da ich den Bund mit dir geschlossen, weil du mich rasend vor
Zorn gemacht hast durch dein verhurtes Treiben, darum werde ich deine
sündige Lebensweise über dich kommen lassen.
Da erreichte mich das Wort des Herrn: Menschensohn! Es waren zwei
Frauen, die hurten in ihrer Jugend im Götzendienst. Sie ließen sich ihren
Busen streicheln und ihre Brüste betatschen. Ihre Namen sind: Thais, die
ältere Schwester, Glykere, die jüngere Schwester. Ich nahm sie und sie
gebaren Söhne. Glykere trieb Hurerei und sehnte sich nach ihren Freiern.
Ihre Freier waren schöne starke Männer, gut gekleidet, sie kamen in
großen Wagen heran. Sie richtete ihre Begierde auf die starken Männer,
und mit allen ihren Freiern und deren Götzen entwürdigte sie ihre eigene
Scham. Während sie zu jenen sexuelle Beziehungen unterhielt, brach sie
ihre sexuellen Beziehungen zu ihren früheren Freiern nicht ab. Sie trieb es
mit mehreren Freiern zu gleicher Zeit. Schon in ihrer Jugend konnte man
ihr beiwohnen und ihren großen Busen betatschen und seine Wollust über
sie ausschütten. Darum hab ich sie nun auch den Händen ihrer Buhlen
überlassen, den Händen ihrer Freier, nach denen sie Verlangen spürte. Ihre
Freier haben ihre Nacktheit bloßgelegt und ihre Söhne wollten sie
ermorden. Sie selbst aber wurde mit einem verfrühten Tode bedroht. Sie
wurde zu einem abschreckenden Beispiel für alle Weiber. Ich werde sie
richten!
Ihre Schwester Thais sah das wilde Treiben ihrer Schwester und tat es ihr
gleich in Exzessen der verhurten Unzucht. Sie begehrte die Fremden, die
vorüberkamen, lustige Komödianten, schön gekleidet und von weit her
gekommen, begehrenswerte Männer! Ich sah, wie sie sich entwürdigt
hatte. Die beiden Hurenschwester waren doch eine wie die andre. Doch
trieb Thais noch eine andre Hurerei: Sie sah Götter in farbigen Bildern,
wunderschöne nackte Männer mit gewaltigen Phalli! Da begehrte sie die
Wollustgötter. Da kamen die Heiden mit ihren Wollustgöttern und wohnten
Thais bei in verhurter Lust und lagen in ihrem Bett und befleckte ihr
Liebeslager. Und als ihre Nacktheit offenbar war und ihre Hurerei bekannt
geworden, da wandte ich mich angewidert von ihr ab, genauso wie ich
mich von ihrer verhurten Schwester Glykere angeekelt abgewandt hatte.
Und sie erinnerten sich beide daran, wie sie in ihrer Jugend in Frankreich
gehurt, da sie freiwillig ihre Beine gespreizt jedem Reisenden, der zufällig
vorübergekommen. Nebeneinander lagen sie im Wagen und ließen sich
beschlafen wie Huren von fremden Männern, die geil wie Esel waren und
Glieder wie potente Hengste hatten und deren Samenerguss wie der
Samenerguss eines Hengstes war. Thais, du sehntest dich oft zurück nach
deiner Jugend, da du dich von jedem nehmen ließest und jedem die Beine
bereitwillig spreiztest! Glykere, du sehntest dich oft zurück nach deiner
Jugend, da man deinen großen Busen entblößt und betatscht!
Ich sprach: Die abgenutzte Hure denkt immer noch an Ehebruch, jetzt
führt sie ihre Unzucht fort und wohnt einem Manne bei, der nicht ihr Mann
ist. Man geht zu Thais und Glykere, wie man zu Huren geht, und man
schaut Thais und Glykere begierlich an, wie man Prostituierte anschaut,
die beiden verhurten Weiber. Aber gerechte Männer werden sie richten
nach dem Gesetz für Ehebrecherinnen und Kindermörderinnen! Denn sie
brechen die Ehe selbst mit ihren eigenen Männern und der Mord an
ungebornen Kindern liegt auf ihnen wie eine schreckliche Schuld. Aber so
spricht der Herr: Ich werde die Schande aus Deutschland wegschaffen! Die
kommenden Frauen werden sich warnen lassen und die Schandtaten
verhurter Unzucht und satanischen Kindermordes nicht mehr nachahmen.
Dann werden auch die Deutschen erkennen, dass Gott der Herr ist!
Wegen der großen Hurerei der Hure Thais, wegen der anmutvollen
Schönheit der Herrin der Magie, die Seelen verkaufte durch ihre
magischen Sprüche und Familien verfolgte durch ihre Flüche, darum
werde ich über dich herfallen, spricht der Herr der Heerscharen, ich werde
dein Kleid hochheben und über dein Antlitz ziehen und alle Welt soll deine
Scham betrachten und die Edlen sollen deine Schande erkennen. Ich werde
Schmutz auf dich werfen, ich werde dich vergewaltigen wie ein wilder
Mann aus dem Wald und in aller Öffentlichkeit deine Nacktheit sehen
lassen!
Anfang des Sprechens des Herrn in mir. Der Herr sprach zu mir zur Zeit
der Regentin Angela, zur Zeit des Hohenpriesters Benedikt: Geh zu der
Hure Glykere, die es mit vielen Männern treibt, und geh zu den Söhnen
der Hure, denn Deutschland ist eine Hure geworden und hat den Herrn
verlassen. Da ging ich zu Glykere, der Tochter eines Weltenbummlers. Sie
gebar ihren ersten Sohn. Sein Name war: der Bauer. Denn zu dieser Zeit
werden die Bauern in Deutschland so ausgehungert werden, dass sie sich
vor Jammer und Elend das Leben nehmen. Und Glykere wurde wieder
schwanger und gebar Zwillinge. Und der große hieß: der Liebe, weil er im
Mutterschoß der Ungeliebte war, und der Kleine hieß: der von Gott
Erwünschte, weil er im Mutterschoß unerwünscht war. Der Herr wird sie
retten, aber er wird sie nicht retten durch Schwerter und durch Pfeil und
Bogen, sondern er wird sie retten durch das immerwährende Gebet.
Streitet mit eurer Mutter, der Hure, klagt sie an! Nein, sie ist nicht meine
Frau und ich bin nicht ihr Mann! Sie soll ihren Hurenschmuck von ihrem
Hals entfernen und die Hurenketten von ihren Brüsten und die
ehebrecherischen Talismane von ihren Fingern. Sonst werde ich sie
ausziehen und sie nackt ins Gras legen. Wild getrieben hat es die Mutter,
sie hat sich mit Sünde bedeckt. Sie hat gesagt: Ich will meinen Freiern
hinterher rennen, sie geben mir Brot und Wasser, Kleider und Salben und
Schaumwein. Darum bin ich jetzt dabei, ihren Garten von Brennesseln
überwuchern zu lassen. Ich sperre sie zuhause ein, dass sie den Weg zu
ihren geilen Hengsten nicht mehr findet. Seufzt sie ihren Buhlen auch
nach, so wird sie die Freier nicht mehr erreichen. Dann wird sie sagen: Ich
kehre zu meinem ersten Mann zurück, der hat mir wenigstens gedient. Sie
erkennt aber nicht, dass der Herr ihr das tägliche Brot gegeben. Den
Schmuck, den ich ihr geschenkt, den nimmt sie und treibt Magie und
Verführung damit. Ich aber werde ihr die Kleider vom Leibe reißen, womit
sie ihre Nacktheit zu verhüllen sich bemüht. Ich decke ihr Geschlecht vor
allen Männern auf.
Dich aber will ich verführen, mein Geliebter, ich werde dich in die
Einsamkeit führen, in die Mitte der Einöde, dort werde ich von Herz zu
Herz mit dir reden. Ich werde dir deinen Weinberg schenken! Dann wirst
du mir singen, wie du gesungen am Tag, da ich dich aus der heidnischen
Todesfinsternis befreite. An jenem Tag, spricht Sophia, nennst du mich
deine Braut! Du wirst nicht mehr die Venus lieben, die körperliche
Schönheit, sondern du wirst Sophia lieben, die göttliche Weisheit. Du wirst
mich nicht mehr Königin des Himmels nennen, sondern deine Geliebte!
Ich werde mich mit dir verloben durch Gerechtigkeit und Rechtfertigung,
durch Barmherzigkeit und Liebe. Die göttliche Liebe wird mein
Brautgeschenk! Mit meiner Treue werde ich dich gewinnen und du wirst
Sophia erkennen!
An jenem Tag wird der Bauer sagen: Mein Gott! Und der Liebe wird
sagen: Mein lieber Vater!
Höre aufmerksam auf meine Weisheit, hab ein Ohr für meine Einsicht,
damit du klug bleibst und die Erkenntnis bewahrst. Ja, süß sind die Lippen
der Frau deines Nächsten, süß wie Honig sind ihre Lippen, und ihre Zunge
ist sanft wie schmelzende Butter und ihr Gaumen verführerisch
schmeichelnd. Aber schließlich ist sie bitter wie Wermut und ihre Zunge
scharf wie ein Messer. Ihre Füße wandeln zum Totenreich, ihre Schritte
bewegen sich auf die Hölle zu. Damit du vom Weg zum ewigen Leben
abirrst, geht sie Wege durch Labyrinthe, erkennst du es nicht? Dein Weg
soll nicht zu ihrer Gasse führen, halte deine Füße fern von ihrer Hütte. Gib
deine Zeit nicht den fremden Leuten und deine Jahre nicht den Frauen mit
steinharten Herzen. Sonst werden sich Frauen andrer Männer an deiner
Arbeit erfreuen und dich aussaugen wie Vampire, dein mühsam erspartes
Geld wirst du verschwenden in ihren nimmersatten Schoß. Schließlich
wirst du seufzen und stöhnen und am Ende deines Lebens bereuen. Dann
wirst du sprechen: Wir hab ich doch die Ermahnung meines Beichtvaters
nicht beachtet und habe nicht auf die Stimme der Gelehrten gehört!
Beinnah wäre ich in die Gemeinschaft der Bösen gekommen!
Nein, mein Sohn, sondern trinke aus deiner Quelle klares frisches Wasser!
Dann wird die Quelle deines Lebens überströmen auf alle Straßen und
deine Ströme zu allen durstigen Kindern! Für dich allein ist die Quelle
deines Lebens und nicht für die dir fremden Frauen! Deine reine Quelle sei
gebenedeit! Freue dich an deiner jungen Geliebten, der geliebten Jungfrau
Sophia! Eng ist ihr Muttermund wie der Muttermund einer Hirschkuh und
sie erfreut den Weisen in einer langen Ehe in immerwährender
Jungfräulichkeit wie am ersten Tag! Schön und anmutig ist sie wie eine
weiße schlanke Gazelle! Warum willst du dich an einem andern Weib
ergötzen und dich berauschen an den Brüsten der Frau deines Nächsten?
Alles weiß der allein weise Gott! Die Brüste deiner Geliebten allein
sättigen dich und an den Brüsten deiner jungen Geliebten allein sollst du
dich berauschen! An der Liebe der makellosen Jungfrau Sophia sollst du
dich immer und ewig allein berauschen!
DIE HÖLLE
Der Fürst der Hölle, der Feind aller Menschenkinder, betrachtete einst in
seinem Pandämonium das Buch des Lebens und das Buch der Werke.
Dabei stieß er auf den Namen des Heiligen Liu, der unsterblich war. Der
Fürst der Hölle gab zwei Dämonen den Befehl, den Heiligen Liu in die
Hölle zu bringen. Die beiden Dämonen kamen an das Haus, wo der
Heilige Liu wohnte und klingelten an der Tür seiner Wohnung und riefen:
Liu, der Fürst der Hölle hat befohlen, dich zu holen!
Liu wusste, dass die beiden Dämonen gerne Wein tranken. Als er nun ihre
Säuferstimmen lallen hörte, stand er von seinem Sopha auf und stellte in
die Mitte seines Zimmers ein großes Fass mit Wasser. Dann stieß er ein
Loch in die Hausdecke und schüttete eine halbe Flasche Wein auf den
Teppich.
Dann sprach der Heilige Liu zu den beiden Dämonen, die vor der
Wohnungstür warteten: Ich habe so eine Angewohnheit. Im Winter, wenn
es draußen regnet und schneit, dann trink ich zuhause von morgens bis
abends Wein. Ich habe da eine Sorte Wein, die vergeistigt den Körper und
bringt einen zum Schweben. Ich schwebe also nachts immer zur
Himmelspforte. Darum habe ich ein Loch in meiner Decke, damit ich
hinaufschweben kann zur Himmelspforte. Ich habe aber gestern einen über
den Durst getrunken, darum liege ich heute noch etwas zermatscht auf
meinem Sopha und kann mich nicht erheben.
Als die beiden Dämonen von dem edlen Tropfen hörten, wurden sie
besonders durstig. Sie sagten: Liu, wenn du gestern zuviel gesoffen, bleib
ruhig auf deinem Sopha liegen. Der Heilige Liu sagte: Kommt doch durch
das Loch in der Decke! Es ist draußen so kalt, kommt mich doch besuchen
und wärmt euch an meinem Himmelswein auf!
Die beiden Dämonen drängten sich durch das Loch in der Decke, und
schon lag der erste Dämon im Wasserfass. Da rief Liu laut: Warte, nicht so
eilig! Da glaubte der andre Dämon, der erste Dämon wolle den Wein allein
trinken. Mein Freund und Bruder, rief er, lass mir etwas von dem
Himmelswein übrig, ich habe auch sehr großen Durst. Und schon lag auch
der zweite Dämon im Wasserfass. Der Heilige Liu legte rasch einen
Deckel auf das Fass und legte einen schweren Stein auf den Deckel und so
waren die Dämonen eingesperrt, ja, sie ersoffen beide im Wasser!
Der Heilige Liu wusste aber, nachdem er die beiden Dämonen im Wasser
ersäuft hatte, würde der Fürst der Hölle selber kommen, ihn in die Hölle zu
holen. Darum färbte der Heilige Liu eine Kuh mit rotem Schlamm rot und
band sie im Stall an. Und schon kam der Fürst der Hölle und bellte: Liu,
du hast zwei meiner Dämonen ersäuft, schnell, ich komme, dich zu holen,
komm herab in die Hölle!
Der Heilige Liu lächelte freundlich und sagte: Fürst der Hölle, von den
beiden Dämonen habe ich gehört, sie haben sich betrunken in einen
Abgrund gestürzt. Aber du reitest auf einem Tausend-Meilen-Flügelpferd?
Wenn ich mit dir kommen soll in die Hölle und muß den ganzen weiten
Weg zu Fuß gehen? Ich hole mir aus dem Stall auch ein Reittier. Der Fürst
der Hölle sprach: Aber mach schnell! Und so holte der Heilige Liu die rote
Kuh aus dem Stall. Da sprach der Fürst der Hölle: Was ist das für ein
Fabeltier? Da sagte der Heilige Liu: Einmal anblasen, fliegt es tausend
Meilen, einmal peitschen, fliegt es dreitausend Meilen, einmal mit den
Schenkeln drücken, fliegt es zehntausend Meilen. Da sprach der Fürst der
Hölle: Das hab ich noch nie gehört, das ist ja besser als mein Tausend-
Meilen-Flügelpferd. Wir tauschen! Da sagte der Heilige Liu lächelnd:
Wenn ich sowieso sterben muß, was soll ich dann mit einem Fabeltier?
Aber es wird sich von dir nicht reiten lassen. Wir müssen unsre Kleider
tauschen.
Nun trug also der Heilige Liu den Mantel des Höllenfürsten und der
Höllenfürst trug den Arme-Leute-Kittel des Heiligen. Der Heilige Liu
setzte sich auf das Tausend-Meilen-Flügelpferd und flog wie der Blitz
davon, direkt in die Hölle. Der Fürst der Hölle aber saß auf der roten Kuh
und schwitzte und drückte mit den Schenkeln und peitsche und blies, aber
die alte Kuh bewegte sich keinen Schritt von der Stelle. Schließlich gab
der Höllenfürst auf und ging zu Fuß zur Hölle.
Als der Fürst der Hölle in dem Arme-Leute-Kittel des Heiligen Liu zum
Thron des Höllenfürsten kam, saß auf dem Höllenthron der Heilige Liu im
schwarzen Mantel des Höllenfürsten und gebot den zehntausend
Dämonen: Da kommt Liu, schlagt ihn tot! Verzweifelt schrie der
Höllenfürst: Ich bin der Höllenfürst, da auf dem Höllenthron sitzt der
Heilige Liu! Aber der Heilige Liu sprach vom Höllenthron zum
Höllenfürsten: Was, du wagst auch noch, frech zu werden? Auf, ihr
Legionen, schlagt ihn tot wie einen räudigen Straßenköter! Es dauerte
nicht lange, da hatte der Höllenfürst seine Seele ausgehaucht.
DAS FEGEFEUER
DAS PARADIES
In einem Dorfe lebte allein mit seiner Mutter der junge Mann Ming. Er
war verliebt in die Tochter seiner Tante im Nachbardorf, die junge schöne
Tsai. Aber die Tante war geldgierig und sagte: Du wirst nicht eher mein
liebes Mädchen zur Braut bekommen, bis du drei goldene Haare aus den
Locken des göttlichen Kindes im Himmel gezupft hast.
Ming wanderte los und kam an ein Meer. Da saß er nun und wartete. Da
kam ein Fährmann in einem Boot. Ming stieg in das Boot. Der Fährmann
fragte: Wohin willst du? Ming sprach: Ich will ins Paradies! Und was
willst du im Paradies, fragte der Fährmann? Ich will das göttliche Kind
besuchen, sprach Ming. Und was willst du vom göttlichen Kind, fragte der
Fährmann. Ich, sprach Ming, will dem göttlichen Kind drei goldene Haare
aus seinen goldenen Locken zupfen.
Der Fährmann setzte Ming an Land. Ming wanderte noch drei Tage, dann
kam er ins Paradies. Wie schön war es hier! Die Straßen waren mit weißer
Jade gepflastert, die Paläste waren aus Gold, Silber und Perlen, an den
Bäumen wuchsen Blätter aus durchsichtigem grünen Edelgestein und auf
den Spitzen der Pavillons blitzen funkelndrote Juwelen. Aber Ming war
nicht danach zumute, sich im Paradies umzusehen, er suchte allein das
göttliche Kind. Wo ist das Haus des göttlichen Kindes? Da sah er am
Himmelstor zwei Wächter stehen, der eine war der himmlische Fischer mit
dem Himmelsschlüssel und der andere der himmlische Zeltmacher mit
dem Schwert, die waren so groß, dass Ming sich vorkam wie ein kleiner
Knabe. Der himmlische Fischer mit dem Himmelschlüssel schaute Ming
an und sagte: Was suchst du hier? Ming sprach: Ich möchte das göttliche
Kind sehen. Warum, sprach der himmlische Fischer. Ich möchte drei
goldene Haare aus seinen Locken zupfen, sagte Ming, damit ich ein
schönes junges Mädchen heiraten kann. Interessant, sagte der himmlische
Zeltmacher und lächelte. Aber leider ist das göttliche Kind gerade
spazieren und betet dabei, da darf jetzt niemand stören. Da sprach Ming
demütig: Dann warte ich, bis das göttliche Kind Zeit für mich hat. Der
himmlische Zeltmacher sprach: Zeit? Was ist das? Wenn das göttliche
Kind betet, dauert das drei Tage und Nächte. Komm in drei Tagen wieder!
Ming setzte sich unter einen Feigenbaum im Paradies und war bekümmert.
Da habe ich mich nun so abgemüht und bin zehntausend Meilen gewandert
und nun sagt man mir, ich solle in drei Tagen wiederkommen. Einfach
zurück zu den Menschen gehen, das geht jetzt nicht mehr. Ich muß mir
etwas einfallen lassen. Er dachte eben an die Himmelskönigin, da hatte er
einen Einfall. Er nahm einen kleinen Vogel vom Feigenbaum und ließ den
Vogel fliegen, da flog der Vogel zum himmlischen Fischer und zum
himmlischen Zeltmacher und begann zu zwitschern. Schau, sagte der
himmlische Fischer lächelnd, was für ein niedliches Vögelchen! Wie das
Vögelchen die rote Brust so plustert! Das wollen wir fangen! Aber das
Vöglein flatterte fort und die beiden himmlischen Alten immer hinter dem
Vöglein mit der roten Brust hinterher. Da schlüpfte Ming unbeachtet
durchs Himmelstor.
Als er im Himmel war, sah er einen wunderschönen englischen Park, wo
viele Heilige wandelten ins Gebet versunken und wo viele Engel Flöte
spielten und Harfen strichen. Da sah Ming am Ende des englischen
Gartens das göttliche Kind mit seiner Mutter, der Himmelskönigin,
spazieren, sie waren beide ins Gebet versunken. Ming eilte zu den beiden,
fiel vor der Himmelskönigin nieder und grüßte sie: Freue dich, himmlische
Mutter! Dann wandte sich Ming an das göttliche Kind und sagte:
Göttliches Kindlein, liebes göttliches Kindlein, ich brauche drei goldene
Haare von deinem Lockenköpfchen, holdseliger Knabe!
Plötzlich sah Ming, dass das göttliche Kind größer als das Weltall war und
Ming war nur wie ein kleines Kindlein. Da kletterte Ming wie ein kleiner
Knabe auf die Schultern seines Vaters klettert auf die Schultern des Gottes
und zupfte ihm drei goldene Haare aus. Der Gott bewegte sich nicht
einmal. Ming stieg wieder herunter und legte die drei goldenen Haare in
ein kleines Döschen, auf dem ein kindlicher Engelskopf abgebildet war, er
steckte das Döschen in seine Tasche. Da sprach das göttliche Kind: Ming,
Ming! Und Ming sprach: Was willst du von mir, mein kleiner großer Herr?
Und das göttliche Kind gab ihm den Abschiedssegen. So kehrte Ming zur
Erde zurück.
Er brachte die drei goldenen Haare des göttlichen Kindes in dem kleinen
Döschen dem jungen schönen Mädchen Tsai als Morgengabe und durfte
sie heiraten. Sie wurden vereinigt mit dem Segen Gottes.
STÖRTEBECKER
König Waldemar Atterdag zerstörte die Stadt Wisby und plünderte ihre
Schätze. Die Tore der Stadt waren aus Bronze, die Glocken der Kirchen
aus lauterem Silber, die Frauen spannen an goldenen Spindeln und die
Kinder spielten mit Münzen. Aber die Schiffe, die König Waldemar mit
den Schätzen belud, sind alle von der wilden See verschlungen worden
oder im Sturm an der Küste zerschellt.
Wir haben Nachricht aus Lübeck erhalten. In Schweden ward eine große
Schlacht geschlagen. Königin Margarethe, die große Tochter König
Waldemars, hat König Albrecht besiegt und gefangen genommen.
Margarethe ist jetzt Herrscherin von Norwegen, Schweden und Dänemark.
Nur die schwedische Hauptstadt Stockholm widersteht der Königin
Margarethe. In Stockholm sind deutsche Krieger, die dem gefangenen
König Albrecht die Treue halten und sich weigern, die Festung Stockholm
der Königin Margarethe zu übergeben. Margarethe hat die Festung
Stockholm vom Festland aus eingeschlossen, aber sie kann nicht
verhindern, dass Schiffe der deutschen Hansa den Kriegern von Stockholm
Viktualien zuführen. Um nun Stockholm für den König Albrecht zu retten,
beschlossen die beiden mecklenburgischen Städte Wismar und Rostock,
einen Aufruf zu erlassen: Alle Freiwilligen, die die Königin Margarethe
bekämpfen, ihre Schiffe zerstören, ihre Länder ausrauben und Stockholm
Viktualien zuführen, alle diese Freiwilligen erlangen also Kaperbriefe und
erlangen das Recht, die Beute, die sie machen, unter sich zu teilen. Viele
Ritter aus aller Herren Länder eilten nach Rostock und Wismar, um die
Kaperbriefe in Empfang zu nehmen. Viele dieser Ritter wurden so zu
Raubrittern. Ich sage euch, wenn die Königin Margarethe sich aus der
Ostsee zurückziehen wird, dann werden sich die Seeräuber auf die
deutschen Küsten werfen. Dann wird kein Schiff der deutschen Hansa
mehr vor den Seeräubern sicher sein. Dann wird man in Hamburg das
Hamburger Bier selber trinken müssen, weil man es nicht mehr nach
England wird bringen können. Diese Raubritter aber nennt man
Viktualienbrüder, weil sie Viktualien nach Stockholm bringen. Sie selbst
nennen sich aber Likedeeler, weil sie alles gleich und gerecht teilen.
Kapitän Nyenkerken mit Seinem Schiff, genannt Walfisch, lag vor der
Insel Neuwerk, jenseits des Priels. Der mächtige Turm von Neuwerk war
die äußerste Nordwacht der Hansestadt Hamburg. An der Ostseite der Insel
segelte der Walfisch ins Meer hinaus. Das Meer erschien als ein Abbild der
Ewigkeit. Der Walfisch erschien wie ein Spielzeug des Meeres. Nach zwei
Stunden Seefahrt sah Kapitän Nyenkerken den roten Felsen von
Helgoland, die Lange Anna. In der Mitte der Insel Helgoland erhob sich
ein mächtiger Turm. Möwen flogen über dem Strand. Helgoland war einst
das Heiligtum des friesischen Götzen Forsete und Hauptheiligtum der
Friesen, bis der heilige Ludger in Helgoland die Friesen christianisierte. Er
schenkte dem blinden Barden Bernlef das Augenlicht, aus Dankbarkeit
übersetzte Bernlef den Psalter Davids ins Friesische. Die Insel schien ein
Hort des Friedens mit ihren Wäldern, Schafherden und Fischernetzen. Auf
der Insel herrschte ein dänischer Vogt, der im Bunde mit den Likedeelern
stand. Er gewährte ihnen Unterschlupf, sie teilten die Beute mit ihm.
Manches Schiff der Hamburger Hansa war hier spurlos verschwunden.
Man hisste auf der Insel Helgoland den Danebrog, die Fahne Dänemarks.
7
Die Stadt Bergen in Norwegen. Links das norwegische Königsschloß.
Rechts die deutsche Stadt mit der Kirche Sankt Marien. Entlang der
Landungsreihe die Gärten der deutschen Hansa-Städte Lübeck, Hamburg,
Rostock, Bremen, Emden. Der Adler kreiste um den Turm von
Bergenhuus. Der Adler glich der großen Königin Margarethe. Die Königin
möchte sich mit drei Kronen schmücken als die große Königin des
skandinavischen Germanien. Sie möchte residieren in Bergenhuus, in
Stockholm und in Kopenhagen. Die Hansa rüstet ihre Schiffe zum Kampf.
In der Königin Margarethe kreist das Blut des Adlers.
Vorgesehen. Ich sah in meiner Kindheit Kopenhagen, ich sah auch die
Statue der kleinen Meerjungfrau, ich sah Stockholm und das Schloß der
Königin von Schweden, und schließlich war ich auch in Bergen und
speiste dort den Lachs der Weisheit. Der Lachs schwimmt zur Quelle
zurück, schwimmt gegen den Strom, darum ist der Lachs ein Symbol der
Weisheit. Ich kenne Emden gut und weiß, dass Mephistopheles zu Doktor
Faust sprach: Schließe einen Pakt mit dem Teufel, dann gebe ich dir die
Herrlichkeit Emden mit all ihren Schiffen! Ich selbst sprach als Dichter
von einer Tribüne im Hafen von Emden ein Liebesgedicht an Maria, die
Königin des Friedens. Ich sah auch den Hafen von Hamburg und fuhr
selber auf der Elbe. Ich war in Lübeck und auch in Kiel auf der Reise nach
den dänischen Inseln. In Bremen hab ich oft gebetet im Dom Sankt
Ansgari.
10
11
Während Störtebecker in Marienhafe Hochzeit feierte mit Liebfraue Folka,
hatte eine Flotte von Danzig aus die Insel Helgoland angegriffen, da die
Gefährten des Störtebecker wohnten. Eberhard Pilgrimson war verwundet.
Die Mannschaft machte die Schiffe wieder seeklar. Störtebecker rief:
Danzig, Danzig, erwarte mich in deinem Hafen! Meister Hugo in der
Silbermöwe wird den Seeadler begleiten. Marquard Preen wird mein
Stellvertreter auf Helgoland. Du schütze Helgoland und Neuwerk! Kapitän
Nyenkerken ist alt, der alte Adler ruht sich aus in Hamburg. Halte die
Augen offen, Marquard, kein Schiff aus Hamburg darf auf die offene See
hinaus. Rache will ich nehmen an der Kaufmannsstadt Hamburg, ich hab
es geschworen! Wir kehren erst wieder, wenn die Ostsee erobert ist.
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O Muse, singe mir das Lied von Störtebecker, dem weitgereisten, der das
Meer gepflügt, und von seiner Rache und seinem Zorn ein Lied! Begleite
mich, o Muse, bis zu seinem Golgatha, und laß seine liebe Frau und seine
Gefährten weinen um den großen Toten!
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Sie lagen im Hafen von Wismar. Da lag das Schiff mit dem pommerschen
Greif. Ein Mann stand auf dem Schiff, von Narben gezeichnet. Sei mir
gegrüßt, Goedecke Michels! Trinke den Bundesbecher in Einem Zuge und
schwöre mir Treue bis in den Tod! Goedecke Michels trank den herben
Becher in Einem Zuge leer und rief: Der Wein ist gut, komm, füll mir den
Becher noch einmal bis über den Rand! Goedecke Michels küsste
Störtebecker dreimal: Bruder, sprach er, du bist würdig, mit mir zu ziehen
in den Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit! Liebfraue Folka trat an den
Tisch und brachte neuen Wein. Goedecke Michels rief: Ha, Störtebecker
ist unser Mann! Die Königin des Nordens zittre, denn wir werden unserer
Braut, der See, die Freiheit zurückerobern!
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Sie landeten auf der Insel Gotland im Hafen von Wisby. Sie nahmen vom
Vogt den Schlüssel des Ratshauses und der Schatzkammer in Empfang. Sie
waren nun die Herren der Stadt Wisby und wohnten darin. Goedecke
Michels beschloß, in Wisby zu überwintern. Störtebecker ward von
Meister Hugo erinnert an seinen Auftrag, den er durch den Kaperbrief
erhalten hatte. Ein Edelmann hält sein Wort, sprach Störtebecker.
Störtebecker erreichte also Stockhom und wurde von den deutschen
Kriegern mit großer Freude empfangen, brachten sie doch Brot und Wein.
Das war für Stockholm die kostbarste Gabe, die Störtebecker den
deutschen Kriegern brachte. Sieben Tage lag Störtebeckers Seeadler im
Hafen von Stockholm, dann kehrte er nach Gotland zurück, um in Wisby
den Winter über zu wohnen. Damals sang man in Wisby dieses Lied:
Gold wiegen Goten auf der Zehnpfundwaage,
Die Kinder spielen mit den Edelsteinen,
An goldnen Spindeln spinnen Fraun am Tage,
In Silbertrögen ließ der Fraß den Schweinen.
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Sieben Monde währte der nordische Winter. Sturm ging über die See und
die Insel, dann sprengte die See den Panzer aus Eis. Die Frühlingswinde
weckten die Lust der Viktualienbrüder zu neuen Kämpfen. Die Sonne rief
die Hauptleute auf den Marktplatz von Wisby zusammen und rief sie auf,
die ganze Insel Gotland einzunehmen. Wisby auf Gotland sollte der
Hauptsitz der Likedeeler werden, von wo aus sie die Eroberung der Ostsee
unternehmen wollten. Fünfhundert Seemänner schlugen die Schilde zum
Beifall. Beim Hafen von Garn ward das Schloß Landskron eingenommen.
Goedecke Michels rief: Dieses Schloß Landskron soll fortan der
Viktualienbrüder Zufluchtsort heißen. Hier bleiben wir, dies sei unsre
Zuflucht!
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Die Likedeeler lagen vor Danzig. Sturm kam auf. Sie warteten bei der
Halbinsel Hela. Nachdem der Sturm vorübergezogen war, begann die
Seeschlacht. Störtebecker, Goedecke Michels, Wigbold und Wichmann
und Jan von Plön kämpften mit ihren Scharen gegen die Krieger von
Danzig. Schwerter schlugen aufeinander, Streitäxte wurden geschwungen.
Liebfraue Folka ward von einem Ostpreußen mit der Streitaxt bedroht,
aber Fraue Folka schlug wie eine Schwertjungfrau den Feind in die Flucht.
Die Krieger von Danzig waren nicht zu überwinden. Störtebecker pfiff und
gab den Befehl, den Krieg abzubrechen. Er hatte erfahren, dass nicht nur
Stralsund und Lübeck, sondern auch Wismar und Rostock Jagd auf die
Likedeeler machten. Ich habe Sehnsucht nach meinem Königreich
Helgoland, sagte Störtebecker. Goedecke Michels, Wigbold und
Wichmann aber segelten nach Bergen, die Gärten der deutschen Hansa
leerzupflücken. Störtebecker kehrte mit Liebfraue Folka auf dem Seeadler
heim zu seiner Mutter, der Nordsee.
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In Hamburg traf sich der Rat und beriet, wie die Likedeeler zu besiegen
wären. Kapitän Nyenkerken und sein Sohn nahmen an dem Ratstreffen
teil. Simon von Utrecht rief besonders leidenschaftlich die Hansa auf,
Störtebecker um einen Kopf zu kürzen, denn er war vor Helgoland
überfallen worden. Simon von Utrecht leitete den letzten Kampf ein.
Utrecht, Utrecht, schon den heiligen Bonifazius, den Apostel der Friesen,
hast du ermordet! Simon von Utrecht, willst du deine verräterischen Hände
nun auch mit dem Blute Störtebeckers besudeln?
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Hinter dem Schleier der silbernen Nacht zechten die Zechgenossen und
feierten ihr letzten Abendmahl mit den vollen Fässern roten Weines, als
gingen sie zu einer Hochzeit. Die Stimme Störtebeckers zerteilte den
Nebelvorhang. Wie Gespensterschatten glitten die Hamburger von den
Schiffen und zogen einen Ring um die Likedeeler. Da erschien
Störtebecker. Nyenkerkens Sohn schrie: Jetzt ist deine Stunde aber
gekommen! Die Kugeln der Bunten Kuh zerschmetterten den Seeadler.
Der wilde Kampf des letzten Gefechts entbrannte. Die Kugeln der Bunten
Kuh zerfetzten den Rumpf des Seeadlers, des Seeadlers Wunder klaffte,
der salzige Schaum des Meeres troff ihm vom Maule! Störtebecker ging
wie der Sensemann durch die Reihen der Hamburger. Aber mehrere
Hamburger Männer stürzten sich auf Störtebecker und nahmen ihn mit
einem Netz gefangen. Nur Goedecke Michels, der Fuchs, war entkommen.
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ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
Die Quelle Q
Als der Himmel oben noch mit keinem Namen benannt war, als die Erde
unten noch keinen Namen bekommen hatte, als das Meer, das
uranfängliche, als das Meer, die Mutter von allem, in chaotischer
Mischung war, als das Land noch nicht war und der Mensch sich auf Erden
noch nicht erhoben hatte, als all die Himmlischen noch nicht geschaffen
waren, als die Himmlischen alle noch nicht mit Namen benannt waren und
es noch kein Schicksal gab, da begann Gott zu schaffen.
Soll ich mich fürchten vor dem Tode und durch die Wüste dieses Lebens
hetzen? Das Schicksal meiner todgeweihten Freundin liegt schwer auf
meiner Seele. Wann werde ich mich niederlegen wie mein Vater und wann
werde ich auferstehen in Ewigkeit?
Sollte der König die Gräber seiner Feinde zerstören? Sollte der König die
Gräber seiner Feinde öffnen und die Knochen aus den Gräbern holen?
Sollte der König die Totengeister seiner Feinde berauben der Tränenspende
ihrer Hinterbliebenen? Sind die Totengeister der Feinde des Königs
verdammt zu ewiger Ruhelosigkeit und Qual?
So koche im feurigen See, so brenne im ewigen Feuer! Du Narr, du Böser,
hinweg mit dir ins ewige Feuer! Wer bist du? Wessen Sohn bist du, du
Böser? Wessen Tochter bist du, du Närrin?
Wenn du aber ein Hirte bist, so hast du die Pflicht, zur Zeit der Schafschur
und wenn die Schafmütter Zwillingslämmer werfen, zur Stadt des Königs
zu kommen und deine Steuer zu bezahlen.
Ist es aber geschehen, dass ein Garten, der einem Krieger des Königs vom
König gegeben wurde, von einem Beamten dem Krieger fortgenommen
worden ist, so untersuche der Richter den Fall. Wenn der Dattelfeigenhain
zu seinem väterlichen Haus gehört, so gebe man meinem Krieger den
Feigengarten zurück!
Aber in das Haus der Toten, aus dem keiner wieder zur Erde kehrt, wandte
die Himmelskönigin, die Tochter Gottes, ihre Schritte in den goldnen
Sandalen, nach dem Haus der Toten, die in dem dunklen Lichte leben, wo
sie wie Vögel Flügel haben, wo der Staub ihrer Leiber auf der Türschwelle
liegt.
Der Tod ist unbarmherzig, mein Sohn, er schont nicht einen Menschen.
Aber bauen wir auf Erden uns ein ewiges Haus? Fahren wir in ewigen
Wagen über die Straßen der Erde? Wird ewig der Mann im Schoße seines
Weibes Kinder zeugen auf Erden? Nichts auf Erden ist ewig. Wenn du
schläfst und deine Seele lebt im Traum, dann bist du wie die Toten, deren
Seele zu Gott geht.
Siehe den Leib der Geliebten, den du zu berühren liebst! Da freut sich dein
Herz! Er wird verwelken und zu Staube werden!
Aber der Geist des Toten liegt nicht im Grabe zwischen Staub und
Würmern, der Geist des Toten wandert über die Sterne zum Schöpfer.
Durch Ganzhingabe dieses Lammes Gottes, o Gott, erweise uns deine
Gnade, o Gott, und weise uns den Weg, den wir in die Zukunft gehen
sollen. Deiner Gottheit möge es gefallen, durch einen Spruch des Herrn
uns den Weg zu weisen.
Den heiligen Ort der Weissagung berühre kein Unreiner! Das Lamm, das
geschlachtet wird, sei ein makelloses Lamm! Der Priester heilige sich und
trage heilige Kleider und wasche seine Hände! Der Priester rufe die
Gottheit an und lehre uns die Wege unserer Gottheit, die Wege, die wir
gehen sollen! Möge der Priester seine Zunge hüten und mit Weisheit und
Einsicht Antwort geben dem Frommen, der ihn bittet um Weisung.
Ich sah in Gesichten über der Zeit und siehe, ich sah das Standbild eines
Welttyrannen, sein Standbild reichte bis zu den Wolken. Sein Haupt war
aus Granit, sein Leib war aus Sandstein, seine Füße waren aus Ton. Einst
wird beben die Erde unter seinen tönernen Füßen, einst wird brausen der
Sturm um sein Haupt von Granit. Das Standbild des Welttyrannen wird
zerbrechen, aber die Seele des Welttyrannen tritt vor den göttlichen
Richter.
In dem Hause des Staubes, das ich gesehen, liegen verstreut die Münzen
der Reichen, die Gespenster der Reichen huschen über dem Staub dahin.
Hier im Grabe liegen die Gebeine, die so stolz gewesen sind auf Erden und
verhöhnten den Herrn!
Drei Monate ist die Welt eine weiße Perle, drei Monate eine dunkle Haut,
drei Monate ein grüner Smaragd, drei Monate rotes Gold.
Verehrung dir, o Fluß, der du herausquillst aus der Erde, und kommst, das
schwarze Land zu befruchten, der du die Wüste nährst, in der es kein
Wasser gibt. Dein Tau fällt vom Himmel. Du bringst Speise und bist reich
an Früchten. Flutest du, o Fluß, so danken wir dir, wir feiern das Opferfest.
Du grünst, du grünst, o Fluß!
Bist du ein Mann in hoher Stellung und hast du zu befehlen, so strebe nach
Heiligkeit, bis du vollkommen bist. Die Weisheit ist gut, sie dauert allein,
seit der Zeit ihrer Zeugung ist sie die selbe. Willst du, dass deine Seele frei
vom Bösen sei, so hüte dich vor Geldgier, dem unheilbaren Übel.
Dränge deinen Sohn nicht zur Arbeit auf dem Acker! Denke doch daran,
wie es den Bauern geht! Wenn man die Ernte für die Steuer aufschreibt, so
haben die Plagen die Hälfte geholt. Wehe den Bauern! Wenn dann der
Steuereintreiber kommt, so hat er Knechte bei sich, die den Bauern
drohen: Gib die Milch ab, gib das Getreide ab! Aber es ist nichts mehr da.
Da wird der Bauer gequält, bis er sich selbst das Leben nimmt! Darum
denke, dass das Leben eines Schriftstellers besser ist!
Ich bin – der die Feste des Jahreskreislaufs eröffnet und die Flüsse
erschaffen. Ich bin – der die lebendige Flamme geschaffen. Ich bin das
Licht der Morgenröte, ich bin die strahlende Sonne und ich bin der rötliche
Untergang.
O Herr, deinen Namen hast du mir noch nicht genannt? Sprich deinen
Namen, damit die bittere Medizin mir nicht schadet! Wer deinen Namen
ausspricht, der soll ewig leben!
Leihe mir dein Ohr, o Schwester-Braut, auf dass mein göttlicher Name mit
meinem Leib in deinen Leib eingehe!
Zu wem sprech ich heute? Ach, es gibt keine Heiligen mehr! Die Welt ist
voll von Gottlosen! Zu wem spreche ich heute? Ich bin mit Elend schwer
beladen und sehne mich herzlich nach mütterlichem Trost! Zu wem sprech
ich heute? Die Sünde ruiniert mein Land, die Sünde ist heute sehr mächtig!
Heute steht mir der Tod vor Augen, er ist wie zerriebene Myrrhe, die
lieblich duftet, er ist, als wenn man in einer lauen Brise am Ufer eines
Meeres im Sonnenschein sitzt. Der Tod steht mir heute vor Augen: Er ist
wie der Duft der Lotosblume und wie das Summen der Honigbiene, er ist,
als wenn man mit seiner Freundin am Ufer eines Flusses Arm in Arm
verschlungen sitzt. Der Tod steht mir heute vor Augen. Ich bin wie einer,
der große Sehnsucht nach seiner Heimat hat, der endlich aus der bittern
Verbannung heimkehren will in die Heimat!
Groß ist unser König für sein Volk! Er ist der Berg, der den nassen Sturm
zurückhält zur Zeit des Unwetters!
Der König steigt empor zum Licht, auf dass er durchwandre den Himmel!
Der König steigt zum Himmel und schwebt hinan auf den Adlerflügeln der
Sonnenjungfrau, er kehrt heim zu der Gottheit und den andern
Himmlischen! Alle jene Götter, die unserm geliebten König keine
Himmelstreppe in den Himmel bauen, sollen von uns kein Opferbrot und
keinen Opferwein mehr erhalten und wir wollen ihnen keinen Tempel
mehr auf unsrer Erde bauen!
Ach, den Beamten nimmt man die Steuerlisten fort und tötet die Beamten.
Die Knechte werden jetzt zu Herrschern. Siehe, es kommt dazu, dass man
den König köpft und das Königtum abschafft durch den Wahnsinn der
falschen Propheten! Siehe, die würdig sind, in schönsten Kleidern zu
wandeln, gehen jetzt in Bettlerlumpen! Die faulen Knechte aber tragen
feine Seide! Siehe, die Künstler loben die göttliche Schönheit nicht mehr!
Feinde zerstören von innen unser Land!
Die Knechte sagen: Wir wollen die Reichen berauben! Die sonst friedfertig
waren, die empören sich nun! Der Vater sieht im eigenen Sohn einen
Feind! Ob der Himmel auch regnet, doch schafft kein Bauer mehr! Alle
sagen: Was sollen wir auch etwas schaffen, da doch keiner weiß, was die
Zukunft uns bringt! Es ist jetzt so: Die Knechte besitzen jetzt die
Herrschaft! Viele Tote sind begraben in der feuchten Erde und der Regen
fällt auf ihre Gräber! In allen Städten rufen die Rebellen: Lasst uns die
Fürsten aufknüpfen an den Bäumen! Das ganze Land versinkt im sittlichen
Schmutz! Die Edlen klagen und die Knechte tanzen! Die Reichsten sind
jetzt die Räuber! Siehe, Gold- und Silberschmuck, Kettchen von
Lapislazuli und Ohrringe von Mondstein hängen am Körper der Magd!
Aber die einst reiche Frau geht weinend wie eine Witwe einsam durchs
Land!
Die heiligen Könige, die früher lebten, die ruhen jetzt in ihren Gräbern.
Die Adligen und die Weisen ruhen in ihren Gräbern. Die sich einst schöne
Häuser gebaut, sie sind nicht mehr und ihre Häuser stehen leer. Was ist aus
den Toten geworden? Ich habe die Worte der Weisen studiert, deren
Bücher berühmt sind in der ganzen Welt. Aber wo sind die Weisen jetzt?
Ihre Städte, in denen sie lebten, sind nicht mehr, ihre Häuser, in denen sie
wohnten, sind nicht mehr. Es ist, als wären sie nie gewesen. Keiner von
ihnen kommt zu mir, dass er mir erzählte, wie es ihm im Jenseits ergangen,
dass er meinem Herzen Freude schenkte, bis auch ich in die Ewigkeit
gehe, bis auch ich in jenen Garten komme, wo die Toten leben. Sei getrost,
mein Herz, sei mutig und vergiß nicht zu leben! Folge deinen Augen und
gewähre ihnen die Schönheit, nach der du verlangst! Salbe dein Haupthaar
mit Öl und kleide dich in schöne Kleidung, duftende Kleidung, und denke
an die letzten Dinge Gottes! Sei glücklich! Laß dein Herz nicht ermüden,
sei nicht verzagt! Folge der Freude und wirke mit an deinem Schicksal auf
Erden, bis der ernste Tag kommt, der heilige Tag des Todes. Denn Gott
hört dein Schreien! Aber das Jammern hat noch keinen Menschen aus dem
Grabe wiederkehren lassen. Feire den Tag und ruhe in der Nacht. Siehe,
sein Geld nimmt keiner mit nach drüben, und wer in den Himmel
gekommen ist, wird nie mehr wünschen, zur Erde zurückzukehren!
Eigentlich gibt es keinen Tod. Auf Erden geht alles nach Gottes Plan. Gott
hat die Menschen erschaffen. Wenn Gottes Licht erscheint, so leben wir,
wenn Gott sein Licht entzieht, so sterben wir. Gott selber ist das Ziel des
Lebens! Man lebt nur durch dich und alle Menschen schauen auf dich, du
Sonne, die niemals untergeht! Am Abend legen alle ihre Arbeit nieder.
Aber strahlt das Licht der Welt, so werden Kinder auf Erden geboren! Zur
Sonne, die nie untergeht, fliegen auf Adlerflügeln der Sonnenjungfrau die
heiligen Toten und wird einst fliegen das Herz meiner Mutter, Friede sei
mit der unsterblichen Seele meiner Mutter!
Schön erscheinst du im Himmel, du Sonne, die nie untergeht, die du alles
Leben erschaffst! Ich sehe dich strahlen am östlichen Lichtberg und den
Himmel mit deiner Schönheit erfüllen, du bist strahlend und schön, deine
Strahlen umarmen die ganze Welt bis zum Ende der Welt! Neigst du dich,
so naht das Dunkel der Erde. Die Menschen verhüllen ihre Häupter und
verbergen sich in ihren Gemächern, kein Mensch schaut auf den Nächsten.
Deine Strahlen beleben die Felder, wenn du lächelst, so freuen sich alle
Lebewesen an dir, du schaffst die Jahreszeiten und auch den Winter, da die
Sonne geboren wird als kleines Kind. Erleuchte mich, der ich dein Diener
bin, o göttliche Sonne, die nie untergeht, und erleuchte auch meine
Vielgeliebte, die Herrin meiner beiden Herzkammern, die ewig lebe in
ewiger Jugend und Schönheit!
Ach die Zustände sind nicht mehr zu ertragen! Die Tempel Gottes stehen
leer und verfallen zu Ruinen, die Wallfahrtsorte werden von Räubern und
Narren besucht, die frommen Länder werden vernichtet, Unkraut wächst
im Weizen und erstickt den Weizen! Die heilige Religion wird bespuckt!
Und Gott schweigt?
Mir beigestanden haben nur meine beiden Seelenrosse. Das eine
Seelenross heißt: Sieg mit dem Herrn! Das andre Seelenross heißt: Ich bin
ermutigt und zufrieden! Meinen Seelenrossen werde ich immer ihre Speise
reichen, bis ich auf dem unsterblichen Seelenross in den himmlischen
Tempel reite!
Von dem Berge der Grenze schaue das verheißene Land, das Ich den
Kinder Meines Volkes geben werde! Dann aber stirbst du auf diesem
Berge, wie dein Verwandter auf dem anderen Berge gestorben ist, weil ihr
euch am Haderwasser an Mir vergangen habt.
Da sprach der Held zum Volk: Noch drei Tage, dann werdet ihr den
Scheidefluss überschreiten, um das Land in Besitz zu nehmen, das der
Herr, eure Gottheit, euch geben will!
Wir wollen sein wie andre Völker: Wir wollen einen König haben!
Auf! Zieh hinunter nach an den gewissen Ort, denn Ich will die fremden
Stämme in deine Hand geben. So zog der König mit seinen Männern an
den gewissen Ort und kämpfte gegen die fremden Stämme und trieb ihr
Vieh weg und kämpfte eine große Schlacht gegen sie!
Alle Becher des weisen Königs waren golden und alle Töpfe im Waldhaus
waren aus reinem Gold, denn Silber schätzte man zu Zeiten des weisen
Königs gering. Die Schiffe des Königs, die zur See fuhren mit der Flotte
seines Freundes, kamen nach drei Jahren wieder und brachten Gold und
Silber und Elfenbein, Affen und Pfauen mit.
Wo der Herr nicht das Haus baut, da bauen die Bauarbeiter vergeblich. Wo
der Herr nicht die Stadtburg bewacht, da wachen die Wächter vergeblich.
Ich sah den Herrn auf einem hohen Throne sitzen, seine Schleppe füllte
den ganzen Tempel aus. Feurige Engel umstanden ihn, jeder feurige Engel
hatte sechs Flügel, mit zweien verhüllte er sein Antlitz, mit zweien
verhüllte er sein Bein und mit zweien flog er. Sie riefen einander zu:
Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heerscharen! Und es bebte die
Schwelle des Tores von diesem Ruf. Da sprach ich: Ah weh mir! Ich bin
ein Mann mit unreinen Lippen und wohne unter einem Volk mit unreinen
Lippen! Da flog einer der feurigen Engel mit einer glühenden Kohle zu
mir, mit der Zange hatte er sie vom Altar genommen. Und er berührte
damit meinen Mund und sagte: Siehe, deine Sünden sind dir vergeben! Da
sprach der Herr: Wen soll Ich zu diesem Volke senden? Da sprach ich: O
Herr, hier bin ich, sende mich! Er sprach: So gehe hin!
Höre, o Himmel, lausche, o Erde, denn der Herr spricht: Söhne habe Ich
erzogen, aber sie haben Mich verschmäht! Der Ochse kennt seinen
Besitzer, der Esel kennt seine Krippe, aber Mein Volk erkennt nicht Mich,
Mein Volk ist unvernünftig! Wehe den Sündern im Volk! Verlassen hat das
Volk den Herrn, es kehrt Ihm den Rücken zu!
An den Flüssen der feindlichen Großstadt saßen wir und weinten! Wir
weinten, wenn wir an die Tochter unsres Volkes dachten! An den
Trauerweiden dort an den Wassern hängten wir unsre Leiern auf. Aber die
uns in die Verbannung geführt, die wollten unsre Gedichte hören, die uns
versklavt, die wollten unsre Hymnen hören: O dichtet uns ein Gedicht von
der Tochter eures Volkes! Aber wie können wir die Lieder des Herrn im
fremden Lande singen? Vergeß ich dich, o Jungfrau der heiligen Stadt, so
möge meine Hand verdorren! Wenn ich nicht immer an dich denke, dann
soll mir die Zunge am Gaumen kleben bleiben, wenn ich nicht zu meiner
höchsten Wonne mache allein die Jungfrau der himmlischen Stadt!
Siehe, die Jungfrau wird empfangen und den Sohn gebären! Man wird ihn
nennen: Gott ist mit uns! Alle Völker werden zu Ihm beten!
Die schöne Gnade hatte ihren mächtigen Gürtel angelegt. Buntgestickt
waren dort des Charmes Reize versammelt, sehnsuchtsvolle Liebe war
doch und Schmachten, süße Spiele und schmeichelnde Bitten, die selbst
den Weisen zum Toren machen.
So feire den fröhlichen Tag und ruhe nicht am Tage der Freude, siehe,
keiner nimmt seine materiellen Güter mit ins Jenseits, und es kehrte noch
kein Mensch auf die Erde zurück, der schon im Himmel angekommen ist.
Aber der Mensch ist wie der Schatten eines Traumes.
Der Mensch ist zu Gottes Erheiterung erdacht.
Die Menschen träumen dunkle Träume, sie sind selbst wie Träume,
verwirrte Träume, deren Sinn nicht leicht verständlich, nächtliche Träume.
Uns sterblichen Menschen ist am Himmel dunkle Nacht. Den seligen
Toten aber leuchtet im Jenseits eine Sonne, die nie untergeht. Vor ihrer
goldenen Stadt liegt der rosenrote Garten. Angenehmen Schatten spendet
der Weihrauchbaum. Volle goldene Früchte prangen in den Lebensbäumen.
Die seligen Toten reiten auf weißen Pferden oder spielen Ball mit der
Sonne oder streichen den Psalter oder was immer den Menschen Wonne
ist, das ist dort vollkommen und vollendet. Ein Duft ist in jenem Gefilde,
der süß und berauschend ist. Die heilige Opferflamme lodert mit dem
heiligen Weihrauch auf dem Altare Gottes.
Aber zum einfallsreichen Dulder sprach die göttliche Weisheit: Halte nun
an und ruhe von den schrecklichen Kämpfen! Gott, der in den Donnern
spricht, zürnt dir nicht mehr! Also sprach sie und freudig gehorchte der
Dulder der göttlichen Weisheit. Zwischen ihm und den Seinen erneuerte
den Bund die göttliche Weisheit, die Tochter Gottes, die erschien den
Menschen in Gestalt des alten weisen Mannes, ihm gleich an Gestalt und
Stimme.
Auf nun, und singen wir von der Muse, die den Vater Gott erfreut mit
heiligen Gedichten erhabenen Sinnes oben im Himmel, sie kündet alles,
was ist und war und sein wird.
Ach, was bleibt auf Erden? Trauriges Elend der sterblichen Menschen!
Und wo ist Hilfe dem allgemeinen Unheil?
Nun sammeln wir uns und nahen der heiligen Stätte, wo in dem Garten die
Apfelbäume liebevoll grüßen, wo der Altar der göttlichen Liebe steht,
umwölkt von Weihrauch. Da ruht der Teich, indem sich die Apfelzweige
spiegeln. Da glühen die roten Rosen, in den Kelchen sammelt sich der Tau.
Und auf dem ruhespendenden Rasen wachsen Krokus und Narziss. Die Iris
haucht geheimnisvollen Hauch in die Lüfte. So komm, du Herrin dieses
Gartens, du göttliche Liebe, du göttliche Schönheit, komm und fülle mir
den Becher mit gutem Rotwein edler Freude!
Ich aber, in Sehnsucht liege ich elend jammernd, ganz entseelt auf Gottes
Geheiß! Ich bin durchbohrt von schrecklichen Schmerzen bis tief in die
Seele!
Die Frauen aber der Insel der Mutter, sie tanzen im Takt mit bloßen Füßen
über die weißen Blüten der jungen Wiese, sie tanzen um den Altar der
göttlichen Schönheit!
Alles fließt. Du kannst nicht zweimal in den selben Fluß steigen, denn
andres und immer wieder andres Wasser strömt dir zu.
Einsicht zu haben, ist die höchste Tugend. Weisheit ist es, Wahres zu reden
und zu tun, gemäß der göttlichen Natur, der man sich ganz hingibt.
Einklang des menschlichen Handelns mit der göttlichen Vernunft ist die
Norm des Lebens.
Schon grau ist das Haar meines Bartes. Die lustige Jugend ist
verschwunden. Von der Zeit des süßen Lebens ist nicht mehr viel übrig. So
denke ich ernsthaft an das Tor des Todes. Denn schwer ist der Durchgang
durch das Tor des Todes. Wer hindurchschreitet, kehrt nicht zurück auf die
Erde.
Die andern Menschen mögen durch emsigen Fleiß, andauernde Arbeit und
geizige Sparsamkeit erreichen, dass sie sich Wohlstand für ihr Alter
anhäufen, wir Dichter aber, die wir immer verliebt sind und alle Wonnen
des Lebens schlürfen, wir wollen nicht erst im Alter leben, wir leben jetzt!
In ihrer genussreichen Lebensweise legten die Leute schöne Gärten an, in
deren kühlem Schatten sie ein Leben des seligen Müßigganges führten. Sie
hielten es für angenehmer, im kühlen Schatten der Bäume im Gras zu
liegen, als von der heißen Sonne des Südens gestochen zu werden. Sie
feierten den ganzen Frühling über in ihren paradiesischen Gärten, in
Gesellschaft sinnlicher Frauen, der Wein floß in Strömen, und es fehlte
nicht an Liebesgenuß.
Mein Junge, reiche mir den Becher! Schenke den Wein ein! Aber heute
trinke ich mäßig, es soll mir an einer Flasche genügen, ich will nicht
betrunken zu Bette taumeln und morgen den großen Jammer haben! Nein,
wir wollen nicht bei grölenden Säufern sitzen und nicht bei zuchtlosen
Weibern am Feuer. Nur behaglich in unserm Kämmerlein trinken wir
langsam die Flasche leer und dichten Gedichte.
Er kommt, er kommt! Die Schwalbe verheißt schon die schöne Zeit! Und
die Elster schwatzt von den kommenden Tagen. Der Rosinenkuchen liegt
dann auf dem Tisch, die Feige rollt aus dem Korb! Ja, und ein guter Käse
ohne Lab wird uns stärken!
Göttliche Weisheit! Unsre Herrin, sei uns gnädig! Dir nahen die Prinzen,
die Söhne deines Geliebten! Siehe unsre Knaben, mutig und stark, siehe
unsre Kindlein, goldengelockt und mit seidigen Wimpern! Sieh unsre
Großmütter, silberhaarig und gütig! Siehe unsre Frauen, schön und fromm!
Dein ganzes heiliges Volk ist dir treu ergeben! Wir bieten uns dir an als
Granzbrandopfer! Du bist unsere göttliche Schutzfrau, göttliche Weisheit!
Heilige Ehrfurcht vor Gott lässt unsre Stimme flüstern! Selig, wer je von
den Erdenmenschen Gott leibhaftig gesehen! Wer aber unteilhaftig der
Gnade, der findet ein schlimmes Schicksal, und er taumelt hinab in
bodenloses Nichts!
O du spielender Brunnen der Liebe für den Dürstenden in der Wüste des
irdischen Lebens! Du bist verschlossen für den, der immer nur redet, aber
du fließt über für den, der still ist vor dir! Kommen die Stillen im Lande,
so finden sie den spielenden Brunnen der Liebe! Aber den Schwätzern ist
er ein verschlossener Brunnen.
Reinen Herzens wie ein Kind betritt den Tempel deiner Gottheit! Wenn dir
die heilige Quelle der Gnade das Haupt benetzt, dann genügen dem
Frommen drei Tropfen, aber dem Bösen würde ein ganzer Fluß die Sünden
nicht abwaschen!
Ringsum erhoben die seligen Kampfgenossen freudigen Jubel! Am Abend
kam die makellose volle Mondin und goß ihr silbernes Licht auf den
dunklen Weg. Da klangen die Gärten von fröhlichen Liedern. Beim
fröhlichen Fest erscholl die Hymne: Heilig!
Die Kinder schreien vor Hunger, die Weiber zanken. Mücken und Flöhe
plagen dich. Fliegen summen dir ums Ohr, wenn du schlafen willst,
Mücken wecken dich morgens aus deinen Träumen: Auf, rasch an die
Arbeit, da sonst die Kinder hungern! Auch hast du keine schönen
Gewänder, sondern läufst herum wie ein Bettler in abgetragenen Sachen.
Ein stinkendes Bett dient dir zur Ruhestätte, von Spinnenweben
verschleiert. Und frühmorgens weckt dich der Arbeiter Lärm auf der
Straße.
Aber die Tausende und Zehntausende in deinem Volke wiegt ein einzelner
Mann auf, der von Gott besonders begnadet ist!
Welcher Mensch, geboren zum Tode, wer kann entgehen der Hinterlist des
Todes? Welcher Mensch entspringt mit raschem Sprung der Falle des
Todes? Der Tod lockt den Menschen schmeichelnd in sein Netz. Wer sich
im Netz des Todes verstrickt befindet, der kann sich daraus nicht befreien.
Was hockt ihr hier, ihr Elenden? Flieht doch aus der üblen Stadt! Flieht zu
den Enden der Erde zu den Frommen, flieht von den Opferhügeln der
bösen Stadt! Denn es bleibt hier nicht ein Stein auf dem andern und von
den Marmorgöttern brechen die Häupter, die Arme, die Glieder, die Beine
und Füße ab. Alles Üble wird vertilgt und mit Feuer verbrannt!
Vermag die göttliche Weisheit den zürnenden Gottherrn zu versöhnen?
Bittet sie ihn mit flehenden Bitten für unsere Rettung? Siehe, es lässt der
zürnende Gottherr seiner eingeborenen Tochter, der göttlichen Weisheit,
noch ein Heiligtum für dich und deine lieben Kinder übrig! Retten werden
nicht Krieger und Reiter! O glückselige Insel mit deinem Strand der
Freiheit und der Liebe, wenn die Ernte reif ist, werden deine lieblichen
Söhne von den Engeln geerntet!
Laut dröhnt die Mutter Erde, das Firmament stöhnt, es beben die Meere
und es rauchen die Berge durch den Zorn des Herrn! Bald erreicht die
Erschütterung und die schreckliche Katastrophe auch das Totenreich!
Aber du, mit deinem langen Haupthaar, warum schneidest du dein Haar
nicht? Bist du denn der Gottheit geweiht? Schon hängen dir deine Haare
über die Augen.
Wanderer, kommst du in unser Land, so sage, du habest die Toten in ihren
Gräbern gesehen, die hier liegen, wie es das Gesetz der Sünde befahl.
Man sollte den Weibern den Mund zunähen! Diese Weiber sind unheilbar
an ihren Lästerzungen!
Schönheit zwar, o Gottheit, du Quelle der Schönheit, Schönheit zwar
gewährst du den jungen Mädchen, aber du nimmst sie ihnen wieder im
Laufe der Zeit, deiner beglückenden Gnade Blüte nimmst du wieder
hinweg. Weil auch meiner Freundin die Schönheit vorübergerauscht, so
nimm, o Gottheit der Schönheit, so nimm du ihre Schönheit wieder zu dir!
Gestern berührte der Chirurg den Heilstab mit dem Schlangenpaar aus
Stein. Steinhart war auch er wie die steinerne Schlange, heute begraben sie
ihn bei den Würmern.
In Keuschheit und Frömmigkeit zu leben und die wahre Kunst zu
bewahren als Treuhänder göttlicher Schönheit, das ist unsre Pflicht.
Du aber versuche nichts zu verbergen, denn die alles sieht und hört, deckt
alles auf, die Ewigkeit!
Selig der Mann, der sein Leben dem Studium der Weisheit gewidmet, der
nicht auf Schaden der Nächsten sinnt und nicht auf Kindermord und
Unzucht, der sein inneres Auge nie abwendet von dem ewigen Wesen! An
einem solchen Geist hat der Böse keinen Anteil.
Zwischen den Dingen webt die harmonische Seelenverwandtschaft, die
Gleich zu Gleich gesellt, Feindliches aber wird voneinander geschieden.
So mischt sich das Wasser gern mit dem Wein, doch mit dem Öl lässt sich
das Wasser nicht mischen.
Einst die Menschen waren unsterblich, aber später bildeten sich aus den
Stoffen die sterblichen Menschen, gemischt aus den Elementen und
angehaucht von Gott, sie leben im Wechsel der Zeit, im Wandel der Dinge,
und müsse sterben, da scheidet sich der göttliche Hauch von dem
elementaren Stoff. Solchen gemischten sterblichen Wesen aber entsprossen
wieder unzählige Wesen, sterbliche Leiber als Tempel unsterblicher
Seelen, ein Wunder zu schauen die Schöpfung des Menschenkindes!
Notwendig ist es zu sagen, dass allein das Seiende wirklich ist, dass
Nichtseiende ist nicht. Es ist nicht möglich zu sagen, dass das
Nichtseiende sei. Die Existenz des Nichts ist unmöglich.
Wir sprechen von Werden und Vergehen. Aber die Dinge werden nicht
einfach und vergehen, sondern die Dinge werden aus vorangegangenen
Dingen durch eine Trennung und Mischung, das Werden ist eine neue
Mischung von Urmaterie, das Vergehen aber eine Trennung von Stoffen,
eine Auflösung in das Urmaterial zurück, zu neuer Mischung von neuem
Werden bestimmt.
Warum sollte mich also schrecken der Tod? Hat nicht die Mutter Natur uns
alle zum Tode geboren?
Wegen zukünftiger Leiden wollen wir uns nicht im Voraus sorgen und
ängstigen! Wir wollen nicht mutlos uns der Verzweiflung übergeben!
Bewundernswürdig sind wir in anderem, denn wir sind Freunde der
göttlichen Schönheit, die ein göttlicher Glanz der Ordnung ist, wir sind
Liebhaber göttlicher Weisheit, ohne verweichlicht zu werden. Wir sind
eine Schule für das geliebte Vaterland, wir werden einzeln uns bewähren
im menschlichen Tun in frommer Schönheit.
Der schöne Knabe, der Liebling des Weisen, war stark und männlich, aber
auch ungezogen und wild, aber so wunderschön wie kein andrer Knabe
neben ihm!
Nun trat der Schöne auf, der Liebling des Weisen. Er war nicht so
untauglich wie die andern Knaben. Aber wie das Land am Großen Fluß
viel guten und viel bösen Samen im schwarzen fruchtbaren Schlamm
bewahrt, so waren im Schönen viele gute Samen zu Edelsinn und
Frömmigkeit und Liebe, aber auch böse Samen zu Ungezogenheit,
Wildheit und Ungerechtigkeit. Wenn er auf Reisen mitgenommen wurde,
so dienten ihm Sklaven. Das eine Volk bescherte ihm eine Prachtwohnung,
das andere starke Pferde für den Wagen, das dritte Volk Opfergaben für
Gott um das Heil seiner Seele und das letzte Volk die allerbesten Speisen
und Getränke. Als er sieggekrönt vom Kampfspiel wiederkam in die Stadt
der göttlichen Weisheit, da malte ein Maler ein Bild von der
Himmelskönigin, auf deren Schoß der schöne Knabe sitzt. Er war schöner
als die schönen Frauen des Landes!
Selbst im Kampf noch war er schön, der schöne Knabe! Er trug einen
Schild aus Gold und Elfenbein und als Wappen seines Schildes ein Bild
vom Amor Gottes, der Blitze schleudert!
Heute muß und darf ich wohl zu Gott! Möge meine Heimkehr zu Gott mir
die ewige Glückseligkeit schenken! Darum bete ich auch zu Gott, und
Gottes Wille geschehe. So sprach der Weise und setzte den Becher an den
Mund und trank das Schierlingsgift, ohne alle Angst, ganz heiter! Wir
Umstehenden waren bisher noch in der Lage gewesen, die Trauertränen
zurückzuhalten, aber als wir ihn den Becher leeren sahen, mussten wir alle
weinen! Uns kamen mit solcher Macht die heißen Tränen aus den Augen
geströmt, dass wir unsre Gesichter in den Händen bargen und unsre Seele
ausweinten! Aber wir weinten nicht nur darüber, dass er nun starb, wir
weinten darüber, dass wir selber einst sterben müssen! O welch einen
Freund verlieren wir jetzt, in der Stunde seines Todes! Alle seine Freunde
heulten so laut, dass es alle rührte, bis auf den Weisen, der ganz heiter
blieb in der Stunde seines Todes. Der Weise flüsterte: Was macht ihr,
meine Freunde? Ich habe die Frauen weggeschickt, damit sie mit ihrem
untröstlichen Weinen mich nicht in meiner letzten Stunde auf Erden
betrüben, denn ich bin der Meinung, man sollte in Ruhe und Stille
Abschied von der Erde nehmen und sich auf Gott vorbereiten. Also werdet
ruhig und beherrscht euch selbst! Da schämten wir uns vor dem heiteren
Weisen und hörten auf zu heulen und zu jammern. Er aber meinte, seine
Glieder würden ihm steif, er legte sich aufs Bett. Der Henker, der ihm den
Becher voll Schierlingsgift gereicht, untersuchte seine Schenkel und
Beine, ob sie schon lahm geworden seien. Indem er kräftig auf den
Schenkel drückte, fragte der Henker den Weisen, ob er noch ein Gefühl im
Schenkel habe. Der Weise sprach: Nein, ganz gelähmt sind meine Lenden
schon. Und so ward der ganze sterbliche Leib aus Lehm gelähmt. Der
Henker sagte: Wenn die Todeskälte auch dein Herz erfasst, dann bist du
tot! Schon war der ganze Unterleib des Weisen lahm, da flüsterte er noch:
Nun bin ich ein geheiltes Kind! Das war des Weisen letztes Wort. Ein
Freund sagte: Ich will dem Heiland opfern, der dem Weisen sein Heil
geschenkt. Aber der Freund erhielt vom Weisen keine Antwort mehr. Noch
einmal zuckte sein Leib, dann war der Glanz seiner Augen erloschen. Ein
Freund schloß ihm die Augen. So war der Tod des Weisen, die Heimkehr
unsres Freundes zu Gott. Wir dürfen sagen, er war der frömmste und
liebevollste und weiseste Mann, dem wir je begegnet sind.
Die alten Tempel der heidnischen Götter sollen nicht zerstört werden,
sondern nach Vernichtung der Götzenbilder mit Weihwasser besprengt
werden und mit Altären geschmückt. Sind diese Tempel schön gebaut, so
soll man sie zur Anbetung des allein wahren Gottes nutzen, damit das
Volk, das seine alten Tempel liebt, wenn es sich bekehrt zum einzig
wahren Gott, die Tempel nun um so lieber besucht. Und weil die Heiden es
liebten, den Göttern Opferfleisch zu schlachten und es dann zu verspeisen,
soll man an den heiligen Festen des wahren Glaubens diese Sitte
umwandeln und Festmähler an den christlicher Feiertagen abhalten zu
Gottes Ehre. So werden die Menschen über die sinnlichen Freuden zur
Verehrung des einzigen Gottmenschen geführt. Denn es ist unmöglich,
alles auf einmal zu ändern. Wer auf einen hochgelegenen Gipfel gelangen
will, muß am Fuß des Berges zu steigen beginnen. Keiner kommt durch
einen schnellen Sprung auf die höchsten Gipfel der Gotteserkenntnis.
Männer soll man anders belehren als Frauen. Die Männer soll man lehren,
ein schweres Kreuz mit dem Gottmenschen tapfer zu tragen, die Frauen
soll man lehren, die süße Menschenliebe Gottes zu feiern. Alte soll man
anders belehren als Junge. Die Alten sollst du ernsthaft mahnen zum
Glauben an Gott, die Jungen sollst du liebevoll und freundlich ermuntern
zu einer fröhlichen Gottesliebe. Anders soll man die Armen belehren als
die Reichen. Den Reichen soll man die Nichtigkeit ihres goldenen Götzen
ermahnend vor Augen malen und dass man nicht Gott und dem Mammon
zugleich dienen kann, die Armen aber soll man trösten wie eine liebevolle
Mutter.
Der Papst schreibt an den König: Wir danken Dir, dass du unsre Bitte
erhört hast und das Vertrauen, dass wir in dich gesetzt, gerechtfertigt hast,
indem du Frieden machtest. Darum preisen wir deine Weisheit und Liebe,
die du dadurch bewiesen hast, dass du Frieden machtest. So hast du
bewiesen, dass du Gott liebst, der der Spender wahren Friedens ist. Denn
wenn du nicht Frieden gemacht hättest (der Gedanke sei Uns ferne!), wie
viel Opfer hätte das die Armen gekostet! Damit wir nun alle den Frieden
auch genießen, bitten Wir dich, indem Wir dich mit väterlicher Liebe
herzlich grüßen, dass du durch deine Briefe alle Kinder deines Landes
ermahnst, den Frieden zu bewahren. Schaue nicht nach Gelegenheiten,
neuen Streit vom Zaun zu brechen! Wenn du dich um den Frieden sorgst,
dann wirst du Unsrer Dankbarkeit immer gewiss sein können. Wir haben
deine Friedensgeschenke mit aufrichtiger Liebe empfangen. Es ist Uns ja
geboten, die weisen Männer mit Ehrerbietung zu grüßen und mit
herzlicher Liebe, jene weisen Männer, die den himmlischen Frieden
verkünden, den uns Gottes Liebe geschenkt!
Ich weiß, mein lieber Bruder, dass Gott in seiner allmächtigen Liebe an
deinem Volk durch deine Hände Wunder gewirkt hat. Da ist es richtig, dass
du dich über diese himmlische Gnadengabe freust, aber auch mit bangem
Zittern. Freuen sollst du dich, dass du ein Werkzeug der göttlichen Gnade
sein darfst, zittern sollst du, damit du dich nicht überhebst und nicht dem
satanischen Hochmut verfällst. Wer sich seiner eigenen Wunderwerke
rühmt, der verfällt dem eitlen irdischen Ruhm. Nicht alle Auserwählten
wirken Wunder, aber die Namen aller Auserwählten stehen in Gottes Hand
geschrieben.
Ob nun wegen der Werke der Gottheit und der Menschheit von einer
Tätigkeit oder von zwei Tätigkeiten zu sprechen ist, das geht uns nichts an.
Das überlassen wir den Lehrern der Religion, die ihren Schülern allerlei
Haarspaltereien beibringen.
Ich, der König, kümmerte mich um meiner Landeskinder Wohlergehen und
werde mich weiterhin kümmern um meiner Landeskinder Wohlergehen.
Im Hinblick auf die schreckliche Unterdrückung der Allerärmsten verfüge
ich das Gesetz, denn es ist mir bekannt, wie die Herrschenden die
Allerkleinsten vergewaltigen. So erlasse ich im Vertrauen auf den absolut
gerechten Gott das Gesetz, das alle früheren Gesetze berichtigt, Falsches
ausstößt und Besseres einfügt. In ein Ganzes will ich das Gesetz
zusammenfassen, dass jedes Landeskind in Frieden leben kann und im
Vertrauen auf das gerechte Gesetz sein Vaterland verteidige, wenn es nötig
ist.
Das weitberühmte Volk, unter Gottes Beistand gereift, stark im Frieden,
von schöner Gestalt der Körper, dem katholischen Glauben treu,
unberührbar von Ketzerei, göttliche Weisheit suchend, in Liebe der
Gerechtigkeit ergeben und von Ehrfurcht vor dem Ewigen durchdrungen,
dieses Volk hat durch den Rat der edlen Weisen das gute Gesetz
aufgeschrieben. Es wurden Männer berufen, die am Gerichtstag das Recht
studierten, alles prüften und das Gute behielten, und dann das fromme
Gesetz beschlossen. Es lebe der göttliche Jesus, der unser Volk sehr liebt!
Er möge unser Reich bewahren, unsre Regenten mit seiner göttlichen
Weisheit erleuchten und unser Volk vor fremden Kriegern schützen.
Friede, Glück und Wonne gewähre uns der göttliche Jesus! Unser Volk ist
nämlich das Volk, das die eindringende Weltmacht abgewehrt, die
heidnische Weltmacht, die einen bloßen Menschen wie einen Gott
angebetet und die Heiligen als Märtyrer ermordet hat. Nachdem die Kinder
unsres Volkes die Taufe empfangen, hat unser Volk die heiligen Märtyrer
hoch geehrt und viel Schönheit zu ihrer Ehre versammelt.
Die vom Grab einer Heiligen genommene Erde, das Pulver dieses Staubes,
im Beutelchen die Reliquie übertrifft alle ärztlichen Heilmittel, die
Reliquie heilt den Leib und reinigt das Gewissen des Herzens.
Das irdische Leben des Menschen ist im Vergleich zur Ewigkeit wie der
schnelle Flug einer Amsel durch das Zimmer, darin du im Winter sitzt, von
deinen Lieblingen umgeben, beim leckeren Mahle sitzend, der Ofen ist
warm und draußen wüten Regen, Sturm und Schnee. Die Amsel fliegt
durch deine Haustür herein und durch deine Balkontür hinaus, einen
Augenblick ist sie vor dem winterlichen Unwetter geschützt. Aber schnell
verschwindet sie wieder, sie hat nur einen kurzen Augenblick in der
Wärme weilen dürfen zwischen Winter und Winter. So tritt auch das
Menschenleben einen Augenblick aus der ewigen Dunkelheit hervor,
Dunkelheit ist das Vorher, Dunkelheit ist das Nachher. Wenn uns also nun
die heilige Kirche etwas über die göttliche Dunkelheit sagt, die uns
erwartet, dann verdient die Weisheit der heiligen Kirche wirklich, dass wir
sie im Glaubensgehorsam dankbar annehmen.
Wir schwören beim HERRN und beim göttlichen Jesus und beim Heiligen
Geist und bei der heiligen Majestät des gesalbten Kaisers von Gottes
Gnaden! Unser Kaiser trägt den Namen Augustus, darum ist ihm als dem
gegenwärtigen und leibhaftigen Stellvertreter Gottes Ehre zu erweisen. Wir
dienen Gott dem Allherrn, wenn wir den lieben, der durch Gottes Gnade
unserm katholischen Volke vorsteht.
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
Adam und Eva
ERSTES KAPITEL
Ich bin der Elohist und preise Elohim, die Gottheit! Denn Elohim schuf im
Beginn, in der Weisheit, Himmel und Erde, Geist und Materie,
Unsichtbares und Sichtbares, Engel und Kosmos. Am Anfang war die Erde
ein Tohuwabohu, ein Chaos der Urflut, eine Urmaterie, ein Urchaos, ein
Urmeer, eine Mutter Tiamat. Aber die schöpferische Liebe der Gottheit,
die Taube des Friedens und der Liebe, schwebte über dem Urmeer, das
Maria hieß. Die Liebe brütete das Urchaos aus und brachte die Ordnung
des Kosmos hervor durch Amorisation der Urmaterie. Elohim sprach: Jehi
Or! Fiat Lux! Es werde Licht! Und es ward Licht! Und Gott schied das
Licht und die Finsternis. Licht und Finsternis sind geschieden, und es ist
keine Finsternis im Licht, es sei denn bei Obskuranten. Nicht ist das Böse
mit dem Guten gemischt und nicht ist das Böse ein Teil des Guten, sondern
Gut und Böse sind geschieden, Licht und Finsternis von Elohim
geschieden. So wurde der erste Tag. Und Elohim sprach: Es werde Festes
zwischen den Wassern und die Wasser sollen sich scheiden und das Feste
soll erscheinen. Hier beginnt das Licht des ersten Tages sich weiter zu
entwickeln zu einer Ordnung des Kosmos, denn es wird der chaotische
Abgrund des Urmeeres geschieden und es erscheint das Feste. Ein fester
Grund wird gelegt, dem chaotischen Treiben und Wühlen der Masse wird
eine Ordnung gegeben. Land ist in Sicht! Ein fester Boden unter unsern
Füßen erscheint. Von den oberen und den unteren Wassern sind wir nicht
mehr maßlos umgeben, sondern es ist ein fester Himmel, der die oberen
Meere zurückhält. Es ist ein Himmel erschienen. Es hat sich der ewig
strömende Dauerregen verzogen. Vielleicht schweben noch Wolken am
Himmel, aber die Himmelsdecke reißt auf und ein Licht erscheint, das
Licht durchdringt die Finsternis. Dies hat die Taube der Schönen Liebe
gebracht, die Taube Elohims hat das Licht ausgebrütet, hat das feste Land
gebracht! Die Wasser der Sintflut haben sich verzogen, die weiße Taube
der Arche fand auf dem Gipfel des Ararat das Ölblatt! Hoffnung
triumphiert über die Masse der Finsternis und des Chaos, Licht und feste
Ordnung gewinnen an Raum. Das Licht ist erschaffen und der Himmel.
Am Himmel ist Licht, der Himmel ist unser festes Fundament, der Himmel
ist unsre Hoffnung, das Licht des Himmels gibt den schönen Glanz der
Ordnung in die treibende Chaoswelt! Und Elohim gebietet dem Sturm und
dem Meer: Sammle dich, Meer, zu einem Ozean und gebe die Erde frei!
Deine Brandung soll nicht überfluten die Erde! Deiche baue ich am Rande
der Erde und gebiete den Seebeben! Erde, Erde, du grüne, erscheine im
Licht! Erde, du Hoffnungsraum, Erde, du fröhliches Grün, Erde, du blaue
Blume im Ozean des Kosmos, Erde, du blauer Planet unter andern
göttlichen Planeten, Erde, du einzigartiger göttlicher Planet, da die
lebendige Vegetation lebt! Halleluja, Elohim schuf die Schöpfung im
Frühling! Ein Garten erscheint die Erde mit den blühendsten Blumen,
Lotosblumen und Lilien, Rosen und Tulpen, Nelken, Orchideen,
Narzissen, Krokus und Vergissmeinnicht! Erde, du starke Mutter mit
deinen kräftigen Bäumen! O du reiner Pflaumenbaum mit deinen süßen
Pflaumen! O du Feigenbaum mit deinen leckeren Feigen! O du
Dattelpalme mit deinen köstlichen Datteln! O du Apfelbaum mit deinen
prangenden Äpfeln! O du Granatapfelbaum mit deinen glühenden
Granaten! O du Pfirsichbaum, mit deinen rosigen Pfirsichen! O du
Orangenbaum mit deinen saftigen Orangen! O du Mischmischbaum mit
deinen niedlichen Früchten! O du Bergamottenorangenbaum mit deinen
goldenen Früchten! O du Limonenbaum mit deinen herben Früchten! O du
Zitronenbaum mit deinen sonnigen Früchten! O du Mangobaum mit
deinen prallen Mangofrüchten! Honigmelonen! Wassermelonen! Alle
Früchte voll von klebrigen Samen voller Fruchtbarkeit, schwanger von
Zeugungskraft! Elan vital! Lebenskraft der lebendigen Frühlingsnatur!
Lenzlust in allem Grün! Grünkraft in der Mutter Natur! Ein Wonnegarten!
Lenzlust im Lebensgarten! Lenzlust des Lebens! Wonne und Wollust!
Fruchtbarkeit, Zeugungsfülle, Schwangerschaft! O du heiliges Leben von
Gott! Elohim ist fruchtbar! Elohim sah die grüne Mutter Erde in ihrem
Lenzgarten und sah, dass sie schön war! Und Elohim ausstreute in den
Raum den strahlenden Sol, den Gott der Dichter und Seher, und die
keusche Luna mit ihrer üblen Laune und ihrer fröhlichen Laune und ihren
närrischen Grillen, und den Mars mit seinem Ehebruch und seinen
Kämpfen, und den Merkur mit seinem Quecksilber und seiner Philosophie
und seiner Heilkunst, und den Jupiter, den jovialen Gastgeber Xenius, und
die überheiß glühende Venus mit ihrer brennenden Liebe, und den Saturn
mit seiner philosophischen Schwermut, und Elohim schuf die Fixsterne
und die Milchstraße und den Andromedanebel und den Pferdekopfnebel
und den Carinanebel und die andern Spiralwirbel und Galaxien und Nebel,
und Gott schuf den dritten Himmel, den Himmel aller Himmel, und Gott
schuf das Weltall, ich weiß nicht, ob es sich ausdehnt oder zusammenzieht,
den Hitzetod sterben wird oder den Kältetod sterben wird, ob es unendlich
oder endlich ist, ich weiß nicht, ob das Weltall das unendliche Kleid des
unendlichen Gottes ist oder wie viel Sandkörner in das Weltall passen, ich
weiß nicht, ob neben diesem Weltall noch andre Weltalle existieren, ich
weiß nicht, ob das Weltall dreidimensional unendlich und vierdimensional
endlich ist, ich weiß nicht, wie viel Dimensionen existieren, ich hab noch
nicht auf dem Monde gestanden, ich hab noch nicht den Mars auf Wasser
untersucht, ich sah den Carinanebel und seine Weinberge, ich sah das
Evelinische Sternbild über allem, ich kam an die Grenze des Universums
und stieß die Tür auf zu Gott! Und ich sah am nächsten Tag die Walfische
mit den Schiffen spielen in den Buchten des östlichen Meeres, und ich sah
die Singschwäne singen der Unsterblichkeit der Seele und die
Trauerschwäne sich den Heimgang wünschen zu Gott, und ich sah die
Nymphensittiche spielen in den Schlafzimmern junger Mädchen und ich
sah die Elstern den Damen Gäste verkünden und ich sah die brünstigen
Turteltauben im Frühling in den Kronen der Kastanien beim Liebespiel, sie
schlugen mit den Flügeln, sie spreizten die Flügel, sie girrten und gurrten
und ruckten und kosten mit den Schnäbeln, sie nickten, sie nickten, bis sie
fruchtbar wurden von der brünstigen Liebe, die Brut in ihrem Neste lag
und sperrte die Schnäbel auf und schrie zu Gott, der Großen Taube Iahu!
Und Elohim gebot den Tieren des Feldes, zu hüpfen und zu springen!
Elohim befahl den Kitzen der Ricke, lustig zu sein! Elohim gebot dem
Einhorn, den Schoß der Jungfrau zu suchen! Elohim gebot der Stute, die
lockige Mähne zu schütteln! Elohim gebot dem Hengst, sein Hengstmaul
schäumen zu lassen bei bebenden Flanken! Elohim gebot der heiligen
Kuh, mit gütigen Augen das volle Euter zu schaukeln! Elohim gebot den
schwarzen Pantherweibchen, zu ruhen auf den heißen Bergen des Libanon!
Elohim gebot der Löwenmutter, ihre wilden Löwenjungen großzuziehen!
Elohim gebot den Eseln, steif zu stehen! Elohim gebot dem Stier, die Kuh
von hinten zu besteigen! Aber da machte Elohim einen Sprung in der
Evolution! Es ging nicht von der Geschichte des Kosmos und der
Kreaturen nahtlos zum Menschen über, sondern Gott beriet sich mit Gott
im Geiste der Weisheit und sprach: Ich bin Elohim und flüstere meiner
göttlichen Sophia in ihr Muschelohr: Komm, Geliebte und Throngenossin,
Wir wollen Menschen machen nach Unserem Ebenbilde! Der Mann soll
ein Bild sein des Vaters Elohim in Herrlichkeit und Macht und Majestät
und Kraft, die Frau soll Ebenbild sein der göttlichen Sophia in Weisheit,
Einsicht, Erkenntnis und göttlicher Vernunft, und zwischen ihnen soll die
knisternde Erotik Ebenbild der göttlichen Liebe sein, jener lebendigen
Liebesflamme, die Gott ist, jener lebendigen Liebesflamme, die Elohim
mit seiner geliebten Sophia vereinigt in der ewigen Glut der göttlichen
Erotik! Elohim zeugte in dem Schoß der göttlichen Sophia den Hauch der
Liebe, und der Hauch der Liebe bildete in dem Geheimnis der Gottheiten
das erste Menschenpaar, Mann und Frau in Vereinigung, Abbild der
dreifaltigen Gottheit! Der Mann ein Abbild Gottes des Herrn, die Frau ein
Abbild Gottes der Frau Weisheit, die Liebe zwischen ihnen ein Abbild des
Eros Gottes! Und Gott sprach: Mann und Frau, seid fruchtbar und zeugt
und gebärt Kinder und verwaltet die Erde liebevoll und speist vegetarische
Speise! Die Kräuter und die Milch und den Käse und den Soya und den
Salat und das Gemüse und die Nachtschattengewächse und das Brot und
die Erdäpfel geb ich euch zur Speise! Adam, genieße, was Eva dir zur
Speise bereitet, und liebt euch, wie ich euch liebe! Und Elohim sah, dass
die Schaffung des Mannes und der Frau sehr gut war! Da ruhte Gott am
Sonntag aus und dachte: Ich bin, Sum, ich bin das Sein, von meinem
absoluten und ewigen Sein hat alles endliche Sein das Dasein und zu
meinem ewigen Sein hat alles endliche Dasein seine Heimkehr! Ich bin
das Leben in allem Leben, ich bin die Liebe in aller Liebe, ich bin die
göttliche Schönheit in aller Schönheit der Schöpfung! Aber nun will ich
ruhen. Und Elohim in seiner göttlichen Trunkenheit sank in seinen
göttlichen Schlaf.
ZWEITES KAPITEL
Im Anfang schuf Gott Jahwe den Menschen, das heißt die Menschheit,
Adam, aus Adama, der Mutter Erde, und in den Körper, den Jahwe von der
Mutter Erde nahm, hauchte Jahwe den Lebensgeist ein, den Atem, der den
Menschen Adam zu einem lebendigen Lebewesen machte, zu einem
Abbild Gottes. Aber Gott schuf den Menschen Adam als ein männliches
und ein weibliches Wesen, als Mann, das heißt als Isch, und als Frau, das
heißt als Ischa. Isch war nämlich allein und lebte einsam in der Natur. Er
schaute die Kirschblüte an und sah in der Kirschblüte das Angesicht einer
schönen Frau aus Äther, die ihn anlächelte. Er schaute einen Fuchs an
seiner Seite wandeln und dachte, dieser Fuchs bedarf der Katze, der
schwarzen samtigen Katze, nach der der purpurrote Fuchs so hungert. Isch
sah das Reh auf der Lilienweise weiden und dachte bei dieser zärtlichen
femininen Anmut an eine feminine zärtliche Frau, die voller Anmut und
Holdseligkeit ist, da hörte Isch den Hirsch aus dem Walde röhren, und es
röhrte der Hirsch nach der Hindin, es röhrte Isch nach einer Geliebten.
Und es lag Isch unter einem Lebensbaum und verglich sich selbst mit
einem Lebensbaum, vom lichtblauen Himmel sah er das heitere schöne
Antlitz einer Geliebten lächeln, und er fühlte sich einsam, wie die linke
Seite des Lebensbaumes. Es floß durch seine Adern ein Schmerz und eine
Sehnsucht nach der anderen Hälfte des Kosmos. Und Isch lag im grünen
Garten auf der Wiese und sah die Honigbiene den Kelch der Krokusblume
besuchen, und Isch erkannte sich in der Honigbiene mit dem saugenden
Stachel und sehnte sich nach dem keuschen Kelch der Geliebten in ihrem
weißen Blütenkleide, den süßen Samen der Fruchtbarkeit in ihrem
Nektarschoße zu lecken. Und Isch sah in die himmelblauen Lüfte und
schaute zwei weiße Zitronenfalter lustig ihre Hochzeitstänze in den Lüften
feiern. Aber ach, er war kein Schmetterling, er hatte keine Frau, die tanzte
den Hochzeitstanz mit ihm. Und Isch ging spazieren am Weiher und sah
den schwarzen Schwan mit seiner schwarzen Schwanin majestätisch
gleiten über den Weiher, Seite an Seite, in treuer ehelicher
Liebesgemeinschaft, er sah wie sie ihre Hälse verflochten und mit den
Flügeln schlugen und schrien brünstige Schreie der Wollust im Wasserbett,
da wachte die Brunst in Isch auf und er fühlte die Trauer wie ein schwarzer
Schwan. Vor Trauer und Kummer und Einsamkeit ist Isch im Garten
eingeschlafen unter einer Blutbuche. Er lag unter der roten Krone der
Blutbuche, und es verblutete sein Herz vor Sehnsucht, und er verseufzte
seine Seele vor Schmachten, und er starb den kleinen Tod des Schlafes.
Bist du überwältigt von Trauer, versinkst du in einem Meer der Trauer,
stehst du allein in der finsteren Nacht, und ohne Hilfe gehst du durch die
Finsternis, versinkt der Boden unter deinen Füßen, und alle Unwetter
lasten auf deinem Haupte, schlafe, was willst du mehr, beim Saitenspiel
der Sterne, schlafe, was willst du mehr? Es war nicht ein Schlaf der
ruhigen Seele, sondern eine Trance, eine Ohnmacht, ein kleiner Tod. Isch
war verrückt und verirrt im Wahnsinn in eine Ohnmacht gesunken und in
eine Trance wie von berauschenden Efeublättern. So lag er in seiner
Wahnsinnsumnachtung unter der Blutbuche und es verblutete sein Herz.
Da trat Jahwe zu Isch in seiner tiefsten Umnachtung und schnitt ihm mit
dem Schwert der Operation das Herz aus der Brust, er nahm den blutigen
Fleischklumpen aus der linken Brust des halbtoten Isch und formte aus
dem Fleisch und Blut des Herzens des Mannes die andre Hälfte des
Universums, den Himmel zu der dürstenden Erde, die Hindin zum
röhrenden Hirsch, das Falterweibchen zum Schmetterling, die Krokusblüte
für die Honigbiene, die schwarze Schwanin für den schwarzen Schwan mit
dem blutroten Tränen unterm Auge, er schuf die rechte Seite des
Lebensbaumes. Jahwe nahm aus Isch das Unbewusste seiner Seele, er
nahm die ganze Weiblichkeit der unbewussten Psyche und schuf sie aus
dem Fleisch und Blut des Herzens als eine Frau, als einen Engel von Seele
in dem Leib einer Aphrodite. Diese war nicht allein Fleisch vom Fleisch
seines zuckenden Herzens, nicht allein Blut vom Blut seines verblutenden
Herzens, diese war Seele von seiner Seele, sie war die weibliche Anima zu
seinem männlichen Selbst, er aber war der männliche Animus zu ihrem
weiblichen Selbst. Er war der Leib, aus dem ihr Leib geschaffen, sie war
der Traum seines Fleisches, aber sie war die Seele seiner Seele, sie war der
Hauch seiner Sehnsucht. Er war der Mann von Mutter Erde genommen, sie
war die Frau, von Jahwe gehaucht und gebildet. Sie waren füreinander
geschaffen. Sie gingen auseinander hervor. Sie stammten von Einem
Urmenschen Adam ab. Sie stammten von Mutter Erde ab und stammten ab
vom Hauch des Mundes des Gottes Jahwe. Jahwe schuf sie füreinander.
Jahwe hatte seine große Hand geöffnet, in der die Samentropfen ihrer
beider unsterblichen Seelen vereint und verschmolzen in seiner Hand
gelegen. Jahwe hatte sie füreinander geschaffen, so wie er den Logos der
Sophia zugeordnet, so wie er die rechte Seite des Lebensbaumes zur linken
Seite des Lebensbaumes zugeordnet hatte, Jahwe hatte Isch und Ischa
füreinander geschaffen, wie die Liebe Gottes mit dem Zorn Gottes sich
vereinigt zur Barmherzigkeit Gottes, Jahwe hatte Isch geschaffen als
Abbild des göttlichen Geistes und Ischa geschaffen als Abbild der
göttlichen Natur. So wie Himmel und Erde im Schöpfungsfrühling
Hochzeit feiern und der Himmel sich in glühender Liebesumarmung in den
Schoß der blühenden Erde legt und keusche Blumen zeugt, so waren Isch
und Ischa füreinander geschaffen. Jahwe hatte wie ein allmächtiger Vater
und eine liebende Mutter Isch und Ischa gebildet, dass sie in ihrer
einzigartigen mystischen Liebesvereinigung die totale Vollkommenheit
Jahwes abbilden. Und so kam Ischa dem erwachenden Isch entgegen. Was
rief er da? Rief er etwa erschrocken: Nein, sie ist es nicht? Sie ist nicht die
Frau meiner Träume? Rief er dies bei der wahren Ischa? Nein, sondern er
begann als der erste Liebesdichter eine jubelnde Hymne zu dichten über
die Schönheit der Frau: Du bist es! Du bist der Traum meiner Seele, die
Erkenntnis meines Blutes, die Inkarnation des Verlangens meines
Fleisches, der Spiegel der göttlichen Schönheit und Liebe! Du bist meine
Hilfe, denn du bist gesandt von Jahwe, meiner Hilfe! Jahwe ist meine Hilfe
und Ischa ist meine Hilfe! Du bist nicht meine Herrin, die mich
beherrschen will! Du bist nicht meine Sklavin, von der ich mich bedienen
lassen will! Wir wandeln Seite an Seite, halten uns Hand in Hand und
gehen spazieren in der Gegenwart Gottes! Du gehst an der rechten Seite
Gottes und ich gehe an der linken Seite Gottes, und dann legt Gott unsre
Hände ineinander und sagt: Liebet euch! Seid fruchtbar! Bevölkert den
Garten Eden mit lachenden Kindern! Ja, geliebte Ischa, du sitzt mir
gegenüber im Garten Eden, ich sitze dir gegenüber im Garten Eden, und
zwischen uns liegt Jahwe, das Haupt auf deinem Schoße, Ischa, die Füße
wie auf einem Fußschemel auf meinen Schenkeln. Du liebkost den
heiligen Jahwe und näherst dich mir immer näher an! Jahwe ist die Liebe,
die uns verbindet, Ischa und Isch sind eins und vereinigt, und im Innern
unserer erotischen Liebesvereinigung ist Jahwe als die Liebe! Wenn sich
mein Same mischt mit deinem Liebestau in der Grotte deines Schoßes, ist
im Innern der Verschmelzung Jahwes Liebesglut, die fruchtbar wird! Gott
der Schöpfer ist im Innern unsers Aktes der Liebesvereinigung! Darum
schämen wir uns nicht, wenn wir nackt zusammen liegen im grünen Bett
des Paradieses! Denn Jahwe ist inmitten der Vereinigung deiner und
meiner Nacktheit! Ja, wenn sich das Sakrament der Zeugung mit dem
Sakrament der Fruchtbarkeit vereinigt, ist Jahwe die göttliche Macht der
glühenden Liebesflamme im Sakrament der Liebesvereinigung! Ich kann
es nicht begreifen, dass wir vor Jahwe ganz nackt sein dürfen! Und weil
ich ganz nackt sein darf vor Jahwe und du ganz nackt sein darfst vor Jahwe
und Jahwe deine Nacktheit in der Umarmung und Begattung meiner
Nacktheit segnet, darum dürfen wir nackt sein und uns unsrer Nacktheit
freuen! Ja, ich nackt, du nackt, wir vereinigt nackt im Paradiese! So hat
uns Gott gewollt! In der Nacktheit unsrer Leiber, in der Umarmung unsrer
Seelen, in der Verschmelzung unsrer Genitalien sind wir Abbild der
nackten Liebe Gottes! Aber Eva träumte einen Traum: Sie sah den Baum
der Erkenntnis, aus dem Laub schlängelte sich eine schöne schillernde
Schlange herab, vom Baum fiel eine überreife süße Feige und ging auf, die
Schlange kroch in die Feige, Eva küsste den Kopf der langen Schlange und
nahm den Schwanz der Schlange in den Mund. Da dachte Eva im Traum:
Im Grunde meiner Seele bin ich allmächtig und allwissend! Da trat Adam
zu Eva im Traum und speiste die Feige und sog den süßen Saft aus der
Feige, er nahm die Schlange in die Hand und schüttelte sie und sprach: Ich
bin der Herr! Da erwachte Eva von ihrem Traum und war schweißgebadet.
Vor dem sündigen Traum bereitete Eva im Garten Eden das beste
Mittagsmahl, sie kochte Erbsen und Möhren, kochte Kartoffeln, bereitete
aus Tomaten die Sauce und briet Soya. Aus Eisbergsalat und Kürbiskernen
und Walnussöl bereitete sie den leckersten Salat, sie machte Salat aus
Tomaten und Käse. Zum Trinken gab es den Saft der Äpfel, gemildert mit
frischem Felsquellwasser. Zum Abendbrot bereitete Eva das
selbstgebackene dunkle Brot mit Sesamkörnern oder
Sonnenblumensamen, sie reichte die Butter von der heiligen Kuh, sie
reichte den Käse aus der Milch der Schafe und Ziegen und Kühe, alles
ohne Lab, sie machte aus Tomaten und Paprika die köstlichsten Pasten, sie
reichte Oliven und Creme aus Mandelöl oder aus Haselnüssen oder
Erdnüssen, Eva trank zum Abendbrot den gesündesten Kräutertee und
Adam war dankbar über einen Becher roten Weines. Aber nun, im Zustand
der Sünde, nahm Adam einen armen Hahn und schlachtete ihn und rupfte
seine Flügel aus und briet ihn am Feuer, er zerriss ihn mit
seinen Zähnen, das tierische Fett troff an seinem Maul entlang. Adam
schlachtete Schweine und machte aus den Schweinen Braten, er aß nichts
anderes mehr als Tiere. Ja, weil er nun fleischlich gesinnt war, aß er nur
noch Fleisch. Er bekam manchmal sogar Appetit auf Menschenfleisch und
begehrte Eva zu fressen! Eva erschrak jedes Mal zu Tode, wenn Adam
sagte: Um meinen Hunger zu stillen, will ich dich fressen, geliebte Frau!
Adam dachte, Eva die größte Lust zu bereiten, indem er ihr verhieß, er
werde sich das Herz aus dem Busen reißen und es ihr roh zu fressen
geben! Eva aber in dem Zustand der Sünde war erfüllt von Angst, von
vielen Ängsten, sie hatte Angst zu altern, sie hatte Angst zu sterben, sie
schien jede Krankheit anzuziehen, wirkliche und eingebildete, sie hatte
schreckliche Angst vorm Tode und verbot Adam, den Tod auch nur einmal
zu erwähnen. Die Katze fauchte Adam wütend an und das Entenweibchen
lag tot auf dem Weg! Adam fand große Freude daran, die kleinen Frösche
im Teich zu quälen und ihnen ihre Schenkel auszureißen, sie zu braten und
zu fressen, das sei der höchste Genuß, sagte er, so esse nur ein Gott im
Paradies! Eva und Adam verstanden sich auch nicht mehr ohne Worte, wie
sonst, sie sprachen, aber keiner verstand die Sprache des andern.
Missverständnisse führten zu Verletzungen, Verletzungen zu
Rachegelüsten, Rache zu neuen Wunden. Immer wieder folgte eine
Versöhnung, aber beim nächsten Missverständnis wurden alle vorigen
Wunden dem Partner wieder vorgeworfen, und es gab eine Litanei der
gegenseitigen Anklage. Schuld war immer der andere! Eva konnte sich
nicht geliebt fühlen von diesem Adam, aber sie verachtete sich auch selbst!
Und je mehr sie sich selbst verachtete, desto stärker wurde der Wunsch,
sich selbst zu lieben, und zwar vor allem sich selbst zu lieben. Sie machte
eine ganze Philosophie der Selbstliebe aus dieser Qual der
Selbstverachtung. Adam aber liebte die Philosophie der Selbstliebe nicht,
er dagegen entwickelte eine Philosophie der Begierde. Er meinte Gott sei
ein Gott der Begierde, und er, Adam, sei Gott gleich, wenn er Eva
begehrte. Er gab sich nicht selbstlos schenkend hin, sondern er evozierte
Evas Leib in seinem Geist und stillte seine Begierde an seinem eigenen
Fleisch. Dies tat er heimlich im Busch, als Gott ihn ansprach: Adam, wo
bist du? Adam versteckte sich im Busch, wo er die Philosophie des
Diogenes gefolgt war, denn er schämte sich vor Gott. Adam, wo bist du,
rief der Herr. Adam sprach: Ich muß mich vor dir im Busch verstecken,
denn ich stehe hier gerade nackt. Woher weißt du, dass du nackt bist,
sprach Gott, hast du etwa die verbotene Feige gepflückt? Adam sagte: Eva
hat mir die Feige gegeben! Da rief der Herr Eva: Eva, wo bist du? Eva
sagte: Ich kann dich nicht hören, Herr, was willst du mir sagen? Der Herr
sprach: Eva, tu dein Ohr auf, Effata! Eva begann den Herrn zu hören. Eva,
wo bist du? Eva sprach: Ich habe mich vor dir versteckt, o Herr, denn ich
schäme mich vor dir! Warum schämst du dich, sprach der Herr, hast du
etwa auf das Flüstern der Schlange gehört mit deinem Muschelohr? Ja,
sprach Eva, die Schlange hat sich mir in den Mund geschoben und mir ihre
Worte in den Mund eingeflösst. Da sprach der Herr zur Schlange:
Schlange, Schlange, auf deinem Bauch sollst du kriechen im Staube! Eva,
Eva, du wirst dich nach deinem Ehemann sehnen, aber er wird zu dir sein
wie ein harter Herr, aber wenn du gebären wirst, so wirst du bluten und
schwere Schmerzen leiden. Du aber, Adam, sollst dich plagen auf Erden
bis zur vollkommenen Erschöpfung! Aber der Garten Eden wird
überwuchert werden von Brennesseln und unfruchtbaren Dornen! Da
machte sich Eva einen Lendenschurz aus feinziseliertem Feigenblatt. Süß
sah sie aus, die nackte Eva, die nichts trug als dies feine grüne Feigenblatt!
O wer dieses Feigenblatt der seligen Eva als Reliquie besitzen dürfte! Er
würde es oftmals küssen und träumen von der Liebe der heiligen Eva im
Garten Eden im Paradies!
DRITTES KAPITEL
Gott aber sprach zu Adam und Eva: Aber ich verheiße euch das Heil!
Feindschaft setze ich zwischen die Schlange und die Frau! Der Same der
Frau wird der Schlange den Kopf zertreten, und die Schlange wird ihm in
die Ferse stechen! Das sächliche Autos in der Septuaginta wird auf den
männlichen Spermos bezogen, den verheißungsvollen Samen! Der Same
wird der Schlange den Kopf zertreten! In der Vulgata, die nach dem Konzil
von Trient als inspiriert gilt, ist es die Frau, sie wird der Schlange den
Kopf zertreten! Es gibt ein Bild, da die Madonna mit ihrem nackten
Knaben, der zwölf Jahre zählt, zusammen der Schlange den Kopf zertritt!
Madonna und Sohn stellen ihre Füße aufeinander und zertreten zusammen
der Schlange den Kopf! Madonna beugt sich dabei vor und man kann im
Ausschnitt ihres Kleides ihre Brüste erkennen. Darum gefiel dies Bild den
keuschen Nonnen nicht. Die Dichter aber lieben dieses Bild. So gewiss die
Madonna nicht allein der Schlange den Kopf zertritt, so gewiss zertritt der
Spermos nicht ohne das Weib den Kopf der Schlange! Denn es ist gerade
die vom Spermos oder der Gottheit Panspermia bestimmte Aufgabe des
Weibes, der Schlange den Kopf zu zertreten! Man denke hier nur an die
jüdische Frau, die sich schmückte mit reizenden Kleidchen und
klingelndem Schmuck und betörender Schminke, um den betrunkenen
Feind zu bezaubern. Er hatte soviel getrunken wie noch nie in seinem
Leben, und die Frau, die Bibel nennt sie die Allgebenedeite unter allen
Weibern, schlägt dem Haupt der Feinde den Schädel vom Rumpf! Dies ist
die Aufgabe des Weibes nach dem Heilsplan des verheißungsvollen
Samens, der von Gott gezeugt ist, der Gottheit Panspermia, der
allmächtigen Potenz. Dieser Same nämlich ist der Neue Adam, der als der
Sohn Davids als Messiaskönig kommt, um die Werke des Teufels zu
zerstören! Ja, komm, Sohn Davids, zerstöre die Werke der Mächte der
Finsternis und aller okkulten Dämonen! Komm, Frau der Verheißung,
Neue Eva, komm, Frau der Apokalypse und vernichte die alte Schlange,
den feurigen Drachen, der da heißt Satanas und Diabolo! Wer ist denn die
Neue Eva, die Apokalyptische Frau? Siehe, es gibt eine Vision von der
Apokalyptischen Frau! Die Neue Eva nannte sich Morenita, die Schwarze!
Siehe, das Antlitz Morenitas! Ihre langen, glatten schwarzen Haare sind
wie eine Herde schwarzer Ziegen, die vom Berge Gilead herabwallen. Ihre
feinen Augenbogen sind wie die feine Waage der Maat, der Göttin der
Wahrheit. Ihre Augen sind sanft wie die Augen der Turteltauben. Ein Mann
ist in ihren Augen mit Liebe angeschaut. Ja, sie photographiert den
Geliebten und bewahrt ihn als Idee in ihrem Geist, um ihn allzeit bei sich
zu haben und lieben zu können. Ihre Nase ist die Nase des Adlers, der in
die Sonne schaut. Ihr Mund ist geheimnisvoller als der lächelnde Mund der
Mona Lisa. An ihrem Hals trägt sie um ein Silberkettchen ein grünes
Kreuz, mit funkelnden Sternen besetzt. Sie steht als Makellose auf dem
Mond, der Mond ist rund und vollkommen, um den makellosen Vollmond
kreist ein kreisrunder Regenbogen, Frau Iris, als Zeichen der Hoffnung
und des inneren Friedens. Morenita ist der Stern der Hoffnung und die
Königin des Seelenfriedens! Sie liebt vor allem grüne Kleider, denn die
Natur ist ihr Kleid. Ansonsten trägt sie auch nichts als das Licht der Sonne.
Aber unsere liebe Eva stand vor einem Spiegel und schaute in den Spiegel
und schöpfte aus dem Spiegel ein inneres Gesicht der Morenita, der
schwarzen Nymphe Gottes, Mora nannte sie jene innere Nymphe, die im
Innern unserer lieben Eva vor dem unbefleckten Spiegel ihrer makellosen
Schönheit stand. Mora hatte lange, glatte schwarze Seidenhaare, schwarz
wie Lack. Sie trug ein leichtes weißes Reizgewand, nur so leicht um ihren
braunen Körper geworfen, dass sie unglaublich reizend und erotisch
erschien. Diese innere Mora unserer lieben Eva aber empfing den inneren
Jesus als ihren Bräutigam im Brautgemach und vereinigte sich in
erotischer Mystik mit dem inneren Jesus. Morenita aber stand auf dem
Berg der Großen Mutter und schaute einen armen Bauern. Die wilden
Heiden schleppten auf ihre Götzenpyramide den armen Bauern, gaben ihm
berauschenden Kakao zu trinken und schnitten ihm mit ihren
Buschmessern bei lebendigem Leibe das Herz aus der Brust, um es ihrem
steinernen Götzen zu opfern. Der Bauer opferte sein blutiges Martyrium
der Morenita auf zur Bekehrung unserer lieben Eva und erlangte von
Morenita den inneren Frieden, indem sie ihn in den Himmel entrückte und
ihm die Hochzeit mit Morenita zeigte und den Garten des Paradieses, da
die erlöste Eva sich mit Jesus vereinigt in himmlischer Hochzeit. Da
sprach ein Mann zu einem Greis: Ach, ich denke ja wie Platon: Der Körper
ist der Kerker der Seele! Ich weiß zwar, dass das nicht christlich gedacht
ist, aber ich denke doch so: Der Körper ist der Kerker der Seele! Frei wird
die Seele erst, wenn sie aus dem Kerker des Körpers ausbricht! Da sprach
der Greis: Die Bibel kennt kein Wort für Seele. Wenn die Bibel vom
Menschen spricht, spricht sie vom Fleisch, das bedeutet die Einheit von
Leib und Seele. Wenn die Seele den Leib verlässt, ist der Mensch tot. Der
Mann sprach zum Greis: Aber das Konzil von Trient bestätigte die Lehre
von der Unsterblichkeit der Seele. Ich weiß aber, der Mensch ist eine
Einheit von Leib und Seele. Der Mensch ist nicht die Seele, die zufällig
ein Kleid des Körpers trägt, der Mensch ist die Einheit von Leib und Seele.
So lehrt es der engelgleiche Thomas. Aber Salomo schreibt auch im Buch
der Weisheit: Der vergängliche Leib zieht den vielüberlegenden Geist
herunter und beschwert ihn. Der Leib, den ich nicht liebe, das ist der
sterbliche Leib. Man verwest ja bei lebendigem Leibe. Dieser Leib mit
seinem Hunger und Durst und sexuellem Appetit, der ist mir zuwider. Aber
ich liebe dennoch den Leib, aber einen andern. Denn ich bin begeistert von
der Auferstehung der Toten, von der Auferstehung des Fleisches! Ich
glaube an die Unsterblichkeit der Seele, aber nicht daran, dass die Seele
allein verewigt wird und als eine Art Gespenst im Elysium flattert, sondern
dass sie einen Körper bekommt, einen Lichtleib, einen Geistleib. Diesen
pneumatischen Körper liebe ich besonders, weil ich es besonders liebe,
dass meine Geliebte auch in der Ewigkeit einen Leib haben wird, denn ich
liebe den Glanz ihres Leibes, in dem sie die Schönheit ihrer marianischen
Seele ausdrückt und darstellt. Der Greis sprach zum Mann: Die
Auferstehung des Fleisches bedeutet für mich, dass der Mensch im
Himmel nicht eine bloße Seele ist, die mit allen Seelen in einem anonymen
Geisterchor verschwebt, sondern dass der Mensch in seiner einzigartigen
Persönlichkeit im Himmel lebt, mit all seinen Eigenheiten und
charakterlichen Besonderheiten. Ich hoffe, im Himmel die mir lieben
Menschen persönlich wiederzufinden. Ja, rief der Mann begeistert, ich
hoffe auch, die Geliebte im Paradies zu finden, sie möge ganz nah bei mir
sein! Ohne die Frau, die ich liebe mit größerer Liebe, als sie einem
Geschöpf angemessen ist, die Geliebte, die ich liebe wie eine zweite
Menschwerdung Gottes, soll mit ihrer unsterblichen Seele in einem
verklärten Leib aus Glanz im Paradiese bei mir sein und mich lieben mit
der Liebe Gottes, wie ich sie hier schon liebe mit der Liebe Gottes! Der
Greis lächelte. Ja, die Christen seufzen nach der Erlösung vom Todesleibe
und seufzen, bis der Ruhm der Söhne und Töchter Gottes vollkommen ist
und offenbar in aller Herrlichkeit! Ja, sagte der Mann, ich hätte Lust, rasch
abzuscheiden und in Gott zu sein, aber ich muß noch auf Erden bleiben
und viele Kreuzwege gehen und viele Leiden aufopfern, auf dass meine
Geliebteste im Paradiese bei mir ist, im himmlischen Garten Eden! Ja, so
soll es sein, sprach der Greis und drückte dem Mann die Hand. Friede sei
mit dir, sprach der Greis. Und mit deinem Geiste, sprach der Mann und
ging. Aber du Dichter, wie kommst du dazu, vom Paradies zu sprechen?
Du bist doch ein Sünder und eine kranke Seele, was weißt du vom heilen
Urzustand des Menschen? Ja, sprach der Dichter, ich würde nicht vom
Paradiese sprechen, wenn ich nichts kennen würde als Maschinen und
Straßenlaternen. Aber ich kenne die Geliebte, den Mai und ihr
Paradiesgärtlein. Ich weiß, wie Eva im Paradiese schön war! Ich weiß, wie
die Sonne die Erde liebkoste! Ich weiß, wie die Tiere in Harmonie lebten,
denn alle Tiere werden selig, wenn meine Geliebte sie streichelt! Ich weiß,
wie die Blumen die Sprache der Liebe gesprochen haben, denn im
Paradiesgärtlein meiner Geliebten sprechen heute noch in jedem Mai die
Blumen die Sprache der Liebe! Die Rosen glühen vor Schamröte, wenn
der Lenzwind ihnen schmeichelt. Die Narzissen schauen immer noch so
selig ihr Spiegelbild in den feuchten Tropfen, die im Grase schimmern.
Die Vergissmeinnicht sind immer noch so treu und schauen aus so
treuherzigen himmelblauen Augen ihrer feinen mädchenhaften Seele, sanft
und zärtlich. Der Mohn ist immer noch so berauscht von der Liebe. Die
Iris pflegt immer noch heimlich ihren Minnekult! Ich weiß, der Thymian
durftet stark zum Erdbeerstrauch, und die Malve ist immer noch so treu
dem Messias. Ich weiß, wie eine Welt beschaffen ist, die erfüllt ist von der
göttlichen Liebe bis in die Ehe der Atome! Ich weiß, wie die Schöpfung
beschaffen ist, die durchgottet wird vom göttlichen Eros! Ich weiß, wie
Mann und Frau ein Abglanz Gottes sind, wenn sie in spiritueller Erotik
ihre Düfte vermischen mit dem Duft des Gartens Eden! Nüchterne
Weltmenschen sagen: Die Südseeinseln sind kein Paradies mehr, denn dort
explodierte schon die atomare Bombe! Aber Mystiker tragen das Paradies
im Herzen! Ja, und wenn ein Mystiker und seine mystische Freundin ihre
mystische Brautschaft feiern im Monat der Hochzeit von Himmel und
Erde, dann ist das Paradies herabgekommen vom Himmel und lässt sich
nieder auf einer seligen Erde!
VIERTES KAPITEL
Eva ist allein im Garten Eden. Adam ist noch nicht geschaffen. Eva denkt
an ihre Einsamkeit und redet mit sich selbst: Mutter Erde, ich
Menschenwesen stamme von der Mutter Erde ab. Wer bist du, Mutter Erde
mit den breiten Brüsten? Woher stammst du? Stammst du aus dem Chaos?
Hast du dich von der Sonne losgelöst? Bist du ein totes Ding von Materie
oder bist du ein lebendiges Wesen? Bin ich nicht berufen, ich, deine
Tochter, dich zu pflegen und zu bewahren? Ich darf dich nicht
beherrschen, ich darf dich nicht ausnutzen, ich darf dir keine Wunden
schlagen. Ich will dich ehren und lieben, wie man eine Mutter ehren und
lieben soll. Wie träge du doch bist, du uralte Mutter Erde mit den breiten
Brüsten! Wie schleppt sich dein Gang durch die Jahrmillionen! Welch ein
Geist der Schwere zieht alles an deine Brust! Siehe, ich sah den Apfel vom
Baum der Erkenntnis fallen, er fiel herab zur Erde. Da fragte ich mich:
Warum fällt der Apfel zur Erde, warum fliegt er nicht in den Himmel? Da
erkannte ich, es müsse eine Schwerkraft im Busen der Mutter Erde
wohnen, die alles an sich zieht wie ein großer Magnet. Wenn ich aber zur
Venus schaue am Morgen und am Abend, wenn ich zur keuschen Luna
schaue in der Nacht, am Tag zum strahlenden Sol, wenn ich den Jupiter
sehe im Saturn erscheinen, o Mutter Erde, bist du einer von den göttlichen
Planeten? Kreist du auch auf denselben elliptischen Bahnen durch den
Kosmos wie die andern göttlichen Planeten? Und wenn ich dich ergründen
will, o Mutter Erde, darf ich dann nach deinen Gesetzen fragen? Sind
deine Gesetze logisch, erkennbar, berechenbar? O ich will die Frucht vom
Baum der Erkenntnis pflücken und alles wissen, wie Gott! Siehe, ich fand
das Gold im Erz des Gesteins. Warum gibt es das Gold? Soll es Schmuck
sein am Busen eines Weibes? Soll es Ring sein am Finger einer Gattin?
Oder soll es den Blutdurst und die Machtgier der Menschen wecken und
die Erde in ein Leichenfeld verwandeln? Gold, was bist du? Bist du das
schönste und reinste aller Metalle oder bist du die Wurzel allen Übels?
Aber wie schön seid ihr andern Steine auch, besonders ihr Kristalle und ihr
Amethyste! Ja, ich weiß, der Wein ist verlockend, und es wird mir noch ein
Mann von Gott geschenkt zum Gefährten, der wird dem Wein zusprechen,
aber er wird süchtig werden nach dem berauschenden Traubenblut. Dann
will ich ihm dich zum Geschenk machen, du violetter Amethyst, denn Frau
Weisheit lehrt mich, dass der violette Amethyst von Trunksucht heilt.
Warum schweigst du, Mutter Erde? Bin ich nicht Stoff von deinem Stoff?
Bist du nicht die Mater, die Materia, meine Mutter? Warum schweigst du,
schwarze Mutter Erde mit den breiten Brüsten? Warum schweigst du,
Gold, und du, Amethyst, warum schweigt ihr? Bin ich nicht ein Edelstein
wie ihr? Bin ich nicht aus Mineralien aufgebaut? Stummer Stoff, ich bin
deiner Art, doch meine Gedanken teilst du nicht mit mir! Ach, mit dir kann
man nicht reden, du toter Stoff, du materielles Ding! Aber euch, ihr Sterne,
kann ich euch anrufen? Gebt ihr Antwort? Kennt ihr mein Leben, meine
Seele, mein Geschick? Hat eure Konstellation einen Einfluß auf die
niedere Natur meines Herzens? Bestimmt ihr das Schicksal oder hab ich
einen freien Willen? Entscheide ich selbst und bin meines eigenen Glückes
Schmiedin oder ist Glück und Unglück mir vorherbestimmt von der
Stellung der Sterne? Venus, wie heiß du bist! Du glühst so hitzig unter
deinem roten Schleier! Heiße Venus, entzünde mich nicht mit deiner Hitze!
Wie schwermütig bist du, Saturn! Ach, ziehe mich nicht nieder mit dem
Blei deiner Melancholie! Keusche Luna, du regelst die Flut und die Ebbe
des Meeres! Regulierst du auch die monatliche Blutung meines Schoßes?
Luna, bist du die Königin meiner Menstruation? Heitere Sonne, wenn du
lachst, so will es mir scheinen, Gottes Menschenfreundlichkeit lacht mir
heiter ins Gesicht! Sonne, bist du ein Gott oder eines Gottes Abglanz?
Sonne, bist du der Engel der Erde? Aber ihr kreist eure ewigen Bahnen,
unbekümmert um meine Fragen, mein Leben, meine Seele, mein
Geschick! Ihr tanzt eure Planetentänze, wie Gott geordnet euren Chor, ihr
singt die Sphärenharmonien, wie Gottes Weisheit sie euch eingegeben,
aber mein Geschick ist euch leider, leider, ganz gleichgültig! Seh ich aber
das Sternbild des Skorpions, so scheint mir, ich weiß nicht, ist es Weisheit
oder eines Spaßmachers Scherz, der Sündenfall ereignet sich im
Platonischen Jahr des Skorpions! Der Erlöser aber kommt im Platonischen
Jahr des Fisches! Wie lieb ich euch, ihr Blumen! Was wäre mein Garten
Eden ohne euch, meine geliebten Blumen? Zuerst die Königin, die Rose!
O ihr weißen Rosen aller Freuden, ihr seid alle wie meine Kinder, ich will
euch großziehen, und ob ich euch auch entlassen muß, ich werdet mir doch
wiedergeschenkt im nächsten Sommer! O ihr roten Rosen in eurem
blutigen Passionsrot! Wie leidenschaftlich seid ihr! Ihr opfert euer
Herzblut der Liebe! Ihr liebt ja fast noch mehr als den blutigen Kelch der
roten Rose den scharfen Dorn! Blutstropfen um Blutstropfen bezeugt ihr
die Liebe wie Märtyrer! O ihr goldenen Rosen, ihr strahlt wie die Sonne!
Eure Herrlichkeiten sind wie der Glanz einer lichten Gottheit! Strahlt und
leuchtet in eurer Reinheit und gleicht den Sternen, den goldenen Rosen am
herrlichen Himmel, da Gott der Gärtner ist und tausende und zehntausende
goldene Rosen zieht! Wie lieb ich dich, du violette Iris mit dem klebrigen
Schoß! Wie Zungen sind deine lilanen Blütenblätter und lecken am
klebrigen Samenstempel! Wer weiß schon, wie sehr du liebst? Keiner ahnt
es, in welche Dimensionen deine heimliche Liebe reicht! Wie lieb ich dich,
du orangener Mohn in deiner glühenden Pracht, in deinem glühenden
Prunken! Poppie will ich dich nennen, weil du so glühst vor Sommerlust!
Wie lieb ich dich, du weiße Malve! Ich sehe dich, du bist so weiß wie der
weiße Busen Maria Magdalenas, du weiße Malve von Magdala! Wie lieb
ich dich, du himmelblauer Blumenteppich der himmelblauen
Vergissmeinnicht! Treuherziger kenn ich kein Gemüt, als deine
himmelvollen Augen, voll von sanfter Seele, demütig, sanftmütig, keusch
und im Herzen ein kleines Kind geblieben! Wie lieb ich dich, Krokus, du
Frühlingsbote in deiner dreifarbigen Fahne von Lenzlust, du blauer
Krokus, du weißer Krokus, du roter Krokus, der du die freie Liebe feierst
mit jedem Schmetterling, der seinen Fühler in deinen Kelch will tauchen,
den Samennektar zu saugen mit fühlenden Lippen! Wie lieb ich auch dich,
du eitler Narziss! Nein, Narziss sollst du mir nicht mehr heißen! Denn
Gottes Liebe gebot dir, den ganzen Frühling zu lieben! Nicht beschaust du
dich eitel selbstverliebt in den Tautropfen, die auf das Gras getropft,
sondern du liebst die alljährliche Auferstehung der Mutter Natur, darum
nenn ich dich goldene Osterglocke! Läute das Fest der Auferstehung des
ewigen Lebens ein! Wie lieb ich dich, Päonienstrauch! Ich will dich
Goldenes Zeitalter nennen! Denn im Goldenen Zeitalter herrschte noch die
göttliche Jungfrau und blühte noch die Päonie, die Pfingstrose, im Garten
der göttlichen Jungfrau der Gerechtigkeit! Dich auch, Rose der
Morgenröte will ich preisen, Rose der neuen Zeit, Rose der blutigen Maria,
Rose der Freiheit! Euch lieb ich, ihr weißen Apfelblüten, ihr
Pflaumenblüten und rosanen Pfirsichblüten, euch Kirschblüten! Euch lieb
ich besonders, ihr weißen Magnolienblüten, gewölbt wie weiße Brüste
einer nackten Frau! O wenn ihr ins Gras fallt und wie ein weißes Bett euch
im Garten ausbreitet! Wie wollt ich im weißen Bett aus Magnolienblüten
liegen im Garten nackend und lieben! O dich lieb ich am allermeisten, du
göttliche Grünkraft des heiligen Geistes! Ich seh dich in den grünen
Gräsern, in den Wiesen, in den Blättern der Blumen und in den Büschen
und den Wipfeln der Bäume! Glühendes Grün der vitalen Grünkraft
Gottes, wie hocherotisch spür ich dich in diesem Garten! Ich will mit dir
schlafen, du Eros in der Natur! Ich will mich begatten lassen vom Eros der
grünen Natur! Ach, bin ich denn eine Blume? Will ich geliebt sein, wie die
Sonne die Luft liebt? Nein, ich will animalisch wild geliebt sein! In mir
erwacht das Tier, des Tieres Brunst! O meine vielgeliebten Tiere, lehrt
mich die Liebe! Ihr seid nicht frei, denn Gottes Liebe zwingt euch, ihr
müsst einfach lieben! Zeigt mir, wie es ist zu lieben, wenn man von Gott
gezwungen ist, lieben zu müssen! Plötzlich erscheint der göttliche Eros in
meinem Garten, ein Knabe, vier Jahre alt, mit goldenen Locken, mit
Flügeln an den nackten Schultern, und hetzt die Tiere aufeinander! Der
Stier bespringt die Kuh von hinten! Die läufige Katze in brünstiger Hitze
miaut! Die Turteltauben spreizen ihre Flügel und schlagen im Geäst mit
den Flügeln beim Liebesspiel! Der Hahn bespringt die Henne, packt sie am
Genick und besteigt sie! Der Gänserich besteigt die Gans und arbeitet sich
hindurch! Die Falter tanzen Hochzeitstänze in der Luft! Die Insekten
kopulieren sich in aller Öffentlichkeit schamlos auf dem Rand meines
Bechers! Die Biene sticht den Stachel in den Schoß der Blume! Die
Tauben sind ehelich treu, die Enten sind ehelich treu, und wenn die Ente
stirbt, so lebt der Erpel als trauernder Witwe in monogamer Witwenschaft
jungfräulich, die Singschwäne sind treu bis zum großer Tag, da ihre
unsterbliche Seele in den Bädern von Elysium wieder Schwanenbrust an
Schwanenbrust badet! Ja, animalisch wilde Lust, das kenne ich, ich bin
auch so heiß wie mein Kater! Aber dennoch befriedigt meine Seele nicht
die animalische Wollust! Meine Seele dürstet nach anderer Liebe, nach
höherer Liebe! Ja, meine Seele ruft nach Seelenliebe! Meine Seele? Wer
bist du, meine Seele? Tief in meiner Seele ist ein mir unbekannter Bereich,
meinem Bewusstsein unzugänglich, der nur in kindlichen Träumen
phantastisch aufsteigt. Tief in meiner Seele ist ein dunkler Wald, ein Wald
voller Geheimnisse, da lebe ich mit meinem inneren Bruder. Wie ist dein
Name, mein innerer Bruder? Willst du mich führen und beschützen?
Oder soll ich dich führen und beschützen? Du bist aber immer innen in
mir, in dem Meer des unbewussten Seelenreiches, in dem dunklen Wald
meines Geheimnisses gibt mein innerer Bruder mir von innen Kraft. Doch
darüber lebt eine ganze Geisterwelt von Seelengestalten. Wer bin ich und
wie viele? Bin ich ein weibliches Geistwesen der Natur in einem langen
Lichtkleid und transparenten Schleier, mit Flügeln, betaut von Tautropfen,
die wie Diamanten glitzern? Bin ich eine Zauberin, die die geheime
Sprache der Bäume und Vögel versteht und Regen machen kann? Bin ich
eine Verführerin, die in nackter Wollust mit ihren erotischen Reizen jeden
Mann in den Wahnsinn treiben kann? Bin ich eine Kindermörderin oder
eine liebevolle Mutter? Lebt in mir eine bescheidene Dienerin Gottes oder
gar die göttliche Weisheit in femininer Erscheinung selbst? Mein Motto,
am Tor des Heiligtums meiner Seele angeschrieben, lautet: Erkenne dich
selbst! Ich erkenne, wenn ich in der Macht meiner magischen Intuition in
meine Seele mich einfühle, einen unerschöpflichen Reichtum meiner
Seele! Ja, der Reichtum meiner tiefen Seele, das macht meinen Wert aus.
Nicht, das, was ich tue oder schaffe, macht meinen Wert aus, sondern der
abgründige Reichtum meiner Seele, das, was ich bin, macht meinen Wer
aus. Wer oder was aber ruht auf dem Grunde meiner Seele wie eine
ruhende Gottheit? Es ist die göttliche Weisheit, die ich in intuitiver
Einsicht erahne! Dich will ich bewahren, hüten, pflegen, ernähren,
großziehen, bis du mich ganz erfüllst, bis ich ganz zu einer
Menschwerdung der göttlichen Weisheit geworden bin!
FÜNFTES KAPITEL
Adam ist allein im Garten Eden. Gott hat ihm Eva noch nicht zugeführt als
Freundin seines Lebens, als Liebe seines Lebens. Er ist allein vor Gott.
Adam spricht mit Gott allein, all sein Gefühl, all sein Wollen, all sein
Denken richtet er auf Jahwe. Ob ihn andere Menschen hören, ihn
verstehen, ihn akzeptieren, interessiert ihn nicht. Gott hat mit Adam einen
Bund geschlossen. Gott, die Macht über allen Mächten, hat in göttlicher
Weisheit und göttlicher Liebe einen Bund mit Adam geschlossen und
gesprochen: Ich erwähle dich zum Partner des Absoluten! Adam spricht:
Gott, ich staune über meinen Willen. Mein Wille allein ist die Ursache
alles meines Wollens. Mein Wille ist nicht vorherbestimmt von den Dingen
der Welt. Mein Wille ist frei. Meine Wille ist frei und wählt sich freiwillig
das Objekt, auf das sich mein Wille richtet. Ich kann frei meinen Willen
richten auf ein niederes Gutes und frei meinen Willen richten auf ein
höheres Gutes. Ich kann frei meinen Willen richten auf die menschliche
Liebe und frei meinen Willen richten auf die göttliche Liebe. Das höchste
Gute ist für mein Wollen die Glückseligkeit! Aber meiner unsterblichen
Seele, die ich vom Hauch deines Mundes empfangen, meine unsterbliche
Seele ist nicht zu befriedigen mit zeitlicher, irdischer Glückseligkeit. Nicht
die irdische Lust ist das höchste Gute für mich. Meine unsterbliche Seele
ist nur zu befriedigen mit ewiger Glückseligkeit! Ja, Ewigkeit um Ewigkeit
in unbegrenzter Lust allein kann meine unsterbliche Seele wahrhaft
befriedigen! Ich staune über mein Denken, Gott. Du hast mir die Vernunft
gegeben, dass ich denken kann. Aber mein Denken muss denken, mein
Denken kann nicht nicht denken. Die Gegenstände, über die ich
nachdenke, bestimmen mein Denken. Und mein Wille, der das Denken
richtet auf bestimmte Gegenstände, bestimmt mein Denken. Mein Denken
ist bestimmt und nicht ganz frei. Mein Wille aber ist frei. Ist nicht der freie
Wille höher als das Denken, als die Vernunft? Mein Denken will Wissen
erlangen, mein Denken will die göttliche Weisheit erlangen. Mein Wille
aber will lieben! Ich weiß nicht, warum mein Wille lieben will. Ist es, weil
mein Wille sich nach deinem Willen richtet, Gott? Dein Wille ist keine
Willkür, keine allmächtige Willkür eines Tyrannen, sondern in deinem
Willen ist deine Liebe, deine Liebe bestimmt deinen Willen. Dein Wille ist
die Liebe und zwar die ewige Liebe. Soll ich also die Liebe über die
Weisheit stellen? Ist die Liebe der letzte, höchste Charakterzug der
Gottheit? Vollendet sich die Weisheit in der Liebe? Allein die Liebe macht
glücklich, allein die Liebe macht selig, allein die Liebe macht ewig
glückselig! Die Liebe ist Gott und die Liebe ist der Weg zu Gott. Ich wähle
also die Liebe als höchstes Gut, denn ich erwarte allein von der ewigen
Liebe die ewige Glückseligkeit. Ich wähle die Liebe zum Weg zu Gott, die
Liebe zum Weg zur ewigen Glückseligkeit. Allein die Liebe verdient die
ewige Glückseligkeit. Wie aber lerne ich die Liebe? Und wie erfahre ich
die göttliche Liebe? O Gott, ich liebe die ganze Schöpfung! O Gott, ich
möchte die ganze Schöpfung umarmen! Mir scheint die ganze Schöpfung
eine Frau zu sein! Die Idee der Schöpfung ist eine Frau, und ich möchte
die ganze Schöpfung umarmen, indem ich die Idee der Schöpfung als Frau
umarme! Wer ist diese Frau und wie ist ihr Name? Siehe, Gott, ich sehe,
und was ich sehe ist ein Weltenbaum, der sich durchs ganze Universum
erstreckt. Die Wurzeln des kosmischen Baumes ist die Urmaterie, der
Stamm des kosmischen Baumes ist der sichtbare Stoff, die Zweige des
kosmischen Baumes sind die physischen Körper, die Blätter des
kosmischen Baumes sind die lebendigen Organismen, die Blüten des
kosmischen Baumes sind die menschlichen Seelen, ich sehe sie lächeln aus
den Blüten des kosmischen Baumes, die Früchte des kosmischen Baumes
sind die heiligen Engel. Heiliger Erzengel Michael, bitte für uns! Heiliger
Erzengel Gabriel, bitte für uns! Heiliger Erzengel Raphael, bitte für uns!
Gott, ich fühle meinen Körper. Ich habe erst gedacht, ich bin nur Seele,
mein Körper ist nur ein Kerker meiner Seele. Aber jetzt ist ein Augenblick,
da fühle ich, ich bin Körper. Ich habe das Bewusstein eines Körpers. Ich
bin nicht nur Seele als Substanz, mein Körper ist nicht nur Körper als
Akzidenz, sondern meine Seele drückt sich aus im Körper, der Körper ist
die Gestalt meiner Seele. Jetzt gerade bin ich so sehr Körper, dass meine
Seele sich ganz im Körper ausspricht. Ich habe dir gesagt, dass ich die
Schöpfung liebe, die Idee der Schöpfung als Frau. Jetzt scheint mir diese
Frau als Idee der Schöpfung selbst ein Körper zu sein. Aber ihr Körper ist
ein phantastischer Körper. Ich habe nur in der Idee meiner Seele die
Illusion ihres Körpers. Siehe, Gott, ich liege im Bett der Erde und die Erde
duftet nach dem illusorischen Körper der Frau der Schöpfung. Ich presse
mein Antlitz in das Kissen aus schneeweißen Blüten und rieche mit der
Nase den Duft der phantastischen Frau. Ich wühle mich im Geist in den
Geist des Körpers der Frau der Schöpfung. Ich denke an die Form ihres
Stoffes, ich liege in den Armen ihrer Form, ich bette mich im Schoß ihrer
Form. Es ist allein die Form ihres Leibes in meinem Geist gegenwärtig,
der Stoff der Materie ihres Körpers ist abwesend, nur als phantastische
Idee präsent. Aber da sehe ich die weibliche Idee. Die Idee ist feminin
geworden. Ich sehe ihre feminine Gestalt vor mir im Thron der Schöpfung
thronen als eine Geistfrau, auf ihrem Schoße die animalische Kreatur, die
sich die Pfote leckt, ich meine sie leckte den Schoß der femininen Idee.
Mir scheint die feminine Idee einen Schoß zu haben, einen Körper mit
erotischer Süßigkeit, die animalische Liebe der Kreatur aber schmachtet
nach dem Schoß der femininen Idee. Ich höre die Idee als Frau vor mir von
ihrem Körper sprechen, von ihrer Gebärmutter. Der Uterus der Idee ist
barmherzig und doch auch aller Leiden der Kreatur voll. Das höre ich, wie
die feminine Idee vom Schleim ihres Uterus spricht, der gewandert ist in
die andern Organe und dort Leiden verursacht. Ich höre die feminine Idee
sprechen von der heftigen Blutung ihrer monatlichen Regel. Ich sehe den
Brunnen ihres Blutes aufgetan. Dann spricht die weibliche Idee von einer
Schwangerschaft, aber nicht von einer körperlich-wirklichen
Schwangerschaft, sondern von der geistigen Schwangerschaft ihres
Seelenschoßes, den Wehen ihren Seelenschmerzen, und wie sie sich
verwandelt in eine orientalische Frau, eine Maske der Weisheit, wie sie
Wort wird, Chiffre wird, ihr Name ist Eva, die Mutter der Lebens, die
Mutter aller Lebendigen, die Mutter aller Lebewesen, die schöpferische
Mutter. Mir begegnet in der weiblichen Idee, evoziert von meinem
Körperbewusstsein, die Mutter allen Lebens, die Schöpferin, die Quelle
des Lebens. So führt mich mein einsames Körperbewusstsein zur
mütterlichen Gottheit allen Lebens, die mir erscheint als Jahwe-Eva, die
Mutter des Lebens, die Quelle des Lebens, die Mutter der zehntausend
Wesen, die Quelle allen Seins, der Ursprung alles Lebens, der Urgrund
alles Seins, das ist Gott. So führte mich die Einsamkeit meines
Körperbewusstseins zu Gott, meiner Freundin. Siehe, ich weihe mich dem
Unbefleckten Schoß der Frau! Aber eine Stimme geht mir durch den Sinn:
Feuchtigkeit steigt auf von der Erde und tränkt die Erde. Reine Geister
mögen trunken vom heilignüchternen Wasser keusch reden von dem Eros
Gottes. Aber Gott, wäge mich nicht wie einen Engel auf deiner Wage,
sondern ich bin Lehm vom Ackerboden, ich bin Fleisch! Und fühle ich
nicht den Eros in der Natur? Spüre ich nicht die schwüle Erotik der grünen
Mutter Natur? Dampft nicht der Morgennebel in seiner schwülen Erotik?
Ist nicht der Eros der Natur und der Eros des Menschen wie ein schwüler,
dampfender, fruchtbarer Dschungel? O du heiliger Hain in deinem
Sommermorgen, wie glitzern doch die Tautropfen auf dem Busch! Wie ist
doch im Kelch der Blüte der klebrige Same so lecker! Wie brünstig kommt
mir doch die grüne Mutter Natur entgegen! Wie beben ihre nackten Brüste
vor Wollust! Wie lieg ich doch gebettet im grünen Bett der Mutter Natur!
Wie gieße ich nicht meine seligen Freudentränen aus und schütte all meine
Liebe in ihren Schoß! Wie lockt doch das Weib, die grüne Mutter Natur!
Wie lockt mich doch der scharlachrote Rosenmund und die laszive Boa am
Hals der grünen Mutter Natur! Ja, ich sehe, die grüne Mutter Natur lockt
mich in ihre Venusfalle! Ich will schlafen mit der grünen Mutter Natur! Ich
will ihre Palme besteigen und die Dattelfeigen pflücken! Ich will greifen
nach ihren Traubenbrüsten! Ich will den Weizenbündel ihres Schoßes,
bestickt mit Lilien, lieben mit aller Kraft, allem Gemüt, allem Herzblut,
aller Seele! Berausche mich mit deiner schwülen Erotik, Mutter Natur, und
lass mich berauscht von deiner schwülen Erotik in dampfender Wollust
selig lieben im trunkenen Dschungel des Paradieses! Umarme mich mit
den Lianen deiner Schlangen! Sauge mich in deinen Schoß und lass mich
untergehen in deiner Fruchtbarkeit und auferstehen in paradiesischer Lust
und ewigem Seelenfrieden, selig gebettet am Busen der Mutter Natur,
schauen ins selig lächelnde Antlitz der seligen Mutter Natur! Nun will ich
arbeiten! Nun will ich kultivieren die Gaben der Schöpfung! Nun will ich
eine Kultur der Liebe schaffen! Liebe sei die Sprache des Volkes! Ich
werde in den Erdboden die Furchen meiner Verse ziehen und den See
durchrudern mit den Ruderschlägen meiner Jamben. Ich werde die Erde
schmücken mit Schönheit. Ich werde den Menschen verklären in seine
Gottesebenbildlichkeit und Gott preisen mit dreitausend Psalmen und
viertausend Liebesliedern! Wohlan, Gott, zur Inspiration meiner Arbeit an
der Kultur der Liebe schicke mir die Hilfe, die Frau!
SECHSTES KAPITEL
SIEBENTES KAPITEL
Adam war so entsetzlich einsam! Es traf ihn ein Schrecken von Gott! Vor
Entsetzen, Schrecken und Furcht bebten alle seine Glieder, alle seine
Seelenkräfte zitterten! Adam warf sich unter eine Korkeiche – gut, dass
Gott den Kork erschaffen – und lag da besoffen von namenlosem Jammer!
Seine Seele war so voll von einem schwarzen Meer des Jammers, dass sein
Verstand keine Worte fand für seinen eigenen Schmerz! Er schrie zu Gott:
Die schwarzen Tränen spritzen mir aus den Augen! Mein Herz ist über und
über bedeckt von Wunden und aus tausend Wunden sprudelt das Blut! Sieh
meine Seele, sie ist blutüberströmt! Da versetzte Gott Adams Seele in eine
Trance, in eine Extase! Es war eine Ohnmacht, ein Tiefschlaf, der Adam an
die Grenze des Nichtseins riß! Da riß Gott Adams Seele in den Himmel.
Adam schaute das Antlitz des Messias wie ein unbeschreiblich blendendes
Licht und sah im Spiegel des Antlitzes des Messias die Frau seiner Seele!
Adam stand mit Eva vor dem Antlitz des Messias! Der Messias legte seine
Hände auf das Haupt von Adam und das Haupt von Eva und traute sie vor
aller Zeit im Himmel! Ihre Ehe wurde im Himmel geschlossen! Aber als
Adam in seiner Ohnmacht war wie tot, da schuf Gott allein, ohne Mithilfe
eines Mannes, die schöne Eva. Denn Gott sah: Es ist nicht gut für Adam,
allein zu sein. Ich will ihm eine Freundin geben, die ihm ähnlich ist.
Darum schuf Gott Eva in der Ähnlichkeit Gottes, wie er Adam in der
Ähnlichkeit Gottes geschaffen hatte. Und Gott setzte Adam und Eva
einander gegenüber von Angesicht zu Angesicht. Und Adam schaute das
Gesicht der schönen Eva und erkannte, erfüllt vom heiligen Geist, das
Antlitz Gottes im Spiegel des Gesichtes Evas. Sie ist es! Sie ist es und
keine andre, rief Adam immer wieder, sie ist die Liebe meines Lebens, die
Seele meiner Seele! Sie ist menschliche Natur von meiner menschlichen
Natur, sie ist Persönlichkeit von meiner Persönlichkeit, sie ist Sein von
meinem Sein, sie ist mir ähnlich, von gleicher Würde wie ich, von Gott
unmittelbar geschaffen. Gottes Hand liegt schwer auf mir, doch auf ihr
ruht der Hauch Gottes. Ich bin Isch und du bist Ischa! Ich bin Yang und du
bist Yin! Ich bin Mann und du bist Männin! Ich bin das A und du bist das
B und zusammen sind wir ABBA, wir zusammen bilden einen Namen
Gottes. Ich bin J und du bist H und zusammen sind wir JAH, du und ich
vereint sind ein Name Gottes! Ich bin das A und du bist das O und
zusammen sind wir die Krone der Schöpfung! Ich bin Weisheit und du bist
Einsicht und zusammen spiegeln wir die Krone Gottes! Ich spiegle den
Gottgeist und du spiegelst die Gottnatur und vereinigt spiegeln wir die
Eine Gottheit! Ich bin ein Abglanz der väterlichen Transzendenz Gottes
und du bist ein Abglanz der mütterlichen Immanenz Gottes und zusammen
spiegeln wir das Absolute! Ich spiegle Abba und du spiegelst Imma und
zusammen spiegeln wie die absolute Unendlichkeit des Seienden!
ACHTES KAPITEL
Geliebte Eva, du sagst, du seiest eine Hirschkuh, du sagst, du wolltest gern
einmal eine Katze sein. Süße Eva, du untertreibst! Du bist ein wahrer
Mensch, du bist wahrhaft menschlich! Eva, ich denke, du bist vielleicht ein
Engel oder gar eine Göttin! Aber ich übertreibe, Eva, du bist ein wahrer
Mensch, wahrhaft menschlich! Eva, es wird Menschen geben im
Tränental, die lieben die Tiere, aber hassen die Menschen, Eva, es wird
Menschen geben im Jammertal, die lieben Gott, aber hassen die
Menschen! Wir wollen so nicht lieben, Eva, sondern mit Wohlwollen
betrachten wir die Tiere und mit zärtlicher Barmherzigkeit, und Gott
wollen wir lieben mit allen Kraft, von ganzem Gemüt, von ganzem
Herzen, mit der ganzen Seele, und den Menschen lieben, wie wir uns
selber lieben. Eva, du sollst dich selber lieben, wie du den Menschen
liebst, denn du bist wahrhaft menschlich. Eva, ich liebe dich noch mehr als
mich selbst, denn du bist für mich der wahre edle Mensch. Es wird
Menschen geben, deren Antlitz entstellt ist von Herzenshärte und Bosheit,
so dass man verzagen könnte am Menschen, es wird Menschen geben von
solch einem skrupellosen Egoismus, dass man fast zum Menschenfeind
wird, wenn dann nicht der Gedanke an Eva wäre: Eva ist Mensch, wahrer
Mensch, edler Mensch, wahrhaft menschlich, Eva offenbart die Güte des
Menschen, das wesentliche Gutsein der Schöpfung des Menschen Ja, als
Gott die Frau geschaffen, sprach er: Siehe, es ist sehr gut! Über alle andere
Kreatur sprach der Schöpfer: Siehe, es ist gut! Aber als wir erschaffen
worden sind, du und ich, Adam und Eva, da sprach Gott: Sehr gut! Du bist
von ausgezeichneter Qualität, außerordentlich gut und schön und
wahrhaftig! Gott schaut mit Wohlgefallen auf dich! Wertschätzung Eva!
Ich will dir eine Litanei der Wertschätzung singen! Wertschätzung heißt
Agape, die göttliche Liebe! Die göttliche Liebe heißt Wertschätzung!
Wenn ich dich liebe mit Wertschätzung, lieb ich dich mit göttlicher Liebe!
In Gottes Liebe ist keine Geringschätzung, keine Verachtung, kein Hohn,
kein Spott, in Gott ist kein Fluch und kein böses Wort, in Gott ist kein
Lästern und Schmähen! Gott hat solche Wertschätzung für den schönen
Menschen Eva, dass er nichts kann als lieben und segnen! Ich habe solche
Wertschätzung für dich, Eva, weil du groß bist wie die andere Hälfte des
Universums! Ich habe solche Wertschätzung für dich, Eva, weil deine
Seele mich die Weltseele ahnen lässt! Ich habe solche Wertschätzung für
dich, weil du für mich ein Gleichnis für das Leben, ja, für das ewige Leben
bist! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du die Güte Gottes
spürbar machst! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du die
Menschenfreundlichkeit Gottes abspiegelst! Ich habe solche
Wertschätzung für dich, weil du der Spiegel der göttlichen Schönheit bist!
Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du die außerordentliche Güte
des Menschseins mir immer wieder darstellst, so dass ich an das Gutsein
des Menschen immer wieder glaube, wenn ich manchmal daran
verzweifle! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du die hohe
menschliche Würde der Frau verkörperst und den Genius der Frau! Ich
habe solche Wertschätzung für dich, weil du das Ewigweibliche bist, dass
mich hinanzieht zur göttlichen Liebe! Ich habe solche Wertschätzung für
dich, weil dein Antlitz von Anmut übergossen ist! Ich habe solche
Wertschätzung für dich, weil deine Lippen wie tropfender Balsam sind!
Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil dein lieber Leib ein Leib ist
aus Glanz, an dem ich meine Himmel entzünde! Ich habe solche
Wertschätzung für dich, weil dein geliebter Körper ein sichtbarer Ausdruck
deiner vielgeliebten unsichtbaren Seele ist und mir Verheißung eines
ewigen Paradieses im ewigen Leben ist! Ich habe solche Wertschätzung für
dich, weil ich in deinem Lächeln das charmante Lächeln der
Himmelskönigin sehe! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil dein
Antlitz ein Spiegel ist des femininen Antlitzes Gottes! Am Anfang war die
Liebe! Aber welche Liebe, liebe Eva? Siehe, es werden neunmalschlaue
zerstreute Professoren kommen und dir erzählen, am Anfang lebten die
Menschen fast wie Gorillas, sie lebten in einem urheidnischen
Sexualkommunismus. Sie werden sagen, am Anfang war der
Sexualkommunismus und am Ende der Zeiten wollen die
Sexualrevolutionäre den Sexualkommunismus wieder herstellen. Was ist
Sexualkommunismus? Der Mensch liebt nicht einen andern Menschen als
Person in einzigartiger Persönlichkeit. Der Mann sagt nicht: Sie ists! Sie
ist allein und für immer die Frau meines Lebens! Nein, im
Sexualkommunismus bekennt der Mann: Ich will alle Leiber aller Weiber
benutzen, um selbst meinen animalischen Trieb und sexuellen Appetit zu
befriedigen! Ist das Liebe? Nein, das ist des Menschen nicht würdig!
Siehe, wenn der Hahn in seinem Hühnerharem stolziert und ihn ein Trieb
anfällt und es ihn juckt, dann bespringt er wahllos irgendeine von den
Hennen, welche gerade da ist, und vögelt sie kurz durch, lässt sie mit
zerrupftem Gefieder zurück und spaziert gleichgültig, eitel und
selbstverliebt weiter durch den Garten, sich um die Henne nicht weiter
kümmernd. Aber das ist in Ordnung. Gott hat sein Wohlgefallen an der
Vögelei des Hahnes, der Hahn liebt so, wie Gott es ihm zugeteilt, er erfüllt
das Gebot Gottes. Aber wenn ein Mann wie ein Hahn wahllos
irgendwelche Weiber von hinten besteigt, sie packt am Genick und vögelt
und dann weggeht und die Weiber vergisst, so versündigt sich der Mensch
an seiner eigenen Menschenwürde und an der Menschenwürde des Weibes.
Und wer sich an der Menschenwürde des Weibes versündigt, versündigt
sich an Gott, dem Ursprung der Menschenwürde des Weibes! Was ist aber
menschenwürdige Liebe? Siehe, diese war im Anfang. So steht es
geschrieben: Am Anfang war menschenwürdige Liebe, nämlich
Gemeinschaft von Personen. Gemeinschaft, das heißt Kommunion.
Kommunion von zwei Personen ist nicht Kommunismus von zahllosen
animalischen Trieben. Kommunion ist nicht Kommunismus! Kommunion
ist Gemeinschaft von Person und Person, Kommunion ist Vereinigung von
Person und Person. Person ist eben der ganze Mensch. Ich liebe nicht
wahllos irgendwelche Leiber, die zur Selbstbefriedigung meines sexuellen
Appetits dienen, sondern ich liebe einen einzigen Menschen und
ausschließlich diesen einen Menschen und zwar für immer, ja, ich sage, bis
in Ewigkeit! Denn dieser eine Mensch, diese eine Frau in ihrer
Geistperson, in dem Reichtum und Wert ihrer Seele und in der Schönheit
ihres Körpers ist die Person, die ich liebe! Es ist so, dass ich diese Frau
liebe, mit Geist und Seele und Leib, mein Geist liebt ihren Geist, meine
Seele liebt ihre Seele und mein Körper liebt ihren Körper. Meine
menschliche Natur liebt ihre menschliche Natur. Meine
Gottesebenbildlichkeit liebt ihre Gottesebenbildlichkeit. Ich dachte, Eva,
es werden Menschen kommen, da sagt der Mann: Ich suche eine Frau, da
hab ich einmal eine Frau geliebt, aber sie liebte mich nicht, es ist nichts
aus uns geworden, darum hörte ich auf sie zu lieben und suchte mir eine
andere Frau, die mich liebte, die liebte ich auch, da wurden wir ein Paar
und bekamen Kinder. Ist das Liebe, Eva? Ist Liebe eines Mannes zu einer
Frau, die aufhört, Liebe zu sein, wenn sie keine Gegenliebe findet, ist das
dann wahre Liebe? Oder nannte der Mann das Liebe, was in Wahrheit nur
Hunger nach Geliebtwerden war? Und als er geliebt wurde, da meinte er
dann, die Liebe gefunden zu haben? Ich meine, Liebe ist Liebe und bleibt
Liebe, auch wenn sie keine Gegenliebe findet! Das ist Liebe! O meine
auserwählte Herrin Eva! Ich kam in den Garten Eden, da sagtest du
scherzend: Ich bin wie eine Hirschkuh, voller Anmut und Schönheit und
zärtlicher Mutterliebe! Aber in der Nacht bin ich eine aztekische
Sexgöttin! Da bin ich eine nackte Göttin, die mit der Schlange tanzt! Es ist
doch immer dasselbe! Dabei bin ich gar nicht sexbesessen und wie eine
läufige Katze hinter dem Beischlaf her! Ich sagte: Meine auserwählte
Herrin, deine Aura ist so geladen mit sublimer Erotik, dass alles knisternde
Funken sprüht um dich! Du bist die Frau mit dem höchsten Grad von
Sexappeal! Du bist so sexy, wie kein andres Weib es jemals sein wird! Du
bist eine Mega-Sexbombe, und dein Feuer ist wie Napalm in meiner Seele,
selbst der Pazifische Ozean kann das Feuer nicht löschen! Da sagtest du:
Ich geh mal eben unter dem Wasserfall duschen, mach es dir gemütlich im
Garten Eden! Da sah ich dich, Geliebteste, mehr als geliebte Eva, nackend
unter dem Wasserfall duschen! Dein Leib war weiß wie eine Lilie! Deine
Haare waren schwarz wie Ebenholz! Deine Augen waren Mandelaugen,
Meteoriten, blaublitzende Abendsterne! Dein Lippen waren rosinenfarben!
Deine Nase war die Nase eines stolzen Adlerweibchens! Mein Adlerweib,
ich bin dein Adlermann, zusammen schauen wir in die Sonne des Antlitzes
Gottes! Deine Wangen glühten rot wie wilder Mohn! Deine Brüste waren
wie Magnolienblüten schön gewölbt! Das Muttermal auf deiner linken
Brust war ein keusches Siegel Gottes! Deine Schenkel waren gebogen wie
Juwelenspangen, Werke eines meisterlichen Goldschmieds! Deine Füße
waren nackt und weiß wie Soyasprossen! Deine Perlmutterzehen waren rot
wie Henna, die Blüte der Zypertraube! Da sah ich die aztekische
Sexgöttin, da sah ich die Aphrodite nackt im Bade! Ich sagte: Du bist die
Venus, aber nicht die Venus Frigida! Du tratest aus dem Wasserfall, deine
langen schwarzen Haare waren gelockt, deine Wangen glühten wie der
wilde Mohn, du reichtest mir die pralle Mangofrucht mit ihrem süßen
Fleisch, und als du mir die pralle Mango reichtest, rührtest du zärtlich
meine Finger an mit deinen zarten Fingern! O diese zarte Berührung
deiner Finger, ich träume davon den Rest meines irdischen Lebens, wie
deine Finger meine Finger berührt! Göttin in Menschengestalt, ich küsse
die Spitze deines kleinen Fingers! Wenn ich aber reflektiere im Gebet, wer
mir begegnet in dir, so ist es Gott als die
Lebendige Liebesflamme! Ich stand vor der Lebendigen Liebesflamme,
sie brennt in mir und doch verbrenn ich nicht zu Asche! Ich dachte: Gott
ist die Weisheit, da dachte ich: Gott hat mir Weisheit gegeben! Doch nun
scheint mir: Gott ist die Lebendige Liebesflamme und ich bin töricht vor
Liebe wie ein Narr, der blutige Tränen weint und vor Seligkeit
Freudentränen ausschwitzt! Ich bin sprachlos vor deiner allmächtigen
Schönheit!...
NEUNTES KAPITEL
Ich bin der Mensch. Ich bin allein vor Gott. Es werden Dichter und Denker
kommen, die suchen die Urpflanze mitten in der Vielfalt der Pflanzenwelt,
es werden Dichter und Denker kommen, die sagen: Die Urpflanze ist allein
Idee. Es werden Dichter und Denker kommen, die suchen den Urmenschen
mitten in der Vielfalt der Menschen, aber andre Dichter und Denker
werden sagen: Es existiert der Urmensch allein in der Idee. Da werden
Anhänger einer Geheimlehre sagen: Wir sahen den Urmenschen, wir
nennen ihn Adam Kadmon. Der Lebensbaum steht nicht im grünen Garten
Eden, der Lebensbaum ist im Innern des Urmenschen Adam Kadom, ja,
Adam Kadmon ist der Lebensbaum der Selbstoffenbarung Gottes. Sein
Scheitel ist die Krone der Selbstoffenbarung Gottes, Weisheit und Vernunft
sind seine beiden Augen, Gnade und Kraft sind seine beiden Arme, die
Schönheit ist seine Brust, Festigkeit und Pracht sind seine beiden
Schenkel, das Fundament und das Reich sind seine Füße. Die Krone seines
Scheitels reicht an das Unendliche, das Göttliche, das Reich aber ist das
Himmelreich Gottes mitten in der Welt, ist die mütterliche Immanenz
Gottes in der Schöpfung, das geheimnisvolle Königreich Gottes auf Erden.
Dieses Reich nennt man auch die Einwohnung oder die Hütte, es ist die
weibliche Nähe Gottes zu seinen Geschöpfen und Kindern. Adam Kadmon
hat nämlich eine männliche rechte Seite und eine weibliche linke Seite, die
sich verbinden zu einer kindlichen Mitte. Das linke Auge des Verstandes
und das rechte Auge der Weisheit werden Vater und Mutter genannt und
spiegeln Gottes Angesicht ab. Das Fundament wird allerdings auch das
Geschlecht Adam Kadmons genannt in der Idee, das auch das Geschlecht
des Menschen eine geheimnisvolle Selbstoffenbarung der Schöpferkraft
Gottes ist. Adam Kadmon also, der einsame Urmensch, steht vor Gott als
Gottes Ebenbild. Adam Kadmon als Idee des Menschen inkarniert nun auf
doppelte Weise, nämlich im Geschlechtswesen der männlichen
Leiblichkeit und im Geschlechtswesen der weiblichen Leiblichkeit, in Isch
und Ischa, Mann und Frau. Isch und Ischa sind zwei Inkarnationen der
einen Idee des Urmenschen. Zwischen ihnen besteht ein geheimnisvoller
Magnetismus der Liebe. Diesen Magnetismus der Liebe nannte
Empedokles Philia, die göttliche Freundschaftsliebe, die das All im Innern
zusammenhält, dagegen der Streit die Elemente scheidet. Aber diese
göttliche Philia oder Ewige Freundschaft ist wie eine Anziehungskraft des
Magneten und verbindet Adam und Eva. Adam bekennt: Eva, dein
weibliches Wesen und deine weibliche Erscheinung ziehen mich
unwiderstehlich an wie ein Magnet das Eisen anzieht! Wie könnte ich
widerstehen deiner unwiderstehlichen Anziehungskraft, dem Magnetismus
deiner Schönheit, deiner Güte! Dieser unwiderstehliche Magnetismus ist
die Anziehungskraft der Ewigen Freundschaft, sie zieht mich zu dir, sie
reißt mich zu dir hin! In der Macht der Ewigen Freundschaft bist du
attraktiv, anziehend, einfach hinreißend! Hinreißend schön bist du, Ischa
Eva! Aber ich sehe einen Mann, der löst sich vom Vater und von der
Mutter. Der Mann nimmt Abschied vom Vater: Unseren Vater nennen die
Menschen den Geldgott. Sie verehren ihn in einer goldenen Säule, in
einem Goldpokal von phallischer Form. Sie sagen Unser Vater zum
Geldgott und preisen ihn als Seligmacher! Er allein erzeugt die Lust und
den Genuß der Welt! Durch die Gnade des Geldgottes gewinnt der Mensch
die ganze Welt, bis an die Enden der Erde! Der Vater Geldgott ist nach
ihrer Weisheit der vollkommne Pädagoge, entzieht er seine Gnade, so straft
er das Kind, und spendet er seinen Reichtum, so segnet er das Kind. Der
Sohn, der reich geworden ist in dieser Welt ist offenbar gesegnet von
Unserm Vater Geldgott. Die Armen aber und die Elenden und die Bettler
leben als Verfluchte, angespien vom Vater Geldgott! Schäme dich, du
Armer in deinen Bettlerlumpen, der Vater Geldgott hat dir ins Angesicht
geschlagen und ins Angesicht gespuckt. Freude dich, geliebter Sohn in
deinem Reichtum dieser Welt, du bist der Liebling des heiligen Vaters
Geldgott, du bist der Schatz seines goldenen Herzens und der Augapfel
seines glänzenden Auges! Dieser Vater Geldgott regiert die Welt und ist
der wahre Monarch der theokratischen Weltmonarchie, der oberste
Weltkaiser von göttlicher Würde ist der heilige Geldgott selbst, er ist der
Vater der Götter und Menschen, der goldenen Regen als Gnade sendet und
die Erde fruchtbar macht an reichen Lüsten zum Genuß! Ich aber bin allein
und sage mich als einsamer Frommer von diesem goldenen Stier los! Der
goldene Stier, der goldene Phallus, der Geldgötze ist Staub vom Staub, ist
eitel und nichtig! Ich glaube an den lebendigen Gott der ewigen Liebe!
Stoßt mich nur aus aus euren Gemeinschaften und jagt mich wie einen
Hund von euren Türen, treten mich mit Fäusten, verlacht, verspottet,
verhöhnt, verschmäht mich, schlagt mir ins Gesicht, speit mir ins Gesicht,
reißt mir bei lebendigem Leib das Herz aus der Brust und opfert es eurem
Götzen, aber ich allein bin übrig geblieben auf Erden, der den Gott der
Liebe anbetet und neben dem Gott der Liebe keinen Gott bekennt! Wer ist
der Gott der Liebe? Es ist der Herr! Der Herr ist der Gott der Liebe! Der
Herr ist Gott, mein Gott! Ich bin zum Bettler geworden, zum Bettelmönch,
ein Bettler bin ich, ja, ein Bettler um Gottes Liebe! Ich nehme Abschied
von meiner Mutter. Heilige Mutter nennen sie die Hygienegöttin! Sie
verachten die Unbefleckte Jungfrau und preisen lieber die Hygienegöttin.
Mystiker nennen die Hygienegöttin Frau Saubermann und wählen sie zur
mystischen Ehefrau! Die Hygienegöttin spricht: Ich bin Frau Saubermann
und meine Weisheit ist: Halte den Becher von außen rein, ob er im Innern
auch voll Geldgier, Fluch, Lästerung, Unzucht, Ehebruch, Kindermord und
Götzendienst ist, du bist rein, wenn dein Becher von außen rein ist!
Wasche dir die Füße, damit du rein bist, aber wasche dir auch die Hände!
Lass deine Kleider immer sauber sein und dein Haar gesalbt, dann wirst du
auch geliebt! Wenn dein Becher von außen sauber ist, wirst du eine Dame
finden, die dich liebt und dir die Becher sauber hält. Wenn du aber von
innerer Reinheit sprichst und prahlst mit deinen inneren Reinigungen, so
halte ich dir vor: Was nützt dir all deine innere Reinheit, wenn du äußerlich
schmutzig bist? Die Hygienegöttin spricht: Achte auf dein Essen, iss nur
Gesundes, und pflege deinen Körper, denn der Mensch ist Körper und
wenn der Körper verdirbt, ist der Mensch nicht mehr! Vor allem segne dich
Gott mit Gesundheit, denn ohne Gesundheit ist alles nichts! Die
Gesundheit ist das Höchste Gut! Mögest du lange leben auf Erden und
glücklich sein in einer saubern Wohnung und in einem gesunden Körper,
dann bist du schon auf Erden wie im Himmel. Füge deinem Körper keine
Schmerzen zu durch Fasten und Opfer. Wenn du unbedingt fasten willst,
dann faste für die Gesundheit deines Körpers. Iß Würmer aus dem Orient
und kein Fleisch von Stieren und Böcken, dann wirst du tausend Jahre alt
und siehst noch so blühend aus wie ein zweiundzwanzigjähriger Jüngling!
Was kümmert dich Gott und Gottes Geist? Den Atem sollst du regulieren,
dann wirst du als ein Greis von schneeweißen Haaren aussehen wie eine
eben erblühte Pfirsichblüte! Aber vor allem ehre deine Mutter! Hebe die
Hygienegöttin auf einen Thron und bete sie an! Aber ich bin eine
eifersüchtige Muttergöttin! Wenn du neben oder über mir eine andre
Mutter ehrst und meine Mutterliebe kalt wie Eis nennst und preist in
höchsten Tönen die himmlische Mutterliebe der Großen Mutter Gottes, so
nimm dich in Acht vor meiner Schlangenzunge und meinem
Skorpionstachel, ich werde dich töten! Geh mit Gott, aber geh, Frau
Saubermann, ich habe mich entschieden, kynischer Philosoph zu sein! Wie
Sankt Diogenes wälz ich ohne Unterlaß mein Faß! Aber nun, da der Mann
Vater und Mutter verlassen, spricht er sein entschiedenes Ja zur Frau: Frau
meines Herzens, die Frau bist du, die Frau an sich, die Frau an und für
sich, zu dir allein sprech ich für immer mein Ja! Wer bist du, Frau? Du bist
die Frau, die nichts trägt als die Strahlen der Sonne! Die makellose
Jungfrau des Mondes! Das Weib im Sternenrock! Ich bin dein Adler, deine
Feder, dein Schwanz! Was, o himmlische Frau, was ist mit den Sündern
los? Du bist gekommen aus dem Himmel, um ein Ende zu machen mit den
satanischen Götzen! Aber ich sehe die Weiber wieder beten zur satanischen
Göttin der Scheiße! Ja, schreien sie, die heilige Hure lehrt uns die Unzucht
der freien Liebe! Wir liebten einen Mann mit heißer Leidenschaft und
großem Unglück, und er verließ uns, wir liebten viele Männer mit dem
Körper, aber nicht mit dem Herzen und der Seele, wir liebten Männer, die
uns gleichgültig waren, und haben sie alle verlassen, wir lebten mit
Männern in Unzucht als Konkubinen zusammen und sie betrogen uns,
dafür wählten wir uns neue Männer und lebten mit ihnen in Unzucht als
Konkubinen zusammen und betrogen unsre Männer mit andern Männern,
wir reisten von Land zu Land und ließen uns von wildfremden Stieren
bespringen, jedem spreizten wir die Beine! Das ist freie Liebe, im Namen
der heiteren Unzucht beten wir die Sexgöttin an, sie, die da heißt die
Große Göttin der Scheiße! Ave Neue Eva! Doch du bist erschienen in
immerwährender Jungfräulichkeit mit der Jungfräulichkeit vor und in und
nach der Geburt des Sohnes Gottes, um die Herrschaft der satanischen
Göttin der Scheiße und des satanischen Gottes der schwarzen Magie zu
beenden, du bist erschienen, Neue Eva Morenita, um den Menschenopfern
an die menschenfressenden Götter ein Ende zu machen und uns Christi
vollkommenes Opfer an den Vater zu schenken und die eucharistische
Speise des Leibes und Blutes Christi für die Erlösung der Menschen vom
Tode! Völlige Verkehrung! Du, Neue Eva, Morenita, Frau im Kleid aus
nichts als Licht, du bist die, die uns schenkt das Opfer Gottes für die
Menschen! Aber die Neuen Heiden beten zur Anti-Frau! Die Anti-Frau ist
die Göttin
der Scheiße, die Göttin der Hurerei, die Göttin der blutigen
Menschenopfer an die Götter, die geil sind, Menschenfleisch zu fressen!
Hilf uns, Frau, hilf uns und erlöse uns von der Anti-Frau! Du hast gesagt, o
Neue Eva: Mein reines Herz wird siegen! Ich werde euch führen ins
Paradies! Darum vertraue ich mich dir an, o Frau, und widersage der Anti-
Frau und all ihrer Pracht und Herrlichkeit! Ich sage mich los von der Anti-
Frau und gelobe in einem Verlöbnis, der Frau allein ganz und gar zu
gehören, als ihr geringster Sklave, als ihr Eigentum für Zeit und Ewigkeit!
Heil Frau! Ich liebe dich, du Liebe Frau! Ich bin ganz dein und sage für
immer dir und allein dir mein eheliches Ja-Wort, Amen!
ZEHNTES KAPITEL
Ich muss die armen Witwen trösten, den armen Waisenkindern ihr Recht
verschaffen, ich muß den Sterbenden die Hand halten und die Gottlosen
vor der Hölle retten, alles das muß ich, aber zuerst einen Gruß der nackten
Eva im paradiesischen Garten Eden! Gruß zuvor und Liebe von Gott! O
der Garten Eden, o das verwunschene Paradiesgärtlein! Sommer ist, Sankt
Johannis, Hochsommer, Eva nackt und Adam nackt im Paradies! Eva
wandelt wie eine Königin mit den Reichsäpfeln ihrer bebenden Brüste
durch den Garten! Ihre Brüste beben und zittern, sie sind wie Bälle aus
weißem Marmor, wie Zuckerberge, wie Milch und Honig! Wie presst sie
mit den Armen die Brüste zusammen, dass sie noch voller und wollüstiger
erscheinen! Wie liebt Adam das Muttermal auf der linken Brust Evas, das
Zeichen Gottes! Wie liebt er ihre runden weißen Arme und die schlanken
Schultern! Wie möchte er von diesen nackten Armen umfangen und
gedrückt werden an den süßen Busen! O wie liebt er ihren schönen
Rücken, wenn Eva sich nach vorne bückt, wie möchte er dann umfangen
ihren schönen Rücken, sein Entzücken! Wie liebt er auch den schönen
schlanken Schwanenhals, den langen schlanken Hals der weißen
Singschwanin! Wie möchte er zärtlich berühren mit Küssen seiner Lippen
den zärtlichen Hals! Wie liebt er ihren Bauchnabel, in welchem eine Perle
ruht, wie möchte er Honig füllen in Evas Bauchnabel und schlecken den
süßen Honig aus dem Kelch des Nabel, lecken an der Muschel voll Honig!
Wie liebt er die Purpurmuschel in dem schwarzen Busch, der zwischen den
Alabastersäulen ihrer kraftvollen Beine verborgen duftet! Wie liebt er ihre
Nacktheit, wenn sie aus dem Wasserfall hervorkommt und ihre langen
schwarzen Locken schüttelt, die sie mit Henna der Zypertraube rot gefärbt,
wie liebt er es, wenn ihre langen schwarzen Haare auf ihre Brüste fallen
und fallen bis zu ihrem Schoß! Wie liebt er es, wenn ihm ihre Brüste
entgegenquellen und ihm wie heilige Kühe trösten, wie zwei
Muttergöttinnen! Wie liebt er es, wenn ihre Schenkel sich biegen wie
goldne Juwelenspangen, Meisterwerke des göttlichen Goldschmieds! Wie
liebt er es, das göttliche Dreieck zu schauen, die Purpurmuschel im
schwarzen Busch, das göttliche Dreieck der Liebe, das Delta der nackten
Eva! Wie will er sie lieben und beschenken und beglücken! Wie will er sie
betten im Thron des Gartens auf dem Lager von dunkelgrünem Moos aus
Samt der Natur und salben mit dem Salböl Ylang-Ylang und lieben und
beschenken und beglücken und sich ihr schenken zum wahren Genießen
seiner Liebe! Wie will er sich schenken, hingeben, ganz verströmen in ihr
Inneres und sie erfüllen mit all dem heißen Blut seiner inbrünstigen
Ganzhingabe! Wie will er sie lieben, bis sie jauchzend auffährt in den
dritten Himmel, das Reich der katholischen Venus, da die Liebenden leben
in Palästen und in Orangenbaumgärten auf dem Morgenstern! Er will sie
so lieben, bis sie jauchzend auffährt wie eine Lerche in den Himmel der
Schönen Liebe Gottes, in diesem einen Augenblick der Verschmelzung, da
nackte Lust mit nackter Lust verschmilzt in einem ewigen Augenblick der
Extase und sie den Lebensbaum Gottes küssen und umfangen! Er will sie
hinanlieben bis zur göttlichen Vereinigung, da im gemeinsam genossenen
Wollustrausch der Extase ihr Jubelbaum im Himmelsparadiese Gottes steht
und jauchzt! Eva, wenn ich dich nackt sehe, nackt bis auf die weiße Haut,
nur bekleidet von deinem schwarzen Haupthaar und schwarzen
Schamhaar, ganz ohne feigenblatttgrünen Evas-Slip, dann glaube ich, die
Lust sei das Höchste Gut! Aber alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe
Ewigkeit! Eva, du bist mir von Gott geschenkt als eine Verheißung auf die
Ewige Lust, die Ewige, Ewige Lust! Das ist deine Gnade, die Gott dir
schenkt, du splitternackte Eva im verwunschenen Paradiesgärtlein, das du
mir eine göttliche Verheißung bist auf Paradiesische Wollust und Lust in
Ewigkeit! – Eva, warum folgst du nicht Gottes Wort? Warum verwirfst du
Gottes Wort und lauschst lieber den okkulten Dämonen? Siehe, die
okkulten Dämonen sagen: Eva, du bist eine Göttin! Aber, Eva, du wirst
nicht Göttin sein, sondern Nichts, du wirst sterben den leiblichen und den
ewigen Tod, wenn du Gottes Liebe verwirfst! Siehe, der Liebende ist ein
Eifersüchtiger! Eifersüchtiger ist der Name des Herrn, der dich liebt, der
dich begehrt und um deine Liebe bettelt! Tag um Tag schleicht der Herr
liebeskrank vor die Tür deines Herzens und klopft schüchtern an und
bittet: Eva, Eva, laß mich ein! Eva, Eva, nimm mich auf! Ach, Eva, warum
ist dein Herz hart geworden wie Stein und warum ist dein Herz
verschlossen dem Liebenden, der um deine Liebe wirbt, der um deine
Liebe bettelt? Er wird sich noch aufhängen an einem Baum und sich selber
bohren die Lanze in sein Herz und verblutend wird seine Seele schreien:
Eva, Eva, ich liebe dich wahnsinnig! So stirbt er! Eva, du Mörderin des
Herrn, kehre um, kehre um und widersage den okkulten Dämonen! Siehe,
der Liebende ist erstanden und kommt, siehe, da ist er, Eva, jetzt tut ihm
auf, Eva, jetzt ist er in dir drin, Eva, jetzt vereinigt er sich in dir mit deiner
Seele wie ein Bräutigam mit seiner Braut im Brautbett deiner Seele!
Halleluja, Eva und der Liebende sind vereinigt und eins! Wer ist der
Eifersüchtige, wer ist der Liebende? Es ist der Herr, der Herr ist Gott! Gott
ist ein wahrer Künstler und als seine beiden Meisterwerke schuf Gott der
Künstler die nackte Frau und den nackten Mann. Am dritten Tag zur
fünften Stunde nachmittags schuf am zweiten Tag des neunten Monats
Gott der Künstler die schöne Venus von Florenz! Am siebenten Tag des
neunten Monats schuf am ersten Tag der Woche zur fünften Stunde des
Morgens Gott der Künstler den nackten David von Florenz! Die nackte
Venus von Florenz und der nackte David von Florenz sind von Gott für
einander geschaffen, für einander bestimmt, sie feierten Hochzeit im
Frühlings des Neuplatonismus! Doch Adam spricht: Mein Evalein, du hast
dir aus grünen Feigenblättern manchen grünen Slip gemacht, warum?
Warum darf ich dich nur noch im Slip erblicken? Warum darf ich nicht
mehr den schwarzen Busch mit der Purpurmuschel sehen, das Delta der
Venus zwischen deinen blanken Schenkeln? Eva flüstert: Ich schäme mich
vor dir! Mein Schoß ist unrein wie die Monatsblutung der Frau! Mein
Schoß ist befallen von einer Krankheit! Ich kann das Wasser nicht mehr
halten und es läuft mir der Urin mit Blut gemischt aus meiner Scheide,
darum schäme ich mich vor dir. Aber, Adam, du bist ja noch viel
schlimmer! Ich stehe immerhin bis auf den feigenblattgrünen Slip noch
nackt vor dir, doch du! Du trägst immer einen Lammfellmantel, warum?
Adam flüstert und errötet: Ich schäme mich vor dir! Denn seid wir nicht
mehr deine vegetarischen Mittagsessen speisen im Garten Eden, schlacht
ich mir täglich einen Hahn, vom tierischen Fett bin ich selber so fett
geworden, ich schäme mich des fetten Bauches, du darfst mich nackt nicht
sehen, du würdest mich gewiss verachten! Eva flüstert: Ich würde doch so
gern im Sommer baden an den klaren Wassern im Süden des Paradieses!
Was brauche ich dazu? Erlaubst du mir, nackt zu baden? Adam schaute
Eva an und glühte: Oh, sie noch einmal nackt im Bade zu sehen! Aber er
hauchte: Du brauchst Gottes Wort für dein Herz und deinen
feigenblattgrünen Slip für deine Scham! Mehr brauchst du nicht! Nimm
Gottes Wort und den Evas-Slip mit in den Sünden des Paradieses und dann
bade deinen schönen Leib in der Glut der Sonne! Eva sagte: Was ist
Scham, wann ist sie entstanden, und ist die Schamlosigkeit ein
Paradiesgefühl? Adam sagte: Ich habe mich im Paradiese nicht geschämt,
mit dir nackt zu liegen im Garten Eden! Aber seid du den okkulten
Dämonen gehorcht und ich dir geglaubt, du seiest eine Göttin, seitdem
schämen wir uns voreinander und verhüllen unsre paradiesische Nacktheit!
Ach, ich muss dir bekennen und dich um Verzeihung bitten: Verzeihe mir,
dass ich dich begehre! Verzeih mir meine begierlichen Blicke! Verzeih mir
meine begierlichen Träume! Verzeih mir, dass du mir ein Lustobjekt
geworden bist, ein Sexidol für meine Selbstbefriedigung! Ach, ich kann
nicht anders! Und Adam verschwand im Busch und verbarg sich, und seine
Samen ließ er tropfen auf die Erde. Da rief ihn Gott! Und Gott sprach
lange mit Adam über Eva, Gott verzieh Adam all seine Sünden und
segnete Eva und verhieß Adam und Eva ein gemeinsames ewiges Leben!
Da neigte sich vom Himmel eine Freundin und sprach: Je suis la
Bienheureuse Evelyne de Liège! Siehe, ich liebte nur einen Geliebten, der
war mein Bräutigam! Ich liebte ihn so sehr, dass ich mich einschloss in
eine Kammer gleich neben dem Haus des Geliebten! Ich war Tag und
Nacht für ihn da und stand allezeit für ihn bereit! Jeden Tag vereinigte ich
mich mit ihm! Und wenn ich mich gerade nicht körperlich mit ihm
vereinigte, so vereinigte ich mich in meiner Phantasie mit ihm! Aber
allezeit starrte ich ihn an und betete seinen heiligen Körper an! Ja, ich
beschwor das Oberhaupt der Menschheit, eine große Feier einzurichten, da
die ganze Menschheit feiert den Körper meines Geliebten! Nun bin ich in
Ewigkeit vermählt mit meinem Geliebten, ich bin ganz eins mit ihm! Er
beglückt mich unendlich, er beglückt mich so sehr, dass ich die Seligkeit
nicht mehr in menschlichen oder englischen Worten aussprechen kann! Du
fragst, wie heißt dein Geliebter? Ich sage dir, sein Name ist: Der Neue
Adam! Ich, Sankt Evelin, habe mich vermählt mit dem Neuen Adam! Ach,
Adam muss immer weinen! Heulen! Schreien in die Nacht! Auf dieser
dunklen Erde, in dieser flüchtigen Zeit, in dieser schmutzigen Welt regiert
der Hass! Sie hassen mich alle! Es hassen mich die Väter und die Mütter!
Es hassen mich die Männer und die Frauen! Es hassen mich die Söhne und
die Töchter! Es hassen mich die Reichen und die Armen! Es hassen mich
die Klugen und die Dummen! Es hassen mich die Schönen und die
Hässlichen! Es hassen mich die Kranken und die Gesunden! Genug, sie
hassen mich alle, und die Hunde hassen
mich und die Katzen hassen mich! Aber diese Zeit ist ein Augenblick! Am
Morgen blüht das Gänseblümchen, am Mittag scheint es herrlich, am
Nachmittag welkt es und am Abend ist es tot! Heil, mein Tod, mein
Heiland! Dann bringt mich mein Heiland Tod in die Arme meiner einzigen
Geliebten, in die Arme der Ewigkeit! Ich liebe allein die Ewigkeit! Die
Ewigkeit ist ein Weib und wird mich lieben! Ja, Gott hat es mir verheißen:
In der Auferstehung eurer Leiber wird die Ewigkeit dich lieben wie ein
himmlisches Weib! Laß dich umarmen, geliebte Ewigkeit! Laß dich
küssen, geliebte Ewigkeit! Laß mich ruhen in deinem Schoße, geliebte
Ewigkeit! Komm, stöhnt die Ewigkeit, komm mit der Auferstehung des
Fleisches in meinen Schoß, ich liebe dich, Geliebter! In meinem Herzen,
bekennt die Ewigkeit, ist nichts als göttliche Liebe, ewige Liebe,
bedingungslose Liebe, feurige Liebe, und mit meiner brennenden und
grenzenlosen Liebe werde ich dich lieben! So sei doch lustig, denn der Tag
des Todes ist gewiss! Die Welt ist nichts für dich, du liebe nur die
Ewigkeit! Sage jetzt dein eheliches Ja zur Ewigkeit! Gib der Ewigkeit
einen Kosenamen und nenne sie zärtlich: Ewi... Und Ewi flüstert: Ich bin
ganz dein... Und da gab Sie mir den Ring der Ringe, den Ring der
mystische Vermählung mit Ihr.
ELFTES KAPITEL
Eva spricht: Meine Scham, mein sexuelles Schamgefühl ist nur ein Schutz
für meine schwache, liebesbedürftige Weiblichkeit. Ich bin feminin und
möchte gerne geliebt sein. Aber was will der Mann? Er bedrängt mich, er
umwirbt mich, er schmeichelt mir, er schenkt mir, ich aber fühle, er tut
dies alles mit Hintergedanken. Warum ist er so nett? Weil er sich Gewinn
erhofft, den Gewinn der Lust. Er will meinen Leib! Was interessiert ihn
meine Seele, die eine, oder meine sieben Seelen? Was interessieren ihn die
Wunden meiner Seele, die Traumata, die Schwächen, die Grenzen? Was
kümmert ihn mein Geist mit seiner Frage nach Gott, was kümmert ihn
mein Denken, mein Wollen, mein Fühlen, meine Erinnerung? All das
kümmert ihn nicht. Er sieht meinen Leib mit all den Reizen, die Gott mir
verliehen hat, und er begehrt meinen Leib. Er denkt sich: Wenn dieser
Schoß doch buttern würde! Wenn diese Brüste doch sich berühren ließen!
Wenn dieser Leib doch nackt auf meinem nackten Leibe liege! Was fragt
er nach dem Geheimnis meiner Augen? Was fragt er nach den Träumen
meiner Nächte? Was fragt er nach den Leiden meines Alltags? Was fragt er
nach den Leiden und Schmerzen meines Schoßes? Mein Schoß ist nur für
seine Wollust da, doch dass mein Leib auch blutet, das mein Schoß auch
Schmerzen hat, doch dass ich noch gebären will, das kümmert ihn nicht.
Meine Scham wehrt nur ab den Bedränger, den Zudringlichen, den
Aufdringlichen, den Gierigen, den Geilen. Denn meine Scham, mein
sexuelles Schamempfinden ist eine Schutzmauer für meine Seele. Ich lasse
keinen an meinen Leib, bis ich den gefunden, der mehr als meinen Leib
meine Seele liebt, der den Leib allein darum liebt, weil er sichtbarer
Ausdruck der Seele ist. Ich verwehre meinen Leib, bis ich den finde, der
nach meinen Gedanken fragt, der die geistige Würde der Frau respektiert,
der vertraut auf den Genius der Frau, der meiner Intuition mehr vertraut als
seinem Verstand, der meinem sechsten Sinn mehr traut als seinen Büchern,
der den Reichtum meiner Seele wertschätzen kann und der die Wunden
und Wonnen meines Herzens mehr liebt und ehrt als die Wunden und
Wonnen seines eigenen Herzens. Ich bin eine Frau, das heißt, ich bin für
die Liebe geschaffen. Alles in mir und an mir ist für die Liebe geschaffen.
Und gerade weil ich für die Liebe geschaffen und zur Liebe berufen bin,
darum wehre ich mich gegen alle allzu flüchtige Lust, jeden raschen Flirt,
jeder vergängliche und vorüberrauschende Begier. Denn ich will geliebt
werden und lieben. Ich will mich ganz öffnen können und mich ganz
hingeben dürfen. Aber ich will als Person und als Persönlichkeit geliebt
sein und nicht nur als ein Material und Stoff zur Selbstbefriedigung des
Mannes. Ich bin nicht sein Sexobjekt, ich bin nicht seine Hure, ich bin
nicht seine Venus Porné, nein, ich bin Eva, das heißt, ich bin das Leben,
ich bin die Seele, ich bin ein komplizierter Organismus und eine
vielschichtige Seele und ein unergründlicher Geist. Wenn aber der kommt,
der zu mir sagt: O Frau, du bist mir ein verschleiertes Mysterium! Dann
weiß ich, er schaut meine Seele. Wenn er mich verachtet, weil ich ein
verschleiertes Mysterium bin, so hat er keine Liebe, weder zu Gott noch zu
mir. Wenn aber der kommt, der mein verschleiertes Mysterium ehrfürchtig
anstaunt, dem öffne ich meine Seele. Dir, Adam, mein wahrer Freund
meiner Seele, öffne ich meine Seele. Ich lasse dich schauen in meine
sieben Seelen und in die Gottheit meiner Seele. Und Adam sprach: Eva,
bitte verstehe mich, denn wenn du mich verstehst, wirst du mir auch
verzeihen. Als der Sündenfall mich gezeugt hatte, dachte der Sündenfall:
Hoffentlich wird kein Kind geboren in meiner Begierde! Und als die
Sünde mich empfangen, dachte sie: Hoffentlich hab ich kein Kind
empfangen! Und als die Sünde mich spürte unterm Herzen, dachte sie:
Beim Teufel, ich bin krank! Ich will dies Kind nicht! Und als die Sünde
schwanger war, da war sie traurig, dass sie schwanger war, so ward ich
traurig schon im Schoß der Sünde. Und als die Sünde mich gebären sollte,
da steckte ich im Geburtskanal und erlitt einen Horror von Todesangst! Es
war, als würde ich durch den Muttermund der Hölle geboren! Der Schoß,
aus dem ich austreten sollte, war der gefräßige und bissige Rachen einer
Ratte! Und als ich geboren wurde von der Sünde, erstickte ich fast an der
Nabelschnur der Sünde, neunmal wand sich die Nabelschnur der Sünde
um meinen Hals. Und als die Sünde mich sah, da sagte sie: Beim Teufel,
da ist ein hässliches Kind! Da gab mich die Sünde weg und legte mich in
den eiskalten Schoß der Materie, und ob es dort auch so heiß war wie in
der Hölle, so war es doch so kalt wie die kalte Hand des Todes. Eva,
Geliebte, wenn ich darum der Ewig-Ungeliebte bin, der Ewig-Trauernde,
der Ewig-Ängstliche, der Ewig-Abgelehnte, der Ewig-Gehasse, der Ewig-
Verschmähte, der Ewig-Verachtete, der Ewig-Überflüssige, der lieber tot
sein möchte als zu leben, der ertrinkt in namenlosem Jammer und
unaussprechlichem Elend und ertrinkt in einem Meer der Trauer, der
durchbohrt wird von sieben Pfeilen und wieder und wieder durchbohrt
wird und schließlich zu Tode geprügelt wird und dann zuletzt geworfen
wird in den Abfalleimer des Weltalls – Eva, wie soll ich glauben, dass die
Mutter der Lebendigen mich liebt? Und Eva sprach: Ach Adam, Sohn der
Adama, als ich von der Sünde geboren wurde, da lernte ich kein
Urvertrauen, da lernte ich die nackte Urangst! Mir entwickelte sich kein
Urvertrauen zu einem personalen Vertrauen, sondern ich blieb allein,
isoliert, vereinsamt, in mich selbst gefangen, ich lernte nicht von einem
personalen Vertrauen ein gesundes Selbstvertrauen. Nein, ich bin
zerfressen und zernagt wie von einem Nagetier von meinen gründlichen
Selbstzweifeln. Ich hasse und verachte mich selbst! Ich bin nicht schön,
nicht liebenswert, ich bin nichts wert, ich werde von allen gehasst, ich bin
töricht und mein Leben ist ohne Sinn! So sage mir, Adam, Sohn der Mutter
Adama, wie soll ich ohne ein gesundes Selbstvertrauen lernen ein
begründetes Gottvertrauen? Adam sagte: Ob du Gott vertraust und glaubst
an Gott, ist sekundär, primär aber ist der Glaube Gottes an dich! Eva aber
sagte: Siehst du meine verschleierte Seele? Ja, sagte Adam, ich sehe wie
ein anderer Mensch deine verschleierte Seele, aber jene andere Mensch
verachtete dich, weil deine Seele verschleiert ist, ich aber verehre dich,
weil deine Seele verschleiert ist. Ich aber habe zwei Seelen in meiner
Brust, die eine sehnt sich nach der Lust der Erde und die andre sehnt sich
nach Gott im Himmel. Zwei Seelen hast du in deiner Brust, mein Freund?
Wie arm! Ich habe sieben Seelen in meiner Brust! Die eine heißt Eva, die
andre Maria, die dritte Lilith. Sieben Geistpersonen tanzen in meiner Seele
einen Schleiertanz! Sieben Seelen tanzen den Schleiertanz in meinem
Innern und sieben Schleier fallen von meiner Seele und ich bin nackt, eine
nackte Seele! Was siehst du nun in meiner Seele? Gott! sprach Adam, ich
sehe Gott in deiner Seele! Und ich, sprach Eva, sehe Gott in deiner Seele,
Adam, mein Freund. Da sagte Adam: So stehen sich nun Gott und Gott
von Angesicht zu Angesicht gegenüber und Gott schaut Gott von
Angesicht zu Angesicht und Gott liebt Gott mit der Liebe Gottes. So, sagte
Eva, sind unsre Seelen nackt, weil in mir der Christus nackt ist und
einwohnt meinem Seelengrund und weil in dir die Sophia nackt ist und
einwohnt deinem Seelengrund. Ja, sagte Adam, weil Gott in uns nackt ist,
darum ist es ganz natürlich, wenn ich auch deinen Körper nackt sehe. Ja,
sagte Eva, meine Nacktheit vor dir ist nur der Ausdruck der Nacktheit
Christi in dem Schoß meiner Seele!
O du fleischgewordne Weisheit,
Gottheit ist im Fleisch gekommen,
Leib-und-Blut-und-Seele-Gottheit,
Gottheit in Gestalt des Menschen!
O Geliebte du im Fleische,
O Geliebte, Staub und Atem,
O Geliebte, Leib und Seele,
Nimm mich hin in meinem Fleische,
ZWÖLFTES KAPITEL
Nein, Eva, mit den äußeren Augen schau ich nicht auf deine leibliche
Nacktheit. Was erkennen denn schon die äußeren Augen? Wie verklebt
sind unsere äußeren Augen, die wahre Schönheit zu erkennen! Adam,
sprach Eva, mit den äußeren Augen auch erkenne ich nicht deine wahre
Schönheit. Aber hast du mir nicht gestern in die Augen geschaut und habe
ich dir nicht gestern in die Augen geschaut und wir schauten uns lange und
liebewarm in die Augen, nicht nur liebevoll, sondern auch wissbegierig,
durch den Spiegel der Seele die Seele zu erkennen: Was ist das für eine
Seele, die diesen Blick beseelt? Ist es wahre Liebe, ist es wirklicher
Frieden? Ist es ein hungriger und begieriger Blick oder ist es ein
seeleausströmender schenkender Liebesblick? Und ich erkannte, wie du
mich voller bewundernder Liebe mit deinen Seelenaugen liebkostest und
schmeicheltest meiner verletzten Seele. Ach Eva, sprach Adam, wie blind
wär ich doch, so blind wie ein Maulwurf, wenn ich des inneren Blicks
ermangelte. Ich sehe mit meinem inneren Blick deine Seele und meine
Seele und unserer Seelen Gemeinschaft und die Liebe und Freundschaft,
die zwischen uns waltet, ich sehe dein mütterliches Herz und mein
väterliches Herz, du musst mir Mutter sein und ich will dir Vater sein, du
mir eine liebevolle zärtliche Mutter, und ich für dich ein Vater voller
Wertschätzung und Ehrfurcht. Du, Eva, musst mir eine Seele sein, die sagt:
Adam, es ist schön, dass du ein Mann bist, ein starker, ja, brutaler
Charakter, ein Mann nach dem Vaterherzen Gottes! Und ich will dir mit
meiner Seele sagen: Wie schön, o Frau, dass du Frau bist, wie gut, dass du
das feminine Antlitz Gottes widerspiegelst! Mein innerer Blick sieht vor
allem deine Seele nackt und bloß und offenbar vor meinen Herzensaugen
liegen, aber nicht in einer Lichtaura oder einem Windhauch, sondern in
einem paradiesischen Lichtleib voller Glanz! Ich liebe den Glanz deines
nackten Leibes, der mir deine Seele sichtbar macht vor den inneren Augen
meiner Seele! Wie schenkst du dich mir! Wie geb ich mich dir ganz hin!
Wie verschmelzen wir miteinander, wie fließe ich in dich hinein und wie
lebst du in mir! Du bist ja nicht mehr die Frau mir gegenüber, die Frau an
meiner Seite. Du bist nicht die Herrin über mir und ich dein Sklave, du bist
nicht die Magd zu meinen Füßen und ich der Herr, nein, Eva, du bist Seele
in meiner Seele. Aber ach, ach weh, Eva, sag, lebt meine Seele auch in
deiner? Hier schwieg Adam vor Schmerzen. Die allmächtige Liebe schuf
die Schöpfung aus dem Nichts und schuf Eva aus dem Nichts, die
Schöpfung Eva zu Füßen zu legen. Die allmächtige Liebe sah die
Schöpfung: Siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Sternbild der
Schlange, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Sternbild des
Großen und des Kleinen Bären, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe
sah das Sternbild des Hirsches vom Element der Schmetterlinge, siehe, es
war gut! Die allmächtige Liebe sah das Element der Frösche, siehe, es war
gut! Die allmächtige Liebe sah den Skorpion mit seinem Schwanz in
trockener Wüste und großer Sonnenhitze, siehe, es war gut! Die
allmächtige Liebe sah den beruhigenden, gefühlvollen Krebs, der den
Skorpion beruhigte, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den
weißen Schnee in seinem keuschen kühlen weißen Linnenkleid, siehe, es
war gut! Die allmächtige Liebe sah die Gerbera mit ihren roten
Feuerzungenküssen, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die
weiße Narzisse, eben erblüht, und roch den betörenden Duft der Sexualität,
siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den Pflaumenbaum im Winter
erblüht, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die schwarze Katze,
siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den Eichenbaum, siehe, es
war gut! Die allmächtige Liebe sah das Ehepaar von schwarzen Amseln,
siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den Kastanienbaum, sah die
stachligen Früchte, sah die Turteltauben ihre Flügel spreizen im Wipfel,
siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Universum, sah die
kosmische Energie, sah die Gnome und die Nymphen und die Sylphen und
die Salamander, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die Wolken
und den Regen spielen, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den
Phönix mit dem Zaubervogel spielen, siehe, es war gut! Die allmächtige
Liebe sah die Hochzeit des Esels mit dem Drachen und die Liebe des
Drachens zum Esel, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das
Tanzen der Zwerge und hörte das aufgeregte Lustgeschrei der Zwerge,
siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die Najaden nackt baden im
Wasserfall, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die festen Euter
der Zicken, die großen Euter der Kühe, siehe, es war gut! Die allmächtige
Liebe sah die grüne Teepflanze, die Kakaobohne und die Kaffeebohne,
siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Brot und den Wein aus
der Erde wachsen, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den
purpurnen Poppie blühen im goldenen Weizenbündel, siehe, es war gut!
Die allmächtige Liebe sah den fruchtbaren Weinberg mit seiner
schwangeren Fruchtbarkeit und seinen Traubenbrüsten, lasziv und trunken,
siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe legte den Kosmos wie eine
duftende Blume zu Evas Füßen. Eva, Eva, ich habe dich erschaffen als
mein Abbild, sprach die allmächtige Liebe, und ich schenke dir den
Kosmos, die grüne Mutter Natur als Geschenk, nimm es dankbar an, und
rieche an der weißen Blume des Universums und lasse dich berauschen
von dem erotischen Parfüm der weißen Frühlingsblume des Universums!
Ich, die allmächtige Liebe, habe die Schöpfung im Frühling erschaffen, sie
dir zum Geschenk meiner Liebe zu machen! Was ich will? Was sind meine
Hintergedanken? Nimm nur mein Geschenk an und ergötze dich daran!
Berausche dich am erotischen Parfüm der grünen Mutter Natur, dann lass
dein Herz anschwellen und sage: Danke, allmächtige Liebe, für solche
Liebe, für solch ein Geschenk als Ausdruck deiner Liebe! Danke, Liebe,
Danke, allmächtige Liebe, Danke, schöne Liebe! Ich bin voll befriedigt
von deiner Ganzhingabe! Ich bin erfüllt, gestillt, gesättigt, getränkt,
berauscht, bin trunken von deiner Lust, du göttliche Liebe, ich bin selig!
Adam bekennt: Eva, du bist ein Geschenk Gottes an mich! Aber ich
gestehe, ich zweifle an der Güte und dem Ernst des Gebers und an dem
Segen dieses Geschenkes. Ist da vielleicht eine göttliche Ironie verborgen?
Denn ich muß denken, du bist die vollkommene Frau, ausgestattet mit
allen Gaben der Götter. Die Göttin der Liebe und Schönheit gab dir deinen
Körper mit aller Schönheit und allen Reizen. Die Göttin der Weisheit gab
dir deine Einsicht und deine Erkenntnisse und deine Intuition, die mich
inspirieren. Die Göttin der himmlischen Macht gab dir deine Hoheit und
Würde und auch deine Macht über meine Seele. Die Göttin der Reinheit
gab dir deine engelgleiche Seele voller Güte, Sanftmut und Demut. Die
große Mutter gab dir deine übermächtige Mütterlichkeit und zugleich eine
extatische Sexualität. Du bist mit allen Tugenden des Weibes ausgestattet.
Aber die Götter gaben dir eine Büchse mit, aus der steigen alle Flüche, die
auf der Erde und dem Menschen lasten: Herzzereissender Kummer,
seelenverstörender Schmerz, geistverstörender Wahnsinn,
körpervernichtender Krankheit, Leib und Seele scheidender Tod! Aber aus
der Büchse stieg auch die Hoffnung auf, als einzige gute Gabe, die
göttliche Tugend der Hoffnung! Die Hoffnung ist eine schöne Frau, die
verheißt die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben in
paradiesischer Glückseligkeit! Die göttliche Hoffnung flüstert mir
verheißungsvoll ins Ohr: Dort werdet ihr ewig vereint sein im Zyklus der
göttlichen Liebe! Also du bist eine Gabe und ein Geschenk Gottes, aber
nicht als Besitz auf dieser Erde, nicht zum Genuß auf dieser Erde. Du bist
ein Geschenk Gottes als eine Verheißung, ein Versprechen! Du bist
gewissermaßen der Liebreiz Gottes, die verführerische Schönheit Gottes
voller Charme und Reiz, die mich verführen will in die Ewigkeit, in der
Schoß der göttlichen Liebe! Aber bist du wirklich eine sichtbar
erschienene Gnade Gottes voller Charme und Liebreiz, oder bist du ein
dunkles Verhängnis? Siehe, ich flüchtete mich in die Gedanken Gottes. Ich
ging allein im friedlichen Ideenhimmel spazieren und schaute die Ideen in
ihrer makellos glänzenden Schönheit und sah sie mit apathischer
Seelenruhe. Aber da kamst du, das Weib! Du rissest mich aus meiner
intellektuellen Einsamkeit und pflanztest mich als einen Lebensbaum in
deinen Garten. Du grubest mich und wühltest mich in die schwarze Mutter
Erde. Du lehrtest mich das wässrige Element der Frösche und das luftige
Element der Schmetterlinge. Du lehrtest mich die Euter der Kühe zu
bewundern und die Hörner der Stiere. Du lehrest mich das Maul des
Hengstes zu feiern und die bebende Flanke der abgehetzten Stute! Du
lehrtest mich das Gurren der Turteltauben lieben und das Spreizen und
Schlagen ihrer Flügel und das Schnäbeln und Picken ihrer Schnäbel! Du
lehrtest mich das lebendige Leben zu lieben, die reale Wirklichkeit. Für
dich war die Erde nicht eine tote Materie, ein wesenloses Ding. Für dich
war die Erde ein lebendiger Organismus, ein Lebewesen. Du sagtest: Die
Mutter Erde lebt, die grüne Mutter Natur atmet ein und atmet aus, sie
pulsiert, sie glüht, sie liebt! Du lehrtest mich die Sprache der Liebe hören
aus dem Munde der Schöpfung. Meine Logik ergänztest du durch deine
Erotik. Meine Geistigkeit ergänztest du durch deine Wirklichkeit. Meinen
Himmel ergänztest du mit deiner Erde. So feiern wir eine heilige Hochzeit
wischen Männlichem und Weiblichem. Der Gott des Himmels und die
Göttin der Erde, das sind wir. Der Geist bin ich und du die Materie, wir
zelebrieren eine mystische Vermählung. Ich bin ein Abbild von Gottgeist
und du bist ein Abbild von Gottnatur und zusammen in Vereinigung sind
wir ein Abbild der Einen Einzigen Ewigen Gottheit. Ich verkörpere die
väterliche
Transzendenz Gottes und du verkörperst die mütterliche Immanenz
Gottes, gemeinsam in mystischer Vereinigung spiegeln wir die absolute
Gottheit, die Alleinheit. Siehe, so rissest du mich aus meiner Logik und
Theorie Gottes, verführtest mich zur schwarzen Erde, zur grünen Natur
und zum roten Eros, aber nicht, um darin stecken zu bleiben, sondern um
ein vollkommeneres Gottesbild zu erkennen, ja, nicht nur zu erkennen,
sondern im eigenen Leben Seite an Seite mit dir abzubilden und zu
verkörpern. So bist du ein Weg für mich geworden von dem Gott der
Philosophen durch den Eros zum lebendigen Gott, der lebendigen Gottheit,
die Eins und Alles ist.
DREIZEHNTES KAPITEL
Ich sehe eine Welt, ich weiß nicht, ob es im Indischen Ozean ist, oder in
Afrika, da besteht die Gesellschaft aus Affen. All ihr Paviane und
Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans, Totenkopfäffchen und
Menschenaffen! Unruhig ist das Herz des Affen! Die Menschenaffen
befingern schamlos ihr Geschlecht und masturbieren in der Öffentlichkeit
wie der kynische Philosoph. Die wilden Affenmenschen kommen aus den
finsteren Wäldern hervorgejagt und rauben sich junge schwarze Mädchen
und vergewaltigen sie zu Tode! Aber es gibt auch Gorillafamilien und
Gorillasippen, da sitzen die Alten unter Bäumen, die Männchen furzen und
die Weibchen schwatzen in ihrer törichten Affensprache von ihrer
Affenmutterliebe und die kleinen Äffchen klettern auf den Kletterbäumen
und schwingen sich lustig kreischend von Ast zu Ast. Liebe Freundin, du
lachst, denn diese Gorillasippen verhalten sich so wie eine menschliche
Sippe beim geselligen Kindergeburtstag. Aber vergewaltigt möchtest du
nicht werden von solch einem Waldmenschen und zu Tode gerammelt? Du
beruhigst dich, sie rauben ja nur blutjunge Afrikanerinnen? Aber wenn sie
nun reife weißgesichtige Frauen besonders begehrenswert finden? Und die
Affenweibchen, die die Schamlippen ihrer Klitoris mit dem Finger
aufreizen, bis sie zum Orgasmus kommen? Und die Affenmännchen, die
den Penis rubbeln, bis sie zum Orgasmus kommen? Können sie nicht
anders oder wollen sie nicht anders? Stelle dir ein Affenmännchen vor,
dem der Affenpapst verboten, sich selbst zu befriedigen, was er dann tut?
Er wird der Erfinder der romantischen Liebe und verklärt von
zurückgehaltener Erregung wird die geliebte Äffin ihm erscheinen wie die
Affengöttin selbst, die aus einer Kokosnuß die Welt erschaffen hat? Oder
wird der Affe zu seiner Äffin sagen: Geliebtes Affenweibchen, Gott Amon
hat die Welt erschaffen, der eine einzige Gott im Himmel in seiner
Einsamkeit, indem er masturbierte! Als die Samentropfen in die Büsche
fielen, da wurde die Erde. Aber du und ich, geliebtes Affenweibchen, wir
waren zwei verschmolzene Samentropfen in der Hand des
masturbierenden Schöpfergottes Amon! Das ist der Monotheismus der
Affenreligion. Jetzt sieht Adam, der Erste Mensch, aber einen Wahren
Menschen, einen Edlen Menschen, einen Heiligen Menschen. Eva
erscheint. Gott hat sie geschickt! Eva, ich stehe vor dem Tor zu Eden, in
meinem Herzen ein Liebeslied. Über mir und unter mir und um mich ist
dunkle Nacht. Da kommst du mir entgegen aus dem Garten Eden. Du
trittst ans Tor von Eden. Ich kann es kaum glauben, dass du es wirklich
bist. Träum ich oder wach ich? Du bist nicht eine irdische Frau, nicht
Staub vom Staub. Du bist eine Erscheinung, eine Vision, ein Traum, eine
Traumfrau, die schönste Fleischwerdung der Weltseele! Du bist ganz
Seele, all deine Körperlichkeit ist ganz aus Seele! Deine Materie des
Körpers ist kein toter Stoff, kein sterbliches Ding, deine Körpermaterie ist
Energie und Licht, ist Kraft von Gott, ist Welle des schwarzen Lichtes
Gottes! Du bist ganz schwarz, dein Leib ist schwarz, deine Beine sind
schwarz, deine Füße sind schwarz und schweben auf den Wolken der
dunklen Nacht. Dein Haar ist schwarz und fließt mit den Wolken, dein
Antlitz ist schwarz und nur die beiden Spiegel der Seele strahlen wie
blitzende Sterne. Du bist schwarzes Licht vom schwarzen Licht Gottes. Du
erscheinst aus der Wolke. Danke, dass du deinen blendenden Glanz so
gemildert hast, dass ich dich schauen kann! O du bist es, du bist Seele von
meiner Seelenart, du bist Körperlichkeit von meiner Körperlichkeit, du bist
spirituelle Schönheit nach dem Traumbild meiner Seele, du bist kosmische
Erotik nach dem Traum meines blutigen Herzens! Du bist es, keine sonst,
und du allein wirst immer es sein, die Eine, die Einzige, die mir von Gott
gegeben ist zum Vis-à-vis, die Egalité für meine Seele! Wir stehen uns
gegenüber und schauen einander von Angesicht zu Angesicht in einem
flüchtigen Augenblick, doch in dem flüchtigen Augenblick verborgen ist
die Ewigkeit und durch dein Antlitz schaue ich schon Gottes Antlitz!
Sprachlos vor der Schönheit reiche ich dir das Gestammel meines
Liebesliedes, das Gestotter eines Idioten!
AN EVA
Adam sagt zu Eva: Eva, Geliebte! Als ich noch allein war, schien mir
Gottes großer Garten, die Mutter Natur, keines Interesses würdig. Das
Grünzeug schien mir dumm, die Tiere fand ich ekelhaft, die Pflanzen und
die Tiere hatten keine Seele, die Berge waren nur Grenzen, das Meer
zeigte mir nur, wie einsam ich bin. Die Schöpfung lebte mir nicht, erst
recht war sie kein Geschenk Gottes an mich zu meiner Seligkeit. Nein, ich
sah die Welt, die Gott geschaffen hat, wie eine schreckliche Finsternis an,
wie das Reich des ewigen Todes. Nur Jammer und schreckliche Schmerzen
sah ich. Über mir der Himmel war eine festgegossene Wolkendecke wie
aus Kupfer, verschlossen war mir der Himmel. Alles unter der Sonne war
sinnlos. Sinnlosigkeit der Sinnlosigkeiten, alles sinnlos, so seufzte ich
immer wieder. Nur über dem Himmel, da lebten die lichten Ideen, die
strahlenden Gedanken Gottes. Da tanzte die göttliche Schönheit, da tanzte
die göttliche Weisheit, da tanzte die göttliche Liebe. Da waren
morgenrötliche Gipfel und Spiegel aller Erkenntnis. In den Ideen lebte ich
allein und ging spazieren mit den schönen Gedanken Gottes. Aber dann
bist du mir erschienen, und siehe, durch dich ist mir die schöne Schöpfung
Gottes zum Geschenk für meine Seligkeit geworden! Ich sehe nun die
Gräser liebkost vom Zephyrlüftchen, ich sehe nun die Krokusblumen
geliebt von der Honigbiene mit dem süßen Stachel, ich sehe nun den
Schoß der Rose trunken vom Morgentau, ich sehe nun die Glut auf den
Wangen des wilden Mohnes, ich sehe nun die heimliche Liebe der Iris, ich
sehe nun die Wonnen der weißen Rosen und die Glorien goldener Rosen,
ich sehe nun die Pflaumen sich spalten und überfließen von süßem Saft,
ich küsse nun die Wange des Pfirsichs, ich rieche nun den Duft von Ylang-
Ylang, sein sexuelles Parfüm, ich sehe nun die Lippen der Lilie
überfließen von fließender Myrrhe, ich sehe nun die Aloe flirten mit dem
Bambus, ich höre den Bambus seine goldne Leier vom Winde spielen
lassen, ich hoffe nun auf die Rose der neuen Morgenröte, ich sehe tanzen
die Rose der Freiheit im Winde, ich sehe die Äpfel und die Birnen und die
Mangos und die Quitten wie Früchte des Lebens, wie paradiesische
Wonnen, ich sehe nun die Turteltauben in ihrem Liebesakt, wenn sie mit
gespreizten Flügeln sich picken in den Wipfeln der Bäume, ich liebe nun
die Amsel-Eheleute, und ich liebe das nächtliche Quaken der Frösche, ich
freue mich am Hoppeln der Kaninchen und am Lauf der Ponys, ich freue
mich am heißen Hengst und an der bebenden Stute, ich freue mich und
sauge am Euter der Kuh, die trächtig ist vom Horn des Stieres, ich sehe die
Sterne nun wie lächelnde Blumen, wie Tiere des Himmels, ich freue mich
am Stern der Schlange und am Stern der Jungfrau, ich freue mich am Stern
des Hirsches und am Stern des Bären, ich freue mich, wenn das Element
der Schmetterlinge spielt mit dem Element der Frösche, ich lache, wenn
der Stern des Hirten den Stern der Weberin besucht und sie einander
Geschenke machen, ich freue mich an den Schleiern der Nebelspiralen und
an den kosmischen Galaxien mit ihren bunten Paradiesgärten und ihren
verbotenen Weinbergen! Alles ist Sprache der Liebe geworden, alles ist
erotisches Liebesflüstern geworden. Die Protonen und die Elektronen
begehren einander. Der Magnetismus und die Elektrizität sind Erotik der
Schöpfung. In den Kirschblüten sehe ich im Schleier ihres Duftes dein
Antlitz! In dem Vollmond seh ich dein Antlitz liebevoll und selig vom
Himmel lächeln! Ich sehe überall die Weltseele, ich sehe überall den
göttlichen Eros, ich sehe überall, so wie Adam und Eva, Yin und Yang als
Kräfte der kosmischen Erotik. Es ist die göttliche Liebe, die du mir
offenbarst, die erotische Grünkraft, die erotische Vitalität des göttlichen
Lebens in allem Leben. Deine Schönheit, Eva, meine Liebe zu dir, o Eva,
sie machten mir die Schöpfung zur Sprache der Liebe, zum Geschenk der
göttlichen Liebe, zum Ort der Glückseligkeit und himmlischen Wonne und
paradiesischen Wollust! Erst durch dich hat mich Gott von meinem
pessimistischen Idealismus zum optimistischen Idealismus geführt. Erst
durch dich, Geliebte, hat Gott mir die Schöpfung geschenkt. Darum bist du
die Mitschöpferin meiner Seeligkeit! Halleluja, nun bin ich der Geliebte
der Gottheit! El Shaddai, die nährende Brust, ist meine Gottheit! Ich bin
der Geliebte der Gottheit! Zur Hochzeit macht mir die Gottheit ein
Hochzeitsgeschenk, deinen Leib, Eva! Deinen Leib, den paradiesischen
Weinberg, schenkt mir El Shaddai, die Gottheit mit der nährenden Brust,
zur himmlischen Hochzeit! O Weinberg, ich komme als dein Gärtner!
Breite deine schwangeren Rebzweige aus, Geliebte! Laß mich sehen die
prahlende Pracht der Trauben deiner Brüste! Ich will deinen Weinstock
besteigen und die Trauben pflücken! Dein Becken ist ein Becher voller
Wein, Mischwein der Vereinigung! In deinem Schoß im tiefsten Innern
will ich die Perle finden, die du mir schmelzen sollst in meinem Wein, den
ich schlürfen will, und lecken will ich noch die Scherben! Pflegen will ich
meinen Weinberg, eine Steinmauer bauen um den Weinberg, dass die
wilden Eber nicht abweiden meinen Weinberg! Wachsen aber Brennesseln
und dürre Dornen, will ich sie alle ausreißen! Mein Weinberg soll
fruchtbar sein und Frucht bringen dem Geliebten Gottes! Ich werde
kommen und pflücken die Trauben und stampfen die Kelter, das Blut
spritzt mir an die Schenkel! Und aussaufen will ich den Becher des Weines
Gottes bis auf den Grund in Einem Zug! Berauschen will ich mich am
Feuer Gottes! Berauschen will ich mich an der göttlichen Liebesglut, die
glüht im Wein der Geliebten! Trunken will ich taumeln in dein Bett und
dich erkennen in der Wahrheit, die im Weine wohnt! Denn auf dem Grunde
des Bechers seh ich die nackte Wahrheit, die Geliebte! Jetzt, Geliebte, jetzt
wollen wir uns vereinen! Halleluja, jetzt zeugt Herr Geist in Frau
Schönheit schöne Kinder! Ich sehe, siehe, was ich sehe, ist, Eva, dein
glänzendes Ei, dein empfängliches Ei, dein feminines Ei, dein
hingebungsvolles Ei. Ei Evas, ich sehe eine Schar von Samenzellen Adams
tanzen und schwänzeln um Evas Ei. Da ist der Schnellste, er ist als Erster
beim seligen Ei, doch er ist nicht der wahre Geliebte, er wird nicht
erwählt! Da ist der Stärkste, er kommt in der Kraft, er drängt sich auf mit
all seiner maskulinen Kraft, doch er wird nicht erwählt, er ist nicht der
wahre göttliche Same! Da kommt die geliebte Zelle, da kommt der
Geliebte Same Adams! Evas Ei erkennt in instinktiver Intuition oder
Hellseherei der magischen Sympathie: Der ist es! In diesem Samen Adams
seh ich den Logos Spermatikos! Hier erscheint Panspermia, die göttliche
Potenz! Jetzt tut Evas Ei sich auf und lässt die geschwänzte Samenzelle
Adams ein, sie umarmen sich, sie glühen ineinander, sie verschmelzen, der
Funke des göttlichen Eros zuckt in ihnen auf in jähem Jubelschrei,
Halleluja! Adam und Eva sind in Lust der Liebe vereinigt in himmlischer
Hochzeit als Mitschöpfer und Mitschöpferin Gottes!
VIERZEHNTES KAPITEL
Adam sprach zu Eva: Schaue mein Ich! Ich bin geschaffen von Gott um
meiner selbst willen! Ich! Ich habe drei Seelen, meine Liebe! Die oberste
Seele ist die Seele meines Geistes. In ihr wohnt die Vernunft, das
Denkvermögen. Die Krönung der Vernunft ist das Erlangen der Weisheit.
Der Mensch ist fähig, weise zu werden. Allerdings habe ich erkannt, dass
zum Erlangen der Ewigen Weisheit eine göttliche Erleuchtung durch das
finstere Licht der Gottheit notwendig ist. Wenn allerdings in der dunklen
Nacht des Verstandes die Ewige Weisheit unmittelbar eingegossen wird,
dann erkennt man das absurde Paradox der Wahrheit, dass die Ewige
Wahrheit sich offenbart in der Torheit Gottes! Aber meine zweite Seele ist
die mittlere Seele, das ist die Seele meines Herzens. Hier wohnen alle
meine Gefühle, meine Liebe, meine Freundschaft, meine Sympathie und
mein Mitleid. Was aber ist die höchste Tugend dieser Seele des Herzens?
Ich sage dir, geliebte Eva, wenn du Besitz verloren, so sorge dich nicht und
erwirb dir neuen Besitz. Wenn du die Ehre verloren hast, ermanne dich und
schaffe dir Ruhm. Aber wenn du den Mut verloren hast, dann wäre es
besser, nie geboren zu sein. Der Mut des Herzens, der Starkmut des
Herzens, der Lebensmut des Herzens, der Todesmut des Herzen ist die
wahre Tugend der Seele des Herzens. Aber meine dritte Seele, die unterste
Seele, ist die Seele meines Leibes. Eva, hier wohnt das Verlangen, die
Wollust! Was aber ist die höchste Tugend der Wollust? Es ist das rechte
Maß! Nicht zuwenig der Lust, denn sonst vertrocknest du und verwelkst
vor der Zeit. Aber auch nicht zuviel der Lust, denn sonst verzehrst du dich
und verbrennst zu einem Häufchen Asche. Begehre nicht zu wenig der
Wollust, indem du dich zufrieden gibst mit der Wollust des Wurmes oder
des Affen! Begehre aber auch nicht zuviel der Wollust, indem du die
Wollust der seligen Götter und Göttinnen begehrst! Das rechte Maß der
Wollust ist die Wollust des Menschen. Wenn aber die Wollust das
menschengemäße Maß gefunden, wenn aber das Herz den Lebensmut
gefunden und wenn das Denken die Weisheit gefunden, dann ist die Seele
gerecht. Fragst du dich, was ein Gerechter sei? Ein Gerechter hat in seinem
Denken die Weisheit erkannt, sein Herz gestärkt mit Mut und seinem
Verlangen das rechte menschliche Maß gegeben. Und Eva sprach: Adam,
ich bin als ein einzigartiges Ich von Gott geschaffen um meiner selbst
willen! Ich bin Eva, ich bin Ich! Man sagt mir: Erkenne dich selbst!
Erkenne den Reichtum der Seele, erkenne den Wert deiner Seele. Ich bin
die Seele, das tiefe Gemüt. In mir sind innere Räume, innere Throne,
innere Brautgemächer, innere Gärten, innere Burgen, innere Betten. Du
sprichst von drei Seelen in deiner Brust, Adam? Ich schaue sieben Seelen
in meinem lebendigen Busen! Die Seelen wandeln in inneren Wäldern,
leben in inneren Hütten, reiten innere Seelenrosse, tragen innere
Seelenwaffen, haben innere Seelenbrüder! Die Seele hat Kammern,
Wohngemächer, Badezimmer, Schlafgemächer, Spiegel und Schleier und
Betten! Meine Seele ist ein Lustschloß mit sieben Gemächern. Aber im
Innersten Gemach ist mein Schlafgemach, im Zentrum meines
Schlafgemaches steht das verschleierte Himmelsbett meines Seelenkernes,
und in dem verschleierten Himmelsbett meines innersten
Seelenbrautgemaches liegt mein Gott, nackt und zur Erkenntnis willig,
dort vereinige ich mich mit meinem nackten Gott und erfahre die
mystische Union und die ekstatische Verschmelzung mit meinem Gott und
Herrn! Aber Adam begann zu philosophieren von der Liebe: Meine Göttin
Pallas Athene mit den strahlenden Augen! Wenn das Ich voll Liebe ist,
dann will das Ich sich schenken dem Du. Wo soll die Fülle bleiben? Es ist
soviel Fülle der Liebe im Ich, solche Glut voll Saft und Kraft, sie muß sich
verströmen! Sie will strömen über zum geliebten Du, sie will streicheln,
die Fingerspitzen küssen, mit den Haaren spielen, die Brüste berühren,
küssen die Brustspitzen, umfassen den vollkommenen Podex der
Geliebten. O die Seele des Liebenden ist so voll, sie will zeugen in dem
Schoß der Seele der Geliebten! Ich bin ganz Zeugen, sei du ganz
Empfangen! Öffne den schweigenden Schoß deiner Seele, dass ich Geist
zeugen kann im Schoße deiner Schönheit, dann brüte und hege meinen
zeugenden Samen des Wortes und bewahre mein Wort in deinem Herzen
und bewege den Samen meines Logos in deinem Herzen meditierend.
Denke dir, das Ich des Liebenden ist die Thesis, die Thesis geht über in ihr
Gegenüber, die Antithesis, das heißt, das liebende Ich verschenkt sich an
das geliebte Du. Da wird das Ich begraben im geliebten Du. Das Ich ist
gestorben den mystischen Egotod. Das Ich ist Nichts, ist Herr Niemand, es
ist nur noch das Du. Alles ist das Du, das Ich hat sich ganz aufgelöst im
Du, das Ich ist nicht mehr, es ist allein das Du. Allerdings, wenn der
Zyklus der Liebe nicht gewaltsam unterbrochen wird, dann wird das Ich
auferstehen im Du. Dann wird das Ich aufleben und wird nun leben im Du.
Du, geliebtes Du, du wirst mein liebendes Ich in deinem Innern tragen und
wirst selbst zum liebenden Ich, und dein liebendes Ich wird sich
zurückschenken an das geliebte Du, nämlich an mein geliebtes Ich. Was
ich aber empfange von dir, dem liebenden Du, das ist mein gekreuzigtes
und auferstandenes Ich, verklärt durch deine Liebe. Du schenkst mich mir
zurück, vermehrt, verklärt durch deine Liebe. So empfange ich mein Ich
von deinem Du, und nun besitze ich mich erst selbst, denn ich bin nun ein
geliebtes Ich. Diese Vereinigung im Schenken und Widerschenken ist die
Synthesis, die mystische Ehe der Seelen, die mystische Vereinigung von
Ich und Du im Zyklus der Liebe. Wehe aber dem Mann der Zukunft, der
sein Ich voll Liebe überfließen lässt und schüttet in den empfangenden
Schoß der geliebten Seele und wird gekreuzigt und begraben im Herzen
der Geliebten, aber die Geliebte besitzt nicht die Kraft der Liebe, das Ich
aus dem Nichtsein aufzuerwecken, sie besitzt nicht den Willen der Liebe,
das Ich, das gestorben ist, aufzuerwecken und wieder zurückzuschenken,
vermehrt und verklärt mit Liebe. Dieses Ich ist dann den zweiten Tod
gestorben, den ewigen Tod, es ist vernichtet, ohne aufzuerstehen. In
diesem Sinne wird der Gekreuzigte, der nicht aufersteht im Herzen der
Geliebten, sagen: Du bist meines Lebens Mörderin! Hier ist der Zyklus der
Liebe gewaltsam unterbrochen. Eva sprach: Adam, nimmst du mich auch
an, so wie ich bin? Nimmst du mich an als ein von der Ewigen Liebe
geschaffenes Ich, geschaffen um meiner selbst willen? Oder denkst du, ich
sei für dich geschaffen? Oder denkst du, ich sei kein Ich, sondern ich sei
nur ein anderes Du? Gestehst du mir zu, dass ich eine Person bin, eine
eigenständige Persönlichkeit mit einer einzigartigen Intimität zu Gott?
Gestehst du mir zu, dass ich nicht die Verkörperung deiner unbewussten
Seele bin, nicht die Fleischwerdung deiner Traumfrau, sondern dass ich
eine reale Existenz bin, ein wirkliches Wesen, mit einer selbstständigen
Geistperson, gehaucht von Gott? Gestehst du mir zu, daß Gott mich liebt,
mich selbst und mich allein, auch unabhängig von dir? Gestehst du mir zu,
dass Gott einen Plan für mein Leben hat und einen individuellen Weg mit
mir gehen will, und zwar nicht um deinetwillen, sondern um meinetwillen?
Gestehst du mir zu, dass Gott mich nicht geschaffen hat, um deine
Ergänzung zu sein, um deinen Hunger nach der göttlichen Liebe zu
sättigen und deinen Durst nach der göttlichen Liebe zu stillen, gestehst du
mir zu, dass Gott mich zuerst einmal geschaffen hat, damit Gott mir all
seine Liebe in einzigartiger und individueller Intimität schenkt und spendet
und eingießt? Gestehst du mir zu, dass Gott mir einen weißen Stein gibt
mit einem Namen darauf, den niemand kennt als Gott und ich? Diesen
Namen kennst du nicht, Adam, du wirst ihn in Ewigkeit nicht kennen! Ich
nackt und Gott nackt und niemand drängt sich in meine Gottes-Ehe! Wenn
du mich nämlich nur als Spiegel deiner Seele, als Verkörperung all deiner
unbewussten Sehnsüchte ansiehst, als Fleischwerdung deiner süßesten
Träume, dann liebst du nicht mich, dann liebst du nur deine eigene Seele.
Dann ist all deine Verliebtheit zu mir nur eitle Selbstverliebtheit,
Besessenheit von der eigenen Anima, Verfallensein an die eigene Anima.
Wenn du mich aber annimmst als eigenständige Souveränin von Gottes
Gnaden, als ein wirkliches Lebewesen, einen selbstständigen Geist, als
eine einzigartige Geistperson von eigener Würde und mit eigenem Genius,
dann kann ich für dich in all meiner Sympathie und Freundschaft zu einem
Geschenk werden, zu einer Bereicherung deines Weltbildes, zu einer
Bereicherung deines Gottesbildes. Dann kann ich dir die andere Hälfte des
Universums offenbaren. Dann wird deine Logik mir die Tagseite des
Kosmos erklären und meine magische Intuition wird dir die Nachtseite des
Kosmos fühlbar machen. Eva und Adam saßen nebeneinander, Körper
nahe bei Körper, Aura berührte Aura, die Seelen atmeten die gemeinsame
Luft. Sie schauten die Schöpfung, die Bildung der Planeten, die Bildung
der Sonne und der Erde, das Urmeer, die ersten Algen, die ersten Zellen im
Meer, die ersten Amphibien und Fische, die ersten Kriechtiere an Land,
riesige Drachen und Urvögel, Säugetiere, Schlangen, Primaten, Affen.
Zwischen Adam und Eva saß der Amor Gottes. Eva umarmte den Amor
Gottes und Adam berührte den Amor Gottes, und in der Berührung des
Amors Gottes berührten sich Evas und Adams Fingerspitzen zärtlich, da
zuckte ein elektrisches Feuer, ein knisternder Funken zwischen den
Fingerspitzen hin und her. Am Abend aber lag Adam unter einer prallen
Traube von roten Weinbergen und schaute in den gestirnten Himmel
Gottes und sagte: Gott, was ich heute berührt, das war die Zärtlichkeit
Gottes! Gott, du bist gewiss eine überseiende Gottheit, unaussprechlich,
unbegreiflich! Alles, was ich von dir sagen könnte, trifft die Wahrheit
nicht! Sage ich: Du bist Vater! So sagst du: Ich tröste wie eine Mutter!
Sage ich: Du bist Geist! So sagst du: Doch kannst du mich körperlich
berühren! Sage ich: Du bist Licht! So sagst du: Ich wohne im finsteren
Licht! Sage ich: Du bist der Herr! So sagst du: Ich bin Frau Weisheit und
komme zu dir wie eine liebende Mutter und eine junge Braut! Nenne du
mich deine Schwester und Freundin! Sage ich: Du wohnst im Himmel der
Himmel! So sagst du: Und ich lebe doch im allerkleinsten Quäntchen! Du
bist also unbegreiflich! Du bist also nicht aussagbar! Aber wie kommt es
dann, dass ich zwar an eine überseiende Gottheit glaube, aber dennoch
spüre, in der lieben Frau an meiner Seite bist du körperlich anwesend,
kann ich dich körperlich schauen, ja, dich körperlich berühren! Wie
komme ich dazu, dich, den nie ein Auge gesehen hat, zu sehen? Dich, der
reiner Geist ist, zu berühren! Wie kann ich sagen, dass ich Gottes Finger
berührt? Wie kann ich sagen, dass ich Gottes Zärtlichkeit leibhaftig
begegnet? Und doch ist es so! So wird es auch dem Neuen Adam gehen
und allen seinen jungfräulichen Brüdern: Sie berühren die Ewige Liebe
leibhaftig in ihrem bräutlichen Körper, sie küssen den Körper Gottes, sie
vereinigen sich in ihrer Einheit von Leib und Seele mit der leiblich-
seelischen Gottheit! In der Freiheit von allem sexuellen Zwang
entschieden sie sich, die Ewige Liebe zur göttlichen Braut zu erwählen,
und die Ewige Liebe als göttliche Freundin berührt sie in ihrem
bräutlichen Körper, und sei es auch nur an der Spitze ihres Fingers, aber
ah, und oh, welch eine Berührung von kosmischer Elektrizität, elektrischer
Erotik Gottes!
FÜNFZEHNTES KAPITEL
O Bellissima Bellezza,
Eva, wahre Belladonna!
Ma beauté très adorable!
You are beautifull, black beauty !
Eva spricht: In mir ist das göttliche Leben. Aber wie seh ich das göttliche
Leben in meiner Seele? Ich habe eine Vision, da seh ich am höchsten
Himmeln den Herrn erscheinen, er ruft mich beim Namen: Ewige Frau, so
ruft er mich, komm herauf zu mir! Da besteige ich Planetensphäre um
Planetensphäre, sieben Planeten. Auf jeder Stufe begegnet mir eine der
sieben Todsünden, und als Kraft der Überwindung eine der sieben Gaben
des Heiligen Geistes. Ich überwinde Versuchung um Versuchung, ich bin
Überwinderin um Überwinderin und steige auf zum Empyreum über die
Himmelstreppe der sieben Planeten, bis mich oben der Herr umfängt und
mich küsst, wie er nie eine andre Frau wird küssen! Aber ich habe auch
eine Vision, da seh ich meine Seele wie ein Lustschloß mitten im Paradies.
Das Lustschloss hat sieben Gemächer. In jedes Gemach führt eine Pforte
der Meditation. Um jedes Gemach ist eine Mauer, die bösen Blicke und die
feurigen Pfeile des Bösen abzuwehren. In jedem Gemach begegne ich
einer Ahnung Gottes, aber von Gemach zu Gemach wird die Liebe Gottes
mir deutlicher, spürbarer. Im siebenten Gemach allerdings seh ich in der
Mitte des Raumes wie einen lichten Kristall den Kern meiner Seele,
transparent und klar, durchscheinend für das Licht der Liebe Gottes. Ich
habe aber auch eine Vision, da sehe ich meine Seele wie sieben Psychen.
Jede Psyche ist wie ein Schleier. Der göttliche Funke des göttlichen Eros
in meiner Seele verschleiert sich mit sieben Psychen, sieben Schleiern.
Jede Psyche ist eine Fee, eine Nymphe, ein Mädchen, eine Göttin. Aber
Schleier um Schleier fällt von der Erzpsyche ab, sie entkleidet sich
Schleier um Schleier und tanzt den Schleiertanz, den mystischen Striptease
der sieben Schleier, bis sie nackt dasteht, und der göttliche Eros, das ist
Christus, sich nackt mit seiner nackten Psyche mystisch-erotisch vereinigt.
Adam sprach zu Eva: Ich habe in meiner Seele einen Berg. Siehe, es kann
die ganze Seele in Nacht getaucht sein, in dunkle Nacht der Leiden, aber
auf dem Seelengipfel ist Freude! Eva sprach: Wie das? Adam sprach: Die
ganze Seele ist gemartert und wird am Holz zerrissen, aber auf dem
höchsten Punkt der Seele bricht ein paradiesischer Frühling mit aller
Lenzlust aus! Eva sprach: Und was fühlt die Seele dann, die Freude oder
das Leiden? Adam sprach: Die Seele fühlt die Leiden, aber ist zugleich im
Innern voller Freude, es ist in der Seele eine Glückseligkeit, die tiefer in
der Seele lebt als die Gefühle reichen. Aber in meiner Seele ist nicht allein
der Seelenberg mit dem Seelengipfel der paradoxen Wonne, sondern in
meiner Seele ist auch ein verwunschenes Paradiesgärtlein mit all der
erotischen Frühlingswonne und Lenzlust! Eine hochzeitlicher Liebesgarten
ist in meiner Seele! Aber wenn ich die englische Speise empfange, dann
sehe ich die Ewige Weisheit wie eine göttliche Herrscherin sich setzen auf
ihren weißen Thron im Innern meiner Seele, ich kniee vor der göttlichen
Herrscherin und bete sie an! Aber wenn ich die englische Speise
empfange... Eva sprach: Man hu?... Adam sprach Wenn die
leichtschmelzende himmlische Speise in meinem Innern sich auflöst, dann
sehe ich die Ewige Weisheit wie eine bräutliche Freundin, wie eine
Geliebte! In meiner Seele ist eben ein Brautgemach, ein verklärtes
Schlafzimmer. Im Innern des verklärten Schlafzimmers ist ein verklärtes
Bett, und im verklärten Bett liegt die verklärte Freundin, die Geliebte, und
da wir uns vereinigen, sie nackt und ich nackt im paradiesischen Ehebett
des himmlischen Brautgemachs im Innern der Seele, da durchströmt mich
die Glückseligkeit, die göttliche Wonne! Eva sprach: Was ist das, die
göttliche Wonne? Wonne, sprach Adam, ist Venus. Denn meine Geliebte,
die Ewige Weisheit, ich nenne sie Sophie, sie ist die wahre Venus Divina,
und wenn die Venus Gottes, das heißt, die Schönheit Gottes, sich mir ganz
hingibt, dann schenkt mir die Venus Gottes die Wonne Gottes! Eva errötete
und schwieg. Aber Adam sprach: Ich hörte die Stimme des Herrn, er
sprach zu mir: Nimm dir Evas Slip, das grüne Feigenblatt, und geh zum
Euphrat im Garten Eden und vergrabe Evas Slip in der Erde am Ufer des
Euphrat. Dann geh nach einem Jahr wieder an den Euphrat und grabe nach
Evas Slip. Da wirst du sehen, dass Evas Slip zerfallen ist, zu nichts mehr
zu gebrauchen. Denn siehe, wie Eva sich den Slip anlegt, so will Gott sich
die ganze Menschheit anlegen, aber die Menschheit wendet sich ab von
Gott und will die Liebe Gottes nicht, sie wollen nicht einmal hören das
Wort der Liebe Gottes! Eva sprach: Bist du dir sicher, dass das die Stimme
Gottes war? Was weiß Gott von meinem Slip? Adam sprach: Er ist doch
der Erfinder des Sex!
Eva sprach: Adam du bist ein wahrer Mann, ein Mann nach dem Herzen
Gottes! Du bist der Gerechte! Du lebst im Stand der Gerechtigkeit! Ich
bewundere die Weisheit deiner Vernunft! Du bist mir oft schon die
Stimme, das Orakel der Ewigen Weisheit gewesen! Dein Geist ist eine
Schatzkammer guter Gedanken, begeisternd sind deine Ideen, mit deiner
Begeisterung entflammtest du oft schon meinen Geist! Ich bewundere die
Stärke und Festigkeit deines Herzens! Wie oft, wenn ich niedergeschlagen
und bedrückt war, hast du mich aufgerichtet, mir neuen Mut gemacht, mir
neues Gottvertrauen geschenkt! Wie oft hast du mich ermutigt und auch
mein Selbstvertrauen gestärkt! Wo nimmst du den Mut her, Adam? Wo
nimmst du das Gottvertrauen und Selbstvertrauen deines Herzens her,
Adam? Ich bin auch fasziniert von der Macht deiner Leidenschaft, von
dem Feuer deines Verlangens, von dem Sturm und Drang deiner Wollust!
O du hast die Macht der Schlange! Wie fühl ich mich als Weib begehrt!
Wie fühl ich mich in meiner Weiblichkeit und Leiblichkeit gewollt,
gewünscht, geliebt! Du bist ein wahrer Mann, Adam, weise im Geist, stark
im Herzen und leidenschaftlich im Verlangen! Darum bist du der Gerechte,
denn du bist wohlgeordnet vor Gott! Adam sprach: Eva, du bist eine wahre
Frau, die wahre Frau nach dem Herzen Gottes, du bist die Frau an und für
sich, die absolute Frau! Dein Herz ist rein wie das Herz eines kleinen
Kindes, du bist von einer himmlischen Unschuld! Du bist voller Güte, ein
Abbild der himmlischen Güte! Du bist voller Liebe zu allen Geschöpfen!
Du bist voller intimer Vertrautheit mit Gott! Du bist demütig vor dem
ewigen Gott und bist bescheiden, denn du weißt, was Gott dir zugemessen,
dass du alles empfangen hast. Du bist nicht stolz, hochmütig, hoffärtig! Du
bist nicht hartherzig, nicht verstockt, nicht starrsinnig! Du bist wie das
fließende Wasser, das weiche Wasser, das den harten Stein zerbricht. Du
bist von Demut und Güte und Sanftmut. Dein Herz ist von solcher
Sanftmut wie ein Abbild der Zärtlichkeit Gottes! Du spiegelst die
Zärtlichkeit Gottes zu allen Kreaturen! O wenn du hochthronend vor mir
stehst, geliebte Herrin, die Füße auf den Wolken, zwei Seraphim zu deinen
Füßen, zu deinenSeiten die himmlischen Götter, die dich anbeten, und du
erscheinst als Himmelskönigin, ein kleines Häschen auf dem Arm, du
liebkost und streichelst das kleine Häschen, als wäre es der Sohn Gottes
selbst! Welche Zärtlichkeit Gottes ist in dir inkarniert! Welche Reinheit des
Herzens, Eva, dass du wie ein reiner Kristall bist, der ganz transparent ist
für die Schönheit und Güte Gottes! Welche Reinheit des Herzens, Eva,
dass du zu einem Spiegel geworden bist für die Herrlichkeit des Herrn!
SECHZEHNTES KAPITEL
EVAS LIED
EVAS LIED
ADAMS LIED
Siehe, da erschien die FRAU: Ich bin das ewige Paradies des Neuen
Adam! In mir, dem ewigen Paradiese Gottes, dem Lustort Gottes, findet
ihr mehr Schönheiten und Wonnen, als ihr im Garten Eden gefunden habt.
Kommt zu mir, der FRAU, und schenkt euch mir, der FRAU, ich werde
euch ein Paradies sein, ein ewiger Lustort!
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ÜBERSICHT
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Vierzehntes Buch
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Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
Mein Herz
Mein Herz –
Maria allein!
Liebe Karine,
Ich habe vor drei Tagen den Gesang aufgeschrieben, den ich dir sende, ich
dachte, er macht dir vielleicht Freude. Ich habe dich Anna genannt, das
passt zu China. Denn da gab es zum Beispiel die Dame Nan, bei der
Konfuzius zu Gast war, obwohl seine Jünger ihn deswegen schalten. Da
gibt es auch den Volksstamm der Han. Da ist auch Guan Yin, die Göttin
der Barmherzigkeit. So kann ich dich mitnehmen nach China. Eben dachte
ich: Vielleicht nenne ich dich Mimosenblüte? Ich habe mich in einen
Schmetterling in einem Traum verwandelt und taumle so dahin in meiner
Traumzeit. Die Menschen sind für mich nur noch Erinnerungen. Immerhin
erinnere ich mich gern an dich. Als du das letzte Mal bei mir am
Schwanenteich warst, habe ich dir ja zwei Stanzen vorgelesen von unsrer
ersten Begegnung. Es sind nun viele Stanzen geworden, ein Buch ist fertig.
Ich weiß nicht, ob du so viel lesen magst? Vielleicht schick ich es dir, ja,
das wäre anständig. Dies Schreiben hält mich am Leben. Jüngst habe ich
geträumt, ich fuhr auf einem Rad in Oldenburg und bin vor Müdigkeit im
Schlaf, im Traum vor Müdigkeit eingeschlafen, vor Lebensmüdigkeit.
Sonst schreib ich meine Manuskripte ab und stelle sie zu Büchern
zusammen. Außerdem lese ich viel über China, denn ich will noch über
China schreiben und den jungen David in China inkulturieren. Aber ich
weiß nicht, was daraus wird, denn es kommt doch immer anders als
geplant. Darum hab ich resigniert, Pläne zu machen. Denn so ist es oft: Ich
meine, eine Erkenntnis gewonnen zu haben, die Wahrheit erkannt zu
haben, doch nach einiger Zeit erkenne ich es als Täuschung und
Selbstbetrug. Dieser Gedanke, dass alle Erkenntnis so ungewiss ist und des
Menschen Erkenntnisse nicht von Dauer sind, das ist ein Gedanke, den ich
lieber gleich wieder verscheuche, weil er mich zur Verzweiflung treibt. Ich
habe wohl daran gedacht, dich in Oldenburg zu besuchen, aber es schien
mir, dass ich nicht willkommen wäre oder doch nur Probleme bereite. Es
ist doch in der Ulme nicht mehr so wie früher. So bin ich also mehr mit
den neugebornen Zicklein befreundet oder ich halte Ausschau nach dem
Reiher, der neu an den Schwanenteich gezogen ist, oder ich rede mit den
schwarzen Trauerschwänen, die sich fühlen wie ich, sie möchten am
liebsten untertauchen. Manchmal fahre ich mit dem Rad an die Nordsee
und schaue übers Meer, da sich zehntausend kleine Sonnenlichter spiegeln,
auf dem Rückweg scheint mir die Landschaft ein grüner Park von grüner
Jade zu sein. Ich habe auch schon Bekanntschaft mit dem jungen Kätzchen
des Hauses geschlossen. Aber erinnerst du dich noch, wie du im Berliner
Theater die Anna aus dem Osten warst? Das ist dein Name, du bist die
Göttin Guan Yin und die Dame Nan des Konfuzius. Als Anna sollst du am
Himmel meiner Poesie schimmern. Adieu,
dein Dodo
Liebe Freundin !
« Wir werden wie die Träumenden sein… » So stell ich es mir vor : Wenn
ich entschlafen bin, so werde ich ein unendlicher Träumer sein in einem
ewigen göttlichen Traum. Das Schönste aus dem Dasein und die
Augenblicke des Glücks, sie werden in die Unendlichkeit verlängert. Die
Schöne, die ich sah, schön wie tausend Lenze, sie wird dort sein in
vollkommener Schönheit, schön wie zehntausend mal zehntausend Lenze,
wenn morgens früh der Tau auf der grünen Wiese ist und Sie sich erhebt!
Woher hab ich denn die Bilder vom Paradies, wenn nicht von dem, was ich
auf Erden sah! Jetzt will ich von dir träumen, jede Linie deines Leibes will
ich sehen mit den Augen meines Geistes, von den Lippen bis zu den
Schenkeln. Ich rede von Brust zu Brust zu dir, ich rede zu deiner Brust in
der Brust! Hier sollte ich beginnen zu schweigen, damit ich nicht zu viel
sage. Sonst könnte es mich hinreißen! Aber wohin mit all meinem
Seufzen? Und wenn ich nun der Gelbe Strom bin, Huang He, und du bist
das Gelbe Meer, Huang Hai, in das ich münde? Du hast gegürtet des
Gemütes Lenden! Oh und wir taumeln selig ineinander und wandeln
zusammen über ewige Meere! Ich tauche in das Meer der Seligkeit! Du
tauchst auf: Weißer als der Schnee und röter als die Rose! Ich wollte wohl
vor dir oben sein, denn dann könnte ich sehen, wie du auftauchst – in
transparenter Seide... Mich dürstet nach Schönheit und Liebe! Ich bin oft
so lebensmüde und möchte sinken in deinen Schoß. Ich dichte, darum bin
ich. Ich denke an das Meer des Südens und an den Berg. Alles andere war
ja sowieso nur Phantasie. Ach, wenn sich einmal meine aus dem Nichts
gezeugte Phantasie verkörpert mit wirklichen weißen Armen!... Da kann
ich wohl dankbar sein, weil du mich einmal in die Arme genommen! Wie
soll ich auch sonst die Schönheit sehen als in der Schönen vor meinen
Augen? Nur ein flüchtiger Seufzerschatte zu sein, ist vielleicht dem Nebel
erträglich, aber ich bin als Mensch auf den Fels gestellt. Das I Ging sagt:
„Ohne Haut an den Schenkeln fällt das Gehen schwer.“ Hoffentlich magst
du meine Gedichte, ich will dir auch nicht allzu viele schreiben. Immer ist
es die Kunst der Renaissance, die ich zum Vorbild habe. Aber hast du
schon einmal von einer zwiebelfarbenen, geschlitzten, kurzen Tunika
gehört? Aber jetzt ist das weiße Blatt vollgeschrieben, und ich will mir
noch einen Segen ausdenken für dich: Möge über dir der Phönix seine
Flügel breiten und mögest du dich heben in einem seligen Traum mit mir
in den Ewigen Frühling! Jetzt kann ich nur noch hoffen, dass wir uns bald
wiedersehen und für immer daure deine Freundschaft! Mir! Dein Dodo
Liebe Karine!
Jetzt schreibe ich dir gleich. Dein Brief ist vor drei Minuten über die
Schwelle meiner Tür geschoben worden. Da habe ich mich gefreut.
Endlich schreibt mir einmal eine Frau! Da gibt eine Frau mir Antwort! Die
ersten Worte, die ich las, waren: „Wir werden uns sicher wiedersehen...“
Da war ich erleichtert. Gestern Nacht hab ich mit Sehnsucht an dich
gedacht. Ich möchte wieder einmal eine Frau empfinden. Ich möchte
spüren, wie sich glatte Haut anfühlt, ich möchte küssen und umarmen! Das
Leben hier ist doch furchtbar lieblos! Ich bin nicht glücklich in der
absoluten Einsamkeit. Sonst besuchte mich ein Freund, wir tranken Wein
und diskutierten, aber dann blieb er aus. Ich war auch bei einem andern
Freund, wir spielten ein Spiel, doch hatte er vor lauter Arbeit keine Zeit.
Wenn ich in die Schenke gehe, stehe ich dort wie gar nicht anwesend. Ich
wollte ein gebratenes Hühnchen essen, aber die Wirtin schaute durch mich
durch als wäre ich unsichtbar. Wo die Menschen sind, da bin ich viel zu
lebensmüde, um dorthin zu gehen. Ich kann mich kaum selbst noch tragen.
Wenn ich nicht gerade in die Stadt fahre, Brot und Wein zu kaufen und
Kinderstimmen zu hören, wenn ich nicht gerade am Schwanenteich
spazieren gehe, wo die Trauerschwanin ihrem toten Trauerschwan
nachtrauert, dann bin ich in meiner Einsiedelei. Da schreib ich dann meine
Verse ab. Ich schreibe gerade über China. Da ist ein Menschensohn im
Jahre Null in China geboren, mit zwölf Jahren war er weiser als Konfuzius
und Lao Tse, mit dreiunddreißig Jahren ist er freiwillig gestorben und gen
Himmel gefahren. Eben fällt mir wieder ein, dass ich dich in meinem
Morgentraum gesehen und gestreichelt habe. Ich habe deinen nackten
Rücken massiert. Wenn ich dann am Tage von China geschrieben habe,
dann trink ich nachts viel Wein und reime betrunken Liebesverse, die meist
in Tränen untergehen und sich verzehren vor Sehnsucht. Was deinen Brief
betrifft: Ich muß erst einmal im Wörterbuch nachschauen, was „Avancen“
bedeutet. Ich möchte dich gerne wiedersehen, deine Stimme hören und mit
dir spazieren gehen. Ich will nicht die toten Menschen treffen, die man
manchmal treffen muß und merkt doch, dass sie einen nicht leiden mögen.
Ich möchte einfach wieder Kontakt mit dir haben! Mein Herz hängt immer
noch an dir! Ich habe ja zwei Zimmer, in einem könntest du dann schlafen.
Ich werde dich auch nicht bedrängen, das nehm ich mir ganz fest vor. O
Karine, wenn du doch einfach in meiner Nähe wärest, ich deine Schönheit
sehen und deine Stimme hören könnte! Sonst komme ich dich eben zu
deinem Geburtstag besuchen. Du kannst doch Vertrauen haben, dass ich
deine Grenzen respektiere und ich dich schlicht und einfach als Freundin
liebe! Wir würden Kaffee zusammen trinken und schreiben, du
Altkirchenslawisches und ich Altchinesisches, ich würde mich selbst
beherrschen und dir nicht – all meine Gedichte rezitieren! Ich würde dir
nur Gedichte vorlesen, wenn du selbst mich ausdrücklich darum bätest!
O Gott! O Kwan Yin über China!
O komm in meine Einsamkeit, Karina!
Ich war mit dir in Berolina und Polen und in La France, vom Atlantischen
Ozean bis zum Mittelmeer! Du bist eine chinesische Prinzessin am Hof
von Dschingis Khan. Ach ich möchte nur noch einschlafen, ohne wieder
aufzuwachen... Hoffentlich sind dir meine Lamentationen nicht zu dunkel.
„Die Menschen sind alle so fröhlich, als ginge es zum großen Frühlings-
Opferfest – ich allein bin traurig!“ (Lao Tse) Und weil ich so traurig bin,
ertragen mich die lustigen Leute nicht. Mein Herz ist wie eine schwarze
Wolke. Wollen wir zusammen Pekingente essen? Ich sehne mich danach,
gerade mit dir die Pekingente zu essen! Ich werde den Becher leeren bis
auf den Grund! Aber wie und wo denn werden wir zusammenkommen und
wo ist ein Ort für uns gemeinsam? Du brauchst nur zu kommen! Ich
gewähre dir absolute Ruhe! Eben klingelt es an der Tür und ich denke
spontan: Sie ist’s! Meine Liebe, sei so lieb und komm ganz schnell!
Dein Dodo
Liebe Karine!Jetzt schreibe ich dir einen Brief zu deinem Geburtstag. Ich
will mich zuerst sammeln. Doch ich muß noch vorher Zigarettenpapier
kaufen. Eben kam mir eine Frau entgegen, da ging es wie ein Blitz durch
mich hindurch, denn ich dachte, das wärest du! So war es auch gestern, als
ich mit der Eisenbahn zurückkam, da sah ich am Bahnhof – dich! Aber als
ich auf dich zu ging, da warst du es nicht. Zuhause legte ich mich auf mein
Lager, um zu schlummern, da hörte ich im Innern meiner Seele deine
Stimme, du hast noch weiter mit mir gesprochen. Ich habe inzwischen
weiter über meinen chinesischen David geschrieben, er ist jetzt ein Hirte
geworden und wandert über die Westgebirge, die sich in die weißen
Wolken erheben. Pfirsichbäume stehen dort im grünen Gefilde,
Pfirsichbäume mit duftenden Blüten. „Fallenden Blüten gleich ist ihr
Gewand...“ Da kam eine Selige zu dem chinesischen Hirten, die hatte
Pfirsichwangen und eine Haut so weich wie Entenflaum, sie hielt ihn
zärtlich an den Händen. Er war auch bei einem alten Hirten, der lebte in
einer Hütte oben im Gebirge. Dann kamen zwölf Feen aus dem
Westgebirge von der Königinmutter der Feen, die singen und tanzen, es ist
wie im Gefilde der Seligen, wo Freude und Wonne und Jauchzen und Jubel
ist, Glückseligkeit und Ewige Liebe: „Die Menschen werden nicht
heiraten, sondern wie die Engel sein...“ Ein Engel, oder lieber gesagt,
meine Engelin – sie hat eine unendlich liebevolle, weiche, sanfte, warme,
süße Stimme, so dass sich mein Herz vollkommen geliebt weiß, wenn ich
diese Stimme meiner Engelin höre. Und Sie ist wie Schnee und Glut, wie
eine weiße Wolke und eine rote Flamme. Und Sie hat weiße Schwingen,
mit denen Sie mich behütet und warm umarmt, die Schwingen sehen aus
wie schimmernder Tau auf funkelnden Juwelen auf weißen Flügeln. Ich
habe gehört, im Garten Eden, im Paradies gab es keinen Frost und Winter,
da war nur ewiger Frühling, immerwährender May! O das ist meine
Sehnsucht, mich dürstet danach! Der Gelbe Kaiser Huang Di kam
dreitausend Jahre vor Christus, er hatte einen Wagen mit einem Zeiger, der
immer gen Osten wies. Im Osten sind doch immerhin die warmen Wasser,
aus denen die vollkommene Schönheit auftaucht, gegürtet mit weißem
Schaum, die schüttelt das Haupthaar und wandelt auf dem Wasser und
kommt zu den Menschen – zu mir! Sie ist die verkörperte Liebe! Umher
ist ein Garten von grünen Bäumen mit bunten Blüten, süß duftend, und mit
Früchten, köstlich, den Durst vollkommen löschend. So sehne ich mich
nach dem China, das nicht von dieser Welt ist. Ich sehne mich so nach dem
Zypern, das nicht von dieser Welt ist. Cypria, Cypria! seufzte ich neulich.
Ah, mich dürstet so sehr, dass ich mich in ein rauschendes Weltmeer
stürzen möchte, in Liebesozeane! Das ist mehr als ein Dürsten, das ist eine
Glut in meinen Gebeinen! Ich schmelze wie eine Kerze! Es ist eine
Flamme auf dem Blut in meinen Venen! (Moderne Zeit, mir kommt die
Napalmbombe in den Sinn mit ihrem unlöschbaren Feuer! Da müsste
schon der ganze Pazifische Ozean den Himalaya übersteigen!) Da ist ein
Becher, den ich ganz ausleeren muss! Ich will meine Lippen ansetzen an
die Lippen des Bechers! Trotz all der Sinnlosigkeit der Sinnlosigkeiten –
einmal werden alle Wünsche erfüllt! Man muss nur Ausdauer haben,
Geduld! Und wenn es sein soll, für eine kurz Zeit betrübt sein... Jetzt, o
Gott, jetzt bitte ich dich, dass ich mich erneut aufschwingen kann zu der
göttlichen Hoffnung, dass mein tiefstes Verlangen von der Ewigkeit gestillt
wird!
Dein Dodo.
Liebe Karine!
Jetzt sitze ich im Irrenhaus! Ich habe mir die Adern aufgeschnitten, da bin
ich verblutet. Ich schwebte zwischen Himmel und Erde. Aber ich bin auf
der Erde geblieben, Jesus wollte es so. Ich soll leben und blühen wie eine
Lilie – jetzt will ich leben und blühen wie eine Lilie. Jetzt wird etwas
Neues beginnen, das Neue Leben. Ich will mit Christen die Bibel
studieren. Aber vorerst bin ich hier noch eingesperrt, umgeben von
Trinkern und Verrückten. Ich habe nur Ausgang, wenn meine Mutter mich
kurz besuchen kommt. Sie wollen mir jetzt Pillen geben, um meine
Phantasie zu lähmen. Heute las ich in der Bibel: „Ich bin nicht betrunken,
sondern bete!“ Ich war ja lange einsam und elend, und so traurig war mir
zumute. Den Rest gab mir der höllische Horror, den ich erlitt! Da wusste
ich keinen andern Ausweg, als mich selbst hinüberzuschicken über den
Jordan. Als ich im Garten meiner Todesangst lag, da sah ich mit
geschlossenen Augen die Taube des Heiligen Geistes, dann sah ich
Christus am Kreuz, ich sah im offenen Himmel Jesus Christus – ich habe
ihn gleich erkannt! Der Geliebte wird mir Alles vergeben! O mein Gott,
wie liebe ich Jesus! Ich sah die Mutter Gottes mit dem göttlichen Kind auf
den Armen. Sie hatte ein rotes Gewand an und ein Schleier wehte um ihren
Kopf. Sie sah so ähnlich aus wie die Sixtinische Madonna. Kannst du mir
bitte das Bild der Sixtinische Madonna aus deinem Haus schicken?
Auferstanden von den Toten,
Danke ich dem Herz Marias,
Ihr, im Kleid, im lieberoten,
Mit dem Kinde, dem Messias!
Das wird jetzt meine Ikone sein. Gestern habe ich gedacht, ob ich
vielleicht Priester werden soll? Heute habe ich mit einem alten Priester
gesprochen, der mir sagte, ich solle weder Priester noch Mönch werden,
sondern Dichter Gottes sein. Jetzt denke ich, das beste wäre es, wieder
nach Oldenburg zu ziehen, denn da kenne ich dich – und deine Freundin
Evi. Aber gleich kommen wieder die Irrenärzte und wollen mir ihre Pillen
geben, meine Phantasie zu ersticken. Sie wollen mit einem
Schraubenschlüssel meine feine Psyche reparieren. Das Blut sprudelte in
Strömen, ich rief immer nur: Jesus – Jesus – Jesus! Ich stand auf, halbtot,
da war alles Orange vor mir, wie das Licht des Morgensterns, und Grün
war da, wie die seligen Gärten auf dem Morgenstern, und ich sah Jesus aus
dem Jordan auftauchen, auferstanden von den Toten – mein Ein und Alles!
Darum mache ich das Kreuz.
Alles Liebe, Dodo.
Liebe Karine,
am Anfang sahen die Menschen, dass alles menschliche Leben aus der
Mutter kam. Ihnen war der Beitrag des Mannes bei der Zeugung
unbekannt... Es gab keine Ehe... Es gab nur eine Sippengemeinschaft mit
freier Liebe. Die Sexualität war pure Lust, aber sie war nicht bekannt als
Ursprung des Lebens. Erst die neun Monde der Schwangerschaft waren
das sichtbare Zeichen des neuen Lebens, das aus dem Schoß der Mutter
kam. Das männliche und das weibliche Kind kam von der Mutter allein.
Darum war das mütterliche Prinzip am Anfang vorherrschend. Das
Männliche-Menschliche und das Weiblich-Menschliche war
gleichermaßen Kind der Großen Mutter. Darum stellte man sich die
Gottheit, aus der alle Schöpfungen hervorgegangen waren, als Große
Mutter vor, die die Welt gebiert. Noch in den ältesten babylonischen
Schöpfungsmythen vom Euphrat und Tigris ist die Vorstellung überliefert,
dass die Urmutter das Urmaterial der Schöpfung ist. In der Zeit der Jäger
und Sammler waren die Männer vom Jagdzauber der Frauenpriesterinnen
begleitet. Es sind jagdmagische Szenen in Höhlenmalereien erhalten
(Frankreich), welche Priesterinnen mit magisch-beschwörend zum
Himmel erhobenen Armen im Kreise jagender Männer abbilden. Die Idee
der Großen Mutter oder Großen Göttin ist abgebildet in den ältesten Idolen
der Menschheit, die immer Mütter in höchster Fruchtbarkeit zeigen. Die
Betonung von Busen und Vulva zeigen sie aber nicht als Sexualobjekte der
Männer, sondern als Spenderinnen natürlicher Fruchtbarkeit. Ihr breites
Gesäß ist dargestellt wie ein Thron, zeigt zugleich die Schwerkraft, die
Verbindung mit der Erde. Diese Große Mutter wird manchmal dargestellt
mit abstrakten Ornamenten, was auf ihre auch geistige Bedeutung
hinweist. Ihre Augen sind ein Symbol für ihre Herrschaft in der
Geisterwelt. Vermutlich wurden die mütterlichen Ahnen im Jenseits
kultisch verehrt, in den Ewigen Jagdgründen. Die Verbindung des
Anschwellens und Abschwellens der Frau in der Schwangerschaft mit dem
Zunehmen und Abnehmen des Mondes war evident. Auch stellte man fest,
dass die Periode der Frau mit dem Zyklus der Mondes blutsverwandt war.
Somit stand die Frau in einer besonderen natürlich-religiösen Verbindung
mit dem Himmel. Die Jagd fand vornehmlich im Mondschein statt, da
stand auch die männliche Jägerschaft unter der Vorherrschaft des Mondes
(La Lune). Von dem Übergang der reinen Jäger- und Sammlergruppe zur
Ackerbaugesellschaft waren wiederum die Frauen die
Kulturschöpferinnen. Denn die Sammlerinnen entdeckten zuerst den
Ackerbau. Darum stand auch das Getreide in griechisch-römischer Zeit
unter der Vorherrschaft der Erdmutter Demeter. Das Brotbacken wurde von
den Frauen erfunden, die damit zur Quelle des Lebens und der Nahrung
wurden. So heißt auch Eva im biblischen Buche Genesis „Mutter des
Lebens, Mutter aller Lebendigen“. Auch das Töpfern wurde von den
Frauen erfunden, wie auch die Frauen die Sesshaftigkeit der Sippe
begründeten. Der Topf war wie das Haus und die Höhle und die Grotte und
der Tempel und das Grab ein Gefäß als Symbol des weiblichen Schoßes.
Darum heißt Maria in der Lauretanischen Litanei noch heute „Kelch der
Devotion“. Die ersten Tempel waren sozusagen Felshöhlen oder Grotten,
gewissermaßen unterirdische Kathedralen, aber alle im Sinne eines
Mutterschoßes verstanden. Die Religion war die Empfindung, dass die
Natur geistig beseelt ist, dass die Ahnen fortleben, dass die Große Mutter
alles ernährt und im Tode in ihren Schoß zurücknimmt. Die Große Mutter
war die Himmelskönigin, so heißt sie in den ältesten babylonischen
Texten: Mami. Sie war die Erdmutter und sie war die Göttin der Liebe und
der Fruchtbarkeit und war die Muttergöttin oder Weise Alte in der
Jenseitswelt. Auch das Weben und Spinnen war Erfindung der Frauen, man
deutete dies symbolisch als Weben des Lebensfadens, der Lebenslinien,
des Schicksals der Menschen. Bei den Römern und bei den Germanen sind
die Schicksalsgöttinnen Weberinnen. Dies ist die Bedeutung des Webstuhls
im Märchen von Dornröschen. Die Religion war den elementaren
Bedürfnissen angepasst und war im Wesentlichen Fruchtbarkeitsmagie,
aber auch Beschwörung einer geheimnisvollen Göttlichkeit, die sich
offenbarte in der Natur. Es gab kultische Tänze, in Labyrinthen und
Spiralen getanzt, die den Zyklus des Mondes symbolisierten. Auch die
Schrift ward von den Frauen erfunden. Der letzte Tempel der Großen
Göttin Artemis von Ephesos, dargestellt mit neunzehn Brüsten, wurde im
fünften Jahrhundert nach Christi Geburt geschlossen. Damals riefen die
Epheser: Groß ist die Gottesmutter von Ephesos!
Dein Mariensohn Dodo.
Liebe Karine,
Du wünschtest dir nach all den Versen einmal einen Brief von mir. Heute
Nacht ist mir danach, dir einen Brief zu schreiben. Weißt du, Jesus hat
einmal gesagt, dass wir wie Kinder werden sollen, damit wir in den
Himmel kommen. Ein Prophet hat einmal gesagt: Alle Kinder sind kleine
Heilige. So habe ich heute Nacht erkannt, dass dein kleiner Juri mein
Lehrer ist. Er hat die Tiere so lieb wie der heilige Franziskus, dem alle
Tiere Brüder und Schwestern waren. Und die liebe Sonne ist für Juri auch
eine Schwester. Und ich habe noch mehr von Juri gelernt: Als Erwachsener
grüble ich über die Weisheit der Weisen und die Erkenntnis Gottes. Wie ist
Gott zu denken und welchen Namen kann man Gott geben? Aber mit Juri
ist es so: Er sagte einmal „Ameize“ zur Ameise, um mir zu beweisen, dass
er das richtige Wort kenne, aber dann sagte er doch lieber wieder „Amma“
zur Ameise. Da empfand ich als sein geistlicher Vater und dachte: Sag nur,
wie du willst, ich verstehe dich doch. Ja, mein Liebling, ich habe dich so
lieb, ich will jetzt auch „Amma“ zur Ameise sagen. Da verstand ich:
Genauso ist Gott Vater zu mir! Gott Vater sagt zu mir: Wenn du mich
Mami nennen willst, dann will ich für dich sein wie eine Mutter, die ihren
Sohn tröstet, dann will ich barmherzig wie ein Mutterschoß sein. Wichtig
ist mir nur, dass du wie ein kleines Kind dich vertrauensvoll in meine
Arme wirfst und anbetende Liebe für mich hast! Und weißt du, Karine,
Juri weiß doch schon alles von Gott, ohne irgendetwas zu verstehen, denn
der Menschenverstand wird Gott nie verstehen. Wenn ich einmal das Ave
Maria singe, dann beginnt Juri auch zu singen: Mamamama. Und wenn ich
singe: Jesus, dein Name ist süß wie Honig! Dann beginnt Juri auch zu
singen: Je-Je-Je-Je. Und dann ist Gott wie eine liebende Mutter um uns
und wie eine wärmende Sonne voll von Glück der Liebe. Und wenn ich
dann in die Kirche Gottes gehe zum Hochzeitsmahl des Lammes, da wir
den Leib Christi empfangen und so Gottes Liebe im Herzen empfangen,
dann bring ich dich, Karine, und Juri dem Herrn dar, so dass Jesus, wenn
er in mein Herz kommt und mich liebt, er auch dich und deinen Sohn sieht
und liebt. Und wenn ich zu euch komme, dann bete ich immer den
Rosenkranz, damit Unsre Mutter im Himmel und ihr göttliche Sohn auch
dich und deinen Sohn mit ihrer reinen Mutterliebe beschenkt. So also sieht
es in meinem Herzen aus. Auf diese Art und Weise liebe ich dich, Karine,
und deinen Sohn Juri.
Bis bald!
Dodo.
Liebe Karine!
Heute ist ein kleines Wunder geschehen, eins der zärtlichen Wunder
Gottes. Ich dachte gerade, dass ich in letzter Zeit so viele Freunde verloren
habe und nun fast allein da stehe, da rief um Mitternacht ein alter Freund
an. Und als ich über dieses Zeichen nachdachte, erkannte ich die Treue der
wahren Freundschaft. Da dachte ich gleich an dich. Unsre Freundschaft ist
die längste und dauerndste, ist eine Freundschaftsliebe, die die Treue
Gottes widerspiegelt. Siehe, am Anfang war unsere Beziehung ein ach so
süßer Honigmond des Eros. Dann lebten wir wie Brüderchen und
Schwesterchen miteinander. Als ich mich zu Christus bekehrte und zur
Ehelosigkeit und zur Liebe zur vollkommenen Jungfrau berufen wurde,
schienst du mir erst die Verkörperung meines alten Heidentums, darum
wandte ich mich von dir ab. In meinem Wahnsinn warst du dann aber
Verkörperung meines Lebenswillens, meiner Liebe zum Leben. In der
trockenen Zeit der Rekonvaleszenz warst du meine erotische Sehnsucht.
Dann zogen du und Evi mich nach Oldenburg. In der Zeit meiner großen
und schrecklichen Liebesschmerzen um Evi warst du mir eine treue
Freundin und Schwester mütterlichen Trostes. Ich trennte mich eine Zeit
von Evi, nicht weil ich sie nicht mehr liebte, sondern weil ich den Schmerz
nicht mehr ertrug, da konnten mich allein deine Kinder Juri und Milan
trösten. Da warest du in einem Frühling für einen Frühling mein Schatz.
Da erkranktest du an deiner tödlichen Krankheit und wurdest dem
gekreuzigten Christus gleich. Auf Weisung der Gottesmutter wurde ich für
dich zum rechten Arm der Mater Caritas. Wir lebten wie in einer Familie
zusammen und ich zog deine Söhne groß. Nun hast du beschlossen, die
volle Verantwortung für deine Kinder zu übernehmen. Mir ist es wie bei
einem Aufbruch in ein neues Leben. Jetzt will ich mehr als nur ein
Nothelfer sein, jetzt will ich unsre Freundschaft wieder erneuern. Ich
wende mich jetzt wieder mit ganzer Kraft der Poesie zu. Papst Johannes
Paul der Große hat einen Brief an die Künstler geschrieben, darin er von
einer besonderen Berufung zur Verherrlichung der göttlichen Schönheit
schreibt. Eine Dame der Gemeinde fand mein Gedicht von den Augen der
Muttergottes so schön, dass sie den Priester bat, mein Gedicht in der
Liturgie vorzutragen. Eine Freundin hat weinen müssen, weil mein
Gedicht so schön war. So hat Gott mich ermutigt, mich wieder ganz der
Poesie zu widmen. Maria in ihrer Erscheinung von Medjugorje ruft zu
immerwährendem Beten auf. So will ich jetzt vor allem ein intensives
Leben des Gebets führen und für dich beten und für alle, die die Liebe
Gottes im Gebet noch nicht erfahren haben. Jetzt erhebe ich meinen vollen
Becher auf die Treue unsrer Freundschaftsliebe!
Dein Dodo.
Liebe Karine!
Ich will dir gern gestehen, dass ich vor wenigen Tagen sehr geweint habe,
weil kein Mensch mich liebt. Da dachte ich: Wenn mich doch Karine
lieben würde! Aber ach, sie liebt mich auch nicht! Da habe ich sehr
geweint, weil du mich nicht liebst! Ich verstehe dich also, wenn du dich in
dieser Zeit sehr ungeliebt fühlst. Aber ich will dir den Trost des Wortes
Gottes spenden, der auch mich getröstet hat: „Hab keine Angst! Du wirst
nicht wieder enttäuscht, du brauchst dich nicht mehr zu schämen. An die
Schande deiner Jugendzeit und die Schmach deiner Witwenschaft wirst du
bald nicht mehr denken! Dein Schöpfer ist ja dein Gemahl – er heißt der
Herr, der Herr der ganzen Welt. Der heilige Gott Israels ist dein Befreier,
der Gott, dem die ganze Erde gehört. Jerusalem, du bist wie eine Frau, die
von ihrem Mann verlassen wurde und tief bekümmert ist, aber jetzt ruft Er
dich zurück. Kann denn jemand seine Jugendgeliebte verstoßen? So
spricht der Herr. Für eine kleine Weile hab ich dich verlassen, aber weil ich
dich von Herzen liebe, hol ich dich wieder heim. Als der Zorn in mir
aufstieg, hab ich mich für einen Augenblick von dir abgewandt. Aber nun
will ich dir für immer gut sein! Das sage ich, der Herr, der dich befreit.“
Karine, das ist eben mein persönlicher Trost, dass Gott mein Gemahl ist
und mich liebt! Aber ich denke bei diesen Worten auch an dich, denn du
bist ja meine Jugendgeliebte, die ich einmal im Zorn verstoßen habe, aber
die mir wieder zur treuen Freundin wurde, die ich liebgehabt. Ich habe
dich doch herzlich lieb! Aber mein Zorn hat unsre Freundschaft belastet,
aber jetzt will ich dir wieder herzlich wohlgesonnen sein und dich von
Herzen lieb haben. Ohne dich und ohne die Gewissheit, dass du mich lieb
hast, ist es doch sehr einsam und dunkel auf der kalten Erde. Ich schreibe
auch Juri und Milan und Simon Liebesbriefe, wie sie mich gebeten haben.
Milan will mir auch einen Liebesbrief schreiben!
Alles Liebe!
Dein Dodo.
Liebesbrief an Karine!
Meine Liebe!
Vor fünftausend Jahren waren wir am Mittelmeer im Paradies. Rings
waren Weinberge und es flossen Ströme von Milch und Honig. Das Brot
wuchs aus der Erde. Die Gewürze dufteten berauschend. Da warest du die
Priesterin der Großen Mutter, unserer Göttin der Liebe. Ich war dein
Liebesheros und vereinigte mich mit dir, und indem ich mich mit dir
vereinigte, vereinigte ich mich mit der Göttin der Liebe und Schönheit.
Rings um unser Paradies rauschte das Mittelmeer und das Meer von
Atlantis. Wir waren glücklich und lebten in paradiesischen Wonnen! –
Dann wurde ich im dritten Jahrtausend nach Christi Geburt geboren und
traf dich, als ich ein Mann geworden war. Da warest du die Madonna, die
auf den Wolken steht mit dem Jesusbaby im Arm. Da warest du Meine
Kleine Gottesmutter. Ich verlobte mich mit der Göttlichen Weisheit, der
Hagia Sophia! Und die irdische Ehefrau und Familie war ein Spiegel der
himmlischen Braut, der göttlichen Weisheit, die wie eine Mutter und junge
Braut den Philosophen liebt. – Schließlich sind wir am Abend unsres
Lebens, satt von Leben, eingeschlafen und aufgewacht im himmlischen
Paradies! Da rauschten die Meere Gottes. Da tanzten die Himmlischen auf
den Weinbergen des Gartens Eden, da floss die Milch der Mutterliebe
Gottes und der Honig der süßen Weisheit Gottes. Da tranken wir Wein, der
keinen Kopfschmerz verursacht. Da warest du meine Paradiesgeliebte und
indem wir uns vereinigten in Einer Einzigen Ewigen Hochzeit, erfüllte
sich das Gotteswort, dass die Liebe Alles in Allen sein wird!
Ich küsse dich auf die Stirn...
Dodo.
Lieber Onno!
Ich bin nach Altenburg gezogen und habe Kontakt aufgenommen mit
Anna, die ich von früher kenne, und ihrer Freundin Iphigenie, diese beiden
schönen und lieben Frauen leben zusammen in einem romantischen
Bauernhaus in einem wahrhaft paradiesischen Garten mit einem
Apfelbaum in der Mitte. Anna liest dort russische Poesie und ich lese in
anglikanischen Märchenepen. Ab und an helfe ich Anna bei einer
Nachdichtung eines russischen Gedichts. Iphigenie lässt ihren kleinen
Sohn Mark im Grase krabbeln wie einen Marienkäfer. Iphigenie rupft das
Unkraut aus den Beeten. Nach meiner langen Einsamkeit auf der Nordsee-
Insel fühle ich mich in dieser Gemeinschaft unglaublich wohl. Meistens
verabredete ich mich mit Anna, aber heute sagte Iphigenie zu mir: „Ich
möchte, dass du auch mich besuchen kommst!“ Ihr Wort ist mir Befehl! Im
Übrigen bin ich in meiner Kirchengemeinde zuhause, besonders in der
Stunde der Anbetung. Ich habe in der Kirche einen japanischen Christen
kennen gelernt, der mit mir über die japanische Kunst spricht. Ich habe
begonnen, Haikus zu dichten. Lieber Onno, sauf dich nicht voll mit Wein,
sondern lass dich mehr vom Heiligen Geist erfüllen! Ich grüße dich in
Bruderliebe, dein
Dominik.
Lieber Onno!
Ich schreibe zum zweiten Mal aus Altenburg und berichte von meinem
schönen Leben. Ich wurde erfüllt vom Heiligen Geist! Morgens treff ich
mich mit dem japanischen Christen zur Anbetung in der Kirche. Mittags
speise ich mit Anna in der Universität. Nachmittags trink ich mit Iphigenie
Darjeeling vom Himalaya oder grünen Tee aus Oolong. Sie schüttet mir ihr
Herz aus. Ihr Mann ist nie zuhause, wenn ich bei ihr bin. Ich habe letzte
Woche mit Iphigenie zu Jesus gebetet. Wir gingen spazieren um den
Leiersee. Es war ein lieblicher Frühlingstag. Die Weiden, die grünen,
grünen Weiden ließen ihre Schleier sinken auf das Wasser. Die Vögel
zwitschern so süß. Iphigenie schiebt im Kinderwagen den kleinen Mark
durch den Frühling, wir reden über Gott und die Welt, am meisten aber
über Gott. Sie glaubt an Gott, wenn auch Gott für sie nicht eine Person ist
und sie nicht Du sagt zu Gott. Wir verstehen uns so gut, und sie ist so
offen. Ich finde sie von Tag zu Tag schöner. Sie hat solch ein liebliches
Lächeln, so schöne weiße Zähne, prachtvoll lange schwarze Haare, immer
ein wenig verwirrt oder auch aufgesteckt zu einem bezaubernden Knoten.
Ihre Gestalt des Leibes ist wie eine Gitarre. Ihre Brüste zeichnen sich ab
und scheinen mir Pfirsichen gleich zu sein. Ich träume von Iphigenie
Lenzträume, die mich unruhig machen. Darum habe ich auch folgendes
Haiku geschrieben:
Die Nachtigall
Verliebt ist in die Rose,
Es ist die Lenzlust!
Gott segne dich! Dein
Dominik
Lieber Onno
Am vergangenen Sonntag war ich auf einer ökumenischen
Kirchenversammlung, da der katholische Priester von der Verbrüderung
mit dem Islam sprach, die junge blonde Baptistin sprach: Jesus sagte: Ich
bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater denn
durch mich. Die Baptistin war sehr anmutig. Ich traf sie einige Tage später
wieder, sie meinte, meine Schwärmerei für sie sei gewiss vom Teufel. Aber
sie singt so schön, ihre Stimme berührt mein Herz. Sie sang das berühmte
Lied von Dietrich Bonhoeffer von den guten Mächten. Mehr schreib ich
dir nicht, denn du schreibst mir auch nicht. Dein
Dominik
Lieber Dominik!
Nun finde ich endlich einen Augenblick Muße, dir zu schreiben. Hüte dich
vor Iphigenie! Dein
Onno
Lieber Onno!
Ich habe zwei bittersüße Monde verlebt! Die Liebe ist eine Flamme
Gottes! Auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer! Wie schön wäre es,
mit einer lieben und schönen Frau die Liebe zu Christus teilen zu können!
O du Reh! O du Nachtigall von Galiläa ! O du Psyche Christi! Ah weh,
mein Herz tut weh ! Ich tröste mich, indem ich in Zungenrede bete und
singe. In der Predigt forderte mich der Herr auf, die Schöpfung dankbar zu
genießen. So ging ich mit Iphigenie und ihrem kleinen Kindlein Mark um
den Leiersee. Die Sonne glitzerte golden auf den leisen Wellen und in den
lebensgrünen Baumkronen. Ich sang für Iphigenie ein Haiku:
Die Sonne küsst
Mit glühendheißen Lippen
Die feuchten Wellen!
Ich schüttete Iphigenie mein Herz aus und erzählte ihr von meinem
Liebeskummer. Sie war sehr verständnisvoll. Sie ist sehr sanft. Ihr
Gegenwart allein ist mir die Tröstung Gottes. Es grüßt dich mit brennender
Sehnsucht, dein
Dominik
Lieber Onno!
Danke für die schönen drei Tage auf der Nordsee-Insel. Nun bin ich wieder
in meinem klassischen Altenburg. Ich war mit meinem Japaner und mit
Anna und Iphigenie auf einer Feier. Der Japaner und Anna sind bald
gegangen. Ich habe mit Iphigenie Sekt getrunken, Becher über Becher vom
Schaum des Sekts! Ich trinke den ersten Becher, der zweite Becher trinkt
den ersten Becher, der dritte Becher trinkt mich! Sie sah so reizend aus in
ihrem schwarzen Röckchen und den schwarzen Netzstrümpfen, mit der
Feder-Boa um die bloßen Schultern und den scharlachroten Lippen! Wie
Schaum des Sekts! Ich verlor meinen Verstand und begehrte sie zu küssen
– wir küssten uns! Wir küssten uns in der dunklen Nacht am Leiersee! Ich
suchte sie in meine Wohnung zu locken, aber sie blieb standhaft. Der
heilige Paulus sagt: Sauft euch nicht voll Wein, denn das führt zur
Zügellosigkeit... Am nächsten Tag entschuldigte ich mich bei ihr. Sie war
so süß! Sie war so lieb!... Ach Onno, sie ist eine faszinierende Frau! Grüße
sendet dir dein
Dominik
Lieber Onno!
Iphigenie ist entzückend! Wir können uns so tief über den Glauben an Gott
unterhalten, sie ist so empfänglich für das Evangelium. Sie sagte: „Es
muss schön sein, so wie du an Christus zu glauben!“ Da fängt mein Herz
an zu brennen! Ist sie nicht hinreißend? Ich hatte schreckliche
Zahnschmerzen und die Zahnoperation war sehr schmerzlich, da betete ich
und Gott gab mir Kraft und innere Ruhe. Iphigenie fragte, ob mein Gebet
mir geholfen habe? Ich sagte: Ja, Gott hat mir auf mein Gebet hin
geholfen! Mit Gottes Gnade konnte ich die Schmerzen tragen. Nun bin ich
mit Anna und Iphigenie und ihrem kleinen Mark über den
Weihnachtsmarkt spaziert. Das war sehr romantisch. Lichter im Dunkel,
Musik vom Christuskind, Tannen und Bienenwachskerzen und eine Laune,
in der man alle seine Lieben reich beschenken möchte! O es war so schön,
die liebliche Iphigenie mit dem kleinen Kindlein zu sehen, Schnee auf
ihren langen schwarzen Wimpern – Madonna! Wie gerne wäre ich bei
dieser Madonna ihr heiliger Josef! Als wir dann Weihnachtskekse buken,
las ich Iphigenie ein neues Haiku vor:
Geliebte! Lass
Dich überschatten von
Der Kraft des Herrn!
Das ist ein theologisches Haiku, wie es sie vielleicht noch nicht gibt. Ich
habe auch erotische Haikus gedichtet, aber ich traue mich noch nicht, ihr
diese vorzulesen. Ach Bruder, bitte bete für mich, denn ich bin trotz aller
Gemeinschaft abgrundtief einsam!
Dein Dominik
Lieber Onno!
Einen Haiku-Gruß, mein Bruder, zum Neuen Jahr:
Ein Neues Jahr,
Die Hoffnung kehrt mir wieder
Auf Schöne Liebe!
Lieber Dominik!
Ich bin jetzt Briefbote auf der Nordsee-Insel. Bei Wind und Wetter fahre
ich von Haus zu Haus und bringe Grüße. Ich kann im Frühling nicht zu dir
kommen. Du hast mich ja neugierig gemacht auf deine Kirche. Gibt es
denn keine schöne Christin, die du heiraten könntest? Ich wünsche dir für
den May, den Wonnemond, einen schönen Urlaub in Bingen! Und sauf
dich nicht voll Wein, sondern lass dich vom Heiligen Geist erfüllen!
Danach wollen wir beide streben, nicht wahr? Dein
Onno
Lieber Onno!
Ich habe eine Bekanntschaft gemacht: Mirjam, sie will ins Kloster gehen.
Sie hat weizenblonde Haare und kornblumenblaue Augen. Du denkst
sicher: Entweder eine Frau, die schon einen Mann hat, oder eine Nonne,
die als Braut Christi leben will – ja, will mein Freund denn gar nicht
heiraten? Das weiß Gott! Wir lasen zusammen in einem Kinderbuch, wo
sich der Fuchs die Rose vertraut machen will. Ich will mir auch meine
Freundin, die Rose, vertraut machen. Die Novizin ist nun abgereist ins
Schwabenland, woher sie stammt. Soll ich sie heiraten, mein Freund? Aber
wenn ich eine Ehefrau hätte und immer von Iphigenie träumen müsste...
Ach in der Muschel,
Da liegt die Wunderschönheit
Der liebsten Traumfrau!
Lieber Onno!
Lange haben wir nicht von einander gehört. Du meldest dich aber auch gar
nicht mehr! Aber ich weiß, ich allein bin der große Schreiber vor dem
Herrn! Die Novizin Mirjam ist nun ins Kloster gegangen. Ich lebe wie ein
Apostel und Prediger in der Wüste und künde überall mein Evangelium!
Mit einem protestantischen Bruder bereite ich einen Lehrvortrag über die
Gnosis vor. In der Kirche trage ich meine Gedichte vor. Ich schreibe viele
theologische Haikus:
Freund, musst du leiden,
So sei getrost, getrost,
Gott leidet mit!
Ich verbringe viel Zeit im Gespräch mit Iphigenie. Ich habe ihr gesagt,
dass Christus für sie gestorben ist, damit er ihr das ewige Leben schenken
kann. Sie möchte gerne glauben, aber sie zweifelt noch. Ich bete, dass sie
den geliebten Herrn auch zu lieben beginnt! Dann würde doch ihre
Sehnsucht nach bedingungsloser Liebe und vollkommener Annahme ihres
Selbst die göttliche Erfüllung finden und ihr Leben wäre erfüllt von einem
ewigen Sinn! Aber wer mit Jesus geht, der geht keinen breiten Rosenweg,
sondern einen schmalen Dornenpfad! Das hat Gott seinen Kinder nicht
versprochen, dass das Leben auf Erden schon ein Gartenparadies ist, denn,
wie Madonna einmal sagte: Das Paradies ist im Himmel! Doch tröstet der
Heilige Geist auf Erden wie eine liebende Großmutter! Ich brauche sehr
viel Trost von Gott, denn ich bin über alles vernünftige Maß in Iphigenie
verliebt!
Dein süßes Lächeln,
Bezaubernd und charmant,
Ist Engelsgruß!
Bitte bete für mich, mein Bruder! Dein
Dominik
Lieber Onno!
Mit Anna und Iphigenie und dem kleinen Mark ging ich im dunklen Wald
spazieren. Ich trug die Laterne. Da oben, da leuchten die Sterne, hier unten
leuchten wir! Es war sehr romantisch. Ich wollte Iphigenies Händchen
halten... ihre Taille umarmen... sie küssen... ihr Liebe sagen... Ich stehe in
Flammen! Ich brenne und keine Macht kann dieses Feuer löschen! Ich
weiß nicht mehr ein noch aus. Der japanische Christ sagte, ich solle
Iphigenie nicht mehr besuchen, bis meine Leidenschaft mangels Nahrung
erloschen sei. Ich sagte das Iphigenie, sie war sehr traurig und sagte: „Ach
ich habe ja schon einmal einen Monat lang auf dich verzichten müssen, als
du in Bingen warst!“ Da berührte sie mein Herz mit einer Flamme und der
ganze Zunder loderte in hellem Feuer auf! Wir hielten uns an den Händen
und umarmten uns – o welche Wonne!
Mein Herz verblutet
Wie Gottes Liebe in
Jerusalem!
Bete für mich zum Gott allen Trostes! Dein
Dominik
Cher Priester !
Verzeihen Sie mir, bitte ! Je ne parle pas francais! Aber ich hätte gerne un
portrait von La bienheureuse Evelyne ! Oder einen anderen
Andachtsgegenstand, wo möglich eine Reliquie ! La bienheureuse Evelyne
ist die Namensheilige (la patronesse) de la femme de mon coeur, und ich
möchte beten zur bienheureuse Evelyne mit Hilfe eines
Andachtsgegenstandes.
Notre Dame Noir segne Sie!
Votre
Josef Maria Mayer
Verehrter Pater,
Erlauben Sie mir bitte, Sie um einen geistlichen Ratschlag zu ersuchen. Ich
durfte vor einigen Jahren überaus kostbare Wegweisungen von Ihnen
empfangen, die mich geführt haben auf den Weg der geistlichen Marien-
Ehe und Anbetung der Mutterliebe Gottes, schließlich zur Verehrung,
Anbetung und Liebe zur Hagia Sophia, bis Sie mich entließen mit dem
Segen, die göttliche Weisheit und die göttliche Liebe würden mich
fürderhin selbst führen. Ich habe intensiv studiert, was die Theologen,
Theosophen, Philosophen und Mystiker der Kirche, des gesamten
Christentums und der Mystik anderer Religionen zur Ewigen Weisheit
gesagt. Ich habe schließlich die Ewige Weisheit als Braut angenommen
und erneuere das Verlöbnis mit Ihr täglich in der Eucharistie. In der
Eucharistie begegnet mir die Ewige Weisheit als Mutter, Freundin, Braut
und Geliebte, und die Kommunion ist gewissermaßen eine Hochzeit. Ich
habe vor Jahren auch den Ruf der Gottesmutter gehört, der Caritas zu
dienen. Ich habe mich besonders auch praktisch beschäftigt mit der Mystik
der Caritas von Mutter Teresa von Kalkutta, gleichzeitig aber auch studiert
den Kult der Mater Caritas bei Hildegard von Bingen, der Verehrung der
Frau Liebe oder Frau Minne bei Heinrich Frauenlob. Dann, da ich
besondere Hinneigung zur Mystik des Karmel in mir trage, habe ich die
mystischen Interpretationen von Teresa von Avila und San Juan de la Cruz
zum Hohelied studiert und in der Beschäftigung mit diesen gewissermaßen
mystisch-erotischen Passionen (unter großen Liebesschmerzen) ein Bild
empfangen von der göttlichen Liebe als einer göttlichen Braut von feuriger
Leidenschaft. Am Weihnachtsfest 2009 konnte ich nach einem Tag des
Gebetes spüren, wie in dem Augenblick, da ich das Christuskind in der
Krippe sah, eine Berührung durch die lebendige Liebesflamme der
göttlichen Liebe geschah, ein Entflammen meines Herzens. Gleichzeitig
war dieses Angestecktwerden mit der lebendigen Liebesflamme der
Beginn einer grausamen Kreuzigung meines Herzens. Ich las Edith Steins
Betrachtungen über die Herzverwundung der heiligen Teresa, die nach
dem Durchbohrtwerden mit dem feurigen Pfeil eines Seraphs Gott allein
liebte. Mir allerdings geschah es, dass ich in dem Augenblick, da ich es
empfand, vor dem brennenden Dornbusch zu stehen, gleichzeitig eine
unaussprechliche große Liebe spürte für die irdische-sterbliche Frau, die
ich seit Jahren (platonisch) liebe. Diese Liebe zu der Frau kann ich gerade
noch mit der platonischen Philosophie erklären, dass ich sie so liebe, weil
sie übergossen erscheint mit dem Lichtglanz Gottes, weil ich
gewissermaßen die Idee dieser Frau sehe und liebe, das strahlende
Gottesabbild. Der marianische Titel „Spiegel der göttlichen Schönheit“
scheint mir auch auf die von mir geliebte Frau anwendbar. In mir ist soviel
Anbetung zu dieser Frau, wenn ich das so sagen darf, dass ich mir das
nicht anders erklären kann, als dass sie gewissermaßen vor mir erscheint
als eine andere Inkarnation Gottes, oder wie soll ich sagen, dass sie eine
evidente Offenbarung der göttlichen Schönheit ist. Wenn ich über die Frau
meditiere, und ich weiß nicht, ob ich über meine Anima meditiere oder
über die geliebte Frau oder über die Jungfrau Maria, so erscheint mir,
wenn ich das so sagen darf, eine strahlend-schöne Übergottheit der
Schönheit, die so blendend schön ist, dass ich mich ganz als ein Nichts
empfinde vor dieser allmächtigen Schönheit, dass ich mich ganz vernichte
und vollkommen anbete diese göttliche Schönheit. Die platonische
Philosophie spricht von der Liebe als Weg zur göttlichen Schönheit, die
das Höchste Gut ist, die neuplatonisch-katholische Mystik von Dionysios
Areopagita spricht von der vollkommenen ewigschönseienden göttlichen
Schönheit, und Papst Benedikt zitiert Papst Johannes Paul, dass für
bestimmte Menschen (Künstler) die Schönheit Gottes ein privilegierter
Weg zum göttlichen Geheimnis ist. Nun erscheint mir die Schönheit Gottes
aber wie eine strahlend-schöne Übergöttin, und die Geliebte, die der
Spiegel der göttlichen Schönheit ist, scheint mir das „feminine Antlitz
Gottes“ widerzuspiegeln. Ich schreibe Ihnen nun, weil ich Sie um Rat
bitten möchte: Habe ich mit der Anbetung der göttlichen Weisheit und der
göttlichen Liebe und schließlich der göttlichen Schönheit eine Weise
gefunden, die Heiligste Dreifaltigkeit Gottes in mir zu schauen? Ist die
Verehrung der göttlichen Schönheit ein gottwohlgefälliger Weg, und
welche Formen könnte diese Verehrung annehmen? Wie kann ich die
Schönheit Gottes mit den Bezeichnungen Gottes als Vater, Sohn und Hl.
Geist zusammendenken? Und gibt es Vorbilder in der Tradition der
Mystik, die göttliche Schönheit zu verehren, anzubeten und zu lieben? Und
kann ich schließlich zu meiner russischen Ikone der Hagia Sophia von
Nowgorod und zu meinem Bild der Hildegard-Vision der Mater Caritas
eine dritte Ikone der göttlichen Schönheit finden? Die Hoffnung, die mich
in den häufigen Kreuzigungen meines Herzens immer wieder stärkt, ist, in
Ewigkeit die göttliche Schönheit zu schauen und die göttliche Liebe zu
genießen, ewig befriedigt und ewig schmachtend...
Im Herzen Jesu mit Ihnen verbunden
grüße ich Sie
mit der Bitte um Ihren Segen
Josef Maria Mayer
Vielgeliebteste Evi!
Ich darf dir schreiben, sagtest du. Der Großvater der Zwillinge sagte: „Der
Mensch muß leiden, aber der Mensch leidet ja gerne.“ Und: „Das ist ein
Mystiker, ein katholischer Mystiker, einer der ganz großen Mystiker der
Welt.“ Der kleine Zwilling sagte, auf meinen Schultern sitzend: „Ich bin
der himmlische Geist, den du nicht siehst. Ich kenne dich!“ Der große
Zwilling sagte: „Jetzt redet Jesus aus mir zu dir: Du bist ein sehr netter
Mensch!“ Und Gott sagte zu mir im Gottesdienst: „Ich, der Lebendige, bin
dein Gemahl. Wie ein Bräutigam sich an seiner Braut freut, so freut sich
dein Gott an dir!“ Aber du, Evi, bist eine strahlend-schöne Göttin, und ich
bin ein Wurm! Die Großmutter der Zwillinge sagte: „Evis Bruder ist sehr
schön und sehr lieb, da ist es kein Wunder, dass sich eine Frau in ihn
verliebt.“ Ich dachte: Ach weh, ist ja auch kein Wunder, denn er ist der
Bruder der göttlichen Schönheit, aber ich bin so hässlich wie das hässliche
Entlein, wahrlich, wahrlich, ich bin das hässliche Entlein! Liebe ist, wenn
man in einem Menschen ein Wunder schaut, dass kein anderer sieht. Ein
Philosoph liebte eine Frau, aber unbedingt platonisch, und verehrte sie in
einem mystischen Kult. Da erkannte ich, dass ich dich nicht liebe, wie ein
Mann eine Frau liebt, sondern dass ich dich religiös verehre.
Liebste Evi!
Dass du mich noch angerufen und gesagt, mein Plan sei gut... Ich betete
gerade den Rosenkranz und bat um ein Zeichen... Dein Anruf war das
Zeichen. Meine Seele ward gleich ruhig. Ich sagte zu Maria: Maria,
Geliebte, du bist meine große Madonna im Himmel und Evi ist meine
kleine Madonna auf Erden! Und weil mir nun meine kleine Madonna auf
Erden ihren Segen gegeben hat, darum glaube ich, dass auch du, Maria,
mir deinen Segen gegeben hast. Siehe, Evi, dann sah ich in einer Tele-
Vision das Antlitz der Jungfrau von Guadelupe, der du so ähnlich siehst.
Ich wollte dir auch noch sagen: Ich flehe dich an, verlass mich nicht! Ich
bin ja, leider, das hässliche Entlein! Aber du bist so unaussprechlich schön!
Aber im Himmel werde ich auch sehr schön sein! Das weiß ich, und das
tröstet mich. Alles für die Ewigkeit! (Evigkeit)...
Dein
Bruder Josef
Liebste Evi!
Grüße von der Lieben Mutter! Alles Liebe von deinem Verehrer!
J.
Geliebte!
Was ist Liebe? Liebe ist die Zuneigung meines beseelten Wesens zu
deinem beseelten Wesen und der Drang zur Vereinigung mit dir, denn ich
will mich mit dir ergänzen und dich durch mich ergänzen. Die
hinabsteigende Liebe, Amor descendens, gibt mehr, als sie empfängt, es ist
deine Mutterliebe zu deinen Söhnen. Die heraufsteigende Liebe, Amor
ascendens, ist die Liebe, die mehr empfängt, als gibt, es ist die Liebe
deiner Söhne zu dir, ihrer schönen und lieben Mama. Die Liebe, in der
Geben und Nehmen im Gleichgewicht sind, heißt Amor aequilis. Amor
Aequilis ist das Grundprinzip unsrer Freundschaft. Die Mutterliebe gibt es
auch im Tierreich, bei höheren Tierarten beteiligt sich auch das Männchen
an dem Aufziehen der Kinder, ja, bei bestimmten Dinosauriern halfen
besonders die Freunde dem Weibchen, die kleinen Dinos großzuziehen.
Die Kindesliebe zur Mutter, zur Großmutter nimmt manchmal einen
geradezu religiösen Charakter an. Auch ich kenne Kindesliebe, die mir als
väterlichem Paten entgegengebracht wird, die den Charakter der Anbetung
annimmt. Die geschlechtliche Liebe hat bei niederen animalischen Wesen
nur den Charakter eines Werkzeugs zur Fortpflanzung der Gattung. Bei
den von dir so geliebten Spinnen (!) wird das Männchen nach der
Hochzeitsnacht aufgefressen! So wirst du es auch wohl tun, und deinen
Ehemann in der Hochzeitsnacht zu Tode lieben! Die kindliche Liebe aber,
die sich auf die seligen Ahnen in frommer Pietät richtet, vollendet sich in
der religiösen Ehrfurcht vor dem Vater aller Wesen oder der mütterlichen
Vorsehung der Gottheit! Die erotische Liebe aber ist die größte Triebkraft
zur Überwindung des Egoismus. Die erotische Liebe des Mannes zu der
Frau ist von solcher Heiligkeit, dass sie in der Bibel zum Gleichnis wird
für die Beziehung Gottes zu Gottes Volk, die Beziehung Christi zur
menschlichen Seele. So sagte Gott zu mir: So wie du deine Evi
leidenschaftlich und feurig liebst bist zum Verrücktsein, so liebe ich, dein
Gott, dich! Ja, die Weltvollendung, der neue Himmel und die neue Erde,
werden in der Apokalypse als himmlische Hochzeit zwischen dem Lamm
und Seiner Nymphe dargestellt. Das Lamm ist der Bräutigam Jesus und die
Nymphe ist die heilige Jerusalem, die Gemeinschaft aller Erlösten. In der
Mutterliebe zu den Kindern herrscht das Mitleid vor. In der kindlichen
Liebe zur Mutter herrscht die Ehrfurcht oder Pietät vor. In der Beziehung
zwischen Mann und Frau tritt zu Mitleid und Ehrfurcht noch das zarte
Schamgefühl. Die geschlechtliche Brunst aber ist die Materie für diese
Gefühle der Liebe. Die Liebe war im altertümlichen Heidentum eine
religiöse Macht, denn man betete den Phallus und die Vulva der Götter und
Göttinnen an. Noch in modernen Zeiten gibt es indische Mystiker-Dichter,
die eine tantrische Poesie schaffen als eine heilige Pornographie. Du
kennst solch einen Dichter, ich bin es selbst! In der Lehre Christi nimmt
die Agape, die selbstlos schenkende Liebe Gottes, den zentralen Platz ein.
Der griechische Philosoph Empedokles aber pries die Liebe oder
Freundschaft (Philia) als die kosmische Kraft, die das All im Innern
zusammenhält, dagegen der zweite Trieb der Streit ist, der Krieg als Vater
aller Dinge, der die Elemente von einander scheidet und die Dinge
zerstört. Für Platon ist Eros kein Gott, sondern ein heiliges Mittlerwesen,
dass die Seele des Menschen die Himmelsleiter der Schönheit hinaufführt
zur allerhöchsten Schönheit, der göttlichen Schönheit als dem Höchsten
Gut. Die Liebe als allerhöchste Gottheit pries Dante in seiner göttlichen
Komödie (Divina) und der Troubadour Unsrer Lieben Frau, Bernhard von
Clairvaux, feiert die Liebe Gottes wie ein Minnesänger seine Schöne
Dame.
Gruß,
Josef
Geliebte!
Noch einen Brief zum Thema: Was ist Liebe? Erstens: Die Liebe ist das
einzige Gegengift gegen den Egoismus. Der Egoismus aber ist der
mächtigste Feind Gottes. Schon die Liebe der Mutter zu den Kindern rückt
das Zentrum der Person aus dem Ego mit seiner Selbstverkrümmtheit in
die geliebten Kinder und überwindet den Egoismus. Aber die erotische
Liebe des Mannes zur Frau vernichtet gewissermaßen das Ego und versetzt
den Mann ganz in die Frau, ihr Du allein ist jetzt der Inhalt seines Lebens.
Er sagt: Nun lebe nicht mehr ich, sondern Du lebst in mir! Was ist Liebe
nicht? Liebe ist nicht Kinderzeugung und nicht bürgerliche Zivilehe. Der
Mann, der im Schoß eines Weibes Kinder zeugt, meint unsterblich zu
werden durch seine Nachkommen, aber die grüne Mutter Natur schenkt
kein ewiges Leben, sondern ewigen Tod. Die bürgerliche Zivilehe ist
besser als die Unzucht und schützt die Familie als Keimzelle der
Gesellschaft und des Staates, das ist gut, doch das hat nichts mit
Unsterblichkeit zu tun. Die Kinder können auch gezeugt werden von Mann
und Weib, wenn sie in Hassliebe, Unmut und Widerwillen sich paaren, die
Eltern können dennoch die Kinder heiß und innig lieben. Andrerseits kann
die Liebe des Dichters zu seiner Muse rein platonisch bleiben und keine
Kinder zeugen, dennoch ist es eine wahre Blüte der Kultur der Liebe. So
hat Goethe Frau von Stein in zehn Jahren platonischer Liebe nur einmal
geküsst. Die epikuräischen Schweine können das natürlich nicht glauben.
Aber ich weiß, es ist wahr! Damals hatte Frau von Stein ein Glas Wein
zuviel getrunken, es war an einem See, bei Büschen, unterm silbernen
Mondlicht, da küsste Frau von Stein den betrunkenen Dichter. Ich weiß es,
denn ich bin Amor und stand dabei. Nun denn, das bürgerliche
Zusammenleben von physischen Zweiheiten in einer Zivilehe berührt die
unsterbliche Flamme der Liebe nicht. Sie ist für die Zeit und nicht für die
Ewigkeit. Bis dass der Tod uns scheidet! Höchstens! Wenn uns nicht
vorher die Scheidung scheidet! Das also ist die Liebe nicht! Aber was ist
Liebe? Das Zusammengehören des Männlichen und des Weiblichen
Prinzips vor dem Angesicht Gottes, um die Androgynität der Platonischen
Urmenschen herzustellen? Yin und Yang, die zusammen erst das Eine Tao
bilden? Was sieht der liebende Mann, wenn er die Frau liebt? Er sieht nicht
nur einen schönen Schein, eine Illusion, die Kristallisation seiner inneren
Frau als Hexe oder Engel, nein, sondern der wahre Platoniker sieht in
mystischer Hellseherei – das gefällt dir gewiß, Geliebte, schaut in
mystischer Hellseherei in der Geliebten den göttlichen Funken, das
himmlische Urbild, die Idee Gottes, das Bild Gottes im Innern der
geliebten Frau. Was ihn hinreißt in seinem anbetenden Eros ist die Vision
der göttlichen Schönheit, die inkarniert in seiner Geliebten! Und diese Idee
der Geliebten ist ewig, und die erotische Liebe des platonischen Minners
zur unsterblichen Idee seiner Geliebten ist eine unsterbliche Liebe! So
wird die Liebe des Mannes zur Frau zur unsterblichen Liebe, zur ewigen
Liebe der göttlichen Schönheit!
Lieben Gruß,
Josef
Geliebte!
Nun der dritte Brief über die Frage: Was ist Liebe? Du hast mir gesagt: In
meiner religiösen Erotik liebe ich mit umarmender Erotik, denn ich denke,
Eva wurde aus der Seite Adams geschaffen, weil sie Gefährtin des Mannes
sein sollte. Hätte sie Magd des Herrn sein sollen, wäre sie aus den Füßen
Adams geschaffen worden, und hätte sie Herrin des Sklaven sein sollen,
wäre sie aus dem Haupt erschaffen worden. Aber Mann und Frau sollen
einander von Angesicht zu Angesicht gegenüber sitzen, mit gleicher
Würde und gleichem Recht, Mensch zu Mensch, und gemeinsam in der
Einheit von Männlichkeit und Weiblichkeit wie Himmel und Erde spiegeln
sie die Liebe Gottes. So ist auch meine erotische Religion eine umarmende
Religion, ich werfe mich nicht in den Staub vor einem allmächtigen Herrn,
sondern ich liebe den Menschen Jesus wie meinen Gatten, der mir in
meinem Ehebett beiwohnt, im Ehebett meiner Seele. Liebe Evi, da habe
ich dir gesagt: Und ich kann nur lieben in meiner religiösen Erotik mit der
anbetenden Erotik. Ich werde zu einem Herrn Niemand, zu einem reinen
Nichts, du aber, Geliebte, bist eine hochthronende Göttin der Schönheit,
die ich anbete! Du bist in der Religion des Eros die allmächtige Göttin,
aber ich bin kein Mensch mehr, sondern ein Wurm! In meiner erotischen
Religion wird mir die Gottheit zu einer angebeteten Frau, so wie mir die
geliebte Frau zu einer angebeteten Gottheit geworden ist. Ich sehe Gott in
der hochthronenden Göttin-Madonna mir erscheinen, und ich bins nicht
wert, ihr die Sandalen aufzuschnüren, ich bins nicht wert, den Schatten
ihrer Füße im Staub zu küssen! Madonna ist der weibliche Jesus, den ich
tiefer als ein Sklave anbete, und du, geliebte Evi, bist die Göttin, die ich
anbete als eine zweite Menschwerdung Gottes!
Gruß, Josef
Liebe Evi!
Trotz der großen Hoffnungslosigkeit fühl ich mich bei dir wie im Paradies,
in einem Paradies, dessen Himmel brennt wie die schrecklichen Feuer des
Fegefeuers, aber dennoch im Paradies! Ich war schon oft im Vorhof des
Himmels und verkostete den Vorgeschmack des Himmels, nämlich wenn
ich in deinem verwunschenen Paradiesgärtlein dir gegenüber saß von
Angesicht zu Angesicht und schaute deine unbeschreibliche Schönheit! Ich
glaube, wenn ich sterbe und Gott begegne, werde ich mich nicht wundern,
sondern denken: Ich habe dich schon immer gekannt, mein lieber Gott, ich
habe dich immer schon gesehen, wenn ich Evi gegenübersaß.
Süßeste Freundin!
Ein Kind sagte zu seiner Mutter: Mama, ich liebe dich, weil du mir dies
Zuckerbrot gegeben! Die Mama sagte: Ich hoffe, nicht nur wegen des
Zuckerbrotes! Das Kind sagte: Nein, auch noch wegen etwas anderem. Ich
sagte zu dem Kind: Die wahre Liebe hat keinen Grund, man liebt einfach
und weiß gar nicht warum. Der Mystiker sagt: Die meisten Christen lieben
die Liebe wie eine himmlische Kuh, nämlich weil sie ihnen Milch spendet
aus ihrem Euter. Aber der wahre Christ liebt die Liebe auch, wenn sie ihn
schickt in die trockenste Wüste, in die tiefste Mitternacht der Seelenqual,
ja, wenn die Liebe ihn spannt auf die Folter und sie ihn verlässt, schreit er
noch: Göttliche Liebe, ich liebe dich allein, weil du so schön bist! Und
woher ich das weiß, Geliebte? Von dir weiß ich das, denn du hast mich die
Liebe gelehrt.
Dein Josef.
Ach, Allergeliebteste!
Meinen geliebten Zwillingen zeigte ich Jesus im Garten, es war tiefste
Nacht, Jesus sah vor sich die schrecklichen Leiden, die Qual der Passion,
er war in namenlosem Jammer und abgrundtiefem Elend! Da zeigte ihm
Gott den strahlenden Becher, voll gefüllt mit Leiden bis über den Rand!
Jesus warf sich weinend auf die Erde, Tränen spritzten aus seinen Augen,
Blut spritzte aus seiner Stirn und er schrie: Vater, nein, gib mir nicht diesen
Becher zu trinken, übervoll mit Leiden! Vater, Vater, erbarme, erbarme
dich! Aber dein Wille geschehe! Wenn ich leiden muß die tödlichsten
Qualen, so sei es, wenn es dein Wille ist, Vater, Vater! Da sprachen die
Zwillinge: Pate, was war das für ein Becher? Ich sagte: Das war der
Becher der Leiden! Und was war das für ein Geist, der zu Jesus sagte:
Trinke nicht vom Becher? Liebe Kinder, das war der Böse, der wollte
nicht, dass Jesus leidet! Geliebte, wir werden es nie verstehen können,
unser Verstand bleibt ganz leer vor diesen namenlosen Leiden der Seele
Christi. Aber wer der göttlichen Liebe begegnet, der weiß, er muß nun den
schrecklichen Becher der Seelenqualen ganz leeren, aber er ist bereit, das
heißt, er ringt sich schmerzlich durch zur Bereitschaft, den qualvollen
Becher der Leiden für die göttliche Liebe zu leeren! Er wird besoffen sein,
aber nicht besoffen vom Wein, sondern von unaussprechlichem Jammer!
Woher ich das weiß, Geliebte? Von der Liebe, die du mich lehrst!
Ich liebe dich trotz aller Leiden!
Dein Josef
Liebe Evelin,
Die gestrige Nacht lag ich wach und wälzte mich unruhig auf meinem
Lager hin und her und bewegte das herzerbarmende Schicksal der
Waisenkinder voller Sorge in meinem Herzen und trug die Not der
Waisenkinder und der todkranken Mütter vor den Herrn. Meine Seele war
voller Schmerzen, aus meinen Augen tropften in großen Tropfen Tränen
des Mitleids. Da war ich sehr trostbedürftig und vermochte doch nicht
mehr zu beten, denn ich verzagte, weil ich schon so lange leiden muß,
ohne dass mir Trost und Hilfe zuteil wurde. Da sah ich plötzlich in meiner
Seele Innerem wie in einem Gesicht dein Schlafzimmer, es war kurz vor
deinem morgendlichen Erwachen. Du lagst in deinem Bett unter deiner
warmen Bettdecke und neben dir lag dein kleiner Sohn. Da hob ich deine
Bettdecke und legte mich zu dir. Du erwachtest kaum, aber schlossest
mich in die Arme und murmeltest Worte des Trostes. Ich bat dich, mich
vor den Schrecken der Welt zu schützen, ich bat dich, mich unter deinem
Schutzmantel zu verbergen, bis das Unheil vorüber sei. Da betete ich zu
dir und sagte: Mama Evi, rette mich, Mama Evi, rette mich! Da war ich
plötzlich ein kleiner Säugling, das heißt, ich war immer noch körperlich
wie ein Mann von vierzig Jahren, aber meine Seele schrie nach Trost wie
ein kleiner Säugling nach der Brust seiner Mutter. Da entblößtest du
deinen Oberkörper und legtest mich an deine Brust und stilltest mich.
Gestillt war ich nun auch wieder getröstet. Ich betete zu Gott: O Mutter,
erbarme dich! O Mutter, laß mich nun schlafen! Da schlief ich ein. Nach
drei Stunden Schlaf sagte mir die Madonna, dass sie es gewesen war, die
mich in der Nacht gestillt, getröstet und gestärkt hatte. Gott sagte: Setze
dein Vertrauen nicht auf Evi, denn Evi ist ein Mensch und nicht Gott. Da
dachte ich: Wie bei Homer die Göttin der Weisheit Athene sich in einen
Menschen verwandelt und dessen Gestalt annimmt, um Odysseus zu
helfen und zu begegnen, so hat Maria, die himmlische Mutter, in meinem
morgendlichen Gesicht die Gestalt meiner geliebten Evi angenommen und
meine schrecklich schreiende Seele getröstet und gestärkt. Dafür danke ich
vor allem der himmlischen Mutter, aber auch besonders meiner geliebten
Evi, die eine Mittlerin der Mutter im Himmel gewesen ist. Darum grüße
ich dich, liebste Evi: Du kannst an alle Götter glauben, aber glauben die
Götter auch an dich? Darum ist es noch bedeutender, als dass du an Gott
glaubst, dass in Wahrheit Gott an dich glaubt! Sei dir also sicher: Wie Gott
an dich glaubt, so glaube auch ich an dich!
Alles Liebe,
Dein Josef
Meine Liebe!
Und Jesus (d.i. Evi) sagte zu Maria Magdalena (d.i. Josef): „Rühre mich
nicht an!!! Denn Ich bin noch nicht aufgefahren zu Meinem Vater und
deinem Vater, zu Meinem Gott und deinem Gott!“ (Aus meinem EV-
Angelium)
Gruß!
Josef
Liebste Evi!
Die himmlische Mutter sagte mir um Mitternacht: Mann! Deine
Empfindungen für das Weib werden dir ewig die Tore des Lichtes öffnen!
Darum besteht die wahre Männlichkeit darin, voller Ehrerbietung und
Zartgefühl für alles Weibliche zu sein, das in Reinheit schwingt. Als die
Mutter mir das sagte, rief ich begeistert aus: Evi, Geliebte! Du bist meine
Führerin zu Gott!
Alles Liebe und Schöne!
Dein
J.
Heilige Freundin!
GOTT kniet vor deiner Freiheit!
Dein
Josef
Hellsichtige Freundin!
Im Paradies ist dein Ehemann nicht dein jetziger Lebensabschnittsgefährte,
und auch nicht deine Jugendliebe. Wer weiß, ob sie den Himmel
erreichen? Im Paradies ist leider auch nicht dein Ehemann der Dichter, der
dich besingt, und der von Ewigkeit zu Ewigkeit mit dir Hochzeit feiern
möchte. Nein, ich muß abnehmen, ER muß zunehmen. Im Paradies ist dein
Bräutigam der Gottmensch Jesus. Gott Selbst will dich für alle Ewigkeit
zur Ehefrau! Dabei beruhige deine Seele.
Dein Josef
König Milan der Erste ist am zweiundzwanzigsten Tag des achten Monats
im Jahre 1854 nach Christi Geburt in Marasek im Fürstentum Moldau
geboren. Er wurde gleich nach seiner Geburt getauft auf den Namen
Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Sein Vater
Milos war ein Neffe des Fürsten Milos, seine Mutter war die rumänische
Adlige Helena Maria. Sein Vater war ein Krieger im rumänischen Heer
und fiel im Jahre 1861 in Bukarest bei der Schlacht gegen die Türken. Er
verteidigte die Sache des christlichen Europa gegen die anstürmenden
Osmanen, die den Islam an die Stelle des Christentums setzen wollten. Er
starb als ein Verteidiger der Kirche und des christlichen Europa. Gott sei
seiner armen Seele gnädig! Milans Mutter Helena Maria aber, mit all ihrer
sprichwörtlichen Schönheit, führte nach dem Tode ihres Mannes ein
leichtfertiges Leben des irdischen Genusses. Sie kümmerte sich nicht
weiter um Milans Erziehung. Es nahm sich aber sein Onkel des jungen
Neffen an und erzog ihn zu einem guten Christen und Europäer. Der
Onkel, Fürst Mihailo, war ein wahrhaft väterlicher Onkel und der junge
Milan liebte seinen Onkel mit einer kindlichen Ehrfurcht, die fast die
Formen religiöser Pietät annahm. Im Alter von sechs Jahren wurde Milan
von seiner Mutter nach Kragujewas geschickt, er sollte dort erzogen
werden von ausgebildeten Pädagogen und Gouvernanten. Milan vermisste
seine schöne Mutter sehr und auch seinen väterlichen Onkel Mihailo, den
Fürsten von edler aristokratischer Gesinnung. Er besuchte das Lyzeum
Louis-Le-Grand. Die Erinnerung an seinen Lyzeumsaufenthalt und seine
Freunde blieb ihm sein Leben lang eine Kraftquelle. Er las in jener Zeit
unschuldige mystische Freimaurer, die am Anfang des neunzehnten
Jahrhunderts eine klassische Poesie in Russland geschaffen hatten. Er
liebte den Wein, die Geselligkeit mit Freunden und die Schönheit der
Mädchen. Am meisten liebte er aber Eine, die Schönste aller Frauen, die
Rose des Balkan, die schöne Natalia. Er wählte die getaufte Christin zur
Ehe und schloß den Ehebund als Sakrament mit dem Segen Gottes. Natalia
hatte lange schwarze Haare, blitzende Augen und eine charaktervolle
Nase. Sie war von einer zugleich wilden und sanftmütigen Schönheit.
Milan wurde aber sehr traurig, als sein geliebter Onkel, der Fürst Mihailo,
im Jahre 1888 einem terroristischen Mordanschlag zum Opfer fiel. Milan
konnte es den Radikalen nicht verzeihen, dass sie seinen Geliebten, den
edlen Aristokraten, ermordet hatten. Zeit seines Lebens war Milan ein
Kämpfer gegen den terroristischen Ungeist der Radikalen. Milan war noch
minderjährig, als er zum Thronerben und zum Fürsten von Serbien ernannt
wurde. Er heiß nun Milan der Vierte, Fürst von Serbien. Bis zu seiner
Volljährigkeit führte der Führer der liberalen Partei die
Regierungsgeschäfte als Prinzregent. Später löste Milan den liberalen
Prinzregenten durch einen konservativen Prinzregenten ab. Milan liebte
die Rolle als Herrscher einer konstitutionellen Monarchie nicht sehr. Zeit
seines Lebens stand er im Konflikt mit den Parteien und Regierungen. Zur
Zeit seiner Regierung als Fürst von Serbien entstanden die demokratischen
Parteien Serbiens, die konservative Partei, die liberale Partei und die
radikale Partei. Im Volk gab es viele bewaffnete Milizen, die Unruhe
stifteten. Milan entwaffnete die Milizen und führte eine reguläre Armee
ein. Die Radikalen aber wollten das Volk bewaffnen und provozierten
einen anarchistischen Bauernaufstand, den Milan aber niederschlug in der
Schlacht von Timok. Der Führer der Radikalen floh ins Ausland, um der
Strafe zu entgehen. In seiner Außenpolitik orientierte sich Milan zuerst an
Russland. Er besuchte Zar Alexander den Dritten in Sankt Petersburg.
Aber Zar Alexander der Dritte behandelte Milan unfreundlich und nahm
keine Rücksicht auf die serbischen Interessen. Daraufhin wandte sich
Milan als monarchischer Souverän an das katholische Kaiserreich
Österreich-Ungarn. Ohne Wissen seiner demokratischen Regierung schloß
der souveräne Fürst ein Abkommen mit dem Haus Österreich. In dem
Geheimabkommen zwischen dem Fürstentum Serbien und der Kaiserlich-
und-königlichen Monarchie Österreich-Ungarn versprach Milan, dass
Serbien auf die Herzegowina verzichtet, in seiner Außenpolitik sich an
Österreich-Ungarn orientiert und keine Propaganda gegen das Kaiserhaus
Habsburg in seinem Reiche tolerieren wird. Die demokratische Regierung
war empört über das souveräne Handeln des Fürsten und bot den Rücktritt
der Regierung an. Milan aber ließ die Regierung nicht zurücktreten. Die
Rivalität zwischen dem Fürstentum Serbien und dem autonomen
Fürstentum Bulgarien nahmen an Schärfe zu. Bulgarien wurde vom
zaristischen Russland unterstürzt, Serbien vom katholischen Kaiserhaus
Habsburg. Der Konflikt führte zu einem Krieg zwischen Serbien und
Bulgarien. Am siebenten November erlitt Milan eine schwere militärische
Niederlage, die zum Untergang seines Fürstentums geführt hätte, wenn ihn
nicht der katholische Kaiser von Habsburg gerettet hätte. Serbien stellte
sich aber nicht gegen den Zaren, sondern half dem Zaren im russisch-
türkischen Krieg. Zar Alexander drängte die Türken zurück, in Folge
dieses Krieges wurde das Fürstentum Serbien endgültig frei von aller
islamisch-osmanischen Bevormundung. Am sechsten März 1882 wurde
das Königreich Serbien proklamiert. Fürst Milan der Vierte von Serbien
wurde ausgerufen zum König Milan dem Ersten von Serbien. Kaiser Franz
Joseph der Erste von Österreich-Ungarn gratulierte König Milan
persönlich und wünschte ihm den Schutz der Gottesmutter. Im Jahre 1887
versuchten die Radikalen, Milan in einem feigen Attentat zu ermorden!
Milan aber wurde beschützt von der mächtigen Gottesmutter, die auch das
Haus Habsburg beschützte. Allerdings müssen wir zugeben, dass auch
Milan kein Heiliger war, sondern in Versuchung geriet und seine Ehefrau
Natalia betrog mit einer Britin namens Jennie, woraufhin die heilige Ehe
gebrochen wurde und in die Brüche ging. Der europäische Adel war
empört. Milan betete in jener Zeit viel zur Gottesmutter, der Zuflucht der
Sünder. Allerdings hatte die liebe Frau Natalia ihrem Ehemann einen
rechtmäßigen Sohn und Thronerben geschenkt, Alexander. Es verschärften
sich aber die Konflikte zwischen dem Monarchen und den Demokraten in
der Regierung, so dass Milan im März 1889 abdankte und zurücktrat
zugunsten seines Sohnes Alexanders des Ersten. Milan verließ Serbien. Als
Alexander im Jahre 1893 volljährig geworden war, kehrte Milan nach
Serbien zurück. Der König Alexander der Erste ernannte seinen Vater
Milan zum Generalissimus des Heeres. Am siebenten Juli 1899 versuchten
die Radikalen erneut, in einem terroristischen Mordanschlag den edlen
Milan zu ermorden. Auch diesmal gelang es der radikalen Mörderbande
nicht. Die Gottesmutter schützte sein Leben! Aber leider vermählte sich
König Alexander der Erste mit einem ordinären Weib namens Draga. Vater
Milan warnte seinen Sohn vor diesem Weib, darüber der Sohn sich erhitzte
und den Vater aus dem Lande verbannte. Der katholische Kaiser gewährte
dem edlen Milan in Wien Asyl. Allerdings erkrankte Milan an seiner
Lunge. Die Ärzte gaben ihm nur noch ein Jahr zu leben, er sei unheilbar
krank. Der katholische Kaiser schenkte Milan ein Haus, indem er bis zu
seinem Tod lebte. Fürst Eugen, ein Ungar, leistete ihm Gesellschaft als
Freund. Milan bat die Gottesmutter um ihr Gebet in der Stunde seines
Todes, empfing nach einer letzten Beichte die Absolution, empfing das
Sakrament der Letzten Ölung und die Heilige Eucharistie und schied in der
Gnade des Herrn am 21. Februar 1901 aus diesem Tal der Tränen. Seine
Gebeine wurde in Serbien in dem Orte Krusadol begraben. Gott sei seiner
Seele gnädig! Die Gottesmutter schütze und segne das serbische Volk und
besonders die Herzegowina!
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
Die Scholastik
ERSTER TEIL
ERSTES GESPRÄCH
AGABUS
Was ist der Mensch?
MARIA
Wenn Aristoteles sich dem Menschen zuwendet und ihn anatomisch
untersucht, findet er, dass das Gehirn nicht so wichtig ist wie das Herz.
Das Geistige im Menschen, das Innere seiner geistseelischen
Persönlichkeit findet sich im Herzen. Das Gehirn mit seinem Verstand ist
so etwas wie eine Kühlung für das aufwallende Blut des Menschen, zur
Beherrschung seiner Leidenschaften, die im Blut sich erhitzen und
aufwallen.
AGABUS
Ich will ganz menschlich mich selbst verwirklichen.
MARIA
Ja, der Mensch ist ein Geist und ein Organismus. Organismus ist der Leib,
denn Organismus heißt Organon, nämlich Werkzeug. Der Leib ist das
Werkzeug der geistigen Seele. Der Organismus hat aber ein Ziel, eine
Bestimmung. Dieses Ziel des Organismus wird nicht von außen an den
Menschen herangetragen, durch die Gesellschaft etwa, sondern das Ziel
des Organismus ist im Organismus selbst im Inneren angelegt. Und dieses
Ziel des Organismus ist die Entfaltung aller seiner Möglichkeiten, die
Verwirklichung aller seiner Potenzen.
AGABUS
Was treibt den Menschen an, die Verwirklichung aller seiner Potenzen zu
erzielen?
MARIA
Aristoteles nennt das Entelechia. Es ist ein geistiges Prinzip, innewohnend
dem lebendigen menschlichen Organismus, ein lebendiges geistiges
Entwicklungsprinzip, das geistige Prinzip der Selbstentfaltung und
Selbstverwirklichung, welches zum Ziel führt, der vollkommenen
Selbstverwirklichung des Menschen.
AGABUS
Wenn das für den Menschen gilt, den Mirkokosmos, gilt es dann auch für
die ganze Welt, den Makrokosmos?
MARIA
Die ganze Welt, ich meine den Kosmos, die geschaffene Natur, drängt mit
innerem Antrieb zur Selbstvollendung, zur Vollkommenheit. Dieser innere
Drang nach Vollkommenheit macht die Schönheit des Kosmos aus. Der
ganze Kosmos, oder wenn du willst, die ganze geschaffene Natur drängt
aus innerem Trieb zur höchsten Vollkommenheit, zur höchsten
Selbstentfaltung all ihrer Möglichkeiten, zur Vollendung. Die
vollkommene Schönheit der Natur und des Kosmos ist das Ziel der
Schöpfung, welche im Innern der Schöpfung als angestrebtes Ziel angelegt
ist. Das nennt man Teleologie, die Wissenschaft vom Ziel. Das Universum
hat ein Ziel, und dieses Ziel ist die vollkommene Schönheit.
AGABUS
So strebt auch der Mensch nach der vollkommenen Schönheit?
MARIA
Im Menschen ist von Natur aus ein inneres Streben, ein unstillbarer Drang,
ein heiliger Trieb nach dem Guten, dem Vollkommenen und nach dem
Glück des Menschen, oder, wenn du nicht Glück sagen willst, nach der
vollkommenen Glückseligkeit und ewigen Wonne. Der Mensch strebt also
nach dem Guten und Schönen. Was aber ist gut für den Menschen, was
beschert ihm das angestrebte Glück? Aristoteles sagt, die höchstmögliche
Selbstverwirklichung ist das Gute für den Menschen, die Realisierung aller
seiner innewohnenden Möglichkeiten und die Vollendung aller seiner
leibseelischen Potenzen in das wahre Gute für den Menschen, oder, anders
gesagt: Werde, was du bist, o Mensch, werde wahrhaft Mensch. Ja, der
Mensch muß wahrhaft zum Menschen werden, zum vollkommenen oder
heiligen Menschen, das ist des Menschen Bestimmung, die ihm nicht von
außen auferlegt ist, sondern die als inneres Gebot von Natur aus in ihm
wohnt. Die Heiligkeit entspricht der Natur des Menschen.
AGABUS
Ist denn der Mensch von Natur aus gut, ganz gut, und macht ihn die
Gesellschaft böse, oder ist der Mensch von Natur aus böse, ein Wolf der
Mensch dem Menschen, und macht ihn die Gesellschaft zu einem guten
Menschen?
MARIA
Aristoteles glaubt daran, das der Mensch wesenhaft gut ist. Mit dem
Christentum kam die Erkenntnis, dass der Mensch zwar gut geschaffen ist,
aber dass er eine Krankheit hat, man nennt das Sünde, ein Geneigtsein zum
Bösen.
AGABUS
Der Mensch, man sagt, er sei ein höherer Affe.
MARIA
Eines unterscheidet den Menschen wesentlich vom Tier, das ist die
Vernunft, der Logos. Der Mensch als vernünftiges Lebewesen ist von
wesentlich anderer Art als die unvernünftigen Lebewesen. Darum soll der
Mensch sich auch besonders in dem Bereich selbst verwirklichen, der in
der ganzen Schöpfungsordnung allein dem Menschen gegeben ist, das ist
seine Vernunft, sein geistiges Wesen. Dieses geistige Wesen des Menschen
bedeutet, dass der Mensch nicht von seiner tierischen Natur getrieben
wird, von Instinkten getrieben, sondern dass er mit einem freien Willen die
Gabe hat, zu entscheiden, ob er sich dem Guten oder dem Bösen zuneigen
will. Das geistige Wesen drückt sich nicht allein im abstrakten Wesen aus,
sondern auch in der Geistigkeit der menschlichen Sprache und im
Schöpfertum der Kultur, der Arbeit und der Kunst. Darin soll der Mensch
sich verwirklichen, seine geistigen Potenzen selbst verwirklichen, damit
der Mensch werde, was er von Natur aus ist, ein vernünftiges Lebewesen.
AGABUS
Wenn sich also der Mensch vor allen andern Lebewesen durch den Logos
auszeichnet, was ist dann dieser Logos?
MARIA
Damit der Mensch auch richtig sein Wesen verwirkliche, seinen Logos
realisiere, ist es wichtig, den Logos des Menschen zu erkennen und zu
verstehen. Was also ist der Logos? Der Logos ist die Fähigkeit zur
Erkenntnis, die Fähigkeit, die Dinge der Welt zu erkennen. Wenn der
Mensch also als einzigartiges Lebewesen sich dadurch auszeichnet, den
Logos zu besitzen, die Fähigkeit, die Welt zu erkennen, so ist es nach
Aristoteles auch die innere Bestimmung des Menschen, die Welt zu
erkennen. Aber anders als im neuzeitlichen Denken, dient die Erkenntnis
der Welt nicht der Beherrschung der Welt, sondern die Erkenntnis der Welt
dient der Wahrheit und der Selbstvervollkommnung des Menschen. Nicht
die Herrschaft über die Natur, sondern die Erkenntnis der Natur ist das
Höchste, ja, der Sinn des menschlichen Daseins überhaupt.
AGABUS
Dann ist der Mensch also im wesentlichen ein Erkennender?
MARIA
Das Höchste ist für Aristoteles nicht der handelnde Mensch, sondern der
erkennende, nicht der Arbeiter, sondern der Philosoph, höher als die Vita
Aktiva steht die Vita Kontemplativer, über dem Herrscher steht der Weise.
AGABUS
Sei mit gegrüßt, Göttin der Muße!
MARIA
Aber der Mensch wird auch gedacht als Handelnder, aber sein Handeln hat
nicht die Priorität, sondern die Priorität hat die Erkenntnis. Die erkennende
Vernunft, der wissende Logos oder die Einsicht der Vernunft, wie immer
du es nennen willst, übt die Herrschaft über die Handlungen aus. Der
Mensch soll nicht blindlings seinen Trieben, Leidenschaften und
Begierden folgen, wie das Tier blind dem Instinkt vertraut, sondern der
Mensch soll besonnen leben und handeln, er soll durch die Vernunft seine
Leidenschaften beherrschen. Die Leidenschaften, nicht gelenkt von der
Vernunft, sondern ihre Begierden frei auslebend, sind zerstörerisch für den
Menschen. Wenn der Mensch aber durch seine Vernunft die
Leidenschaften zügelt, stehen die Leidenschaften im Dienst der
Selbstverwirklichung des Menschen.
AGABUS
Wie in der Liebe offenbar wird.
MARIA
Ja, mein Herz, mein Traum, mein Leben!
AGABUS
Wo wir schon auf die Liebe gekommen sind – was ist Gott?
MARIA
Gott ist der Ursprung der Welt und des Menschen.
AGABUS
Muß man das im Glauben einfach annehmen und für wahr halten, weil
man eben so spricht? Oder gibt es vernünftige Beweise oder zumindest
überzeugende Indizien für die Existenz Gottes? Ich frage das aus
intellektueller weiblicher Neugierde, nicht etwa weil ich an der Existenz
Gottes zweifelte.
MARIA
Wir sehen in der ganzen Welt Bewegung. Woher kommt die Bewegung,
was hält die Bewegung in Gang? Es muß doch ein Erstes geben, was die
Bewegung verursacht hat. Es muß doch den Urbeweger geben, von dem
alle Bewegung ihren Ausgang nimmt. Dieser Urbeweger aber darf selbst
nicht von einem anderen bewegt sein, sonst wäre eben der andere der
Urbeweger. Dieser Urbeweger aber wird erkannt an seinen Wirkungen.
Seine Wirkung ist Bewegung und Streben. Wodurch aber wird die
Bewegung mit ihrem inneren Streben erregt? Offensichtlich durch das
Ziel, das angestrebt wird. Das Zeil zieht die strebende Bewegung an,
immer weiter zu streben, bis sie das Ziel erreicht hat.
AGABUS
So ist es ja auch in der Liebe. Die Sehnsucht ist das Streben des
Liebenden, der keinen Seelenfrieden findet, bis er am Herzen der
Geliebten ruht.
MARIA
Ja, du kannst dir den Erstbeweger denken wie das Urbild der Liebe, wovon
die menschliche Liebe das Abbild ist. Der Urbeweger als die schöpferische
Liebe schafft alle Bewegung, alles Streben, alle Sehnsucht in der Welt,
alles Treiben und Drängen auf ein Ziel hin, welches Er selber ist.
AGABUS
Wie definiert sich nun das Ziel der strebenden Welt?
MARIA
Alles Streben des Menschen und der Welt zielt ab auf die
Selbstverwirklichung, auf die höchstmögliche Realisierung aller
innewohnenden Möglichkeiten. Im Menschen und im Kosmos sind
Potenzen, Möglichkeiten und Fähigkeiten, die alle volle Wirklichkeit
annehmen wollen, das ist ihr Trieb und Streben. Das Ziel also ist die volle
Selbstverwirklichung von Mensch und Welt. Das Ziel ist also volle
Verwirklichung aller Möglichkeiten, vollkommene Realisierung aller
Potenzen. Damit definiert sich das Ziel als höchste Wirklichkeit, als
vollkommene Wirklichkeit. Wie aber kann man das nennen, was
vollkommene Wirklichkeit ist?
AGABUS
Das nennt man Gott.
MARIA
Ja, in Ihr, der Gottheit, entspringt alles Streben, alle Bewegung. Der
Dichter sagt: Es ist eine Sehnsucht in der Welt. Aber alles Streben mündet
auch in die Gottheit. Sie ist Ursprung und Ziel, sie ist das Alpha und
Omega. Aber sie ist nicht allein der Ursprung von Welt und Mensch und ist
nicht allein das höchste Ziel von Welt und Mensch, sondern es ist, wie
Aristoteles sagt, etwas Göttliches in der Natur, denn die Gottheit ist eben
auch der Weg, sie ist die innere Kraft, die die Welt und den Kosmos vom
Ursprung herausführt, führt den Weg des Strebens und der liebenden
Sehnsucht und führt als innere Kraft und als Weg auch schließlich die Welt
und den Menschen heim in den Schoß der Gottheit.
AGABUS
Ist das nun der Schöpfergott, der von außen die Welt ins Leben ruft? Oder
ist das eine heidnische Gottheit, die im Innern der Natur lebt?
MARIA
Der Urbeweger des Aristoteles als das Ziel der Schöpfung übersteigt
natürlich die Schöpfung, ist selbst nicht Bestandteil der Schöpfung, ist also
eine transzendente Gottheit. Der Schöpfergott des Christentums ist auch
nicht ein Gott, der in absoluter Transzendenz oberhalb und außerhalb der
Welt steht, sondern ist zugleich die göttliche Liebe, die, wie der Hymnus
der Kirche sagt, die Welt im Innersten zusammenhält. Die wahre Gottheit
ist nicht allein die transzendente Gottheit, sondern gleicherweise die
immanente Gottheit.
AGABUS
Was aber ist nun das Wesen dieser Gottheit selbst?
MARIA
Wenn die Gottheit des höchste Ziel des Menschen ist, wenn die
vollkommene Selbstverwirklichung des menschlichen Wesens ins Gott
erzielt wird, muß Gott in absoluter und vollkommener Form das besitzen
oder gar sein, was des Menschen Vollkommenheit ausmacht. Der Mensch
aber zeichnet sich vor allen andern Lebewesen dadurch aus, dass er Geist
und Vernunft besitzt. Gott als die Vollkommenheit besitzt also Geist und
Vernunft in Vollkommenheit. Aber Gott besitzt nicht einen menschlichen
Geist und eine menschliche Vernunft, sondern Gott ist mehr als Geist und
Vernunft, Gott ist göttliche Vernunft, das heißt göttlicher Logos, und Gott
ist göttlicher Geist, das heißt Heiliger Geist.
AGABUS
Gott ist also der Logos. Das sagt im Übrigen der Evangelist Johannes
auch: Und der Logos war bei Gott und der Logos war Gott. Der Logos
aber wurde definiert als die Fähigkeit, zu erkennen. Der Mensch mit
seinem menschlichen Logos erkennt die Welt. Was aber erkennt der Logos
Gottes? Was erkennt Gott?
MARIA
Wenn Gott das Ziel der Welt und des Menschen ist, kann Gott nicht
abhängig sein von der Welt und dem Menschen. Wenn der Logos Gottes
aber die Welt und den Menschen denken und erkennen würde, wäre Gott
abhängig von der Schöpfung, die er bräuchte als den Gegenstand seiner
Erkenntnis. Gott aber als das höchste Ziel von Mensch und Welt ist
vollkommen und unendlich erhaben über Welt und Mensch und lebt in
vollkommener Freiheit von Welt und Mensch.
AGABUS
Was kann dann der Gegenstand der Erkenntnis Gottes sein?
MARIA
Wenn Gottes Logos nicht die Schöpfung erkennt, kann der Logos Gottes
also nur Gott allein erkennen. Der Logos Gottes und der Geist Gottes
erkennen Gott. Hier erhebt sich die natürliche Weisheit des Philosophen an
die Grenze der Selbstoffenbarung Gottes als Dreifaltiger Gottheit: Gott der
Ursprung, Gott der Logos, Gott der Geist, die drei Personen Gottes
erkennen einander.
ZWEITES GESPRÄCH
AGABUS
Wenn der Mensch also den Logos besitzt, was ist dann Logik?
MARIA
Logik ist die richtige Art des Denkens. Logik lehrt nicht, wie die
Psychologie, wie der Mensch denkt, sondern wie er denken soll, damit er
zu wissenschaftlicher Erkenntnis kommt.
AGABUS
Womit beginnt das richtige Denken?
MARIA
Die wissenschaftliche Erkenntnis beginnt bei den Begriffen. Begriffe
gewinnt man durch Definition. Die Definition eines Begriffes erfordert
zwei Bestimmungen: Erstens, in welche Klasse von allgemeinen Begriffen
lässt sich der Begriff einordnen? Also: Was ist der Mensch? Der Mensch
gehört zur Klasse der Lebewesen. Zweitens muss die Definition den
Begriff von den andern Begriffen der gleichen Klasse unterscheiden. Also:
Was ist der Mensch? Der Mensch ist ein Lebewesen, aber ein
vernunftbegabtes, denkendes, sprechendes, kulturschaffendes Lebewesen.
Die Begriffe bilden eine Hierarchie vom Allgemeinen zum Besonderen.
Die Definition des Begriffes schreitet vom Allgemeinen zum Besonderen
fort. Also: Es ist ein Lebewesen, es ist ein vernünftiges Lebewesen, es ist
ein Mann, es ist ein Deutscher, es ist ein Friese, es ist ein blonder Friese, es
ist ein bärtiger blonder Friese, es ist eben jener bärtige blonde Friese.
AGABUS
Nachdem der Begriff definiert worden ist, wie schreitet der Logiker in der
Erkenntnis fort?
MARIA
Wenn man die Begriffe anschaut, kommt man zu höheren und
allgemeineren Gattungsbegriffen. Aristoteles kam zu zehn allgemeinen
Grundkategorien: Substanz, Quantität, Qualität, Relation, Wo, Wann, Wie,
Haben, Wirken, Leiden. Die ersten vier Kategorien sind die wichtigsten.
Also bestimmt man die Begriffe nach den vier Kategorien, nach der
Substanz des Dinges, also seinem Wesen, nach der Quantität des Dinges,
also seiner Menge, nach der Qualität des Dinges, also seiner
Beschaffenheit, und nach der Relation des Dinges, also seinen
Beziehungen zu anderen Dingen.
AGABUS
Wenn man die Begriffe nun geklärt hat und nach den Kategorien genauer
bestimmt, wie geht der Denker dann vor?
MARIA
Nun bildet der Denker einen Satz über den Begriff. In dem Satz oder
philosophischen Urteilsspruch sind zwei Dinge enthalten: Das Subjekt ist
der Begriff, über den etwas ausgesagt werden soll, das Prädikat ist die
Aussage, die über den Begriff gemacht wird. Es gibt nun verschiedene
Urteilssprüche. Das bejahende Urteil sagt: Diese Rose ist blutrot. Das
verneinende Urteil sagt: Diese Rose ist nicht blutrot. Das allgemeine Urteil
sagt: Alle Rosen verwelken. Das besondere Urteil sagt: Einige Rosen sind
dornenlos. Das Urteil, das ein Sein aussagt, sagt: Die Rose blüht. Das
Urteil, das eine Notwendigkeit aussagt, sagt: Diese Lilie muß morgen
aufblühen. Das Urteil, das eine Möglichkeit aussagt, sagt;: Diese Lilie
kann heute nacht noch aufblühen.
AGABUS
Maria, meine Philosophin, wenn du philosophierst, so wird es zur Poesie.
Aber wenn der Denker nun sein philosophisches Urteil gesprochen hat,
wie schreitet er fort in der Erkenntnis?
MARIA
Nach dem Urteilsspruch zieht der Denker seine Schlüsse. Ein Schluß ist
eine Rede, in der aus bestimmten Voraussetzungen etwas Neues
hervorgeht. Aus Urteilen wird ein neues Urteil geschlussfolgert. Die
vorgegebenen Urteile sind die Prämissen, das geschlussfolgerte neue Urteil
ist die Konklusion. Aristoteles schließt: Alle Menschen sind sterblich,
Platon ist ein Mensch, also ist Platon sterblich.
AGABUS
Was zu beweisen war! Aber da kann man ja alles beweisen: Alle Menschen
sind Sünder, Maria ist ein Mensch, also ist Maria eine Sünderin! Hier ist
doch der Irrtum offensichtlich.
MARIA
Ich danke dir für deine Liebe zu meiner Unbefleckten Erkenntnis. Ein
Schluß ist auch noch kein Beweis. Die Prämisse muß natürlich stimmen.
Wenn ich sage: Alle Menschen sind sterblich, das ist meine Prämisse, dann
ist ja logisch, das der Mensch Platon sterblich ist. Wenn aber nun Platon
unsterblich wäre, dann wäre die Prämisse falsch, denn dann müsste es
heißen: Alle Menschen, außer Platon, sind sterblich.
AGABUS
Ich danke dir, meine Philosophin. So muß man eben sagen: Alle Menschen
sind Sünder, außer dem Gottmenschen Jesus und der Unbefleckten
Empfängnis Maria, das wäre die richtige Prämisse.
MARIA
Ja wahr. Will man fortlaufende Schlüsse zu Beweisen werden lassen, muß
also als erstes die Grundlage stimmen. Man muß den Satz, aus dem man
eine Behauptung zum Beweis werden lassen will, aus höheren und
allgemeineren Sätzen ableiten. Nach Aristoteles stößt der Geist so immer
weiter vor in immer höhere Höhen, bis der menschliche Geist zu einigen
Grundwahrheiten kommt. Über allen Grundwahrheiten steht die Eine
Grundwahrheit, das ist der Satz vom Widerspruch: Das, was ist, kann nicht
gleichzeitig und in derselben Hinsicht nicht sein.
AGABUS
Also: Gott der gut ist, kann nicht böse sein?
MARIA
Ja, und Gott, der das ewige Sein ist, der ewige Ich bin, kann nicht absolute
Leere oder das ewige Nichts sein.
AGABUS
Wir sind schon bei der Metaphysik.
MARIA
Du hörtest doch schon oft von den Ideen, die Platon das einzig Wirkliche
nannte, dagegen die sogenannte konkrete Wirklichkeit, die uns umgibt,
von Platon nur als Schatten der Ideen betrachtet wurde. Aristoteles sieht
eine intimere Verbindung zwischen den Ideen und dem Konkreten. Die
Ideen nennt er das Allgemeine, die allgemeinen Begriffe. Das Allgemeine
ist nun für Aristoteles in dem Konkreten. Die konkreten Bäume vergehen,
aber der allgemeine Baum an sich bleibt bestehen. Allerdings ist der
allgemeine Baum an sich nicht losgelöst von den konkreten Bäumen
existent, sondern er ist das unvergängliche Wesen, das in den konkreten
Bäumen ist. Wir Menschen kommen zum Allgemeinen, in dem wir von
den konkreten Dingen abstrahieren und denkend zu ihrem allgemeinen
Wesen vordringen. Wenn du die vielen Frauen betrachtest und von dem
konkreten und zufälligen der einzelnen konkreten Frauen abstrahierst und
dich zum unvergänglichen Wesen der Frau erhebst, zur natürlichen
Bestimmung der Frau, dann erhebst du dich zu der Frau an sich, zur
allgemeinen Frau, zur Idee der Frau.
AGABUS
Und das ist mir die Weise, in einer intellektuellen Vision dich, Maria, zu
schauen.
MARIA
Ja, mein Schatz, so erkennst du die Makellose Konzeption der Frau der
Offenbarung.
AGABUS
Wie ist nun genauer das Verhältnis zwischen Himmel und Erde, Geist und
Natur, Allgemeinen Ideen und Konkreter Wirklichkeit?
MARIA
Adas allgemeine Wesen der konkreten Einzeldinge nennt Aristoteles
Formen, manchmal aber verwendet er auch den platonischen Begriff der
Ideen dafür. Du weißt ja, das Platon der achtzigjährige Lehrer war und
Aristoteles der zwanzigjährige Schüler. Die Form aber braucht auch etwas,
das geformt wird, sonnst wäre es sinnlos, von Form zu sprechen. Das, was
geformt wird, nennt Aristoteles Stoff oder Materie. Die Materie an sich ist
noch nicht wirklich, sondern sie hat in sich nur die Möglichkeit zur
Wirklichkeit. Wirklich wird die Materie, in dem sie von der Form gestaltet
wird. Die Formen allerdings, die der Möglichkeit der Materie zur
Wirklichkeit verhelfen, sind nicht allein die ewigen Ideen, sondern auch
die Kraft, die die Materie zur Wirklichkeit führt und zudem der letzte
Zweck, das höchste Ziel der Materie. Die Materie aber ist nicht etwas rein
Passives, sondern sie hat einen gewissen Widerstand in sich gegen die
Form, daraus erklärt Aristoteles die Unvollkommenheit des Daseins.
Zusammengefasst in vier Punkten gibt es also zum ersten der Stoff, etwa
das Gold, aus dem ein Kelch geformt wird, zweitens die Form, das ist also
die eigentliche Form des Kelches, etwa in Form einer Lilienblüte, zum
dritten gibt es die Wirkursache, das ist der Goldschmied, der den goldenen
Kelch bildet, und zum vierten gibt es die Zweckursache, das wäre dann die
Verwendung des goldenen Kelches beim eucharistischen Opfer.
AGABUS
Während du sprachest, kam mir ein Gedanke: In der Heiligen Schrift ist
bei der Schöpfungsgeschichte die Rede von dem chaotischen Urmeer, über
welchem der Heilige Geist schwebte. Das Chaosmeer heißt im
Lateinischen aber Maria. Wenn du nun das Urmeer wärest, die Urmaterie,
der Stoff des Kosmos, und der Heilige Geist schwebte über dir als die
Form?
MARIA
(lächelt)
Ja, auch Aristoteles denkt sich die Formen so, dass eine erste und absolute
Form existieren muß. Denn wo Form und Stoff aufeinander treffen,
entsteht Bewegung. Die Form ist das Bewegende und der Stoff das
Bewegte. Wie wir aber schon erklärt haben, muß man bei aller Bewegung
an einen Erstbeweger denken. Der Erstbeweger ist die absolute Form, der
absolute Geist, die totale Vollkommenheit. Die absolute Vollkommenheit
aber ist Gott. Dieser absolut vollkommene Gott ist Geist und Erkenntnis
und erkennt sich selbst. Gott ist der Logos, der vermittels des Geistes die
Urgottheit erkennt.
DRITTES GESPRÄCH
AGABUS
Heute wird viel über die Schöpfungsgeschichte nachgedacht. Die
Materialisten leugnen die Existenz eines Schöpfergeistes und erklären alles
aus der Selbstentwicklung einer Urmaterie. Wie ist denn die Stellung des
Philosophen Aristoteles zu diesem Problem?
MARIA
In den Mythologien der Heiden steht am Anfang die chaotische Urmaterie,
aus der die Götter geboren werden, diese Götter zeugen neue Götter, diese
neuen Götter des Geistes ermorden die Götter der Natur und herrschen
dann auf dem Olymp. Der Geist entwickelt sich durch Kampf aus der
Urmaterie. Diese Mythologie haben die heiligen Kirchenväter immer
abgelehnt. Aber die griechische Philosophie leitet die Welt aus dem
göttlichen Sein ab. Das Sein ist aus sich selbst seiend. Allein der göttliche
Geist ist der letzte Grund für alles wirkliche Dasein. Gott ist also in der
Philosophie nicht das Produkt einer langen Entwicklung der Materie,
sondern Gott ist Geist und ewiges Sein und ist die Ursache der Welt. Gott
schafft die Welt auch nicht, weil er sie nötig hätte, sondern Gott als das
Vollkommene und perfekte Totale ist in sich vollendet und bedarf keines
Dings. Gott ist als göttlicher Geist das ewige Sein ist totaler
Vollkommenheit und besitzt sich vollkommen selbst. Gott denkt sich selbst
als das absolute Sein.
AGABUS
Gott denkt sich selbst? Was denkt der göttliche Geist, kannst du das sagen?
MARIA
Der göttliche Geist denkt sich selbst. Gott ist der Denker, Gott ist das
Gedachte und Gott ist das Denken. Der Vater ist der Denker, der Logos ist
der Gedachte und der göttliche Geist ist das Denken.
AGABUS
Die griechischen Philosophen ahnten also auch schon die Drei-Einheit
Gottes?
MARIA
Sowohl Platon als auch Aristoteles umschrieben das Höchste Gut als
Dreifaltigkeit von Ewiger Wahrheit, vollkommener Güte und perfekter
Schönheit. Gott als das Sein an sich, Gott fasst in sich zusammen die
Wahrheit, die Güte und die Schönheit des ganzen Seins.
AGABUS
Ist Gott nun das Sein, gibt es dann noch ein anderes Sein als Gott?
MARIA
Außer dem seienden Gott gibt es nur Nichtsein. Gott ist das totale Sein,
weil es nichts gibt, was zur vollkommenen Totalität des göttlichen Seins
noch ein Etwas hinzufügen könnte.
AGABUS
Gott als das totale Sein, kann dieser Gott böse sein?
MARIA
Für Platon und Aristoteles ist das göttliche Sein, das die vollkommene
Güte, die absolute Wahrheit und die perfekte Schönheit ist, dieser Gott
kann nur als der Gute an sich bezeichnet werden, Agathon, das Höchste
Gut ist diese Gutheit Gottes. Und diese Güte Gottes wird gedacht als der
Urgrund und die Quelle alles wirklichen Daseins.
AGABUS
Madonna! In der vollkommenen Güte, in der ewigen Wahrheit und in der
perfekten Schönheit erkenne ich dich! Du bist so gütig, mild und süß! Du
lehrst die Wahrheit und du bist die Besiegerin aller Irrlehren! Und vor
allem bist du makellos schön!
MARIA
Ja, mein Geliebter, ich werde immer und ewig für dich das junge schöne
Mädchen sein, denn ich allein bin die Immerwährende Jungfrau, und ich
bin ganz dein!
ZWEITER TEIL
ERSTES GESPRÄCH
AGABUS
Maria, kannst du mir etwas erzählen über die arabischen und jüdischen
Traditionen des Aristotelismus?
MARIA
In der christlichen Kirche wurde zuerst das Gespräch zwischen dem
Evangelium und der platonischen und neuplatonischen Philosophie
geführt, später wurde das Gespräch zwischen dem Evangelium und
Aristoteles geführt. Ähnlich war es in der Entwicklung der arabischen
Philosophie. Die Muslime, die dem Gottesbilde Mohammeds glaubten,
befassten sich zuerst mit dem Zusammenspiel von muslimischer Religion
und Neuplatonismus. Da sind zu nennen Alkindi, von dem aber nichts
überliefert ist, und zum anderen Alfarabi, der die Sekte der Lauteren
Brüder gründete. Diese Sekte versuchte eine Verschmelzung von
muslimischer Religion und Neuplatonismus. Von der islamischen
Geistlichkeit wurde diese Sekte sehr skeptisch betrachtet. Dann aber
gewann der Aristotelismus mehr Einfluss auf die arabischen Philosophen.
AGABUS
Die berühmtesten arabischen Philosophen sind doch Avicenna und
Averroes?
MARIA
Avicenna gilt als der größte arabischen Philosoph im arabischen
Morgenland. Er war wie Aristoteles Naturforscher. Avicenna lehrte nicht
wie die Neuplatoniker eine Emanation der Natur aus Gott, sondern er
stellte den göttlichen Geist und die Materie einander gegenüber und
behauptete mit Aristoteles die Ewigkeit der Materie.
AGABUS
Aristoteles sprach also nicht von der Materie als einem Geschöpf Gottes?
MARIA
Die Materie war für Aristoteles das Prinzip der Vervielfältigung und
Einschränkung des geistigen Prinzips. Die Materie mit ihrer Vielheit und
ihrem ewigen Wandel von Stirb und Werde konnte nach der Ansicht
Aristoteles nicht vom göttlichen Geist geschaffen sein, da sonst der Geist
als der Eine und Grenzenlose ein Prinzip der Vielheit und Einschränkung
geschaffen hätte, eine Welt geschaffen hätte, in welchem die
Vergänglichkeit der Vielheit herrscht, das heißt, ein Reich des Todes.
AGABUS
Avicenna nahm also auch an, die Materie sei ewig. Wie ist dann das
Verhältnis von Gott und Welt in der Weltsicht Avicennas?
MARIA
Gott ist der Erstbeweger der Welt, die aus Gott emanierenden geistigen
Form-Ideen realisieren sich in der ewigen Materie.
AGABUS
Die geistigen Formideen, was lehrt Avicenna über sie? Sind sie wie die
Ideen Platons die wahre Wirklichkeit und sind sie im Ideenhimmel? Oder
sind sie die Formprinzipien an der Materie, die dem Stoff innewohnende
Entelechie? Oder sind sie allein Abstraktionen einer abstrahierenden
menschlichen Logik, Produkte des Gehirns des Mannes?
MARIA
Die Ideen sind vor den Dingen im Geiste Gottes. Die Ideen sind in den
Dingen als Formen und als Prinzip der Entelechie, was ihr Dasein in der
Schöpfung begrifft. Was aber die menschliche Erkenntnis betrifft, erkennt
der Mensch die Form-Ideen durch logische Schlüsse, durch rationales
Denken, durch Abstraktion. Sie sind vor den Dingen für Gott, sie sind in
den Dingen für die Welt, sie sind nach den Dingen für den Menschen.
AGABUS
Das selbe lehrte doch auch Abälard, der verliebte Mönch. Aber hat ihn
nicht Bernhard von Clairvaux kritisiert?
MARIA
Wenn du vom heiligen Bernhard sprichst, dann geht mein Herz mir über
vor Wallungen heißer Liebe! Mein Troubadour! Aber was den
Universalienstreit betrifft, das lassen wir vorerst beiseite.
AGABUS
Was lehrt denn nun Averroes?
MARIA
Wie Avicenna der größte Philosoph des arabischen Ostens genannt wird,
nennt man Averroes den größten Philosophen des arabischen Westens. Er
nennt Aristoteles einfach den Philosophen.
AGABUS
Tat das der heilige Thomas nicht auch?
MARIA
Ja, Thomas nannte Aristoteles einfach den Philosophen, und Thomas
nannte Averroes einfach den Kommentator. Die Werke des Averroes sind
nämlich im Wesentlichen Kommentare zu den Werken des Aristoteles.
AGABUS
Was war nun die Lehre des Averroes?
MARIA
Artistoteles sprach von der Materie, als dass sie keine Wirklichkeit habe,
sondern nur Möglichkeit, Potenz. Der göttliche Geist trage die geistigen
Formen an die potente Materie heran und so verwirklichen sich die
Formen in der Materie und die Möglichkeiten der Materie werden zu
Wirklichkeiten. Averroes aber dachte, die Formen werden nicht vom
göttlichen Geist quasi von außen an die Materie herangetragen, sondern in
der ewigen Materie ruhen im Innern verborgen die ewigen geistigen
Formen als das geistige Prinzip in der Materie, als Entelechie, die in
Evolutionen oder Entwicklungen die mögliche Materie zur wirklichen
Materie sich entwickeln lassen.
AGABUS
Diese Philosophie ist weit entfernt von der Offenbarung an den Creator
Spiritus, den Creator ex nihilo!
MARIA
Averroes schloß sich auch dem Aristoteles an, was die Unsterblichkeit
betrifft. Nämlich für Aristoteles ist allein der göttliche Geist unsterblich.
Die Materie als Prinzip der Vielheit und Vereinzelung ist nicht unsterblich.
Die persönliche Seele eines konkreten Menschen sah Aristoteles als mit
dem Körper vergänglich an, allein der innewohnende göttliche Geist sei
unsterblich. Averroes schloß sich dem an. Es ist also nicht Sokrates
unsterblich und es ist nicht Diotima unsterblich, sondern die Philosophia
allein ist unsterblich.
AGABUS
Sokrates wird also nicht in Mohammeds Garten Eden kommen und dort
auf weichen Sofas liegen und allerbesten Wein trinken und Geflügel essen
und die schönen schwarzhaarigen Huris lieben?
MARIA
Nein, das wird er nicht. Der Geist des Sokrates ist unsterblich und kehrt
heim zu Gott.
AGABUS
Averroes entwickelt also eine arabische Philosophie, die sich unterscheidet
von den Gesetzen der arabischen Religion des Islam. Wie definiert er das
Verhältnis von Glaube und Vernunft?
MARIA
Die Religion des Islam und die Gottesvorstellungen des Koran waren für
Averroes für die einfältigen Menschen gemacht, für die Unweisen. Die
höhere Wahrheit über die göttlichen Dinge lehre die Philosophie. Der
Koran ist für die unweise Masse, die Philosophia ist für die wenigen
Wissenden.
AGABUS
Sophia ist, wie ihr Name sagt, nur wenigen bekannt, sagt Jesus Sirach.
MARIA
Darum warf die islamischen Obrigkeit die Schriften des Philosophen auch
ins Feuer. Aber das änderte nichts daran, dass Thomas reichlich von ihm
lernte. Nach dem Tode des Averroes und dem Niedergang des arabischen
Aristotelismus wandte sich die arabischen Geisteswelt mehr den Fragen
des Glaubens im Sinne einer mystischen Gottesliebe zu. So wird auch auf
Albertus Magnus und den Engelgleichen Thomas der Mystiker Meister
Eckard folgen.
AGABUS
Jetzt bleibt mir nichts, als dich zu grüßen als die Neue Eva vom
Himmlischen Lustgarten Eden, als die Königin des Paradieses, welcher ich
meine unsterbliche Seele für alle Ewigkeiten schenke!
ZWEITES GESPRÄCH
MARIA
Sprechen wir einmal von den beiden philosophischen Zechgenossen Al-
Gazzali und Thomas.
AGABUS
Willst du die beiden zum Wettstreit antreten lassen?
MARIA
Ja, wir wollen schauen, wer die Perle der Weisheit gefunden hat.
AGABUS
Wer ist Al-Gazzali?
MARIA
Er schrieb wie Thomas eine Theologische Summe. Ein Christ sprach
einmal, er sei überzeugt, dass es seine erste Aufgabe sei, Gott in seinen
Reden und Sinnen sprechen zu lassen. Auch Al-Gazzali wollte von Gott
sprechen und nach dem Gesetz Gottes leben. Ihm erschien der Koran als
das Gesetz Gottes. Die Sufi-Mystik lehrte ihn, seine Seele aufsteigen zu
lassen zu Gott.
AGABUS
Und Thomas?
MARIA
Thomas schrieb eine philosophische Summe gegen die Heiden, nämlich
vor allem gegen die ketzerischen Auffassungen von Avicenna und
Averroes, die mit der Christus-Offenbarung nicht vereinbar waren. Thomas
nannte sein Schaffen Theologie, Al-Gazzali nannte es Wissenschaft von
der Religion, das ist ein sehr bezeichnender Unterschied.
AGABUS
Thomas, in seiner Argumentation gegen die arabischen Philosophen, hatte
er da einen intellektuellen Bundesgenossen?
MARIA
Ja, er zog immer wieder den Moses Maimonides heran, der er Rabbi
Moses nannte. Wir werden, so Gott will, später über ihn sprechen.
AGABUS
Wo sind denn Gemeinsamkeiten zwischen Al-Gazzali und Thomas?
MARIA
Die scholastische Methode, die Dialektik, findet sich bei beiden. Diese
Methode des Ja und Nein fand sich schon bei Photios, dem byzantinischen
Botschafter beim Kalifen von Bagdad und späteren Patriarchen von
Konstantinopel.
AGABUS
Ich meine, Dante reiht ihn in seiner Commedia unter die Irrlehrer ein.
MARIA
Auch behaupten einige, die Kunst, eine theologische Summe zu schreiben,
sei zu Thomas über den islamischen Umweg gekommen.
AGABUS
Sind sich denn Thomas und Al-Gazzali auch als Persönlichkeiten ähnlich?
MARIA
Beide haben schon früh eine tiefe religiöse Bildung erhalten. Beide
zeichnen sich durch eine große intellektuelle Kraft aus. Beide lehrten in
den akademischen Zentren ihrer Kulturbereiche, der eine in Bagdad, der
andre in Paris. Beide fühlen sich angezogen vom armen mönchischen
Leben. Thomas stammte aus einer reichen Großgrundbesitzerfamilie und
schloß sich dem Bettelorden an. Al-Gazzali wandte sich als glänzender
Hoftheologe dem Sufi-Weg der Armut und Demut zu. Beide sind
systematische Theologen und vom Intellekt bestimmt. Beide fanden nach
anfänglichen Widerständen von Traditionalisten ihrer Religion schließlich
eine weite Verbreitung, ja, ihr Einfluss wirkt noch tausend Jahre später
nach.
AGABUS
Gibt es auch Parallelen in ihren Werken?
MARIA
Beide wollten eine Neubelebung der Wissenschaft von der Religion. Beide
hatten nach zahlreichen juristischen oder philosophischen Büchern das
Bedürfnis, eine Quintessenz ihrer Theologie zu verfassen, ihrer Weisheit
über Gott und Welt und Mensch. Beide hatten es zu tun mit einer
traditionalistischen Theologie einerseits und einer ungläubigen Philosophie
andererseits. Dem Islamisten genügte nicht der Koran, sondern er wollte
einen vernünftigen Weg zu Gott begründen. Der Aquinat wollte nicht
allein die Lehre der Bibel und der Kirche gläubig annehmen, sondern
darüber hinaus die Lehre mit der Vernunft ergründen und begründen.
Beide Theologen schätzten Aristoteles unter allen Philosophen am meisten.
Beide waren sich aber einig darin, das über den Philosophen Aristoteles
die göttliche Offenbarung zu stellen ist. Dem Islamisten schein dies der
Koran zu sein, Thomas sah in Christus die volle Offenbarung Gottes.
Beide beginnen und enden in ihren theologischen Summen bei Gott. Beide
Werke handeln von den Lastern, der Fressgier, der Sexgier, Zorn, Haß,
Lüge, Habgier, Geiz und Stolz, und von den Tugenden. Al-Gazzali nennt
die Tugenden Reue, Umkehr, Geduld, Dankbarkeit, Gottesfurcht und
Hoffnung. Thomas nennt die Tugenden Glaube, Liebe, Hoffnung,
Klugheit, Starkmut, Maßhalten, Gerechtigkeit.
AGABUS
Nach so vielen Parallelen müssten nun doch einige Unterschiede
auftauchen.
MARIA
Trink erst einmal einen Becher Wein. (Pause) –
AGABUS
Man spricht immer so schlecht vom Stil des scholastischen Mönchslatein.
Die Humanisten spotten immer über das mittelalterliche Latein.
MARIA
Und du nennst dich einen Römer und kannst noch nicht einmal Latein?
Nein, lege alle Vorurteile und Scheuklappen ab! Wir wollen nun über die
Unterschiede zwischen unsern beiden Denkern sprechen. Gazzali lehnte
die aristotelische Begrifflichkeit ab und weigerte sich über Substanz und
Akzidenz zu philosophieren. Thomas dagegen machte sich nicht nur die
aristotelische Logik, sondern auch dessen Physik und Metaphysik
weitgehend zu eigen. Er versuchte, mit Hilfe aristotelischer Prinzipien die
Christus-Offenbarung neu zu durchdenken.
AGABUS
Das versuchte doch auch Abälard.
MARIA
Abälard stellte die Vernunft des Menschen über den gottgeoffenbarten
Glauben. Bernhard dagegen stellte die mystische Gottesliebe über den
Verstand des Menschen. Bernhard meinte, die Liebe der Braut Seele zu
ihrem Bräutigam Jesus sei die schönste Weisheit.
AGABUS
Was war bei Gazzali und Thomas die Absicht ihres Werkes?
MARIA
Gazzali wollte eine Versöhnung des mystischen Sufismus mit der
islamischen Jurisprudenz, der Scharia. Er war ein Jurist und Gottsucher
und meinte, das Gesetz, dem der Jurist zu folgen habe, stehe nicht im
Widerspruch zu einem Aufstieg zu Gott. Thomas war mehr Philosoph als
Jurist und er wollte die Versöhnung zwischen Philosophie und Theologie.
Das Dogma aber, wie es von den Kirchenvätern herausgearbeitet worden
ist und entwickelt aus der Heiligen Schrift, ließ Thomas unangetastet. Er
erkannte die Autorität der heiligen Mutter Kirche und ihre Deutungshoheit
über die Schrift eindeutig an. Einige sprachen von den zwei Wahrheiten,
einer natürlichen Wahrheit der Naturphilosophie und einer davon
verschienen Glaubenswahrheit der Schrift. Aber Thomas lehrte, dass die
Wahrheit nur eine ist und sich selbst nicht widersprechen kann. Die
Vernunft kann dem Glauben nicht widersprechen. Er ordnete die
Philosophia als Ancilla Domini der Theologie unter, denn die Wissenschaft
von der Offenbarung Gottes in Christus muß die philosophierende
Vernunft erleuchten und führen du vollenden, die Philosophie aber dient
der Offenbarung, indem sie die Offenbarung durchdenkt, erkennt,
begründet und verteidigt und erläutert.
AGABUS
Wie haben die beiden Denker ihre theologischen Summen konzipiert?
MARIA
Gazzali gestaltete sein Werk nach dem stufenweisen Aufstieg der Sufi-
Mystik. Er stellte den Lebensweg eines frommen Moslems dar,
angefangen vom Bekenntnis zur Einheit Gottes, bis zum Eingang in den
Huri-Himmel. Ohne Erlösungsdrama ist der Weg, von Station zu Station
schreitet der Moslem voran zum Ziel der Glückseligkeit. So behandelt
Gazzali zuerst die religiösen Pflichten des Moslems, das Bekenntnis zur
Einheit Gottes, das Gebet, das Almosen, die Wallfahrt nach Mekka. Dann
werden die Pflichten des Menschen gegenüber den Menschen behandelt,
Tischsitten, Arbeit, Ehe, Freundschaft, Reisen. Dann wird ein
Lasterkatalog geschildert und daraufhin ein Tugendkatalog. Die Tugenden
gipfeln im Gottvertrauen. Alles schließt mit einem mystischen Weg ins
Jenseits und den Paradiesgarten. Thomas, obwohl aristotelisch denkend,
wählt eine neuplatonische Konzeption: Der Mensch kommt von Gott und
kehrt heim zu Gott. Der erste Teil der Summe handelt von Gott der,
Ursache alles Seins, dem Schöpfer der Kreaturen und des Menschen und
von der Ursünde des Menschen. Der zweite Teil handelt von der Heimkehr
des Menschen zu Gott.
AGABUS
Das ist ein unterschiedlicher Aufbau der Werke, eine grundverschiedene
Struktur. Aber was ist der eigentliche wesentliche Unterschied zwischen
dem Moslem und dem Katholiken, zwischen dem Juristen und dem
Philosophen, zwischen dem Sufi-Lehrer und dem Engelgleichen Doktor?
MARIA
Das Gemeinsame von Islam und Judentum und Christentum ist die
Herkunft der Welt von Gott her und die Bestimmung Gottes als das Ziel
der Welt. Aber was ist die Mitte, das Herzstück der theologischen
Summen? Vierzig Kapitel verfasste Gazzali, und im zwanzigsten Kapitel
preist er Mohammed, den Schreiber des Koran. Gazzali nennt Mohammed
einen Propheten, schildert ihn als einen leuchtenden Menschen voll von
Tugenden, aber er bekräftigt die Wahrheit, dass Mohammed ein Mensch
und nichts als ein Mensch ist, ein Geschöpf Gottes. Thomas dagegen stellt
in die Mitte seiner Summe Jesus Christus, der gerade der Weg des
Menschen zu Gott ist, der Weg der Heimkehr der Welt und des Menschen
zu Gott. Dieser Jesus Christus ist ein wahrer Mensch und zugleich der
wahre Gott. Er ist nämlich der einzige Gott-Mensch! So schreibt Thomas
in neunundfünfzig Betrachtungen von der göttlichen und der menschlichen
Natur in der einen Person Jesus Christus. Diese Betrachtungen führen ihn
zu den Betrachtungen über das Geheimnis Gottes: In siebenundzwanzig
Betrachtungen spricht Thomas von der einen göttlichen Natur Gottes, des
Einen, und in sechzehn Betrachtungen von den drei Personen in der einen
Natur Gottes, nämlich den drei göttlichen Personen des Vaters und des
Sohnes und des Heiligen Geistes. Dies kann muslimische Philosophie
nicht begreifen. Alles dreht sich bei Thomas, dem Engelgleichen Doktor,
um das Mysterium Trinitatis und das Mysterium Incarnationis.
AGABUS
Das Mysterium Incarnationis: Dass Gott das kleine Jesuskind in der
Krippe ist! Wer also hat die Perle der Weisheit gefunden?
MARIA
Die Perle im Schoß der Muschel fand Thomas!
DRITTES GESPRÄCH
MARIA
Mit Philon von Alexandrien, den neuplatonischen jüdischen Philosophen
und der Kabbala hast du dich ja schon beschäftigt. Wir wollen jetzt über
den jüdischen Aristotelismus sprechen und wollen uns auf Maimonides
beschränken, vom heiligen Thomas einfach Rabbi Moses genannt.
AGABUS
Wenn es interessant ist, wollen wir uns Zeit nehmen, nicht wahr?
MARIA
Ich danke Gott für jede Stunde, die ich mit dir zusammensein darf.
AGABUS
Meine Lehrmeisterin, lehre mich die Weisheit! In deiner Schule will ich
wiese werden! Ohne dich ist jede Weisheit nur Torheit!
MARIA
Wir wollen also jetzt über Rabbi Moyses sprechen.
AGABUS
Was schrieb er?
MARIA
Er schrieb die Leitung für die Ratlosen, den Führer der Unschlüssigen.
AGABUS
Die Welt ist voll von Ratlosen, Unschlüssigen!
MARIA
Da sind die Ratlosen, die sehen die religiöse Überlieferung der Genesis
und dann sehen sie ihre naturphilosophische Verstandeserkenntnis und
begreifen nicht, in welchem Verhältnis Glaube und Wissenschaft stehen.
Rabbi Moyses schreibt für jene, die das mosaische Gesetz kennen, an die
Offenbarung vom Sinai glauben, die redlich in ihrem Charakter sind und
sich mit Naturphilosophie beschäftigen und von der menschlichen
Vernunft geführt werden.
AGABUS
Er schreibt also für zwei, drei Männer.
MARIA
Maimonides übernimmt die wissenschaftliche Welterklärung des
Aristoteles, wie er sie von Alfarabi und Avivcenna übernommen hat. Er
anerkennt aber gleichzeitig die Tora, die Gott dem Mose offenbart hat. Er
ist von der Gültigkeit der biblischen Offenbarung überzeugt und will deren
Richtigkeit mit Hilfe der Philosophie beweisen. Er glaubt also nicht wie
die arabischen Philosophen, die Religion sei nur eine Verschleierung von
Wahrheit, der unweisen Masse gegeben, allein die Philosophie sei die
Wahrheit, die nur wenigen Eingeweihten gegeben sei, sondern Rabbi
Moyses glaubt an die heilige Wahrheit der biblischen Offenbarung und
will diese deuten im Lichte der Philosophie.
AGABUS
Ist Rabby Moyses denn nur dem Aristoteles wohlgesonnen?
MARIA
Die Werke des Empedokles, des Pythagoras, des Hermes Trismegistos und
des Porphyrius seien nichts wert. Platons Werke seien dunkel, sie seien
durch Aristoteles überholt und folglich entbehrlich.
AGABUS
Das erinnert mich an meine Freunde, die meinen, sie kennten Christus und
folglich könnten sie Platon und Pythagoras auch ruhig beiseite lassen mit
höhnischem Hochmut.
MARIA
Nun, Rabbi Moyses richtet sich an eine intellektuelle Elite. Er schreibt für
jene, die durch die Beschäftigung mit der Naturphilosophie in Konflikt mit
dem biblischen Glauben gekommen sind. Er will sie lehren, den Bibeltext
nicht im buchstäblichen Sinn zu verstehen, sondern den geheimnisvollen
eigentlichen Sinn der Bibel zu erkennen.
AGABUS
Der Rabbi Moyses hat also eine andere Deutung der Schöpfungsgeschichte
als unsere armen Freunde, die Buchstabengläubigen?
MARIA
Rabbi Moyses ist vertraut mit den jüdischen Geheimlehren vom tieferen
Sinn des Schöpfungswerkes und der tieferen Bedeutung des himmlischen
Thronwagens Gottes.
AGABUS
Ich habe darüber in der Kabbala gelesen.
MARIA
Rabbi Moyses bringt nun die Theologie der Schöpfung in Verbindung mit
der Physik des Aristoteles und die mystischen Geheimnisse vom
himmlischen Thronwagen Gottes bringt er in Verbindung mit der
Metaphysik des Aristoteles.
AGABUS
Wie spricht nun Rabbi Moyses über Gott, den er mit dem rechten Auge der
jüdischen Geheimlehren und dem linken Augen der aristotelischen
Metaphysik anschaut?
MARIA
Rabbi Moyses gewinnt ein geläutertes Gottesbild, von allen
Anthropomorphismen frei. Dann betrachtet er das Verhältnis Gottes zur
intelligiblen Welt und betrachtet schließlich das Verhältnis Gottes zu den
Menschen.
AGABUS
Man spricht doch von Gottes Hand, man spricht sogar von Gottes
Gebärmutter.
MARIA
Rabbi Moyses zeigt, dass Gottes Gebärmutter in körperlicher Ausdruck ist
für das rein geistige göttliche Wesen der Allbarmherzigkeit. Wenn eine
körperliche Sprache über Gott nicht übereinstimmt mit dem
philosophischen Gottesbild des Einen, der Geist ist, dann muß man die
körperlichen und menschlichen Ausdrücke über Gott philosophisch
interpretieren und ihren geistigen Gehalt herausarbeiten.
AGABUS
Und wen die Rede von den sechst Tagen ist, in denen Gott die Welt
erschuf?
MARIA
Nur Narren glauben, dass es sechs Tage von vierundzwanzig Erdenstunden
waren. Rabbi Moyses spricht über die Schöpfungsgeschichte als einem
esoterischen Geheimnis, welches die jüdischen Weisen nur wenigen
Wissenden überlieferten.
AGABUS
Was meinst du mit esoterisch?
MARIA
Ich meine weder Gnosis noch Okkultismus noch Aberglauben, was alles
Satanismus ist. Ich meine die tiefere geheimere Bedeutung der Schrift im
Gegensatz zu ihrem exoterischen Gewand, welches die Buchstaben
darstellen.
AGABUS
Der Buchstabe tötet, der Geist macht lebendig?
MARIA
Ja, der heilige Augustinus stieß sich auch erst an der exoterischen Gestalt
der Heiligen Schrift und suchte deshalb die Weisheit beim
Pseudomystizismus der Manichäer, bis der heilige Ambrosius von Milan
dem heiligen Augustinus die esoterische Innenseite der Heiligen Schrift
aufschloß. Dazu verwendet Rabbi Moyses nun die Philosophie, um den
geheimnisvollen geistigen Inhalt der Heiligen Schrift zu erschließen.
AGABUS
Was ist für Rabbi Moyses das Zentrum des Alten Testaments?
MARIA
Das Zentrum der Tora ist der Begriff oder Name Gottes. Rabbi Moyses
will den Begriff Gottes klären. Er verwendet dazu die negative Theologie
des Neuplatonismus. Die negative Theologie besagt, das man von Gott
allein sagen kann, was Gott nicht ist. Was Gott in seinem Wesen ist, ist
unergründlich, aber indem man mehr und mehr alles ablegt, was Gott nicht
ist, gewinnt man eine Ahnung, eine mystische Vision von Gott.
AGABUS
Aber die Bibel spricht von Gott doch eher so, als wäre es ein Mann.
MARIA
Rabbi Moyses legt alle Schriftworte, die von Gott so sprechen, als wäre
Gott ein Mensch, auf seinen göttlich-geistigen Sinn aus und bleibt nicht
kleben an der Sprache, die in menschlichen Gleichnissen den Menschen
einen Begriff von Gott geben will. Gott ist Geist und besitzt nicht einen
menschlichen Körper, weder den eines Mannes noch auch den einer Frau.
AGABUS
Die menschlichen Begriffe von Gott sind also nur Allegorien?
MARIA
Die allegorischen Begriffe sind nur das Kleid der Bibel, aber der geistige
Sinn ist der nackte Leib.
AGABUS
Ist diese geistige Erkenntnis Gottes denn für die Menschen erreichbar oder
ist sie allein ein Geheimwissen für eine Elite von Eingeweihten?
MARIA
Die arabischen Philosophen sagten, der Koran sei für die ungebildete
Menge, die Philosophische Erkenntnis Gottes allein für eine Elite von
Wissenden. Rabbi Moyses dagegen forderte von allen Menschen die
Erkenntnis des geistigen Gehaltes der Bibel. Die Philosophie der Weisen
dient dem Volk, den inneren Sinn der Bibel als eines Redens vom geistigen
Gott zu verstehen.
AGABUS
Wie kann man aber einen Gott erkennen, der so ganz der absolut Andere
zu allem Seienden ist, dass man von ihm nicht sagen kann, wer er ist,
sondern nur, was er nicht ist?
MARIA
Nachdem Maimonides also auf neuplatonische Weise gemäß der negativen
Theologie als den absolut unbeschreiblichen Gott definiert hat, bemüht er
sich, Gott nun doch auch positiv zu fassen. Er meint, das absolute Wesen
Gottes sei undefinierbar, aber über die Eigenschaften Gottes, über Gottes
Attribute, lasse sich etwas positives aussagen. Die arabischen Philosophen
sagten, wenn Gott Einer ist und eine absolute Einheit, dann würde der
Satz: Gott ist barmherzig, schon eine Zweiheit behaupten, nämlich Gott
und die Barmherzigkeit, und damit wäre die totale Einheit Gottes nicht
mehr gegeben. Wenn wir nun von Gottes Allmacht, Gottes Weisheit,
Gottes Schönheit sprechen, dann kämen wir mit der Vielzahl von
göttlichen Hypostasen zur Vielgötterei, da es eine Göttin der Macht gibt,
eine Göttin der Weisheit und eine Göttin der Schönheit, wie bei Homer.
Über die Einheit des Wesens Gottes könne also nichts ausgesagt werden,
als: Gott ist Gott.
AGABUS
Wenn diese Einheit des Wesens Gottes also undefinierbar ist und wenn
dieser von allen positiven Bestimmungen entleerte Begriff des Einen als
des Gottes der Philosophen in absolutem Widerspruch zu aller
geschaffenen Vielheit steht, wie können die Menschen, die in der Vielheit
des Daseins leben, zu diesem absolut Einen in Beziehung treten und
andererseits wie kann der absolut Eine in Beziehung treten zu der
kreatürlichen Vielheit?
MARIA
Das Volk Israel kann einen Gott, zu dem die Menschen nicht in Beziehung
treten können, nicht akzeptieren. Das Volk des alten Bundes Gottes
versteht Gott als Gesetz mit ethischen Forderungen. Die Israeliten
erkennen aus der Heiligen Schrift des Alten Bundes Gott als den
persönlichen Herrscher und Vater. Dieser Gott Israels ist gemäß der Torah
ein transzendenter Gott. Damit ist die Selbstständigkeit der Schöpfung
gegeben und damit auch die Möglichkeit der philosophischen und
naturwissenschaftlichen Erkenntnis der Schöpfung. Ein Gott der
Philosophen als das absolut Eine, das in keine Beziehung treten kann zur
kreatürlichen Vielheit, ist für die Juden nicht akzeptierbar. Rabbi Moyses
will also das biblische Gottesbild der Torah bewahren, wenn er es auch
philosophisch durchdringen und interpretieren will, und will die
Vereinbarkeit des biblischen Gottesbildes mit der Gotteserkenntnis der
menschlichen Vernunft beweisen.
AGABUS
Gibt es denn überhaupt Gotteserkenntnis, wenn Gott der Unerkennbare,
der Unaussagbare und Ganz-Andere ist?
MARIA
Rabbi Moyses korrigiert darum auch die neuplatonische Gottesvorstellung
von dem vollkommen Unaussagbaren hin zu dem persönlichen Gott als
Herrscher und Vater, wie er ihn gemäß der Offenbarung der Torah erkennt.
AGABUS
Wenn Rabbi Moyses also über den Gott der Philosophen den Gott
Abrahams, den Gott Isaaks, den Gott Israels stellt, ist dann wieder eine
Beziehung wischen Gott und den Kreaturen möglich?
MARIA
Die Tora offenbart Gott als einen Gott des Willens zum Guten, der ethische
Forderungen an den Menschen stellt. Der Mensch ist gemäß der Heiligen
Schrift ein Mensch, der gut sein soll, ja, heilig sein soll. Diese Ethik des
Guten als Wille Gottes und als Soll des Menschen verbindet nach Rabbi
Moyses Gott und die Menschen.
AGABUS
Wenn Rabbi Moyses also den Gott des Glaubens über den Gott der
Vernunft stellt, gibt es dann noch eine natürliche vernünftige
Gotteserkenntnis?
MARIA
Die natürliche Gotteserkenntnis der menschlichen Vernunft kann die
Eigenschaften Gottes an den Wirkungen Gottes in der Welt erkennen. Die
menschliche Vernunft kann Gott als erste Seinsursache der Schöpfung
erkennen und als Wille zum Guten, der dem Menschen gebietet, gut zu
sein. Diesem Gott, der in der Welt und in den Menschen als Schöpfer und
als Wille zum Guten erkennbar ist, soll sich der Mensch nähern so weit es
der Abstand zwischen Schöpfer zu Geschöpf zulässt.
AGABUS
Eine vollständige Vereinigung ist also nicht möglich?
MARIA
Im Judentum ist die Vereinigung von Gottheit und Menschheit nicht
anerkannt.
AGABUS
Wie nähert sich also der Mensch dem Gott Israels?
MARIA
Der Gott, der an den Wirkungen in der Schöpfung als Seinsursache
erkennbar ist und in den Menschen als Wille zum Guten, dieser Gott ist
das Vorbild des Menschen und das Ziel, auf welches der Mensch hinleben
soll.
AGABUS
Gott ist also das Ziel des Menschen. Aber ist der Mensch das Ziel der
Schöpfung? Ist die Schöpfung geschaffen allein um des Menschen willen?
Oder ist auch die Schöpfung auf Gott als Ziel hin geschaffen?
MARIA
Gott ist die Seinsursache der Schöpfung und das Ziel der gesamten
Schöpfung. Allerdings ist die Schöpfung um des Menschen willen
geschaffen, darum ist, als der Mensch von Gott abfiel, auch die Schöpfung
gefallen, darum aber wird mit der Erlösung des Menschen auch die
Schöpfung erlöst.
AGABUS
Warum ist die Schöpfung überhaupt geschaffen? Muß es
notwendigerweise eine Schöpfung geben? Oder ist es ein freier Willensakt
Gottes gewesen, die Welt zu schaffen? Was meint Rabbi Moyses?
MARIA
Rabbi Möyses hält den Zweck der Zwecke für unerkennbar. Er weiß nicht,
warum Gott die Schöpfung und den Menschen geschaffen hat und warum
Gott nicht lieber nichts geschaffen hat. Rabbi Moyses weist auf die
Unergründlichkeit des göttlichen Schöpferwillens hin.
AGABUS
Wenn dennoch Gott das Ziel des Menschen ist und das göttliche Vorbild,
wie kann der Mensch dann den unerkennbaren Gott erkennen? Wie kann
der Mensch mit Gott in Verbindung treten?
MARIA
Nach Rabbi Moyses ist das absolute eine Wesen Gottes unerkennbar, aber
der Mensch kann mit Hilfe der Gotteserkenntnis die Eigenschaften Gottes
erkennen und mit den Hypostasen Gottes persönlich in Verbindung treten.
Indem der Mensch mit einer Hypostase Gott mittels der Erkenntnis in
Verbindung tritt, ist der individuelle Mensch in Verbindung mit dem
allerhöchsten Weltzweck. Rabbi Moyses stellt die geistigen Tugenden des
Menschen über die moralischen Tugenden und erklärt die Gotteserkenntnis
zur höchsten Tugend des Menschen, darum sei der Mensch verpflichtet
zum Lernen und zum Studium des göttlichen Gesetzes. Allein durch die
geistige Gotteserkenntnis, die der Schüler aus dem Studium der Tora
gewinnt, tritt der Mensch in Verbindung mit den Hypostasen Gottes und in
den Hypostasen Gottes mit dem unerkennbaren Einen.
AGABUS
Rabbi Moyses spricht von der Möglichkeit, den unerkennbaren Gott in
seinen Attributen zu erkennen, den nur negativ zu definierbaren Einen in
seinen Attributen dennoch positiv definieren zu können. Wie definiert nun
Rabbi Moyses Gott in seinen Eigenschaften positiv?
MARIA
Er greift auf Aristoteles zurück und nennt Gott das Denken des Denkens.
AGABUS
Gott ist also Logos.
MARIA
Gott ist die Einheit von Denker, Gedachtem und Denken. Das Denken
Gottes ist nicht ein Attribut Gottes, das ihm zukommt, sondern es ist sein
inneres Wesen, da das Selbstbewusstsein die höchste Stufe des Seins ist.
AGABUS
Rabbi Moyses also wählte die negative Theologie nur, um
allzumenschliche Gottesbilder vom transzendenten Vater fernzuhalten,
wählte dann aber schließlich doch die positive Bestimmung Gottes als des
Denkens des Denkens?
MARIA
Die negative Theologie führte ihn eben nicht zu dem Irrtum, Gott sei
absolute Leere, sondern zu der Vorstellung, Gott ist der Inbegriff aller
Vollkommenheit.
AGABUS
Und dieser Gott, den Rabbi Moyses mit Hilfe der aristotelischen
Philosophie definiert als den Logos, ist er, wie in der Bibel, der Schöpfer?
Oder ist die Welt etwa von Ewigkeit, wie die arabischen Aristoteles
Kommentatoren behaupteten?
MARIA
Rabbi Moyses sagte, dass die Frage von Weltschöpfung oder Weltewigkeit
philosophisch unentschieden sei, dass er aber die Lösung der Frage
akzeptiere, die die Propheten überliefert haben, da die jüdische Prophetie
Dinge erklärt, zu denen die spekulative Vernunft des Menschen allein nicht
gelangen kann. Nachdem der Standpunkt der Propheten, Gott sei der
Schöpfer der Welt, von Rabbi Moyses angenommen worden ist, bemüht er
sich, mit Hilfe der Philosophie die Überlegenheit des prophetischen
Standpunktes zu beweisen.
AGABUS
Die Philosophie steht also unter der Offenbarung.
MARIA
Aber Rabbi Moyses rationalisierte den Glauben an den Gott Israels. Seine
nüchterne Logik ist fern von der Poesie des Alten Testaments und auch
fern von den mystischen Spekulationen der Kabbala. Der heilige Thomas
aber verwandte die Argumente des Rabbi Moyses in seiner Schrift gegen
die Philosophie der arabischen Heiden.
AGABUS
Ich bin begierig, auch über den engelgleichen Thomas von dir zu lernen.
MARIA
Jetzt nimm erst einmal deinen Sommerurlaub, lies fleißig in der Bibel, und
wenn du wiederkommst, wollen wir wieder in den philosophischen
Kindergarten gehen und von Thomas reden.
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DIE EVA VON DER VENUS
Im gleichen Moment fühlte ich, wie ich emporgehoben wurde, höher und
höher, bis ich fast nach der goldenen Kuppel greifen konnte, die als
Himmel sich über mir wölbte. Ich war auf einem Gipfel. Unter mir breitete
sich ein Tal, grün wie Glas mit schaumigen Streifen wie aus weißem
Marmor.
Ich trieb auf den Wellen eines unermesslichen Ozeans. Das Wasser war
warm wie das Wasser einer subtropischen Bucht an einem sandigen
Strand. Man konnte das Süßwasser trinken, es verschaffte mir einen
überraschend deliziösen Genuss. Mir war, als genösse ich das erste Mal im
Leben!
4
Der Himmel war golden. Auch der Ozean war golden und übersät mit
zahllosen Schatten. Die Wellen waren golden, die Wellenkämme fingen
das Licht des Himmels auf, die Flanken der Wellen waren grün wie
Smaragd.
Die Wellen, in denen ich schwamm, waren wie Spiegel. Auf dem Planeten
der Liebe beschaut sich die Königin der Meere ewig in einem himmlischen
Spiegel.
Ich schwelgte im warmen Wasser. Die Sonne brannte aber nicht. Das
Wasser war glänzend, der Himmel glühte in goldenen Tönen. Alles war
prächtig, aber nicht blendend. Meine Augen weideten sich an der
Augenweide ohne Augenschmerz.
Es war eine zarte, warme, wohlige, mütterliche Welt. Sie war sanft wie ein
Frühlingsabend, mild wie eine Sommernacht, lieblich wie die Morgenröte,
es war eine einzige Wohltat. Ich seufzte vor Wonne.
Das lässt sich nicht mit menschlichen Worten sagen, wie ich den Genuss
genossen mit allen Sinnen, einen übermäßig deliziösen Genuss.
Ich hörte auch einen Donner, aber der Donner war nicht furchteinflößend,
sondern schien mehr das Lachen des Himmels zu sein, es war ein
klangvoll tönendes Donnerlachen. Purpurne Wolken schwebten zwischen
mir und dem lachenden Himmel.
10
Mir war, als befände ich mich in der Mitte der Iris, im Herzen des
Regenbogens. Wasser erfüllten die Luft und verwandelten Himmel und
Meer in einen Tanz von prachtvollen Leuchtbildern.
11
12
Ich näherte mich einer schwimmenden Insel. Sie bestand aus grünen
Pflanzen. Sie hatte einen dunkelroten Saum aus Röhren, Ranken und
Blasen. Die schwimmende Insel glitt schnell an mir vorüber. Ich griff nach
ihr und fasste mit der Hand ein Bündel peitschenartiger Ranken, die mir
wieder entglitten. Dann warf ich mich mitten in die Ranken, mitten in die
blubbernden Röhren und platzenden Blasen. Meine Hand griff etwas
Festes, das wie ein Holzstab war.
13
Ich war ganz ausgeruht. Auf der Insel sah ich kupferfarbenes Heidekraut.
Die kupferfarbene Vegetation machte die Insel zu einer schwimmenden,
federnden Matratze.
14
Ich wanderte durch ein einsames Tal. Der Grund schien mir von Kupfer.
An beiden Seiten waren bunte Wälder. Ich bestieg einen kupferfarbenen
Höhenrücken.
15
Ich lachte leise wie ein Kind. Lachend wie ein Schuljunge wälzte ich mich
auf der weichen, duftenden Oberfläche der schwimmenden Insel.
16
Mir war, als lernte ich jetzt, auf dem Wasser zu wandeln!
17
Wenn ich fiel, so fiel ich weich und es war so angenehm, nach dem Fall
still liegen zu bleiben, zum goldenen Himmel zu schauen, dem ruhigen
Rauschen des Meeres zu lauschen und den berauschenden Duft der grünen
Wälder einzuatmen mit der Nase.
18
Endlich erreichte ich den bewaldeten Teil, ein Unterholz mit gefiederter
Vegetation, das die Farbe von See-Anemonen hatte. Darüber erhoben sich
seltsame Bäume mit purpurnen Röhren-Stämmen, die mächtige
Baldachine breiteten aus, in denen orangene Farben schimmerten und
silbrig-blaue.
19
Die Düfte in diesem Walde erweckten in mir eine Art von Hunger und
Durst, ein Verlangen, das vom Körper zur Seele floß und himmlisch war.
Ich atmete die Düfte ein, mein Atmen war zum Ritus geworden.
20
21
22
Die See dampfte in blauen und purpurnen Schwaden zum Himmel empor.
Eine milde, angenehme Brise spielte mit meinem Haar. Der Tag verglühte.
Das Wasser wurde ruhiger. Die Stille wurde immer tiefer. Ich setzte mich
am Ufer der Insel nieder, Bein über Bein, der einsame Herrscher all dieser
Feierlichkeiten.
23
Ich war nackt, aber mir war nicht kalt. Ich wandelte zurück zwischen
köstlichen Fruchtbäumen und lag im duftenden Heidekraut. Es war ein
warmes Helldunkel einer Mittsommernacht im Süden.
24
25
Die Finsternis war aber warm und voll von neuen süßen Düften. Die Welt
war grenzenlos geworden, die einzige Grenze war die meines Körpers im
Bett des Heidekrauts, in dem ich wie in einer Hängematte schaukelte. Die
Mutter Nacht hüllte mich ein wie in eine Decke, und meine Einsamkeit
ward zur Geborgenheit.
26
Der Schlaf kam wie eine süße Frucht, die einem in die Hand fällt, kaum
dass man ihren Stiel berührt hat.
27
Über meinem Haupt hing an einem haarigen, röhrenartigen Ast eine große,
transparente Kugel. Das Licht spiegelte sich in der Kugel.
Regenbogenfarben schimmerten innen. Ich sah unzählige solche Kugeln.
Aufmerksam betrachtete ich die eine, die mir am nächsten war. Sie schien
sich zu bewegen und doch ganz ruhig zu sein. Ich streckte spontan die
Hand nach ihr aus und berührte sie. Im gleichen Augenblick ergoss sich
eine frische Dusche über mich, ein erlesener Duft erfüllte meine Nase. Es
war, als würde ich an einer duftenden Rose sterben in süßer Pein! Ich war
wieder erfrischt. Alle Farben waren froh. Ich fühlte mich verzaubert.
28
Die Kugel, die mich übergossen hatte, war verschwunden. Am Ende des
haarigen, röhrenartigen Zweiges hing an einer kleinen, zitternden Öffnung
ein Tropfen kristallklarer Flüssigkeit.
29
Ich sah große Blasen und fragte mich, ob die Flüssigkeit in den Blasen
wohl berauschende Wirkung habe?
30
Ich kam an Büschen vorüber, an denen ovale grüne Beeren gingen, größer
als Mandeln. Ich pflückte eine und brach sie auf. Ihr Fleisch schmeckte
wie Brot. Es war nicht der orgiastische Genuss der großen Blasen, aber es
war eine nüchterne Gewissheit wahren Glücks.
31
Ich sprach ein Dankgebet. Zu den großen Blasen passte eher eine
mystische Verzückung. Aber auch diese ovalen Beeren, die wie Brot
schmeckten, hatten ihre unerwarteten Höhepunkte. Ich stieß immer wieder
auf Beeren, die in der Mitte hellrot waren, sie schmeckten vorzüglich.
32
Ich konnte immer wieder sehen, dass in der Nähe meiner schwimmenden
Insel noch andere friedliche Nachbarinseln waren. Sie unterschieden sich
alle voneinander. Es war faszinierend, alle diese Hängematten oder
fliegenden Teppiche schaukeln zu sehen.
33
Es war faszinierend zu sehen, wie über mir ein hellgrüner oder samtroter
Baum über einen Wellenkamm glitt und wie die Insel dann die ganze
Flanke der Wellen herabkam und sich offen meinen Blicken darbot.
34
35
36
Auf dem Rücken eines blauen Schwanes sah ich eine menschliche Gestalt,
die ans Ufer der Insel sprang und sich beim blauen Schwan bedankte.
37
38
39
40
Sie löste sich von der grünen Vegetation und wanderte durch ein orangenes
Feld auf mich zu, leichtfüßig wie ein Reh.
41
42
43
Ich hatte Wunder zwar erwartet, doch nicht dieses Wunder, eine Göttin zu
sehen, die wie aus Marmor von Cararra gemeißelt war und doch lebendig
war!
44
45
Die Vögel flogen in geordneten Scharen über der Frau. Zu ihren Füßen
schmiegte sich eine junge Hündin an.
46
Aus der Grotte gekommen war ein Eisvogelpaar und umschwebte die
Frau. Die Frau sah zu mir herüber.
47
Jetzt brach sie in ein fröhliches Lachen aus, die Lachenliebende, sie
schüttelte und bog sich vor Lachen und klatschte mit den Händen auf ihre
Schenkel. Die Hündin und alle andern Tiere verstanden, dass etwas
Heiliges geschehen war und hüpften fröhlich umher. Die Frau lachte, bis
sie im Meer verschwand und nicht mehr zu sehen war.
48
Ah, da war die junge Frau auf ihrer schwimmenden Insel der
Glückseligkeit wieder in Sicht!
49
Sie saß am Ufer und ließ die schlanken Beine ins Wasser hängen und
liebkoste eine Antilope, die die weiche Schnauze unter die Achsel der Frau
geschoben hatte.
50
Mir war, als leuchtete die Frau vor Elektrizität wie aus bläulichem Glas.
Die ganze Landschaft leuchtete blau und purpurrot.
51
Ich sagte: Ich bin ein Fremder, aber ich komme in Frieden. Die Frau warf
mir einen raschen Blick zu und fragte: Was ist Frieden?
52
53
Pflanzen glitten an mir vorüber. Ich griff nach ihnen und zog sie näher an
mich heran. Köstliche Düfte von Blumen und Früchten wehten durch die
Dunkelheit zu mir. Ich zog fester an den Pflanzen. Schließlich lag ich
keuchend auf dem duftenden, schwankenden Grund der Insel.
54
Ich war eingeschlafen und erwachte erst, als ein lieblicher Vogelsang in
meine Ohren drang. Ich öffnete die Augen und sah wirklich einen
singenden Nymphensittich.
55
56
57
Sie war vollkommen nackt! Aber wir schämten uns nicht und waren auch
nicht aufgewühlt von ungeordneter Begierde.
58
Ihr Antlitz war lange ernst gewesen. Nun aber klatschte sie in die Hände
und lächelte wie ein glückliches Kind, nicht kindisch, aber kindlich.
59
Ich sagte zu Eva-Venus: Ich würde gerne auf deine Insel kommen. Sie
sagte: Mein? Komm, sagte sie mit einladend ausgebreiteten Armen. Die
ganze himmlische Welt war ihre Heimat und ich war ihr willkommener
Gast. Ich glitt ins Meer und schwamm zu Eva-Venus.
60
Ich legte mich hin, um mich einige Momente auszuruhen, und fiel in einen
tiefen, traumlosen Schlaf und wachte sogleich vollkommen erfrischt
wieder auf.
61
Neben mir sah ich ein weißes Zwergkänguruh. So etwas Weißes hab ich
noch nie gesehen. Das Zwergkänguruh stieß mich zärtlich an. Es gab nicht
eher Ruhe, bis ich mich aus meiner Bequemlichkeit erhoben und ihm
folgte in der Richtung, die es vorgab.
62
63
Sie war jung und schön und nackt und ohne Scham – offenbar eine Göttin!
64
Ihr Antlitz war ruhig, von konzentrierter Sanftmut, wie die kühle Stille
einer Kathedrale. Ihr Antlitz machte sie zur Madonna! Sie war voll wacher
Ruhe. Sie konnte durch die Wälder reiten mit Pfeil und Bogen wie Astarte
und lasziv den Schleiertanz tanzen wie Salome.
65
Sie war wie eine Frau, die gut mit Pferden umgehen konnte. Sie war wie
ein kleines Mädchen, das gerne mit Hundewelpen spielt.
66
Ihr Antlitz strahlte erhabene Autorität aus. In ihren Zärtlichkeiten lag eine
Herablassung, die um die Unterlegenheit ihres Verehrers wusste und den
Verehrer vom Stande eines Schoßhundes in den Stand eines ergebenen
Sklaven erhob.
67
Ich sagte: Bring mich in deine Kammer! Sie sagte: In welche Kammer?
Sie breitete die Arme aus und sagte: Der ganze Venusplanet ist mein
Schlafzimmer. Ich fragte: Lebst du hier in Einsamkeit? Sie sagte: Was ist
Einsamkeit?
68
Ich sagte: Wer ist deine Mutter? Sie sagte: Was fragst du nach meiner
Mutter? ICH BIN DIE FRAU! ICH BIN DIE MUTTER!
69
Eva-Venus sagte: Grüße deine irdische Herrin von mir, wenn du von der
Venus zurückkehrst zur Erde.
70
Eva-Venus wusste, dass sie nicht zu einem Ebenbürtigen sprach. Sie war
eine himmlische Königin, die durch einen Boten eine Botschaft und einen
Gruß ausrichtete an eine irdische Königin.
71
Ich konnte ihr nicht in die Augen sehen, ohne zu zittern. Ich verstand, was
der Heiligenschein auf den Ikonen zu bedeuten hat. Ihr Antlitz strahlte
Ernst und Frohsinn zugleich aus. Sie war das Bild eines Martyriums ohne
Schmerzen.
72
Ihre Augen blitzten so triumphierend und überlegen, dass man auf Erden
von Verachtung gesprochen hätte, aber die Eva-Venus verachtete nichts
und niemanden.
73
Wir haben genug gesagt, sprach Eva-Venus schließlich. Meine Audienz bei
der himmlischen Göttin Eva-Venus war beendet.
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ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DIE PASSION DER NEUEN EVA
ERSTES KAPITEL
DER TRAUM VON MELANCHOLIA
1
Heute morgen, als ich über dich meditierte, Melancholia, brachte ich dir
eine Opfergabe meiner Spermien dar.
2
Ich habe der einen und einzigen Frau in der Welt gehuldigt, die ein
vollkommener Ausdruck der Leiden war, die sie die Leiden tiefer empfand
als jeder andere Mensch, ein Leiden, welches unaussprechlich war. Aber
dieses Leiden, Melancholia, ist die Essenz deiner Magie.
3
Oh, wie schön sie war! Melancholia vom heiligen Engel war ihr Name, sie
war per Definition die Schönste aller Frauen!
4
Rainer Maria Rilke hat Lamentationen über sie gedichtet.
5
Melancholia war ein Enigma, eine Phantasie, ein Traum. Eine Frau? Ah,
sie war eine Frau!
6
Du warst pure Mystifikation, Melancholia.
7
Melancholia wies auf ihre schwarze Verzweiflung hin wie ein heiliger
Märtyrer auf die Wunde seines Martyriums.
8
In meiner Jugend liebte man die Romantik. Heute gilt nur noch
Gesundheit. Starke Frauen mit durchtrainiertem Körper, das gefällt. Ach,
immer nur Körper, Körper, und zur Hölle mit der Seele!
9
Aber Melancholia war die inkarnierte Nekrophilie.
10
Sie war ein reiner Traum, inkarniert im reinsten Fleisch.
11
Ich liebte sie, weil sie nicht von dieser Welt war.
12
Melancholias Berufung war das Leiden. Leiden war ihr Charisma.
13
Ich schrieb ein langes letztes Adieu an das Idol meiner Jugend.
14
Ich hatte zu jener Zeit eine Freundin, die sah, wie ich litt beim Gedanken
an Melancholias Kreuzigung. Meine Freundin tröstete mich, indem sie
sich über meinen Schoß beugte und am Phallus sog, bis er sich ergoss.
15
Mein Name ist: Herr Evelin.
ZWEITES KAPITEL
LAYLA
1
In New York fand ich nichts als die dunkle Nacht.
2
Ich sah verliebte Nachtwandler, die das Unglück liebten und die in ihren
Schlafanzügen wie Somnambulisten durch die Hallen des Hotels
wandelten, verzweifelt ihre Hände ringend.
3
Die Frau, die Frau! Was ist mit dem Wort eigentlich gemeint? Ich sah an
den Mauerwänden das Zeichen der Venus, das Zeichen der Weiblichkeit,
im Innern des Kreises war eine Vulva, mit Zähnen bewehrt. Hüte dich vor
den Weibern! Gott bewahre dich!
4
Es war Juli, die Stadt war heiß und drückend. Ich war unruhig von der
Luna, mein Hemd war nass von Schweiß. Ich war erstaunt, so viele Bettler
in den Gassen zu sehen, wo sich die Säufer mit den Ratten um den Abfall
stritten.
5
Die Ratten liebten die schwüle Hitze. Ich konnte kaum am Kiosk Tabak
kaufen, ohne dass ich mit den Füßen Dutzende Ratten treten musste,
schwarze Monster der Hölle.
6
Ein Mann war nach Indien gegangen, er wollte dort seine Seele retten.
Bevor er New York verließ, warnte er mich noch vor dem Kältetod des
Universums. Wir hätten nur noch wenig Zeit, darum müssten wir uns jetzt
intensiv um die spirituellen Fragen kümmern.
7
Eines Tages regnete es Schwefel, der Regen überschwemmte alle Straßen.
8
Es schien, als sei Gott gekommen auf einem himmlischen Rad, um zu
erklären, das Weltgericht stünde nahe bevor.
9
Missionare zogen durch die Straßen, Psalmen und Lobpreis singend.
10
Oft sah ich das Zeichen der Frau mit den Zähnen in der Vulva. Ich sah eine
Frau, gekleidet in schwarzes Leder, sie trug am Armband dieses Zeichen.
Sie schüttelte ihre langen schwarzen Haare, bewegte die Lippen vulgär,
griff mit der Hand zwischen meine Beine und lachte über meine
unwillkürliche Erektion. Dann wandte sie sich auf den High-Heels lachend
um und eilte davon.
11
Ich wollte an der Universität Philosophie studieren.
12
Das Zeitalter der Vernunft ist vorbei!
13
Ich traf einen Alchemisten. Er lud mich in seine Wohnung ein. Ich sah dort
Bücher von Johannes Reuchlin, Jakob Böhme und Agrippa von
Nettesheim.
14
In dem Zimmer des Alchemisten hing ein Gemälde, einen alchemistischen
Hermaphroditen darstellend. Hermaphroditus hatte weibliche Brüste und
ein männliches Glied. Sein Antlitz war friedfertig.
15
Chaos, die Ur-Substanz, die prima materia, Chaos ist der Urzustand der
Schöpfung. Blind strebt das Chaos zur Verwirklichung verborgener
Urphänomene. Fruchtbar ist das Chaos, der Anfang aller Anfänge.
16
Das Gold des Alchemisten schenkte ich einer Frau namens Layla, sie war
schwarz gekleidet und hatte lange schwarze Haare. Nigredo, Schwärze,
das ist der Urzustand der chaotischen Materie. Dann tritt die Purifizierung
ein.
17
Chaos enthält alle einzelnen Formen in einem Zustand ursprünglicher
Mischung.
18
Wir weihten uns der dunklen Nacht, dem Tod des Ego. Wer will
auferstehen, ohne zuvor gestorben zu sein?
19
New York war eine alchemistische Stadt, die Stadt des Chaos, die Stadt
des Nigredo, der dunklen Nacht. Gebaut war die Stadt wie die
Himmlischen Städte des Chinesischen Kaiserreichs, geplant gemäß der
Doktrin der Vernunft.
20
Der Alte Adam wollte seinen Vater töten, seine Mutter erkennen.
Reintegration der ursprünglichen Form, nannte das die Schwarze Göttin
der Weisheit, spreizte ihre Beine und stülpte ihre Vulva über meinen
Phallus. Nein, wir können nicht den geringsten Hauch von diesem
Verlangen aussprechen in der Sprache evangelikal-puritanischer
Rationalität, selbst wenn die Ratten als Ausdruck dieses Begehrens uns
wie Schatten der Hölle bedrängen.
21
Eines Tages im Sommer am Washington Square sah ich Ratten, groß wie
sechs Monate alte Babys, die sich auf einen deutschen Hirten stürzten,
aber auf den Pfiff einer unhörbaren Pfeife hin stürzte sich der Hirtenhund
auf die Ratten und verjagte sie. Die Ratten aber stürzten sich auf einen
sechsjährigen blonden Knaben und fraßen ihn bei lebendigem Leibe auf.
22
Ich traf die Frau wieder, die sich Layla nannte, und verbrachte viel Zeit mit
ihr.
23
Ihr Geschlecht entbrannte unter meinen Fingern. Sie war unersättlich!
Aber sie zelebrierte den Liebesakt mehr wie einen spirituellen Kult, als
dass sie ihn rein sinnlich genoss. Es war, als würde sie getrieben von
einem Liebesakt zum andern, es war eine nie zu befriedigende Kuriosität.
Sie unterwarf sich wie eine Sklavin, aber nicht mir, sondern dem
geheimnisvollen Ritual, das einem Exorzismus durch rituelle Sexualität
glich. Ihre enorme Sinnlichkeit diente nur dazu, diesen sexuellen
Spiritismus zu vollziehen.
24
Sie war schwarz wie die Quelle des Schattens. Ihre Haut war bräunlich
und viel zu weich und sanft. Ihre Haut schien fast zu schmelzen wie
Schokolade im Mund.
25
Manchmal klang ihre Stimme mehr wie die einer verlassenen Turteltaube
als wie die Stimme einer Frau. Manchmal klang ihre Stimme wie die einer
einsamen Nachtigall, Arien des Verlangens trillernd und Einladungen
schmetternd.
26
Ich war total verloren in eben dem selben Augenblick, da ich sie sah.
27
Ihre Beine erregten meine Aufmerksamkeit als erstes. Ihre Schenkel
schienen zu zittern, als wolle sie selbst in aller Ruhe pressen und drücken.
Ihre Beine waren die Beine von ägyptischen Stuten. Die hohen schwarzen
High-Heels, die sie trug, erhöhten den Reiz ihrer Beine. Ihr Schlendern
war von einer spezifischen Erotik. Sobald ich ihre Beine sah, stellte ich
mir vor, wie sie mir die Beine um den Nacken schlingen würde.
28
Sie trug schwarze High-Heels, Strapse an den Strümpfen, fetischistischen
Netzstrümpfen. Trotz der immensen Sommerhitze trug sie einen
Fuchsschwanz um die Schultern. Ich werde sie immer mit einer Füchsin
assoziieren. Dieser Fuchsschwanz betonte nur das schwarze Kleidchen,
das sie kaum verbarg. Ihre Haare trug sie ägyptisch wie Kleopatra
hochgesteckt. Ihre Lippen waren scharlachrot geschminkt vom Lippenstift.
29
Sie lutschte an einer Zuckerstange.
30
Sobald ich sie sah, war es bei mir beschlossen: Ich musste sie haben! Sie
wusste, dass ich sie anstarrte. Sie war eine Frau, und Frauen wissen immer,
wenn man sie begehrt.
31
Mein Geschlecht war schon vor ihrer Tür erregt. Sie wandte sich mir zu.
Ihr Kleid war ganz schwarz. Sie trug unter dem Mantel ein leichtes
Hemdchen, in dem sich die Brustspitzen abzeichneten. Ihre Augen
leuchteten einladend, aber mit leiser Ironie. Ihre Fußnägel waren rot
geschminkt wie ihr Mund. Mit den Händen presste sie die Brüste unter
dem Hemdchen zusammen zu großen Marmorbällen. Dann warf sie sich
herum und ging davon. Oh, sie war eine Füchsin, die zur Sirene geworden
war. Oh, sie war eine Geisterfüchsin in einem Zauberwald.
32
Sie war eine sonderbare Kreatur von der Art der Vögel. Doch nein, sie war
weder eine gefiederte Kreatur, noch eine schwimmende Kreatur, noch eine
schleichende Kreatur, sondern etwas von allem dem. Sie stand hoch über
aller Kreatur.
33
Sie wandelte wie eine Hirtin durch die Welt, wie eine Hirtin, die mit ihrer
Lämmerherde durch die Blumenwiesen wandelte. Sie duftete nach
Moschus.
34
Es war, als stünde sie in einem Pentakel, so dass keiner sie sehen konnte
als ich allein. Aber auch ich wurde ein Teil ihres Mirakels.
35
Sie wusste, dass ich ihr nachstieg. Oft warf sie eine glänzenden Blick über
ihre Schulter. Manchmal girrte sie ein leises betörendes Lachen. Aber da
war ein fremdartiger magischer Raum zwischen uns. Wenn ich ihr so nah
war, dass ihr Moschusduft mich überwältigte, trat sie zurück und
vermehrte den Abstand. Obwohl sie immer langsamen Schrittes ging,
konnte ich sie nicht erreichen. Ich dachte, wenn sie nicht so schwere
Schuhe tragen würde, würde diese Vögelin davonfliegen.
36
Sie wandte mir lachend ihr strahlendes Antlitz zu, ihr Antlitz glänzte von
heiterster Fröhlichkeit.
37
Dann war sie fort. Ich aber war mit meinen Füßen in das Netz geraten, das
sie mir ausgelegt hatte, ein schwarzes Stück von feinster Seidenspitze. Es
war ihr Slip! Mir stockte der Atem. Ich hob den schwarzen Slip auf und
wischte mir damit den Schweiß von der Stirn.
38
Eine erhaben-schreckliche Unschuld beschützte sie! Sie war wie eine
Meerjungfrau, die allein lebt in der ganzen Fülle ihrer Sinnlichkeit. Sie
war die gefährliche Lorelay am breiten Strom des Verkehrs. Die Lichter
der Wagen waren wie Myriaden Augen, die zwischen uns blitzten.
39
Da ich den schwarzen Slip erreicht, den sie fallen gelassen hatte, barg ich
mein Haupt in diesem sexuellen Stoff und presste meine Lippen auf den
schwarzen Slip, als küsste ich ihr schwarzes Schamhaar.
40
Sie stand plötzlich vor mir und ließ den Fuchsschwanz fallen, da stand sie
splitternackt vor mir auf ihren schwarzen High-Heels.
41
Ich war von einer unbeherrschbaren Geilheit erfüllt und von
unwiderstehlichem Verlangen, sie zu umfangen. Als hätte sie mich ganz
vergessen, zog sie lächelnd ihre High-Heels aus.
42
Gleich war ich auf ihr und umfing sie mit stürmischer Gewalt. Sie war
nicht überrascht davon, sie lachte leise und entglitt mir wie ein keuscher
Fisch.
43
In diesem Augenblick wusste ich, dass ich ihr vollkommen ausgeliefert
war.
44
Meine Begierde wurde immer größer. Sie legte einen Finger auf ihre
Lippen und gebot mir Schweigen. Mit der andern Hand nahm sie meine
Hand.
45
Auf und ab, auf und ab, so gingen wir, bis wir in ihr Zimmer kamen.
46
Ich küsste sie. Ihre Lippen hatten einen merkwürdigen Geschmack, einen
Geschmack wie den Geschmack exotischer Früchte, einen Geschmack wie
den Geschmack mysteriöser Früchte, die erst essbar sind, wenn sie schon
zu verfaulen beginnen.
47
Wir atmeten beide hastig. Meine Existenz war aufgelöst. Ich war nichts als
Glied. Ich warf mich auf sie. Sie war das Opferlamm des Geiers, aber
gleichzeitig war sie die Jägerin und ich der Hirsch. Mein vollaufgeblühtes
Glied drang in die offene Wunde zwischen ihren Schenkeln. O Layla, du
Gabe der Mutter Nacht für mich, du Gnade der alchemistischen Stadt!
48
Wie verdienst du dein tägliches Brot, Layla? Sie war ein Modell der
Schönheit, eine Bauchtänzerin, sie tanzte manchmal Striptease-Tänze.
49
Warum gerade ich, o Layla, warum gerade ich? Warum schenkst du dich
mir in solcher Rokoko-Galanterie? Aber sie kicherte leise und gab mir
keine Antwort.
50
Ich verstand kein Wort von dem, was sie sagte. Aber ich war verrückt nach
ihr. Ich warf mich viele Male morgens über sie, aber sie zeigte sich nie
befriedigt.
51
Was tat sie denn den ganzen Tag? Sie lag in ihrem großen schwarzen
Eisenbett, aß Haschisch-Kekse und fummelte verträumt mit ihren
Fingerspitzen an ihrer Klitoris.
52
Sie steckte mir einen großen Haschisch-Keks in den Mund. Sie war
einfach unnatürlich unverantwortlich. Sie selbst schien im Innern ihres
Körpers spazieren zu gehen. Ihr Fleisch war samten wie das Innere eines
Damenhandschuhs. Ich leckte ihren ganzen Körper ab. Das Chaos lieferte
sie ganz meiner Wollust aus.
53
Sie tanzte einen Nackttanz vor mir und bespiegelte sich dabei in ihrem
großen Spiegel. Sie war mein Schatten. Ich bat sie, sich auf den Rücken zu
legen und ihre Beine zu spreizen, weil ich in einer medizinischen
Wissbegierde wie ein Gynäkologe ihre Klitoris erforschen wollte.
Manchmal hockte sie sich mitten in der Nacht auf mein Glied und
befriedigte sich an mir, dieweil ich schlief. Ja, ich hatte Sex mit einem
Succubus wie ein Heiliger.
54
Ich liebte es, ihr am Abend zuzusehen, wie sie sich ankleidete. Ich lag auf
ihrem Bett wie ein Pascha und rauchte und betrachtete sie in ihrem großen
Spiegel, beobachtete die Transfiguration der kleinen Blüte, die den ganzen
Tag geschlafen hatte, in eine große Blume, die des Nachts erblühte. Aber
sie blühte nicht einfach auf wie eine Blume, sondern sie kontemplierte ihre
Gestalt im Spiegel. Ihre nächtliche Schönheit war ein Kunstwerk, eine
schwere Arbeit. Sie schien absorbiert zu werden von der Kontemplation
ihres Spiegelbildes. Die konkrete Gestalt der Layla vor dem Spiegel war
extrem verführerisch, aber die Layla im Spiegel, die Layla hinter dem
Spiegel war undefinierbar und mystisch verschleiert. Dann zog die
konkrete Layla die Layla des Spiegels an in einem magischen Ritual. So
wurde Layla zu einer Reflektion aus der unsichtbaren Welt.
55
Nacht für Nacht verzauberte sie mich. Oh mein häusliches Bordell! O die
Fülle der Wollust des Fleisches in zuckenden Muskeln! Scharlachrote
Lippen des Mundes! Maskara für die Augenwimpern! Parfüm auf ihrem
Schamhaar! Sie benutzte dunkle Parfüme, obwohl ihr körpereigner Geruch
der reinste Sexualduftstoff war!
56
Bist du Layla? Oder bist du Lilith ? Oder bist du die schmutzige Lili?
57
Ihre Kleider waren aus Seide oder Samt. Sie trug schwarze Netzstrümpfe.
Ihre High-Heels waren von schwarzem oder rotem Leder. Sie war Rahab,
die heilige Hure der Bibel, die Mutter des Messias, die Rose von Jericho!
Ihre Schultern ließ sie nackt. So ging sie aus dem Hause wie ein Ministrant
zur Sonntagsmesse. Sie kam erst morgens um sechs wieder mit einem
Atem von Likeur.
58
Zu beobachten, wie sie sich ankleidete, wenn sie abends ausging, das war
für mich ein Ritual, aber in Gedanken zog ich sie aus, Stück um Stück. Je
mehr Kleider sie anlegte, umso nackter stand sie vor meiner
Einbildungskraft. Sie erlaubte mir, sie in ihrem Spiegel zu betrachten als
die pure Verkörperung all meiner erotischen Träume.
59
Sie liebte es, sich zu stylen. Sie wollte nicht, dass ich sie küsste, wenn sie
sich schon die Lippenschminke aufgelegt hatte, damit die Lippenschminke
nicht verwische. Aber ich drückte sie an die Wand und presste meinen
Körper an ihren Körper, aber während sie ihre Fingernägel in meinen
Hintern krallte, hauchte sie: Nein!
DRITTES KAPITEL
DIE MAGNA MATER
1
Ich kam an den Ort, wo die Frau wohnte, die sich Magna Mater nannte,
Große Mutter. Sie war die Große Göttin, die ihre Priester entmannte. Die
beschnittenen Priester der Magna Mater Kybele rannten blutend,
psalmodierend, wie Wahnsinnige durch die Straßen. Diese Frau hat viele
Namen, aber die Mädchen sagten einfach: Mama. Mama war eine Gottheit
im weiblichen Körper. Ihr Körper hatte eine Metamorphose durchlebt und
war jetzt zu einem abstrakten Symbol des Ewigweiblichen Urprinzips
geworden. Sie war Frau Weisheit, die Große Alchemystikerin, die
magische Experimente machte. Ich, Herr Evelin, war von der Mutter
auserwählt worden, dass sie ein geheimnisvolles Experiment mit mir
machte. Ich selbst war allerdings völlig ahnungslos.
2
Wenn ich jetzt etwas verstehe von der Natur des Fleisches, so habe ich
meine Illumination empfangen von der Magna Mater, als die Majestätische
Mama mit ihrem Messer von schwarzem Obsidian mich entmannte, so
dass Herr Evelin zur Neuen Evi wurde.
3
Ich bin übernatürlichen Wesens, das müsst ihr wissen. Dennoch, wenn man
mich mit einem Messer schneidet, so blute auch ich.
4
Ich war unaussprechlich hilflos, in einem fremden Land, an einem fremden
Ort, wie begraben in einem dunklen Raum, wie ein Straußen-Ei vergraben
in der Wüste. Ich glaube, ich schrie verzweifelt nach meiner leiblichen
Mutter, aber da hörte ich nur ein kaltes höhnisches Lachen!
5
Weine nur, mein Kind! Schreie nur, mein Kind! Ah, keine Demütigung ist
so demütigend wie die Demütigung eines kleinen Kindes durch die eigene
Mutter!
6
Jesus sprach: Außer wenn ein Mensch stirbt und neu geboren wird, kann er
nicht in das Himmelreich kommen.
7
Die Stimme einer Frau sagte mir: Nun bist du im Geburtskanal.
8
Ich hörte leise, einlullende Chöre wie das Rauschen des Meeres. Die
warme rote Stelle, wo ich lag, war der Plazenta des Uterus gleich. Die
Musik verhallte. Ich hörte nichts mehr als allein das Pochen meines Blutes
in meinen Ohren.
9
Ich erfuhr einen metaphysischen Schrecken! Der Schrecken schüttelte
mich durch, wie ein kleines Mädchen ihre Puppe schüttelt, so ward ich fast
zerstört! Im Schimmer einer roten Laterne hörte ich wilde archaische
Musik. Selbst meine erholsamen Stunden standen außer meiner eignen
Kontrolle, sie waren exakt geplant von der Großen Mama des
Matriarchats. Sie sandte mir diese in schwarzes Leder gekleidete Frau, die
wilde Layla, die mich in die Wüste geführt hatte.
10
Kehre zurück, kehre zurück an die Quelle des Lebens!
11
Ich war ein Gefangner der Großen Matrone.
12
Aber da tat sich meine Kerkertür auf und eine Jungfrau erschien. Eine
Jungfrau, eine Jungfrau, was für eine Jungfrau! Die Jungfrau stand
strahlend in der offenen Tür.
13
Die strahlende Jungfrau öffnete Tür um Tür und führte mich zu einem
großen Spiegel. Ich war feminin gekleidet und sah wirklich appetitlich
aus! Ich sah aus wie die Zwillingsschwester der strahlenden Jungfrau.
14
Die Jungfrau beehrte mich mit dem charmantesten Lächeln. Es war das
wissende Lächeln der Sphinx. Ein wenig gab ihr dies Lächeln aber auch
das Aussehen einer sanften Idiotin oder einer wilden Bacchantin.
15
Sie führte mich durch ein Labyrinth, dem Labyrinth des inneren Ohres
gleich, nein, tiefer noch, dem Labyrinth des Gehirnes gleich. Sie führt
mich durch eine Sphäre des Innern. Ihre sanfte Hand wischte alle
Spinnengewebe fort und führte mich in den Abgrund der Innerlichkeit.
16
Die Jungfrau schritt dahin, als sei sie im Besitz einer absoluten
Jungfräulichkeit, so dass kein Schlüssel jemals dies Schlüsselloch
aufschließen kann. Ihr Name war Sophia.
17
Tiefer, tiefer, immer tiefer führte mich Sophia, sie führte mich
labyrinthische Gänge, als schritte ich ein Mandala ab. Je tiefer wir diese
Spirale hinabstiegen, desto wärmer wurde es. Sophia hatte mich an die
Hand genommen und führte mich, wie eine Hirtin ihr Lamm.
19
In dem Augenblick, da ich sie sah, wusste ich, sie hat mein ganzes Leben
lang auf mich gewartet. Aber in meinem Leben hatte ich die Zeichen nicht
erkannt, dass sie auf mich wartete. Aber sie saß in ihrem Thron und
wartete geduldig wie eine hinduistische Göttinnenstatue. Ihr Glanz
offenbarte mir, dass sie heilig war. Mama hatte das ewigweibliche
Ursymbol zu einem Faktum gemacht. Als ich sie sah, da war mir, als kehre
ich in die innere Heimat zurück. Sie war die Große Prophetissa, die
Schwarze Göttin der Weisheit, die sich selbst erschaffende Gottheit. Zu Ihr
haben mich alle Frauen geführt. Denn alle Frauen sind Eine Frau. Als
Layla mich in der dunklen Nacht in ihr Bett gelassen, da hatte die Große
Mama alle Ereignisse konspirativ gelenkt. Layla war die Verführerin, doch
Layla hat mich geführt zur Großen Mama.
20
Ich war im Focus der dunklen Nacht. Ich war in einer feuchten Grotte, die
innen rötlich schimmerte. Hier war das Schicksal aller Menschen, das
mystische Schweigen in der dunklen Nacht, das Unerreichbare. Es war, als
brächte mich ein Orgasmus ins Nirwana. Sie, jenseits der Zeit, Sie, jenseits
des Raumes, Sie, jenseits aller Vorstellungskraft, Sie, immer jenseits,
immer die Ganz-Andere. Zu ihr führte mich der zärtliche Finger des
femininen Geistes, der mich verwandelte und neu gebar.
21
Es war eine Person im Mysterium, ein Mysterium in der Person. Es war
eine künstliche Grotte mit einem Thron, darin saß die göttliche Mama. Die
Jungfrau Sophia küsste die Große Mutter auf die Stirn und gebot mir,
niederzuknien vor der Urgottheit.
22
Sie war ganz gekleidet in nichts als obszöne Nacktheit! Sie hatte Brüste
wie eine Kuh. Ihre Gliedmaßen waren gigantisch. Ihre Hände glichen
großen Palmenwedeln und lagen auf ihren breiten Schenkeln. Ihre
Hautfarbe war von dem Ton einer schwarzen Olive.
23
Sie war die einzige Oase in der Wüste der Welt! Ihr Schoß war die Quelle
des Lebens.
24
Ich, verbannt aus dem Nirwana, kniete vor der Ewigen Frau und wusste
nicht, was ich jetzt tun sollte. Sie war die Fruchtbarkeit der Natur. Sie war
die Mutter des Lebens. Sie sprach.
25
Ich hörte ein lautes Wimmern, ein Heulen: Ma-Ma-Ma-Ma-Ma-Ma-Ma!
26
Ich bin der absolute Beginn. In der einen Hand halte ich das gesamte
Universum und in der andern Hand halte ich dich, Evelin. Ich bin die
jungfräuliche Luna, ich bin die Majestätische Mama und die Herrin der
Hetären. Ich halte den Schlüssel zur Hölle in der Hand, denn ich bin die
Domina Infernorum und die strenge Gebieterin aller Dämonen. Ich bin die
Gnadenmutter Anna. Ich bin die wälderdurchstürmende Mädchengöttin
Diana. Ich bin Urania, Göttin der puren spirituellen Liebe. Ich bin der
Meeresstern, ich bin der Morgenstern. Mein wahrer Name aber ist MARIA
APHRODITISSA!
27
Wo ist der Garten Eden? Sophia fragte dies die göttliche Mutter in einer
rituellen Befragung.
28
Die göttliche Mutter lächelte mich an, sehr freundlich. Ich gebe Leben,
sagte sie, darum vollbringe ich Wunder.
29
Weißt du nicht, dass du in dieser Welt verloren bist?
30
Die göttliche Mutter hat dich verloren, als du gefallen bist aus ihrem
Schoß. Die göttliche Mutter verlor dich vor vielen, vielen Jahren, als du
ungläubig warst.
31
Komm zu mir, du armes schwaches Geschöpf, komm zu deiner Mutter, der
du gehörst.
32
Die schwarze Göttin schwankte hypnotisierend hin und her auf ihrem
Thron. Sophia warf alle prüde Zurückhaltung ab und wütete wie eine
trunkne Bacchantin. Sie schlug den Gong, sie strich die Harfe, sie klingelte
mit den Cymbeln und schlug die Klapperbleche. Bei der Musik verlor ich
meinen Verstand.
33
Die göttliche Mutter rief: Ich bin die Wunde, die unheilbar ist! Ich bin die
Quelle deiner Begierde! Ich bin die Quelle des Lebenswassers! Komm zu
mir, besitze mich! Mythos und Leben sind eins geworden.
34
Integriere in dich die ursprüngliche Form, sprach die göttliche Mutter.
35
Ich erhaschte einen Blick auf ihre Vagina, als ich zugrunde ging. Ihre
Vulva war wie ein Vulkan voll glühender Lava, kurz vor dem Punkt der
Eruption. Sie neigte ihr Haupt zu mir herab, um mich zu küssen. In einem
Augenblick voll Halluzinationen sah ich die weiße runde Sonne in ihrem
Mund, da war ich geblendet von dem übermäßigen Licht, und es blieb mir
kein Gedächtnis der Worte, die von ihrer Zunge flossen.
36
Es war das letzte Mal, dass ich den sexuellen Akt als Mann performt.
37
Ihre Schenkel pressten mich zusammen, sie zog ihre Muskeln zusammen
und drückte mich aus. Sie pumpte mir all meinen Samen aus dem Glied,
bis ich ins Gras fiel.
38
Die göttliche Mutter wurde immer lieblicher.
39
Die göttliche Mutter nahm mich auf ihren Schoß und drückte mich an ihre
mächtigen Brüste.
40
Eines Tages wirst du erkennen, dass die Sexualität eine Einheit ist, eine
Vereinigung von zwei verschiednen Strukturen. In diesen Zeiten ist es
schwierig, richtig von der Sexualität zu sprechen. Herr Evelin, ich habe
doch nichts gegen dich, weil du ein Mann bist. Ich denke, deine maskuline
sexuelle Energie ist sehr reizend, Geliebter! Dein Ding ist ein schönes
Spielzeug für ein kleines Mädchen. Aber meinst du, du machst den besten
Gebrauch von deiner sexuellen Energie in deinem Körper, in dem du bist?
41
Was wollte mir die göttliche Mutter sagen? Ihr Antlitz war schwarz wie die
Eclipse der Luna. Ihre warmen nahen Brüste pressten sich an mich. Ich
wimmerte wie ein Kleinkind.
42
Hab keine Angst, mein kleiner Evelin, fürchte dich nicht! Du leidest? Aber
ich bin doch da!
43
Sie drückte mich so dicht an sich, ich konnte mein Haupt nirgendwo
anders bergen als an ihren bloßen Brüsten, obwohl ich etwas bange war, an
ihren bloßen Brüsten zu saugen. Sie war von einer übermächtigen
Weiblichkeit, ihre Femininität war so überaus heilig, dass ich zu verzagt
war, um fortzufahren, an ihren nackten Brüsten zu saugen.
44
Mir war, sie küsste mich auf den Bauch, eben unter dem Nabel. Ich fühlte,
wie ihr Atem mich erregte und ich fühlte die konvulsivische Wonne durch
die Berührung ihrer sinnlichen Lippen auf meiner nackten Haut.
45
Ich sehe, siehe, die schönste Erde, bereit für die Ernte. In dem
allerheiligsten und allerseligsten Schoß der Jungfrau Maria lebt das süße
Brot des Lebens, ein Weizenfeld für allen Hunger aller Menschenkinder!
46
Hosanna, Hosanna!
47
Denke an die unendlichen Auen der Wonne, die ich in deinem Inneren säe,
kleiner Evelin. Diese unendlichen Auen der Wonne sind den himmlischen
Gefilden gleich, dem grünen Garten Eden, dem Elysium, dem Paradies.
48
Ich bin die Magna Mater, ich kastriere den großen Phallozentrismus der
Kultur des Krieges! Ich bin deine Mama! Ich bin euer aller Mama!
49
Chöre sangen: Ma-Ma-Ma-Ma-Ma-Ma-Ma! Trompeten wurden geblasen!
Hosanna, Hosanna! Sie kam und ging wie eine Vision. Ihre Stimme
flüsterte wie eine akustische Halluzination. Im nächsten Augenblick lag
ich auf dem Boden zu ihren Füßen! Sie hob die Hände über mich und
benedeite mich.
50
Heil dir, Evelin, du Begnadeter unter den Männern! Du bereitest dem
kommenden Messias den Weg!
51
Da kam die Jungfrau Sophia und brachte mich an einen anderen Ort.
52
Sophia hatte mir ein heißes Bad in meiner Zelle eingelassen und es
parfümiert mit köstlichem Badeöl. Sie war wie ein tüchtige Amme, sie
sorgte sich um mein leibliches Wohl. Aber meine Bangigkeit blieb bei mir.
53
Die göttliche Mutter zitierte den Archetyp der Parthenogenese, der
Jungfrauengeburt, aber auf eine neue Art. Sie wird dich kastrieren, Evelin,
und dann wird sie dich aushöhlen und dir das einpflanzen, was wir die
fruchtbare feminine Sphäre nennen. Sie wird dich zu einer perfekten Frau
machen. Dann wird sie dich befruchten mit deinem eigenen Sperma, den
ich gesammelt habe, als du mit der Göttin geschlafen.
54
Sophia sagte: Ist es etwa etwas Schlechtes, eine Frau zu sein wie ich?
55
Ja, sagte Sophia, du wirst eine komplette Frau, mit Titten, Klitoris,
Eierstöcken, äußeren und inneren Schamlippen.
56
Ich wurde geführt wie ein Schlachtschaf zum Opferaltar. Die göttliche
Mutter wartete dort mit dem Messer.
57
Tiefer hinab, tiefer, immer tiefer, kam ich in einen sanften und warmen,
interuterinären Ort, verhangen mit roten Vorhängen, darin stand ein weißes
Bett.
58
Sie wartete. Ich war erregt. Ihre schwellenden Brüste sahen aus wie
mächtige Kirchenglocken.
59
Meine fieberhafte Imagination sagte mir, dass alle Frauen der ganzen Welt
um mein Bett versammelt waren und meine Amputation fixierten. Sophia
zog mich aus. Ich war nackt wie am Tage meiner Geburt.
60
Die göttliche Mutter hielt ein Messer aus schwarzem Obsidian, schwarz
wie sie selber.
61
Sophia küsste und liebkoste mich.
62
Sophia sagte: Du wirst nicht mehr Herr Evelin sein, sondern du wirst die
Neue Eva sein, ja, du wirst selbst die heiligste Jungfrau Maria sein! Darum
sei fröhlich!
63
O dieses schreckliche Symbol des Messers! Kastriert zu werden von einem
Phallussymbol!
64
Es war der Tag des Blutes, der Tag der freiwilligen Selbstkastration zu
Ehren der göttlichen Mutter. Es war die scharlachrote Zeremonie meiner
Transfiguration.
65
Sie erhob das Messer und ließ es niederfahren, sie schnitt mir alle meine
Genitalien ab mit einem einzigen Schnitt, nahm die Genitalien mit der
anderen Hand und reichte sie Sophia, die sie in die Tasche ihres Rockes
steckte. Ah, sie hatte mir alles genommen! Sie hatte mir nichts als eine
einzige Wunde geschenkt! Diese Wunde wird von nun an einmal im Monat
bluten nach dem Befehl der Luna.
66
Das war das Ende von Herrn Evelin, der geopfert worden ist einer dunklen
Gottheit.
67
Jetzt bin ich Evi, die Kurzform von Evelin.
68
In einer Illusion sah ich alle Schmerzen aller Frauen. Ich sah deine
Einsamkeit, o Melancholia, deine Schwermut. Oh du, Unsere Liebe Frau
von den Schmerzen, Madonna Melancholia!
69
Ich weiß, die Mutter kennt dein außergewöhnliches Geheimnis.
70
Auf meinem Krankenbett ward ich verfolgt von der visionären
Melancholia. Ich schwamm in meiner Krankheit, in den Schmerzen
unstillbarer Begierde, in unendlichen Träumen.
71
Mir war, als wären alle Bilder der Heiligen Jungfrau mit dem göttlichen
Kind, die je in Westeuropa gemalt worden waren, an den Wänden meines
Krankenzimmers in Lebensgröße.
72
Ich hörte von hohen Nonnenstimmen gesungen die Litaneien der Heiligen
Mutter, die Sophia mich gelehrt hatte.
73
Evelin – Warum haben meine Eltern mich Evelin genannt? Von allen
Namen der Welt wählten sie gerade den Namen Evelin. Sophia sah mich
an und erinnerte mich an Layla. Sophia saß immer still an meinem Bett,
wenn ab und an die Schmerzen mich überwältigten.
74
Als ich in den Spiegel schaute, sah ich Evi, ich sah mich nicht selber. Ich
sah eine Frau, die dachte, sie sei ich. Ich kannte mich selber nicht mehr.
Diese Evi aber erschien als eine lyrische Abstraktion von Femininität. Sie
war ein Arrangement von weiblichen Rundungen. Ich berührte ihre Brüste
und küsste ihren Mund. Ich sah ihre weißen Hände sich im Spiegel
bewegen, so weiß, als trüge sie weiße Damenhandschuhe. Ich sah auch
eine Familie. Ich sah das lange schwarze Haar, das bis zu den Hüften
flutete. Meine mandelförmigen Augen waren grün.
75
Ich war eine Frau, außergewöhnlich begehrenswert. Ich knetete meine
süßen Titten, bis die roten Nippel sich spitzten. Meine Brüste waren weich
und schmerzten nicht, wenn ich die Brüste massierte. So ward ich mutiger,
mich selbst zu liebkosen. Meine Hände glitten zwischen meine Schenkel.
76
Meine Klitoris bereitete mir solche süßen Gefühle, ich konnte kaum
glauben, dass das meine eigene Klitoris war.
77
Ich, die Neue Evi, bin geworden Herrn Evelins intimste
Masturbationsphantasie.
78
Die Heilige Mutter kam zu mir in mein Zimmer.
79
Die göttliche Mutter – oh Gott! – schenkte mir dunkelrote Rosen, eben
solche, wie ich sie Layla gerne geschenkt hatte. Ich staunte diese Rosen
an, sie waren gewachsen im irdischen Paradies.
80
Die göttliche Mutter untersuchte meine Vagina, ob sie heil war. Dann
prüfte sie meine Brüste, ob sie perfekt geformt waren. Sie fühlte meine
Haut, ob sie auch weich war. Evi, du sollst leben, bis du hundert Jahre alt
geworden! Dann küsste sie mich und ging davon.
81
Werde ich glücklich sein, jetzt, wo ich eine Frau bin? Nein, sagte Sophia,
und lächelte, wirklich glücklich wirst du erst, wenn du in der Welt der
Glückseligen lebst.
82
Als du ein Mann warst, da konntest du nur fruchtbar werden, wenn du über
eine Frau meditiertest. Deine Meditationen über die Frau waren oft mit
Schmerzen verbunden. Aber nun, da du eine Frau bist, kannst du Leben
gebären. Darum bist du zur Neuen Eva geworden, damit du der Welt den
Retter schenkst, den Erneuerer der ursprünglichen Schöpfungswonne!
VIERTES KAPITEL
HERR NICHTS, DER DICHTER
1
Luna schlüpfte über den runden Horizont.
2
Ich stolperte, da fiel eine schwarze Hündin über mich her und leckte mein
Gesicht ab. Hündin, du Seelenbegleiterin, führe mich durch die Unterwelt!
O Gott, steh mir bei! Ich bin zu diesem Weg berufen.
3
Ich hörte eine Stimme, strengen Tones Befehle gebend. Dann hörte ich
hohe Mädchenstimmen, kichernd, quatschend – Frauen! Ihre Hände
fesselten mich. Sie sprachen eine Sprache, die ich nicht kannte. Sie klebten
mir den Mund zu, um mich zum Schweigen zu bringen.
4
Die Mädchen brabbelten, plapperten, plauderten, quatschten, schwatzten
wie ein triumphalistischer Chor. Es waren aber keine menschlichen Töne.
Wessen Gnade war Evi nun auf Gedeih und Verderb ausgeliefert?
5
Ich war gefangengenommen worden von Herrn Nichts, dem Dichter. Ich
ward gebracht in sein Gartenhaus in der Geisterstadt. Sie machten mich zu
seiner Sklavin.
6
Herr Nichts, der Dichter, liebte die Einsamkeit, denn es ekelten ihn die
Menschen an.
7
Er stand auf einem hohen Gipfel und streute seine Poeme in die Wüste aus.
8
Er hatte alle menschliche Kommunikation aus seinem Leben verbannt und
sprach mit Menschen nur, wenn es absolut notwendig war.
9
Sieben Ehefrauen standen im Kreis um den Dichter und applaudierten ihm.
Girlish giggle!
10
Als Herr Nichts mit mir fertig war, ging er in sein Haus zurück, gefolgt
von seiner Hündin, die sich dicht an seine Hüfte schmiegte. Er schlug die
Tür hinter sich zu. Die Mädchen brachten mich in den Raum, wo sie aßen
und schliefen. An den Wänden hingen Bilder von indischen Göttern und
Göttinnen beim Liebesakt.
11
Die Mädchen sagten mir, ich sei sehr schön. Herr Nichts würde mich vor
allem Bösen beschützen. Ich sah, die Mädchen liebten den Dichter mit
blinder Liebe.
12
Die sieben Mädchen hatten die engelgleichen Gesichter von jungen
Nonnen, Dienerinnen in der Kirche des Herrn Nichts.
13
Es waren schöne Mädchen, wirklich hübsch in ihrer Jugend! Marion war
die Älteste, sie war siebzehn Jahre alt. Lolita, die Jüngste, war eben
vierzehn geworden. Sie waren alle wie Schwestern und alle gleich
gekleidet in hauchfeinen hellblauen Seidenstoffen, aber allesamt ganz
nackt unter diesen transparenten Stoffen. Ich sah Bisswunden von
leidenschaftlichen Liebesspielen an ihren Schultern. Sie hatten alle schöne
weiße Zähne, aber Lolita hatte Herrn Nichts beim Fellatio einmal zu scharf
gebissen.
14
Jede dieser sieben Nonnenschwestern hatte einen schwarzen Ehering von
Ebenholz am vierten Finger ihrer linken Hand.
15
Die sieben Mädchen verbrachten Nacht für Nacht abwechselnd an den
sieben Tagen der Woche im Ehebett des Dichters.
16
Es musste Mittwoch sein, das war der Tag, da Herr Nichts in sein Ehebett
Emmelin rief. Nun aber rief Herr Nichts mich, die Neue Evi. Emmelin
protestierte und sagte, es wäre ihr Tag und ihre Nacht. Sie sank auf ihre
Knie und flehte weinend. Herr Nichts und ich verließen sie. Emmelin sah
uns nach mit einem Blick, wie man ihn bei kleinen Kindern sieht, denen
man die heißbegehrte Lutschestange verwehrt.
17
Jetzt war ich allein mit Herrn Nichts.
18
Seine Hündin steckte ihre feuchte Schnauze in meinen Nabel. Er nannte
seine Hündin Norea, wie die Tochter der gnostischen Eva. Die Hündin war
das einzige Lebewesen, das er liebte.
19
Das einzige Bild an den Wänden war eine Ikone von Madonna
Melancholia. Ihre mandelförmigen Augen füllten den Raum mit Stille. Sie
war da, meine Patronin, mein Schutzengel, sie war da, um mich einzuladen
zu neuen Leiden.
20
Er sagte mir: Ich bin Adam und du bist Eva.
21
Als der Liebesakt vollzogen war, sagte Herr Nichts: Herzlichen
Glückwunsch! Du bist die achte Ehefrau von Herrn Nichts geworden. Aber
du bist schöner als alle andern! Du kannst mich jeden Sonntag ganz für
dich alleine haben! Empfange den heiligen Balsam, der meinem sakralen
Glied entströmt, wie das heilige Salböl der Propheten Israels. Ich weihe dir
das Lebenselixier meiner Unbefleckten Zeugungskraft.
22
Herr Nichts griff ungeduldig nach mir. Er schob mir den Ehering über den
Finger. Jetzt war ich Frau Nichts!
23
Ich wurde seine Nummer Eins.
24
Jetzt war ich initiiert in den Harem.
25
Es war in seinem Haus ein Raum für seine Trinkgelage. Dort tanzte er all
seine Poeme. Auch seine Mädchen ließ er nackend seine Poeme tanzen.
Dort war ein großer staubiger Spiegel. Die Neue Eva reflektierte ihre
Nacktheit in dem Spiegel des Dichters und trug dabei nichts als den
Liebreiz-Zaubergürtel der antiken Aphrodite.
26
Am Morgen, als das erste Licht durch die zerbrochene Fensterscheibe fiel,
rollte sich die vierzehnjährige Lolita von der Matratze des Dichters und
machte ihm den Kaffee.
27
Alle seine Frauen machten ihm das Frühstück, wie er es liebte. Um neun
Uhr, wenn die Kuckucksuhr klang, kam seine heutige Bettgenossin aus
seinem Schlafzimmer, um ihm das Frühstück ans Bett zu bringen. Wenn
das Mädchen aus seinem Bett geschlüpft war, sprang seine Hündin in sein
Bett und nahm mit seinem Herrchen das Frühstück ein. Seine jeweilige
Bettgenossin nahm das Frühstück mit den anderen Frauen in der Küche
ein.
28
Lolita und Marion teilten sich nun zusammen den Samstag, damit der
Sonntag mir allein vorbehalten wäre. Ihre Aufgabe war es, ihm das heiße
Badewasser in die Wanne einzulassen.
29
Nachdem er gebadet, zog er sich an. Dann setzte er sich in seinen Sessel.
Alle seine sieben Liebesdienerinnen kamen, ihm die Füße zu küssen.
30
Die ersten Worte, die wir jeden Morgen rituell zu sprechen hatten, waren
in einer fremden Sprache, die wir nicht verstanden, die er allein verstand.
31
Nachdem wir seine Füße geküsst, machten wir uns jede an ihre tägliche
Aufgabe.
32
Wir begossen seinen Garten. Der Garten war umgeben von einem
Holzzaun. Die Mädchen wässerten täglich seinen Garten. Sie pumpten das
Wasser mit der Wasserpumpe herauf. Der Garten war fruchtbar und
brachte Gemüse und Obst und Mariejuana hervor. Wir pflegten auch die
Haustiere. Die Hühner schenkten uns ihre Eier. Wir molken die Zicken, um
aus der Milch den Ziegenkäse zu machen, den er so gerne mit Oliven aß.
33
Er sang und tanzte die Apokalypse. Seine sieben Mädchen waren die
sieben tanzenden Engel der sieben Gemeinden. Engelinnen im Nackttanz!
Sie waren mit Leib und Seele und Geist ganz hingegeben der Kirche des
Herrn Nichts.
34
Seine sieben Frauen versuchten sich in Diensteifrigkeit einander zu
übertrumphen. Jede strebte danach, seine Favoritin zu sein. Er war ihr
Gott, und ihr Gehorsam war das Gesetz, das sie regierte.
35
Das Gartenhaus des Dichters war der Tempel Salomonis und die
Geisterstadt war die Himmlische Jerusalem.
36
Ich war so besonders feminin, dass der Dichter immer spionierte, ob ich
etwa eine Lesbe wäre. Wenn er lesbische Neigungen festgestellt hätte oder
hätte mich gar erwischt, wie ich an einem seiner Mädchen
herumfummelte, hätte er mich gesteinigt. Er verabscheute zutiefst die
Homosexualität.
37
Aber weil ich so besonders feminin war, wandte er mir mehr
Aufmerksamkeit zu als den anderen Frauen. Seine Phantasie war ganz
besessen von mir! Er wollte mich jeden Tag entjungfern, aber ich sollte
auch jeden Tag auferstehen als intakte Jungfrau!
38
Ich bin das Nichts, sprach er. Fragst du nach meinem Namen? Ich heiße
Niemand! Aber wenn das Universum den Kältetod stirbt, wird der frigide
Kosmos von der heißen Leidenschaft meiner Mädchen wieder zum Leben
erweckt!
39
Morgens, nachdem wir ihm die Füße geküsst, nachdem er auch seine
Kanne Kaffee getrunken, saß er auf der Gartenbank im Garten, rauchte
Mariejuana und schrieb seine Verse. Aber um zwei Uhr Mittags befiel ihn
die Langeweile.
40
Nachmittags mussten wir, seine Frauen, alles stehen und liegen lassen und
für ihn uns schön machen, denn jetzt war die Zeit, da er uns seine Gedichte
rezitieren wollte.
41
Wie wir für ihn aussehen sollten? High-Heels an den Füßen, transparente
kurze Seidenkleidchen am Leib, die Brüste ohne Büstenhalter, unterm
Röckchen keinen Slip, langflutende schwarze Mähnen oder wie Kleopatra
die schwarzen Löckchen hochgesteckt, scharlachrot geschminkte Lippen.
Wir sollten allezeit aufreizend sein wie die schönsten Kurtisanen
französischer Aktmalerei. Dann sollten wir tanzen für ihn. Er wollte
Salomes Schleiertanz sehen, den evangelischen Striptease!
FÜNFTES KAPITEL
DIE WAHRE MELANCHOLIA
1
Die kalten Winde der Einsamkeit bliesen mein Haus an. Einsamkeit und
Schwermut, o trauervolle Melancholia, ist das Leben einer Frau. Ich gehe
jetzt zu dir wie zu dem Antlitz meiner Seele in einem magischen Spiegel.
Doch wenn du gemäß den Gesetzen der Physik zu mir trittst, fühl ich mich
einsam und verloren.
2
Mir war, als stünde ich am Rande eines bodenlosen Abgrunds. Aber der
Abgrund, der sich vor mir auftat, war der Abgrund meiner Seele. O
Melancholia!
3
Du warst eine Illusion, ein Phantom. Du warst mein Schatten im großen
Platonischen Schattentheater des Lebens. Du warst das Phantom, dass die
Leere meiner Seele ganz erfüllte mit tausend Wundern.
4
Als ich die leise Musik hörte, die das Haus erfüllte, fühlte ich mich in der
Gegenwart Melancholias. Sie war eins von diesen übersensiblen
Geistwesen, die sich in der Musik manifestieren oder auch in einem
berauschenden Blütenduft oder in einem rauschenden Windstoß.
5
Durch das Glas der Fensterscheibe sah ich in der Perspektive im tanzenden
Licht gleich einer Spirale die Himmelstreppe, die wie eine aufrankende
Kürbispflanze zum Venusplaneten rankte.
6
Ich hörte wieder die Musik der Guan Yin. Blowing in the wind.
7
Melancholia wird immer der Geliebten des Idioten, des Fürsten Myschkin
gleichen, der schwarzen Schönheit Natassja Filippowna.
8
Sie war da, aber geheimnisvoll verborgen. Wie konnte sie unsichtbar
gegenwärtig sein in einer Welt von sichtbaren Bildern?
9
Jetzt sah ich sie, die Herrin des Hauses. Sie lag kaum bekleidet auf einem
Bett. Neben ihr stand ein Kandelaber mit sieben Kerzen. Ich nahm ein
Streichholz in die Hand und streichelte den roten Streichholzkopf mit den
Fingerspitzen.
10
Sie glich Kleopatra, der Königin von Ägypten.
11
Ihr Antlitz war genau das Antlitz, das ich immer gesehen hatte. Ihr Antlitz
war das Antlitz einer magischen Luna. Ihre schwarzen Augenbrauen waren
gebogen wie der Bogen Amors. Ihre langen schwarzen Haare umfluteten
sie. Sie lag da in einem feinen seidigen Negligé und las in der Bibel.
12
Wir traten in die Halle der Unsterblichen. Sie wird dort ewig leben wie die
unsterbliche Vision der Schönheit. Sie hat selbst ihre Geschlechtlichkeit
inthronisiert in dem Tempel ihrer Keuschheit. Sie war wie eine Eisblume
in einer kristallenen Vase, wie Schneewittchen im gläsernen Sarg, wie eine
weiße Lotosblume auf einem kristallenen See. Sie war die schlafende
Schönheit, die unsterblich ist.
13
Ich war sehr traurig, als ich Melancholia in ihrem Todesschlaf auf ihrem
Totenbette liegen sah.
14
Melancholia sprang von ihrem Bett auf mit leidenschaftlicher Heftigkeit,
trat zu dem Kandelaber mit den sieben Kerzen und ohrfeigte mich mit der
Bibel, weil ich ihren Schlaf gestört.
15
Das transparente Seidenkleidchen glitt von ihrem Körper, ganz langsam
entblätterte sich die weiße Rose. Das weiße Kleidchen umrauschte ihre
weißen Schenkel wie der weiße Meeresschaum den weißen Leib der
nackten Aphrodite umrauschte. Sie war so weiß, als wäre sie von
Michelangelo gemeißelt aus Marmor von Carrara.
16
Der Dichter berührte Melancholia, diesen Becher des Kummers, dem
magischen Becher der Tränen entströmte eine Flut von blutroten Tränen.
17
Enigma. Ihr Antlitz macht in den Tod verliebt! Sie war todschön! Ihr
Antlitz war wie das Antlitz eines Engels auf einem granitenen Grabstein.
Ihre Tränen waren die Destillation des ganzen Jammers der Menschheit.
Ihre blitzenden Augen erleuchteten mich.
18
Sie war Unsre Liebe Frau der Schmerzen.
19
Alle Menschen sahen ihre Schmerzen dargestellt in den Schmerzen des
Herzens Unsrer Lieben Frau der Schmerzen. Die Menschen weinten aus
Mitleid mit dem durchbohrten Herzen Unserer Lieben Frau der
Schmerzen, aber in Wahrheit heulte die Menschheit über ihren eigenen
namenlosen Jammer. Die Menschen legten alle die drückenden Lasten des
Daseins, unter denen sie fast zusammenbrachen, auf die Schultern Unserer
Lieben Frau der Schmerzen, dieser tragischen Königin.
20
Ihr Name war: Die Bittere. Sie wollte ertrinken in dem Meer der Bitterkeit
Gottes. Die Silben ihres Namens waren wie das Rauschen eines blutroten
Kleides, welches rauschte herab von dem weißen Marmorkörper einer
sterbenden jungen Frau.
21
Der Dichter nannte sie: Skorpionstachel im Petticoat-Kleidchen.
22
Sie zog ihre weiße Seidenbluse über den Kopf aus und hob ihre weißen
Arme in die Höhe. Ich sah das schwarze Haar in dem Winkel ihrer
Achseln. Ich sah ihren makellosen weißen Körper. Ihre Zunge fuhr
spielerisch über ihre Lippen, sie lächelte wissend und sprach leise:
Willkommen an Donna Julias Grab! Wie bezaubernd, dich hier zu sehen,
dass du in dieser dunklen Nacht gekommen bist, mir die Hand zu halten.
22
Die Aura übermenschlicher Majestät um sie war so überwältigend, dass
ich niederknien musste, sie anzubeten! Ich stammelte: Lady! Sie berührte
mich wie zufällig flüchtig mit ihrer kühlen keuschen weißen Hand. Ich
versuchte, meine unaussprechliche Bewunderung in stammelndem Pathos
zu lallen!
23
Der Abgrund, der sich mir erschloß, als sie mir für einen Augenblick
gewährte, ihr in ihre Augen sehen zu dürfen, war der Abgrund meiner
eigenen Seele, es war der Blick in einen Funken Ewigkeit.
24
Sie gebot mir, mich selbst zu verleugnen. Es war das Gebot einer
Unterwerfung, die tiefer als die Unterwerfung eines Sklaven war, ja, es
grenzte an göttliche Anbetung.
25
Der Dichter sprach: Ich bin die lebendige Liebesflamme der göttlichen
Omnipotenz!
26
Der Dichter zog ihr die Seidenbluse ganz aus und zog ihr dann den weißen
Seidenslip herunter. Da stand sie vor ihm nackt wie eine perfekte weiße
Göttin der Liebe und Schönheit! Sie war die lebendige Venus! Die
Mädchen feierten sie, doch sie seufzte nur leise.
SECHSTES KAPITEL
DIE HOCHZEIT DER NEUEN EVA UND DES HERRN
MELANCHOLIA
1
Aus der Hose Herrn Melancholias sprang die purpurrote Eichel seiner
Männlichkeit, das geheime Herz Melancholias, der Ursprung seines
unstillbaren Tränenflusses.
2
Herrn Melancholias heulende Schreie hallten als Echo zurück in der
gläsernen Halle. Er wollte sich selbst in sich selbst verstecken. Das
heroische Zeichen seines Sexus war angeschwollen. Aber er hasste sein
männliches Glied, das Medium, durch das er kommunizierte mit der Frau.
3
Darum war Herr Melancholia die perfekte Traumfrau gewesen, weil er
sich selbst zum Inbild seiner eigenen Begierde gemacht hatte. Er hatte sich
selbst in die einzige Frau verwandelt, die er lieben konnte. Eine Frau ist
insofern schön, als sie die Inkarnation der geheimsten Begierden des
Mannes ist. Darum ist es kein Wunder, dass Melancholia die Schönste aller
Frauen gewesen war.
4
Ich sah es in einem Glanz: Du, Melancholia, hattest dich zu einem
Lustobjekt gemacht, und dieses Lustobjekt war eine bloße Platonische
Idee. Du warst deine eigene Ikone. Du hattest keine andere Rolle zu
spielen in der Welt als bloß die einer Idee. Du hattest keinen andern Status
im Dasein als den Status einer idealen Ikone.
5
Wir fanden ein Ankleidezimmer voller Spiegel. Der ganze Raum war ein
einziger Spiegel-Kubus.
6
Die Mädchen, so weit sie noch nicht ganz nackt waren, warfen ihre letzten
Hüllen ab und begannen, sich ganz neu einzukleiden.
7
Marion fand das schwarze Kleid, in dem Melancholia Maria gespielt hatte,
die Königin von Schottland. Emmelin spielte die Carmen. Lolita trug das
Kleid der Kameliendame.
8
Die Mädchen traten zu den Kosmetika. Dicke Wolken von Puder
umstäubten sie. Rouge war an die Tür geschmiert. Die Mädchen schrieben
mit Lippenstiften obszöne Sprüche an den Spiegel. Wie Lolita den roten
Lippenstift an die Lippen legte, das war schon ein Bild, dem Phallusgotte
Priapus würdig. Sie bespritzten sich gegenseitig mit Parfüm die Figur und
zerschmetterten dann die Rosenquarzflakons auf dem Boden. Sie
schminkten ihre Augen und verlängerten ihre Augenwimpern.
9
Ich aber blieb im Dunkeln, bis Herr Nichts, der Dichter, nach mir klingelte.
10
Ich hörte die Musik von Chopins Trauermarsch.
11
Ich war einst Herr Evelin gewesen und nun war ich die Neue Evi. Er war
einst Madonna Melancholia gewesen und nun war er Herr Melancholia.
Wir tauschten die Rollen wie Rosalinde in Shakespeares Pastorale: Wie es
euch gefällt.
12
Ich verstand, dass Herr Nichts, der Dichter, die ganze Performance mit
einer Hochzeit abschließen wollte. Alle Komödien enden mit einer
Hochzeit.
13
Ich schminkte mein Gesicht weiß, bis ich als der melancholische Clown
Pierrot erschien. Die Mädchen bewunderten mich dafür.
14
Die Mädchen begannen mit den Vorbereitungen für meine Hochzeit mit
Herrn Melancholia.
15
Wir traten auf die steile Treppe zur Halle der Unsterblichen. Dort soll
unsre Hochzeit gefeiert werden.
16
Herrn Melancholias Bett sollte der Altar unsres Ehesakramentes sein.
17
Die Mädchen des Harems bildeten den Chor der Brautjungfern. Herr
Nichts, der Dichter, würde uns als Priester der Liebe vermählen.
18
Wir bezeugen vor der Welt: Herr Melancholia hat die Neue Eva geheiratet!
19
Ich ward zu Bett geführt. Marion und Lolita bereiteten mich für das
sakrale Brandopfer zu. Emmelin nahm meine Beine und spreizte sie weit,
so dass die rötliche Vulva offenbar zu sehen war unter meinem schwarzen
Schamhaar. Meine Vulva war auf dem Altar des Bettes wie das
sakramentale Fleisch des Brandopfers der Liebe.
20
Nun riefen alle laut: Herr Melancholia, komm, komm rasch und besteige
die Neue Evi!
21
Lolita kniete vor Herrn Melancholia und reizte seinen Penis mit Lippen
und Zunge liebkosend, bis der erregte Phallus herrlich stand.
22
Im Osten sah ich die Sonne aufgehn.
23
Herr Melancholia bestaunte seinen eigenen Phallus, wie er da herrlich
stand von dem Flötenspiel des roten Mundes Lolitas.
24
Der Altar des Bettes glich dem Berg Morijah, wo Vater Abraham am
Karfreitag seinen einzigen Sohn opfern musste, weil Gott es so wollte.
25
Herr Melancholia lag jetzt auf mir. Seine graublauen Augen blitzen in
meine mandelförmigen grünen Augen. Seine Stimme flüsterte wie die Luft
im Laub.
26
Ich spürte sein Glied an meinen straffen Oberschenkeln. Sein Glied war
ganz steif.
27
Ich bin die Aktion, sagte er, du bist die Passivität. Ich bin die Zeugung, du
bist die Empfängnis. So soll es sein in der Zeit, bis ich gestorben bin. Du,
Weib, bist das Negativ zu meinem Positiv. Du bist das göttliche Nichts, aus
dem alles Sein erschaffen wird. Du bist Nichts und Alles. Du bist ein
unzerbrechliches Fensterglas, durch das der Sonnenstrahl Gottes dringt.
28
Ich schlang meine Beine um ihn und holte seinen Phallus in meine Vulva.
Da klatschten die jungen Mädchen Applaus. Er schrie in einer
unverständlichen Sprache und lallte seine Entzückung und fiel auf die
Erde. Ich lag, ach, noch unbefriedigt im Bett.
29
Unsre Hochzeit war vollzogen. Meine Frauenschaft war ratifiziert.
30
Die Mädchen warfen den Hochzeitsschleier über Herrn Melancholia wie
ein Netz, mit dem man Schmetterlinge fängt.
31
Wie ist dein Name, fragte Herr Melancholia. Ich bin Evi, sagte ich, ich bin
Eva.
32
In meiner Pubertät, sagte Herr Melancholia, war ich so gelenkig, dass ich
mich vorbeugen konnte und meinen eigenen erigierten Phallus mit dem
eigenen Mund liebkosen konnte. Heute erreiche ich den Phallus mit dem
Mund nicht mehr.
33
Die Morgensonne warf seinen Schatten auf die grüne Wiese des Gartens.
Ich sah den Garten, wo er unser gemeinsames Haus errichten wollte.
34
In dem Garten standen Pflaumenbäume und Apfelbäume, es blühten dort
Pfingstrosenbüsche, es blühten Krokus und Narzisse, Malven und Mohn,
Rosen und Tulpen und himmelblaue Vergissmeinnicht. Kein Mensch hatte
diesen Garten bewässert, der Himmel selbst hatte diesen Garten bewässert.
35
Ich habe deinen Namen schon wieder vergessen, sagte er. Ich bin Evi,
sagte ich, ich bin die Neue Eva.
36
Ich hatte einen Sohn einst, sagte Herr Melancholia melancholisch. Sechs
Jahre alt ist er geworden, dann ist er bei lebendigem Leibe von den Ratten
aufgefressen worden. Ich bin weise, musst du wissen. Ich kann das
Schicksal eines Menschen aus seinen Tränen lesen. Ich kann die Schrift
der Tränen lesen. Aus meinen Tränen mache ich durch alchemistische
Weisheit Perlen. Aus diesen Perlen baue ich die Paläste meiner
Erinnerungen.
37
Ich erkannte, dass Herr Melancholia wahnsinnig war!
38
Wie lecker und appetitlich sah ich aus! Ich sah aus wie eine
Himmelskönigin aus Feigenkuchen! Iss mich! Verzehre mich!
39
Wir waren am Anfang der Welt, vielleicht auch schon am Weltende. Ich, in
meinem süßen Fleisch, war die Feige vom Baum der Erkenntnis.
Erkenntnis hat mich erschaffen. Ich war aus dem Mann erschaffen, als ein
Meisterstück von Fleisch und Blut. Ich war die elektrische Eva in Person.
40
Ich sah mich selbst, ich erfreute mich an mir selbst, ich berührte mit
meinen Händen meine eigenen Schenkel und streichelte mich selber
zärtlich. Ich spielte mit meinem krausen schwarzen Schamhaar zwischen
meinen Schenkeln und tippte zärtlich an meine Klitoris.
41
Wie auf jenem Teppich im Museum war es, wo das Einhorn sein Horn in
den Schoß der Unbefleckten Jungfrau legt. Der Erzengel Gabriel hatte mit
seiner Hündin das Einhorn in den Schoß der Jungfrau gejagt. Jetzt ruhte
das Einhorn in dem Schoß der Jungfrau.
42
Ja, wie das Einhorn kniete er vor meinem Schoß in seiner sakralen
Unschuld und legte sein Haupt auf meinen Schoß so zärtlich, als wäre ich
aus Seidenpapier. Ich fühlte seine Wangen an der Innenseite meiner
Oberschenkel und fühlte den Hauch seines Mundes in meinem Schamhaar.
Mein Schamhaar war wie die Flügel eines flatternden Vogels.
43
Ich erfuhr eine mysteriöse Kontraktion in meinen Nerven.
44
Er leckte mit der Zunge an meiner rechten Brustspitze und umfasste meine
linke Brust mit seiner Hand. Er biss zärtlich in meine rechte Brustspitze
und begann, leise zu lachen, denn jetzt war seine Potenz erwacht. Ich
steckte sein Glied zwischen meine Schenkel und presste ihn leicht. Ich
wollte nicht, dass er so schnell komme. Ich wollte Zeit haben, ich wollte
die langsam schmelzende Wonne des Weibes genießen, von der ich bisher
nur aus Büchern wusste. Mit seinen Fingern begann er meine violette
Muschel zu erregen, das Geschenk der Großen Mutter. In unkontrollierten
Ergüssen rann der Tau der Lust in meiner Muschel zusammen.
45
Wir schwammen im Ur-Meer, als die Schöpfung begann, in diesem
mütterlichen Meere, Maria, aus dem alle Seelen stammen.
46
Einer projizierte sein eigenes Selbst auf die Idee des andern. Wir waren
zwei Ideen in Vereinigung, eine zwei-einige Substanz des einen ewigen
Seins. Zusammen ergaben wir den Platonischen Hermaphroditus, den
Adam Kadmon der Kabbala, den androgynen Urmenschen.
47
Wir hielten die Zeit an und erschufen selbst einen Moment der Ewigkeit in
der Schöpferlust der Liebenden.
48
Die Uhr des Gottes Eros hält alle andern Uhren an.
49
Geliebter, dies ist mein Fleisch! Iss mich! Verzehre mich! Geliebter, dies
ist mein Blut! Trinke mich! Berausche dich an meiner Liebe!
50
Als in meinem Höhepunkt der Orgasmus kam, flog meine Seele durch
einen dunklen Tunnel in einen lichten himmlischen Erdbeergarten!
Geliebter, als mich die Ekstase des Orgasmus in den Himmel entrückte,
löste sich im gleichen Augenblick im ekstatischen Orgasmus deine Seele
auf im gläsernen Meer des Lichts! Dann ruhten wir selig umarmt in einer
tiefen inneren Ruhe.
SIEBENTES KAPITEL
LILITH
1
Ich sah die Augen einer Frau. Ihre Augen erinnerten mich an Laylas
Augen. Wann hatte ich zuletzt an Layla gedacht? Diese Frau trug am
nackten Oberarm sichtbar den schwarzen Träger ihres Büstenhalters. Sie
lächelte lieblich.
2
Evi? fragte mich die schwarzgekleidete Frau: Evelin?
3
Warum hast du nie von deiner Mutter gesprochen, Layla?
4
Layla, aber nicht länger Layla? Was ist geworden aus der Huri von
Manhattan?
5
War dieses entzückende Fleisch, das Layla hieß, nur ein Traum? Ihr langes
schwarzes Haar umflutete sie immer noch und ihr Antlitz glänzte immer
noch wie Luna um Mitternacht. Aber diese feminine Passivität war dahin.
6
Layla sprach über Herrn Melancholia: In seinem Namen flüstern alle
Seufzer der hoffnungslosen Verzweiflung. Verbannt auf diese Erde, ist er
wie ein einsamer Stern am Firmament. Er ist eine atomisierte, vereinzelte
Existenz. Wenn er mit seinem eigenen Mund seinen eigenen Schwanz in
den Mund nimmt, gleicht er dem Uroberos, der Urschlange, die ihren
eigenen Schwanz in den Mund nimmt. Dieser Uroberos ist der numinose
göttliche Urvater.
7
Die entmannten Priester der Großen Mutter, sagte Layla, ließen ab und an
die Meditation der Neugeburt im Schoß der Großen Mutter, um als Krieger
die Welt zu durchstürmen. Ich selbst, wie du dich erinnern wirst, tanzte in
einem mystischen Striptease die Apokalypse.
8
Ich nehme dich mit auf einen Trip, Evi.
9
Meine Haare sträubten sich mir im Nacken, obwohl ich doch jetzt den
Beistand der Tochter Gottes hatte.
10
Fürchte dich nicht, sagte Layla, die majestätische Mutter hat die Gottheit
für dich gebeten. Die majestätische Mutter konnte leider die Zeit noch
nicht beenden. Sie hat sich in einer Art von totalem Zusammenbruch in
eine Grotte zurückgezogen und weint dort blutige Tränen, bis die
himmlischen Heerscharen siegen.
11
Was sollen wir tun, Layla, fragte ich. Sie sagte: Mein Name ist jetzt Lilith.
Ich heiße jetzt Lilith, weil ich das Symbol der dunklen Nacht des Geistes
bin.
12
Lilith, wie du weißt, wurde fünf Tage vor Adam erschaffen. Lilith ist
Adams wahre Partnerin, obwohl Adam mit Eva in einer Ehe
zusammenlebt. Lilith aber sucht Adam in seinen Träumen heim und saugt
ihm den Mannessamen aus. Und mit Lilith zeugt Adam auf mystische
Weise die Rasse der Geister.
13
Sein Durchstoßen meiner Jungfräulichkeit kann meine immerwährende
Jungfräulichkeit nicht verletzen.
14
Ich habe dich zu Sophia geführt. Ja, ich bin Sophia, der feminine göttliche
Geist, verkörpert im Fleische Liliths, der aphrodisischen Fleischeslust!
15
Ich habe mich dir gezeigt als die Göttin der Hetären, als die allerseligste
Jungfrau-Mutter und als die göttliche Jungfrau.
16
Ich bin die Muse, sprach Lilith. Ich bringe die Botschaften Gottes zum
Manne und die Hymnen des Mannes zu Gott. Ich bin der Wahnsinn des
theosophischen Mystikers, die Erotomanie des Liebenden und die Muse
des Dichters. So hat mich einst Platon geschaut.
17
O Layla, die du nun Lilith heißt, in deiner Person bietet mir die göttliche
Jungfrau Sophia ihre schwesterliche Freundschaft an!
18
Mein Herz ist gebrochen, mein Herz ist gebrochen!
19
Am Strande aber sahen wir die einsame Großmutter des Wahnsinns auf
einem Gartenstuhle sitzen, umrankt von den Bohnen der Seelen ihrer
Muttersmütter. Vor ihr stand ein Gartentisch mit Trank und Speise. Wir
hörten kaum ihre Stimme. Sie sang Lieder von 69. She lives on love street.
Sie schaute traumverloren in die Ferne, aber sie hörte uns mit sensiblem
Ohr.
20
Es war, als sähen wir in einer kristallenen Kathedrale den himmelblauen
Mantel der heiligen Großmutter des Wahnsinns.
21
Sie schien uns ganz vergessen zu haben. Sie saß auf ihrem Thron und sang
die Lieder der Liebe. Sie sang vom Wahnsinn der Liebe, vom verblutenden
Herzen der Liebe und vom Kleinen Liebestod.
22
Ihre Augen waren den Türkisen der Himmlischen Jerusalem ähnlich.
23
Sie saß am Strand und schaute auf das Meer, als wäre sie die
Schutzengelin der Sieben Weltmeere. Sie mischte den Gesang ihrer
Stimme mit dem Rauschen des Meeres. Lilith sah sie an mit einem
liebevollen Lächeln.
24
Sie öffnete eine Büchse Bohnen und aß die Bohnen, trotz Pythagoras.
Dann nahm sie aus einem kleinen Fläschchen einen Schluck vom Wodka-
Feigen-Likeur. Als sie den Wodka-Feigen-Likeur hinunterschluckte, sah
ich ihren Adamsapfel zucken. Dann sang sie von der Auferstehung des
Fleisches.
25
Einzig ihre Lippen bewegten sich in ihrem Antlitz, wenn sie sang. Ihre
Antlitz war wie eine Totenmaske, weiß geschminkt von chinesischem
Reispulver.
26
Lilith nahm meine Hand, so gingen wir weiter. Die Großmutter des
Wahnsinns sah uns nach wie eine ewige Urgottheit allwissender
Vorsehung.
27
Da gab ich Lilith einen schwesterlichen Kuß auf die Wange.
28
Evi kehrt heim zu ihrer Ewigen Mutter.
29
Dunkle Nacht der Sinne, dunkle Nacht der Seele, dunkle Nacht des
Geistes! Mystisches Schweigen!
30
Ich lag zwischen den Felsenklippen des Strandes wie zwischen den Seiten
des Buches des Lebens. Mystisches Schweigen! Es ward aufgetan das
Buch des Ewigen Lebens!
31
Ich bin heimgekehrt zum Meere Maria, meiner Mutter! O Meer, o Mama,
o Maria!
32
Die Felsenklippen öffneten sich einen Spalt und wie in einem offenen
Mund saß da Lilith am rauschenden Meer.
33
Sie hob fragend ihre Augenbrauen, als wolle sie mir eine Rätselfrage der
Weisheit stellen: Was ist der Unterschied zwischen der Platonischen Liebe
und dem Ewigen Leben?
34
Lilith und ich saßen nebeneinander und schauten, wie die Wellenzungen
des Meeres am Felsen leckten, wie der Gischt aufspritzte. Es war, als spüle
Asien hier an den Strand. Lilith fragte mich, ob ich hier mit ihr zelten
wolle.
35
Ich wusste in meinem Herzen, dass Lilith in ihrem Herzen Mitleid mit mir
empfand, weil ich hier in der irdischen Verbannung leiden musste.
36
Da sah ich JESUS! Ich sah JESU verwundetes Herz! JESU verwundetes
Herz verblutete in der Passion der Liebe! In JESU liebeswundem
verblutendem Herzen sah ich die Liebeswunde der Ewigen Liebe! Die
Ewige Liebe schrie in namenloser Qual: Die Liebe wird nicht geliebt! Die
Liebe wird nicht geliebt! So starb Gott.
37
Maria, mütterliches Meer der Liebe, gebäre uns ins Ewige Leben!
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DIE PHILOSOPHIN LILITH
MOTTO
Die göttliche Muse gab mir einen überhimmlisch-süßen Kuss auf den Hals
– o göttlicher Kuss, o göttlicher Kuss – und hauchte mit ihrer mystischen
Stimme: Parmenides... Fichte... Die Einheit...
INHALT
Das Schwarze Loch und wie es zu stopfen ist – ein philosophischer Dialog
zwischen Lilith und Robert über den Durst und Hunger nach Liebe
Die Idee der Schönheit – ein philosophischer Dialog zwischen Lilith und
Josef über den Platonismus
Die Ewige Liebe – ein philosophischer Dialog zwischen Lilith und Willy
über die Lust, das Ewige Leben zu lieben
LILITH
The wild beasts of the desert shall also meet with the wild beasts of the
islands, and the satyr shall cry to his fellow, the SCREECH OWL also
shall rest there, and find for herself a place of rest.
Dort begegnen sich Katzen und wilde Hunde. Bocksgeister treffen sich
dort. LILIT rastet dort und findet für sich eine Ruhestatt.
And the wild-cats shall meet with the jackals, and the satyr shall cry to his
fellow; yea, the NIGHT-MONSTER shall repose there, and shall find her a
place of rest.
Wildkatzen und Hyänen treffen sich dort, ein Dämon ruft hier dem andern
zu. Selbst das NACHTGESPENST findet sich ein und ruht sich hier aus.
Wölfe und Marder werden einander begegnen und ein Dämon dem
anderen rufen. Ja, dort wird das NACHTGESPENST sich niederlassen und
eine Ruhestätte für sich finden.
LILITH wird gedeutet als personifizierte Nacht (von Layla), als weibliche
Göttin (Sumerische Göttin Lilitu, Göttin des himmlischen Windes), nach
dem mittelalterlichen jüdischen Kabbalismus als Erste Frau Adams oder
als Sie-Teufelin (Buhlteufelin und Kindermörderin), als Nachteule,
Nachtrabe oder als Nachtschwalbe. Die Übersetzungsangebote für das
sumerische Wort Lil oder Lilitu lauten: Windbraus oder Lotosblume. Der
jüdische Bibelübersetzer Martin Buber übersetzt Lilith mit „Lur“ und die
lateinische Übersetzung von Sankt Hieronymus übersetzt Lilith mit
„Lamia“.
Eines Tages gingen die Gefährten mit Rabbi Simon bar Johai. Rabbi
Simon sagte: „Wir sehen, dass alle diese heidnischen Völker sich erheben,
aber Gottes Volk Israel ist geringer als sie. Warum ist das so? Weil Gott,
der König, fortgeschickt hat die Matrone, die Herrlichkeit des Herrn, und
nahm die Sklavin Lilith als Braut an. Wer ist die Sklavin Lilith? Die Krone
der Fremden (The Alien Crown), deren erstgeborene Söhne getötet wurden
von Ihm, dem Heiligen, Einen, gebenedeit sei sein Name. Anfangs saß sie
hinter der Handmühle, und nun tritt diese Sklavin an die Stelle ihrer
Herrin!“ Rabbi Simon klagte und sprach: „Der König ohne die Matrone,
das ist nicht der rechte König! Der König, der der Sklavin Lilith huldigt,
welche die Dienerin der Matrone ist, wo ist sein Ruhm? Er verlor die
Liebe der Matrone und nahm die Sklavin Lilith an Ihrer Stelle als Braut an.
Diese Sklavin Lilith war berufen, das Heilige Land auf Erden zu
verwalten, wie die Matrone über das Heilige Land vom Himmel herrscht.
Aber der Heilige, der Eine, gebenedeit sei Er, wird schließlich die Matrone
wieder annehmen und ihr den Platz zur Rechten seines Thrones geben, wie
es im Anfang war. Wie wird dann der Jubel und das Jauchzen und
Frohlocken sein? Sprich! Es wird sein der Jubel und das Jauchzen und
Frohlocken des Königs, weil er zur Matrone zurückkehrte und sich trennte
von der Sklavin Lilith, und der Jubel und das Jauchzen und Frohlocken der
Matrone, der Herrlichkeit des Herrn, wird sein, dass sie heimkehrt zum
Herrn und wird in Liebe kopulieren mit dem König Gott.“
„Da versammeln sich die Bellenden und die heulenden Tiere und die
haarigen Tiere laden den Liebhaber ein und Lilith (der Nachtwind) wird
sich dort niederlassen und ihr Bett der Ruhe finden.“
Erstens.
Der historische Sinn der Bibelstelle scheint zu sein, dass die einst so
mächtige Stadt Edom jetzt in Trümmern liegt, so dass dort nur Wildkatzen,
Wildhunde, Schakale, Wölfe, Nachtraben, Nachteulen und andere wilde
Tiere hausen.
Zweitens.
Die persönliche Deutung, geliebte Freundin, könnte für dich sein: Hier, wo
die haarigen Tiere leben, wo sich die bellenden und heulenden Hunde
treffen, wo die Katzen leben, wo der Gast eingeladen wird, der Liebhaber
predigt, hier finde ich, die Gottesgeliebte Lilith, meine Ruhe, hier finde ich
mein Ruhebett, nämlich die Geborgenheit in den Armen Christi.
Drittens.
Bei dem geistlichen Sinn denke ich an die mystische Theologie. In einem
theosophischen Buch über die Gnadengabe der Melancholie fand ich, dass
Künstler, Philosophen, Dichter, Mystiker, welche von der Melancholie
oder Schwermut geplagt und gesegnet wurden, als „Kinder der Lilith“
bezeichnet werden. Da war zum einen Albrecht Dürer, welcher die
Melancholie gemalt als eine Muse der Weisheit. Da war der Philosoph und
Theologe Kierkegaard, der an der Gabe der Schwermut einerseits litt, zum
anderen sie als sein besonderes Charisma ansah. Dann wurde hingewiesen
auf den Heiligen Johannes vom Kreuz, dem Karmeliter-Mystiker, der von
der dunklen Nacht gesprochen. Diese Mystik der „DUNKLEN NACHT“
kann man auch als eine MYSTIK DER LILITH bezeichnen. Wenn Gott
einen mystisch begnadeten Menschen in die dunkle Nacht der Sinne führt,
dann wendet er sich von allen Äußerlichkeiten ab und wendet sich dem
Inneren zu. Wenn Gott die Seele in die dunkle Nacht der Seele führt, dann
wird die Treue zu Gott ganz rein, denn der Verstand und das Gefühl kann
Gott nicht mehr begreifen. Wenn Gott die Seele in die Nacht des Geistes
führt, dann reinigt sich die Liebe zu Gott durch die dunkle Nacht, in der
man vor Gott wie ein Idiot oder ein Wahnsinniger steht, zur reinen
brennenden Gottesliebe, zur lebendigen Liebesflamme. Hier wird Gott
erfahren in der DUNKLEN NACHT, hier wird Gott erfahren, wie der
heilige Dionysios Areopagita sagte, als das FINSTERE LICHT DER
GOTTHEIT. Denn die Geburt Christi geschah so, wie es im Buch der
Weisheit heißt: „In der Mitte der Nacht stieg Dein allmächtiges Wort vom
Himmel herab.“ Und Johannes spricht im Evangelium: „Das Licht scheint
in der Finsternis.“
Hier sehen wir zwei Lilim, nämlich einmal die göttliche Lilith, die
Schöpferin der Welt, und dann die irdische Lilith, die Eva im Garten Eden.
Wer ist die göttliche Lilith, die Schöpferin der Welt, und welches war ihre
undurchsichtige Rolle bei der Erschaffung der Welt? Ihr Name bedeutet
„Wind aus der Höhe“. Im Hebräischen heißt Wind „Ruach“, die Ruach ist
Windbraus und Geist. Ruach ha-kadosch heißt: Heiliger Geist – oder wie
die Feministinnen sagen: Heilige Geistin oder die Heilige Geistkraft, oder,
wie der amerikanische Poet Walt Whitman schrieb: Santa Spirita! Ein
Priester sagte einmal: Auch wenn ein Kind getauft wird „In nomina patria
et filia et spirita sancta“, ist die Taufe gültig. Lilith ist also die Sancta
Spirita oder die göttliche Ruach. Die göttliche Ruach schwebte im
Anbeginn der Schöpfung über dem Tohu-wa-bohu. Die göttliche Ruach
wird im Evangelium mit einer Taube des Friedens und der Liebe
verglichen. Das poetische Bild der göttlichen Ruach-Lilith ist also das
eines Windbrauses über dem Urmeer des Chaos oder das einer
schwebenden Taube, die das Welt-Ei ausbrütet. Sie ist die göttliche
Geistkraft, die dem Ur-Chaos die Gestalt des geordneten Kosmos (d.h.
Schmuckstück) gibt. Die Meere des Chaos heißen auf lateinisch „maria“,
darum wird das Bild des Anfangs der Schöpfung, nämlich dass die Taube
der heiligen Geistkraft über den Urmeeren „maria“ schwebt und
schöpferisch tätig ist, wieder aufgenommen am Anfang des Evangeliums,
da die Taube der heiligen Ruach über Maria schwebt und den
Gottmenschen schafft. Was also der Amerikaner preist als Sancta Spirita,
was der Syrer Ephraem, die Zither der heiligen Ruah, als heilige Ruah
preist, was Moses preist als Ruach ha-kadosch, das preist der sumerische
Liebesdichter als Göttin Lilith, die Schöpferin der Welt, die Taube der
Liebe, der Windbraus der heiligen Geistin.
Wer aber ist die Lilith, die aus dem Paradiesgarten der Inanna vertrieben
worden ist? Im mosaischen Buche Genesis heißt sie Eva, das heißt, die
Mutter alles Lebendigen oder der Ursprung des Lebens. Lilith ist also die
Eva vom Garten Eden, das heißt, dem Garten der Freude. Eva aber heißt
Ischah, das heißt Frau. Lilith ist also Ischah, die Frau. Das Wort für Mann
heißt Isch und wird mit einem Jota geschrieben, welches einem Komma
ähnlich sieht, einem kleinen Schwänzchen sozusagen, dieses Jota-
Schwänzchen macht den Mann zum Mann. Das Jota ist der Buchstabe J im
Gottesnamen Jahwe. Das Wort Ischah, also Frau, endet mit dem
Buchstaben He, der steht für den Heiligen Geist, denn das Wesen der Frau
ist es, Tempel des Heiligen Geistes zu sein. Das J des Mannes und das H
der Frau ergeben zusammen den Gottesnamen JAH, von dem Salomo sagt
„Die Liebe ist eine Feuerflamme in JAH.“ Die irdische Lilith ist also die
Frau, Tempel der heiligen Geistkraft, also der göttlichen Lilith. Die
göttliche Lilith als heilige Ruach ist das göttliche Urbild und die irdische
Lilith-Eva als Frau ist das Abbild oder der Spiegel oder der Tempel. Die
Lilith-Eva aber, die aus dem Paradiese vertrieben worden ist nach ihrer
Abwendung von der Weisung Jahwes, wird wieder eingelassen durch das
Ja-Wort der Neuen Eva, das ist Maria, welche auch DIE FRAU heißt. „I
am the Second Eve! My YES is for you!” Maria, also DIE FRAU, ist
Tempel des heiligen Geistes und Braut des Heiligen Geistes, ja, einige
sagen, sie ist gewissermaßen die Menschwerdung des Heiligen Geistes.
Maria, die Neue Eva, the Second Eve, DIE FRAU als Menschwerdung der
Heiligen Ruach, ist also gewissermaßen die Neue Lilith, nämlich
Menschwerdung der göttlichen Lilith, der Gottheit des Windbrauses vom
Himmel.
Also: Die göttliche Lilith, die Schöpferin der Welt, ist Ruach ha-kadosch
(Der Heilige Geist).
Die menschliche Lilith, deren poetischer Name bedeutet die Lotosblume,
ist Maria, die Neue Eva, die FRAU, die Menschwerdung des Heiligen
Geistes.
Gott schuf Adam aus dem Staub. Gott setzte Adam in den Garten Eden, wo
Adam den Tieren Namen geben sollte. Adam sah den Bock die Zicke
bespringen und sah den Stier die Kuh besteigen. Da bekam Adam große
Lust, denn er war potent. Aber er hatte keine Partnerin. Da befriedigte
Adam sich an der Zicke und bestieg auch die Kuh von hinten. Aber es
gefiel ihm nicht sehr. Da schrie Adam zu Gott: Gib mir eine Partnerin zur
Liebe! Gott erhörte Adam und schuf Lilith. Aber Lilith wurde nicht wie
Adam aus dem Staub geschaffen, sondern aus dem Schlamm. Lilith wollte
nun beim Sex die Stellung einnehmen, wie es im Matriarchat üblich ist, die
Stellung, die das Kama-Sutra „buttern“ nennt, wo die Frau auf dem Manne
sitzt und sie ihr Becken bewegt. Adam aber war puritanisch gesonnen und
bevorzugte die patriarchalische „Missionars-Stellung“. Immerhin kam es
noch dazu, dass Adam mit Lilith einen Dämon zeugte, Asmodäus, den
Ehe-Teufel. Dieser Ehe-Teufel Asmodäus hat in der Geschichte von Tobias
und Sara die sechs Freier der Sara in der Hochzeitsnacht getötet, bis er von
Tobias und dem Erzengel Raphael in die ägyptische Wüste am Roten Meer
ausgetrieben wurde. Übrigens hatte Lilith auch noch eine allerbeste
Busenfreundin, die ebenfalls eine Dämonin war, die hieß Naamah, das
heißt: Wohlgefällig, denn Naamah sang wohlgefällige Liebeslieder an die
Idole. Lilith, da Adam sie nicht buttern ließ, sondern auf der Missionars-
Stellung bestand, trennte sich von ihrem Lebensgefährten und floh in die
ägyptische Wüste am Roten Meer, wo sie mit dem Buhldämonen
Asmodäus, dem Ehe-Teufel, Dämonenkinder zeugte, die sogenannten
Lilim, die Kinder der Lilith. Die Göttin Lilith aber war nicht sterblich, da
sie ja vor Adams Sündenfall das Paradies schon verlassen hatte. Lilith
lebte fort und erschien den einsam lebenden Gottesmännern im Traum und
sog ihnen im Traum als Verführerin den Samen aus und zeugte mit dem
Samen geistige Dämonenkinder. Dem weisen Salomo erschien Lilith in der
Gestalt der schwarzen Königin von Saba, die Salomos Weisheit mit
tiefgründigen Fragen auf die Probe stellte. Auch die beiden Dirnen, die vor
Salomo erschienen, und ihn um ein Salomonisches Urteil wegen ihrer
Kinder baten, diese beiden Lustdirnen waren in Wahrheit Lilith und
Naamah. In der arabischen Tradition haben Lilith und Naamah allerdings
die Namen Lilith und Karina. Wenn ein Haus sich vor Lilith schützen will,
besonders einsame Gottesmänner, die fürchten, dass ihnen Lilith des
nachts im Traum als erotische Verführerin erscheint und ihnen den Samen
aussaugt, können sich schützen mit einem Amulett, auf dem geschrieben
steht: Adam und Eva! Weg mit Lilith! Da Lilith also nun durch die Träume
einsamer Gottesmänner schleicht, brauchte Adam eine neue Frau. Gott
schuf die Erste Eva. Gott bildete ihren Leib aus Muskeln und Sehnen und
Knochen und Fleisch und überzog alles mit Haut und führte die Erste Eva
dem Adam zu. Adam aber war nicht entzückt von dieser Ersten Eva.
Wohin diese Erste Eva verschwunden ist, ist mir nicht bekannt. Gott
versetzte daraufhin den Adam in eine Trance und nahm seine Seite – seine
bessere Hälfte – sein Innenleben – und formte daraus Eva, die Zweite Eva.
Als Gott den entzückendsten Körper der Zweiten Eva gebildet hatte,
schmückte er sie noch mit Lapislazulikettchen und Mondsteinohrringen,
mit Muschelarmbändern und silbernen Fußkettchen und Ringen an den
Fingern und Spangen im langen schwarzen Haar. Sonst trug die Zweite
Eva nichts, als all den Schmuck und den Schleier ihrer langen schwarzen
Haare. Adam sah die nackte Zweite Eva und war entzückt! Damals
entstand das erste Liebesgedicht der Welt, denn Adam ist der erste
Liebesdichter aller Zeiten, als er rief: Sie ist es! Sie ist die Seele meiner
Seele, ihr Leib passt haargenau zu meinem Leib! Adam und die Zweite
Eva passten so gut zusammen, wie die beiden Hälften eines Apfels. Daher
meinen die Theosophen auch, dass am Anfang der Mensch ein androgynes
Menschenwesen war, bestehend aus einer männlichen und einer
weiblichen Hälfte. Allerdings hatte Gott das androgyne Menschenwesen so
geschaffen, dass die männliche Hälfte und die bessere weibliche Hälfte
Rücken an Rücken mit einander verwachsen waren. So konnte das heilige
Paar sich schlecht bewegen, schlecht mit einander kommunizieren und
auch sonst schlecht mit einander verkehren. Darauf entschloß sich Gott in
seiner Barmherzigkeit, das androgyne Urwesen zu teilen in Mann und
Frau, das heißt in Isch und Ischah, namens Adam und Eva. Adam und Eva
lebte in paradiesischer Nacktheit im Garten Eden, aber Gott verbot ihnen,
sich sexuell zu vereinigen. So sagen Mythendichter. Hildegard von Bingen
allerdings sagte, dass Adam und Eva doch erotisch miteinander
kopulierten, allerdings nicht wie gewöhnliche Menschen, sondern so wie
der Sonnenstrahl die Luft liebt oder wie der Schmetterling den Duft der
roten Rose. Diese Göttin Eva nun wurde im Morgenland so sehr geliebt,
dass die Göttin Eva, von Moses Ursprung alles Lebens und Mutter aller
lebendigen Geschöpfe genannt, von dem hurritischen Stamm angebetet
wurde als hurritische Liebesgöttin Eva oder Heba, welche in göttlicher Ehe
lebt mit dem hurritischen Wettergott mit dem Donnerhammer,
gewissermaßen dem germanischen Thor. Diese hurritische Liebesgöttin
Heba wurde von den Griechen besungen als die ewigjugendliche Göttin
Hebe, die allerliebreizendste Göttin der ewigen Jugend im Himmel!
Robert:
Kennst du das schwarze Loch – ich meine, das in der Seele?
Lilith:
Und darum trinkst du soviel Wein, um das schwarze Loch zu stopfen?
Robert:
Ja, ich habe einen maßlosen Durst! Ja, wenn ich der liebe Gott wäre, hätte
ich anstatt des Weltalls ein Weinfass geschaffen und einen Becher so groß
wie den Mond.
Lilith:
Und kannst du mit dem Wein das schwarze Loch in der Seele stopfen?
Robert:
Ich habe nun einmal diesen Wunsch nach Rausch, nach Symbiose, nach
Ekstase, nach Erlösung.
Lilith:
Das kommt von der fehlenden Mutterliebe.
Robert:
Ja, ich habe Durst nach der Liebe.
Lilith:
Und ich habe Hunger nach Liebe.
Robert:
Das innere Kind will gestillt werden.
Lilith:
Ich habe Hunger nach der Schokolade. Oh, wenn so ein Schokoladenriegel
auf meiner Zunge schmilzt!
Robert:
Die Azteken-Priester gaben ihren Menschenopfern vor der Opferung
Kakao mit Drogenpilzen zu trinken.
Lilith:
Die halluzinogenen Drogen lösen Ängste bei mir aus.
Robert:
Ja, auch das Haschisch verzückt einen für einen Augenblick ins Paradies,
doch gleich danach stürzt man in die Hölle ab. Darin ist die wahre
Erfüllung nicht zu finden. Es ist ein illusionäres Glück. Es bleibt eine
gähnende Leere zurück.
Lilith:
Gibt nicht die Liebe allein Erfüllung?
Robert:
Ach, was als romantische Verliebtheit begann, das endet in einem
Alltagseinerlei. Man sagt: Mädchen, in der Ehe musst du dich daran
gewöhnen, mit deinem Ehemann in Gewöhnung zusammen zu leben, ja,
wenn es gut wird, wird der Ehemann dein Freund. Wenn du aber Liebe
suchst – so nimm dir einen Hausfreund!
Lilith:
In der Liebe sucht man immer, geliebt zu werden vom Geliebten, und wird
doch nicht geliebt.
Robert:
Aber der Sex! Da kann man doch nun endlich das schwarze Loch stopfen!
Lilith:
Ach, wenn dabei die Zärtlichkeit fehlt, das Vertrauen, die Geborgenheit...
Robert:
Ja, leider gibt auch der Sex nur einen flüchtigen Moment von Erfüllung,
und wie oft bleibt die Seele danach doch leer zurück. Wenn es überhaupt
Sex gibt.
Lilith:
Ja, wie viele Paare schlafen dann nach einiger Zeit in getrennten Betten.
Robert:
Ja, das innere Kind, das will immer noch von der Mutter gestillt werden.
Lilith:
Ja, das innere Kind, das will immer noch vom Vater in die Arme
genommen werden und Schutz und Geborgenheit finden.
Robert:
Der Physiker Blaise Pascal sagte, in der Seele ist ein allerinnerlichster
Raum, in welchem dieses schwarze Loch liegt, und dieser Raum kann nur
von Gott erfüllt werden. Dieses schwarze Loch ist so beschaffen, dass nur
Gott es stopfen kann.
Lilith:
Kann denn Gott eine Seele wirklich befriedigen?
Robert:
Ich weiß nicht, ob es eine totale Befriedigung und Erfüllung für immer
gibt, ich meine auf Erden. Ich glaube eher, nein, es gibt nicht diese
immerwährende Befriedigung und Sättigung auf Erden.
Lilith:
Ich war einmal so von Gottes Liebe erfüllt, dass ich die ganze Menschheit
liebte. Ich sah einmal den Inneren Christus in ehelicher Vereinigung mit
meiner Seele. Aber es waren besondere Momente. Diese gefühlte
Erfüllung blieb nicht für immer.
Robert:
Ja, ich kenne auch Momente, da ich wirklich ruhe in Gottes Schoß, aber
dann gibt es auch immer wieder diesen Durst nach Liebe...
Lilith:
Diesen Hunger nach Liebe...
Robert:
Ja, man vergleicht Gott mit dem Wein. Deine Liebe ist besser als Wein,
heißt es in der Bibel.
Lilith:
Ja, und es heißt, der Name Gottes sei süß wie Honig. Ich würde sagen:
Gott ist süßer als Schokolade.
Robert:
Aber wenn wir auf Erden schon vollkommen satt wären für immer, so
würden wir nicht mehr streben nach der Ewigkeit.
Lilith:
Ja, ich spanne einem Mann einen unstillbaren Durst vor, so dass er in Gott
hineingesogen wird.
Robert:
Ja, Gott spannt uns zwei Pferde vor den Wagen unserer Seele, diese zwei
Pferde sind der Hunger und der Durst nach Liebe, nach Ewigkeit, nach
Gott.
Lilith:
Gott wird mich dann aber ganz befriedigen.
Robert:
Ja, die Ewige Liebe wird mich ganz befriedigen, aber nie übersättigen,
sondern ewig wird die schmachtende Sehnsucht sein und ewig die
erfüllende Befriedigung.
Lilith:
Im Paradiese wird das schwarze Loch vollkommen gestopft und dennoch
bleibt immer das schmachtende Seufzen des schwarzen Loches, immer
und immer wieder von Gott gestopft zu werden, Ewigkeit um Ewigkeit.
Robert:
Und weil Gott weiß von diesem Hunger nach Gott und diesem Durst nach
Gott, hat Gott seine eigene Trunkenheit zu einem Trank für die Seele
gemacht und seinen eigenen Ätherleib zu einer Himmelsspeise, welche
Salomo die süß-schmelzende Himmelsspeise nennt, die jedem anders
schmeckt.
Lilith:
Ja, in diese süß-schmelzende Himmelsspeise des Corpus Christi war auch
Sankt Evi verliebt.
Robert:
Jesus sagte: Wer von meinem Fleisch isst, den wird nie mehr hungern.
Lilith:
Sophia spricht: Wer von meiner Frucht speist, wird immer wieder nach mir
verlangen.
Robert:
Nun haben wir ja richtig philosophiert.
Lilith:
Ich will jetzt tanzen!
Josef:
Heute ist der zweite November. Es ist Allerseelen-Tag und dein
Geburtstag, Geliebte, du Seele von der Weltseele. Was wünschst du dir
zum Geburtstag?
Lilith:
Laß uns über die Idee sprechen.
Josef:
Ich habe zwar schon graue Haare im Bart und du bist reizender als jedes
sechzehnjährige Mädchen, darum bist du auch mein Liebling, aber ich
kann leider gar nicht mehr denken.
Lilith:
Sagten nicht die Vorsokratiker, dass es das Viele gar nicht gäbe, sondern
nur das Eine, Ewig-Seiende? Ich denke, Parmenides hat dich bezaubert mit
seinem philosophischen Gedicht, da der Philosoph durch die dunkle Nacht
pilgert zum Thron der Göttin der Weisheit.
Josef:
Ja, daher stammt die Lehre, wahrhaft seiend sei allein das Eine.
Lilith:
Nun gibt es allerdings die Begriffe von Ähnlichkeit und Unähnlichkeit.
Und ich habe teil an den Begriffen der Ähnlichkeit und Unähnlichkeit...
Josef:
Ja, indem du Gott ähnlich bist, dem Bösen aber unähnlich...
Lilith:
Und so hast du teil an den Begriffen der Ähnlichkeit und Unähnlichkeit...
Josef:
Ja, da meine Liebe der Liebe eines Hundes ähnlicher ist als der Liebe eines
reinen Geistes...
Lilith:
Und alle Dinge, die das Viele bilden, haben teil an Ähnlichkeit und
Unähnlichkeit.
Josef:
Ja, jedes Ding hat eine Ähnlichkeit, wie ein Lichtteilchen eine Ähnlichkeit
hat mit seinem verschränkten Lichtteilchen, und wie die Seele eine
Seelenzwillingsschwester hat.
Lilith:
Wenn man sagt, das Eine sei eins, weil es eine innere Einheit habe, halte
ich das für einen guten Begriff. Wenn man sagt, das Viele sei vielfältig,
weil es aus einer Menge besteht, scheint mir das auch klar. Wenn man aber
sagt, das Eine sei Vieles und das Viele sei Eines, scheint mir das paradox
zu sein.
Josef:
Aber du bist ja auch Eins und Vieles. Denn du bist Eine Persönlichkeit,
also bist du Eins, aber du hast Augen, Lippen, Brüste, Schenkel, also eine
Vielheit, also bist du auch eine Vielheit.
Lilith:
Ja, ich bin Eine Person, diese Eine Person ist Eins. Aber die Vielheit
meiner körperlichen Glieder...
Josef:
Der Brüste! Der Schenkel!
Lilith:
Diese vielen Glieder sind viele, also Vielheit. Aber die eine Einheit als
Eins ist darum nicht identisch mit der Vielheit des Vielen. Eins ist Eins und
Vieles ist Vieles. Unlogisch ist es zu sagen, Eines sei Vieles und Vieles sei
Eines.
Josef:
Aber du, Geliebte, bist Eins und Vieles.
Lilith:
Ja, ich bin Eins und Vieles, aber das Eine meines Eins ist Eins und das
Viele meines Vielen ist Vieles. Aber das Eine ist nicht das Viele.
Josef:
O Lilith, wenn ich dich philosophieren höre, kommt mir wieder ein
Lächeln auf die Lippen. Denn ich freue mich, dass du so ernsthaft die
göttliche Wahrheit suchst!
Lilith:
Schon als junges Mädchen sagte ich mir: Ich will weise werden!
Josef:
Du hast nun über die Ähnlichkeit gesprochen. Ich sprach von deiner
Ähnlichkeit mit Gott...
Lilith:
Und du sagtest, deine Liebe habe mehr Ähnlichkeit mit der Liebe eines
Hundes als mit der Liebe eines reinen Geistes...
Josef:
Wir haben also Ähnlichkeiten an uns. Aber gibt es auch eine Ähnlichkeit
an-und-für-sich? Eine abstrakte allgemeine Ähnlichkeit, unabhängig von
deiner Gottähnlichkeit und meine Hunde-Ähnlichkeit, die wir so an uns
haben?
Lilith:
Wie könnten wir von unsern konkreten Ähnlichkeiten sprechen, wenn wir
nicht einen allgemeinen abstrakten Begriff von Ähnlichkeit kennen
würden?
Josef:
Du bist nun eben schön! Deine Haare sind schön, dein Antlitz ist schön,
deine Augen, deine Nase, deine Wangen, dein Mund, deine Brüste sind
schön, dein Popo ist schön!
Lilith:
Du sagst immer so nette Sachen!
Josef:
Aber gibt es auch eine allgemeine Schönheit als Begriff, als Idee,
unabhängig von der konkreten Erscheinung an dir oder an einer roten
Rose?
Lilith:
Wie würdest du denn die vielen schönen jungen Mädchen, die du alle
schön findest, als Schönheiten erkennen, hättest du nicht in deinem Geist
einen allgemeinen abstrakten Begriff dessen, was Schönheit an-und-für-
sich ist?
Josef:
Und nun gibt es also schöne Frauen und hässliche Frauen, kluge Frauen
und törichte Frauen, junge Frauen und alte Frauen, gutgebaute Frauen und
dürre Frauen, heilige Frauen und sündige Frauen. Gibt es denn auch den
Begriff, die Idee der Frau, unabhängig von den konkreten vielen Frauen?
Lilith:
Die Idee der Frau, die Frau der Frauen, ist das Ewigweibliche, das die, die
da singen und küssen, hinanzieht zur Ewigen Liebe!
Josef:
Nun gibt es aber Scheiße von Kindern, Scheiße von Greisen, Scheiße von
Hunden, von Katzen, von Kaninchen, von Tauben und Amseln, von
Pferden und Kühen und viele andere konkrete Formen von Scheiße. Gibt
es nun auch eine allgemeine Idee der Scheiße?
Lilith:
Von einer Idee der Scheiße zu reden, scheint mir einfach absurd!
Josef:
Wieso? Das ist unlogisch!
Lilith:
Ich spüre das! Ich fühle das! Ich weiß intuitiv, dass es keine Idee der
Scheiße gibt!
Josef:
Geliebte, du philosophierst wie eine Frau! Was du sagst, ist nicht logisch.
Du philosophierst mit dem Bauch! Allerlei Meinungen können deine
Gefühle bewegen, aber man philosophiert nicht mit dem intuitiven Gespür
oder dem Geschmack der Gefühle.
Lilith:
Und du sprichst auch gar nicht wie ein feiner Theosoph, sondern wie ein
betrunkener Rotwein-Säufer!
Josef:
Du glaubst also an die Idee der Schönheit, durch welche alles Schöne
schön ist, an die Idee der Güte, durch die alle Gütigen gütig sind?
Lilith:
Ja, wenn es nicht die absolute Schönheit an sich gäbe, würden wir keine
Rose und keinen Schmetterling als schön erkennen und auch keinen
Mann...
Josef:
Ob es schöne Männer gibt, davon weiß ich nichts. Was aber die Frauen
betrifft! Und da muss ich dich denn fragen: Ist denn die absolute Idee der
Schönheit gegenwärtig in jeder schönen Frau? Denn dann wäre ja die eine
absolute Schönheit in zwei Teile geteilt – denn du bist schön und Maria ist
auch schön! So wäre die eine absolute Schönheit ja geteilt!
Lilith:
Ich denke mir die Idee der Schönheit wie ein überhimmlisches Wesen mit
einem Sternenmantel, den Sternenmantel wie einen Schutzmantel über alle
schönen Frauen breitend.
Josef:
Wenn nun unter dem Schutzmantel der absoluten Schönheit eine Anzahl
von schönen Frauen wäre, so steht Maria unter dem Teil des
Sternenmantels, wo das Sternbild der Jungfrau eingestickt ist, so steht
Karina unter dem Teil des Sternenmantels, wo das Sternbild der Waage
eingestickt ist, so stehst du unter dem Teil des Sternenmantels, wo das
Sternbild des Skorpions eingestickt ist. Wäre dann nicht von der einen
absoluten Schönheit ein anderer Teil über Maria und ein anderer Teil über
dir?
Lilith:
Ja, Maria sieht ja auch anders aus als ich.
Josef:
So wäre also die eine absolute Schönheit in so viele Teile geteilt, wie es
schöne Frauen gibt und jede schöne Frau hätte an sich nur einen Teil der
einen absoluten Schönheit. Und so wäre der Schutzmantel der absoluten
Schönheit ja mehr einem Flickenteppich gleich. Wenn die absolute
Schönheit nun aus so vielen Teilen besteht, wie es schöne Frauen gibt,
kann man dann noch von der Einen absoluten Schönheit reden?
Lilith:
Jetzt wird es schwierig.
Josef:
Wie kommt denn überhaupt die absolute Idee der Schönheit in die schöne
Maria, in die schöne Karina und in die wunderschöne Lilith?
Lilith:
Ich denke, die Schönheit ist wie ein Gedanke, der im Innern der Seele
existiert.
Josef:
Du findest doch Ponys schön! Aber Ponys können nicht denken. Wie soll
denn da die Schönheit als Gedanke in ihrer Seele existieren? Oder ist die
Schönheit des Ponys ein Gedanke in der Seele des Ponys, das nicht denken
kann?
Lilith:
Was weißt du, dass Ponys nicht denken können?
Josef:
Aber jener magische Malachit dort auf deinem Hausaltar, hat der auch
seine Schönheit als Gedanke in der Seele? Oder meinst du, dass Steine
Seelen haben und womöglich gar denken können?
Lilith:
Das wage ich so nicht zu behaupten.
Josef:
Wie kommt denn nun die absolute Schönheit in deine konkrete Schönheit?
Lilith:
Ich denke, die Idee der Schönheit ist das göttliche Urbild und Marias
Schönheit das geschöpfliche Abbild.
Josef:
Wenn nun das Abbild nachgebildet ward dem Urbild und in der
Ähnlichkeit mit dem Urbild gebildet wurde, dann ähnelt doch
notwendigerweise deine Schönheit der absoluten Schönheit! (Und das war
es, was ich beweisen wollte.)
Lilith:
Aber so weit würde ich nicht gehen, das zu behaupten.
Josef:
Es ist doch schwierig, von der absoluten Idee der Schönheit so zu
sprechen, dass es Hand und Fuß und andere wichtige Glieder hat. Sage
mir, Lilith, wenn du von der absoluten Idee der Schönheit sprichst, meinst
du dann, dass diese absolute Schönheit in der Natur nirgends in
Vollkommenheit evident ist?
Lilith:
Ach leider ja.
Josef:
Wie kann dann ein weiser Mann die absolute Schönheit schauen und
erkennen und genießen? Müssen wir vielleicht bekennen, dass allein Gott
die absolute Schönheit schauen, erkennen und genießen kann?
Lilith:
Ja, die absolute Schönheit ist eins mit Gott.
DIE EWIGE LIEBE
Lilith:
Wie kann man glücklich sein?
Willy:
Das Leben ist Glückseligkeit. Unsälig ist allein der Tod.
Lilith:
Was heißt es, wahrhaft zu leben?
Willy:
Wahrhaft zu leben, heißt glückselig zu sein. Unsälig sein heißt, Anteil zu
haben am Nichtsein.
Lilith:
Warum heißt es, selig zu sein, wenn man lebt?
Willy:
Weil alles Leben aus Liebe existiert und Liebe ist Seligkeit.
Lilith:
Was ist denn Liebe?
Willy:
Ich schenke mein Ich deinem Du und du schenkst dein Ich meinem Du und
Ich und Du bilden eine höhere Einheit.
Lilith:
Und das nennst du Glück?
Willy:
Ja, die Liebe allein ist das Glück.
Lilith:
Kann man im Leben nicht unglücklich sein?
Willy:
Das wahre Leben ist Glückseligkeit. Unsälig ist nur ein Scheinleben,
welches dem Tode näher steht.
Lilith:
Manchmal frage ich mich, ob ich wirklich und wahrhaft lebe.
Willy:
Es gibt ein Scheinleben, eine Mischung aus Tod und Leben. Dieses
Scheinleben ist halb Leben, halb Sterben.
Lilith:
Wer bin ich und wie werde ich wahrhaft lebendig?
Willy:
Du bist, was du liebst. Sage mir, was du begehrst und liebst, und ich sage
dir, wer du bist.
Lilith:
Woran erkannt man, was einer liebt?
Willy:
An seinem Leben, denn der Mensch lebt das, was er liebt.
Lilith:
Wenn aber ein Mensch gar nicht sagen kann, was er liebt?
Willy:
Weil er nicht liebt! Und weil er nicht liebt, darum lebt er in Wahrheit gar
nicht!
Lilith:
Was aber ist nun das Sein?
Willy:
Das Sein ist keine starre abstrakte Idee, sondern das Sein ist pure
Lebendigkeit.
Lilith:
Was ist der Unterschied von Sein und Nichtsein?
Willy:
Das Sein ist Leben in purer Lebendigkeit und das Nichtsein ist der Tod, die
absolute Leere.
Lilith:
Und wenn sich Sein und Nichtsein mischen?
Willy:
Diese schlechte Ehe von Leben und Tod erzeugt ein Scheinleben, das wie
ein unaufhörliches Sterben ist.
Lilith:
Wenn du das Sein sprechen lassen könntest, was würde das Sein sagen?
Willy:
Sum!
Lilith:
Was heißt das?
Willy:
Das heißt: Ich bin! Das Sein allein kann von sich sagen, dass es wahrhaftig
existiert.
Lilith:
Aber wie ist dieses Sein?
Willy:
Es ist ohne Anfang und ohne Ende, es ist das Ewige Sein.
Lilith:
Und dieses Ewige Sein ist das Leben?
Willy:
Das Ewige Sein ist das Ewige Leben.
Lilith:
Und gibt es nur Ein Ewiges Sein?
Willy:
Ja, Ein Ewiges Sein, das heißt Ein Ewiges Leben, das heißt Eine Ewige
Liebe.
Lilith:
Wie ist der Name dieser Einen Ewigen Liebe?
Willy:
Man nennt sie – Gottheit!
Lilith:
Und wer diese Gottheit nicht liebt?
Willy:
Der setzt an die Stelle der Gottheit die falschen Götzen der Geschöpfe und
Dinge.
Lilith:
Was geschieht, wenn man seine Liebe den Dingen zuwendet?
Willy:
Man ist unsälig.
Lilith:
Und wenn man die Gottheit liebt?
Willy:
Dann hat man das Ewige Leben.
Lilith:
Hat man es jetzt schon oder erst nach dem Tod?
Willy:
Wer die Gottheit liebt, der hat das Ewige Leben jetzt – and for ever!
Lilith:
Und kann man nicht selig leben, wenn man die schönen Dinge der Welt
liebt?
Willy:
Wer die schönen Dinge der Welt liebt, die allesamt aus dem Nichtsein
stammen und vergänglich sind, der liebt nur Schein, nicht Sein. Und wer
Schein liebt, der lebt ein Schein-Leben. Wer aber ein Schein-Leben lebt,
der ist in Wahrheit tot.
Lilith:
Wenn aber einer die Gottheit liebt, wie ist sein Leben dann?
Willy:
Genuss in vollen Zügen! Das große Glück! Der Höhepunkt der Lust!
Lilith:
Aber die Sehnsucht! Kennst du die Sehnsucht?
Willy:
Alles Seiende kennt die Sehnsucht, die Sehnsucht nach der Ewigkeit!
Lilith:
Wonach sehnt man sich mit dieser Sehnsucht?
Willy:
Nach dem Ewigen Leben in Fülle!
Lilith:
Kann nichts anderes den Menschen befriedigen?
Willy:
Den wahren Menschen kann nichts anderes befriedigen als das Ewige
Leben in Fülle!
Lilith:
Und ist das Ewige Leben unerreichbar?
Willy:
Nein! Ergreife das Ewige Leben! Das Ewige Leben bietet sich an! Das
Ewige Leben ist willig, sich mit dir zu vereinigen!
Lilith:
Was meinst du mit Vereinigung?
Willy:
Die Vereinigung mit der Gottheit – jetzt – ist Vereinigung mit dem Ewigen
Leben wie mit der geliebtesten Geliebten!
Lilith:
Und das nicht erst nach dem Tod im Himmel?
Willy:
Nein! Auf Erden schon im Paradies! Tägliche Vereinigung mit der
Geliebten, dem Ewigen Leben!
Lilith:
Amen.
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Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
EVA-SOPHIE
Trink! Zeche wie ein Zecher beim Zechgelage! Trinke die Mayim (die
Wasser) aus deinem Brunnenloch und die Fluten aus der Mitte deiner
Quelle! Lass deine Mayanah, deine Quelle, deine Fontäne sich ergießen
und verschütten und überfließend ausbreiten in die Gassen und die Ströme
der Mayim, der Wasserbäche, die breite offne Piazza erfüllen! Habe du sie
allein und kein verhurter Fremdling mit dir! Deine Bornquelle wie ein
überströmender Schoß sei gebenedeit, auf Knieen verehrt und gepriesen!
Juble, jauchze und frohlocke über deine Ischschah, deine Fraue der
Jugend! Sie ist liebevoll wie ein Hirschkuh (nach der Melodie: Die
Hirschkuh, die morgens früh in der Morgenröte gejagt wird)! Sie ist
graziös, charmant, elegant, lieblich, kostbar, deine bevorzugte Favoritin,
wie die schwarze Zicke (vom Berge Gilead)! Lass dich von ihren
liebreichen Brüsten (den Nippeln ihrer Zitzen) allezeit, immer, zu jeder
Gelegenheit befriedigen! berauschen! betrunken machen! stillen und
sättigen! Und bade dich in ihrer Milch und laß dich ganz durchtränken!
Und lass dich betören! verzaubern! verhexen und wahnsinnig machen!
Und lass dich kontinuierlich und täglich verführen von ihrer Ahabah, von
ihrer göttlichen Liebe (der Liebe des Menschen zum Menschen, der
rechten Selbstliebe, der Liebe zwischen Mann und Frau, der sexuellen
Vereinigung von Mann und Frau, der Liebe Gottes zu seiner Kirche!)
GRIECHISCHE SOPHIA
SCHOSCHANNAH
ODER DIE EWIGE ROSE
Ich möchte dir von der Ewigen Rose erzählen, die schon in der Vor-Welt,
vor der Schöpfung, im Garten Gottes und im innersten Wesen Gottes als
Potentialität erblühte.
In der Ewigen Rose verbirgt sich Gott. Gott verbirgt sich in der Ewigen
Rose, damit Menschen zu Wahren Menschen werden.
Die Ewige Rose hat 13 Blütenblätter, die abwechselnd rot und weiß sind,
sechs rote und sechs weiße, das 13. Blütenblatt ist transparent wie
Christall.
Die Zahl 13 stellt die 13 Worte in der Genesis dar, die über die Schöpfung
gesagt werden, bis der Name Elohim – Gottheit – genannt wird, 13
Schöpfungsworte, das 13. Schöpfungswort ist Ruach (femininen
Geschlechts, es bedeutet Heiliger Geist).
Wenn der Name der Gottheit – Elohim – zum 3. Mal genannt wird, ertönt
das erste Schöpferwort: Jhehi Or! Fiat Lux! Es werde Licht!
Jetzt, in der Endzeit, wo der Ursprung der Welt wiederkommen will zur
Welt, stehen wir an der Schwelle einer Neuen Schöpfung und erinnern uns
an die Erste Schöpfung.
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Die Zahl 6 bedeutet: Sch-Sch. Die Zahl 6 besteht aus der doppelten 3, der
Zahl Gottes, der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Die doppelte 3, die als 6
erscheint, ist die Polarität von Mann und Frau, von Himmel und Erde, von
Geist und Materie, von oben und unten. Die Zahl 6 bezeichnet auch die 6
Schöpfungstage bis zur Sabbath-Ruhe Gottes.
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Die 12 Stämme Israels wurden durch die Aufteilung des Stammes Josef in
die beiden Stämme Ephraim und Manasse zu 13 Stämmen. Aus Israel geht
der Messias hervor. So hat der Messias Jesus 12 Apostel berufen und ist als
der Meister der 12 Apostel der 13. Die Zahl 13 wird verzehnfacht zur Zahl
130 und bezeichnet Sulam. Sulam ist aber die Himmelstreppe, die Jakob
im Traum gesehen.
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Aber die Ewige Rose, die Schoschannah genannt wird, hält sich selbst
verborgen bis zum 13. Tag. Der 13. Tag ist der Tag der Selbstoffenbarung
der Ewigen Rose. So ist der 13. Tag des Monats der Tag Unsrer Lieben
Frau von Fatima.
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Die Ewige Rose ist schon vor der Schöpfung der Welt im Geiste Gottes
existent als Idee und bewahrt in ihrem Schoß die Schöpfung. Man kann
ihren Sinn nicht begreifen, denn die Ewige Rose ist die Mystische Rose.
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Die rote Rose symbolisiert die leidenschaftliche Liebe – die Passion des
Messias und die Com-Passio der Mutter des Messias. Der Mensch geht
durch Leiden und Schmerzen hindurch, er trägt die Dornenkrone. Die
Mutter des Messias trägt den Messias durch den Dornenwald, der seit 7
Jahren keine Rosen getragen hat. Aber als die Mutter des Messias den
Messias durch den Dornenwald trägt, beginnen die Rosen zu blühen. Der
Messias und Befreier dringt mit dem Schwert des Wortes Gottes durch den
Dornenwald des Todes und schlägt den Weg frei zum Ewigen Rosengarten
des Ewigen Lebens. Nun ist der Blick frei auf den Paradiesesgarten, den
Rosenhag. Hier wird den Menschen das Mysterium der Ewigen Rose mit
den 13 Blütenblättern offenbart, es ist die feurige und reine Liebe des
Herzens der Mutter des Messias.
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Die makellose und brennende Liebe des Herzens der Mutter des Messias
lässt die Ewige Rose Schoschannah erblühen. Nun offenbart sich auch das
Mysterium des 13. Blütenblattes, welches die Ausgießung des Heiligen
Geistes im Pfingsten der Liebe ist.
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In den letzten Tagen wird sich die Ewige Rose transformieren und zu
einem reinen Diamanten werden. Das ist der Anbeginn des Reiches Christi
auf Erden.
Es scheint gerade jetzt ein Gespräch mit mir gut zu sein, um zu bekennen,
was ich weiß über diese Jungfrau, damit andere, die jetzt da stehen, wo ich
einst stand, und wollten sie auch nicht, das würden, was ich wurde, und
das glauben, was über diese Jungfrau geschrieben steht.
Ich glaube an einen Prozess der Entwicklung der Apostolischen Wahrheit
im Laufe der Zeit. Ich will diese Entwicklung nicht ersetzen, sondern
zeigen, wie die Väter den Apostolischen Glauben erläutern und ergänzen.
Und vor allem mit der Lehre der heiligen Väter über die Jungfrau bin ich
zufrieden. Die Kirchenväter sind genug für mich.
Ich gebe voll und ganz zu, dass die Verehrung der heiligen Jungfrau unter
den Katholiken von Jahrhundert zu Jahrhundert zunahm, dass die Lehre
über sie ein Wachstum erlebt hat, aber ich glaube auch, dass die Verehrung
der heiligen Jungfrau von Anfang an zur Substanz des christlichen
Glaubens gehörte.
Der Glaube ist immer und überall derselbe, aber Gott gewährt eine Freiheit
der Hingabe und des privaten Urteils und der Zuneigung zur heiligen
Jungfrau.
Ich erinnere mich, dass mein Beichtvater, ein Jesuit, einer der heiligsten
und klügsten Männer, die ich je kennen lernte, einmal sagte, dass wir die
Jungfrau nicht zu sehr lieben, wenn diese Liebe zur Jungfrau unsere Liebe
zum Herrn um so mehr vertieft.
Was ist nun die Hauptlehre über Sie? Rudimentäre Lehre nenne ich die
Lehre, die ihre Person und ihr Amt in den Grundzügen festlegt, den
Aspekt, als welcher sie zu uns kommt. Sie ist die Zweite Eva. Nun lasst
uns überlegen, was das bedeutet. Eva hatte eine wesentliche, bestimmte
Position im Alten Bund. Das Schicksal der Menschheit lag in Adam. Adam
war es, der die Menschheit stellvertretend darstellte. In Adam sind wir alle
gefallen. Selbst wenn Eva gefallen wäre, Adam aber standhaft geblieben
wäre, hätten wir alle unsere übernatürlichen Privilegien nicht verloren, die
dem Vater Adam geschenkt waren als dem Ersten der Menschen. Obwohl
also Eva nicht die Spitze des Geschehens war, hatte sie dennoch im
Geschehen ihre eigne Position. Adam, den Gott berechtigt hatte, alles zu
benennen, nannte Eva: Mutter aller Lebendigen, ein großer Name, der
nicht allein ein Faktum spiegelt, sondern ein Würdetitel ist. Mit diesem
Würdetitel hatte Eva einen allgemeinen eignen Bezug zum
Menschengeschlecht. So hat Eva auch ihre eigne Rolle in Bezug auf den
Fall der Menschen in Adam. An dem urzeitlichen Geschehen hatte Eva
einen integralen Anteil. Die Frau, die verführt wurde, war in der
Übertretung. Sie lauschte dem bösen Engel, sie bot die Früchte ihrem
Mann an und er aß. Sie kooperierten, nicht als unverantwortliche
Instrumente, sondern innig und persönlich in der Sünde, die sie ihm
brachte. Wie die Geschichte geschrieben steht, war Eva die positive, aktive
Ursache des Falles. Und so hatte sie auch ihren eigenen Anteil an der
Strafe. Sie war anerkannt als echte Agentin der Versuchung und dem
entsprechend war auch ihr Leiden. In diesem schrecklichen Geschäft gab
es drei Personen: Die Schlange, die Frau und den Mann. In dem Zeitpunkt
ihrer Bestrafung wurde zugleich eine Zukunft angekündigt, in der wir die
drei Personen wiederfinden, die Schlange, die Frau und den Mann. Ss
werden nämlich kommen ein Zweiter Adam und eine Zweite Eva und zwar
wird die Neue Eva die Mutter des Neuen Adam sein. Gott sprach zur
Schlange: „Ich setze Feindschaft zwischen dir und der Frau, zwischen
deinem Samen und ihrem Samen.“ Der Same der Frau ist das
fleischgewordene Wort, und die Frau, deren Same oder Sohn der
inkarnierte Logos ist, ist Seine Mutter Maria. Diese Interpretation und
diese Parallele scheint mir unbestreitbar. Auf jeden Fall (und hierum geht
es mir heute) ist diese Parallelität die Lehre der Kirchenväter von den
frühesten Zeiten an. Wir sind in der Lage, durch die Position und das Amt
Evas beim Fall zu gelangen zu Position und Amt Marias bei der
Restaurierung der Menschheit.
Ich werde also Passagen anführen aus den Schriften der Kirchenväter. Was
sie da vortragen, ist zugleich die Lehre, die sie selbst empfangen haben
von der vorherigen Generation. Diese Lehre wurde angenommen und
anerkannt als Wahrheit durch die Zeugen, die diese Wahrheit überliefert
haben.
Zuerst nenne ich Justin den Märtyrer (120-165 n.Chr.), Sankt Irenäus (120-
200) und Tertullian (160-240). Tertullian repräsentiert Afrika und Rom,
Sankt Justinus steht für Palästina, Sankt Irenäus repräsentiert Kleinasien
und Gallien, oder genauer: Er repräsentiert Sankt Johannes den
Evangelisten, denn Irenäus war unterwiesen worden in der Lehre von
Sankt Polykarp dem Märtyrer, der ein intimer Mitarbeiter des heiligen
Johannes gewesen ist und auch die andern Apostel kannte.
Sankt Justinus der Märtyrer schrieb: Wir wissen, dass Er vor allen
Kreaturen ging hervor aus dem Vater durch Seine Kraft und Seinen Willen,
und dass Er durch die Jungfrau Mensch geworden ist, damit der
Ungehorsam, der von der Schlange ihren Anfang nahm, auf diese Weise
aufgehoben werde. Denn Eva war eine Jungfrau, unbefleckt von Sünden,
sie empfing das Wort der Schlange und brachte so Ungehorsam und Tod in
die Welt, aber die Jungfrau Maria in der Seligkeit ihres Glaubens, als der
Engel ihr die Botschaft brachte, dass der Geist des Herrn solle über sie
kommen und die Kraft des Höchsten sie überschatten und der Heilige, der
von ihr geboren werden sollte, werde Gottes Sohn sein, da antwortete die
Jungfrau Maria: So sei es! Es geschehe mir, wie du gesagt hast!
Tertullian schrieb: Gott wollte wieder sein Bild und Gleichnis, welches der
Teufel ergriffen hatte, Seinem Rivalen abjagen! In Eva, als sie noch eine
Jungfrau war, hatte sich eingeschlichen das Wort des Todes, dessen
Verfasserin die Schlange war. Ebenso in eine Jungfrau eingeführt ward das
Wort, das Gott war, der Logos, der Architekt des Universums, der
Bildhauer des Lebens, damit, wie vom weiblichen Sexus Verderben
ausging, von demselben weiblichen Sexus das Heil der Menschen kommt!
Eva hatte der Schlange geglaubt. Maria hatte dem Erzengel Gabriel
geglaubt. Der Fehler, den die eine Frau beging, wurde durch die andere
Frau wiedergutgemacht.
Sankt Irenäus schrieb: Fit im Glauben, ward die Jungfrau Maria gehorsam
erfunden und sprach: Siehe, ich bin deine Magd, o Herr, sei es mit mir
nach deinem Wort! Aber Eva war ungehorsam. Sie gehorchte nicht, als sie
noch eine Jungfrau war. Sie war in der Tat mit dem Mann Adam
zusammen, aber sie war noch Jungfrau. Ungehorsam, wurde Eva die
Todesursache für sich selbst und für die ganze Menschheit. So ist Maria
mit dem ihr vorherbestimmten Mann, da sie Jungfrau war, gehorsam
gewesen und wurde sowohl für sich als für das ganze menschliche
Geschlecht die Ursache des Heils. Darum spricht der Herr: Die Ersten
werden die Letzten sein und die Letzten werden die Ersten sein. Und der
Prophet bestätigte dasselbe mit den Worten: An die Stelle deiner Väter
werden deine Söhne treten. Der Herr, als Mensch geboren, war der
Erstgeborene von den Toten und trug in seinem Herzen alle Väter des
menschlichen Geschlechts und erneuerte sie in dem Leben Gottes. So
wurde Er der Anfang des Lebens, wie Adam Anfang des Sterbens war.
Darum führt auch Lukas das Geschlechtsregister des Herrn auf Adam
zurück, was bedeutet, dass Jesus die Väter erneuerte, und nicht die Väter
Ihn, dass Er sie regenerierte in dem Evangelium des Lebens. Den tödlichen
Knoten, den Evas Ungehorsam geknüpft hatte, ward aufgelöst durch
Marias Gehorsam. Was die Jungfrau Eva durch Unglauben gefesselt hatte,
ward durch den Glauben der Jungfrau Maria befreit.
Und weiter schrieb Irenäus: Als Eva durch die Reden eines gefallenen
Engels verführt worden war, vor Gott zu fliehen und Sein Wort zu
übertreten, empfing Maria die Freudenbotschaft durch den heiligen Engel
Gottes, dass sie Gott tragen werde in sich, weil sie Gott gehorsam war. Der
Jungfrau Eva ist die Jungfrau Maria zur Advocatin geworden. Wie von
einer Jungfrau alle menschlichen Rassen an den Tod gefesselt wurden, so
wurde von einer Jungfrau ein heiliger Überrest bewahrt und gerettet. So
wurde der Jungfrau Ungehorsam durch der Jungfrau Gehorsam erlöst.
Jesus saugt mächtig. Sein rechter Arm ist muskulös. Der Knabe weiß, wie
gemolken wird.
Berauscht von der heiligen Milch, schläft der göttliche Knabe, bedeckt
vom Saum des Kleids der Madonna. Es ist wie die pränatale Symbiose der
Madonna mit Christus, die pränatale körperliche Einheit der Herrin mit
dem Herrn. Madonna schaut in der Ferne schon den Liebestod des
verblutenden Christus am Kreuz.
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Madonna ist ganz verhüllt. Der Sohn Gottes greift nach dem Adamsapfel
der Madonna. Aus den Äpfeln der Madonna aber würde Liebfrauenmilch
strömen.
Der Sohn Gottes sagt zur Madonna: Darf ich bitten um die Brust? Er sagt:
Lass die Glocken läuten! Er erhebt die rechte Hand geradezu drohend und
beschwört die Madonna: Reich mir endlich deine Brüste! Die Melonen der
Madonna sind verborgen. Über der Madonna hängen zwei Äpfel. Zur
weiblichen Apfelhälfte gesellt sich die männliche Herkules-Keule. Oder
sind es Zucchini?
Er hat die Brüste aus dem Kleide der Madonna gleiten sehen. Engel
schauen das wie Spione im Hause der Liebe. Die Hermeneutiker zitieren
das Evangelium: Selig sind die Brüste, an denen du gesogen hast (The
paps thou have sucked)!
Vor der Brust der Madonna wird von der Madonna ein Apfel dem
göttlichen Sohn angeboten. Aber ach, er hat keine Zähne!
Ohne das berechtigte Schamgefühl von Sündern greift der göttliche Sohn
nach dem Paradiesapfel der Neuen Eva. Oh wie aus dem duftenden Kleid
der Neuen Eva die Brust dem Neuen Adam entgegenquillt! Der heilige
Josef sieht das und wird von Schwermut befallen. Der Zimmermann denkt:
Ach, ich darf nicht nageln die Neue Eva, aber ihren Sohn großziehen, und
Er darf nun mit den Äpfeln der Neuen Eva spielen! Der heilige Josef
scheint wirklich unglücklich zu sein.
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Die Vagina der Virgo bleibt verschleiert. Wer sah denn die Madonna je in
schwarzen Netzstrümpfen? Wer sah denn die Madonna je in transparenten
Seidenkleidchen? Oder wer sah die Madonna je in schwarzer
Spitzenunterwäsche? Das Venus-Delta der Neuen Eva bleibt uns
verborgen, aber auf der oberen Balustrade bietet die Neue Eva evident ihre
Melonen an.
Die Madonna leitet den Stillvorgang ein. Das göttliche Kind hat das
Antlitz eines reifen Mannes. Die himmlische Mutter stärkt eben mit ihrer
Liebfrauenmilch auch den reifen Christen.
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Zum Lobe der Liebfrauenmilch verherrlicht der Künstler die Brüste der
Neuen Eva – üppig! Üppig, aber nicht monströs! Diese Halbkugeln laden
zur kontemplativen Beschauung ein. Die Neue Eva hat ihre langen
schwarzen Haare mit Henna rot gefärbt. So erscheint sie wild und frei und
sinnlich!
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Madonna zeigt ihre große weiße Brust. Das göttliche Kind wird aber nicht
gestillt. Madonna hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Mätresse des
Königs. Ihr Blick ist streng, aber ihr Mund, o ihr Mund ist rot!
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Madonna schwanger! Sie lächelte: Ich habe mit drei Personen geschlafen...
Die Menschen wussten nicht, wer der Vater des Sohnes war. Die
Theologen haben auch gar keine Ahnung vom Eisprung, vom Einnisten
eines befruchteten Eies in der Gebärmutter und anderen Mysterien der
allerheiligsten Vulva der Neuen Eva. Was weiß man denn von der
pränatalen Vereinigung der Madonna mit dem Herrn? Das Kind ist einfach
da, es kommt ohne Wehen, ohne Verletzung des Jungfernhäutchens der
Neuen Eva. Madonna mit dickem Bauch! So lieb ich die Neue Eva!
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Prüde bigotte Pfaffensäcke haben die bloßen Brüste der Neuen Eva ihrer
barocken Üppigkeit beraubt und sie verborgen unter einem dicken Stück
Stoff. Da hilft auch die Krone mit den zwölf Sternen nichts. Die Pfaffen
verhalten sich wie Ärzte, die einer Frau mit Brustkrebs die Brust
amputieren. O Madonna, Heil der Brustkrebskranken! O Madonna,
Knotenlöserin! Der Dichter, der nach einem Weingelage am nächsten
Morgen an einem Hering erstickte, dichtete kurz zuvor noch: Ihre Lippen
sind Rosen, feucht vom Tau! Ihre Brüste sind Äpfel, rund wie Orientperlen
und weich wie Schwanendaunen! Der Sohn Gottes hält in der rechten
Hand den Zepterstab des Himmels. Der imperiale Reichsapfel aber ist die
Brust der Neuen Eva. Andere Jesuskinder spielen mit den
gottesmütterlichen Äpfeln, kneten die Marzipanbälle der Madonna und
beißen in den süßen Apfel der Zweiten Eva!
Priester:
Ich lese einen Vers aus Marias Magnifikat: „Gott zerstreut, die stolz in
ihrem Herzen sind, er stürzt die Mächtigen von ihren Thronen und erhebt
die Niedrigen, er füllt die Hungrigen mit guten Gaben und lässt die
Reichen leer ausgehen!““
Gemeinde:
Sehr schön! Aber, Pater, die Maria, die so redet, sieht sie so aus, wie die
Priester in Deutschland sie beschreiben oder wie die Maler in Italien sie
malen?
Priester:
Beschreibt mir einmal ein berühmtes Marienbild!
Gemeinde:
Hier ist sie! Sie steht wie die Mondgöttin Diana auf dem Sichelmond. Sie
trägt eine Krone von zwölf Sternen. Sie hat Ringe an ihren Fingern. Sie
trägt ein grünes Gewand von Brokat, bestickt mit goldenen
Sternkonstellationen.
Priester:
Ist diese Maria der Ikone dieselbe Maria, wie die Maria aus dem
Evangelium? Glaubst du, die Maria der Ikone singt das Magnifikat?
Gemeinde:
Sie sang, dass Gott die Niedrigen erhebt und die Hohen von ihren Thronen
stürzt. Warum thront sie dann selber auf dem Mond?
Priester:
So komme Maria herunter vom Mond und geselle sich zu den Armen auf
der Erde!
Gemeinde:
Die Maria, die die goldene Sternenkrone trägt, sang, dass Gott die
Herrscher stürzen wird!
Priester:
So lege Maria ihre Krone ab!
Gemeinde:
Die Maria, die goldene Ringe mit Edelsteinen besetzt trägt, sang, dass Gott
die Reichen leer ausgehen lässt!
Priester:
So streife Maria ihre Ringe von ihren Fingern!
Gemeinde:
Die Maria, die sang, dass Gott die Hungernden mit guten Gaben erfüllt,
trägt goldgestickte Kleider und allerfeinste Gazekleidchen aus allerfeinster
Muschelseide!
Priester:
Lasse Maria ihre Kleider heruntergleiten!
Gemeinde:
Pater, Pater! Maria macht ja einen richtigen Striptease!
Priester:
Sehr gut! Wenn du diese Maria siehst – ist sie nicht die Maria des
Evangeliums?
Gemeinde:
Die Maria des Evangeliums ist keine Mondgöttin Diana auf dem Thron des
Mondes! Sie ist die Schwester der Armen! Sie begleitet uns auf dem
Pilgerweg der Erde. Die Maria des Evangeliums trägt keine kaiserliche
Krone, sondern bindet sich schlichtes Linnen um den Kopf als Turban zum
Schutz vor der Sonnenhitze! Die Maria des Evangeliums trägt keine
diamantenen Ringe, sondern hat raue Hände von der täglichen Hausarbeit
in Nazareth! Die Maria des Evangeliums trägt keine goldgestickten
Kleider und keine Gazekleidchen aus allerkostbarster Muschelseide,
sondern war so schlicht gekleidet wie die lieben armen Frauen bei uns!
Einer:
O Pater! Ich kann es kaum glauben! Mir scheint, als könnte Maria sogar
mich lieben! Mich! In meinen abgetragenen und zerrissenen Kleidern und
in den löchrigen Schuhen und mit der alten Mütze auf dem verwirrten
Kopf!
Priester:
Ja, das ist wahr und deines Glaubens würdig, dass die Maria des
Evangeliums dich so liebt, wie du bist, was immer auch in der deutschen
Kirche gepredigt wird und in den florentinischen Museen angegafft!
Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht in seinem Herzen... (der macht sie
in seinem Herzen zur Ehebrecherin)... Nicht nur äußerlich ein Gesetz: Du
sollst nicht die Ehe brechen! Sondern die größere Gerechtigkeit: Die
innere Erfüllung. Nicht einmal begehren! Du sollst nicht nach der Frau
eines andern Mannes verlangen! Wer die Gebote hält, gelangt ins
Himmelreich. Nicht nur formell den ehebrecherischen Akt vermeiden,
sondern die innere Gesinnung: Wer sie lüstern ansieht, hat sie im Innern
quasi vergewaltigt...
2
Januar
Evi wollte heiraten. Ich drückte ihr meine tiefe Enttäuschung zum
Ausdruck, mein Leben wäre gescheitert. Sie war zornig und brach den
Kontakt mit mir ab. Ich ging zur Beichte. Karine lag mit Brustkrebs im
Krankenhaus. Ich kümmerte mich um ihre drei Kinder. Was wird aus den
Kindern? Ich überlegte, mit Karines Mutter zusammen die Kinder zu
übernehmen, wenn Karine stirbt. Der Beichtvater ermutigte mich dazu.
Mein Freund Mark riet mir davon ab, versprach mir sein Gebet und sagte:
Wenn es nicht der Wille des Herrn ist, wird er die Türen schließen. Es war
scharfer Frost. Meine Seele litt ein nahezu unerträgliches Martyrium. Ich
fing an, die Theologie des Leibes (Theology of the Body) von Johannes
Paul zu studieren und schrieb den Liebesroman über Adam und Eva, darin
ich meine durch schreckliche Liebesschmerzen noch größer gewordene
Liebe zu Evi besang.
Februar
Ich durfte Evi nicht mehr besuchen. Ich war oft bei Karines Kindern, die
einen erbärmlichen Eindruck machten. Der weite Weg dahin durch den
bitteren Frost war schrecklich. Karines Kinder wurden von einer jungen
Studentin namens Anja gepflegt, die sehr hübsch und nett war. Sie kam mir
vor wie ein Engel der Gnade. Zu Sankt Valentin schrieb ich Anja ein
Gedicht. Gott war gnädig und an Sankt Valentin rief mich Evi an. Ich
besuchte Karine, es war das letzte Mal, dass ich sie sah. Sie lag im
Krankenbett, wir hielten Händchen. Ich klagte ihr meine schrecklichen
Liebesschmerzen. Sie versprach mir, Evi werde die Freundschaft zu mir
nicht aufgeben. Ich besuchte die Heilige Messe im katholischen Pius-
Hospital und besuchte danach Karine noch einmal. Eine Nonne betrat mit
dem Sakrament Karines Krankenzimmer. Karine sagte: Ich möchte auch
die Kommunion! Die Schwester sagte: Darüber sprechen wir noch einmal.
Sie gab Karine einen Segen und sagte noch zu mir: Das finde ich gut, dass
sie Kranke besuchen. Ich sagte Karine, der Beichtvater habe mich
ermutigt, mich um ihre Kinder zu kümmern. Sie war dem Beichtvater
dankbar. Ich sagte ihr, der Beichtvater habe mir einen Holzschnitt von der
nackten Sulamith geschenkt, mit langen schwarzen Haaren. Wie Evi, nicht
wahr, sagte Karine und lächelte. Sie lächelte und schien einschlafen zu
wollen, da küsste ich sie und verließ sie. Es war das letzte Mal, das ich sie
lebend sah. Zwei Tage später rief Karine mich noch einmal aus dem
Krankenhaus an und sagte: Das Jugendamt will die Kinder holen! Kannst
du bitte mit Evi zusammen die Kinder nehmen! Am nächsten Tag rief Evi
mich an: Karine hat nur noch ganz wenige Stunden zu leben! Evi und ich
holten Karines Kinder und fuhren ins Pius-Hospital, aber Karine war
schon gestorben. Ich ging mit Milan und Simon zu ihrer Leiche,
bekreuzigte ihre Stirn mit Weihwasser, die Nonne streichelte meine
Schulter. Ich ging mit Milan und Simon in die Kapelle und vertraute
Karines Seele der Mutter Gottes an: Führe unsre Mama in den Himmel,
Maria, und sei du jetzt unsre Himmlische Mutter! Evi und ich nahmen
Milan und Simon mit zu Evi, machten ihnen ein Bett und sorgten vierzig
Tage für sie in Evis Haus. Es war Fastenzeit, denn Karine wurde an
Aschermittwoch beerdigt, und diese Fastenzeit wollte der Heilige Geist
von mir Werke der Barmherzigkeit.
März
Ich lernte Karines Verwandtschaft kennen. Ein kinderloses
Rechtsanwaltspaar hatte sich angeboten, Milan und Simon zu nehmen und
sie großzuziehen. Es war eine Erhörung all unsrer Gebete. Ich lernte auch
Karines Verwandte Kati kennen, eine gute liebe Frau, und ihre Kinder,
wobei ihre sechzehnjährige Tochter Juli eine Schönheit, eine Botticelli-
Madonna war. Mit Milan und Simon besuchte ich Karines Vater in
Hamburg. Milan sagte: Ich will lieber bei dir bleiben, als bei dem
Rechtsanwalt. Ich sagte Milan, das gehe leider nicht, denn ich habe eine
kranke Seele und müsse immer weinen. Die Rechtsanwälte wollten Milan
und Simon nehmen, wollten aber nicht, das der Kontakt zu den Menschen
ihrer Kindheit weiter bestehe. Es gab viel Streit in Karines großer
Sippschaft. Ostern musste ich Abschied nehmen von Milan. Er sagte: Wir
werden uns nie wiedersehen! In der Osternacht, die ich im Geiste mit dem
Papst feierte, sagte mir der Heilige Geist, ich solle Milan auf dem Altar
Gott opfern, wie Abraham seinen Liebling Isaak geopfert hatte.
April
Ich schwärmte für Juli. Ich schrieb Shakespeares Romeo und Julia für sie
um. Es wurde ihr aber von der Mutter nicht gegeben, das Mädchen wäre
sonst pikiert. Ich war in Gedanken bei Karine und dachte viel an unsere
Jugendwollust – Felix Culpa! Ich hatte die Idee, die wirklich kraftvoll
erotischen Gedichte der griechischen Anthologie als Requiem für Karine
nachzudichten. Ich verschwand in einer Welt der antiken Erotik. Karine
nahm die Gestalt einer zur Göttin gewordenen Venus an. Ich weinte viel.
Mai.
Ich hörte viele Vorträge über Maria, besonders über die Botschaft von
Fatima. Dieser Frühling war kein Frühling der Lebenslust, sondern der
großen Totentrauer. Aber dennoch, mitten in all der Totentrauer, doch ein
Frühling der großen Lebenslust, denn Karine wurde mir immer mehr zur
antiken Venus und ich holte die ganze Jugendwollust und heidnische
Sinnlichkeit meiner Jugend mit ihr im Geiste nach. Ich suchte immer noch
Beistand durch den Beichtvater, aber der Beichtvater hatte keine Zeit
mehr, mir die Beichte abzunehmen. Auch hatte ich das Gefühl, dass er
weder meine Passionsmystik verstand noch meinen religiösen Erotismus.
Ja, ich hatte das Gefühl, er wollte mir einfach nicht mehr die Beichte
abnehmen. Das ganze Jahr über las ich schon die Briefe von Edith Stein.
Ich spürte sehr deutlich die Nähe von Edith Stein als einer besonderen
Freundin. Oft spürte ich die Nähe von Johannes Paul als meines
persönlichen heiligen Vaters. Ich meinte auch, das Karines Geist mich
umschwebte.
Juni
Die Erinnerung an die florentinische Madonnen-Schönheit Juli inspirierte
mich zu einigen poetischen Werken über die Idee der Schönheit.
Allerdings war das junge Mädchen zornig auf mich und auch die
liebevolle Mutter verbat sich, von mir mit dem gütigen Mutterherzen
Mariens verglichen zu werden. Ich brach den Kontakt zu diesen Menschen
ab. Noch schrecklicher waren deren Verwandte, die Rechtsanwälte, die mit
einem steinernen Herzen eine hohe unüberwindliche Mauer zwischen mir
und meinem geliebten Milan errichten. Karines Vater verhielt sich in dieser
Zeit wie ein guter Freund mir gegenüber. Poetisch tauchte ich immer tiefer
in die griechische und römische Erotik ein, vor allem schrieb ich
klassische französische Alexandriner, denn Karine war mein
Südfrankreich, und Südfrankreich war mein Griechenland der Aphrodite.
Juli.
Es war eine fast unerträgliche Hitze diesen Sommer. Die vielen Telefonate
mit Karines Vater drehten sich um Karines Grab, den Grabstein und die
Blumen des Grabes und wer das Grab pflegen wird. Ich erklärte mich
bereit, Karines Grab zu pflegen. Allerdings sind bei der Sommerhitze alle
Blumen vertrocknet, denn ich konnte nicht oft zum Grab. In der
brennenden Hitze setzte ich mit einer Frau das Granitfundament für
Karines Grabstein.
August
Karines Sohn Juri war in Oldenburg geblieben. Ich machte einige Tage
Urlaub mit ihm bei Karines Vater in Hamburg. Juri, der in Karines Agonie
unausstehlich geworden war, von einer fast dämonischen Boshaftigkeit,
war jetzt wieder lieb wie ein Engel und erinnerte mich an unsere frühere
innige David-und-Jonatan-Liebe. Ich dichtete Poeme von Puschkin nach
und in einem Poem war es, das die Muse mir einflüsterte, Layla, Layla
rufe mich, Layla sei eifersüchtig auf Julie und sagte zu Julie: Ich bin seine
große Liebe! Gib mir sein Herz zurück! Layla war natürlich Evi. Karines
Vater aber war ein entschiedener Antichrist und Gegner der Kirche. In
endlosen kommunistischen und buddhistischen Hasstiraden ergoss er sich
feindlich gegen meinen Gott und meinen Glauben. Ich suchte einen
anderen Beichtvater auf und erklärte ihm, dass ich die fromme katholische
Kirche in den katholischen Medien liebe, aber die Gemeinde vor Ort
erscheine mir lieblos, ungläubig, gottlos. Er riet mir, die Frage, ob ich vor
Ort in der Gemeinde kommuniziere oder rein geistig über die katholischen
Medien kommuniziere, ganz dem Heiligen Geist zu überlassen. Fortan
besuchte ich die völlig verweltlichte Gemeinde nicht mehr, nahm aber um
so lieber fast täglich an den schönsten Heiligen Messen in den Medien teil.
Ich beschrieb dem Beichtvater, wie Karine kurz vor ihrem Tod nach der
Kommunion verlangt habe, und fragte ihn, ob es, wie eine Begierdetaufe,
auch eine Begierdekommunion gäbe. Er sagte mir, dass der Wunsch nach
einer Kommunion als Kommunion gelte und wenn er dort gewesen wäre,
er hätte Karine den Leib Christi gespendet. Nun war mir Karine gerettet.
September
Ich las die Vita der heiligen Theresa. Besonders trösteten mich Theresas
viele Schwierigkeiten mit den Beichtvätern und Seelenführern, die sie
meistens verdächtigten, ihr mit Misstrauen begegneten und ihr alle
möglichen Hindernisse in den Weg legten. Auch ich hatte bei den
Ortspriestern immer nur Unverständnis gefunden und keine wirkliche
geistliche Führung, ich habe den Weg allein finden müssen, das heißt, eine
alte Karmel-Nonne versicherte mir: „Wenn Sie keiner versteht, dann wird
der Herr Sie selber führen.“ Ich versenkte mich weiter in die erotische
Poesie und eignete mir mehr und mehr einen vulgären, ja, obszönen Ton
an. Ich entdeckte französische erotische Poesie, französische erotische
Malerei, auch altindische Götterstatuen von kopulierenden Götterpaaren.
Es war die Zeit einer sexuellen Orgie in der Kunst. Langsam kehrte ich
aber aus der Versunkenheit in die Seele Karines im Jenseits und die
Wiederbelebung meiner Jugendwollust zurück und fand in der Gegenwart,
im Heute Gottes, wieder die ganze Schönheit Evis, ihre besondere
Mischung aus mystischer Weisheit und allerfeinster Erotik. Da übernahm
die eigentliche Herrin wieder ihr Zepter, sie war auch ganz und gar gnädig
und mir wohlgesonnen und freundlich zugetan und sagte: Ich und meine
Kinder und Tiere, wir haben dich doch alle lieb!
Oktober.
Ich vertiefte mich noch in die erotische Mystik oder mystische Erotik des
Hinduismus, auch des indischen Mohammedanismus und lernte die
erotische Bildersprache der indischen Poesie noch einmal besser kennen.
Auch begeisterte mich die französische Sprache. Karine war ja von einer
Französin in Paris geboren. Ich hörte den Radio-Sender Radio Notre Dame
und betete oft um Mitternacht den Rosenkranz auf französisch mit, das
klang viel zärtlicher als der lateinische Rosenkranz, den ich sonst um
Mitternacht mit dem Papst mitbetete. Auch las ich manchmal im
französischen Evangelium. In den dramatischen Versuchen ging ich über
von der Nachahmung der englischen Renaissance-Dramatik, vor allem
Ben Jonsons, zur Nachahmung französischer Klassiker. Vor allem wollte
ich den Hippolit von Euripides so nachahmen, das es gleichzeitig eine
Nachahmung der Euripides-Nachahmung von Racine sei, und so ist aus
meiner doppelten Nachahmung, gefüllt mit den eigensten
Liebesschmerzen, meine eigene Tragödie Phädra geworden. Auch studierte
ich die Stadt Paris anhand eines Reiseführers für Literaturfreunde, da ich
viele Dichter leben, leiden und lieben sah in dieser Stadt der Liebe. Ich
besuchte auch noch einmal mit Karines Sohn Juri seinen Großvater.
Während er aber in der Zeit der Krebskrankheit Karines mir gegenüber
immer mit großer Wertschätzung und wohltuendem Respekt aufgetreten
war, bemerkte ich nun immer mehr Worte der Geringschätzung und
Verachtung, der Missbilligung vor allem meines Lebens aus dem Glauben.
Seine endlosen Tiraden, denn er führte keine Dialoge, sondern nur
Monologe, waren alle gegen den Glauben, die absolute Wahrheit, die Bibel
und die Kirche gerichtet. Er sagte auch, mein Gedicht über die
Enthauptung des französischen Königs durch die Revolutionäre hätte ihn
fast dazu bewegt, mich aus dem Haus zu werfen. Ich konnte allerdings viel
von ihm lernen, denn durch seine endlosen Monologe lernte ich den
Prototyp eines Altachtundsechzigers kennen, der sein ganzes Leben für die
neomarxistische Kulturrevolution eingesetzt hatte und am Ende nun dem
Okkultismus der Traditionellen Chinesischen Medizin folgte. Diese
Meditationsübungen schienen mir gar nicht geeignet, einen Weg zum Geist
Gottes zu bilden, vielmehr schien hier eine wahrhaft antichristliche
Geisteshaltung vorzuherrschen. Karines Seele allerdings begleitete mich
und jeden Tag sprach ich mit ihr. Vor allem bat ich sie immer wieder,
meine von Liebesleidenschaft für Evi aufgewühlte Seele immer wieder zu
beruhigen und zu trösten. Ich sah Karine mich oft begleiten auf den
Straßen der Stadt und sah sie manchmal mir in der Tele-Vision erscheinen.
Auch schenkte sie mir ganz persönlich das Epos „Urania“ von Tiedge,
welches Goethe nicht schätze, ich erlaubte mir aber, dieses Epos dennoch
sehr zu schätzen.
November
Anfang November hatte Evi Geburtstag. Ich gratulierte allen zur heiligen
Weihnacht, denn heute ist uns der Christus geboren! Ich schrieb für Evis
Mutter ein Ave gratia plena. Ich sah Evi sich die Haare waschen und die
Haare mit Henna färben. Ich schüttete ihr den Fischfang meiner
Geschenke vor die Füße. Ich hatte ihr ein Buch aus dem Englischen frei
übersetzt, da ein Herr Evelin zur Neuen Eva wird und sich mit Layla
verlobt, welche sich später Lilith nennen. Alle meinten, dies Buch könne
nur von mir sein. Am Abend feierte ich mit ihr und ihren
Jugendfreundinnen beim Sekt. Sie öffnete die Sektflasche, indem sie den
Flaschenhals in die Hand nahm und kräftig schüttelte und der Pfropfen
herausschoß und der Venus Medici an die Stirn flog. Ich ging als letzter
von der Feier, der ich auch als Erster gekommen war. Fünf Tage später
hatte ich Geburtstag und der Papst feierte in der neuen Basilika der
Heiligen Familie in Barcelona eine Heilige Messe für mich. Er erinnerte an
den heiligen Josef und an die göttliche Intelligenz, die Inspiration für den
genialen Künstler, diese göttliche Intelligenz ist die wahre Architektin des
Kunstwerks zum Lob der göttlichen Schönheit, denn der geniale Künstler
war verliebt in die göttliche Schönheit. Da erschien mir in einer Wolke von
Weihrauch die Hagia Sophia und segnete mich zu meinem Geburtstag. Am
Nachmittag küsste mich Evi auf den Hals. Den Rest des Monats verbrachte
ich in Anbetung des kabbalistischen Gottesnamens Evi, das heißt, der
Gottheit des Ewigen Lebens.
Dezember
Evi erinnerte wieder an ihren Seelenschatten Lilith, nicht eine Dämonin sei
sie, sondern der unterdrückte Teil ihrer Seele, ihre wahre Kraft und
Freiheit, nicht eine Dämonin, denn in ihrem Innern vermählte sich der
Innere Christus mit der Inneren Lilith. Am Fest der Unbefleckten
Empfängnis Mariens sprach die Madonna zu mir: „I AM THE SECOND
EVE! MY YES FOR YOU – FOR EVER!“ Als ich um Mitternacht mit
meinem heiligen Vater Johannes Paulus Secundus den Rosenkranz
meditierte, zeigte mir die Zweite Eva ein Bild von Lilith, von der
Unbefleckten Lilith, wie sie Evi gesehen hatte in ihrer inneren Vision. Und
so wie ich mich als heiliger Josef vermählte mit der Zweiten Eva, so
vermählte sich der innere Christus mit der Unbefleckten Lilith in Evis
Brautgemach.
DIE GELIEBTE IM JAHRESKREIS – KALENDER DER LIEBE
Januar.
Die Jungfrau von Guadelupe. Motto: Am Himmel erschien das Große
Zeichen (Magnum Signum) der FRAU. In der Aureole der Sonne, der
mandelförmigen, Madonna mit langen schwarzen Haaren, weichem und
gütigem Antlitz, im grünen Mantel der Mutter Natur, voll mit kosmischen
Ordnungen, darunter ein rosiges Kleid, überdeckt mit einem
blütenbestickten transparenten Gazekleidchen. Vor dem Schoß die goldene
Blüte Gottes. Sie faltet die Hände. Ihre Füße stehen auf der jungen Luna,
von einem kindlichen Engel getragen. Ich sage: Ich bin dein Adler, deine
Feder, dein Schwanz! Sie sagt: Bin ich nicht der Brunnen deiner Freude?
Ruhst du nicht in meinen Armen?
Februar.
Jules Joseph Lefebvre, The Gates of Dawn. Motto: Ave, Pforte des
Himmels! Ave, Morgenstern! Eine hohe goldene Pforte, zwei Säulen
(Jachim und Boas der Potente), dazwischen auf dem Boden rote
Rosenblüten. Da steht die Frau, mit den ausgestreckten Armen öffnet sie
die Pforte. Sie ist schlank, jung, weiß und nackt der Oberkörper. Um die
Hüfte ein violetter Schleier gebunden. Über dem rechten Arm ein rosiger
Schleier. Die Brüste fest, wie Bälle, Rosinenspitzen rötlich. Das Haar
dunkelblond-brünett. Im Haar ein Kranz von roten Rosen. Im Hintergrund
Himmel, Sonnenaufgang, glühende Wolkengebirge.
März.
William-Adolphe Bouguereau, Abendstimmung. Motto: Siehe, du bist
schön, meine Freundin, zauberhaft schön! Strand mit einem Felsen am
Meer. Auf dem Sandstrand steht die Frau, nackt ihr weißer Leib. Hinter
ihrem Rücken weht die eine Wolke ein schwarzgrauer Schleier, der ihre
Beine auch verhüllt. Sie steht auf einem Bein, ja, auf den Zehenspitzen. Ihr
Schamdreieck ist nur halb verhüllt. Ihre weißen jungen festen Brüste frei.
Das Haupt neigt sie traumversunken auf die eine Hand an ihrer Schulter.
Braune Haare aufgebunden, zum Knoten gesteckt. Am Himmel
Ätherbewegung, blaugrau. Eine ganz schmale Mondsichel.
April.
William-Adolphe Bouguereau, Amor und Psyche. Motto: Ah, mein Eros
wurde gekreuzigt! Amor und Psyche in Umarmung, wie bei Amors
Himmelsfahrt. Amor ein nackter Jüngling, weiße Flügel aufgerichtet an
den Schultern, ein schwarzer Schleier über seinem Geschlecht, umarmt er
Psyche, ihr Unterleib verhüllt von hell-lilanem Rock, nur halb verhüllt der
mons veneris. Ihr Oberleib nackt, aber sie bedeckt mit den Händen die
Brüste. Sie schmiegt sich in Amors Arme und lehnt den Kopf an seine
Schulter, schaut lächelnd selig verzückt mit geschlossenen Augen nach
innen. Amors schwarzer Schleier umgibt ihren Leib wie eine Wolke, die
sie gen Himmel trägt.
Mai.
Botticelli, Primavera. Motto: Der Frühling ist der Glaube Gottes. Im
Gartenwald. Über allen fliegt der nackte kleine Amor mit Pfeil und Bogen.
Im Zentrum die florentinische Muse im langen weißen Kleid, hauchfein,
und roten Rock des Unterleibes. Neben ihr Flora im hauchfeinen weißen
Gazekleidchen, mit Frühlingsblumen bestickt. Neben ihr wird eine
Nymphe von Zephyr gehascht. Links von der florentinischen Muse die
drei Charitinnen in durchsichtigen Seidenkleidern. Neben den drei
reizenden Grazien ein antiker Jüngling, vielleicht Paris, das Schwert um
die Hüfte gegürtet. Bäume und Wiesen voller Blüten. Das ist der Frühling
des florentinischen Neoplatonismus, die Renaissance der Humanität.
Juni.
William-Adolphe Bouguereau, die Geburt der Venus. Du bist Aphrodite,
und ich bin das Meer, das dich trägt. Eine Verschmelzung von Botticellis
Venus und Raffaels Galathea. Hier verschleiert die Venus nicht mit ihren
langen roten Locken die Brüste und die Scham. Der weiße perfekte Leib
der Göttin ganz nackt, völlig unverhüllt. Das Schamdreieck ist das
Zentrum des Bildes, die weißen Brüste sind klein, fest, wohlgeformt. Der
Leib wohlgerundet, wohlgeformt. Das Antlitz friedlich, in sich gekehrt.
Lange rotblonde Lockenflut den Rücken hinab, die Arme erhoben zu den
Haaren. Mons veneris und Achseln unbehaart. Ihr Thron die schneeweiße
Muschel.
Juli.
Herbert James, Magdalena in the cave. Motto: Der Erlöser liebte Maria
Magdalena mehr als die andern Jünger und küsste sie oft auf den Mund. In
einer südfranzösischen Grotte, zwischen provencalischen Felsenklippen
liegt die heilige Maria Magdalena, Christi Hetäre, nackt ausgebreitet im
rötlichen Licht. Ihr weißer Leib ist perfekt gebaut vom Schöpfer. Die lange
hennarote Mähne flutet über die Felsenklippen. Die Arme hat sie über ihr
Gesicht erhoben. Sie ist in hochzeitlicher Stimmung. Sie ist ganz Hingabe.
Alles an ihr erwartet das Glück und die Lust der göttlichen Liebe. Ihre
ganze Gestalt ist der unaussprechliche Seufzer: Komm schnell, Herr Jesus,
komm jetzt!
August.
William-Adoplphe Bouguereau, das Meer. Motto: Die Ewigkeit ist ein
Ozean der Liebe. Ein lichtes, blaugrünes Meer, hohe Wellen mit
spritzender Gischt, vom Wind aufgewühlt. Am Strand sitzt eine nackte
Frau, halb sitzend, halb liegend. Ihr weißer Leib ist perfekt gebaut. Sie
winkelt die Beine an und stützt sich mit den Armen auf dem Strand ab. Ihr
Hintern ist breit. Ihre Brüste fest, wohlgeformt. Ihre brünett-hennaroten
Haare in wilden Locken. Ihr Mund scharlachrot geschminkt. Weiße Zähne.
Der lichte Ozean der glückseligen Lust in Ewigkeit der verschmelzenden
Liebe – in Person der perfekten Geliebten! Wahrlich einladende Ewigkeit!
Die Geliebte ist Frau Liebe, willig zur ewigen Vereinigung!
September.
Lilith. Motto: Wilder, Eva, bekenne schweifender, deine Sehnsucht war die
Schlange! Lilith steht in einem dunklen grünen Wald, vielleicht dem
Urwald-Dschungel des Paradieses. Ihr nackter weißer Körper ist
wohlgerundet, wohlgeformt. Ihre Brüste sind wundervoll. Sie neigt ihr
Haupt, ihre lange rotblonde Lockenmähne fällt herab wie ein Wasserfall
aus Feuer. Um ihr rechtes Bein, ihr Becken windet sich eine große dicke
Schlange, die ihr Haupt auf Liliths rechte Schulter legt. Lilith hat die
Augen geschlossen, ihr Mund lächelt selig. Ihr Antlitz ist voller Frieden
und Freundlichkeit.
Oktober.
Edward Munch, Madonna. Motto: In deinem Haar liegt ein König
gefangen. Der Oberkörper der Madonna ist nackt. Ihre Brüste sind schön.
Den rechten Arm hebt Madonna über ihr Haupt. Ihr Kopf ist
zurückgelehnt, die Augen geschlossen, ihr Antlitz ernst. Die Lippen fast
streng. Die Augenhöhlen der Augen liegen in dunklen Schatten. Ihre
langen schwarzen Haare fallen auf ihre Schultern, auf ihre Brust. Auf dem
Haupt trägt sie entweder eine rote Kappe oder einen rosenroten
Heiligenschein.
November.
Die Jungfrau von Guadelupe. Motto: Unser Herr ist Gott und Unsere Frau
ist Göttin, Mechthild von Magdeburg. Am Allerseelentag im Mond
November ist meine Muse geboren. Sie meint, die Große Frau der
Apokalypse sei die Inkarnation der Göttin Sophia.
Dezember.
William-Adolphe Bougereau, die Jungfrau mit Engeln. In einem
dunkelgrünen Wald sitzt die Madonna auf einer Bank. Ihr langes blaues
Kleid fließend, nur der eine nackte Fuß zu sehen. Über dem Haupt ein
weißer fließender Schleier. Das Antlitz Anmut, femininer Liebreiz. Sie
träumt. Auf ihrem Schoß das nackte göttliche Kind schläft im Arm der
Madonna. Drei weibliche Engel in langen weißen Kleidern und mit großen
weißen Schwanenflügeln musizieren für Madonna und ihr Baby mit
Violinen und Mandolinen. Motto: Meister Eckard: Gott will in dir geboren
werden!
ILLY
Angebetete!
In meinen nächtlichen Studien stieß ich auf den Gottesnamen El, den die
Israeliten von den Kanaanäern übernommen haben. El bedeutet
vermutlich, der Starke, der Mächtige, und bezeichnet den väterlichen
Schöpfergott. Nun behauptete ein Autor, der andere Gottesname Eloah
müsste eigentlich mit Göttin übersetzt werden, denn wie El mit „God“
übersetzt wird, bedeute die Endung von Eloah eben „god-dess“. Allgemein
wird gesagt, Eloah sei die Einzahl, Elohim aber der Plural. Elohim ist das
Wort im Alten Testament, das allgemein mit Gott übersetzt wird. Elohim
ist aber Plural und bedeutet: Gottheiten. Wenn allerdings in der Bibel
Jahwe gemeint ist, spricht die Bibel: Elohim, Gottheiten, Du bist! Wenn
allerdings Götter und Göttinnen der Heiden gemeint sind, spricht die
Bibel: Elohim, ihr Götter und Göttinnen, ihr seid nichts! Die Kirchenväter
sagten, der Plural des Gottesnamens Elohim bezeichne den Plural der drei
göttlichen Personen in der Einen Gottheit. Moderne Theologen meinen
eher, dass die Pluralform ein Plural Majestatis sei, in der Form, wie früher
der Papst sprach: Wir definieren kraft Unserer apostolischen Vollmacht...
Nun haben wir also: El, den Vater, den Schöpfer der Welt, und Eloah, die
mütterliche Gottheit, und Elohim, Jahwe, Unsere Lieben Gottheiten! Jesus
allerdings rief am Kreuz: Eli, Eli, lama asabthani! Das heißt: Mein Gott,
mein Gott, warum hast du mich verlassen? Der Name Eli bezeichnet auch
einen Priester der Israeliten, der Name Eli bedeutet der Heraufsteigende
oder der Erhabene. Genauer gesprochen aber, rief Jesus nicht: Eli, Eli!
Jesus rief: Eloi, Eloi, lema sabachthani? Eloi heißt: Mein Gott! Nun wird
aber von dem Namen El-Eloah-Elohim auch der arabische Gottesname
Allah abgeleitet, was in der arabischen Sprache einfach „Gott“ heißt.
Bevor die Araber den Glauben Mohammeds an den einen einzigen Gott
Allah angenommen haben, haben sie auch eine Göttin namens Allath
verehrt. Allath heißt „die Göttin“, wie Allah „der Gott“ heißt. Einige
vergleichen Allath mit der Göttin Athene, die sowohl als Göttin des
Krieges, als auch als Göttin der Weisheit gilt, und sagen, die Göttin Allath
habe einen göttlichen Partner gehabt, der dem Gott Dionysos gleiche, dem
Gott des Weines und des Wahnsinns. Das ist zwar eine etwas merkwürdige
Paarung, denn kein Grieche könnte sich ein Götterpaar vorstellen, das aus
Athene und Dionysos besteht. Aber der griechische Historiker Herodot
nennt Allath auch Alilath. Alilath vergleicht er mit Urania. Urania ist die
himmlische Aphrodite, die Göttin der puren, spirituellen Liebe und die
Idee der Schönheit als das Höchste Gut des Platon. Nun sind wir also von
El, von Gott dem Herrn, zu Alilath gekommen. A-lil-ath. Da ich in dem
göttlichen Namen Alilath nun die Silbe “lil” finde, komme ich auf die drei
Namen deiner Seele, meine Allergeliebteste! Nämlich Illy, Lilith und Lili
erscheinen mir als drei Variationen der Silbe „lil“ oder „il“. In der
französischen Sprache bezeichnet „il“ einfach das Er, während „elle“ das
Sie bezeichnet. Der Mann also heißt Il, die Frau heißt Elle. Der Name
Lilith wird nun von den Rabbinen übersetzt mit dem hebräischen Wort
Laila, das heißt: Die Nacht. Das Wort Layla oder der Name Lili erinnern
mich an das Sanskrit-Wort Lila. Was heißt Lila? Lila bezeichnet die
Liebesvereinigung von Gott und Göttin, das heißt von Deva und Devi, die
durch ihre erotische Liebesvereinigung die Welt erschaffen. Lila bedeutet:
Das göttliche Liebesspiel, der göttliche schöpferische Liebesakt, die
Vereinigung in der Gottheit. Der Gott und die Göttin heißen in Sanskrit:
Deva und Devi. Der Mann und die Frau, also Adam und Eva, heißen in der
hebräischen Sprache Isch (der Mann) und Ischah (die Frau). In der
französischen Sprache heißen Mann und Frau: Il und Elle. Spielerisch
komme ich zu dem Götterpaar El und Elle oder auch Il und Illi. Der
sumerische Ursprung des Wortes Lilith besteht in dem Namen Lili, wobei
die Göttin Lili eine Mutter- und Liebesgöttin ist, deren männlicher Partner
Lil heißt. Das sumerische Götterpaar also heißt Lil und Lili, aus Lili wurde
dann Lilith. So sehen wir die Eine Einzige Lebendige und Ewige Gottheit
in ihren väterlichen Aspekten ausgedrückt als Deva, Allah, Lil, Il und
letztlich El, dem Herrn. Die Eine Ewige und Lebendige Gottheit in ihrem
mütterlichen Liebeswesen finden wir bezeichnet als Devi, Alilath, Lili,
Elle und letztlich Eloah. Somit scheinen mir die drei Namen deiner Seele –
Illy, Lili und Lilith – auf den hebräischen Gottesnamen ELOAH
hinzuweisen. Von Eloah aber sage ich mit der Kleinen Heiligen von
Lisieux: „Die Liebe Gottes ist zärtlicher als eine Mutter.“ Mit diesen
Gedanken schlafe ich ein und bete Eloah an und lege mein Leben in die
Hand Eloahs. Allergeliebteste Angebetete, verzeihe mir meinen Wahnsinn!
Ich bin schlichtweg wahnsinnig geworden aus Liebe zu Dir!
Danke, Gott, dass ich als Mitschöpferin mit dem Schöpfer zwei Kindern
das Leben schenken konnte
Danke, Gott, dass ich mystisch begnadet bin und den Bräutigam Christus
im Innern meiner Seele in erotisch-mystischer Vereinigung mit meinem
Seelen-Schatten schauen konnte
Danke, Gott, dass ich seelisch und körperlich Zärtlichkeit schenken kann
Danke, Gott, dass ich erkennen kann, dass zwischen Platon und Fichte ein
Unterschied ist
Danke, Gott, dass ich ein sensibles Gespür für meinen heiligen Engel habe
Danke, Gott, dass ich mich beschäftigen kann mit der spirituellen
Dimension der Architektur
Danke, Gott, dass ich ein feines Gespür habe für die Seelen der Blumen,
die Seelen der Tiere und überhaupt für die Seele der Natur
Danke, Gott, dass ich als eine Meisterin in der Kunst des Küssens
unaussprechlich süße Geburtstagsküsschen geben kann...
Danke, Gott, dass ich ein Empfinden für die Schönheit der Natur habe
Danke, Gott, dass ich ein Empfinden für die Schönheit der Kunst habe, in
der Malerei, in der Architektur, in der Musik, im Tanz und in der Poesie
Danke, Gott, dass ich schöne lebendige Frauen und Blumen mit Seele
malen kann
Danke, Gott, dass ich den hohen geistigen Wert von Religion, Philosophie,
Theosophie und Mystik schätzen kann
Danke, Gott, dass ich nicht stolz bin und dass ich meine eigenen
Schwächen und Fehler kenne
Danke, Gott, dass ich ein Dichtergenie geistig befruchten kann in solch
genialer Weise als inspirierende Muse, dass mein Nachruhm gesichert ist,
zwar nicht in der breiten Masse des Volkes, aber gewiss im engeren Kreis
der Gebildeten
Danke, Gott, dass ich mich schön zu kleiden weiß, besonders auch in
Übereinstimmung mit den Stimmungen der Natur
Danke, Gott, dass ich mich wie ein Kunstwerk zu schmücken und zu
schminken weiß
Danke, Gott, dass ich mit meinem gütigen und lieblichen Lächeln
tiefbetrübte Seelen trösten kann
Danke, Gott, dass ich durch meine bloße Gegenwart einem gekreuzigten
Herzen die Schmerzen lindern kann
Danke, Gott, dass ich erfrischende und köstliche Salate machen kann
Danke, Gott, dass ich den Tee mehr schätze als den Alkohol
Danke, Gott, dass ich glauben kann, dass Gott wahrhaftig existiert
Danke, Gott, dass ich mich freuen kann, dass es die Schöpfung gibt
Danke, Gott, dass du mich so wunderbar gemacht hast, so dass ich für
einen mystisch begnadeten Menschen zum Spiegel der Göttlichen
Schönheit geworden bin
Jesus! Amen.
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
LOURDES-ERZÄHLUNGEN
Es war im Jubiläumsjahr 2000, als eine Gruppe von Pilgern aus allen
Teilen der Welt sich aufmachten, nach Lourdes zu pilgern, um die
Unbefleckte Empfängnis zu bitten um das Seelenheil der Großen Kaiserin
Corinna vom Tiber, die gestorben war. Es trafen sich in Lourdes Sankt
Susanna von Rom, die Nichte des Papstes, Hassan der Zweite, der König
von Marokko, Sankt Markus, der Bischof von Alexandrien, Mara von
Moab, die Mutter des Machlon, Josef Maria Mayer, der deutsche Dichter
und Denker, und Kaiser Konrad, der Kaiser des heiligen römischen
Reiches deutscher Nation.
Sankt Susanna von Rom, des Papstes Nichte, war eine heilige Jungfrau,
die Jesus zu ihrem Bräutigam erwählt hatte. Sie war aber trotz ihrer
Jungfräulichkeit von einer zärtlichen geistigen Mutterschaft. Ihr Haar war
kastanienbraun, von Henna rot gefärbt, ihre Augen waren warm und braun,
von schimmernder Freundlichkeit. Ihr Hals war ein weißer Elfenbeinturm
Davids. Wenn sie baden ging, so ließen ihre beiden Mägde Dina und Lea
das Wasser ein und sie badete in den Vatikanischen Gärten, nur von
Kardinälen heimlich beobachtet.
Hassan der Zweite von Marokko war ein Moslem, der alle Christen gerne
an seinen Abendmahlstisch einlud. Dort gab es für die Christen sogar Wein
aus Shiraz. Er selber bereitete das Lamm zur Speise, buk das Fladenbrot
und machte Knoblauchquark und reichte Salat dazu. Er begrüßte jeden, sei
es ein Moslem oder ein Christ, mit den Worten: Komm an meinen
Abendmahlstisch, mein lieber Freund, ich bereite dir sehr gerne, sehr
gerne das kostbare Lamm! In allen Straßen von Agadir hing das Bild von
Hassan dem Zweiten, der ein milder König war.
Sankt Markus, der Bischof von Alexandrien, war ein rechter Pope, das
heißt, er sah aus wie ein Weinfaß. Denn das leckere Essen ist die Erotik
des katholischen Klerus. Er war ein Evangelist und lernte immer wieder
von der Weisheit des heiligen Petrus. Immer, wenn Petrus bei Sankt
Markus zu Besuch war, sagte Sankt Markus zu Petrus: Du bist mein bester
Freund! Ich schätze die Gespräche mit dir! Mit keinem andern Apostel
kann ich so tiefe Gespräche führen wie mit dir, mein Papst!
Mara von Moab, die Mutter des Machlon, war eine schlanke Frau, die trotz
ihrer Mutterschaft immer noch aussah wie eine pythagoräische
Bohnenstange. Sie hatte tiefe dunkle Augen, von nächtlichen Schatten
umkränzt, denn sie trauerte sehr, dass Gott ihr zu ihrem lieben Machlon
nicht noch ein zweites Kind schenkte. Darum litt sie sehr und fand allein in
den Psalmen Davids und in den Klagen Hiobs einen Trost.
Josef Maria Mayer war ein deutscher Dichter und Denker, und seine
Freunde setzten ihn schon in einen Thron neben dem Thron Goethes und
neben dem Thron Dantes. Er aber sagte sich oft: Vanitas Vanitatem! Vanity,
vanity, all that she has, is a vanity-bag! Seine Freunde sprachen: Mein
lieber Freund, das ist vielleicht die Bruderschaft von Genie und Wahnsinn,
aber was du da von dir gibst, ist purer Wahnsinn! Und bist du denn
überhaupt irgendwann einmal nüchtern?
Kaiser Konrad, der Kaiser von Gottes Gnaden, Kaiser des heiligen
römischen Reiches deutscher Nation, war ein Greis, der die ganze Welt
gesehen hatte, denn sein Reich reichte von den Philippinen bis nach Peru.
Er war dem Tode nah und sein letzter Glaubensakt vor seinem Tode war
es, mit den andern Pilgern allen, in Lourdes zu beten zur Unbefleckten
Empfängnis, dass die Augusta Corinna vom Tiber ihren Thron im dritten
Himmel, der Sphäre der Venus, besteigen möge durch die Universale
Barmherzigkeit Gottes.
Um sich die Geselligkeit schöner zu gestalten, beschlossen die Pilger, sich
an den Abenden ihrer Pilgerschaft Geschichten zu erzählen. Sankt Susanna
von Rom, die Nichte des Papstes, sollte den Anfang machen. Sankt
Susanna war sonst sehr schweigsam, aber wenn die Rede auf historische
Kriminalromane kam, dann sprach sie begeistert. So erzählte Sankt
Susanna den historischen Kriminalroman mit dem Titel: Die goldene
Sandale der Himmelskönigin.
DIE GOLDENE SANDALE DER HIMMELSKÖNIGIN
ERSTES KAPITEL
Liebe Leserin, ich bin ein Professor der Philosophie und Theologie an der
dogmatischen Hochschule Benedikt XVI. am Zisterzienserstift Heiligen
Kreuz. Ich habe von meinem Abt Maximilian den Auftrag bekommen, die
religiösen Kriminalromane unserer Zeit zu analysieren. Hier findet man an
jedem Bahnhofkiosk zwischen den schmutzigen Tageszeitungen dicke
Romane, Bestseller, weil sie sich so gut verkaufen, denn das deutsche Volk
lässt sich gern einen Apfel für ein Ei vormachen und ein X für ein U. Da
finden wir die Kriminalromane von Schmierjournalisten geschrieben über
das Leben Jesu, der mit Maria Magdalena verheiratet war, der nicht
wirklich am Kreuz gestorben ist, sondern geflohen ist. Nun teilen sich die
Auffassungen, ob Jesus allein nach Indien gepilgert ist, um ein Yoga-
Meister zu werden, oder ob er mit Maria Magdalena in Frankreich Liebe
gemacht hat und ein Kind gezeugt, welches Stammvater der Merowinger-
Dynastie geworden ist. Diese Dynastie von König Jesus und Königin
Maria Magdalena begründet, wurde in Europa lange unterdrückt,
vermutlich von der Inquisition oder auch von den Freimaurern, aber am
Ende der Zeiten wird die Merowingerdynastie ein Königreich des
Vereinigten Europa errichten. Die Geschichte des Christentums ist eine
Kriminalgeschichte. Schon auf dem Konzil von Nizäa hat sich die
katholische Kirche durch Intrigen gegen die andern christlichen Lehren
durchgesetzt und Christus nachträglich zu einem Gott erklärt, obwohl
Jesus doch nur einfach einer der besten Menschen war, vielleicht ein
Weisheitslehrer, ein Rabbi, ein Prophet oder ein Sozialrevolutionär, aber
wahrlich kein Gott. Dann entstanden die Geheimorden der Templer und er
Prières de Sion, die geheimnisvolle Schätze hatten. Der Papst aber und der
Vatikan und die Inquisition haben den Templerorden unterdrückt,
aufgelöst, und alle Tempelritter gefoltert und hingerichtet, denn der Papst
wollte den geheimen Schatz der Templer haben. Diese Templer hatten
einen geheimen goldenen Kelch, den sie anbeteten, das war der Gral. Der
Gral wurde das ganze Mittelalter gesucht, und es ist sicher dummes Zeug,
dass der Kelch, der das Blut Christi aufgefangen hat, in jeder Heiligen
Messe der katholischen Kirche auf dem Altar steht, nein, sondern der Gral
geht zurück auf das Soma-Opfer der Inder. In den verborgenen Jahren Jesu
war er ja bekanntlich nach Indien gepilgert und hatte die Lehren Buddhas
und der Brahmanen aufgesogen. Die Templer leben aber im Geheimen
fort, und so war Leonardo da Vinci ein geheimer Templer. Auf seinem
Letzten Abendmahl ist darum an der Seite Jesu zu sehen nicht Johannes,
sondern Magdalena, die schöne Sünderin, die Geliebte Jesu, die er, wie die
von der Kirche unterdrückten Evangelien sagen, auf den Mund geküsst
hat. So hat die Kirche viele Evangelien unterdrückt, in denen die
Petruskirche kritisch gesehen wird und eine gnostische Magdalenenkirche
als die bevorzugte Freundin Jesu erscheint. Auch die Rollen von Qumran
sind vom Vatikan natürlich unterdrückt worden, hier sehen wir nämlich
einen ganz anderen Jesus, als ihn der Papst verkündet, welcher ja
bekanntlich, nach einem Wort des großen Reformators Martin Luther, der
Rattenschwanz des Antichristen ist. Bis in moderne Zeiten reicht die
Kriminalgeschichte des Christentums, da der Papst und sein Vatikan mit
dem berühmten Vatikanischen Geheimarchiv den fortschrittlich-liberalen
Johannes Paul den Ersten umgebracht hat und anschließend einen Bund
mit dem CIA geschlossen hat, welcher von der Freimaurerloge geführt
wird, um den Kommunismus zu besiegen. Das ist also die Lehre der
religiösen Kriminalromane, und da das dumme katholische Volk solche
Romane in Massen verschlingt, darum hat mich mein Abt Maximilian
aufgefordert, auch einen religiösen Kriminalroman zu schreiben. Ich
widme ihn meiner evangelischen Schwester Schoschanna, er behandelt im
Stile eines historischen Romans den Diebstahl der goldenen Sandale der
Himmelskönigin.
Schwester, ich gebe dir einen sachlichen Bericht über Ophoven. Im Jahre
1191 nach der Geburt unsres armen Herrn Jesus Christus beliebte es Otto
von Born, der vermählt war mit seiner Frau Petronella, den
Zisterzienserinnen von Heckenrode einen an dem schönen blauen Flusse
Rur gelegenen Schaphauser Hof zu vermachen. Er bat sie, für sein
Seelenheil zu beten. Dem Kloster der Zisterzienserinnen stand der Zehnte
zu, wie man im Buch Maleachi lesen kann. Aber vergeblich wurde immer
wieder gepredigt, das christliche Volk solle den Zehnten zahlen, es ward
doch immer dagegen gestritten. Geldgier ist die Wurzel allen Übels, wie
Jesus Sirach in der Bibel sagt. Auch nach dem Tode des Otto von Born –
ob er im Himmel ist oder im Fegefeuer oder gar in der Hölle, das weiß
Gott allein – nach seinem Tode bestätigten seine Witwe Petronella und ihr
Sohn die Pflicht des Volkes, den Zehnten zu zahlen. Die Äbtissin von
Heckerode war Jutta von Wasserberg, eine Herzogin von Limburg, die im
Jahr 1197 das Tochterkloster des großen weltberühmten Klosters Citeaux
leitete. Zu dem Kloster gehörte eine Klosterkirche. Dort wurde besonders
die Mutter Gottes verehrt als das Vorbild aller christlichen Frauen.
Ursprünglich lebten mit den Nonnen aber auch Mönche in Ophoven, die
hatten nämlich die schwere Waldarbeit und Feldarbeit und Bauarbeiten an
der Klosterkirche zu tun. Ab 1232 hört man aber von keinen Mönchen
mehr, es blieben die Frauen Christi zur Pflege des Seelenheils allein
zurück. Die Wallfahrtskirche von Ophoven ist der Überrest des Konvents.
Ursprünglich war sie eben die Klosterkirche der Zisterzienserinnen, sie
stammt aus der Zeit um 1200, der Blütezeit der deutschen Frauenmystik
(Hildegard von Bingen, Gertrud die Große, Mechthild von Magdeburg und
andere). Um 1500 wird die ehemalige Klosterkirche Pfarrkirche des
Pfarrbezirks. Um 1700 wird die Kirche von Pfarrer Abraham renoviert, er
liegt auch in der Kirche begraben. In der Kirche befindet sich das
Gnadenbild der Jungfrau Maria als Mater amabilis, das heißt: Die liebliche
Mutter! Die liebenswürdige Mutter! Das Gnadenbild der Lieblichen
Mutter stammt aus dem Jahr 1350. Patroninnen der Kirche sind neben der
Gottesmutter auch noch die heilige Agatha, eine frühchristliche
Märtyrerin, die ein sehr schönes Mädchen war, jungfräulich leben wollte
um des Himmelsreichs willen, ihr wurden im Martyrium die Brüste
abgeschnitten – darum ist sie auch Schutzpatronin aller Glockengießer.
Der Altar der Kirche ist der Jungfrau Maria als Gottesgebärerin gewidmet
und zeigt auf der Altarwand das Leben der Jungfrau Maria. Erst wird
gezeigt, wie Adam und Eva für eine Feige das Paradies verscherzt haben,
wie Abraham dann seinen Sohn dem Herrn aufopfern musste, und wie
schließlich Christus seine Gnade seinen Christen durch die sieben
Sakramente eingießt. Das Leben der Jungfrau Maria zeigt die Szene, da
der Engel Gabriel sagt: Freue dich, du Gnadenvolle, der Herr ist mit dir!
Und gebenedeit bist du unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht
deines Leibes, Jesus, sagte die Cousine Elisabeth. Das meditieren wir im
Rosenkranz. Dann muß die heilige Jungfrau mit dem göttlichen Kind nach
Ägypten fliehen, während Herodes den Holocaust an den kleinen Kindlein
vollstreckt. Am Ende entschläft die Jungfrau im Kreis der zwölf Apostel,
Johannes an ihrem Haupt, Petrus an ihren Füßen, dann kommt Christus
und nimmt die Psyche der Jungfrau als ein junges Mädchen in den Himmel
auf: Veni sponsa mea, komm, meine Braut, komm mit mir, herab von den
Bergen des Libanon, von den Wohnungen den Panther und Leoparden! So
wird Maria von Jesus mit verklärtem Leib und Seele in den Himmel
aufgenommen. Der Zweifler Thomas zweifelte an der leiblichen Aufnahme
Mariens in den Himmel, da fand er ihren Gürtel im Grabe liegen, nur ihren
Gürtel, den trug er auf den Gipfel des Olymp, wo er im Kreuzkloster als
Reliquie verehrt wird, der Liebreizgürtel der Mutter der Schönen Liebe
oder, wie die orthodoxen Griechen sagen, der Panhagia Aphroditissa. Das
Gnadenbild der Mutter Maria, der lieblichen und liebenswürdigen Mutter
stammt aus dem Jahr 1350, es zeigt die junge schöne Mutter mit dem
göttlichen Kind. Maria hat ja Jesus mit vierzehn Jahren empfangen, das
Kind in den Armen der Mutter ist etwa zwei Jahre alt, die Madonna ist also
eine sechzehnjährige Schönheit! Man hat die Madonna bekleidet mit edlen
und kostbaren Gewändern und auch dem Kinde kostbaren Kleidung
geschenkt. Die Wunder der lieblichen Mutter von Ophoven waren weit
berühmt, viele Heilungen und andre Gebetserhörungen sind bezeugt.
Mächtige Fürsten und Herrscher zogen mit Tross und Mannen an die Rur
zur lieblichen Mutter, um ihr Seelenheil zu bitten. Heute noch finden
Wallfahrten statt zur lieblichen Mutter, dabei werden über die holländische
Grenze Süßigkeiten geschmuggelt und die Knaben klauen unter dem
Lächeln der Madonna leckere Äpfel aus Nachbars Garten. Bis 1826 besaß
die Kirche von Ophoven den Reliquienschatz eines Schuhs Mariens, der
aber in der Nacht zum achten Dezember, dem Festtag der unbefleckten
Empfängnis Mariens, frei von allem Makel der Erbsünde, gestohlen wurde
und bis heute nicht wieder aufgetaucht ist. Darauf erbat sich die Kirche
von Ophoven aus Rom eine neue Reliquie und bekam ein Stück vom Rock
Mariens, der in einer Monstranz aufbewahrt wird.
ZWEITES KAPITEL
Liebe Leserin, die Geschichte erfordert es, dass ich die Historie berichte
vom deutschen König Konrad III. Er ward geboren im Jahr 1093 und ist
gestorben am 15. Februar des Jahres 1152 in Bamberg und sein Leib liegt
begraben im Bamberger Dom. Er gehörte zu dem Geschlecht der Staufer.
Von 1127 bis 1135 war er selbsternannter Gegenkönig, der sich aber doch
dem König Lothar III. unterwerfen musste. Im Jahr 1138 ist er dann
rechtmäßig zum König gewählt worden und wurde so der Nachfolger
Lothars III. Da der Welfe Heinrich der Stolze sich weigerte, König Konrad
III. anzuerkennen und ihm zu huldigen, nahm Konrad dem Welfen das
Herzogtum Sachsen und das Herzogtum Bayern ab. Im Jahre 1142
erkannte Konrad aber Heinrichs des Stolzen Sohn, Heinrich den Löwen,
als Herzog von Sachsen an. Im Jahre 1146 ließ sich Konrad vom heiligen
Bernhard von Clairveaux, dem Troubadour Unserer Lieben Frau und
Minnesänger des süßen Namens Jesu, zum Kreuzzug gegen die Muslime
im Heiligen Land begeistern. Nach Deutschland zurückgekehrt, starb
Konrad während der Vorbereitungen einer Reise nach Rom und im Kampf
gegen aufständische Welfen. Als seinen Nachfolger designierte er nicht
seinen Sohn, sondern seinen Neffen, den späteren Kaiser Barbarossa. Nun,
meine Leserin, diese knappen Notizen werden dir in deiner Wissbegierde
nicht genügen, darum füge ich folgendes hinzu: Konrad war deutscher
König von 1127, genauer gesagt von 1138 bis zum Jahr 1152, er war
Herzog von Ostfranken seit 1116 und auch König von Italien. Er war der
zweite Sohn des Herzogs Friedrich I. von Schwaben aus dem Hause der
Staufer und der Agnes von Waiblingen, einer Tochter von Kaiser Heinrich
IV. Konrad wurde im Jahre 1116, als sein älterer Bruder Friedrich II. von
Schwaben zum Reichsverweser für Kaiser Heinrich V. aufstieg, zum
Herzog im östlichen Franken ernannt. Nach einer Pilgerfahrt ins Heilige
Land ließ er sich am 18. Dezember 1127 zum deutschen Gegenkönig
ausrufen. Gegen Lothar von Süpplingenberg aber konnte Konrad sich nicht
durchsetzen und musste sich dem deutschen König Lothar III. im Jahre
1135 unterwerfen. Zu dieser Zeit heiratete er Gertrud von Sulzbach.
Erzbischof Albero von Trier förderte am 7. März 1138 in Koblenz die
Wahl Konrads zum römischen König deutscher Nation, am Pfingstfest
desselben Jahres wurde das Königtum Konrads vom deutschen Adel
angenommen, mit Ausnahme der Welfen, weshalb der Welfe Heinrich der
Stolze die Herzogtümer Sachsen und Bayern verlor. Der staufisch-
welfische Gegensatz, den Konrad nicht aufheben konnte, behinderte die
deutsche Außenpolitik. Das Ziel Konrads, die Eroberung des
süditalienischen Normannenstaates, konnte nicht erreicht werden, denn
Süditalien war schon Manuel I. von Byzanz versprochen als Mitgift seiner
Braut Bertha, welche später den Namen Irene annahm. Konrad führte als
Zeichen seiner königlichen Autorität die gehobene Urkundensprache ein
und war ein Wegbereiter des späteren Kaisers Barbarossa. Liebe Leserin,
mit weiblicher Neugier erkundigst du dich nach der deutschen Königin
Gertrud. Was wissen wir von der Frau im Leben Konrads? Nun, er war
zweimal verheiratet. Im Jahre 1115 heiratete er Gertrud von Comberg, die
im Jahre 1130 starb. Nach dem Tod seine ersten Frau heiratete Konrad im
Jahre 1131 Gertrud von Sulzbach. Allerdings liegt der Flecken auf
Konrads Biographie, dass er vor seiner ersten Ehe im Konkubinat mit der
Frau Gerberger zusammenlebte und mit ihr uneheliche Töchter und Söhne
zeugte. Konrad wurde im Jahre 1128 in Monza zum König des
Königreichs Italien gekrönt. Am 7. März 1138 wurde er in Koblenz zum
römischen König deutscher Nation gewählt und als solcher am 13. März
1138 gekrönt. Konrad war eine ritterliche Erscheinung von edler Gestalt,
ein tüchtiger Ritter und Krieger, lebendig und gesellig, fröhlich und fromm
und bei Verfehlungen der Reue fähig. Von 1147 bis 1149 nahm Konrad auf
Anregung des heiligen Bernhard am zweiten, leider missglückten
Kreuzzug gegen die Seldschuken teil. Bernhard hatte im Dom von Speyer
eine feurige Rede gehalten zur Befreiung des Heiligen Landes von den
Muslimen, die Jerusalem erobert hatten, denn seit Mohammed versuchte
der Islam die Welt mit dem Schwert zu missionieren. Die deutschen
Kreuzritter wurden am 25. Oktober 1147 bei Doryläum von den
Seldschuken geschlagen und fast vollständig aufgerieben. Konrad und
König Ludwig VII. von Frankreich erreichten zu Schiff Jerusalem, kehrten
aber ohne Erfolg zurück. Unter Konrads Regierung und zu Zeiten des
Petrus-Amtes von Papst Eugen III. hatte der politische Einfluß der heiligen
römisch-katholischen Kirche auf die Reichsgeschäfte des römischen
Reiches deutscher Nation ihren Höhepunkt erreicht. Dennoch gelang es
Konrad nicht, trotz eines Angebots von Papst Eugen III., deutscher Kaiser
zu werden, aber er war das Vorgebirge zu den drei großen Gipfeln der
Staufer: Barbarossa, Heinrich VI. und Friedrich II. Unvergesslich bis zum
Ende blieb ihm die feurige Predigt des heiligen Bernhard im Dom von
Speyer, denn der Gelehrte der honigfließenden Reden hatte seine
Beredsamkeit, seit die Mutter Christi ihn mit ihrer eigenen Milch genährt
hatte. Konrad war gebrochen und krank aus dem Heiligen Land
zurückgekommen und starb mit fünfzig Jahren zermürbt und enttäuscht.
Seine Gattin Gertrud begleitet ihn bis zu seinem Ende, die deutsche
Königin Gertrud war eine Frau von tiefem ernstem Glauben an die
göttliche und katholische Offenbarung. Nun, du fragst dich sicher, liebe
Schwester, warum ich dir so lang und breit von dem alten Konrad
erzählen, aber du musst wissen, dass er es war, der aus Jerusalem den
Schuh Mariens mitgebracht hatte. Nach seinem Heimkehr aus dem
Heiligen Land hatte er die kostbare Reliquie des Schuhs Mariens dem
Zisterzienserinnenkloster zu Obhoven geschenkt, damit die frommen
Bräute Christi zur Zeit seines Abscheidens seine sündige Seele erbitten
von der göttlichen Barmherzigkeit.
Vom Schuh Mariens ist schon in den Visionen des blinden Sehers Homeros
von Chios die Rede. Du wunderst dich, dass ich dir mit einem alten
heidnischen Dichter komme? Die heilige Katharina von Alexandrien
bewies einst den heidnischen ägyptischen Philosophen allein aus Homer
und Platon die Wahrheit des katholischen Glaubens, für dessen Wahrheit
sie ihr Leben opferte. Platon berichtet von Sokrates, der sagte: Eines Tages
wird der Gerechte noch vor den Toren der Stadt gekreuzigt werden! Was
aber sagte Homer? Ein Hirte hatte eine göttliche Vision, er sah die
mächtige Himmelskönigin Hera, die weisheitvolle Göttin Athene und die
liebreizende Göttin Aphrodite. Diese Dreifaltigkeit weist auf die
Dreifaltigkeit Gottes hin, denn die Theologen des Mittelalters nannten den
Vater die Allmacht und den Sohn die Weisheit und den Heiligen Geist die
Schöne Liebe. Nun stand der Hirte in Asia auf dem Berge und sah die
göttliche Allmacht mit ihrem mächtigen Lilienarm und die
Himmelskönigin trug goldene Sandalen, er sah die göttliche Weisheit, die
jungfräulich aus dem Haupt des Vaters geboren worden, und sie trug das
Schwert des Wortes, und sie sah die göttliche Liebe als die Idee der
Schönheit, und sie trug den Gürtel der Charis, den Gürtel der Gnade, auch
Liebreizgürtel genannt. Die Himmelskönigin Hera mit dem Lilienarm (und
Lilie heißt auf hebräisch Schoschanna), sie wollte als Fürsprecherin zu
Zeus treten, dem Vater der Götter und Menschen, und für die Griechen
bitten, da ging sie zur göttlichen Aphrodite und borgte sich von ihr den
Gürtel der Charis, den Gnadengürtel, und mit dem Gnadengürtel der
göttlichen Liebe angetan trat die Himmelskönigin in ihren goldenen
Sandalen zu Zeus, das heißt zu Theos, und trat als Fürsprecherin ein für die
Griechen, und Zeus erhörte ihr Gebet.
Wir sehen also die Himmelskönigin in goldenen Sandalen, angetan mit
dem Gürtel der Gnade, also, wie die Bibel sagt, gegürtet an den Lenden
des Gemütes, mit dem Lilienarm, denn die Himmelskönigin ist die Lilie
unter den Disteln, wie Salomo sagt, und wir sehen sie als Fürsprecherin
beim Vater des Himmels, dem Gott der Götter und Vater der
Menschenkinder. Dies ist also eine prophetische Vision des blinden Sehers
von der Himmelskönigin Maria.
Wenn du aber dem Logos Spermatikos, das heißt, dem Samen der
göttlichen Wahrheit in den Lehren der Heiden, nicht vertraust, sondern
allein dem Logos, der in der Heiligen Schrift bezeugt ist, so höre dies,
meine evangelische Schwester: Als Adam und Eva um den Genuß einer
Feige (la figue) willen den Garten Eden verscherzt, da machte Gott eine
Verheißung zu ihrer Hoffnung. Gott sprach zur Schlange Satan:
Feindschaft setze ich zwischen dich und die FRAU! Feindschaft setze ich
zwischen deinen Samen und den Samen (Spermos) der FRAU und er wird
der Schlange das Haupt zertreten, so heißt es im hebräischen, er wird
zertreten, aber im lateinischen heißt es: Sie, die Frau, wird der Schlange
das Haupt zertreten. Das ist der Anfang des Evangeliums im Buche
Genesis. Der Fuß der FRAU wird der Schlange Satan das Haupt zertreten.
Im Buch Judith ist es Judith, das heißt, die vollkommene Tochter Juda, die
das Haupt des Feindes abschlug, und sie schmückte sich, wie es in der
Schrift heißt, mit schönen Sandalen, nicht aus böser Lust, sondern Gott
zum Lobpreis. Und es ist die größte Demütigung des Feindes, dass der
allmächtige Gott den Feind durch die Hand der FRAU gestürzt hat. Am
Ende der Heiligen Schrift in der Apokalypse erscheint am Himmel das
Zeichen der FRAU, die gegen den scharlachroten Drachen kämpft, gegen
die alte Schlange. Und es ist diese FRAU der Offenbarung, die wir in der
Jungfrau Maria verehren, und wir verehren ihren Fuß, weil dieser schöne
Fuß der wunderschönen Madonna der Schlange das Haupt zertreten wird!
So steht es geschrieben! Und indem wir den Schuh Mariens verehren,
nämlich die goldene Sandale der Himmelskönigin, verehren wir den
schönen Fuß der schönen Madonna, und in dem wir die schöne Madonna
verehren, beten wir den allmächtigen Gott an, der der FRAU die Macht
gegeben hat, den Satan zu zertreten!
Hier also nun der Worttext der Schenkungsurkunde, mit welcher der
deutsche König Konrad, dem Kloster von Ophoven den Schuh Mariens
schenkte: „Wir, König von Gottes Gnaden, Konrad der Dritte, König des
heiligen römischen Reiches deutscher Nation, König von Deutschland und
Italien und Herzog von Ostfranken, kurz vor unserm Abscheiden aus dem
Jammertal (valle lacremosum), zur Ehre der Himmelskönigin (Regina
coeli) und zur Ehre des heiligen apostolischen Glaubens und zur ewigen
Anbetung unseres Gottes und Herrn Jesus Christus, vermachen dem
Zisterzienserinnenkloster von Ophoven zur frommen Verehrung den Schuh
Mariens, den die allgütige Vorsehung Uns auf unserm Pilgerzug zum
heiligen Grabe Christi im Heiligen Lande finden ließ, und bitten mit der
Gabe dieser kostbaren Reliquie die Bräute Christi in immerwährenden
Gebeten für Unsre Majestät und Unsre Gemahlin und Unsre Nachfolger im
deutschen Regententum in diesem Leben und auch nach dem Abscheiden
zu beten und zu flehen, auf dass Wir, in den Kämpfen um die Macht und in
den Irren der menschlichen Liebe befleckter Sünder, der Wir sind, nicht
aufgrund eigenen Verdienstes, sondern ganz allein aufgrund der
unerforschlichen Barmherzigkeit Jesu, unsres Herrn, die ewige Seligkeit
am Ziel unsres Glaubens erreichen. Dazu verhelfe Unsrer armen Seele
neben den frommen Gebeten der gottgeweihten Töchtern des heiligen
Bernhard vor allem die allmächtige Fürsprache der allerseligsten und
allerschönsten Jungfrau Maria, die bei ihrem göttlichen Sohn alles erlangt,
was sie erbittet. Zur größeren Ehre Gottes! Konrad.
DRITTES KAPITEL
VIERTES KAPITEL
Lutheraner:
Warum betest du zu Maria? Du hast doch Gott zum Vater und Jesus zum
Bruder!
Katholik:
Und hast du Gott zum Vater und Jesus zum Bruder und hast du nicht Maria
zur Mutter?
Lutheraner:
Ihr macht Maria zur Abgöttin!
Katholik:
Anbetung sei dem ewigen Gott allein! Aber Jesus hat uns unterm Kreuz
Maria zur Mutter gegeben.
Lutheraner:
Mutter, Mutter, wenn ich das schon höre! Du meinst wohl, die Kirche sei
eine heilige Mutter?
Katholik:
Ja, die heilige, apostolische und katholische Kirche gebiert die Menschen
zu Kindern Gottes durch das Bad der Wiedergeburt, welches die Taufe ist,
und ernährt sie mit dem Wort Gottes und mit dem Brot des Lebens,
welches Christi Leib ist, darum ist sie eine Mutter.
Lutheraner:
Ich glaube, was Martin Luther gelehrt hat: Allein die Gnade durch den
Glauben macht gerecht vor Gott, und dazu braucht es keine Kirche.
Katholik:
Luther meinte, den einen schenkt Gott die Gnade und macht sie zu
Gerechten und die andern verstockt Gott und macht sie zu Verdammten,
denn in Gott ist Gutes und Böses, und entweder reitet die Gnade auf dir
oder der Satan reitet dich, das steht in der freien Willkür Gottes. Nicht so
ist der christliche Glaube, sondern Gott will, dass alle Menschen gerettet
werden.
Lutheraner:
Und braucht es zur Rettung denn eure verdammten Werke und Verdienste?
Katholik:
Luther meinte, Gott habe Maria nicht um ihr Jawort gebeten, sondern er
habe sie mit seiner Gnade vergewaltigt und ohne ihr Jawort den Sohn in
ihr gezeugt. Nicht so der heilige Glaube, sondern Gott erbittet die
Mitwirkung des Menschen am Heil, so bat Gott Maria auch um ihr Jawort,
und sie gab es ihm, und daraufhin erst zeugte Gott in der willigen Maria
den Sohn.
Lutheraner:
Und nun Jesus geboren ist, so bitten wir den Herrn Jesum allein und nicht
eure Jungfrau Marie. So hat doch auch Jesus zu Maria gesagt: Weib! Was
hab ich denn mit dir zu schaffen!
Katholik:
Das hat Jesus nicht gesagt, sondern er hat gesagt: Frau! Was ist das
zwischen dir und mir? Und dann hat er auf ihre Fürsprache hin das erste
Wunder getan.
Lutheraner:
Da hast du es, Jesus nennt sie Weib oder Frau, aber nicht Muttergottes!
Katholik:
Er nennt sie Frau, aber wieso meinst du, das sei eine Abwertung? Wie
denkst du über die Frau? Er nennt sie Frau, weil sie die Frau ist, die in der
Genesis prophezeit ist, die dem Satan den Nacken zertritt. Denn sie ist die
Frau der Genesis, die Frau der Hochzeit zu Kana, die Frau unterm Kreuz
und die apokalyptische Frau.
Lutheraner:
Das hast du den Widerspruch: Ihr sagt, Maria sei ohne Erbsünde
empfangen und darum auch schon auferstanden von den Toten und mit
Leib und Seele in den Himmel aufgenommen. Und weil sie nicht unter
dem Fluch Evas stand, habe sie auch ohne Schmerzen Jesus geboren. Aber
nun gebiert die apokalyptische Frau in Schmerzen den Messias.
Katholik:
Maria bringt unter Schmerzen den mystischen Leib Christi hervor, nämlich
die Kirche. So wie sie die Mutter des Hauptes ist, so ist sie auch Mutter
des Leibes. Denn keine Mutter hat das Haupt je ohne den Leib
hervorgebracht. Wer aber das Haupt Christus ehrt und als Glied an seinem
Leibe die Mutter nicht ehrt, die ihn hervorgebracht hat und sich nicht von
Maria gebären lässt zu einem Glied an seinem mystischen Leib, welcher
ist die katholische Kirche, wer also behauptet Gott zum Vater zu haben,
aber Maria nicht verehrt als seine Mutter, der hat den Vater der Lüge zum
Vater.
Lutheraner:
Und ihr Papisten betet in eurem Papst, den ihr über die Bibel stellt, den
Rattenschwanz des Antichristen an!
Katholik:
Und ihr Lutheraner habt den mystischen Leib Christi zerrissen und damit
dem Herzen Jesu eine schwere Wunde zugefügt.
Lutheraner:
Wenn ihr nicht die Bibel allein als Fundament des Glaubens nehmt,
sondern Papst und Konzilien hinzu, so werden wir uns niemals einig.
Katholik:
Und bevor ich mit dir weiter disputiere, bitte du die Jungfrau Maria, dich
in die Wahrheit über ihren Sohn einzuführen, dann wird sie dir verbieten,
deinen Augsburger Katechismus weiter zu studieren.
Lutheraner:
O Jungfrau Maria, du Mutter von Joses, Jakob, Simon und den Schwestern
Jesu...
Katholik:
Und nun würde Luther dich einen schweren Häretiker nennen, denn
Luther, Calvin und Zwingli glaubten an die immerwährende
Jungfräulichkeit Mariens, wie es Dogma der Kirche ist.
Lutheraner:
Wie soll denn Maria Jesus geboren haben und dennoch Jungfrau geblieben
sein?
Katholik:
Semper virgo! Virgo intacta! Mysterium fides!
Lutheraner:
Das kann ich nicht glauben.
Katholik:
So glaubst du der von Gott offenbarten Wahrheit nicht, denn wenn du
gegen die von Christus gestiftete Kirche streitest, so streitest du gegen
Christus.
Lutheraner:
So willst du mich wohl auf den Scheiterhaufen werfen?
Katholik:
Ich bitte die Jungfrau Maria, die Besiegerin aller Irrlehren in der Welt, dich
zum göttlichen und katholischen Glauben zu bekehren.
Lutheraner
(ironisch)
Ich danke für dein Gebet!
FÜNFTES KAPITEL
In der Nacht zum 8. Dezember 1826 wurde der Schuh Mariens aus der
Kirche zu Ophoven gestohlen! Oh wo bist du hin, du goldene Sandale der
Himmelskönigin? Wohin bist du entschwebt? Ich streife durch alle Felder
und frage das Korn: Weißt du, Weizen, wo die goldene Sandale der
Himmelskönigin ist? Ihr Hühner, sagt mir, wo ist der Schuh meiner
Herrin? Ihr Fasane und ihr Rehe auf den Auen, habt ihr die goldene
Sandale meiner Fürstin gesehen? Aber die Kreaturen schweigen. Ihr
Glocken, bei den Glockenbrüsten der heiligen Agatha, läutet Sturm und
weckt die fünfhundert Christen von Ophoven, auf dass wir alle suchen den
verlorenen Schuh der Herrin! Sagt mir, ihr Grashüpfer und ihr grünen
Raupen in den Kastanienbäumen, saht ihr der Herrin Fuß
vorüberschlüpfen? Hebt eure Häupter, ihr Gräser, rauscht im Winde, ihr
Büsche und Sträucher, schüttelt eure Kronen im Himmel, ihr Bäume, und
gebt uns Kunde, wo die goldene Sandale der Königin der Liebe ist? Und
wenn du schweigst, o Deutschland, meine blonde, bleiche Mutter, so frag
ich die süße La France: O la France, Geliebte, bei deinem heiligen Engel,
sahest du den Schuh der Jungfrau Maria? Und wenn du deine blühenden
Lippen verschließt, La France, so frag ich dich, Lusitanien: Bei deinem
heiligen Fatima, wo ist der Schuh der Gottesmutter hin? Wenn du es nicht
weißt, Europa, so frag ich dich, du schwarze Afrika: Sahest du den Schuh
des himmlischen Mädchens? Ihr Äthiopier, habt ihr ihn gesehen, ihr
Schwarzen von Ruanda, saht ihr die Sandale der Jungfrau? Aber weißt du
es nicht, o schwarzes Afrika, so geh ich zur uralten Mutter Asia: Jungfrau
China, gegürtet an den Lenden deines Gemüts mit der Großen Mauer, hast
du die Jungfrau gesehen, die Königin Chinas? Und du, Mutter India, bei
deinen hindusanften Augen einer heiligen Mutterkuh, hast du die bloßen
Füße der Unbefleckten gesehen? Und du, kaiserliches Japan mit deinen
bebenden Inseln, ich beschwöre dich bei deiner Kirschblüte, sahest du die
strahlende Sandale der Mutter der Barmherzigkeit? Wenn ihr es nicht
wisst, ihr uralten Hochkulturen, so frag ich Ozeanien: Papua-Neuguinea,
bei deinen siebenhundert Sprachen, und ihr, Katholiken der Philippinen,
habt ihr die heilige Mutter vorüber wandeln sehen mit ihren bloßen Füßen?
Und wenn ihr es nicht wisst, O Jawa und Sumatra, so frag ich euch, ihr
Osterinseln, bei euren steinernen Götzen, habt ihr die himmlischen Mutter
gesehen? Und du, Bolivien mit deinen jungen schönen Mädchen, und du,
Chile, mit deinen Poeten, und du, Nicaragua, mit deinen wilden Dichtern,
und du Mexiko, mit deiner allerheiligsten Ikone der Jungfrau, sagt, ob ihr
die goldene Sandale der Himmelskönigin gesehen habt? Und wenn
Südamerika es nicht weiß, so frag ich Nordamerika und Kanada und die
Eskimos, ob sie die himmlische Mutter gesehen? Sagt es, Grönland,
Skandinavien, England, ob ihr die Jungfrau habt vorüberwandeln sehen?
Und du, o Polen, bei deiner schwarzen Königin und Göttin vom klaren
Berg, und du, heiliges Mütterchen Russland, beim unbefleckten Herzen
des Mütterchens Gottesmutter, hast du Maria gesehen und den Schuh
Mariens an ihren kleinen Füßen? Aber die Erde schweigt. O Venus,
Geliebte, sahst du die Jungfrau? O Sonne, du strahlende Herrin, sahst du
die Mutter vom Himmel? Und du, Andromedanebel, hast du die Königin
des Himmels gesehen? Sag mir, geliebtester Carina-Sternennebel, hast du
die Königin des Weltalls und die Herrin der armen Seelen gesehen? O du
goldene Sandale der Himmelskönigin, bist du denn aus der ganzen
Schöpfung geschlüpft und reichst du in das himmlische Jerusalem am
Busen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit?
SECHSTES KAPITEL
Morgens um fünf erhob sich Schwester Susanna vom Lager und betete vor
dem Kruzifix und vor der Ikone der Muttergottes ihr Morgengebet, da
hörte sie wie ein leises Flüstern eine himmlische Mädchenstimme in ihrem
Herzen flüstern den Namen: Clemens Maria Brentano. Susanna dachte:
Jungfrau, was willst du mir sagen mit dem wirren Poeten der
überschäumenden Phantasie? Manche nennen ihn einen Satanisten und
einen dämonischen Mann! Aber sie traute der Eingebung und besorgte sich
das Lexikon der deutschen Dichter aus der Klosterbibliothek und las:
Clemens Brentano ist am 9. September 1778 in Ehrenbreitstein geboren,
welches man heute Koblenz nennt. Als seinen Geburtstag gab er aber
immer den 8. September an, denn der 8. September ist der kirchliche
Feiertag Mariä Geburt. So gab er seine Werke unter dem Pseudonym
Maria heraus, darum nennt man ihn auch Clemens Maria Brentano. Er
gehör zu den Hauptvertretern der Heidelberger Romantik. Er ist katholisch
getauft und begab sich als junger Mann zum Studium, nahm das Studium
aber nicht ernst, sondern wollte poetisch leben. Er lernte Wieland und
Herder und Goethe kennen und lernte Fichte und Friedrich Schlegel und
Tieck kennen. Er schrieb seinen ersten verwilderten Roman unter dem
Pseudonym Maria mit dem Titel: Das steinerne Bild der Mutter. 1801 ging
er zum Studium der Philosophie nach Göttingen. O Göttingen und deine
Philosophen! Dort lernte er auch Achim von Arnim kennen, mit dem er bis
1811 zusammenlebte. Er heiratete seine große Liebe Sophie Merau und
zog 1804 nach Heidelberg. Zwei seiner Kinder starben gleich nach der
Geburt, bei der Geburt des dritten Kindes starben das Kind und die Mutter.
Seit 1809 lebte Brentano in Berlin und schrieb die Romanzen vom
Rosenkranz, ein großes Versepos zu Ehren der Jungfrau Maria, welches
manche mit Goethes Faust und Dantes göttliche Komödie verglichen. Um
1815 geriet er in Berlin in eine tiefe Lebens- und Sinnkrise. Er wandte sich
erst der pietistischen Erneuerungsbewegung zu, kehrte dann aber zur
heiligen römisch-katholischen Kirche zurück. Diesen Prozess der
Konvertierung führte die Pastorentochter Luise Hensel an, in die er sich
verliebt hatte. Erst erwog er, Protestant zu werden, um die protestantische
Pastorentochter heiraten zu können, entschied sich aber doch, der wahren
Kirche der Apostel beizutreten. Dann bemühte er sich, Louise Hensel zur
Konvertierung zu bewegen. 1818 wurde Luise Hensel Katholikin. Die
Lyrik Brentanos an Louise ist eine Mischung aus Romantik, geistlichem
Lied und Erotik. 1818 ging Brentano fort aus Berlin, um am Krankenlager
der stigmatisierten Nonne Anna Katharina Emmerick deren Visionen vom
Leben des armen Herrn Jesus und vom Leben der seligen Jungfrau Maria
aufzuschreiben. Nach dem Tod der Seligen Anna Katharina im Jahr 1824
gab er das Leben der Jungfrau Maria heraus. Die katholische Kirche stellt
fest, dass die Visionen der Seligen Anna Katharina über das Leben Jesu
und Mariens echt sind, allerdings in der vom Dichter herausgegebenen
schriftlichen Fassung sich manches eigene Gedankengut des romantischen
Dichters findet.
Susanna dachte: Was macht der Dichter, der erst einen Roman schrieb über
das steinerne Bild der Mutter, dann die Romanzen vom Rosenkranz
dichtete als ein gewaltiges Epos und dann die Visionen einer
Stigmatisierten über das Leben der Jungfrau Maria niederschrieb, was
macht er heute, zwei Jahre nach dem Tod der Seligen Anna Katharina?
Und Susanna erkundigte sich und fand heraus den Wohnort der
romantischen Dichters und reiste dahin und kam in der Abendstunde an
und schaute durch das Fenster des Hauses und sah den Dichter verzückt
knieen und den Schuh Mariens küssen!
Plötzlich sah Schwester Susanna von der mystischen Rose im Spiegel des
romantischen Dichters eine charismatische Vision, ein Gesicht, und was
sie sah, siehe, das war eine Stadt im Heiligen Land, vermutlich Haifa, dort
sah sie eine Prozession von Engeln, weißgekleideten Engeln, kleinen
Knaben gleich, die zogen in einer feierlichen Prozession zum Berge
Karmel und zogen den Berg Karmel hinauf, und der Berg Gottes ist ein
fruchtbarer Berg, und oben auf dem Gipfel sangen sie Hymnen an die
allerseligste Jungfrau: Salve Regina Coeli! Und da sah Schwester Susanna
von der mystischen Rose am blauen Himmel über dem Karmel,
verschleiert von weißen Wolken, die allerseligste Jungfrau. Ihre bloßen
Füße standen auf den Wipfeln des Waldes vom Berge Karmel. Ihre
schlanke Gestalt war umflossen von einem feinen weißen Seidengewand,
das schien wie transparent zu sein. Umhüllt war die himmlische Madonna
von einem himmelblauen Umhang, den sie weit über das Heilige Land
ausbreitete. Auf ihrem Haupt saß ein weißer bräutlicher Schleier, denn sie
ist die Frau, die Gefährtin Jesu. Aus ihrem weißen Schleier quollen
goldene Locken. Ihr Antlitz war anmutig, weiß und schlank, ihre
kusslichen Lippen waren lächelnd, charmant, und ihre Augen strahlten vor
Liebe und Freundlichkeit. Und sie begann zu sprechen, auf deutsch, aber
schön, und Schwester Susanna von der Mystischen Rose hörte ihre
Stimme innerlich: Meine liebe Tochter, ich bin die Hilfe der Christenheit,
und ich sage dir, dass mein Schuh, den meine geliebten Kinder in Ophoven
verehrten, nun zu meinem bevorzugten Favoriten, dem romantischen
Dichter gekommen ist. Er hat mir seinen Diebstahl gebeichtet, schweren
Herzens, denn er fürchtete sehr, ich würde ihm gebieten, den Schuh der
Kirche von Ophoven zurückzugeben. Aber ich sah in die Tiefe seines
Herzens, ich sah, dass alle seine Liebe mir allein gilt. Seine Liebe zu mir
steht zwar in keinem Verhältnis zu meiner Liebe zu ihm, aber ich freue
mich über seine Liebe zu mir. Ich erlaube ihm, niederzuknieen vor mir und
meinen Fuß zu küssen. Ich segne meinen Schuh und erlaube meinem
Favoriten, in einer privaten Frömmigkeit meinen Schuh in seiner Kammer
zu verehren, denn indem er meinen Schuh verehrt und oftmals küsst,
verehrt er meinen bloßen Fuß, den der Allmächtige dazu ausersehen hat,
der Schlange das Haupt zu zertreten. Aber auch du, meine Tochter, sollst
wissen, dass es mein herzlicher Wunsch ist, dass die Kirche von Ophoven
wieder eine Reliquie von mir bekommt, damit sie nicht nachlässt, zu mir
zu rufen und Deutschland meinem unbefleckten Herzen zu weihen, denn
das ist das Heilmittel für die deutsche Kirche, dass der Allmächtige
ausersehen hat und heute durch mich, seine Magd, kundtut. So melde
deinen Oberen und vor allem dem lieben Pater Maximilian, meinem
vielgeliebten Sohn, dass die Kirche von Ophoven nach Rom zum Heiligen
Vater pilgern soll, um den Stellvertreter Christi auf Erden zu bitten, der
Kirche von Ophoven und der ganzen Kirche Deutschlands einen Partikel
von meinem Rock zu schenken. Nun du meinen Willen gehört hast, der
eins ist mit dem Willen meines göttlichen Sohnes Jesus, geh, meine
Tochter Susanna, und tu alles, was ich dir geboten habe. Ich segne dich
und alle meine Kinder! Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem
Heiligen Geiste!
Als Sankt Susanna von Rom die Geschichte beendet hatte, erhob Hassan
der Zweite, König von Marokko, seine Stimme und sagte: Ihr Christen
glaubt ja, in das himmlische Jerusalem zu kommen und dort Halleluja zu
singen. Wir Muslime haben aber einen schöneren Himmel, denn wir
kommen in den Garten Eden und werden da von den Huris verwöhnt. Ich
will fünf mal am Tag Allah bitten, dass er Corinna vom Tiber zu einer
paradiesischen Huri im Garten Eden macht. Aber was die Huris sind, das
will ich euch jetzt erzählen. Und so sprach Hassan der Zweite, König von
Marokko:
HURIS
Huris oder Al-Hur, gesprochen: Huriya, das Wort bedeutet: die Weißen. Es
ist grammatisch maskulin. Im Koran ist nicht von sexueller Vereinigung
der Männer Glaubenshelden mit den Huris die Rede. Daß sie die Weißen
heißen, wird gedeutet als das Weiße in ihren Augen, das heißt, sie haben
schöne große Augen. Einer meinte, es könnte auch das Weiße ihres
nackten Körpers bedeuten. Weiß verweist auf ihre Reinheit. Ihre Körper
werden von kristallen transparenter Lichtart sein. Daß es gerade
zweiundsiebzig Huris für jeden Glaubenden seien, steht nicht im Koran,
sondern in den Hadith, den Sprüchen Mohammeds. Dort steht auch, dass
die Huris keine Menstruation haben, keine Menopause und auch keine
Kinder bekommen, dass sie immer jungfräulich bleiben, dass die Männer
30 Jahre alt sein werden und ihre Erektion nie nachlassen wird. Das alles
steht nicht im Koran. Muslime sagen, Männer werden im Paradies mit
ihren Ehefrauen zusammensein, welche tausendmal schöner als die Huris
sein werden. Die Huris sind nur für jene zuständig, die keine Ehefrau
hatten. Oder Muslime sagen, das Gleichnis von den Huris sei nur ein
sinnliches Symbol für die spirituelle Wahrheit von der Glückseligkeit des
Paradieses. Ein deutscher Wissenschaftler deutet das Wort Hur als weiße
Weintrauben, meint, es sei ein Überrest eines altchristlichen Eucharistie-
Hymnus. Der Koran im übrigen verurteilt die Selbstmörder in die Hölle.
Sufis deuten die Huris auf mystische Weise. Huris, unberührt von Männern
und Engeln, auf Kissen in Zelten, werden mit den Erlösten vermählt. Die
Frauen werden mit männlichen Huris vermählt, sagen die Türken.
Sankt Markus hatte seine Vision erzählt, da lachte ihn Mara von Moab an,
die Mutter des lieben Machlon, und sagte: Wir kommen alle einst ins
Jüngste Gericht! Wie, frag ich mich immer, wie krieg ich einen gnädigen
Gott? Der Vater muß wohl auf die fünf heiligen Wunden Jesu schauen,
dass wir die Gerechtigkeit Christi erlangen. Aber den Herrn Jesus muß
man doch auch an seine Menschwerdung erinnern, dass er uns nicht als
Engel richtet, sondern als Lehm vom Lehm der Mutter Erde, darum bitten
wir die Gottesmutter, ihre schönen Brüste zu entblößen und zum Herrn
Jesus zu sagen: Schau, mein Sohn, schau diese gebenedeiten Brüste, an
denen du Milch getrunken hast! Erinnere dich an deine Menschwerdung
und schenke all meinen Kindern grenzenlose Barmherzigkeit! Ja, bei den
gebenedeiten Brüsten der Gottesmutter, Corinna vom Tiber soll
Barmherzigkeit erlangen auf ihrem Sterbebett! Ich will nun aus eben
diesem Grunde die Brüste der Gottesmutter preisen!
Die heilige Agatha ist zwar nicht Maria Galaktotrouphousa, aber sie wird
bei Brustproblemen angerufen. Agatha stammte aus einem edlen und
wohlhabenden Geschlecht auf Sizilien und war eine der schönsten Frauen
der Christenheit. Bereits als Jugendliche entflammte sie in Liebe zu Jesus
und hängte sich eine Ikone von seinem Heiligen Antlitz in ihrem Zimmer
auf und gelobte ihm ewige Jungfräulichkeit um des Himmelreichs willen.
Der Ruf ihrer Mädchen-Schönheit erreichte den heidnischen Gouverneur
von Sizilien, Quintianus, er rief sie zu sich. Da sprach sie: Jesus Christus,
höchster Herr aller Dinge, du siehst mein Herz, du weißt, was ich verlange,
sei du allein der Besitzer von allem, was ich bin und habe. Du bist mein
Hirte, o Gott, und ich dein Schaf. Mache mich würdig, dass ich über den
Teufel siege. – Als Quintianus das schöne Mädchen sah, entbrannte er in
böser Lust, denn sie war ein überaus schönes Mädchen. Doch Agatha
verwies auf ihr Gelübde der ewigen Jungfräulichkeit und lehnte das
Begehren des Heiden ab. Das erzürnte Quintianus so sehr, dass er sie in ein
Bordell schleppen ließ. Die Äbtissin des Freudenhauses hieß Aphrodisia
und hatte neun Freudenmädchen im Haus. Im ganzen Land waren diese
Töchter der Aphrodisia wegen ihrer Liebeskünste bekannt. Doch wenn ein
Freier Agatha begehrte, sprach sie: Mein Mut ist auf einen starken Fels
begründet und in Christus gefestigt. Eure Worte sind nur wie ein Wind,
eure Versprechungen sind nur wie ein Regen, euer Drohen wie ein
verfließendes Wasser. Und wie viel ich angefochten werde, so werde ich
doch nicht fallen, denn das Fundament meines Lebenshauses steht fest.
Solche Reden hörten die Freier nicht gerne und so schickte Aphrodisia
nach einem Monat die heilige Agatha wieder zurück zu Quintianus. Er
sprach: Welchen Standes bist du? Sie sprach: Ich bin eine Edle und Freie.
Er sprach: Warum, wenn du eine Edle und Freie bist, schämst du dich
nicht, dich wie eine Sklavin zu kleiden? Sie sprach: Weil ich eine Magd
des Herrn bin. Er sprach: Wenn du freigeboren bist, warum nennst du dich
dann eine Magd? Sie sprach: Christus zu dienen, ist die wahre Freiheit. Er
sprach: Wir sind also nicht frei, die wir den Gekreuzigten verhöhnen und
die heidnischen Götter ehren? Sie sprach: Wie kannst du frei sein, wenn du
leblose Götzenbilder verehrst und deine Seele an die Hölle verkaufst? Da
ließ Quintianus die heilige Agatha ohrfeigen und in den Kerker werfen.
Freudigen Antlitzes betrat sie den Kerker und bat Gott um Kraft für ihren
Kampf. Am Morgen stand sie wieder vor Quintianus. Er sagte: Was hast du
zu deinem Heil beschlossen? Sie sagte: Mein Heil ist Christus. Er sagte:
Wie lange willst du auf dieser Torheit beharren? Bedenke, wie jung du
bist! Verleugne den Gekreuzigten und ehre die Götter! Sie sagte: Es ist
besser für dich, deine Götter zu verleugnen, die nichts als Holz und Stein
sind, und den wahren und lebendigen Gott anzubeten, deinen Schöpfer,
dem du dein Dasein verdankst. Wenn du Gott verachtest, ist das ewige
Feuer dein Teil. Da schickte er sie wieder in den Kerker, denn sie machte
ihn mit ihren Reden vor dem Volk zu Spott. Aber sie ging fröhlich in den
Kerker, als sei sie zu einem Mahl geladen. Aber Qunitianus ließ sie foltern
und ihr die schönen Brüste abschneiden! Oh schamloseste
Unmenschlichkeit! Nach dieser Schandtat des Quintianus tauchte der
heilige Petrus im Kerker auf und wollte die Wunden der Brüste der
heiligen Agatha heilen und salben, doch sie wies es zurück. Am nächsten
Tag aber sind durch ein Wunder Gottes die schönen Brüste der schönen
Jungfrau wieder heil und gesund. Sie ward wieder zu Quintianus geführt
und sang dieses Hohelied: Ich habe in dieser Pein so große Wollust und
Wonne wie einer, der eine Freudenbotschaft hört oder wie einer, der einen
Freund wiedersieht, den er lange nicht gesehen hat, oder wie einer, der
einen großen Schatz gefunden hat. Der Weizen kann nicht in die Scheuer
kommen, wenn er nicht vorher kräftig gedroschen worden ist und zu Spreu
geworden. Also kann meine Seele nicht ins Paradies eingehen mit der
Märtyrerpalme, wenn mein Leib nicht von den Henkern zugrunde gerichtet
worden ist. Du gottloser Wüterich schämst dich nicht, an einem Weibe das
abschneiden zu lassen, was du selber an deiner Mutter gesogen hast? Aber
wisse, dass ich noch heile und gesunde Brüste habe in meiner Seele, daran
ich alle meine Sinne tränke, die ich von Jugend auf Gott geweiht habe.
Quintianus ließ Agatha dann sich in glühenden Kohlen und scharfen
Scherben wälzen. Jesus holte die Jungfrau zu sich. Quintianus aber ward
bald von einem Pfeil getroffen und starb. Agatha aber wurde wegen ihrer
schönen Brüste zur Schutzpatronin der Glockengießer. Zu Ehren der
heiligen Agatha backen die Frauen in Catania die „minni di virgini“, die
Jungfrauenbrüstchen, eine Leckerei in Form einer großen Praline mit
einem Knubbelchen obendrauf. Auch das Agatha-Brot wird in Form einer
Brust gebacken, das sollen die Glockengießer essen, bevor sie Glocken
gießen, und die entbindenden Mütter, damit ihr Milchfluss gesichert wird.
Klara kam aus adligem Haus, führte ein wohlbehütetes Leben als höhere
Tochter. Eines Tages ging sie in den Dom von Assisi. Dort predigte
gewaltig Franziskus, er predigte über Frau Armut, Frau Armut und
nochmals Frau Armut! Sie war hingerissen von dem bärtigen Gottesmann
und verliebte sich noch in der Kirche in den armen Jesus. Am Ende der
heiligen Messe nabelte sie sich von dem reichen Leben ab und folgte
Franziskus in seine Zelle in San Damiano. Franziskus schnitt der heiligen
Klara das lange schöne Haar ab, entkleidete sie ihrer reichen Kleider und
hüllte sie in Bettlerlumpen. Frau Klara erzählte, dass es ihr in einem Traum
erschien, dass sie ein Gefäß mit Wasser und ein Tuch zum Abtrocknen
brachte dem heiligen Franziskus, sie stieg eine steile Treppe hinan, aber sie
schritt so leicht wie auf ebener Erde. Beim heiligen Franziskus
angekommen, nahm Franziskus eine seiner Brustwarzen zwischen die
Finger und sagte zur Freundin Klara: Komm und sauge! Und als sie
gesaugt hatte, flüsterte ihr der Heilige zu, dass sie noch einmal saugen
dürfe aus seiner anderen Brustwarze. Was sie aus dieser Brustwarze sog,
war so süß und lecker, dass es unbeschreiblich war. Und nachdem sie
gesaugt hatte, blieb die Brustwarze des Heiligen, woraus die süße Milch
geströmt war, zwischen ihren Lippen. Und als sie die Brustwarze, die
zwischen ihren Lippen war, mit den Händen anfasste, schien es ihr, als sei
die Brust des Heiligen reines Gold gewesen und klar wie ein Spiegel, in
dem sie sich selber erkannte. Wegen dieser Visionen der heiligen Klara
wurde die Jungfrau von Papst Pius dem Zwölften zur Schutzpatronin der
Tele-Vision erwählt.
Augustinus sah in einer Vision rechts von sich stehen Jesus mit offener
Seitenwunde, aus der sein kostbares Blut floss. Zu seiner Linken stand
Maria mit entblößtem Busen und drückte mit der rechten Hand aus einer
schönen Brust Milch. Augustinus wusste nicht, wohin er sich wenden
sollte: Zum blutigen Jesus oder zur milchigen Maria, er schien eigentlich
beides zu wollen. Hilfesuchend wendete Augustinus den Blick zum
Himmel, um den Allerhöchsten um Weisung zu bitten.
Bernhard kniete in einer Vision vor dem Kreuz. Christus war an den Füßen
mit einem Nagel angenagelt, aber er neigte seinen Oberkörper zu Bernhard
und umarmte ihn liebevoll zärtlich. Neben dem Kreuz erschien Maria mit
entblößtem Busen, die Hand auf der Brust, drückte sie mit ihren Fingern
Milch aus ihrer Brust. Im Arm hielt sie den nackten Jesusknaben, vielleicht
vier Jahre alt. Jesus, der den Arm um Bernhard legte, schien zu sagen: Ja,
wende dich an die Jungfrau Maria und erbitte von ihr die Milch des
Trostes. Die Milch Mariens zu wählen, ist eine gute Wahl. Die Jungfrau
Maria melkt mit der Hand die Milch aus ihrer bloßen Brust und spritzt die
Milch in einem kräftigen Strahl auf Bernhards Stirn, so wird ihm ewige
Weisheit und göttliche Erkenntnis eingegossen. Dann aber ging es
Bernhard nicht so sehr um das Disputieren, sondern um Gebet und
Meditation und Kontemplation, es ging ihm nicht in erster Linie um
Wissen, sondern um das Verkosten der göttlichen Liebe. Denn nachdem
Maria die Milch der göttlichen Weisheit auf Bernhards Stirn gespritzt,
gießt sie ihre Milch der schönen Liebe in seinen liebedurstigen Mund.
Bernhard empfand Maria sinnlich durch das Sakrament ihrer Milch.
Sozusagen drang Maria feinstofflich in Bernhard ein. Das war ganz nach
dem Geschmack des Mystikers Bernhard. Maria schaute Bernhard dabei in
verspielter Stimmung schelmisch lächelnd an, Bernhard war ganz Mariens
Milch genießend. Bernhard ist so ganz Sohn Mariens geworden und
Mitsäugling Jesu. Nachdem Maria ihre Milch, die süß wie Honig ist, ihm
eingeflößt, ward Bernhard zum Doctor melifluus, zum Lehrer der
honigsüß-fließenden Beredsamkeit. Von deinen Lippen, o Braut, fließt
Honig! Aus deiner Honigwabe, o Braut, tropft Tau der Liebe!
Mara von Moab, die Mutter des Machlon, hatte eben ihre Rede beendet, da
erhob Josef Maria Mayer, der deutsche Dichter und Denker, seine Stimme:
Bei den Brüsten Mariens! Bei der Milch Mariens! Corinna von Tiber soll
im dem himmlischen Totenreich mit allen meinen lieben Toten versammelt
selig sein! Ich bin ganz allein auf Erden, seit Corinna vom Tiber nicht
mehr da ist! Ich habe nur noch meine Toten! Aber das sind auch einmal
wirklich treue Freunde, die führen einen als inspirierende Geister zu Gott!
Hört meine Briefe, die ich meinen Toten schrieb, weil ich auf Erden
keinem Briefe schreiben durfte!
KARINE AN JOSEF
Lieber Josef!
Na, wie schaut es aus bei dir? Ja, ich will noch mit dir zu tun haben! Aber
du weißt auch, wie es letztes Mal war, als du mich in der Ulme besucht
hast... Es wäre gut, wenn du in Oldenburg bei deinem Bruder übernachten
könntest, wir würden dann einen schönen Tag miteinander erleben. Ich
würde auch einmal zu dir nach Norden kommen, aber ich möchte doch
lieber nicht bei dir schlafen. Ich schreibe übrigens mit deinem
Füllfederhalter, den du mir geschenkt hast, danke! Du hast mir gar nicht
geschrieben, wie es dir geht, oder nur so ein klein wenig. Ich habe in der
letzten Zeit viel arbeiten müssen. Ich hatte eine Arbeitsstelle in einer
Baguetterie, aber ich wurde entlassen, weil ich zu langsam war. Aber so
schnell bin ich in meinem ganzen Leben noch nicht hin und her geeilt, wie
da. Aber es ist egal. Ansonsten arbeite ich immer noch an meinen
Studienarbeiten und fühle mich auch wohl dabei, aber die Monster
erwarten schnellere Resultate. Hier in meinem Zimmer ist es sehr schön,
ich könnte fast noch abgeschirmter Leben. Heute Nachmittag gehe ich mit
Bine schwimmen und danach bei meiner Mutter essen. Für einen Tag
würde ich ja auch gern nach Norden kommen, aber die Züge fahren ja
leider immer schon so früh wieder nach Oldenburg zurück. Vielleicht
komme ich einmal, aber dann musst du jegliche Avancen unterlassen. Mit
meiner Mutter hab ich eine ganz enge Beziehung. Bine war in Urlaub, aber
wir sehen uns doch ab und an und verstehen uns auch gut. Ich schreibe
soviel Äußerliches, nicht wahr? Aber das ist meine Welt. Innerlich fühle
ich mich kugelwohl, ich habe mich auch lange ausgeruht. Meine
Mitbewohner meinten, du hättest, als du hier warst, einen sehr verwirrten
Eindruck gemacht. Hoffentlich geht es dir auch gut in deiner Isolation.
Schwäne können Menschen doch nicht ganz ersetzen. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass einer ganz allein glücklich sein kann. Es liegt an dir, deine
Isolation aufzubrechen.
Alles Gute, mein Lieber, ich wünsche dir auch alles Schöne!
Es wäre schön, wenn wir uns einmal wieder treffen könnten.
Deine
Karine
2
JOSEF AN KARINE
(Juni 2011)
Ich erinnere mich an den Mai 1994, den Frühling meines blühenden
Wahnsinns. Ich erinnere mich an dich. Wir hatten uns vier Jahre zuvor im
Zeichen der Venus kennen gelernt: Ich trat in dein Zimmer, da stand eine
Büste von den perfekten Marmorbrüsten der Venus. Diese Statue steht
heute in meiner einsiedlerischen Karmelzelle. Als ich dich sah, da begann
ich eine sapphische Ode an Aphrodite zu dichten: Danke, Königin der
Liebe, dass du mir deine Priesterin geschickt! Und als wir zwei Jahre im
Konkubinat zusammen lebten, da war an der Tür zu deinem
Bettkämmerchen das Bild der Venus von Florenz. Aber nach dem Tod
meiner geliebten Großmutter stand Christus vor mir und ich warf mich vor
ihm nieder und betete ihn an als meinen Gott. Von einem Tag auf den
andern war ich gläubiger Christ geworden. Nun konnte ich nicht mehr im
Konkubinat leben und so trennte ich mich von dir. Ich zog mich in die
Einsamkeit zurück, abgeschieden von allen vorherigen Freunden und
Freundinnen, und begann zuerst, die Bibel zu studieren, die Bekenntnisse
der heiligen Augustinus zu lesen, das Leben unsres armen Herrn Jesus
Christus nach den Visionen der seligen Anna Katharina Emmerick,
aufgezeichnet von Clemens Maria Brentano, den Messias vom
seraphischen Dichter Klopstock, die Gnadenwahl nach der Lehre des
dunklen Jakob Böhme und die göttliche Komödie von Dante. Die macht
mir nun Mut, von der Abgeschiedenen zu schreiben. Dann zog ich nach
Norden in den Schwanenpfad am Schwanenteich und sprach nur noch mit
Gott und dem Trauerschwan. Aber du nahmest wieder Kontakt mit mir auf,
denn du hattest mich als Geliebten verloren, aber du wolltest mich als
Freund nicht verlieren. Ich aber war in den Wahnsinn hineingeraten. Die
Ärzte sprachen später von einer paranoiden und schizophrenen Psychose.
Ich lebte in einem Übermaß von phantastischen Halluzinationen. Ich
sehnte mich unwiderstehlich nach dem Tod, das heißt, in meinen
unerträglichen Leiden sehnte ich mich nach der Glückseligkeit des
Paradieses. Ich hatte Visionen von der Hölle, dem Pech- und
Schwefelgestank der Hölle und von dämonischen Ratten. Ich ahnte und
schmeckte schon voraus die Glückseligkeit des Paradieses, ein Feuer der
Liebe, das der Stille Ozean nicht zu löschen vermag. Aber je mehr ich
mich nach dem Tode sehnte, umso größer wurde auch die Lust am Leben,
ach, die Sehnsucht nach der verflossenen Liebeslust, die wir zusammen
genossen hatten. Du wurdest mir verklärt zu einer göttlichen Venus,
Inbegriff der Lust der Liebe und der Schönheit des Lebens, eine
Verheißung der Freude des Lebens. Ich wollte dich also besuchen, denn
ich war ganz allein und es schien mir auch, ich sei allen Menschen
unsichtbar, und so wollte ich zu dir, denn eigentlich wollte ich von dir
nicht allein die Lust der Liebe erbetteln, sondern die Freude des Lebens,
ja, das Leben selbst. Ich schrieb dir also einen Brief, aber einen magischen
Brief, indem ich einen altägyptischen Liebesbrief in Hieroglyphen zu dir
schickte. So kam ich zu dir, verwildert, geistesverstört, krank vor
Einsamkeit und Trauer, todessehnsüchtig, noch einmal das Leben selbst zu
erhaschen.
Dein
Josef
KARINE AN JOSEF
(Juni 1999)
Lieber Josef,
nun schreibe ich dir endlich, ich habe oft an dich gedacht, aber ich hatte
soviel zu tun, dass ich nicht zum Schreiben kam. Nach deinen Karten zu
urteilen, geht es dir in deiner Kur gut. Ich bin gespannt, was du so alles
erzählen wirst. Ich arbeite jetzt seit dem 1. Juni und habe viel Arbeit.
Meine Arbeit ist aber interessant und es geht mir gut dabei. Meine
Wohnung ist schön, aber es ist hier ein bisschen zu laut und ich möchte
schon wieder umziehen. Mit Claudia will ich eine Musikgruppe gründen,
nur Frauen, ich werde trommeln. Ich freu mich schon darauf, aber ich habe
manchmal einfach zu wenig Zeit. Ich würde gern ein bisschen mehr vor
mich in träumen. Das kann ich ja dann nach meiner Arbeit tun. Am
meisten fällt mir zu meiner Arbeit ein, die lässt mich manchmal auch zu
Hause in Gedanken nicht los. Im Moment haben wir ein Projekt für
Schulen in Afrika. Ich habe die Kinder und die Lehrerinnen interviewt.
Das war gut. Die Arbeit ist sehr interessant, aber lustig ist sie nicht gerade.
Für mich ist es gut, das alles einmal kennen zu lernen. Ich hoffe, die
Therapie bringt dir auch Heilung. Arbeitest du dort an deiner Tier-Phobie?
Wer ist eigentlich Mirjam? Bestimmt eine liebe Frau... Demnächst machen
wir eine Vortragsreihe zum Thema: Altsein im fremden Land. Da berichten
alte Emigranten über das Altsein in ihrer Heimat und in Deutschland. Ich
muß die Menschen interviewen und dann eine Radiosendung daraus
machen. Hassan, er kommt aus dem Iran, er macht die Technik im Radio.
Vorletzten Samstag hatten Sabine und Robert Richtfest vor ihrem Haus.
Das war schrecklich schön – mit ganz vielen Kindern! Bei Evi bin ich
selten, es geht ihr so nicht gut und nicht schlecht.
Ich gebe dir einen dicken Kuß!
Ich gehe schlafen, ich bin schon wieder müde.
Ich hoffe, du erfährst in der Therapie viel über dich, hast aber auch viel
Freude!
Bis bald!
Karine.
JOSEF AN KARINE
(August 2011)
In meiner Psychotherapie haben die Seelsorger mir gesagt, ich hätte das
junge Mädchen Marion meiner Jugend zu einem Idol und Götzen gemacht.
Ich sagte, in der Kirche meines Herzens gebe es einen Hauptaltar für Gott
und eine Seitennische für Marion. Da haben die Seelsorger gesagt, ich
solle Marion aus meiner Kirche verjagen und einen Abschiedsbrief an sie
schreiben, ohne ihn ihr zu geben, nur, um mich freizusprechen. Sei
gegrüßt, Marion, zum letzten Mal gegrüßt! Raus aus meiner Kirche, du
Idol! Ich setze nicht den Menschen als ein Idol auf den Thron Gottes! Ich
bete den Menschen nicht an! Ich bete keinen Kaiser als Gott an und bete
keine Frau als Gott an! In meiner Kirche wird keiner Sünderin gedient! Du
sagtest, als ich durch Deutschland gefahren, um noch einmal deine Augen
zu sehen: Was willst du von mir? Ich habe dir doch gesagt, dass ich keine
Lust auf dich habe! Geh mit Gott, Marion, aber geh! Reise zum Mond,
aber plage mich nicht mehr bis aufs Blut! Nein, ich mache nicht einen
Menschen zum Sinn meines Lebens! Die Liebe Gottes ist der Sinn meines
Lebens! Wenn du mich nicht lieben willst, nun, das steht dir frei, das
ändert nichts an der Liebe Gottes zu mir! Ich mich umbringen wegen dir?
Zwanzig Jahre später bist du ein zänkisches Weib, ein griesgrämiges,
hässliches, altes Weib! Ich, ein Dichter Gottes, ein Genie von Gottes
Gnaden – in aller Demut gesagt – soll mein Amt nicht erfüllen, meine
Berufung nicht vollenden, weil irgendein Mädchen keine Lust auf mich
hat? Hab du deine Lust an wem du willst! Dein unwürdiger Menschenaffe
möge dich beglücken! Aber quäle nicht den Liebling Gottes! Du bist
nämlich nicht die Madonna! Nein, Marion bist du, aber nicht Maria! Jetzt
sind meine Ohren frei, seit Jesus Heffata über mich gesprochen, jetzt höre
ich, du bist Marion, und Maria allein ist Maria, Maria allein ist
immerwährende Jungfrau, Maria allein die reine Lichtgestalt, Maria allein
die Himmelskönigin, Maria allein ist es wert, in der Nische meiner
Herzenskirche verehrt zu werden, denn sie ist ganz rein! Du aber bist böse!
Du hast mich nie geliebt! Du hast mir fast mein Leben geraubt! Fort aus
meinem Leben! Fort aus meiner Seele! Fort aus meinem Herzen! Fahr zum
Mond oder geh nach Timbuktu! Fahr nach Buxtehude oder dahin, wo der
Pfeffer wächst! – Karine, du hast einmal eine Fotografie von Marion
gesehen und hast gesagt: Aber ich bin doch schöner als sie! Ja, Karine, du
warst gut zu mir, du hast mir dein Herz geschenkt! Ich weine schon ein
Jahr lang, weil du tot bist, aber du bist jetzt bei Maria und wartest auf
mich. Ich will Maria allein lieben, sie allein ist wirklich liebenswert, sie
liebt mich, sie hat Sehnsucht nach mir, sie liebt mich mit einer
grenzenlosen und brennenden Liebe! Morgen ist Maria Himmelfahrt!
Karine, du bist gen Himmel gefahren, wo Maria dich empfangen hat, dich
an die Hand genommen hat, sie, die Schönste Frau des Himmels, und dich
zu Jesus geführt hat! Und Maria führe auch mich durch dieses Tal der
Tränen zu den unendlichen Freuden des Himmels, wo ich dich
wiedersehen werde, Karine! Diese Hoffnung stärke mich in meiner
Traurigkeit. Sei gegrüßt und gesegnet, Karine, ich bete jeden Tag in der
Heiligen Messe für deine Seele, und du, Karine, bete auch für meine Seele
und steh mir als Engel bei! Adieu, Karine!
Josef
5
INKA AN JOSEF
(16.6.1999)
Lieber Josef,
wie geht es Dir in Deiner Kur? Ich hoffe, es ist für Dich eine spürbare
Änderung zum Guten eingetreten und Du kannst Gottes Gegenwart in
deinem Leben hautnah spüren. Ich schicke Dir ein Buch über Gottes
Weisheit in den chinesischen Schriftzeichen, ich dachte, Du könntest
Freude daran haben. Herzliche Grüße auch vom christlichen Mittagstisch!
Alles Liebe –
Inka
JOSEF AN INKA
INKA AN JOSEF
(31.1.2000)
Lieber Josef!
Wie schön, dass du geschrieben hast! Ich habe mich gefreut, von dir zu
hören! Ich hoffe, es geht dir schon etwas besser. Ja, das kann ich
nachfühlen, dass du dich schlecht fühlst, wenn du in deine alte
Gewohnheit zurückfällst. Und auch die Selbstverurteilung macht einem
dann zu schaffen. Aber Jesus klagt uns nicht an! Er vergibt, wenn du ihn
um Vergebung bittest, und er hilft, wenn du ihn um Hilfe bittest. Er liebt
dich auch weiterhin und wird dir heraushelfen. Vielleicht hilft dir die
Erfahrung deiner Schwäche, dass man sich nicht seiner eigenen Kraft
rühmt, sondern Gottes Kraft. Und manchmal sehen die Brüder gar nicht,
wie sehr man leidet, und dass man ihre klugen Sprüche nicht braucht, um
so richtig niedergeschlagen zu sein! Aber nun: Kopf hoch! Der Herr wird
dir alles tausendfach erstatten! Gott liebt dich sehr! So viele Wunder habe
ich erlebt, das würde einen ganzen Abend füllen, dir das zu erzählen. Gott
fordert immer wieder mein Vertrauen heraus. Er fordert auch dein
Vertrauen immer wieder heraus, dass er dich und mich liebt, so wie wir
sind. Er ist es, der das Vollbringen in uns wirkt. Er wird das Vollbringen
auch in dir wirken. In diesem Sinne sei herzlich gegrüßt von deiner –
Inka
JOSEF AN INKA
(September 2011)
10
Heiliger Vater!
In Indien ist eine tödliche Seuche ausgebrochen, so las ich vor einigen
Wochen in der Zeitung. Ich kümmerte mich nicht weiter um die
dreißigtausend Toten, so viele Menschen sterben täglich. Aber dann las
ich, die Seuche habe den ganzen asiatischen Kontinent ergriffen, sei
übergesprungen nach Amerika und von dort nach England gekommen. Die
deutsche Regierung erlaubte keinem Ausländer mehr, nach Deutschland zu
kommen. Die Zahl der Toten ging in die Millionen. Da fand ein
Wissenschaftler ein Gegenmittel heraus: Das Blut eines kleinen Kindes,
das noch nicht von der Seuche befallen ist, kann als Gegenmittel gegen die
tödliche Seuche verwandt werden. Ich sagte zu meinem Sohn Milan:
Milan, bist du bereit, einige Tropfen Blut zu spenden als Gegenmittel
gegen den Tod. Und Milan, ein kleiner Heiliger und ein wahrer Heros,
sprach: Ja, Papa! Wir gingen in das Pius-Hospital und dort erklärte uns der
Arzt, er bräuchte alles Blut, jeden einzelnen Blutstropfen meines
Lieblings. Ich war zu Tränen erschüttert. Ich besprach mich mit Milan:
Mein Liebling, wärest du bereit, all dein Blut zu opfern, um die Fluten des
Todes aufzuhalten? Milan sagte: Papa, ich habe Angst, aber wenn es nicht
anders geht? Es geht nicht anders, mein Schatz, sagte ich. Dann gebe ich
mein Blut zur Rettung der Menschheit, sagte Milan tapfer. Und so wurde
die Seuche aufgehalten, die Menschheit gerettet, aber mein geliebter Milan
war tot. Ich stiftete ein Gedächtnisfest, an diesem Tag der Woche
versammelten sich die Menschen, dachte ich, um an den heldenhaften
Opfertod meines über alles geliebten Milan zu denken. Aber die einen
mussten an der Börse spekulieren, die andern mit ihren Hunden spazieren
gehen, andere meinten, so wäre das doch nicht im Sinne des Erfinders,
andere suchten sich flüchtige Liebschaften, und ich war traurig: War keiner
Milan dankbar? Ihr Undankbaren! rief ich, ihr habt euer Leben meinem
Milan zu verdanken und nun ist er euch nicht eine Stunde der Woche wert,
um sein Andenken zu ehren? – Heiliger Vater, es ist die Liebe, die rettet,
die Liebe bis zum Tod, die Liebe bis zum letzten Blutstropfen! Meine
Liebe zu Milan hab ich von dir gelernt, o Heiliger Vater, denn so wie ich
meinen Milan liebte, so liebtest du die ganze Menschheit!
Dein dankbarer Sohn –
Josef
Als Josef Maria Mayer seine Briefe vorgelesen hatte, erhob der Kaiser von
Gottes Gnaden, der römische Kaiser Konrad seine Stimme und sagte: Ihr
wollt Corinna vom Tiber bei den Huris unterbringen, auf dem Carina-
Sternenhaufen, an den Brüsten der Gottesmutter, im seligen Totenreich des
Himmels, aber ich gebe ihr den höchsten Ort: Im Herzen der Ewigen
Weisheit soll Corinna vom Tiber ihren Thron erhalten! Darum preise ich
die Ewige Weisheit, die so voller Barmherzigkeit und Gnade ist, dass sie in
ihren inneren Zyklus der Liebe Corinna vom Tiber aufnehme! Und Kaiser
Konrad pries die Ewige Weisheit:
INDISCHE WEISHEIT
Einst, als der Herr auf Erden war, da lebte ein Mönch auf dem schwarzen
Felsen. Durch ständiges Streben nach Heiligkeit erreichte er die
himmlische Freiheit. Aber obwohl er sechsmal die himmlische Freiheit
erreichte, ging sie ihm sechsmal verloren. Da dachte der Mönch auf dem
schwarzen Felsen: Wie, wenn ich zum siebenten Mal die himmlische
Freiheit erreichte und sie nicht wieder verlöre, weil ich mir mit dem
Messer die Pulsadern aufschneide? Da erkannte der Teufel, was im Geist
des Mönches vom schwarzen Felsen vorging und der Teufel sprach zum
Herrn: O Gott-Held, Ewige Weisheit, göttliche Kraft und schönste
Herrlichkeit, ganz in der Liebe lebend, gegrüßet seiest du! Dein Jünger
wünscht sich den Tod, obwohl er von dir das Ewige Leben empfangen hat.
Rede ihm das aus, du Licht der Welt! Denn wie, o Herr, kann einer deiner
Jünger sich selbst ermorden? Im gleichen Augenblick schnitt sich der
Mönch auf dem schwarzen Felsen unter einem Feigenbaum die Pulsadern
auf. Da sprach der Herr zum Teufel: Ja, so handeln die Weisen, es verlangt
sie nicht nach dem irdischen Leben. Das Begehren nach Lust der Erde hat
der Mönch an der Wurzel ausgerissen und das Jenseits erreicht, das Reich
Todlos. Da ging der Herr mit seinen Jüngern zum schwarzen Felsen, und
sie sahen einen Qualm aufsteigen, einen stinkenden grauen Qualm, und da
sprach der Herr zu seinen Jüngern: Das ist der Teufel, auf der Suche nach
der unsterblichen Seele des Mönches vom schwarzen Felsen. Aber, o
meine Jünger, der Mönch vom schwarzen Felsen, der aus einer guten
Familie stammt, hat das Jenseits erreicht. Er war ein Weiser, immer
Weisheit suchend, er war ein Heiliger, immer der Heiligkeit nachjagend, er
hat die Heere des Todes überwunden, er kommt nicht wieder in das
irdische Tal der Tränen, der Mönch vom schwarzen Felsen hat den Fuß des
Fegefeuers erreicht.
Der Teufel sprach zu einer Nonne vom Heiligen Herzen: Woran hast du
keine Lust? Die Nonne vom Heiligen Herzen sprach zum Teufel: Ich habe
keine Lust an dem Tage meiner Geburt! Da fragte der Teufel: Warum
nicht? Nur weil du geboren worden, konntest du dich ergötzen an den
Lüsten der körperlichen Liebe! Wie kommt es, dass du keine Lust hast an
dem Tage deiner Geburt? Da gab die Nonne zur Antwort: Als ich geboren
wurde, begann ich zu sterben! Der Tag des Todes ist besser als der Tag der
Geburt! Besser als die Lebenden haben es die Toten! Ja, und besser als die
Toten haben es jene, die nie empfangen worden sind! Der Herr lehrt doch
die Erlösung von Leid und Tod, er hat mich in der Ewigen Weisheit
verwurzelt. Jene Wesen, die in dem Ätherleib leben in den kristallenen
Ätherwelten und jene, die noch als bloße Idee im Geiste des Ewigen leben,
wenn sie nicht bleiben, wo sie sind, so müssen sie leiden im Tal der
Tränen! Doch jene Geister, die in geistigen Lichtkörpern leben in den
himmlischen Welten und dort bleiben, die sind erlöst vom Jammertal. Dort
lehrt sie der vollkommene Herr den fleckenlosen Zustand der Seligkeit.
Der Herr sprach zu seinem Lieblingsjünger: Du lebst das Leben des Herrn
nicht mit dem eifrigsten Streben! Willst du denn verharren in dem Tal der
Tränen? Da sprach der Lieblingsjünger zum Herrn: Mein Herr und mein
Meister, als ich von meinem Vaterhause fortging, da schaute ich ein
appetitliches Weib mit wonnigen Brüsten, die sagte mir: Komm in meine
Liebeslaube! Herr, an dieses appetitliche Weib mit den wonnigen Brüsten
muß ich immer denken und habe darum wenig Lust zur Askese der
Heiligkeit, ich kann die Ehelosigkeit kaum noch ertragen und möchte sie
fortwerfen und zurückkehren an die wonnigen Brüste dieses appetitlichen
Weibes! Da nahm der Herr seinen Lieblingsjünger liebevoll in die Arme
und verschwand mit ihm aus dem Garten und erschien mit ihm in den
dreiunddreißig Himmeln. Dort waren tausend Jungfrauen, taubengleiche
Bräute, alle bereit, dem Herrn zu dienen. Und der Herr sprach zu seinem
Lieblingsjünger, wo mehr Schönheit sei, bei seinem irdischen Weib mit
den wonnigen Brüsten oder bei diesen paradiesischen Bräuten? Da sagte
der Lieblingsjünger dem Herrn: O Herr, verglichen mit diesen
paradiesischen Jungfraun mit den Taubenbrüsten ist das irdische Weib eine
Affenmutter mit Affentitten, die tausend paradiesischen Jungfraun sind
von einer nahezu göttlichen Schönheit! Daraufhin nahm der Herr den
Lieblingsjünger wieder in die Arme und drückte ihn an sein Herz und
verschwand mit ihm aus den dreiunddreißig Himmeln, und sie waren
wieder in dem Garten auf Erden. Die andern Mönche hörten, dass der Herr
seinem Lieblingsjünger einen Himmel voller paradiesischer Jungfraun mit
Taubenbrüsten verheißen hat, und da verspotteten die keuschen Mönche
den Lieblingsjünger des Herrn: Du wirst sehr von deinen Trieben
beherrscht! So verspottet von den anderen Mönchen, blieb der
Lieblingsjünger des Herrn allein, lebte einsam, lebte ehelos, strebte der
Heiligkeit nach, meditierte lange, fastete und betete, denn er wusste: Das
Leiden ist bald vorüber, und der Herr wird mich in einen Himmel voller
Schönheit und Liebe führen. So war der Lieblingsjünger zu einem
Eremiten geworden.
Der Herr sprach: Meine lieben Jünger, so wie der Löwe der König der
Tiere ist, weil er so voller Kraft ist, so ist die Weisheit die Königin der
Tugenden. Welche Gaben schenkt der Geist? Die Ehrfurcht vor der
Göttlichkeit, den vernünftigen Rat, die Vernunft und den Verstand, den
Mut, die Gerechtigkeit, die Besonnenheit, aber die Weisheit ist die Krone
und Königin dieser Tugenden. Was ist denn Weisheit? Sie ist Einsicht,
Klugheit, Besonnenheit, Keuschheit, Jungfräulichkeit, Urteilsvermögen,
die Gabe der Unterscheidung der Geister, die Geschicklichkeit des
Zimmermanns, die Kunst des Dichters, sie ist der geistliche Spürsinn, sie
ist der überlegene Geist des Menschen, sie ist fein und rein und
alldurchdringend. Die Weisheit ist göttliche Kraft, ist das Schwert des
Wortes, ist ein Weinberg, ist das Licht der Welt, ist der Glanz der Ordnung
und die Idee der Schönheit, ist die Herrlichkeit in Ewigkeit, ist die
Wahrheit und der rechte Glauben, das ist die Weisheit. Was ist der
Edelstein der Weisheit? Es ist die Gabe der Unterscheidung der Geister,
auch genannt der geistliche Spürsinn, die heilige Nase, die unterscheiden
kann den Duft des Ewigen Lebens und den Gestank des Zweiten Todes,
der unterscheiden kann das Gute vom Bösen und es nicht vermischt, der
unterscheiden kann die eine reine und absolute Wahrheit von den
vielfältigen Formen der Lüge und des Irrtums, der unterscheiden kann
geistiges Licht und spirituelle Finsternis, der die Ursache aller Leiden
erkennt und den Sinn der Leiden und die ewige Erlösung von den Leiden
und der unterscheiden kann die breiten Straßen in die Unterwelt und den
schmalen Pfad und die enge Pforte zum Heil. Bald wird erlöst sein, wer in
sich die Weisheit empfängt, bald erreicht er das todlose Leben und das
reine Sein.
Der Jünger fragte den Meister: Mein Herr und Meister, was ist das Wesen
der Ewigen Weisheit? Und der Herr sprach zum Schüler: Die Ewige
Weisheit ist mit menschlichen Worten nicht aussprechbar. Da sagte der
Jünger: Ist es mit der Ewigen Weisheit so wie mit der Ewigen Liebe, der
Göttlichen Kraft, der Universellen Barmherzigkeit? So wie man jene
findet, so findet man auch die Ewige Weisheit? Der Herr sprach: Eben
durch die eine Gottnatur, in welcher die Ewige Liebe, die Göttliche Kraft
und die Universelle Barmherzigkeit existieren, eben durch dieselbe eine
und einzige Natur existiert auch die Ewige Weisheit. Der Jünger sprach:
Wie kann ich zur Ewigen Weisheit gelangen? Der Herr lächelte und
sprach: Sind nicht die Menschen befangen in ihrem Ich-Denken, in ihrer
Selbstverliebtheit und in ihrer Verkrümmung in sich selbst? Sind sie nicht
blind vor lauter Habenwollen und Selbstanbetung? Wie sollen solche
blinden Menschen die Ewige Weisheit erkennen? Man muß leer sein, das
ist die Lehre von der Leere, man muß leer sein, um als ein Gefäß die Fülle
der Weisheit empfangen zu können. Der Jünger sprach: Kann ich also,
wenn ich leer bin, die Ewige Weisheit besitzen? Der Meister lächelte und
sprach: In Demut erkenne, daß nicht du die Weisheit besitzt, sondern dass
die Weisheit dich besitzt!
Ehre sei der Ewigen Weisheit! Der Heilige der Barmherzigkeit bewegte
sich auf der Bahn der Ewigen Weisheit, die zum Himmel führt. Er schaute
auf die Welt herab und sah die Formen der Dinge und dann sah er ins
Nichts, und im Nichts war kein Körper, waren keine Brüste, waren keine
Münder und keine Nasen, war kein Geruch von Rauch und kein
Geschmack von Fischen, gab es keine mandelförmigen Augen und keine
Pfirsichwangen, im Nichts gab es kein Werden und Vergehen, im Nichts
gab es kein Leben und keinen Tod, im Nichts gab es keine Torheit und
keine Weisheit. Diesem Heiligen der Barmherzigkeit ist alles Wirkliche
nur ein Nichts, er schwebt über allem in der vollkommenen Weisheit und
so ist er frei von Bindungen an die Dinge und kann mit aller Seelenruhe in
den Himmel eingehen. Alle, die auf Erden als Heilige erschienen sind,
haben sich allein verlassen auf die vollkommene Weisheit, und man sollte
wissen, dass es der Spruch des Meisters ist, der alle erleuchtet: Es ist
vollbracht! Ich lege meinen Geist in deine Hände, Vater!
Du Verborgene, Geheime,
Wohnend an verborgnem Ort,
O du Muse meiner Reime,
Mutter du dem Gotteswort,
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
MEINE FRANZÖSISCHE GELIEBTE
Die Schäferin: Paris, obwohl er Hirte war, sich die weise Helene nahm.
Der Schäfer: Und ich, weil ich Helena küsst, meine Hirtin. Die Schäferin:
Sei weniger stolz, mein indiskreter Junge, ein Kuss ist nichts! Der Schäfer:
Ein einfacher Kuss hat tausend Reize! Die Schäferin: Gut, ich wische mir
den Mund, und ich werde deinen Kuss löschen. Der Schäfer: So lösche den
Kuss! Lass mich dir einen andern geben! Die Schäferin: Geh, küsse deine
Jungkühe, du triffst ein Mädchen, das noch rein ist. Der Schäfer: Sei
weniger stolz: Die Jugend flieht wie ein Traum. Die Schäferin: Rosinen
behalten ihren Geschmack und ein Mann nimmt immer noch verblichene
Rosen. Der Schäfer: Komm in den wilden Ölbaumwald, ich habe dir zwei
Worte zu sagen. Die Schäferin: Nein, nein, Du machtest bereits einen
Fehler mit deinen süßen Worten. Der Schäfer: Komm, höre Abalone in
diesen süßen Klängen meiner Flöte! Die Schäferin: Lass es, ist es ein Spaß
für dich, fürchte ich doch die Gefahr. Der Schäfer: Komm, junge
Schäferin, fürchte den Zorn der Venus! Die Schäferin: Venus, was
kümmert sie mich? Diana beschützt mich! Der Schäfer: Sprich nicht,
damit sie dich nicht bestrafe, und du fällst in die Falle der Venus. Die
Schäferin: Lass Venus tun, was sie will, Diana wird wissen, wie sie mich
verteidigen kann. Deshalb nimm deine Hand zurück oder ich werde dein
Gesicht zerkratzen. Der Schäfer: Du wirst nicht der Liebe entfliehen, da
leiden alle Mädchen Amors Gesetz. Die Schäferin: Ich entging dem Amor,
ich schwöre beim Gotte Pan! Lässt du mir meinen Schleier? Der Schäfer:
Ich fürchte, dass ich liebe dich mehr, als eine Ehefrau verdient. Die
Schäferin: Viele wollten mir ihre Hand geben, aber keiner gefiel mir. Der
Schäfer: Und ich, allein, frage dich, gibst du mir dich? Die Schäferin: Was
ist zu tun, mein Freund? Das Jungfernhäutchen verliert sich mit so viel
Qual! Der Schäfer: Das Jungfernhäutchen hat keine Schmerzen oder Leid
zu fürchten, es bietet nur Freuden! Die Schäferin: Aber Frauen, so heißt es,
sollen leben in Ehrfurcht vor ihren Ehemännern. Der Schäfer: Sag lieber,
dass die Frauen über die Männer herrschen! Hast du etwa Angst vor deiner
Schönheit? Die Schäferin: Ich fürchte zu gebären, die Wunde der
göttlichen Hebamme ist grausam. Der Schäfer: Aber Diana, deine
Beschützerin, wacht über die Geburten. Die Schäferin: Wenn ich eine
Mutter werde, werde ich meine Schönheit verlieren! Der Schäfer: Du
findest sie in deinen Kindern wieder. Die Schäferin: Wenn ich zustimmen,
was schenkst du mir zur Hochzeit? Der Schäfer: Alles, Vieh, Bäume,
Weide. Die Schäferin: Schwöre mir, mich nicht nach unserer Heirat zu
verlassen! Der Schäfer: Ich schwöre, beim Pan! Nein, ich werde dich nie
verlassen, und solltest du mich auch verbannen von deinem Angesicht! Die
Schäferin: Willst du mir ein Brautbett, ein Haus, einen Stall schenken? Der
Schäfer: Oh ja! Ich gebe dir ein Ehebett, und das ist, was ich für dich tue,
ich gebe dir diese feine Weide und Herde. Die Schäferin: Was soll ich
meinem Vater sagen? Ja, was soll ich sagen? Der Schäfer: Er wird das
Jungfernhäutchen genehmigen, wenn er meinen berühmten Namen kennt.
Die Schäferin: Sag mir deinen Namen: der Namen des geliebten Menschen
ist immer schön. Der Schäfer: Ich heiße Daphnis. Die Schäferin: Deine
Familie ist ehrlich, meine nicht weniger. Der Schäfer: Nicht ganz so, denn
du bist die Tochter deines Vaters. Die Schäferin: Zeige mir deinen Wald,
wo dein Hirte ist! Der Schäfer: Komm und sieh meine hohen immergrünen
Zypressen! Die Schäferin: Das ist ein Zelt für meine Ziegen, ich werde in
dem Bereich meinen Hirten sehen. Der Schäfer: Weide meine Schafe, und
ich werde dir mein Holz zeigen, meine Schäferin. Die Schäferin: Was
machst du da? Warum die Hand unter meinen Schleier? Der Schäfer: Ich
möchte diese runden Äpfel sehen! Die Schäferin: O Pan! Ich bin ganz
verwirrt! Deshalb nimm deine Hand zurück! Der Schäfer: Mach dir keine
Sorgen, meine schöne Schäferin, warum zitterst du? Du bist zu schüchtern.
Die Schäferin: Wirf mich auf den nassen Boden! Ah! Meine besten Kleider
ruiniert! Der Schäfer: Dies wird das Vlies mir gewähren. Die Schäferin:
Du zerreißt meinen Gürtel! Aber was tust du? Der Schäfer: Devotion für
meine Venus, mein erstes Angebot. Die Schäferin: Halt, Schelm! Da
kommt jemand, ich höre ein Geräusch. Der Schäfer: Diese Abalone feiert
unsere Ehe. Die Schäferin: Du zerreißt meinen Schleier! Ich bin nackt! Der
Schäfer: Ich gebe dir einen besseren Schleier. Die Schäferin: Ja, jetzt
versprichst du alles, später gibst du mir nichts. Der Schäfer: Ah! warum
kann ich nicht meine ganze Seele dir schenken? Die Schäferin: O Diana!
Sei nicht böse! Ich folge dir Ungläubigem. Der Schäfer: Ich opfere eine
Jungkuh dem Amor, einen Stier der Venus. Die Schäferin: Ich kam
unschuldig und nun bin ich verheiratet. Der Schäfer: Besser Ehefrau und
Mutter als nutzlose Tochter, deine Brüste sollen nähren unsere Kinder. - So
murmelte der junge Liebhaber in der Mitte ihrer süßen Liebe. Das Paar
heimlich vereinigt, geht, die Schäferin zurück zu ihren Schafen, Röte auf
den Wangen, aber Freude im Herzen, und der Schäfer, stolz auf seine
Eroberung, glücklich verbunden, zu seinen Bullen.
Sie:
Großes eben geschehen ist, ich interessierte mich für einen Ritter, den ich
als Diener hatte, habe die ganze Zeit gewusst, wie ich ihn so sehr liebte,
aber jetzt bin ich verraten, weil ich ihn, den ich liebe, abgelehnt habe. Aber
ich war im Bett wie jede große Törin gekleidet. Wie würde mein Ritter
einen Abend in meinen Armen liegen, dass ich ihn allein halte, er wäre
erfüllt, ich würde Kissen unter meine Hüften legen, weil ich mehr in der
Liebe bin, als wäre ich Flora Blanchefleur. Meine Liebe und mein Herz
gab ich ihm, meine Seele, meine Augen und mein Leben. Freue dich, mein
Lieber, so schön und gut, wenn ich dich finde und zu Bett gehe mit dir
heute Nacht! Und die Liebe gibt dir einen Kuss, kein Vergnügen wird
besser sein als das deine, wenn du mir versprichst zu tun, was ich will.
*
Sie:
Steh schnell auf, meine Liebe! - Meine Lieber Gott sprach zu der Jungfrau
in seiner göttlichen Schrift: Ich bin die Schönheit der göttlichen Liebe!
Komm schnell, meine süße Taube! Das Land ist wieder grün und neu
gekleidet, hergestellt sind viele Blumen von Wert und Preis, ja, der Regen
und Winter sind ärgerlich, aber die bösen Geister sind Vergangenheit, und
dieses Mal erneuert sich die Welt. Der regnerische Winter, das war das alte
Gesetz, doch dieser anmutige Frühling, das ist Gnade und Glauben, dass
die Blumen überall umher glänzen, die wurden hervorragend schön
gemacht, weil der große Gott Liebe hat für die, welche er als Ehefrau und
Mutter erwählte.
Sie:
Sie:
Sie:
Mörderischer Sommer! Lass uns in Freude leben unsre Liebe. Lecke mein
blaues Aug! Zähme deine Ängste! Deine Tränen sehen den Himmel voller
Trunkenheit in der Luft! Zurück zu unserer dunklen Zeit und der Liebe
Verlangen! Pflücke mit all deinen Fingern von den Lippen Seide für mich!
*
Sie:
Sie:
In der Flutwelle oder dem Kamm der Wellen treiben die, die Backbord
oder Steuerbord surfen. Die Nieren verlieren meinen Kompass, im
nördlichen Bogen erleidet meine Muschel einen Schock. Spritzer bot der
weiße Schaum. Auf der Sturm-Skala wird meine Sturmflut nicht mehr
gemessen. Mein Boot, warst du bereit für die Insel Kythera? Walzer tanzen
die Möwen. Ein Spray benetzt meinen nassen Körper der Kollision im
Hafen voller Vergnügen.
Sie:
Das Spiel der Begierde macht Vorschläge für einen süßen Geschmack, Er
kam wie ein Kuchen: Ja, iss mich!
Sie:
Er küsste sie und hielt ihre Brustwarzen, es ging ihm durch die Kehle die
zweifarbige Brust voller Süße und Harmonie und in diesem Punkt war
seine heimliche Leidenschaft und ich liebe ihn, aber er gähnt. Dann waren
wir an einem Ort, wo es keine Angst brauchte, wir konnten einander gut
zuhören, die Zuneigung hat uns sehr glücklich gemacht, uns zu küssen. In
einem Garten mit unseren Medaillons und einer Rose, die riecht unendlich
gut, da haben wir es gemacht. Dann, ohne nachzudenken, endete unsere
Rede, dem Spaß am Spiel haben wir uns wieder zugewandt und werden
uns noch oftmals küssen
Die Lamentationen des jungen Mannes: Verheiratet bin ich mit zwei
Frauen, sie haben beide keine große Lust, weil mir zu schwach der Kopf
war. Immer gab es endlosen Lärm und Geschrei hinter mir, ich fürchte sie
mehr als Blitze und Sturm. Herren, Kaufmänner und Menschen der
Kirche, die diese Zeilen lesen, habt Glauben an meinem Wahnsinn: Für die
Frauen bin ich viel gerannt.
Bis vor die Haustür begleitete ich frei deine schöne Gestalt des Körpers,
dass Tag und Nacht ein großes Fest geworden ist. Geh, weil ich so
bewundere, wie dein süßes Gesicht in mir bleibt, graviert, ein Aufdruck,
dass selbst vom Tod es kann nicht gelöscht werden: Wenn ich mich an das
ganze Jahrhundert wende, werden diejenigen, die meinen toten Körper
tragen, am Grab dein Zeichen auf meinem Gesicht sehen. Als ein Kind
betrachtete ich ein Altarbild, da blieben die Farben der Bilder, die nicht als
Gold mir ablenkte mein reines Herz, kann also die Gefangenschaft dieses
Bild in mir behoben werden? O Kreis der Liebe, die den Körper und die
charmante Gnade umfängt, ich betrachte dich und wie Gott bewundere ich
dich und bin so glücklich, dass die Liebe durchdringt mich. Also nimm
mich an! Die Charta geht über die brennende Liebe, als wenn in einem
sicheren Ort, hinter Schloss und Riegel, war mein ganzer Körper
eingeschlossen, ohne zu bewegen die Gliedmaßen. Für die Liebe, die das
Herz stärkt, Schöne, hab ein Auge auf mich! Ich habe Angst, und will dich
nicht verlassen. Errichtet in deiner Liebe allein, o weiße Taube, Schöne,
unvergleichliche Präsenz und edel, hat Gott deinen Körper schöner
gemacht als alle die Körper, und das Lachen und die sanfte Beleuchtung
als Schmuck dir gegeben. Aus durchdringender Liebe bist du mein
Sternbild. Wenn ich dich sehe unter den anderen Frauen, scheinst du wie
ein Karfunkel. Wer gibt den Tugenden Edelsteine, als die Niederlagen?
Auf allen Seiten ist meine Liebe eine männliche, wie kein anderer Mensch
in seinem Herzen Liebe hat, und du gehst von einem Angebot so großer
Liebe fort? Du durchbohrst mich! Die Öffnung des Herzens blutet, kein
Mensch jemals war nicht in der Seele. Aber noch beunruhigender ist, dass
Aristoteles von Liebe besiegt war, die alle meine Sinne, wie ein guter
Schreiber, in ihre Zelle verfolgt, ich dir bleibe, wie meinem Finger der
Fingernagel. O deinen Körper zu ehren, ohne Sünde oder Lüge, erbarme
dich meiner, so schöne Dame, und leide nicht, dass ein solcher Liebhaber
sterbe. Ich bitte dich: Du bist der schöne Baum von allen Früchten, und du
legst Wert auf Schatten. Halte mich in deinem guten Zimmer, dein Wille
ist wie Daumenschrauben mir und mein Leben. Du bist ein reiches Juwel,
du übertriffst alle Frauen, die liegen im Register der Welt. In dir immer
wieder geboren wurden Schönheit, Tugend, mehr und mehr. Du bist meine
Penthesilea.
Das Mädchen, dem die Brustwarze wie ein Punkt ist, die so freundlich ist
und die Augen so blau, nicht will sie unhöflich sein zu ihm oder seiner
Sorte, sondern behandelt ihn sanft und schenkt ihm ihren Punkt . Raube ihr
Hemd und Rock und wirf sie auf das Bett, den Kopf nach unten, dieses
kleine Mädchen, das dir die Brustwarze zeigt. Löse ihre Knie aus den
Verschleierungen, dass sie den Schoß öffnet. Gib mir den Punkt, und spare
nicht den Punkt, Mädchen, das mir die Brustwarze zeigt.
Sag, Freundin, findest du das gut, wenn du das tust, wenn du das Spiel mit
dem Begleiter ausgehen lässt? Beim Gott Priap! meine Geliebte, ich habe
den Ruf: Wie süß er Milch gibt! Sauge! Wollen wie uns lieben? Wir
werden leiden keine Rückschläge an einem geheimen Ort und bereuen
nicht, was wir so sehr lieben, und werden es nicht lassen.
Leg, um die ich seit lange gestritten habe, eine festen starken Bogen
gespannt, die Oberschenkel härter als Marmor, unterstützt von dem Baum,
das Bein, die Oberschenkel, die Blumen, das Obst und auch das Bein, dass
der Ballen trägt - ich wage zu behaupten, der Wurzelballen - Wer von
Natur aus anders als das braune Vlies geschmückt ist, ist dies Ebenholz,
Samt oder Seide, aber ein wenig feiner dein gelocktes Haar, wie feine
Seide. Nun meine Oberschenkel, ich überdenke meine Freude am
Oberschenkel, die Unterschenkel sind ein Boulevard, die Öffnung dient so
selten, sie könnte roten Satin gewählt haben. Die Oberschenkel sind
perfekt geschnitten, eine dünne weiße Emaille glasiert dein Bein, das nicht
geknickt oder zerknittert ist, aber die gewünschte Ware muß ich rügen, da
der Staatsanwalt darauf die Hände hat. Die Oberschenkel, die Hitze, das
Berühren der Sache ist tödlich, tödlich bis zum Tod. Der Oberschenkel
wird stärker und härter, wie der Magnet das Eisen anzieht. Es kann die
Hand nicht zurück von dir, ohne darüber nachzudenken, was das für eine
Krankheit ist. Plump sind die Oberschenkel, die Unterschenkel und das
Löchlein ist wie neu. Leg die Beine, die Oberschenkel willig in die Runde,
es ist das beste Bein der Welt, das mein Auge sich bewegen lässt, der
Sauger will dein Bein bewegen, fährt über den Oberschenkel mit dem
Mund, eine schöne Zeit, bevor ich dich berühre, diene deinem Fuß. Die
Oberschenkel, die den ganzen Körper tragen, die Stützen der Beine halten
die Tür, und ich nehme die feste Burg des Genusses ein. Die Oberschenkel,
die die Macht haben ein Angebot zu machen, lösen mich fast auf. Die
Oberschenkel geben, was getan wird und wieder gemacht wird, ohne was
kein Bein gut gemacht ist. Die Oberschenkel, die mich oft erinnern an den
Geschmack, lassen nach den Schwierigkeiten kommen tausend Meilen
Freuden. Die Oberschenkel in der fruchtbarsten Schönheit, die
Oberschenkel sind ein Meisterwerk der Natur.
Sicherlich einen Tag in der Woche mir passierte etwas ganz Wunderbares,
weil ich eine o so Souveräne zwischen zwei Blättern duftenden Lavendels
rosa legte nackt nieder, aber wenn ich sie in meine Arme eingeschlossen
hatte, war ich ein zu hartes Ding. Sie sagte, ihre Sprache war glänzend:
Halte still! Ich werde meine Mutter rufen! Da war ich erstaunt, dass sie zu
mir so wild war. Nichts sagte mir, wie ich lag: Unsere Art war die Art der
Weisen. Aber ich sah über ihr Gesicht Tränen fließen auf verschiedenen
Wegen, immer sagte sie leise in ihrer Sprache: Halte still! Ich rufe meine
Mutter! Wenn mein Wille geschehen und getan war, diese Stunde war eine
perfekte Sache. Ich hatte die große Freude in meinem Herzen, weil ich sah,
dass das, was Er liebte, geschehen war. Wenn aber küsste meinen Mund
die schöne Freundin, die mir lachend gutes Essen anbot, muß ich sagen,
dass ich das würde gerne anfangen: Sei still, ich rufe meine Mutter! O
Prinzessin der Liebe, so schönes Mädchen, berauschenden Leibes, ich
komme mit einem ganz guten Mannesding! Sie aber sagte mit den Lippen
lächelnd: Halt still, ich rufe meine Mutter!
*
Junge Geliebte, in der neue Saison, auf den Straßen kreuzen sich die
Narren und die alten Böcke. Hinein in das Feuer mit der Kohle! Junge
Liebhaberinnen, neue, in der neuen Saison, sind lustig! Ich weiß nicht, ob
sie ihre Arbeit gut machen oder nicht, aber wir stechen mit dem Sporn in
die Flanken der jungen Ponys!
Ich verließ die Kunst der Liebe der Brünetten und habe ausgezogen mein
Flanellhemd. Denn jetzt, da das Alter nimmt mir zum Trotz die Zähne,
fühle ich mich schwach und kann nicht mehr. Die junge Hündin wird nicht
zittern vor meinem Eisen, wir werden uns in kleinen Kabinen treffen, in
Kasernen, Gärten und Hütten. Egal wo, ich spiele auf deinem Gesäß nach
allen Notenblättern der Kunst. Ich habe mehr als die andern alten Böcke
Röcke verbraucht und feine Schleier. Wer den Kirchenchor zu traurig
findet, sollte jetzt tun, auf welche Art auch immer, die Frauen oder
Mädchen ansprechen. Ich beherrsche alle Künste, Mädchen!
Unsere Wünsche sind es, die uns verschlingen in der Glut der Liebe, ihr
Geschäft unseres Körpers, die Flammen unsere Sorgen, ihre Zangen unsere
Augen und Härten unsere Tränen,
unsere Seufzer ihr Blasebalg, und unsere Sinne ihr Ofen. Voll des Zornes,
quält Amor uns mit seinem Hammer, quält er uns einfach mit seiner Härte,
die Klappen unseres Herzens unser Unglück, unser Herz dient als Amboss
und er schlägt unsre Herzen. Das Feuer wird zu heftig, um es zu
beruhigen, fließen unsere Tränen, damit die wohltuende Benetzung
allmählich es brennen lässt immer schwächer. Aber der Reichtum an
Wasser könnte dämpfen die Flamme. Ich täusche das Kind Amor, weil er
mich entflammte zum Nachdenken. So viele Tränen kommen aus dem
Feuer, das entzündet. Er ertränkt seinen Ofen mit Wasser.
*
Wenn dein Hals rosa zu meiner Umarmung sich schmiegt und dein Auge
hat eine leichte Sehnsucht, die Augen halb geschlossen, der Boden meiner
Seele ist voll Lust und kämpft nicht ernsthaft mit Schwierigkeiten voller
Kraft, da ich mit einer so großen Freude leide. Dann bei der Annäherung
an das Halten meine Lippe, bin ich so auf die Blüte gepresst, dass ich aus
deinen Atem Ambrosia sammeln kann, wenn der Seufzer diese Gerüche
versendet, wo die beiden Sprachen und die Ausgelassenheit spielen sehr
gebildet und fächeln meinen süßen Leidenschaften, es scheint mir, am
Tisch mit den Göttern zu sitzen, ich bin so glücklich, und trinke zutiefst
von ihrem Getränk, schmackhaft köstlich. Wenn die Eigenschaft, dass das
größere Wohl kommt, nimmt mich oder verlässt mich, warum sollte ich es
erlauben, Herrin, die du immer noch die größte Mine bist? Hast du Angst,
dass der Genuss von so viel Glück mich zum Gott macht? Und dass ich
ohne dich fliegen könnte in ewiger Freude? Schöne, habe keine Angst
davor, wo immer deine Wohnung ist, da ist mein Himmel, bis ich sterbe,
und mein Himmel wird da sein.
Bereits in der Nacht in dem Park sah ich eine große Herde von
wandernden Sternen, sie geben in den tiefen Höhlen Zuflucht vor dem Tag,
seine Jagd war schwarz. Bereits am Himmel errötete Indien, und doch ist
die Morgenröte so, dass sie ihre Locken durchflechtet mit Perlen. Hagel
fällt im Westen, ich lebe wie ein Stern, ich sehe deine grünen Ufer, o mein
Fluss, ich sehe eine Nymphe, lachend. So sehen wir die neue Aurora, die
beschämenden Tage mit einer doppelten Hautfarbe und der Hund zeigt gen
Osten. Und es leuchtet die Feige in Indien.
Eine Kurtisane weiht sich der Venus: Wenn ich wütend meine Jugend
eindringlich den Bordellen gegeben habe, die Garantie, die nie in der Lage
war, junge Fohlen fühlen Stachel, Krebs oder andre Geschwüre. O Venus!
Bacchus, dein Begleiter, bei ihm verspreche ich dir, in meinen Wünschen,
meinen Schwamm und meine falsche Haare, mein Make-up, meinen
Spiegel und mein Kamm.
*
Ode an meine Geliebte - Für meine Freundin - Wenn wir im Tempel knien,
werden wir die Gläubigen, durch diejenigen, die Gott, demütig, gebeugt in
der geheimsten Kirche loben. Aber wenn wir im Bett miteinander
verflochten sind, werden wir die Stellungen nach des Liebemeisters
Gestalten, die, frei praktiziert, Sport sind, die Blätter in hundert
Süßigkeiten pflücken. Wenn ich will, beiß ich dein schönes Haar oder
küsse deine geliebten Lippen oder optimiere dir deinen schönen Rahmen,
verletzt du die Kloster-Nonne inwendig eingesperrt? Warum hältst du
deine Augen und deine Gebärmutter lecker, deine Wange, Lippen so
schön? Küsse, die dir Pluto gibt, nachdem Charon dich in seinem Boot
geliebt? Nach deinem letzten Tod, Heil dir, sollst du mir es, Freundin, das
blasse Leibchen geben, und wenn der Tod kommt und ich sehe dich im
Schatten, dann gestehe ich, dass du einmal meine Liebe warst. Dein Kopf
wird keine Haut oder dein Gesicht so schöne Venen oder Arterien haben,
du wirst nicht die Zähne blecken, wie man es an den Köpfen der Friedhöfe
gesehen hat. Also, während du lebst, Herrin, bewahre deinen Verstand und
nicht verschone mich mit deinem Mund: Ausschweifend stirbst du, wenn
meine Buße heftig war. Ah! Ich sterbe! ah! liebe mich! Ah! Herrin, nähere
dich! Du wie eine Liebhaberin, leide mindestens meine Hand ein wenig
herumtollend in deinem Schoß, oder tiefer anzusetzen, wenn du siehst, es
passt und du zitternd fliehst!
Hymne an die Nacht: Nacht der Liebe, treue Diener und Sergeanten hält
Venus mit ihrem heiligen Gesetz, die Begleiterin des ungeduldige
Freundes sondert die Zeit ab, o Liebling der Götter! Vor allem liebe die
Sterne als Begleiter, eure Gaben der Natur lieb ich, das Beste: Sie
unterhalb der Genüsse verbergen die tiefe Stille. Lass die Liebe Freuden
tun, wenn du deine dunklen eng versammelten Liebhaber umarmst, und sie
fallen alle unter der Hitze matt, wenn der Freund mit der Hand berührt
dein kurzes Bein, und nun die Zitzen, die nicht verglichen werden können
mit Elfenbein, und wandert in die Sprache der Wange, und auf dem
Gesicht, kein Geruch ist da von Blumen, die im Entstehen begriffen sind.
Was wird der Orient senden? Es ist dir gegeben, dass du dich sorgst und
die Gene beißt, und die Pflegestifte benutzt für die glühenden Seelen, für
diese deine Tränen, du bist es, die das Leben gibt, die schmachtenden
Obstgärten, Gärten aus Tau, und vom Himmel schwärzesten Idols die
Verbindungselemente. Wenn ich bitten darf, Göttin, ein Ende meinem
Schmerz zu machen, und die unter meinen Armen, diejenige, die voll von
grausamen Drohungen ist, dass ihre Augen (Augen, die mich gefangen
halten) zu feurigen Fackeln brennen, mir auf den Boden sinken meines
Knochenmarks.
*
Ich erinnerte meine süße Freundin: Trinken wollen wir heute Abend vor
allem, und aus diesem Faß fülle Carinena-Wein in meine Flaschen und lass
mich bezahlen, um die Aufgabe des Weinfestes für das gesamte
Unternehmen zu gewährleisten. Entweder nenn ich deinen Namen oder ich
nenn dich meine Liebe und Madonna, ich werde so viel trinken wie dein
Name Buchstaben hat, und du, wenn du die Liebe deines jungen und
schönen Freundes nicht vergisst, meine Schöne, ich bitte dich, vergiß es
nicht. Ich trinke, bis der Kopf der Weinreben und des Efeu taumelt,
Ellbogen und Nacken, dass blumige Land der Rosen und Lilien, und über
dem Ring, den ich mich schäme zu tragen, sind Milch und Erdbeeren und
Wachteln. Und ist es nicht gut getan? Nun denn! lass uns beginnen, und
jagen wir weit von uns alle Sorgen und dulden wir keine Beschwerden.
Neulich war ich auf einem Gipfelgrat, drehte mich und informierte mich,
und ich drehte die Augen, man hat geblendet meine Augen, meine Seele
berührt wurde von einem Blitz, von deinen Augen erfüllt zu werden. Deine
Augen schossen in mein Herz, in mein Blut, wie ein Blitz kam und spaltete
die Wolken, während ich kalte und heiße Fieber anhaltend hatte, ein
ergreifender Blick hat mich tödlich empört. Und wenn du nicht mit der
schönen Hand gegeben hättest mir Zeichen, mit der weiße Hand, die die
Tochter eines Schwans zu sein sich rühmt, wär ich gestorben, Freundin,
von den Strahlen aus deinen Augen, dein Zeichen aber bewahrte meine
Seele in der Freude, dein Auge wollte lediglich siegreich sein, deine Hand
freut sich, mir das Leben zu geben.
Freundin, küss mich, küss mich, halte mich, dein Atem gegen meinen
Atem wärmt mein Leben, tausend Küsse sollst du mir geben, ich bitte
dich, liebe sie alle, ohne Zahl, die Liebe kennt kein Gesetz. Beschlafe
mich, liebkose mich mit deinem schönen Mund! Warum willst blass
küssen (oder bist du Plutos Frau oder Freundin?) da du doch blühst, ohne
Farbe so etwas wie du? Drücke mir auf die Lippen deine Rosen, stotternd
will ich geküsst zu halbgeschlossenen Lippen mehr als tausend Worte
stammeln, sterbend in meinen Armen seufze du deine Seele aus. Ich sterbe
in dir, dann werde ich auferstehen, ich hebe Ihn in die Höhe, und gehe
dorthin, wo der Tag, ob er nur kurz sein kann, besser ist als die Nacht.
Wie du deine Hand gelehrt hast, freundlich und schön zu sortieren die
duftenden Blumen geschickt, für diese Wiesen emailliert mit Hunderten
von Farben, durch die heilige Arbeit der Truppe der Unsterblichen: Amor
lauert unter dem neuen Kleid, aus einer schönen Blume spendet er seine
Wärme und anstatt zu denken, gibt er Kissen deinen Schmerz, eine
Schusslinie, dich zu erneuern. Sammle Blumen, Europa war überrascht, zu
lieben, und immer noch war Prosperina eine Königstochter, allen anderen
höchste Göttin. Es sollte nur ein wenig Atem beheizten die Kohle im
Feuer, von welchem du schließlich Herrin sein könntest.
Wenn du mich in deinen Armen sterben lassen willst, meine Liebe, in dem
Scharlachsamt deines Rockes, dann küss mich, drück mich und wir lassen
Abelone rund in den Falten des Efeu. Ich greife diese Freundin, meine
Liebe, meine Gewohnheit, berühre deine Brüste, diesen Zwillingshügel:
Dann küss mich und fordere mich, und Er stand so, dass die gemeinsame
Freude uns und mein Leben vergiftete. Einer sucht den Tod, um die Seiten
einer Wand im Scharmützel zu finden, warnte im Angriff, im Kampf um
einen Namen, den wir nennen, ihm die Ehre zu kaufen. Aber ich will auf
deinen Lippen, meine Dame, meine Ehre, mein Glück, mein Schatz, mein
Reichtum, mein Leben sterben lassen, weil in deinen Mund mein Herz
blieb.
Lass du einem Freund sagen, ich möchte dass du meine Freundin wirst so,
dass alle Streitigkeiten darüber, ob nicht eine gute Frau zu sprechen ist,
wegen der Schönheit Spaß, Lustigkeit, meine zappelnde Hand bemüht ist,
dein Gesäß zu schlagen, wird sie all ihr Gesicht mir zuwenden, dann wird
es, wenn sie mich zu küssen kommt, mein Gehalt sich in sie ergießen.
Denn wenn es anders wäre, schlichte Frau, beschämend wär es einer
keuschen Frau, ja, ja, es wäre beschämend, sie zu meiner Frau zu machen.
In der Mitte der Wüste ist der Weg in den wildesten Terror, und am Rande
der am weitest entfernten Ufer, fliehe ich die Szene, von Männern
bewohnt, und bedaure, deine göttliche Schönheit nur von der Seite zu
sehen, ich höre den Gesang von tausend Sprachen der Vögel, die singen
Liebe der heiligen Götter. Aber müde, Herrin, bin ich des traurigen
Schicksals! Du wirst sehen, mein Leben wird vorzeitig beendet unter
diesem Wald, und dann sagst du: Ruhe, Liebhaber, in diesen dunklen
Hainen, diese Tränen, diese Schreie ergieße ich in deine Schattierungen, es
sind diese, die mich zu der lieben Madonna machen.
*
Du stolzer Felsen, treu sind die Wälder und du und ich, meine Gesänge
klingen matt, Lieder, die meine traurigen Akzente reagieren lassen, wenn
du den Klang meiner tödlichen Beschwerden hörst, die übermäßigen Berge
und die wunderschöne Landschaft, die schattigen Geheimnisse, die
schönen Wiesen grün, die auseinandergezogenen Wüsten, die grünen
Hügel, die sicheren Zeugen meiner rebellischen Liebe, ihr Nymphen und
Waldgötter seid da, du kannst Faune und Satyrn hören, die zu den Klängen
meine traurigen Lieder traurig seufzen. Wann werde ich von einem ruhigen
Frieden gesichert werden? O, er werde in den Himmeln, bitte ich, eines
Tages zu sehen sein, in den Himmeln, die ich nicht bewegen kann, Mitleid
habe der Himmel über die Tränen, die ich zu destillieren gedenke in deiner
Liebe.
In den Tälern, Wüsten, Bergen, Wäldern, habe ich immer behauptet, dem
schönen Namen meiner Freundin ein Echo zu sein, die Mitleid mit meinem
traurigen Leben hat. Sie reagiert morgens und abends auf meinem
klagende Stimme. Moosige Küsten und Höhlen, wer am besten kann
erzählen die schönen Namen meiner Liebe? Ströme! Es zwitschern im
Gras mit den Blumen die Vögel einverstanden mit meinen Gesetzen.
Innerhalb der großen Abelone und über der Arena an tausend Orten,
schreibe ich den Namen meiner Sirene, mit viel Liebe zum anderen
Spirituellen. Ich weiß andere Töne klingeln in der Campagne, Gebüsche,
Wälder, Höhlen, Berge, und alles ist die Beantwortung meiner tristen
Gesänge in deiner Liebe.
Freundin, deine Handschuhe decken die Hand nett und schön, dass man
die Ursache meiner Schmerzen nicht erkennt, sie schützen vor Wind,
Kälte, Hitze, und all um dein Bestes, um es zu schützen, die Handschuhe
verwendet werden. Die Wahrheit ist, dass ich für eine solche Nymphe,
deren Haut subtil und von seltenem Wert ist, da deine Haut ist die Haut
einer Blume, nichts wollen kann, nicht wahr? Es ist noch nicht würdig
meiner Rebellion. Aber wenn du sicher sein willst, oh Handschuh, wie
geehrt du bist? Sie berührte dich einmal, da wirst du es wissen. Ihre Zeit
genießen wollte einzigartig Jupiter, der wieder in die Haut glücklich
umgewandelt wird, zu berühren und zu küssen den Elfenbein der
mörderischen Hände, die das Glück meines Leben sind.
Wir sahen die Ehe als die Ehe von einem Bösartigen und einer Bösartigen.
Einer der Eltern sagte, so wie sie behandelt wurde, es sei eine Schande!
Sie werden kämpfen jeden Morgen und Abend! Nein, sagte der Weiseste
von ihnen, er muss zusammen so genommen werden, dass zumindest
dieses Paar Meuterer kann den Haushalt des Dichters stören.
Freundin, deine Brust ist weißer als Alabaster und ist fest und auf ihr ist
ein Punkt, der kann nicht ohne Liebe sein, einen roten Knopf sehen wir da
und wundern uns, wenn ich mich ergehe in Götzendienst! Als ich meine
Hand mit ihrer Zustimmung wandern ließ, kam nichts gleich meiner
Zufriedenheit, ich freute mich. Lass mir dieses schöne Privileg, aber wenn
du gnädig bist meinem heißen Ziel, o Freundin, mein Gegensatz! O
Schelm, bald, rief ich, bist du mit deinem schönen Busen zufrieden, ah!
deine Brust ist wirklich schön wie Schnee.
Du, warst du eine Jungfrau? Ha, du warst der Teufel, du warst es, aber es
war in der Wiege, als du noch eine Jungfrau warst, da war ich auch noch
Jungfrau, ich lasse euch was zu denken, wie es wahr ist. Nein, du warst
nicht Jungfrau, das ist eine Fabel. Ich dachte, mein Glaube könnte dich ein
bisschen mehr lieben, sollten wir doch alle schreien wegen dieser schönen,
sehr schönen Frau: Mord, mein Nachbar, komm mir zu helfen! O die feine,
hässliche, o meine angenehme Rede ruft ihre Nachbarin, um Hilfe zu
bitten, um zu zeigen, dass ich neu in diesem Geschäft war. So hast du
einen Fehler gemacht, du erinnerst dich gut, du gehst verdammt heiß, du
warst keine Jungfrau, meiner Treu, du wirst nie mein Ding sein.
Geh, mein Gedicht, gib Nachricht, geh singen über das Ende meiner
Mattigkeit in den Augen, die eine, die so viel Strenge verborgen an sich
trägt, erscheint nun so sanft wie sonst. Liebhaber, der Spaß der ewigen
Liebe, Liebhaber, die verachten die Länge der Zeit, die ist manchmal dazu
da, unsere Sätze zu rächen. Liebhaber, Liebhaber, Liebe machen ist nicht,
um zu sehen, ob sie fest und treu ist. Ich möchte einen Tempel auf meine
Treue gründen, bei dem eine Seite die Grausamkeit der Arbeit ist, eine
andre Seite die Schmerzen, welche die Bären erleiden, und an die Stirn des
Tempels wird geschrieben: Liebe brachte mich in ihr Paradies, wer wird
konstant pochen an ihre Tür?
Sie:
Mich hast du entehrt, ach, das verhindert, dass mein Herz, ich bitte dich, es
schwächte die Schande der Sünde mich so, alle meine Gefühle sind fehl
am Platz. Ein gutes Gefühl zumindest, was du tun wirst: Und warum ist es
so, dass ich jetzt vergessen bin? Nein, nein, ich will nicht diesen Wahnsinn
tun, wenn ich dir egal bin. Ha, mein Gott, lass mich, oh du sollst mich
nicht falsch finden, wenn du wirklich würdest reiten ein Pferd, das würde
dir die Zeit nehmen und den Atem. Was gefällt dir nicht? He, raus hier!
Deine Liebe ist schmutzig und hässlich, wenn du in meinem Bauch pisst,
was ist das?
Berühre nicht meine kleine Freundin, sie gibt mir die Meinung, dass ich
ihr Hals und Kinn bin und will mich, obwohl ich mich zurückhalte. Aber
sobald ich den schön blühenden Geschmack auf ihrer Brustwarze
schmecke und nehme ihr den Gürtel, sagte sie lachend: Geh, berühre mich
nicht, da unten, da ist das Juwel der Mädchen. - Aber ich lege meine Hand
dahin, ich erreichte das tiefe Ende ihrer Brust. Eile nicht, dass die zierliche
Zärtlichkeit bleibt, aber wenn ich die Rutschgefahr meine Hand sehe und
denke an die Eskapaden unserer hellen Funken, und wenn ich sie unten
erreiche, sagt sie weinend: Nimm deine liebe Hand weg, du würdest du es
falsch finden, mich zu den Jungfrauen zu zählen.
Willst du nicht gut sein, süß sein, niedlich sein, willst du nicht, und dann
die Liebe und die Reihenfolge einhalten, wie wir unser Liebesspiel
nehmen? Mein törichtes Mädchen, willst du nicht, dass ich mich ausruhe
in deinen Armen? Du schuldest mir tausend Küsse. Du kannst beruhigt
sein, wenn du auf diese Weise die Wärme, die mein Herz quält, fühlen
willst. Du schuldest mir, dich nicht abzuwenden. Du schuldest mir den
einsitzenden Punkt, aber du musst auf mich hören: Mit der äußersten Liebe
liebe ich dich, erbarme dich, empfange die Hälfte, das ist das Geschenk
und der Lohn. Einschließlich des Bogenschützen Amor haben wir alles für
diesen Zweck anmutig gemacht und können es noch besser errichten. Der
Himmel ist mit uns zufrieden, wir sind der schöne Frühling. Die Liebe hilft
uns, sehen wir unsere blühenden Jahre, Freude haben wir nun in dem
angenehmen Obstgarten, die Presse dort ist der Ort, wo der Gott der Liebe
alles macht. Wer bleiben kann, wenn er wieder alles geben will, Liebe,
glücklich, zufrieden wollen wir sein. Komm früh, meine Liebe, früh sollst
du kommen und bald stelle ich mich rüstiger, zwing mich nicht an den Ort
der Abweisung. Uns Jugendliche verlässt nicht der Genuss. Die
Zärtlichkeit folgt uns; liebkose mich, mein süßes Herz, mit dem Gefühl,
komm zu mir, meine Liebe, heute muss es dein Wunsch sein, deine Freude
gegeben zu haben.
Die Brustwarzen, meine Freundin, ich stimme dir zu: das C ist das
Ornament, Schatz, das a ist schön. An den Nippeln kann man rebellisch
werden! Und das I? Er kann es nicht sehen, nichts ist süßer. Gesegnet ist
die Hand, die sich wohl tut! Und noch glücklicher dieser liebkosende
Mund! Ach! Warum mit ihrer Freiheit beeinträchtigt umgehen? Keine
Anpassung der Abschirmung! Wie? Vollständige Nacktheit! Was? Sollte
das Übergewicht, die Elastizität, das Interval zwischen ihnen, dieser
polierte Satin, diese charmante Rundheit, die Taste des Scharlach
entstehen? Diese Fläche übertraf die Form und Farbe, in transparentem
Stoff wie Schnee blendend, und die azurblauen unten trennt ein Mäander.
Alles in Eile zu sehen, benutzt, war die schöne Brustwarze sanft von dir, es
feierten die Nippel, um die ich seufze! Meine liebe Freundin, eh, was
sollen die Spitzen? Reize fliegen wieder! Schufen sie nicht diese Welt?
Und ich? Soll ich deine Herrlichkeit auf die Leier übertragen? O all die
Brustwarzen, Brustwarzen, dieses siegreiche Meisterwerk! Praxis der
Liebe! Zitzen, Brustwarzen der Göttin! Schwache Sterbliche, reichen sie
nicht mehr, um das Reich der Göttin zu singen? Soll ich den Olympus
montieren? Er könnte groß genug sein. Und, was den Lobpreis deiner
Brüste betrifft und was mich glücklich macht, von den Nippeln fühle ich
mich glücklich! Ich fühle mich als ein Herz.
Ich werde als ein Hund kühner, mehr bin ich als ein Löwe in der Schlacht
mutig, agil und schnell in deinen närrischen Spielen, mehr als der Affe
oder ein junges Kätzchen, du trägst dein Haar am Schoß, reicher als das
Vlies de des braunen Widders, du erstickst mich mit deinem Schoß, der ist
ohne Knochen, ohne Knochen, ein Stück naive Güte, o Schoß, ziemlich
gut sitzend, es häuften sich die Stunden, die wir weit entfernt von Gefahr
und Lärm der Sippe benutzten, die ich nicht für deine Schwester mir nahm.
Obwohl eine schöne Fläche dein Mund oder ein Rubin mit ornamentalem
Schmuck, gemeinsam und dicht geschlossen liegen wir, da du so hübsch
deine Bewegungen machst, oder der Körper rechts, sitzend, wir scherzen
oder spielen, wenn du liebst es, einen Schmollmund zu machen, Quelle der
Liebe, Quelle der Süße, kleiner Hügel beruhigend jedem Eifer und der
Mattigkeit Übel: O köstlicher Ort, anmutig, ein angenehmer Aufenthalt,
lüsterner mehr als jede andere Welt, der kleine Weg, rechts führt er in
einen Graben, sehr gut, sehr gut, das sind souveräne Vergnügen, dir gerne
das zu sein, was dein Wunsch ist, du kannst zufrieden sein, und meine
Liebe voll und ganz genießen.
*
O runder Bauch, straffer Bauch, du bist die beste Politik, dein Bauch ist
mehr weiß als Alabaster, der Bauch ist kälter als Gips, den berührt die
kalte Hand, und ich weiß nicht, was heiß und steif mein Glied ist. Dein
Bauch ist voll von Glück, der Bauch, wo alle Mitglieder zu ehren sind,
gezwungen bin ich, den Bauch nach seinen Bürgern zu fragen, oder ob er
starke Beschwerden hat. O Bauch, zu jeder Zeit weißt du, wann der Mann,
den du behauptest, gewonnen zu haben, wenn er siehst, wie du gekleidet
so fein, kann er auch feststellen, dass du nackt bist. Er wäre also sehr froh,
dass du zeigtest den nackten Bauch. Wer wird noch glücklicher, wenn du
darauf bestehen wirst? O Bauch, nach unten ist ein Brunnen für die
menschliche Natur, um sie neu zu erzeugen. Dein Bauch ist keiner, den du
verleugnen musst. Was ist die Frucht des Lebens? O Mutterschoß,
berechtigt zu empfangen, was denkbar ist, dies, Bauch, was gibt und
nimmt, und den geb ich dir und du hast ihn.
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
MYSTIK DES KARMEL
ELIAS
Eremiten lebten von der Quelle, und Elias lebte auf dem Berg Karmel, er
blieb in den Höhlen, wo er sich versteckt hielt, da haben die Karmeliter
ihren wahren Vater Elias im Geiste erkannt und die Kirche hat es offiziell
bestätigt, der Karmelorden es ist sein abgelegter Mantel, es wird davon
ausgegangen, dass er von Elias ist, sein Kleid, das die Kirche aus seinem
Geist empfangen hat. Elias ist also der Vater und der Leiter des Karmel,
wie Elischa der Diener und der erste Schüler von Elias ist, er nahm das
Motto an, des Ordens Motto: „Der HERR lebt, der Gott Israels: Ich diene
Ihm.“ Und: „Wie sicher ist es doch, das der lebendige Herr lebt, dem ich
diene“, sie wollen mit dem gleichen Eifer brennen, wie er das getan. Die
entflammten Diener Gottes waren zweimal in der Gegenwart Gottes selbst
das, was isst und sein Leben lebt, das seine Mission ausübt, die sein Wesen
rechtfertigt: „Ich bin mit eifersüchtigem Eifer für Jahwe gefüllt.“ Teresa
von Avila sagt: „Ich habe den Hunger nach der Ehre Gottes gefühlt durch
unsern Vater Elias“, und in der Poesie spricht sie, es ist der Mut und Eifer
des Elias, dass Gott sich seiner Nonnen rühmt.
Es ist interessant zu bemerken, dass eines Tages Therese vom Kinde Jesu
speziell von den beiden Propheten Elias und Elischa – dem geistigen Vater
und dem geistigen Sohn – sich inspirieren ließ, sich unter ihre
Schirmherrschaft zu begeben, unter der Einwirkung des Heiligen Geistes,
die geistigen Väter nehmen die Engel und Heiligen als Schutzpatrone,
Erneuerer fragen nicht nach dem doppelten Geist des Elias, wie Elischa,
sondern er hat es als Inbegriff für das erhalten, was dieser „Doppel-Kopf“
ahnen lässt, nämlich die „doppelte Liebe“ Gottes. Hier werden die
primitiven Modelle, die biblischen, zu Modellen der Inspiration, es folgt
eine Heiligkeit sowohl in ihrem Gefolge als auch zutiefst originell. „In
Erinnerung an das Gebet Elischas zu seinem Vater Elias, als er um seinen
doppelten Geist zu bitten wagte, erschien ich vor den Engeln und Heiligen,
und ich sagte ihnen: Ich bin das Kleinste der Geschöpfe, ich weiß von
meinem Elend und meiner Schwäche. Ich bitte euch, mich als Kind zu
adoptieren, dir allein die Ehre, dass du mich gewinnst, und lasse dich
herab, mein Gebet zu hören, ist es auch töricht, ich weiß, aber du traust
dich zu fragen, Gaben zu erhalten für mich: Verdopple du meine Liebe!“
DAS FÜRBITTGEBET
Elias ist immer noch ein Modell der Fürbitte, das Gebet als die
Bereitstellung einer Leistung ist etwas alltägliches, was deshalb Zeugnis
für die Macht dieses Gebetes ist, Zeichen seiner Freundschaft mit Gott,
eine außergewöhnliche Leistung, eine wundertätige. Er ist ein Prophet in
vollem Umfang, durch den Heiligen Geist investiert ist die Frucht seines
Lebens in der Wüste, Gott eröffnete ihm, dass er wird einsetzen so viel
Macht für die Witwe von Sarepta, die sich zur Unterstützung im Zeitraum
des Hungers Hilfe erbat, und der er ihren einzigen Sohn wiederbelebte,
oder um die Erinnerung an Naboth zu wecken, der zu Unrecht von der
Habgier ermordet worden, als ein exklusiver Service am lebendigen Gott,
einzigem Gott und Gott des Bundes, ihn zu verteidigen: Er lenkt so die
Israeliten ab vom Götzendienst des Baal, durch die Durchführung eines
erstaunlichen Wunders, geht dann auf die 400 Bediensteten eines Idols los
und tötete sie. Die prophetische Art ist das bevorzugte Instrument Gottes
gegen den Götzendienst und gegen die Ungerechtigkeit. „In einer Zeit, da
wir das Angebot zu präsentieren hatten, erschien der Prophet Elias in der
Nähe und sagte: Herr, Gott Abrahams, Gott Isaaks und Gott Israels, wir
wissen jetzt, dass du Gott bist in Israel, ich bin dein Knecht und es ist auf
deinen Befehl, dass ich all diese Dinge getan.“ Weiter in der Tradition des
Karmel: Der Karmel wurde begangen, wie vom Propheten Elias, in der
Geschichte des Menschen, der sich mit der Verherrlichung Gottes abgibt,
der allein lebt für immer.
DIE ERFAHRUNG DER NACHT
Es gibt eine andere Wüste mehr intern als die vom Gebet in der Zelle, in
ihrem Herzen: die Wüste als spiritueller Prozess, das eindringliche Gefühl
des Versagens, die Wüste der Einsamkeit und Angst, die Wüste des
Zweifels an seiner Berufung und Sendung, die Wüste als Innenraum der
Verfolgung, der Konflikt mit sich selbst, und extern: Elias extern ist, als er
gejagt ward von Isebel, die die Propheten getötet hatte, als er floh, um sich
zu schützen, da ist es intern von einem Gefühl der Niederlage begleitet, da
er seine Idee von sich selbst verklagt, um den denkbar schlechtesten
Geschmack des Todes zu erfahren: „Er wollte sterben und sagte: Genug
jetzt, Herr! Nimm mein Leben von mir, weil ich nicht besser als meine
Väter bin.“ Dies ist die Zeit der großen Bedrängnis, der großen Trübsal,
die Zeit der Konfrontation mit seiner Sünde (das stolze Massaker von
vierhundert Männern im Namen Gottes) und seinen Grenzen (die Angst
vor dem Tod durch die Hand einer Frau, die Vernichtung des Selbst-
Bildes...), so ist er ein geliebter Prophet Gottes.
Die ersten der Karmeliter im Geiste sind vor allem diejenigen, denen ihr
Weg gelingen wird, die Erfahrung des Eilens durch die Nacht, dass Sankt
Johannes vom Kreuz begeistert war zu erforschen, zu kommentieren die
Nacht, die Nacht der Sinne und des Geistes, so förderlich für ein neues
Verständnis von Gott, in der Finsternis, und heimlich liebt es der spanische
Mystiker-Doktor zu wiederholen: wie in der Höhle des Horeb. Außerdem
sagte er zum Horeb, dass Elias Erkenntnis des Wesens Gottes hatte. Das
Herz der Nacht entpuppt sich als die Gnade, um zu schauen, seine
Forderung wird erneuert, Gott zu dienen, für Elias wird es eine
prophetische Mission der politischen Ordnung mit der Salbung der zwei
Könige und eine Mission von einer religiösen und spirituellen Salbung,
seine Prophezeiung von Elischa, den er als seinen geistigen Sohn als
solchen aus anderen Propheten anerkannt, als Elias in den Himmel
aufgefahren ist: „Er nahm den Mantel des Elias und schlug ins Wasser und
sprach: Wo ist Jahwe, der Gott des Elias? Er schlug auf das Wasser, das auf
der einen und der anderen Seite geteilt wurde, und Elischa stand in der
Mitte. Die Brüder- Propheten sahen ihn in einem Abstand und sagten: Der
Geist des Elias ruhte auf Elischa! Und sie kamen ihm entgegen und
verbeugten sich zur Erde vor ihm.“
MARIA, DIE SCHÖNHEITSKÖNIGIN VOM KARMEL
Der Karmel ist ganz Maria, sagt ein Sprichwort. In der Tat, auf dem Berg
Karmel sind die Einsiedler in einer kleinen Kirche zu Ehren der Jungfrau
Maria gruppiert, und sie ist ihre Königin nach der feudalen Mentalität.
Dies bedeutet, dass alle sich und ihre Besitztümer ganz der Jungfrau
gewidmet haben, sie sind ganz ihr geweiht, ihr gewidmet in Dienst und
Ehre, die in einem inbrünstigen Kult und mit einer ganz besonderen Liebe
zu ihrer Mutter geführt wird und ihrer Schwester. Auf den Punkt gebracht,
kann man sagen, dass der Karmel den Namen Maria schmücken wird, und
den Karmeliten wird gegeben der glorreiche Titel „Brüder der Seligen
Jungfrau Maria vom Berge Karmel.“ Ihr Habit wird als das Kleid der
Jungfrau Maria angesehen, und Teresa von Avila fragte sie, ob die Nonnen
würdig seien der Demut von der Art, wie sie das Kleidungsstück tragen,
ein Kleidungsstück des Dienens.
Warum solch eine leidenschaftliche Bindung an die Mutter des Herrn, ist
sie wirklich charakteristisch für diese Nachfolge? Dies ist im Lichte der
Liebe Jesu zu sehen, die die Karmel-Liebe zu seiner Mutter Maria enthält.
Marias Leben ist das perfekte Modell für das Leben im Karmel, ein
verborgenes Leben in Treue zu Jesus, ein Leben der Aufmerksamkeit auf
das Wort, ein Leben der Meditation und Betrachtung der Geheimnisse
Christi, und schließlich ein aktives Leben der Nächstenliebe und der
Gemeinschaft in der Einfachheit. „Der Karmel wird zunächst sein Leben,
durch das innere Leben der Jungfrau Maria gewidmet, reproduzieren.
Diese Nachahmung der inneren Geheimnisse der Jungfrau verkörpert
schön das Ideal unseres heiligen Auftrags, in der ganzen Fülle der
wichtigste Auftrag“, sagte Anastasio, der Vater des Allerheiligsten
Rosenkranzes auf einer Konferenz der tertiären Karmeliter.
Was war sonst das Leben der seligen Jungfrau Maria, wenn nicht ein
Leben der „Hingabe“ an Christus und die Heiligste Dreifaltigkeit im
Glauben, das die Erfüllung in prophetischer Weise des Gebets des
„hohepriesterlichen“ Jesus verkörpert, ein Leben in liebevoller
Gemeinschaft mit der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, „damit ich in ihnen
bin und du in mir, sie sind also in einer perfekten Einheit, daß die Welt
erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, wie du mich liebst.“
Maria in ihrem Magnificat drückt die Hochstimmung aus, in der Welt die
Anerkennung der besonderen Liebe des Vaters für sie zu empfangen:
„Fortan werden alle Generationen mich selig preisen.“ Die zärtliche Liebe
des Herrn zu seiner Mutter führt den Blick zu ihrem Leben voll der Gnade,
in der Stille, der Innerlichkeit, ein einfaches Leben, demütig, durch die
Führung des Heiligen Geistes markiert, der sie überschattet hat, er
durchdringt jede Faser ihres Seins, physisch, emotional, intellektuell,
spirituell, zu zentrieren sie auf das Geheimnis ihres Sohnes, und sie hat
sich bedingungslos, ohne Vorbehalt ausgeliefert, und ihren Willen dem
Vater übereignet. Die Jungfräulichkeit des Leibes und das Herz Mariens ist
das kontemplative Ideal der Reinheit und ist all derer Wunsch, die in
Vertrautheit mit Gott umgehen, um Vertrautheit mit ihm bemüht, das
Vorrecht des Herzens rein und von der Welt distanziert zu halten („Selig
sind die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott sehen“). Maria
verkörpert perfekt die mystische Berufung des Karmel: Vereinigung mit
Christus, die Teilnahme am inneren Leben Gottes, die Fruchtbarkeit des
kontemplativen Lebens.
Es ist die Dienerin Gottes, die Art des Bündnisses. Sie hat sich weiter
hingegeben, Gott zu gehorchen, dem Herrn der Pilger wie Abraham, wie
Elias, zur Einhaltung seiner Weisungen: Sie ging zu ihrer Kusine
Elisabeth, schwanger, von Nazareth nach Bethlehem zur Volkszählung
trotz des fortgeschrittenen Standes der Schwangerschaft, vor dem Zorn des
Königs Herodes musste sie fliehen, kam zurück nach Nazareth nach der
Weisung eines Engels, zog regelmäßig nach Jerusalem, um religiöse
Zeremonien durchzuführen auf einer Pilgerfahrt, und später, als ihr Sohn
auf den Straßen von Galiläa und Judäa lehrte, wird sie Teil der kleinen
Gruppe von Frauen, die ihm folgen werden. Dienerin war sie auf der
Hochzeit in Kana, und dann für alle ihre Kinder im Geist, um sie intim zu
lehren, was sie immer schon tat und weiterhin tun wird: „Alles sollt ihr
tun, was Er euch sagt.“ Es geht über Abraham, Elias, in Glaube und
Hoffnung, ein Leben voller Größe, in Tapferkeit, Großzügigkeit, wenn auf
dem Kalvarienberg die Frau gering und verborgen vor den menschlichen
Augen, sie das Opfer ihres Sohnes akzeptiert und dabei wird sie die Botin
der Hoffnung im Herzen der dunkelsten Nacht, ein Martyrium der Liebe
erlitt sie zusammen mit ihrem gekreuzigten Sohn, zu bezeugen heldenhaft
den blinden Glauben an den lebendigen Gott, der die Herrschaft
versprochen, die endlose, die der Sohn ihr gab, dann hat sie dieses
empfangen, von dieser dunklen Nacht umhüllt, dass auf Golgatha sie
wurde der Segen einer universellen Nachwelt, da sie empfing eine Mission
der Mutterschaft im Heiligen Geist. Zu Füßen des Kreuzes, fixiert sie ihren
Blick auf den Gipfel des Berges von Golgatha, den eine Theophanie
erfüllt: es ist nicht das ganze Volk von Israel - wie einst beschworen Elias
bei einem anderen Opfer auf dem Berg Karmel – sondern das Erkennen
Gottes durch Jesu Opfer, aber eine Hand reichte er einem Dieb und einem
armen Heiden („Dieser Mann ist wirklich Gottes Sohn“), und zweitens,
sie, Maria, kombiniert im Gebet ein eigenes Opfer mit dem Opfer ihres
Sohnes, den sie kennt und sie glaubt an den Sohn des lebendigen Gottes.
Teresa von Avila und Johannes vom Kreuz sagten, sie lernten von ihr, wie
die Beziehungen der Seele mit Gott seien. Theresa erlebte eine
leidenschaftliche Liebe zu Maria, dass sie sich explizit Maria zur Mutter in
einer hoch signifikanten Geste gewählt nach dem Tod ihrer leiblichen
Mutter. Sie hat viele Marienlieder gesungen, das zeigt die Nähe ihrer
Vertrautheit mit der Heiligen Jungfrau. Wie oft wird dir nicht gefallen, wie
Teresa schreibt von ihrer Freude an der „Betreuung unserer Mutter und
Lehrerin“, und stellt die Reform dar als Auftrag zur Arbeit der Maria: „Es
ist ihre Arbeit, damit ist sie unsere Frau und Herrin.“ Die primitive Regel
wird reaktiviert als „die Regel Unserer Frau vom Berge Karmel“, als die
Herrschaft der Jungfrau Maria, Unserer Lieben Frau und Matrone. Jesus
nachzuahmen, empfiehlt Teresa ihren Töchtern, vor allem in Marias großer
Demut. Sie besteht darauf, dass, seit das Kleid der Jungfrau von
reformierten Karmeliten und Karmelitinnen getragen wurde, es machte
dies der wahre Sohn der Jungfrau, und wir Mädchen müssen „als echte
Töchter der Jungfrau leben, und daher als Jungfrauen selbst“.
Johannes vom Kreuz wird den Schwerpunkt auf die Reinheit der
Ausübung der göttlichen Tugenden in der Jungfrau legen, als Muster für
die Seelen, um in Richtung der mystischen Vereinigung zu wachsen. Maria
war nur eine perfekte Vorlage und treu dem Geist in ihrem Gedächtnis,
ihrer Intelligenz, ihrem Willen.
JOHANNES VOM KREUZ
Das Leben des heiligen Johannes vom Kreuz: Er war ein Waise von
seinem Vater her schon sehr früh, im Alter von drei Jahren, seine Kindheit
stand im Zeichen der materiellen Armut und des Elends, er bettelt sogar
auf den Straßen von Medina del Campo um Geld für die Hochschule.
Zwischen 17 und 21 Jahren ist er eine Betreuungsperson im Krankenhaus
der Unbefleckten Empfängnis. Er ist ein rigoroser Geist, er ist gütig zu
studieren, aber er hat immer studiert und unter schwierigen Bedingungen
Ruhe gesucht, er wurde nie von einer akademische Laufbahn als Theologe
versucht. In der Tat, Johannes vom Kreuz, dem Menschen, ist vor allem
die Gegenwart Gottes wichtig. Im Jahre 1553 trat er ein bei den
Karmeliten der gemilderten Regel. Durstig nach Einsamkeit, Stille, Armut,
Askese, kurz nach dem Radikalismus des monastischen Lebens, kann er
nicht in seine Ordnung zu finden, er ist im Begriff, in dem Kloster im
Jahre 1567 in Rente zu gehen, als er erfüllt wurde von Teresa von Avila. Es
war ein Treffen in der Vorsehung: Die Madre erkannte sofort in diesem
jungen Karmeliten und in dieser frommen Seele die Elite und den
Baumeister der Grundlagen der männlichen Klöster, die er strebte nach
ihrer Reform zu etablieren. Ab 1568 beginnt die erste Grundlage einer sehr
demütigen und armen Karmeliter-Reform in Duruelo. Im Jahr 1572 wurde
Johannes vom Kreuz Kaplan und Beichtvater des Karmel von der
Menschwerdung in Avila, wo er mit Gewalt in der Nacht vom 2. Dezember
1577 von den Karmelitern aus ihrem Kloster in Toledo entfernt wird, ohne
Wissen der reformierten Karmeliter. Im Gefängnis von Toledo erlitt er
Schläge, die er in völliger Einsamkeit erlebte, und er erlebte, was er die
„Nacht“ genannt in seinen Schriften, das ist eine tiefgreifende moralische
und geistige Not. Er entzieht sich kühn in der Oktav von Mariä
Himmelfahrt im Jahr 1578. Dann eröffnet sich für ihn ein fruchtbares
Fundament und große Aufwendungen in der Umsetzung der Reform des
Karmel, er unterhielt eine Vielzahl von Büros, und schrieb im Jahre 1580
seiner Hauptwerke: den Geistlichen Gesang, den Aufstieg auf den Berg
Karmel, die dunkle Nacht und die lebendige Flamme der Liebe. Johannes
vom Kreuz ist eine echter „Mensch der Bibel“, ein großes kontemplatives
und mystisches Genie, eifrigster Leser der Bibel. Weit davon entfernt, ein
Intellektueller zu sein, sein Gebet in hohen Positionen verloren zu haben,
ist Johannes vom Kreuz für seine Güte und für die Verführung, die von
seiner Person ausging, bekannt. Johannes vom Kreuz blieb ein einfacher
Mann, bescheiden auch in den höchsten Ämtern. Im Jahre 1591 starb er
nach der Erfahrung der Verfolgung in seinem Auftrag durch Rivalen. Man
kann nicht ignorieren die Auswirkungen einiger der Ereignisse seines
Lebens auf sein Werk. „Die Beziehung zu ihm war, wie sein Wort, weich,
sehr spirituell, sehr profitabel. Darin ist er ein Geschenk, das sehr
bemerkenswert und weitreichend war. All jene, die entweder Männer oder
Frauen sich ihm näherten, gelangten zu einem hohen Grad geistiger,
religiöser, liebevoller Tugend.“ – „Es wurde bemerkt, dass in ihm ein
außergewöhnlicher Geschmack am Gebet war und seine Gefühle ganz
oben waren in der Beziehung zu Gott. Zu allen Fragen, die ihm in dieser
Angelegenheit gestellt wurden, gab er Antworten mit einer sehr hohen
Weisheit, so dass diejenigen, die ihn konsultierten, gingen vollkommen
zufrieden und auf gutem Wege weiter und machten gute Fortschritte. Es
war ein großer Freund der Pensionierung und der Stille, er lachte selten,
und immer mit äußerster Bescheidenheit.“ (Pater Elischa Märtyrer,
Begleiter von Johannes vom Kreuz)
Johannes vom Kreuz wird durch die Schärfe und Originalität seines
Denkens in der Theologie und spirituellen Mystik unterschieden, sowie
durch die expressive Kraft seiner Poesie. Wir können sagen, dass in seiner
mystischen Theologie zwei Bilder symbolisiert werden: jene der Nacht
und der Flamme:
In der Nacht, wo man nichts sehen kann, wo wir lernen, uns zu verstecken
vor uns selbst, wo Gott abwesend scheint oder dunkel die Seele, keine
Flamme erleuchtet die Dunkelheit, die macht um so mehr betont ihre
Tiefe, das Feuer ist geschwärzt, das Brennen zerstört, verwandelt sich das
und vereinigt sich mit dem Thema, das brennt und lodert:
Die Wärme und Intensität der gegenseitigen Liebe zwischen Gott und der
Seele erklären das Gefühl, das man erlebt beim heiligen Johannes vom
Kreuz: Johannes vom Kreuz, Gottes Verrückter! In den folgenden
Abschnitten werden wir ausführlich zitieren die Texte des heiligen
Doktors.
CHRISTOZENTRISMUS
Christus ist der Weg und die Wahrheit der göttlichen Einheit, die die Seele
will, die Seele, deren Leben christozentrisch ist, es gibt keine andere
Offenbarung Gottes zu erwarten, weil er alles sagte in seinem Sohn. Die
Lehre von Johannes vom Kreuz sagt nichts anderes, als das Evangelium
des Johannes sagt: „Wenn man die Augen auf ihn legt, findest du alles über
ihn, da ist es mein Wort, meine Antwort, das alles Vision und Offenbarung
ist, ich habe alles beantwortet, alles gesagt und alles angegeben, sie sind
alle an dich gegeben, o Bruder, o Begleiter, o Herr, für dein Erbe und
deinen Lohn.“
GEGENSEITIGE LIEBE
Die Liebe Christi polarisiert die Seele, es ist sein Wunsch, verletzt er mit
einer Wunde der Liebe, die brennt und lässt ihm keine Atempause,
erreichte er den Mann, den er liebt, die Seele wird angezogen durch die
Großzügigkeit desjenigen, der all seine Herrlichkeit verworfen hat, um das
Kreuz zu umarmen, und so erlangt die Seele seine Schönheit. Das Kreuz
erstrahlt in den Augen des Johannes vom Kreuz in unübertroffener
Brillanz, durch „die Erlösung des Menschen, eines der erhabensten unter
den Werken Gottes und damit das köstlichste für die Seele. Wir können in
dem, was der Bräutigam als zarte Liebe entdeckt, die Seele innerhalb
dieser großen Mysterien sehen, wie es durch den Schaft des Kreuzes war,
dass sie seine Frau wurde, wie er sie bedeckte mit dem Holz, seinen
barmherzigen Schutz ihr zu gewähren, für sie zu sterben.“ Ebenfalls
passend zur Liebe wie ein Ehemann, ist eine Seele in der Liebe und bereit,
alles zu verlieren, auch sich selbst (hier finden wir, dass das Herz brennt
mit Liebe wie die Frau im Lied der Lieder, wie sie den Atem verliert, und
wurde eine andere Geliebte Christi). Sie sah nichts darin, aber in ihm
vergisst sie sich selbst, sie liebt wie verrückt, verrückt! In einem Wort:
dass sie von dem Mann, den sie liebt, besessen ist! „Wenn sie denkt, denkt
sie an ihren Geliebten, wenn sie spricht, was immer der Fall ist, womit sie
beschäftigt ist, so spricht sie von ihrem Geliebten, ist sie besorgt um ihren
Geliebten. Sie isst, sie schläft, sie sorgt dafür, dass sie etwas anderes zu tun
hat, immer wird sie mit ihrem Geliebten beschäftigt sein.“ Sie wird von
seiner Schönheit verführt, sie sucht in seinen Vollkommenheiten ihre
Genüsse, sie sucht ihn zu lieben, wie sie weiß, dass sie von ihm geliebt
wird. Kurz: Er ist der Bräutigam der Seele, mit all dem, der gegenseitigen
Rücksicht, diversen Anliegen, Freuden und Leiden, Wünschen,
Neigungen, intimer Kenntnis, Liebe. Sie müssen alle den Geistlichen
Gesang, den bewundernswerten Geistlichen Gesang lesen, um die
Schönheit und die außergewöhnliche Größe unserer Berufung zur
Vereinigung mit Gott in und durch Jesus Christus zu verstehen.
Johannes vom Kreuz ist ein Arzt, der Armut des Geistes lehrt, dass er
erklären kann und in jedem Detail aus dem Blickwinkel der Nacktheit der
Seele: Gott zu lieben ist zu akzeptieren, aber nicht die schlechten
Wünsche, die den wesentlichen Wunsch behindern, zu kommen zu Gott.
Es beginnt mit der Loslösung von den angelegten Vermögenswerten und
setzt sich in der Gegend des inneren Lebens fest, durch die Weigerung der
Suche nach spirituelle Gütern, im Gegensatz zu allen Zugeständnissen an
den spirituellen Geschmack, durch Kampf gegen die Selbstzufriedenheit
im geistlichen Trost, denn alle, die einen subtilen Geist des Eigentums
installieren wollen, vor allem ihren Egozentrismus herrschen lassen und
nicht die reine Liebe zu Gott wollen, die haben das Risiko, eine möglich
Entfremdung von Gott zu erleiden. Johannes energisch verurteilt die
Launen des Willens im Dienst für Gott! Er ist ein Mann, der keine
Kompromisse eingeht mit allem, was verzögern oder untergraben kann die
Vereinigung mit Gott. Der Verzicht hat keinen anderen Zweck, als die
Liebe zu Gott und zum Nächsten, eine Liebe, die exquisite Reinheit
betonen muss und fördern. Mit Finesse, Penetration, unvergleichlicher
Beobachtung, Johannes vom Kreuz untersucht die Psychologie unserer
Anlagen zu Waren verschiedener Art (natürlichen, sensiblen, moralischen,
spirituellen), diese aufzudecken, wie sie beleidigen die Bewegung der
Liebe zum Nächsten, zu Gott und zu uns selbst letztlich auch. Daher ist
Johannes vom Kreuz für die Qualität der Liebe durch die Zustimmung,
viel mehr als zu den Wünschen, mehr zu der Armut im Innen- und
Außenbereich, die nicht nur den Verzicht auf materielle Güter und Zeit
bedeuten muss, sondern auch die Enteignung der geistigen Dinge ist
Armut des Geistes, die der Sohn Gottes selbst als Segen ist. In keinem Fall
sind die Sinne vereinbar mit Gott, sondern Glaube und Liebe, ja das ist
eine sehr evangeliumsgemäße Lehre: Jesu Zeitgenossen sahen und hörten,
aber wie glaubten sie? Gott ist „der Andere“, Er ist Geist.
DER GLAUBE
Johannes vom Kreuz schrieb seitenlang über die wunderbare Tugend des
Glaubens, die Grundlage eines gesunden geistlichen Lebens. Von der
Lektüre seiner Seiten gingen wir aus und es wuchs der Hunger, den
Glauben zu leben, wie er ihn so gut beschreibt, wie der Glaube die Stärke
und Effektivität ist, Gott zu begegnen und mit ihm vereint zu sein. „Er
lehrte den Weg zum Glauben an die einzige Abhängigkeit von Gott und in
der Liebe zu ihm zu leben“, bezeugte einer seiner Brüder. „Für die Seele
mit dem Wunsch, mit dem Bräutigam und ohne jegliche Unterstützung der
Kreaturen vereint zu werden, ist der Glauben mehr in der Lage, zu geben
ihr zu ihrer Person ein helles Licht, und sie wählte das Licht als zu ihrer
Vereinigung mit Ihm, und in der Tat ist der Glauben der einzige Weg zum
wahren geistigen Bund mit Gott. So wie der Herr selbst zu hören ist aus
dem Munde Hoseas, er sagte: „Ich will dich heiraten im Glauben.“ Der
Grund, gegen den Glauben zu sprechen, greift ein in die ungeordnete
Nutzung der geschaffenen Güter (so lass uns aber die Einsicht: Nicht alles
ist in seiner Verwendung schlecht). Und der Glauben ist die Regel der
Phantasie bei der Bewachung der Seele gegen die listigen Anschläge des
Teufels. Der Glaube ist in der Tat das beste Gegenmittel gegen die
übernatürlichen Erscheinungen, die in der Illusion zu induzieren sind, die
wandern können und ernsthaft verwechselt werden und die Seele vielleicht
sogar direkt unter dem Daumen des Teufels bringen. Wie auch immer, die
sich auf übernatürliche Erscheinungen bezieht, die Seele verliert eine
beträchtliche Zeit. Der Glaube geht über den Grund durch das Eintauchen
in das geglaubte Geheimnis Gottes und wird an sich geliebt, weil sein Wort
wirklich nur Stützung der Arbeit ist - die intellektuellen Überlegungen und
Konzepte bleiben verdorben durch Unvollkommenheit aufgrund der
Sünden und „Trends“, der Glaube nämlich „geht über alles, was wir
denken und uns vorstellen können.“ Was den Karmel betrifft, bezieht sich
Johannes auf das höchst bedeutsame Ereignis der Begegnung des Elias mit
Gott: der Gipfel des Berges, in der Nacht, am Eingang der Höhle und
darüber hinaus sein Gesicht mit seinem Mantel bedeckt. „Er sagte zu Elias,
unserm Vater, dass auf dem Berg er bedecken solle sein Gesicht in der
Gegenwart Gottes, was die Notwendigkeit bedeutete, dass wir vor Gott
sind blind in unserm Verständnis, wenn Elia sein Gesicht bedeckt hat, dass,
wohl wissend, seine Gemeinheit wagte nicht in Kontakt mit solcher
Erhabenheit zu kommen: er wusste, dass alles, was er sehen und verstehen
konnte, das Individuum wäre völlig anders, als Gott in sich ist.“
DIE HOFFNUNG
Hoffnung auf die Seligkeit ist mit der Armut verknüpft, zur Heilung von
Mängeln und Sünden wegen der Erinnerung und wegen dem Begehren.
Sie ist die Kraft, die die Seele trägt in ihrem schmerzhaften Nachtmarsch.
Sie fördert die Bewegung der Beharrlichkeit der Seele, die man versucht
zu biegen, zu geben alle ihre Wünsche an Gott, weil das Versprechen der
Union besteht, wenn die Seele Hoffnung hat. Ihre Reinigung erfolgt in der
Nacht. „Die Hoffnung ist nicht auf Gott allein angebracht, sondern sie ist
so nett zu dem Geliebten und es kann mit Wahrheit gesagt werden, dass sie
von ihm erhalten viel Hoffnung auf ihn. Denn sie ist der festen Hoffnung,
die das Herz Gottes berührt und alles bekommt.“
DIE LIEBE
Wie Teresa von Avila, Johannes vom Kreuz hält jede geistige
Vervollkommnung zusammengefasst in der Erfüllung des ersten Gebotes:
Liebe zu Gott und zum Nächsten. „Am Abend deines Lebens wirst du auf
Liebe hin gerichtet werden. So lerne, Gott zu lieben, wie er geliebt werden
will und lass dich selber los.“ Der Befehl ist nicht entmutigend, denn
Johannes weiß, du trägst in dir den Wunsch nach Vereinigung, der
entzündet in der Seele die Liebe, obwohl die Liebe macht das Joch der
Disziplin leichter, da wir das Ende der Straße kennen: die Freude an der
Union! Er selbst praktiziert, was er rät den Nachbarn, großmütig verzeiht
er die Schuld und so viele Demütigungen, die ihm die Brüder beibrachten,
besucht mit unendlicher Zartheit Patienten in Klöstern, durch einen Beitrag
für die Seele viele Seelen vertrauten ihm. Wie für seine Liebe zu Gott in
seinen Schriften ist es ausreichend, um die Intensität zu demonstrieren: die
Reinheit der Liebe ist der Standard der Liebe Gottes. Er traf seine Wahl:
Gott allein!
“Geh heraus!“ Was Gott zu Elias sprach, sagt Johannes zu der Seele. Es ist
offensichtlich, nach Durchsicht des Ehrgeizes des Johannes für die Seele,
dass dieses Leben der intensiven Liebe zu Gott nicht nur eine Kleinigkeit
kostet, wenn man realisiert, was es für die Seele bedeutet. „Der Wunsch, in
die Tiefen der Weisheit, des Reichtums und der Vergnügungen des Gottes
zu kommen, ist die Tatsache von allen, aber der Wunsch, in die Tiefen des
Leidens und des Schmerzes für die Liebe des Sohnes Gottes zu gelangen,
ist die Tatsache der wenigen. So viele wollen am Ziel sein, ohne zu gehen
über den Weg, der dorthin führt“ , sagt Johannes vom Kreuz. Daraus folgt,
dass von vielen diejenigen, die die Vereinigung mit der Liebe wollen,
diejenigen sind, die nur wenig Gnade zu empfangen bereit sind. Gott ist
Geist, der Mensch ist Fleisch, und Gott sucht Anbeter im Geist und in der
Wahrheit. Die „Nächte“ sind ein Muss, um im Wege des Denkens und
Handelns vereint zu sein im Geist mit Gott, und transformiert zu werden
für die Erschließung der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes in dem
„gelobte Land der göttlichen Union“, sagt der heilige Johannes vom
Kreuz. „Die Passage, durch die die Seele fähig ist der göttlichen
Vereinigung, nennt sich dunkle Nacht aus drei Gründen: Das erste stammt
von dem Begriff, aus dem die Seele ausfährt, zu nähern sich ihrem Gott:
Der Mensch muss seine Leidenschaft an der Zufriedenheit der Dinge, die
in seinem Besitz sind, und was er kann, durch den Verzicht verleugnen,
und diese Leugnung ist eine Art von Nacht gegen die Leidenschaften und
das Gefühl der eigenen Rechte. Der zweite Grund kommt aus dem Weg
oder Pfad, durch den die Seele dazu neigt, zu dieser Vereinigung: Dieser
Weg ist der Glaube, der scheint uns dunkel. Der dritte Begriff stammt aus
der Seele, so sagt sie, und niemand anderer als Gott, denn Gott ist
unendlich erhaben über alle Kreaturen, so können wir sagen, dass Gott
eine dunkle Nacht der Seele in diesem Leben ist. Wer also strebt nach der
Vereinigung mit Gott, muss durch diese drei Nächte gehen.“
DIE KONTEMPLATION
Nächte stellen die Seele der Kontemplation vor, sie sind ein Werk Gottes
„in der Dunkelheit und im Verborgenen.“ Kontemplation „ist alles andere
als ein Geheimnis, ist eine Infusion des friedlichen und liebenden Gottes in
der Seele, und diese Infusion, wenn sie kein Hindernis trifft, entflammt in
der Seele der Geist der Liebe.“ Die Arbeit der Seele ist sehr einfach: Mit
einem kooperativen Handeln lässt sie sich auf Gott ein als „die
Kontemplation ist zu empfangen“ und es braucht einfach nur „eine
liebevolle und einfache Aufmerksamkeit, ähnlich wie eine Person, die ihre
Augen offen hält, um die Liebe zu suchen.“ In dieser Betrachtung erhält
die Seele ein neues Verständnis von Gott und sich selbst. Sie findet in Gott
ihre Gesundheit als das Werk der Nacht, die eine Heilung ihrer geistigen
Krankheiten erzeugt, und oft sogar einer bestimmten mangelhaften
psychischen Disposition. „Die dunkle Nacht der Kontemplation, die
Hingabe, befreit von allem, was nicht Gott ist.“ Wir geben uns als den, den
selbst das Glück gesegnet hat, der wird dort von Gott eingeführt in seine
Gnade, mit reiner Passivität, das heißt, mit der Zustimmung, die Haftung
an das Verhalten unseres Leben und unseres spirituellen Lebens zu
verlassen, denn die Pflege dieses Verhaltens bedeutete, Gott zu verlieren,
das ist die dominierende Note; hoffe auf Gott, das führt alles zum Guten
der Seele, diese Hoffnung ist die primäre Tugend. Gott teilt sich dem
einsamen und leeren Herzen mit, teilt ihr nichts mit außer sich selbst. Die
Vereinigung mit Christus ist eine Vereinigung der Liebe, die Liebe ist die
angemessene Tugend. „Liebe ist die Neigung, die Stärke, die Fähigkeit, die
die Seele in sich selbst hat, zu Gott zu gehen, da es durch die Liebe ist,
dass die Seele mit Gott vereint ist.“
“Sobald du trinkst aus dem Strom“, Gott versichert dem Elias, indem er
ihn vor den Augen der Menschen versteckt in der Flut Krit: Weisheit stillt
die Seele und macht sie zu einem Altar nach den Worten des heiligen
Johannes von Lob, Anbetung und reiner Liebe bei denen, die die Aufgabe
ihres Eigentums angenommen haben und sich für die Liebe des Geliebten
entschlossen haben, ihnen ist die Gnade der Vereinigung mit Christus
mitgeteilt und die Teilnahme am inneren Leben der Gottes-Liebe. Sie
leben für das Eine Notwendige, die sich aus der Welt entfernt haben und
wurden an den Ort, der sie magnetisierte, versetzt. Sie hatten versucht, sie
fanden, sie fragten, sie erhielten, sie schlugen ein, und das Herz des
Geliebten begrüßte sie mit einer Zartheit und unsäglichen Süße. Jetzt sind
sie völlig vom Geist Gottes bewegt. Die Liebe ist ihre einzige Heimat.
Am Anfang des Weges Teresas, erhielt sie eine Gnade in der Kindheit:
„Die Wahrheit meiner Kindheit war, alles ist nichts, und Eitelkeit ist die
Welt, und wie schnell ist alles vergangen.“ Teresa trat in das religiöse
Leben jung ein aus Gründen der persönlichen Vervollkommnung und um
die Erlösung zu erlangen. Sie hat sich in dem geistigen Klima einer
Epoche von Verträgen der Spiritualität verliebt in die moderne Hingabe,
und geprägt von einer mystischen Aufregung, genoss Theresia, die das
Lesen liebte, dank ihrem Onkel, eine geistliche Lesung des „Dritten
Spirituellen Alphabets, einer mystische Kontemplation“ von Francisco de
Osuna, entscheidend für ihre innere Entwicklung, denn seit dieser Lektüre
wollte sich ihr Geist im Gebet engagieren: „Dieser Vertrag gab mir die
größte Freude, und ich beschloß, den Weg zu gehen, dass ich ihm folgte
mit jeder Anwendung, die ich schaffen konnte.“ Theresa weiß, wann das
Gebet der Ruhe eintritt, aber es kommen schwere Dürrezeiten. Die
leidenschaftliche Seele, die nichts von Halbheit wissen will, in ihrer
„Entschlossenheit, die Güter des Himmels zu gewinnen, ihrer
Entscheidung, sie mit allen Mitteln zu gewinnen“, lässt sie nicht zögern,
Gott zu bitten „um Krankheiten, wenn er will!“ Es als ist alles, was sie sich
vorstellen kann, wie sie krank wird und an der Schwelle des Todes ihre
Fragen konnten beantwortet werden, so ist es durch die Fürsprache des
heiligen Josef, dass sie ihre Genesung erlangt. Wieder hielt sie zwanzig
Jahre lang Experimente ab mit der Schwierigkeit der Hingabe an Gott, so
vollkommen, zu Gunsten der Schließung des Klosters der
Menschwerdung, sie, die Gesellschaft und Unterhaltung liebt, drehte sich
in ihrem Leben nun um spirituelle Erfahrung anderswo. Daher ihre
Reflexion über die Gefahren der Freiheit in der Schule, mit
Außenstehenden zu sprechen, und mit Bestürzung zu beachten die
Verheerungen des Mangels an Regelmäßigkeit im Leben der männlichen
und weiblichen Klöster:
“O ängstliches, o beklagenswertes Übel, dass die Klöster von Männern
oder Frauen ... wo die Regelmäßigkeit ist nicht mehr in Kraft, wo wir zwei
Wege haben, einen der Tugend, die andere Version, Menschen zu sehen,
und beiden bin ich auch gefolgt. Was habe ich gesagt? Falsch ist es, leider
aber der weniger perfekte Weg ist der beliebteste .... Im Gegenzug wird der
Weg der Regelmäßigkeit fast ausgestorben sein, so dass die Religiösen, die
ernsthaft wollen, alle Verpflichtungen ihrer heiligen Berufung zu erfüllen,
haben mehr zu befürchten von den lebenden Menschen unter einem Dach
als von allen Dämonen zusammen .... Also warum ist es überraschend, wie
große Übel wir in der Kirche sehen werden, wenn diejenigen, die für
andere Modell der Tugend sein sollen, so traurig aus dieser Leidenschaft
ausarteten, dass die Heiligen, ihre Vorgänger, mit so viel Arbeit in dem
religiösen Orden umsonst gearbeitet zu haben scheinen?“
Therese hatte eine zweite Bekehrung, diesmal endgültig, zu einem Leben
des Gebets beim Anblick einer Statue Christi voller Wunden und beim
Lesen der Bekenntnisse des heiligen Augustinus. „Die wachsenden
spirituellen Wohltaten gingen voran“, sagt sie, die innere Gegenwart
Christi dringt nun in jeden Raum in ihrem Leben und führte zur
Umsetzung der Reform des Karmel. Sie empfängt mystischen Gnaden in
Hülle und Fülle: Visionen von Christus, innere Worte, Ekstasen und
Verzückungen, doch weiß sie die seltene und außerordentliche Gnade der
Gottes-Ehe ist eine spirituelle Gnade der Vereinigung mit Christus und der
Heiligen Dreifaltigkeit. Das Wort führt zum Vater, das versteht sie, wie
Gott Dreifaltigkeit und Einheit ist.
Lese selbst die Madre, es ist ein reines Vergnügen. Sie ist eine Frau, im
Verstand sehr konkret, realistisch, eine Lehrerin voll bunter Sprache, so
lebendig, so wachsam. Sie besitzt die Kunst, um die einzigartige spirituelle
Erfahrung, die sie so besonders erlebt hat, wiederherzustellen. Der hat eine
natürliche Führerin, der in sich in ihre Schriften einfühlt. Es wird erkannt
und allgemein bewundert ihre außergewöhnliche Ausstrahlung, um die
Liebe zu Gott und den Geschmack des Gebets zu erklären, bis zu dem
Punkt, dass sie den Titel „Mutter der Spirituellen“ erhielt, sie war Teil
einer innere Säule der Basilika Sankt Peter, weil sie ausgezeichnet
kommunizieren konnte „alles, was nicht zum Gottes-Dienst wird, dazu zu
neigen scheint, so eitel und betrügerisch zu sein als ich nur sagen kann,
wie ich diejenigen, für die diese Wahrheit im Dunkeln liegt, zu bemitleiden
habe.“ Viele änderten sich, die gelesen Theresa (siehe die Erfahrung von
Edith Stein ...). „Ich erkannte den großen Vorteil, dass kein Fall ist, der
nicht hilft, uns näher zu bringen zu Gott, und ich verstand, was es für eine
Seele ist, die in der Wahrheit vor der Wahrheit zu sein begehrt“. Paul VI
hat sie ausgerufen als Doktorin der Weltkirche am 27. September 1970, er
sprach in seiner Predigt, dass „die Kirche in der Stunde des Gebets wie
Teresa klingelte“.
Die große Entdeckung, die das Leben von Theresa transformierte und
machte sie zu einer Vermittlerin ihres Erlebnisses, ist, dass wir nicht intern
leer sind, sondern dass die Seele von Gott bewohnt wird, so sieht sie aus
wie eine Burg aus mehreren Zimmern. Ein Leben der „Äußerlichkeit“
wirkt sich nachteilig aus auf die Realisierung dieser inneren Realität der
Gegenwart Gottes, so leiden die Seelen an ihrer Unwissenheit über ihr
Inneres. Der ganze Weg des geistlichen Lebens wird es sein, in Richtung
des Zentrums der Seele zu gehen, die der lebendige Gott bewohnt, um
diese lebendige Gegenwart in sich selbst zu erleben. Theresa hat den
Drang, den Weg des Gebetes, den Weg zur Innerlichkeit zu beginnen, im
Vertrauen, dass Gott uns ruft, so ist es wichtig, nicht aufzugeben, unter
keinen Umständen. Gott ist allmächtig, um der Seele, die seinem Ruf folgt,
er, der die Initiative ergreift in diesem Leben, ihr zur Vereinigung, mit der
sie auf seinen Ruf antwortet, zu helfen. Alle sind berufen, es besteht
Theresa darauf, ja, alle! „Bedenken Sie, dass unser Herr uns alle einlädt,
da es die Wahrheit ist, können wir nicht daran zweifeln. Wenn dies Bankett
nicht allgemein gefeiert wird, so nennen wir nicht alle, und noch immer
wie wir es nennen, Er würde nicht sagen, ich gebe dir etwas zu trinken. Er
hätte sagen können, alle sind gekommen, aber werden Sie zu nichts, was
mich an diesem himmlischen Trank dienen lässt, das will ich nicht
verlieren, ich werde sie wem ich will geben. Aber wie er nichts sagt er von
einer Einschränkung oder in seinem Rechtsmittel noch von seiner
Verheißung, so bin ich sicher, dass alle, die unterwegs anhalten werden,
schließlich noch trinken das lebendige Wasser.“
Auf dem Weg zur Perfektion der Liebe zu Gott und zum Nächsten, hat sie
den Willen, eine Entscheidung war ausschlaggebend: mit ihm zu schaffen,
der uns so sehr liebte. Christus ist der Begleiter der Seele auf allen Stufen
des spirituellen Lebens. Teresa von Avila empfiehlt eine sehr gute
Angewohnheit: Leben unter den Augen Christi, der uns nie aus den Augen
verliert. Sie spricht von einer physischen Realität dieser Nähe des Herrn:
er hört uns. Viele Effekte sind die Vorteile dieser Präsenz: sie vermeidet
die Sünde, fördert die Intimität mit Gott und eine zarte Liebe zum Herrn,
erzeugt den Wunsch, ihm zu gefallen. Die Seele wird sich bewusst, was
aus ihrem Inneren entstehen kann. Im Zusammenhang mit der
protestantischen Reformation, die sehr mißtrauisch gegen die Verehrung
der Bilder war wegen der Gefahr des Götzendienstes, plädiert Teresa eher
für die Verehrung der heiligen Bilder, so Partei ergreifend und in der
Debatte über das Gebet mit oder ohne innere Bilder, evoziert sie, wie die
Betrachtung der heiligen Menschheit Christi so profitabel sei, um die
Liebe des Herrn zu erhalten. Sie rät, die Szenen von Christi Geheimnissen
in Bezug auf unsere Stimmungen zu betrachten: Sind wir in der Freude,
lassen wir den auferstandenen Christus vor uns stehen, wir sind in Trauer,
in Bitterkeit, so betrachten wir die Agonie Christi im Garten Gethsemane.
Andere große Unternehmen sind: die Jungfrau Maria und die Heiligen,
sagte sie. Sie wiederholt sich ständig in ihrer Mahnung an die Güte des
Herrn Jesus zu glauben, auf seine Hilfe zu vertrauen: kein Vertrauen in
unsere eigene Kraft zu setzen, sagt sie, aber wir setzen stets auf seine
Barmherzigkeit. Wir müssen versuchen, Christus zu kennen, den Vater, das
göttliche Königreich, die Sitten und den Charakter Gottes. Für Theresa ist
das vollkommenste Gebet, wie der Herr uns gelehrt, das Vaterunser.
Darüber hinaus ist der Karmel eine Erbschaft in einer Weise, das er gehört
zu den Klöstern an jener Stelle, wo, sagen sie, Christus das Vaterunser
gelehrt hatte, um seine Apostel aufzuerbauen, der Karmel vom Vater Unser
in Jerusalem. Theresa widmete Seiten dem Kommentare dieses Gebets in
ihrem Buch „Der Weg der Vollkommenheit“, sehr inspiriert.
FORTSCHRITTE IM GEBET
Wenn du Fortschritte im Leben des Gebets machen willst, müssen wir die
Bedingungen feststellen. Die Seele wird zunächst durch die
Anstrengungen beschäftigt, um Askese zu üben, die Erhaltung der
externen Einsamkeit für die Einsamkeit im Innenraum, die Stille innen und
außen, dies begünstigt die Meditation. Viel Spaß beim Lesen und beim Tun
guter Werke! Um dieses Leben zu ernähren sind sie da. Die Seele soll im
besten Interesse kultivieren die großen Wünsche, da sie von Gott selbst
bewohnt wird, und sie macht für das Leben der Freundschaft mit ihm
große Fortschritte. Offensichtlich muß die Seele kräftig ausgeübt werden
in der Loslösung von allen geschaffenen Dingen, vorausgesetzt ist ein
kritischer Zugang zur Freiheit des Denkens, und die meisten finden es
schwierig, die Loslösung von sich selbst, so erhält man es, den Verzicht
auf das Seine zu erleichtern und den Verzicht auf den Eigensinn, mit Hilfe
des „bereitwilligen Gehorsams“ gegenüber der Priorin, wenn sie
zuverlässig ist. Aber „auch für diejenigen, die nicht zu einem religiösen
Orden gehören, wäre es sehr hilfreich, jemanden, der unter keinen
Umständen Törichtes tut, zu verwenden bei unserem eigenen Willen, denn
das ist normalerweise das, was uns weh tut.“ Die zwei Säulen des
Gebetslebens und das geistige Wachstum des Frühlings in der Seele ist
nicht im Zweifel, Demut ist notwendig: „mit tiefer Demut machen wir
diesen Fortschritt auf dem spirituellen Weg. Was uns zurückhält und
hindert, weiter zu gehen in die innere Burg, ist der Mangel an Demut.“
Und der Mangel an brüderlicher Liebe, voller Zartheit und
Nachdenklichkeit: Wir wissen nicht zu täuschen, der Herr bevorzugt einen
Besuch bei einem Patienten im Gebet, wenn dieser Besuch durch
Gehorsam und Liebe beantwortet wird und nicht gemacht wird durch
Vernachlässigung des Gebetslebens. „Halten Sie dies für bestimmt: Die
Seele hat mehr oder weniger Gott, je nachdem wir mehr oder weniger
Demut haben, denn ich verstehe, dass es nie ohne Demut geht oder töricht
ist, Liebe ohne Demut zu lieben, und dass diese beiden Tugenden nie die
eine ohne die andere eine absolute Loslösung von den Kreaturen geben.“
Die wahre Liebe zum Nächsten erfordert nach Therese auch die Vergebung
der Straftaten, den Verzicht auf seine Rechte oder Ansprüche jeglichen
Vorrangs, so dass es klug und weise ist und oft erwähnt, um zu sehen, wo
man in ist der Ausübung dieser Tugenden, Demut und Liebe, um zu
überprüfen, wie man geführt wird durch den Geist Gottes. „Nein, ich kann
es nicht glauben, dass eine Seele einen Ansatz hat, der die Gnade selbst ist,
die sieht in diesem Licht, und was es ist und was Gott ihr vergeben hat, die
dann nicht verzeihen kann, nicht sofort, und weigert sich, eine echte
Zuneigung zu ihm zu haben, die beleidigt die Gründe: diese Seele, mit
ihren Augen sieht sie die Gnaden, die Gott ihr geschenkt hat, sieht solche
Beweise der göttlichen Liebe, die wird mit den Möglichkeiten, die Liebe
für die Liebe zurückzugeben, zufrieden sein.“
STUFEN
Die Stufen des spirituellen Wachstums sind mit dem Akt und der
Vertiefung der Hingabe verbunden. Die übernatürlichen Gnaden sind in
keiner logische Konsequenz geordnet, verpflichtend das Geschenk seiner
selbst für die Seele an Gott, auch die Regelmäßigkeit des Gebets oder der
Bußpraktiken. Kontemplation ist nicht eine Gnade, die erforderlich ist,
man kann höchstens wünschen das Verlassen für Gott, der frei ist, diese
Gnade gewähren, weil Gott ist der souveräne Meister seiner Gnade, Gott
verteilt seine Gunst, wann er will, wie es ihm gefällt und an wen er will. Er
ist der Meister seines Eigentums und kann es geben, ohne Schaden für
jedermann.
Würden wir diese Rede selbst nehmen in unser Gebet, sollten wir uns
bewußt sein, daß dies unter anderem an dich gerichtet ist, unter Androhung
der Grobheit in der Beziehung! Die Seele erfährt das Vorhandensein von
progressivem Innenraum des Christus als den Fortschritt seiner
Erinnerung: Die Rückkehr zu sich selbst in der Distanz und Stille, die
Einsamkeit zu wählen, lasse du dich nicht als ein Mensch, da er in uns ist,
er lebt dort und will, dass wir alle seine Gaben kommunizieren. Therese
gibt uns eine schöne Definition von Gebet: „Eine gemeinsame
Handelspolitik der Freundschaft mit Ihm, wir wissen, geliebt zu sein“ Es
beruhigt alle Seelen, die Angst haben vor mangelnder Kenntnis oder der
Fähigkeit zu denken einen Gedanken, eine Rede über Gott zu halten: In
der Tat ist das Gebet nicht zu „denken viel, aber mit viel Liebe,“ für diese
sind „alle Seelen begabt“. Es ist wichtig, nicht das Wesen der Liebe in
einer Beziehung zu Gott mißzuverstehen: es ist keine Frage einer
Liebschaft, sondern das Engagement einer festen Verpflichtung: „Wie man
eine Liebe entwickeln kann zu Gott? Mit der Entscheidung, zu handeln
und zu leiden, und die Anwendung dieses Prinzips in allen Lebenslagen.“
Die Merkmale der Liebe zu Gott sind viel Demut, viel Tapferkeit, mehr als
Süßigkeiten und sanfte Tränen!
Wir kennen die Bedeutung des Evangeliums von der Samariterin für
Teresa: Teresa häufig verwendet das Bild des Wassers für die Art von
Gebet, dass die Seele weiß zu beschreiben, wobei zwischen den
verschiedenen Gewässern unterschieden wird, die Seele wird ebenso wie
die andere Seele bewässert, durch Arbeiten, sie empfängt die Gnade der
Kontemplation. „Solange unser Leben dauert, müssen wir immer
versuchen, an die Arbeit zu gehen, wenn das Wasser versiegt, und ersetzen
Sie es durch ein anderes.“ Die spirituelle Reise ist nicht ein
kontinuierliches Wachstum: die Seele erlebt Rückschritte, sie kann sogar
wie ein kleines Kind geworden sein. Das Geschenk seiner selbst an Gott
ist eine Voraussetzung für die Fortschritte im mystischen Leben, den
Schlüssel zum Herzen Gottes zu ergreifen, weil das Leben mit ihm ist eine
Gegenseitigkeit der Liebe: Gott greift nicht ein, die Seele wird als die
Seele nicht vollständig übergangen, aber Teresa weiß aus Erfahrung von
Gott von der Langsamkeit der Seele, dieses Geschenk ihrer selbst, das
noch führt zu einem neuen Rekord zu lieben und die Vertrautheit mit dem
Herrn herzustellen. Sie liebt es, auf das Scheitern unserer Kontrolle, die sie
so oft wahrnimmt, hinzuweisen: „Es ist Großzügigkeit, dass wir eine
vollständige und bedingungslose Umkehr haben. Ach, wir verbringen so
viele Stunden entweder mit uns oder mit anderen, wie können wir wissen,
es wird ein Punkt, dass zumindest diese wenigen Momente wir mit Gott
verbringen, er wird ein gutes Herz geben, und einem Geist frei von allen
störenden Gedanken. Gib Gott die Seele mit einem festen Vorsatz, nie
wieder Schlechtes zu tun, ertrage einige Ärgernisse, wenige Sätze und
einige Dürreperioden, dass wir ankommen bei Gott. Betrachten Sie diese
Zeit als etwas, das nicht mehr bei uns ist und dass wir vor Gericht
erneuern, wenn wir nichts wollen, als uns ganz Gott zu geben.“
Das Gebet der Ruhe unterscheidet sich vom Gebet der Vereinigung, aber
beide sind ein Geschenk Gottes, das lebendige Wasser an die durstige
Seele strebt nach Gott, in dem Gott manifestiert sich auf die engere Seele.
Dies sei „eine Gegenwart Gottes, die oft zu spüren ist, vor allem durch das
Gebet des Union und den Frieden begünstigt, den die Seele nicht bald
findet im Gebet, so scheint sie zu reden und sie versteht das Zuhören, die
von den inländischen Schäden durch ihre Gefühle beeinträchtigt ist, durch
eine glühende Liebe, einem lebendigen Glauben, feste Vorsätze und eine
große spirituelle Zuneigung.“ Im Gebet der Vereinigung der Seele und
aller Fakultäten (im Gegensatz zu dem Gebet der Ruhe) werden mit Gott
vereint der Wille, die Phantasie, der Intellekt, es war die Seele in Gott und
Gott in ihr. Das Gebet der Union markiert den Übergang einer Schwelle im
mystischen Lebens: die Seele nun nicht mehr gehört sich selbst, ist tot für
sich selbst und die Welt, sie will nichts mehr als für Gott und den Schutz
Gottes leben. Die Union wird erkennen die Vollkommenheit der Liebe.
Das Ziel der Vereinigung mit Gott ist es, sich auf jede mögliche Weise auf
den Punkt zu konzentrieren, dass Christus, wie Paulus sagt, in mir lebt,
„dass nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir.“ Aber das alles ist noch
nicht vollständig, weil die Seele wieder zurück kommen kann, so ist sie
noch nicht endgültig in der vollen und vollkommenen Vereinigung mit
Gott gegründet. Wenn die Seele treu bleibt und großzügig, kann sie
mystische Gnaden in Fülle erhalten, so ist es Gott, der führt den Tanz der
Liebe, der erfasst die Seele mehr und mehr: „Ich nenne das das
Übernatürliche, das nicht erworben sein kann, weder durch meine Arbeit,
noch durch meinen Fleiß, so sehr wir arbeiten, aber die es haben kann, und
das muss ein sehr wichtiger Punkt sein.“ Die Seele bewegt sich in einer
grundlegenden Passivität, wenn sie die Wahl der Gnaden von
unschätzbarem Wert erhält. Einmal von Gott ergriffen, getrieben von
seiner Liebe zu ihr, fühlt sie große Schmerzen, trotz der leidenschaftlichen
Wünsche, die sie entzünden, zu arbeiten und zu leiden für den Geliebten.
Nichts anderes hat mehr ein Interesse oder eine Bedeutung als der Dienst.
Wenn Gnade außerordentlich selten ist, ist die endgültige Vereinigung mit
der geistigen Ehe mitgeteilt, die Seele als der Wohnsitz Gottes tritt in der
Tiefe ihres Wesens, sie erhält die Vision der Heiligen Dreifaltigkeit:
„Nachdem er so in seinem eigenen Haus vorgestellt ist, gibt Gott ihr eine
Vision der höchsten Intelligenz: ein Gefühl der Darstellung der Wahrheit,
die drei Personen der Dreifaltigkeit zeigen sich, so dass das, was wir in
dieser Welt tun durch den Glauben, die Seele in dieses Licht führt, so
können wir sagen, im Sehen, aber dennoch bedeutet es nichts für das Auge
des Körpers, ja nicht einmal seinem inneren Auge, weil diese Vision ist
nicht für die Berufenen imaginär. Dort werden die drei entzückende
Personen, um mit der Seele zu kommunizieren, mit ihr sprechen, und
geben die Intelligenz dieser Worte unseres Herrn im Evangelium: Wenn ihr
mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten, und mein Vater wird euch
lieben, und wir werden zu ihm kommen, und wir werden unsere Wohnung
bei ihm nehmen.“ Auf dieser Ebene des Vereinigungslebens ist eine
vollständige Heilung des Lebens der Sinne im Gebet getan, die Seele hat
sich ganz spirituell geformt, und lebt fast die eschatologische Erwartung
des Lebens der Union, für das die Seelen berufen sind, zu leben nach dem
irdischen Tod und ihrer Reinigung.
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DIE HEILIGE FAMILIE
Eine Meditation
Von Josef Maria Mayer
ERSTES KAPITEL
Celine sagte: Herr Toto, du und Frau Lulu, ihr seid meine Familie! Mein
Vater Paul Michael, meine Mutter Marie-Therese und meine Kinder Georg
und Immanuel, das ist meine Familie dem Blut nach, aber dazukommen
Herr Toto und Frau Lulu dem Herzen nach!
Herr Toto sagte: Ach Celine, seit zwanzig Jahren sind wir schon
befreundet, du bist mir lieb wie eine Schwester, ja, mehr als eine
Schwester! Wenn nur nicht die verzehrende Leidenschaft für Frau Lulu
mich so plagen würde! Salomo sagt: Leidenschaft ist heiß wie die Hölle!
So ist es. Seit zehn Jahren plagt mich diese Frau Lulu, die die größte Liebe
in mir erweckt, ohne sie zu erwidern, und das ist die Hölle! Das ist zehn
Jahre lange Finsternis im Herzen!
Celine sagte: Davon will ich gar nichts hören, mein Lieber, denn du bist
mein Freund, Herr Toto, aber Frau Lulu ist auch meine Freundin, und ich
weiß, sie leidet sehr unter deinem Verlangen nach ihrer Liebe!
Ja, sagte Herr Toto, kümmere dich nicht darum, schließlich hast du selbst
genug Sorgen. Nun der Krebs deine schönen großen Brüste befallen hat, da
sorgst du dich genug, was aus deinen Kindern werden soll, wenn der Herr
dich heim ruft!
Du ahnst gar nicht, sagte Celine, wie einsam ich mich fühle in meiner
Todesangst! Die letzte Königin von Frankreich, Marie-Antoinette, schrieb
vor ihrer Hinrichtung an ihre Schwester: Man erwartet mich! Ich bin
bereit! Aber der Abschied von meinen Kindern – mein Gott! – das zerreißt
mir das Herz! Meine einzige Hoffnung ist, dass Mutter Katharina meine
beiden Knaben aufnimmt. Sie hat zwar schon fünf Kinder, aber sie ist eine
so liebevolle Mutter, wenn sie meine beiden Knaben aufnehmen könnte,
dann würde ich beruhigt scheiden von der Erde. Herr Toto, morgen muß
ich ins Hospital Pius XII., aber mein Vater Paul Michael kommt und wird,
wenn du willst, mit dir und meinen beiden Knaben zu Mutter Katharina
fahren. Du bist ja ein wahrer Vater für meine Knaben geworden, und
besonders dein Liebling Immanuel soll doch sicher in eine liebevolle
Familie kommen. Ich weiß ja, dass deine seelische Krankheit es dir nicht
erlaubt, meine Kinder zu nehmen.
Und so kam es denn am nächsten Tag, dass Herr Toto vom Großvater Paul
Michael mitgenommen wurde, sowie die beiden Knaben Georg, der ältere,
fünf Jahre alt, und Immanuel, der kleinere, drei Jahre alt, sie fuhren zu
Mutter Katharina, die auf dem Lande in einem Bauernhaus lebte und
Musikerin war, gemeinsam mit ihrem Mann. Dort lebte sie mit ihren
Töchtern Marion, Leonie und Julie, die beiden Söhne Felix und Noah
waren schon aus dem Haus.
Paul Michael lenkte den Wagen auf den Bauernhof und Mutter Katharina
begrüßte Paul Michael mit einer Umarmung, begrüßte die beiden Knaben
liebevoll und lächelte auch Herrn Toto an. Sie traten in die Wohnstube, wo
schon Kaffee und Kuchen bereit standen.
In der Stube saß ein Mädchen, sechzehn Jahre jung, das war Julie. Herr
Toto staunte sie an: Welch eine makellose Schönheit! Eine Madonna,
geschaffen vom meisterlichsten Renaissance-Künstler!
Juli war hochgewachsen und schlank, von unaussprechlicher Schönheit!
Herrn Toto blieb der Atem stocken, er vermochte kein Wort
hervorzubringen. Ihre langen kastanienbraunen Haare flossen glatt um ihr
Gesicht. Ihre Augen waren groß und braun und schauten liebevoll auf die
Kinder. Ihr Mund war umspielt von einem charmanten Lächeln. Sie war
still und saß dort im Winkel wie die Ikone eines Hausaltars.
Mutter Katharina begann mit Herrn Toto über Bücher zu sprechen. Ich
habe immer den Kindern vorgelesen, sagte Herr Toto, die Chroniken von
Narnia von Clive Staples Lewis. Die Kinder waren ganz begeistert.
Ja, jubelte Immanuel, die Welt, müsst ihr wissen, ist nämlich wie eine
Zwiebel. Aber bei der Zwiebel ist die Schale größer und das Innere kleiner.
Aber in Wahrheit ist die Schale der Welt kleiner und das Innere größer.
Nämlich unsere Welt ist nur der Schatten der wirklichen Welt, und in der
Wirklichen Welt gibt es auch keine Zeit und keinen Tod.
Mutter Katharina staunte. Ja, sagte Herr Toto, Immanuel ist ein kleiner
platonischer Philosoph. Überhaupt betrachtet Celine ihn als ihren kleinen
Schutzheiligen, den Gott an ihr Sterbebett gestellt hat.
Mutter Katharina sagte: Meine Mädchen haben immer gern den Herrn der
Ringe von Tolkien gelesen. Tolkien und Lewis, sagte Herr Toto, waren die
besten Freunde, beides Oxford-Gelehrte, der eine Anglikaner, der andere
Katholik.
Kinder, möchtet ihr einen Spaziergang machen? fragte der Großvater Paul
Michael. Eben trat die zweite Tochter ein, Leonie, vierzehn Jahre alt,
ebenfalls hochgewachsen, schlank, aber mit langen goldblonden Haaren.
Leonie sagte: Georg und Immanuel, wollen wir zum See gehen? Paul
Michael sagte: Herr Toto, willst du mitgehen?
Und so gingen Herr Toto und Georg und Immanuel mit dem blonden
Mädchen Leonie in die freie Natur, durchs Gebüsch, an den Pferdewiesen
vorbei zu einem kleinen Badesee. Die Kinder tobten durch die grüne
Natur, Leonie blieb immer ruhig und ausgeglichen, sanft und gütig. Herrn
Toto schien sie ein Schutzengel zu sein. Ja, die brünette Madonna war
atemberaubend schön, aber das goldblonde Mädchen schien ein
schwesterlicher Schutzengel zu sein, der die Kinder einer sterbenden
Mutter begleitete und behütete. Herr Toto war beruhigt. Wenn Madonna da
ist und ihren Schutzengel sendet, dann wird alles gut!
Am Abend fuhren sie wieder ab, aber Herr Toto hatte in seinem äußeren
Auge das Bild Julies aufgenommen, das in sein Inneres eingegangen war
und ihm dort vorschwebte als, wie Puschkin sagte, der Genius der reinen
Schönheit.
Hier wollen wir nun beginnen, aus einem Heft zu zitieren, das Herr Toto
im Irrenhaus anlegte. Er beschrieb zuerst seine Mit-Irren, um dann durch
Betrachtungen der Heiligen Schrift sich zu erbauen. Nämlich einige Zeit
nach dem Tod Celines und dem Verlust seines geliebten Immanuel, ward
Herr Toto wahnsinnig vor Schmerz und Trauer, so dass ihn sein älterer
Bruder Folly in das Irrenhaus brachte. Dort fand Herr Toto den einzigen
Trost in dem betenden Lesen der Bibel.
DRITTES KAPITEL
DAS IRRENHAUS
Als ich ins Irrenhaus kam, leitete die Oberschwester (ein Drache von altem
Weib) mich in den Raucherraum. Dort begrüßte mich Helmut Alfred. Ich
wurde seinem Zimmer zugewiesen. Er erzählte mir, er habe ein Perpetuum
Mobile erfunden. In seiner Kindheit, nachdem er seine Mutter verloren
hatte, war er auf dem Mond gewesen, das sei die Wahrheit, aber keiner
wollte ihm es glauben. Er sei übrigens auch ein Christ, aber das würde er
geheim halten. Er war sehr witzig, aber nachdem ich einmal sehr traurig
gewesen, schnitt er mich, denn ich sei von einer ansteckenden Traurigkeit.
Ein anderer sprach mich an: Rauchst du etwa Tabak der Sorte Simson?
Das rauchen die Studenten. Du kommst ja hier herein mit solch einer
Intellektuellen-Brille. Er vertraute mir erst, als ich ihm zeigte, dass ich den
billigsten Tabak rauche, der auf dem Markt zu bekommen, den, wie ich,
alle Irren rauchen. Als er merkte, dass ich Christ bin, nuschelte er in seinen
langen verwilderten Bart: Ja, den Weg kannst du gehen, den mit deinem
Christentum. Das Christentum ist doch Nächstenliebe. Aber warum hätten
die Christen Kriege gegeneinander geführt? Ich sagte, das habe politische
Gründe. Er machte jeden Morgen vor dem Frühstück in dem großen
Garten des Irrenhauses seine buddhistische Meditation.
Ein anderer sah aus wie ein hinduistischer Heiliger, er hatte einen langen
Bart und lange Haare und keine Zähne mehr im Mund, darum verstand
man ihn auch schlecht. Er mochte mich, denn er hatte kein Geld, sich
Tabak zu kaufen, und ich gab ihm immer von meinem Tabak ab. Er war
ein Seemann gewesen und auf allen Weltmeeren gesegelt, auch am Kap
der Guten Hoffnung gewesen.
Daniel hatte mich im Verdacht, ein Spion der Irrenärzte zu sein und alles
mitzuschreiben. Ich sagte: Hier hab ich tatsächlich ein Manuskript, da steht
der Name Daniel, aber es ist der Seher Daniel aus der Bibel. Da fasste er
Vertrauen und sagte, er glaube auch an Jesus. Jesus sei doch die Sonne und
Maria sei doch die Erde? Und ob das wohl von Jesus sei, was er gesehen
hätte? Daniel war doch ein Seher. Also er hatte eine Vision, da sah er am
Himmel ein großes Herz schweben und ein Schwert steckte in diesem
Herz, und dann sah er einen großen Drachen am Himmel. Ich sagte: Ja, das
war die Apokalyptische Frau. Dann erzählte er mir, dass seine Freundin
eine Katze hatte, und die Katze spielte immer mit einer unsichtbaren
Katze. Die unsichtbare Katze habe ihn angesprungen und ihn zerkratzt, das
heißt, seine Seele so zerkratzt, dass seine Seele ausgeblutet sei. Er fragte,
ob er jetzt noch eine Seele habe oder ob er seine Seele verloren habe? Ich
sagte: Solange du lebst, hast du auch eine Seele. Trinke das Blut Christi!
Dann war da noch Patrick. Ich sagte: Ah, der heilige Patrick von Irland! Er
lächelte. Er war in seiner Kindheit von einem Mann sexuell misshandelt
worden und hatte nun eine traumatisierte Seele, Angst plagte ihn und
Verzweiflung. Er sagte: Ich will sterben, Jesus, ich will in den Himmel
kommen! Ich sagte:
In den Himmel will ich kommen,
Fest hab ich’s mir vorgenommen.
Mag es kosten was es will,
Für den Himmel ist mir nichts zuviel.
Er bedankte sich. Ich schenkte ihm ein Nuckelfläschchen, gefüllt mit
bunten Liebesperlen aus Zucker, und er freute sich sehr. Am Tag bevor ich
ging, gab ich ihm noch meinen Rosenkranz und sagte: Halte dich daran
fest wie an einer Nabelschnur, die dich mit dem Himmel verbindet. Er hielt
dann immer den Rosenkranz in den Händen und sagte zu mir: Du bist ein
toller Mensch!
Am Tag, da ich den Arzt überzeugen musste, dass er mich entlassen solle,
kam ein Irrer und begann Zigarren zu verteilen und fing plötzlich an, vom
heiligen Franziskus zu erzählen. Der heilige Franziskus, der hat ja den
Vögeln gepredigt! Das war mir ein Zeichen. Aus dem Munde von Kindern
und Narren tut Gott die Wahrheit kund. Als ich zu dem Arzt ins Zimmer
trat, bat ich den heiligen Franziskus um Beistand, denn ich musste sehr
kämpfen, um entlassen zu werden, der Arzt war mir sehr feindlich
gesonnen, und meine Hände und Kniee zitterten, aber Franz stand mir zur
Rechten.
Als ich eingeliefert worden war, befragte mich der Oberarzt: Was tun Sie
den ganzen Tag? – Ich lese viel. – Was haben Sie denn gelesen? Etwa
alles? – Ich lachte. Ich lese gerne Goethe, Hölderlin, Puschkin, sagte ich.
Außerdem beschäftige ich mich etwas mit Philosophie. – Kennen Sie die
Vorsokratiker? – Ja, Parmenides und Heraklit, Empedokles und
Pythagoras. – Kennen Sie Platon? – Ja, ich habe Lehrgedichte über die
platonische Philosophie der Liebe geschrieben. – Und Aristoteles? – Ich
habe mich mit Aristoteles noch nicht beschäftigt, aber etwas mit den
arabischen und jüdischen Aristotelikern des Mittelalters. – Und griechische
Tragödie? – Ja, sagte ich, Sophokles, Euripides und Äschylus. Mit den
Leiden des Prometheus kann ich mich identifizieren. – Und Chinesische
Philosophie? – Ja, sagte ich, Konfuzianismus und Taoismus. – Was ist
Konfuzianismus? – Eine Gesellschaftslehre, da die geordnete Familie
Keimzelle des geordneten Staates ist, wobei die kindliche Pietät die
Grundhaltung in der Familie ist. – Und Taoismus? – Ich neige mehr zum
Taoismus, da das Tao als ein mütterliches Wesen meine Sehnsucht nach
transzendentaler Mutterliebe stillt. Ich habe Lao Tse und Liä Dsi und
Tschuang Tse gelesen. Ich kenne auch das Buch der Lieder, chinesische
Gedichte aus der Zeit Davids, und die chinesischen Poeten der Tang-
Dynastie ganz gut. – Und englische Literatur? Englische Romantik? – Ja,
sagte ich, Lord Byron liebe ich besonders. – Was haben Sie da für ein
Buch in ihrer Jackentasche? – Gedichte von Hölderlin. – Aha, wissen Sie
dass Hölderlin auch schizophren war? – Ja. – Von dem ist das Gedicht:
Voll mit wilden Birnen hänget das Land in den See? – Von Hölderlin. –
Können Sie es ergänzen? – Ich ergänzte es. – Nicht schlecht, mein lieber
Schwan.
VIERTES KAPITEL
Hier aber schieben wir nun die erste Betrachtung über die Bibel ein, die
Herr Toto im Irrenhaus schrieb. Er wollte mit dieser Meditation über die
Susanna des Evangeliums einer pietistischen Freundin danken, die ihm
immer freundlich beigestanden hatte, wenn er von Frau Lulu wieder
gequält worden war, wenn Frau Lulu wie eine Schlange und wie ein
Skorpion seine Seele gemartert hatte, dann hatte diese evangelische
Christin Susanna ihn immer wieder getröstet und auferbaut durch ihre
barmherzige Bruderliebe.
FÜNFTES KAPITEL
PREDIGT ÜBER DIE EVANGELISCHE SUSANNA
SECHSTES KAPITEL
Nun war natürlich die Zeit für Shakespeares Romeo und Julia.
Romeo schwärmte seinem Freunde von Rosalind vor, die er so liebe, dass
er für sie sterben wolle, sein Herz verbluten, ja, er wäre bereit, an ihrer
Stelle stellvertretend in die Hölle zu fahren, damit sie in die Seligkeit
komme! Aber ach, die allerschönste Rosalind, sein Atem, sein Leben, seine
Seele, sie liebe ihn nicht!
Sein Freund hatte das schon oft gehört. Er mochte diese Rosalind nicht
sehr, die wie eine Rose schön war, aber es liebte, mit ihren Dornen den
Liebenden bis aufs Blut zu plagen.
Nun nahm der Freund den Romeo mit auf ein Fest, da sah der liebeskranke
Romeo das schöne Mädchen Julia, oder Juliette, sie war sechszehn Jahre
jung und wie eine eben knospende Blüte von himmlischer Mädchenanmut,
ein Engel, eine Fee, eine Madonna, eine Jungfrau-Göttin!
Und Romeo schwor bei seinem Blut, bei seinem ewigen Leben, dass er
Julia anbete, dass sie seine Heilige sei, sein Schutzengel, seine Erlöserin!
Aber wer dieses Drama, neu in deutsche Verse übersetzt, einer jungen Julia
zu Füßen legt, der muß es erst der Mutter der Angebeteten überreichen,
und diese entscheidet denn: Meine junge unschuldige Tochter wäre doch
pikiert über solche leidenschaftlichen Dichterergüsse! Und so gibt die
Mutter der Julia das Lied von Shakespeare nicht zu lesen.
Aber Herr Toto saß in den Nächten weinend allein, trauernd um Celine,
trauernd um Immanuel! Und da schwebte ihm eine Vision vor, wie Maria,
die Mutter Gottes, Maria, die Makellose, sich spiegele in Mutter und
Tochter, in Mutter Katharina und Tochter Julie. Mutter Katharina war
Maria, die Mutter Gottes, deren weibliches Herz voll war von
mütterlichem Mitleid, Mitgefühl und Mitempfinden, der berühmten
weiblichen Empathie, es war ein zärtliches Mutterherz, das sich auf alle
Kinder, alle Armen und alle Kranken erstreckte und auch mütterlich-gütig
war zu den irren und geistigzerrütteten Dichtern. Es war ein süßes
Mutterherz, ein brennendes Mutterherz, ein zärtliches Mutterherz, ein
empfindsames Mutterherz, ein Mutterherz voller Erbarmen und Mitleid.
Und Herr Toto sah in diesem brennenden Mutterherzen eine rote Rose, die
rote Rose der brennenden Mutterliebe Mariens. Und er sah Maria, die
Makellose, die sich spiegelte in dem Mädchen Julie, eine Jungfrau voller
Anmut, voller Liebreiz, voller Zauber, voller Charme, voller elfengleicher
Feinheit, voller Reinheit, schlank wie eine Palme, anmutig wie eine
Gazelle, keusch wie eine weiße Lilie. Und er sah die Makellose, die
Jungfrau ohne Flecken und Falten, zu der Salomo sagte: Du bist schön,
meine Freundin, und kein Makel ist an dir! Du bist schön, ja, allerdinge
schön! Sie war die makellose Schönheit, Spiegel der Urschönheit Gottes!
Sie war rein und weiß wie eine jungfräuliche Lilie, sie war die himmlische
Madonna von sechzehn Jahren, lächelnd, gütig, feminin, anmutig, zärtlich,
strahlend. Und so beschloß Herr Toto der Mutter Katharina stellvertretend
für das Mutterherz Mariens eine rote Rose zu schenken, und dem Mädchen
Julie stellvertretend für die Makellose eine weiße Lilie zu schenken.
Aber wie die Blumen der Mutter und der Tochter zukommen lassen? Sie
wohnten weiter entfernt, als er es erreichen konnte. Aber Frau Lulu war
dort eingeladen, die mit ihrem Wagen das Landgut bequem erreichen
konnte. Ungeschickterweise bat Herr Toto die Freundin Frau Lulu, der
Mutter Katharina eine rote Rose zu überreichen und der Tochter Julie eine
weiße Lilie.
Aha! sagte Frau Lulu, dem jungen Mädchen willst du eine Blume
schenken? Du willst sicher mit ihr schlafen! Warum sonst schenkt ein
Mann einer Frau Blumen? Und warum nur der Tochter Julie und nicht den
Töchtern Leonie und Marion? Die werden eifersüchtig sein!
Eifersüchtig? Eifersüchtig war Frau Lulu! Aber widerstrebend nahm sie
die Blumen mit und überreichte rote Rose und weiße Lilie der Mutter
Katharina.
Herr Toto aber schaute sich die Gemälde von Botticelli noch einmal an,
vor allem seine schaumgeborene Venus. Dieser Maler hätte Julie malen
sollen! Julie war das perfekte Modell für eine jungfräuliche Venus! Denn
obwohl Herr Toto ein glühender Marienverehrer war, hatte er in einem
heidnischen Winkel seines Herzens noch einen heidnischen Altar für
Aphrodite, die Göttin der Schönheit. Und hier ist nun der Ort, die
Bibelmeditation einzuschieben über Epaphroditus, den Favoriten der
Aphrodite.
SIEBENTES KAPITEL
EPAPHRODITUS
ACHTES KAPITEL
Kardinal Rodrigo hatte eine Mätresse namens Vanozza, sie war schon
fünfzig Jahre alt, da sah der Kardinal die siebzehnjährige Julia und
verliebte sich in sie. Vanozza sagte: Mein Kardinal, gib acht, sie hat ein
Engelsgesicht, aber es steckt ein Dämon in ihr. Aber der Kardinal schickte
die ältere Mätresse fort und wandte sich der jüngeren Mätresse zu.
Julia war sehr elegant, von normaler Körpergröße, hatte lange dunkle
Haare und schwarze Augen. Sie war sehr schön und der Kardinal schrieb
ihr begeisterte Liebesbriefe und nannte sie: Mein Herz, meine Seele, mein
Leben! Die Künstler malten sie in erotischer Umarmung eines Einhorns
und das römische Volk nannte sie die Braut Christi.
Als Rodrigo zum Papst gewählt worden war, huldigten ihm die Kardinäle
und auch Julia trat zu ihm, küsste den Fischerring. Er neigte sich zu ihr
und flüsterte ihr ins Ohr: Du bleibst meine Geliebte!
Er richtete ihr den Palast eines ermordeten Kardinals ein, der nahe an dem
Papstpalast lag. Julia sagte: Der Geheimgang zum Papstpalast ist für mich
zu gehen, wenn ich einen Seelenführer brauche, aber er ist auch für dich zu
gehen, wenn dir die Liebe Gottes einmal nicht genügen sollte, sondern du
auch die Liebe einer Frau brauchst.
Und der Papst schlich sich nachts heimlich in das Schlafgemach der Bella
Julia und sie machten Liebe in dem großen Himmelsbett.
Einmal verließ Bella Julia den Papst und er schrieb ihr feurige
Liebesbriefe: Ich drohe dir mit der ewigen Verdammnis, wenn du nicht zu
mir zurückkommst! Und Bella Julia kam zurück in den Papstpalast.
Der Papst saß allein an einer langen Tafel, an der Stirn der Tafel, und Bella
Julia trat ein. Sie stieg auf den Tisch und ging tänzerisch auf den Papst zu.
Und sie hob den Rock bis zu den Knöcheln und sagte: Und das kostet dich
– ich weiß nicht mehr, was der Knöchel kostete. Sie hob den Rock höher
und zeigte ihren Oberschenkel und sagte: Und das kostet dich die
Ernennung meines Bruders zum Kardinal! Ja, ja, stammelte der
liebeskranke Papst. Und das, sagte Bella Julia und hob den Rock ganz
hoch und zeigte ihr Geschlecht, das, das kostet dich das Himmelreich!
Geliebte, jammerte der Papst, ich bin ganz dein!
Und so wurde der Bruder der Bella Julia mit achtundzwanzig Jahren zum
Kardinal ernannt, wegen der Liebeskünste seiner schönen Schwester. Das
Volk nannte den Kardinal Farnese – Kardinal Fregnese, das heißt
verdolmetscht: Kardinal Muschi! Dieser Kardinal Muschi wurde später
Papst Paul III.
Von Bella Julia inspiriert ließ der Papst die inneren Säle des Vatikans mit
griechisch-erotischen Szenen bemalen. Auch ließ er die schöne Julia malen
als Madonna mit dem Jesuskind auf dem Schoß, der Papst knieend vor
Madonna Julia.
Nach ihrem Tod fertigte ein großer Renaissance-Künstler eine Akt-Statue
der schönen Mätresse des Papstes an, diese splitternackte Julia im
Petersdom war so erotisch und aufreizend, dass junge Männer vor ihr
unsittliche Handlungen ausübten. Darum wurde später die nackte Julia von
keuscheren Päpsten mit einem Bleimantel verhüllt. Aber noch im
achtzehnten Jahrhundert wurde für Touristen gegen ein Trinkgeld der
Mantel von Julia gehoben und man durfte noch die ganze göttliche
Nacktheit Julias bewundern.
Weil nun Bellas Julia als schöne Madonna verherrlicht wurde, ist es hier
der Ort, den Schoß und die Brüste Mariens zu preisen, wie wir es finden in
Herrn Totos Tagebuch.
NEUNTES KAPITEL
SELIGPREISUNG MARIENS
Lukas 11,27:
Marias Vulva, ich weihe dir alle Mütter, die durch Gebärmutter-Krebs ihre
Gebärmutter verloren haben, und ihre Söhne! Marias Vulva, ich weihe dir
alle Embryos, die im Schoß ihrer Mutter ermordet worden sind! Marias
Vulva, ich weihe dir alle Söhne, die den geplanten Kindermord im
Mutterschoß überlebt haben! Marias Vulva, ich weihe dir alle Zwillinge,
die gemeinsam in dem Schoß ihrer Mutter gelebt und geliebt haben!
Marias Vulva, ich weihe dir alle einsamen und deprimierten Seelen, die
Geborgenheit suchen in dem Schutzmantel deiner Plazenta! Marias Vulva,
ich weihe dir alle kranken Seelen in der dunklen Nacht, die das Erbarmen
Gottes so besonders nötig haben! Marias Vulva, auf deine Fürsprache hin
mögen die Mutterschöße der göttlichen Barmherzigkeit sich über alle
deine Kinder ausbreiten! Marias Vulva, ich bin in deinem Uterus alle Zeit
auf Erden, bis du mich gebären wirst ins ewige Leben!
Marias Brüste, ich weihe euch alle Söhne, die an dem Busen ihrer Mutter
gestillt worden sind! Marias Brüste, ich weihe euch alle Söhne, die nicht
an den Brüsten ihrer Mutter gestillt worden sind! Marias Brüste, ich weihe
euch die Brüste der jungen Mädchen und die Brüste der schönen Frauen!
Marias Brüste, ich weihe euch alle, die die Milch des Trostes Gottes
besonders bedürfen! Marias Brüste, ich weihe euch alle, die den Wein zu
sehr lieben! Marias Brüste, ich weihe euch alle, die im Alten Testament
studieren! Marias Brüste, ich weihe euch alle, die im Neuen Testament
studieren! Marias Brüste, ich weihe euch alle Zwillinge! Marias Brüste,
ich weihe euch alle, die die Milch Gottes trinken wollen, welche ist das
Blut des Messias, denn der Heilige Geist melkt aus den Brüsten Gottvaters
die Milch, welche ist der Messias! Marias Brüste, ihr mein Ideal, ich weihe
mich euch ganz und gar und berge mich in dem Tal Amors zwischen euren
Bergen!
Marias Ohren, die ihr den Logos akustisch empfangen habt, ich weihe
euch alle, die das Wort Gottes vom Tisch des Wortes empfangen! Marias
Ohren, ich weihe euch alle, die das Wort durch die Torheit der Predigt
empfangen! Marias Ohren, ich weihe euch alle, die den Logos als
Philosophen empfangen! Marias Ohren, ich weihe euch alle, die geistliche
Musik hören! Marias Ohren, ich weihe euch alle, deren Ohren bittere
Schmähungen hören mussten! Marias Ohren, ich weihe euch alle, die taub
sind gegenüber der Bibel! Marias Ohren, ich weihe euch alle, über die der
Bischof Heffata gesprochen hat! Marias Ohren, ich weihe euch alle, die
den Gruß des Engels Gabriel an die Gnadenvolle oftmals hören! Marias
Ohren, hört mein Weinen, hört mein Bitten, hört mein Seufzen und Flehen,
hört meinen Dank und meinen Jubel und meinen Lobpreis der göttlichen
Schönheit!
Marias Herz, ich weihe dir alle, die die Heilige Schrift meditieren! Marias
Herz, ich weihe dir alle, die die Heilige Schrift übersetzen und auslegen!
Marias Herz, ich weihe dir alle, die das Wort Gottes im Innern
wiederkäuen wie eine Kuh! Marias Herz, ich weihe dir alle, die den Gruß
des Engels und den Lobpreis Elisabeths meditieren! Marias Herz, ich
weihe dir alle, die Jesus eine Heimat in ihrem Herzen geben! Marias Herz,
ich weihe dir alle, die das Jesuskind in den Kindern der Welt beschützen
und behüten, ernähren und erziehen! Marias Herz, ich weihe dir alle, die
ein hartes Herz haben und sich der Liebe verschließen! Marias Herz, ich
weihe dir alle, die auf dem Thron des eigenen Herzens nur ihr eigenes Ego
sitzen haben! Marias Herz, ich weihe dir alle, die mit dem Herzen nach der
Wahrheit über Gott suchen! Marias Herz, ich weihe dir alle, die
empfänglich für den Heiligen Geist sind! Marias Herz, ich weihe dir
Russland und alle Völker! Marias Herz, du wirst triumphieren, Herz der
Königin der Liebe und Schönheit!
O du Logos der Gottheit, Gesang der Ewigen Liebe, das Weltall ist deine
Symphonie! Erlöse die ganze Kreation Gottes! Gesang der Ewigen Liebe,
du hast mich ins Dasein geküsst, ich bin die Antwort auf dein Wort, ich bin
das Echo deines Gesangs, ich bin der Reim auf deine Liebe, laß mich ein
Ton sein in der ewigen Sphärenharmonie des Paradieses, harmonisch mit
allen meinen Geliebten zusammentönend zu einem großen
Weltenliebeslied!
ZEHNTES KAPITEL
ELFTES KAPITEL
SOPHIAS SÖHNE
Matthäus 11,16-19
„Wem oder was vergleiche ich aber dieselbe Generation? Sie ist den
Jünglingen gleich, die auf der Agora sitzen und rufen ihren Hetären zu und
sagen: Wir haben die Flöte geblasen, aber ihr habt nicht getanzt! Wir haben
gejammert, aber ihr habt euch nicht an die Brüste geschlagen! Johannes ist
gekommen, hat nicht gegessen, nicht getrunken, aber ihr habt gesagt: Er
hat ein Daimonium! Der Menschensohn ist gekommen, aß und trank, aber
ihr habt gesagt: Siehe, dieser Mensch ist ein Vielfraß und ein Säufer, der
Kopfgeldeintreiber und der öffentlichen Sünderinnen Freund! Aber –
SOPHIA wird gerecht gesprochen von (diesen) ihren (beiden) Söhnen.“
Hildegard von Bingen spricht davon, dass die Ewige Weisheit (Sophia)
sich offenbart in der Jungfrau Maria, in dem Herrn Jesus Christus, und in
der heiligen, katholischen, apostolischen Kirche. Papst Benedikt XVI.
sagte: Gott ist Weisheit. – Wenn Gott die Weisheit (Sophia) ist, dann ist
Gottes Sohn Jesus der Sohn der göttlichen Sophia. Aber da der Sohn und
der Vater die gleiche göttliche Natur haben, ist Jesus, der Sohn der Sophia,
auch die Sophia Gottes selbst. Nämlich Paulus schrieb in seinem Ersten
Brief an die Kirche von Korinth: Der auferstandene Christus ist von Gott
eingesetzt als Gottes Sophia. Daß aber der Herr auch Johannes den Täufer
„Sohn der Sophia“ nennt, zeigt, dass alle Propheten des alten Bundes
Kinder der Sophia gewesen sind, die Kinder Israel als Gottes Kinder waren
Kinder der Sophia. – Bei Markus heißt die Vergleichsstelle: Aber die
Sophia des Theos ist gerechtfertigt worden von ihren Werken. – Die
Sophia des Theos, also die Theo-Sophia (das ist Christus) ist gerechtfertigt
von ihren Werken, nämlich von den Werken Jesu. Die Werke Jesu
bezeugen, wie Johannes sagt, den Vater, aber Jesus sagt auch, dass seine
Werke die Theo-Sophia, die Weisheit Gottes, rechtfertigen. Die Weisheit
Gottes oder Theo-Sophia wird also mit dem Ewigen Vater gleichgesetzt. –
Wir sehen also, die Schrift identifiziert den Vater mit der Sophia und den
Sohn auch mit der Sophia. Und darum spricht der heilige Augustinus von
der Sophia des Vaters und der Sophia des Sohnes und der Sophia des
Heiligen Geistes. –
Was aber sind die Werke, die die Sophia rechtfertigen, was sind die Werke
der Kinder der Sophia, die die Sophia rechtfertigen? Johannes der Täufer
ist offensichtlich der Jüngling der gejammert hat, der lamentiert hat, der
geklagt hat über die Sündhaftigkeit der Menschen, aber die Menschen, die
Hetären, haben sich nicht an die Brüste geschlagen und sich nicht die
Haare gerauft, das heißt, sie haben keine Reue gezeigt und keine Werke
der Umkehr oder Buße getan. Der Menschensohn, also Adams Sohn, das
ist Jesus, der letzte Adam, ist aber der Jüngling, der die Flöte geblasen hat,
das heißt, er hat die Hochzeit ausgerufen, aber die Menschen, seine
Hetären, haben nicht getanzt, das heißt, sie haben die Einladung zur
Hochzeit und zum Freudenfest des Himmelreichs nicht angenommen. Die
Werke der Kinder der Sophia, der Söhne und Töchter der Sophia, sind
also: Aufruf zur Buße und Einladung zum himmlischen Hochzeitsfest! So
begann ja Jesus, der Sohn der Sophia, seine Predigt: Tut Buße, denn das
Himmelreich ist nahegekommen. Das Himmelreich verglich er aber mit
einer Hochzeit, mit dem Hochzeitsmahl des Lammes. Buße oder Metanoia
ist Sinnesänderung, Umkehr, und das Himmelreich ist das Hochzeitmahl
des Lammes, die Kommunion, der Himmel ist die Hochzeit der Seele mit
Gott, die mystische Vereinigung mit der lebendigen Gottheit! Jesus, der
Jüngling Flötenbläser, lädt alle seine Hetären zur himmlischen Hochzeit
ein! Das ist das Werk Sophias. Wer nun aber ein Freund (Philo) der
Weisheit (Sophia) ist, der wird eingeladen zur himmlischen Hochzeit mit
der göttlichen Sophia!
ZWÖLFTES KAPITEL
Es war zwei Jahre nach Celines Heimgang, sie hatte ja noch die
Kommunion des Herrn begehrt, und schwebte nun als ein Engel um Herrn
Toto. Nun hatte der zehnjährige Georg Geburtstag und Herr Toto und die
Großmutter des Jungen, Marie-Therese, trafen sich bei Georg. Da klopfte
es an die Tür und Mutter Katharina trat ein, hinter ihr – erschien – die
junge Julie. Sie sah Herrn Toto an aus ihren großen mandelförmigen,
rehbraunen Augen und ihm fiel eine Zeile aus dem Gebet an die Mutter der
Barmherzigkeit ein: Und wende uns jene deine barmherzigen Augen zu!
ELEGIE
(nach Ben)
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DER GELBE KAISER UND DAS EINFACHE MÄDCHEN
Ein Dialog über altchinesische Sexualwissenschaft
„Der einzige Alchemist, der alles zu Gold macht, ist die LIEBE.“
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
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Siebentes Buch
Achtes Buch
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Zehntes Buch
Elftes Buch
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Twenty-Fifth Book
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Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
NOTRE DAME DE PARIS
ERSTER SPAZIERGANG
Karine zeigte mir Paris. Wir waren auf der Isle de la Cité. Die zwischen
zwei Armen der Seine gelegene Isle de la Cité ist die Wiege der
Hauptstadt. Frankreich ist ein auf der Seine dahingleitendes Schiff. Karine
ist die aus der Seine aufgetauchte Vénus.
Die Römer nannten diesen Ort Lutetia Parisiorum.
Karine zeigte mir die Mutter-Kirche Notre Dame. Sie zeigte mir das Hotel
de Dieu, das bereits im siebenten Jahrhundert als Frauenkloster bekannt
war. Die Kathedrale Notre Dame steht auf der Ostseite des Place du Parvis.
Franz von Sales hielt hier im Jahre 1602 eine Trauerrede...
Notre Dame de Paris war für Paul Claudel Asyl, Lehrstuhl, Heim, Ärztin
und Ernährerin. Der Dichter war am 25. Dezember 1886 Christus hier
begegnet. Die Knaben in weißen Gewändern sangen gerade das
Magnifikat, den Lobgesang Mariens. Er stand unter der Menge, nahe beim
zweiten Pfeiler beim Chor-Ausgang, rechts auf der Seite der Sakristei. Da
nun vollzog sich das Ereignis, das sein ganzes Leben veränderte: In Einem
Augenblick wurde sein Herz ergriffen und – er glaubte an Christus.
Bei der Trauerfeier der Beerdigung Claudels hörte man in Notre Dame
diese Worte: In dem kalten Gotteshaus zittern die Mitglieder der Akademie
vor Kälte, aber was sie sehen, ist so schön, so schön, dass sie darüber die
Kälte vergessen. Ihnen gegenüber lässt eine Rosette ein übernatürliches
Licht einfallen. Ein Mitglied der Akademie spricht mit leiser Stimme: Sieh
dort oben die Menschen auf der Empore! Wie klein sie wirken vor den
Maßen dieser Kathedrale! Man meint, Quasimodo zu schauen!
Der Parvis-Notre-Dame, der weite Platz vor der Kathedrale, ist das Herz
der Isle de la Cité und zugleich das Herz Frankreichs.
Karine führte mich zur Kneipe Pomme de pin (Tannenzapfen), wo
Francois Villon verkehrte. Auch Boileau, Molière und Racine waren dort
zu treffen.
Dann zeigte Karine mir in der Rue Chanoinesse am Ufer der Seine das
Haus des Kanonikers, der den weisen Abälard entmannen ließ, weil er die
schöne Nichte des Kanonikers, Héloise, liebte. In der Rue des Ursins
finden sich noch Reste der Saint-Aignan-Kapelle, in der Abälard und
Héloise beteten. Hier hat auch der heilige Bernhard von Clairvaux
gepredigt.
ZWEITER SPAZIERGANG
Die Cité, der Kern von Paris, erweiterte sich zuerst an den Ufern der Seine.
Da entstanden Viertel auf dem linken und dem rechten Ufer. Die Quais des
linken Ufers zeigen noch heute eine charakteristische Atmosphäre,
nämlich die des geistigen Lebens.
Karine führte mich in die Rue Mazarine. Dort wohnte die Schauspielerin
Marie Desmares. Sie war in Rouen geboren im Jahre 1642 und wurde
unter dem Namen ihres Gatten Champmeslé bekannt. Sie spielte im
Ensemble des Théatre du Marais, das Corneilles Cid uraufführte. Racine,
ihr in Liebe verbunden, überließ ihr die Hauptrollen in seinen Tragödien
und sprach die Rollen selbst mit ihr durch.
Dann gingen wir zur Rue du Seine. Frank Wedekind kam im September
1893 zum drittenmal nach Paris und nahm Wohnung in dem kleinen Hotel
Mont-Blanc. Hier schrieb er seine Lulu und nahm seine freundschaftlichen
Beziehungen zu Emma Herwegh wieder auf.
Nun gingen wir zur Rue des Beaux-Arts. Hier fanden wir die
Geschäftsräume der Revue des Deux Mondes. In einem Salon trafen sich
die Vertreter der romantischen Schule. Hier fand am Fest Heilige Drei
Könige im Jahre 1834 das Königsessen statt. Victor Hugo, Heinrich Heine,
Mérimée und die Tragödin Rachel nahmen daran teil. Bohnenkönig würde,
wer eine Bohne in seinem Stück Kuchen fand. Heinrich Heine gewann das
Spiel und erwählte Rachel als seine Bohnenkönigin.
Nun kamen wir in die Rue de Beaune. Wir stiegen zu Théophile Gautier
hinauf, der von Neuilly in den fünften Stock einer Arbeiterwohnung in der
Rue de Beaune in Paris geflüchtet war. Die Dachstube, in der sich Theo
aufhielt, und die er, klein und niedrig wie sie war, mit dem Rauch seiner
ewigen Zigarette ausfüllte, enthielt ein eisernes Bett, einen alten Lehnstuhl
aus Eichenholz, einen Strohsessel. Hier fanden wir Theo in einer roten
venezianischen Kappe, einem ehemals für den täglichen Gebrauch in
Saint-Gratier bestimmten Samtrock, der aber jetzt so fettig und fleckig
war, dass er die Jacke eines neapolitanischen Kochs gewesen zu sein
schien. Und der üppige Meister der Schrift und des Wortes machte den
Eindruck eines in Not geratenen Dogen.
Auf dem Place du Chatelet fanden wir in den Armenvierteln zwischen den
Hallen und der Seine den verkommenen, geistig umnachteten Dichter
Gérard de Nerval am Morgen des 26. Januars 1855 am Gitter eines
Klosettfensters einer Erdgeschosswohnung erhängt auf. Der
Soufleurkasten des Theaters befand sich genau an der Stelle, an der Nerval
in der eiskalten Winternacht Selbstmord begangen hatte. Nerval berichtete
selbst von seiner Verzweiflung und seinen Visionen: Ich richtete meine
Schritte, ohne gegessen zu haben, nach Montmartre. Der Friedhof war
geschlossen, das war eine üble Vorbedeutung. Als ich um das Clichy-Tor
bog, wurde ich Zeuge eines bösen Streits. Von diesem Augenblick irrte ich
als Beute der Verzweiflung in dem unbegrenzten Gelände umher, das die
Vorstadt von dem Clichy-Tor trennt. Ich ging kreuz und quer durch die
Straßen nach dem Zentrum von Paris zurück. In der Rue de la Victoire
begegnete ich einem katholischen Priester. In der Verzweiflung, in der ich
mich befand, wollte ich bei ihm beichten. Er aber hatte keine Zeit...
Verzweifelnd und weinend lenkte ich meine Schritte nach der Kirche
Notre-Dame-de-Lorette. Ich erhob mich vom Gebet und ging hinaus und
schlug die Richtung nach den Champs-Elysées ein. Als ich bei der Place
de la Concorde angekommen war, hatte ich den tiefen Wunsch, mich zu
vernichten. Verschiedene Male ging ich zur Seine, um mich zu ertränken,
aber etwas hinderte mich, meinen Entschluss auszuführen.
Wir verließen Nerval, für seine Arme Seele betend, und kamen zum Cour
Carrée du Louvre. An der Stelle des Pavillon de l’Horloge stand der
sogenannte Bibliotheksturm, in dem Karl der Fünfte seine Sammlung von
fast tausend Manuskripten bewahrte. Zu der Sammlung gehörten Schriften
von Aristoteles und Seneca, der Kirchenväter, der Roman de Renart, der
Rosenroman und der Bericht Marco Polos über seine Reise nach China.
Weiter gingen wir zum Cour du Carrousel. In der Rue Saint-Thomas-du-
Louvre wohnte Madame de Blacy, die Schwester der hochgebildeten
Sophie Volland. In ihrem Haus fand 1755 die erste Begegnung Diderots
mit Sophie statt. Zwanzig Jahre lang würde die Liebe die beiden
verbinden. Eine Liebe, wie Diderot sagte, wie ich sie noch nie empfunden
hatte. Sie wurde die Empfängerin seiner berühmten Briefe an Sophie.
DRITTER SPAZIERGANG
Karine ging mit mir in die Rue du Président-Wilson, die früher Rue du
Trocadéro hieß. Dort wohnte Laure Hayman, Tochter eines englischen
Malers und Geliebte reicher Männer. Mit ihr pflegte Marcel Proust
auszugehen, er schickte ihr Rosen und überhäufte sie mit Briefen. Sie
nannte ihn „meinen kleinen Marcelino“ oder „meinen Psychologen von
Porzellan“. Wesenszüge der Laure finden sich in der Odette de Crécy in
dem Roman auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Einem andern Autor
diente sie zum Vorbild seiner Heldin eines Romans. Laure verehrte diesen
Roman dem kleinen Marcel. Sie hatte das Buch in die geblümte Seide
eines ihrer Röcke einbinden lassen.
In der Rue Hamelin wohnte Proust. Proust ließ nie Staub wischen in seiner
Wohnung. Die Flusen lagen wie Chinchilla auf den Möbeln. Beim Eintritt
wurden wir von der Haushälterin gefragt, ob wir Blumen mitbrächten, ob
wir uns parfümiert hätten. Wir fanden Proust meistens im Bett, aber
angezogen, er trug gelbe Handschuhe, weil er seine Nägel nicht abkauen
wollte. Er gab viel Geld aus, damit die Handwerker im Hause ihn nicht
störten. Nie durfte ein Fenster geöffnet werden. Der Nachttisch war mit
Medikamenten bedeckt.
In der Rue Franklin besuchten wir einen Grafen. Er wohnte im
Erdgeschoss, es hatte hohe Fenster, deren kleine Scheiben im Stil des
siebzehnten Jahrhunderts dem Haus ein altertümliches Gepräge verliehen.
Die Wohnung war angefüllt mit einem wirren Durcheinander nicht
zusammenpassender Dinge, alter Familienbilder, Empiremöbel,
japanischer Kimonos, Radierungen. Ein eigenartiger Raum war das
Toilettenzimmer mit einer in eine Badewanne umgewandelten persischen
Schale, daneben ein riesiger orientalischer Wasserkessel aus gehämmertem
Kupfer, das Ganze durch Vorhänge aus farbigen Glasstäbchen
abgeschlossen. Es war ein Raum, in dem die Hortensienblume in
Gedenken an die Königin Hortensie aus jedwedem Material und malerisch
und zeichnerisch zu finden war. Mitten in diesem Toilettenzimmer war ein
Glasschränkchen, aus dem zarte Schattierungen von hundert Krawatten
hervorleuchteten.
In der Rue Vineuse lebte die Witwe Hélène Grandjean, die Heldin des
Romans „Une page d’amour“ von Emile Zola. Sie unternahm die lange
Reise von Montpellier nach Paris, um das Grab ihrer Tochter Jeanne auf
dem Friedhof von Passy noch einmal zu besuchen. Sie beschrieb das
Panorama: Die Ulmen am Quai d’Orsay, die sich in Entfernung weit
kleiner ausnahmen, als sie in Wahrheit waren, reihten sich wie lauter
Blumen aus Kristall hintereinander und ihre Spitzen stachen wie Nadeln in
die Luft. Mitten in dem reglosen Meer aus Eis wälzte die Seine ihre
erdgrauen Fluten zwischen den Uferböschungen wie zwischen weißen
Hermelinpelzen einher. Der Fluss führte seit dem Vortag Treibeis, und von
den Pfeilern des Pont des Invalides war deutlich das Aufbrechen der
Eisschollen zu hören, wenn sie sich unter die Brückenbogen zwangen.
Hinter dem Pont des Invalides staffelten die andern Brücken ihr lichtes
Filigran, dessen Maßwerk immer zarter wurde, bis an das glitzernde Gefels
der Cité, über dem die Türme von Notre Dame ihre verschneiten Zinnen
emporreckten. Zur Linken durchbrachen andere Gipfel das Gleichmaß der
Stadtviertel. Die Kirche Saint-Augustin, die Oper, der Tour Saint-Jacques
erhoben sich über die Niederung wie Berghäupter, die ewiger Schnee
krönt. Weiter vorn im Blickfeld formierten die Pavillons der Tuillerien und
des Louvre, durch die Trakte miteinander verbunden, den Doppelgrat einer
jungfräulichen, von Schnee bedeckten Bergkette. Zur Rechten gesellten
sich ihnen die weißen Firste des Hotels des Invalides und der Türme von
Saint-Sulpice, des Panthéon, es projizierte das Panthéon ein mit
bläulichem Marmor umkleidetes Traumschloss gegen den azurenen
Himmel.
In der Rue Vineuse wohnte einst Béranger bei seiner alten Freundin Judith
Frères, deren Garten er mit besonderer Freude bestellte. Ein paar Schritte
und wir pochten an die Tür einer Parterrewohnung. Mehrere Stimmen
riefen herein, wir standen in einem freundlichen kleinen Zimmer, durch
dessen offenes Fenster Weinlaub hereindrängte. Das Fenster ließ auf einen
Garten blicken. Da saß ein freundlicher alter Mann, eine Samtmütze auf
dem Kopf, und ihm gegenüber eine alte Dame, sie hatten eine Flasche
Wein und ein köstliches Frühstück vor sich. Ein Jüngling las dem alten
Mann die Zeitung vor. Da hatten wir denn alles beieinander: Der alte
Mann war Béranger und die alte Dame Judith Frères.
In der Rue Berton richtete Doktor Esprit Blanche seine psychiatrische
Klinik ein, die sein Sohn nach seinem Tode weiterführte. Gérard de Nerval
war hier 1851 zum ersten Mal interniert. Seine immer häufiger
auftretenden Zustände von Wahnsinn machten zwei weitere Aufenthalte in
den folgenden Jahren nötig.
Guy de Montpassant wurde 1892 nach einem Selbstmordversuch in die
Klinik gebracht, wo er als Nummer 15 im Jahre 1893 an Paralyse starb.
Seine Beerdigung fand auf dem Friedhof Montparnasse statt, wo Emile
Zola ihm die Grabwache hielt. In der Klinik hatte der kranke Schriftsteller
versucht, mit dem Finger Löcher in die Gartenerde zu bohren und seinen
Arzt zu überzeugen, dass im nächsten Jahr Kinder aus dem Boden sprießen
würden.
Wir kamen auf die Avenue de Versailles. An der Straße nach Versailles, am
Point-du-Jour, neben einem Wirtshaus mit dem Schild „Zum neuen
gelehrten Papagei“ ist eine Mauer, deren vorgeschobene, alte, rostige
Gittertüren aussehen, als würden sie nie geöffnet. Über die Mauern ragen
das Dach eines Hauses und die Gipfel von Kastanienbäumen, in deren
Mitte sich ein kleiner, viereckiger Bau erhebt, ein Eiskeller, darauf eine
ganz abgeblätterte Statue: Die Fröstelnde. In dieser verwitterten Mauer
war eine Tür und an dieser eine Klingel mit beschädigtem Glockenzug,
deren dünnes Geläute das kräftige Bellen von Bernhardinerhunden
hervorruft. Es dauerte lange, bis geöffnet wurde.
Auf der Pont Mirabeau gingen Karine und ich. Auteuil ist mit dem linken
Seine-Ufer durch den Pont Mirabeau verbunden, dem Apollinaire 1913
nach seiner Trennung von Marie Laurencin diesen Vers gewidmet hat:
Unter dem Pont Mirabeau fließt die Seine und mit ihr fließen unsere
Geliebten davon.
Wir kamen in die Rue La Fontaine. Apollinaire zog 1911 hier bei Freunden
ein. Er wollte so seiner Geliebten Marie Laurencin nahe sein. Sie war eine
Malerin, die er 1907 bei einem Kunsthändler kennen gelernt hatte. Sie
wohnte auch in der Rue La Fontaine. Im Herbst 1912 trennte sich Marie
von ihm. Apollinaire wollte nicht länger in der Gegend bleiben, in der er
glücklich gewesen war, und zog an den Boulevard Saint-Germain. Aus
seinem Schmerz entstand sein Gedicht Pont Mirabeau: Nicht ohne
Bitterkeit verließ ich dich, o fernes Auteuil, o liebliches Viertel meiner
großen Traurigkeit!
Auf dem Place d’Auteuil sahen wir das alte Gotteshaus Notre-Dame-
d’Auteuil. Rechts von der Kirche stand das alte Pfarrhaus, in dem Abbé
Layseau wohnte, der beim König die Erlaubnis erwirkt hatte, dass Molière
ein christliches Begräbnis erhielt, und der der Tragödin Champmeslé, der
Geliebten Racines, bei ihrem Tode 1698 geistlich beistand.
So gingen wir auf der Rue d’Auteuil. Die Tragödin Champmeslé starb
1698 in einem Haus in der Rue d’Auteuil, nicht weit von der Kirche.
Racine war ihr eng verbunden. Sein Sohn sagte: Ich muß der Champmeslé
Abbitte leisten, die sehr anständig aus dem Leben ging. Sie verzichtete auf
das Theater und bereute ihr Leben sehr. Boileau hat mir alles erzählt, er
weiß es vom Pfarrer von Auteuil, der ihr bei ihrem Tode den letzten
Beistand leistete. Sie starb in Auteuil, wo sie in frischer Luft sein wollte.
VIERTER SPAZIERGANG
Karine ging mit mir den Weg vom Bois du Bologne zu den Champs-
Elysée. An dem Square Tolstoi zeigte sie mir das Denkmal Leo Tolstois.
Tolstoi war am 10. November 1910 in Krasny Rog in Russland verstorben.
Seine Bildungsreisen führten ihn auch 1860 nach Paris.
Auf der Avenue Victor-Hugo befand sich die letzte Wohnung Victor
Hugos. Hier überraschte ihn auch die Nachricht vom Tode Juliette
Drouets, die ihn ein halbes Jahrhundert lang mit bewegender
Selbstlosigkeit geliebt hatte. Sie starb im Alter von 77 Jahren. Er hatte zu
der Zeit neben Juliette noch eine jugendliche Geliebte.
Auf dem Boulevard Lannes zeigte Karine mir die Villa Les Talus. Sie
gehörte Méry Laurent. Sie war eine Frau von zweifelhaftem Ruf. Sie war
die Geliebte des Dichters Mallarmé und Geliebte und Modell eines Malers.
Auf der Rue Balzac zeigte Karine mir das Haus, das Honoré de Balzac im
September 1846 für Eveline erwarb. Er war damals schon fast erblindet. In
einem Brief an Victor Hugo schrieb Balzac: Ich bewohne jetzt das Haus
des Herrn von Beaujon, allerdings ohne dessen Garten, aber mit dem
Oratorium für die kleine Kirche an der Straßenecke. Von meiner Treppe
führt eine Tür direkt zur Kirche. Ein Drehen des Schlüssels und ich bin
direkt in der Heiligen Messe. - Nach fürstlicher Einrichtung des Hauses
und der Eheschließung mit Eveline in der Ukraine bezog das Paar das
Haus, in dem der Schriftsteller einige Monate später an einem Herzleiden
starb.
Auf der Avenue des Champs-Elysées erlebte ein Wachtmann dies: Ich
arretierte gegen acht Uhr abends einen Abbé und eine schöne Negerin, von
der er behauptete, ihr Beichtvater zu sein. Ich habe ihn dann wieder
freigelassen und den Abbé ermahnt, künftig nicht mehr nachts unter
üppigen Bäumen Beichte zu hören.
Auf der Rue Jean-Goujon zeigte Karine mir das Haus, in dem Victor Hugo
Anfang Januar 1831 den großen Roman Notre Dame de Paris beendete. Er
hatte ihn in sechs Wochen niedergeschrieben. Adèle Hugo gebar in diesem
Haus ihr fünftes Kind. Allerdings unterhielt sie zu dieser Zeit schon eine
Beziehung zu Sainte-Beuve.
Auf der Avenue Matignon hatte Heinrich Heine eine Unterkunft in dem
Erdgeschoss eines Hauses mit Garten. Mutter, du hast keinen Begriff, wie
sehr die gute Luft und der Sonnenschein mir wohl tut. Gestern saß ich,
wohler als je, unter den Bäumen des Gartens und aß die schönste Pflaume,
die mir überreif ins Maul fiel. - Von seiner Matratzengruft aus konnte er
die Champs-Elysées sehen. In dieser Wohnung vegetierte er bis zu seinem
Tode. Seine Frau bat an seinem Sterbebett Gott, ihm seine Sünden zu
vergeben, da sagte er: Sei ruhig, Kindchen, er wird vergeben, denn das ist
sein Beruf. Sterbe ich in Paris, so will ich auf dem Kirchhof des
Montmartre begraben werden, denn unter der Bevölkerung des Faubourg
Montmartre habe ich mein liebstes Leben gelebt. Obgleich ich doch
lutherisch-protestantisch bin, wünsche ich auf jenem Teil des Kirchhofs
begraben zu werden, der den Römisch-Katholischen zugewiesen ist, damit
die irdischen Reste meiner lieben Frau, die römisch-katholischen Glaubens
ist, einst neben meinen Gebeinen ruhen können. – Der beste Freund seiner
letzten Zeit war der Dichter Gérard de Nerval. Im Oktober 1855 hatte
Heine die Bekanntschaft seiner Mouche gemacht. Es war die
siebenundzwanzigjährige Pianistin Elise aus Prag. Sie besuchte ihn täglich
und las ihm vor. Wenn sie auf Reisen war, schrieb er ihr Gedichte der
Sehnsucht aus seiner Matratzengruft. Am 14. Juni kam sie zum letzten Mal
zu dem sterbenden Schwan.
Karine führte mich in die Rue de Berri. Hier wohnte Eveline. Sie hatte
1832 ihren ersten verehrungsvollen Brief an Balzac geschrieben, mit der
Unterschrift: Die Fremde. Sie hatte sich in den folgenden Jahren mit dem
Schriftsteller an verschiedenen Orten Europas getroffen. Die Komtesse
Evelin war 1841 Witwe geworden. Im Jahre 1850 heiratete sie in der
Ukraine den todkranken Balzac, der kurz darauf starb.
Wir kamen in die Rue de Miromesnil. Chateaubriand schrieb in seinen
Memoiren: Mein kleiner Garten grenzte an einen Hof, und vor meinem
Fenster stand eine große Pappel. Das Pflaster der Straße endete vor meiner
Tür, weiter oben stieg der Weg durch unbebautes Gelände. Das nur von
wenigen Hütten bebaute Gelände grenzte rechts an den Jardin de Tivoli
und links an den Park Monceau. Ich ging häufig in diesem verlassenen
Park spazieren. Dieser Zufluchtsort war mit Nacktheiten aus Marmor
geschmückt und mit künstlerischen Ruinen verschönt, Symbolen der
leichtfertigen und ausschweifenden Lebensweise, die alsbald Frankreich
mit Trümmern und Huren bedecken sollte.
Nun kamen wir in die Rue d’Anjou. Hier wohnte eine Gräfin, die das
Modell gab zur Herzogin Guermantes im Roman Auf der Suche nach der
verlorenen Zeit. Ein Dichter wollte bei einer Begegnung mit der Gräfin auf
der Treppe ihres Hauses die Schnauze ihrer Hündin küssen. Aber die
Gräfin bat den Dichter, davon Abstand zu nehmen und sagte: Gib acht, du
wirst ihre Schnauze weiß machen mit deinem weißen Pulver!
Etwas weiter wohnte Madame Récamier, die Geliebte Chateaubriands. Der
Schriftsteller besuchte sie hier regelmäßig. Er sagte: Ich besuchte Madame
Récamier in der Rue Basse-du-Rempart und dann in der Rue d’Anjou.
Wenn man seinem Schicksal begegnet ist, glaubt man, es niemals
verlassen zu haben. Das Leben ist nach Ansicht des Pythagoras nur ein
Wiedererinnern. Bei dem Haus lag ein Garten, in diesem Garten standen
Lindenbäume, zwischen deren Blätter ich einen Strahl der Luna sah, als
ich auf Madame wartete. Mir schien es, dieser Strahl der Luna gehörte mir,
und wenn ich ihn wiedersehe, begebe ich mich unter den selben Schutz.
Der Sonne, die ich auf so vielen Stirnen haben leuchten sehen, der Sonne
kann ich mich nicht mehr erinnern.
Nun führte Karine mich auf den Boulevard Haussmann. Eine Zeit lang
hatte Proust vor seiner Tür Tag und Nacht ein Taxi stehen, für den Fall,
dass er Lust bekäme, auszufahren. Oft verließ er nachts das Haus und bat
den Taxifahrer, ihn zu einem Hurenhaus zu fahren. Dann bat er den
Taxifahrer, die Äbtissin des Hurenhauses zu holen. Wenn sie gekommen
war, ließ er sich von ihr zwei junge schöne Huren herausführen. Er bat sie
ins Taxi und bot ihnen Milch an und verbrachte einige Stunden der Nacht
mit den beiden schönen jungen Huren indem er mit ihnen über die Liebe
und den Tod und dergleichen wichtige Dinge sprach. Wenn man zu Proust
kam, lag er in voller Kleidung im Bett, mit Krawatte und Handschuhen, in
Höllenangst vor einem Parfüm, einem Windhauch, einem Sonnenstrahl. Er
empfing uns mit den Worten: Mein Lieber, du hast doch nicht etwa einer
Dame die Hand gegeben, die eine duftende Rose angefasst hat?
FÜNFTER SPAZIERGANG
Karine führte mich zum Place du Palais-Royal. Casanova sagte über die
dortigen Gärten: Ich ließ mich zum Palais Royal führen und war schon
neugierig auf diese so viel gepriesene Promenade und begann sogleich,
alles zu betrachten. Ich sah einen schönen Garten, Alleen mit großen
Bäumen, Wasserbecken, und ringsum hohe Häuser. Viele Herren und
Damen spazierten da umher, hier und dort gab es Stände, an denen man
neue Flugblätter, Riechwasser, Zahnstocher und andern Tand kaufen
konnte. Man vermietete strohgeflochtene Stühle. Ich sah Zeitungsleser im
Schatten der Bäume sitzen, ich sah Mädchen und Männer, die allein oder
in Gesellschaft frühstückten, Kellner, die geschäftig eine kleine Treppe auf
und ab liefen. Ich setzte mich an einen freien Tisch und bestellte
Schokolade ohne Milch, und der Kellner brachte mir abscheuliches Zeug
in einer silbernen Tasse.
Karine, du nanntest Paris die Stadt der ewigen Jugend!
Dann führte Karine mich in die Rue Croix-des-Petits-Champs. Dort gingen
wir in das Café allemand der Madame Bourette, der Muse der Limonade,
der Muse und Kaffeewirtin, die besonders Voltaire zu ihren Gästen zählte.
Nun gingen wir in die Rue de Rivoli. Den jovialen Alexandre Dumas fand
ich wie gewöhnlich im Bett, auch wenn es schon nach Mittag war. Hier lag
er mit Papier, Feder und Tinte und schrieb an seinem neusten Drama. Er
nickte mir freundlich zu und sagte: Setz dich eine Minute, ich habe eben
Besuch von meiner Muse, sie wird gleich wieder gehen. Er schrieb, sprach
dabei laut und rief: Viva! Er sprang aus dem Bett und sagte: Der dritte Akt
ist nun auch fertig.
An der Ecke der Rue des Prouvaires und der Rue Saint-Honoré stand der
Strumpfladen, der Casanova zu seinen besten Kunden zählte. Casanova,
als er sich in die Frau des Besitzers verliebt hatte, bestellte hier einige
Hosen, wie sie gerade Mode in Paris waren. Die Frau probierte sie ihm an
und ließ sich von ihm verführen. Er verführte die Siebzehnjährige in
seinem Haus in Petite Pologne.
Wir kamen zum Square des Innocents. Der Friedhof der Unschuldigen
Kinder war im Mittelalter ein berühmt-berüchtigter Anziehungspunkt.
Tagsüber spazierten hier die Pariser, nachts sammelten sich hier die Huren
und die Verbrecher. Auf dem Platz erhebt sich das Beinhaus der
Unschuldigen Kinder, das Rabelais beschrieb. Die Wände der Kapelle
waren mit einem Totentanz bemalt. Francois Villon schrieb in seinem
Testament von diesem Friedhof und sprach von der Nichtigkeit des
irdischen Lebens:
Seh ich im Beinhaus mir daneben
Die Schädel an, die aufgereihten:
Juristen waren das im Leben...
Nun kamen wir zu Les Halles. In seinen letzten Lebensjahren irrte der
Dichter Gérard de Nerval, der in den kleinen Kneipen der Hallen gut
bekannt war, nachts durch die lauten Straßen des Viertels. In dieser
Gegend erhängt er sich in einer eiskalten Januarnacht des Jahres 1855.
SECHSTER SPAZIERGANG
Karine, die einzig mich liebte, führte mich zum Boulevard de la
Madelaine. Dort wohnte Juliette Récamier. Madame de Stael führte
Chateaubriand in ihren Salon. Chateaubriand, der Juliette zum ersten Mal
in ihrer damaligen Wohnung in der Rue de la Chaussée d’Antin begegnet
war, las ihr hier seinen Roman vor. Im Jahre 1817 begann seine dreißig
Jahre währende Liebesbeziehung zu Juliette.
Nebenan, in dem Haus der Schokoladenfabrik starb im Februar 1847 im
Alter von 23 Jahren die durch ihre Schönheit stadtbekannte Kurtisane
Alphonsine Plessis, die sich selbst Marie Duplessis nannte. Sie gehörte zu
den schönsten und elegantesten Mädchen von Paris. Franz Liszt machte ihr
den Hof. Alexandre Dumas der Jüngere hat sie in der Gestalt der
Marguérite Gautier in seinem Roman von der Kameliendame verherrlicht.
Dumas behauptete, den Grund, warum Marguérite Gautier die
Kameliendame genannt wurde, nicht zu kennen. Fünfundzwanzig Tage im
Monat trug sie weiße Kamelien, an den übrigen fünf Tagen rote
Kamelienblumen. Den Grund dafür kenne ich nicht, aber die Besucher der
Theater, in denen sie am häufigsten war, und ihre Freunde haben den
Wechsel der Blumenfarbe bemerkt.
Karine führte mich in die Rue Vignon. Die am meisten durchgeisterte von
allen diesen Wohnungen war die in der Rue Vignon. Sie lag fast an der
Ecke des Place de la Madelaine, eine Dachwohnung, die keine einladende
Miene machte. Aber sie war erfüllt von Sturm und Feuer. Ich kann sie
nicht beschreiben. Am erfülltesten war in ihr die Leere. Möbel und
Gegenstände waren nicht besonders ausgesucht. Man sah sie nicht. Was
man sah, war die Leere, ein Mülleimer voller Leere, eine randvoll erfüllte
Leere. Die Phantome standen dort Schlange. Eine so dicht gedrängte
Menge von Phantomen war es, dass keiner Platz zum Liegen fand, und
noch weniger zum ungewissen Umherirren. Ein Gedränge von Schatten
hielt mich ständig auf den Beinen. Sie waren im Zimmer, im Vorraum, auf
der Treppe, Schulter an Schulter, übereinander, in dichten Trauben. Ihr
Getümmel äußerte sich als Stille.
In der Rue de la Paix sahen wir das Blumengeschäft, bei dem die
Kameliendame, die junge elegante Kurtisane, ihre Kamelienblumen
kaufte.
In der Rue de Richelieu erlebte Stendhal die Publikation seines Werkes de
l’Amour, hier schrieb er auch die Schrift über Racine und Shakespeare.
Nach Theaterschluss fand er sich allnächtlich bei seiner Freundin ein, der
italienischen Sängerin Guiditta Pasta, die im selben Hause wohnte.
Am Place Boieldieu mietete Dumas der Ältere ein bescheidenes Zimmer.
In der Nachbarwohnung lebte die jüdische Näherin Catherine Labay, in die
er sich verliebte und zu der etwas später zog. Sonntags pflegten sie im
Wald von Meudon zu spazieren, wobei er seinen Sohn Alexandre Dumas
den Jüngeren mit Catherine im Wald zeugte.
Wir kamen zum Boulevard des Italiens. Flaubert erinnerte sich, wie er in
den ersten Jahren seines Aufenthalts in Paris an heißen Sommertagen im
Café saß und die vorüberflanierenden jungen Hürlein beschaute.
Karine führte mich zur Rue de la Chaussée-d’Antin. Hier stand das Hotel
Necker, das Juliette Récamier mit ihrem Ehemann im Jahre 1798 kaufte.
Hier gab Juliette ihre berühmten Empfänge. Hier sah Chateaubriand nach
seinem Exil im Jahre 1801 seine Juliette zum erstenmal. Doch unversehens
senkte sich der Vorhang zwischen ihm und ihr. Erst sechzehn Jahre später
sollte er sie bei der sterbenden Madame de Stael wiedersehen.
Nun gingen wir in die Rue Taitbout. Dort hatte Madame Jaubert ihren
literarischen Salon. Heinrich Heine begegnete der Madame Jaubert im
Jahre 1835 auf einem Ball. Bis in seine letzten Tage, als er schon die
Treppen zu ihrer Wohnung hinaufgetragen werden musste, war er ihr
ständiger Besucher.
Nun kamen wir auf den Boulevard Poissonière. Dort befand sich das Café
Vachette. Bei einem Essen fragte der Schriftsteller Renan den Kellner mit
weinerlicher Stimme: Kellner, nicht wahr, das ist kein Hundefleisch? Der
Kellner: Aber es ist schon das dritte Mal, das Sie Hundefleisch bekommen.
Renan: Nein, das ist nicht wahr. Der Wirt ist ein anständiger Mensch, er
würde es uns vorher wissen lassen. Hundefleisch ist doch unreines Fleisch.
Pferd ja, aber nicht Hund! Der Kellner: Hund oder Hammel, es gibt sonst
nirgendwo so gutes Fleisch. Ja, wenn man Ihnen Ratten vorsetzen würde!
Ich kenne das Rattenfleisch, es ist sehr gut, eine Mischung von Schwein
und jungem Rebhuhn. - Renan, mit einem bekümmerten Blick, wird erst
blass, dann grün, wirft seine Francs auf den Tisch und verschwindet.
Wir aber gingen zum Boulevard de Bonne-Nouvelle. Am 7. April 1852 gab
Baudelaire nach der Trennung von seiner Geliebten, der Mulattin Jeanne,
seine Wohnung in der Rue du Marais-du-Temple auf und zog an den
Boulevard de Bonne-Nouvelle.
Weiter gingen wir in die Rue de l’Echiquier. Dort wohnte Juliette Drouet,
die Geliebte Victor Hugos. Ein Prinz, ein reicher Nichtstuer, hatte ihr dort
ein luxuriöses Appartement eingerichtet. Victor Hugo sagte: Wir sind in
dieser Wohnung so sehr glücklich und so sehr unglücklich gewesen! Später
übersiedelte Juliette in die Rue de Paradis.
Nebenan war der Boulevard Saint-Martin, wo sich ein Theater befand.
Hier las Victor Hugo seine Lukrezia Borgia vor. Der Lesung wohnte auch
Juliette Drouet bei. Victor Hugo war der Schauspielerin Juliette bereits im
Mai 1832 bei einem Ball begegnet. Sie sollte ihm bis an ihr Lebensende
eine treue Geliebte bleiben.
Nun kamen Karine und ich auf die Avenue de la République. Im Mai 1851
hatte Baudelaire dort eine Unterkunft. Seine Mutter, die mit ihrem Gatten
aus Konstantinopel nach Paris zurückgekehrt war, war entsetzt über die
armseligen Verhältnisse, in denen ihr Sohn lebte.
SIEBENTER SPAZIERGANG
Karine führte mich zur Rue des Fontaines-du-Temple. Hier stand das
Kloster der Madelonetten, das sich besonders der Huren annahm. In dieses
Kloster sperrte die fromme Anna von Österreich, Regentin an Stelle
Ludwig XIV., die wilde Ninon de Lenclos einige Monate ein.
Wir gingen weiter zur Rue du Temple. Hier ging Balzac zur Schule. Seine
Eltern waren völlig befriedigt bei dem Gedanken, dass er ernährt und
bekleidet, mit Griechisch und Latein vollgestopft wurde. Er hat während
seines Internats etwa tausend Kameraden kennen gelernt, aber er konnte
sich nicht erinnern, auch nur bei Einem ein derartiges Beispiel von
Gleichgültigkeit der Eltern angetroffen zu haben.
Nun gingen wir in die Rue de la Perle. Hier lernte Molière die
Schauspielerin Madelaine Béjart kennen und lieben. Er wurde ein
ständiger Gast im Hause der Schauspielerfamilie. Später gründete
Madelaine eine eigene Schauspielertruppe, das Illustre Theater, dem sich
Molière anschloss und mit dem er auf Tournee ging. Die Liebesbeziehung
zu Madelaine übertrug er später auf deren Tochter Armande. Der
vierzigjährige Dichter heiratete die Neunzehnjährige.
Wir kamen in die Rue Payenne. Dort starb Clothilde de Vaux, die Geliebte
des Philosophen Auguste Comte. Der Philosoph hatte sich in die
unglückliche und schwer kranke Clothilde verliebt, die ihn zu seinem
Mystizismus eines übermenschlich-weiblichen Wesens namens Grand Etre
geführt hatte.
Von dort gingen wir in die Rue Saint-Anastase. Victor Hugo richtete hier
seiner Geliebten Juliette Drouet eine kleine Wohnung ein. Hier konnte er
sie schnell von dem Place des Vosges erreichen.
So gingen wir also auf den Place des Vosges. Heimlich empfing er seine
Geliebte Juliette auch hier.
Auf der Rue Saint-Martin dachten wir an Gérard du Nerval, den Dichter
zwischen den Nationen, der als Achtzehnjähriger den Faust ins
Französische übersetzt hatte. Der achtzigjährige Goethe sagte einmal zu
dieser Übersetzung: Im Deutschen mag ich den Faust nicht mehr lesen,
aber in dieser französischen Übersetzung wirkt alles wieder frisch, neu und
geistreich.
Jetzt kamen wir auf den Place de l’Hotel de Ville, den Rathausplatz. Hier
fanden Jahrhundert lang Volksfeste statt. Victor Hugo schildert in seinem
Roman vom Glöckner von Notre Dame die Enthauptung der jungen
Zigeunerin Esmeralda, die zu Lebzeiten zur Freude der Pariser auf dem
Platz zu tanzen pflegte. Auch die öffentliche Auspeitschung des Glöckners
Quasimodo fand auf diesem Platz statt.
Auf dem Place Baudoyer dachten wir an den Philosophen Blaise Pascal.
Seine Mutter war jung gestorben. Den Unterricht seiner Kinder übernahm
der Vater selbst. Die ältere Schwester von Blaise Pascal berichtete von der
außerordentlichen mathematischen Begabung ihres Bruders, der schon als
Zwölfjähriger die wesentlichen Lehrsätze Euklids entdeckte und als
Sechzehnjähriger eine Abhandlung über die Kegelschnitte verfasste.
Von dort gingen Karine und ich in die Rue Clocheperce. Francois Villon
hat diese Straße unsterblich gemacht, denn hier befand sich das Bordell der
dicken Margot, in dem der Dichter zuhause war.
Weiter gingen Karine und ich und kamen in die Rue Louis-Philippe. Dort
mietete Baudelaire eine Wohnung, der an seiner syphilitischen Ansteckung
schwer litt. Seine halbgelähmte Geliebte, die Mulattin Jeanne, die
schwarze Venus, übernahm die Unterkunft. Ihren Geliebten, der bisweilen
bei ihr wohnte, gab sie als ihren Bruder aus.
Ganz in der Nähe war die Rue des Jardins-Saint-Paul. Dort stand ein Haus,
in dem Molière gewohnt hat, nachdem er sein Elternhaus verlassen und
zum Theater gegangen war. Er konnte hier seine Geliebte, die
Schauspielerin Madelaine Béjart, ungestört empfangen.
Nicht weit von der Rue Louis-Philippe war die Rue Beautreillis. Dort lebte
Baudelaire, der wieder einmal keine eigene Wohnung hatte, bei seiner
schwarzen Venus Jeanne, mit der ihn eine bis in seine letzten Lebensjahre
reichende Freundschaft verband. Sie war Soubrette am Théatre du
Panthéon.
ACHTER SPAZIERGANG
Hier verließ mich Karine wegen einem andern Mann. Ich aber ging zum
Quai d’Anjou. In dem Palast der Madame Dupin sah ich Rousseau, der die
Kinder der Madame erzog. Rousseau sagte: Ich ging fast täglich zu
Madame und speiste zweimal oder dreimal die Woche bei ihr. Ihr Haus, so
glänzend wie kein anderes in Paris, versammelte Gesellschaften, die nur
etwas weniger zahlreich hätten sein müssen, um in jeder Beziehung
ausgezeichnet zu sein. Sie liebte es, alle Leute zu sehen, die Glanz
verbreiteten, die Großen, die Gelehrten, die schönen Frauen. Voltaire
gehörte zu ihrem Gesellschaftskreis und zu ihren Tischgästen. Ihr
Stiefsohn aber gab mir zu verstehen, dass Madame meine Besuche zu
häufig fand und mich bäte, sie auszusetzen. Zehn Jahre später: Madame du
Chatelet, Voltaires göttliche Emilie, kaufte den Palast. Voltaire hatte als
achtunddreißigjähriger Philosoph die elf Jahre Jüngere kennen gelernt. Er
wünschte oft, sie wäre weniger gelehrt, ihr Geist weniger scharf und ihr
Verlangen nach Liebe unmäßig! Und vor allem, sagte er, wäre ich
glücklich, wenn sie zuweilen den Mund halten würde.
In der Rue Le Regrattier sah ich das Haus, da Baudelaire bei seiner
schwarzen Venus wohnte. Er war ständig auf der Flucht vor seinen
Gläubigern und hatte stets gespannte Beziehungen zu seiner Familie.
Damals heiß die Straße noch Rue de la Femme-sans-Tete.
Am Quai d’Orléans sah ich das Geburtshaus seines Sonett-Dichters, der
Marie Nodier, die Tochter eines Dichters, in seinen Sonetten anbetete.
In der Rue Cuvier sah ich eine illustre Gesellschaft. Stendhal führte hier
seinen Freund Mérimée ein, den er bei seiner ersten Begegnung
charakterisierte als einen hässlichen kleinen Bengel mit einer aufgestülpten
Nase und bösen Augen. Mérimée dagegen erkundigte sich, wer jener dicke
Mann mit dem schwarzen Bart und den Kopf eines neapolitanischen
Schlächters sei. Sophie Duvancel, die Mérimée reizende Briefe schrieb,
war die Seele des Salons.
Zum Abschluss meines heutigen Spaziergangs besuchte ich die Rue de
Bièvre. Der Gott der Dichter, Dante, soll sich auch in Paris aufgehalten
und in dieser Straße gewohnt haben. Er soll im Jahre 1310 nach Paris
gekommen sein, um an der Sorbonne Philosophie zu studieren.
NEUNTER SPAZIERGANG
Ich kam ins Quartier Latin. Bereits im Mittelalter hieß das
Universitätsviertel am Seine-Ufer Quartier Latin, da sich hier die
Studenten aus allen Ländern versammelten. Es ist neben der Cité der
älteste Teil von Paris. – Hier ist der Ofen, wo das geistige Brot für die
ganze Menschheit gebacken wird!
Ich ging zum Place Maubert. Dies ist einer der berühmtesten Plätze des
Quartier Latin. Dort hielt Albertus Magnus, der Gelehrte und Weise, seine
Vorlesungen unter freiem Himmel. Dieser Platz Maubert ist nach dem
Magister Albert benannt.
In der Rue Saint-Honoré starb ein Märchendichter, er hinterließ so gut wie
nichts. Lediglich ein paar hundert leere Weinflaschen fand man in seiner
Wohnung.
Weiter ging ich zum Place du Panthéon. Simone de Beauvoir, die
Feministin, sagte: Ich eröffnete meine neue Existenz damit, dass ich die
Treppen der Bibliothek Sainte-Géneviève erstieg. Dort setzte ich mich in
den Teil, der für die Leserinnen reserviert war, an einen großen schwarzen
Tisch und vertiefte mich in die menschliche Komödie. Mir gegenüber
blätterte eine Dame reiferen Alters in einem Journal. Sie sprach halblaut
vor sich hin und schimpfte manchmal. Zu jener Zeit war der Eintritt in den
Lesesaal frei, viele Verrückte flüchteten sich dorthin. Sie hielten
Selbstgespräche, summten vor sich hin, es gab einen, der unaufhörlich hin
und her ging. Es ist soweit: Ich bin Studentin, sagte ich mir selbst. Ich trug
ein kariertes Kleid und während ich Kataloge wälzte und hin und her ging,
glaubte ich, ungeheuer reizend zu sein!
Einer sagte über den Place du Panthéon: Ich sah die zierliche Galerie um
die Kuppel, einen scharfen Dachfirst, Säulen und Giebel, in denen die
Tauben nisteten, auch sah ich den alten Turm, in dem noch die gleiche
Glocke hing, die schon zur Zeit Villons geläutet hat, ich sah die steinerne
Rose, durch deren Verzweigungen das Licht auf Blaise Pascals Grab fiel,
ich sah Glockenstühle, eine gebaute Landschaft uralten Zusammenlebens,
auf der der Blick der heiligen Genoveva ruhte, die nachts die still im
Mondschein schlafende Stadt bewacht.
Ich kam zur Ecke der Rue Saint-Jacques und der Rue Soufflot, dort stand
ein Dominikanerkloster, wo der engelgleiche Thomas von Aquin studierte
und lehrte und wo der weise Albertus Magnus seine Kommentare zur
Philosophie des Aristoteles schrieb.
Der kleine Raum zwischen dem Place du Panthéon, der Rue de Cuny, dem
Seine-Ufer und dem Justizpalast umfasst das ganze Pariser Leben dieses
Genius, ich meine Francois Villon, der hinter der Kirche des heiligen
Benedikt einen Priester erstach, viele Kerker kennen lernte, Magister der
Universität von Paris wurde, im Sängerwettstreit zu Bois gewann, auf den
Landstraßen Frankreichs umherirrte, im Bordell der dicken Margot
Unterschlupf fand und schließlich spurlos verschwand. Er starb mit
dreiunddreißig Jahren. Es war zur Weihnachtszeit. Die Wölfe wagten sich
bis ans Eis der Seine. Die vielen Aufenthalte in den eisigen Kerkern, das
kraftraubende Leben in den Bordellen, der Trunk und der Hunger hatten
seinem Leben ein frühes Ende gemacht. Der Nordwind pfiff vom
Montmartre her über die gefrorene Seine. Die Schilder der Kneipen
schaukelten im Wind. Matt schimmerte die ewige Lampe vorm
Allerheiligsten...
Im Théatre du Panthéon lernte Baudelaire die Schauspielerin Jeanne
kennen, die Mulattin, seine schwarze Venus, die mit dem Dichter bis zu
seinem Tode verbunden blieb. Ihr widmete er die schönsten Liebesgedichte
seiner Blumen des Bösen.
Ich kam zum Place de la Sorbonne. Der engelgleiche Thomas wirkte hier,
der Doctor Universalis Albertus Magnus, Duns Scotus und viele andere
Gelehrte. Die Sorbonne-Kirche zeigt das Marmor-Grab von Kardinal
Richelieu, die trauernde Wissenschaft zu seinen Füßen.
Der katholische Dichter Bernanos ward in der Sorbonne immatrikuliert. Im
Jahre 1909 verprügelte er einen Professor, der sich abfällig über die heilige
Jeanne d’Arc geäußert hatte! Bernanos wurde zu einer Haftstrafe
verurteilt, die er im Gefängnis der Santé absaß.
ZEHNTER SPAZIERGANG
Ich kam in die Rue Cassini. Balzac empfing hier den ersten Brief einer
Frau, die sich die Fremde nannte. Für Sie, verehrter Poet, bin ich und
bleibe ich die Fremde, schrieb sie. Aber später stellte sie sich als Komtesse
Eveline vor. 1850 heiratete Balzac die Komtesse Eveline.
Ich kam in die Rue d’Enfer. Der Pavillon, den Chateaubriand nahe der
Stadtgrenze bewohnte, war dort. Es handelte sich damals darum, das von
Madame Chateaubriand gegründete Pflegeheim Marie-Thérèse, das an den
Pavillon grenzte, zu retten. Aus den Fenstern des Salons sah man zuerst,
was die Engländer pleasure-ground nennen, im Vordergrund einen Rasen
und etliches Gebüsch. Jenseits des Platzes lag ein Feld, auf dem
Verschiedenes angebaut wurde, das zur Ernährung des Viehs des
Pflegeheims gedacht war. Tausenderlei verschiedene Bäume umgaben den
Dichter, Magnolienbäume, Tulpenbäume, portugiesischer Lorbeer,
Rotbuchen. Der Dichter hat vierundzwanzig Salomon-Zedern gepflanzt
und eine Druiden-Eiche. Diese Bäume verspotten ihren kurzlebigen Herrn.
Eine Kastanienallee führte vom oberen zum unteren Garten. Der Abbruch
einer Mauer hatte den Dichter in Verbindung mit dem Pflegeheim Marie-
Thérèse gebracht. Er befand sich gleichzeitig in einem Kloster, auf einem
Bauernhof, in einem Weinberg und einem Park. Später erwarb der
Erzbischof von Paris das Heim. Der Dichter konnte für den Erlös sich ein
Haus in der Rue du Bac kaufen...
Weiter ging ich und kam zum Boulevard Edgar-Qinet. Dort befand sich der
Eingang zum Montparnasse-Freidhof. Ich sah dort den Grabstein der
Schauspielerin Marie Dorval, deren Grabstein trug die Worte: Morte de
chagrin: gestorben vor Kummer!
ELFTER SPAZIERGANG
Karine kam zu mir zurück, sie hatte unsern Knaben dabei, Mignon, meinen
Pagen! Wir gingen in den Jardin du Luxembourg. Maria von Medici
erwarb das Schloss und den Garten und beauftragte den Architekten
Salomon mit dem Bau eines neuen Palastes in Anlehnung an den
florentinischen Stil ihrer Heimat.
Rubens, der im Auftrag Marias von Medici nach Paris kam, malte hier die
Szenenfolge aus dem Leben der Königin. Der Park, der den Palast umgibt,
ist der Treffpunkt und Lieblingsaufenthalt von Dichtern und Studenten,
falls die Laune des Fürsten den Eintritt gestattet.
Ich ging mit Karine und Mignon zum Boulevard Saint-Michel. Flaubert
lebte dort und sagte: Wie dem auch sei, ich scheiß auf die
Rechtswissenschaften! Das ist meine Delanda Carthago.
Wir gingen in die Rue Monsieur-le-Prince. Inmitten der Umgestaltung des
Quartier Latin und der großen Durchbrüche, welche die Originalität des
alten Paris samt allen Erinnerungen daran verwischt haben, bewahrt die
Straße Monsieur-le-Prince noch ganz den Charakter der Studentengasse.
Buchläden, Milchhandlungen, Speisehäuser, Kramläden, Trödlerbuden
wechseln einander ab bis zum Hügel von Sainte-Geneviève, und die
Studenten von ehedem mit langen, unter der Mütze hervorquellenden
Haaren.
In der Rue Monsieur-le-Prince wohnte einst Blaise Pascal. Hier erlebte er
am 23. November 1654 nach einem Unfall seit ungefähr halb elf abends
bis ungefähr eine Stunde nach Mitternacht die Nuit de feu, die Nacht
seiner Bekehrung. Das Gedenken an diese Bekehrung hielt er in seinem
Memorial fest, das er in seinen Rock einnähte.
Rimbaud wohnte hier auch einst. Er wohnte in der Straße Monsieur-le-
Prince, wieder im lateinischen Viertel. Er sah von seinem Dachfenster in
den Garten des Gymnasiums. Er arbeitete. Um drei Uhr morgens fing das
Licht der Kerze zu erbleichen an. Die Vögel lärmten plötzlich in den
Bäumen. Schluss mit der Arbeit! Er musste die Bäume und den Himmel
betrachten, die unter der unsagbar schönen Morgenstunde erschauerten. Er
sah in die Schlafsäle der Schule. Schon wurde auf den Boulevards das
Geräusch der Wagen laut. Er rauchte seinen Tabak und spuckte auf die
Dachziegel, denn er wohnte im Dachzimmer. Um fünf Uhr ging er
herunter, um Baguette zu kaufen. Auf den Straßen hallten die Tritte der
Arbeiter. Das ist die rechte Stunde, um sich in der Schenke ein wenig Wein
hinter die Binde zu kippen. Er kehrte zurück, frühstückte und legte sich um
sieben Uhr morgens zu Bett, wenn die Sonne unter den Dachziegeln die
Asseln hervorlockte.
Von der Rue Monsieur-le-Prince gingen Karine, Mignon und ich zur Rue
Racine. Hier fand Rimbaud bei einem unbedeutenden Musiker eine
Schlafstätte auf dem Sofa. Hier fanden sich die Mitglieder einer
literarischen Vereinigung, zu der Rimbaud und Verlaine eingeladen waren.
Immer, wenn einer der modernen Literaten sein neues Versgestammel
vorbrachte, rief Rimbaud: Merde! So lud man bald die beiden Poeten nicht
mehr ein.
Wir gingen weiter zur Passage du Commerce-Saint-André. Dort wohnte
einst Nerval bei einem Maler. Zu dieser Zeit begegnete er jener schönen
Schauspielerin, zu der er in leidenschaftlicher, aber unerwiderter Liebe
entbrannte. Sie wurde der Mittelpunkt seines Lebens und seiner Dichtung.
Er hat sie als Aurélia verherrlicht.
Von dort kamen wir zur Rue du Buci. Ich widmete der Straße ein Gedicht,
der Straße, die einst so glücklich war und so stolz darauf, Straße zu sein,
wie ein junges Mädchen glücklich ist und stolz an seine schöne Nacktheit
denkt! Ach, arme Straße! Verlassen bist du in deinem Viertel, das selber
verlassen ist in der menschenleeren Stadt Paris!
Daneben lag die Rue de Tournon. Balzac wohnte dort mit seiner Geliebten
– nunc et semper dilecta! Sie war ihm Mutter, Freundin, Familie, Gefährtin
und Ratgeberin. Er konnte dort täglich ungestört mit ihr zusammensein
und blieb ihr bis zu ihrem Tode in Liebe verbunden.
Wir gingen in die Rue de Vaugirard. Dort vereinigte Madame de La
Fayette die Geistesgrößen ihrer Zeit in ihrem grünen Kabinett: Molière,
Racine und La Fontaine zählten zu ihren Gästen. Madames Garten war das
Schönste, was es in dieser Welt gibt, alles blüht, alles duftet. Wir haben
dort sehr viele Abende verbracht, denn die arme Frau ging nie aus.
Heine mietete sich in dieser Straße ein Zimmer. Fragte ihn jemand, wie er
sich dort befinde, sagte er: Wie ein Fisch im Wasser. Oder eben: Wie Heine
in Paris. Es lebt sich so herrlich, es lebt sich so süß / am Seinestrand in der
Stadt Paris.
Dann gingen wir zum Place Saint-Sulpice. Heine heiratete dort seine
Mathilde. Seiner Familie in Hamburg schrieb er: Am 31. August heirate
ich Mathilde Mirat, mit der ich mich schon länger als sechs Jahre täglich
zanke! Beim Betreten der Kirche sagte er: Ich verheirate mich bei 40 Grad
Hundtagshitze. Möge mich der allmächtige Gott stets bei gleicher
Temperatur erhalten!
Von dort gingen wir in die Rue Cassette. Dort stand das Kloster der
Ewigen Anbetung, in dem die Mystikerin Madame Guyon lebte.
Dann führte Karine mich und Mignon in die Rue du Cherche-Mide. Victor
Hugo hatte Adèle geheiratet, nachdem er ihr seine Liebe unter einem
Kastanienbaum gestanden hatte. Die Trauung fand in der Kirche statt. Im
Verlauf der Hochzeitsnacht hat Victor Hugo seine Frau neunmal
genommen.
Dann gingen wir zum Boulevard Saint-Germain. Diderot hatte hier
gewohnt. Er hatte eine Wäscherin geheiratet. Rousseau nannte sie eine
faule und gemeine Natur. Die Ehe war nicht von Dauer. Zehn Jahre lang
währte sein Verhältnis zu einer Kokotte, die ihn während seiner
Inhaftierung verließ. Dagegen beglückte ihn die Begegnung mit Sophie,
die er als Vierzigjähriger kennen lernte und die ihm die Treue bis zu ihrem
Tod bewahrte. Später verkaufte er seine Bücher an die Zarin Katharina die
Große, die Semiramis des Nordens. Sie bestimmte, dass er die Bücher
weiter benutzen dürfe, bis es ihr gefiele, sie zu verlangen. Er reiste nach
Russland, um ihr für ihre Großzügigkeit zu danken.
Von dort gingen wir zum Place Saint-Germain-des-Prés. Die dortige Abtei
war ein Zentrum des geistigen Lebens. Der Mönch Abbon bezeichnete
Paris als eine Königin, die über allen Städten glänzt. Ein Domherr
verfasste eine Geschichte des Benediktinerordens und einer eine
Geschichte der Stadt Paris, ein dritter übersetzte Origenes und Johannes
Chrysostomus.
ZWÖLFTER SPAZIERGANG
Karine ging mit Mignon und mir in die Rue des Saints-Pères. Bis zu ihrer
Eheschließung wohnte hier Julie, die als Fünfzehnjährige den dreißig Jahre
älteren Banker Récamier heiratete. Für sie schrieb Chateaubriand, dessen
Geliebte sie war, seine Geschichte der Jugend. Der Herzog von Wellington
und Metternich lagen Julie zu Füßen, Prinz August von Preußen wollte sie
zur Frau nehmen und Madame de Stael wendete ihr eine exaltierte
Freundschaft zu. Einer verlor fast den Verstand, er machte um ihretwillen
einen Trümmerhaufen aus seinem Leben. Nur Chateaubriand, der ihr
leidenschaftlich zugetan war, war in der glücklichen Lage, dass er sie ein
wenig weniger liebte als sie ihn.
Von dort gingen wir in die Rue de Sèvres. Einst stand dort eine Wald-
Abtei, die umgebaut wurde zu einem Altersheim. Hier fand Julie eine
bescheidene Unterkunft, nachdem sie von Bankier Récamier wegen
Verschwendungssucht geschieden worden war. Hier empfing die göttliche
Julie den Prinzen August von Preußen, Lucien Bonaparte, Lamartine,
Balzac, Stendhal und andere große Männer. Chateaubriand besuchte sie in
den letzten Jahren ihres Lebens in ihrer kleinen Zelle täglich um drei Uhr.
Ein dunkler Korridor trennte zwei kleine Räume. Das Schlafzimmer war
mit einer Bibliothek ausgestattet, man sah eine Harfe, ein Klavier, an der
Wand das Porträt von Madame de Stael. An den Fenstern standen
Blumentöpfe. Wenn Chateaubriand ganz erschöpft die drei Stockwerke
hochgestiegen war, betrat er in der Abenddämmerung die Zelle und war
entzückt. Der Blick aus den Fenstern fiel auf den Garten der Abtei, auf den
grünen Rasen, auf dem Nonnen und Pensionäre herumgingen.
Nun führte mich Karine in die Rue du Bac. Mignon nahm mich an die
Hand und führte mich in die Kapelle. Ich sah, und siehe, was ich sah, war
Unsere Liebe Frau, ganz in ein langes weißes Kleid gehüllt, einen weißen
Schleier auf dem Haupt, aus dem die schwarzen Haare hervorquollen. Ihr
Angesicht war entzückend, sie lächelte lieblich. Sie breitete die Arme aus
und von ihren schlanken Händen flossen Strahlen der Gnade.
DREIZEHNTER SPAZIERGANG
Nichtigkeit der Nichtigkeiten! Alles ist nichtig! Karine ist tot! Tot ist
Karine!
Mit Mignon ging ich in die Rue Lemercier. Verlaine lebte dort mit seinen
Eltern bis zum Tode seines Vaters. Verlaine gab wegen seiner Liebe zum
Rotwein das zutiefst verhasste juristische Studium auf.
Von dort ging ich mit Mignon in den Parc Monceau. Rousseau ging hier
eines Tages spazieren und sprang über den Graben, um Blumen zu
pflücken. Die Lehrerin der Kinder des Herzogs von Orléans spielte eben
mit den Kindern im Park, sie floh entsetzt, als sie den Eindringling sah,
obwohl sie ihn erkannt hatte. Am Tag danach erhielt der Philosoph einen
Schlüssel zum Tor des Parks mit der Erlaubnis, den Park jederzeit betreten
zu dürfen.
Nun ging ich mit Mignon in die Rue d’Anjou. Dort lag ein Friedhof. Hier
wurden die sterblichen Überreste des Königs Ludwig XVI. und seiner
Marie-Antoinette exhumiert. Chateaubriand war zugegen bei dieser
Exhumierung auf dem Friedhof. Inmitten der Gebeine erkannte er den
Kopf der Königin durch das Lächeln, das sie ihm in Versailles geschenkt
hatte.
Weiter ging ich mit Mignon in die Rue des Mathurins. Madame de Stael
hatte Chateaubriand und Julie Récamier zu sich eingeladen. Chateaubriand
war mit Julie einen Augenblick allein. Aus dieser Begegnung entwickelte
sich die langjährige Liebe des Dichters zur göttlichen Julie. Madame de
Stael verschied hier in ihrem eigenen Haus. August Wilhelm Schlegel,
Lehrer ihrer Kinder, weilte an ihrem Sterbebett. Chateaubriand sagte:
Madame de Stael hatte mich eingeladen, bei ihr zu Mittag zu essen. Ich
ging hin. Sie war aber nicht in ihrem Salon und konnte am Mahl nicht
teilnehmen. Ich saß neben der göttlichen Julie. Ich sah sie nicht an, sie sah
mich nicht an, wir wechselten kein Wort. Dann sprach Julie von dem
nahen Tode der Madame. Ich sah Julie in die Augen. Dieser Augenblick
war von einem Zauber, der mit den Jahren zunimmt. Ich schiebe meine
alten Tage beiseite, um dahinter eine himmlische Erscheinung zu
entdecken, um aus der Tiefe des Abgrunds die Harmonie der glückseligen
Gefilde zu vernehmen, Madame de Stael hatte mich mit der göttlichen
Julie verbunden. Sie vermachte mir von ihrem Totenbett das Beispiel einer
unsterblichen Liebe.
VIERZEHNTER SPAZIERGANG
Die Richter hatten mir Mignon genommen! Gott segne ihn! Meine Feinde
sollen ewig gepeinigt werden in Dantes Hölle!
Ich ging einsam und traurig zum Place Clichy. Hier wurde an einem kalten
nebligen Wintermorgen Heinrich Heine beerdigt. Ich denke mit Bitterkeit
daran, dass bei Heines Begräbnis nur neun Personen anwesend waren. O
Publikum! O Bürger! O Lumpenpack! O ihr Elenden! Es waren nur neun
deutsche Schuster bei seinem Leichenbegängnis gegenwärtig.
Weiter schlich ich in die Rue d’Amsterdam. Die Schüler haben diesen Hof
zu ihrem Hauptquartier erwählt. Er ist ihr Spielplatz. Er ist eine Art
mittelalterlicher Platz, ein Liebeshof, ein Bettelmarkt, ein Femegericht, wo
man die Schuldigen verurteilt und das Urteil an ihnen vollstreckt, wo von
langer Hand jene Streiche vorbereitet werden, die während des Unterrichts
ausbrechen und deren Späße den Ärger der Lehrer erregen. Denn die
Knaben der dritten Klasse sind schrecklich! Nächstes Jahr kommen sie in
die vierte Klasse, wenn alles gut geht, dann werden sie auf die Kleineren
verächtlich herabsehen und sich sehr wichtig vorkommen.
Nun schlich ich traurig zur Avenue Frochot. Ich werde in einen kleinen
Saal geführt, dessen Decke und Wände mit alten Gobelins bezogen sind.
Vor dem Kamin sitzen zwei schwarzgekleidete Frauen, ihre gegen das
Licht gewendeten Gesichter sind schwer zu unterscheiden. Rings um
Victor Hugo, auf dem Diwan liegend, seine Freunde. In einer Ecke lässt
der dicke Sohn des Dichters zusammen mit einigen jungen Damen ein
kleines blondes Knäblein mit rotem Gürtel auf einem Schemel spielen.
Victor Hugo drückte mir die Hand und nahm dann seinen Platz vor dem
Kamin wieder ein. Im Halbschatten des altertümlichen Wohnungsplunders,
an diesem tristen Herbsttag, der durch den Rauch der Zigaretten blau
umwölkt ist, inmitten dieser Dekoration vergangener Zeiten erscheint
Victor Hugos Kopf in vollem Licht und wirkt bedeutend. Seine Haare sind
unbedeckt, schöne weiße Strähnen, wie sie an den Köpfen Michelangelos
zu sehen sind, und auf seinem Antlitz liegt eine verzückte Gelassenheit.
Ich ging hinüber zur Rue Frochot. Hier wohnte die Präsidentin, wie sie von
ihren Freunden genannt wurde. Baudelaire war bei ihr eingeführt worden,
er verliebte sich in die Hausfrau, die er seine Muse und Madonna nannte.
Er schenkte ihr Gedichte, die von der Zensur wegen Obszönität verboten
worden waren. Nach ihrer ersten und einzigen Liebesnacht, die keine
Erfüllung brachte, zog sich Baudelaire von ihr zurück.
Ich ging auch enttäuscht vom Leben von allen fort und so kam ich allein in
die Rue Ravignan. Dort hatte Max Jacob ein Zimmer. Er sagte: Gott kam
heute Nacht zu mir! Der himmlische Körper erschien an der Wand meines
armseligen Zimmers. Darum hab ich, Jude von Geburt, mich zum
Katholizismus bekehrt. Ich ließ mich in der Kirche Notre-Dame-de-Sion
taufen.
Schließlich kam ich an in der Rue de Paradis. Juliette Drouet zog aus dem
Appartement, das ihr ein Liebhaber eingerichtet hatte, in eine kleinere
Wohnung in der Rue de Paradis. Der Dichter sagte: Diese Straße hat den
richtigen Namen! Das Paradies ist für mich in dieser Straße – in diesem
Haus – in diesem Zimmer – in diesem Bett!
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DER GEBENEDEITE
Und der Gebenedeite sagte: O ihr Mönche, wenn andere schlecht von mir
sprechen oder von der Lehre oder von dem Orden, so sollt ihr deshalb
keinen Groll gegen sie hegen, keinen Kummer leiden und keine
Abneigung spüren. Wenn ihr deswegen böse wäret oder verletzt, so würde
dies zu einer Gefahr für euch. Denn wenn andre schlecht von mir oder von
der Lehre oder dem Orden sprechen und ihr darüber zornig seid oder
wütend, wäret ihr dann noch fähig, zu beurteilen, inwiefern ihre Rede etwa
begründet wäre? – Die Mönche sagten: Nein, o Gebenedeiter, das könnten
wir dann nicht mehr. – Und der Gebenedeite fuhr fort: Vielmehr, wenn
andre schlecht von mir reden, von der Lehre oder vom Orden, so sollt ihr
deren Behauptungen zurückweisen, indem ihr ganz vernünftig sagt: Aus
diesem oder jenem Grunde ist es nicht so, so etwas ist nicht in uns und
nicht unter uns. Aber genauso, meine lieben Mönche, wenn die Leute
lobend von mir reden, von der Lehre oder dem Orden, sollt ihr darum doch
nicht voll Glück sein oder gar übermütig. Wenn andre lobend von mir
reden oder in den höchsten Tönen rühmend, von mir oder von der Lehre
oder von dem Orden, und ihr deshalb übermütig und begeistert wäret, so
würde dies für euch ebenfalls zu einer Gefahr werden. Sondern wenn
andre lobend reden von mir oder der Lehre oder dem Orden, so sollt ihr
die Sache genau und vernünftig prüfen und sagen: Aus diesem oder jenem
Grund ist es so, das entspricht wirklich den Tatsachen und so etwas gibt es
in uns und unter uns.
Einst hörten die Schüler der Weisheit, der Herr, der Einsiedler, sei in ihre
Stadt gekommen. So kamen die Schüler, um den Gebenedeiten zu sehen
und zu hören. Als sie ihn trafen, grüßten einige den Gebenedeiten und
setzten sich an seiner Seite nieder. Einige begrüßten den Gebenedeiten
höflich und setzten sich nach einem Austausch von Grüßen und
Höflichkeiten an seiner Seite nieder. Einige erhoben ihre gefalteten Hände
zum Gebenedeiten und setzten sich an seiner Seite nieder. Einige nannten
ihre Namen, ihre Familie und setzten sich an seiner Seite nieder. Einige
ließen sich an seiner Seite nieder, ohne ein Wort zu sagen. Dann, als alle
saßen, sprachen die Schüler zum Gebenedeiten dies: O Herr, gewisse
Einsiedler und Prediger kommen in unsere Stadt. Was ihre Anschauung
betrifft, so predigen sie diese in aller Länge und Breite, und was die
Anschauungen anderer betrifft, so verlachen sie diese. Wenn wir ihnen
zuhören, o Herr, so zweifeln und schwanken wir, welche von all den
religiösen und philosophischen Anschauungen die Wahrheit sei. - Da
sprach der Gebenedeite: Ja, ihr Lieben, euer Zweifeln und Schwanken ist
verständlich. Eine zweifelhafte Sache verursacht Ungewissheit. Aber lasst
euch nicht irreführen durch Meinungen, Überlieferungen und Hörensagen.
Lasst euch nicht irremachen von den genauen Kenntnissen der heiligen
Schriften. Lasst euch nicht irremachen durch bloßes logisches Denken und
auch nicht durch Bevorzugung irgendeiner Theorie, noch auch durch die
scheinbare Wirklichkeit, noch auch durch die Achtung vor einem Meister.
Sondern, ihr Lieben, wenn ihr von gewissen Anschauungen wisst, dass sie
zum Schaden führen, so verwerft sie. Wenn ihr aber erkennt, dass eine
gewisse Anschauung nutzbringend für die Seele und ohne logischen und
moralischen Fehler ist, dass, wenn man dieser Lehre folgt, sie zur
Glückseligkeit führt und wenn sie von den Weisen gepriesen wird, dann,
ihr Lieben, folgt dieser Anschauung und haltet daran fest, wenn ihr sie
einmal ergriffen habt.
Man sollte nicht nur die eigene Religion ehren und die Religionen der
anderen verdammen, sondern man sollte die Religionen der anderen
vielmehr aus diesem und jenem Grunde ehren. So trägt man zum
Wachstum der eigenen Religion bei und leistet darüber hinaus auch noch
den anderen Religionen gute Dienste. Wenn man anders handelt, dann
gräbt man das Grab der eigenen Religion und schadet auch den anderen
Religionen. Wer immer seine eigene Religion rühmt und die anderen
Religionen verurteilt aus Verehrung für die eigene Religion, tut so, indem
er denkt: Ich will meine eigene Religion verherrlichen. – Aber im
Gegenteil fügt er durch ein solches Tun seiner eigenen Religion viel
größeren Schaden zu. Daher ist Eintracht wichtig: Lasst alle hören und
bereitwillig den von anderen vorgetragenen Lehren lauschen.
5
Und nun gehe ich, Herr, zu dir, dem Gebenedeiten, als zu meiner Zuflucht,
und zur Wahrheit als meiner Zuflucht und zum Orden als meiner Zuflucht.
Möge der Gebenedeite mich als Jünger annehmen, als einen, der von
diesem Tage an, solange sein Leben währt, zu dem Gebenedeiten seine
Zuflucht nimmt.
Welche Engel hier auch zusammen kommen mögen, Engel auf der Erde
oder Engel im Himmel, lasst uns den vollkommenen Gebenedeiten ehren,
der von den Menschen verehrt wird. Möge er unsre Rettung sein! Welche
Engel hier auch zusammen kommen mögen, Engel auf der Erde oder
Engel im Himmel, lasst uns die vollkommene Wahrheit ehren, die von den
Menschen verehrt wird. Möge sie unsre Rettung sein! Welche Engel hier
auch zusammen kommen, Engel auf der Erde oder Engel im Himmel, lasst
uns den vollkommenen Orden ehren, der von den Menschen verehrt wird.
Möge er unsre Rettung sein!
7
Der Geist als Träger der Erleuchtung wird in folgender Weise gereinigt. Im
Wunsch, um aller Kreaturen willen die Heiligkeit zu erreichen, sollen wir
dreimal am Tag und in der Nacht die folgenden Verse beten, und wir
sollten dies stündlich tun, um zu einer lichtvollen Geistigkeit zu gelangen:
Einst weilte der Gebenedeite in einem Hain, in einem Park. Da hielt der
ehrwürdige Abt der Mönche den Mönchen in der Gebetshalle einen
Vortrag über die Wahrheit, er lehrte sie, er rüttelte sie auf, er spornte sie an
und machte sie froh. Am Abend machte sich der Gebenedeite aus seiner
Einsamkeit auf und näherte sich der Gebetshalle, blieb vor der Eingangstür
stehen, um das Ende des langen Vortrags abzuwarten. Und als er merkte,
dass der Vortrag beendet war, hüstelte er und klopfte an die Tür. Da
öffneten die Mönche dem Gebenedeiten die Tür, er trat ein und setzte sich
und sprach zu dem ehrwürdigen Abt: Wahrlich, wahrlich, Hochwürden,
diese Weisheitslehre, die du vor den Mönchen entfaltet hast, war eine sehr
lange Predigt! Mein Rücken schmerzte, als ich vor der Tür stand, um das
Ende deiner Predigt abzuwarten. - Da gab der Abt verlegen zur Antwort:
Nein, Herr, wir wussten nicht, dass der Gebenedeite vor der Tür stand,
sonst hätten wir nicht so viel geredet. - Da merkte der Gebenedeite, dass
der ehrwürdige Abt verlegen war, und sagte zu ihm: Es ist schon in
Ordnung, Hochwürden. Es ist gut für euch, die ihr um des Glaubens willen
auf Frauen und Kinder verzichtet, das ihr hier in der Gebetshalle
versammelt sitzt, um von der Wahrheit zu hören. Es gibt zwei Wege für
euch Mönche: Entweder sprecht ihr über die Wahrheit oder ihr verharrt in
mystischem Schweigen.
10
11
Der Gebenedeite weilte einst in dem Hain der Brüder. Und er wandte sich
an die Brüder und sprach: Brüder! Und sie sprachen: Ja, Herr? Und er
sprach: Brüder, es gibt zwei Sorten von Übermenschen, zwei Wege, und
keinen anderen. Wenn er ein Leben als Hausvater lebt, wird er König sein,
gerechter Herr, Herrscher der Welt, Sieger, Wächter über das Wohl seines
Volkes, Besitzer der sieben Schätze. Diese sieben Schätze werden diese
sein: Der Wagen, das Arbeitstier, das Haustier, der Diamant, die Ehefrau,
die Vaterschaft und der gute Rat. Er wird tausend Kinder und Kindeskinder
haben, schöne Töchter und starke Söhne, seine Kinder werden ihn
verteidigen, wenn er mit seinen Feinden streitet in der Öffentlichkeit. Und
wenn er die Welt erobert hat, wird er nicht Herrscher sein mit der Peitsche,
sondern mit der Gerechtigkeit. Wenn aber ein junger Mann sein Elternhaus
verlässt, um Pilger zu werden, so wird dieser ein Weiser, ein Heiliger
werden und den Schleier vom Antlitz der Weisheit heben.
12
Vor langer Zeit, sagt man, war der Heilige ein König, dem sein Reich
durch Erbfolge zugefallen war. Er hatte dieses Reich erlangt durch seine
moralischen Verdienste und er regierte sein Reich in Frieden, ungestört
von irgendwelchen dummen Rivalen. Seine Herrschaft wurde allgemein
anerkannt. Sein Land war frei von Plagen und Katastrophen, die inneren
und äußeren Beziehungen waren vom Frieden bestimmt. Alle seine
Untertanen gehorchten ihm gerne. Dieser König hatte seine Feinde, die
Leidenschaften, gezähmt und so verspürte er kein Verlangen nach jenen
Lüsten, wegen denen man sich tadeln muss, wenn man sie genießt. Er war
von ganzem Herzen darauf bedacht, das Glück seiner Untertanen zu
fördern. Indem er die Güte als einzigen Zweck seiner Taten ansah, verhielt
er sich wie ein Weiser. Er kannte die Natur der Menschen, er wusste, dass
die Menschen gerne die Edeln nachahmen. Darum legte er auch größten
Wert auf die Erfüllung seiner religiösen Pflichten, um so die Menschen zur
Erlösung zu führen. Er spendete gerne Almosen, hielt sich streng an die
moralischen Vorschriften und setzte sich für das Wohlergehen aller
Kreaturen ein. Sein sanfter Gesichtsausdruck war im Einklang mit seiner
inneren Seligkeit und seinem Denken, das ganz um die Seligkeit seiner
Untertanen kreiste. So erschien er als Verkörperung der Wahrheit.
14
Der Gebenedeite sprach: In der letzten Zeit, Brüder, wird sich in der Welt
ein Erhabener erheben mit dem Namen der Allweise, reich an Weisheit und
Liebe, glückselig, der die Welten kennt und unübertroffen sein wird als der
Führer der Sterblichen, jener, die bereit sind, sich von ihm führen zu
lassen, er wird ein Lehrer der Geister und Menschen sein und ein
Gebenedeiter wie ich es nun bin. Er wird das Universum durch und durch
erkennen und von Angesicht zu Angesicht schauen, das Universum mit
seinen Welten der Engel und Dämonen und seiner Welt der Einsiedler und
Priester, der Könige und der Völker, er wird das Universum erkennen, wie
ich es nun erkenne. Die Wahrheit, lieblich in ihrem Ursprung, lieblich in
ihrer Ausbreitung und lieblich in ihrer Vollendung, wird von ihm gepredigt
werden, im Geist mehr als im Buchstaben, er wird das heilige Leben
predigen mit all seinem Reichtum und seiner Reinheit, wie ich es nun tue.
Er wird von einer Gefolgschaft von tausend Jüngern begleitet werden, wie
ich nun von einer Gefolgschaft von hundert Jüngern begleitet werde.
15
Der Gebenedeite pflegte früh aufzustehen und sich aus Rücksicht auf seine
Diener selbst zu waschen und anzuziehen. Dann zog er sich an einen
einsamen Ort zurück und betete, bis es an der Zeit war, seinen Gang zu tun
und Almosen einzusammeln. Dann kleidete er sich vollständig an, nahm
seine Sammelschale und ging, manchmal alleine und manchmal in
Begleitung seiner Jünger, ins nächste Dorf, um Almosen zu sammeln. Als
er sich einmal einem Dorf näherte, wehte ein leichter Wind vor ihm, der
seinen Weg säuberte, Regentropfen fielen vom Himmel, um den Staub
niederzuhalten, Wolken schwebten über ihm und breiteten sich wie ein
Schutzschirm über ihm aus, um ihn vor der Sonnenhitze zu schützen.
Weitere Brisen wehten Blumen vom Himmel herab, um seinen Weg zu
schmücken. Das Hügelige wurde eben und die Täler wurden ausgefüllt, so
dass der Weg zu seinen Füßen eben wurde und die zarten Blumen seine
Füße umschmeichelten. Ein Glorienschein von sieben Farben umgab
seinen Körper, wenn er auf der Schwelle der Häuser stand, und vergoldete
die Häuser. Die Vögel und Haustiere ließen sich zu seinem Lobpreis hören
und himmlische Musik erfüllte die Luft. Da sagten die Menschenkinder:
Heute ist der Tag, da der Gebenedeite gekommen ist, um Almosen zu
sammeln. – Dann kamen die Menschenkinder in ihren schönsten Kleidern,
mit Blumensträußen geschmückt, auf die Straße und wetteiferten
miteinander, indem sie sagten: Herr, nimm heute deine Mahlzeit bei uns
ein – nein, bei uns – nein, komm doch zu uns! Wenn dann die Mahlzeit
beendet war, pflegte der Gebenedeite den Menschenkindern von der
Wahrheit zu predigen, immer mit Rücksicht auf ihr geistiges
Fassungsvermögen. Daraufhin legten einige die Gelübde ab, andere
gelangten zur Heiligkeit. Dann pflegte er aufzubrechen und sich zu seiner
Wohnung zu begeben. Da saß er auf dem Balkon und wartete, bis auch
seine Jünger zu Ende gegessen hatten. Daraufhin begab er sich in seine
Zelle. Später stellte er sich in die Tür und belehrte seine Brüder: Seid
ernsthaft, Brüder, bemüht euch um Heiligkeit. Es ist schwer, ein wahrhaft
menschlicher Mensch zu werden! Es ist schwer, der Welt zu entsagen. Es
ist schwer, das richtige Wort zu hören. – Dann baten ihn einige um
Anregungen zu ihrem Gebet, so zog sich jeder an einen einsamen Ort
zurück, um zu beten. Der Gebenedeite zog sich in seine Zelle zurück, die
vom Duft des Weihrauchs erfüllt war. Nachdem sich sein Körper etwas
ausgeruht hatte, erhob er sich, um über die Nöte und Sorgen der
Menschenkinder nachzudenken, und überlegte, wie er ihnen Gutes tun
könne. Gegen Ende des Tages pflegte sich die Nachbarschaft bei ihm zu
versammeln und ihm Blumen als Geschenk darzubringen. Er sprach zu
ihnen von der Wahrheit und wenn die rechte Stunde gekommen, entließ er
die Nachbarn. Am Abend nahm er ein erfrischendes heißes Bad, dann
pflegte er noch eine Zeit lang in Gedanken versunken da zu sitzen, bis sich
die Brüder bei ihm versammelten, die von ihrem Gebet zurückgekommen
waren. Dann pflegten einige von den Brüdern ihm philosophische Fragen
zu stellen, andere befragten ihn nach der Kunst des Gebetes und andere
wiederum baten ihn um eine Interpretation der heiligen Schriften. So
verging der erste Teil der Nacht. Dann verabschiedete er alle Brüder. Die
restliche Nacht verbrachte er im Gebet, bis er sich hinlegte und innerlich
ruhte. Mit der Morgenröte des neuen Tages setzte er sich auf sein Bett und
stellte sich in Gedanken die Weltkinder vor und überdachte ihre Lage und
überdachte die Mittel, wie er ihnen zum Heil verhelfen könnte.
16
.Ein Mönch ist ein Mönch, weil er um Almosen bettelt, weil er die Kutte
trägt, weil er von anderen Mönch genannt wird, eil er sich selbst als
Mönch bekennt. Komm, Mönch! rufen die andern. Ein Mönch hat die
Vollmacht, den Gebenedeiten als seine Zuflucht anzurufen, die Wahrheit
und den Orden. Ein Mönch bringt Freude. Ein Mönch verkörpert das
Wesentliche. Ein Mönch ist ein Lernender, ein Schüler. Er fügt sich
harmonisch in den Orden ein. Er ist geprüft und siebenfach geläutert. Er
hat sich entschieden. Er handelt in Übereinstimmung mit der Wahrheit und
der Regel des Ordens. Er ist ausdauernd. Der so lebt, ist wahrhaft ein
Mönch.
17
18
19
20
Obwohl ich einer bin, ihr Mönche, der von dem Erlöschen redet, gibt es
einige Prediger, die mich nicht wahrheitsgemäß wiedergeben,
missverständlich, wenn sie sagen: Der Gebenedeite will, dass wir alle zu
Nichts werden! Er verkündet die totale Vernichtung der Seele, das absolute
Aufhören der existenziellen Wesenheit! – Nein, ihr Mönche, das ist es
nicht, was ich predige, diese Prediger geben mich falsch wieder. Seit eh
und je, ihr Mönche, predige ich über das Leiden und die Erlösung! Aber
wenn andre, ihr Mönche, den Gebenedeiten verleumden und verschmähen,
so ist doch deshalb in dem Gebenedeiten wegen dieser Menschen kein
Groll und kein Gram, keine Störung meines himmlischen Friedens.
22
Da sprach der Herr zu den Mönchen und sagte: Von der Ursache kommt
die Wirkung. Von der Nichterkenntnis kommt das Schicksal, vom
Schicksal kommt das persönliche Bewusstsein, von dem persönlichen
Bewusstsein kommt die leibseelische Wirklichkeit, von der leibseelischen
Wirklichkeit kommt die sinnliche Wahrnehmung, von der sinnlichen
Wahrnehmung kommt das Gefühl, vom Gefühl kommt die Begierde, von
der Begierde kommt das Nehmen, vom Nehmen kommt das Werden, vom
Werden kommt die Geburt, von der Geburt kommt das Leiden, das Altern,
das Sterben. Auf diese Weise entstehen die schlimmen Leiden. Aber wenn
die Nichterkenntnis aufhört, dann hört auch das Schicksal auf, wenn das
Schicksal aufhört, dann hört auch das persönliche Bewusstsein auf, wenn
das persönliche Bewusstsein aufhört, dann hört auch die leibseelische
Wirklichkeit auf, wenn die leibseelische Wirklichkeit aufhört, dann hört
auch die sinnliche Wahrnehmung auf, wenn die sinnliche Wahrnehmung
aufhört, dann hört auch das Gefühl auf, wenn das Gefühl aufhört, dann
hört auch die Begierde auf, wenn die Begierde aufhört, dann hört auch das
Nehmen auf, wenn das Nehmen aufhört, dann hört auch das Werden auf,
wenn das Werden aufhört, dann hört auch die Geburt auf, wenn die Geburt
aufhört, dann hören auch Leiden und Alter und Sterben auf. So hören die
schlimmen Leiden schließlich auf.
23
Zwei Mönche trafen sich in einem Hain. Da sprach der junge Mönch zu
dem alten Mönch: Abgesehen vom Glauben, Ehrwürdiger, abgesehen von
deiner Zuneigung und abgesehen vom bloßen Hörensagen, abgesehen vom
logischen Denken und von theoretischen Disputen, hat Ehrwürden aus sich
selbst die Erkenntnis, dass das Aufhören des Werdens das Paradies ist? –
Da sprach der alte Mönch: O mein junger Freund, abgesehen von dem
Glauben und all dem andern, erkannte ich: Das Aufhören des Werdens ist
das Paradies! – Da sprach der junge Mensch: Ehrwürden ist ein Weiser, für
den aller Rausch vorüber ist! – Da schwieg der alte Mönch. Die Wahrheit
vom Aufhören des Werdens hat das Zeichen des himmlischen Friedens.
Sein Sinn ist, nicht mehr zu sterben. Es manifestiert sich als das
Unaussprechliche.
24
Einst weilte der Gebenedeite in einem Wildpark und sprach dort zu den
Mönchen, die bei ihm waren: O ihr Mönche, der, der ausgezogen ist als
Pilger, soll sich vor zwei Extremen hüten, einerseits vor der Hingabe an
die Sinnenlust und andererseits vor der Hingabe an die allzu strenge
Askese. Indem er diese beiden Extreme vermieden hat, ist der Gebenedeite
zur Erkenntnis des goldenen Mittelwegs gekommen, der Einsicht und
Erkenntnis verleiht, der zu Frieden führt, der Erlösung bringt und in das
Paradies führt.
25
Was ist der Weg, der zur Erlösung führt? Es sind die acht Wege, die Ein
Weg sind, nämlich: Richtige Anschauung, richtiges Wollen, richtiges
Reden, richtiges Tun, richtiges Leben, richtiges Streben, richtige
Achtsamkeit, richtige Begeisterung. Was ist richtige Anschauung? Das
Wissen um das Übel, das Wissen um das Aufhören des Übels und um den
Weg, der zum Aufhören des Übels führt. Was ist richtiges Wollen? Der
Wille zur Entsagung, der Wille zu Güte und Freundlichkeit. Was ist
richtiges Reden? Enthaltung von Lügen, übler Nachrede, Beleidigung und
sinnlosem Geschwätz. Was ist richtiges Tun? Nicht töten, sich nichts
nehmen, was nicht gegeben ist, sich nicht der Fleischeslust hingeben. Was
ist richtiges Leben? Den Lebensunterhalt auf eine würdige und heilige Art
verdienen. Was ist richtiges Streben? Hier, o ihr Mönche, bemüht sich der
Mensch, die Geisteskraft aufzubringen, um böse Leidenschaften sich nicht
erheben zu lassen. Zu diesem Zweck zügelt und beherrscht der Geist seine
Leidenschaften. Dann strebt sein Geist, dass gute Leidenschaften zu einer
inneren Gewohnheit werden. Sein Geist strengt sich an, um die guten
Seelenkräfte immer mehr zu vervollkommnen. Und was ist richtige
Achtsamkeit? Hier betrachtet der Bruder seinen Leib achtsam, indem er
die Begierde als auch die Traurigkeit überwunden hat. Was seine Gefühle,
Vorstellungen und Gedanken betrifft, so bleibt sein Geist achtsam und
aufmerksam. Und was ist die rechte Begeisterung? Hier tritt der Bruder,
frei von sinnlicher Begierde und bösen Gedanken, in die erste Phase ein, in
der Nachdenken und Überlegung ist, Freude und Ruhe. Indem er die
Nachdenklichkeit überwindet, tritt er in die zweite Phase ein, sie ist voller
Freude und Ruhe und Freiheit des Geistes, der Geist ist ruhig und sicher
auf das Höhere gerichtet. Enttäuscht von dem Jubel, tritt der Bruder in die
Beschaulichkeit ein und ihm wird wohl sein. So tritt er in die dritte Phase
ein. Indem er dann über Wohlbehagen und Unbehagen hinausgeht, indem
er über Glück und Melancholie hinausgeht, kommt er in die Phase der
Verzückung der Reinheit und der Gelassenheit. Das ist die richtige
Begeisterung.
25
Der Gebenedeite sprach: Ihr Mönche, es gibt drei Übungen. Die Übung in
höherer Ethik, ich höherem Denken, in höherer Weisheit. In der Übung in
höherer Ethik lebt der Mönch selbstbeherrscht und enthaltsam, bei
Führung des reinen Lebenswandels sieht er eine Gefahr für seine Seele
auch in den lässlichen Sünden. Er akzeptiert die reine Morallehre und übt
sich darin. Bei der Übung im höheren Denken übt der Mönch, der
sinnlichen Begierde entrückt, die Kunst der Beschauung. In der Übung in
höherer Weisheit erkennt die Mönch die wahre Bedeutung der Entstehung
des Übels, den Weg zum Ende des Übels. Dies sind die drei Übungen.
26
Der Gebenedeite sang:
27
Was ist Liebe und Freundlichkeit, Mitleid und Freude? Die Liebe ist süß
und schmelzend, daher ist sie Liebe und Freundlichkeit. Ihr Sinn ist: Sie
befreit vom Ich. Sie geschieht im Hinblick auf einen Freund oder eine
Freundin. Sie ist das Verhalten einem Freund oder einer Freundin
gegenüber. Dies ist Liebe und Freundlichkeit. Wenn es Leiden gibt, bewegt
dies die Herzen guter Menschen, das ist das Mitleid. Oder man bekämpft
das Leiden anderer und vernichtet es, auch das heißt Mitleid. Oder das
Mitleid wird ausgeschüttet über die Leidenden und durchdringt ihre
Seelen. Die Mitleid haben, sind froh, es ist das reine Maß des Frohseins,
deshalb ist es Fröhlichkeit. Liebe und Freundlichkeit mehren das
Wohlergehen des Nächsten. Es ist die Aufgabe der Guten, das
Wohlergehen des Nächsten zu mehren. Das Anliegen der Liebe ist es, dass
der Mensch alle Menschen als liebenswert ansieht. Die Liebe ist
erfolgreich, wenn sie die bösen Neigungen überwindet, und sie scheitert,
wenn sie den selbstsüchtigen Interessen erliegt. Mitleid beruht darauf, dass
man die Leiden des Nächsten nicht ertragen kann. Mitleid ist
Nichtgrausamkeit. Es sieht die Hilflosigkeit des Nächsten, der vom Leiden
überwältigt ist. Freude ist das Frohsein über den Fortschritt des Nächsten.
Freude beruht darauf, dass man nicht neidisch ist. Freude beruht auf der
Beseitigung der Abneigung und der Langeweile. Die wahre Freude
scheitert, wenn sie sich zum Spaß degeneriert. Gleichmut aber ist
Unvoreingenommenheit allen Menschen gegenüber. Man sieht alle
Menschen als Brüder und Schwestern. Das Ziel von Liebe und
Freundlichkeit, von Mitleid und Freude und vom gelassenen Gleichmut ist
die Seligkeit der Weisheit und ein glückseliges kommendes Leben.
28
Was sind die vier Phasen in der Entwicklung eines Heiligen? Es sind diese
vier Phasen: die natürliche Laufbahn, die entscheidende Laufbahn, die
Anpassung und das Beharren. Was ist die natürliche Laufbahn? Es gehört
zum Heiligen, dass er Vater und Mutter ehrt, die Mönche und Priester ehrt,
tugendhaft lebt, Almosen spendet, Irrende belehrt, Verdienste erwirbt und
den Gebenedeiten und seine Jünger liebt. Und was ist die entscheidende
Laufbahn? Geängstigt durch die Macht der Vergänglichkeit, bemüht sich
der Heilige entschieden, mit der Verehrung des Gebenedeiten, die Macht
der Vergänglichkeit zu vernichten. Und was ist die Phase der Anpassung?
In dieser Phase wird das Wesen des Heiligen mystisch erleuchtet. Und was
ist die Phase des Beharrens? Dies bedeutet, dass der Heilige nicht in der
Versenkung verschwindet, sondern zu den Verlorenen in der Welt
zurückkehrt.
29
DER ABSCHIED
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
EINE ZELEBRATION FÜR EVI
Erwärmung der Herzen der Jugend mit gelehrtem Eifer, ich will lieben den
Anfang meiner Rede, denn er ist es, der erleuchtet mit der Fackel die
Jugend.
Sie, die die Stadt setzt in Flammen, Evi, die gebenedeite Dirne, deren
Atem riecht nach Gold und mein Wunsch lag ihr nackt bei in meinem
Traum die ganze Nacht lang, bis die süße Dämmerung kam, da entpuppte
es sich alles als nichts. Nicht mehr werde ich im Loch der grausamen
Schönheit mich selbst beweinen, jetzt hat der Schlaf mir alles gewährt.
Der Tag ist angebrochen, Evi, und bei der lange steigenden Frühe der
Hahn kräht und beschwört die neidische Dämmerung, ein Fluch komme
auf dich von den neidischsten Hühnern, Hahn, denn du treibst mich von zu
Hause weg auf das unermüdliche Schnattern der jungen Hühner hin. Du
bist alt geworden, Tithonus, oder warum jagst du deine Gemahlin Eos so
früh aus deinem Bett?
Mein Diener, trunken mache mich mit dem Öl der Lampe, die stille
Vertraute der Dinge kann nicht sprechen, und dann geh: Denn Eros allein
liebt keine lebenden Zeugen; und, mein Diener, schließ die Tür. Und dann,
liebe Evi... aber du sollst lernen in meinem Bett der Liebenden Künste,
der Rest ist Aphrodites Geheimnis.
Josef schwor Evi, dass noch nie ein Knabe noch eine andere Frau war ihm
lieber als sie. Er schwor, aber es ist wahr, was sie sagen, dass der Freier
Eide nicht dringen zu den Ohren der Unsterblichen. Jetzt ist er glühend vor
Liebe zu dem jungen Mädchen Julia, und die arme Evi kann auf sein Wort
nicht mehr zählen.
Evi spricht: Heilige Nacht und Lampe, euch wählten wir beide zu Zeugen
unserer Eide: er schwor, mich zu lieben, und ich schwor, ihn nie zu
verlassen, und ihr wart der Eide Zeugen. Aber jetzt sagt er, dass sein Eid
geschrieben wurde in fließendes Wasser, und du, o Lampe, siehst ihn an
dem Busen Karinas.
Ich, dein Josef, wünsche alle Freude meiner süßesten Evi, wenn sie Freude
von mir annehmen mag. Deine Augen unterstützten nicht mehr diese
desolate Trennung und
mein einsames Bett ohne dich. Schon in Tränen gebadet, gehe ich zum
Tempel der Artemis, der Großen Mutter. Aber morgen wird mich meine
eigene Stadt zurück empfangen, und ich werde dem Licht deiner Augen
zufliegen und dir tausend Segenswünsche wünschen.
10
Ich hasse! Warum greift Eros nicht mit seiner schweren Göttlichkeit an die
wilden Tiere, sondern schießt immer nach meinem Herzen? Welch ein
Gewinn ist es für einen Gott zu verbrennen einen Mann, oder welche
Trophäe des Preises wird er mit meinem Kopf gewinnen?
11
Aphrodite, wenn du denen hilfst am Meer, rette mich, geliebte Göttin, der
umkommt an Land mit dem zerstörten Schiff!
12
Lass uns baden, Evi, mit Kränzen auf unseren Köpfen, und trinken
ungemischten Wein, heben wir die größeren Becher! Kurz ist die
Jugendzeit der Freuden, und dann im weisen Alter wird uns alles versagt
und zuletzt kommt der Tod.
13
Evi hat vollendet fünfzig Jahre, aber es ist immer noch die Masse ihres
schwarzen Haares, wie es war, und noch sind die Marmorkugeln ihrer
Brüste standhaft! Noch ist ihre Haut ohne eine Falte und duftet nach
Ambrosia, betaut von einer großen Faszination und zehntausend Grazien!
Ihr Liebhaber, deren heftige Wünsche nicht schrumpfen, ihr kommt zu ihr,
nicht eingedenk ihrer fünf Jahrzehnte.
14
Evis Kuss ist süß, wenn es um den Machtbereich ihrer Lippen geht, wenn
sie nur leicht berühren den Mund. Aber sie berührt nicht mit dem Rand der
Lippen; mit ihres Mundes Spalte nahe sie sauge die Seele aus der
Fingerspitze!
15
Wo ist nun Praxiteles? Wo sind die Hände des Polyklet, die Leben den
Werken der antiken Kunst gegeben haben? Wer soll eine Form von Evis
duftenden Locken bilden, oder von ihren feurigen Augen und der Pracht
ihres Halses? Wo sind die Bildhauer, die Schnitzer in Stein? Solche
Schönheit, wie das Bild einer Göttin, verdient einen Tempel!
16
Golden-gehörnter Mond, und all ihr Sterne, ihr leuchtet rund und sinkt in
den Schoß des Ozeans, schaut zu, denn die parfümierte Evi ist weg und hat
mich verlassen, und sechs Tage schon suche ich sie vergeblich. Aber wir
werden sie unbeschadet wieder einfangen, wenn ich die silbernen
Jagdhunde der Aphrodite auf ihre Spur schicke.
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18
Wir, die wir keine Lust haben an teuren Intrigen, wir sind lieber keine
Diener der edlen Damen von hohem Stand. Letztere riechen nach Parfüm,
und geben sich die Düfte ihrer besitzenden Klasse, und sie sind sogar bei
dem Rendezvous noch kühl. Der Charme und Duft einer Herrin ist ihnen
eigenen, und ihr Bett ist nimmer bereit. Ich aber ahme Pyrrhus nach, den
Sohn des Achilles, der der Edeldame Andromache die Sklavin Hermine
vorgezogen.
19
Ich habe mir gesagt, von Knaben nach wie vor zu schwärmen, aber jetzt
heißt es, ich bin verrückt nach Frauen, und statt der Rassel liebe ich das
Loch. Statt von dem unverfälschten
Teint von Knaben bin ich jetzt gern von Pulver und Rouge und Schminke
der Frauen umgeben. Delphine gilt es zu füttern in den Wäldern von
Erymanthus und Flotten von Hirschen im grauen Meer.
20
Ich will nicht ein junges Mädchen, sondern einen Bund mit einer reifen
Frau. Das eine schadet, das andre verehre ich. Weder unreife Trauben noch
Rosinen hätte ich, aber eine Schönheit, reif für die Kammer der Liebe.
21
Habe ich dir nicht gesagt, Evi, dass wir beide alt werden, habe ich nicht
vorhergesagt, dass die Zerstörer der Liebe bald kommen? Jetzt sind sie da,
die Falten und die grauen Haare, ein welker Körper, und ein Mund, dem
fehlt all sein früherer Charme. Hat jemand jetzt den Willen, deine stolze
Schönheit anzuflehen? Nein, ich liebe einen anderen Weg: In dem Grab
sind wir beide vereint...
22
Eros, der Geber der süßen Geschenke, gab mich dir, Evi, zu deinem
Diener, brav im Joch zu gehen, dein Joch kam auf meinen Hals, und bog
sich vor Lust, all meinen eigenen freien Willen beugend, all meine eigenen
Wünsche, nun bin ich ein bitterer Sklave, ich werde nie nach Freiheit
fragen, nie, meine Liebe, bis ich grau und alt geworden. Möge kein Böser
Blick je blicken auf unsere Hoffnung!
23
Mögest du so schlafen, Evi, wie du mich schlafen lässt vor diesem kalten
Portal; mögest du schlafen auch so grausam, wie du den wegsendest, der
es liebte, mit dir zu schlafen. Nicht ein Schatten des Mitleids berührt dich!
Die Nachbarn haben Mitleid mit mir, aber du nicht
einen Schatten von Mitleid. Eines Tages werden die grauen Haare
kommen, dich an all dies zu erinnern.
24
Meine Seele warnt mich, vor Eros und Evi zu fliehen, denn gut kenn ich
die Tränen und Eifersüchteleien der Vergangenheit. Eros gebietet, aber ich
habe keine Kraft zu fliehen, denn das schamlose Weib selbst mahnt mich,
sie zu verlassen, und sogar während sie mich mahnt, küsst sie mich.
25
So oft ich in Evis Armen liege, ob ich komme am Tag oder waghalsiger
noch am Abend, ich weiß, dass ich meinen Weg gehe am Rand eines
Abgrunds, ich weiß, dass ich jedes Mal rücksichtslos mein Leben
vergeude. Aber was nützt es mir das zu wissen? Mein Herz ist voll, und
wenn Eros mich führt, kennt mein Herz keine Schatten der Angst.
26
27
Wo, Evi, ist jetzt der bewunderte Glanz deiner berühmten Schönheit? Wo
sind sie, deine verächtliche Stirn und dein stolzer Sinn, dein langer
schlanker Hals, und die reichen Gold-Kettchen deiner hochmütigen
Knöchel? Jetzt ist dein Haar schmucklos und ungepflegt und Lumpen
hängen bis zu deinen Füßen. So ist das Ende der verlorenen Dirnen.
28
Nun, ich bin so von ihrer Gnade begünstigt, sie bietet mir einen guten Tag,
wenn die Marmorglätte von den Wangen weg ist, jetzt albert sie mit mir,
wenn die Locken ausfallen, die sie sonst auf ihren stolzen Hals warf.
Komm mir nicht zu nahe, triff mich nicht, Spötterin! Ich akzeptiere nicht
eine Brombeere für eine Rose.
29
Süßigkeit ist wirklich, wer leugnet das? Aber wenn sie Geld verlangt, wird
sie bitterer als Tabak.
30
Alles was Homer sagt, ist gut gesagt, aber am besten, dass Aphrodite
golden ist. Denn wenn, mein Freund, du die Münze bringst, gibt es keinen
Pförtner, der sich dir in den Weg stellt, noch wird der Hund bellen vor der
Tür. Aber wenn du ohne Geld kommst, gibt es den Höllenhund dort.
31
Früher gab es drei Grazien, eine goldene, eine silberne und eine eherne,
aber Evi ist nun alle drei Grazien. Sie ehrt den Mann, selbst wenn er alt ist,
und sie küsst den ehernen Mann, und sie wird niemals den Rücken
zuwenden dem silbernen Mann - Sie ist eine sehr weise Frau, wie Nestor.
Ich denke sogar, dass Zeus kam zu Danae, nicht als Goldregen, sondern er
brachte hundert Goldmünzen.
32
Du tust alles, Evi, wie deine Namenspatronin. Ich weiß dies, und es geht
mir zu Herzen. Dir tropft Honig aus den Lippen, wenn du sanft küsst, und
wenn du um Geld bittest, stichst du mich unfreundlich.
33
Du hast dich ergossen als ein Goldregen auf Danae, Olympischer Zeus,
dass das Kind sich dir ergeben konnte wegen des Geschenks, und brauchte
nicht in Ehrfurcht vor dir zittern, weil du Gott bist.
34
Zeus hat sich gekauft Danae für Goldströme, und ich kaufe dich für eine
Goldmünze. Ich kann nicht soviel geben wie Zeus.
35
Ich beurteilte die Reize der drei Weiber, denn sie selbst wählten mich, sie
zeigten mir den nackten Glanz ihrer Glieder. Wenn Paris, der die Göttinnen
beurteilt hatte, gesehen hätte diese drei Weiber, es wäre keine Lüge: Er
hätte nicht gewünscht zu schauen die Göttinnen.
36
Karina, Julia und Evi strebten mit einander, sie wählten mich als Richter,
und wie die Göttinnen, berühmt für ihre Schönheit, standen sie nackt,
eingetaucht in Nektar. Ich wusste genau, was Paris erlitten wegen seinem
Urteil, und so gab ich sofort den Preis allen drei Göttinnen.
37
Nimm nicht in die Arme eine Frau, die zu hager ist, noch eine, die zu dick
ist, sondern wähle den goldenen Mittelweg zwischen den zweien. Die erste
hat nicht genug weibliche Rundungen, und die zweite ist zu mollig. Wähle
weder Mangel noch Überfluss.
38
Eine feine und weitgehend gut gebaute Frau zieht mich an, Marcus, ob sie
in ihrer Blüte ist, oder eine reife Frau. Wenn sie jung ist, wird sie sich eng
an mich klammern, wenn sie reifen Alters ist, wird sie Fellatio mit mir
treiben.
39
Muss ich nicht sterben? Welche Pflege werde ich haben, wenn ich im
Hades gehe mit krummen Beinen? Ich werde viele haben müssen, die mich
tragen, so lahm bin ich geworden. Solange es noch geht, wie du siehst, bin
ich ganz einfach heiter, und verpasse nie wieder ein gutes Essen.
40
Höre nicht auf deine Mutter, Evi, einmal ist es Mitternacht und die
Laternen werden ausgeschaltet in der Stadt, achte nicht auf solche, die sich
lustig machen über uns, sondern gib ihnen eine freche Retourkutsche, und
versuch, darin noch erfolgreicher zu sein, als ich es war. Lass nichts
unversucht, wähle deine eigene Wohnung und deinen eigenen Schreibstil
und sag mir, dass es dir gefallen hat, das ich dich besucht habe. Versuch es,
und verhalte dich gut. Wenn du etwas für die Miete und einen Mantel
brauchst, frag mich nur. Wenn du mit einem Knaben schwanger bist, bring
ihn zur Welt, ich bitte dich! Sei nicht beunruhigt darüber: wenn er
aufwächst, wird er schon herausfinden, wer sein Vater ist.
41
Wer hat dich so geschlagen und drehte sich halb nackt von dir weg, wie
diese? Wer hatte so steinern ein Herz und keine Augen, freundlich zu
gucken? Vielleicht kam er zur Unzeit und fand sie mit einem Liebhaber
beschäftigt? Das ist eine Sache, die passiert, alle Frauen tun es, mein Kind.
Aber in Zukunft, wenn jemand bei dir drinnen ist, und dein Mann ist
draußen, verschließe die Außentür, damit die gleiche Sache dir nicht noch
einmal passiert.
42
Ich mag eine Frau nicht, die zu geil ist, und ich mag eine Frau nicht, die zu
prüde ist. Die eine gibt ihre Zustimmung allzu rasch, der andere viel zu
langsam.
43
Hat jemand sein Mädchen weggeschickt, nur weil er einen Liebhaber mit
ihr gefunden - wie sie schuldig geworden ist des Ehebruchs, wie wenn er
ein Weiser wie Pythagoras wäre? Und so, mein liebes Kind, du wirst dein
Gesicht mit Tränen benetzen, du wirst zittern vor des Wahnsinnigen Tür?
Wische deine Augen ab und hör auf zu weinen, meine Liebe, und wir
werden einen anderen finden, der nicht so gut darin ist, Dinge zu sehen.
44
Evi und Karina, die beiden Dirnen, reiten aus dem Hafen von Sanios.
Flieht alle, die ihr jung seid, vor Aphrodites Piraten, und wer angreift und
versenkt wird, der wird vom Meer verschlungen.
45
Ein junges Mädchen erhöht ihre kleinen Brüste nicht durch Kunst, sondern
durch Natur.
46
Er: Guten Abend. Sie: Guten Abend auch. Er: Wie ist dein Name? Sie:
Und wie der deine? Er: Sei nicht so neugierig, alles auf einmal wissen zu
wollen. Sie: Dann eben nichts. Er: Bist du beschäftigt? Sie: Ich bin bereit,
mich zu beschäftigen mit jedem, der mich will. Er: Willst du zum
Abendessen heute Abend kommen? Sie: Wenn du möchtest? Er: Sehr gut!
Wie viel wird es kosten? Sie: Gib mir nicht alles im Voraus. Er: Das ist
seltsam. Sie: Gib mir, was du mir geben willst, nachdem du mit mir
geschlafen hast. Er: Das ist gerecht. Wo wohnst du? Ich schicke dir das
Geld. Sie: Ich werde es dir sagen, wenn ich bei dir liege. Er: Und wann
kommst du? Sie: Jeder Zeit, wann du möchtest. Er: Ich will jetzt! Sie: Gut.
Gehen wir.
47
Ich habe oft gebetet, Evi, um dich in der Nacht entsprechend meiner
Leidenschaft mit glühenden Liebkosungen lieben zu dürfen. Und jetzt bist
du mir nahe, nackt mit deinen süßen Gliedern, und jetzt bin ich ganz matt
und schläfrig. Elender Geist, was ist dir widerfahren? Erwache und
schwächle nicht! Einige Tage sollst du vergeblich suchen diese höchste
Glückseligkeit.
48
Golden ihre Augen und ihre Wangen wie Kristall, und ihr Mund
Schöneres, als eine rote Rose. Ihr Hals ist aus Marmor und ihre Brüste
poliert; ihre Füße sind weißer als Silber der Thetis. Wenn aber hier die
Brennessel glänzt inmitten ihrer dunklen Locken, ich beherzige doch nicht
die Nachwirkungen.
50
Armut und Liebe sind meine beiden Wehe. Armut kann ich leicht tragen,
aber das Feuer der Aphrodite kann ich nicht ertragen.
51
Ich verliebte mich, ich küsste, ich war begeistert, ich genoss, ich bin
geliebt, aber wer bin ich? Und wer ist sie? Das weiß Aphrodite allein.
52
Eros legten wir das Gelübde ab und verbanden uns durch einen Eid. Aber
falsch ist sie, und ihr Eid war eitel, während meine Liebe überlebte, und
doch haben die Götter nicht manifestiert ihre Macht. Dies ist ein
Hochzeitslied. Hymen! Singe eine Totenklage an ihrer Tür, tadle ihr
treuloses Bett!
53
Die gewinnende Evi verletzt mich, lieber Adonis, reiße ihre Brüste auf
deine Bahre! Wenn sie mir die gleiche Ehre erweisen wird, wenn ich
sterbe, zögere ich nicht: Dann nimm mich mit dir auf die Reise!
56
57
58
Kleiner Eros, verschwendest du auf mich alle Pfeile aus deinem Köcher?
So sollst du mich töten mit deinen Pfeilen! Und wenn du auf einen anderen
schießen willst, wirst du keinen Pfeil mehr finden in deinem Köcher.
59
Sie sagen: Man sollte vor Eros fliehen! - Es ist alle Mühe vergebens, wie
soll ich zu Fuß fliehen vor einem geflügelten Wesen, das mich in der Nähe
verfolgt?
60
Die silberfüßige Frau war reizend, wie ein Wasserfall die langen Haare
fielen auf die Äpfel der Brüste, glatt wie Milch. Ihr runder Hintern, ihr
Fleisch, fließender als Wasser, rollte und warf sich herum, wenn sie sich
bewegte. Ihre Hand bedeckte die Schwellung
der Scham, nicht ganz, aber so viel, wie sie konnte.
61
Das Spielen im Bett mit der blauäugigen Evi ließ sie lachen süß von
ganzem Herzen. Ich habe dich aufs Bett geworfen, sagte ich, zwölfmal,
und morgen werde ich dich aufs Bett werfen wieder zwölfmal oder sogar
mehr noch, ich weiß nicht wie oft. – Dann kam sie am nächsten Morgen
und lachend sagte ich zu ihr: Ich wünschte, ich hätte dich angerufen um
Mitternacht, ich musste es mir selbst besorgen.
62
Die Zeit hat noch nicht deine Schönheit verwelken lassen, viele Relikte
deines Frühlings überlebten. Dein Charme ist noch nicht gealtert, noch ist
die Lieblichkeit nicht fortgegangen von deinen hellen Äpfeln oder deiner
Rose. Ah! wie vielen Herzen hat der Gott der Zeit die Schönheit zu Asche
verbrannt!
63
Evi, ich habe geglaubt, du wärst eine Sizilianerin, aber du hast dich jetzt
von einer Griechin zu einer Perserin umgewandelt.
64
Schnee und Hagel hellen die Dunkelheit auf, Donner schüttelt über die
Erde all seine schwarzen Wolken! Wenn du mich schlägst, dann werde ich
aufhören, dich zu schlagen, wenn du mich leben lässt, sollst du auch leben.
Was kann mir passieren schlimmer als das, dass ich mit Gesang durch
deine Tür gehe, denn der Gott zwingt mich, der dein Meister ist, Zeus, er,
dessen Opfer du bist, er wandte sich zu dir im Goldstrom und hat
durchbohrt die eherne Kammer.
65
Zeus kam wie ein Adler als Gott zu Ganymed, wie ein Schwan kam er zu
der schönen Mutter der Helena. So gibt es keinen Vergleich zwischen den
beiden Dingen; eine Person mag das eine, eine andere Person mag das
andere; ich mag beides.
66
Ich fand Evi allein, da bat ich sie, und sie faltete ihre ambrosischen Knie.
Rette, sagte ich, einen Mann, der fast verloren ist, und gewähre mir einen
kleinen Atemzug. - Als ich das sagte, weinte sie, aber wischte sich die
Tränen ab mit ihren zarten Händen und hat mich leicht geschlagen.
67
Schönheit ohne Charme nur freut uns, aber sie hält uns nicht, es ist wie ein
Haken, der schwimmt ohne einen Köder.
68
Entweder man macht einen Anschlag auf Liebe, Eros, dass hinzugefügt
werde die Gegenliebe, oder man muss die Liebe entweder abzuschaffen
wünschen oder zu mäßigen bis zur Freundschaft.
69
Als Pallas Athene und die goldenbeschuhte Hera sahen Evi, riefen sie
beide aus ganzem Herzen: Wir werden nicht wieder ablegen die Kleider;
ein Urteil des Hirten ist genug, es ist eine Schande, dass wir zweimal
verlieren im Wettbewerb der Schönheit.
70
Du hast die Schönheit Aphrodites, den Mund der Verführerin Peitho, die
Form und Frische der geflügelten Horen, die Stimme der Kalliope, die
Weisheit und Tugend der Themis, die Geschicklichkeit der Athene. Mit dir,
meine Geliebte, sind es insgesamt vier Grazien.
71
(...)
72
Das ist das Leben, und nichts anderes ist es, das Leben ist Freude; entfernt
die langweiligen Sorgen! Kurz sind die Jahre des Menschen. Heute ist
unser der Wein und der Tanz und blumige Kränze und Frauen! Heute
möchte ich gut leben, keiner weiß, was morgen sein wird.
73
Du Pfahl! Ich wusste nicht, dass Evi kommen würde, lösend mit ihren
Händen ihr Haar, dass es ihr falle auf den Nacken. Habe Erbarmen mit mir,
meine Königin, und sei nicht zornig auf meine Augen, die auf deine
unsterblichen Formen geschaut haben. Jetzt sehe ich! Es ist Evi die Göttin
der Schönheit und nicht Aphrodite. Dann woher sonst diese Schönheit! Du
hast, wie es scheint, die Göttin beraubt ihres Liebreizgürtels!
74
Ich sende dir diesen Kranz, Evi, den ich mit meinem eigenen Hände flocht
von schönen Blumen. Da sind Lilien und Rosen und betaute Anemonen
und zarte Narzissen und lila-glänzende Veilchen. Trage ihn und höre auf,
eitel zu sein. Sowohl du und die Blumen-Girlande werden verwelken.
75
Wisse, Aphrodite, dass Evi, ein schönes Weib, war meine Nachbarin und
setzte mein Herz nicht wenig in Flammen. Sie selbst wollte nur scherzen
mit mir, und als ich die Möglichkeit hatte, wurde ich waghalsig. Früher
errötete sie schnell. Gut, das half ihr nichts, sie fühlte die Stiche. Mit
großer Mühe gelang es mir, und ich sagte mir, jetzt, dass sie wohl mit
einem Kind niederkomme. Also, was soll ich tun, aufhören zu lieben oder
verliebt bleiben?
76
Sobald ihr Teint sehr schön wurde, wie ihre Brüste hüpften, alles war gut,
ihre Knöchel fein, ihre Stirn denkend, ihre Haare schwarz und lang. Aber
die Zeit und das Alter haben eine Vergänglichkeit bewirkt, und jetzt sie ist
nicht der Schatten ihres früheren Selbst mehr da, sondern sie trägt gefärbte
Haare und hat ein faltiges Gesicht, hässlicher selbst als eine alte Äffin.
77
Wenn Frauen so viel Charme hätten, wenn alles vorbei ist, so wie sie
vorher charmant waren, würden die Männer nicht müde des Umgangs mit
ihren Ehefrauen, sondern alle anderen Frauen würden ihnen dann
unangenehm sein.
78
Meine Seele war auf meinen Lippen, als ich Tom auf die Stirn küsste.
Arme Seele! Sie kam hüpfend, die Straße überquerend, um ihn zu sehen.
79
Ich werfe die Äpfel auf dich, und du, wenn du mich liebtest von ganzem
Herzen, nimm sie und gib mir von deinem Jungfernkranz, Julia, aber wenn
deine Gedanken anders sein sollten, obwohl ich bete, du mögest mich
lieben, nimm die Äpfel still und reflektiere, wie kurz das Leben ist, wie
vergänglich die Schönheit.
80
Ich bin nur ein Apfel, einer, der dich liebt, wirft mich dir zu. Aber bei
deiner Zustimmung, Evi, wir beide, du und ich, verwesen.
81
Sie mit den Rosen, es ist rosig ihr Charme, aber was verkauft sie, sich
selbst oder die Rosen, oder beides?
82
Evi, was willst du mich so heftig baden? Bevor ich mich ausgezogen habe,
steht mein Glied in Flammen.
83
Wäre ich der Wind, dass du beim Wandeln am Strand in der Nacht um
deinen bloßen Busen die Haare flattern ließest! Oder nimm mich zum
Vorbild, wie ich zu blasen.
84
Wäre ich eine rosa Rose, dass deine Hand mich pflücken könnte und mich
stecken zwischen deine schneeweißen Brüste!
85
86
Hab Erbarmen mit mir, lieber Apollon, denn du, Schütze des schnellen
Bogens, warst von dem raschen Pfeile des Eros selbst auch verletzt.
87
Evi leugnet, dass sie verliebt ist, aber sie schreit so laut, als ob sie eine
ganze Armee von Liebespfeilen erhalten habe. Wankend ist ihr Schritt und
es nimmt ihr den Atem, und sie hat dunkelviolette Schatten unter den
Augen. Aber ich liebe sie, denn von der schöngekränzten Aphrodite
entflammt, brennt das rebellische Weib, bis sie schreit: Ah, ich verbrenne!
88
Eros, wenn du nicht zwei in Flammen setzen kannst, so lösche die Fackel
oder übertrage die Flamme von ihm auf sie, dass auch sie verglüht.
89
Das ist nicht Liebe, wenn man in Hoffnung seine umsichtigen Augen
umherschweifen lässt und möchte eine Schönheit erhaschen. Aber wer ein
seelenvolles Gesicht sieht, der ist vom Pfeil des Eros durchbohrt,
angezündet ist die Wut seines Herzens - das ist Liebe, das ist Feuer! Von
der Schönheit begeistert sind alle, die gut sind als Richter der Formen.
90
Ich sende dir süßen Duft, als Dienst des Duftes sende ich deinen Duft, wie
auch derjenige, der Dionysos Opfer bringt, fließen lässt das Geschenk des
Dionysos.
91
Ich schicke dir süßen Duft, nicht so sehr dich zu ehren, denn du kannst
selbst den Duft deines Parfüms riechen.
92
Evi ist stolz auf ihre Schönheit, und wenn ich die Chance hätte zu sagen:
Guten Tag – würde sie nur stolz die Augenbrauen heben. Wenn ich jemals
Girlanden hängen würde über ihre Tür, zerpflückte sie diese mit ihren
hochmütigen Stiefeln in ihrem Zorn. Kommt schneller, Falten und
erbarmungsloses Alter; beeilt euch. Dann habt ihr wenigstens gedemütigt
Evi.
93
Ich habe meine Brust mit Weisheit gegen Eros bewaffnet; er wird sie nicht
erobern, wenn eine einzige sterbliche Leidenschaft sich gegen eine
unsterbliche erhebt. Aber wenn er Dionysos mit sich bringt, ihm zu helfen,
was kann ich allein gegen zwei Götter tun?
94
Du hast Heras Augen, Evi, und Athenes Hände, die Brüste von Aphrodite,
und die Füße der Thetis. Selig ist, wer dich schaut, dreimal gesegnet, wer
dich reden hört, ein Halbgott, wer dich küsst, und ein Gott, wer dich
beschläft als seine Geliebte.
95
Vier Grazien gibt es nun, zwei Aphroditen und zehn Musen. Evi ist eine
von allen, eine Grazie, eine Aphrodite und eine Muse.
96
Evi, deine Küsse sind wie Vogelleim, deine Augen Feuer. Wenn du mich
ansiehst, brennst du, wenn du mich berührst, hast du mich schnell
erwischt.
97
98
Spanne deinen Bogen, Eros, und in deiner Freizeit finde ein anderes Ziel,
denn ich habe keinen weiteren Platz für eine weitere Liebeswunde.
99
(...)
100
Wenn jemand mir da schuld gibt, dass ich, ein erfahrener Diener des Eros,
auf Jagd gehe, meine Augen bewaffnet mit Vogelleim, Frauen zu fangen,
lasst ihn wissen, dass Zeus und Hades und Poseidon auch waren Sklaven
des heftigen Verlangens. Wenn die Götter sind so und Männer folgen
ihrem Beispiel, was können sie falsch machen in der Nachahmung der
Taten der Götter?
101
Er: Guten Tag, meine Liebe. Sie: Guten Tag. Er: Wer ist es, der vor dir
geht? Sie: Was geht es dich an? Er: Ich habe einen Grund für meine
Nachfrage. Sie: Meine Herrin. Er: Darf ich hoffen? Sie: Was willst du? Er:
Eine Nacht. Sie: Was hast du für sie? Er: Gold. Sie: Dann fass Mut. Er: Ich
hab so viel (Er zeigt den Betrag.) Sie: Das wird nicht reichen.
102
Du siehst Evi, eine kleine Aphrodite, aber mit süßen Brüstchen. Da gibt es
nicht viel, das zwischen uns ist, aber ich werde fallen auf ihre kleinen
Brüste und so näher an ihrem Herzen ruhen.
103
Wie lange, Evi, soll ich noch vor deiner Tür weinen? Bis wann wird dein
hartes Herz taub für meine Gebete sein? Schon beginnen dir graue Haare
zu wachsen, und bald sollst du dich mir ergeben wie Hekuba dem Priamos.
104
Nimm ab diese Netze, Evi, du neckst mich damit, und nicht schmollen
deine Lippen zu diesem Zweck. Die Falten deines hauchdünnen Kleides
klammern sich an dich und alle deine Reize sind sichtbar, als ob du nackt
wärst, und doch unsichtbar. Wenn dies dir amüsant erscheint, so werde ich
mein Glied kleiden in einen transparenten Überzieher.
105
(...)
106
Mutter, fromme Schwester, warum bellst du so, wenn ich mich nähere, und
wirfst mich in grausame Qualen wie in Eis? Du begleitest das schöne
Mädchen Julia, und schaust, wie sie geht, der ich meinen eigenen Weg
gehe, nur starrend auf ihre süßen Formen. Warum willst du eifersüchtig
sein, unglückliche Mutter? Wir dürfen schauen, wir werden ja selbst einst
die Götter schauen.
107
Ich weiß, als charmante Frau, wie ich ihn zu lieben habe, der mich liebt,
und wieder weiß ich recht gut, wie man ihn zu beißen hat, der mich beißt.
Nicht ärgern will ich ihn zu viel, der mich liebt, oder versuchen, schweren
Zorn zu provozieren, ihr Musen. - So sagte ich dir vor und warnte dich,
aber du hörtest auf meine Worte nicht mehr als auf das Ionische Meer. So
bist du jetzt bitter und weinst, während ich sitze auf Karinas Schoß.
108
Unglücklich bin ich! Was muss ich zuerst sagen, was zuletzt? Unglücklich
bin ich! Das ist die Essenz allen Wehs. Du bist fortgegangen, schöne Frau,
mit aller Spitzenleistung in der Schönheit deines Leibes, in der Süßigkeit
deiner Seele! Richtig nannten sie dich die Erste: denn jede Sekunde war
der unvergleichlichste Charme dein.
109
Du könntest die attische Europa für eine Drachme kriegen, ohne Angst und
ohne Widerstand von ihrer Seite, und sie hat perfekt saubere Bettwäsche
und ein Feuer im Kamin im Winter. Es war ganz überflüssig, lieber Zeus,
dass du dich in einen weißen Stier verwandelt hast.
110
Gieße in zehn Becher ein als Mundschenkin, Evi, und die charmante
Karina brate mir etwas in der Pfanne. Sie wird sagen, ich liebe Evi mehr.
Bei Gott! Ich schwöre beim wilden Dionysos, den ich aus diesen Bechern
tropfen lasse. Evi geht auf um zehn Uhr abends wie der Mond. Überstrahlt
nicht der einzige Mond, der Single ist, all die andern unzähligen Sterne?
111
Ich sagte sogar früher, als Evis Reize noch mädchenhaft waren: Sie
verbraucht uns alle, wenn sie heranwächst! Sie lachte über meine
Prophezeiung. Aber siehe! Die Zeit, die ich einmal vorhergesagt habe, ist
gekommen, und für lange leide ich selbst an der Wunde. Was soll ich tun?
Ein Blick auf ihr reines Feuer und wegschauen ist dem Herzen unmöglich,
und wenn ich ihr ein Kleid schenken will, sagt sie: Ich bin die Magd des
Herrn. - Es ist vorbei mit mir.
112
Ich liebte. Wer hat nicht geliebt? Ich habe geschwelgt in ihrer Ehre. Wer ist
in diesen Mysterien Uneingeweihter? Aber ich war verzweifelt! Über wen?
War es nicht wegen Gott? – Adieu, denn bereits die grauen Locken eilen,
um die blonden zu ersetzen, und sagen mir, ich habe meine Lebenszeit
vollendet. Zwar in der Spielzeit spielte ich, aber jetzt ist es vorbei und ich
lebe nur noch in Ideen.
113
Du wurdest geliebt, Marcus, als du reich warst, jetzt da du arm bist, bist du
nicht mehr geliebt.
114
Die anhaltend grausame Evi, die nie toleriert einen Verehrer, wenn er kein
Geld hatte, scheint weniger unerbittlich als früher. Er ist ein großes
Wunder, so scheint es, aber ich glaube nicht, dass sie ihre Natur geändert
hat. Der gnadenlose Schierling wächst mit den Zeiten, aber wenn es dann
soweit ist, ist er ein Mittel für den Tod.
115
Ich verliebte mich in Evi aus Paphos – nicht überraschend, dass ich wieder
verliebt war in Evi aus Samos - Nun, das war nicht so bemerkenswert: und
drittens Evi aus Xaxos - dann ist die Sache nicht mehr als ein Witz: und
auf dem vierten Platz war Evi aus Argos. Die Schicksale selbst scheinen
mich Phil-Evi getauft zu haben, denn ich habe immer Sehnsuchtsgefühle
für irgendeine Evi.
116
Die Liebe der Frauen ist am größten zu denjenigen Männern, die ernstlich
ihre Anhänger zu werden bereit sind.
117
Toms Schönheit schmilzt mich, aber ich fürchte, diese Flamme ist bereits
zu einem heftigen Feuer geworden.
118
Evi, ob dein parfümierter Hauch zehnmal süßer duftet als Narde, wache,
und nimm diesen Kranz in deine lieben Hände. Nun blüht er noch, aber im
kommenden Morgengrauen wirst du sehen, er welkt, ein Symbol für deine
eigene frische Jugend.
119
Josef, obwohl du jetzt dich wälzt bald nach links, bald nach rechts auf
deinem leeren Bett, es sei denn, die schöne Evi liege dir bei, dein Wille
nach Ruhe bringt dir keinen Schlaf, sondern nur Müdigkeit.
120
Evi spricht: Um Mitternacht entzog sich mir mein Mann, und durchnässt
vom schweren Regen kam ich zu Josef. Und haben wir dann etwa bloß
herumgesessen? Wir haben nicht geredet und nicht geschlafen, denn
sollten Liebhaber etwa schlafen?
121
Evi ist klein und eher etwas zu dunkel, aber ihr Haar ist mehr als Petersilie
gekräuselt, und ihre Haut ist zart da unten: Es gibt mehr Magie in ihrer
Stimme als in dem Zaubergürtel Aphrodites, und sie hat sich nie geweigert,
und sie verzichtet auch darauf, um ein Geschenk zu betteln. Solch eine Evi
schenke mir, goldene Aphrodite, dass ich sie liebe, bis ich eine andere Frau
finde, perfekter als sie.
122
Sohn der berühmten Evi, ich flehe dich an, nicht auch du verschmähe
mich, schein ich dir auch nicht mehr wert als ein anderer Mann. In deinen
zwei Augen sehe ich die Grazien, sie summen um den schönen Knaben.
Weder sanft, noch treuherzig ist er, aber umworben von vielen Knaben,
und kein Unerfahrener in der Liebe. Pass auf, mein Freund, und blase nicht
in die Flamme.
123
124
Deine Frühlingsblume hat die Knospe noch nicht aufbrechen lassen, die
Traube deines jungfräulichen Charmes ist noch grün, aber schon der
Knabe Eros liebt es, zu schärfen seine raschen Pfeile, Julia, und ein
verborgenes Feuer schwelt. Lass uns eilen, wir unglücklichen Liebhaber,
bevor der Pfeil auf der Sehne gespannt wird. Ich sage dir recht bald eine
große Feuersbrunst vorher.
125
Ich werde mich nie in Gold verwandeln, und lasse andere sich in einen
Stier oder den melodischen Schwan am Ufer verwandeln. Solche Tricks
überlasse ich Zeus, und statt
für immer ein Vogel zu sein, werde ich Evi meine beiden Obolen
schenken.
126
So und so viel, so und so viel Talente, und ich besitzt sie in Angst und
Zittern, und beim Himmel, sie ist nicht einmal schön. Ich gebe Evi fünf
Drachmen für zwölfmal Vögeln, und sie ist gut zu finden, es ist kein
Geheimnis mehr. Ich habe meinen Verstand verloren, oder er sollte unfähig
gemacht werden zu solch einem Verhalten in der Zukunft.
127
Ich war sehr angetan von einem jungen Mädchen namens Julia, und
einmal, nachdem es mir gelungen, sie zu überreden, brachte sie einer
heimlich in mein Zimmer. Beide unsere Herzen schlugen, dass keine
überflüssige Person uns überraschen sollte und unser Geheimnis der Liebe
sehen. Aber ihre Mutter hörte sie plaudern, und plötzlich sagte die Mutter:
Wir gehen Aktien anlegen, meine Tochter.
128
Brust an Brust! Meine Brust lag auf ihrem Busen, und sie drückte ihre
süßen Lippen auf meine Lippen! Ich zog Evi eng an mich, mit nichts
zwischen uns. Rührend der Rest, von dem nur die Lampe Zeugin ist, ich
sage nichts mehr.
129
Die Tänzerin aus Asien, die ausgeführt laszive Posen, zitternd mit ihren
zarten Fingerspitzen, lobe ich, weil sie Variationen der Leidenschaft
darstellen kann oder weil sie bewegt ihre Arme so sanft auf diese Art und
auf jene Art.
130
Warum so düster, und was diese unordentlichen zerzausten Haare, Evi, und
die Augen voller Tränen? Hast du deinen Partner mit einer Rivalin auf
seinem Schoß gesehen? Sag mir, ich weiß eine Heilung für deine Trauer.
Du weinst, aber gestehst es nicht ein, vergeblich, dass du versuchst zu
leugnen, die Augen sind beredter als die Zunge.
131
Julia berührt die Harfe, und sie singt, und ihre glühenden Augen, und ihr
Plaudern, und das Feuer, das ist mir aufsteigt, wird dich verbrennen, mein
Herz, das ist erst der Anfang und wann das Ende kommt, weißt du nicht.
Du, unglücklichen Herzens, sollst wissen, wenn du schwelst, wirst du bald
zu Asche verbrannt sein.
132
133
Bei deiner Majestät, Aphrodite, schwor ich, fern zu bleiben zwei Nächte
von Evi, und die Zeit hat mein armes Herz getäuscht, ich denke, Göttin, du
hast gelächelt. Denn ich will
keine Hilfe für die zweite Nacht, ich warf meinen Eid in den Wind. Ich
wähle lieber, anstatt gottlos vor dir zu sein um ihretwillen, da sie meinen
Eid an dich gebrochen hat, ich wähle lieber, aus Frömmigkeit zu sterben.
134
Regne auf uns, o attischer Krug, den taufrischen Regen von Dionysos;
regne ihn herab und erneuere unser fröhliches Picknick. Lass den gelehrten
Schwan schweigen, und Marcus seine Muse soll auch schweigen, und lass
umgekehrt unsere Liebe süß sein!
135
Warum bist du so gut gebaut und hast so einen langen Hals, warum kennst
du so gut das Plappern mit deinem kleinen Mund, fröhliche Kellnerin des
Dionysos und der Musen und der Göttin Aphrodite, süß lachender Schatz
unseres Vereins, warum, wenn ich nüchtern bin, bist du betrunken, und
wenn ich besoffen bin, bist du nüchtern? Du hältst dich nicht an die
Gesetze der Geselligkeit.
136
An den Mundschenken: Fülle den Becher und sage wieder und wieder: Evi
ist die Schönste! - Sprich den süßen Namen aus, der mildert den Wein, er
allein. Und gib mir, obwohl sie von gestern Nacht ist, die Girlande, die
triefend den Duft trägt der Erinnerung an sie. Schau, wie die Rose weint,
begünstigt von Eros, weil sie Evi sieht anderswo und nicht an meinem
Busen.
137
138
(...)
139
Süß ist die Melodie des Pan von Arkadien, die du bläst auf deiner Flöte,
Evi, ja, bei Pan, süß ist deine Berührung. Wohin soll ich fliehen vor dir?
Eros erfasst mich, und du gibst mir nicht einmal ein wenig Zeit, um Atem
zu holen; entweder Aphrodite schleudert die Lust in mich, oder die Muse,
oder die Grazie oder - was soll ich sagen? Alle diese! Ich brenne im Feuer.
140
141
Bei Eros schwöre ich, ich hätte lieber gehört Evi mir etwas flüstern ins
Ohr, als die Harfe Apollons.
142
Welche ist es? Ist die Efeu-Girlande des Dionysos schöner oder die Rose
der Aphrodite? Ich denke, die Girlande ist weniger schön.
143
Die Blüten sind gewunden für die Krone Evis, aber Evi leuchtet heller und
krönt den Kranz.
144
Schon stehen die weißen Veilchen in Blüte und die Narzissen, die den
Regen lieben, und die Lilien, die heimsuchen den Hang, und schon ist in
voller Blüte Evi, des Eros Liebling, die süße Rose der Wollust, die Krone
der Blüten des Frühlings. Warum lacht ihr so heiter, ihr Wiesen, vergeblich
euch vergleichend mit ihrem Blumenkranz im Haar? Mehr zu bieten hat
sie als alle duftenden Gärten, und immer vorgezogen wird sie von mir der
Natur.
145
Bleibt hier, meine Girlanden, wo ich euch hänge an diese Tür, und
schüttelt nicht eure Blätter in Eile ab, denn ich habe euch gewässert mit
meinen Tränen - regnerisch sind die Augen der Liebenden. Aber wenn die
Tür sich öffnet und ich sehe die Girlanden, Tränen fallen aus meinen
Augen, dass zumindest die Girlanden mit ihrem schönen Haar meine
Tränen trinken können.
146
Der Grazien sind es vier, denn neben diesen drei Grazien steht eine neue
Grazie aufgerichtet und duftet von süßem Parfüm, Evi, die gesegnete,
beneidet von allen anderen Frauen, und ohne sie sind die Grazien keine
Grazien.
147
148
Ich sage vorher, dass die Sonne von der süßsprechenden Evi übertroffen
wird und alle Grazien von Evis Gnade.
149
Wer gab mir Evi, meine klug plaudernde Herrin? Der hat mir eine der drei
Grazien gegeben! Er hat wirklich mit einer anmutigen Tat mir gegeben ein
Geschenk und warf mir zu eine Grazie gratis.
150
Die gefeierte Evi hatte versprochen, zu mir zu kommen diese Nacht, und
schwor bei der feierlichen Demeter. Sie kam nicht und die erste Stunde der
Nacht ist vorbei. Hat sie etwa falsch geschworen? Diener, lösche die
Lampe.
151
152
Fliege, Mücke, schnell mit meiner Botschaft, und sitze auf dem Ohr von
Evi und flüstre ihr zu: Josef liegt wach und erwartet dich, und du schläfst,
o du faules Weib, die vergisst denjenigen, der dich liebt? - He! Weg mit
dir! Ja, süßer Flötenbläser, weg mit dir! - Aber sprich demütig zu ihr, dass
du wach liegen gesehen hast ihren Genossen in der Nacht und wecke ihre
Eifersucht mit Schmerzen. Aber wenn du mir bringst das liebe Weib, will
ich einen Hut aufsetzen deinem Kopf, Mücke, dich bemänteln mit einem
Löwenfell und gebe dir eine Keule in deine Pfote.
153
Evi mit dem süßen Gesicht, von den Eroten gebadet, guckt oft von ihrem
hohen Fenster herab, die Pforte wurde gesprengt, o liebste Aphrodite, von
der Flamme, die schießt aus den blauen Augen Josefs, der stand vor ihrer
Tür.
154
Wie Aphrodite taucht sie aus dem Meer und erweckt das neue Leben des
Frühlings an Land, darum heißt sie zurecht Evi, das Leben.
155
In meinem Herzen Eros selbst hat gestaltet die süß-sprechende Evi, die
Seele meiner Seele.
156
Die Eros-liebende Evi, mit ihren klaren blauen Augen, wie im Sommer das
Meer, überredet alle, die Reise des Eros zu unternehmen.
157
Eros, es wachsen geschärft Evis Fingernagel, denn ihr leichtes Kratzen
reicht bis zu meinem Herzen.
158
Ich spielte einmal mit der fesselnden Evi, und sie trug, o Aphrodite, einen
Gürtel von vielen Farben und beschrieben mit goldenen Lettern; rundum
stand geschrieben: Liebe mich und sei nicht wund am Herzen, wenn ich
einen anderen liebe.
159
Josef, der Flötenspieler, und Marcus weihen dir, Aphrodite, diese Gürtel
und Bilder. Händler, du weißt, woher diese Gürtel sind und woher diese
Bilder.
160
Weißhäutige Evi, hat jemand dich nackt neben Josef gesehen? Es ist ein
Stöhnen in mir. Es gibt für deinen Geliebten keinen Sabbat - kein Wunder!
Eros brennt heiß sogar am keuschen Sabbat.
161
(...)
162
Die grausame Evi hat mich gebissen, und obwohl der Biss keine Spuren
zeigt, erreichen die Schmerzen meine Fingerspitzen. Eros liebt, ich bin
gegangen, er ist mit mir, ich bin zuende mit meiner Hoffnung, denn im
Halbschlaf traf ich eine Hure, ich weiß, und ihre Berührung war der Tod.
163
164
O Nacht, ich habe dich gerufen, allein zu erleben und zu schauen, wie
schmählich Evi, die Pythia, es immer liebt mich zu täuschen, sie behandelt
mich schlecht. Ich kam auf ihren Ruf und nicht uneingeladen. So kann sie
eines Tages an meiner Tür stehen und dir klagen, dass sie dergleichen
erlitten durch mich!
165
Mutter aller Götter, liebe Nacht, höre, was ich bitte, ja, ich bete zu dir,
heilige Nacht, Gefährtin meines Schwelgens. Wenn jemand unter Evis
gemütlichen Mantel liegt, von ihres Körper Berührung erwärmt, lass du
die Lampe ihrer Augen verlöschen und lass ihn schlafen wie Endymion.
166
167
Es war Nacht, es regnete, und Eros war die dritte Last, ich war vom Wein
betrunken; der Nordwind blies kalt und ich war allein. Aber die schöne Evi
überwältigt alles. Würdest du so wandern, und hast du nicht eine Ruhe an
einer Tür gefunden? So viel ich rief, ich blieb dort durchnässt. Frieden,
Zeus, Frieden, lieber Zeus! Auch ich hab lieben gelernt.
168
Wirf Feuer und Schnee auf mich, und wenn du willst, schlage mich mit
deinem Bolzen oder fege mich von den Klippen in die Tiefe. Denn wer
durch den Kampf mit abgenutzten Wünschen völlig von Eros überwunden
wird, der fühlt auch nicht die Explosionen des Zeus.
169
Süß im Sommer ist ein Wurf von Schnee auf den der dürstet, und süß für
die Segler nach dem Wintersturm ist der Zephyr. Doch süßer noch, wenn
Ein Mantel deckt zwei Liebhaber und Aphrodite empfängt Ehre von
beiden.
170
Nichts ist süßer als Eros, dem alle schöne Dinge währen nur für Sekunden,
und sogar den Honig spuckte ich aus meinem Mund. So spricht Evi, aber
wenn sie Aphrodite nicht geküsst hat, weiß sie wenigstens nicht, was
Lilien sind.
171
Der Weinbecher fühlt süße Freude und erzählt mir, wie er berührt das
Plaudermäulchen Evis, der Freundin des Eros. Glücklicher Becher! Würde
sie angesetzt an mich und tränke meine Seele in einem Zug aus!
172
173
O Morgenröte, Feindin des Eros, langsam kreist du um die Welt, jetzt, da
ein anderer liegt warm unter Evis Mantel. Aber wenn meine schlanke
Liebe lag in meinem Schoß, schnell kamst du ernsthaft über uns zu stehen,
als ob du gießen wolltest ein Licht über mich, du freutest dich über meine
Trauer.
171
Du schläfst, Evi, zarte Blume? Wäre ich Morpheus, wenn auch flügellos,
unter deine Wimpern zu schleichen, so dass nicht einmal schlafen würde
die, die einlullt die Augen des Zeus, ich könnte unter dir sein, aber ich
würde alles tun, was wir müssen.
175
Ich weiß, dein Eid ist nichtig, denn er verrät die Wollust, sperrt sie ein,
noch feucht von duftenden Essenzen. Sie verraten dich, deine Augen
verraten den schweren Mangel an Schlaf, und der Kranz die Spur rund um
deinen Kopf. Deine Locken sind in unkeuscher Verwirrung, alle frisch
gekräuselt, und alle deine Glieder wanken wie vom Wein. Weg von mir,
öffentliche Sünderin, sie ruft dich, die Leier, die schwelgt und die liebt das
Klappern der Kastagnetten und das Rasseln mit den Fingern.
176
Schrecklich ist Eros, schrecklich! Aber was hilft es, obwohl ich es wieder
und immer wieder sage und mit vielen Seufzern, Eros ist schrecklich!
Denn wahrlich, der Knabe lacht
und freut sich, wenn ich verworfen werde, und wenn ich fluche, wächst er
sogar in die Höhe. Es ist ein Wunder, Aphrodite, wie du, die aufgetaucht
ist aus dem grünen Meer, hast hervorgebracht solch ein Feuer.
177
Die Stadt soll so sprechen: Verloren! Eros, Eros, wild ging er jetzt in der
Dämmerung
seinen Weg, mit seinen Flügeln von seinem Bett. Der Knabe ist so süß-
weinerlich, immer klappert er, schnell und frech, lacht höhnisch, mit
Flügeln auf seinem Rücken, und einen Köcher umgeworfen. Wen ich
seinen Vater nennen soll, kann ich nicht sagen, denn weder Himmel noch
Erde noch Meer sich zu dem Schelm bekennen. Jeden überall und von
allen ist er gehasst, falls er jetzt wieder neue Schlingen um die Herzen
werfen will. Aber warte! Da ist in der Nähe sein Nest! Ah! Kleiner
Bogenschütze, so hast du gedacht, dich vor mir zu verstecken in Evis
Augen!
178
179
Bei Aphrodite, Eros, ich werde sie alle ins Feuer werfen, deinen Bogen
und deinen Köcher voller Pfeile. Ja, ich werde alles verbrennen. Warum
lachst du so albern und kicherst, und drehst mir eine Nase? Ich werde bald
über dich lachen. Ich werde dir schneiden deine schnellen Flügel, die
zeigen der Begierde Weg, und deine Füße fesseln mit ehernen Fesseln.
Den Sieg werde ich gewinnen, wenn ich dich in Ketten lege. Nein! Du bist
zu krank, um mich zu erobern! Nimm diese leichten geflügelten Schuhe
und breite deine schnellen Schwingen und gehe auf Besuch bei andern
Männern.
180
Was Wunder, wenn der mörderische Eros schießt seine Pfeile ab, die Feuer
atmen, und lacht bitter mit grausamen Augen! Ist nicht Ares seiner Mutter
Liebhaber? Und Hephästus ihr Ehemann? Und zwischen Feuer und
Schwert lag sie? Und seine Mutter ist die Mutter des Meeres, brüllt sie
nicht mit den Winden? Und seine Vater hat keinen Namen. So hat er des
Hephästus Feuer, und sehnt sich voller Wut wie die Wellen, und liebt es
wie Ares sich in Wogen von Blut zu tauchen.
181
(...)
182
Gib Evi diese Nachricht. Evi, siehe! Sag ihr es zweimal und wiederhole
den gesamten Wortlaut ein drittes Mal. Raus mit dir! Zögere nicht, fliege -
nur einen Moment warte! Evi, o Evi, wo willst du denn hin, bevor ich dir
alles erzählt? Genau das, was ich dir gesagt habe, bevor ich etwas
hinzufügte - oder besser, was ich für ein Werkzeug ich, ich will es nicht
sagen - nur, dass – sag ihr irgendetwas, zögere nicht, ihr alles zu sagen.
Warum bin ein Brief an dich, Evi? Siehst du nicht, ich gehe mit dir – und
eile dir voraus?
183
Wir sind vier in der Gruppe und jeder bringt seine Geliebte mit, das macht
acht, da ist ein Glas Wein nicht genug. Geh, mein Junge, zu Marcus und
sag ihm, die erste Flasche, die er schickte, war nur halb voll. Aber schau
genau hin, denn wir wollen uns alle abfüllen.
184
Ich weiß es, du hast mich nicht hereingelassen, warum rufst du die Götter
an? Ich habe alles herausgefunden, ich bin sicher: Vereidigung hast du
nicht, ich weiß alles darüber. Das wurde, was es damals war, als du noch
ein Mädchen warst, das du einmal allein schläfst, du allein? Oh eherne
Frechheit, habe ich noch einmal zu sagen: Allein? Hat nicht der feine
tapfere Georg - und wenn nicht er - aber warum bedrohst du mich? Weg
mit dir, raus aus dem Doppelbett, du böse Bestie, raus aus meinem Bett!
Aber ich werde tun, was dir am besten gefallen wird, ich weiß, du
verlangst, ihn zu sehen, so bleib, sei du meine Gefangene.
185
Geh auf den Markt, Marcus, und bekomme vom Händler drei kleine
Heringe und zehn kleine Zitronen und zwei Dutzend frische Garnelen (er
zählt sie für dich ab) und gleich komm wieder. Und bekomme sechs
Rosen-Kränze - und, wie es passend ist auf deinem Weg, schau bei ihr
herein und lade Evi zu mir ein.
186
Denke nicht, Evi, mich zu täuschen mit deinen plausiblen Tränen. Ich
weiß, du liebst absolut keinen mehr als mich, so lange wie du neben mir
liegst; aber wenn du mit jemand anderem wärst, würdest du sagen, du
liebtest ihn mehr als mich.
187
Evi sagte: Siehe, wie dein Küsse sich erwiesen als falsche Münze! Die Zeit
wird immer zeigen eine Fälschung der Liebe.
188
Ich bin es nicht, der falsch ist in der Liebe. Ich bin sanft, ich rufe
Aphrodite an, das zu bezeugen, aber Eros bewarf mich von einem
tückischen Bogen, und ich bin von allen am meisten zu Asche verzehrt.
Einen brennenden Pfeil nach dem anderen hat er beschleunigt auf mich
und nicht für einen Augenblick löscht er sein Feuer. Jetzt bin ich ein
Sterblicher, werde mich rächen am geflügelten Gott. Kann ich für die
Selbstverteidigung verantwortlich gemacht werden?
189
Die Nacht ist lang, und es ist Winter, und die Nacht legt sich hin, wenn die
Plejaden auf halbem Weg zum Himmel sind. Ich gehe und stehe vor ihrer
Tür, getränkt vom Regen, geschlagen durch den Wunsch der Lust. Es ist
nicht Eros, der mich schlug, sondern ein quälender Pfeil, rot von heißem
Feuer.
190
O salzige Welle der Liebe und schlaflose Stürme der Eifersucht und
winterliches Meer von Gesang und Wein, wohin werde ich getragen? Hin
und her schlägt das verlassene Ruder mein Boot. Sollen wir jemals wieder
zu Gesicht bekommen die zarte Evi?
191
O Sterne und Mond, die leichtesten seid ihr und des Eros Freunde auf
seinem Weg durch die Nacht, und du, meine kleiner Mandoline, Gefährtin
meiner Serenaden, werde ich sie sehen, die mutwillige Evi? Doch wachte
und weinte zu viel ihre Lampe, oder sie hat einige Gefährten der Nacht bei
sich. Dann werde ich an ihre Tür hängen meine flehenden Girlanden, alle
von meinen Tränen verwelkt, und schreibe darauf diese Worte: Aphrodite,
dir weiht Josef, dem du hast enthüllt die Geheimnisse deines Schwelgens,
diese Beute seiner Liebe.
192
193
Evi nahm mich gefangen, Adonis, wie sie schlagen lässt ihre Brüste weiß
wie Milch zu deiner Beerdigung Fest. Wird aber mir das gleiche getan,
wenn ich sterbe? Ich zögere nicht, nimm mich mit dir auf deiner Reise!
194
Eros selbst begleitet die weiche Evi, als sie aufgestellt wurde vor der
goldenen Kammer der Aphrodite, eine heilige Blume der Schönheit von
Kopf bis Fuß, als ob sie geschnitzt wäre aus weißem Marmor, beladen mit
ursprünglichen Grazien. Gar den Pfeil eines jungen Mannes von Herzen
hat sie fliegen lassen von ihren purpurroten Bogen-Saiten.
195
Die drei Grazien flochten eine dreifache Krone für Evi, einen Kranz ihrer
dreifachen Schönheit. Eine legte Lust auf ihre Haut und eine gab Liebes-
Sehnsucht ihrer Form und eine gab ihre Rede Süße von Worten. Dreimal
gesegnet ist sie, deren Bett von Aphrodite gemacht wurde, deren Worte
von Peitho gewirkt wurden und deren süße Schönheit von Eros geschaffen
wurde.
196
Evis Schönheit ist des Eros Geschenk, Aphrodite bezaubert ihr Bett, und
die Grazien geben ihr Gnade über Gnade.
197
Ja! Von Evis schöngeflochtenen Locken, von Evis duftender Haut, wird
verjagt mein Schlaf, durch des Eros Liebelei in der Ilias, und meine wache
Lampe, die sah oft die Geheimnisse meiner Liebe schwelgen, ich schwöre
dir, Eros, hätte ich eine Kammer für meinen Atem, und wenn du dies Wort
gesprochen hören willst: Hätte ich eine Kammer für mein Wort, ich würde
es nicht ausspeien.
198
Nein, durch Evis Locken, durch die goldenen Sandalen Evis vor der Tür,
tropfend von Duft, durch ihre schmalen Augen sanftes Lächeln schießend,
von den frischen Kränzen auf dem Türpfosten, ich schwöre, Eros, dein
Köcher hat keine geflügelten Pfeile länger verborgen; denn all deine Pfeile
stecken fest in mir.
199
Wein und verräterische Brötchen und die süße Liebe Evis, geschickt mit
Josef zu schlafen! Und nun hat sie sich mit dieser Beute Aphrodites und
der Jungfrau Liebe noch benetzt, mit Duft, ihre Sandalen und das weiche
Brusttuch, Zeugen eines Beischlafs und seiner Gewalt.
200
201
Evi lag wach bis zum schönen Stern des Morgens, in ihrer Freude mit dem
goldenen Josef, und immer seit dieser Nachtwache hängt hier ein Kranz im
Heiligtum der Aphrodite, die Flöte halfen ihr die Musen spielen.
202
Madel in den Portalen des Pferdesports hat Gott gewidmet ihre purpurne
Peitsche und ihre polierten Zügel nach dem Sieg als Jockey beim
Wettrennen mit Evi, ihrer praktizierenden Rivalin, als die Pferde des
Abends hatten gerade begonnen zu wiehern. Sehr geehrte Aphrodite, gib
ihr den unbestrittenen Ruhm für ihren Sieg, tu ihr diesen Gefallen, dass ihr
Sieg nie vergessen werde.
203
Evi hat dir gewidmet, Aphrodite, ihre Stirn, den goldenen Stachel ihrer
wohlgeformten Beine, mit denen sie saß einem Hengst auf dem Rücken,
die eigenen Oberschenkel wurden nie gerötet, so leicht wusste sie zu
reiten; denn sie beendete das Rennen ohne einen Hauch von Anspornen
und damit wird auf das große Tor deines Tempels aufgehängt diese ihre
Waffe aus Gold.
204
Nicht mehr, Evi, bewahren sich die Fichten gegen die Schläge von
Aphrodites Ruderer, aber dein Rücken ist wie ein Arm gebogen, gesenkt,
und deine grauen Segel sind schlaff, und deine entspannten Brüste sind
wie flatternde Segel und der Bauch deines Schiffes wird durch die
tosenden Wellen zerknittert, und unten ist alles voll von Brack-Wasser und
überschwemmt vom Meer, und deine Gelenke sind wackelig. Hab ich zu
segeln noch in diesem Leben über den See von Acheron auf diesem alten
Sarg?
205
Evis Liebeszauber, der kann einen Mann zwingen, zu kommen aus
Übersee und Jünglinge aus ihren Zimmern, geschnitzt aus transparentem
Amethyst, in Gold und Lapislazuli auf einer weichen lila Wolle, sie, die
Hexe präsentiert sich der Aphrodite, Josef zu besitzen als einen Schatz.
206
Evi und Karina, die Töchter der Götter, jetzt im reifen Alter, die bereit sind
als Arbeiterinnen, fortgeschrittene Musen, die Pan widmen ihre
Musenkünste, die eine mit ihren schnellen Lippen bläst die Flöte und die
andere mit ihrer Trommel dient dem Priapus, dem Freund der Liebe, den
Abend amüsierten sie die Begleiter am Bankett, mit süßem Flötenspiel, auf
die sie die ganze Nacht lange gewartet, um den Tag anbrechen zu sehen,
aber sie fressen nicht, weil die Portale sich nicht öffnen.
207
Evi und Karina werden nicht auf den Sprung vorm Haus der Aphrodite an
die Straße der Göttin verordnet, aber in der Wüste tun sie Dinge, die nicht
schicklich sind. O Unsre Liebe Frau Aphrodite, schau gnädig auf die
Schulschwänzerinnen im Zinn-Bett!
208
(...)
209
Durch deine Gnade, Aphrodite, sah Josef die schöne Evi im blauen Meer,
und brennend vor Liebe nahm er an seines Herzens trockene Kohlen das
nasse Weib. Er stand auf dem Land und war ein Schiffbrüchiger, aber sie
im Meer wurde sanft empfangen am Strand. Jetzt sind sie beide gleich in
der Liebe, die Gebete waren nicht umsonst, die er hauchte Aphrodite ins
Ohr.
210
Mit dem Zweig winkte sie mir und fegte mich weg, ach! und ich suche
ihre Schönheit, ich, der ich wie Wachs vor dem Feuer schmelze. Und wenn
sie dunkel ist, was ist das für mich? So sind die Kohlen, aber wenn sie
brennen, so strahlen sie hell wie Rosen.
211
Tränen und Schwelgerei, warum hetzen sie mich? Sie sind Flammen aus
Aphrodites Feuer. Ich werde mit meiner Liebe nicht aufhören, und
unermüdliche Wünsche immer wieder bringen mir einige neue Schmerzen,
Aphrodite.
212
Der Lärm der Liebe ist immer in meinen Ohren, und meine Augen zum
Schweigen zu bringen, ihren Tribut fordern die süßen Tränen. Auch in der
Nacht und am Tageslicht vertreibt Eros die Ruhe, und schon hat er seinen
Spruch in mein Herz geschrieben. O geflügelter Eros, ist es das, dass du in
der Lage bist, zu uns zu fliegen, aber ich habe keine Kraft, allen Frauen zu
entfliehen?
213
Wenn jemand bei Evi ist, bin ich weg, aber wenn sie allein schläft, um
Gottes willen gebe ich mich ihr ein wenig, und sage, dass ich betrunken
bin, und wegen der Diebe kam ich mit Eros als meinem Führer.
214
Dieser Eros, der in mir wohnt, spielt gern Ball, und dir, Evi, wirft er mein
Herz zu. Aber komm, stimme dem zu, mit mir zu spielen, denn wenn du
mich wegwirfst von dir, wird er nicht ertragen diese mutwillige
Überschreitung der Höflichkeiten des Sports.
215
Ich bitte dich, Eros, in aller Ehrfurcht, und die Muse, die Fürbitte für mich
einlegt, sie möge mich auszuruhen lassen von dieser meiner schlaflosen
Leidenschaft für Evi. Ich schwöre es bei deinem Bogen, du hast es gelernt,
keiner sonst kann so gut schießen, aber immer schickst du die geflügelten
Pfeile auf mich, auch wenn du mich schlägst, ich sage kurz: Seht, o
Fremde, die mörderischen Arbeit des Eros.
216
Wenn du liebst, nicht ganz lasse die Seele beugen das Knie und kriechen
voll von öligem Flehen, aber ein wenig Stolz erbringe, zumindest im
Hinblick auf die Formung deiner Augenbrauen und schaue auf sie mit
einem heitern Lächeln. Denn es ist mehr oder weniger das Geschäft von
Frauen, zu leicht stolz zu werden, und sich einen Spaß zu machen mit
denjenigen, die so überaus kläglich sind. Der ist der beste Liebhaber, der
beim Anlass der Liebe die Ehrfurcht vor der Frau vermischt mit ein wenig
männlichem Stolz.
217
218
(...)
219
Lass uns stehlen unsere Küsse, Evi, und tun die schöne und wertvolle
Arbeit der Aphrodite. Es ist süß, sich nicht herauszufinden aus dem
Labyrinth der Liebe, und die allsehenden Augen der Wächter zu
vermeiden: gestohlene Küsse sind süßer als andere.
220
Wenn graue Haare jetzt sich in deinem Bart finden, Josef, und da der
glühende Stachel des Liebes-Wahnsinns abgestumpft ist, solltest du, wenn
du reflektierst über die Passionen deiner Jugend, Mitleid haben mit den
Schmerzen jüngerer Menschen, und nicht so sehr zornig auf
ihre Schwächen sein, beraubt das schlanke Mädchen sie der Vernunft mit
aller Herrlichkeit ihrer goldenen Haare. Die waren Kinder früher,
betrachtet man als Väter heute, und jetzt auf einmal bist du ein
Menschenfeind geworden?
221
222
Wann immer sie schlägt ihre Harfe mit dem Plektrum, es ist das Echo der
Saiten der Terpsichore, und wenn sie Melodien singt mit ihrer Stimme der
hohen tragischen Schwere, ist es das Summen der Melpomene, dass sie
reproduziert. Gäbe es einen neuen Wettbewerb der Schönheit, auch
Aphrodite würde eher den Preis verlieren als sie, und Paris würde sein
Urteil revidieren. Aber still! Lasst uns schweigen, damit Dionysos uns
nicht belausche und Julia statt Ariadne umarmt.
223
(...)
224
Höre, Eros, mein Herz und meine Leber wollen sie, und wenn du schießen
musst, triff einen anderen Teil von mir.
225
Meine Liebe ist eine offene Wunde, die immer sich entlädt in Tränen
wegen der Wunde, ich bin in einer bösen Lage und finde keine Heilung,
noch habe ich keine Evi, die anwendet die sanfte Salbe, die ich brauche.
Ich bin Josef, mein Kind; sei getreu und befriedige mit deiner Schönheit
den Wunsch, den deine Schönheit in mir erregt.
226
227
(...)
228
Sag mir, um derentwillen du müde dein Haar trägst, und machst deine
Hände weiß, schneidest mit dem Gemüsemesser deine Fingernägel!
Warum sollst du schmücken deine Kleider mit der lila Blüte des Meeres,
jetzt, da du nicht mehr bist in der Nähe der schönen Evi? Mit Augen, die
nicht sehen auf Evi, will ich mich gar nicht kümmern, die helle Eos zu
sehen in der goldenen Morgendämmerung.
229
Ein Mann, mit Blick auf Niobes Weinen, fragte: Wie kann ein Fels
weinen? Aber Evis Herz, der lebendige Stein, hat keinerlei Mitleid mit mir,
der ich klage durch die neblige Dunkelheit so lange Nächte. In beiden
Fällen ist der Fehler der des Eros, der Schmerzen brachte wegen ihrer
Kinder Niobe und mir den Schmerz der Leidenschaft.
230
Doris zog einen Faden aus ihrem goldenen Haar und band meine Hände
mit ihm, als ob ich gefangen wäre.
231
Deines Mundes Blüte mit Grazie und deine Wangen blühen mit Blumen, es
sind deine Augen hell von Eros, und deine Hände glühen vor Musik. Du
nimmst Gefangene mit deinen Augen und Ohren durch den Gesang, mit
jedem Teil du fesselst unglückliche junge Männer.
232
Küssend Karina, war mein Herz fixiert auf Evi; festsaugend mich an Evis
Lippen, ich trage das Bild von Julia in meinem Kopf, und umarmend Julia,
mein Herz geht zu Madel. Hab ich jemals mich einer verweigert? Ich habe
empfangen eine nach der anderen in meinen immer offenen Armen, das
Gericht bestätigt mir den Reichtum an Liebe. Gebe mir Schuld, wer will,
ich bleibe reich an Liebe.
233
Evi: Morgen werde ich dich sehen. – Josef: Doch bis morgen ist es lange,
der Weg ist lang, Stunden folgen auf Stunden. Das ist alles, was du mir
verheißt, der ich dich liebe, für andere hast du viele Geschenke, für mich
aber nur Perfides. – Evi: Ich will dich aber am Abend sehen. – Josef: Aber
was ist der Abend der Frauen? Das Alter voll von unzähligen Falten!
234
Evi spricht: Ich, die ich früher in meiner Jugend mich hartnäckig
geweigert, mich dem süßen Reich der Aphrodite zu ergeben, dich sich
gewehrt gegen den Stachel des Eros, jetzt fast grau geworden, beuge den
Nacken vor dir, o Königin Aphrodite. Empfange mich und lache, dass du
überwunden die weise Athene jetzt noch mehr als einst, da ihr euch
gestritten um den Apfel der Schönheit.
235
Gegen meine Hoffnung bist du zu mir gekommen, die sehnte sich nach
mir, und durch ein Wunder hast du die Leere in meiner Seele erfüllt. Ich
zittere, und mein Herz ist voller Leidenschaft, meine Seele ist in den
Wogen der Liebe ertrunken. Aber rette mich, den schiffbrüchigen
Seemann, lass ihn jetzt in die Nähe des Landes kommen, empfange mich
in deinem Hafen.
236
Ja, vielleicht ist leichter als mein Schmerz der Schmerz, den Tantalus
leidet in der Hölle. Nie sah er deine Schönheit und nie wurde ihm der
Hauch von deinen Lippen verweigert, zarter als eine geöffnete Rose.
Tantalus hat nie so weinen müssen. Er sehnt sich nach den Früchten über
seinem Kopf, aber er kann nicht sterben ein zweites Mal. Aber ich, der ich
noch nicht tot bin, bin aus Leidenschaft verloren und bin sogar geschwächt
bis zum Tod.
237
Die ganze Nacht lang klagte ich, und als die Dämmerung kam, kam mir
ein wenig Ruhe, die Schwalben zwitschern um mich und bewegen mich
wieder zu Tränen, die jagen den süßen Schlummer weg. Meine Augen sind
blind, aber wieder der Gedanke an Evi spukt mir im Hirn. Fort, ihr
gehässigen Schwätzer! Ich war es nicht, es war die Zunge der Nachtigall.
Geh weinen, Itylus, auf den Hügel, und klagend sitze der Wiedehopf
inmitten der Felsen, dass ich für eine kurze Zeit schlafen kann, und
glücklich ein Traum komme und Evi wirft die Arme um mich.
238
Warum ziehe ich mein Schwert aus der Scheide? Es ist nicht deshalb,
meine Liebe, ich schwöre es, um irgendetwas anzutun ausländischen
Liebesdienern, sondern wegen dir, dass ich dem Ares zu eigen bin, obwohl
er vor Aphrodite weichen muss. Dies Schwert ist der Gefährte meiner
Liebe, und ich brauche keinen Spiegel, sondern ich sehe mich in ihm, aber
obwohl ich in Liebe bin, bin ich blind. Aber wenn du mich vergisst - das
Schwert durchbohrt meine Flanke!
239
Die rasende Flamme ist erloschen, ich leide nicht mehr, Aphrodite, aber
ich werde vor Kälte sterben. Denn nachdem sie verzehrte mein Fleisch,
diese bittere Liebe, keuchend hart in ihrer Gier, kriecht die Kälte durch
meine Knochen und Eingeweide. So ist das Altar-Feuer, wenn es alle
Opfer verzehrt hat, dann kühlt es sich aus eigenem Antrieb aus Mangel an
Stoff ab, man muss es mit neuem Stoff füttern.
240
Ich verfolgte Eros mit Eifer; denn die Bienen arbeiten im Schatten, aber
sind mit den Blumen im Frühling. Gold ist jedoch dazu da, dass der
findige Spieler gewinnt Aphrodites Honig.
241
Adieu ist auf meiner Zunge, aber ich halte mein Wort zurück und bleibe
noch in deiner Nähe. Denn ich schaudere vor diesem schrecklichen
Abschied wie vor der bitteren Nacht des Hades. Tatsächlich ist dein Licht
wie das Taglicht, aber das ist stumm, während du mich zum Reden bringst,
süßer als die Sirenen, alle meine Seelen hängen an dir.
242
Als ich Evi sah, wurde ich blass, denn ihr Mann war bei ihr, aber ich sagte
zu ihr mit Zittern: Schiebe den Bolzen vor die Tür, löse den Bolzen-Stift
und fixiere ihn in der Mitte des Schlosses, dass die Spitze meines
Schlüssels durchbohre Basis der Flügeltür! - Aber sie
lachte und sah ihren Mann an und sagte: Du bleibst besser weg von meiner
Tür, oder der Hund sorgt für dich.
243
244
Karinas Küsse sind lang und schmackhaft, Evis Küsse sind tief und feucht,
und Julia beißt. Welche regt mich am meisten an? Lass nicht die Ohren
Richter der Küsse sein, aber ich werde den Geschmack der Drei richten.
Mein Herz, du wusstest schon von Evis sanften Küssen und dem süßen
Honig in ihrem frischen Mund. Wende dich an sie; denn sie gewinnt ohne
Bestechung; wenn überhaupt Freude in einer anderen ist, es wird mich
keine wegreißen von Evi.
245
Du kicherst und wieherst wie eine Stute, die den Hengst riecht; du willst
mir ruhig schildern, wie du mich erregen möchtest, aber vergeblich. Ich
schwor, ich schwor mit drei Steinen in der Hand, dass ich nie schaue mit
freundlichen Augen auf das hartherzige Mädchen. Übe selbst das Küssen
und klatsche mit den Lippen, dass dein Schmollmund in nackter
Schamlosigkeit schwillt, aber du bist verbunden mit niemandem. Aber ich
gehe einen anderen Weg, denn es gibt andere, die sind bessere
Partnerinnen in den Sportarten der Aphrodite.
246
Weich sind Evis Küsse, weich die schneeweißen Gliedmaßen, jeder Teil
von ihr ist weich. Aber ihr Herz ist hart wie Stein. Die Angelegenheit ist
unklar. Sie ist unnachgiebig. Ihre Liebe erreicht man nicht, sondern nur
ihre Lippen, der Rest ist verbotene Frucht. Wer kann diese verbotene
Frucht erlangen? Vielleicht ist das der ewige Durst von Tantalus?
247
Evi (Leben) dem Namen nach, aber nicht in der Tat! Als ich deinen
hübschen Namen hörte, vielleicht hast du ihn zu Recht, aber für mich bist
du noch grausamer als der Tod. Sie flieht vor dem, der sie liebt, und sie
verfolgt den, der sie nicht liebt. Dein Mund ist ein Haken mit Wahnsinn an
der Spitze: Ich biss zu, und so hält sie mich und lässt mich hängen an ihren
roten Lippen.
248
O gnädige Hand, wie konntest du kämmen all dein schwarzes Haar? Wie
konntest du nur? Haben dich nicht mitleiderregende Schreie erweicht, dein
zerrissenes Haar, dein demütig gebeugter Hals? Vergeblich schlugst du
meine Stirne wieder und wieder. Nimmermehr erlaubt sie mir, mit der
Hand ihre Brüste zu berühren. Nein, ich bitte dich, meine Dame, strafe
mich nicht so grausam: eher wollte ich durch das Schwert umkommen!
249
O hochmütige Evi, jetzt kommen die Pfeile der Aphrodite und verdammen
deinen unerträglichen Stolz, du hältst mich mit deinen Armen von deinem
Bett fern, und ich liege, wie es scheint, in Ketten, ohne Verlangen nach
Freiheit. So tun Seelen und träge stirbt der Gerechte, es mischt sich mit
Strömen von Blut der Liebende.
250
Süß, mein Freund Marcus, ist Evis Lächeln und süß die Tränen, die sie
tropfen lässt von ihren reizend winkenden Augen. Gestern, nach langer
Zeit, legte sie ihren Kopf auf meine Schulter, seufzte ohne Pause. Sie
weinte, als ich sie küsste, und die Tränen flossen, wie aus einem kühlen
Brunnen, und fielen auf unsere vereinten Lippen. Als ich sie fragte: Warum
weinst du? sagte sie: Ich habe Angst um dich, weil alle anderen Männern
mir abgeschworen haben.
251
Lass uns abwerfen diese Umhänge, meine Schöne, und liegen nackt,
verknotet einander umarmen. Lass nichts zwischen uns sein, auch nicht
das dünne Gewebe, dass dich mir verschließt wie die Mauer von Babylon.
Lass unsere Brüste und unsere Lippen verknüpft sein, der Rest muss
verhüllt geschehen in der Stille. Ich hasse eine plaudernde Zunge.
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
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Sechstes Buch
Siebentes Buch
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Neuntes Buch
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Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
CHOCHMAH / SOPHIA
“Du bist die Weisheit. Du bist das Wissen. Du bist die Wahrheit.
Von dir kommt das Leben. Das Leben ist von dir erschaffen.
Von dir kommt der Geist.“
(Die drei Stelen des Seth, eine ägyptische gnostische Schrift)
Der alte hebräische Name für die Weisheit ist Chochmah, ein weibliches
Nomen. In der jüdischen Heiligen Schrift war es so, das die weibliche
Chochmah das Göttliche verkörpert. Sie wird als eine Emanation Gottes
verstanden, aber sie ähnelt der hebräischen Göttin, die sonst in der Bibel
angegriffen wird, vor allem Ascherah, die Göttin des heiligen Baumes.
Sprüche 3,18 ruft ein Bild von Chochmah auf, das aus dem ältesten Kern
der jüdischen Kultur stammt: "Sie ist ein Baum des Lebens allen, die sie
ergreifen."
Im gleichen Buch der Sprüche singt Chochmah: "Derjenige, der mich
findet, findet das Leben." Wie die Göttin Ascherah, die als Partnerin des
Herrn von den alten Hebräern angesehen wurde, ist Chochmah mit einer
Säule verbunden. "Mein Thron war auf der Wolkensäule", erklärt sie selbst
im Buch Jesus Sirach (24,4). In Sprüche 9,1 baut sie ein Haus mit sieben
Säulen.
Das Buch „Ein Wagen, gezogen von Löwen“ bietet tiefe Einblicke in das
Überleben der hebräischen Göttin. Es weist darauf hin, dass eine andere
Form der Weisheit die Schechinah ist, die göttliche Gegenwart. Beide sind
"in Licht und Herrlichkeit zum Ausdruck gekommen", die beide sich
beteiligten an der Schöpfung, die im Himmel thronen, Mittlerinnen
zwischen Gott und der Welt, und sind herabgestiegen, und sind geflügelt.
“Denn in ihr ist ein Geist, intelligent, heilig, einzigartig, vielfältig, subtil,
klar, unberührt, eindeutig, unverletzlich, das Gute liebend, scharf,
unwiderstehlich, gnädig, menschenfreundlich, standhaft, rein, frei von
Angst, allmächtig, Sie überwacht alles und durchdringt alle Geister, die
intelligent und rein und subtil sind. Denn die Weisheit ist beweglicher als
alle Bewegung; wegen ihrer Reinheit durchdringt sie alles und dringt in
alle Dinge ein.“
Ein weiterer schöner Text vergleicht die Weisheit "einer Flamme der
Sterne in der Nacht." Die Ruhmestitel in dem Buch der Weisheit Salomos
finden tiefe Resonanz in den Litaneien der Göttin von Indien. Die meisten
von ihnen feiern die Göttin unter tausend Namen, darunter Intelligenz,
Heiligkeit, Einzigartigkeit, Vielgestaltigkeit, Subtilität, Reinheit, jenseits
aller Gefahr, liebend das Gute, Wohltätigkeit, Treue, ohne Angst, Allmacht
und Allgegenwart.
Die Exegese der Alexandrinischen Weisheits-Litanei zeigt uns die wenig
bekannte Tatsache, dass der griechische Name „monogenes“
("Eingeborene") als Titel von weiblichen Gottheiten begann. Es war ein
Titel der Neit, der Hathor und der Isis: "Eingeborene, Selbsterzeugte", und
erscheint später in Orphischen Hymnen auf Demeter, Persephone und
Athena. Christen anschließend wandten es an auf Jesus von Nazareth, der
der "eingeborene Sohn" Gottes genannt wurde.
Es ist nicht genug Platz da, um dem ägyptischen Strom der Weisheit zu
folgen, aber was wir hier sagen, ist nur im Licht der Verehrung Ausets, in
der hellenistischen Kultur als Isis bekannt, zu verstehen. Diese Göttin war
gekommen, um über die Grenzen von Ägypten hinaus angebetet zu
werden, zunächst in Westasien und Nordafrika, dann in Europa. Der Isis
Loblieder ("Ich bin") betonen die kreative Weisheit als eine ihrer
göttlichen Qualitäten:
Der heidnische Priester Plutarch sagte, dass Isis die gleiche sei wie Sophia,
die Schöpferin von allem. Heidnische Mysterienreligionen haben
gleichgesetzt Isis und Demeter, Kybele, Juno Caelestis, Bona Dea, Tyche
und andere mediterrane Göttinnen, sie vermischten ihre Attribute und
Titel. Isis wurde in Skulpturen dargestellt, tragend die Mauerkrone der
asiatischen Göttin Tyche und haltend das Füllhorn der italienischen
Fortuna. (Diese Statuetten wurden selbst im fernen Kasachstan und
Pakistan gefunden.) Eine Vielzahl von geformten Figuren der Isis auf den
Körben der Mysterien von Eleusis wurden für Hausaltäre in Ägypten in
Massenproduktion hergestellt.
Soweit sie sich auf die Kunst der Heilung besser als die aktuellen Ärzte in
den Städten verstanden, die heilten nur den Körper, behandelten sie auch
die Seelen mit schmerzlichen und beinahe unerträglichen Krankheiten...
Die Göttin war noch in Ägypten präsent, deren alte Religion ausgeübt
wurde und einen enormen Einfluss auf die frühe gnostische Philosophie
hatte. Das Evangelium des Thomas enthält einen Aufruf aus den alten
Litaneien der Isis: "Komm, Frau, enthülle verborgene Geheimnisse!"
Loblieder der Isis fanden ihren Weg in mehrere gnostische Schriften, da
die große Göttin weiterhin mit der jüdischen Tradition der Chochmah unter
dem hellenistischen Namen der Sophia synkretistisch vermischt wurde.
Die gnostische Schrift Eugnostos der Selige lobt "die allweise Sophia
Genetrix." Sie war es, die der Ursprung der Welt ist, die "schuf große
Leuchten und alle Sterne und setzte sie an den Himmel, so dass sie nach
und nach sollten erleuchten die Erde." Diese gnostische Passage erinnert
an ein Isis-Loblied: "Ich trennte die Erde vom Himmel, habe die Art und
Weise der Sterne festgelegt."
Dieses Buch nennt Eva "die Mutter der Lebenden", ein Titel, der
zurückgeht auf die frühesten hebräischen Wurzeln, und noch weiter, bis zu
der sumerischen Göttin Ninti. In dieser Erzählung ist es Eva, die Leben
schenkt dem Adam. Der Archont sah Eva und verglich sie Sophia "in der
Ähnlichkeit, die uns im Licht erschien." Er plante, sie zu vergewaltigen
und zu "verunreinigen". Eva und Adam sollten in einen Schlaf sinken,
Adam beizubringen, dass Eva ins Dasein kam aus seiner Rippe, "so dass
die Frau dienen muss, und er wird über sie herrschen." Aber das Leben
(oder Eva) lachte über des Archonten Intrige, verdunkelte ihre Augen und
blieb neben Adam als Ebenbürtige stehen. "Sie trat zum Baum der
Erkenntnis, und blieb dort. Sie offenbarte, dass sie den Baum der
Erkenntnis abernten werde." Der Archont lief in Angst davon, später aber
kam er zurück und besudelte Eva Leib. "Und er wurde getäuscht, nicht
wissend, dass er seinen eigenen Körper geschändet hatte..."
Eine Nag-Hammadi-Schriftrolle, genannt „Zeugnis der Wahrheit“,
vergöttert die kluge Schlange, die Eva riet, die Frucht der Erkenntnis zu
essen: "An dem Tag, wenn du von dem Baum, der in der Mitte des
Paradieses ist, issest, werden die Augen deines Geistes geöffnet." Der
Schriftrolle Autor weist darauf hin, dass Gott die Drohung des sofortigen
Todes nicht wahr machte, aber der Schlange Versprechen von Wissen ward
erfüllt. Er nennt den Gott der Genesis "einen bösartigen Neider", der den
Menschen die Macht des Wissens nicht gönnt. Dieses Thema eines
unvollkommenen Schöpfergottes kehrt in anderen gnostischen Texten
wieder. Sophia tadelt diesen Gott als Lügner und Dummkopf, wenn er
nichts von ihrer Rolle bei der Schöpfung weiß und seine alleinige
Göttlichkeit behauptet.
“Du bist Sophia. Du bist Gnosis. Du bist die Wahrheit. Wegen dir ist das
Leben. Das Leben ist von dir. Wegen dir ist der Geist. Du bist ein Kosmos
der Wahrheit. Du bist eine dreifache Kraft.“
Der Gnostiker Sethian sagte, dass diese Dreifaltigkeit aus Licht, Luft und
Dunkelheit gemacht wurde. Er sah die Dreifaltigkeit als Vater, Sohn und
Materie, mit dem Sohn als dem Mittler zwischen dem erhabenen Vater und
einem passiven weiblichen Prinzip.
Die Apokryphe von Johannes enthält einen weiteren Lobpreis auf die
"perfekte Pronoia (Voraussicht) des Universums," die war "die Erste." Sie
wanderte in die große Finsternis, "in die Mitte des Gefängnisses", auch in
die Tiefen der Unterwelt. Sie vertritt "das Licht, das im Licht ist." Aber der
Text verglich "Schwester Sophia" ungünstig mit Barbelo. Eine
Zersplitterung der gnostischen Göttin war im Gange. Sie wurde dem
"Vater" untergeordnet. Die gnostischen Loblieder spiegeln ein sich
entwickelndes Konzept der "gefallenen" Göttin wieder.
Die Schrift „Eugnostos der Selige“ über die Sophia Jesu Christi wurde neu
gestaltet, in der nun Sophia rebellierte gegen den "Vater des Universums",
Sophia bereut ihre Schuld, und wird von ihrem männlichen Partner Jesus
Christus gerettet. Der revisionierte Text bezieht sich wiederholt auf die
"Schuld der Frau." Das gleiche Verfahren wurde bei der Arbeit an der
Pistis Sophia ausgeführt, wo die gefallene Sophia dreizehn Hymnen singen
musste aus Reue, bis Jesus ihr hilft, die geistigen Höhen
wiederzugewinnen.
Während diese Autoren die Schuld für die Empfängnis allein Sophia
zuschreiben, loben sie den männlichen Gott für die Erschaffung ohne
Partnerin. In ihren Erzählungen hat er sich die Sophia unterworfen, ließ sie
leiden und bereuen, bis ein überlegener männlicher Gott geruht zu
"korrigieren ihren Mangel." Als Sophia mythisch gestürzt war, nahmen
andere weibliche Figuren Aspekte ihrer Macht auf, aber die Kraft der
Weisheits-Göttin war fast zuende.
Unter dem drückenden Klima des römischen Reiches, mit seinen schweren
Steuern, Vertriebenen, städtischem Gedränge, Plagen, Sklaven-Wirtschaft
und Arena-Hinrichtungen, ganz zu schweigen von der Gewalt gegen
Frauen, war eine tiefe Negativität ins religiöse Bewusstsein eingesickert.
Die Menschen fühlten sich wie Gefangene in der Welt, und die
Überzeugung entstand, dass die Schöpfung selbst fehlerhaft war. Der
Makel erreichte die Göttin selbst, da sie sich manifestiert in der Materie, in
der Geburt, in den Körpern.
Diese neue Lehre der Identifizierung der Frau mit Fesseln, Schwäche,
Minderwertigkeit und Schuld, war der endgültige Sturz der Göttin der
Mysterien am Mittelmeer. Der Prozess war unberechenbar. Jüdische
Mystik der Weisheit, so einflussreich in der frühen Gnosis, die erhabene
schöpferische Kraft Chochmah hielt daran fest, dass die Schöpfung gut
war, auch wenn das Weibliche formal dem Mann in der Bibel
untergeordnet war. Aber zunehmend strebten die Gnostiker eine
"Umwertung aller Werte" an, nicht nur Auflehnung gegen den biblischen
Gott, sondern die Ablehnung jeglicher Schöpfung als einer guten.
Die Ausrottung der Göttin erwies sich als eine unmögliche Aufgabe. Sie
überlebte in Myriaden von Formen im Volksglauben, verschleiert wie in
Maria oder christlichen weiblichen Heiligen. Die Jungfrau Maria nahm
eine viel weniger starke Position in der kirchlichen Lehre ein als die alte
heidnische Göttin. Die Volkstradition ist eine andere Geschichte, es wurde
die Hingabe verschoben, von den alten Göttinnen zu Maria. Aufgrund
dieses Drucks der Bevölkerung und der Rolle, die sie in der Geistlichkeit
der Umwandlung gespielt, fiel auf Maria nicht der Abbau, den die
gnostischen Autoren mit Sophia betrieben, und das Stigma, dass die
Theologen über Eva gezeichnet. Der Katholizismus absorbierte die Göttin-
Traditionen im Laufe der Jahrhunderte.
Aber die Geschichte von Sophia ist noch nicht zu Ende. Durch ihre
griechischen Verehrer in Assimilation ist sie zum orthodoxen Christentum
gekommen als Hagia Sophia. Die größte Kathedrale der Byzantiner zu
ihren Ehren wurde der "Heiligen Weisheit" geweiht, unterstützt von den
großen Porphyr-Säulen aus dem Tempel der Artemis in Ephesus. Die
frühen orthodoxen Griechen betrachteten Hagia Sophia als weibliches
Mitglied der Dreifaltigkeit, als "Heilig Geist". Diese Linie beharrte in der
orthodoxen christlichen Mystik, und ist immer noch eine Kraft in der
russischen Spiritualität. Westliche christliche Feministinnen haben es in
den letzten Jahrzehnten zurückgefordert.
Dieser Titel "Heilig Geist" gehörte auch Ruha Qudusha, der Göttin der
irakischen Mandäer. Sie ist ein aramäisches Analog zu der hebräischen
Shechhinah: Vergleiche die biblischen Worte Ruach, "Geist" und kadosch,
"heilig", und denke auch an die altkanaanäische-ägyptische Göttin
Qudusha. Die aramäische Göttin erfährt die gleiche Erniedrigung in Syrien
und im Nordirak wie Sophia in dem östlichen Mittelmeerraum. Ruha
d'Qudsha, als Mutter der "bösen" Planeten und Tierkreiszeichen, ist eine
weitere gefallene oder eher gestürzte Göttin. Sie heißt mangelhaft und
defekt und kann nur emporgehoben und ins Licht geführt werden durch
den Vater.
Die Thora verwendet das Wort "schweben", wie mit Flügeln schlagen, um
die göttliche Gegenwart zu beschreiben, die Talmud-Schriftsteller hatten
begonnen, die Schechinah anzurufen. Ihr Bild schwingt mit der alten
Verehrung der Taube als heilig mit wie bei der kanaanäischen, syrischen
und zyprischen Göttin. Christen übernahmen diese Bilder, malten den
Heiligen Geist als eine geflügelte Ausstrahlung und eine schwebenden
Taube. Sie flattert über Maria in unzähligen Szenen der Verkündigung, und
über dem geweihten Kelch und Brot.
Wie Chochmah blieb sie eine Präsenz in der hebräischen Bibel. Tausende
von Jahren, nachdem ihr Lob in das Buch der Sprüche eingebettet worden,
wurden mittelalterliche christliche Mystiker von diesem weiblichen Bild
der Weisheit angezogen. Hildegard von Bingen kannte sie als Sophia,
Scientia Dei und Sapientia der sieben Säulen. Eins ihrer Manuskripte
selbst zeigt Sophia mit der Mauerkrone der antiken Göttin Kleinasiens.
Hildegards zutiefst animistische Poesie singt ein Loblied auf das Leben,
mit Weisheit begabt, wie eine Göttin in allen ihren Namen:
“Ich bin die höchste und feurige Kraft, die aussendet alle lebenden
Funken. Der Tod hat keinen Anteil an mir, aber ich bringe den Tod, darum
bin ich umgürtet mit Weisheit als mit Flügeln. Ich bin das Leben und
feurige Wesen der göttlichen Substanz, das leuchtet in der Schönheit der
Felder und in dem glänzenden Wasser, in der brennenden Sonne und dem
Mond und den Sternen, und in der Kraft des unsichtbaren Windes, des
Atems aller Lebewesen, ich atme in dem grünen Gras und den Blumen und
in dem lebendigen Wasser.“
(Buch der göttlichen Werke)
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Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DER TEMPEL DER GÖTTIN ATHENA
Es ist Platons Ansicht, dass es so etwas wie ein objektive Gut gibt. Für
Platon sind Gerechtigkeit, Weisheit, Mut, Maß und Schönheit Realitäten,
noch realer als die körperlichen Dinge, die wir sehen und anfassen können.
In der Tat wird Platon sagen, dass die Dinge, die wir sehen und berühren,
nur halb real sind: sie stehen in der Mitte zwischen Realität und Irrealität,
während das, was Platon die Ideen nennt, wie Gerechtigkeit, Schönheit,
voll real sind.
Die Seele eines Menschen kann überbrücken die beiden Ebenen, die
Ebene des Körpers und der Ebene der Ideen. Wir sind an den Körper
gebunden, solange wir leben, vor allem durch unsere Begierden, aber mit
der philosophische Reflexion können wir versuchen, die richtige Art von
Fragen zu beantworten, dann kann die Seele allmählich zu einer Ebene
kommen, auf der sie die Ideen wahrnehmen kann. Sie sind nicht sichtbar
für die Sinne, aber verständlich, das heißt, sie können nicht durch das
körpereigene Auge gesehen werden, sie können nur von dem geistigen
Auge gesehen werden.
Die Ideen sind in einer Weise göttlich: sie sind perfekt, sie sind schön,
sie sind ewig, sie vergehen nicht. Aber die Ideen sind kein Ersatz für
Götter und Göttinnen: sie sind nicht aktiv, und sie sind nicht am Leben.
Die Ideen sind verständlich, sie können von den Weisen erkannt werden,
aber sie selbst bewegen sich weder noch denken sie.
In Platons Bild der Dinge müssen die Ideen nicht die Götter ersetzen;
seiner Ansicht nach gibt es Götter neben sichtbaren Körpern, Seelen der
Menschen und Ideen. Die Götter sind vollkommene Wesen. Die Götter tun
nichts ungern und ihre Formen sind perfekt. Ein niedrigeres Tier (ja, auch
ein Mensch) hat eine Form, die schlechter ist als die der Götter. Daher
nehmen die Götter nicht andere Formen an.
Somit muss die Geschichte von Leda und dem Schwan alias Zeus falsch
sein. Und die Dichter, die diese Geschichte erzählen, sind die wahren
Verderber der Jugend. Platon widerlegt Homers Geschichte über Zeus, der
sandte den fälschlicherweise prophetischen Traum zu Agamemnon als ein
Lügner.
Die Götter sind vollkommene Wesen, mit perfekten Körpern, viel
schöner als unsere eigenen, sie können nicht getötet werden - in der Tat
können sie nicht in irgendeiner Weise geschädigt werden. Ihre Körper sind
unverderblich. Und was noch mehr ist, da sie nicht sterben, müssen sie
nicht füllen ihre Bevölkerung, so müssen sie nicht Kinder zeugen.
Platon gibt nie einen Beweis dafür, dass Zeus, Athene, Hera und andere
existieren, aber er gibt einen Beweis, in dem letzten Buch der letzten
Arbeit, die er komponierte, den Gesetzen, dass es Götter gibt. Dabei
appelliert er direkt an den sichtbaren Beweis der Götter in den Himmeln.
Sicherlich gibt es Götter, jeder kann sie sehen!
Aber aus seiner Sicht sind dies nicht die einzigen Götter. Diese
sichtbaren Götter, denkt er, waren die ersten Götter, die den Menschen
bekannt wurden. Man nannte sie Götter, weil sie immer durch den Himmel
laufen. Aber später, als Städte gegründet wurden, wurden andere Götter
anerkannt. Das sind die Götter, die wir Zeus, Hera, Athena und so weiter
nennen - die Olympioniken. Wir nennen sie Götter, aber sollen nicht alles
glauben, was über sie Homer und Hesiod und ihresgleichen uns sagen. Es
hat kein Mensch die geringste Ahnung von dieser Göttern wahren Namen,
also kennen sie nicht wirklich, was sie anrufen. Es ist wahrscheinlich nicht
Zeus, Hera, Athena.
Das sind die Götter des zivilisierten Lebens; das ist der Grund, warum
sie nicht von den Barbaren erkannt werden. Das sind die Götter, die sich
um die Menschen kümmern und wissen, ob wir gut oder böse sind.
Wie die sichtbaren Himmels-Götter sind diese ewigen Götter, sie haben
unverderbliche Körper, sie sind nicht ins Leben gerufen und werden nicht
vergehen. Ihr Geist ist in vollständiger Kontrolle über ihren Körper.
Beachte den Unterschied zu den Menschen. Unsere Körper widerstehen
der Kontrolle durch unsere Köpfe, nicht zuletzt, wenn sie uns in
Versuchung führen.
Es gibt zwei wesentliche Unterschiede zwischen der unsichtbaren
Gruppe von Göttern und den sichtbaren Himmelsgöttern: Erstens sind
diese Götter im Wesentlichen unsichtbar, aber sie können sich uns
offenbaren, wenn sie dies wünschen. Zweitens ist es diesen Göttern nicht
egal, ob die Menschen gut sind oder nicht.
Beide Arten von Göttern bringen uns Vorteile: Der Sonne Vorteile liegen
auf der Hand. Die Planeten und Sterne helfen uns, die Zeit in der Nacht
oder die Jahreszeit zu messen und ermöglichen Navigatoren ihre Wege auf
den Meeren zu finden. Doch die unsichtbaren Götter, die, die wir Zeus,
Hera, Athena nennen, kümmern sich um das Wohlergehen von
Gesellschaften und Individuen.
RECHTER GOTTESDIENST
Philosophie, oder die Liebe des Guten und Schönen, gibt einer Seele
Flügel, und nach dem Tod eine philosophische Seele steigt auf der Stelle
dahin, wo das Geschlecht der Götter wohnt:
Jetzt der große Führer im Himmel, Zeus, steht an erster Stelle, führend
einen geflügelten Wagen, imposant um alle Dinge sich zu sorgen, und die
Vielzahl von Göttern und Geistern folgt ihm, rangiert in elf Abschnitten,
nur Hestia, die Göttin des Herdes, bleibt allein in dem Haus der Götter.
Aber die anderen tun alles, was unter der Zwölf Götter Urteil in der
richtigen Reihenfolge nach Rang getan werden musste, jeder an der Spitze
seiner eigenen Abteilung.
Viele und wunderbar zu sehen sind die Bahnen in den Himmeln und
unter den seligen Göttern ständig sich drehend, diese sind immer
beschäftigt mit ihren besonderen Aufgaben. Es folgt, wer will und kann,
dazu gehören gute menschliche Seelen, denn Neid hat keinen Platz in der
Gesellschaft des Himmels. Aber wenn sie zum göttlichen Bankett gehen,
steigen sie den steilen Aufstieg zur Spitze der Gewölbe des Himmels, und
hier fahren der Götter Wagen.
Das ist, weil die menschliche Seele besteht aus drei Teilen, hier von
einem Wagenlenker und zwei Pferden vertreten, eins davon ist ziemlich
widerspenstig, was den Appetit bezeichnet, das gute Pferd muss gegen das
widerspenstige kämpfen, und der Wagenlenker, der rationale Teil des
Seele, muss üben ständige Wachsamkeit über das widerspenstige Pferd.
Nun, wenn jene Seelen, die gerufen werden, unsterblich zu werden, auf
den Gipfel kommen, und ihren Stand auf dem Feld des Himmels zu
nehmen, wo seine Revolutionen tragen sie im Kreis, werfen sie auf das,
was ist, den Blick.
Von dieser Region jenseits hat keiner unserer irdischen Dichter jemals
gesungen, es wird auch keiner würdig sein, davon zu singen. Die
Beschreibung folgt, denn ich muss es wagen, die Wahrheit zu sagen, zumal
die Natur der Wahrheit mein Thema ist. Es ist dort, dass die Realität lebt,
ohne Form oder Farbe, immateriell, sichtbar nur der Vernunft als der Seele
Pilot; und alles ist wahres Wissen der Realität über den Himmel. Nun wird
eines Gottes Fakultät verstanden direkt und wir erleben das reine Wissen
nachhaltig, da ist der Teil einer jeden Seele, die gesegnet ist zu empfangen
alles, was verwandt ist mit dieser Erfahrung. Folglich, wenn die Seele
lange gesucht hat und zuletzt sieht die Realität, sie jubelt, findet Nahrung
in ihrer direkten Betrachtung der Wahrheit und in ihrer unmittelbaren
Erfahrung, bis in der Revolution der himmlischen Umlaufbahn sie führte
die Runde wieder zum Ausgangspunkt zurück. Und im Verlauf der
Revolution erblickt die Seele die absolute Gerechtigkeit und die Mäßigkeit
und die Weisheit (das heißt, die ewigen Ideen). Wenn die Seelen der Götter
haben sich ergossen über alle anderen wahren Realitäten, kommt die Seele
wieder zurück in den Himmel und kehrt nach Hause zurück.
In Platons Ansicht haben die Wesen, die Götter, keine schwierige
Wahrnehmung der absoluten Ideale, die Götter sind nicht die Normen der
Gerechtigkeit, Schönheit und Güte, aber sie sind Lebewesen, die
vollkommene Kenntnis von diesen Standards haben.
Menschliche Seelen im Leben haben mehr oder weniger
Schwierigkeiten, wahrzunehmen diese absolute Wahrheit - es hängt davon
ab, wie viel Weisheit sie gewonnen haben in ihrem früheren Leben, aber
jeder Blick, den sie auf die absolute Wahrheit gewinnen, ob nach dem
Leben oder durch philosophische Reflexion während des Lebens, hilft zur
Überwindung des Drucks, der sie zieht zurück in den Körper.
Bis die menschliche Seele ein philosophisches Leben dreimal in Folge
gelebt hat, muss sie wiedergeboren werden, aber wenn es so gelebt wurde,
kann sie zu den Göttern kommen zur ewigen Betrachtung der reinen
Wahrheiten, die über den Himmeln existieren.
Aber ich denke, wie Homer erzählt, wie Athena den Nebel entfernt von
den Augen des Diomedes, "dass er vielleicht auch erkenne Gott und
Mensch", so dass du zuerst den Nebel entfernen musst, der nun umhüllt
die Seele, und dann kann dir das Mittel gegeben werden, wie du zwischen
Gut und Böse unterscheiden kannst. Denn derzeit glaube ich nicht, dass du
dies tun könntest.
Sehr gut, was sollen wir von Demeter, Hera, Apollon, Athena, Hephaistos,
Ares und den anderen Göttern sagen?
Still bleibt Athena, die du, Sokrates, als ein Athener, sicherlich nicht
vergessen wirst.
Die Alten haben offenbar den gleichen Glauben über Athena als die
Dolmetscher von Homer haben jetzt für die meisten von ihnen,
kommentierend den Dichter, sagen sie, dass er Athena als Geist (nous) und
Intellekt (dianoia) darstellt, und der Erfinder ihres Namens scheint eine
ähnliche Vorstellung von ihr gehabt zu haben, und ja, er gibt ihr den noch
höheren Titel "göttliche Intelligenz" (he theou noesis) und schien zu sagen:
Das ist sie, die hat den Geist Gottes (theonoa).
In den alten Tagen übernahmen die Götter durch das Los die ganze Erde
nach ihren Gebieten - nicht nach den Ergebnissen eines Streites (zwischen
Poseidon und Athena), denn es ist nicht sinnvoll anzunehmen, dass die
Götter nichts von ihren eigenen Rechten wüssten, noch dass sie für sich
selbst durch Streit zu erhalten versuchen, was anderen gehört.
Jetzt in anderen Regionen andere der Götter haben ihre Gärten und
bestellen die Angelegenheiten, aber da Hephaistos und Athena eins wie die
Natur waren, aus dem gleichen Vater geboren, und einig im Übrigen in
ihrer Liebe zur Weisheit, pflanzten sie brave Kinder der Erde, und ihren
Köpfen gaben sie die Reihenfolge der Regierung; ihre Namen sind
erhalten, aber ihre Handlungen und ihre Handwerkskunst, die beide als
ihren gemeinsamen Anteil dieses Landes sahen, was natürlich für Weisheit
und Tugend stand, wurden erhalten bei der Zerstörung derjenigen, die die
Tradition empfangen und im Laufe der Jahrhunderte verloren haben.
Außerhalb der Akropolis und unter den Seiten des Hügels wohnten
Handwerker und Weingärtner, die hatten ihre Höfe in der Nähe, aber auf
dem obersten Teil hatte nur die militärische Klasse für sich ihre
Wohnungen rings um den Tempel von Athena und Hephaistos, umgeben
von einem einzigen Ring gleich dem Gartenzaun eines Einfamilienhauses.
Der Name der "Ahnin des Zeus" ist nicht unter den Ioniern erfunden
worden, noch von uns, noch von Personen, die diese Stadt verlassen
haben, um sich im Ausland niederzulassen: sie haben einen "Ahnen
Apollo", der der Vater ist von Ion, und eine "Familie Zeus" und einen
"Zeus Hüter des Phratrie", und eine "Athena Hüterin des Phratrie". Aber
der Name "Ahnin des Zeus" ist uns unbekannt.
Phidias machte nicht die Augen seiner Athena von Gold, noch den Rest
ihres Gesichts, noch ihre Hände und Füße, wenn das heißt, sie sicher
erscheinen zu lassen als die schönste, sondern sie war nicht aus Gold,
sondern er machte sie aus Elfenbein.
Der Gesetzgeber muss die Stadt in zwölf Abschnitte teilen, der erste für
die Gründung der Tempel von Hestia, Zeus und Athena, an einer Stelle, die
auf der Akropolis sein wird, und umgeben mit einer Ringmauer.
Überall werden wir Tempel errichten für Hestia und Zeus und Athena.
Heilig dem Hephaistos und der Athena ist die Klasse der Handwerker, die
das menschliche Leben eingerichtet haben mit Kunst.
Zu Ares und Athena gehören diejenigen, die die Produkte der Handwerker
durch Kunst der Verteidigung schützen; zu Recht ist diese Klasse auch
heilig diesen Gottheiten.
Wenn einer als Handwerker arbeitet, ist es nicht zu verurteilen, ihm seinen
Lohn ordnungsgemäß entsprechend der rechtlichen Vereinbarung zu
geben, wenn Zeus der Patron des Staates und Athena Partnerin in der
Verfassung sind, wo sich lösen große Partnerschaften durch die Liebe
eines kleinen Gewinnes, dann, mit Hilfe der Götter, wird dieses Gesetz der
Hilfe, die der Staat verleiht, die Partner vereinen.
Unser Land verdient Lob, nicht nur von uns, sondern von allen Menschen,
zuerst und vor allem als lieb den Göttern. Dies wird durch den Streit der
Götter (Athena und Poseidon) bewiesen, die ihr Urteil über die Wahrheit
unserer Aussage bezeugen. Und wie sollte sie nicht, die die Götter gelobt
haben, von allen Menschen gelobt werden?
Prometheus, in seiner Ratlosigkeit, was er für die Erhaltung der Menschen
entwickeln sollte, stahl von Hephaistos und Athena Weisheit in den
Künsten.
Ich ging gestern an den Piräus mit Glaukon, dass ich vielleicht darbringe
meine Andacht der Göttin, und auch, weil ich sehen wollte, wie sie das
Fest feiern wollten, da dies in einer Einweihung bestand.
Wir müssen nicht bei allem, was man von der Götter Krieg mit Göttern
und Verschwörungen gegeneinander sagt, glauben - denn es ist nicht wahr
- wenn wir wollen unsere Zukunft bewahren und nicht als beschämend
leicht herausfallen, noch weniger müssen wir Schlachten der Götter und
Giganten glauben, das Thema für Geschichten und Stickereien, und wir
werden nichts über die unzähligen anderen Streitereien der Götter und
Helden mit ihren Freunden und Verwandten glauben.
Aber wenn jemand behauptet, dass die Verletzung der Eide und Verträge
war wirklich die Arbeit des Pandarus etwa und wurde von Athena und
Zeus gebracht, werden wir nicht zustimmen, noch, dass der Streit und
Krieg der Götter wurde angestiftet von Themis und Zeus.
Männer waren in großer Bedrängnis, und das ist der Grund, warum die
Gaben der Götter, die in den alten Traditionen erzählt wurden, uns gegeben
wurden mit der nötige Information und Anweisung - Feuer von
Prometheus, die Künste von Hephaistos und der Göttin, die ihre
Mitmenschen zu Handwerkern machte, Athena, Samen und Pflanzen von
anderen Gottheiten..
Wenn Apollo erfunden das Bogenschießen und die Medizin und die
Wahrsagerei, war es unter der Leitung von Lust und Liebe, so dass auch er
kann als ein Schüler der Liebe wie die Musen in der Musik angesehen
werden, Hephaistos in Metall-Arbeit, Athena in der Weberei und Zeus "im
Lotsendienst der Götter und Menschen."
Die Bürger von Sais in Ägypten haben eine Göttin, deren ägyptischer
Name ist Neith, und es wird von ihnen behauptet, sie sei die gleiche, die
die Hellenen nennen Athena.
Ein weiteres Merkmal ist der Charakter ihrer Ausrüstung mit Schilden und
Speeren, denn wir haben als die ersten der Völker Asiens diese Waffen
ergriffen, wobei es die Göttin (Athena) ist, die uns dazu angewiesen.
All diese Reihenfolgen und Anordnungen der Göttin (Athena) hat sie als
Erste vermittelt bei der Festlegung deiner Stadt, und sie entschied sich für
die Stelle der Erde, an der du geboren wurdest, weil sie sah, dass das
glückliche Temperament der Jahreszeiten in diesem Land würden die
Menschen der höchsten Weisheit hervorbringen.
So kam es, dass die Göttin (Athena), sowohl eine Liebhaberin des Krieges
und eine Liebhaberin der Weisheit, ausgewählt hat diese Stelle, die am
ehesten fähig, hervorzubringen Männer, die ihr am liebsten waren, und
diese Stadt als erste gründete sie.
Diese Geschichte wird bewundernswert zum Fest der Göttin (Athena), das
jetzt gefeiert wird, geeignet sein, wegen seiner Verbindung mit ihr, und der
Tatsache, dass es keine Fabel ist, sondern echte Geschichte, und es ist alles
wichtig.
Athena ist des Odysseus besondere Patronin. Die Bindung zwischen ihnen
ergibt sich aus den Ähnlichkeiten ihrer Natur; die Göttin selbst sagt es in
Buch 13: Wir wissen beide, Listenreicher, da du bei weitem der beste unter
allen Menschen in Rat und Märchen bist, aber ich unter all den Göttern
habe den Ruhm der Weisheit (Metis) und List.
In Buch 3 spricht Nestor mit Telemach über den wundersamen Charakter
dieser Beziehung und hofft, dass Telemach ähnlichen Schutz der Göttin
genieße: Möge die mit leuchtenden Augen Athena sich um dich kümmern
und dich lieben, wie sie einst den mächtigen Odysseus gehegt hat im Land
der Trojaner, wo wir Achaier erlitten große Leiden - denn ich sah nie die
Götter zeigen eine solche offene Zuneigung wie Pallas Athena, die stand
ihm bei für alle sichtbar.
Bei Troja stand Athena ständig dem Odysseus bei, ihn zu lieben und ihn
zu unterstützen. In der Wirkung der Odyssee, von der Zeit, da Odysseus
der Calypso Insel zur endgültigen Ruhe in Ithaca verlässt, Athena ebenfalls
hilft ihrem Favoriten, sowohl direkt (nach seiner Ankunft auf Ithaka) als
auch indirekt (unter den Phäaken).
Und Odysseus’ lange Heimreise ist geworden ein Paradigma für die
Reise der Selbst-Entdeckung, die schließlich zurück führt, nach vielen
Versuchen und Konfrontationen mit fremden Menschen, Monstern,
Göttern und Riesen, in die Mitte, wo man wirklich hingehört.
Der Name Athena ist 162 mal in der Odyssee erwähnt:
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DIE STERNENFRAU
Deutsch von Josef Maria Mayer
ANRUFUNG
Mutter der Sonne, deren Körper ist weiß von der Milch der Sterne, zu
deinem Knecht neige dich und verleihen ihm deinen mystischen Kuss!
Entfache in ihm die heilige Ekstase, die du denen, die dich lieben,
versprochen hast, die Ekstase, die von allen Schmerzen erlöst.
Hast du nicht verkündet: Alle Sorgen sind nur Schatten, sie gehen vorüber,
aber denkt an das, was bleibt? Dass das Universum pure Wonne ist - dass
du unvorstellbare Freuden auf der Erde schenkst - dass du nichts forderst
als Opfer?
Lass mich denn mich freuen, denn darin kann ich dir am meisten dienen.
Lass es deine Freude sein, meine Freude zu sehen, wie du es in deinem
heiligen Buch versprochen hast!
DIE QUELLE
Ich wanderte neben dem Bachlauf, und meine Augen waren gefangen vom
Glitzern deiner astralen Himmelsaugen in dem wirbelnden Wasser.
Ah! Wie über die Steine die Strömung, rauscht das Leben meines Wesens,
Nervenfieber in der zarten Liebkosung deines Bildes.
Du auch bist ein Ding, du bist ich – dein Seelengefährte - der ich bin in
Bewegung! Daher sind diese Steine sehr dicht an dir, aber der Geist - das
Leben - ist mein wahres Selbst, mein innerstes Wesen.
DER ROSENGARTEN
Lange habe ich gelegen und wartete auf dich in dem Rosengarten des
Lebens; doch immer hieltest du dich fern von meiner Erkenntnis.
Als ich dalag, betrachtete ich deine Natur als die einer unendlichen Rose.
Doch du hast gesagt: "Ich liebe dich... Ich sehne mich nach dir, bleich oder
purpurn, verschleiert oder lustvoll, ich, die ich alle Wonne und aller Purpur
bin, und Trunkenheit des innersten Sinnes, begehre dich: Komm zu mir!"
Ja! Das Bergwerk meines innersten Sinnes ist trunken, ist berauscht von
dem Tau der Rose. Dein Herz ist mein Herz, es gibt keinen Unterschied, o
Geliebte.
Wenn ich das Herz deiner unendlichen Rose durchdrungen habe, so finde
ich mich dort.
DER FUCHSSCHWANZ
Hoch und gerade wie ein Fuchsschwanz steh ich vor dir, Mutter des
Himmels.
Der Blume meines Wesens wird eine seltsame Einbildung gegeben, ich
wachse auf zu den Sternen und nicht in Richtung der Sonne.
Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester,
aber jetzt habe ich keine Stelle, um meinen Kopf nieder zu legen, denn
groß und gerade als Fuchsschwanz steh ich vor dir. Meine Ruhestätte ist
der Schoß der Sterne.
Doch alles, was ich von deinem unendlichen Körper begreifen kann, ist
wie der Handschuh auf einer deiner süßen weichen Hände, die Erde zu
berühren, nicht zu verletzen die kleinen Blumen.
DER STURM
Eine dunkle Nacht und der Sturm. Der Blitz blitzt zwischen dir und mir.
Ich bin geblendet, so dass ich dich nicht sehen kann.
Also in den Tiefen meines Seins blinken die Feuer des Lebens, ich bin
blind zum Verständnis deines Selbst und deines unendlichen
Sternenkörpers.
Dennoch sehe ich dich gespiegelt in dem Körper derer, die ich liebe, wie
wir mit zitternden Gliedern erwarten die Wiederkunft des Donners.
Sie fürchtet den Donner, und wendet sich innen zum Trost.
Aber auch dort der Blitz flammt, denn ich habe das Feuer meines Seins
innerhalb der dunklen Vertiefung entzündet – zu Ehren des Sturms und
deines unendlichen Leibes.
DAS LOCH IM DACH
Ich wusste, dass er eine alte Schlange ist. Er freut sich in der Sonne, die
durch ein kleines Loch in der Decke der Höhle eingedrungen ist.
Er sagte: "Bei mir ist das Licht des ganzen Universums konzentriert."
Aber ein kleiner brauner Käfer, der schon lange in der Höhle mit ihm
gelebt hatte, blickte auf, und seine Flügel flogen durch das Loch im Dach
--- in das Unendliche Jenseits.
So verlassend die Weisheit, würde ich zu dir kommen, geliebte Herrin des
gestirnten Himmels.
INTELLIGENTES DESIGN
Seltsame Kurven, die Kurve und jede Zahl in einer Musik und ein
harmonisches Muster gewebt.
So war das Design von meinem Freund, als wir zuerst uns trafen.
Es war wie ein Austausch von Grüßen mittels einer nach innen gewandten
Anerkennung.
Doch es steht geschrieben: "Jeder Mann und jede Frau ist ein Stern. Jede
Zahl ist unendlich, es gibt keinen Unterschied."
So ist das Leben für diejenigen, die dich lieben: Merkwürdige Kurven und
jede Kurve eine Zahl in einer Musik und ein harmonisches Design
gewoben.
SCHNEETREIBEN
Mein Körper war blau wie deiner, o Geliebte, als sie mich gefunden. Ich
war steif, als ob ich in einer engen Umarmung gehalten würde. Ich war mir
auch nicht bewusst irgendeines Dings außer dir, bis die kleinen Feuer der
Erde mich wieder mit einem Kribbeln erlösten von der Qual der
Schmerzen.
Ich erinnere mich, wie ich Schutz vor dem blendenden Sturm gefunden.
Der Schnee fiel über mich, und ich wartete, und wendete meine Gedanken
zu dir.
Dann merkte ich, wie jede Schneeflocke als winziger Stern gebaut war. Ich
sah genauer hin und vergrub mein Gesicht in den weißen Haufen, wie in
deinen Busen.
Mit den Armen umarmte ich das Schneetreiben, ich klammerte mich daran
in einer verrückten Ekstase.
So als hätte ich deinen Leib bei mir, da warst du nicht unendlich und ich
war so winzig wie eine Sternen-Flocke.
Ich war blau wie du, als sie mich fanden, eingesperrt in deine Umarmung.
DAS TAGESLICHT
Das kleine Licht der Sonne verschleiert das große Licht der Sterne, heute
scheinst du distanziert.
Die Sonne brennt wie eine große Lampe, und die Erde scheint, wie eine
kleine Kugel, mit Leben gefüllt.
Ich bin nur ein kleines Samenkorn, aber in mir ist die feurige und
konzentrierte Essenz des Lebens.
Ziehe mich bis in dich selbst, o Sonne! Projiziere mich in den Leib der
Jungfrau Maria der Nacht!
So soll ein neuer Stern geboren werden, und ich werde dich auch im
Tageslicht sehen, o Geliebte.
DER VOGEL
Einmal kaufte ich einen kleinen Vogel; sein Käfig war sehr klein. Er war
so jung, er hatte noch nicht einmal gelernt zu singen, aber er zwitscherte
gerne, als ich ihn nach Hause gebracht.
Dann hob ich die Stäbe seines Käfigs, und ohne einen Augenblick zu
zögern, flog er in den Raum, und spionierte aus den Käfig der Liebes-
Vögel, thronte darauf und untersuchte ihn sorgfältig.
Nicht lange danach bekam ich einen anderen und festeren Käfig für die
Liebes-Vögel, denn sie sind durch einige der Stäbe gebrochen. Als dem
kleinen Vogel der neue Käfig angeboten wurde, hüpfte er schnell aus
seinem winzigen Käfig in den neuen.
Jetzt hat er drei Sitzstangen und Platz für seinen Schwanz, und wenn wir
die Tür seines Käfigs öffnen, weigert er sich zu kommen. Vielleicht
fürchtet er, zu verlieren, was er einst begehrt und dann erhalten.
Hierin liegt das Geheimnis der Regierung. Gib den Leuten, was sie
einigermaßen komfortabel finden, lass sie haben drei Sitzstangen und
Raum für ihre Schwänze und vergessen ihre Sklaverei und
Einschränkungen, dann werden sie zufrieden sein.
Es gibt eine andere Moral der Geschichte des kleinen Vogels. In seiner
Sehnsucht nach einem größeren Käfig vergaß er seine Sehnsucht nach
Freiheit.
Die Tür blieb offen, das Zimmer war vor ihm, wobei er seine Flügel
ausbreiten und fliegen konnte.
Die weite Welt hätte er durcheilen können, hätte er gewusst, wie sie zu
benutzen wäre, aber er war nicht bereit dafür, er wäre in der Kälte
umgekommen, hätte ich ihn rausgelassen in den winterliche Schnee.
Mögen diejenigen, die den mystischen Pfad reisen, daran denken: Der
Erde Bewusstsein ist eine Illusion und Begrenzung. Wenn es uns ärgert,
wie ein kleiner Käfig, kommt unsere Chance zu mehr Freiheit.
Aber wenn ein größerer Käfig wird angeboten, wenn wir erreichen
Dhyana, lasst uns nicht ruhen dort. Die Tür ist offen, liegt jenseits
Samadhi, und darüber hinaus, wenn wir für sie bereit, die wahre Freiheit,
Nirvana.
O Herrin der Sterne, lass mich nicht zufrieden sein, bis ich die ultimativen
Käfigstäbe durchbrochen und frei bin - eins mit dem unendlich Großen
wie mit dem unendlich Kleinen.
UNSICHTBARE FUSSTAPFEN
Lange habe ich durchstreift die Erde und mich erfreut am Guten, Schönen
und Wahren; immer suchte ich die Stellen, wo diese zu sein schienen am
vollkommensten.
Es ist meine Freude diese Wanderschaft zwischen den Blumen des Lebens,
aber deine Freude, o Geliebte, ist vor allem, zu wünschen.
Jetzt habe ich einen Ruheplatz gesucht, da bin ich auf eine neue Höhe
gestellt, zu deinen Füßen anzubeten.
Denn es wird von dir geschrieben: "Bück dich, eine Flamme in Blau, alles
berührend, alles durchdringend, ihre lieblichen Hände auf der schwarzen
Erde, und ihr geschmeidiger Körper zur Liebe gebeugt, und ihre weichen
Füße tun nicht weh den kleinen Blumen."
Oh dass ich deine unsichtbaren Fußstapfen auf der Erde entdecke und
komme zu dem Verständnis deines Wesens, o Geliebte.
DIE FINGERSPITZEN
Oder kann es sein, Geliebte, werde ich die Abdrücke deiner Fingerspitzen
inmitten der Blumen oder auf der schwarzen Erde entdecken?
Hat nicht Nemo einen Garten, den er nicht haben soll? Tut er nicht auch
Arbeit auf der schwarzen Erde?
Wer weiß, ob deine Hände mich fassen und ziehen mich in deine Arme,
um dort mich zu schmiegen an deine Brust, um mich von der Milch der
Sterne zu ernähren?
Geliebte, wahrlich, die Pflege der Gärten der Welt - obwohl die Arbeit
schwer scheinen mag -führt zu einem großen Lohn. Wie du gesagt hast:
"Gewissheit, nicht Glauben, während des Lebens nach dem Tod, Ruhe und
Ekstase." Du fragst nur nach Opfern.
Was sagen die Bhaktis, die kennen die Liebe? Sie sehen die Geliebte
überall.
Aber wenn ich eins mit dir bin, o Geliebte, werde ich dich nicht sehen,
denn ich kenne dich, wie du weißt.
Dann aufgepasst! Denn über dem Eingang hängt ein feuriges Schwert.
Nur wenige finden dieses gut oder wissen seine Geheimnisse, es gibt aber
zwei Straßen dahin.
Auf dem breiten Berggipfel können wir die Pisten für eine Vision des
Waldland-Deltas suchen, wo die Bäume der Ewigkeit wachsen, oder wir
können durch das Tal zwischen dem Ebenholzhügel reisen, wenn wir nicht
die lila Schatten und die schwarzen Gruben fürchten.
Von dir sind wir gekommen, zu dir dürfen wir zurückkehren, o Brunnen
der lebendigen Sterne!
Es steht geschrieben, wie der alte König von seinem verbannten Pfau
geträumt, in einem Palast aus Eis, der rief begraben: "Die Eiszapfen der
Isis fallen auf meinen Kopf!"
So ist es mit denen, die in den Palast des Mondes kommen – denn wegen
dem Wort Sünde verbannt zu werden, ist Beschränkung.
Oh Herrin des gestirnten Himmels, lass mich nicht frieren bei der
Berührung des kalten Schleiers der Isis. Für den Mond aber sind die Toten
Reflektionen der Sonne und die Jüngsten deiner Kinder des Lichts.
Zeige deiner Sterne Pracht, o Nacht; heiß mich in deinem Haus wohnen!
LILA NEBEL
Die zarten lila Nebel-Ströme fließen von den Hügeln: Ich beobachte und
warte auf den Sinn des Ganzen.
Aber die Sonne geht hinter den Bergen unter, und deine astralen Lampen
leuchten am Himmel.
Ist nicht die Lampe über dem Altar ein Symbol für den Wunsch, das
Höhere zu erarbeiten?
Also, o Herrin des Himmels, vergleiche ich den Nebel dem Lebensatem
der Seelen, das Kleid für dich hier unten.
Auch ich würde als zarter lila Nebel aufsteigen, der dampft von den
Hügeln. Bist du nicht alle Wonne und aller Purpur?
Ich würde als das männliche Gegenstück zu dir, o Geliebte, zeichnen das
Unendliche innen.
Doch dein Reines Sein ist feiner als dieser mein Körper, ich sollte jeden
Teil von dir mit meinem Fleisch durchdringen.
Nicht wie von der Erde, wo das Männliche mit dem Weiblichen sich
vereinigt durch die physischen Organe der Liebe, sondern mit jedem Atom
meines Seins nah an jedem Atom deines Seins: So, o Geliebte, sollten wir
in eine neue und vollständige Umarmung uns geben -innen und außen.
Dann, o Geliebte, würde ich vor dem Herrn, dem Erstbeweger, weinen,
mich zu lehren die Kunst der wirbelnden Bewegung der Ewigkeit.
So zu wirbeln in dir, ist unser nie endendes bräutliches Fest, und ein neues
System der revolutionären Gestirne würde geboren werden.
Ah! der schrille Schrei der Ekstase dieser Entrückung - Der Orgasmus des
Unendlichen Inneren!
DER REGENBOGEN
Wie ich im Schutz der Waldlichtung saß, fing mein Auge den bunten Glanz
der Diamanten ein. Ich sah wieder; die Sonnenstrahlen wurden von dem
Tau gespiegelt, der auf einem kleinen gebogenen Zweig lag.
Ah! Meine Geliebte, so hat die Spinne des Schicksals ihren seidenen
Faden gewebt aus Extremen des Großen Regenbogens der Verheißung.
Das Schicksal hat mich ausgerüstet mit dem Pfeil auf der Sehne der
Vorherbestimmung im Blick der Sonne.
Aber wessen Hand legt sich an den Mächtigen Bogen, o Geliebte, und
sendet dich mir auf Flügeln zur Ruhestätte in meinem Herzen?
FALLENDER TAU
Als ich von dem bestimmten Rosengarten kam und im Begriff war, in
meinen bescheidenen Unterschlupf zurückzukehren, fingen meine Augen
den Glanz des Taus ein, der fiel wie eine winzige Spur entlang des Weges.
Es war sehr früh, die Sonne war noch nicht aufgegangen, die Sterne
funkelten noch schwach am Himmel.
Ich folgte den Spuren der Tautropfen, bückte mich so, dass ich in jedem
Kristall sah die Reflexion eines winzigen Sterns.
So kam ich zu der Kammer meiner Dame, sie war es, die die Rosen mit
diesen silbrigen Fäden als Anhaltspunkt für ihr Versteck zurückgelassen
hatte.
Als ich sie fand, schloss ich die Augen, als sie die duftenden rosa Blüten
drückte an ihre weiße Brust.
Dann habe ich mein Gesicht vergraben in den Blüten und sah nicht die
Augen, als sie sie öffnete voller Staunen.
So würde auch ich der Sternenspur fallenden Taus folgen, ehe die erneute
Sonne entsteht und verbirgt dich vor mir, o meine Geliebte!
So würde ich kommen zu dir und begraben mein Gesicht in deiner Brust
inmitten der Rosen des Himmels.
DÄMMERUNG
Dämmerung... und in ein paar kurzen Momenten kann ich die Sterne
angucken. Ich werde warten auf dich, hier inmitten der Heide, o Geliebte.
Ich warte... keine Sterne erscheinen, denn ein Nebel ist vom Fuß der Berge
geschlichen.
So wartete ich einen Anblick auf deinen Sternen-Körper, bis der kalte
feuchte Nebel unterdrückte meine Emotion, kühlte mein Wesen, und meine
Vernunft ist zurückgekehrt.
Die Frau stand mit einem Schwert gegürtet vor mir. Meine Emotion wurde
durch die Klarheit der Wahrnehmung überwunden. Da erinnerte ich mich
an deine Worte: "Sehet mein Licht über euch!"
So wendete ich meine Gedanken, so dass ich mich konzentrierte – auf den
Stern meines innersten Wesens. Da kam dein Licht als Heiligenschein der
Verzückung, und ich kam ein wenig an deinem Busen zu liegen.
Aber ich war ein Stäubchen - und ich verlor mich in dieser Stunde.
Das ist das Geheimnis von ihr, die fordert nichts als Opfer.
DER HUNDSSTERN
Die Weisheit hat gesagt: "Sei nicht tierisch; verfeinere dein Entzücken.
Dann kannst du mehr Freude ertragen!"
Ich bin wie ein entfesselter Hund vor dir, o Geliebte. Ich habe mich um
dich bemüht und du siehst in mir nur den Hundsstern.
Ich will noch nicht in die Grube namens Warum fallen, dort mit den
Hunden der Vernunft umzukommen. Es gibt keinen Grund in mir, ich
suche Erkenntnis, o Mutter des Himmels.
So, mit meinem Gesicht in der schwarzen Erde begraben, wende ich mich
wieder dir zu. Ich werde meine Verzückung verfeinern.
Die Rosen fallen. Dies ist die Nacht des Vollmonds, da die Kinder
besuchen das Heilige Labyrinth.
Darin werden sie sitzen - aber nicht um der Liebe willen - denn sie kennen
dich nicht - o Geliebte. In die Elemente, die feurigen, die wässrigen, die
luftigen und die irdischen Zeichen teilen sie sich, wenn sie sich unterm
Vollmond im Wald sammeln.
Ich schlenderte zu der tiefen schattigen Lichtung, dort habe ich einen
kleinen Beutel von Potpourri erblickt, der fiel - vielleicht - von dem
Zauber-Gürtel von einem der jungen Mädchen.
Zärtlich hob ich ihn auf. Sein Duft ist gleich dem Duft von ihr, die ich
liebe. Auch sie, vielleicht, hat den Ruf des Mondes gehört und ist auch
jetzt auf dem Weg zum geheimen Rendezvous.
Aber hast du nicht gesagt: "Lasst es keinen Unterschied unter euch geben
zwischen einem Ding und jeder anderen Sache, denn dadurch kommen
Verletzungen?"
Was für eine Rolle spielt dann der Name des Mädchens? Wie wichtig
waren die Blumen, aus denen das Potpourri zusammengesetzt war?
Doch ich wage nicht zu verbrennen diesen Weihrauch vor dir, o Geliebte,
weil dein Haar ist wie die Bäume der Ewigkeit.
Oh kleines Päckchen Potpourri, du hast mich erinnert an sie, die ich liebe,
denn die Rosen werden fallen, es ist in der Nacht des Vollmonds, und die
Kinder der Sünde sammeln sich, um das Heilige Labyrinth zu besuchen.
ROTE SCHWANENDAUNE
Es ist gesagt, wie Parzival gekommen und brachte den Schwan der Ekstase
geflügelt über den Berg des Grals.
Aber es gibt in den Archiven eine andere Geschichte, ungehört von den
Ohren der Menschen.
Von der Brust des Ewigen Schwans schwebte eine Daune, in Blut getaucht.
Diese versteckte der jüngste und am wenigsten würdige Ritter zärtlich in
seinem Schoß, bis er sie versteckte im harten Kissen seines einsamen
Sofas.
Nacht für Nacht das Heilige Kissen wurde weicher, süßer und süßer waren
seine Träume. Und eines Nachts - die Nacht der Krönung des Parzival –
ihm ward die große Vision gewährt, wobei die Sterne wurden wie Flecken
von Schwanendaunen auf der Brust des Himmels, jeder ein Lebewesen
und Pochen, denn sie waren in Blut getaucht.
Dann hat jedes Atom seines Seins einen Sternenlauf genommen freudig
durch die große Masse der Herrin des Himmels. So im süßen Schlaf kam
er ins Jenseits.
VORÜBERSCHWEBENDE WOLKEN
Eine dunkle Nacht: Nicht ein Stern sichtbar, aber derzeit der Mond strahlt
durch einen Riss in den Wolken. Und ich erinnere mich: "Die Leiden sind
nur Schatten, sie gehen vorüber, aber halte dich an das, was bleibt."
Ein trüber Tag: aber derzeit die Sonne wird nur durch die Wolken gesehen,
ihr Licht ist zerstreut.
Wieder Nacht: Ich hab die Sonne aus den Augen verloren, nur der Mond
erinnert mich an ihre Gegenwart. Die Wolken treiben schnell über den
Himmel und verschwinden.
Dein Sternen-Körper ist sichtbar, o Geliebte, alle Sorgen und Schatten sind
vergangen, und er ist das, was bleibt.
Wenn die Wolken sich sammeln, lass mich dich nie vergessen, o Geliebte!
Die Schildkröte kriecht langsam und wenn sie anhält, zieht sie sich zurück
in ihre eigene Schale, doch es geht vorüber der Hase.
Der Hase schläft, wenn er sich schnell bewegen sollte, er rennt in seinen
Träumen und denkt sich am Ziel.
Aber die zusammengerollte Schlange hat Weisheit, denn sie wird ihren
Schwanz verbergen und begehrt nichts, sie wird auferwecken ihren Kopf
und kennt keine Ängste, sie kriecht langsam wie die Schildkröte, aber
widersteht nicht, sie schmiegt sich nah an den Hasen, es sticht ihre Zunge
mit Schnelligkeit, noch nicht einschlafend, sinkt sie auf der Strecke.
Das Tetragramm trägt in sich das Gesetz, doch kann es um der Liebe
willen geteilt werden, denn die Liebe ist das Gesetz.
Das Tetragramm ist das der Elemente, aber es kann für das Glück der
Vereinigung geteilt werden, denn es gibt darin Einheit.
Es gibt nur eine Substanz und eine Liebe und während diese
Sechsundzwanzig ist Eins, ist die Dreizehn die Hälfte davon.
So kann ich mit den Zahlen spielen, der ich lieber mit der oder jener Liebe
spielen würde...
Denn du hast gesagt: "Es gibt nichts, dass die geteilte Liebe vereinen
kann!"
DAS RÄTSEL
Was ist das, was kommt zu einem Punkt und noch hingeht im Kreis?
Dies, o Geliebte, ist ein dunkles Wort, aber du hast gesagt: "Meine Farbe
ist schwarz dem Blinden, aber blau und golden dem Sehenden, so scheine
ich eine geheime Pracht für die, die mich lieben."
Und Hadit hat erklärt: "Es ist ein Schleier, dass der Schleier schwarz ist."
Ich würde gerne den Schleier zerreißen, o Geliebte, um dich zu sehen, wie
du bist, könnte ich dich überall sehen, auch in der Dunkelheit, dass ich
komme zu einem Punkt und noch hingehe in einem Kreis.
Denn Hadit, der Kern eines jeden Sterns, sagt: "Es ist, dass ich gehe", und
du, Mutter der Sterne, rufst: "Für mich! Für mich!"
Löse mir das Rätsel des Lebens, o Geliebte, zu gerne würde ich schauen
dein Geheimnis des Ruhmes.
SPRICHWÖRTER
Isis hat gesagt: "Ich bin alles, was war und was ist und was wird sein, und
kein Sterblicher hat meinen Schleier aufgehoben."
Jahwe zeigte seinen Rücken dem Mose und sprach: "Kein Mensch hat
mein Antlitz je geschaut."
Hadit hat gesagt: "Ich bin das Leben und der Geber des Lebens, deshalb ist
das Wissen um mich das Wissen um den Tod."
Aber du, o Geliebte, hast gesagt: "Ich gebe unvorstellbare Freuden auf
Erden, Gewissheit, nicht nur Glauben, das Leben nach dem Tod,
unaussprechlichen Frieden, Ruhe, Ekstase, und verlange nur Opfer."
Wer würde nicht lange zu dir nach deinem Stern rufen, o Geliebte?
Fallen, fallen, fallen! So fallen die Strahlen aus deinem Sternen-Leibe auf
diesen winzigen Planeten, o Geliebte! Unzählige Ströme des Lichts wie
Sternenregen auf die schwarze Erde.
Da jeder Mann und jede Frau ein Stern ist, sind ihre Leben wie Ströme von
Licht auf jeden Punkt im Raum konzentriert.
Als ich mit den Armen ausgestreckt lag, glänzte mein nackter Körper wie
Elfenbein in der Dunkelheit. Mein Scharlach-Abba wurde weit
geschleudert, meine Augen richteten sich auf die Sterne am beleuchteten
Himmel, ich fühlte, dass ich auch fallen, fallen, fallen würde, in einer
Ekstase von Angst und Liebe in die Leere des Raumes Abgrund.
Dann habe ich mich daran erinnert, dass du immerwährend bist. Nah,
oben, um mich bist du. Und siehe da, von einer Sternschnuppe bin ich
geworden zu einem Kometen, frei laufend in unendlichen Kreisen, die
jeweils in einem anderen Winkel stehen, bis meine Natur herausfand, dass
die Unendliche Kugel ist dein Symbol, o Geliebte.
Dann habe ich danach gestrebt, das Zentrum von allem zu finden.
JUSTITIA
Ich bin ein Narr, o Geliebte, und deshalb bin ich ein wertloses Ich nach
Lust und Laune.
Jetzt bin ich zum Gericht gekommen, so dass ich Alles oder Nichts, je
nach Blickrichtung, bin.
Kein Atem kann die Feder der Wahrheit rühren, daher ist die Gerechtigkeit
allein in mir. Doch der Ochsen-Stachel ist in Bewegung und der Atem
kreist, wenn es genannt wird Omega, das auch Alpha ist.
Wie dumm sind diese Gedanken, die aber wie das Schwert in der Hand der
Justitia sind. Sie sind so unterschiedlich wie die Waage, die sich nicht
rührt, unausgewogen, wobei die Figur des Gesetzes über dem Gerichtshof
in einer großen Stadt fixiert ist.
Aber du hast gesagt: "Liebe ist das Gesetz, Liebe mit freiem Willen..."
Und Liebe ist der Wille zur Veränderung, und Veränderung ist der Wille
zur Liebe.
Die Waage der Gerechtigkeit nehme ich wahr, das Instrument der Liebe,
und des Lebens Urteilsspruch, das Geheimnis der Inhaftierung in dein
Wesen, o Geliebte!
Dann kam, o Geliebte, dein Wort zu mir, wie geschrieben steht: "Alles
rührend, alles drängend."
So verließ ich Zeit und Raum and Umstände, und jeder Stern wurde ein
Atom in meinem Körper, als er dein Leib wurde. Jetzt werde ich nie
wissen, ist es für mein Ich, dass ich gehe?
Aber du, o Geliebte, du bist das unendlich Große, du bist nicht von dem
unsichtbaren Punkt erregt - das unendlich Kleine!
Eine Million Ewigkeiten sind vorhanden, ich kann mir nicht vorstellen den
Wandel. Dies ist das Hier und Jetzt, und ich bin – nichts!
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DANTE VITA NOVA
I
Einleitung
In diesem Teil des Buches meiner Erinnerung, vor der wenig zu lesen ist,
gibt es eine Rubrik, die besagt: "Hier beginnt das neue Leben." Unter
dieser Überschrift finde ich die Worte geschrieben, von denen es meine
Absicht ist, sie in diesem kleinen Buch zu kopieren, und wenn nicht alle
Worte, so doch zumindest ihre Essenz.
II
Das erste Treffen mit Bice
Neun Mal schon seit meiner Geburt des Himmels Licht war fast auf der
gleichen Stelle, als die glorreiche Dame meinem Kopf strahlte zuerst in die
Augen, sie, die von vielen Bice genannt wurde ("sie, die Segen verleiht“)
nicht wissend, was es bedeutet, sie so zu nennen. Sie hat schon so lange
gelebt in diesem Leben, wie in ihrer Zeit der Sternenhimmel ward östlich
den zwölften Teil von einem Grad bewegt, so dass sie mir erschien fast zu
Beginn des neunten Jahres, und ich sah sie fast am Ende meines neunten
Jahres. Sie erschien in edelsten Farben gekleidet, zurückhaltend und rein,
in Purpur, gebunden und in gutem Stil, der ihr sehr zartes Alter schön
geschmückt hat.
In diesem Moment sage ich, dass wirklich mein Lebensgeist, das, was in
der geheimen Kammer des Herzens lebt, begann so heftig zu schlagen,
dass ich fühlte es heftig im geringsten Puls zittern und beben, da stieß er
die Worte hervor: "Siehe einen Gott mächtiger als ich, der kommen wird,
über mich zu herrschen!" In diesem Moment der Geist, das, was in der
hohen Kammer lebt , zu der alle Geister der Sinne tragen ihre
Wahrnehmungen., fing an, sich tief zu wundern, und spricht vor allem den
Geist des Schauens an, diese Worte sprechend: "Jetzt ist deine Seligkeit
erschienen!" In diesem Moment der natürliche Geist, das, was in dem Teil
lebt, wo unser Essen verarbeitet wird, fing an zu weinen und heulen, und
sagte diese Worte: "Oh Elend, da werde ich von nun an oft belästigt
werden!"
Von da an habe ich zu sagen, dass Eros geregelt hat meine Seele, die so
bald ihm verheiratet war, und er fing an, mich zu erwerben, mit Sicherheit
und Befehl, durch die Kraft meiner Phantasie, dass ich gezwungen war,
vollständig durchzuführen seine Wünsche. Er befahl mir, viele Male zu
entdecken, ob ich vielleicht einen Anblick dieser Zartesten aller Engel
einfangen könnte, so dass ich in meiner Kindheit oft ging auf die Suche,
und sah nach ihr, wie edel und lobenswert ihre Manieren, die sicherlich
ihre waren, und sagte Worte des Dichters Homer: "Sie schien nicht die
Tochter eines sterblichen Menschen , sondern Gottes." Und obwohl ihr
Bild, das, was immer wieder bei mir war, als ein Werkzeug des Eros mich
regierte, war es doch von so edler Tugend, dass es nie erlaubte dem Eros,
mich ohne die treue Verteidigung der Vernunft in all diesen Dingen, wo
solcher Rat regieren könnte, sinnvollerweise zu hören.
Aber weil es Fiktion einigen scheinen mag, sich auf die Leidenschaften
und Aktionen zu berufen, die vor Jahren in mir wohnten, werde ich dies
verlassen, und übergehen viele Dinge, die von der Übung aufgenommen
wurden, die abgeleitet werden könnten, und werde auf diese Worte
kommen, die sind meiner Erinnerung nach von noch wichtigeren Köpfen
beschrieben worden.
III
Jahre später grüßt er sie
Als so viele Tage vergangen waren, dass genau neun Jahre waren seit dem
Erscheinen dieses sehr liebenswürdigen Wesens vergangen, das ich oben
beschrieben habe, ist es geschehen, an dem letzten dieser Tage, dass diese
wunderbare Frau mir erschien, in das weißeste Weiß gekleidet, zwischen
zwei liebenswürdigen Damen, die älter waren, und die von einer Straße
wendeten ihre Augen zu dem Ort, wo ich sehr ängstlich stand, und mit
ihrer unbeschreiblichen Höflichkeit,, die jetzt in einer höheren Sphäre
belohnt wird, begrüßte sie mich so tugendhaft, dass ich sah bis zum Ziel
der Gnade. Die Stunde, in der sie so süßen Grußes mich begrüßte, war
genau die neunte Stunde dieses Tages, und weil es das erste Mal war, dass
ihre Worte geruhten, mir zu Ohren zu kommen, fand ich sie süß, die ich
aus der Menge wie berauscht wahrnahm, und ich kehrte zurück in die
Einsamkeit meines eigenen Zimmers, und begann zu denken über diese
gnädige Frau.
Und denkend an sie, ein süßer Schlaf überkam mich, in dem eine
wunderbare Vision mir erschien: so dass es schien, als sähe ich in meinem
Zimmer einen feuerroten Nebel, in der Mitte, in dem ich die Form eines
Herrn zu erkennen glaubte und diejenige, die auf ihn schaute, und er
erschien mir mit so viel Freude, so viel Wonne in sich, dass es eine
wunderbare Sache war, und in seiner Rede sagte er viele Dinge, von denen
ich nur ein paar verstand: unter ihnen habe ich das verstanden: "Ich bin
dein Herr."
Es schien mir, er hielt eine Figur schlafend in seinen Armen, nackt,
außer dass sie mir schien leicht mit einem roten Tuch bedeckt: Betrachtend
dies sehr aufmerksam, erkannte ich, es war die Dame der Begrüßung, sie,
die sich herabgelassen hatte, mich zu grüßen an diesem Tag. Und in einer
seiner Hände schien es mir, dass er etwas ganz festgehalten über dem
Feuer, und er schien mir diese Worte zu sagen : „Schaue dein Herz.“ Und
als er eine Weile gestanden hatte, schien der, der geschlafen hatte, zu
erwachen, und durch seine Kunst war er so kraftvoll, dass er essen konnte
das, was in der Hand verbrannte, er aß es zögernd.
Nach einer Wartezeit für eine Weile war seine Freude umgewendet zu
bitterer Trauer, und so trauernd, sammelte er die Dame in seine Arme, und
es schien mir, dass er mit ihr aufgefahren sei gen Himmel: davon ich
erlebte, voller Angst, dass mein Schlaf das Licht nicht ertragen konnte, und
so war ich gebrochen und wurde zerstreut. Und sofort begann ich zu
reflektieren, und entdeckte, dass die Stunde, in der diese Vision mir
erschienen war, die vierte Stunde dieser Nacht war: so offensichtlich war
es klar, es war die erste Stunde der neun letzten Stunden der Nacht.
Ich dachte über das nach, was mir erschienen war, da beschloss ich, es
vielen, die berühmteste Dichter der Zeit waren, bekannt zu machen: und da
es eine Tatsache war, dass ich schon für mich die Kunst des Sprechens der
Worte in Reimen gewonnen hatte bis zu einem gewissen Grad, beschloss
ich, ein Sonett zu formen, in dem ich all diejenigen Getreuen des Eros
grüße, und bat sie, meine Vision zu interpretieren, dies hab ich für sie
geschrieben, was ich in meinem Schlaf gesehen hatte. Und dann begann
ich dieses Sonett.
Das Sonett ist in zwei Teile gegliedert: so, dass im ersten Teil ich grüße
und bitte um Antwort, im zweiten Teil deute ich an, was man beantworten
muss. Der zweite Teil beginnt mit "Bereits ein Drittel“. Es gab viele
Antworten zu diesem Sonett und unterschiedliche Interpretation: darunter
war einer, dem ich als den wichtigsten meiner Freunde antwortete, und er
schrieb dann ein Sonett, das beginnt : "Vedeste, al mio parere, onne
valore.“
Und das war praktisch der Beginn der Freundschaft zwischen ihm und
mir, als er wusste, dass ich es war, der die Anfrage bei ihm gemacht hatte.
Die wahre Bedeutung dieses Traums wurde dann nicht von jedermann
gesehen, aber jetzt ist es klar sogar den Unwissenden.
IV
Die Auswirkungen der Liebe auf ihn
V
Der Schutz und Schirm einer Dame
Eines Tages geschah es, dass diese am meisten zierliche Dame saß an
einem Ort, wo Worte über die Königin der Herrlichkeit gehört wurden, und
ich in einer Position, in der ich von der Seligkeit zu sehen war, und
zwischen ihr und mir in einer geraden Linie setzte sich eine sanfte Dame
der angenehmsten Erscheinung, die mich häufig ansah, erstaunt über
meinen Blick, der bei ihr zu Ende zu sein schien.
Dann waren viele sich ihres Blickes sicher, und nach einer Weile war sie
sicher über meine Blicke, so dass ich beim Verlassen des Ortes es hinter
mir gesprochen werden hörte: "Sehen Sie, wie diese Dame seine Person
beunruhigt!" Und bei der Nennung merkte ich, dass man von ihr sprach,
die in der geraden Linie saß, die bei der anmutigsten Bice begann und
endete in meinen Augen. Da wurde ich sehr getröstet, ich war mir sicher,
dass mein Geheimnis nicht entdeckt worden ist, da anderen mein Blick an
diesem Tag enthüllt worden ist.
Und sofort dachte ich an die Einsetzung dieser Dame als an einen
Schirm vor der Wahrheit, und ich gab es vor oft in kurzer Zeit, dass mein
Geheimnis angenommen wurde, dass von den meisten Menschen, die über
mich spekuliert hatten, es als bekannt angesehen wurde. Ich habe mich
abgeschirmt mit dieser Dame für einige Monate und Jahre und hab es
anderen erlaubt, es zu glauben, darum hab ich bestimmte kleine Dinge für
sie in Versen verfasst, da es zwar nicht meine Absicht war, sie
aufzuschreiben, sofern sie nicht hauptsächlich um die Behandlung der
anmutigsten Bice sich drehten, und deshalb werde ich sie alle vernichten
bis auf eines, das ich schrieb, das gesehen werden kann, um in ihm ihr Lob
zu vergessen.
VI
Er komponiert die Minnelieder der sechzig Damen
Ich sage, dass während der Zeit die Dame war der Schirm für eine so
großes Liebe, so groß, was meinen Teil betrifft, dass mir der Wille kam,
den Namen dieser anmutigen Einen aufzeichnen und sie zu begleiten mit
vielen Namen von Frauen, und vor allem dem Namen der sanften Dame.
Und ich nahm die Namen der sechzig schönsten Damen der Stadt, in der
meine Herrin war von dem höchsten Herrn niedergelegt worden, und ich
schrieb einen Brief in Form eines Minneliedes, ein Gedicht des Lobes, das
ich nicht aufschreiben werde: und ich würde es nicht erwähnt haben, wenn
es nicht zu sagen wäre, dass es sich ergab, dass eine wunderbare Sache
eingetreten ist, dass dem Namen meiner Herrin wurde nicht erlaubt, an
irgendeinem anderen Ort zu stehen als dem neunten unter den Namen der
Damen.
VII
Der schirmenden Dame Abreise
Die Dame, mit deren Hilfe ich meine Wünsche so lange verborgen, hatte
die Stadt verlassen, die ich oben erwähnt, und reiste in eine weit entfernte
Region: wegen dem ich stark durch den Verlust der schönen Verteidigung,
die ich erworben hatte, beunruhigt war, ich war untröstlich, mehr als ich
selbst würde zuvor geglaubt haben. Und ich dachte, dass, wenn ich nicht
traurig genug über ihre Abreise den Leuten schreiben würde, ihnen
schneller bewusst würde, dass sie nur ein Vorwand war, darum habe ich
beschlossen, eine Klage als Sonett zu schaffen: das ich aufschreiben
werde, denn meine Herrin war die direkte Ursache für bestimmte Wörter,
die sind in dem Sonett zu finden, wie sich für jeden, der es versteht, klar
ergibt. Und so schrieb ich diese Kanzone, die beginnt so: "O voi che par la
via..."
Diese Kanzone hat zwei Hauptteile: in der ersten meine ich, den Eros-
Loyalen in den Worten, die der Prophet Jeremia sprach, zuzurufen : "O ihr
alle, die ihr vorübergeht, hört und seht, ob es einen Schmerz wie meinen
gibt!“ Und sie zu bitten, mir zu erlauben, gehört zu werden. Im zweiten
Teil sage ich, wohin Eros mich gelegt hatte, mit der Absicht,
entgegengesetzt zu den äußeren Extremen der Kanzone, etwas zu
offenbaren, und ich sage, was ich verloren habe.
VIII
Dantes Gedicht auf den Tod von Bice’s Begleiterin
Nach dem Weggang dieser sanften Dame gefiel es dem Herrn der Engel, in
seine Herrlichkeit zu rufen eine Frau, jung und sehr sanft, die eine wahre
Grazie in der Stadt war, von der ich sprach: deren leblosen Körper sah ich
inmitten einer Menge von Damen liegen, die kläglich weinten. Dann
erinnerte ich mich, dass ich sie gesehen hatte als Begleiterin meiner
zierlichen Herrin, ich konnte die Tränen nicht zurückhalten: so weinend
hab ich beschlossen, ein paar Worte zu ihrem Tod zu sprechen, als
Hommage an die Tatsache, dass ich sie einmal gesehen hatte, mit meiner
Herrin sprechend.
Und ich berührte hier ein wenig im letzten Teil die Worte, die ich
geschrieben habe, es ist deutlich zu erkennen für diejenigen, die verstehen.
Und dann schrieb ich diese beiden Sonette, von denen das erste so beginnt:
"Piangete, amanti...“ und das zweite so: "Morte Villana...“
Dieses erste Sonett ist in drei Teile gegliedert: Im ersten Teil rufe ich und
bitte diejenigen, die treu sind dem Eros, zu weinen, und ich sage, dass ihr
Herr weint, und ich sage „höre den Grund, der ihn voller Tränen macht“,
so dass sie vielleicht eher bereit sind, auf mich zu hören. In dem zweiten
Teil erzähle ich die Ursache. Im dritten Teil beschreibe ich die Ehre, die
Eros dieser Dame spendete. Der zweite Teil beginnt mit: "Eros fühlt", der
dritte Teil mit: "Höre!“
IX
Dantes Reise: die neue beschirmende Dame
Ein paar Tage nach dem Tod dieser Frau ist etwas passiert, was mich
gezwungen, die Stadt zu verlassen und in die Region zu ziehen, wo die
sanfte Dame war, die mein Schirm war, obwohl das Ziel meiner Reise
nicht so weit war wie der Ort, wo sie war. Und obwohl ich in der
Gesellschaft von vielen war, zumindest nach außen hin, missfiel die
Gefahr mir so sehr, dass meine Seufzer konnten kaum die Angst entlasten,
die mein Herz fühlte, weil ich mich distanzierte von meiner Seligkeit.
Und so ist der süßeste Herr, der durch die Tugend meiner zierliche
Dame über mich herrschte, mir erschienen in meiner Phantasie wie ein
Reisender, einfach gekleidet in grobes Tuch. Er schien niedergeschlagen
und starrte auf den Boden, es sei denn, er schien seine Augen auf einen
schönen und klaren Bach zu richten, der an dem Weg, den ich ging,
rieselte.
Es schien mir, dass Eros meinen Namen rief und sagte diese Worte zu
mir: "Ich komme von dieser Dame, die schon lange den Schirm darstellt,
und ich weiß, dass ihre Rückkehr wird nicht in einiger Zeit geschehen, und
so habe ich mit mir das Herz, das ich verlassen, und ich trage es zu einer
Dame, die deine Verteidigung sein wird, wie diese es war." Und er nannte
mir ihren Namen, so dass ich wusste, dass sie gut war. "Aber Vorsicht,
wenn du etwas von diesen Worten erwähnst, um dich zu wiederholen, gib
acht, dass sie in einer Weise geschehen, dass niemand erkennt die falsche
Liebe, die du gezeigt hast, und die du nun musst einem anderen Wesen
zeigen."
Und da er diese Worte redete, ging meine Phantasie ganz plötzlich auf,
wie es schien, dass Eros sich mit mir verschmolzen und etwas in meinem
Aussehen veränderte, fuhr ich an diesem Tag fort zu denken Tiefes und
begleitet von vielen Seufzern. Nach diesem Tag begann ich dieses Sonett,
das beginnt so: "Cavalcando.“
Dieses Sonett hat drei Teile: im ersten sage ich, dass ich Eros traf und wie
er mir erschien. Im zweiten Teil sage ich, was er zu mir sagte, ich gedachte
es nicht vollständig zu machen aus Angst mein Geheimnis zu offenbaren.
Im dritten Teil sage ich, wie er verschwunden ist. Der zweite Teil beginnt
mit: "Als er mich sah", der dritte Teil mit: "Dann habe ich."
X
Bice weigert sich, ihn zu grüßen
Nach meiner Rückkehr machte ich mich auf, die Dame, die mein Herr auf
der Straße der Seufzer mir genannt, zu suchen, und um kurz darüber zu
sprechen, sage ich, dass in kurzer Zeit ich sie zu meinem Schirm machte,
so sehr, dass viele Menschen darüber spekulierten, über die Grenzen der
Höflichkeit hinaus: das hat mich oft sehr nachdenklich gemacht. Und aus
diesem Grund, nämlich wegen dem ausufernden Rumoren, die bösartigen
Verleumdungen schienen mir nur zu bestätigen, dass sie das am meisten
anmutige Wesen war, sie, die war die Bezwingerin aller Laster und die
Königin aller Tugenden, sie ging vorbei und weigerte sich, mir ihren süßen
Gruß zu spenden, in dem alle meine Seligkeit bestanden hätte.
Und verlassend den vorliegenden Gegenstand etwas, will ich deutlich
machen, wie ihr Gruß erarbeitete in mir alle Tugenden.
XI
Die Auswirkungen ihres Grußes auf ihn
Ich sage, dass, als sie erschien, an welchem Ort auch immer, vor der
Hoffnung, die in diesem wunderbaren Gruß verkörpert war, für mich kein
Feind geblieben ist, in der Tat habe ich mit einer Flamme der
Nächstenliebe geglüht, die mich gewähren ließ Begnadigung dem, der
mich beleidigt zu haben schien: und wenn jemand mich gefragt hatte, dann
wäre meine Antwort nur gewesen: "Liebe!", mit einem Verneigen voller
Demut.
Und wenn sie auf dem Punkt war, von mir den Gruß zu empfangen, der
Geist der Liebe, der die Unterdrückung aller anderen Geister der Sinne
war, machte die schwachen Geister der Augen zerstreut und sagte zu
ihnen: "Geht und ehrt eure Dame“, und sie sind so geblieben an ihrem
Platz. Und wer hätte den Wunsch, die Liebe zu kennen, der könnte so
durch die Beobachtung des Zitterns meiner Augen die Liebe kennen
lernen.
Und wenn dies wurde gut gemacht von mir, sie zu grüßen, so war es
doch nicht so, dass die Liebe zwischen uns kam, so dass es in mir eine
unerträgliche Wolke der Seligkeit wäre, aber fast übermächtige Süße kam
in mich, so dass mein Körper, der dann vollständig war unter der
Herrschaft des Eros, sich oft bewegte wie ein schweres und unbelebtes
Objekt. So ist es deutlich zu sehen, dass alle meine Seligkeit, die mich oft
überfüllt und übertraf meine Fähigkeiten, in ihrem Gruß lag.
XII
Er träumt von einem jungen Mann in Weiß gekleidet
Nun zurück zum Thema, ich sage, dass meine Seligkeit mir verweigert
wurde, das traf mich mit solcher Traurigkeit, dass nach dem Verlassen der
Menge ich an einen einsamen Ort ging, den Boden mit bitteren Tränen
badend. Und als dieses Weinen mich ein wenig erleichtert hatte, schloss
ich mich in mein Zimmer ein, wo ich weinen konnte, ohne gehört zu
werden: und da, Mitleid zu betteln von der Dame der Höflichkeit, sagte
ich: "Eros, hilf deinem Getreuen!', und ich schlief weinend ein wie ein
Kind, das geschlagen worden war.
Es geschah, dass in der Mitte des Schlafs ich zu sehen schien einen
jungen Mann in dem weißeste Weiß in meinem Zimmer neben mir sitzen,
und tief in seinen nachdenklichen Aspekt gekleidet, sah er mich an, wo ich
lag, und als er eine Weile mich angeschaut, schien es mir, er rief mich
seufzend und sprach die Worte: "Mein Sohn, es ist Zeit, beiseite zu stellen
unsere Fakten." Dann schien es mir, dass ich ihn kannte, weil er mir zurief,
wie er oft zu mir in meinen Träumen gesprochen, und es schien mir, dass
er jämmerlich weinte, und er schien zu warten auf einige Wort von mir: so,
dass unter Herzpochen ich begann, mit ihm zu sprechen, so: "Herr von
Adel, warum weinst du?" Und er sprach diese Worte zu mir: "Ich bin das
Zentrum eines Kreises, auf das die Teile des Umfangs haben eine ähnliche
Beziehung: Du bist jedoch nicht so.“
Dann, nachdenkend über seine Worte, schien es mir, er habe sehr
undeutlich gesprochen: so dass ich mich zwang zu sprechen und sagte
diese Worte: "Wer bist du, Herr, dass du mir sagst so dunkle Worte?" Und
er antwortete mir in der gemeinsamen Sprache: "Du verlange nicht mehr,
als hilfreich für dich ist." Und so begann ich dann, über die Begrüßung, die
mir verweigert worden war, zu diskutieren, und ich fragte nach dem
Grund: worauf die Antwort kam von ihm zu mir: "Unsere Bice hörte von
bestimmten Personen, die sprachen von dir, dass die Dame, die ich dir
genannt auf der Straße der Seufzer, mit einer gewissen Unhöflichkeit
gegen dich erfüllt ist: und so würde eine, die das Gegenteil von aller
Unhöflichkeit ist, sich nicht herablassen, deine Person zu begrüßen, sie
fürchte vielleicht, dir Unhöflichkeit zu zeigen.
Da es eine Tatsache ist, dass in Wahrheit dein Geheimnis teilweise ihr
durch lange Beobachtung bekannt ist, so wünsche ich von dir bestimmte
Worte in Versen, in denen du die Macht hast, ihr zu erklären, was ich dir
sagte, und wie du ihr zu eigen bist, ganz, von ihrer Kindheit an. Und gib an
das Zeugnis dessen, der weiß, und sage, wie du ihn bittest, ihr davon zu
erzählen, und ich, der ich derjenige bin, werde ihr frei alles sagen: und so
wird sie kommen, um deinen Willen zu kennen, wird wissen, was sie will,
und nicht mehr aufpicken die Worte der Informanten. Stelle diese Worte
so, dass sie wirken wie ein Dazwischentreten, so dass du nicht direkt mit
ihr sprichst: was nicht geeignet ist: und nicht überallhin sende die Verse
ohne mich, wo sie von ihr gehört werden können, aber schmücke sie durch
süße Musik, dass ich immer darin wohnen kann, wenn ich gebraucht
werde."
Und nach diesen Worten verschwand er, und mein Traum war erloschen.
Als ich über ihn nachdachte, fand ich, dass diese Vision mir erschien in der
neunten Stunde des Tages, und bevor ich aus meinem Zimmer ging, hatte
ich beschlossen, eine Ballade zu schreiben, die ich so durchführen würde,
wie mein Herr mir geboten hatte, und später habe ich diese Ballade
geschrieben, die beginnt so: "Ballade, würde ich Eros treffen.".
Diese Ballade ist in drei Teile gegliedert: Im ersten Teil sage ich, wo es
hingeht mit der Reise, und ich ermutige sie, sicher zu reisen, und ich sage,
was für ein Unternehmen es sein sollte, wenn sie sicher und ohne Gefahr
gehen will: in dem zweiten Teil sage ich, was es braucht, sie bekannt zu
machen: in dem dritten Teil erlaube ich ihr zu gehen, wenn sie will, und
empfehle ihre Bewegungen in die Umarmung des Glücks. Der zweite Teil
beginnt mit: "Mit süßen Tönen": der dritte mit: "Sanfte Ballade."
Jemand könnte einen Einwand gegen mich erheben und sagen, dass es
nicht bekannt ist, wen ich ansprechen in der zweiten Person, da die Ballade
ja nicht mehr ist als die Worte, die ich schrieb, und so sage ich, dass ich
beabsichtige, diese Zweifel zu lösen und zu klären später in diesem kleinen
Buch, wenn ich über eine noch schwierigere Passage spreche: und dann
lass ich den verstehen, der zweifelt, oder lasse ihn, der zu zweifeln
wünscht, es tun in dieser Zeit.
XIII
Der Krieg von widersprüchlichen Gedanken
Nach der Vision, nachdem ich bereits die Worte, die Eros befohlen zu
schreiben, geschrieben hatte, begannen viele verschiedene Gedanken zu
kämpfen in mir, die jeweils fast nicht zu beantworten waren: Unter diesen
Gedanken schienen vier Gedanken am meisten meine Ruhe zu stören.
Einer von ihnen war dieser: Des Eros Herrschaft ist gut, denn er zieht die
Absicht seines Getreuen weg von allen bösen Dingen. Der nächste war
dieser: Des Eros Herrschaft ist nicht gut, weil je mehr Vertrauen sein
Getreuer ihm zeigt, desto schwerer und schmerzlicher sind die Momente,
die er ertragen muss. Der dritte Gedanke war dieser: Der Name des Eros
ist so süß zu hören, dass es mir unmöglich scheint, dass seine wahren
Effekte alles andere als süß sein könnten, da bekannt ist, dass die Namen
nach den Dingen benannt werden, wie es geschrieben steht: "Namen sind
Konsequenzen der Dinge." Der vierte Gedanke war dieser: Die Dame,
denn Eros zwingt ja nicht, ist nicht wie andere Frauen, deren Herzen leicht
zu beeinflussen sind.
Und jeder Gedanke von ihnen behauptete sich so in mir, dass ich wurde
wie einer, der nicht weiß, welchen Weg man für seine Reise wählen muss,
und der gehen will und weiß nicht, welchen Weg er gehen will, und wenn
ich dachte, zu versuchen und zu finden den gemeinsamen Weg unter
diesen Gedanken, auf dem sie alle mir begegnen, dann war es ein Weg, der
feindlich mich forderte und mich warf in die Arme des Mitleids. Und in
diesem Zustand bleibend, spürte ich den Wunsch, Worte von Versen zu
schreiben: Und dann begann ich dieses Sonett: "Tutti li mei penser.“
XIV
Dante fällt in Ohnmacht bei der Hochzeits-Szene
Nach dem Krieg von divergierenden Gedanken, kam ich zufällig an einen
Ort, wo viele sanfte Frauen versammelt waren: an einen Ort, zu dem ich
von einem Freund geführt wurde, ich dachte mir große Freude an der
Stelle, wo so viele Frauen zeigen ihre Schönheit. Also habe ich kaum
gewusst, wohin man mich gebracht, und im Vertrauen auf die Person, die
seinen Freund bis zum Ende des Lebens begleitete, sagte ich zu ihm:
"Warum sind wir zu diesen Frauen gekommen?" Da sagte er zu mir:
"Damit ihnen würdig gedient werde."
Und die Wahrheit ist, dass sie in der Gesellschaft von einer sanften Frau
waren, die wurde an diesem Tag vermählt, darum hatten sie sich
versammelt, und so, nach dem Brauch der Stadt, war es für sie notwendig,
dass sie zum ersten Mal saß am Tisch in dem Haus ihres Mannes.
Also habe ich geglaubt, dass es diesem Freund gefallen würde, und
entschied mich zu bleiben und den Frauen Gesellschaft zu leisten. Und in
dem Moment meiner Entscheidung schien ich ein seltsames Zittern zu
spüren unter meiner linken Brust und sich verbreiten plötzlich durch alle
Teile meines Körpers. Dann, sage ich, lehnte ich mich leise gegen ein
Fresko, das an den Wänden des Hauses herumlief, und aus Furcht, andere
könnten sich bewusst werden meines Zitterns, hob ich meine Augen und
blickte auf die Frauen, und sah die anmutigste Bice unter ihnen.
Und auch sie verlor ihre Sehorgane, da wollte Eros an ihrem edelsten
Platz stehen: Dann war meine Stimmung von der Kraft bestimmt, die Eros
gewonnen, als er sich so in der Nähe der zierlichsten Dame fand, dass nur
die Geister des Anblicks am Leben geblieben, zerstreut, die wunderbare
Dame zu sehen. Und wenn ich andere sah als die Eine, war ich sehr
traurig, denn diese kleinen Geister beklagten sich laut und sagten: "Wenn
er uns nicht aus unserem Ort geschossen hätte, könnten wir übernachten,
und das Wunder dieser Dame als auch alle anderen Frauen zu sehen wäre
geblieben."
Ich sage, dass viele dieser Frauen sich bewusst meiner Verklärung
waren, dann begannen sie sich zu fragen, und dann spotteten sie über mich
wegen dieser schonendsten Einen: dass mein Freund, unschuldig in gutem
Glauben, mich bei der Hand nahm und führte mich vom Anblick der
Frauen fort, dann fragte er, was mich beunruhigt.
Dann, da ich mich etwas ausgeruht, und meine sterblichen Geister sich
wiederbelebt, und ich zum Besitz der verstreuten Geister zurückkehrte,
sagte ich diese Worte zu diesem Freund: "Ich habe einen Fuß in diesen
Bereich des Lebens gesetzt, von dem es nicht möglich ist,
zurückzukehren." Und Abschied von ihm nehmend, kehrte ich in meine
Kammer der Tränen heim: in der, weinend und Scham im Gesicht, ich zu
mir sagte: "Wenn meine Herrin wüsste von meinem Zustand, ich weiß
nicht, ob sie meine Person verspotten würde, in der Tat habe ich geglaubt,
sie würde innen fühlen in sich viel Mitleid."
Und in diesem Zustand des Weinens beschloss ich, Worte mit ihr zu
sprechen, in denen ich die Ursache meiner Verwandlung erklären würde,
und sagen, dass ich auch wusste, dass sie nicht bekannt war, dass, wenn sie
bekannt wäre, glaubte ich, dass andere gerührt wären: und ich beschloss, in
dem Wunsch, dass es vielleicht durch Zufall zu ihren Ohren kommen
könnte, zu sprechen. Und dann schrieb ich dies Sonett, das beginnt: "Con
l'altre donne".
Ich werde dieses Sonett nicht teilen in seine Teile, da die Division nur
gemacht wird, um den Sinn der Sache zu klären: so wie diese Sache ist, ist
die erzählte Logik klar genug, es braucht keine Trennungen. Es ist wahr,
dass unter den Worten, in der die Logik dieses Sonetts gezeigt, sind einige
dunkle Worte, in denen ich sage, dass Eros tötet alle meine Stimmung, und
nur die Sicht am Leben bleibt, dass alle Sinne fliehen, außer die Organe
des Sehens. Und diese Unklarheit ist unmöglich einem zu erklären, der
nicht in ähnlicher Weise ein dem Eros Getreuer ist, und für diejenigen, die
es offensichtlich sind, sind deutlich die dunklen Worte und so gibt es
keinen Grund für mich, diese Unklarheit zu klären, da meine Worte der
Klärung wären sinnlos und in der Tat überflüssig.
(Fragment)
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
JOSEF UND SEINE BRÜDER
ERSTES KAPITEL
Dies ist die Geschichte von Josef. Josef war siebzehn Jahre jung. Als er
jung war, hütete er die Herde mit seinen Brüdern, mit den Söhnen der
Ehefrauen seines Vaters, Bilha und Silpa, und Josef brachte seinem Vater
schlechte Berichte über sie.
Jakob liebte Josef mehr als alle seine anderen Söhne, denn er war der Sohn
seines Alters, und er hatte eine besondere Tunika für ihn gemacht.
Aber seine Brüder, als sie sahen, wie viel ihn sein Vater mehr liebte als alle
seine anderen Söhne, kamen, um ihm einige Worte des Hasses zu sagen.
Jetzt hatte Josef einen Traum, und er wiederholte ihn seinen Brüdern, die
ihn dann mehr denn je hassten.
„Hört“, sagte er, „den Traum, den ich hatte:
Wir banden Garben auf dem Feld, als meine Garbe plötzlich sich erhob
und aufrecht stand, und dann waren gesammelt eure Garben in der Runde
und verbeugten sich vor meiner Garbe."
"So willst du wohl König über uns sein", erwiderten seine Brüder, "du
willst Herr über uns sein?“ Und sie hassten ihn noch mehr wegen seiner
Träume und wegen dem, was er gesagt hatte.
Er hatte einen Traum, den er seinen Brüdern erzählte: "Schaut, ich habe
noch einen Traum gehabt", sagte er. "Es gab die Sonne, den Mond und elf
Sterne, die beugten sich vor mir.“
Er sagte das seinem Vater und seinen Brüdern, und sein Vater hat ihn
ausgeschimpft: "Ein schöner Traum ist das!" sagte er zu ihm. "Sind wir
alle so, ich, deine Mutter und deine Brüder, gekommen und haben uns
verneigt zur Erde vor dir?"
Seine Brüder hielten zusammen gegen ihn, aber sein Vater hat über die
Sache nachgedacht.
Seine Brüder gingen, um die Schafe ihres Vaters in Sichem zu weiden.
Und Israel sprach zu Josef: "Deine Brüder sind mit der Herde in Sichem,
nicht wahr? Komm, ich werde dich zu ihnen senden." - "Ich bin bereit",
antwortete er.
Er sagte zu ihm: "Geh und sieh, was deine Brüder und die Herde tun, und
sag es mir." Er sandte ihn aus dem Tal von Hebron, und Josef kam in
Sichem an.
Ein Mann fand ihn wandernd in der Landschaft und fragte ihn: "Was
suchst du?“
"Ich suche meine Brüder", antwortete er. "Bitte sag mir, wo sie weiden ihre
Schafe."
Der Mann antwortete: "Sie haben sich auf von hier wegbewegt, in der Tat
hörte ich sie sagen: Lasst uns nach Dothan gehen!“ Also ging Josef seinen
Brüdern nach und fand sie bei Dothan.
Sie sahen ihn aus der Ferne, und bevor er sie erreichte, fassten sie den
Plan, ihn umzubringen.
„Da kommt er, der Träumer!“, sagten sie zueinander.
„Kommt, lass uns ihn jetzt töten und ihn werfen in eine Grube, wir können
sagen, dass ein wildes Tier ihn gefressen hat. Dann werden wir sehen, was
aus seinen Träumen wird."
Aber Ruben hörte das, und er rettete ihn aus ihren Klauen. "Wir müssen
ihm nicht sein Leben nehmen", sagte er.
„Vergießt kein Blut ", sagte Ruben zu ihnen, „werft ihn in die Wüste, aber
tötet ihn doch nicht." Das sagte er in der Absicht, ihn vor ihnen zu retten
und ihn zu seinem Vater wieder zu bringen.
Also, als Josef seine Brüder erreichte, zogen sie ihm seine Tunika aus, die
verzierte Tunika, die er trug,
Und fassten ihn, warfen ihn in den Brunnen. Der Brunnen war leer, es war
kein Wasser darin.
Sie setzte sich dann zu essen. Sie blickten auf, sahen eine Gruppe von
Ismaeliten, die von Gilead kamen, ihre Kamele beladen mit Tragant,
Balsam und Harz, die sie brachten nach Ägypten.
Da sprach Juda zu seinen Brüdern: „Was gewinnen wir durch das Töten
unseres Bruders und für sein Blut?
Kommt, lasst uns ihn verkaufen den Ismaeliten, dann werden wir nicht
Hand an ihn selbst zu legen haben. Immerhin, er ist unser Bruder und
unser eigenes Fleisch." Seine Brüder vereinbarten das so.
Nun kamen einige midianitischen Kaufleute vorbei, und sie zogen Josef
aus dem Brunnen. Sie verkauften Josef den Ismaeliten für zwanzig
Silberlinge, und diese Männer nahmen Josef mit nach Ägypten.
Als Ruben zurückging zu dem Brunnen, gab es kein Zeichen von Josef. Da
zerriss er seine Kleider
Und ging zurück zu seinen Brüdern: "Der Junge ist weg", sagte er. „Was
soll ich tun?“
Sie nahmen Josefs Tunika und schlachteten eine Ziege, tauchten die
Tunika in das Blut.
Dann schickten sie die reichdekorierte Tunika zu ihrem Vater mit der
Nachricht: "Das ist, was wir gefunden haben. Erkennst du es als deines
Sohnes Tunika oder nicht?“
Er erkannte sie und rief: „Tunika meines Sohnes! Ein wildes Tier hat ihn
gefressen! Josef wurde in Stücke gerissen!“
Er zerriss seine Kleidung und legte Sacktuch um seine Taille, Jakob
betrauerte seinen Sohn viele Tage.
Alle seine Söhne und Töchter versuchten, ihn zu trösten, aber er weigerte
sich, getröstet zu werden. "Nein", sagte er, "ich werde in die Grube voller
Trauer gehen und in Kummer um meinen Sohn!" Und sein Vater beweinte
ihn.
Inzwischen hatten die Midianiter ihn verkauft in Ägypten an Potiphar,
einen der Pharao-Beamten und Befehlshaber der Wache.
Jetzt hatte sich Josef in Ägypten aufnehmen lassen. Potiphar, der Ägypter,
einer der Beamten des Pharao und Kommandant der Garde, kaufte ihn von
den Ismaeliten, die ihn nach dort unten mitgenommen hatten.
Jahwe war mit Josef, und alles, was er unternahm, gelang ihm. Er wohnte
in dem Haus seines ägyptischen Herrn,
Und als sein Herr sah, wie Jahwe mit ihm war und wie Jahwe ihm alles,
was er unternahm, gelingen ließ,
Da hat er Josef zu seinem persönlicher Diener gemacht, und sein Herr
machte ihn verantwortlich für seinen Haushalt und vertraute ihm all seinen
Besitz an.
Und von der Zeit an legte er ihm die Verantwortung auf für seinen
Haushalt und all seinen Besitz, und Jahwe segnete das Haus des Ägypters
aus Rücksicht auf Josef; Jahwes Segen erweiterte seinen ganzen Besitz,
sowohl das Haus als auch die Besitzungen.
So überließ er es Josef, alle seine Besitztümer zu behandeln, und selbst
kümmerte er sich um nichts als um die Nahrung, die er aß. Josef war gut
gebaut und gut aussehend,
Und es geschah einige Zeit später, dass die Frau seines Herrn ein Auge auf
Josef warf und sagte: "Schlaf mit mir!"
Aber er weigerte sich. "Schau", sagte er zu der Frau seines Herrn, "mein
Meister kümmert sich um nichts, was in dem Haus passiert, all seinen
Besitz hat er mir anvertraut.
Er selbst übt keine Autorität mehr in diesem Haus aus, sondern ich. Er hat
nichts vor mir zurückgehalten, außer dich selbst, weil du seine Ehefrau
bist. Wie könnte ich so etwas Schlechtes tun und Sünde gegen Gott?"
Obwohl sie eindrang auf Josef Tag für Tag, stimmte er ihr nicht zu, mit ihr
zu schlafen oder intim zu sein mit ihr.
Aber eines Tages, als Josef in das Haus kam, um seine Arbeit zu tun, und
keiner der Leute im Haushalt da war,
Packte sie ihn an seinem Gewand und sagte: "Schlaf mit mir!" Aber er ließ
die Tunika in ihrer Hand, nahm Reißaus und lief davon.
Als sie sah, dass er die Tunika zurückgelassen hatte in ihren Händen, als er
davonlief,
Rief sie ihre Diener und sagte zu ihnen: "Seht euch das an! Mein Mann
brachte einen hebräischen Mann hierher, eine Närrin aus mir zu machen!
Er wollte mich vergewaltigen, aber ich schrie,
Und als er mich schreien hörte, ließ er seine Tunika neben mir zurück und
rannte aus dem Haus."
Sie hielt seine Tunika fest, bis sein Herr nach Hause kam.
Dann erzählte sie ihm die gleiche Geschichte: "Der hebräische Sklave, den
du zu uns gebracht hast, drang auf mich ein, eine Närrin aus mir zu
machen!
Aber als ich schrie, ließ er sein Gewand neben mir zurück und lief weg."
Als sein Herr seine Frau sagen hörte: "So war es, wie dein Sklave mich
behandelte", wurde er wütend.
Josefs Herr hat ihn verhaftet und in das Gefängnis geworfen, wo des
Königs Gefangene festgehalten wurden. Und da blieb er im Gefängnis.
Aber Jahwe war mit Josef. Er zeigte ihm seine treue Liebe und machte ihn
bei dem Chef-Kerkermeister beliebt.
Der Chef-Kerkermeister machte Josef für alle Gefangenen im Gefängnis
verantwortlich.
Der Chef-Kerkermeister hat alles unter seine Obhut gestellt, da Jahwe mit
ihm war, und Jahwe ließ alles, was er unternahm, gelingen.
Es geschah einige Zeit später, dass der Mundschenk und der Bäcker gegen
ihren Herrn, den König von Ägypten, sich verfehlten.
Pharao war zornig über seine beiden Beamten, den Obermundschenken
und den Oberbäcker,
Und nahm sie in Gewahrsam in dem Haus des Kommandanten der Wache,
im Gefängnis, wo Josef ein Gefangener war.
Der Kommandant der Garde hatte Josef ihnen zugeordnet, um ihre
Wünsche zu erfüllen, und sie blieben in Haft für einige Zeit.
Jetzt hatten beide Träume in der gleichen Nacht, jeder mit einer eigenen
Bedeutung für den Mundschenken und den Bäcker des Königs von
Ägypten, die Gefangene im Gefängnis waren.
Als Josef kam, um sie am Morgen zu besuchen, sah er, dass sie düster
dreinschauten,
Und er bat die beiden Beamten, die in der Haft mit ihm im Hause seines
Herrn waren: "Warum dieses traurige Aussehen heute?“
Sie antworteten: "Wir hatten jede einen Traum, aber niemand ist da, ihn zu
interpretieren." - "Ist das Gottes Sache nicht, die Interpretation?“ fragte sie
Josef. "Erzählt mir von ihnen."
So beschrieb der Obermundschenk dem Josef seinen Traum und sagte zu
ihm: "In meinem Traum war ein Weinstock vor mir.
Der hatte drei Reben, kaum gekeimt, als er blühte, und seine Trauben
wurde reifen Trauben.
Ich hatte den Becher des Pharao in meiner Hand, ich nahm die Trauben
und drückte sie in den Becher des Pharao aus, und gab den Becher in die
Hand des Pharao."
„Das ist, was es bedeutet," sagte Josef zu ihm. "Die drei Zweige sind drei
Tage.
In weiteren drei Tagen wird Pharao dein Haupt erheben durch die
Wiedereinsetzung dein in deine Position. Dann wird die Hand des Pharao
seinen Becher von dir nehmen wie zuvor, als du sein Mundschenk warst.
Aber achte darauf, dich an mich zu erinnern, wenn alles gut geht mit dir,
und halte den Glauben, und erinnere freundlicherweise den Pharao an
mich, um mich aus diesem Haus zu befreien.
Ich wurde aus dem Land der Hebräer entführt an den ersten Platz, und
auch hier habe ich nichts zu entschuldigen, der ich in den Kerker gebracht
wurde.“
Der Oberbäcker, sehend, dass die Interpretation günstig gewesen war,
sagte zu Josef: "Ich hatte einen Traum, es waren drei Korbschalen auf
meinem Kopf.
In der oberen Ablage gab es alle Arten von Gebäck für den Pharao, wie es
ein Bäcker machen könnte, und die Vögel waren auf meinem Kopf und
fraßen aus dem Fach."
Josef antwortete wie folgt: "Dies ist, was es bedeutet: Die drei Schalen
sind drei Tage.
In weiteren drei Tagen wird Pharao dein Haupt erheben durch Erhängen
am Galgen, und die Vögel werden das Fleisch fressen von deinen
Knochen."
Und so geschah es, der dritte Tag war Geburtstag des Pharao, und er gab
ein Festmahl für alle seine Beamten. Von seinen Beamten erhob er den
Kopf des Obermundschenken und des Oberbäckers,
Den Obermundschenken durch die Wiederherstellung seiner Position, so
dass er wieder überreiche Pharao den Becher;
Und durch das Aufhängen den Oberbäcker, wie Josef es ihnen erklärt
hatte.
Aber der Obermundschenk dachte nicht an Josef, er hatte ihn vergessen.
Zwei Jahre später kam es, dass der Pharao einen Traum hatte: da war er, da
stand er am Nil,
Und dort, vom Nil, kamen sieben Kühe, schön und fett, und sie begannen,
sich im Schilf zu ernähren.
Und dann sieben andere Kühe, elend und mager, kamen aus dem Nil,
hinter ihnen, und diese gingen und stellten sich neben die anderen Kühe
am Ufer des Nils.
Die elenden und mageren Kühe fraßen die sieben schönen und fetten
Kühe. Dann wachte Pharao auf.
Er schlief wieder ein und träumte ein zweites Mal: Es wuchs ein Halm,
daran waren sieben Ähren, voll und reif.
Und dann sprossen nach ihnen sieben Ähren, mager und vom Ostwind
versengt.
Die spärlichen Ähren verschlangen die sieben vollen und reifen Ähren.
Und Pharao erwachte, es war ein Traum gewesen.
Am Morgen war Pharao das Gefühl gestört, er hatte alle Zauberer und
Weisen von Ägypten zu sich gerufen. Pharao erzählte ihnen seine Träume,
aber es war niemand da, um sie für Pharao zu deuten.
Wir hatten einen Traum, in der gleichen Nacht, er und ich, und jedes
Mannes Traum hatte einen Sinn für sich selbst.
Es war ein junger Hebräer mit uns, einer der Sklaven des Kommandanten
der Wache. Wir erzählten ihm unsere Träume und er interpretierte sie für
uns, sagend, was jeder von uns bei seinem Traum zu denken habe.
Es stellte sich heraus, es kam genau nach seiner Interpretation: Ich wurde
in meine Position wieder eingesetzt, aber der andere Mann wurde
gehängt.“
Und Pharao hat Josef gerufen, und aus dem Kerker eilte er zu ihm. Er
rasierte sich und wechselte seine Kleidung, und stellte sich vor den Pharao.
Pharao sprach zu Josef: "Ich habe einen Traum gehabt, und es ist niemand
da, ihn zu interpretieren. Aber ich habe über dich gehört, dass du einen
Traum, den du hörst, interpretieren kannst."
“Nicht ich," antwortete Josef dem Pharao, "Gott wird Pharao eine günstige
Antwort geben."
Und Pharao sagte zu Josef: "In meinem Traum war ich da, stand an dem
Ufer des Nils.
Und es waren sieben Kühe da, schön und fett, die kamen aus dem Nil, und
sie begannen, im Schilf sich zu ernähren.
Und dann kamen sieben andere Kühe, nach ihnen, ausgehungert, sehr
elend und mager, ich habe noch nie so schlechte Kühe in ganz Ägypten
gesehen.
Die mageren und elenden Kühe fraßen die sieben ersten schönen fetten
Kühe.
Aber als sie sie gefressen hatte, war es unmöglich zu sagen, dass sie sie
gefressen hatten, weil sie so elend wie immer aussahen. Dann wachte ich
auf.
Und dann war ich wieder in einem Traum, da wuchs auf ein Halm, da
waren sieben Ähren, schön und reif;
Aber dann sprossen hinter ihnen sieben Ähren, verwelkt, mager und vom
Ostwind versengt.
Dann die geschrumpften Ähren verschlangen die sieben reifen Ähren. Ich
habe es den Magiern erzählt, aber niemand hat mir die Antwort gegeben."
Josef sprach zu Pharao: „Pharaos Träume sind ein und derselbe: Gott
offenbart Pharao, was Er tun wird.
Die sieben schönen fetten Kühe sind sieben Jahre, und die sieben schönen
reifen Ähren sind sieben Jahre, es ist ein und derselbe Traum.
Die sieben mageren Kühe kommen nach ihnen, sie sind sieben Jahre, so
sind die sieben dürren Ähren, vom Ostwind versengt: Es wird sieben Jahre
Hungersnot sein.
Es ist so, wie ich Pharao gesagt habe: Gott offenbart Pharao, was Er tun
wird.
Aber sieben Jahre der Hungersnot werden ihnen folgen, wenn alle genug
in Ägypten gegessen haben, und Hunger wird das Land erschöpfen.
Die Hungersnot, die folgen wird, wird so sehr stark sein, dass niemand
sich daran erinnern wird, wie viel im Land verwendet wurde, um es zu
genießen.
Der Grund, warum Pharao zweimal den gleichen Traum hatte, ist, dass die
Ausführung bereits von Gott bestimmt ist, und Gott wird es in Kürze
herbeiführen.
Pharao sollte jetzt einen Intelligenten und Klugen bestimmen, Ägypten zu
regieren.
Sie alle werden die Speisen während der guten Jahre, die kommen werden,
sammeln, speichern und das Korn unter des Pharao Autorität stellen,
indem sie es in den Städten sammeln.
Das Essen wird eine Reserve für das Land für die sieben Jahre der
Hungersnot sein, die kommen soll über Ägypten, so dass das Land nicht
von der Hungersnot zerstört wird."
Pharao und seine Minister haben das, was er gesagt hatte, genehmigt.
Da fragte Pharao seine Minister: "Können wir sonst jemand mit dem Geist
Gottes begabt sehen wie ihn?"
Und Pharao sprach zu Josef: "Da Gott dir Kenntnis von all diesem gab,
kann es niemanden so intelligenten und weisen wie dich geben.
Du sollst mein Kanzler sein, und alle meine Leute achten deine Aufträge.
Nur dieser mein Thron soll über dich gesetzt sein."
Da sprach Pharao zu Josef: "Ich mache dich hiermit zum Gouverneur von
ganz Ägypten."
Pharao nahm seinen Ring von der Hand und legte ihn an Josefs Hand. Er
kleidete ihn in Gewänder aus feinem Leinen und legte eine goldene Kette
um seinen Hals.
Da sprach Pharao zu Josef: "Ich bin zwar Pharao, doch darf sich niemand
zu Hand oder Fuß ohne deine Erlaubnis in ganz Ägypten bewegen."
Pharao nannte Josef nun Zaphnath-Paneah und gab ihm Aseneth, die
Tochter Potipheras, des Priesters von On, zur Frau. Und Josef begann zu
reisen durch ganz Ägypten.
Josef war dreißig Jahre alt, als er vor Pharao, dem König von Ägypten,
stand. Nachdem er Pharao verlassen, reiste Josef in der gesamten Länge
und Breite von Ägypten umher.
In den sieben Jahren des Überflusses ergab der Boden großzügige Ernten.
Josef sammelte Korn wie Sand am Meer, in einer solchen Menge, dass er
es aufgab zu zählen, da war es vorbei mit der Buchhaltung.
Bevor das Jahr der Hungersnot kam, wurden Josef zwei Söhne geboren:
Aseneth, Tochter Potipheras, des Priesters von On, gebar ihm diese.
Josef nannte den Erstgeborenen Manasse: "Weil" , sagte er, "Gott mich
völlig meine Not und meines Vaters Haus vergessen lassen hat."
Er nannte den zweiten Ephraim: "Weil", sagte er, "Gott mich fruchtbar
gemacht hat im Land meines Unglücks."
Und die sieben Jahre des Überflusses, die es in Ägypten gegeben hatte,
gingen zu Ende,
Und die sieben Jahre der Hungersnot setzten ein, wie Josef vorausgesagt
hatte. Es gab Hungersnöte in jedem Land, aber in ganz Ägypten gab es
Essen.
Aber als alle in Ägypten begannen, den Hunger zu fühlen, und die
Menschen appellierten an Pharao um Nahrung, sagte Pharao allen
Ägyptern: "Geht zu Josef und tut, was er sagt."
Es gab Hungersnöte auf der ganzen Welt. Da öffnete Josef alle
Getreidespeicher und rationierte das Getreide an die Ägypter, als die
Hungersnot sogar noch schlimmer wurde in Ägypten.
Menschen kamen nach Ägypten aus der ganzen Welt, um Lieferungen von
Josef zu bekommen, denn die Hungersnot war schwer in der ganzen Welt.
Jakob, sehend, dass sie die Versorgung aus Ägypten hatten, sagte zu seinen
Söhnen: "Warum starrt ihr einander an?
Ich höre", sagte er, "dass es Lieferungen gibt in Ägypten. Geht hinab und
beschafft einiges für uns, damit wir überleben und nicht sterben."
Jakob aber sandte nicht Josefs Bruder Benjamin mit seinen Brüdern.
"Nichts soll ihm geschehen", dachte er.
So waren die Söhne Israels unter den anderen Menschen, die auf
Lieferungen hofften, da Hungersnot in Kanaan herrschte.
Es war Josef der Mann in Autorität über das Land, der die Rationen für die
gesamte Bevölkerung verteilte. So gingen die Brüder Josefs und
verbeugten sich vor ihm, die Gesichter den Boden berührend.
Sobald Josef seine Brüder sah, erkannte er sie. Aber er hat nicht gezeigt,
dass er sie kennt, und er sprach zu ihnen hart. "Wo kommt ihr her?", fragte
er. "Von Kanaan, Essen zu bekommen", antworteten sie.
Als nun Josef erkannte seine Brüder, haben sie ihn nicht erkannt,
Josef erinnerte sich an die Träume, die er über sie hatte, und sagte zu
ihnen: „Ihr seid Spione. Ihr seid gekommen, um die Schwächen des
Landes zu entdecken."
“Nein, mein Herr", sagten sie, "deine Knechte sind gekommen, um Essen
zu bekommen.
Wir sind alle Kinder des gleichen Mannes. Wir sind ehrliche Menschen,
deine Knechte sind keine Spione."
“Oh nein", antwortete er, "ihr seid gekommen, um die Schwächen des
Landes zu entdecken."
“Deine Diener waren zwölf Brüder", sagten sie, "Söhne des gleichen
Mannes in Kanaan, aber der jüngste ist bei unserem Vater geblieben, und
der andere ist nicht mehr."
Josef erwiderte: "Es ist so, wie ich gesagt, ihr seid Spione.
Das ist der Test, den ihr euch unterziehen sollt: so sicher, wie Pharao lebt,
sollst ihr nicht kommen, es sei denn, euer jüngster Bruder kommt mit.
Sendet einen der Euren, um euren Bruder zu holen, die anderen werden
verhaftet, so dass eure Aussagen getestet werden können, um zu sehen, ob
ihr ehrlich seid. Wenn nicht, dann, so sicher, wie Pharao lebt, seid ihr
Spione."
Am dritten Tag sprach Josef zu ihnen: "Tut dies und ihr werdet leben, denn
ich bin ein Mann, der Gott fürchtet.
Wenn ihr ehrliche Menschen seid, lasst einen eurer Brüder festgenommen
werden, wo ihr eingesperrt wart, der Rest von euch gehe und liefere
zuhause Speise für eure hungernden Familien.
Aber ihr müsst euren jüngsten Bruder zu mir zurückbringen, auf diese
Weise wird, was ihr gesagt habt, überprüft werden, und ihr werdet nicht
sterben!“ Und das war es, was sie taten.
Und sie sagten zueinander: "Es ist klar, wir werden für das, was wir
unserem Bruder taten, bestraft. Wir sahen sein tiefes Elend, als er uns
anflehte, aber wir wollten nicht hören, und jetzt dieses Elend ist nach
Hause zurück zu uns gekommen."
Ruben antwortete ihnen: „Habe ich euch nicht sagen, ihr solltet nicht zu
Unrecht den Jungen plagen? Aber ihr wolltet nicht hören. Jetzt kommt die
Abrechnung."
Sie wussten nicht, dass Josef sie verstand, denn es war ein Dolmetscher
zwischen ihnen.
Er wandte sich von ihnen ab und weinte. Als er in der Lage war, wieder zu
sprechen, wählte er Simeon aus ihrer Zahl und band ihn, während sie
zusahen.
Josef gab den Befehl, ihre Koffer mit Getreide zu füllen, das Geld eines
jeden Menschen in seinem Sack zurückzutun, und ihnen Bestimmungen
für die Reise zu geben. Dies ward getan.
Da haben sie ihre Vorräte geladen auf ihre Esel und gingen weg.
Aber als sie für die Nacht lagerten, einer von ihnen öffnete seinen Sack,
um seinem Esel etwas Futter zu geben, und er sah sein Geld - in seinem
Sack war es.
“Der Mann, der Herr des Landes, sprach hart zu uns, er beschuldigte uns
der Spionage im Land.
Wir haben ihm gesagt: Wir sind ehrliche Leute, wir sind keine Spione.
Wir waren zwölf Brüder, Söhne des gleichen Vaters. Einer von uns ist
nicht mehr, und der Jüngste ist bei unserem Vater in Kanaan.
Aber der Mann, der Herr des Landes ist, sagte zu uns: "Dies ist es, wie ich
wissen werde, ob ihr ehrlich seid: Einen eurer Brüder lasst bei mir und der
Rest nehme Lieferungen für eure hungernden Familien mit und gehe.
Aber bringt mir euern jüngsten Bruder, und dann werde ich wissen, dass
ihr keine Spione seid, sondern ehrliche Männer. Dann werde ich euren
Bruder euch zurückgeben, und ihr könnt euch kostenlos durch das Land
bewegen."
Als sie ihre Säcke geleert hatten, entdeckte jeder in seinem Sack sein Geld.
Beim Anblick ihre Taschen voller Geld, da hatten sie Angst, und ihr Vater
ebenso.
Und ihr Vater Jakob sprach zu ihnen: „Ihr raubt mir meine Kinder; Josef ist
nicht mehr, Simeon ist nicht mehr, und nun wollt ihr mir auch noch
Benjamin nehmen! Ich trage die Hauptlast des ganzen Kummers!"
Da sprach Ruben zu seinem Vater: "Du kannst meine beiden Söhne töten,
wenn ich ihn nicht wieder zu dir zurück bringe. Gib ihn in meine Obhut,
und ich werde ihn zurück zu dir bringen."
Er aber antwortete: "Mein Sohn wird nicht mit euch herab ziehen, denn
sein Bruder ist tot, nun ist er der einzige, den ich noch habe. Wenn ihm ein
Schaden geschieht auf der Reise, die ihr unternehmen werdet, würdet ihr
meinen grauen Kopf nach unten in die Grube mit tiefer Trauer schicken!"
Und als sie mit dem Essen der Lieferungen, die sie aus Ägypten gebracht
hatten, fertig waren, sagte ihr Vater zu ihnen: "Geht zurück und holt uns
noch ein wenig Speise."
"Aber", antwortete Juda, "der Mann warnte uns ausdrücklich: Ihr werdet
nicht zu meiner Anwesenheit zugelassen, es sei denn, euer Bruder ist mit
euch.
Wenn du bereit bist, unseren Bruder mit uns zu senden, werden wir hinab
gehen und etwas zu Essen für dich holen.
Aber wenn du nicht bereit bist, ihn zu senden, werden wir nicht hinab
gehen, angesichts der Warnung des Mannes: Ihr werdet nicht zu meiner
Anwesenheit zugelassen, es sei denn, euer Bruder ist mit euch.“
Und Israel sagte: "Warum habt ihr dieses Elend auf mich gebracht, indem
ihr dem Mann gesagt habt, dass ihr noch einen Bruder habt?"
Sie antworteten: "Er befragte uns über uns selbst und unsere Familie, und
fragte: Lebt euer Vater noch? Und: Habt ihr noch einen Bruder? Deshalb
haben wir es ihm gesagt. Wie konnten wir wissen, dass er sagen würde:
Bringt euren Bruder hierher?“
Juda sagte dann zu seinem Vater Israel: "Lass den Knaben mit mir gehen,
und lass uns ziehen, dass wir überleben und nicht sterben, wir, du und
unsere Angehörigen.
Ich will als Bürge für ihn gehen, und du kannst mich für ihn verantwortlich
machen. Wenn ich ihn nicht zurückbringe und stelle ihn wieder vor dich,
lass mich mein Leben lang die Schuld tragen.
In der Tat, wenn wir nicht so viel Zeit verschwendet hätten, wir wären
schon hin und zurück zweimal!"
Und ihr Vater Israel hat zu ihnen gesagt: "Wenn es so sein muss, dann tut
dies: Nehmt einige der besten Produkte des Landes im Gepäck mit euch
und bringt es dem Mann als Geschenk: etwas Balsam, etwas Honig,
Tragakant, Harz, Pistazien und Mandeln.
Nehmt die doppelte Menge an Geld mit euch und bringt das Geld zurück,
das in euren Säcken war, es kann ein Fehler gewesen sein.
Möge El Shaddai bewegen den Mann, nett zu euch zu sein, und bringt
wieder euren anderen Bruder und Benjamin. Was mich betrifft, wenn ich
beraubt werden muss, so muss ich beraubt werden."
Die Männer nahmen dieses Geschenk, sie nahmen mit sich die doppelte
Menge an Geld, und Benjamin. Sie machten sich auf, zogen nach Ägypten
und traten vor Josef.
Da sah sie Josef mit Benjamin und sprach zu seinem Kämmerer: „Nimm
diese Männer ins Haus. Ein Tier schlachte und bereite es für diese Männer,
dass sie mit mir zu Mittag essen."
Der Mann tat, wie Josef befohlen hatte, und nahm die Männer in Josefs
Haus.
Die Männer hatten Angst, in Josef Haus gebracht zu werden, und sagten:
"Wir werden wegen des Geldes, das das erste Mal in unseren Säcken war,
gefangen genommen. Sie werden über uns gesetzt, sie werden auf uns
fallen und machen uns zu Sklaven, und nehmen unsere Esel.“
Also gingen sie zu Josef Kämmerer und sprachen mit ihm am Eingang
zum Haus.
“Mit Verlaub, Herr“, sagten sie, "wir kamen schon einmal, um Versorgung
zu bekommen,
Und als wir erreicht unser Camp und unsere Säcke öffneten, lag das Geld
eines jeden Mannes in seinem Sack, in vollen Zügen. Aber wir haben es
mit uns zurück gebracht,
Und wir haben mehr Geld mit uns für die Versorgung gebracht. Wir wissen
nicht, wer unser Geld in unsere Säcke gelegt hat."
“Beruhigt euren Verstand", antwortete er," habt keine Angst. Euer Gott und
der Gott eures Vaters legte den Schatz in eure Säcke für euch. Ich habe
euer Geld." Und er führte Simeon zu ihnen.
Der Mann nahm dann die Männer in Josefs Haus. Er bot ihnen Wasser an,
um ihre Füße zu waschen, und gab ihren Eseln Futter.
Sie nahmen ihr Geschenk, während sie darauf warteten, bis Josef am
Mittag komme, denn sie hatten gehört, dass sie dort zu Abend essen
würden.
Als Josef am Haus ankam, boten sie ihm das Geschenk, dass sie mit sich
hatten, und verbeugten sich tief vor ihm.
Er begrüßte sie freundlich und fragte: "Geht es eurem Vater gut, dem alten
Mann, von dem ihr mir erzählt habt? Ist er noch am Leben?"
“Deinem Knecht, unserem Vater geht es gut", antworteten sie, "er ist noch
am Leben“, und sie verbeugten sich respektvoll.
Blickend herüber, sah er seinen Bruder Benjamin, den Sohn seiner Mutter.
"Ist das euer jüngster Bruder", bat er, "von dem ihr mir erzählt habt?" Und
er fügte hinzu: "Gott sei gut zu dir, mein Sohn."
Josef eilte, so stark war die Zuneigung, die er fühlte für seinen Bruder,
dass er weinen musste. Er ging in sein Zimmer und weinte.
Ihm wurde separat serviert, da waren sie, und da waren die Ägypter, die in
seinem Haushalt aßen, denn die Ägypter nahmen nicht Nahrung zu sich
mit Hebräern, Ägypter haben einen Horror davor.
Er hat alles geteilt, und von seiner eigenen Schale der Teil für Benjamin
war fünf Mal größer als der für jeden der anderen. Und sie feierten mit ihm
und tranken frei.
*
Und Josef beauftragte seinen Kammerherrn wie folgt: "Fülle diesen
Männern die Säcke mit so viel Nahrung wie sie tragen können, und lege
das Geld eines jeden Menschen in die Öffnung seines Sacks.
Und meinen Becher, den aus Silber, tu in die Öffnung des Sacks des
Jüngsten sowie das Geld für seine Rationen." Er tat, wie Josef angewiesen
hatte.
Sie waren nur ein kleines Stück von der Stadt entfernt, als Josef sagte zu
seinem Kämmerer: "Und folge den Männern. Wenn du sie einholst, sage
zu ihnen: Warum habt ihr Gutes mit Bösen vergolten?
Ist das nicht der Becher, den mein Herr verwendet zum Trinken und auch
zum Lesen der Omen? Was ihr getan habt, ist falsch.“
Sie fragten ihn: "Warum macht unser Herr das? Deine Diener würden nie
denken, so etwas zu tun.
Siehe, wir brachten euch das Geld zurück, das wir in den Öffnungen
unserer Säcke gefunden hatten, haben den ganzen Weg aus Kanaan hierher
gemacht. Sollten wir wirklich Silber oder Gold aus dem Haus deines Herrn
gestohlen haben?
“Sehr gut, so soll es sein, wie ihr sagt," antwortete er, "bei wem der Becher
gefunden wird, der soll mein Sklave werden, aber der Rest von euch kann
frei ausgehen."
Jeder von ihnen hat da schnell gelegt seinen Sack auf den Boden, und jeder
hat seinen eigenen Sack geöffnet.
Er suchte, beginnend mit dem Ältesten und endend mit dem Jüngsten, und
fand den Becher in Benjamins Sack.
Da zerrissen sie ihre Kleider, und als jeder seinen Esel beladen hatte,
kehrten sie in die Stadt zurück.
Und Juda und seine Brüder kamen in das Haus Josefs, da er noch da war,
so dass sie zu Boden fielen vor ihm.
“Was tut ihr, indem ihr solches tut?" fragte sie Josef. "Wusstet ihr nicht,
dass ein Mann wie ich es bin, ein Leser von Omen ist?“
“Möge ich so etwas nicht denken", antwortete er. "Der Mann, in dessen
Besitz der Becher gefunden wurde, wird mein Sklave sein, aber ihr könnt
wieder ungehindert gehen zu eurem Vater."
Hierbei trat Juda zu ihm und sagte: "Möge bitte mein Herr deinen Knecht
ein Wort reden lassen privat mit meinem Herrn. Sei nicht böse mit deinem
Knecht, denn du bist der Pharao selbst.
Mein Herr hatte seinen Dienern die Frage gestellt: Habt ihr Vater oder
Bruder?
Und wir hatten zu meinem Herrn gesagt: Wir haben einen alten Vater und
einen jüngeren Bruder, ihm in seinem Alter geboren. Sein Bruder ist tot,
und er ist der einzige, der von dieser Mutter nun nach blieb, und sein Vater
liebt ihn.
Dann sagtest du zu deinen Knechten: Bringt ihn zu mir, so dass ich die
Augen auf ihn werfe.
Wir antworteten meinem Herrn: Der Junge kann nicht verlassen den Vater.
Wenn er ihn verlässt, wird sein Vater sterben.
Aber du sagtest zu deinen Knechten: Wenn euer jüngster Bruder nicht mit
euch herabkommt, werdet ihr nicht zu meiner Anwesenheit wieder
zugelassen werden.
Also, unser Vater sagte: Geht zurück und erhaltet für uns ein wenig Speise.
Da haben wir gesagt: Wir können nicht herab gehen. Wir können nur
gehen, wenn unser jüngster Bruder bei uns ist, denn es sei denn, unser
jüngster Bruder ist bei uns, sonst werden wir nicht in die Gegenwart des
Mannes zugelassen werden.
Und dein Knecht, unser Vater sagte zu uns: Ihr wisst, dass mir mein Weib
zwei Kinder geschenkt hat.
Als einer von ihnen mich verlassen hatte, nahm ich an, dass er in Stücke
gerissen worden, und ich habe ihn nie wieder gesehen.
Wenn ihr auch diesen von mir nehmt und er zu Schaden kommt, werdet ihr
meinen weißen Kopf nach unten in die Grube mit Trauer schicken.
Wenn ich jetzt gehe zu deinem Knecht, meinem Vater, und wir haben nicht
den Jungen bei uns, wird er, sobald er sieht, dass der Junge nicht mit uns
ist, sein Herz sterben lassen;
Und deine Knechte werden deines Knechtes weißen Kopf, unseres Vaters
weißen Kopf hinunter in die Grube mit Trauer gesendet haben.
Jetzt ist dein Diener gekommen mit Bürgschaft vor meinem Vater für den
Jungen. Ich sagte: Wenn ich ihn nicht zurückbringe, lass mich die Schuld
vor meinem Vater mein Leben lang tragen.
Lass deinen Diener hier bleiben als Sklave meines Herrn anstelle des
Jungen, ich flehe dich an, und lass den Jungen zurück mit seinen Brüdern.
Wie in der Tat könnte ich zurückkommen zu meinem Vater und den
Knaben nicht mit mir bringen? Ich könnte es nicht ertragen, das Elend, das
meinen Vater überwältigen würde."
Und Josef konnte nicht kontrollieren seine Gefühle vor allen seinen
Gefolgsleuten , und er rief: "Lasst alle mich verlassen.“ Niemand war
daher bei ihm, während Josef sich vertraute seinen Brüdern,
Aber er weinte so laut, dass alle Ägypter es hörten, und die Nachrichten
Pharaos Palast erreichte.
Josef sprach zu seinen Brüdern: „Ich bin Josef. Ist mein Vater wirklich
noch am Leben?" Seine Brüder konnten ihm nicht antworten, sie waren so
verblüfft, ihn zu sehen.
Da sprach Josef zu seinen Brüdern: "Komm näher zu mir." Als sie näher zu
ihm zu kamen, sagte er: "Ich bin euer Bruder Josef, den ihr nach Ägypten
verkauft habt.
Aber jetzt sollt ihr nicht trauern, macht euch selbst keine Vorwürfe, dass
ihr mich hierher verkauft habt, denn Gott hat mich euch vorausgeschickt,
um euer Leben zu bewahren.
Denn dies ist das zweite Jahr, da es Hungersnot im Land gibt, und es gibt
noch fünf Jahre ohne Pflügen oder Ernte.
Gott hat mich vor euch vorausgeschickt, das Überleben eurer Rasse auf der
Erde zu sichern und euer Leben durch eine große Errettung.
So ward ihr es nicht, die mich hierher geschickt, sondern Gott, und er hat
mich zum Vater des Pharao als Herr seines ganzen Hauses und Gouverneur
von ganz Ägypten eingesetzt.
Kehrt schnell zu unserm Vater zurück und sagt ihm: "Dein Sohn Josef sagt
dieses: Gott hat mich zum Herrn von ganz Ägypten gemacht, komm zu
mir ohne Verzögerung.
Du wirst in der Region Goschen leben, in meiner Nähe, du, deine Kinder
und deine Enkel, deine Herden, dein Vieh und alle deine Besitztümer.
Ich werde für dich sorgen, denn es kommen noch fünf Jahren der
Hungersnot, so dass du, dein Haushalt und alle bei dir nicht in Armut leben
müssen.
Ihr könnt mit eigenen Augen sehen, und mein Bruder Benjamin kann es
sehen, dass ich es bin, der ich sage, dass ich es bin.
Gebt meinem Vater einen vollständigen Bericht aller Ehre, die ich genieße
in Ägypten und von allem, was ihr gesehen habt, und schnell bringt
meinen Vater hier herab."
Er küsste alle seine Brüder und weinte über jeden einzelnen. Erst dann
waren seine Brüder in der Lage, mit ihm zu sprechen.
Die Nachricht erreichte den Palast des Pharao, dass Josefs Brüder
gekommen waren, und der Pharao war erfreut, dies zu hören, und auch
seine Diener.
Pharao sagte zu Josef: "Sprich zu deinen Brüdern: Tut dies: Nehmt eure
Tiere und schnell weg nach Kanaan.
Nehmt euren Vater und eure Familien und kommt zurück zu mir. Ich gebe
euch das beste Gebiet in Ägypten, wo man vom Fett des Landes leben
kann.
Und ihr, für euren Teil, gebt ihnen diesen Auftrag: Tut dies: Nehmt Wagen
aus Ägypten, für eure Kleinen und eure Frauen. Holt euren Vater und
kommt.
Sorge dich nicht, denn das Beste von ganz Ägypten wird dein sein."
Die Söhne Israels taten, wie ihnen gesagt wurde. Josef gab ihnen Wagen,
wie der Pharao befohlen hatte, und er gab ihnen Vorschriften für die Reise.
Jedem gab er neue Kleidung, und Benjamin dreihundert Silberlinge und
fünf Sorten von Kleidung.
Und seinem Vater sandte er zehn Esel, beladen mit dem Besten, was
Ägypten anbot, und zehn Esel beladen mit Getreide, Brot und
Lebensmitteln für die Reise seines Vaters.
Und so schickte er seine Brüder auf den Weg. Seine letzten Worte waren:
"Und lasst es keine Überraschungen auf dem Weg geben!"
Und so verließen sie Ägypten. Als sie ihren Vater Jakob in Kanaan erreicht
hatten,
Gaben sie ihm diesen Bericht: "Josef lebt noch. Er ist in diesem Moment
Gouverneur von ganz Ägypten!" Aber er war fassungslos, er glaubte ihnen
nicht.
Allerdings, als sie ihm alles erzählt hatten, was Josef zu ihnen gesagt hatte,
und als er die Wagen sah, die Josef gesandt hatte, um ihn zu holen, lebte
der Geist ihres Vaters Jakob wieder auf,
Und Israel sagte: "Das ist genug! Mein Sohn Josef lebt. Ich muss gehen
und ihn sehen, bevor ich sterbe."
So kam Israel mit all seinem Besitz nach Beerscheba, dort brachte er Opfer
dar für den Gott seines Vaters Isaak.
Gott sprach zu Israel in einer Vision in der Nacht: "Jakob, Jakob", sagte er.
"Hier bin ich", antwortete er.
"Ich bin El, Gott deines Vaters", sagte er. "Hab keine Angst, zu gehen nach
Ägypten, denn ich werde dich dort zu einem großen Volk machen.
Ich werde mit dir gehen nach Ägypten, und ich selbst werde dich wieder
zurückbringen, und Josefs Hand wird dir die Augen schließen."
Und Jakob verließ Beerscheba. Die Söhne Israels brachten ihrem Vater
Jakob, ihren kleinen Kindern und ihren Frauen die Wagen, die Pharao
gesandt hatte, um sie zu holen.
Und ihr Vieh und alles, was sie in Kanaan erworben hatten, kam nach
Ägypten - Jakob und alle seine Nachkommen.
Mit ihm nach Ägypten brachte er seine Söhne und Enkel, seine Töchter
und Enkelinnen - alle seine Nachkommen.
Das waren die Namen der Israeliten, Jakob und seine Nachkommen, die in
Ägypten angekommen waren: Ruben, Jakobs Erstgeborener,
Die Söhne Simeons: Jemuel, Jamin, Ohad, Jachin, Zohar und Saul, der
Sohn der kanaanäischen Frau.
Die Söhne Judas: Er, Onan, Sela, Perez und Serach (in Kanaan sind Er und
Onan gestorben), und Hezron und Hamul, Söhne des Perez.
Das sind die Kinder, die Lea dem Jakob in Mesopotamien neben seiner
Tochter Dina geboren hatte, in allem, seine Söhne und Töchter zählten
dreiunddreißig.
Die Söhne Gads: Ziphion, Haggi, Suni, Ezbon, Eri, Arodi und Areli.
Die Söhne Assers: Jimnah, Jishva, Jishvi, Beria, mit ihrer Schwester Serah,
und die Söhne Berias: Heber und Malkiel.
Das sind die Kinder von Silpa, die Laban gab seiner Tochter Lea, sie gebar
diese dem Jakob - sechzehn Personen.
Die Söhne von Jakobs Frau Rachel: Josef und Benjamin.
Die Kinder Benjamins: Bela, Becher, Asbel, Gera, Naaman, Ehi, Rosh,
Muppim und Huppim, und Ard.
Das sind die Kinder, die Rachel dem Jakob geboren - vierzehn Personen in
allem.
Das sind die Söhne der Bilha, die Laban gab seiner Tochter Rahel, die
diese gebar dem Jakob - sieben Personen in allem.
Insgesamt waren die Mitglieder der Familie Jakobs, die mit ihm in
Ägypten angekommen - seine eigene Frauen, die Frauen der Söhne Jakobs
nicht mitgerechnet - sechsundsechzig.
Mit den Söhnen Josefs, ihm in Ägypten geboren - zwei Personen - die
Mitglieder der Familie Jakobs, die nach Ägypten ging, betrug siebzig.
Israel hatte Juda vorausgeschickt zu Josef, so dass Juda könnte sich Josef
in Goschen präsentieren. Als sie ankamen in Goschen,
Josef hatte seinen Wagen fertig gemacht und ging bis Goschen, um seinen
Vater Israel zu treffen. Als er erschien, schlang er seine Arme um seinen
Hals und für eine lange Zeit weinte er an seiner Schulter.
Israel sprach zu Josef: "Jetzt kann ich sterben, jetzt, da ich dich persönlich
gesehen habe und habe gesehen, dass du noch am Leben bist."
Und Josef sprach zu seinen Brüdern und der Familie seines Vaters: "Ich
werde zurückgehen und bringen die Nachrichten zum Pharao. Ich werde
ihm sagen: Meine Brüder und die Familie meines Vaters, die in Kanaan
waren, sind zu mir gekommen.
Die Männer sind Hirten und kümmern sich ums Vieh, und sie haben ihre
Schafe und Rinder und all ihren Besitz hierher gebracht.
So, wenn der Pharao euch ruft und fragt: Was seid ihr von Beruf?
Dann sollt ihr sagen: "Seit unserer Kindheit haben deine Knechte Vieh
betreut, wir und unsere Väter vor uns, - so dass ihr in der Region Goschen
bleiben könnt. Denn die Ägypter haben einen Horror vor allen Hirten.“
So ging er und sagte zu Pharao: "Mein Vater und meine Brüder aus
Kanaan mit ihren Herden und Vieh und all ihren Besitz kamen zu Josef.
Hier sind sie in dem Bereich von Goschen.“
Er hatte fünf seiner Brüder getroffen, und er präsentierte sie jetzt dem
Pharao.
Pharao fragte seine Brüder: "Was seid ihr von Beruf?" Und sie gaben die
Antwort dem Pharao: „Deine Knechte sind Schafhirten, wie unsere Väter
vor uns."
Sie gingen zum Pharao und sagten: „Wir sind gekommen, um in diesem
Land zur Zeit zu bleiben, da es keine Weide für die Herden deiner Diener
gibt, da Kanaan von einer Hungersnot heimgesucht ist. So, jetzt erlaube
bitte deinen Dienern, sich in der Region Goschen niederzulassen."
Das Land Ägypten ist offen: Lasse sich nieder dein Vater und deine Brüder
in der besten Region."
Josef brachte seinen Vater und stellte ihn dem Pharao vor. Jakob machte
seine Aufwartung dem Pharao.
Pharao fragte Jakob: „Wie viele Jahre hast du gelebt?"
Jakob sprach zu Pharao: "Die Jahre meines Aufenthaltes auf der Erde
summieren sich auf 130 Jahre. Nur wenige und unglückliche Jahre wurden
mir, verglichen mit meiner Vorfahren Jahren ihres Aufenthalts auf der
Erde."
Jakob nahm dann Abschied von Pharao und zog sich aus seiner Gegenwart
zurück.
Josef dann siedelt seinen Vater und seine Brüder an, indem er ihnen
Landbesitz in Ägypten gab, im besten Teil des Landes, der Region von
Ramses, wie Pharao befohlen hatte.
Josef versorgte seinen Vater, seine Brüder und alle Familie seines Vaters
mit Lebensmitteln, bis hin zum Kleinsten von ihnen.
Und auf der ganzen Erde gab es jetzt kein Essen, denn die Hungersnot war
sehr schwer geworden, und Ägypten und Kanaan waren beide schwach vor
Hunger.
Josef sammelt all das Geld, in Ägypten und Kanaan, das im Austausch für
die Lieferungen herausgeben wurde, und das Geld kam in Pharaos Palast.
Als das ganze Geld in Ägypten und Kanaan erschöpft war, kamen alle
Ägypter zu Josef und flehten: "Gib uns Nahrung, es sei denn, du wolltest
uns vor deinen Augen sterben sehen! Denn unser Geld ist zu einem Ende
gekommen."
Josef antwortete: „Gebt mir euer Vieh, und ich werde euch Lebensmittel
im Austausch für euer Vieh geben, wenn euer Geld zu einem Ende
gekommen ist."
Und sie brachten ihr Vieh zu Josef, und Josef gab ihnen Nahrung im
Austausch für Pferde und Vieh, ob Schafe oder Rinder oder Esel. So gab er
ihnen dieses Jahr Essen im Austausch für all ihr Vieh.
Als das Jahr vorbei war, kamen sie zu ihm im nächsten Jahr, und sagten zu
ihm: "Wir können es nicht vor unserm Herrn verbergen: die Wahrheit ist,
unser Geld ist aufgebraucht und das Vieh ist in unsres Herrn Besitz. Es ist
nichts mehr da für unsern Herrn, außer unserem Körper und unserem
Land.
Wenn wir und unser Land nicht zugrunde gehen sollen, nimm uns und
unser Land im Austausch für Essen, und wir mit unseren Land werden
Pharaos Leibeigene werden, nur gib uns zu säen, damit wir überleben
können und nicht sterben und das Land nicht zurückbleibt als Wüste!"
So erwarb Josef das ganze Land für den Pharao in Ägypten, da einer nach
dem anderen die Ägypter verkauften ihre Felder, so schwer waren sie
durch den Hunger geplagt, und das ganze Land ging in des Pharao Besitz
über,
Das einzige Land, das er nicht erwerben konnte, gehörte den Priestern,
denn die Priester erhielten eine Zulage von Pharao und lebten von der
Zulage, die Pharao ihnen gab. Daher sahen sie keine Notwendigkeit, ihr
Land zu verkaufen.
Und Josef sagte zu den Menschen: "Das ist es, wie wir stehen: Ich habe
euch gekauft, mit eurem Land, in des Pharao Namen. Hier ist Samen für
euch, das Land zu besäen.
Aber von der Ernte müsst ihr ein Fünftel Pharao geben. Die anderen vier
Fünftel nehmt für eure Felder zur Aussaat, um Nahrung für euch und eure
Haushalte zu liefern und Essen für die Kinder."
“Du hast uns das Leben gerettet!" antworteten sie. "Wenn es gefällt unserm
Herrn, werden wir Leibeigene des Pharao werden."
Und Josef setzte ein Gesetz in Kraft, das ist noch heute in Kraft, in Bezug
auf den Boden Ägyptens, dass ein Fünftel dem Pharao gehört. Nur das
Land der Priester kam nicht zum Pharao.
So ließ sich Israel in Ägypten nieder, in der Region Goschen. Sie erwarben
Grundstücke, sie waren fruchtbar und wurden sehr zahlreich.
Jakob lebte siebzehn Jahre in Ägypten, also das Gesamtalter Jakobs war
hundertvierundsiebzig Jahre.
Als Israels Zeit zu sterben sich näherte, hat er nach seinem Sohn Josef
geschickt und sagte zu ihm: "Wenn du mich wirklich liebst, lege deine
Hand unter meine Hüfte als Pfand, dass du mit treuer Liebe an mir handeln
wirst: Du sollst mich nicht begraben in Ägypten!
Wenn ich liege mit meinen Vorfahren, führe mich aus Ägypten und
begrabe mich in ihrem Grab." - "Ich werde tun, was du sagst", antwortete
er.
“Schwöre mir", betonte er. So schwor er es ihm, und Israel sank zurück auf
das Kissen.
Einige Zeit später wurde Josef mitgeteilt: "Dein Vater ist krank geworden."
So nahm er seine beiden Söhne Manasse und Ephraim.
Als man Jakob sagte: Siehe, dein Sohn Josef kommt zu dir, hat Israel
beschworen seine Kraft und setzte sich auf im Bett.
“El Shaddai erschien mir zu Lus in Kanaan", sagte Jakob zu Josef, "und er
hat mich gesegnet,
Und sagte zu mir: Ich mache dich fruchtbar und zahlreich, und zu einer
Versammlung von Völkern und gebe dieses Land deinem Samen nach dir,
dass sie es auf Dauer besitzen.
Jetzt deine zwei Söhne, die dir geboren in Ägypten, bevor ich kam nach
Ägypten, sollen mein sein, Ephraim und Manasse sollen mir so viel wie
Ruben und Simeon sein.
Aber im Hinblick auf die Kinder, die du von ihnen haben wirst, sie werden
dein sein, und sie werden den Namen ihrer Brüder erben.
Als ich auf dem Weg von Mesopotamien war, meine Trauer war, dass der
Tod nahm deine Mutter Rahel von mir in Kanaan weg, auf der Reise, nur
eine kurze Strecke von Ephratha. Ich begrub sie dort auf der Straße nach
Ephratha - jetzt Bethlehem.“
Als Israel die beiden Söhne Josefs sah, fragte er: "Wer sind diese?"
“Es sind meine Söhne, die mir Gott hier gegeben", sagte Josef seinem
Vater. "Dann bring sie zu mir", sagte er, "so dass ich sie segne."
Nun, Israels Augen waren mit dem Alter schwach geworden, und er konnte
nicht sehen. Also ließ Josef sie näherkommen zu ihm und er küsste und
umarmte sie.
Und Israel sprach zu Josef: "Ich dachte nicht, dass ich dich jemals wieder
sehen würde, und jetzt hat Gott mich deine Kinder sehen lassen, wie
schön!"
Dann nahm Josef sie von seinem Schoß und neigte sich zu Boden.
Dann nahm Josef die zwei, Ephraim mit seiner rechten Hand, damit er auf
der linken Seite Israels sei, und Manasse mit seiner linken Hand, damit er
auf der rechten Seite Israels sei, und brachte sie zu ihm.
Aber Israel streckte seine rechte Hand aus und legte sie auf den Kopf von
Ephraim, dem jüngeren, und legte seine linke Hand auf den Kopf von
Manasse und verschränkte seine Hände - Manasse war der ältere.
Und er segnete Josef und sprach: „Der Gott, in dessen Gegenwart meine
Väter Abraham und Isaak gewandelt sind, der Gott, der mein Hirte
gewesen von meiner Geburt an bis heute,
Der Engel, der mich vor allem Schaden gerettet hat, segne diese Knaben,
so dass mein Name in ihnen lebe, und die Namen meiner Vorfahren
Abraham und Isaak, und sie sollen in Scharen auf der Erde wimmeln!“
Josef sah, dass sein Vater seine rechte Hand auf den Kopf von Ephraim
legte, und das dachte er wäre falsch, so nahm er die Hand seines Vaters
und versuchte, sie vom Kopf Ephraims auf den Kopf Manasses zu
schieben.
Josef protestierte vor seinem Vater: "Nicht so, Vater! Dieser ist der ältere,
lege deine rechte Hand auf diesen Kopf."
Aber sein Vater weigerte sich. "Ich weiß, mein Sohn, ich weiß", sagte er.
"Auch er wird ein Volk werden, er wird zu groß sein. Aber sein jüngerer
Bruder wird größer sein, seine Nachkommen werden ausreichen, um
Nationen darstellen zu können."
Also segnete er sie des Tages und sprach: „Gott mache dich wie Ephraim
und Manasse. Durch dich wird Israel sich segnen und sprechen: Ziehe
Ephraim dem Manasse vor.“
Und Israel sprach zu Josef: "Jetzt bin ich bereit zu sterben. Aber Gott wird
mit euch sein und euch zurück in das Land deiner Vorfahren bringen.“
Jakob rief seine Söhne und sprach: „Versammelt euch rund um mich, so
dass ich euch sage, was für euch kommen wird in den letzten Tagen.
Sammelt euch in der Runde, Söhne Jakobs, und hört, hört euren Vater
Israel.
Ruben, du bist mein Erstgeborener, meine Kraft und der Erstling meiner
Manneskraft, vor allem im Stolz, vor allem in der Stärke,
Unkontrolliert wie Wasser: Du wirst nicht in der ersten Linie sein, denn du
bestiegest das Bett deines Vaters, und so hast du besudelt meine
Schlafstätte, zu meiner Trauer.
Simeon und Levi sind Brüder bei der Durchführung ihrer böswilligen
Pläne.
Möge meine Seele nicht in ihren Rat kommen, noch mein Herz kommen in
ihr Unternehmen, denn sie haben in ihrer Wut Männer gelähmt und Stiere
nach Lust und Laune umgebracht.
Verflucht sei ihre Wut für ihre Rücksichtslosigkeit, verflucht sei ihr Zorn
für seine Wildheit. Ich werde sie in Jakob verteilen, ich werde sie in Israel
zerstreuen.
Juda, deine Brüder werden dich loben: Du greifst deinen Feinden an den
Hals, die Söhne deines Vaters werden dir huldigen.
Juda ist ein junger Löwe; du stehst über deiner Beute, mein Sohn. Wie ein
Löwe hockt er und legt sich wie eine mächtige Löwin: Wer wagt es ihn zu
wecken?
Das Zepter wird nicht von Juda weichen, noch der Herrscherstab von
seinen Füßen, bis ihm Tribut gebracht wird und die Völker erweisen ihm
Gehorsam.
Er bindet seinen Esel an den Weinstock, an sein Lager das Fohlen seiner
Eselin. Er wäscht seine Kleider in Wein, seine Kleider im Blut der
Trauben.
Seine Augen sind vom dunklen Wein rot und seine Zähne sind weiß von
Milch.
Sebulon wird an der Meeresküste leben und ein Matrose an Bord der
Schiffe sein, mit Sidon an seiner Flanke.
Als er sah, wie gut die Ruhestätte und wie angenehm das Land, beugte er
seine Schulter unter die Last und wurde ein Sklave zur Zwangsarbeit.
Dan wird sein Volk wie jedes andere von den Stämmen Israels regieren.
Möge Dan eine Schlange auf der Straße sein, eine Viper auf dem Weg, die
das Pferd beißt am Sprunggelenk, so dass sein Reiter fällt rückwärts hinab!
Ich sehne mich nach deiner Befreiung, Jahwe!
Gad wird von Plünderern überfallen werden, und er wird an den Fersen
angefallen.
Reiche werden das Essen von Asser herstellen: Er wird Essen passend für
die Könige bringen.
Josef ist ein fruchtbarer Weinstock in der Nähe einer Quelle, dessen
Ranken über die Mauer reichen.
Aber ihre Bögen wurden von dem mächtigen Einen zerbrochen, die
Sehnen ihrer Waffen wurden von der Macht des Mächtigen Jakobs
zerrissen, es half ihm der Name des Felsens Israels,
Der Gott deines Vaters, der dir hilft, El Shaddai, der dich segnet: Segen
oben vom Himmel herab, Segen von der Tiefe unterhalb liegend, Segen
der Brüste und des Schoßes,
Segnungen des Getreides und der Blumen, Segnungen der ewigen Berge,
Lohn von den ewigen Hügeln - mögen sie steigen auf Josefs Kopf, auf die
Krone des einen, der unter seinen Brüdern geweiht ist!
Alle diese machen die Stämme Israels aus, zwölf an der Zahl, und das ist,
was ihr Vater zu ihnen sagte, wie er sie zum Abschied segnete, so dass
jeder einen geeigneten Segen bekam.
Dort sind Abraham und seine Frau Sara begraben. Isaak und seine Frau
Rebekka sind dort begraben, und dort begrub ich Lea,
Das Feld und die Höhle, die sie von den Hethitern gekauft hatten."
Als Jakob seine Anweisungen an seine Söhne vollendet hatte, zog er seine
Füße in das Bett, und die Atmung wurde beendet, seine letzte Atmung, und
er wurde zu seinem Volk versammelt.
Josef warf sich auf das Gesicht seines Vaters, bedeckte es mit Tränen und
Küssen.
Dann befahl Josef die Ärzte in seinem Dienst zu seinem Vater, um ihn
einzubalsamieren. Die Ärzte balsamierten Israel ein,
Als die Zeit der Trauer um ihn um war, sagte Josef zu Pharaos Haushalt:
„Wenn ihr Zuneigung für mich habt, seht zu, dass diese Meldung Pharaos
Ohren erreicht,
Mein Vater hat mich unter Eid beschworen und sprach: Ich gehe zu sterben
in der Gruft, die ich in Kanaan gegraben für mich, das ist, wo du mich
begraben sollst. Also kann ich Urlaub nehmen, zu gehen und meinen Vater
zu begraben, und dann zurück zu kommen?"
Josef ging, seinen Vater zu begraben, und mit ihm alle Beamten des
Pharao, die Würdenträger seines Palastes und alle Würdenträger von
Ägypten gingen mit ihm,
Sowie alle aus Josefs Familie, seine Brüder und die Familie seines Vaters.
Die einzigen Menschen, die sie hinter sich gelassen in Goschen, waren die
Reiseunfähigen und ihre Schafe und Rinder.
Wagen und Reiter zogen mit ihm hinauf, es war ein sehr großes Gefolge.
Bei Goren-ha-Atad sind sie über den Jordan gekommen, sie hielten dort
eine lange und feierliche Klage, und Josef beobachtet sieben Tage Trauer
um seinen Vater.
Als die Kanaaniter, die Bewohner, erlebten die Trauer bei Goren-ha-Atad,
sagten sie: „Dies ist ein feierlicher Akt der Trauer von den Ägyptern",
deshalb wurde dem Ort der Name Abel-Mizraim gegeben am Jordan.
Seine Söhne taten, was er ihnen befohlen hatte, für ihn zu tun.
Seine Söhne führten ihn nach Kanaan und begruben ihn in der Höhle im
Feld Machpela, gegenüber Mamre, die Abraham hatte von Ephron, dem
Hethiter, als Begräbnisstätte für sich selbst gekauft.
Und Josef kehrte nach Ägypten zurück und seine Brüder und alle, die mit
ihm gekommen waren, um seinen Vater zu begraben.
Sehend, dass ihr Vater gestorben war, sagten Josefs Brüder: "Was ist nun,
wenn Josef beabsichtigt, uns als Feinde zu behandeln und wir bezahlen
alles Schlechte, was wir ihm angetan haben?“
So schickten sie diese Nachricht an Josef: "Bevor dein Vater starb, gab er
uns diesen Auftrag:
Ihr sollt zu Josef sagen: Jetzt bitte verzeihe das Verbrechen und die Fehler
deiner Brüder und alles Schlechte, was sie dir angetan haben. - So, jetzt
bitte verzeihe das Verbrechen der Knechte des Gottes deines Vaters." Josef
weinte bei der Botschaft, die sie ihm geschickt hatten.
Dann gingen seine Brüder zu ihm selbst und werfen sich ihm zu Füßen
und sagten: "Nimm uns als deine Sklaven an!"
Aber Josef erwiderte: "Habt keine Angst, ist es für mich recht, mich an
Gottes Stelle zu setzen?
Das Böse, das ihr tatet, ward für mich, geplant von Gottes Plan, zum
Guten, um der Gegenwart Ergebnis zu bringen: das Überleben einer
Vielzahl von Menschen.
Es gibt also keine Notwendigkeit, Angst zu haben, ich werde für euch und
eure Angehörigen sorgen." Auf diese Weise versicherte er ihnen, sich
liebevoll um sie zu kümmern.
Und Josef blieb in Ägypten mit der Familie seines Vaters, und Josef lebte
hundert und zehn Jahre.
Josef sah die dritte Generation von Ephraims Linie, wie auch die Kinder
von Machir, dem Sohn Manasses, der auf Josefs Schoß geboren wurde.
Schließlich sagte Josef zu seinen Brüdern: "Ich gehe zu sterben. Gott aber
wird sicher sich an euch freundlich erinnern, und ihr nehmt ein das Land,
das Land, das er unter Eid Abraham und Isaak und Jakob versprochen hat."
Und Josef legte den Söhnen Israels einen Eid auf und sprach: "Wenn Gott
sich erinnert an euch mit Freundlichkeit, lasst meine Gebeine von hier
wegführen."
ZWEITES KAPITEL
Alif-Lam-Ra.
Dies sind die Verse des deutlichen Buches.
Wahrlich, Wir haben es als einen arabischen Koran herabgesandt, damit du
verstehst.
Wir sagen dir die besten Geschichten über unsere Offenbarung in diesem
Koran. Und bevor dieser kam, warst du mit denen, die nichts über ihn
wussten.
Als Josef zu seinem Vater sagte: "O mein Vater! Wahrlich, ich sah im
Traum elf Sterne und die Sonne und den Mond, ich sah sie sich
niederwerfen vor mir."
Der Vater sagte: "O mein Sohn! Sage nichts von deiner Vision deinen
Brüdern, damit sie nicht vereinbaren eine Intrige gegen dich. Wahrlich!
Satan ist ein offener Feind der Menschen!“
"So wird dein Herr dich erwählen und dich lehren die Deutung der Träume
und wird perfektionieren Seine Bevorzugung deiner Persönlichkeit und der
Nachkommen Jakobs, so wie Er die Bevorzugung perfektionierte deiner
Väter, Abraham und Isaak, vorzeiten! Wahrlich, dein Herr ist allwissend
und sehr weise!"
Wahrlich, Josef und seinen Brüdern waren Verse gegeben für diejenigen,
die fragen.
Als sie sagten: "Wahrlich, Josef und sein Bruder Benjamin sind von
unserem Vater mehr geliebt als wir, aber wir sind eine starke Gruppe.
Wirklich, das ist an unserem Vater schlicht ein Fehler.“
"Tötet Josef! Oder werft ihn auf ein gewisses anderes Grundstück, so dass
der Vater uns allein gegeben werde, und danach werden wir rechtschaffene
Leute sein."
Einer unter ihnen sagte: "Tötet Josef nicht, aber wenn man etwas tun muss,
werft ihn auf den Boden eines Brunnens, er wird von einer Karawane von
Reisenden abgeholt werden."
Sie sagten: "O unser Vater, warum hast du uns nicht vertraut mit Josef, da
wir in der Tat seine Gratulanten sein wollten?"
"Morgen sende ihn mit uns, das Spiel zu genießen, und wahrlich, wir
kümmern uns um ihn."
Jakob sagte: "Wahrlich, es stimmt mich traurig, dass man ihn holen will,
und ich fürchte, der Wolf möchte ihn fressen, während ihr sorglos wegen
ihm seid."
Sie sagten: "Wenn ein Wolf ihn verschlingt, während wir eine starke
Gruppe sind, um ihn zu schützen, dann sicher, dann sind wir die Verlierer."
So, als sie ihn wegtaten, sie alle warfen ihn bis auf den Grund des
Brunnens, und Wir inspirierten ihn: "Ja, du sollst eines Tages sie
informieren über diese ihre Angelegenheit, wenn sie dich nicht erkennen."
Und sie kamen zu ihrem Vater in der ersten Hälfte der Nacht und weinten.
Sie sagten: "O unser Vater, wir liefen miteinander, und gaben Josef von
unseren Sachen, und ein Wolf verschlang ihn, aber du wirst uns nie
glauben, auch wenn wir die Wahrheit sagen!"
Und sie brachten sein Hemd von falschem Blut gefärbt. Er sagte: "Nein,
aber ihr selbst habt eine Geschichte gemacht, also für mich ist Geduld das
passendste. Und es ist Gott, dessen Hilfe gegen das, was ihr behauptet, von
mir gesucht wird."
Und es kam eine Karawane von Reisenden, sie haben einen zur Wasser-
Grube geschickt, und er ließ seinen Eimer in den Brunnen. Er sagte: "Was
für ein gute Nachricht! Hier ist ein Junge!" So versteckten sie ihn als Ware,
als einen Sklaven. Und Gott war der Allwissende von dem, was sie taten.
Und sie verkauften ihn für einen niedrigen Preis, für ein paar Silberlinge.
Und sie waren von denen, die ihn als unbedeutend angesehen hatten.
Und der Mann aus Ägypten, der ihn gekauft hatte, sagte zu seiner Frau:
"Mach seinen Aufenthalt komfortabel, es kann sein, er wird uns Gewinn
bringen, oder wir nehmen ihn als Sohn an." So setzten Wir den Josef in das
Land, auf dass Wir ihm in der Interpretation der Ereignisse unterrichten.
Und Gott hat volle Macht und Kontrolle über seine Angelegenheiten, aber
die meisten Menschen wissen es nicht.
Und als Josef erreicht seine volle Männlichkeit, verliehen Wir ihm
Weisheit und Wissen, so belohnen Wir die Gutes tun.
Und sie, in deren Haus er war, versuchte, ihn zu verführen, sie schloss die
Tür und sagte: "Komm, oh du!" Er sagte: "Ich suche Zuflucht bei Gott.
Wahrlich, dein Mann ist mein Herr. Er hat meinen Aufenthalt angenehm
gemacht. Wahrlich, die Sünder werden nie erfolgreich sein."
Und in der Tat, sie wünschte ihm und er war nicht geneigt, ihrem
Verlangen zu entsprechen, sonst hätte er den Beweis seines Herrn nicht
gesehen. So kam es, dass Wir vielleicht von ihm abwenden das Böse und
die Unzucht. Sicher, er war ein von Uns erwählter, von Uns geführter
Sklave.
So raste sie an der Tür, und sie zerriss sein Hemd von hinten. Die beiden
fanden ihren Mann an der Tür. Sie sagte: "Was ist die Strafe für den, der
einen bösen Plan gegen deine Frau ausgeführt, außer dass er im Gefängnis
sitzen muss oder eine schmerzhafte Buße ihm auferlegt wird?"
Josef sagte: "Sie war es, die mich zu verführen suchte!" Und ein Zeuge
ihres Haushalts bezeugte: "Wenn es sein sollte, dass sein Hemd von der
Vorderseite zerrissen wurde, dann ist ihre Geschichte wahr, und er ist ein
Lügner!“
"Aber wenn es sein sollte, dass sein Hemd hinten zerrissen, dann hat sie
gelogen, und er spricht die Wahrheit!"
Also, als ihr Mann sah Josefs Hemd hinten zerrissen, sagte ihr Mann:
"Wahrlich, es ist ein Elend mit euch Weibern! Sicherlich, mächtig ist euer
Elend!“
"O Josef! Geh von dieser weg! O Weib! Bitte um Vergebung für deine
Sünde! Wahrlich, du warst die Sünderin!“
Und die Frauen in der Stadt sagten: "Die Frau des Al-Aziz sucht ihren
jungen Mann zu verführen, ja, sie liebt ihn heftig, wahrlich, wir sehen klar
ihren Fehler."
Also, als sie von ihrem Vorwurf zu hören bekam, sie schickte aus nach
ihnen und bereitete ein Gastmahl für sie, sie gab jeder von ihnen ein
Messer, um die Lebensmittel zu schneiden, und sie sagte zu Josef: "Komm
heraus zu ihnen." Dann, als sie ihn sahen, erhoben sie ihn wegen seiner
Schönheit, und in ihrem Erstaunen schnitten sie ihre Hände. Sie sagten:
"Wie perfekt ist Gott! Kein Mensch ist das! Dies ist nichts anderes als ein
edler Engel!"
Sie sagte: "Das ist der junge Mann, wegen dem ihr mir die Schuld gegeben
wegen meiner Liebe, und ich wollte versuchen, ihn zu verführen, aber er
weigerte sich. Und jetzt, wenn er sich weigert, meinem Antrag zu
gehorchen, so wird er sicherlich ins Gefängnis geworfen werden und wird
einer von denen, die sich blamieren, sein."
Er sagte: "O mein Herr! Es ist der Kerker mehr nach meinem Geschmack
als das, wozu sie mich einladen will, es sei denn, du wendest ihren Plan
von mir ab, ich fühle mich dir zugeneigt und bin nicht einer von den
Sündern."
So antwortete sein Herr seiner Anrufung und wandte von ihm ihren Plan.
Wahrlich, Gott ist der Allhörende, der Allwissende.
Dann erschien es ihnen richtig, nachdem sie die Beweise seiner Unschuld
gesehen, ihn für eine Zeit zu inhaftieren.
Und mit ihm betraten zwei junge Männer das Gefängnis. Einer von ihnen
sagte: "Wahrlich, ich sah mich im Traum Wein auspressen." Der andere
sagte: "Wahrlich, ich sah im Traum die Brote auf meinem Kopf und Vögel
davon essen." Sie sagten: "Informiere uns über die Auslegung dieser
Träume. Wahrlich, wir denken, du bist einer der Wohltäter."
Er sagte: "Kein Essen wird zu dir im Wachzustand oder im Traum als Gabe
kommen, aber ich werde dich im Wachzustand informieren, bevor deine
Interpretation, das Essen kommt. Das ist es, was mein Herr mich gelehrt
hat. Wahrlich, ich habe die Religionen der Menschen, die nicht an Gott
glauben und ungläubig sind an das Jenseits, verlassen.“
"Und ich bin der Religion meiner Väter gefolgt, Abraham, Isaak und
Jakob, und nie könnten wir zuschreiben irgendwelche Partner Gott. Das ist
die Gnade Gottes über uns und der Menschheit, jedoch die meisten
Menschen danken ihm nicht.“
"O ihr meine zwei Begleiter im Gefängnis! Sind verschiedene Götter
besser oder Gott, der Eine, der Unwiderstehliche?
"Man muss nichts neben ihm anbeten, sondern die Götter sind nur Namen,
die ihr geschmiedet habt, ihr und eure Väter, wofür Gott keine Vollmacht
gegeben hat. Der Befehl ist Gottes allein. Er hat befohlen, dass ihr keinen
Gott außer Gott anbeten sollt, das ist die wahre Religion, aber die meisten
Menschen wissen es nicht.“
"O ihr meine zwei Begleiter im Gefängnis! Der Eine von euch wird Wein
einschenken seinem Meister, dass er trinke! Und der Andere, er wird
gekreuzigt werden, und Vögel werden fressen Brot von seinem Kopf!
Somit ist der Fall beurteilt, wonach ihr gefragt habt."
Und er sprach zu dem, von dem er wusste, dass er gerettet werden wird:
"Erwähne mich bei deinem Herrn." Aber Satan ließ es ihn vergessen, ihn
bei seinem Herrn zu erwähnen. So blieb Josef im Gefängnis ein paar
weitere Jahre.
Und der König von Ägypten sagte: "Wahrlich, ich sah im Traum sieben
schöne fette Kühe, die von sieben hässlichen mageren Kühen verschlungen
wurden, und sieben grüne Ähren und sieben vertrocknete Ähren. O
Honoratioren! Erklärt mir meinen Traum, wenn es sein kann, dass man
Träume zu deuten weiß."
Sie sagten: "Träume sind Schäume, wir halten nichts von der Deutung der
Träume."
Da erinnerte sich der Mann, der freigekommen war, nun endlich und sagte:
"Er wird dir sagen seine Deutung, so hole ihn her."
Er sagte: "O Josef, Ehemann der Weisheit! Erkläre mir den Traum von den
sieben schönen fetten Kühen, die von sieben hässlichen mageren
verschlungen wurden, und von den sieben grünen Ähren und den sieben
vertrockneten Ähren, damit ich zu den Menschen zurückkehren kann, dass
sie wissen."
Josef sagte: "Sieben Jahre in Folge werdet ihr wie gewohnt säen, und
ernten, und ihr werdet die Ähren sammeln, außer ein wenig davon, die ihr
essen könnt.“ .
"Dann werden danach sieben Jahre kommen, da ihr außer dem, was ihr
gespeichert habt, nichts zu essen findet, und ihr werdet essen, was ihr im
Voraus zur Seite gelegt habt.“
"Dann kommt danach ein Jahr, in dem die Menschen reichlich Regen
haben und in dem sie Wein und Öl reichlich zu keltern haben."
Und der König sprach: "Bringt ihn zu mir her." Aber als der Bote zu ihm
kam, sagte Josef: "Kehre zurück zu deinem Herrn und frage ihn: Was ist
mit den Frauen, die ihre Hände geschnitten? Sicherlich ist mein Herr Gott
sich bewusst ihrer Handlung."
Der König sagte zu den Frauen: "Was war das denn, wenn ihr nicht
versuchtet, Josef zu verführen?" Die Frauen sagten: "Gott bewahre uns!
Wir wissen nichts von Unheil gegen ihn!" Die Frau des Al-Aziz sagte:
"Jetzt ist die Wahrheit offenbar geworden, ich war es, die ihn zu verführen
versuchte, und er entspricht sicherlich der Wahrheit."
Dann sagte Josef: "Ich fragte nach dieser Untersuchung, damit Al-Aziz
wisse, dass ich ihn nicht verraten im Verborgenen. Und, wahrlich, Gott
führt nicht die Handlungen der Verräter!“
"Und ich werde mich befreien von der Schuld. Wahrlich, das menschlichen
Selbst ist geneigt zum Bösen, außer wenn mein Herr Gott seine
Barmherzigkeit schenkt. Wahrlich, mein Herr Gott ist allverzeihend, der
Barmherzige."
Und der König sagte: "Bringt ihn zu mir, dass ich ihn an meine Person
binde." Dann, als er mit ihm sprach, sagte er: "Wahrlich, an diesem Tag
bist du bei mir hoch im Rang und voll vertrauenswürdig."
Josef sagte: "Setze mich über die Schatzkammern des Landes, ich will sie
bewachen mit vollkommener Weisheit."
Somit haben Wir die volle Befugnis über das Land Josef anvertraut, in
Besitz zu nehmen das Land, wie, wann und wo er will. Wir schenken
Unsere Barmherzigkeit, wem Wir wollen, und Wir lassen nicht den Lohn
verloren gehen den Wohltätern.
Und wahrlich, der Lohn des Jenseits ist besser für diejenigen, die glauben
und Gott fürchten und tun ihre Pflicht.
Und Josefs Brüder kamen und sie traten zu ihm, und er erkannte sie, aber
sie erkannten ihn nicht.
Und als er sie mit ihren Bestimmungen je nach ihrem Bedarf ausgestattet
hatte, sagte er: "Bringt mir einen Bruder von eurem Vater. Seht ihr nicht,
dass ich volles Maß gebe und dass ich der beste Gastgeber bin?“
"Aber wenn ihr ihn mir nicht bringt, wird es kein Maß für euch von mir
geben, noch dürft ihr in meine Nähe kommen."
Sie sagten: "Wir werden versuchen, die Erlaubnis von seinem Vater zu
bekommen, und wahrlich, wir werden es tun."
Und Josef sagte seinem Diener, er solle ihr Geld in ihre Taschen stecken,
damit sie denken, wenn sie zu ihrem Volk zurückgehen, dass sie wieder
kommen müssen.
Also, als sie zu ihrem Vater zurückgekehrt waren, sagten sie: "O unser
Vater! Nicht mehr Maß Getreide werden wir bekommen, es sei denn, wir
nehmen unseren Bruder Benjamin mit. So sende unseren Bruder mit uns,
und wir werden unser Maß bekommen und wirklich, wir werden ihn
schützen."
Er sagte: "Kann ich ihn euch anvertrauen, wie ich euch seinen Bruder
Josef anvertraut hatte vorzeiten? Aber Gott ist der beste Beschützer, und
Gott ist der Barmherzige, der Erbarmer."
Und als sie ihre Koffer öffneten, fanden sie ihr Geld darin, das sie
zurückgebracht hatten. Sie sagten: "O unser Vater! Was können wir uns
mehr wünschen? Dieses unser Geld ist uns zurückgegeben worden, so dass
wir für unsere Familie mehr Essen bekommen werden, und wir werden
unseren Bruder schützen, und bringen ein weiteres Maß einer Kamellast.
Diese Menge ist dem König leicht uns zu geben."
Jakob sagte: "Ich werde ihn nicht mit euch senden, bis ihr mir einen
feierlichen Eid schwört im Namen Gottes, dass ihr ihn zu mir
zurückbringt, wenn ihr auch umgeben wäret von Feinden." Und als sie
ihren feierlichen Eid geschworen hatten, sagte er: "Gott ist Zeuge über das,
was wir gesagt haben."
Und er sagte: "O meine Söhne! Durch ein Tor geht nicht, sondern geht
durch verschiedene Tore, und ich kann euch nicht in Anspruch nehmen
gegen Gott. Wahrlich! Die Entscheidung liegt allein bei Gott. In Ihn habe
ich mein Vertrauen gesetzt! Und mögen doch all jene, die vertrauen,
vertrauen auf Ihn."
Und als sie nach dem Rat ihres Vaters eingetreten waren, hat es ihnen nicht
im geringsten genützt gegen den Willen Gottes, es war aber ein Bedürfnis
von Jakobs innerem Selbst, das er sie so entlassen. Und wahrlich, er war
mit der Weisheit begabt, weil Wir sie ihm gegeben hatten, aber die meisten
Menschen wissen nichts.
Und als sie gingen, und vor Josef traten, begab er sich zu seinem Bruder
Benjamin, und sagte: "Wahrlich, ich bin dein Bruder, so trauere nicht um
das, was jene zu tun pflegten."
Also, als er sie wieder mit ihren Bestimmungen ausgestattet hatte, legte er
den goldenen Orakel-Becher in seines Bruders Tasche, dann rief ein
Ausrufer: "O, die ihr in der Karawane zieht, sicherlich, Diebe seid ihr!"
Sie drehten sich um und sagten: "Was ist das, was du vergessen hast?"
Sie sagten: "Wir vermissen den goldenen Orakel-Becher des Königs, und
der, der ihn als eines Kamels Last bei sich trägt, soll gebunden werden."
Sie sagten: "Bei Gott! Tatsächlich weißt du, dass wir nicht gekommen
sind, um Unheil ins Land zu bringen, und wir sind keine Diebe!"
Josefs Männer sagten: "Was soll dann die Strafe für ihn sein, wenn ihr
euch als Lügner erweist?"
Josefs Brüder sagten: "Die Strafe sollte sein, dass er, in dessen Tasche der
Orakel-Becher gefunden wird, die Strafe eines Kriminellen erleidet. So
bestrafen wir die Übeltäter!"
Und Josef begann die Suche in ihren Taschen beim Sack seines Bruders
Benjamin. Da brachte er es aus der Tasche seines Bruders den Orakel-
Becher hervor. So haben Wir es geplant für Josef. Er konnte seinen Bruder
nicht durch das Gesetz des Königs als Sklaven binden lassen, außer dass
Gott es so wollte. Wir erhöhen um Rangstufen, wen Wir erhöhen wollen,
aber über alle, die mit der Weisheit begabt sind, ist der Allweise!
Josefs Brüder sagten: "Wenn er stiehlt, so war ein Bruder von ihm, der
stahl, bevor er gezeugt wurde." Aber diese Dinge hat Josef für sich
behalten, er offenbarte ihnen nicht die Geheimnisse, sondern sprach in sich
selbst: "Sie sind im schlimmsten Fall, und Gott weiß am besten die
Wahrheit dessen, was sie behaupten."
Sie sagten: "O Herrscher des Landes! Wahrlich, er hat einen alten Vater,
der um ihn trauern wird, so nimm einen von uns an seiner Stelle. In der Tat
denken wir, dass du eine der Wohltäter bist!"
Er sagte: "Gott behüte, dass wir jemanden nehmen, außer den, bei dem wir
unser Eigentum gefunden haben. Sonst wären wir ja ein Ungerechter."
Also, als sie vor ihm verzweifelten, hielten sie eine Konferenz im Privaten.
Der Älteste unter ihnen sagte: "Wisst ihr nicht, dass unser Vater einen Eid
von uns genommen im Namen Gottes, und davor haben wir nicht unsere
Pflicht an Josef ausgeübt. Darum will ich dieses Land nicht verlassen, bis
mein Vater es mir erlaubt. Oder Gott entscheidet meinem Fall durch die
Freilassung Benjamins, und Gott ist der gerechteste Richter.“
Sie kamen zurück zu ihrem Vater und sagten: „O unser Vater! Wahrlich,
dein Sohn Benjamin hat gestohlen, und wir bezeugen nichts außer nach
dem, was wir wissen, und wir konnten es nicht wissen, das Ungesehene!“
"Und frage die Menschen der Stadt, wo wir gewesen sind, und die
Karawane, mit der wir zurückkamen, und in der Tat, wir sagen die
Wahrheit."
Jakob sagte: "Nein, aber ihr habt eure eigenen Seelen betört. Also Geduld
ist am passendsten für mich. Kann sein, Gott wird ihn zu mir
zurückbringen, um mir wirklich alles zu tun, was ich wünsche. Nur Gott
ist allwissend und allweise."
Und er wandte sich von ihnen ab und sagte: "Ach, mein Kummer um
Josef!" Und seinen Augen verloren das Licht vor unterdrücktem Kummer!
Sie sagten: "Bei Gott, wird es denn nie aufhören, dass du dich an Josef
erinnerst, bis du vom Alter schwach geworden bist, oder bis du tot bist?"
Er sagte: "Ich klage nur meinen Kummer und meine Trauer Gott, und ich
weiß von Gott, was ihr nicht wisst.“
"O meine Söhne! Geht und fragt nach Josef und seinem Bruder Benjamin,
und ich will nie die Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit verlieren.
Sicherlich, niemand verzweifelt an Gottes Barmherzigkeit, außer jene
Menschen, die nicht glauben."
Dann, als sie zu Josef kamen, sagten sie: "O Herrscher des Landes! Eine
harte Zeit hat uns und unsere Familie getroffen, und wir haben gebracht
nur ein geringes Kapital, so zahle uns das volle Maß und sei wohltätig zu
uns. Wahrlich, Gott belohnt die Wohltätigen."
Er sagte: "Wisst ihr, was ihr mit Josef und seinem Bruder Benjamin getan
habt, wenn ihr unwissend wart?"
Sie sagten: "Bist du denn wirklich Josef?" Er sagte: "Ich bin Josef, und
dies ist mein Bruder Benjamin. Gott ist in der Tat uns gnädig gewesen.
Wahrlich, wer Gott fürchtet, und ihm gehorcht und ist geduldig, dann
sicher, lässt Gott den Lohn der Wohltäter nicht verloren gehen."
Sie sagten: "Bei Gott! Gott hat dich der Tat vor uns bevorzugt, und wir
sind Sünder."
Er sagte: "Kein Vorwurf trifft euch an diesem Tag, möge Gott euch
vergeben, und Gott ist der Barmherzige, der Erbarmer!“
"Geht mit diesem Hemd von mir, und werft es über das Gesicht meines
Vaters, er wird hellsichtig werden, und dann bringt mir eure ganze
Familie."
Und als die Karawane kam, sagte ihr Vater: "Ich glaube, ich fühle, ich
rieche Joseph, wenn er nur an mich denkt, mag er mich auch für
schwachsinnig halten."
Sie sagten: "Bei Gott! Gewiss, in deinem alten Fehler befindest du dich
wieder."
Dann, als der Träger der frohen Botschaft angekommen war, warf er das
Hemd auf Jakobs Gesicht, und er wurde hellsichtig. Er sagte: "Habe ich es
euch nicht gesagt? Ich weiß von Gott, was ihr nicht wisst."
Sie sagten: "O unser Vater, bitte um die Vergebung Gottes für unsere
Sünden, ja, wir sind Sünder."
Er sagte: "Ich werde meinen Herrn Gott um Vergebung für euch bitten,
wahrlich, Gott allein ist der Allverzeihende, Gott ist barmherzig!"
Dann, als sie zu Josef traten, rief er seine Eltern zu sich und sagte: "Lebt in
Ägypten, so Gott will, in Sicherheit."
Und er hob seine Eltern auf den Thron, und sie fielen vor ihm nieder. Und
er sagte: "O mein Vater! Dies ist die Deutung meines Traumes von
vorzeiten. Mein Herr Gott hat ihn wahr werden lassen und war in der Tat
gut zu mir, als er mich aus dem Gefängnis befreite, und euch alle hierher
brachte! Im Beduinen-Leben, nach der Tücke Satans, war Feindschaft
zwischen mir und meinen Brüdern gesät. Sicherlich ist mein Herr Gott
sehr freundlich und gütig zu wem er will. Wahrlich! Nur Gott ist er der
Allwissende, der Allweise.
"Mein Herr Gott! Du hast mir in der Tat in deiner Souveränität verliehen
die Weisheit der Deutung der Träume! Du bist allein Schöpfer der Himmel
und die Erden. Du bist meine Hilfe in dieser Welt und im Jenseits, weil ich
als Ergebener sterbe, und komm du zu mir mit den Heiligen."
Dies ist die Kunde von dem Unsichtbaren, das Wir dir zeigten in der
Inspiration. Du warst nicht mit ihnen, als sie ihren Plan zusammen fassten,
und auch nicht während sie den Plan ausführten.
Und die meisten Menschen wollen nicht glauben, auch wenn du es
leidenschaftlich begehrst!
Und keine Belohnung erbitte von denjenigen, die dein Prophetenamt nicht
anerkennen, dafür ist dies nicht weniger als eine Erinnerung und Beratung
den Kreaturen.
Und wie viele Zeichen an dem Himmel und auf der Erde sind geschehen,
während jene dem abgeneigt sind.
Und die meisten von ihnen glauben nicht an Gott, außer dass sie ihm
Partner zuschreiben.
Fühlen sie denn nichts von der kommenden Welt, dass sie sich verhüllen
vor Gott, oder fühlen sie nicht das sichere Kommen des Jüngsten Tages,
ganz plötzlich, während sie es nicht erwarteten?
Sprich: "Dies ist mein Weg, ich rufe zu Gott mit gewisser Weisheit, ich.
und wer mir folgt. Und ich bin nicht der Heiden einer."
Und Wir haben vor dir Boten gesandt, Menschen, die Wir inspirierten,
mitten aus dem Volk. Haben sie nicht die Erde bereist und gesehen, wie
das Ende derer war, die vor ihnen waren? Und wahrlich, es ist die Heimat
des Jenseits das Beste für diejenigen, die Gott fürchten und ihm
gehorchen. Wollt ihr denn nicht verstehen?
Sie wurden begnadigt, bis die Gesandten die Hoffnung aufgegeben und
dachten, dass sie abgelehnt würden, aber dann kam zu ihnen Unsere Hilfe,
und wen Wir wollten, den haben Wir erlöst. Und Unsere Strafe kann nicht
von den Sündern abgewehrt werden.
In diesen Geschichten ist eine Lehre für die Vernünftigen. Sie ist nicht eine
gefälschte Erklärung, sondern eine Bestätigung der bestehenden Bücher
Gottes, der Thora und des Evangeliums, und eine ausführliche Erklärung
des Ganzen und eine Führung und eine Barmherzigkeit für die Menschen,
die glauben.
DRITTES KAPITEL
Es war im ersten Jahr der sieben Jahre des Überflusses, im zweiten Monat,
dass der Pharao Josef sandte durchs ganze Land Ägypten. Und Josef kam,
in dem vierten Monat, im ersten Jahr, am achtzehnten Tag des Monats, in
die Stadt Heliopolis. Und er war der Sammler allen Getreides dieses
Landes, wie der Sand am Meer. Nun gab es in dieser Stadt einen Mann,
einen Statthalter des Pharao, und dieser Mann war der Chef aller Satrapen
und Fürsten Pharaos. Und er war sehr reich und weise und großzügig, und
er war Pharaos Berater, und sein Name war Pentephres, und er war der
Priester von Heliopolis. Pentephres hatte eine Jungfrau, die Tochter, etwa
achtzehn Jahre alt, groß und schön und anmutig, schöner als jede andere
Jungfrau im Land. Und sie war ganz anders als die Töchter der Ägypter,
aber in jeder Hinsicht wie die Töchter der Hebräer. Und sie war so groß
wie Sarah, und so schön wie Rebecca, und so schön wie Rahel, und der
Name dieser Jungfrau war Aseneth. Und der Ruhm ihrer Schönheit
verbreitete sich im ganzen Land, auch in seinen entlegensten Winkeln, und
alle Söhne der Herren und der Statthalter und der Könige suchten ihre
Hand in der Ehe zu gewinnen, junge Männer alle von ihnen. Und es gab
große Rivalität zwischen ihnen, wegen ihr, und sie begannen, sich
untereinander zu bekämpfen wegen Aseneth. Und der älteste Sohn des
Pharao hörte von ihr, und er bat seinen Vater, sie ihm zu geben als seine
Frau. Und er sprach zu ihm: "Gib mir Aseneth, die Tochter des Pentephres,
des Priesters von Heliopolis, als meine Frau." Und sein Vater Pharao
sprach zu ihm: "Warum solltest du eine Frau bekommen von niederem
Stand als du? Bist du nicht König der ganzen Erde? Nein! Siehe, die
Tochter Königs Joakims wird dir verlobt, und sie ist eine Königin und sehr
schön in der Tat. Nimm sie als deine Frau."
II
Aseneth verachtete alle Männer und betrachtete sie mit Verachtung, doch
kein Mann hatte sie je gesehen, denn Pentephres hatte einen Turm an
seinem Haus gebaut, der groß und sehr hoch war. Und das oberste
Stockwerk hatte zehn Zimmer. Das erste Zimmer war groß und angenehm,
und es war mit lila Steinen gepflastert, und die Wände waren mit
Edelsteinen verschiedener Art geschmückt. Und die Decke des Zimmers
war von Gold, und in ihm lagen die unzähligen Götter und Göttinnen der
Ägypter, aus Gold und Silber. Und alle diese verehrte Aseneth, und sie
fürchtete sie, und sie opferte ihnen. Das zweite Zimmer enthielt alles für
die Putz Aseneths, den Schmuck und die Schatzkisten. Und es gab viel
Gold in ihm, und Silber und Kleider, mit Gold und Edelsteinen von
großem Preis, und feine Bettwäsche. Und all ihre mädchenhaften
Verzierungen waren darin. Das dritte Zimmer enthielt all die guten Dinge
der Erde, und es war für Aseneth das Warenhaus. Und sieben Jungfrauen
hatten die restlichen sieben Zimmer inne, eine jede eins. Und sie waren
dazu da, um Aseneth aufzuwarten und waren im gleichen Alter wie sie,
denn sie waren alle in der gleichen Nacht wie Aseneth geboren, und sie
waren sehr schön, wie die Sterne am Himmel, und kein Mann oder
Jüngling hatte je etwas mit ihnen zu tun gehabt. Und Aseneths großer
Raum, wo sie ihre Zeit verbrachte, hatte drei Fenster. Ein Fenster ging
über den Hof in den Osten. Das zweite sah in den Norden, auf die Straße,
und das dritte in den Süden. Und ein goldenes Bett stand in dem Zimmer,
mit Blick auf den Osten. Und das Bett hatte eine Decke von lila Gewebe
mit Gold, mit blauen und feines Leinen bestickt. In diesem Bett lag
Aseneth, um allein zu schlafen, und kein Mann und keine Frau jemals
setzte sich darauf, mit Ausnahme von Aseneth. Und es war ein großer Hof
rund um das Haus, und eine Mauer um den Hof, sehr hoch und von großen
rechteckigen Steinen gebaut. Und es waren vier Tore in den Hof, mit Eisen
überwölbt, und achtzehn starke junge Männer standen da mit Waffen, um
jedes einzelne von ihnen zu schützen. Und an der Wand im Innenhof gab
es jede Art von schönen Bäumen, die Frucht bringen, und die Frucht an
jedem von ihnen war reif, denn es war Erntezeit. Und auf der rechten Seite
des Hofes gab es eine ständig sprudelnde Wasserquelle, und im Frühjahr
eine große Zisterne, die das Wasser aus der Quelle erhielt und aus der ein
Fluss durch die Mitte des Hofes geflossen war und tränkte alle Bäume.
III
IV
Und sie eilte und kam von der Treppe aus ihrem Stockwerk an der Spitze,
und sie kam zu ihrem Vater und ihrer Mutter und begrüßte sie. Und es war
für Pentephres und seine Frau eine große Freude, zu sehen ihre Tochter
Aseneth als die Braut Gottes geschmückt. Und sie nahm all die guten
Dinge, die sie von ihrem Anwesen vom Land gebracht hatten, und sie
gaben sie ihrer Tochter. Und Aseneth freute sich über die guten Dinge, und
die Früchte, die Trauben und die Datteln, und über die Trauben und
Granatäpfel und Feigen, denn sie alle waren köstlich. Und Pentephres
sagte zu seiner Tochter Aseneth: Mein Kind! Sie sagte: Siehe, hier bin ich,
mein Herr! Und er sagte zu ihr: Setz dich, bitte, zwischen uns: Ich möchte
mit dir reden. Und Aseneth setzte sich zwischen ihren Vater und ihre
Mutter. Und ihr Vater Pentephres nahm ihre rechte Hand in seine rechte
Hand und sagte zu ihr: Mein Kind! Und Aseneth sagte: Was ist, Vater?
Und Pentephres sagte zu ihr: Siehe, Josef, der mächtige Mann Gottes,
kommt zu uns heute, und er ist Herrscher über das ganze Land Ägypten,
denn der Pharao hat ihn zum Herrscher über all unser Land bestellt, und er
ist der Spender von Getreide im ganzen Land und ist es, die Ägypter vor
der Hungersnot, die kommen wird, zu retten. Und Josef ist ein Mann, der
Gott verehrt! Er ist demütig, und eine Jungfrau, wie auch du bist, und ein
Mann von großer Weisheit und Wissen, und der Geist Gottes ist auf ihm,
und die Gnade des Herrn ist mit ihm. Also komm, mein Kind, und ich
werde dich ihm geben als seine Frau: Du sollst seine Braut sein, und er soll
dein Bräutigam für immer sein. Und als Aseneth gehört, was ihr Vater
sagte, kam ein heißer Schweiß über sie, und sie war wütend, und sah von
der Seite ihren Vater an. Und sie sagte: Warum sollte mein Herr und mein
Vater dieses sprechen, als ob er mich übergeben würde wie eine Gefangene
einem Mann von einer anderen Rasse, einem Mann, der ein Flüchtling war
und wurde verkauft als Sklave? Ist dies nicht der Sohn des Hirten aus dem
Land Kanaan, und er wurde von ihm aufgegeben? Ist das nicht der Mann,
der Sex mit seiner Geliebten hatte? Und sein Meister warf ihn ins
Gefängnis, wo er in der Dunkelheit lag, und Pharao holte ihn aus dem
Gefängnis, weil er seinen Traum gedeutet? Nein, ich will den ältesten
Sohn des Königs heiraten, denn er ist König der ganzen Erde. Dies hörend,
dachte Pentephres, es wäre klüger, nicht mehr zu seiner Tochter über Josef
zu sprechen, denn sie hatte ihm arrogant und im Zorn geantwortet.
Und siehe, einer der jungen Männer aus Pentephres’ Gefolge platze herein
und sagte: Siehe, Josef ist vor den Toren unseres Hofes. Und Aseneth
verließ schnell ihren Vater und ihre Mutter und rannte die Treppe hinauf
und ging in ihr Zimmer und trat an das große Fenster, das nach Osten
blickte, um Josef zu sehen, als er in das Haus ihres Vaters trat. Und
Pentephres und seine Frau und alle seine Verwandten gingen hinaus, um
Josef zu begrüßen. Und die Pforten des Gerichts, die nach Osten schauten,
wurden geöffnet, und Josef kam, sitzend in des Pharao Vizekönigs Wagen.
Und es waren vier Pferde angespannt, weiß wie Schnee, mit goldenen
Zügel, und der Wagen war über und über bedeckt mit Gold. Und Josef trug
einen herrlichen weißen Kittel, und die Robe um ihn geschlungen war lila,
aus Leinen gewebt, mit Gold durchwirkt: er trug eine goldene Krone auf
dem Kopf, und rund um die Krone waren zwölf Edelsteine, und vor den
Steinen zwölf goldene Strahlen, und ein königliches Zepter war in seiner
rechten Hand. Und er hielt einen Olivenzweig ausgestreckt, und es gab
viel Früchte daran. Und Josef kam in den Hof, und die Tore waren
geschlossen. Und Fremde, egal ob Männer oder Frauen, blieben draußen,
weil die Torwächter die Türen geschlossen hatten. Und Pentephres kam,
und seine Frau kam, und alle seine Verwandten, mit Ausnahme ihrer
Tochter Aseneth, und sie beugten sich vor Josef mit ihren Gesichtern zu
Boden. Und Josef stieg aus seinem Wagen und streckte seine rechte Hand
zu ihnen aus.
VI
Als Aseneth Josef sah, stach es ihr ins Herz, ihre Eingeweide waren
aufgewühlt, ihre Knie wurden schlaff, und ihr ganzer Körper zitterte. Und
sie war in großer Angst und rief und sprach: Wohin soll ich gehen, und wo
kann ich mich vor ihm verbergen? Und wie wird Josef, der Sohn Gottes,
mich betrachten, denn ich habe Böses gesprochen über ihn? Wohin kann
ich fliehen und wo mich verstecken, denn er sieht alles, und kein
Geheimnis ist vor ihm sicher, wegen des großen Lichtes, das in ihm ist.
Und jetzt möge der Gott Josefs mir gnädig sein, denn ich sprach Böses in
Unwissenheit. Was kann ich hoffen, Wurm, der ich bin? Habe ich nicht
gesprochen, Josef kommt, der Sohn des Hirten aus dem Land Kanaan?
Und nun, siehe, die Sonne kommt zu uns vom Himmel in seinem Wagen
und in unser Haus an diesem Tag. Aber ich war dumm und leichtsinnig,
ihn zu verachten, und ich sprach schlecht von ihm und wusste nicht, dass
Josef der Sohn Gottes ist. Denn welcher Mensch könnte jemals Vater
solcher Schönheit sein, und welche Mutter würde je ein solches Licht
tragen? Elende, die ich bin, und dumm, denn ich sprach Bösen von ihm zu
meinem Vater. Nun wolle mein Vater mich Josef als Dienstmädchen und
Sklavin verkaufen, und ich werde ihm für immer dienen.
VII
Und Josef kam in Pentephres’ Haus und setzte sich auf einen Sitz, und er
wusch seine Füße, und er stellte einen Tisch getrennt auf, weil er nicht mit
den Ägyptern essen wollte, denn dies war ein Gräuel für ihn. Und Josef
sprach zu Pentephres und allen seinen Verwandten und sagte: Wer ist
dieser Frau, die in der Sonne durch das Fenster schaut? Sag ihr, sie soll
wegtreten. Das war, weil Josef Angst hatte, sie könnte ihn bitten, mit ihr zu
schlafen, denn alle Frauen und Töchter der Herren und Satrapen des
ganzen Land Ägypten nutzen jede Gelegenheit, um ihn zu bitten, mit ihnen
zu schlafen. Und viele der Frauen und Töchter der Ägypter haben viel
gelitten um Josef, weil er so schön war, und sie schickten Boten, ihn mit
Gold und Silber und wertvollen Geschenken zu beschenken. Und Josef
würde sie ablehnen und sagen: Ich werde nicht die Sünde vor dem Gott
Israels tun. Und Josef hatte seines Vaters Jakob Gesicht vor seinen Augen
ständig, und er erinnerte sich an die Gebote seines Vaters, denn Jakob
sagte alle Gebote Gottes Josef und seinen Brüdern: Seid auf der Hut,
meine Kinder, vor der fremden Frau, und habt nichts mit ihr zu schaffen,
denn sie bringt euch nur Ruin und Zerstörung. Deshalb sagte Josef: Sagt,
dass die Frau weggehen soll. Und Pentephres sagte zu ihm: Mein Herr, die
Frau, die du in der Etage oben gesehen hast, ist nicht fremd: Sie ist unsere
Tochter, eine Jungfrau, die alle Männer verabscheut, und keinen anderen
Mann hat sie bis heute je gesehen, abgesehen von dir. Und wenn du es
wünschst, wird sie kommen und reden mit dir, denn unsere Tochter ist
deine Schwester. Und Josef war überglücklich, weil Pentephres sagte: Sie
ist eine Jungfrau, die alle Männer verabscheut. Josef antwortete Pentephres
und seiner Frau und sagte: Wenn sie deine Tochter ist, dann lass sie
kommen, denn sie ist meine Schwester, und ich werde sehen, wie meine
Schwester heute ist.
VIII
Und Aseneths Mutter ging in den obersten Stock und brachte Aseneth nach
unten zu Josef, und Pentephres sagte zu seiner Tochter Aseneth: Begrüße
deinen Bruder, denn auch er ist noch Jungfrau, wie du es heute bist, und er
verabscheut alle fremden Frauen, so wie du verabscheust alle fremden
Männer. Und Aseneth sprach zu Josef: Mögest du Freude haben, mein
Herr, sei gesegnet von Gott, dem Höchsten. Und Josef sprach zu ihr: Möge
Gott, der alles Leben gegeben hat, dich segnen. Und Pentephres sagte zu
Aseneth: Komm näher und küsse deinen Bruder! Und als sie kam in die
Nähe von Josef, um ihn zu küssen, streckte Josef seine rechte Hand aus
und legte sie an ihre Brust - und sagte: Es ist nicht das Richtige für einen
Mann, der Gott mit seinem Mund segnet, den lebendigen Gott anbetet, und
isst das gesegnete Brot des Lebens, und trinkt den Becher der
Unsterblichkeit gesegnet, und ist mit der gesegneten Salbung gesalbt, dass
er sich vereinige mit einer Frau, die mit ihrem Mund segnet tote und
stummen Götzen, und isst von ihrem Tisch das Brot der Angst, bringt
Getränke ihrer Trankopfer mit dem Becher des Verrats dar, und ist mit der
Salbung der Zerstörung gesalbt. Ein Mann, der Gott verehrt, wird seine
Mutter und seine Schwester küssen, die von seinem eigenen Volk sind, und
die Frau, die sein Sofa teilt, ist die, die mit ihrem Munde segnet den
lebendigen Gott! So ist es nicht das Richtige für eine Frau, die Gott
anbetet, einen fremden Mann zu küssen, denn das ist ein Gräuel in den
Augen Gottes. Und als Aseneth gehört hatte, was Josef sagte, war sie sehr
beunruhigt und weinte laut, und sie fixierte den Blick auf Josef, und ihre
Augen füllten sich mit Tränen. Und Josef sah es, und sein Herz ging zu ihr
über. Denn Josef war weichherzig und mitfühlend und fürchtete den Herrn.
Und er hob seine rechte Hand über den Kopf und betete:
IX
Und Aseneth wurde mit Freude von Josefs Segen erfüllt, und sie ging in
Hast zu ihrem Stockwerk an der Spitze und fiel auf das Sofa erschöpft,
denn sie fühlte sich nicht nur glücklich, sondern auch aufgewühlt und sehr
erschrocken; und sie war in Schweiß gebadet von dem Moment an, als sie
Josef sprechen hörte, sie im Namen des Höchsten Gottes zu segnen. Und
sie weinte bitterlich, und sie bereute, dass sie ihre Götter und Göttinnen zu
verehren pflegte, und sie wartete auf den Abend. Und Josef aß und trank,
und er sprach zu seinen Knechten: Spannt die Pferde vor den Wagen.
Denn, sagte er: Ich muss fahren und gehen durch die ganze Stadt und den
ganzen Landkreis. Und Pentephres sagte zu Josef: Bleib hier die Nacht,
mein Herr, und morgen gehe deines Weges. Und Josef sagte: Nein, ich
muss los! Nun, denn dies ist der Tag, da Gott sein Werk begann: In acht
Tagen will ich wieder kommen und hier bleiben dann die Nacht mit dir.
XI
Und es geschah am achten Tag, da Aseneth sah auf von dem Boden, wo sie
lag, denn es drohten ihrer Glieder zu sterben als Folge ihrer großen Leiden.
XII
Und sie streckte ihre Hände aus nach Osten, und ihre Augen blickten zum
Himmel auf, und sie betete:
Zu dir, o Herr, wende ich mein Flehen, und zu dir rufe ich: Befreie mich
von meinen Verfolgern, denn zu dir bin ich geflohen, wie ein Kind zu
seiner Mutter. Und du, Herr, strecke deine Hände aus über mich, wie ein
Vater, der seine Kinder liebt und ist zärtlich liebevoll, und reiße mich aus
der Hand meiner Feinde. Denn siehe, mich verfolgt der wilden Urwelt
Löwe, und seine Kinder sind die Götter und Göttinnen der Ägypter, die ich
aufgegeben und zerstört habe, ihr Vater, der Teufel, versucht, mich zu
verschlingen. Aber du, Herr, rette mich aus seiner Hand. Und rette mich
aus seinem Rachen, damit er mich nicht schnappe wie ein Wolf und reiße
mich und werfe mich in den Abgrund des Feuers und in das sturmbewegte
Meer; und lass nicht das große Meer-Monster mich verschlingen. Rette
mich, Herr, verlassen wie ich bin, denn mein Vater und meine Mutter
verweigern sich mir, weil ich zerstört und zertrümmert habe ihre goldenen
Götter, und ich habe keine andere Hoffnung außer in dir, o Herr, denn du
bist der Vater der Waisen und der Helfer der Verfolgten, und du bist die
Hilfe derer, die unterdrückt werden.
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
THE LOVE SONGS OF THE LORD JESUS
PROLOGUE
The sky is thick with clouds; the forest area is dark with the oak trees; the
night frightens Christ; Oh Magdalenee! you take him home; this is the
command from the moon. But, Magdalene and Jesus stray to the tree on
the banks of river Jordan, and their secret love sport prevails.
The heart of the great poet Sir Mayer is like a mansion, beautifully
decorated with the Goddess of the Word (Sophie), who is at the feet of
Jesus, composes this great work comprising of the divine plays of the
mystical artists. Mayer means “the Mother”; Sir Mayer is one who
illuminates the utmost excellence of the pastimes of the Lord Jesus Christ
by his devotion.
Dear audience! If your mind is permeated by mellows of ever-fresh loving
attachment while hearing the pastimes of the Lord Lord, and if you are
curious to know about his ingenuity in the amorous arts, may you become
immersed in bliss by listening to the mellifluous, tender and endearing
verses of this collection of songs by the poet Mayer.
FIRST SONG
Unto the deliverer of the Holy Scriptures, the upholder of the world of
moving and stationary living beings, the saviour of Mother Earth, the
slayer of Satan, the destroyer of the demons, the conqueror of Canaan, the
wielder of the plough, the advocate of compassion and the slayer of the
barbarians; unto you who assume these ten spiritual forms, O Lord Jesus
Christ! I offer my obeisance unto you.
O God! O Lord! You rest with Lady Magdalene, with your dazzling
earrings and playing with your enchanting garland of ivory! O Lord, may
you be triumphant!
O God! O Lord! You are the ornament shining like a thousand suns. You
sever the bondage of material existence. You are the swan who sports in
the mind’s lake of the sages’ hearts. May you be triumphant! May you be
triumphant!
O God! O Lord! You pulverize the pride of the venomous snake, Satan.
You fill the hearts of your dearest ones with endless joy. You are the sun
that makes the lily of David’s dynasty bloom. May you be triumphant!
May you be triumphant!
O God! O Lord! O destroyer of the demons! O you who ride upon your
transcendent eagle! You inspire the rest of the saints’ delightful play. May
you be triumphant! May you be triumphant!
O God! O Lord! Your magnificent eyes resemble the petals of an
immaculate lily flower. You bestow emancipation from the sorrow of
material existence. You are the foundation of all the worlds. May you be
triumphant! May you be triumphant!
O God! O Lord! You decorate Mary in your incarnation as Lord Jesus. You
restore peace to the world by killing the nine-headed Hydra in battle. May
you be triumphant! May you be triumphant!
O Emmanuel, your complexion is lustrous like a fresh rain-cloud. O holder
of the Mount Zion! As a nightingale pines for the moon, you are
incessantly attached to the moonlike face of the supreme Fortune, O Lord,
O Lord! O God! May you be triumphant! May you be triumphant!
O Jesus, we have taken exclusive refuge at your lily feet. May you confer
auspiciousness by blessing us with the gift of love. O God! O Lord! May
you be triumphant! May you be triumphant!
O God, may this charming, radiant and melodious invocation of
auspiciousness composed by Sir Mayer increase your happiness. May it
bestow bliss upon your devotees who hear and recite your glorious
qualities. May you be triumphant! May you be triumphant!
SECOND SONG
Once, in the splendid spring season, when Magdalene was pining for
Christ, she began to search for him in one forest grove after another. Her
elegant, young limbs, soft as jasmine flowers, grew weary and Cupid made
her mind delirious with anxiety. At that time, her intimate girlfriend
lovingly addressed her as follows.
The zephyr breeze is so enchanting as he arrives and impetuously
embraces the tender, charming creepers again and again. The forest bower
is permeated with the sweet sound of the nightingales and the drone of
bees as they bumble to and fro.
Moreover, the Lord is also dancing in this forest bower with his virgins
when the spring is in full bloom and while being immersed in a festival of
love.
The peach trees are covered with flowers. There is no vacant space left
upon their branches. Innumerable groups of bumblebees are humming
upon clusters of crocus flowers. Cupid’s arrows hurt the virgins and over
there, Christ is dancing as he revels in love with other virgins.
Adorned with new leaves, the trees delight in diffusing their musk-like
fragrance in all directions. Girlfriend, look! These lustrous flowers
resemble the fingernails of God Cupid. It seems that the King of amorous
love has torn the bosom of youthful couples.
Blossoming roses appear to be the golden rods of King Cupid, and the
clusters of hyacinth flowers surrounded by bumblebees appear to be his
quiver.
It seems that the whole world has become shameless by the formidable
influence of spring. Seeing this, the young, compassionate trees are
laughing on the pretext of bursting into flower. Look! Shaped like javelins
for piercing the hearts of lonely lovers, the screw-pine flowers are
blossoming brightly in all directions and the directions are also overjoyed
to unite with them.
The nectar of spring flowers and the aroma of jasmine blossoms are
enthralling. Even the minds of great sages are agitated in springtime and
they suddenly become bewildered. Spring is the selfless friend of the
young.
The apple trees in the forest groves of Galilee are covered with freshly
sprouted buds because they are thrilled by the embrace of the restless
creepers. The Lord Lord is affectionately playing with virgins in the pure
water of the Jordan that flows alongside those forest groves.
This auspicious, passion-laden song has been perfectly manifested through
Sir Mayer. The portrayal of the forest in springtime is suffused with the
erotic aberrations of Magdalene when she is overwhelmed with anxiety in
separation from Christ. Woven together with transformations of passion,
the spring season awakens remembrance of the lily feet of the Lord Lord.
Wind perfumes the forest with fine pollen-shaken loose from newly
blossomed jasmine’s it blows love’s fragrant breath, it tortures every heart
it touches.
Sounds of cuckoo’s mating on apple shoots shaken as bees seek honey
scents of opening buds raise fever in the ears of lonely travellers.
Somehow they survive like a faithful mind, by thinking about the divine
love of God and His Wisdom.
THIRD SONG
Then Magdalene’s girlfriend expertly searched for Christ and saw that he
was nearby. He was immersed in joyful pastimes with beautiful virgins,
who were receiving him with the utmost respect. A need for delightful,
sensuous pastimes suddenly awakened in Christ’s mind when the virgins
showed their eagerness to embrace him. Pointing out this scene to
Magdalene, the girlfriend spoke to her again.
O playful Magdalene, look! Dressed in white cloth and a garland of forest
flowers, with myrrh paste smeared upon his brown limbs, Lord Jesus feels
the utmost elation as he enjoys with captivated virgins in this Galilean
forest. His earrings dangling in play, they ornament his smiling cheeks.
The beauty of his cheeks is astonishing and his face displays a wondrous
sweetness with the honey of his playful laughter.
One of the virgins is firmly embracing Christ with intense attachment.
Pressing the heavy burden of her voluptuous breasts against Christ’s chest,
she has begun to sing a melody of love with him, in the musical mode
“lilies”.
Another virgin, lured by his wanton quivering looks is meditating on the
lily face of Jesus. He arouses lust in the hearts of sensuous young ladies
with the romantic sidelong glances of his restless eyes, and she is greedy to
drink the honey of his lily face.
One curvaceous virgin has leant her face close to Christ’s cheek, on the
pretext of whispering a secret in his ear. When Christ understood her love-
laden intention, he reciprocates. That virgin seized this favourable
opportunity to fulfil her most cherished desire. With the utmost delight,
she has begun to kiss his tingling cheek.
Another virgin eager for the art of love, discovered a secluded place in a
charming grove of cane on the banks of river Jordan. Impelled by a joyful
fascination for the amatory arts, she pulls Christ with both hands and
dragged him away.
The Lord praises a virgin drunk from dancing with beating palms, in the
rite of love upon hearing the wondrous melody of his divine harp
combined with the sound of her ringing bangles.
Christ is embracing one of his beloveds; he is kissing another and
somewhere else he enjoys passionate caresses with another. Elsewhere he
gazes expectantly at the face of another beloved, while appreciating the
nectar of her suggestive sweet smile. Somewhere else he mimics a
willingly virgin.
May this auspicious, delightful and astounding song of Sir Mayer increase
the good fame of all. This song bestows all virtues. It describes
Magdalene’s gaze upon the wondrous mystery of the sensual games
performed by Christ as she laments.
FOURTH SONG
When Magdalene saw Christ enjoying affectionate exchanges with all the
virgins in the groves of Galilee, she became indignant because he had not
acknowledged her eminence. She immediately departed for another part of
the forest and hid herself inside a shady bower that resounded with the
drone of bumblebees. Feeling wretched, she began to disclose secrets to
her intimate female companion.
The sweet notes from his alluring lips are producing a sweet expressive
song. His restless eyes glance, his head sways and his earrings play at his
cheeks. I repeatedly remember the Lord’s attractive brown complexion, his
laughter and his humorous behaviour.
His hair is adorned with a circle of charming peacock feathers, caressed by
the moonlight that crowns his hair. His lustre resembles a mass of fresh
rain-clouds and brilliant rainbows, coloured fine cloth adorns his delicate
body.
He lowers his face with the desire to kiss the faces of the virgins in the
festival of Cupid. His tender lips are an enchanting soft ruby-red colour
like the bud of a scarlet mallow flower. The unprecedented lustre of his
captivating smile spreads across his handsome face.
His entire body thrills when he deeply embraces thousands upon thousands
of beautiful virgins with his long arms, as tender as flower petals. All
darkness is dispelled by the rays of beauty emanating from the ornaments
on his hands, feet and chest.
His forehead bears a captivating crown. Its indescribable lustre defeats the
immense beauty of a restless moon amidst a multitude of fresh rain-clouds.
I simply go on remembering how the virgins would be bruised by cruel-
hearted Christ, who is always fond of inflicting pain.
The beauty of his cheeks is enhanced by his enchanting, jewelled, fish-
shaped earrings. He accepts the role of a hero and generously fulfils the
hearts’ desires of his beloved. Attired in purple, Christ has diffused his
sweetness and captivated the best of his disciples, including saints, sages
and angels.
My heart becomes increasingly agitated by remembering Lord Christ.
After arriving beneath a broad peach tree in full blossom, he waits for me
while looking around in anticipation. He completely dispels my fear of
separation, by consoling me with many clever and flattering words. He
quickly delights me with his loving glances.
Sir Mayer has presented this poem for those fortunate persons devoted to
the service of Jesus. It describes the spell-binding beauty of Christ’s form.
It is the very embodiment of remembrance of the Lord’s lily feet and it
should be relished after taking complete shelter in the primary passion of
pure love.
FIFTH SONG
Girlfriend, Christ has abandoned me and now he goes away with other
virgins. I know that it is futile to express my love for him. Still, what am I
to do? My attachment for him is so powerful that it will not go away under
any circumstances. I just go on enumerating his wonderful qualities. When
I realize my eminence, I become maddened with ecstasy. I cannot be angry
with him, even by mistake; and I feel satisfied when I overlook his love for
others. I ardently long for him at every moment. Girlfriend, I cannot forget
him. My heart wants only him.
Once, he went to a secluded forest bower at night in accordance with the
plan we had discreetly arranged by hints and signals. In a mischievous
mood, he concealed himself in the dense foliage of the forest just to
observe my eagerness to meet him and my agony in his absence. I began to
look around with tired, fearful eyes, immersed in anxiety and thinking: Oh,
when will he come? Then he suddenly delighted me with the nectar of his
amorous laughter.
Christ is never lacking in love when it comes to relieve the burning heat of
God Cupid. What’s more, his mind is also bewildered by attachment for
me. My feelings are ornamented by him; how will my desire to unite with
him be fulfilled? Arrange for our meeting immediately.
Seeing me so naive and gullible due to the natural embarrassment that
occurs during one’s first amorous encounter, he employed a succession of
courteous words and humble entreaties to abate my shyness. Enchanted by
his flattering words, I smiled softly and sweetly and began to converse
with him. O girlfriend, immediately arrange for me to meet with him!
He made me lie down upon a charming bed of soft, fresh flowers and then,
with great pleasure, he laid so radiantly upon my heart. I kissed him and
embraced him deeply. Moreover, he embraced me and repeatedly drank the
nectar of my lips under the powerful influence of passion. O girlfriend, he
is dearer to me than my very life. Take me to meet with him at once.
From the sudden, unexpected surge of rapture within the pleasure of
passionate love with him, my eyes became tired and closed. Christ’s
cheeks assumed an extraordinary charm and loveliness from the joy of this
love-play. With sweat of love all over, his looks intoxicate me. Christ is
full of love. O girlfriend, quickly arrange for me to meet with Lord Christ!
Lord Christ is thoroughly conversant with the confidential theories found
in authentic manuals on the techniques of lovemaking. At the time of
amorous union with Christ, I murmur like a nightingale and think of him
only. My braid opened and the arrangement of flower blossoms slipped
and fell from my hair and I bear his nail marks. O girlfriend, arrange for
me to meet with my dearest Lord Christ at once!
As we enjoyed amorous play, the jewel-studded ankle-bells on my feet
rang out seeing his love. Unite me at once with that Lord Christ who
catches me by the hair, repeatedly kisses my face.
While enjoying with him, I gradually became exhausted. Christ’s slightly
open lily eyes were soaked in the mellows of Cupid. I cling like a creeper
and Jesus delights me in his love. O girlfriend, unite me with my dearest
Lord Christ at once.
This narration composed by Sir Mayer portrays Lord Christ’s love as
described by the anxious and impatient heroine in the torment of her
separation. May it increase the auspiciousness of all devotees who recite
and hear it.
SIXTH SONG
SEVENTH SONG
On the banks of Jordan, in the forest among the dense plants where Jesus
was reeling under ardent love, Magdalene’s girlfriend spoke:
O Jesus! Magdalene is experiencing intense suffering in separation from
you. She is so afraid of the incessant rain of Cupid’s arrows that she has
resorted to prayer to find relief from this slow-burning fire of distress. She
has unconditionally surrendered to you and now she is completely
immersed in you by the practice of prayer. In your absence, even the rays
of the moon, she feels as is burning her. The southern breeze with myrrh
fragrance, increases her pain of separation.
The arrows of Cupid are falling incessantly upon her heart. Since you
reside there, she is making a mystical shield to protect you by covering her
vulnerable heart with large lily petals bearing droplets of water.
Jesus! Magdalene is making a delightful flower bed, suitable for your
enjoyment. Yet it seems to be a bed of Cupid’s arrows. She is performing
severe austerities in the form of a vow to recline on a bed of arrows in the
hope of attaining your deep embrace.
She raises her sublime lily face, clouded and streaked with tears, like the
moon dripping nectar from the cuts made by the eclipse’s teeth.
O Lord Christ, in a secluded place, Magdalene is painting a picture of your
captivating form in deer musk. After depicting you with apple-bud arrows
in your hand, she bows down to offer respectful obeisance to your portrait
and worships you.
O Jesus, Magdalene pleads again and again Hey Lord Jesus Christ! I am
falling at your feet. As soon as you become indifferent to me, even the
nectar of the moon-goddess feels like shower of fire upon my body.
Lady Magdalene is completely absorbed in prayer to you. She imagines
that you are directly before her. Sometimes she laments in separation,
sometimes she expresses jubilation, sometimes she cries and sometimes
she abandons all suffering by being embraced in a momentary vision.
This song composed by Sir Mayer, based on the words spoken by
Magdalene’s dear girlfriend, should be enacted within the temple of the
heart. The girlfriend’s description of Magdalene’s pain in separation from
the Lord Lord are worthy of constant recitation.
EIGTH SONG
NINTH SONG
I’ll stay here, you go to Magdalene appease her with my words and bring
her to me! Commanded by Jesus, her girlfriend went to repeat his words to
Magdalene.
My dear girlfriend Magdalene, the zephyr breeze drifts along slowly, just
to soak everyone in the mood for love. Varieties of flowers are opening
and tearing open the hearts of lonely lovers. At this provocative time of
spring, passionate Jesus feels morose in separation from you, Magdalene.
The moonshine scorches him threatening death. His heart is pierced by
flowers that fall from the trees like arrows of Cupid. He bitterly laments in
your separation.
He covers his ears with his hands when he hears the humming of
bumblebees. Every night he expects that he will attain your company, but
he is disappointed. His infirmity increases as he goes on enduring the
torture of separation day after day.
He has abandoned his own charming bed chamber in the palace, to reside
in the forest. Instead of living comfortably at home, he rolls about on the
ground, repeatedly calling out your name, Magdalene! Magdalene!
This song of Sir Mayer is full of Christ’s anxiety of separation. As a result
of the piety infused by this song, those who recite it attain an unsurpassed
immersion in the pastimes of separation. May Lord Jesus Christ manifest
within their hearts.
TENTH SONG
Jesus still awaits you in love’s most sacred thicket, where you perfected
love together. He meditates on you without sleeping. muttering a series of
prayers. He craves for you.
Christ is adorned with a garland of forest flowers and his form is
scintillating. He is dressed in the most fascinating attire, exactly like the
god of sensuality. Don’t make him wait, Magdalene. Follow the Lord of
your heart.
He is currently waiting in a forest bower on the gentle zephyr-windswept
shore of the Jordan. He waits for you, Magdalene.
O Magdalene, he is softly playing his harp, as if calling your name. He
considers himself immensely fortunate to be touched by the pollen, that
have first touched your body. As they come to him on the breeze, he
receives them with the utmost honour.
As Christ joyfully makes the bed, he experiences many internal visions.
When a bird landing on a tree rustles the leaves and makes the slightest
sound, Christ glances with startled eyes along the path of your expected
arrival.
Girlfriend, go! Move in the direction of that thicket. Take off your ankle-
bells. They clang like traitors in your play. Put on this dark blue garment.
Your garland falls on Jesus’ chest, which is decorated with a necklace of
jewels, like lightening on a dark cloud. Drink that intoxicated love and
enjoy your good fortune.
O blue lily-eyed Magdalene, loosen your mind and drink the passion of
love. Be with your lover’s joyful fulfilment, on a bed of freshly sprouted
leaves.
Now Lord Jesus is full of pride. The last period of the night is about to
pass, so accept my advice. Go at once, without further delay, and fulfil the
desires of the Lord Lord Christ,
O saints! Christ is exuberant, causelessly merciful, exceptionally sweet,
virtuous and adorned with all desirable qualities. Offer obeisance to him
with a joyful heart by reciting this song of Sir Mayer, the composer of the
most enchanting poetry and the servant of the Lord Lord.
ELEVENTH SONG
TWELFTH SONG
As night came, the mood displayed cratered stains, seeming to flaunt its
guilt with lighting depths of Galilee with moonbeams. The moon appeared
like a spot of cinnamon powder on the face of the sky.
While the moon rose and Jesus idled, lonely Magdalene cried her pain
aloud in pitiful sobbing.
My immaculate youth and beauty are all in vain because the Lord has not
come to the forest at the promised time. I have been deceived by my
friends, so to whom may I seek refuge now?
That very person, in pursuance of whom I have even entered this wild
forest on such a dark night, is piercing my heart with arrows of love. To
whom may I turn for refuge?
It is useless to maintain this body any longer. I should die at once. I am
becoming senseless. How can I endure this intolerable fire of separation?
Oh, how unfortunate I am. This exceptionally sweet spring-night makes
me unsteady with the pain of loneliness. At a time like this it is certain that
elsewhere some impassioned young woman is experiencing the highest
happiness of the Lord’s favour, as she enjoys the fruit of her pious
activities.
Every bangle and jewel I wear pains me, carrying the fire of the Lord’s
desertion.
Even this garland of forest flowers on my chest is inflicting terrible blows
like the arrows of Cupid upon my body, which is more delicate than the
softest flower blossoms.
I fearlessly sit waiting for Christ, even in the midst of this formidable
forest. But how astonishing it is that Jesus does not remember me even
once.
As the qualities of a beautiful young woman, who is expert in all arts,
always shine within the heart of a young man, similarly may this delightful
song of Sir Mayer, who is unconditionally surrendered at the lily feet of
the Lord Jesus Christ, always bless the hearts of the devotees.
THIRTEENTH SONG
When Magdalene saw her girlfriend come back without Jesus, downcast
and tongue-tied, suspicion raised a vision of some virgin delighting Jesus
and she told her girlfriend..
O girlfriend, she is attired in clothes and ornaments suitable for an
amorous battle. Tangle of flowers lie wilted in her loosened hair. Some
young woman, who is more qualified than I, is blissfully engaged in
revelry with Jesus.
When Christ deeply embraces her, she becomes bewildered by sensual
agitation. She must be experiencing the bodily transformations beginning
with the thrill of every pore of her skin and her necklace must be swinging
to and fro on her.
The beauty of her moonlike face must be enhanced by her curling locks of
hair and her eyes must be blissfully closed out of an all-consuming greed
to drink the nectar of Christ’s lips.
Her cheeks must be even lovelier when her earrings are swinging. The tiny
bells on the jewelled sash elegantly adorning her waist must be tinkling so
sweetly as they quiver.
When Christ lovingly glances upon her, she becomes bashful and laughs
shyly. She must be making an inarticulate sound resembling the warbling
of birds like the cuckoo or nightingale, as she gasps for breath in the state
of excessive ecstasy.
When she is thrilled by the ecstasies of Cupid, bodily convulsions wash
over her like waves. Her complete absorption in Christ will be revealed by
the way she closes her eyes and lets out a long sigh.
She looks even more attractive when her graceful body is covered in
droplets of perspiration from the exertion of her love-sports. How much
more beautiful she must be when she finally rests upon Christ’s chest.
May Sir Mayer’s description of the Lord Lord’s love-play subdue the ill
effects of the age of Satan. May it cleanse the heart from unwanted desires.
FOURTEENTH SONG
The lonely moon like the lily face of Jesus, wane in love’s desolation, that
pales in separation from me. But the moon is Cupid’s friend, it still inflicts
torments on my heart.
Jesus is victorious in the love-battle. This attractive virgin, every pore of
her skin erupting with joy, is the very embodiment of bliss. Lord Christ is
decorating her face with a design in musk that resembles the mark of a
deer upon the moon. His hair is also standing on end and is kissing her.
Now he is enjoying a romance with his beloved in a forest on the bank of
the Jordan.
Her hair is so black, soft, curly and abundant that it resembles a multitude
of rain clouds. Or it seems to be a dense forest wherein the deer called
Cupid can wander without fear. The rose flowers arranged in her hair by
the Lord Lord are shining brilliantly like lightning in the dark clouds.
He smears her with deer musk and he is adorning her with an enchanting
necklace of pearls, as if placing a constellation of immaculate stars, upon
the firmament of the night sky.
He slips a dark sapphire bangle over her lily petal hand. It looks like a
swarm of bees encircling her arms, which are cooler than lily supple stalk.
He lays a girdle of gemstones on her thighs.
He applies a shining coat of lac on her toe nails. He is lying on his heart,
like tender shoots tipped with pearls to honour Mary’s place inside.
The son of David – that indiscriminate Christ – is delighting in the
embrace of some virgin with beautiful eyes. So girlfriend, tell me – how
long shall I sit waiting in this bower of flowering vines pinned by his
seperation?
The king of poets, Sir Mayer, glorifies the pastimes of the Lord Lord,
which are completely full of his divine qualities. May the fault of wicked
behaviour, which is so prevalent in this adulterous age, never enter this
servant of the Lord Jesus.
FIFTEENTH SONG
Girlfriend, what fault is that of yours that he has not come yet? Look!
Today my heart has been broken by the burden of intense eagerness. Being
attracted by the qualities of my most beloved Christ, my heart will go to
meet with him by itself.
His eyes flirt like blue night lilies in the wind. Oh girlfriend! The
wildflower garland of the Lord caresses her.
The terrible arrows of Cupid can never pierce that beautiful woman who
has been blessed by Jesus Christ. His charming face resembles a fully
blossomed lily flower.
Christ speaks nectarine sweet and delightful words to that virgin. She can
never feel scorched by contact with the zephyr breeze.
Christ’s hands and feet are as cool and lustrous as flowers. The charming
woman who has been enjoyed by them does not have to roll about on the
earth, burning in the rays of the moon.
Jesus Christ is even more enchanting, fresh and effulgent than a newly
condensed rain-cloud. That virgin who is with Christ will never be burnt
by a large quantity of poison in the form of prolonged separation.
His bright face shines like gold. This fortunate women though teased by
her own people, will make her sign.
The entire universe is touched by his beauty. Christ’s charming, youthful
form is lustrous. That virgin who is now in love with him, will not feel the
dreadful pain of separation in the core of her heart because he is
exceedingly compassionate.
May the Lord Lord enter the hearts of the devotees, with the words
rendered herein by Sir Mayer.
SIXTEENTH SONG
After struggling through the night, she seemed tired by Cupid’s arrows.
She began to speak to him in temper, as he bowed before her pleading for
forgiveness.
Your blue eyes are slowly closing from the sleepless night of passion.
Even now they express a powerful and increasing attachment for that
beautiful virgins.
Go away, Christ! Go, Jesus! Don’t plead your lies with me, go after that
lily eyed virgin. She will ease your despair.
Your beautiful red lips have become dark from kissing her painted eyes.
Your body is marked with scratches from the sharp nails of that virgin. It
appears as if a certificate of victory has been inscribed in golden letters
upon an emerald wall.
Your celebrated chest is coloured with marks of red footlac from the lily
feet of that attractive woman. It seems as if the firmly-rooted tree of
amorous desire situated in the core of your heart is outwardly manifesting
its newly sprouted red leaves.
Your lips are cut and wounded from the biting of that sensual woman’s
teeth. Seeing this, sorrow rises within my heart, yet even now you say,
Your body is not separate from mine, we are not different.
Your heart must be dark, Christ! How can you deceive a faithful creature
tortured by your love?
You are roaming in the forest looking for innocent women. What is
astonishing about this? By killing the snakes while still in your infancy,
you had already acquainted us with your cruel and merciless nature.
O learned ones, may you hear the bitter lamentation of a betrayed and
sensually deprived young woman, Magdalene, which is even sweeter than
nectar. Heaven rarely yields such sweet elixir.
The red stains her lac-painted feet lovingly left on your heart, look to me
like Love. O Cheater! it is shame alone that supercedes the sorrow I feel in
my heart.
One morning, in a state of utter bewilderment, Christ put on Magdalene’s
blue upper garment and Magdalene covered her breast with Christ’s red
upper garment. Seeing this, all the girlfriends burst into fits of
uncontrollable laughter. When Christ saw them all laughing, he became
shy and, with a mild smile, he cast an expressive sidelong glance towards
the lily face of Magdalene. May that son of David give joy to the whole
universe!
SEVENTEENTH SONG
EIGHTEENTH SONG
NINETHEENTH SONG
Fretful Magdalene, don’t suspect me! A rival has no place, When you
always occupy my heart. Fulfil our destined rite!
Punish me, lovely fool! bite me, chain me with your creeper arms, crush
me, don’t weaken with joy! Let Cupid’s arrows pierce me!
O woman with a radiant moonlike face, the curving vine of your eyebrow
overwhelms the hearts of young men. It resembles a female snake who
even defeats the terrible influence of time itself. The intoxicating nectar
flowing from your lips is the only medicine to dispel the fear created by
your eyebrow.
My beloved Magdalene, O hot-tempered woman, your enchanting red lips
are friends with the lustre of a rose. Your cool cheeks have assumed the
splendour of a lily. Your eyes eclipse the beauty of a blue lake-flower. Your
nose is like a sesame flower. Your teeth are as radiant as jasmine blossoms.
O beloved, the archer Cupid worshipped your face with his five flower
arrows and then conquered the entire universe.
Your moist lips glow, like scarlet autumn; the skin of cheek is a honey-
coloured flower. Magdalene, your eyes glow like gleaming dark lilies,
your nose is sesame flower, your teeth white jasmine. O you who are
bereft of proper discrimination, your affectionate beloved is present before
you.
Your eyes are lazy, your face glows like the moonlight nymph, your gait
pleases every creatures, your thighs are hills in motion, your passion is the
mystic rite of Eros, your brows form the sensual line of the truth. Saint
Mary Magdalene, as you walk on earth, you are the young beauty of an
heavenly nymph!
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
MYSTISCHE AUTOBIOGRAPHIE
Die Engelin hat mir versprochen, mich zu unterstützen und mir alles ins
Gedächtnis kommen zu lassen: denn ich sag es dir offen, ich habe sogar
geweint und wollte es nicht tun: Ich schreckte davor zurück, mir alles ins
Gedächtnis zurückzurufen; aber die Engelin hat mir versichert, mich zu
unterstützen.
Und dann denke ich auch, liebe Mutter: wenn du meine Niederschrift
gelesen und meine Sünden gehört hast, wirst du rot werden und nicht mehr
meine Mutter sein wollen; dann aber... Doch ich hoffe, du wirst es immer
sein wollen. Bereite dich also vor, Sünden jeder Art und Gattung zu hören.
Und du, meine Mutter, billigst du das, was die Engelin mir gesagt hat, dass
ich über mein ganzes Leben schreiben soll? Es ist ein Befehl, und
außerdem weiß ich, dass die Dinge, die die Engelin mich geheißen hat, ja
meiner Mutter längst bekannt sind. Wenn ich alles schreibe, das Gute wie
das Böse, so wirst du besser einsehen, wie schlecht ich gewesen bin, und
wie alle anderen dagegen gut mit mir waren; wie undankbar ich mich
gegenüber Jesus aufgeführt habe und wie oft ich die guten Ratschläge der
Eltern und Lehrerinnen nicht hören wollte.
Die erste Erinnerung ist, dass meine Oma, als ich noch nicht sieben Jahre
alt war, mich häufig auf den Arm zu nehmen pflegte und mehrere Male
dabei weinte und wiederholte: "Ich habe Jesus so sehr gebeten, dass er mir
ein Mädchen schenken möchte: er hat mich erhört, aber ein wenig spät. Ich
bin krank - wiederholte sie immer wieder - und werde sterben müssen,
werde dich verlassen müssen; O, wenn ich dich doch mit mir nehmen
könnte! Möchtest du mit mir kommen?"
Ich begriff wenig davon und weinte, weil ich die Oma weinen sah. "Und
wohin willst du gehen?", fragte ich sie. "Ins Paradies, zu Jesus, zu Maria,
zu den Jugfrauen..."
Es war also meine Oma, liebe Mutter, die in mir schon von klein auf die
Sehnsucht nach dem Paradies wachzurufen begann; aber wenn ich diese
Sehnsucht heute noch habe und dorthin gehen möchte, so bekomme ich
Schimpfe und ein Nein zu hören als Antwort.
Der Oma gab ich ein Ja zur Antwort und ich erinnere mich, dass, nachdem
sie so oft wiederholt hatte, mich ins Paradies mitnehmen zu wollen, ich
mich gar nicht von ihr trennen und gar nicht mehr aus ihrem Zimmer
gehen wollte.
Der Arzt gebot zwar, dass wir uns sogar nicht einmal ihrem Bette nähern
sollten; aber für mich war alles Verbieten unnütz, ich gehorchte nicht.
Jeden Abend vor dem Zubettgehen ging ich zu ihr, um zu beten: ich kniete
mich an ihrem Kopfkissen nieder und wir beteten.
Eines Abends ließ sie mich zu den gewohnten Gebeten noch ein. Ich betete
zwar, aber wie gewöhnlich mit Unlust und ohne Aufmerksamkeit; ich
bockte und zankte mit Oma, dass es zu viel Gebet sei und ich keine Lust
habe. Und die nachsichtige Oma machte es an den anderen Abenden dann
kürzer.
Inzwischen kam die Zeit, da ich konfirmiert werden sollte. Meine Oma
dachte daran, mir ein wenig Unterricht geben zu lassen, da ich so gar
nichts wusste. Aber ich wollte nicht aus ihrer Kammer weichen, und so
war eine Lehrerin gezwungen, jeden Abend ins Haus zu kommen, immer
unter den Augen der Großmutter.
Ich hörte so gut wie möglich den Gottesdienst und betete für Oma; da ganz
plötzlich sprach zu mir eine innere Stimme im Herzen: "Willst du mir
deine Oma geben?“ „Ja, antworte ich, aber nur, wenn du auch mich
mitnimmst." „Nein, wiederholte die Stimme, gib mir deine Oma freiwillig.
Du musst vorläufig noch bei den Eltern bleiben. Ich werde sie dir in den
Himmel entführen, verstehst du? Gibst du sie mir gerne?" Ich war
gezwungen, mit Ja zu antworten; nach Beendigung des Gottesdienstes lief
ich nach Haus. Mein Gott! Ich schaute Oma an und weinte; ich konnte
mich nicht beherrschen.
Es vergingen zwei weitere Monate; niemals trennte ich mich von Oma.
Endlich aber führten mich die Eltern, die fürchteten, ich möchte noch vor
der Oma sterben, eines Tages mit Gewalt fort und brachte mich zu einer
Tante. Welche Qual! Ich sah niemanden mehr, weder die Eltern noch den
Bruder; endlich erfuhr ich, dass Oma am 21. Januar jenes Jahres gestorben
war.
Ich änderte mein Leben bei der Tante, die ganz und gar nicht der Oma
glich: gut, fromm, aber von der Kirche wollte sie nur bis zu einem
bestimmten Punkt etwas wissen. Ja, damals trauerte ich der Zeit nach, da
mich die Oma so viel beten gelehrt. Die ganze Zeit, die ich bei der Tante
war, war es mir nicht möglich zu beichten; nur sieben Male beichtete ich
und hätte es doch jeden Tag tun müssen, nachdem die Oma gestorben war.
Die Tante beschloss, mich wie eine Tochter zu behalten, aber als mein
Bruder davon hörte, wollte er es auf keinen Fall; und Weihnachten kehrte
ich in die Familie zurück, zu den Eltern und dem Bruder.
Welche Freude empfand ich bei der Rückkehr zu ihnen, als ich den
Händen der Tante entging! Sie meinte es gewiss sehr gut mit mir, ich aber
keineswegs.... Der Vater schickte mich zur Schule.
In der Zeit, da ich bei der Tante war, war ich immer böse. Die Tante hatte
einen Sohn, der mich ärgerte und handgreiflich gegen mich wurde; eines
Tages, als er ausritt, befahl mir die Tante, ihm ich weiß nicht was für ein
Kleidungsstück zu bringen. Ich brachte es ihm, und er kniff mich: da gab
ich ihm einen starken Schubs, so dass er vom Pferd herunterfiel; er
verletzte sich am Kopf. Die Tante band mir die Hände hinten auf dem
Rücken zusammen für einen ganzen Tag. Ich ärgerte mich, wurde zornig,
widersprach und machte einen Haufen Grimassen und sagte auch, ich
wolle mich rächen.
Ich begann nun zur Schule zu gehen: ich war im Paradies. Ich zeigte gleich
das Verlangen, das Abendmahl zu empfangen; aber man fand mich so böse
und unwissend, dass man ganz bestürzt war. Die Lehrerinnen begannen
mich zu unterrichten und mir viele gute Lehren zu geben; aber ich wurde
immer noch schlechter. Ich hatte einzig das Verlangen, bald das
Abendmahl zu empfangen, und die Lehrerinnen hatten ein Einsehen und
gewährten es mir bald.
Kaum war ich im Kloster, so fühlte ich mich befriedigt, lief in die Kapelle,
um Jesus zu danken, und betete innig, um mich gut auf das Abendmahl
vorzubereiten.
Aber ich hatte noch ein anderes Anliegen außer diesem: die Großmutter
hatte mir, als ich noch klein war, den Gekreuzigten gezeigt und mir gesagt,
dass er am Kreuze gestorben sei für die Menschen; später hörte ich es dann
wiederholen von den Lehrerinnen; aber ich begriff es niemals richtig; und
dabei hätte ich so gewünscht, genau das ganze Leben Jesu und seine
Leidensgeschichte kennen zu lernen. Ich äußerte dieses Verlangen meiner
Lehrerin gegenüber, und sie begann Tag für Tag mir etwas davon zu
erklären; sie wählte dazu eine Stunde, wenn die anderen Kinder schon im
Bett waren, und tat es, glaube ich, heimlich.
Eines Abends erklärte sie mir etwas von der Kreuzigung, der
Dornenkrönung und dem ganzen Leiden Jesu: sie tat es so gut und so
lebendig, dass ich dabei großen Schmerz und Mitleid empfand, so sehr,
dass ich auf der Stelle hohes Fieber bekam und den ganzen folgenden Tag
im Bett bleiben musste.
Sie bereiteten mir auch Unruhe, die Lehrerinnen: sie wollten meine Eltern
benachrichtigen, dass ich Fieber bekommen habe; aber sie bezahlten es
teuer, weil es für sie, für mich und das ganze Kloster Folgen hatte.
In die geistigen Übungen trat ich mit anderen elf Kindern im Juni ein. Alle
Kinder gaben sich Mühe, sich gut auf den Empfang Jesu vorzubereiten; ich
allein war die Nachlässigste und Zerstreuteste von allen: ich dachte gar
nicht daran, mein Leben zu ändern; ich hörte die Vorträge, aber vergaß sie
bald wieder.
Oft, ja jeden Tag, sagte die gute Lehrerin: "Wer Jesus genießt, wird an
seinem Leben teilhaben." Diese Worte bereiteten mir großen Trost und ich
überlegte bei mir: Wenn also Jesus in mir sein wird, so werde ich nicht
mehr in mir leben, sondern Jesus wird in mir leben. Zuweilen brachte ich
ganze Nächte damit zu, diese Worte: Jesus lebt in mir, zu betrachten, von
Verlangen verzehrt.
Endlich kam der so heißersehnte Tag. Am Tage zuvor schrieb ich diese
wenigen Zeilen an meine Eltern:
Liebe Eltern!
Wir stehen am Vorabend des Tages des ersten Abendmahles, eines Tages
voll unendlicher Freude für mich. Ich schreibe euch diese Zeilen nur, um
euch meiner gehorsamen Liebe zu versichern und damit ihr Jesus bittet,
dass er, wenn er das erste Mal zu mir kommt, mich vorbereitet findet, alle
die Gnaden zu empfangen, die er mir bereitet hat. Ich bitte ihn um
Verzeihung für alle Unarten und so vielen Ungehorsam, den ich ihm
gegenüber begangen habe, und bitte ihn, er möchte heute Abend alles
vergessen. Um seinen Segen bittend, bin ich eure gehorsame Tochter.
Ich bereitete mich mit großer Mühe der guten Lehrerinnen auf die
Konfession vor; ich beendete sie am Samstag, am Vorabend des
glücklichen Tages.
Endlich kam der Sonntagmorgen; ich erhob mich gleich und lief zu Jesus,
zum ersten Mal. Endlich war mein seufzendes Verlangen gestillt. Ich
verstand zum ersten Mal das Versprechen Jesus: "Wer mich genießt, wird
mein Leben auch leben."
Liebe Mutter, was in diesem Augenblick zwischen mir und Jesus vorging,
kann ich nicht ausdrücken. Jesus teilte sich meiner kleinen Seele ganz
stark fühlbar mit. Ich begriff in diesem Augenblick, dass die Freuden des
Himmels nicht die der Erde sind. Ich fühlte mich von dem Verlangen
gepackt, diese Vereinigung mit meinem Gott dauernd zu wiederholen.
Immer mehr fühlte ich mich losgelöst von der Welt und immer mehr
geneigt zur Kontemplation. An diesem gleichen Morgen war es auch, dass
Jesus mir das Verlangen eingab, gottgeweiht zu leben.
In der Schule verging kein Tag, dass ich nicht gestraft wurde; ich wusste
die Aufgaben nicht und wenig fehlte, dass man mich fortgejagt hätte. Im
Hause ließ ich niemanden in Frieden; jeden Tag wollte ich spazieren gehen
und immer neue Kleider haben, die meine Eltern mir einige Zeit
gewährten. Ich unterließ jeden Morgen und Abend das Gebet; aber niemals
vergaß ich bei allen diesen Sünden jeden Tag drei Ave Maria mit den
Händen zwischen den Beinen zu beten.
Das einzige, was mir in dieser Zeit, die fast ein ganzes Jahr lang dauerte,
geblieben war, war die Liebe zu den Armen. Jedesmal, wenn ich von
Zuhause fortging, wollte ich immer Geld von meinen Eltern, und wenn sie
es mir manchmal verweigerten, nahm ich Brot, Milch und andere Sachen
von Zuhause mit; Gott selbst wollte, dass ich Armen begegnete.
Denjenigen, die an unsere Haustür kamen, gab ich Mäntel und Schuhe und
alles, dessen ich habhaft werden konnte.
Dann bekam ich ein Verbot von Seiten des Pfarrers, und ich tat es nicht
mehr; und auf diese Weise wirkte Jesus in mir eine neue Bekehrung; denn
meine Eltern gaben mir kein Geld mehr, von Zuhause konnte ich nichts
mehr mitnehmen und doch begegnete ich Armen, die alle zu mir liefen. Ich
konnte ihnen nichts mehr geben, und das war ein Schmerz, der mich
dauernd weinen ließ.
Ich versuchte nun, aufs neue eine Konfession abzulegen; doch sie wurde
mir nicht gestattet. Ich beichtete aber alles im Gebet, und Jesus gab mir
darüber so große Schmerzen ein, dass ich ihn noch immer fühle. Ich bat
die Lehrerinnen um Verzeihung, weil ich ihnen vor allem missfallen hatte.
Den Eltern aber und dem Bruder gefiel diese Bekehrung nicht; besonders
meinem Bruder nicht, weil ich jeden Morgen frühzeitig die Messe hören
wollte. Aber Jesus unterstützte mich von dieser Zeit an immer mehr.
In dieser Zeit, da auch mein Onkel gestorben war, kamen zwei Tanten zu
uns in die Familie. Es waren gute, fromme und liebevolle Tanten; aber es
war doch nicht die zarte Liebe der Oma. Sie führten mich fast jeden Tag in
die Messe und versäumten auch nicht, mich in den Dingen der Religion zu
unterrichten.
Die Schlechteste von allen war immer ich, und wer weiß, welch strenge
Rechenschaft ich noch einmal dem Herrn werde ablegen müssen für das
schlechte Beispiel, das ich meinem Bruder und meinen Mitschülern gab.
Die Tanten vergaßen nicht, mich in allem, worin ich fehlte,
zurechtzuweisen; aber ich antwortete ihnen nur mit Anmaßung, und sie
bekamen von mir nichts als freche Widerreden zu hören.
Aber, wie ich schon gesagt habe, benutzte Jesus Mittel, dass ich nicht mehr
Almosen geben konnte, um mich zu bekehren. Damals begann ich über die
große Beleidigung Jesu durch meine Sünden nachzudenken; ich begann zu
lernen und zu arbeiten, und die Glaubensschwestern fuhren fort, mir wohl
zu wollen; der einzige Fehler, dessentwegen ich Vorwürfe und Strafen
bekam, war mein Stolz. Die Lehrerin nannte mich oft „die Stolze".
Ja, leider hatte ich diese Sünde; aber Jesus weiß, ob ich mir ihrer bewusst
war oder nicht. Oftmals warf ich mich vor der Lehrerin, vor allen
Mitschülerinnen auf die Knie, um sie um Verzeihung zu bitten für diese
Sünde; aber am Abend, und auch ganze Nächte hindurch, weinte ich allein
für mich: ich erkannte diese Sünde nicht, und mehrmals am Tage fiel ich
wieder und wieder in sie, ohne es zu bemerken.
Die Lehrerin, die in der Zeit der Übungen für das Abendmahl mir die
Leidensgeschichte Jesu erklärt hatte, versuchte eines Tages aufs neue, sie
mir zu erklären; sie ging aber sehr langsam voran; dagegen wiederholte sie
mir oft: "Meine Liebe, sagte sie mir, du gehörst Jesus und musst ganz die
Seine sein. Sei lieb: Jesus ist zufrieden mit dir; nur hast du viel
Unterstützung nötig. Die Betrachtung der Leidensgeschichte muss dir am
meisten am Herzen liegen. O, wenn ich dich immer bei mir haben
könnte!..."
Alle zwei Jahre pflegten die Lehrerinnen auch für die auswärtigen
Schülerinnen Übungen abhalten zu lassen: mir schien, als könnte ich mich
wirklich nicht von neuem auf Jesus konzentrieren. Auch war ich dieses
Mal ganz allein ohne jede Unterstützung: die Lehrerinnen machten die
Übungen nur für sich und ihre Kinder.
Ich begriff gut, dass Jesus mir diese Gelegenheit schickte, um mich selbst
gründlich zu erkennen, mich zu läutern und ihm zu gefallen.
Ich erinnere mich, dass ein guter Meister wiederholte: "Denken wir daran,
dass wir selbst nichts sind und Gott alles ist. Gott ist unser Schöpfer; alles,
was wir haben, haben wir von Gott."
In den letzten Tagen der Übungen betrachtete man die Beispiele der
Erniedrigung, der Sanftmut, des Gehorsams und der Geduld Jesu; und aus
dieser Betrachtung gewann ich noch zwei Vorsätze: Erstens: Jeden Tag mit
Jesus zu sprechen mehr mit dem Herzen als mit den Lippen. Zweitens: Ich
will versuchen, so viel ich kann, keine belanglosen Gespräche mehr zu
führen, sondern von himmlischen Dingen zu reden.
Ich fuhr fort, jeden Tag zur Schule zu gehen; aber die Sehnsucht, Jesus zu
empfangen und seine Leidensgeschichte kennen zu lernen, wurde in mir so
stark, dass ich von der Lehrerin erreichte, sie würde mir jedesmal, wenn
ich bei der Arbeit und im Studium eine Note „gut“ bekommen hätte, die
Leidensgeschichte eine ganze Stunde lang erklären. Ich begehrte nichts
weiter: jeden Tag hatte ich ein ,,gut" und jeden Tag bekam ich die
Erklärung über einen Punkt der Leidensgeschichte. Oft, wenn wir an die
Leiden Jesu dachten, begannen wir zu weinen.
Diese gute Lehrerin starb, nachdem sie mich sieben Jahre gelehrt hatte. Ich
kam dann unter die Leitung einer anderen Lehrerin, die ebenso gut war
wie die erste; aber auch sie hatte sich viel über mich zu beklagen wegen
der hässlichen Sünde meines Stolzes.
Unter ihrer Leitung begann ich mehr Lust am Gebet zu bekommen. Jeden
Abend ging ich gleich nach Schulschluss nach Hause, schloss mich in
mein Zimmer ein und betete den Rosenkranz; und mehrmals in der Nacht
erhob ich mich und empfahl Jesus meine Seele.
Die Tanten und der Bruder beschäftigten sich wenig mit mir: sie ließen
mich tun, was ich wollte, da sie schon erkannt hatten, wie böse ich war.
Meine Mutter befriedigte mich in allem: sie sagte oft, was mich oft weinen
machte: "Ich habe nur zwei Kinder, deinen Bruder und dich."
Ich wurde krank. Der Arzt verbot mir jetzt das Studium und ich verließ die
Schule. Oft schickten die Lehrerinnen nach mir, um mich zu sich zu rufen
und mich bei sich zu haben; aber meine Eltern wollten mich nicht gehen
lassen. Nur das Abendmahl empfing ich zweimal täglich, und Jesus kam,
obwohl ich doch so schlecht war, teilte sich mir mit und offenbarte mir
viele Geheimnisse.
Einmal hatten meine Eltern mir eine goldene Uhr geschenkt; ich konnte
den Augenblick nicht erwarten, sie anzulegen und auszugehen. Ich ging
tatsächlich aus; als ich zurückkehrte und mich auszog, sah ich eine Engelin
(die ich jetzt als meine Schutzengelin erkannt habe), die sehr ernst zu mir
sprach: "Bedenke, dass die Schmuckstücke, die eine Braut des
gekreuzigten Königs zieren, keine anderen sein können als Dornen und
Kreuz."
Ich hatte auch einen Ring am Finger: ich legte ihn gleichfalls ab, und von
diesem Tage an habe ich keinen Schmuck mehr getragen.
Ich nahm mir jetzt vor, mein Leben zu ändern; und es bot sich eine gute
Gelegenheit, weil gerade der Jahresbeginn bevorstand. Ich schrieb mir in
ein kleines Notizbuch:
In diesem neuen Jahre nehme ich mir vor, ein neues Leben zu beginnen.
Was mir im neuen Jahre begegnen wird, weiß ich nicht. Ich überlasse mich
ganz dir, mein Herr und mein Gott. All mein Sinnen und Trachten soll auf
dich gerichtet sein. Ich fühle mich schwach, o Jesus; aber mit deiner Hilfe
hoffe und beschließe ich, anders zu leben, das heißt mehr in deiner Nähe.
Von dem Augenblick an, da die Oma mir die Sehnsucht nach dem Paradies
eingegeben hatte, habe ich immer heiß danach verlangt, und wenn Gott
mir die Wahl gelassen hätte, hätte ich es vorgezogen, mich vom Körper
loszulösen und in den Himmel zu fliegen. Jedesmal, wenn ich Fieber hatte,
war der Gedanke, dass ich sterben würde, für mich eine Tröstung; aber es
war für mich ein Schmerz, wenn ich nach einer Krankheit meine Kräfte
wieder wachsen fühlte. Ja, eines Tages fragte ich Jesus, warum er mich
nicht ins Paradies nehmen möchte. Er antwortete mir: "Liebling, weil ich
dir in der Zeit deines Lebens so viele Gelegenheiten zu größeren
Verdiensten geben werde, in dir das Verlangen nach dem Himmel
vermehrend. Aber ertrage das Leben mit Geduld!"
Diese Worte konnten in mir nicht jenes Verlangen nach dem Paradies
verringern; ja jeden Tag merkte ich, dass es noch immer größer wurde.
Eines Tages wurde ich beim aufmerksamen Betrachten und Anblick des
Gekreuzigten von so großem Schmerz ergriffen, dass ich ohnmächtig zu
Boden fiel; mein Vater war gerade zu Hause und begann mich
auszuschimpfen; er sagte, es mache mich krank, immer zu Hause zu sitzen
und am Morgen schon so frühzeitig auszugehen. Seit zwei Morgen ließ er
mich nicht mehr zur Kirche gehen. Ich antwortete ärgerlich: "Nein, mich
macht krank, dass ich Jesus fernbleiben muss."
Über diese Antwort ärgerte er sich so sehr, dass ich von ihm heftig
ausgeschimpft wurde; ich verbarg mich in meinem Zimmer und schüttete
meinen Schmerz Jesus allein aus.
Liebe Mutter, der Worte meines Gebets kann ich mich nicht mehr erinnern,
aber meine Engelin ist hier, die hat sie mir Wort für Wort gesagt: "Dir will
ich folgen um den Preis jeden Leidens, dir will ich inbrünstig folgen; nein,
Jesus, ich will dich nicht mehr mit Lauheit kränken: das hieße dir untreu
werden und dich beleidigen. Also nehme ich mir vor: tiefere Gebete,
tägliche mystische Kommunion. Jesus, ich will leiden und nur leiden für
dich. Immer soll ein Gebet auf meinen Lippen sein."
Liebe Mutter, diese Worte kamen aus meinem Herzen in jenem Augenblick
des Schmerzes und der Hoffnung, da ich mit meinem Jesus allein war.
Jesus gab mir danach eine große Tröstung: er schickte mir ein körperliches
Leiden. Ich hielt es einige Zeit geheim, aber der Schmerz wurde sehr
schlimm: der Arzt sagte, dass eine Operation, falls rechtzeitig
durchgeführt, gelingen würde. Allen meinen Nächsten tat das sehr Leid,
ich allein blieb gleichgültig. Ich erinnere mich, dass ich während der
Operation weinte und wehklagte; aber dann schaute ich auf Jesus und bat
ihn um Verzeihung für meine Schwäche. Jesus schickte mir noch andere
Leiden, und ich kann wohl in Wahrheit sagen, dass ich nach dem Tode der
Oma nicht einen einzigen Tag verbracht habe, ohne für Jesus gelitten zu
haben.
Das besagte Jahr ging zu Ende und wir traten in das neue Jahr ein, das für
die ganze Familie so schmerzhaft werden sollte. Ich allein blieb so vielem
Unglück gegenüber herzlos und gleichgültig. Das, was die anderen o sehr
betrübte, war eine schwere Krankheit meines Vaters.
Eines Morgens, nach der mystischen Kommunion, begriff ich die Größe
des Opfers, das Jesus bald verlangen wollte; ich weinte sehr, aber Jesus
teilte sich in diesen Tagen des Schmerzes meiner Seele um so fühlbarer
mit; auch gab mir das stille Sterben meines Vaters so große Kraft, dass ich
das schwere Unglück heiter ertrug. Am Todestag meines Vaters verbot mir
Jesus, mich in sinnloses Weinen und Jammern zu verlieren; und so
verbrachte ich den 'Tag im Gebet und war ergeben in den Willen Gottes.
Nach dem Tod meines Vaters schleppte ich mich einige Zeit krank dahin;
ich wollte durchaus nicht gehorchen und mich durch einen Arzt
untersuchen lassen, weil ich niemals wollte, dass mich jemand anrührte
und anschaute. Eines Abends aber untersuchte man mich gewaltsam und
stellte ein Geschwür am Körper fest: man befürchtete eine ernsthafte
Sache.
Schon seit langer Zeit fühlte ich Schmerzen in meinem Körper, aber von
mir selbst aus wollte ich weder berührt noch angeschaut werden; und zwar
deshalb, weil einmal in einer Predigt diese Worte gehört hatte: "Unser
Körper ist ein Tempel des Heiligen Geistes." Diese Worte trafen mich, und
soviel ich konnte, habe ich meinen Körper verborgen.
O, liebe Mutter, und dann! Das Übel verschlimmerte sich immer mehr und
die Ärzte entschlossen sich zu einer Operation an der gewissen
Körperstelle. Sie kamen zu dritt. Liebe Mutter, wie viel besser wäre es
gewesen zu sterben!... Endlich sahen die Ärzte ein, dass alle Behandlung
umsonst war und gaben mich auf.
Nur ein Arzt bestand darauf, dass meine Krankheit Hysterie sei. Ich lag im
Bett immer in derselben Lage; mir selbst war es unmöglich, mich zu
bewegen; um zuweilen ein wenig Erleichterung zu haben, musste ich
Menschen bitten, mir behilflich zu sein, bald einen Arm, bald ein Bein zu
heben: sie waren sehr besorgt um mich, aber ich antwortete ihnen nur mit
Widerreden.
Eines Abends war ich unruhiger als sonst und beklagte mich bei Jesus; ich
sagte, ich würde nicht mehr beten, wenn er mich nicht gesund machte, und
fragte ihn, warum er mich so krank sein ließe. Die Engelin antwortete mir
in folgender Weise: "Wenn Jesus deinen Körper heimsucht, so tut er es, um
immer mehr deinen Geist zu läutern. Sei tapfer!" O wie oft in meiner
langen Krankheit ließ sie mich in meinem Herzen Trostworte hören!
Der Grund, warum mich das Liegen im Bett so betrübte, war, weil ich
gewünscht hätte, das zu tun, was die andern taten: jeden Tag wäre ich gern
zur Kirche gegangen. Aber eines Morgens, als man mir die geistige
Kommunion ins Haus gesendet hatte, ließ sich Jesus in mir deutlich
vernehmen, er machte mir Vorwürfe und sagte: "Es ist deine Eigenliebe,
die sich getroffen fühlt, wenn du nicht tun kannst, was die andern tun, und
wenn du dich beschämt fühlst, auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen
zu sein; wenn dein Ego abgestorben wäre, würdest du nicht so ungeduldig
sein."
Diese Worte Jesus taten mir wohl, und für einige Zeit war ich heiteren
Geistes.
"Schatz, sagte mir Jesus und umarmte mich, ich gebe mich dir ganz, wirst
du auch ganz die meine sein?" Ich sah wohl, dass Jesus mir die Liebsten
genommen hatte und dass er mich zuweilen in Schrecken versetzt hatte;
deshalb fühlte ich mich sehr verlassen. An jenem Morgen beklagte ich
mich darüber, und Jesus, immer lieb, immer zärtlich, wiederholte mir:
"Ich, mein Kind, werde immer bei dir sein. Ich bin dein Vater, deine
Mutter wird Jene sein:. und er zeigte mir die Heiligste Maria, die Mater
Dolorosa. Niemals kann väterlicher Schutz dem fehlen, der in meinen
Händen sich befindet; nichts also wird dir fehlen, obschon ich dir allen
Trost und Stütze hier auf Erden genommen habe. Komm, komm näher, sei
mein Kind. Bist du nicht glücklich, das geliebte Kind von Jesus und Maria
zu sein?" Die übergroße Liebeserregung, die Jesus mir im Herzen
entfachte, hinderte mich, ihm zu antworten.
Es vergingen kaum zwei Stunden und ich stand vom Krankenlager auf. Ich
war zufrieden, nicht wegen der wiedererlangten Gesundheit, sondern weil
Jesus und Maria mich als ihr geliebtes Kind erwählt hatten. Ehe Jesus
mich diesen Morgen verließ, sagte er mir: "Mein Kind, auf die Gnade, die
ich dir heute gegeben habe, werden noch viel größere folgen." Und es ist
wahr, Jesus hat mich immer in besonderer Weise begnadet hat, doch habe
ich leider für ihn nur Kälte und Gleichgültigkeit, aber er hat mir vergolten
mit unendlichen Zeichen der süßesten Liebe.
Von dieser Zeit an begann ich es nicht mehr auszuhalten, wenn ich nicht
jeden Morgen und Abend zum eucharistischen Jesus gehen konnte; aber
ich konnte nicht: meine Schwäche war so groß, dass ich mich kaum auf
den Füßen halten konnte.
Die Schutzengelin begann von dem Augenblick an, da ich aufstand, meine
Lehrerin und Führerin zu sein: sie wies mich jedes mal darauf hin, wenn
ich etwas schlecht gemacht hatte, und sie lehrte mich, wenig zu sprechen
und nur, wenn ich gefragt würde. Einmal, als die Leute um mich von einer
Person sprachen, und zwar nicht allzu viel Gutes, wollte ich mich
einmischen, aber die Engelin hielt mich davon ab. Sie belehrte mich, die
Augen niedergeschlagen zu halten, und sogar in der Kirche sagte sie:
"Verhält man sich so in der Gegenwart Gottes?" Und andere Male sprach
sie auf folgende Weise: "Wenn du nicht gut bist, so werde ich mich nicht
mehr vor dir sehen lassen." Oft belehrte sie mich, wie ich mich in der
Gegenwart Gottes verhalten müsse: ihn anzubieten in seiner lieblichen
Güte, in seiner mütterlichen Barmherzigkeit und in allen seinen göttlichen
Qualitäten.
Ich schickte mich einmal an, eine heilige Stunde zu halten; aber ich fühlte
mich so erfüllt von den Schmerzen über mein Elend, dass ich tagelang ein
dauerndes Martyrium durchlebte. Doch inmitten dieses großen Schmerzes
blieb mir eine Hilfe: die zu weinen: Hilfe und Trost zugleich. Ich brachte
die ganze Stunde mit Beten und Weinen zu; endlich setzte ich mich, da ich
so müde war; der Schmerz blieb. Kurz darauf fühlte ich mich ganz in mir
konzentriert, und wenig später, fast in einem Augenblick, schwanden mir
die Kräfte. Ich konnte mich noch gerade mühsam erheben und die Tür der
Wohnung abschließen. Wo befand ich mich? Liebe Mutter, ich befand
mich vor Jesus, dem Gekreuzigten. Er vergoss sein Blut aus allen Teilen
des Körpers. Ich schlug sogleich die Augen nieder, dieser Anblick
verwirrte mich; ich machte das Kreuzzeichen; auf die Verwirrung folgte
bald die Ruhe des Geistes. Aber ich fühlte auch weiterhin und sogar noch
stärker die Schmerzen meines Elends; ich erhob niemals die Augen, um
Jesus anzuschauen: ich hatte durchaus nicht den Mut dazu; ich warf mich
zur Erde aufs Angesicht, und so verharrte ich für mehrere Stunden. "Mein
Kind, sagte er mir, schau: alle diese Wunden hattest du geöffnet; aber jetzt
tröste dich, denn durch deine Schmerzen hast du alle meine Wunden
wieder geschlossen. Liebe mich, wie ich dich immer geliebt habe. Liebe
mich, liebe mich, liebe mich!"
Am Morgen des Karfreitags wollte ich zu der Andacht in die Kirche
gehen; aber es wurde mir nicht erlaubt; so musste ich dieses erste Opfer
Jesus bringen; und Jesus in seiner Großmut wollte es mir, obwohl es nur
mit Mühe gebracht war, belohnen; ich schloss mich in mein Zimmer ein,
um für mich allein zu feiern, aber ich war nicht allein: es kam meine
Schutzengelin zu mir und wir beteten gemeinsam; wir standen Jesus in
allen seinen Leiden bei und litten mit seiner Mutter Maria alle ihre
Schmerzen. Aber meine Engelin verfehlte auch nicht, mir einen sanften
Vorwurf zu machen: ich sollte nicht weinen, wenn ich Jesus ein Opfer zu
bringen habe, sondern vielmehr ihm danken, der mir dazu Gelegenheit
gibt.
Es war das erste Mal und der erste Freitag, da sich Jesus meiner Seele so
fühlbar mitteilte; und obwohl ich Jesus nicht aus der Hand des Priesters
empfing, weil es unmöglich war, so kam doch Jesus von sich aus und
vereinigte sich mir. Und so innig war unsere Vereinigung, dass ich wie
betäubt blieb.
Jesus sprach zu mir: "Was tust du? Was willst du mir sagen? Bist du nicht
einmal bewegt von meiner Hingabe an dich?" Da konnte ich nicht länger
an mich halten und musste antworten: "O Jesus: du, der Vollkommene und
Heilige, hast du keine andere zum Liebesspiel als mich, die ich für dich
nur Kälte und Unvollkommenheit habe?" Er sprach: "Ich begehre heiß,
mich mit dir zu vereinigen! Komme jeden Tag. Aber wisse: Ich bin ein
eifersüchtiger Bräutigam; wirst du mir eine treue Braut sein?"
Ein Gefühl und ein Gedanke keimten gleichzeitig in meinem Herzen auf,
nachdem Jesus sich zum ersten Male mir mitgeteilt und mich sein Blut
hatte fließen sehen. Das war, ihn zu lieben und zu lieben bis zum Opfer;
aber da ich nicht wusste, wie man ihn in Wirklichkeit lieben sollte, bat ich
eine Nonne um Belehrung, und sie antwortete mir: "Was macht man, um
lesen und schreiben zu lernen? Man übt sich unablässig im Schreiben und
Lesen, bis man es lernt." Diese Antwort überzeugte mich nicht; ich begriff
sie durchaus nicht. Mehrmals bat ich sie um Belehrung, aber sie hatte nur
immer die gleiche. Antwort.
Ich machte mir Gedanken darüber, dass ich nicht zu lieben verstand; aber
Jesus in seiner unendlichen Demut scheute sich nicht, sich zu meinem
Lehrer zu erniedrigen, um mich zu beruhigen. Eines Tages zur Zeit des
Abendgebetes fühlte ich mich ganz innerlich gesammelt und fand mich
zum zweiten Male vor Jesus dem Gekreuzigten, der zu mir folgende Worte
sprach: "Schau, mein Kind, und lerne, wie man liebt!" Und er zeigte mir
seine offenen Wunden. "Siehst du dieses Herz, diese Dornen, diese Nägel,
diese Striemen, diese Risse, diese Wunden, dieses Blut? Sie sind alle
Werke der Liebe, und zwar einer grenzenlosen und bedingungslosen Liebe.
Siehst du, wie sehr ich dich geliebt habe? Willst du mich auch in Wahrheit
lieben? Lerne zuerst zu leiden. Denn Leiden lehrt Lieben."
Bei diesem Anblick empfand ich neue Schmerzen, und bei dem Gedanken
an die bedingungslose und grenzenlose Liebe Jesu zu uns und an die
Leiden, die er für uns gelitten, wurde ich ohnmächtig, fiel zu Boden, und
kam erst nach einigen Stunden wieder zu mir. Alles, was sich während
dieses Gebetes ereignete, waren überaus große Tröstungen für mich, die
niemals ermüdend für mich gewesen wären, auch wenn sie mehrere
Stunden gedauert hätten.
Manchmal dauerte die heilige Stunde auch bis zu zwei Stunden, weil ich
bei Jesus war und teilnahm an der Trauer, die er im Garten Gethsemane
empfunden hatte, einer Traurigkeit, die man gut einer Agonie vergleichen
kann. Danach blieb ich in einer so süßen Ruhe und einem Frieden, dass ich
mich in Tränen ergießen musste, und diese Tränen ließen mich eine
unbegreiflich schöne Liebe verkosten und vermehrten in mir die
Sehnsucht, Jesus zu lieben bis zum Tod und bis in alle Ewigkeit.
Eines Tages zeigte mir Jesus an, dass er mir am Abend eine ganz große
Gnade mitteilen würde, Ich ging zu einem Priester und sagte es ihm; er
antwortete, ich sol1e gut acht geben, um ihm nachher alles berichten zu
können.
Es war am Abend: ganz plötzlich und viel früher als gewöhnlich fühlte ich
einen innerlichen Schmerz über mein Elend; so stark, wie ich ihn nicht
mehr gefühlt habe; dieser Schmerz brachte mich sozusagen auf der Stel1e
zum Sterben. Danach fühlte ich, wie alle meine Seelenkräfte sich
sammelten: der Verstand sah nur mein Elend; das Gedächtnis erinnerte
sich an alle Leiden, die Jesus für mein Heil gelitten hatte; der Wille ließ
mich versprechen, alles leiden zu wollen, um alle Sünden meines Lebens
und meiner Lieben zu sühnen. Ein Chaos von Gedanken ging mir durch
den Kopf: es waren Gedanken des Schmerzes, der Liebe, der Angst, der
Hoffnung und der Kraft.
Auf die innerliche Sammlung folgte sehr bald die Verzückung der Sinne,
und ich befand mich vor meiner himmlischen Mutter Maria, die zu ihrer
Rechten meine Schutzengelin hatte. Dann wendete sich die Mutter Maria
an mich mit folgenden Worten: „Schatz, im Namen Jesu sind dir alle
Sünden vergeben." Dann fügte Maria hinzu: ,,Jesus, mein Sohn, liebt dich
sehr und will dir eine Gnade schenken; wirst du dich ihrer würdig
erweisen?" Meine Armseligkeit wusste, was ich sagen sollte. Maria fügte
noch hinzu: "Ich werde dir Mutter sein, wirst du mir ein wahres Kind
sein?" Und Maria öffnete ihren Mantel und bedeckte mich mit dem
Mantel.
Ich erhob mich, um zu Bett zu gehen, und fühlte, dass aus meinem Herzen
und meiner Seele, in denen ich Schmerzen fühlte, Blut floss. Ich konnte
dann doch, unterstützt von meiner Engelin, ins Bett gehen. Diese
qualvollen Schmerzen verursachten mir aber keine Trübsal, sondern eine
vollkommene Seelenruhe.
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
ATLANTIS
wovon ich euch schreibe, das ist ungefähr zehntausend Jahre her.
Zwischen Europa und Afrika befinden sich die Säulen des Herkules, und
östlich davon lebten die Griechen mit ihrer Hauptstadt Athen, und westlich
davon lebte das Volk von Atlantis. Und zwischen dem Volk der Griechen
und dem Volk von Atlantis war Krieg. Bei dem Volk der Griechen
herrschten die demokratisch gewählten Volksvertreter, bei dem Volk von
Atlantis herrschten noch die heiligen Könige. Die Insel Atlantis war
riesengroß, größer als Afrika und Asien zusammen. Aber durch ein
Meeresbeben und ein Erdbeben ist die Insel Atlantis untergegangen. Nun
findet sich an ihrer Stelle nur noch Schlamm. Wenn einer nun mit einem
Schiff von Europa aus über den Atlantischen Ozean fahren möchte, um
Amerika zu entdecken, dann wird er sicherlich in dem Schlamm stecken
bleiben, den die Insel Atlantis bei ihrem Untergang hinterlassen hat.
Es gab damals viele Völker, die zu den Griechen gehörten, und viele
andere Völker, die nicht zu den Griechen gehörten. Die Völker, die nicht
griechisch waren, nennt man Barbaren. Vielleicht erzähl ich euch noch
etwas von der Demokratie von Athen, der Hauptstadt der Griechen, oder
von der Monarchie, der Herrschaft der Könige, die niemandem zu
gehorchen hatten als Gott allein. Vielleicht spreche ich erst einmal von den
Griechen, die Kunst und Weisheit mit den Löffeln gefressen hatten.
Von den Griechen sagt man, dass sie das Volk eines Gottes und einer
Göttin gewesen sind. Der Gott hieß Vulkanus, er lebte unten in einem
Vulkan und war ein Schmied und machte viele Goldschmiede-
Kunstwerke. Die Göttin war die Göttin Athene. Nach der Göttin Athene ist
die Stadt Athen benannt, die Hauptstadt der Griechen. Athene war die
Göttin der Weisheit. Der Gott der Kunst und die Göttin der Weisheit
regierten über die Griechen, und darum waren die Griechen große Künstler
und große Philosophen. Der Gott und die Göttin pflanzten nun auf der
griechischen Erde schöne Menschen an, wunderschöne Frauen und sehr
kluge Männer und ganz wundervolle Kinder. Dann lehrten der Gott der
Kunst und die Göttin der Weisheit das griechische Volk, wie man den Staat
regieren muss. So wurde die Demokratie erfunden. Die alten Griechen,
ihre Volksvertreter, ihre Künstler und Philosophen, sind mit der Zeit in
Vergessenheit geraten. Wer kennt heute schon noch den Präsidenten der
Demokratie namens Perikles? Wer liest denn heute noch das schöne
Märchen vom klugen Odysseus, das Homer geschrieben hat, der blinde
Seher? Und wer versteht heute noch den Philosophen Platon, der viele gute
Ideen hatte?
Es ist ja so: Wenn Menschen alt werden und sterben, dann werden
andrerseits neue Menschen geboren, nämlich die Kinder. Aber Kinder
können erst einmal nicht lesen. Das müssen sie dann mühsam in der
Schule lernen. Und nur wenige Kinder haben in ihrer Kindheit gehört, was
der starke Herkules getan und was der kluge Odysseus gelitten hat. Und
wenn auch Kinder von Odysseus und Herkules gehört haben, so wussten
sie doch nicht, ob damals Demokratie oder Monarchie in Griechenland
geherrscht hatte. Die Kinder kennen nur ein paar Namen aus der
Geschichte der Griechen. Odysseus und Herkules kennen sie. Aber kennen
sie auch die göttlichen Zwillinge? Kennen sie auch die schöne Helena? Da
gibt es noch viel zu lernen! Und, liebe Kinder, habt ihr schon einmal dies
überlegt: Ist es besser, dass das ganze Volk herrscht, oder ist es besser, dass
ein guter König herrscht? Und was macht einen guten Menschen aus?
Muss er klug sein? Muss er gerecht sein? Muss er mutig sein? Muss er
bescheiden sein? Nun, wenn Kinder nicht in Armut und Not leben, wenn
sie genug zu essen und zu trinken haben, und wenn sie lesen gelernt haben,
dann können sie ja viele interessante Dinge lernen! Wenn man allerdings
immer beschäftigt ist, hat man keine Zeit nachzudenken. Und weil die
meisten Menschen das Geld über alles lieben, darum arbeiten sie so viel.
Und weil sie so viel arbeiten, denken sie nie nach. Und so geriet der kluge
Odysseus in Vergessenheit. Und so geriet die Insel Atlantis in
Vergessenheit.
Ein alter weiser Priester aus dem Alten Ägypten erzählte den Griechen von
Atlantis. Die Priester der Pyramiden wussten vieles über den Krieg
zwischen Griechenland und Atlantis. Sie kannten auch die griechischen
Könige, einen nach dem andern. Der jüngste griechische König war der
König Theseus. Der erlebte viele Abenteuer. Und die Priester wussten auch
viel über die griechischen Frauen. Die schönste Frau Griechenlands war
die schöne Helena. Die schöne Helena war die Schwester der göttlichen
Zwillinge. Und wenn die Griechen in den Kampf zogen, dann waren nicht
nur die Jungen starke Krieger, sondern auch die Mädchen kämpften. Und
weil die Mädchen gute Kämpferinnen waren, darum stellten die Griechen
die Göttin Athene mit Helm und Lanze dar. So bewaffnet war Athene aus
dem Kopf Gottes geboren worden. Die Griechen hatten eine große Statue
der bewaffneten Göttin in Athen stehen. Sie wurde auch als Kriegsgöttin
verehrt. Jungen und Mädchen zogen gemeinsam in den Kampf für die
Freiheit. Denn was Jungen können, das können Mädchen meistens auch
sehr gut. Mädchen und Jungen sind ja beides Bilder Gottes. Jungen sind
Gott ähnlich. Und Mädchen sind auch Gott ähnlich. Ob ihr es mir glaubt,
oder nicht.
Was man vom alten Griechenland erzählt? Nun, es muss ein Paradies
gewesen sein, oder wenn ihr wollt, ein Schlaraffenland! Die Bäume trugen
jeden Monat im Jahr Früchte. Das Getreide wuchs von selbst, ohne dass
Bauern schwer arbeiten mussten. Die Euter der Kühe waren immer voller
süßer Milch. Der Honig tropfte von den Bäumen den Kindern in den
Mund. Orangen und Äpfel waren massenhaft da. Weißes süßes Brot und
Rosinenkuchen gab es in großen Mengen. Es war, wie man so sagt, das
Land, wo Milch und Honig fließen. Immer schien die Sonne. Es war nie
schlechtes Wetter. Die Mondnächte waren so warm, dass man nackig im
Garten schlafen konnte. Alle Menschen waren nett zueinander. Alle Kinder
waren fröhlich und hüpften wie die Lämmer über die Wiesen. Es gab kein
Geld, um das man sich streiten musste. Die Kinder mussten nicht in die
Schule gehen, sondern lernten alles von ihren Eltern. Die Erwachsenen
mussten nicht arbeiten, sie hatten immer Zeit, mit den Kindern zu spielen.
Und alle Menschen liebten die Götter. So schön war es im alten
Griechenland. Vielleicht fahrt ihr mal mit euren Eltern auf eine griechische
Insel und guckt, ob es da heute immer noch so schön ist.
Damals aber waren die Berge so hoch, dass ihre Gipfel den Himmel
küssten. Oben auf den Bergen wuchsen große Wälder. Die schwarze
Mutter Erde gab alles in Hülle und Fülle. Von den Eichen tropfte der
Honig. Es gab nicht nur Apfelbäume, sondern noch mehr Granatapfel-
Bäume. Die Bäume bogen sich, so schwer waren die großen Granatäpfel.
Überall machten Honigbienen aus dem Nektar der Blumen süßen Honig.
Ich kenne ein Sprichwort: Esst Honig, liebe Kinder, denn Honig ist süß für
den Mund. Ebenso süß ist die Weisheit! Das ist ein wahres Sprichwort.
Und überall waren große Weiden für die Kühe mit den vollen Eutern und
für die Mutterschafe und ihre lustigen Lämmer.
Es war immer schönes Wetter, ein ewiger Sommer, da man nackt baden
kann. Aber die Menschen waren auch glücklich, wenn Gott es regnen ließ.
Dann tanzten die Menschen lachend im warmen Regen. Denn der Regen
Gottes macht die Mutter Erde fruchtbar, so dass die Mutter Erde all ihre
Kinder gut ernähren kann. Auch gab es Quellen, die ganz reines
Trinkwasser gaben. Und es gab Flüsse, da die lustigen Fische spielten. In
den Quellen und in den Flüssen lebten damals die Nymphen, das sind
Nixen oder Meerjungfrauen. Solche Nymphen sind besonders niedlich
anzuschauen.
Das ganze Land war eine fruchtbare grüne Mutter Natur. Und die Kinder
dieser Mutter waren die Bauern. Das waren starke Bauern mit kindlichen
Gesichtern. Und die Bäuerinnen sahen aus wie Milchkühe. Die Bauern
hatten reine, kindliche Herzen. Die Bäuerinnen hatten einen kindlichen
Glauben an Gott. Die Kühe hatten nur eine Sehnsucht: Sie wollten
gemolken werden. Die gleiche Sehnsucht haben die alten Philosophen mit
den grauen Bärten: Sie wollten, dass die Knaben ihrer Weisheit zuhörten.
Die schwarze Mutter Erde brachte alles in Hülle und Fülle hervor. Der
Frühling war der Sieg des Lichts und des Lebens, da alles jubelte! Der
Sommer war wie ein Paradies auf Erden, da waren die schönen Frauen
noch schöner! Der Herbst war eine reiche Ernte, und überall gab es süße
Früchte und süße Getränke!
Die Hauptstadt der Griechen, Athen, war damals viel herrlicher als heute.
Denn in den vergangenen zehntausend Jahren hat eine Sintflut die Stadt
größtenteils vernichtet. Lange dunkle Winter mit eiskaltem Regen hatten
die Erde ruiniert. Erdbeben, Vulkanausbrüche und Meeresbeben haben
vieles zerstört. Aber das meiste hat die Sintflut zerstört. Das war die
berühmte Sintflut, als Noah die Arche baute. Und Noah und seine Söhne
und die Tiere wurden gerettet.
Athen war damals so groß, dass ihr es kaum für möglich haltet. Die Stadt
lag auf einem riesigen Berg. Auf dem Berg wuchsen rauschende Wälder.
Unten im Tal wohnten die Handwerker und die Bauern. Auf dem Berg aber
war der Tempel der Göttin der Weisheit. Und rings um den Tempel lebten
die jungen Krieger. Sie lebten dort wie in einem gemeinsamen weißen
Haus mit einem großen Garten. Rings um das Haus der jungen Krieger
war von den alten Kriegern eine hohe Mauer errichtet. So geschah es, dass
die Feinde der alten Krieger nicht in das Haus eindringen konnten.
Die jungen Krieger wohnten also in einer Burg oben auf dem Berg. Da
lebten sie alle zusammen in vielen Zimmern. Im Winter trafen sie sich
immer in dem großen Speisesaal, um sich am Feuer zu wärmen und warme
Ziegenmilch zu trinken. Zusammen mit den jungen Kriegern lebten in der
Burg auch die Priester der Göttin der Weisheit. Die Priester waren nicht
mit Frauen verheiratet. Die Priester hatten nämlich die Göttin der Weisheit
als geheimnisvolle Ehefrau. Die Priester und die jungen Krieger hatten
kein Geld. Sie brauchten kein Geld. Die Priester sagten immer: Die Liebe
zum Geld ist der Ursprung alles Bösen. Die jungen Krieger waren nicht
ängstlich, aber auch nicht leichtsinnig. Sie gingen immer den goldenen
Mittelweg. Die Zimmer waren keine ärmlichen Hütten, aber auch keine
reichen Paläste, sondern bescheiden, aber schön und aufgeräumt. Und
wenn die Krieger erwachsen wurden, dann wurden wieder kleine Kinder
geboren. Und so ging es immer weiter, von Kind zu Kindeskind, zu
Kindeskindeskind.
Im Süden der Burg war ein großer Garten. Da turnten die jungen Krieger
im Sommer draußen im Garten. Da war ein Schwimmbecken, darin
schwammen die jungen Krieger. Manchmal spielten sie mit dem Ball.
Oder sie machten Boxkämpfe oder Ringkämpfe. Da war im Garten auch
eine frische Quelle. Und wenn den jungen Kriegern im Sommer vom
Turnen heiß wurde, dann bekamen sie Durst. Und von der Quelle bekamen
sie kaltes, frisches Süßwasser zu trinken. So also lebten die jungen
Krieger. Sie waren die Wächter und Beschützer ihres Volkes. Sie
beschützten die Heimat. Sie verteidigten die Bauern und Arbeiter, und sie
verteidigten die schönen griechischen Frauen. Sie waren fast so etwas wie
die Schutzengel von Griechenland. Und es waren immer zwanzigtausend
Schutzengel da.
So war also das alte Griechenland. Und die griechischen Menschen waren
die schönsten Menschen der Erde. Ihre jungen Mädchen sahen aus wie
junge Göttinnen und ihre jungen Knaben sahen aus wie nackte
Liebesgötter mit Pfeil und Bogen. Und die Griechen waren nicht nur
schön, sondern auch klug. Sie kannten den Gott der Götter! Sie wussten
auch viele Märchen und Sagen aus alter Zeit. Sie konnten gut rechnen. Sie
kannten die Sternbilder. Sie wussten viel über die Natur der Tiere, der
Haustiere und der Raubtiere. Sie wussten, was gut schmeckt von den
Früchten der Natur. Sie wussten, wie man leckeren Kuchen backt,
Apfelkuchen, Rosinenkuchen, Feigenkuchen. Sie zähmten die Bienen und
hatten so immer genug Honig. Ihre Frauen waren noch schöner als die
schönen Frauen von Indien. Ihre weisen Männer waren klüger als die
Priester von Ägypten. Nun will ich aber endlich von Atlantis erzählen,
liebe Kinder. Ich hoffe, ihr seid schon gespannt auf Atlantis. Ich will euch
alles erzählen, was ich selbst als Kind von meiner geliebten Großmutter
gehört habe.
Wie ich euch ja am Anfang erzählt habe, teilten die Götter unter sich die
Erde auf. Die große Insel Atlantis bekam der Gott des Meeres, der Gott
Neptun. Der Gott Neptun lebt im Meer, hat einen sehr langen weißen Bart
und hält in der Hand einen Dreizack. Neptun verließ das Meer und lebte
nun auf der Insel Atlantis. In der Mitte der Insel war eine große Ebene. Da
war die Mutter Erde am grünsten. Das war ein richtiger Paradiesgarten.
Mitten in dem Paradiesgarten lebte eine strahlend schöne Jungfrau! Der
Name der Jungfrau war Kleito. Sie war eben vierzehn Jahre alt geworden.
Da hat der Gott die Jungfrau geheiratet. Der Gott kam zur Jungfrau und
sagte zu ihr: Friede! Meine Geliebte! Ich will, dass du die Mutter meines
Sohnes wirst! Und so wurde die Jungfrau Mutter.
Diese zehn Könige von Atlantis herrschten nun viele lange Jahrhunderte
über das große Inselreich. Sie herrschten nicht nur über die Insel Atlantis.
Ihre Herrschaft erstreckte sich von den Kanarischen Inseln bis zu den
mittelamerikanischen Inseln. Sie herrschten in Güte und Gerechtigkeit.
Wenn sie starben, folgten ihnen ihre Söhne auf dem Thron. Und sie alle
verehrten den Gott als ihren Vater und die Jungfrau als ihre Mutter.
Manchmal reisten sie nach Ägypten und besuchten die Pyramiden.
Manchmal reisten sie ins Ewige Rom und besuchten den Vatikan-Hügel
und sprachen dort mit dem Hohepriester.
König Atlas hatte nun Söhne. Und diese Söhne hatten wiederum Söhne.
Und diese Enkel hatten auch wieder Söhne. Und so stammte eine große
Familie oder Sippe von König Atlas ab. Diese Familie hieß die Familie der
Atlantiden. Sie stellten immer den obersten König von Atlantis. Und die
Könige von Atlantis waren unvorstellbar reich. So reich war nicht der
reiche Krösus aus Griechenland. So reich war nicht der Priesterkönig
Johannes von Indien. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie reich der König
von Atlantis war. Auch hatte er alles, was die Mutter Natur erschuf. Auch
hatte er alles, was die Bauern und Handwerker erschufen. Und er hatte
alles, was die Seeleute mit den Schiffen aus der Ferne herbeibrachten. So
hatte er auch Pfeffer aus Indien und Seide aus China.
Dem König von Atlantis dienten auch die Bergarbeiter in den Bergwerken.
Sie holten aus der Erde Silber und Gold. Es gab Silber und Gold in
unvorstellbaren Mengen. Es gab so unendlich viel Silber, das es schon fast
nichts mehr wert war. Alle Paläste waren aus Gold und Silber und
Edelsteinen. Es gab Jaspis, Jade, Nephrit, Rubin, Smaragd, Türkis,
Chrysolith, Amethyst, Lapislazuli, Mondstein und Onyx und viele andere
Edelsteine in Menge. Auch gab es genug Holz in den rauschenden
Wäldern für die Zimmermänner. Die Tischler hatten genug Holz. Die
Handwerker hatten auch Eisen, Bronze und Kupfer. Der Goldschmied
machte Kunstwerke aus Gold und Edelsteinen. Die Frauen schmückten
sich mit Perlenketten, Silberkettchen, Goldringen, Lapislazulikettchen,
Mondstein-Ohrringen und goldenen Haarspangen. Sie trugen Kleider aus
durchsichtiger Seide.
Die Menschen von Atlantis hatten zahme Tiere, Haustiere wie Hunde und
Katzen, Kaninchen und Hühner und Kanarienvögel. Sie molken die Kühe.
Die Schafe gaben ihnen Wolle. Die Ziegen gaben Milch für den beliebten
Ziegenkäse. Aber es gab auch wilde Tiere, Löwen, Tiger, Geparden,
Leoparden, Jaguare und Panther. Es gab sogar Elefanten. Die wurden aber
gezähmt, so dass die Elefanten im Wald halfen, Bäume abzutransportieren.
Auch ritten die kleinen Knaben und jungen Mädchen gern auf dem Rücken
der Elefanten. Es gab auch viele Wurzeln und Gräser und Kräuter, daraus
die Ärzte Medizin machten. Es gab viele Blüten, aus denen die Frauen
Parfüm machten. Das roch alles so gut! Da gab es genug gesunde
Obstarten und gesundes Gemüse zu essen. Manchmal gab es auch
gebratenes Fleisch. Die Mütter wussten ganz leckeren Joghurt und
Quarkspeisen als Nachtisch herzustellen. Für die Kinder wuchs auch das
Süßholz, an dem die Kinder gerne knabberten, denn sie liebten diese
Süßigkeit. Es wuchsen auch Mandeln und Pistazien und Nüsse in Hülle
und Fülle. Alles brachte die Insel Atlantis hervor, die immer im warmen
Sonnenschein lag. Es gab wirklich genug für alle!
Der Palast des Königs Atlas sah nun so aus: Im Innersten des Palastes war
ein Tempel, darin stand eine Säule der heiligen Jungfrau, der Mutter des
Volkes. Vor dieser Statue brannten immer Kerzen aus Wachs, vom Fleiß
der Bienen gemacht. Dann gab es dort auch ein großes Bild vom Gott des
Meeres mit hundert schönen Meerjungfrauen, die auf Delphinen ritten und
auf Muschelhörnern bliesen. Die zehn Könige schickten jedes Jahr zu
Ostern das erstgeborene Lamm ihrer Herde zum Opfer in den Tempel. Der
Tempel war aus Zedernholz und ganz mit Gold geschmückt. Nur die
Türme waren aus Elfenbein. Das Innere war ganz mit Gold verkleidet, aus
Gold war auch der Altar des Gottes.
Vor der Statue der heiligen Jungfrau lagen viele Tafeln, darauf die
Menschen ihren Dank gemalt hatten. Die Jungfrau hat geholfen! Das stand
auf jeder Tafel. Und wenn die Jungfrau kleine Kinder vor dem Tod gerettet
hatte, dann waren da kleine Kinder gemalt, die bedeckt waren vom
Schutzmantel der heiligen Jungfrau.
Vor dem Königspalast standen Statuen der zehn Könige von Atlantis, der
fünf Zwillingsbrüder. Jeder König trug eine goldene Krone, aber König
Atlas trug eine dreifache Krone, darauf stand: Der König Atlas, der Sohn
Gottes und der Jungfrau, der Vater der Könige der Erde!
Die beiden Quellen, die heiße und die kalte Quelle, wurden durch Kanäle
in ein großes Schwimmbad geleitet, da der König Atlas mit seinen Brüdern
gerne badete, denn er schwamm sehr gut und sehr gerne. Außerdem
badeten auch die Königinnen gerne im Schwimmbad. Dann wurde das
Wasser weitergeleitet in den Wald des Gottes, da Zedern und Zypressen
wuchsen, Eichen und Palmen, Maulbeerbäume und Feigenbäume,
Apfelbäume und Mischmisch-Bäume. Der Wald war sehr schön, und es
gingen darin immer die schlanken Gazellen, Antilopen, Hirschkühe und
Rehe spazieren.
In der Nähe des Waldes gab es Gärten und Sportplätze, da die Knaben
turnten und Ball spielten, auch miteinander Ringkämpfe ausfochten. Es
gab da auch eine Rennbahn für Pferderennen. Und es gab eine Rennbahn
für Wagenrennen. Der König Atlas liebte das Ballspiel nicht sehr, aber die
meisten Leute waren ganz begeistert vom Ballspiel. Dahinter waren die
Wohnungen der Bauern, Handwerker und Kaufleute. Die Wohnungen
waren sauber und aufgeräumt. Vor den Wohnungen waren schöne
Blumengärten, in denen die Frauen mit ihren Dichtern Apfelwein tranken.
Von den Wohnungen ging es an die Küste der Insel. Da war ein großer
Hafen. Da lagen Segelboote, Ruderboote und große Handelsschiffe. Im
Hafen war ein lustiges Treiben, ein Lärm und Geschrei. Da waren für die
Matrosen auch die Häuser der Freudenmädchen.
Was nun die Krieger betrifft: Jedes Grundstück musste einen Anführer
stellen. Insgesamt gab es 60.000 Krieger. Sechs Krieger besetzten einen
Kriegswagen. Es gab also – richtig gerechnet – 10.000 Kriegswagen. Dazu
gab es Kriegspferde und Reiter, Pferdegespanne mit einem Krieger. Die
Krieger waren bewaffnet mit Schild und Schwert, Pfeil und Bogen oder
Steinschleudern. Die Speerwerfer gingen ohne Rüstung. Es gab auch
Seemänner auf Kriegsschiffen. Es gab 1200 Kriegsschiffe. Das allein war
die Armee von König Atlas. Aber die andern neun Könige hatten auch
noch Krieger. Aber wenn ich davon auch noch erzählen müsste, würde
meine Geschichte zu lang. Es ist schon spät, und ich muss bald ins Bett.
Darum muss ich jetzt langsam zum Schluss kommen, meine geliebten
Kinder.
Was nun den Staat betrifft, der wurde so regiert: Jeder der zehn Könige
herrschte in seinem bestimmten Gebiet. Jeder König hatte eine Burg mitten
in seinem Gebiet und regierte von dort aus sein Volk. Er machte die
Gesetze und musste niemandem gehorchen als dem König Atlas, dem
König der Könige. Und König Atlas musste nur Gott seinem Vater
gehorchen. Der Gott hatte ein Gesetz gegeben, dem mussten alle
Menschen gehorchen. Auch die Könige gehorchten dem Gesetz Gottes.
Der Gott hatte das Gesetz selbst auf eine goldene Tafel geschrieben. Diese
goldene Tafel mit dem Gesetz Gottes befand sich im Hauptheiligtum der
Insel Atlantis in einer heiligen Truhe. In diesem Heiligtum kamen die
obersten Priester alle sieben Jahre zusammen, um dem Gott von Atlantis
ein Opfer von Brot und Wein darzubringen. Dann beriet sich die
Versammlung der obersten Priester, und sie gaben neue Gesetze.
Wenn nun die Richter sich zum Gericht versammelten, schlachteten sie
zuerst einen Sündenbock auf dem Altar Gottes. Das Blut des
Sündenbockes spritzten sie an den Altar. Auch tranken sie das Blut des
Sündenbockes und aßen das gebratene Fleisch des Sündenbockes. Dann
schworen sie feierlich, dem Gesetz Gottes zu gehorchen. Dann berieten sie
sich untereinander. Dann sprachen sie Recht. Wenn in dem Volk eine
Verschwörung gegen die Könige von Atlantis war, dann beschützten die
Richter die Könige. Über den Richtern stand aber König Atlas, und der
verbot die Todesstrafe. Die Verbrecher wurden mit goldenen Ketten
gefesselt, so viel Gold gab es damals.
Viele tausend Jahre lebte das Volk von Atlantis in Gerechtigkeit und Liebe.
Aber je länger es her war, da der Gott die Jungfrau geheiratet hatte, desto
mehr vergaßen die Menschen das Gesetz des Gottes. Mehr und mehr
Menschen vergaßen Gott und die heilige Jungfrau. Statt Gott anzubeten,
begannen immer mehr Menschen, das Geld anzubeten. Die Menschen
wurden habgierig, streitsüchtig und waren einander feindlich gesonnen.
Sie töteten die Kinder schon im Bauch ihrer Mütter. Sie wollten andere
Länder erobern. Die einen wurden immer reicher und die andern immer
ärmer. Das sah der höchste Gott der Götter und wurde zornig. Da
vernichtete Gott die Insel Atlantis durch ein großes Meeresbeben. Heute ist
nur noch der Atlantik über, der Atlantische Ozean zwischen Europa, Afrika
und Amerika.
Liebe Kinder, Gott ist der Gott der Liebe und liebt euch unendlich! Und
nun:
Schlafe selig und süß!
Schau im Traum’s Paradies!
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
CHRONIK
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DER ISLAM
ERSTES KAPITEL
DIE WEISHEIT DAVIDS
Und Gott gab ihm die Herrschaft und die Weisheit, und er lehrte ihn, was
er wollte.
In den Geschichten des Alten Testaments ist vom Propheten
Salomo oft als von Salomo dem Weisen die Rede; im Islam sind alle
Propheten dafür bekannt, dass sie außerordentliches Wissen besaßen.
Tatsächlich bedeutet das arabische Wort Hikmah Weisheit, gutes
Urteilsvermögen und die Fähigkeit, die Angelegenheiten des Volkes zu
regeln und gerecht mit ihnen umzugehen. Gott bereitet den Charakter aller
seiner Propheten vor und formt ihn, aber beide, David und sein Sohn
Salomo, waren dafür bekannt, dass sie außergewöhnlich weise Männer
gewesen sind. Salomo zeigte bereits in jungen Jahren Weisheit und beriet
sogar seinen Vater, aber der Prophet David hatte sein Erwachsenwerden
damit verbracht, Kenntnisse und Lebenserfahrungen zu sammeln. Gott
lenkte den Lauf ihrer Leben. David machte Fehler, aber er lernte aus ihnen.
Obwohl David einen tatenreichen Lebenswandel hatte, fand er
immer Zeit zur Besinnung und zum Beten. Jeden Tag verbrachte er einige
Zeit in einem abgeschiedenen Bereich, gedachte Gottes, lobte und pries
Gott und sprach Bittgebete. Davids Soldaten bewachten die Gegend, aber
an einem bestimmten Tag tauchten wie aus dem Nichts zwei Männer auf.
David war über ihr Erscheinen schockiert. Er zog sich erschrocken zurück,
aber die Männer sprachen ruhig und beruhigten David; sie erklärten, dass
sie Fragesteller wären, die ein Urteil suchten.
Ist die Geschichte von den Streitenden auch zu dir gelangt? Wie sie
über die Mauer seines Gebetsgemachs kletterten und wie sie bei David
eindrangen und er sich vor ihnen fürchtete? Sie sagten: Fürchte dich nicht.
Wir sind zwei Streitende, von denen einer sich gegen den anderen
vergangen hat; richte darum in Gerechtigkeit zwischen uns und handle
nicht ungerecht und leite uns auf dem schmalen Weg.
Die beiden standen vor David und einer stellte seinen Fall vor.
David war schockiert wegen dem, was ein eindeutiger Fall von
Unterdrückung des einen durch den anderen war. Er traf schnell eine
Entscheidung und genauso schnell verschwanden die beiden Männer
wieder. In diesem Moment wurde David klar, dass die beiden Männer
Engel gewesen waren, die Gott gesandt hatte, um ihm zu prüfen, und dass
er in der Prüfung versagt hatte. Er warf sich auf den Boden und bat Gott
um Vergebung für sein voreiliges Urteil. David verstand nun, dass er nicht
beide Seiten der Geschichte angehört hatte. Er hatte ein Urteil gefällt mit
lediglich der Hälfte der nötigen Informationen. Groß war Davids Mangel
an Geduld und seine Impulsivität, aber er wandte sich Gott in Reue zu.
Dieser ist mein Bruder; er hat neunundneunzig Mutterschafe, und
ich habe ein einziges Mutterschaf. Dennoch sagte er: Übergib es mir, und
hat mich in der Rede überwunden. David sagte, ohne den anderen
anzuhören: Wahrlich, er hat ein Unrecht an dir verübt, als er dein
Mutterschaf zu seinen eigenen Mutterschafen hinzu verlangte. Und gewiss,
viele Teilhaber vergehen sich gegeneinander; nur die sind davon
ausgenommen, die glauben und gute Werke tun; und das sind wenige. Und
David merkte, dass Gott ihn auf die Probe gestellt hatte; also bat er seinen
Herrn um Verzeihung und fiel betend nieder und bekehrte sich. Darum
vergab ihm Gott; und wahrlich, er hatte nahen Zutritt zu Gott und eine
herrliche Einkehr bei Gott.
David hat aus dieser Erfahrung eine wichtige Lehre gezogen. Er
lernte, dass, wenn man ein gutes Rechtsurteil fällen will, man alle
Informationen dazu einholen muss, die erreichbar sind. Er erkannte
ebenfalls die Bedeutsamkeit, seine Sünden und Fehler zu erkennen und
Gott um Vergebung zu bitten. Gott hat David Wissen gewährt, und er gab
ihm Lebenserfahrungen, die seinen Charakter formen und gestalten sollten.
David lernte aus seinem Fehler und wurde ein besserer Mensch.
Gott sandte die Engel, um David über Gerechtigkeit zu belehren
und er belohnte David für seine Reue. Gott gewährte David al-Hikmah
(Chochmah, die Weisheit) und ernannte ihn zum König über die Kinder
Israels mit weisem Verstand und einem weiten Herzen.
O David, Gott hat dich zu einem Stellvertreter auf Erden gemacht;
richte darum zwischen den Menschen in Gerechtigkeit, und folge nicht
deinen persönlichen Neigungen, damit sie dich nicht vom Wege Gottes
abirren lassen. Wahrlich, jenen, die von Gottes Weg abirren, wird eine
strenge Strafe zuteil werden, weil sie den Tag der Abrechnung vergaßen.
Davids Sohn Salomo war intelligent und weise, schon als Kind.
David saß eines Tages da und löste die Probleme seines Volkes, als zwei
Männer zu ihm kamen, von denen einer ein Feld besaß, und sie stellten
sich ihm vor. Der Besitzer des Feldes sagte: O Prophet! Die Schafe dieses
Mannes kamen in der Nacht zu meinem Feld und haben die ganzen
Trauben gefressen, und ich bin gekommen, um einen Ausgleich zu fordern.
David fragte den Besitzer der Schafe: Ist dies wahr? Als dieser das bejahte,
sagte David: Ich habe entschieden, dass du ihm zum Ausgleich für das
Feld ein Schaf geben sollst.
Salomo vertrat eine andere Meinung. Er schlug vor, dass der
Besitzer des Schafs das Feld übernehmen und kultivieren sollte, bis die
Trauben wachsen, während der andere Mann die Schafe nehmen und deren
Wolle und Milch nutzen sollten, bis sein Feld wiederhergestellt ist. Wenn
die Trauben wachsen und das Feld in seinen früheren Zustand zurückkehrt,
dann sollte der Eigentümer des Feldes es wieder nehmen und die Schafe
ihrem Besitzer zurückgeben. David nahm den weisen Rat seines Sohnes an
und deshalb trug Salomo von jungen Jahren an den Titel Salomo der
Weise. Allerdings war das nicht der einzige Titel, unter dem man Salomo
in der Geschichte kannte. Er war auch als Salomo der Große bekannt. Als
er das Reich seines Vaters übernahm, führte Salomo die Kinder Israels in
das Goldene Zeitalter.
ZWEITES KAPITEL
SALOMO
Dies ist die Geschichte von König Salomo und der Königin von Saba.
Viele Menschen sind von der Tatsache fasziniert, dass die Figuren und die
Geschichte im Koran denen in der Bibel ähneln. Allerdings unterscheidet
sich die islamische Perspektive in einigen grundlegenden Dingen.
Salomo war sowohl Prophet als auch König. Seine Aufgabe als
Prophet Gottes bestand darin, die Botschaft von dem Einen Gott zu
verbreiten. Er hielt auch die Gesetze Gottes aufrecht, und als König führte
er die Kinder Israels in ein Goldenes Zeitalter des Wohlstandes und
Reichtums.
Salomos Königtum und sein Heer waren unvergleichlich. Sein
Heer bestand aus Bataillonen von Männern, Truppen von Dschinn und
sogar Geschwadern von Vögeln. Salomo war in der Lage, mit den Vögeln
zu kommunizieren, die Dschinn zu kontrollieren und von den Männern
Respekt und Loyalität zu verlangen. Er marschierte mit einer riesigen
Armee, von der angenommen wird, dass sie aus Hundertausenden bestand,
durch sein Reich.
Muslime glauben, dass die Heilige Moschee in Jerusalem von König
Salomo wieder aufgebaut oder erweitert worden war. Gemäß der
islamischen Geschichte hat der Prophet Jakob die Moschee ungefähr
vierzig Jahre, nachdem sein Großvater Abraham das Haus Gottes in
Mekka erbaut hatte, errichtet.
Nachdem er sein Königreich mit Jerusalem als Hauptstadt gefestigt
hatte, marschierten Salomo und sein Heer in Richtung eines Gebiets, das
als Saba bekannt war. Der Regen fiel in diesem Gebiet nur in manchen
Jahreszeiten; deshalb hatten die Menschen Dämme und
Bewässerungssysteme konstruiert. Das unfruchtbare Land war zu weiten
Gärten und fruchtbaren Ebenen verändert worden. Nachdem er von diesem
üppigen Grün erfahren hatte, wollte Salomo diese Veränderung selbst
sehen.
Die Bataillonen marschierten voran und kamen zu einem Tal, in
dem Ameisen lebten. Eine der kleinen Ameisen sah, wie sich die riesige
Armee näherte und schrie auf: O ihr Ameisen, geht in eure Wohnungen
hinein, damit euch Salomo und seine Heerscharen nicht zertreten, ohne
dass sie es merken. Salomo verstand die Sprache der Ameisen und
lächelte zufrieden darüber, dass die Ameise wusste, dass er es nicht
gestatten würde, dass ein Volk von Ameisen absichtlich zermalmt würde.
Salomo war Gott ergeben, und er dankte ihm dafür, dass er den Ameisen
das Leben gerettet hatte. Er war kein tyrannischer König, der mit eiserner
Faust über sein Reich herrschte; Salomo behandelte alle Geschöpfe Gottes
respektvoll.
Nach der Begegnung mit der Ameise inspizierte Salomo sein Heer,
und er stellte fest, dass ein bestimmter Vogel in den Reihen fehlte. Er
erkundigte sich nach dem Aufenthaltsort des Wiedehopfs, und er war
entschlossen, den Vogel für seine Abwesenheit zu bestrafen. Der
Wiedehopf war ein Vogel, der in der Lage war, unterirdische Wasserwege
zu entdecken, und König Salomo war besonders daran interessiert, zu
erfahren, wie und warum die Ebenen von Saba so üppig und fruchtbar
geworden waren. Innerhalb kurzer Zeit kam der Wiedehopf zurück, wandte
sich an König Salomo und sagte:
Ich habe eine Erfahrung gemacht, die du nicht gemacht hast; und
ich bin aus Saba mit sicherer Nachricht zu dir gekommen. Dort fand ich
eine Frau, die über sie herrscht, und ihr ist alles beschert worden, und sie
besitzt einen großartigen Thron. Ich fand sie und ihr Volk die Sonne statt
Gott anbeten; und Satan hat ihnen ihre Werke ausgeschmückt und hat sie
vom Weg Gottes abgehalten, so dass sie dem Weg nicht folgen.
Der Wiedehopf diente und gehorchte Gott mit wahrhaftiger
Unterwürfigkeit. Der Vogel erklärte König Salomo, dass, auch wenn der
Thron der Königin Bilkis wirklich groß und ein Wunder für seine Zeit sei,
der Eigentümer des höchsten Thrones Gott ist, der Allmächtige. Salomo
wandte sich an den Wiedehopf und sagte:
Wir werden sehen, ob du die Wahrheit gesprochen hast oder ob du
zu den Lügnern gehörst. Geh mit diesem Brief von mir und wirf ihn vor
sie hin, sodann zieh dich von ihnen zurück und schau, was sie erwidern.
Der Wiedehopf ließ den Brief in den Schoß der Königin fallen und
zog sich zurück, versteckte sich und hörte dem Austausch der Königin mit
ihren Ratgebern zu.
Die Königin sagte: Ihr Vornehmen, ein ehrenvoller Brief ist mir überbracht
worden.
Er ist von Salomo, und er lautet: Im Namen Gottes, des Allerbarmers, des
Barmherzigen!
Seid nicht überheblich gegen mich, sondern kommt zu mir in Ergebenheit.
Sie sagte: O ihr Vornehmen, ratet mir in dieser Sache. Ich
entscheide keine Angelegenheit, solange ihr nicht zugegen seid.
Sie sagten: Wir besitzen Kraft und eine starke Kriegsmacht, aber
dir obliegt der Befehl; sieh nun zu, was du befehlen willst.
Die Königin Bilkis zeigte Weisheit, denn obwohl sie in der Lage
gewesen wäre, Krieg zu führen, hat sie beschlossen, dem König Salomo
Geschenke zu schicken. Salomo gab die Geschenke zurück und erklärte,
dass Gott ihm bereits alles gegeben hatte, was er benötigte. Er ging
respektvoll mit Bilkis um, aber er betonte, dass, wenn sie nicht damit
aufhörte, die Sonne anzubeten, er keine andere Möglichkeit haben würde,
als ihr Königreich zu unterwerfen und ihr Volk aus ihrem Land zu
vertreiben. Wieder bewies Bilkis Weisheit und gutes Urteilsvermögen.
Anstatt Salomos Worte und Taten übel zu nehmen, beschloss sie,
ihn zu besuchen, und die Wunder aus erster Hand zu sehen, die ihr ihre
Gesandten beschrieben haben. Während sie sich auf der Reise befand,
beauftragte König Salomo einen seiner Dschinn damit, ihm Bilkis´
gewaltigen Thron zu bringen. Er wurde ihn in einem Augenblick gebracht;
so schnell und fähig war der Dschinn. Als Bilkis ankam, fragte König
Salomo sie, ob sie ihren Thron erkenne. Mit der ihr eigenen Weisheit und
Diplomatie sagte sie: Er scheint genau wie mein eigener zu sein.
Nachdem sie die Wunder von Salomos Reich erlebt hatte, wurde
Bilkis deutlich klar, dass sie in der Gegenwart eines weisen und
hervorragenden Anführers war, aber zu ihrem eigenen Nutzen erkannte sie
auch den Propheten Gottes in ihm. Bilkis hörte sofort auf, die Sonne
anzubeten, und nahm die Lehren von Gott an und forderte ihr Volk auf, das
gleiche zu tun. Es war die angeborene Weisheit von Bilkis, die sie zur
Wahrheit geführt hat.
Salomos Leben war voller Wunder und sein Tod war nicht anders.
Er starb auf seinem Thron sitzend, sein Königreich überblickend. Die
Dschinn fuhren unvermindert mit ihren Arbeiten fort, denn sie dachten, ihr
Herr wachte über sie. Eine kleine Ameise knabberte an Salomos Stab, bis
er aus seiner Hand fiel, sein Körper stürzte um und zeigte, dass er
verschieden war.
Die jüdischen und christlichen Geschichten beschreiben König
Salomo als einen Mann, der für seine Exzesse bekannt war. Für Muslime
ist er ein weiser und edler Mann gewesen. Der Islam weist die
Vorstellung, das der Prophet Salomo den Gesetzen Gottes nicht gehorcht
oder dass er Götter und Göttinnen angebetet habe, zurück. Er war der Sohn
eines Propheten, der sein ganzes Leben dafür geopfert hat, Gott zufrieden
zu stellen. Er baute das Reich seines Vaters David aus und führte die
Kinder Israel in ein goldenes Zeitalter. Er besaß zahlreiche Begabungen
und sein Leben war eines voller Wunder, aber weise wie er war, verstand
er, dass die wahre und ewige Belohnung im Himmel sein wird.
DRITTES KAPITEL
ZAINAB I
Die Ehe Mohammeds mit Zainab hat sich zu einem tiefgreifenden Problem
für die alten Ausleger entwickelt und erfordert Rechtfertigung und
Erklärung der seltsamen Vorfälle. Diese Zwischenfälle sind nicht in
Harmonie mit der Ethik und Konvention, die Mohammed der Menschheit
gebracht, wie es der Muslime Anspruch ist. Aber bevor wir uns in die
Meinungen und die Argumente vertiefen, die die Ausleger verwenden, um
zu rechtfertigen, was passiert ist, lohnt es sich, hier zu zitieren, was Ibn
Said und Al-Tabari zu dieser Geschichte sagten:
Muhammad Ibn Yahya Ibn Hayyan erzählte: Der Gesandte Gottes
kam zu Zaid Ibn Haritha in sein Haus. Vielleicht vermisste der Gesandte
Gottes ihn zu dieser Zeit, das ist der Grund, warum er sagte: Wo ist Zaid?
Er ging in sein Haus und suchte ihn, und als er ihn nicht fand, stand Zainab
vor ihm in einem reizenden Nachtkleid, so dass sich der Gesandte Gottes
von ihr schüchtern abwandte. Sie sagte: Er ist nicht hier, Gesandter Gottes,
so komm bitte herein, mein Vater und meine Mutter würden sich freuen.
Der Gesandte Gottes weigerte sich einzutreten. Zainab beeilte sich, sich
anzukleiden, als sie hörte, dass der Gesandte Gottes vor ihrer Tür war, so
dass sie in Eile aufsprang, und der Gesandte Gottes gefiel ihr, als sie das
tat. Er ging weg, murmelte etwas, das kaum verständlich war, aber dieser
Satz ward gehört: Gelobt sei Gott, der die Herzen bestimmt. Als Zaid nach
Hause kam, erzählte sie ihm, dass der Gesandte Gottes gekommen war.
Zaid fragte sie: Du batest ihn zu kommen, nicht wahr? Sie antwortete: Ich
bat ihn, aber er weigerte sich einzutreten. Er sagte: Hast du ihn etwas
sagen gehört? Sie antwortete: Als er sich abgewandt hatte, hörte ich ihn
etwas sagen, das ich kaum verstehen konnte, ich hörte ihn sagen: Gelobt
sei Gott, der die Herzen bestimmt. Zaid ging zum Gesandten Gottes und
sagte: O Gesandter Gottes, ich erfuhr, dass du zu mir nach Hause kamst.
Bist du hereingekommen? O Gesandter Gottes, mein Vater und meine
Mutter sind dir ergeben. Vielleicht gefällt dir Zainab? Ich könnte sie
verlassen. Der Gesandte Gottes sagte: Behalte deine Frau. Zaid sagte: O
Gesandter Gottes, ich werde sie verlassen. Der Gesandte Gottes sagte:
Behalte deine Frau. Nun, als Zaid sie verließ, beendete sie ihre gesetzliche
Frist, nachdem sie sich von Zaid geschieden hatte. Während der Gesandte
Gottes saß und mit Aischa redete, wurde er in Trance entrückt, und als die
Trance angehoben, lächelte er und sagte: Wer wird zu Zainab gehen, um
ihr zu sagen, dass Gott sie mir vermählt hat vom Himmel? Der Gesandte
Gottes rezitierte: So habt ihr jemand, den Gott begünstigt und den ihr
selbst begünstigt habt, sagen gehört: Behalte deine Frau. Aischa sagte: Ich
hörte viel über ihre Schönheit, und darüber hinaus höre ich, wie Gott sie
dir vermählt vom Himmel, und ich sage: Sicherlich wird sie sich über dies
mit uns rühmen. Salama, die Sklavin des Gesandten Gottes, eilte, ihr das
zu erzählen. Sie gab ihr etwas Silberschmuck, den sie trug.
Zainab wird gerühmt, wenn man die Frauen des Propheten rühmt und es
wird gesagt: Ihre Familie gab sie weg, aber es war Gott, der sie verheiratet
vom siebten Himmel aus. Die Ausleger sind einhellig der Meinung, dass
dieser Vorfall, wie Mohammed Zainab nahm auf der einen Seite und wie
Mohammed Zaid behandelte auf der anderen Seite, der Grund war, warum
dieser Vers offenbart wurde: So könnt ihr jemand, den Gott begünstigt und
den ihr selbst begünstigt habt, sagen hören: Behalte deine Frau, und achtet
Gott, während ihr für euch behaltet, was Gott offenbart, und ihr fürchtet
der Menschen Meinungen, obwohl es richtiger ist für euch, Gott zu
fürchten. Sobald Zaid seine Absicht mit ihr erreicht hatte, verheirateten
Wir sie von ihm weg mit dir, so dass es keine Einwände für die Gläubigen
in Bezug auf ihrer Adoptivsöhne Frauen gibt, sobald sie ihren Zweck mit
ihnen durchgeführt haben. Gottes Befehl muss erfüllt werden! (Sure
33,37).
Die Ehe Mohammeds mit Zainab, die die Frau seines Adoptivsohns
war, führte zu vielen Anschuldigungen gegen Mohammed. Die Angreifer
sagten: Mohammed verbietet die Ehefrauen der Söhne, während er selbst
die Frau seines Sohnes Zaid heiratete. Abdullah Ibn Umar sagte: Wir
haben Zaid immer genannt Zaid Ibn Mohammed. Diese Angriffe gegen
Mohammed erforderten die Offenbarung eines weiteren Verses:
Mohammed ist nicht der Vater eines eurer Männer, sondern er ist der
Gesandte Gottes und das Siegel der Propheten Gottes. Bewusstsein ist
alles! (Sure 33,40) Abdullah Ibn Umar sagte: Wir nannten ihn nur Zaid Ibn
Mohammed, bis der Vers "Mohammed ist nicht der Vater eines eurer
Männer“ offenbart wurde.
Muslimische Ausleger erklären den Vers (Sure 33,37) wie folgt:
Denke daran, Mohammed, wie du zu Zaid sagtest: Behalte deine Frau, und
beachte Gott im Hinblick auf sie, und lasse sie sich nicht scheiden aus
Notwendigkeit oder Hochmut. In der Tat, Zainab appellierte an den
Gesandten Gottes, als er sie sah, wie erzählt wird, dass sie unter der
Bindung seiner nächsten Angehörigen stand, da versetzte Gott Zaids Herz
in Abneigung gegen sie, als er wusste, dass das Herz seines Propheten von
ihr heimgesucht wurde. Also wollte Zaid sie verlassen, und er hat es dem
Gesandten Gottes erzählt. Der Gesandte Gottes sagte zu ihm: Behalte
deine Frau, auch wenn er ihn endlich von ihr geschieden sehen wollte, so
dass er das Mädchen heiraten könnte, und beachte Gott, nämlich fürchte
Ihn und stehe in der Pflicht, die du ihr schuldig bist als deiner Frau . Der
Prophet hatte Zaid Ibn Haritha mit Zainab Bint Jahsh, seiner Cousine,
verheiratet, und der Gesandte Gottes ging eines Tages, und suchte ihn. Vor
Zaids Tür wurde ein Vorhang vom Wind bewegt und zeigte sie in ihrer
Kammer. Das Herz des Propheten wurde von Bewunderung für sie erfüllt.
Als dies geschah, kam der andere unerwünschte, nämlich Zaid, der zu dem
Gesandten Gottes trat und sagte: O Gesandter Gottes, ich will meine Frau
verlassen. Er antwortete: Hat sie etwas getan, um deinen Verdacht zu
erregen? Er sagte: Nein! Sie tat nichts, um meinen Verdacht überhaupt nur
zu wecken, o Gesandter Gottes, und alles, was ich von ihr gesehen, war
gut. Dann sagte der Gesandte Gottes zu ihm: Behalte deine Frau, und achte
Gott. Deshalb sagte Gott: So könnt ihr jemand, den Gott begünstigt und
den ihr selbst begünstigt habt, sagen hören: Behalte deine Frau, und achtet
Gott, während ihr für euch behaltet, was Gott offenbart. - Das bedeutet,
dass Mohammed sich verbarg, dass er sie heiraten würde, wenn Zaid sie
verlässt.
Ali Ibn Husain berichtete: Seinem Propheten war bekannt, dass
Zainab eine seiner Frauen sein wird, Gott, er möge gesegnet und erhoben
sein, hatte es so gefügt, so, als Zaid kam, um über sie zu klagen, sagte
Mohammed: Behalte deine Frau und achte Gott. Aber Gott sagte: Er hielt
sich an das, was Gott offenbarte. Aischa berichtete: Hätte der Gesandte
Gottes zurückgehalten einen Teil des Buches Gottes, der ihm inspiriert
eingegeben wurde, er hätte dies zurückgehalten: Halte dich an das, was
Gott offenbart, und fürchtet nicht der Menschen Meinungen, weil es
richtig ist für dich, Gott zu fürchten.
Al-Hassan sagte: Keiner der Verse, die ihm offenbart wurde, war
belastender als der: Halte dich an das, was Gott offenbart. Du fürchtest der
Menschen Meinungen, obwohl es richtig ist für dich, Gott zu fürchten. Der
Prophet Gottes hatte gefürchtet, was die Leute sagen würden. Es bleibt nur
Ibn Kathir unter den alten Auslegern, die die ältesten Traditionen über den
Vorfall zwischen Mohammed und Zainab ablehnte. Er tut das, ohne auf
jegliche Modifikation oder Rechtfertigung zu achten. Er sagt: Ibn Jarir und
Ibn Hatim erzählen viele Geschichten in diesem Zusammenhang, die wir
entsorgen auf dem Müllplatz, weil sie nicht korrekt sind. Ibn Kathir aber,
der für diese Geschichten behauptet, dass sie falsch sind, findet keinen
Fehler in der Berufung auf eine Tradition, die am Ende sagt: Halte dich an
das, was Gott offenbart. Das bedeutet, dass Gott dir gesagt hat,
Mohammed, dass Zainab einer deiner Ehefrauen wird, von der du zu Zaid
gesagt hast: Behalte deine Frau.
Das größte Problem, dass Al-Razi sieht, ist die Angst des
Gesandten Gottes, denn der Koran sagt: Du fürchtetest der Menschen
Meinungen, obwohl es richtig ist für dich, Gott zu fürchten. Das heißt aber
nicht, dass der Prophet fürchtete die Menschen und Gott nicht fürchtete, es
heißt eher: Gott allein ist würdig, gefürchtet zu werden, und du solltest
nicht fürchten auch nur einen der Menschen, sondern fürchte Gott allein.
Es ist kein Geheimnis, dass diese Interpretation von Al-Razi vor ihm nicht
bekannt war, und dass es, kein Zweifel, nur ein Produkt seiner Phantasie
war.
Al-Zamakhshari andererseits behandelt andere Aspekte in seiner
Analyse der Geschichte. Aischa berichtete: Hätte der Gesandte Gottes
etwas zurückgehalten, was ihm offenbart worden, er würde diesen Vers
versteckt gehalten haben. Wenn ihr fragt: Was denn wollte Gott ihm sagen,
als Zaid zu ihm sagte, er wolle sie verlassen, wohl wissend, dass es falsch
für ihn gewesen wäre zu sagen, dass er sie heiraten wollte? Ich würde
antworten: Es scheint, dass Gott, erhaben ist er, wollte, dass er seinen
Frieden bewahre oder um ihm zu sagen: Du weißt besser, was zu tun ist, so
sollte seine innere Absicht nicht im Widerspruch zu seinem äußeren
Ausdruck sein,, da Gott von den Propheten verlangt, dass ihre innere
Absichten und äußeren Ausdrücke gleich seien, dass sie fest sind im
Verfolgen ihrer Angelegenheiten, dass sie reagieren je nach den
Umständen und feststehen auf einem richtigen Kurs. In der Hadith steht,
als der Gesandte Gottes Abdullah Ibn Abi Sarh töten wollte und als
Uthman Fürbitte für ihn einlegte, sagte Umar: Mein Auge ist vor dir, wirst
du nur eine Geste machen mit dem Auge, dass ich ihn töte? Mohammed
antwortete: Der Prophet sollte nicht Befehle geben durch eines Auges
Geste; seine innere Absicht und sein äußerer Ausdruck ist das gleiche.
Wenn du sagst: Wie kann Gott ihn strafen für den Verzicht auf etwas, was
er ausdrücklich abgelehnt hat? Der Prophet kann nicht etwas ablehnen, es
sei denn, es ist würdig der Missbilligung für ihn und die Menschen, etwas
das ekelhaft dem Intellekt und der Sitte ist, auch nur davon zu reden. Und
warum hat er ihn nicht zurechtgewiesen bezüglich derselben
Angelegenheit und befahl ihm, zu verdrängen seine Lust und zu
unterdrücken seine Seele, um sie von dem Wunsch und der Jagd nach
Zainab abzuhalten? Warum hat Gott seinen Propheten frei von allem
gehalten, was ein Fehler ist, und ihn befestigt? Ich würde sagen: Wie oft
ein Mann vorsichtig ist und schämt sich, die Leute über etwas was wissen
zu lassen, während es im Inneren ihm erlaubt ist, falls es absolut
rechtmäßig ist, dann ist es unbestritten, Gott findet in ihm keinen Fehler!
Und vielleicht ist es eine Eingebung dem, der zuverlässig dient als Führer,
wobei er Aufgaben übernimmt, die eine große Wirkung auf die Religion
haben, dass ein Mann belohnt wird für das, was er aufgegeben, es zu
erreichen. Es sei denn, er ist zurückhaltend in Bezug auf diese vielen
Menschen, die verbreiten Gerüchte über ihn, außer denen, die bei Gott
Gnade gefunden haben, Wissen, Religion und Gotteserkenntnis in das
wahre Wesen der Dinge, nicht ihr äußeres Erscheinungsbild. Wisst, dass,
wenn ihr in den Häusern der Gesandten Gottes Feste feiert, liegend auf
euren Lagern, und zeigt kein Verlangen, ihn zu verlassen, schwelgend in
Gesprächen, und der Gesandte Gottes würde von euren Reden verletzt
werden, dann bleibt besser durch Schüchternheit eingeschränkt. Hätte der
Gesandte Gottes euch offenbart, was in seiner Brust verborgen ist, und
befohlen, die Offenbarung zu verbreiten, würden sie es schwierig gefunden
haben, und es würde eine verleumderische Rede umgehen. Das ist wie der
Ehrgeiz des Menschen für bestimmte Objekte wie eine Frau. Es ist ein
Wunsch, nicht hässlich im Intellekt oder in der Religion, da es nicht ein
Wunsch der freien Wahl ist. Auch das sollt ihr erreichen, was zulässig ist,
mit rechtlichen Mitteln, dann ist nichts hässlich; nämlich er schlägt vor,
Zainab zu heiraten, ohne Zaids Vorschlag, dass der Gesandte Gottes
heirate, oder Zaid zu verlassen, ist ihr Wissen gefestigt, dass Zaids Seele
sie nicht trösten kann, war er doch ziemlich gleichgültig zu ihr, und zur
gleichen Zeit hing die Seele des Gesandten Gottes so an ihr. Es war nicht
beleidigend unter ihnen, dass ein Mann seiner Frau für seinen Freund
aufzugeben bereit ist, so dass dieser sie heiraten kann. Als die
Auswanderer Medina erobert, wurden sie von den Helfern in allem soweit
getröstet, dass, wenn ein Mann zwei Frauen hatte, er auf eine von ihnen für
die Auswanderer verzichten würde. Also, die Sache war zulässig auf allen
Seiten, und es war nicht beleidigend überhaupt. Es wurde auch nicht
verletzt oder demoralisiert Zaid oder sonst jemand. Im Gegenteil, es ist die
Quelle des Guten; nur eine von ihnen, eine Cousine des Gesandten Gottes
ist zu erwähnen, Zainab, sie sicherte sich durch eine Ehe mit einem nahen
Verwandten und hatte hohe Ehre. Was das allgemeine Wohl in seinem
Sprichwort sagt, so dass es keine Einwände für die Gläubigen in Bezug auf
ihrer Adoptivsöhne Frauen gibt, sobald sie ihren Zweck erreicht haben mit
ihnen: Gott sollte vielmehr seinen Gesandten zurechtgewiesen haben, als
er es für sich selbst behielt, indem er sagte zu Zaid: Halte dich an deine
Frau, und achte Gott. Da Gott stimmte für ihn zur Konformität des
Gewissens und dass er standhaft blieb in den Fragen der Wahrheit, so dass
die Gläubigen seinem Beispiel folgen und sich nicht schämen, für ihre
Rechte zu kämpfen, auch wenn es bitter ist.
Muslimische Autoren haben nichts in die Liste der
Entschuldigungen eingefügt, die Al-Zamakhshari und Al-Razi
präsentierten, da sie die gleichen Argumente versuchen, diese Geschichte
zu interpretieren, zu verwenden und sogar zu verteidigen. Sie glauben,
dass es sich um verborgene Weisheit handle, dass das Verständnis der
Menschheit noch nicht reif genug ist, um diese Weisheit zu ergründen. Wir
sehen eine bizarre Vereinbarung zwischen den Rigoristen oder
Traditionalisten und den Reformern oder Fortschrittlichen. Mohammed
Hussain Haikal spricht von einer glorreichen Tat von Mohammed, die die
Orientalisten und Missionare in eine Romanze verwandelt haben. Er sagt:
Was Zainab betrifft, sie wurde von Orientalisten und Missionaren in ein
imaginäres Bild der Romantik und Verliebtheit verwandelt, die wahre
Geschichte aber urteilt, dass Mohammeds Akt mit ihr war eine der
ruhmreichen Taten von Mohammed. Als perfektes Beispiel des Glaubens,
bemüht er die Hadith, die sagt: Der Glauben ist nicht perfekt, bis er für
seinen Bruder liebend will, was er für sich selbst liebend will. Der
Gelehrte Haikal fügt hinzu, dass wir ihn alle diese Worte sagen hören und
sagen: Lass es wahr sein! Warum sollte dies etwas an der Größe der
Botschaft und der Prophetie Mohammeds ändern? Die Gesetze, die binden
gewöhnliche Menschen, haben keine Macht über die Himmelskörper, um
wie viel mehr der Gesandte und Prophet Moses hatte gesehen einen Streit
zwischen zwei Männern; einer war von seiner Sekte und der andere von
der Sekte des Feindes, so stieß er den Feind nieder und tötete ihn, beging
er da einen rechtswidrigen Mord? Moses hat das Gesetz gebrochen und
war nicht Gegenstand des Gesetzes. Doch das hat nichts an seiner
Prophetie oder seiner Botschaft geändert und wird nicht seine Größe in der
Reihe mit Mohammed und dem Rest der Propheten verringern. Die Art,
wie Jesus das Gesetz der Natur gebrochen, war noch größer als bei Moses,
und für seinen Zustand gab es keine Grenze der Macht, vielmehr ging er
über die Gesetze der Natur von seiner Geburt an hinaus!
Alle diese Punkte beiseite legend, fragen die Muslime sich, was
war die Beziehung zwischen dem Mord, den Moses begangen, auf der
einen Seite, und der Geburt von Jesus von einer Jungfrau auf der anderen
Seite, und die Beziehung zwischen diesen beiden Menschen und der
Geschichte von Mohammed und Zainab? Die Fremdheit der Sache liegt in
der Tatsache, dass der Gelehrte Haikal präsentiert Mohammeds Ehe mit
Zainab mit dem Argument, die Forderungen seiner Gegner zu widerlegen,
die meinen, dass die Sache Romantik und Verliebtheit war! Es ist
unglaublich, dass Haikal keine Kenntnis von der Tatsache hatte, die in
vertrauenswürdigen islamischen Referenz-Büchern festgestellt, dass das
Herz des Propheten tief beeindruckt von ihr war, nachdem ihre Ehe mit
Zaid schon geschlossen war. Al-Sabuni schließt jedoch keine
Liebesbeziehung oder Romantik aus dieser Ehe, wie er sagt: Wie kann es
einen Mann geben, der eine Jungfrau zur Frau will, der dann eine andere
Person nimmt, die schon entjungfert ward? Al-Sabuni greift die
Orientalisten und Missionare an, die behaupteten, dass Gott Mohammed
gestraft für seinen verborgenen Wunsch nach Zainab. Auf der anderen
Seite gibt es einige muslimische Fundamentalisten und Schriftsteller, deren
Arbeit gewinnt die Gunst der Fundamentalisten, die eine weitere Tugend
des Propheten - seine Vorliebe für Frauen - entdeckt! Der Prophet hat
durch diese Vorliebe bewiesen, dass er ein Mann in der vollen Bedeutung
des Wortes war. Es war Aischa Abd Al-Rahman, die als erste dieses
Argument vorbrachte.
VIERTES KAPITEL
ZAINAB II
FÜNFTES KAPITEL
HYMNE AN FATIMA
Nein, bei deiner Entschuldigung, die Leute haben kein Pardon zu erwarten,
Auch durch deine Milde waren die Leute nicht umgestimmt:
Was deine Mutter trug, sie haben eine Fehlgeburt verursacht,
Und deines Großvaters Sohn haben sie mit Pfeilen in den Tod geschickt.
Ich frage mich, über wen von ihnen soll ich trauern?
Und für wen sollen meine Tränen strömen?
Für den Wasi, als er in seiner Moschee gekrönt wurde
Und sich vor dem Schwert beugen musste?
Oder wegen der von Batal, Fatima, die beraubt wurde
Ihres Erbes, ihres Rechtes auf alles,
Und einer sagte zu ihr:
Du irrst dich, so zu handeln,
Denn dein Vater erklärte laut vor vielen:
Wir, die Propheten, hinterlassen für unsere Kinder nichts zu erben.
Was wir hinterlassen ist für jeden und alle.
So sei es mit dem, was dein Vater gesagt hat.
Sie sagte: Gib mir, was mein Vater mir hinterlassen hat,
Der Beste von allen Menschen, der mit Fürbitte.für mich betet,
Aber dein Zeugnis ist nichtig,
Und nur der Text des Buches überzeugt mich.
Sie blieb unterdrückt, verfolgt,
Als ihr Anspruch abgelehnt wurde,
Als ihre Rippen wurden gebrochen.
Oder sollte ich trauern über den, der getrunken
Aus dem Judas-Becher das tödliche Gift?
Wie konnte nicht abfallen die Hand, die dir schaden wollte?
Dass der Sohn eines Unterlegenen dich gekränkt?
Du warest begeistert, als sie dich beleidigten,
Die Unrechtmäßigen, die gegen deinen eigenen Vater protestierten.
Oh Fatima!
Lichte Herrin, Tochter des Propheten,
Deine Seele ist weißer noch als Schnee!
Im höchsten Himmel wirst du von allen gelobt,
Mutter von Hassan und Hussain,
Höchste Schönheit des Islam, oh Fatima!
Dein Licht ist heller als die Sonne,
Oh Blume der sieben Himmel,
Du bist die Einzige, die Eine,
Apfel des Auges Mohammeds, Ehefrau von Ali
Und musterhaftes Modell aller Frauen!
SECHSTES KAPITEL
FATIMA
Erste Rede Fatimas
Wehe denen, die es – und was für eine Regierung ist das eigentlich noch? –
aus dem festgefügten Grund der prophetischen Sendung herausgerissen
haben! Die Grundlagen der Prophetie und die Wiege des wahren Gottes
haben sie zerstört, und die Herrschaft mit all seinen Belangen in weltlicher
und religiöser Hinsicht haben sie dem Meister vorenthalten. Dies ist ein
großer Verlust! Warum nur haben sie sich an dem Gerechten gerächt? Bei
Gott! Sie verübeln ihm seine Unerbittlichkeit, das warnende Beispiel
seiner Rute und seinen heiligen Zorn, und all das, weil er nur Gottes
Willen tat. Bei Gott! Wenn sie sich doch nur über die Führung, die der
Geist Gottes ihm übertragen hat, hätten einigen können! Dann hätte er die
Zügel in die Hand genommen und sie auf den rechten Weg geführt, auf
dem niemandem Unrecht geschieht. Der Reiter wäre nicht hin und her
geschüttelt worden. Vielmehr hätte er sie zu jener Quelle geleitet, wo das
süße Wasser im Überfluss hervor sprudelt. Ohne Durst wären sie
schließlich von dannen gegangen. Im Geheimen und Offenbaren hat er
ihnen ins Gewissen geredet. Nichts anderes wollte er von ihnen, als dass
die Hungrigen satt würden und die Dürstenden genug zu trinken hätten. Er
hätte ihnen von Gott die Segnungen des Himmels und der Erde zuteil
werden lassen. Und so wären sie dann zur Rechenschaft gezogen worden.
Kommt und hört doch! Wenn du nicht blind bist, dann hat dich das
Schicksal doch wundersame Dinge erleben lassen. Wenn du dich wunderst,
würdest du dich da nicht auch über das Unglück wundern und darüber, bei
wem sie Zuflucht gesucht haben? An welchem Bund halten sie nur fest?
Welch schlechte Schutzherren! Was für böse Genossen! Und was für
Tyrannen sind die, die das Haupt durch den Schwanz ersetzen, den Nacken
durch den Arsch ersetzen! Manche meinen, diese Leute verdienten
Achtung, denn sie glauben, sie hätten etwas Gutes getan. In Wahrheit
jedoch sind sie dem Laster verfallen, auch wenn sie es nicht merken. Wehe
ihnen! Wem wohl sollte man eher folgen? Jenem, der die rechte Führung
gewährleistet, oder jenem, der dies nicht tut? Möge Gott die Menschen auf
dem rechten Weg leiten. Was glaubt ihr? Welche Entscheidung habt ihr
getroffen?
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
TAGEBUCH
Dienstag, 10.6.2014
Ich hörte die Botschaft Gottvaters an Mutter Eugenia. Der Vater sagte, sein
Kind sollte sich doch nicht so übertrieben vor ihm fürchten. Er sei der
beste aller Väter, sei Liebe und Barmherzigkeit, liebe noch mehr als die
leibliche Mutter. Er sei kein schrecklicher Vater, sondern einer, der
glücklich ist, mit seinem Kind zusammen zu sein.
Im Traum sah ich Milan, der auf meinem Arm war, aber herunter wollte.
Wir sahen uns ein Foto an, da ich mit Milan, Simon und Juri
photographiert war. Auch sollte es in der Fotoausstellung ein Foto geben,
auf dem ich Evi die Hand küsste. Evi trauerte um ihren gestorbenen Mann
und sagte, er warte jetzt im Himmel auf sie. Ich war eifersüchtig, denn im
Himmel wollte ich doch mit Evi zusammen sein.
In der Messe: Das Leben kann noch so katastrophal aussehen, wenn nur
die Liebe groß ist, dann lächelt Gott. Ich soll nicht arbeiten, damit die
Menschen mir applaudieren, sondern um Gott zu erfreuen. – Vortrag über
Mechthild von Helfta. Während das katholische Mittelalter von der
Rechtfertigung durch Verdienste sprach, sprachen Sankt Mechthild und
Sankt Gertrud von der Rechtfertigung aus reiner Gnade. Jesus sagt: Sei
nicht traurig, denn alles was mein ist, das ist auch dein.
Ich war von Tom eingeladen, er diktierte mir eine Geschichte von einem
vorweltlichen Kampf zwischen Drachen und Menschen, der dann plötzlich
im Mittelalter ausgefochten ward. Auf der einen Seite stand der Goldene
Drache, auf der anderen Seite der siebenjährige Knabe Raffi, der im Traum
eine Prophezeiung hörte, da er berufen wurde, die Menschen von den
Drachen zu erlösen. Es gab im Menschendorf auch einen Dorfältesten, den
nannte er herrlich naiv den Papst des Dorfes.
Hoheslied Salomo: Er küsse mich mit den Küssen seines Mundes, heißt
auf plattdeutsch: He geev mi een Söten!
*
Heute kam vom Karmel Sankt Josef von einer Schwester Maria Theresia
das braune Skapulier Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel. Ich hatte
mein Skapulier an Christi Himmelfahrt verloren. Auch hab ich mir eine
neue Halskette für die wunderbare Medaille gekauft, diesmal nicht aus
Silber (zu weich) und nicht aus Leder (wird vom Baden porös), sondern
aus Edelstahl. Dazu trag ich immer bei mir ein Neues Testament und einen
Rosenkranz aus Russland. Das ist meine geistliche Waffenrüstung.
Freitag, 13.6.2014
Tag Unserer Lieben Frau von Fatima. Tag des Antonius von Padua,
Schatzkammer der Bibel, Doctor Evangelicus. Gestern Nacht schrieb ich
über Mohammed und Zainab. Heute Morgen in der Messe sagte Jesus,
Ehescheidung erlaube er nicht, und wer eine Geschiedene heiratet, der
begeht Ehebruch. Nach Christi Gesetz hat Mohammed die Todsünde des
Ehebruchs begangen. Auch hörte ich heute morgen, wie Elia zum Herrn
sagte: Ich allein bin übrig geblieben.
Ein Baby in den Armen seiner Mutter jammert: Ich habe Hunger! Die
Mutter sagt: Mein Baby, ich habe Brüste voller Milch. Das Baby jammert
weiter: Aber ich habe Angst! Die Arbeitslosigkeit, die Sozialversicherung,
die Rente! Die Mutter sagt: Fürchte dich nicht, mein Kind, Ich-bin-da! –
So geht es dem Kind Gottes.
Ich habe auch geträumt, dass Karine mir ihre Kinder Juri, Milan und
Simon als meine eigenen Kinder geschenkt hatte, aber Evi wollte nicht,
dass ich auch für Tom ein wahrer Vater sei. Maria sagte mir mittags: Hör
auf zu weinen und zu klagen, bald wirst du deinen Sohn wiedersehen.
In der Messe Anbetung der göttlichen Aletheia. Den Tag mit Tom verspielt.
Evi zitierte ich Heine: In meiner Jugend nannte ich die Frauen oft
Schlangen wegen ihres tückischen Herzens, als ich älter wurde, merkte
ich, dass die Frauen keine Schlangen sind, denn sie können sich nicht alle
sieben Jahre häuten.
König Assa gefiel dem Herrn, er tat wie sein Vater David. Er setzte seine
Mutter Maecha ab, die dem schrecklichen Gott Miplezeth im Garten
gehuldigt. Der Talmud setzt Miplezeth dem Baal-Peor und dem Priapus
gleich, also einem Phallusgott. Andere meinen, Miplezeth (wegen der
weiblichen Endung) sei die Neumondsgöttin Asttarte-Hekate, schreckliche
Göttin der Hölle.
Es waren einmal eine Nonne, die von vielen für heilig gehalten wurde, und
eine junge Frau, die abgetrieben hatte. Aber die Nonne, trotz ihres großen
Wissens, sündigte immer wieder gegen einen der evangelischen Räte, und
die Frau, die abgetrieben hatte, bereute vor ihrem Tod und erbat Jesu
Barmherzigkeit. Beide starben am selben Tag. Eine Seherin sah in einer
Vision, dass die Nonne gerade eben am Fuß des Läuterungsberges war und
die junge Frau schon fast am Gipfel des Läuterungsberges, wo sich der
Garten Eden befindet.
Mutter Theresa von Kalkutta starb und flog direkt in den siebten Himmel,
wo Petrus sie begrüßte. Es gab zum Abendessen ein Spiegelei. Drei
Abende lang jeden Abend nur ein Spiegelei. Theresa sagte zu Petrus: Sankt
Peter, das gab es in Kalkutta auch. Sankt Peter sagte: Mutter, wir zwei sind
hier im siebten Himmel allein, da lohnt es sich nicht zu kochen.
Sonntag, 15.6.2014
Traum: Früher war die Kunst antiklerikal, heute soll sie ecclesiacal sein.
*
Gott grüßt Maria nicht unter dem Namen Maria, sondern ruft sie bei ihrem
„göttlichen Namen“: gratia plena, kecharitomene, das übersetzt Benedikt
XVI. mit „Geliebte“.
Montag,16.6.2014
Dienstag, 17.6.2014
Ein Adlerküken wuchs auf dem Hühnerhof auf und lebte wie ein Huhn mit
den Hühnern. Bis ein Mann den jungen Adler mitnahm auf die Berge und
ihm die Weite der Lüfte und die Sonne zeigte und sagte: Du bist ein Adler,
kein Huhn vom Hühnerhof! Gott hat dich geschaffen zu fliegen und in die
Sonne zu schauen! Lass die Hühner und Hühnerinnen auf dem Hof, du bist
ein Adler, flieg!
Mittwoch, 18.6.2014
Messe: Jesus sprach am Ende seines Lebens zu Thomas: Du hast gut von
mir geschrieben! Was wünschst du dir? Abends Vortrag über den seligen
Kaiser Karl, das Gottesgnadentum. Die Frau eines evangelischen Pastoren
ging auf in karitativer Aktion. Da sagte Jesus zu ihr: Lass dir von deinem
Mann noch einmal das Evangelium verkünden.
Donnerstag, 19.6.2014
Don Quichotte hat sich bei Sancho Pansa zum Essen einladen lassen.
Freitag, 20.6.2014
Tom hatte schon die letzten zwei Tage versucht mich zu erreichen. Wir
fuhren mit dem Fahrrad in die Innenstadt, einen Piratenfilm für ihn kaufen.
Er ward froh und machte mich froh. Evi erzählte, sie habe in Not gebetet
und ihr Gebet sei erhört worden. Ich erzählte von des Papstes Stellung zur
Fußball-Weltmeisterschaft. Abends hörte ich einen Vortrag eines
Karmeliten über den Propheten Elias. Messe: Bruder Klaus hatte die
Vision eines Palastes, in dessen Mitte ein Brunnen war, aus dem Milch und
Honig sprudelten. Draußen vor dem Palast irrten die Menschen auf den
Märkten und interessierten sich nicht für die Gratisgabe Gottes.
Eucharistie als Milch und Honig der Hagia Sophia.
Nachts Ben Jonson The Forest auf englisch gehört. Himmel, wenn ich
sterben will, ist es vielleicht mehr aus Lebensüberdruss als aus Liebe zu
Gott.
Samstag, 21.6.2014
Traum von den Brüsten der Venus und einer jungen vornehmen Hure im
Bordell, mit der ich über den Krieg diskutierte. Heute ist Tom bei Milan zu
Besuch. Messe: Der Herr der Heerscharen wird alle meine Feinde
vernichten! Verbrachte den Tag im Gebet zu Panhagia Aphroditissa.
Sonntag, 22.5.2014
Montag, 23.6.2014
Morgentraum: Goethe sagte zu mir, ich solle nicht Protestant werden.
Dienstag, 24.6.2014
Besuchte den kranken Tom und las ihm vor. Verkündete Evi den Namen
Jahwe: Jahwe wird zu Jeve, wird zu JVE, wird zu EVJ, wird zu EVI,
Jahwe Urbild und Evi Abbild. Jahwe wird zu Jah, JH, J ist der Gottgeist
oder transzendente Vater, H ist Hochmah oder Gottnatur oder immanente
Mutter. Milan kommt aufs Gymnasium.
Sah einen Film, da ein 65jähriger Witwer sich (keusch) mit einer
siebzehnjährigen Waise anfreundet. Traumhaft schön.
Ein Freund von Tom hat ihm gesagt, er mag ihn nicht mehr leiden und
konnte ihn noch nie leiden, er habe ihm nur vorgespielt, dass er ihn möge.
Ich zitierte Else: Menschen = Schweinebande.
*
Die schöne Maddel reist mit einer Freundin in die Mongolei, um dort zu
reiten.
Johannes der Täufer hat im Gefängnis die Finsternis der Seele erlebt, Jesus
schien so fern. Er war niedergeschlagen bis zur Depression. Er starb allein,
von allen verlassen.
Mittwoch, 25.6.2014
Acht Stunden den kranken Tom bemuttert. Messe: Maria liebt mich. Gott
ist ein Kind. Botschaft Mariens: Bete, und du wirst die Weisheit des
Lebens finden. Weisheit des Lebens = Sophia Zoe.
Donnerstag, 26,6.2014
Traum: Ich war in einer Kathedrale und sagte der lutherischen Pastorin
dort, ich wolle predigen, das habe ich bei den Pietisten gelernt. Ich traf
einen alten lutherischen Pastoren, der nur von der Weisheit sprach.
Morgenmesse: Das Internet nutzen, um die Schönheit Gottes zu
verkünden. – Solowjew nennt die Pflanzenseele eine träumende Seele. Evi
ist solch eine träumende Pflanzenseele. Ihre Träume sind poetisch, sie
träumt eigentlich vom Paradies. Ihre Gedanken geraten nicht, ihre
Philosophie ist absurd.
Freitag, 27.6.2014
Traum: Maria sprach zu mir: Du sollst durch die Spiritualität des Karmel
nicht hindurchgehen zu einer anderen Spiritualität, sondern in ihr
verharren. Morgengebet: Hesekiel 16, Jahwe ist mein Bräutigam.
Ich hörte den Anfang von Hermann Hesses Steppenwolf, mit dem ich mich
identifiziere.
Samstag, 28.6.2014
Traum: Milan fuhr in einem kleinen Boot auf einem Kanal und kippte um,
er konnte nicht schwimmen. Sein mir verhasster Pflegevater sprang ins
Wasser, ihn zu retten. Ich sagte: Er ist ja schneller als ich gewesen, nun
muss ich nicht springen, ich wäre natürlich sonst auch gesprungen. Ich zog
Milan sein nasses Hemd aus, trocknete ihn ab und gab ihm mein Hemd,
das war zu groß für ihn, aber er zog es gerne an. Ich ging dann mit
nacktem Oberkörper neben ihm. Das ganze fand statt neben der
ostfriesischen Psychiatrie.
Den Tag mit Tom verspielt. Komme nach Hause, begrüßt mich Sophia.
Aber die Lobpreismusik konnte ich schon bei den Pfingstlern nicht
ertragen und kann sie auch bei der katholisch-charismatischen Jugend
nicht ertragen.
Sonntag, 29.6.2014
Papst-Messe zu Peter und Paul. Jesus fragt mich: Liebst du mich? Ich sage,
ich brauche dich, ich gehorche dir, ich frage nach deinem Willen, ich halte
deine Gebote, aber wie klein ist meine Liebe! Ja, wenn du eine Frau oder
ein Kind wärst! Ich liebe überhaupt niemand als Maria allein. Jesus, nimm
du meine Liebe zu Maria an. Wenn ich „Maria“ sage, sagt Maria „Jesus“.
Abends überfiel mich Sehnsucht nach Karine und ihren Kindern, ich war
bis zu Tränen wehmütig, sah Karines letzte Monate und die kleinen Kinder
wie in einem Film vor meinem geistigen Auge. Nur die Tanzmusik meiner
Jugend milderte die Trauer etwas.
Montag, 30.6.2014
Traum: Ich war in meiner Jugend der Minnediener der Frauen meiner
kommunistischen Freunde. Dann träumte ich von der sakralen Prostitution,
mit einer Hierodule zu schlafen, um mit der Liebesgöttin zu schlafen.
Dienstag, 1.7.2014
Ganzen Tag müde. Vortrag über Hesekiel 16: Jahwe mein Bräutigam. Evi
kam aus dem Bad, wunderschön, schöne große Brüste. Mit Tom Lesen
geübt.
Mittwoch, 2.7.2014
Viel gelesen. Messe: Gott will nicht meine Lieder, nicht meine Messopfer,
sondern meine Gerechtigkeit. Mit Tom Lesen geübt und ihm vorgelesen.
Donnerstag, 3.7.2014
Traum: Jesus muss noch einmal gekreuzigt werden, diesmal als bloßer
Mensch und ohne den Sinn zu verstehen, aber noch grausamer leiden.
Dabei wird die Tochter Zion zur himmlischen Jerusalem. Dann träumte ich
von drei jungen Mädchen, mit denen ich flirtete. Dann war ich in einer
jüdischen Synagoge, bekreuzigte mich und sah an der Decke das Bild von
Gottvater etwa wie Michelangelos Gottvater bei der Erschaffung Adams,
und um Gottvater stand geschrieben: Ehre Gott am Morgen und Abend, im
Süden und im Norden, und sei immer heiter.
Freitag, 4.7.2014
Traum: Ich war bei meinen Eltern, meinem Bruder und Frau und Freunden
und wollte unbedingt weg, aber man lies mich nicht weg. Da schwieg ich
und zog mich in mich selbst zurück. Bei erster Gelegenheit floh ich mit
Lao Tse’s Wasserbüffel durch Alaska und kam dann mit Stalins Roter
Armee nach Deutschland, wo ich mich mit den armen Deutschen
verbrüderte.. Zweiter Traum: Ich saß mit dem alten Goethe in einer
Kutsche und wir sprachen über antikisierende Literatur. Eine etwa
neunzehnjährige Frau mit langen blonden Haaren spielte nackt die
Aphrodite, ich glaube, ich sah auch Vater Zeus.
Samstag,5.7.2014
Traum: Meine Mutter schimpfte mit mir, ich solle ihr nicht so schwierige
Texte zu lesen geben. Mein Schwägerin sagte, ich solle mich mit meinem
Bruder aussprechen. Ich sah einen chinesischen Philosophen, der verrückt
war und wie ein Irrer zuckte. Ich saß mit Evi und ihren Kindern im Auto
und sagte, sie sei das Beste, was mir passiert sei, sie sei meine Verlobte,
wir lachten uns an, denn der Witz war, sie war schon mit jemand anderes
verheiratet. Ich hörte meinen evangelikalen Freund prophezeien, er gab
Worte Gottes weiter, die ich notierte, es waren viele Bibelsprüche darin,
aber er selbst zweifelte an der Bedeutung, weil nicht der Name Jehova drin
vorkam, sondern nur Gott.
Mein evangelikaler Freund hörte bei mir Radio Maria,er hörte die
Botschaft von Fatima und die Litanei vom Unbefleckten Herzen.
Sonntag, 6.7.2014
Besuch von meiner Mutter und ihrem Freund, wir waren im mongolischen
Restaurant.
Montag, 7.7.2014
Träumte von der Liturgie der Heiligen Messe. Ich bin süchtig nach Evis
Nähe.
Dienstag, 8.7.2014
Mittwoch, 9.7.2014
Messe: Verehrung des heiligen Petrus. Als ich zu Tom fuhr durch Donner
und Blitze auf dem Fahrrad, rief ich Sankt Anna und Sankt Petrus um
Schutz an. Las Tom vor. Nachmittags Anruf von der lutherischen Mutter
Ilse, die schwer beeindruckt war von meinem Ilse-Poem und mich zu sich
einlud, über den Glauben zu sprechen. Tom meinte, die Schokolade
schmecke himmlisch.
Donnerstag, 10.7.2014
Samstag fährt Tom zu Milan. Ich kaufte für Milan Stevensons Schatzinsel.
Messe: Hosea 11: Ich lehrte ihn laufen, hob ihn an meine Wange wie eine
Mutter, aber er erkannte nicht, dass ich es gewesen, der ihn aufgezogen.
Morgentliche Bibellese: Jesus: Ich bin betrübt bis zum Tod. So war ich den
ganzen Tag traurig, fast ohnmächtig vor Traurigkeit.
Freitag, 11.7.2014
Morgengebet: Der Herr liebt, die ihn lieben. Ich habe dem Herrn den
Zölibat versprochen, der Herr ist mein Bräutigam, ich bin an keine Frau
und Kinder gebunden, ich bin nur an den Herrn gebunden und darum frei.
- Mein evangelikaler Freund schrieb: Danke für das schöne Bild der
Mutter Jesu (Sixtinische Madonna), du Evangelist schaffst es noch, mich
zum Marienverehrer zu machen.
Hab mich sehr über Evi und Tom geärgert, so lieblos, sie können noch
nicht mal Milan ein Buch von mir überreichen. Sie lassen sich gern beide
Hände füllen, machen aber keinen Finger für mich krumm. - Aber Marias
Haare wehen im Wind!
Samstag, 12.7.2014
Mittagsmesse: Der Seraph mit sechs Flügeln. Seraphische Kontemplation.
Die Flügel um die Füße: Gott erkennen in der Schöpfung und den Sinnen
des Menschen. Die mittleren Flügel: Gott erkennen in der Ratio des
Menschen, in Denken und Sprache. Die oberen zwei Flügel: Gott
unmittelbar erkennen durch die Vernunft als den Einen Gott und durch den
Glauben als Dreifaltigkeit. Nach diesen sechs Meditationen kommt als
siebente Stufe die mystische Union.
Sonntag, 13.7.2014
Mittagsmesse: Jahwe schüttet den Samen des Logos in den Schoß meiner
Seele, Befruchtung, Vereinigung. Jahwe ist Panspermia voll Potenz und
Akt. Abendmesse: Ich muss Christi Kreuz tragen, mitgekreuzigt zum
Miterlöser werden. Die mystische Fruchtbarkeit aufgeopferten Leidens. -
Meine Schwäbin rief an und lobte meine antiken Gedichte. Dem
mitternächtlichen Gebrüll zufolge ist Deutschland Fußballweltmeister.
Gerade heute vollendete ich mein Buch Germania. Aber ich verachte den
Fußballpatriotismus des Pöbels. Was wissen sie von Bach, Luther, Goethe,
der Edda und dem Nibelungenlied?
Montag, 14.7.2014
Den dritten Tag im Fegefeuer. Qual und Kummer. Nur dass ich abends
Tom füttern und ins Bett bringen durfte, tröstete ein wenig.
Dienstag, 15.7.2014
Von Putzfrau aus dem Bett geworfen. Mittagsmesse: Anbetung der Hagia
Sophia anlässlich des heiligen Bonaventura. Dann zwei Stunden bei
spätbekehrter lutherischer Witwe. Sie hatte etwas Angst vor meiner
Gelehrsamkeit, ob man mit mir auch schlicht plaudern könne. Sie liest
Brüder Karamasow. Die Pastorinnen sind ihr zu lau. Dann Tom gefüttert,
ins Bett gebracht. Tom aß das Abendbrot im Liegen, ich sagte ihm, Jesus
habe auch immer im Liegen gegessen. Dann überlegten wir, was Maria
dem Jesuskind wohl zu Naschen gegeben hat.
Mittwoch, 16.7.2014
Erotischen Traum von Evi, die schlank war und durchsichtig angezogen.
Messe Unserer Lieben Frau vom Karmel. Ich trage ja das Skapulier, bin ihr
geweiht, ihr Eigentum.
Tom, essen, spielen, Schulaufgaben, Vorlesen, ins Bett bringen. Mich über
Evis Dummheit geärgert. Sie verwechselte Patriotismus mit
Eroberungskrieg. Frau Torheit überall! Die Schwäbin rief an und lud mich
zu sich ein, ich sagte ab.
Freitag, 18.7.2014
Abends kam Evi mit Tom und Quentin. Hörte nachts 1001 Nacht.
Samstag, 19.7.2014
Traum, ich besuchte Oma, kochte Nudeln, bot ihr an, für sie einkaufen zu
gehen. Dann gingen Oma und ich auf Baltrum spazieren.
Sonntag, 20.7.2014
Auf Toms Bitte hin war ich mit ihm in Kino, Wikinger gegen Drachen.
Erzählte ihm von Kolumbus, der die Kartoffel, und Marco Polo, der die
Nudeln brachte. Nachts Weihnachtspredigt von meinem evangelikalen
Freund gehört. Wie unbefriedigend der Biblizismus, am Buchstaben
klebend, ohne Kenntnis der Tradition.
Montag, 21.7.2014
Gestern Nacht beim Wein phantasierte ich mir meine Grabrede zusammen.
Nachts träumte ich, auf meiner Beerdigung würde eine lateinische Messe
gefeiert.
Lutherischer Bibelkreis über die Taufe.Die Bedeutung der Taufe ist mir
immer noch nicht klar. Die Pietistin, die ich letzte Woche besuchte, sage,
sie hätte eine Woche lang über meine Worte nachdenken müssen und
fragte mich nach der Marien- und Heiligen-Verehrung. Dann Plaudern mit
Evi, Kartenspiel mit Quentin und Tom, Tom vorgelesen seinen nordisch-
mythologischen Roman. Tom kann sehr gut zeichnen. Er hat Dürers Hasen
nachgezeichnet.
Dienstag, 22.7.2014
Maria Magdalena kam in der Messe.Vortrag: Gott ist Geist, Licht, Liebe.
Es gibt das Licht der Sonne, der Vernunft, des Glaubens, der Gnade, der
Herrlichkeit. Abends mit Tom gespielt, gescherzt, vorgelesen, ins Bett
gebracht.
Mittwoch, 23.7.2014
Morgengebet für antichristlichen Terror in Irak, Krieg zwischen Juden und
Palästinensern, Antisemitismus in Deutschland und Europa, Bürgerkriege
in Syrien und der Ukraine. Ich möchte vor der Tagespolitik in die
altchinesische Geisteswelt fliehen.
Messe, Brigitta von Schweden, ihr erschien Maria und sagte: Ich bin die
Himmelskönigin und schütze den Garten meiner Seelen vor den Stürmen
der Versuchung. Berufung Jeremias zum Völkerpropheten. Todestag
meines Vaters. Hörte Vortrag über die Salbung, die uns alles lehrt, den
inneren Meister. Las Tom vor und brachte ihn ins Bett. Hörte Vortrag von
jesuitischem Philosophen über die Demut Gottes.
Donnerstag, 24.7.2017
Traum von junger schlanker Frau mit schwarzen Löckchen, die mich
küsste, dann trat sie im Zirkus auf als Hochseilartistin und tanzte ein
Ballett, das Leben Jeanne d'Arcs.
War in der Innenstadt, junge Mädchen anschaun. Kaufte für Tom Ton zum
Modellieren. Las Tom vor und brachte ihn ins Bett. Hörte nachts Vortrag
über die göttliche Agapé.
Freitag, 25.7.2014
Abends Tom ins Bett gebracht. Er wird in der Schule ausgegrenzt, keiner
spielt mehr mit ihm. Ich segnete ihn.
Samstag, 26.7.2014
Karines Mutter besucht, die voller Schuldgefühle ist. Evi gesegnet, die
voller Minderwertigkeitskomplexe ist, sie bedankte sich für den Segen.
Tom ins Bett gebracht. Gestern nacht hab ich zu Karine gebetet. Traum in
der Nacht: Papst Benedikt XVI urteilte sehr wohlgesinnt über meinen
Vater.
Sonntag, 27.7.2014
Traum: Der Vater singt dem Sohn ein Liebeslied, der Sohn singt dem Vater
ein Liebeslied, der Heilige Geist ist das Liebeslied. Der Vater liebt den
Sohn wie einen zehnjährigen Jungen.
Vortrag über die göttliche Milde. Messe: Gott gibt Salomo Weisheit.
Nachmittags war Tom bei mir. Evi erzählte, mein Segen hätte ihr eine
Feier der Liebe beschert wie auf einer Paradiesinsel.
Eine äthiopische Jüdin und eine äthiopische Christin hatten beide einen
Sohn. Der Sohn der Jüdin starb vor Hunger. Da wurde die Jüdin in den
neuen Staat Israel geholt. Die Christin gab ihren Sohn der Jüdin mit, denn
sie konnte nicht für ihr Kind sorgen. Und so hab ich Milan weggegeben.
Ein Mönch sagte: Die Eltern wollten ein Kind und du kamst. Der Vater
wollte vielleicht einen Nachfolger bei der Sparkasse und sagte sich: Alles,
was der vom Geld versteht, ist es zu verschwenden. Das ist nicht mein
Sohn. Du hast vielleicht eine musische Begabung.
Montag, 28.7.2014
Dienstag, 29.7.2014
Mittwoch, 30.7.2014
Mit Tom gespielt. Freude und Liebe! Er hat eine Note 1 in Kunst. Gott hat
dem Abraham für den geopferten Isaak einen Widder gegeben, mir gab
Gott für den geopferten Milan Tom, der nun langsam vom Knaben zum
Jüngling wird.
Donnerstag, 31.7.2014
Freitag, 1.8.2014
Messe: Woher hat er all diese Weisheit? Abendmesse: Ausruhen und neue
Kraft schöpfen am Herzen Jesu, Entspannen im Heiligen Geist.
Samstag, 2.8.2014
Messe: Erneuerung des Gelübdes, also der Ehe mit Hagia Sophia. Mit Tom
gespielt. Abends Film mit junger schöner Berliner Schauspielerin. Vortrag:
Im Himmel werden alle Frauen jung und schön sein.
Sonntag, 3.8.2014
Messe: Evangelisation der Armen, füttere sie mit Brot, mit Liebe, mit Gott.
*
Den ganzen Tag mit Tom gespielt, ihn ernährt, ihm Freude bereitet.
Montag, 4.8.2014
Zwei Predigten über Sankt Debilissimus gehört, mit dem ich noch nie was
anfangen konnte. Lutherischer Bibelkreis: Ihr seid das Licht der Welt. Die
Lutheraner lehnen die guten Werke ab. Mehr Stress als Freude. Hätte
lieber mit Tom Karten gespielt.
Film gesehen von einem französischen Mann, etwa vierzig, der in eine
sechzehnjährige blonde Französin im Minirock sich verguckte. Vortrag
gehört von einem der Seher von Medjugorje. Abgesehen von der
monatlichen Beichte erfülle ich die Gebote der Gospa. Sie empfahl jetzt
vor allem die Heilung der Familie, der Kinder. Bin vernarrt in Tom. Bin
verliebt in die Madonna von Botticelli, Madonna ist jung und schön, sie zu
sehen heißt im Paradies zu sein. Höre Blues.
Dienstag, 5.8.2014
Traum: Ich war mit Karine bei einer Ärztin, trug in einer Phiole Karines
Blut. Dann kam Milan, der von seinem Pflegevater weg zu mir wollte.
Dann sah ich Simon, der vulgär-ordinär sprach, dafür schlug ich ihn. -
Heute vor dreizehn Jahren, am 5.8.2001 hab ich mich in Lourdes mit
Maria verlobt.
*
Mit Tom Karten und Ball gespielt. Nachts Vorträge von einem
Jugendfestival aus Medjugorje.
Mittwoch, 6.8.2014
Traum von Karine: Ich trank mit einem Amerikaner guten französischen
Rotwein. Wir liebten beide Anna, das heißt Charme und Grazie. Dann sah
ich Karine, sie wollte mit russischen Reitern nach Sibirien, einen neuen
Zaren zu inthronisieren. Ich segnete sie mit einem Kreuzzeichen auf der
Stirn. In Wahrheit aber heiratete sie den anderen Mann. Ich schrieb in ein
Buch zu ihrem Totenangedenken eine klopstocksche Ode und tröstete mich
mit klassischen Tragödien von Shakespeare, Goethe und Puschkin.
Gott im Morgengebet verweist mich auf den Erzschenken. Tom ist noch
da.
Mit Tom gespielt. Dann Vortrag gehört über Evangelisation durch Kunst
und Vortrag über das Leben Edith Steins. So segnete mich Gott. Nachts
schwermütig Schuberts Winterreise gehört.
Donnerstag, 7.8.2014
Freitag, 8.8.2014
*
Messe: Kunst als Evangelisation, nur für Gott, darum nicht enttäuscht sein,
wenn der Ruhm ausbleibt.
Mit Tom gespielt. Evi gebärdete sich als zänkische Furie. Jeremia gehört.
Schostakowitsch gehört. Wodka getrunken.
Samstag, 9.8.2014
Festtag Edith Stein. Den Schmerz wegen des Streits mit Evi Jesus
aufgeopfert. Komödie über Jesus gesehen. Für Tom und Milan und Juri
gebetet. Rosenkranz. Botschaften von Maria und Gottvater über das
Wirken Satans gehört.
Sonntag, 10.8.2014
Messe: Wie Jesus dem Herzen Frieden schenkt. Vortrag über La Salette.
Gebet für die Christen im Irak. Vortrag über Askese und Mystik. Gestern
mitten in den Schmerzen sah ich im Film den liebenden Jesus und den
zärtlichen und weisen Gottvater. Die Weisheit empfahl mir Edith Steins
Kreuzeswissenschaft.
Montag, 11.8.2014
Drei Messen gefeiert. Zwei Vorträge über den Himmel. Komödie mit
Johannes Paul gesehen. Goethes Iphigenie gehört. Sehnsucht nach Tom
gehabt.
Dienstag, 12.8.2014
Mittwoch, 13.8.2014
Bis Mittag blieb Tom bei mir. Mittagsmesse für Maximilian Kolbe, Gottes
Mutterschöße, Gottes Liebe gleicht der einer Mutter zu ihrem Säugling.
Faust I Inszenierung mit Gustav Gründgens gesehen, Mephistopheles
sprach mir aus dem Herzen. Abendmesse zu Maria Himmelfahrt. Um
Maria besser zu verstehen, muss man ihre Gegenspielerin Eva verstehen.
Freitag, 15.8.2014
Morgens Gruß von U.L..F. von Fatima. Ansprache des Papstes vor der
asiatischen Jugend in Korea: Gebet, Eucharistie, Werke für die Armen.
Mittagsmesse Maria Himmelfahrt, Anbetung meiner Göttin. Beginnende
Herbstschwermut.
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DAS MÄRCHEN VON DER ARMEE IGORS
ERSTER TEIL.
Wäre es nicht schicklich für uns, Brüder, in alter Diktion die Geschichten
von den Mühen der Armee des Igor Svyatoslawitsch zu beginnen?
Da gab es Falken über einer Schar von Schwänen; immer wenn der Falke
ankam, sang ein Lied der Schwan, - bis der ältere Jaroslaw der Tapfere
oder Roman Svyatoslawitsch der Schöne tötete Mistislaw.
Doch Boyan, meine Brüder, ließ nicht locker, zehn Falken loszujagen auf
eine Schar von Schwänen, aber legte seiner eigenen Diener Finger auf die
Lebenszeichen, die dann klopften sich selbst auf die Schulter wegen des
Lobes für die Fürsten.
Lasst uns beginnen, meine Brüder, diese Geschichte vom älteren Wladímir
bis zu unserem heutigen Igor zu erzählen, der seinen Geist mit Festigkeit
erweitert und geschärft sein Herz mit Männlichkeit; und, gefüllt mit
kriegerischem Geist, führte seine tapferen Scharen in das Land Polovtsy,
im Interesse des Landes der Russen.
Dann blickte Igor auf die helle Sonne und sah all seine Krieger mit der
Dunkelheit bedeckt. Und Igor sagte zu seiner Druzina: "Brüder der
Druzina! Besser ist es in Stücke gehauen zu werden, als gefangen
genommen zu werden. Steigen wir also, Brüder, auf unsere schnellen
Rosse und schauen auf den blauen Don!"
Des Fürsten Geist war entflammt von Lust und Eifer, doch die Erfahrung
des mächtigen Don hatte vor ihm das Omen verborgen.
"Ich wünschte", sagte er, "einen Speer an der Grenze des Landes der
Polovtsy zu zerbrechen, mit euch, meine Russen: Ich möchte meinem
Kopf festhalten und den Don aus meinem Helm trinken!"
"Die Pferde wiehern über der Sula, es hallt die Herrlichkeit in Kiew, es
schmettern die Trompeten bei Nowgorod, die Banner stehen steif bei
Putiwl."
Igor erwartete seinen lieben Bruder Vsevolod. Und Vsevolod sagte zu ihm:
"Mein einziger Bruder, mein helles Licht, du Igor, wir sind beide Söhne
von Swjatoslaw, sattle deine schnellen Pferde, meine Pferde sind bereit für
dich, bei Kursk gesattelt zuvor, und meine Männer! In Kursk sind
erfahrene Kämpfer, unter Trompeten aufgezogen, Felsen in Helmen, mit
vielen Speeren, bekannt sind ihnen die Wege, ihnen vertraut sind die
Schluchten, deren Sattel sind aufgeschnallt, ihre Köcher sind geöffnet und
ihre Säbel gewetzt. Galoppiere wie graue Wölfe in das Gebiet, suche Ehre
für dich und für deiner Fürsten Herrlichkeit."
Dann trat Fürst Igor in seinen goldenen Steigbügel und ritt in das freie
Feld. Die Sonne versperrte ihm den Weg mit der Dunkelheit, die Nacht
stöhnte vor ihm; und es erwachten die Vögel mit Schrecken; die schrillen
Töne der Tiere erregten ihn; der Vogel Div weinte in den Wipfeln; da
befiehlt er einen Ritt durch die unbekannten Länder der Wolga, am Meer
entlang und durch das Land Sula am Asowschen Meer, und Korsun, und
durch dich, du Abgott Tmutarokani.
Aber die Polovtsy auf weglosen Straßen liefen zum mächtigen Don. Die
Wagen knarren um Mitternacht, wie Schwäne offenbar. Igor führt seine
Heerscharen in Richtung des Don. Bereits der Vogel Div wehrte die
Katastrophe ab von ihm in dieser Jahreszeit; die Wölfe erwecken ihre
drohenden Schreie in den Gletscherspalten; die Geier mit ihren Pfeifen
laden die Brut ein, sich zu ernähren von den Knochen; es jaulen die Füchse
an den hochroten Schilden.
Oh Land von Russland, schon bist du jenseits der Grenzhügel! Lang ist die
Nacht dunkel; die Morgendämmerung hat begonnen, Licht zu geben;
Nebel hat sich über die Felder gelegt; das Gezwitscher der Nachtigallen
wird totgeschwiegen; die Rede von den Krähen wurde geweckt.
Die Söhne von Russland haben die breiten Felder eingenommen, die mit
ihren hochroten Schilden den Ruhm ihrer Fürsten verteidigen, sie suchen
sich selbst zu ehren.
Igor, der tapfere Sohn Swjatoslaws, fiel eine purpurne Flagge zu, eine
weiße Fahne, ein rotes Banner und ein Silber-Speer.
Die tapfere Brut des Olgowitschi schlummerte auf dem Schlachtfeld; fern
ist er geflogen. Er war nicht geboren worden, um von Falken oder
Sperbern beleidigt zu werden, noch von dir, du schwarze Krähe, du der
Heiden Polovtsy!
Gzak rennt wie ein grauer Wolf, es reitet Kontschak ihm nach in Richtung
des mächtigen Don.
Und es werden zerstört werden Speere und Schwerter und der Polovtsi
Helme abgestumpft, am Kayala, in der Nähe des mächtigen Don.
Die Polovtsy kommen vom Don und vom Meer und von allen Seiten. Die
russischen Regimenter ruhen. Die Kinder des Baal lassen die Felder altern
mit ihren Schreien; aber die tapferen Russen lassen sie altern mit ihren
hochroten Schilden.
Es waren die Zeiten von Troja; die Jahre von Jaroslaw sind
zurückgegangen. Es waren die Armeen von Oleg, von Oleg
Svyatoslawitsch. Oleg mit seinem Schwert hat geschmiedet die Revolution
und säte Pfeile über die Erde.
Dann, in der Zeit Olegs, schmiedete Boris für das Böse: Fehden wurden
gesät und wuchsen schnell, das Leben der Russen, der Sprösslinge
Dazbogs, des Sonnengottes, wurde in der Intrige der Fürsten verschwendet
und die Generationen der Menschheit wurden vermindert.
Dann auf dem russischen Land hatten die Leibeigenen selten zu schreien,
aber oft haben die Raben gekrächzt, wie sie geteilt die Leichen
untereinander; die Krähen sprachen in ihrer eigenen Sprache: "Wollen wir
zum Bankett fliegen?"
Vom frühen Mond bis zum Abend, vom Abend bis zum Tageslicht,
gehärtete Pfeile fliegen, die Säbel donnern über die Helme, es knacken die
Lanzen in dem fremden Land, mitten im Land der Polovtsy.
Die schwarze Erde unter den Hufen wurde mit Knochen besät und war mit
Blut getränkt; auf russischem Boden sprang die Trauer empor.
Was für ein Lärm ist das, was für ein Läuten ist das, gerade jetzt früh vor
dem Morgengrauen? Igor geht in das Ruhelager seiner Regimenter; denn
er hat Mitleid mit seinem lieben Bruder Vsevolod.
Sie kämpften einen Tag, sie kämpften den anderen Tag; am dritten Tag, in
der Nähe des Mittags, fielen die Standarten Igors.
Diese beiden Brüder trennten sich am Ufer des schnellen Flusses Kayala.
Es war vom blutigen Wein nicht genug! Sie beendeten das Fest, die
tapferen Russen; sie haben die Hochzeitsgäste mit Wein gefüllt, aber selbst
betrieben die Verteidigung der russischen Erde.
Das Gras beugte sich mit Weh und der Baum war gebogen, die Erde voll
von Trauer.
ZWEITER TEIL
Jetzt schon, Brüder, ist eine müde Zeit entstanden, jetzt ist bedeckt die
Armee in der Wildnis. Schmach entstand unter den Heeren der Sprösslinge
Dazbogs, es trat ein Mädchen auf dem Land von Troja auf, mit ihrem
Schwanen-Flügel im blauen Meer spritzte sie; die schweren Zeiten spritze
sie in den Don, dann erwachte sie.
Die Uneinigkeit der Fürsten ruiniert sie gegen die Heiden. Denn Bruder
sprach zu Bruder: "Dies ist mein, und das ist auch mein." Und die Fürsten
fingen an, von einem armseligen Ding zu sprechen: "Das ist großartig!“
Und selbst unter sich schmiedeten sie Fehden; und die Heiden von allen
Seiten stürmten vor mit Siegen gegen das russische Land. Oh, weit ist der
Falke gefolgt, er schlägt die Vögel ins Meer! Und Igors tapfere Heere
werden nicht mehr aufsteigen!
Nach ihm die Verfluchten, rief er, sprangen über die russischen Lande,
schießen her das Feuer auf die Menschen aus einem brennenden Horn.
Die Frauen von Russland jammerten und sagten: "Künftig können wir
nicht mehr mit unseren Gedanken an unsere Lieben denken, noch mit
unseren Verteidigern beraten, noch sehen, wie sie mit unseren Augen
sammeln Gold und Silber, ja weit davon entfernt!" Und dann, Brüder,
Kiew stöhnte mit Trauer und Cernigov in Katastrophen!
Trauer hat sich über das russische Land ergossen, es floss reichlich Trübsal
durch die russischen Lande. Aber die Fürsten haben selbst geschmiedet
Zwietracht unter sich, und die Heiden mit Siegen überwanden das
russische Land und nahmen Tribut von jedem Haushalt und die
Eichhörnchenfelle.
Denn diese beiden tapferen Söhne Swjatoslaws, Igor und Vsevolod, hatten
das Unrecht geweckt, das ihr Vater Swjatoslaw der Große und
Schreckliche von Kiew eingelullt hatte. Mit seiner Macht der Eroberung
durch seine mächtigen Armeen und guten Schwerter fiel er in der Polovtsy
Land; er zertrat ihre Hügel und Schluchten, besudelte ihre Bäche und
Seen, hat ausgetrocknet ihre Flüsse und Moore. Und den Heiden Kobyak
riss er wie ein Wirbelwind aus der Bucht auf das Meer, aus dem großen
Heere der Polovtsy; Kobyak fiel in der Stadt Kiew in der Halle des
Swjatoslaw.
Dort werden die Deutschen und die Wenden, die Griechen und Mähren
singen die Weise von Swjatoslaw; sie besiegte Fürst Igor, der seine Hülle
und Fülle in das Bett des Kayala-Flusses ergoss, der Polovtsy-Fluss
scheiterte, und füllte ihn mit russischem Gold.
Die Wälle der Städte wurden totgeschwiegen und Heiterkeit kam zurück.
Und Swjatoslaw träumte einen unruhigen Traum in Kiew auf den Hügeln.
"Diese Nacht", sagte er, "habt ihr mich gekleidet mit einer schwarzen
Decke auf meinem Bett aus Eibenholz; Männer gossen mir Wein mit
blauen Staub vermischt ein; sie zerstreuten große Perlen aus dem leeren
Köcher der Nomaden auf meinem Schoß und versuchten mich zu
beruhigen. Es sind bereits die Platten der goldenen Dächer meiner
Wohnung geraubt.
Die ganze Nacht lang haben die Krähen von Buße gekrächzt; zwei
Gefangenen standen im Moor: gnadenlos hat der Feind die beiden an der
Landungsbrücke des Flusses hingeführt, bis an das blaue Meer."
Und die Bojaren antworteten dem Fürsten: "Schon, o Fürst, hat Trauer
gefangen genommen unseren Geist. Denn zwei Falken sind von deiner
Väter goldenem Thron geflogen, um die Stadt Tmutorokan zu suchen,
oder, was auch sein mag, in ihren Helmen den Don auszutrinken.
Bereits sind die Flügel der beiden Falken von den Säbeln der Heiden
geschlagen, sie müssen zu Fuß gehen; und Igor hat sie in eisernen Fesseln
gefesselt."
Auf dem Strom des Kayala-Flusses Dunkelheit bedeckte das Licht. Über
das russische Land die Polovtsy breiteten sich aus wie eine Brut von
Panthern. Und zwei stürzten ins Meer der Mächtigen und es wird für
Torheit ausgegeben.
Jetzt wurde nach der Schmach das Lob erhoben; jetzt brauchen wir sie,
jetzt bricht die Freiheit an. Jetzt wirft sich der Vogel Div hin und jammert
auf der Erde.
So werden die schönen Jungfrauen der Goten singen am Ufer des blauen
Meeres und das Gebimmel der russischen Goldglocken. Sie singen die Zeit
der Buße; sie schätzen die Rache für Sarokan. Aber jetzt, wir, die Druzina,
sind einzig Durst nach Freude!
Dann der mächtige Swjatoslaw ließ fallen ein goldenes Wort, mit Tränen
vermischt, und sprach: "Oh meine Söhne, Igor und Vsevolod, bald habt ihr
begonnen, das Land der Polovtsy mit Schwertern zu belästigen und Ruhm
für euch selbst zu suchen, aber unehrenhaft habt ihr es erobert, unehrenhaft
habt ihr vergossen das Blut der Heiden. Ihre tapferen Herzen waren
zusammen in schweren Stahl geschweißt und in Kühnheit gemildert. Dies
habt ihr mir angetan, um meine grauen Haare zu versilbern?
Jetzt sehe ich die Kraft meines Bruders Jaroslaw nicht mehr, den
mächtigen und wohlhabenden und gut ausgestatteten, mit den
Befehlshabern der Cernigov-Söldner mit ihren Kräften, und mit den
Männern aus dem Tatra, und mit den Männer aus Šelbir und Topcák,
von Revukha und von Olbier. Denn diese ohne Schilde erobern die Heere
durch ihre Schreie, ein Echo dem Ruhm ihrer Vorfahren. Aber ihr sprachet:
Lasst uns eines Mannes Rolle spielen, lasst uns stehlen die Herrlichkeit
von einst, teilen wir die Ehre unter uns, für uns selbst!“
Aber, was Wunder, wurden die Brüder für einen alten Mann jung? Wenn
ein Falke ist in der Mauser ist, treibt es die Vögel fern und hoch, und er
wird nicht sein eigenes Nest beschmutzen.
Aber diese Katastrophe, oh mein Fürst, ist unheilbar: die Jahreszeiten sind
nach hinten ins Nichts verschwunden.
So schreien sie auf unter den Säbeln der Polovtsy, aber Wladimir erliegt
unter seinen Wunden. Weh und Leid mit dem Sohne Glebs!
Großfürst Vsevolod! Ist es nicht dein, um aus der Ferne mit deinem
Denken zu fliegen, um deiner Väter goldenen Thron zu bewachen? Denn
du kannst bespritzen die Wolga mit deinem Ruder, und ballen den Don mit
deinem Helm! Wärest du da gewesen, dann ein Potentat würde mit zwölf
Rubeln und ein Arbeiter mit fünf Rubeln bewertet werden!
Denn auf dem trockenen Land kannst du mit den Männern von Šeryšor
erschießen meine tapferen Söhne Glebs.
Du trotzt Rurik und David, mussten sie nicht im Blut schwimmen mit den
goldenen Helmen? Du und deine tapfere Druzina galoppieren wie Stiere
und haben sie mit gehärtetem Säbel in dem unerforschten Land
verwundet?
Schieße, mein Fürst, auf den Heiden Koncak den Sklaven, im Interesse des
russischen Landes, im Interesse der Wunden Igors, des tapferen Sohnes
Swjatoslaws.
Ihr, tapferer Roman und Mistislav, tragt eure tapferen Gedanken mit eurem
Onkel auf die Arbeit. Du in deinem Mut lässt fließen deine Mühe, wie ein
Falke sich reckt in den Winden und wünscht in seiner Kraft, einen Vogel
zu töten!
Denn ihr habt Eisen-Kürasse unter euren lateinischen Helmen. Doch die
Erde zitterte in vielen Ländern, Hinowice, Litauen, Yatvyagi; und die
Polovtsy warfen ihre Keulen und neigten sich unter diese Stahlschwerter.
Aber jetzt, mein Fürst, das Licht der Sonne ist für Igor verdunkelt; der
Baum lässt vor
Unglück fallen die Blätter, die Gegner haben die Städte der Rusj und der
Sula geteilt. Und Igors tapferes Regiment steigt nicht mehr auf. Der Don
ruft dich, Fürst, und fordert die Fürsten zum Sieg.
Die Olgovici, jene tapferen Fürsten, das heißt Igor und Vsevolod, haben
die Bekämpfung beschleunigt. Ingvar und Vsevolod Yaroslawitsch und ihr
drei Mstislawici, ihr Cherubim eines edlen Nestes, durch unrühmliche
Taten habt ihr Macht bekommen!
Warum tragt ihr goldene Helme und polnische Streitkolben und Schilde?
Schützt die Tore der Grenze des Landes mit scharfen Pfeilen für das Land
von Russland, die Wunden Igors, dem Sohn des tapferen Svyatoslaw!
Nicht mehr der Sula-Fluss mit dem silbernen Strom vor der Stadt
Perejaslawl und die Dwina fließt in einen Morast zu den grimmigen Jägern
von Polotsy, inmitten der Schreie der Heiden.
Izyaslav allein, der Sohn des Vasiliko, läutete mit seinen scharfen
Schwertern auf den Helmen der Litauer, ergriff den Ruhm seines
Großvaters Vseslav; und legte sich selbst unter den Schilden puterrot
nieder auf dem blutbefleckten Boden, von den litauischen Schwertern
niedergeworfen, und mit Trauer sprach er auf seinem Bett: "Die Vögel, oh
Fürst, schlugen für deine Druzina mit ihren Flügeln, und die wilden Tiere
leckten an ihrem Blut."
Auf diesem Gebiet gab es weder seinen Bruder Bryacislaw, noch seinen
anderen Bruder Vsevolod: Allein fällt er, seine perlweiße Seele aus seinem
Körper tapfer durch seine Rüstung an seinem Hals enteilen zu lassen.
Ihr mit Dissonanzen begannt, die Heiden auf russischen Boden zu führen,
gegen das Leben Vseslavs. Von Streit gab es Unterdrückung im Land der
Polovtsy.
In der siebten Zeit von Troja an, Vseslav verwarf seine Plätze für das
Mädchen, das ihm lieb war.
Er riss sich mit Tücken von der Letzten los: und galoppierte auf die Stadt
Kiew zu; mit seiner Waffe griff er nach dem goldenen Thron von Kiew;
galoppierte von ihnen fort wie ein wildes Tier um Mitternacht nach
Belgorod, hüllte sich in einen blauen Nebel, zerrissen waren seine Kleider
in drei Teile, die Tore weit geöffnet von Nowgorod, erschüttert die
Herrlichkeit Yaroslavs des Ersten; er galoppierte wie ein Wolf von Dudutki
auf die Nemiga zu.
Auf der Nemiga die Garben legten die Köpfe nieder; Männer droschen mit
Dreschflegeln in Hecken; auf der Tenne haben sie ausgebreitet das Leben;
sie sichten die Seele im Körper.
Mit den Knochen der Kinder ward übersät Russland! Auf der
blutbefleckten Nemiga wurden die Ufer mit Flüchen übersät.
In Polozk läuteten sie die Glocken zur Frühmesse in der Hagia Sophia; und
er hörte in Kiew die Heilige Messe. Obwohl seine weise Seele in einem
winterharten Edel-Körper war, doch musste er oft ertragen schweres
Unglück.
Für ihn, oh dienende Bojaren, habt ihr zuerst nachdenklich gesprochen den
Refrain: "Weder der listige Mann noch die Erfahrung, noch ein Vogel,
noch ein Spielmann kann Gottes Urteil entkommen."
Ach, stöhnen wir um das russische Land, die ihr an die erste Epoche und
die ersten Fürsten euch erinnert!
Es war sinnlos, festzunageln die alte Zeit bis zu den Gipfeln des Wladimir
von Kiew; seine Banner haben jetzt einige von Rurik und andere von
David; aber diese Banner schwanken hin und her an den Stangen, im
Widerspruch eine mit der anderen!
Yaroslavna hört ihre Stimme; sie stöhnt früh wie ein Kuckuck in dem
unbekannten Land: "Ich will fliegen," sprach sie, "wie ein Kuckuck an der
Donau, ich will meine Biber-Ärmel im Fluss Kayala nass machen, ich
werde dem Fürsten abwischen seine blutigen Wunden an seinem
angeschlagenen Körper.“
Yaroslavna jammert früh in Putiwl auf dem Wall und sagt: "Oh Wind,
wenig Wind, weshalb, Meister, bläst du mit Gewalt? Warum wirbelst du
mit deinem unermüdlichen Flügel und folternden Pfeilen auf den Freund
meiner Liebe? Kleine Winde waren es, dich zu den Leiden unter den
Wolken zu wehen, dich, der du die Schiffe auf dem blauen Meere
schüttelst; darum, Meister du, der du mir meine Freude über die Gräser der
Steppe bläst!"
Yaroslavna jammert früh in Putiwl auf dem Wall und sagt: "Oh Dnepr
Slovútic, so hast du dich durch das Land der Polovtsy gebohrt, durch die
die Steinberge. Du hast auf Lastkähnen Swjatoslaw durch die Armeen des
Kobyak erschüttert; blase zu mir, Meister, meinen Lieben, die ich nie
gesendet Tränen für ihn über das Meer!"
Yaroslavna heult durch das Wasser auf dem Wall bei Putiwl früh und sagt:
"Ach so, du heller, dreimal heller Einer, für alle Menschen bist du warm
und lieblich. Darum, Herr, hast du über meine Liebe zu verbreiten deinen
brennenden Strahl! Männer? Du hast gestreckt ihre Bögen in die
wasserlose Ebene mit Durst und erstickt ihre Köcher mit Trübsal."
DRITTER TEIL
Die Dämmerung dunkelte noch eine Zeit. Igor schläft, es erwacht Igor,
Igor in seinem Kopf misst die Ebenen von dem mächtigen Don bis zu dem
kleinen Donez.
Es ist Geschrei um Mitternacht; Ovlur über den Strom pfiff, es ruft der
Fürst; Fürst Igor konnte es nicht verstehen.
Ovlur hat laut gerufen; die Erde bebte; das Gras raschelte. Die Polovtsy-
Zelte begannen sich zu rühren. Igor der Fürst rannte wie ein Hermelin auf
den Reisig, wie eine weiße Ente zum Wasser, warf sich auf sein Pferd und
sprang schnell auf wie ein schnellfüßiger Wolf und floh in die Wiese des
Donez und flog wie ein Falke in die Nebel, zu töten Gänse und Schwäne
zum Frühstück, Mittagessen und Abendmahl.
Als Igor flog wie ein Falke, Ovlur floh wie ein Wolf, abschüttelnd den
kalten Tau. Denn sie jagten mit ihren schnellen Rossen.
Der Donez-Fluss sagte: "Fürst Igor, nicht ist es deine Größe, noch des
Koncak Hass, noch die Freude des russischen Landes!“
Igor sagte: "Oh Donez, nicht meine Größe ist deine Größe, der du den
Fürst trägst auf deinen Wellen und hast verteilt für ihn ein Bett aus grünem
Gras durch deine silbrigen Ufer, kleidend ihn mit warmem Nebel unter
dem Schatten des grünen Baumes, du hast bewacht ihn mit einer Ente auf
dem Wasser, mit Möwen auf den Wogen, mit Stockenten auf den Winden.“
"War es nicht so", sagte er, "dass der Fluss Stugna, ein böser Strom,
schluckend seltsame Bäche, abgeschliffen hat die Schiffe auf den
Büschen?“
Der Dnepr schloss seine dunklen Ufer für den Jugend-Fürsten Rostislav.
Rostislavs Mutter jammert um den Jugend-Fürsten Rostislav.
Die Blüten hängen nieder aus Trauer und der Baum aus Trauer beugt sich
tief zur Erde.
Es war nicht das Klappern der Elstern; es war bei der Verfolgung Igors,
den Fahrten mit Gzak Koncak.
Dann werden die Krähen nicht mehr krächzen, weder die Dohlen noch die
Elstern schreien; sie schlichen in den Ästen. Nur die Spechte mit ihrem
Hacken zeigen den Weg zum Fluss; die Nachtigallen mit ihrem fröhlichen
Lied verkünden die Morgenröte.
Gzak Koncak spricht: "Wenn der Falke aus seinem Nest fliegt, werden wir
zwei schießen auf den Geflügelten mit unseren vergoldeten Pfeilen!"
Gzak Koncak sagte: "Wenn der Falke aus seinem Nest fliegt, werden wir
den Geflügelten mit einem schönen jungen Mädchen fesseln!"
Gzak Koncak sagte: "Wenn wir ihn mit einem schönen jungen Mädchen
fesseln, dann werden weder der Geflügelte noch das schöne junge
Mädchen, sondern die Vögel in den Polovtsy-Ebenen anfangen, uns
anzugreifen."
Boyan hat von der Expedition von Swjatoslaw dem Ersten gegen die
Kogan gesagt: "Ich bin der Dichter der alten Zeit, von Wladimir dem
Ersten, von der Zeit des Yaroslav des Ersten und Olegs von Tmutarakan.
Obwohl es schwer ist für dich, das Haupt getrennt von der Schulter krank
ist, du, Körper, getrennt von der Spitze - dem russischen Land ohne Igor!“
Die Sonne scheint am Himmel. Igor der Fürst ist im russischen Land. Die
Mädchen singen auf der Donau; ihre Stimmen mischen sich über dem
Wasser und werden getragen nach Kiew.
Igor weiht den Gipfel Borícev der Heiligen Mutter Gottes in Pirogosc.
Die Länder sind glücklich, die Städte fröhlich; sie singen ein Lied von den
Fürsten von einst, und im Folgenden wird der immerjugendliche Sänger
singen.
Die Fürsten gedeihen und die Druzina der Christen kämpft gegen die
Heiden!
Amen.
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Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
SANKT FRANZISKUS
ERSTES KAPITEL
Lieber Michael,
ich schreibe dir jetzt ein kleines Kinderbuch. Ich bin ja Papas Freund, der
Bücherschreiber. Ich hatte die Idee dir vom heiligen Franziskus zu
erzählen. Es soll nicht zu lang werden, weil ich bald ins Bett muss.
Franziskus war der Sohn eines reichen Kaufmanns. Der Vater liebte das
Geld. Franziskus aber liebte Gott und die Natur. Hast du vielleicht schon
einmal gehört, dass der heilige Franziskus mit den Vögeln gesprochen hat?
Man sagt ja auch von dem weisen König Salomo, dem König von Israel,
dass er die Vogelsprache verstand. Ich glaube, die Vögel singen immer:
Piep, Piep, Piep, wir hab'n uns alle lieb!
Der heilige Franziskus liebte in seiner Jugend die tollsten Partys. Später
aber hat er als ein Bettelmönch mit den Armen gelebt. Wie kam es dazu?
Der heilige Franziskus ist ungefähr 1200 Jahre nach Jesus geboren. Man
nennt ihn auch den zweiten Jesus. Er ist im schönen Italien geboren. Seine
Mutter hieß Pica, sie gab ihrem Sohn den Namen Giovanni, das heißt
Johannes oder Hans oder Jan. Aber sein Vater hatte viel Handel getrieben
in Südfrankreich. Und er liebte Frankreich so sehr, dass er seinen Sohn
Francesco nennen wollte, das heißt Franz oder Fränzchen, der kleine
Franzose. Ich war auch mal in Südfrankreich, es ist da wirklich fast so
schön wie im Paradies.
Als Kind liebte Franziskus die Natur, die Olivenbäume und die Büsche mit
den Weintrauben. Er spielte mit kleinen Steinchen und freute sich über die
Vögel im Garten.
Der Vater des heiligen Franziskus war ein reicher Kaufmann, ein Händler,
der viel gereist ist, um überall Kleider zu verkaufen. So hat er viel Geld
verdient. Das ist ja nicht schlimm, wenn man Geld verdient, aber man soll
das Geld nicht so sehr lieb haben. Der Vater dachte sich: Mein Söhnchen
wird sicher auch mal ein reicher Kaufmann! Dann steht er im
Kaufmannsladen und verkauft Kleider und verdient viel Geld und wird
reich!
Franziskus lebte im Mittelalter. Das war die Zeit der Ritter.Die Ritter
befreiten Jungfrauen von schrecklichen Drachen. Viele Ritter konnten auch
sehr schöne Musik machen. Dann schrieben sie Gedichte. Sie verehrten die
schönen Damen und sagten immer zu der schönen Dame: O meine Herrin,
Ihr seid die Allerschönste! Das hat Franziskus später auch gemacht. Aber
welche schöne Dame liebte er? Frau Armut war seine Herrin, die Herrin
Armut war seine Braut!
Die Ritter und die Könige sprachen alle französisch. Die Mama vom
heiligen Franziskus stammte auch aus Frankreich. Sie hat ihm immer
französische Kinderlieder vorgesungen. Ich kenne auch ein französisches
Kinderlied, ich weiß zwar nicht, ob ich es richtig schreibe, aber hier ist es:
So konnte der kleine heilige Franziskus gut einschlafen. Seine Mama las
ihm auch Ritterbücher vor. Franziskus war auch ein kleiner Ritter, er
befreite arme Jungfrauen von dem schrecklichen Drachen und ritt durch
Italien und rief: Für Gott und meine Herrin Armut!
Franziskus lebte als Kind ohne Sorgen. Er musste keinen Hunger leiden.
Sein Vater hatte ja Geld genug.Er wusste nicht, das gar nicht weit entfernt,
die Armen und ihre Kinder schrecklichen Hunger hatten. Franziskus wurde
von seiner Mutter behütet und fühlte sich glücklich wie ein Taubenküken
im Nest.
Franziskus war ein liebes Kind und alle hatten ihn lieb, weil er so nett war.
Wenn er mal am Straßenrand einen Bettler sah, legte er immer eine kleine
Mütze in die kleine Schale des Bettlers.Aber nicht nur gab er eine Mütze,
sondern er lachte den Bettler freundlich an und sagte was Nettes zu ihm.
Er hatte einfach alle Menschen gern.
Bald musste Franziskus auch in die Schule gehen. Er kam in die christliche
Sankt-Georgs-Schule. Da erzählte ihm der Lehrer viel vom heiligen Georg.
Es war nämlich einmal ein Königreich, da lebte ein König mit sieben
Prinzessinnen. Aber in dem großen See lebte ein fürchterlicher Drache, der
wollte die Prinzessinnen fressen. Jedes Jahr einmal musste der König eine
seiner Prinzessinnen opfern, und der Drache fraß sie auf. Sechs
Prinzessinnen waren schon tot. Nun wollte der Drache die siebte
Prinzessin verschlingen. Das hörte der heilige Georg. Die siebte Prinzessin
war der Liebling des Königs. Sie war nun sein einziges Kind und sollte
später Königin werden. Und nun kam der heilige Georg auf einem weißen
Pferd vom Himmel, er trug eine silberne Ritterrüstung und ein goldenes
Schwert. Der heilige Georg tötete den Drachen und erlöste die schöne
Prinzessin.
Franziskus wollte auch Ritter werden, wollte Drachen töten und schöne
Prinzessinnen befreien. Aber wo sollte er die Rüstung her bekommen?
Sein Vater verkaufte ja nur Purpurmäntel für die Fürsten und Seidenkleider
für die reichen Frauen.
Seine Seele hat keine Angst. Er will Ritter sein! Aber kann denn er, der
Sohn eines reichen Kaufmanns, Ritter werden? Na, es wird schon gehen.
Da wurde er glücklich und rief: Freude, Freude, Tochter Gottes, ich werde
Ritter! Ich werde schöne Prinzessinnen befreien und rote Drachen töten!
Und wenn Franziskus froh und glücklich war, dann sang er Lieder. Er
sang:
Lieber Michael,
du hast mich ja gefragt, wie die Geschichte vom heiligen Franziskus
weitergegangen ist. Dein Papa sagte, mein erstes kleines Büchlein schreit
ja geradezu nach Fortsetzung. Mal sehen, was nun kommt. Ich glaube, ich
hatte dir erzählt, dass der junge Franziskus in einem Krieg in
Gefangenschaft geraten war. Ein Jahr lang war er gefangen gefangen bei
Wasser und Brot! Da gabs keinen Kuchen und keine Weintrauben. Da ist er
auch sehr krank geworden. Er war dann zwar krank, aber wieder frei und
in seiner Heimat Assisi. Langsam wurde er wieder gesund. Und als er sich
wieder stark fühlte, eben als ein echter Kerl und starker Mann, da hatte er
wieder den Wunsch: Ich will ein weltberühmter Ritter werden! Ich werde
Drachen töten und Jungfrauen erlösen! Und so zog er wieder in einen
Krieg. Aber eines Nachts hatte er einen besonderen Traum. Gott sprach zu
ihm im Traum! Franziskus träumte von einem goldenen Palast, darin
befanden sich die herrlichsten Ritterrüstungen und Waffen. Da hörte er die
leise Stimme von Jesus, und Jesus sagte: Franziskus, Franziskus, wer kann
dir am meisten schenken? Willst du von den Knechten beschenkt werden,
den Kriegsmännern? Oder willst du von Jesus beschenkt werden, dem
König des Weltalls? So träumte Franz. Er musste viel über den Traum
nachdenken. Darum ging er ganz allein an einen einsamen Ort, um
nachzudenken. Und er fragte: Jesus, mein König, was willst du denn von
mir? Was soll ich tun?
Eines Tages begegnete Franziskus einen todkranken Bettler. Der hatte eine
ansteckende Krankheit. Darum wollte ihm niemand nahe kommen oder ihn
gar anfassen. Das war lebensgefährlich. Der Kranke stank auch ganz
ekelhaft, er roch gar nicht so gut wie Mamas Seife. Und der Kranke sah
auch sehr hässlich aus, weil ihm die Haut in Fetzen herunter fiel. Das alles
ekelte den Franz an und er dachte nur: Igittigitt! Aber dann sah er
plötzlich: In dem Kranken versteckte sich ja Jesus. Denn du weißt ja,
Michael: Jesus ist vom Himmel gekommen und ein Mensch wie du und
ich geworden. Und nun steckt Jesus in jedem Kind drin, steckt in jedem
armen Menschen drin, steckt in jedem Kranken drin, steckt in jedem
Sterbenden drin. Und wenn du Jesus was Liebes tun willst, so tu es einfach
einem Kind oder einem Bettler oder einem Kranken. Dann freut sich Jesus
und wird dich dafür reich beschenken. So dachte nun auch Franz. Später
sagte der heilige Franziskus über diesen Moment dies: Damals hat mein
König Jesus dem kleinen Bruder Franziskus das Geschenk eines neuen
Lebens gemacht. Denn zuerst war der Todkranke sehr bitter für mich, aber
Jesus machte ihn süß für den Körper und süß für die Seele! Erst fand ich
den Kranken hässlich, so bitter wie gekochten Rosenkohl! Aber als ich
Jesus in dem Bettler sah, da war er mir süß wie Himbeermarmelade und
Zuckerbrot!
Eines Tages kam der heilige Franziskus nach Damiano. Da sah er die
kleine Kirche, die war ganz kaputt. Er aber ging in die kaputte Kirche rein,
denn da wohnt Gott. Über dem Altar hing ein Kreuz und an dem Kreuz
hing Jesus. Jesus ist ja gestorben, Michael, damit du für immer und ewig
leben kannst! Franz wollte von Jesus was wissen: Mein König Jesus,
welchen Weg soll ich gehen? O lieber Gott, du bist der Größte, du bist der
Schönste! Ich will immer vertrauen, dass du mich wie ein starker Vater
beschützt und wie eine zärtliche Mutter liebst. Ich will immer hoffen, dass
ich nach meinem Tod für immer glücklich im Paradies bin, wo immer
Sommer ist! Und ich will immer den lieben Gott lieb haben und will auch
den Menschen Gutes tun. Lieber Gott, bitte gib mir schöne Gefühle und
große Klugheit. Ich möchte gerne wissen, was du dir wünschst, denn ich
möchte dir eine Freude machen, lieber Gott. So betete Franz. Und da hörte
er, wie der Jesus am Kreuz zu ihm sprach: Franziskus, Franziskus, ich
wünsche mir von dir, dass du Gottes Haus wieder neu aufbaust. Du siehst
doch, dass Gottes Haus kaputt ist. So sagte Jesus.
Franziskus dachte über das Wort Gottes nach. Er nahm es ganz wörtlich,
denn er verstand den geheimnisvollen Sinn noch nicht. Und so dachte er:
Ich werde dieses kleine kaputte Kirchlein von Damion ausbessern.
Franziskus nahm das Geld seines reichen Vaters und kaufte Steine. Er
krempelte die Ärmel hoch und schleppte die Steine zum Kirchlein. Dann
arbeitete er wie ein Maurer. So machte er das kleine kaputte Kirchlein zu
einer hübschen neuen Kirche. Sein Vater, der reiche Kaufmann, schaute
seinem Sohn eine Zeitlang zu. Aber dann riss dem Vater der Geduldsfaden.
Da schrie der Vater seinen Sohn an: Du Idiot! Du bist ja ein Verrückter! Du
hast nur verrückte Ideen im Kopf! Anstatt Geld zu verdienen, gibst du
mein liebes Geld den schmutzigen Armen. Ich habe viel Geld zusammen
gespart, ich war immer geizig, und du schenkst den Bettlerinnen Kleider
und den kleinen Straßenjungen schenkst du Süßigkeiten! Und in meinem
Kaufmannsladen willst du auch nicht arbeiten, sondern baust wie ein
Maurer an dieser kaputten Kirche rum! Du bist verrückt! Und Verrückte
sperrt man ein! So schrie der Vater und sperrte seinen Sohn ein. Aber
Franziskus haute ab, er wollte lieber ein Verrückter Gottes sein als ein
Liebhaber des Geldes. Und weiter baute der Maurer Franziskus an seinem
Kirchlein, und das Gotteshaus ward immer schöner. Da sagte sein Vater:
Nun, du Dummkopf, wenn du das Geld nicht liebst, dann wirst du nach
meinem Tod auch kein Geld von mir erben! Lieber nehm ich mein Geld
mit ins Grab, als es dir zu geben! Du würdest ja doch alles den lumpigen
Straßenkindern schenken.
Dann gab es noch einen großen Streit zwischen Franz und seinem Vater.
Das war vor dem Palast des Bischofs. Da stand Franz vor seinem Vater
und schrie ihn an: Ich will dein verdammtes Geld nicht! Und ich will auch
nicht mehr deine teuren Kleider tragen! Und Franz zog seinen
Purpurmantel aus und warf ihn seinem Vater vor die Füße. Dann zog er
sein Seidenhemd aus und warf es seinem Vater vor die Füße. Dann zog er
seinen Ledergürtel mit silberner Schnalle aus und warf ihn seinem Vater
vor die Füße. Dann zog er seine schwarze Samthose aus und warf sie
seinem Vater vor die Füße. Dann zog er seinem Lammwollsocken aus und
warf sie seinem Vater vor die Füße. Dann zog er seine seidene Unterhose
aus und warf sie seinem Vater vor die Füße. Da stand nun der heilige Franz
nackig da, wie Gott ihn geschaffen hatte. Der liebe Bischof warf dem
heiligen Franziskus schnell seinen Bischofsmantel um. Dann rief der
heilige Franziskus: Ich habe jetzt keinen Vater mehr! Mein einziger Vater
ist nun der liebe Vater Unser im Himmel! Und dann nahm Franz sich einen
einfachen Umhang eines Bettlers und zog den an. Er wollte auf der
eigenen Haut fühlen, wie sich die Bettler fühlen. Und dann ist Franziskus
zum Heiligen Vater nach Rom gewandert.
Einmal ging Sankt Franziskus in eine Kirche. Er feierte den Gottesdienst
mit. Da wurde aus der Bibel vorgelesen. Jesus sagte: Meine Schüler, geht
von Ort zu Ort, die freudige Botschaft allen Geschöpfen zu erzählen. Geht,
aber nehmt kein Geld mit, keine Tasche mit Brot, nehmt keinen
Wanderstab mit und tragt keine Schuhe an den Füßen. Als das Wort Gottes
vorgelesen wurde, wusste Franz plötzlich: Das sagt Jesus ja jetzt zu mir!
Genau das will ich tun. Ich will alles genau so machen, wie es in der Bibel
steht. So kann ich Jesus zeigen, dass ich ihn lieb hab. Und nun fand Franz
auch neue Freunde. Seine alten Freunde, die nur das Geld und dumme
Späße liebten, hatte er verlassen. Seine neuen Freunde aber liebten Jesus
auch. Sie wollte zusammen mit Franz allen Geschöpfen von Jesus
erzählen. Die neuen Freunde nannten sich Brüder, denn sie hatten alle
denselben Vater, den Vater Unser im Himmel. Darum waren sie Brüder.
Eigentlich hatte Franz gar nicht eine neue Gemeinschaft von Brüdern
gründen wollen. Er hatte erst gedacht: Ich mach das allein, nur mein Gott
und ich. Aber der liebe Gott führte die neuen Freunde zu Franz. Gott
wollte, dass Franz auf seinem Weg nicht mehr ganz so einsam war. Und
die Gemeinschaft der Brüder sollte genau so leben, wie es in der Bibel
steht. Sie wollten alles genau so machen, wie Jesus es getan hatte.
Franz las immer in der Bibel über das Leben von Jesus. Und so wollte er
auch leben. Er schrieb auch auf, wie er mit seinen Brüdern in
Gemeinschaft leben wollte. Und eines Nachts lag der Papst, der Heilige
Vater in Rom, in seinem Bett. Was meinst du, Michael, ob der Papst
geschnarcht hat wie dein Papa? Das weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass er
einen Traum hatte. Er sah im Traum die große Kirche des Papstes. Aber
die Kirche wäre beinah eingestürzt. Doch da sah der Papst im Traum einen
kleinen Bruder im Bettlerkleid, der den Einsturz der Papstkirche
verhinderte. Da wachte der Papst früh auf und fragte sich: Wer ist dieser
kleine Bruder? Und dann kam der heilige Franziskus mit seinen Brüdern
zum Papst. Da erkannte der Papst: Der kleine Bruder in meinem Traum,
das war ja der heilige Franziskus! Da sagte der Papst zu Franziskus und
seinen kleinen Brüdern: Jesus schickt euch los! Geht in alle Länder!
Erzählt allen Geschöpfen von der Liebe Gottes! Nun nannte man die
kleinen Brüder des heiligen Franziskus einfach Kleine Brüder oder
Franziskaner. Und die wanderten nun von Land zu Land und erzählten
allen von der Liebe Gottes. Sie arbeiteten mit den Händen, um sich ihr
Brot zu verdienen. Und wenn mal der Arbeitslohn nicht ausgezahlt wurde,
dann gingen sie von Tür zu Tür und baten um eine milde Gabe.
Die Kleinen Brüder trafen sich alle zusammen in einem leeren Schuppen.
Aber ein böser Bauer verjagte sie mit seiner Mistgabel. Dann bekamen die
kleinen Brüder die Kirche der heiligen Mutter Maria geschenkt. Da
konnten sie Gottesdienst feiern. Daneben war auch ein Haus, in dem sie
miteinander sprechen konnten, zusammen essen, und sich mal richtig
ausschlafen. Neben der Kirche der heiligen Mutter Maria war ein Wald. Da
ging Franz gerne spazieren. Er liebte ja die Natur so sehr. Er konnte
keinem Käfer was zuleide tun. Es roch auch so gut im Wald. Und alles war
so still im Wald. Und eines Tages kam zu Franz ein junges schönes
Mädchen. Sie war eine Fürstin. Sie hieß Klara. Sie war gerade neunzehn
Jahre alt. Und sie war wunderschön. Sagte ich das schon? Sie war von
zuhause abgehauen. Sie wollte nämlich genau so arm leben wie
Franziskus. Sie besuchte Franz in seinem Zimmer. Und da trank sie Milch
aus seinen Brüsten. Ja, ja, so sagt man. Sie lebte nun genau so arm wie
Franz. Und viele Frauen folgten der heiligen Klara. Die Töchter der
heiligen Klara nennt man Klarissen. Sie singen sehr schön für Gott. Die
Klarissen beten und beten und beten und sind einfach in den lieben Gott
verliebt. Die heilige Klara konnte unsichtbare Dinge sehen. Und darum ist
sie die Schutzheilige des Fernsehens. So hatte der heilige Franziskus nun
in der heiligen Klara eine Freundin gefunden. Aber was meinst du,
Michael, muss unser lieber Franz nicht noch heiraten? Was meinst du, wen
wollte der heilige Franz heiraten? Du ahnst es nicht! Franz war auch ein
Dichter und er war verliebt in Frau Armut! Für Frau Armut schrieb er
Liebesgedichte. Und Frau Armut liebte den kleinen Franz auch sehr. Und
so haben Frau Armut und der heilige Franziskus geheiratet!
In der Kirche der heiligen Mutter Maria trafen sich Franziskus und die
Kleinen Brüder einmal im Jahr. Dann erzählte jeder kleine Bruder von
seinen Abenteuern. Jeder sagte, was er noch Tolles für Jesus tun wollte.
Dann zogen sie wieder in die ganze Welt aus. Als Kind wollte Franziskus
ja ein Ritter sein, Drachen töten und Jungfrauen erlösen. Nun hatte der
liebe Gott ihn zu einem ganz andern Ritter gemacht. Franziskus ritt nicht
hoch zu Ross, sondern ging zu Fuß, sogar ohne Schuhe. Er kämpfte nicht
mit dem Schwert, sondern mit der Zunge. Er führte nicht Krieg, sondern
rief alle Menschen zum Frieden auf. Er tötete keine Drachen, aber er
vertrieb den Hass aus den Herzen der Menschen. Er befreite keine
Jungfrauen, aber er rettete Seelen, indem er sie zum Retter Jesus brachte.
Er diente als Ritter keinem stolzen Burgfräulein, sondern seiner Herrin, der
Frau Armut. Franziskus war nun ein Ritter nach dem Herzen Gottes. Er
wollte nun unbedingt nach Syrien, den Moslems dort von Jesus zu
erzählen. Die Moslems in Syrien waren ein kriegerisches Volk. Sie
glaubten, dass Gott will, man soll Krieg führen und die Feinde töten.
Franziskus wollte ihnen erzählen, dass der liebe Gott der Gott des Friedens
ist. Dem lieben Gott ist das Leben heilig. Leider konnte Franziskus auf
dem Schiff Syrien nicht erreichen. Das Schiff geriet nämlich in einen
Sturm und zerbrach. Franziskus wurde an die Küste von Italien zurück
gespült. Dann wollte Franziskus nach Marokko. Das liegt in Afrika, ganz
nahe bei Spanien. Ich war da mal, da trinken sie gerne Pfefferminztee.
Aber auch das gelang nicht. Franziskus wurde nämlich krank, so musste er
in Spanien umkehren. Ja, Michael, das kennst du vielleicht: Du willst
irgendwas tun, und es gelingt einfach nicht. Aber nie den Mut verlieren!
Beim nächsten Mal klappts vielleicht!
Damals führten viele christliche Könige und christliche Ritter Krieg mit
den Moslems. Die Moslems hatten das Morgenland militärisch erobert und
auch das Heilige Land, in dem Jesus gelebt hatte. Aber Franziskus, der
Ritter nach dem Herzen Gottes, wollte mit den Moslems keinen Krieg
führen. Er wollte mit den Moslems über Gott sprechen. Die Franziskaner
erzählten überall von der Liebe Gottes, im schönen Frankreich, dem Land
der Liebe, in Österreich, wo die Menschen so nett sind, im Spanien, wo
schon die Knaben stolz sind, in Ungarn, wo sie Salami aus Eselsfleisch
essen, und dann in Syrien, wo die Familien riesengroß sind, und dann im
Heiligen Land, in Israel und Palästina, wo Jesus gelebt hatte, und
schließlich auch in Ägypten, wo die großen Pyramiden stehen. Und
Franziskus fuhr mit einem Schiff voller christlicher Ritter nach Ägypten.
Aber nicht, um dort Krieg zu führen, sondern um mit den Moslems über
Gott zu sprechen. Die Moslems glauben nämlich, dass Gott ein schrecklich
strenger Herrscher sei und wir alle seine Sklaven. Aber Franziskus wusste,
dass Gott ein liebevoller Vater ist, voller Zärtlichkeit wie eine Mutter, und
wir sind Gottes Kinder. Gott ist kein Gott des Zornes, sondern ein Gott der
Liebe. Und Gott ist kein Gott des Krieges, sondern ein Gott des Friedens.
Und Gott ist kein Gott des Todes, sondern ein Gott des Lebens. Franziskus
wollte endlich, ein für alle Mal, den Krieg zwischen den Christen und den
Moslems beenden.
Im Krieg besiegten die Moslems die Christen. Jesus hatte den Krieg nicht
gesegnet. Aber Jesus segnete Franziskus. Der ging nämlich zu dem König
von Marokko und sprach mit dem König über Gott. Der König von
Marokko war ein guter Mensch. Er war ein Moslem, aber er sagte: Allah
ist mein Geliebter, aber ich werde nie eins mit ihm werden. Im Himmel
warten auf mich die wunderschönen Mädchen, die darf ich dann heiraten.
Aber Allah ist so fern von den Menschen, ich werde ihn nicht einmal im
Paradies sehen. Und dennoch will ich Allah verehren und für ihn tanzen!
Das fand Franziskus schon recht schön. Aber Franziskus sagte: Gott ist
nicht weit weg von den Menschen. Maria hat ja Gott geboren. So ist Gott
ein Mensch geworden, ein kleines Kind, um für immer ganz nah bei den
Kindern zu sein. Sicher, im Himmel gibt es Millionen wunderschöne
Jungfrauen, aber heiraten werde ich im Himmel die Allerheiligste
Dreifaltigkeit. Und ich werde endlich die ungeheure Schönheit Gottes
sehen! Das wiederum fand der König von Marokko schön. Sie aßen
zusammen Fladenbrot mit Rindfleisch, Salat und Knoblauchquark. Dann
umarmten sie sich. Dann sagte der König von Marokko zum heiligen
Franziskus: Bitte bete für den Frieden in der Welt. Und so was gefällt
Jesus.
Besonders lieb hatte Franziskus die Mutter Natur. Er sah immer wieder
Gottes Schönheit in der Mutter Natur. Franziskus war so verliebt in die
Liebe Gottes, er sah in jedem Tierchen, in jeder Blume die Schönheit
Gottes. Jesus hatte ja einmal zu seinen Schülern gesagt: Geht und erzählt
allen Geschöpfen von der Liebe Gottes! Und so erzählte Franziskus den
Vögeln von der Liebe Gottes.Die Spatzen und Sperlinge, Amseln und
Rotkehlchen, Tauben und Kraniche blieben ganz still sitzen, solange
Franziskus predigte. Und wenn er sie dann segnete, dann erst spielten und
sangen sie weiter. Einmal war Franziskus in einer Gegend, wo Hirten mit
ihren Schafen lebten. Da kam oft ein Wolf aus dem Wald, die kleinen
Lämmer zu fressen. Franziskus ging zu dem Wolf in den Wald und sagte
zu ihm: Wolf, mein Bruder, ich will, dass Frieden zwischen Wölfen und
Lämmern ist. Ich bitte dich in Jesu Namen, die Lämmer nicht mehr zu
fressen. Und die Schafe will ich bitten, dass sie dir verzeihen. So sagte
Franz. Und der Wolf war in Zukunft ganz brav. Und einmal sah Franziskus
einen Regenwurm auf der Erde, der krümmte sich. Da sagte Franz: Bruder
Wurm! Jesus hat am Kreuz gesagt: Ich bin kein Mensch mehr, ich bin ein
Wurm! Jesus befreit die ganze Natur vom Tod!
Weißt du eigentlich, Michael, dass der liebe Franziskus das Krippenspiel
erfunden hat? Hast du schon mal in einem Krippenspiel mitgespielt? Das
hat Franziskus erfunden. Er feierte mit armen Bauern auf dem Land. Da
war ein Stall, da gab es Kühe und sogar Esel. Da war eine Futterkrippe für
die Tiere. Und da war Heu. Da war auch die schöne Tochter eines Bauern,
vierzehn Jahre jung, lange blonde Haare, große Augen, lächelnder Mund,
schlanker Körper, Beine wie ein Reh. Die spielte die süße Jungfrau Maria.
Und ein kleines Püppchen legte Franz in die Krippe. Das war das
Christkindchen. Denn Franz wollte das mit eigenen Augen sehen, in
welcher Armut das Christkindchen geboren ist.
Franziskus dachte immer an Jesus. Jesus war sein Liebstes. In seinem
Herzen schlug das Herz von Jesus. Die Worte von Jesus hörte er mit den
Ohren und sprach sie mit dem Mund. Die Schönheit Gottes sah er überall
mit den Augen. Mit den Händen berührte er Jesus in den Kindern und den
Kranken und den Armen. An seinen Gliedern war das Leiden Jesu.
Einmal hat Franziskus bei Wasser und Brot gefastet. Und zwar von Maria
Himmelfahrt bis zum Fest des Erzengels Michaelel. Der Erzengel
Michaelel ist der Schutzengel von allen Knaben, die Michael heißen. Sein
Fest ist am 29. September, da hast du Namenstag. Das darfst du ganz groß
feiern. Sag das deinen Eltern! Nun, also Franziskus hatte nur noch trocken
Brot gegessen und nichts als Wasser getrunken, einen Monat lang. Er stand
auf einem Berg und betete. Da sah er plötzlich ein Kreuz aus Licht am
Himmel. Und am Kreuz war ein Engel der Liebe. Der hielt Pfeil und
Bogen in den Händen. Ein Pfeil traf den heiligen Franziskus ins Herz, es
war ein feuriger Liebespfeil. Franziskus war begeistert und rief immer
wieder voller Glück: Gott, du bist die Schönheit! Gott, du bist die
Schönheit! Und dann hatte Franziskus an beiden Händen und an beiden
Füßen und an seinem Herzen die gleichen Wunden wie Jesus. Nun war
Franziskus zu einem zweiten Jesus geworden!
Und als Franziskus alt wurde, wurde er sehr krank. Er ist auch fast blind
geworden. Da hat er dieses Gedicht geschrieben:
Als Franziskus sein Ende kommen fühlte, ließ er sich zur Kirche der
heiligen Mutter Maria tragen. Auf dem Weg kam er am Krankenhaus
vorbei. Er segnete die Kranken. Dann saß er mit seinen Freunden noch am
Tisch, er nahm das Brot, brach es und reichte es seinen Brüdern. Dann
sangen die Brüder sein Gedicht. Dann bat Franziskus seinen besten Freund
Johannes, ihm aus der lieben Bibel vorzulesen. Dann ließ er sich nackt
neben der Kirche der heiligen Mutter Maria auf die Erde legen. Er sagte: O
süße Mutter Maria, nackt bin ich als Baby aus dem Bauch meiner Mama
auf die Welt gekommen. Nun sterbe ich. Nackt lege ich mich in die Mutter
Erde. O Mutter von Jesus, du musst mich jetzt ins Paradies gebären. Dann
sagte er noch zu seinen Brüdern: Ich hab getan, was ich konnte. Nun müsst
ihr Jesus fragen, was ihr tun sollt. Er seufzte noch: Jesus... Jesus... Jesus..
Dann starb er und ging in das Paradies ein.
ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
PHILOSOPHISCHE SKIZZEN
AUGUSTINUS
Verehrter Meister Platon, neulich sagte mir eine christliche Matrone
namens Elisabeth, sie glaube, die Seele sei vor der Empfängnis bei Gott
gewesen. Das hat mich bewogen, dich zu einem Gespräch über die Seele
einzuladen.
PLATON
Ja, fürwahr, hochweiser Augustinus, deine Matrone Elisabeth hat meine
Vision verstanden. Es ist meine Vision, dass die Seele vor der Zeugung
durch den Mannessamen und der Empfängnis im Uterus der Mutter bereits
lebte. Wie du weißt, nennt man das Präexistenz der Seele. Ich hatte die
Vision, dass die Seele, die auf griechisch Psyche heißt und einem
Schmetterling verglichen wird, vor ihrer Inkarnation in einem himmlischen
Reich war, das ich den Himmel der ewigen Ideen nenne. Dort schaute die
Seele die Götter des Himmels, dort schaute die Seele die Ideen der
Schönheit, der Wahrheit, der Güte und der Liebe. In diesem Himmel der
Ideen war die Seele von aller Ewigkeit. Es gibt keinen Anfang der Seele,
sie hat weder Anfang noch Ende, sie ist unsterblich, sie ist ewig.
AUGUSTINUS
Wenn nun die Seele von Ewigkeit zu Ewigkeit existiert und lebt, so muss
man sie ja Gott nennen. Und so viele Myriaden Seelen es gibt, so viele
Götter gäbe es dann auch. Dann wären Zeus und die zwölf Götter des
Olymp nicht alles, dann gäbe es Myriaden Götter. Aber was wir Gott
nennen, ist der Ursprung von allem, die Ursache aller Bewegung, das
ewige Sein, das Höchste, das Absolute, was alles umfängt und erfüllt und
zugleich übersteigt, und darum kann es nur einen Gott geben. Was Alles
ist, Alles durchdringt, alles umgibt, alles übersteigt, kann man nur als
Einheit denken. Credo in Unum Deum – ich glaube an den Einen Gott.
Wenn es aber nur Einen Gott gibt, der Ursprung von allem Lebendigen ist,
können die Seelen nicht ewige Götter sein, sondern müssen irgendwie
abgeleitet sein von diesem Gott. Die Seele ist also nicht göttlich und ewig.
Was aber nicht göttlich ist, das ist Geschöpf, was nicht ewig ist, das hat
einen zeitlichen Anfang. Wir Christen bekennen den Schöpfergott –
Creator ex nihilo – der alles geschaffen hat, die sichtbare und die
unsichtbare Welt. Gott ist der Schöpfer der unsichtbaren Seele und der
Schöpfer des sichtbaren Leibes. Wenn Mann und Frau sich in Liebe
vereinigen, werden sie zu Mitschöpfern mit dem Schöpfergott und so
bereitet der Schöpfer den Leib. Die Seele wird im Augenblick der Zeugung
und Empfängnis von Gott aus dem Nichts geschaffen und in den Keim des
Körpers im Schoß der Mutter eingehaucht oder, wie unsere Dichter sagen,
in einem Kuss Gottes mitgeteilt.
PLATON
So leugnet ihr die Existenz der Idee der Seele?
AUGUSTINUS
Nein, wir behaupten, dass der allwissende Gott die Seelen alle in seinem
Geist vorhergewusst hat. Die Ideen der Seelen sozusagen existierten im
Geist Gottes. Wenn wir deinen Schüler Aristoteles zu Rate ziehen wollen,
so ist die Seele die geistige Form des Körpers, aber der ewige Logos ist die
geistige Form der Seelen. Der Logos oder Christus, der allein präexistent
ist, ist die Form der Seelen, darum wir sagen, dass jede menschliche Seele
von Natur aus christlich ist, denn sie ist im Bild und Gleichnis Christi
geschaffen von Gott dem Vater aus dem Nichts und im Geiste Gottes
eingehaucht in den Körper.
PLATON
Nun, wie die Seele in den Körper kommt, da sind wir unterschiedlicher
Meinung. Ich hatte von den alten Weisen Ägyptens die Lehre vom
Sündenfall der Seele vernommen. Da die Seele in der glückseligen
Anschauung der Ideen war oder, wenn man so will, die himmlischen
Götter geschaut hatte, nun aber offensichtlich in der finsteren Materie
unglücklich und unwissend ist, musste ich notwendiger Weise auf einen
Sündenfall der Seele schließen. Denn dass Zeus so grausam wäre, die
glückselige Seele aus dem Ideenhimmel aus purer Bosheit in das Elend der
finsteren Materie zu verbannen, das zu denken, verbot mir meine Ehrfurcht
vor dem Gott, denn ich die Güte nannte. Worin genau der Sündenfall der
Seele bestand, wurde mir von meinem Daimonium nicht offenbart. Aber es
muss sich im Himmel eine Tragödie ereignet haben.
AUGUSTINUS
Uns berichten die Heiligen Schriften der Hebräer von einem Sündenfall
am Anfang der Menschheit. Der Mensch ist ursprünglich von Gott sehr gut
geschaffen worden, als Mann und Frau, beide Abbilder Gottes. Und sie
lebten in Harmonie mit Gott, in Harmonie untereinander, in Harmonie mit
der Natur. Gott gab ihnen nur ein einziges Gebot. Aber verführt von einem
bösen Geist übertraten sie das einzige Gebot Gottes. Sie kamen so in den
Zustand der Trennung von Gott, das nennen wir Sünde. Die Menschen
untereinander kamen in einen Zustand des Brudermordes. Und auch die
Natur geriet durch den Fall des Menschen in den Bereich des Krieges, der
Vergänglichkeit und des Todes. Das ist der Sündenfall der ersten
Menschen, und seitdem lebt die Menschheit im Bereich der Sünde. Die
Sünde wird von Generation zu Generation weitergegeben. Jede Seele, die
geschaffen wird und in einen Körper kommt, gerät in den Einflussbereich
der Sünde. Zwar ist die Seele von Gott gut geschaffen, aber durch die
Umweltverschmutzung der Erbsünde neigt die Seele zum Bösen. Diese
Erbsünde wird hinweggenommen durch das Bad der Wiedergeburt, das
Sakrament der Taufe. Darum sollen nach dem Befehl des Meisters Jesus
alle Menschen getauft werden. Einzig die Seele der Jungfrau Maria war
voll der Gnade, von ihrer Empfängnis an von der Erbschuld befreit, denn
der Logos wollte von einer makellosen Jungfrau geboren werden.
PLATON
Wie dem auch sei, die Seele ist mit dem Leib verbunden. Aber dieser Leib
ist das Verließ der Seele. Der Körper ist ihr Kerker. Solange sie im Körper
ist, lebt sie in der Verbannung, ist sie fern von der himmlischen Heimat. Ja,
der Leib ist der Sarg der Seele. Darum übt sich der Philosoph in den Tod
ein. Ja, Philosophieren ist Einübung ins Sterben. Im Tod scheidet sich die
Seele vom Körper und fliegt in die Freiheit. Auch der Philosoph erhebt
sich über die körperliche Schönheit und schwebt hinan zur geistigen
Betrachtung der göttlichen Schönheit.
AUGUSTINUS
Dagegen halten wir Christen den Leib für gut. Der Schöpfer hat den Leib
geschaffen. Der Logos hat einen menschlichen Leib angenommen. Wir
empfangen den Leib Christi im Abendmahl. Die körperliche Vereinigung
von Mann und Frau besiegelt das Sakrament oder Mysterium der
christlichen Ehe.
PLATON
Ihr erklärt die sexuelle Vereinigung von Mann und Frau zu etwas
Göttlichem? Ich dagegen bevorzuge die keusche Knabenliebe, da der
Weise den schönen Jüngling mit keuscher Bewunderung für seine
Schönheit liebt, ohne sexuelle Begierde zu erfahren. Allein die
philosophische Liebe, die man nach mir auch platonische Liebe nennt, ist
der Seele wahrhaft würdig. Der Philosoph liebt nur mit den Augen die
Schönheit des Lieblings und mit den Ohren lauscht er der Seele des
Lieblings und der Schönheit der Tugend. Jede Begierde und sexuelle
Vermischung ist dem Philosophen ein Gräuel. Denn diese Art von Liebe
macht den Menschen den Tieren ähnlich.
AUGUSTINUS
Wir erkennen zwei Lebensweisen, sich mit der Liebe Gottes zu vereinigen.
Die erste ist die heilige Ehe. Aber du musst sie nicht vergleichen mit den
Bordellen im Hafen von Korinth. Die christliche Ehe lebt in aller
Keuschheit die wechselseitige selbstlose Hingabe als einen Spiegel der
Liebe Christi zu seiner Braut Kirche. Die andere Lebensweise ist die der
Jungfräulichkeit. Die Jungfrau verzichtet auf einen sterblichen Ehemann,
um sich mit dem Bräutigam Jesus zu vermählen. Auch wir haben weise
Männer, die ehelos leben in einem mystischen Verlöbnis mit der Weisheit
Gottes.
PLATON
Ich weiß, wie schwer es ist, die Leidenschaften zu zügeln. Ich weiß nicht,
ob ich die Apathie mein Ideal nennen soll. Ich meine, in der Seele sind drei
Kräfte. Die erste ist die Leibseele, sie gleicht einem wilden Hengst, es sind
die Triebe und stürmischen Leidenschaften. Die zweite Kraft ist die
Geistseele, auch sie gleicht einem Hengst, einem edlen Ross. Die beiden
Pferde ziehen den Wagen der Seele. Auf dem Wagen der Seele steht der
Jüngling Wagenlenker, das ist die Vernunft des Menschen, sie muss die
beiden Pferde lenken. Wenn das Ross der Leidenschaften nicht von der
Vernunft gezügelt wird, reißt es den Wagen der Seele in den Abgrund.
AUGUSTINUS
Ja, wenn ich sage, Leib und Seele sind von Gott sehr gut erschaffen, dann
muss ich doch dazu sagen, dass die Seele den Leib regieren soll und nicht
umgekehrt. Nun, auch ich behaupte drei Kräfte in der Seele, nämlich
Erkenntnis, Gedächtnis und Willen. Die Erkenntnis geschieht mithilfe der
Vernunft des Menschen und bezieht sich auf die göttliche Weisheit als ihr
Ziel. Das Gedächtnis erinnert sich an alle gewonnenen Erkenntnisse und
bewahrt sie in der Seele. Das Wollen geschieht durch den menschlichen
Willen und bezieht sich auf die göttliche Liebe als ihr Ziel. Ich bin der
Meinung, von diesen dreien ist der Wille die wichtigste Kraft. Aber ich
gebe auch zu, dass man darüber streiten kann, denn wir haben in der
Kirche auch Gelehrte, die die Vernunft über den Willen stellen.
PLATON
Was aber macht die Schönheit der Seele aus? Die Tugend ist die Schönheit
der Seele. Und was ist Tugend? Es gibt drei Tugenden und eine vierte. Die
Tugenden heißen Weisheit, Starkmut und Maß und die vierte ist die
Gerechtigkeit. Das könnten wir nun auch auf einen gerechten Staat
beziehen, aber bleiben wir beim einzelnen Menschen. Die Weisheit ist die
Tugend des Geistes, Klugheit, Erkenntnis und Vernunft. Starkmut, Mut
oder Tapferkeit ist die Tugend des Herzens, das Gegenteil von Kleinmut
und Verzweiflung. Das Maß, das Maßhalten, die Mäßigung oder wenn du
willst, Selbstbeherrschung und Keuschheit ist die Tugend des Leibes. Die
Gerechtigkeit nun verwirklicht sich, wenn diese drei Tugenden
verwirklicht sind. Ein Mensch mit einem klugen Geist, einem mutigen
Herzen und einem keuschen Leib ist ein Gerechter.
AUGUSTINUS
Ich stimme dir vollkommen zu. Wir Christen anerkennen diese
menschlichen Tugenden, die man auch Kardinaltugenden nennt. Aber wir
kennen noch drei weitere Tugenden, die wir die theologalen oder
göttlichen Tugenden nennen, nämlich den Glauben an Gott, die Hoffnung
auf den Himmel und die selbstlos schenkende Liebe. Und von diesen
Tugenden, die von Gott der Seele eingegossen werden, ist die Liebe die
größte. Glauben verwandelt sich in Schauen, Hoffnung in Erfüllung, allein
die Liebe bleibt in Ewigkeit.
PLATON
O die Liebe! Meine Philosophie ist eine Philosophie für Liebende. Die
Liebe ist auch bei uns Griechen ein Gott, Eros, der älteste der Götter, wie
die Dichter sagen. Alles, was ich über Eros weiß, hab ich von der
Priesterin Diotima gelernt. Sie sagte: Eros ist nicht Gott und nicht Mensch,
sondern ein guter Dämon, ein Mittler zwischen den Menschen und den
Göttern. In der Präexistenz im Ideenhimmel schaute die Seele die Idee der
Schönheit. Als die Seele in den Kerker des Körpers kam, trank sie von der
Lethe, dem Fluss des Vergessens, und vergaß die Idee der Schönheit.
Allein Philosophen und Künstler tranken nur einige Tropfen von der
Lethe, sie erinnern sich noch einigermaßen gut an die göttliche Schönheit.
Wenn nun auf Erden die Seele einen schönen Liebling sieht, erinnert sich
die Seele langsam wieder an die himmlische Idee der Schönheit. Dann
wachsen die Flügel der Seele wieder. Eros nämlich, der Dämon, ist die
Liebe zur Schönheit. Diotima spricht von einer Himmelstreppe zur
göttlichen Schönheit. Zuerst liebt der Mensch die körperliche Schönheit
des Lieblings. Dann beginnt er, die seelische Schönheit des Lieblings zu
lieben, die in der frommen Tugend besteht. Dann lernt der Mensch, die
Tugend an sich zu lieben, die Güte und Frömmigkeit. Und von dort steigt
die Seele auf zur Idee des Wahren, Guten und Schönen, bis er die göttliche
Schönheit in ekstatischen Visionen schaut, welche die Dichter Aphrodite
Urania nennen, die Himmelskönigin. Und das allerhöchste Ziel der Liebe
ist die Gutheit, die höchste Gottheit, in deren Schau die Seligkeit der
liebenden Seele besteht.
AUGUSTINUS
Wir kennen diese Liebe und nennen sie den aufsteigenden Eros. Aber wir
vervollkommnen diese Liebe durch die herabsteigende Agape. Jedoch,
mein geliebter Platon, immer wenn ich Eros höre, muss ich an den
platonischen Mythos von Eros und Psyche denken.
PLATON
Psyche war ein Mädchen, schön wie Aphrodite. Der Jünglingsgott Eros
verliebte sich in Psyches Schönheit. Eros stieg vom Himmel herab, um
sich mit Psyche zu verloben. Er gab ihr ein Gebot, sie solle nicht begehren,
den unsichtbaren Gott zu schauen. Doch von ihren älteren Stiefschwestern
verführt, übertrat sie das Gebot. Eros kehrte ohne Psyche in den Himmel
zum Vater Zeus zurück. Psyche suchte nun ihren himmlischen Geliebten.
Sie musste manche Prüfung bestehen. Ja, sie musste hinabsteigen zum
Hades. Wenn ihr nicht des Eros Mutter, die himmlische Aphrodite,
geholfen hätte, sie wäre nie ans Ziel gelangt. Aber Aphrodite führte sie
schließlich nach vielen Prüfungen zu ihrem Sohn im Himmel. Und dort
feierten in einer himmlischen Hochzeit Eros und Psyche die mystische
Ehe.
AUGUSTINUS
Und darin ist soviel Wahrheit! Denn der aufsteigenden menschlichen Liebe
muss die herabsteigende göttliche Liebe entgegenkommen. Und das ist das
Mysterium des Christentums, dass die göttliche Liebe herabstieg vom
Himmel auf die Erde, um sich mit der menschlichen Seele zu verloben und
sie heimzuholen zur himmlischen Hochzeit. Diese herabsteigende Liebe
nennen wir nicht Eros, sondern Agape. Dies tun wir, damit wir nicht
missverstanden werden. Denn die Hetären in den Freudenhäusern von
Korinth berufen sich auch auf Eros und meinen mit Eros Unzucht, Hurerei
und Ehebruch. Wir sprechen aber von der göttlichen, selbstlos
schenkenden Liebe. Und dennoch sagen unsere Mystiker: Jesus ist unser
Eros! Jesus ist der Bräutigam der Seele! Unser Eros ward gekreuzigt!
Unser Eros ist auferstanden!
PLATON
Sprechen wir von der Befreiung der Seele. Wie wird Psyche erlöst? Ich
sehe keinen anderen Weg der Erlösung als den der Erkenntnis. Die Psyche
muss weise werden. Sie muss mit den Augen der Liebe alles immer tiefer
durchdringen, bis sie zur Schau der göttlichen Ideen hindurchdringt. Dann
erkennt sie ihr verlorenes Paradies. Dann streift sie alle weltlichen und
materiellen Fesseln ab und schwingt sich mit den Flügeln der Liebe zur
Schönheit geistig auf in den Himmel, ins Elysium. Der Tod wird diese
Befreiung vollenden. Nur die Seele, die auf Erden schon allen Staub von
sich abgeschüttelt hat, kommt nach Elysium. Die fleischlich gesinnten
Seelen kommen entweder in den Hades oder sie werden wiedergeboren.
AUGUSTINUS
Ich würde sagen, das ist Pelagianismus, denn diese Häresie lehrt, der
Mensch könne aus eigener Kraft selig werden. Aber die katholische
Offenbarung Gottes sagt, dass alle Menschen Sünder sind und nur gerettet
werden können durch den Retter und Erlöser Jesus Christus. Der nahm alle
Sünden auf sich und starb und ist auferstanden und macht und
gerechtfertigt vor Gott aus reiner Gnade durch den Glauben, der in der
Liebe tätig ist. Und diese Gnade des Erlösers wird uns im Sakrament der
Taufe zuteil und in den anderen Sakramenten, vor allem der Eucharistie.
Die Kirche feiert sieben Sakramente. Aber man könnte das betende Lesen
der Heiligen Schrift quasi das achte Sakrament nennen. Also: Die Seele
kann nur durch den Erlöser erlöst werden. Wer sich der Erlösung
verweigert, wird verdammt. Wer die Erlösung annimmt, kommt entweder
direkt in den Himmel oder er geht zuvor durch eine Phase der Läuterung
und kommt dann in den Himmel. Eine Wiedergeburt lehrt die göttliche
Offenbarung definitiv nicht, sondern, wie der weise Paulus sagt: Wir
sterben einmal und dann kommt das Gericht.
PLATON
Nun lehrte aber der weise Pythagoras, die Seele wandere von Körper zu
Körper. Darum aßen die Pythagoräer keine Bohnen, denn die Bohnen
waren Sitz der Ahnen. Auch der göttliche Mann Empedokles lehrte die
Metempsychose oder Reinkarnation. Wie ich auch einige Juden von
diesem Glauben flüstern hörte.
AUGUSTINUS
Ich weiß, ich kenne diese mystische Synagoge. Auch am Indus fabeln sie
von der Wiedergeburt. Kann aber eine greise Seele wieder zu einer
kindlichen Seele werden? Kann eine menschliche Geistseele zu einer
animalischen Tierseele oder gar einer vegetabilen Pflanzenseele werden?
Die eine einmalige Seele ist die eine einmalige Form diesen einen
einmaligen Leibes. Der Mensch ist nicht allein die Seele mit
verschiedenen zufälligen Leibern, sondern der Mensch ist diese einmalige
Einheit von Leib und Seele. Weil der Mensch die Einheit von Leib und
Seele ist, darum lehren wir nicht allein die Unsterblichkeit der Seele,
sondern auch die Auferstehung des Fleisches.
PLATON
O Unsterblichkeit der Seele! Sokrates sagte, die Seele ist das
Lebensprinzip des Leibes. Und was an sich ein Lebensprinzip ist, kann
nicht sterben. Auch umfasst die Seele ja den unendlichen Kosmos. Die
Seele bewegt sich frei von Raum und Zeit. Sie kann die Ewigkeit
umfassen in ihrer Meditation. Darum ist die Seele der Ewigkeit gemäß.
AUGUSTINUS
Ich stimme dir vollkommen zu. Dazu kommt, dass die Seele ein
substanzielles eigenständiges und immaterielles Wesen ist. Beim Zerfall
des materiellen Körpers kann das immaterielle und eigenständige Wesen
der Psyche nicht mit zerfallen.
PLATON
Wie wollen wir aber das ewige Ziel der Seele nennen? Wir Griechen
nennen es Elysium. Und unsere griechischen Dichter singen Oden an die
Freude, die Tochter aus Elysium. Elysium ist ein himmlischer Garten, eine
vollkommene Gegenerde. Dort leben die unsterblichen Seelen mit den
himmlischen Nymphen und schauen den Tanz der Ideen und die Schönheit
der unsterblichen Götter.
AUGUSTINUS
Wir nennen die ewige Heimat Paradies. Nach der Auferstehung des
Fleisches werden die erlösten unsterblichen Seelen in ihren auferstandenen
unsterblichen Geistleibern schauen von Angesicht zu Angesicht die
Urschönheit der Urgottheit. Sie werden schmachten nach dem Genuss der
Gottheit und werden befriedigt von der Liebe Gottes. Aber sie werden
nicht so schmachten, dass sie unglücklich werden, denn sie werden ja
befriedigt. Aber sie werden auch nicht so befriedigt, dass sie des Himmels
überdrüssig werden, sondern sie werden auch ewig schmachten. Und so
wird die Seele im Geistleib hineingesogen in das Liebesspiel der
dreifaltigen Liebe der Einen Gottheit.
PLATON
Nun haben wir aber genug philosophiert. Lass uns eine Flasche Wein
köpfen.
AUGUSTINUS
Ja! Ich bin kein Abstinenzler, ich trinke gerne Wein, aber nicht zuviel, wie
es sich für einen Bischof gehört.
BINAH
Mensch, da gibt es nichts, was ich lieber habe als dich, ich will dir alles,
was ich zu deinen Gunsten getan habe, zeigen, und alles, was du von mir
erwarten kannst, solange du mich lieben wirst.
Ich bitte nur um dein Vertrauen, um mein Verlöbnis zu bitten, und ich will
dir hundertmal mehr geben als das, was ich dir versprochen habe.
Denn ich zerstreue alle deine Ängste, lösche alle deine Zweifel aus.
Die erste Frage, die dich quält: Darum findet man sich in einer dichten
Materie, deren Notwendigkeiten und Korruption dich in der Sklaverei
gefangen halten und dauernder Verwirrung.
Sie hatten ein Recht in ihrer Ausstrahlung, waren zum Priester geweiht,
aber waren nicht in der Lage, den Grenzen der Natur zu entkommen und
daher nie meine Gleichen zu sein, aber heftig waren ihre Bemühungen.
Denn ich bin das einzige Wesen, und es wird nie ein anderes sein wie ich.
Sie hatten noch eine Vorschrift, um sie im Kult zu praktizieren, die dazu da
war, um die Essenz ihrer spirituellen Natur zu leiten und dass sie ein Gebot
erfüllen.
Wenn diese Wesen nicht versucht hätten, die Grenzen, die ich ihnen
vorgeschrieben, zu überschreiten, wenn sie in meinen Geboten gegangen
wären und hätten nicht ihr eigenes Gebot gemacht, ich hätte ihnen eine
ununterbrochene Ruhe gelassen und unzählige Köstlichkeiten wären ihr
Lohn gewesen, und das Böse wäre noch unbekannt.
Ihre Freiheit:
Aber unabhängig von mir, nach ihrem Willen und spirituellen Handlungen,
konnte ich nicht ihren freien Willen beschränken, ohne sie zu zerstören.
Sie hatten in sich ein Prinzip des unzerstörbaren Lebens, das gebe ich
allem, was aus mir hervor kommt. Und so ließ ich sie handeln, wie sie
wollten, ohne meine Intervention in jeder Handlung der Wesen.
Meine Gesetze sind unveränderlich. Wie ich mit mir trage die ewige
Quelle unendlicher geistiger Wesen, können alle, die von mir ausgehen,
nicht umhin, zu fühlen und zu wissen, wie sie mir geweiht sind, dass,
wenn sie von mir weichen, sie nur Verwirrung finden.
Mein Gesetz kann nicht die alleinige Grundlage für ihre Freiheit sein,
sonst würden sie nicht meine Kinder sein, sondern eher meine Sklaven.
Durch die Kraft dieser Freiheit wagten die ersten geistigen Wesen in ihrer
Kühnheit, meinen Thron zu besteigen. Sie wollten meine Ewigkeit, indem
sie mir gleich sein wollten.
Schließlich entwickelten sie den Plan, Schöpfer selbst zu sein, die dritte
und vierte Ursache, die sie wussten, die angeboren sind in meiner
Allmacht, da sie in ihrer Eigenschaft als göttlich-geistige Wesen lesen
konnten, was in meinem Herzen war.
Ihr Fall:
Aber mein Thron ist ewig und unerschütterlich, und nichts ist mir
verborgen, so drang ich in ihre kriminellen Gehirne, in denen einmal diese
Gedanken gebildet worden waren.
Ich ließ sie wissen, dass es keine Macht gibt, die gegen meine bestehen
kann. Ich jagte sie weg von meinem heiligen Bezirk, wo sie erkennen
konnten meine göttliche Essenz, all das, was handeln sollte und betreiben
alle meine Herrlichkeit in den spirituellen Wesen, und zwar: die
überlegenen Häupter, die unteren und kleineren, obwohl sie noch nicht
ausgestrahlt waren.
Als ich also mein Licht verweigerte, habe ich dieses physische Universum
der materiellen Formen geschaffen, in denen diese Provokateure
kontinuierlich ihre Erkrankung, die durch ihre mutwilligen Wünsche
erzeugt wurden, ausüben.
Es liegt im Zentrum dieser Arbeit meiner Macht, dass ich für sie ein Asyl
in den Tiefen ihrer dunklen Operationen vorbehalten habe.
Also, Mensch, öffnete ich mein Herz wieder, und du wurdest empfangen.
Ich habe dir die Verteidigung meiner Ehre anvertraut, dir gab ich alle
Rechte, die ich genommen habe den Ältesten.
Ich behaupte, deine Macht ist desselben Wesens, die andere Meister nicht
erkannt haben als ich allein.
Ich gab dir Gesetze, Vorschriften und Gebote. Du warst frei, wie sie, um
die Freiheit zu meiner Ehre zu verwenden.
Aber der Engel der Finsternis, der geschworen hat, alles, was mir gehört,
zu zerstören, ließ nicht ab von seinem Wunsch, dich zu verführen und
anders handeln zu lassen.
Er deutete an den gleichen kriminellen Stolz in deiner Seele, der ihn schon
zum Objekt meiner Wut gemacht hatte. Er überzeugte dich, dass es keine
Grenzen für die Kraft gebe, die ich dir gab, und das du in meinem Bild die
gleichen Rechte wie ich hättest.
Statt von sich weg zu jagen dieses Monster der Verwünschung, wie du die
Macht zu tun hattest, warst du niedrig genug, dich in diesem Bestreben,
das du dir vorgestellt, so schön zu sein zu dünken.
Sein Vergehen:
Und bald wurdest du überredet, in Kraft dieses fatale Projekt zu beginnen,
das dich erschrecken sollte und dass sogar mehr als den Tod selbst mit sich
bringen sollte.
Sein Elend:
Denke daran, jeden Tag in deinem Leben, was es kostet, was du erhalten
hast, ein paar Strahlen meines Lichts, und du wirst sehen, wie weit ich
meine Rache reichen lasse zu allen, die mich empört haben.
Aber es kommt keine Qual und Verfolgung von mir, es kommen alle deine
Leiden von deinem Gegner, da du ihn über dich herrschen ließest.
Aber, Mensch, wie du das Objekt meiner Liebe immer noch bist, ich habe
meine Augen nicht von dir abgewandt.
Ich habe mein Kind bestraft, so dass, auch wenn du meine Gerechtigkeit
fühltest, du wirst noch mehr das Gefühl meiner Gnade haben. Und
schließlich, bei der Erkennung der Größe meines Namens, wirst du dich
vor mir demütigen und du wirst mir dein Herz geben. Hätte ich gewollt,
dass du verloren gehst, möchte ich dich vollständig von mir getrennt
haben, da du derjenige warst, der sich mit Ausflüchten von mir getrennt
hatte.
Im Gegenteil, ich hatte die Absicht, dir den Vorteil in deinem Kampf zu
geben, ich habe dich stark gegen den Feind bewaffnet, habe dir reiche
Beweise meiner Macht gegeben, dir sinnvolle Zeichen gesandt, um deine
Hommage an mich adressiert zu verbreiten, so wie ich diejenige bin, die
dich belohnen kann.
Schreibe:
Also warum sollte ich meine Dichtung in dein Herz legen? Nein, ich
glaube nicht, dass du von mir je mehr gehen wirst; ich möchte, dass du
diesen Zustand des Todes durchhältst, in dem du jeden Moment tiefer
sinkst.
Ich will dich lehren, meine Arbeiten zu beobachten, ich möchte, dass
meine Wahrheiten in allen Schritten zu erkennen sind.
So musst du nicht mehr zögern, mich als deine Führerin zu nehmen, und
deine Seele wird gestehen, dass sie fest und unerschütterlich durch das
Leben gehen und immer in meinem Gesetz sein kann.
Beachte die Formen und ihre Reihenfolge, wie du sie kennst, denn der
erste Einsatz von Sinnen ist es, alles um sich herum zu beobachten.
Dieser Anteil wird dich befestigen und dich anziehen gegen deinen Willen.
Dies ist die erste einfache Beobachtung, die du machen wirst, die Ewigkeit
meines Namens und der unveränderlichen Gesetze, die ich graviert sogar
auf die gröbsten Arbeiten mit meinen Händen, so dass du nie Zweifel
haben wirst.
Junia oder Junias ist ein Apostel oder eine Apostelin, der oder die im
Römerbrief 16,7 zusammen mit Andronikus erwähnt wird.
Im Römerbrief werden Andronikus und Junia erwähnt, die „angesehen
unter den Aposteln sind“. Der weibliche Name Junia wird dabei von
manchen Auslegern als Kurzform für den männlichen Namen Junianus
interpretiert. Neuer evangelische Bibeln fassen dagegen Junia als
Apostelin auf.
Für eine Frau spricht auch, dass der Frauenname Junia in der
außerbiblischen antiken Literatur vielfach belegt ist, ein Männername
Junias aber bis heute nicht nachgewiesen werden konnte. Die Ansicht, dass
es sich bei der betreffenden Person um einen Mann namens Junias handle,
wird zum ersten Mal im 13. Jahrhundert in der katholischen Kirche
vertreten. Sie wird hier sehr schnell Gemeingut der Ausleger und ist es bis
heute geblieben, während die orthodoxen Kirchen immer noch an der
althergebrachten Auffassung festhalten.
In den meisten älteren Bibelausgaben steht der Männername Junias.
Diesen Namen hat es für Männer in der Antike nicht gegeben, der
Frauenname Junia hingegen war üblich. Noch die Auslegungen zur Zeit
der Alten Kirche lasen hier Junia. Der Unterschied zwischen den beiden
Namen besteht nur in der Interpretation eines Akzents. Spätere Ausleger
konnten sich nicht mehr vorstellen, dass hier eine Frau als Apostelin geehrt
wird, deshalb veränderten sie den Text.
Wahrscheinlich lautete der Name ursprünglich weiblich Junia. In der alten
Kirche und noch bis ins 13. Jahrhundert wurde er als Frauenname
verstanden.
Alle Kirchenväter halten Junia für eine Apostelin. Bei Johannes
Chrysostomos findet sich folgende Bemerkung: „Ein Apostel zu sein ist
etwas Großes. Aber berühmt unter den Aposteln – bedenke, welch großes
Lob das ist. Wie groß muss die Weisheit dieser Frau gewesen sein, dass sie
für den Titel Apostel würdig befunden wurde.“
Der erste Ausleger, bei dem der Name Junias auftaucht, ist Aegidius von
Rom (13. Jahrhundert).
Seit dem Jahre 2012 gibt es in Deutschland eine Junia-Kirche: Die
Gemeindeversammlung der alt-katholischen Gemeinde Augsburg hat in
einer Gemeindeversammlung 2011 über die Namensgebung der neu
gebauten Kirche abgestimmt und sich mit großer Mehrheit für die
Apostelin Junia entschieden. Die Kirche wurde 2012 durch einen Bischof
geweiht.
In der Bibel wird zwischen »den Zwölfen« und dem Apostelkreis un-
terschieden. Das ist nachzulesen in den Versen, in denen Paulus aufzählt,
wer den Auferstandenen gesehen hat. Da werden die Zwölf genannt, dann
500 Geschwister und am Ende apostoloi. Schließlich bezeichnet sich
Paulus selbst als Apostel. Auch Barnabas, der Begleiter des Paulus, wird
Apostel genannt . Als Apostel galten diejenigen, die die Auferstehung Jesu
bezeugen konnten und die sich von Jesus dazu beauftragt wussten. Auch
Frauen waren unter den apostoloi. Im Brief an die Gemeinde in Rom 16,7
lässt Paulus zwei Personen grüßen. Sie heißen Andronikus und Junias und
werden als »berühmt unter den Aposteln« bezeichnet. Dazu gibt es in den
neueren Ausgaben der Bibel eine Anmerkung: „Wahrscheinlich lautete der
Name ursprünglich weiblich Junia. In der alten Kirche und noch bis ins 13.
Jahrhundert wurde er als Frauenname verstanden. Für eine Frau spricht
auch, dass der Frauenname Junia in der außerbiblischen antiken Literatur
vielfach belegt ist, ein Männername Junias aber bis heute nicht
nachgewiesen werden konnte.“ Die orthodoxen Kirchen des Ostens wissen
seit jeher, dass Junia eine Frau war. Die griechisch-orthodoxe Kirche zählt
Junia gemeinsam mit ihrem Gefährten Andronikus zum Kreis der
Apostelinnen und Apostel. In der Kunst wird Junia zuweilen zusammen
mit Andronikus und dem Wundertäter Athanasius abgebildet. Die
Geschichte der Geschlechtsumwandlung der Apostelin Junia trägt Züge
eines historischen Kriminalromans. Die amerikanische Theologin
Bernadette Brooten hat diese verdrängte Frauengeschichte offen gelegt. In
ihrem Aufsatz: „Junia, hervorragend unter den Aposteln“ zeichnete sie das
Verschwinden der Apostelin Junia zugunsten eines Apostels Junias nach.
Der frühen Christenheit war es selbstverständlich, dass es sich bei Junia
um eine Frau handelte, zumal es den Männernamen Junias nicht gab. Der
Kirchenvater Johannes Chrysostomos würdigte Junia im 4. Jahrhundert:
„Ein Apostel zu sein ist etwas Großes, aber hervorragend unter den
Aposteln – bedenke, welch wunderbares Loblied das ist. Sie waren
hervorragend aufgrund ihrer Arbeit und ihrer rechtschaffenen Taten. Wie
groß muss doch die Weisheit dieser Frau gewesen sein, dass sie für den
Titel Apostel würdig gefunden wurde!“ Andere Kommentatoren haben sich
dem Kirchenvater angeschlossen, bis im 13. Jahrhundert Aegidius von
Rom den Namen als männlich einordnete. Damit begann eine Tradition,
die sich bis heute in Bibelausgaben gehalten hat. In der maßgeblichen
wissenschaftlichen Textausgabe des Neuen Testaments geschah diese
Verwandlung später: Bis zur Auflage von 1923 stand im griechischen Text
korrekt der Frauenname Junia. Erst zu dem Zeitpunkt, als Frauen erstmals
zum Theologiestudium zugelassen wurden und Pfarrerinnen werden
wollten, nämlich ab der Ausgabe von 1927, wurde aus der Frau Junia der
Mann Junias gemacht, ohne diese Verfälschung des Textes kenntlich zu
machen. Die Textmanipulation hatte enorme Auswirkungen auf fast alle
deutschsprachigen Bibelübersetzungen im 20. Jahrhundert. Bis zur
Auflage von 1963 waren wenigstens im wissenschaftlichen Apparat zu
Römer 16,7 die griechischen Belege aus den ersten Jahrhunderten für den
Frauennamen Junia aufgelistet. In der Auflage von 1986 verschwanden sie
und wurden erst in der Auflage von 1997 wieder wissenschaftlich korrekt
aufgenommen. Dennoch konnten die Herausgeber sich nicht dazu
durchringen, endlich auch im Text selbst die weibliche Form Junia zu
übernehmen. Erst 1998 iwurde dieser Texteingriff korrigiert. Endlich steht
im Griechischen wieder der Frauenname Junia.
Der Text in Römer 16,7 bezieht auch auf das Erlebnis des Apostels Paulus
in Damaskus und ehrt Andornikus und Junia. Die Bezeichnung als Apostel,
die einen hervorragenden Platz einnehmen, gibt darüber Aufschluss, dass
bereits nach dem Tode der ersten Apostel neue Apostel eingesetzt wurden.
Junia wurde bereits einige Zeit vor dem Apostel Paulus zur Christin.
Es gibt auch Auslegungen, die behaupten, hinter dem Namen Junia
verbirgt sich der eigentliche Männername Junianus, allerdings gehören
diese heute eher zur Minderheit.
Diese Auslegung stützt sich auf 1. Timotheus 2,12: "Einer Frau aber
gestatte ich das Lehren nicht, auch nicht dass sie über den Mann herrsche,
sondern sie soll sich still verhalten." Dem entgegen steht allerdings, dass
viele Frauen der Urkirche auch Gemeinden gegründet haben. Des Weiteren
ist ein Männername Junias in der Antike nicht belegt.
Die Mehrzahl der Theologen und alle Kirchenväter halten Junia für eine
Frau.
Alle Kirchenväter halten Junia für eine Apostelin. Bei Johannes
Chrysostomos findet sich folgende Bemerkung: „Ein Apostel zu sein ist
etwas Großes. Aber berühmt unter den Aposteln – bedenke, welch großes
Lob das ist. Wie groß muss die Weisheit dieser Frau gewesen sein, dass sie
für den Titel Apostel würdig befunden wurde.“
In der Orthodoxen Kirche nimmt Junia einen besonderen Platz ein. Von
Junia und Andronikus wird gesagt, dass sie viele apostolische Reisen
tätigten und dass sie den Heiden das Evangelium durch ihre Predigt näher
brachten. Hierdurch konnte Junia viele Menschen dazu bewegen, sich
Christus anzuschließen. Später starb Junia den Märtyrertod.
Der Text ihrer Passion gliedert sich in insgesamt vier verschiedene Teile:
In ein Vorwort des Herausgebers, in die Aufzeichnungen Perpetuas selbst,
die Beschreibung einer Vision des Saturus, die von diesem selbst stammt,
und in der Darstellung des Martyriums der Perpetua durch den
Herausgeber mit einem abschließenden Nachwort. In seinem Vorwort
weist der Herausgeber darauf hin, dass es äußerst wichtig ist, auch neuere
Leidensgeschichten festzuhalten und ihrer zu gedenken, um so der
Verehrung Gottes Ausdruck zu geben und zugleich den Glauben der
Menschen zu stärken.
Perpetua stammte aus vornehmem Haus, war etwa zweiundzwanzig Jahre
jung, klassisch gebildet, verheiratet und hatte einen Sohn im
Säuglingsalter. Sie wurde ebenso wie ihre schwangere Sklavin Felicitas
sowie die Christen Revocatus, Saturninus und Secundulus verhaftet. Alle
waren Katechumenen.
Perpetuas Ausführungen beginnen mit ihrer Beschreibung der Besuche
ihres Vaters in der Untersuchungshaft. Dieser versuchte immer wieder, sie
vom katholischen Glauben abzubringen, konnte jedoch die wenige Tage
später stattfindende Taufe nicht verhindern. Aus der Untersuchungshaft
wurden Perpetua und ihre Gefährten schließlich in den Kerker gebracht.
Detailliert schilderte Perpetua ihre Ängste und Sorgen, besonders auch um
ihr Kind. Durch Bestechung erreichten zwei Diakone, dass Perpetua ihr
Kind sehen und einige Tage bei sich im Kerker behalten durfte. Schließlich
übergab sie es in die Obhut ihrer Mutter und ihres Bruders.
Um zu erfahren, ob ihr und ihren Gefährten das Martyrium oder die
Freilassung bevorstehe, erbat Perpetua von Gott eine Vision. Daraufhin
erschien ihr folgendes Bild: Eine schmale Leiter, die sich bis zum Himmel
erstreckte und an der für die Hinaufsteigende gefährliche Eisenwerkzeuge
hingen. Unter der Leiter lauerte ein Drache. Zunächst erklomm Saturus die
Leiter. Saturus hatte Perpetua und ihre Gefährten zum Christentum
geführt. An dieser Stelle erwähnt Perpetua auch, dass Saturus sich
freiwillig gestellt hatte und ihnen in die Gefangenschaft gefolgt war.
Perpetua folgte ihm die Leiter hinauf. Oben angekommen, erblickte sie
einen alten Hirten, der ihr von einem köstlichen Käse zu essen gab. Als sie
schließlich erwachte, gelangte sie zu der Erkenntnis, dass das Martyrium
bevorstehe.
Als bekannt wurde, dass die neu Getauften verhört werden sollten,
unternahm Perpetuas Vater einen weiteren Versuch, sie in ihrem
katholischen Glauben zu erschüttern, blieb aber wieder erfolglos. Beim
Verhör auf dem Forum bestätigten alle Gefährten ihr Bekenntnis zu
Christus. Auch hier erschien Perpetuas Vater, konnte seine Tochter aber
nicht an ihrem Bekenntnis hindern. Das Urteil sah vor, dass alle mit den
anderen den wilden Tieren vorgeworfen würden. Im Anschluss kehrten sie
in den Kerker zurück.
Bei dem gemeinsamen Gebet kam Perpetua die Erinnerung an ihren
Bruder, der mit sieben Jahren an einem Geschwür gestorben war. In der
folgenden Nacht träumte sie von ihm: Trotz seines großen Durstes gelang
es dem kleinen Jungen nicht, aus dem großen Brunnen vor ihm zu trinken.
Perpetua wollte ihm helfen, doch zwischen ihnen lag ein großer Abgrund.
Ab diesem Tag betete sie täglich für ihn, bis zu ihrer Verlegung ins
Militärgefängnis. Von diesem aus sollten sie zu ihrer Hinrichtung bei den
Spielen zu Ehren des Kaisers gebracht werden. In einer zweiten Vision sah
Perpetua erneut ihren Bruder, der nun ein gepflegtes und sauberes Äußeres
hatte und dessen Wunde sich nun geschlossen hatte. Das Wasserbecken
war niedriger und aus dem Brunnen floss beständig Wasser, sodass der
Junge seinen Durst endlich stillen konnte. In ihrer letzten Vision kämpfte
Perpetua gegen einen Gladiator, wobei sie siegreich hervorging und
erkannte, dass sie nicht gegen die Tiere, sondern gegen den Teufel selbst
kämpfen musste.
Es folgt eine Schilderung der Vision des Saturus: Nachdem die Gefährten
gestorben waren, wurden sie von vier Engeln in das Paradies getragen. Als
sie hinausgingen, sahen sie vor dem Tor einen Bischof und einen
Presbyter. Diese warfen sich ihnen traurig zu Füßen und berichteten, ihr
Volk sei zerstritten, seitdem sie fortgegangen seien. Perpetua tröstetete sie,
doch die Engel schickten sie weg und sagten, dass sie selbst alles in
Ordnung bringen sollten. Als sich die Tore schlossen, sahen sie innerhalb
der Stadt viele Brüder und auch Märtyrer. Fröhlich erwachte Saturus.
Die schwangere Felicitas hatte Angst, dass sie nicht mit ihren Gefährten
das Martyrium mit den anderen erleiden könne, da es nicht erlaubt war,
Schwangere hinzurichten. Ihre Gefährten beten für sie und im achten
Monat gebar sie ein Mädchen, das eine ihrer Schwestern aufnahm und
erzog. Am letzten Tag im Kerker überredete Perpetua den Wächter, sich zu
Ehren von Cäsars Geburtstag erfrischen zu dürfen, um bei der Vorführung
besser auszusehen. Als die Märtyrer voller Freude und ohne Furcht in das
Amphitheater schritten, kamen die wilden Tiere in die Arena. Da sich die
Märtyrer ihre Todesart wählen durften, wurden Sarturninus und Revokatus
den wilden Tieren der Arena vorgeworfen. Für Perpetua und Felicitas hielt
der Teufel eine wilde Kuh bereit. Da die wilde Kuh die beiden nur
verletzte, wurden sie an den Rand der Arena zurückgerufen. Die übrigen
Märtyrer gaben sich den Friedenskuss, der das Martyrium vollendete, und
traten wieder in die Mitte der Arena, um zu sterben. Ein junger Gladiator
versuchte, Perpetua zu erstechen, doch es gelang ihm nicht. Sie führte sein
Schwert an ihre Kehle, denn eine solche geistliche Frau konnte nicht
anders sterben, als wenn sie es selbst wollte. .
Perpetua wird häufig in der Arena mit einer angreifenden wilden Kuh als
Attribut dargestellt. Einige Darstellungen zeigen sie auch mit ihrem Kind
im Kerker.
Der Gedenktag von Perpetua und Felicitas ist in der Katholischen Kirche
der 7. März. An diesem Tag gedenken ihrer auch die Evangelischen und
die Anglikaner.
LUCIA
SANKT AGNES
Die heilige Agnes stammte aus einer römischen Adelsfamilie. Als der Sohn
des Präfekten von Rom die zwölfjährige Agnes zur Frau nehmen wollte,
bekannte sie, dass sie ihn niemals heiraten kann, da sie die Ehelosigkeit
um Christi willen gelobt hatte. Daraufhin ließ er Agnes vor Gericht stellen.
Doch auch die Drohungen des Richters vermochten nicht, sie von ihrem
Gelübde abzubringen.
Da das römische Recht die Hinrichtung von Jungfrauen verbot, befahl
man, Agnes vollständig zu entkleiden und anschließend zu vergewaltigen.
Daraufhin bedeckte auf wundersame Weise ihr langes blondes Haupthaar
ihren gesamten Körper, und der ganze Platz erstrahlte in weißem Licht.
Bei dem Versuch, sie zu vergewaltigen, wurde der Sohn des Präfekten von
einem Dämon heimgesucht und starb unter Qualen. Agnes hat ihn aber
durch ihr Gebet ins Leben zurückgerufen, worauf sie als Hexe bezeichnet
wurde. Als man Agnes daraufhin auf dem Scheiterhaufen verbrennen
wollte, ist selbst das Feuer vor ihr zurückgewichen.
Schließlich enthauptete ein römischer Soldat Agnes mit dem Schwert in
der Art, wie man Lämmer schlachtet. Daher erscheint die heilige Agnes oft
in Verbindung mit einem Lamm (agnus).
Die Reliquien der heiligen Agnes befinden sich in der Kirche Sankt Agnes
vor den Mauern in Rom. Der Bau der ursprünglichen Kirche Sankt Agnes
ist mit dem Mausoleum Sankt Costanza verbunden. Nachdem er jedoch
verfallen war, ließ Papst Honorius unmittelbar daneben eine kleine
Basilika errichten, die ebenfalls der Heiligen Agnes geweiht wurde. Die
römische Kirche Sankt Agnes in Agone an der Piazza Navona steht an der
Stelle, an der Agnes das Martyrium erlitt.
Der Gedenktag der Heiligen ist in der katholischen, der orthodoxen, der
anglikanischen und der lutherischen Kirche der 21. Januar. In der
katholischen Kirche wird die heilige Agnes als Schutzpatronin der
Jungfrauen und der jungen Mädchen, der Verlobten und der Keuschheit
angerufen. Die Heilige Agnes ist eine von mehreren Jungfrauen und
Märtyrinnen, deren Name im ersten Hochgebet genannt wird. Aus den
Schriften des Kirchenvaters Ambrosius von Milano geht die große
Verehrung und Wertschätzung hervor, welche die Heilige bereits zu seinen
Lebzeiten genoss.
Am Gedenktag der heiligen Agnes segnet der Papst die Agnes-Lämmer.
Mit der Wolle dieser Lämmer werden die Pallien hergestellt, die am
Hochfest Peter und Paul den im vergangenen Jahr ernannten Erzbischöfen
überreicht werden. Ab dem Tag Sankt Agnes soll man keine
Neujahrswünsche mehr versenden.
AGATHA
Agatha wurde auf Sizilien als Tochter wohlhabender Eltern geboren. Als
gottgeweihte Jungfrau lehnte sie den Heiratsantrag des heidnischen
Statthalters von Sizilien, Quintianus, ab, da sie die Jungfräulichkeit um des
Himmelreiches willen gelobt hatte. Weil Agatha ihn zurückwies, ließ sie
der Statthalter für einen Monat in ein Freudenhaus verschleppen. Da sie
ihn nach dieser Zeit immer noch ablehnte, veranlasste Quintianus ihre
Verurteilung und ließ ihr die Brüste abschneiden. Nach dieser Folter
erschien ihr nachts der heilige Petrus und pflegte ihre Wunden. Als man
dies bemerkte, ließ der Statthalter Agatha auf glühende Kohlen legen,
wodurch sie starb.
Sie flüchtete zwischenzeitlich nach Malta, wo sie sich für einige Zeit in
den Katakomben verbarg, die heute Sankt-Agatha-Katakomben heißen.
Etwa ein Jahr nach ihrem Tod brach der Ätna aus, und die Einwohner von
Catania zogen mit dem Schleier der Heiligen Agatha dem Lavastrom
entgegen, der daraufhin zum Stillstand kam.
Agatha liegt in der Kathedrale von Catania begraben und ist die
Schutzpatronin der Malteser, der Stadt Catania, der Armen und Hirtinnen,
der Glocken- und Erzgießer, der Weber und der Goldschmiede. Sie gilt als
Helferin bei Brusterkrankungen, Viehseuchen, Erdbeben und Ausbrüchen
des Ätna. In den nördlichen deutschsprachigen Gebieten und der Schweiz
ist die heilige Agatha die Schutzpatronin der Feuerwehr.
In der katholischen als auch in der orthodoxen Kirche wird der Gedenktag
der Heiligen Agatha am 5. Februar begangen.
Der Schleier der heiligen Agatha wird, wie einige andere Reliquien, im
Dom von Catania aufbewahrt.
In vielen Gegenden wird am Gedenktag der heiligen Agatha Brot gesegnet,
das Agathabrot. In manchen Gegenden verteilt man Agathazettel.
Die heilige Cäcilia war eine Jungfrau und Märtyrin, die im 3. Jahrhundert
nach Christus in Rom gelebt hat.
Sie versprach sich als Jungfrau dem Bräutigam Jesus Christus. Ihre Eltern
verheirateten sie jedoch mit dem heidnischen Jüngling Valerianus, mit dem
sie dann aber eine keusche Josefsehe führte. Cäcilia bekehrte ihren Mann
Valerianus und seinen Bruder zum Christentum. Wegen ihres Glaubens
beteiligten sich diese beiden an der verbotenen Bestattung hingerichteter
Christen und wurden daraufhin selbst ins Gefängnis geworfen und
hingerichtet. Bei der Verfolgung der Angehörigen der Hingerichteten fand
man Cäcilia, die ihre Dienerschaft bekehrte, bevor man sie in kochendes
Wasser tauchen ließ, das ihr allerdings nichts anhaben konnte. Als der
Henker daraufhin versuchte, sie zu enthaupten, gelang es ihm nicht, der
Heiligen den Kopf abzutrennen. Sie lebte noch drei Tage lang und verteilte
ihre Reichtümer unter den Armen.
Ihr Leichnam wurde im 9. Jahrhundert unverwest geborgen und in der
Basilika Santa Cecilia in Trastevere beigesetzt, die auf der Stelle ihres
Geburtshauses errichtet wurde. Die Kirche wurde in den folgenden
Jahrhunderten weiter ausgeschmückt, unter anderem mit der Fresken von
Pietro Cavallini im 13. Hahrhundert und der berühmten Skulptur der
hingestreckten Märtyrerin von Stefano Maderno aus dem Jahr 1600.
Ihr Gedenktag in der katholischen Kirche, der orthodoxen, der
anglikanischen und den evangelischen Gemeinschaften ist der 22.
November.
Am Gedenktag der Heiligen heißt es im Stundengebet in der Antiphon
zum Magnificat: „Die Jungfrau Cäcilia trug die frohe Botschaft allezeit in
ihrem Herzen. Tag und Nacht ließ sie nicht ab von geistlichen Gesprächen
und vom Gebet.“
Die Verbindung der heiligen Cäcilia zur Kirchenmusik, insbesondere zum
Stundengebet und zum Orgelspiel, die in der christlichen Ikonographie
eine große Rolle spielt, geht vermutlich auf einen Übersetzungsfehler
zurück. In der Antiphon „Cantantibus organis Caecilia Domino
decantabat“ missverstand man organis als Hinweis auf eine Orgel. Daher
wurde Caecilia seit dem 14. Jahrhundert die Orgel als Attribut gegeben.
Die Cäcilienfeiern wurden im 17. und 18. Jahrhundert mit großen, eigenen
Kompositionen begangen. Unter den Komponisten, die dazu Werke
beitrugen war Georg Friedrich Händel (Alexander’s Feast or the Power of
Music. An Ode Wrote in Honour of Saint Cecilia und Ode for Saint
Cecilia’s Day, Texte von John Dryden). Auch Benjamin Britten folgte mit
der Hymn to Saint Cecilia (Text von W. H. Auden) dieser Tradition.
ANASTASIA
Gegen ihren Willen wurde sie mit einem heidnischen Mann verheiratet.
Nach dem frühen Tod ihres Ehemannes widmete sich Anastasia in Rom
ganz der Fürsorge für gefangene Christen. Als ihr Seelenführer
Chrysogonus in der Christenverfolgung gefangengenommen wurde,
begleitete sie ihn zur Hinrichtungsstätte in Aquileia in Oberitalien. Dort
wurde sie selbst ergriffen, in Sirmium in den Kerker geworfen und
schließlich zum Tode verurteilt. In einem leckgeschlagenem Boot trieb
man sie aufs offene Meer hinaus, aber das Schiff ging nicht unter.
Daraufhin wurde Anastasia in Sirmium verbrannt.
In der Anastasiakapelle des Klosters Benediktbeuern in Bayern befinden
sich seit 1053 Reliquien der heiligen Anstasia, die im Mittelalter Ziel
vieler Wallfahrten waren.
Der Gedenktag der heiligen Anastasia ist in der katholischen Kirche der
25. Dezember, in der orthodoxen Kirche der 12. Oktober oder 22.
Dezember, in der koptischen Kirche der 5. Januar.
Die Heilige wird als junge Frau mit Schleier und Krone und den Attributen
Schwert, Märtyrerpalme, Schere, Salbgefäß, auf dem Scheiterhaufen, an
Pfählen festgebunden oder auf einem Boot dargestellt. Anastasia wird um
Beistand bei Kopfkrankheiten und Brustleiden angerufen; sie ist die
Schutzpatronin der Pressefreiheit.
Die heilige Anastasia ist eine der Schutzheiligen der kroatischen
Küstenstadt Zadar. Dort befindet sich auch die Basilika der heiligen
Anastasia. Sie ist die größte Kirche Dalmatiens und beherbergt Reliquien
der heiligen Anastasia.
PERSONALISMUS
Für Männer, geboren und erzogen, wie für Bürger, ist der einzige Weg,
meiner Meinung nach, im rechten Rückschluss auf den Besitz und die
Verwendung von Frauen und Kindern, der Weg, auf dem wir ursprünglich
begonnen haben, als wir sagten, dass die Männer die Hüter und Wächter
der Herde sind.
Das ist wahr.
Nehmen wir weiter an die Geburt und Erziehung unserer Frauen nach
einer ähnlichen oder fast ähnlichen Regelung; dann werden wir sehen, ob
das Ergebnis im Einklang steht mit unserem Entwurf.
Was meinst du?
Was ich meine, kann in der Form einer Frage gestellt werden, ich sage:
Sind Hunde in Männchen und Weibchen unterteilt, oder sind sie beide zu
gleichen Teilen auf der Jagd und im Wachen tätig und bei den anderen
Aufgaben der Hunde? Oder müssen wir anvertrauen den Männchen die
gesamte und ausschließliche Pflege der Herden, während wir lassen die
Weibchen zu Hause, mit der Vorstellung, dass die Lager zu hüten und ihre
Welpen zu säugen Arbeit genug für sie ist?
Nein, sagte er, sie gleich zu stellen; der einzige Unterschied zwischen
ihnen ist, dass die Männchen stärker und die Weibchen schwächer sind.
Aber kann man verschiedene Tiere für den gleichen Zweck nutzen, es sei
denn, sie sind gezüchtet worden und in der gleichen Weise geführt?
Man kann es nicht.
Dann, wenn Frauen die gleichen Pflichten haben wie Männer, müssen sie
die gleiche Erziehung und Bildung bekommen?
Ja.
Die Ausbildung, die den Männern zugeordnet wurde, war Musik und
Gymnastik.
Ja.
Dann müssen Frauen Musik und Gymnastik und auch die Kriegskunst
erlernen, sie müssen wie die Männer darin belehrt werden?
Das ist die Schlussfolgerung, nehme ich an.
Ich hätte eher erwartet, sagte ich, dass einige unserer Vorschläge, wenn sie
durchgeführt werden, ungewöhnlich erscheinen und lächerlich.
Kein Zweifel.
Ja, und die lächerlichste Sache von allen wird der Anblick von Frauen
nackt in der Palästra sein beim Training mit den Männern, vor allem, wenn
sie nicht mehr jung sind; sie werden sicherlich nicht eine Vision von
Schönheit sein, ebenso wenig wie die begeisterten alten Männer, die trotz
der Falten und der Hässlichkeit weiterhin häufig den Gymnasien
beiwohnen.
Ja, ja, sagte er: nach den heutigen Vorstellungen würde der Vorschlag
lächerlich zu denken sein.
Aber dann, sagte ich, als wir festgestellt haben, um in unserem Geist zu
sprechen, müssen wir keine Angst vor den Scherzen der Witze haben, die
gegen diese Art der Innovation gerichtet werden; wenn sie von Frauen-
Kenntnissen sowohl in der Musik und Gymnastik und vor allem auch über
ihre Rüstung und das Reiten auf den Pferden sprechen!
Sehr wahr, antwortete er.
Doch nachdem wir begonnen, uns auf die unebenen Stellen des Gesetzes
zu begeben, zur gleichen Zeit bat der Herr, einmal im Leben ernst zu sein.
Vor nicht langer Zeit, wie wir daran erinnern, waren die Herren der
Meinung, die immer noch in der Regel bei den Barbaren empfangen wird,
dass der Anblick eines nackten Mannes lächerlich und unsachgemäß war
für die Hellenen; und als Erste die Kreter und dann die Lakedämonier
führten den Brauch ein, der Verstand des Tages könnte ebenso diese
Innovationen verspotten.
Kein Zweifel.
(...)
Zuerst also ist es die Frage, im Scherz oder im Ernst genommen, so lass
uns ein Verständnis über die Natur der Frau bekommen: Ist sie in der Lage,
den Austausch ganz oder teilweise in den Handlungen der Männer zu üben
oder gar nicht? Und ist die Kunst des Krieges eine jener Künste, in der sie
sich üben kann oder nicht? Das wird der beste Weg sein, der Beginn der
Untersuchung, und wird wahrscheinlich zum schönsten Ergebnis führen.
Das wird deutlich der beste Weg sein.
Sehen wir erst einmal die andere Seite und beginnen mit dem Argument
gegen uns; auf diese Weise wird die Position des Gegners nicht
unverteidigt sein.
Warum nicht? sagte er.
Dann lass uns eine Rede in den Mund unserer Gegner legen. Sie werden
sagen: Sokrates und Glaukon brauchen keine Gegner, sie zu überführen,
denn die bei der ersten Gründung des Staates gaben den Grundsatz, dass
jeder eine Arbeit seiner eigene Natur geeignet tut. Und sicher, wenn ich
mich nicht irre, ein solches Eingeständnis wurde von uns gemacht. Und ist
nicht die Natur von Männern und Frauen sehr unterschiedlich? Und wir
werden antworten: Natürlich ist sie das. Dann werden wir gefragt, ob die
den Männer und die den Frauen zugewiesenen Aufgaben nicht anders sein
müssen, und wie angenehm sie der unterschiedlichen Natur sind?
Sicherlich sollten sie. Aber wenn ja, ist es nicht eine schwere Inkonsistenz
zu sagen, dass Männer und Frauen, deren Naturen so ganz anders sind, die
gleichen Aktionen ausführen sollten? Welche Verteidigung machen wir für
uns, mein guter Herr, gegen jeden, der diese Einwände bietet?
Das ist keine einfache Frage zu beantworten, so plötzlich gefragt; und ich
will und ich weiß, ich bitte dich, den Fall auf unsere Seite zu ziehen.
Dies sind die Einwände, Glaukon, und es gibt viele andere, einen von der
Art, die ich vor langer Zeit vorausgesehen; es machte mich ängstlich und
zurückhaltend gegen das Gesetz über den Besitz und die Pflege von
Frauen und Kindern.
Beim Zeus, sagte er, das Problem zu lösen, ist alles andere als einfach.
(...)
Als nächstes werden wir unsere Gegner fragen, wie, in Bezug auf eine der
Beschäftigungen oder Künste des bürgerlichen Lebens, die Natur einer
Frau sich unterscheidet von der eines Mannes?
Das wird ganz gerecht sein.
Und vielleicht wird er antworten, dass eine ausreichende Antwort auf die
Frage sofort zu geben nicht einfach ist; aber nach ein wenig Nachdenken
gibt es keine Schwierigkeiten.
Ja, vielleicht.
Nehmen wir also an, dass wir ihn einladen, uns in der Argumentation zu
begleiten, und dann können wir hoffen, ihm zu zeigen, dass es nichts
Besonderes in der Verfassung der Frau ist, die sie in der Verwaltung des
Staates beeinträchtigen würde.
Mit allen Mitteln.
Lass uns sagen zu ihm: Komm jetzt, und wir werden dir eine Frage stellen:
wenn du von einer begabten Natur oder einer nicht in jeder Hinsicht
begabten sprachest, wolltest du damit sagen, dass ein Mann eine Sache
einfach schwer erwerben kann und ein anderer leichter; ein wenig Lernen
wird den einen führen, sehr viel zu entdecken; während der andere, nach
viel Untersuchung und Anwendung, kaum mehr erfährt, als er vergisst;
oder wieder: Meintest du, dass der eine einen Körper hat, der ein guter
Diener seine Meinung ist, während der Körper des anderen ist ein
Hindernis für ihn? Meintest du nicht diese Art von Differenzen, die die
Menschen unterscheidet nach der begabten oder unbegabten Natur?
Niemand wird das leugnen.
Und kannst du jedes Streben der Menschheit erwähnen, in der das
männliche Geschlecht nicht alle diese Gaben und Qualitäten in einem
höheren Grad als das weibliche hat? Brauche ich Zeit zu vergeuden im
Sprechen von der Kunst des Webens und der Bereitung von Pfannkuchen
und Marmelade, in der die Frauenwelt wirklich groß ist, und in dem von
einem Mann geschlagen zu werden absurd ist?
Du hast ganz recht, antwortete er, bei der Aufrechterhaltung der
allgemeinen Unterlegenheit des weiblichen Geschlechts: Obwohl viele
Frauen in vielen Dingen überlegen sind vielen Männern, aber im Großen
und Ganzen, was du sagst, ist es wahr.
Und wenn so, mein Freund, ich schon sagte, es gibt keine spezielle
Fähigkeit der Verwaltung in einem Zustand, den eine Frau hat, weil sie
eine Frau ist, oder die ein Mann kraft seines Geschlechts hat, aber die
Geschenke der Natur sind gleich verteilt in beiden; alle Bestrebungen der
Männer sind die Bestrebungen von Frauen auch, aber in allen von ihnen ist
eine Frau schlechter als ein Mann.
Sehr wahr.
Dann sind wir berechtigt, alle unsere Inszenierungen über Männer zu
verhängen und keine von ihnen über die Frauen?
Das wird so sein.
Eine Frau hat eine Gabe der Heilung, eine andere nicht; eine ist eine
Musikerin, und eine anderer hat keine Musik in ihrer Natur?
Sehr wahr.
Und eine Frau hat eine Neigung zum Turnen und zu militärischen
Übungen und eine andere ist unkriegerisch und hasst Gymnastik?
Ganz sicher.
Und eine Frau ist eine Philosophin, die andere ist eine Feindin der
Philosophie; eine hat Geist, die andere ist ohne Geist?
Das gilt auch.
Dann eine Frau hat das Temperament eines Vormunds und eine andere
nicht. War nicht die Auswahl der männlichen Erziehungsberechtigten
durch Unterschiede dieser Art festgelegt?
Ja.
Männer und Frauen also gleichermaßen besitzen die Eigenschaften, die ein
Vormund zu haben hat; sie unterscheiden sich nur in ihrer vergleichbaren
Stärke oder Schwäche.
Offensichtlich.
Und die Frauen, die solche Eigenschaften haben, sollen als die
Gefährtinnen und Kolleginnen von Männern gewählt werden, die ähnliche
Eigenschaften haben und denen sie in Kapazität und im Charakter ähnlich
sind?
(...)
Das Gesetz, sagte ich, das die Fortsetzung von diesem und von allem, was
vorausgegangen ist, ist von folgendem Inhalt, dass die Ehefrauen der
Erziehungsberechtigten Gemeineigentum sind, und ihre Kinder sind
Gemeineigentum, und kein Elternteil kennt sein eigenes Kind, noch ein
Kind seine Eltern.
Ja, sagte er, das ist eine viel größere Bewegung als alles andere; und die
Möglichkeit als auch der Nutzen eines solchen Gesetzes ist unbestritten.
Ich glaube nicht, sagte ich, dass es Streitigkeiten über die sehr große
Nützlichkeit des Gemeineigentums an Frauen und Kindern gibt; die
Möglichkeit ist dennoch etwas ganz anderes und wird häufig angefochten
werden.
Ich denke, dass ziemlich viele Zweifel über beides erhoben werden
können.
Es bedeutet, dass die beiden Fragen kombiniert werden, antwortete ich.
Nun meinte ich, dass du das Dienstprogramm zugibst; und so dachte ich,
ich sollte von einem Programm von ihnen entkommen, und dann gäbe es
nur die eine Möglichkeit.
Aber der kleine Versuch wird erkannt, und deshalb mögest du bitte eine
Verteidigung von beiden Gesetzen geben.
Nun, sagte ich: Ich nehme mein Schicksal an. Doch tu mir einen kleinen
Gefallen: lass mich meine Meinung sagen mit dem Traum als ein
Tagträumer, der in der Gewohnheit des Schlemmen selbst beharrt, wenn er
allein zu Fuß geht. (...) Jetzt fange ich an, jetzt verliere ich den Mut, und
ich möchte, wenn du gestattest, die Frage der Möglichkeit zur Zeit
übergehen. Unter der Annahme der Möglichkeit, des Vorschlags, werde ich
jetzt gehen zu fragen, wie die Herrschenden durchführen werden diese
Regelungen, und ich werde zeigen, dass unser Plan, wenn er ausgeführt
wird, der größte Vorteil für den Staat und die Erziehungsberechtigten
haben wird. Vor allem dann, wenn du nichts dagegen hast, werde ich mit
deiner Hilfe die Vorteile der Maßnahme bemühen; und im Folgenden die
Frage der Möglichkeit.
Ich habe nichts dagegen; fahre fort.
Erstens glaube ich, dass, wenn unsere Herrscher und ihre Hilfsmittel diese
Namen verdienen, die sie tragen, muss es die Bereitschaft geben, der einen
oder anderen Befehlsgewalt zu gehorchen; die Erziehungsberechtigten
müssen sich den Gesetzen fügen, und sie müssen auch in allen Details, die
ihnen anvertrauten werden, den Geist imitieren.
Das ist richtig, sagte er.
Sie, sagte ich, die ihre Gesetzgeber sind, nachdem sie ausgewählt wurden,
die Männer sind, werden nun die Frauen wählen und nehmen sie; sie
müssen so weit wie möglich ihrer Natur nach bei ihnen sein; und sie
müssen in normalen Häusern leben und sich treffen zu gemeinsamen
Mahlzeiten, keine von ihnen wird etwas haben, das speziell ihr eigenes ist;
sie werden zusammen sein und zusammen gebracht werden und werden
bei gymnastischen Übungen verknüpft. Und so werden sie durch die
Notwendigkeit ihrer Natur gezogen werden, um Geschlechtsverkehr
miteinander zu vollziehen der Notwendigkeit entsprechend. Das ist ein
starkes Wort, nicht wahr?
Ja, sagte er, Notwendigkeit, nicht geometrische, sondern eine andere Art
von Notwendigkeit, die die Liebhaber kennen, und die überzeugender und
einschränkender auf die Masse der Menschheit wirkt.
Es stimmt, sagte ich, und dies, Glaukon, wie alles andere, muss nach einer
geordneten Weise vorgehen; in einer Stadt der Seligen ist Zügellosigkeit
eine unheilige Sache, die die Herrscher werden es verbieten müssen.
Ja, sagte er, es sollte nicht zugelassen werden.
Dann eindeutig ist das Nächste, was sein wird, die Ehe im höchsten Grade
heilig zu machen, und das, was für die meisten von Vorteil ist, gilt doch als
heilig?
Genau.
Und wie können die Ehen heilig gemacht werden? Das ist eine Frage, die
ich an dich stelle, weil ich in deinem Haus Jäger sehe, und der edleren Art
von Vögeln nicht wenige. Nun, ich bitte dich, ich sag mal, hast du jemals
auf ihre Paarung und Aufzucht geachtet?
In welcher Hinsicht?
Darum, in erster Linie, obwohl sie alle guter Art, sind nicht einige besser
als andere?
Wahrlich.
Und wirst du alle züchten, gleichgültig, oder kümmerst du dich um die
Besten, nur sie zu züchten?
Um die Besten.
Und siehst du auf die ältesten oder die jüngsten, oder wirst du nur
diejenigen von reifem Alter nehmen?
Ich wähle nur diejenigen von reifem Alter.
(...)
Darum, habe ich gesagt, ist das Prinzip bereits festgelegt, dass das Beste
aus beiden Geschlechtern sollte mit den Besten so oft wie möglich vereint
sein, und die Unteren mit den Untergeordneten so selten wie möglich; und
dass danach die Nachkommen der einen Art von Vereinigung, aber nicht
der anderen, zur Welt kommen, sofern sich die Partei in erstklassigem
Zustand gehalten halt. Nun ist diese Treiben ein Geheimnis, das nur die
Herrscher kennen, oder es kommt eine weitere Gefahr, dass unsere
Herden, die Wächter genannt werden, ausbrechen in Revolutionen.
Sehr wahr.
Hätten wir nicht besser bestimmte Festivals, an dem wir gemeinsam die
Bräute und Bräutigame zusammen bringen und die Opfer dargebracht
werden und geeignete Hochzeitslieder von unseren Dichtern gesungen
werden: und die Zahl der Hochzeiten ist eine Frage, die in das Ermessen
der Herrscher gelegt werden muss, deren Ziel es ist, den Mittelwert der
Bevölkerung zu bewahren? Es gibt viele andere Dinge, die sie zu prüfen
haben, wie die Auswirkungen von Kriegen und Krankheiten und etwaigen
gleichartigen Geschehnissen, um, soweit dies möglich ist, den Staat davor
und Groß und Klein zu bewahren.
Gewiss, antwortete er.
Wir müssen eine geniale Art der Lose wählen, die die weniger Wertvollen
bei jeder Gelegenheit zusammenzubringen wissen, und dann werden sie
ihr eigenes Unglück und nicht die Herrscher beschuldigen.
Um sicher zu sein, sagte er.
Und ich denke, dass unsere mutige und bessere Jugend, neben ihren
anderen Ehrungen und Chancen, größere Einrichtungen zum Verkehr mit
Frauen bekommen müsste; ihre Tapferkeit wird ein Grund sein, und solche
Väter sollten so viele Kinder wie möglich haben.
Wahrlich.
Und die richtigen Offiziere, ob männlich oder weiblich oder beides, denn
die Ämter sind von Frauen als auch von Männern besetzt worden -
Ja -
Die richtigen Offiziere sollen die Nachkommen der guten Eltern im Stift
aufnehmen oder aussteigen lassen, und sie werden sie mit bestimmten
Ammen, die in einem eigenen Viertel wohnen, versehen; aber die
Nachkommen der Unteren oder der Besseren, wenn sie die Chancen
verformen, werden an einen geheimnisvollen, unbekannten Ort gebracht
werden, wie es sein sollte.
Ja, sagte er, was getan werden muss, wenn die Rasse der Wächter rein zu
halten ist.
Sie werden für ihre Erziehung zu sorgen haben, und werden sie den
Müttern in den Schoß legen, wenn sie voll Milch sind, wobei möglichst
darauf zu achten ist, dass keine Mutter ihr eigenes Kind erkennt; und
anderen Ammen in die Obhut gebracht, wenn mehr Frauen benötigt
werden. Fürsorge wird auch geachtet werden, dass der Prozess der
Säuglinge nicht langwierig wird; und die Mütter müssen nicht aufstehen in
der Nacht oder andere Schwierigkeiten bestehen, sondern es werden über
alle diese Art der Sachen Ammen und Betreuerinnen wachen.
So werden die Frauen unserer Erziehungsberechtigten bei einer leichten
Buße ein leichtes Spiel haben, wenn sie Kinder haben.
Darum, sagte ich, so soll es sein. Lass uns aber füllen das Schema. Wir
sagten, dass die Eltern sollten in der Blüte des Lebens sein?
Sehr wahr.
Und was ist die Blüte des Lebens? Kann es nicht als ein Alter von etwa
zwanzig Jahren in dem Leben einer Frau, und von dreißig bei einem Mann
definiert werden?
Welches Jahr willst du enthalten?
Eine Frau, sagte ich, mit zwanzig Jahren könne damit beginnen, Kinder für
den Staat zu gebären, und sie weiterhin, bis zu vierzig Jahren, gebären; ein
Mann kann mit fünfundzwanzig beginnen, wenn er den Punkt, an dem der
Puls des Lebens schlägt, schnellsten durchlaufen hat, und auch weiterhin
Kinder zeugen, bis er fünfundfünfzig ist.
Sicherlich, sagte er, sind das bei Männern und Frauen die Jahre der Blüte
der physischen als auch der geistigen Vitalität.
Jedem über oder unter den vorgeschriebenen Altersgruppen, der an den
öffentlichen Hochzeiten teilnimmt, muss gesagt werden, dass er eine
unheilige und ungerechte Sache tut; das Kind, von dem er der Vater ist,
wenn es ins Leben kommt, wird unter der Schirmherrschaft der anderen
stehen, die Opfer und Gebete darbringen, der hochzeitlichen Priesterinnen
und Priester und der ganzen Gesellschaft, dass die neue Generation besser
sein kann, die so konzipiert sind und besser und nützlicher sind als ihre
Eltern gut und nützlich waren, während sein Kind sonst wird ein
Nachkomme der Finsternis und seltsamen Lust sein.
Sehr wahr, antwortete er.
Und dasselbe Gesetz wird eintreten innerhalb der vorgeschriebenen Alter,
die eine Vereinigung mit einer Frau in den besten Jahren ohne Zustimmung
der Herrscher nicht gelten lassen; denn wir werden sagen, dass er sonst
erhebt einen Bastard für den Staat, nicht zertifiziert und ungeweiht.
Sehr wahr, antwortete er.
Dies gilt jedoch nur für diejenigen, die innerhalb der festgelegten Alter
zeugen: dass wir es ihnen ermöglichen, nach Belieben zu zeugen, es sei
denn, dass ein Mann seine Tochter oder seiner Tochter Tochter oder seine
Mutter oder seiner Mutter Mutter heirate; und Frauen, auf der anderen
Seite, sollen nicht heiraten ihre Söhne oder Väter oder Söhne der Söhne
oder den Vater ihres Vaters und so weiter in beide Richtungen. Und wir
gewähren alles, unter Begleitung der Genehmigung mit strengen Befehl,
jeden Embryo zu verhindern, der so ins Leben kommt, zu sehen das helle
Licht; und wenn jede Kraft ein Weg der Geburt ist, müssen die Eltern
verstehen, dass die Nachkommen einer solchen Vereinigung nicht
aufrechterhalten werden können, und vereinbaren es entsprechend.
Das auch, sagte er, ist ein vernünftiger Vorschlag. Aber wie werden sie
wissen, wer Vater und wer die Töchter, und so weiter?
Sie werden es nie erfahren. Die Art und Weise wird diese sein: Zählend ab
dem Tag der öffentlichen Hochzeit, der Bräutigam, der verheiratet war,
wird alle männlichen Kinder, die in dem siebten und zehnten Monat später
geboren werden, seine Söhne nennen, und die weiblichen Kinder seine
Töchter nennen, und sie werden ihn Vater nennen, und er wird deren
Kinder seine Enkel nennen, und sie werden die Alten Großväter und
Großmütter nennen. Alle, die zu der Zeit gezeugt wurden, da ihre Väter
und Mütter zusammen kamen, nennen sie ihre Brüder und Schwestern, und
diese werden aufgerufen, wie ich schon sagte, dass Mischehen verboten
sind. Dies ist jedoch nicht als ein absolutes Verbot der Heirat von Brüdern
und Schwestern zu verstehen; wenn die Menge sie begünstigt und sie die
Sanktion des Pythischen Orakels erhalten, wird das Gesetz es ermöglichen.
Ganz richtig, antwortete er.
Das ist das System, Glaukon, wie die Hüter unseres Staates ihre Frauen
und Familien gemeinsam haben. Und jetzt willst du das Argument gezeigt
bekommen, dass diese Gemeinschaft im Einklang mit dem Rest unseres
Gemeinwesens steht, und auch, dass nichts besser ist, nicht wahr?
(...)
Hauptsächlich, sagte ich; aber ich frage dich noch einmal: Soll eine
Familie im Namen nur bestehen; oder sollen sie in all ihren Handlungen
getreu dem Namen sein? Zum Beispiel in der Verwendung des Wortes
Vater, wäre die Pflege eines Vaters impliziert und die kindliche Ehrfurcht
und Pflicht und Gehorsam ihm gegenüber, die das Gesetz befiehlt; und der
Verletzer dieser Pflichten ist zu betrachten als eine gottlose und ungerechte
Person, die nicht in der Hand Gottes oder des Menschen viel Gutes zu
erhalten hat? (...)
So, sagte er, und nichts anderes; denn was ist lächerlicher, als die Namen
der Familienbande nur mit den Lippen auszusprechen, ohne in ihrem
Geiste zu handeln?
Dann in unserer Stadt soll die Sprache der Harmonie und Eintracht öfter
herrschen als in jedem anderen Staat. Wie ich bereits beschrieb, wenn einer
gut oder schlecht ist, das universelle Wort ist „gut“ oder „schlecht“.
Höchst wahr.
Und passend zu dieser Denkweise und diesem Sprechen, werden wir nicht
sagen, dass sie ihre Freuden und Leiden gemeinsam haben?
Ja, so werden sie.
Und sie werden ein gemeinsames Interesse an der gleichen Sache haben,
die sie gleichermaßen „meine eigene“ nennen, und mit diesem
gemeinsamen Interesse ein gemeinsames Gefühl der Freude und der
Schmerzen haben?
Ja, weit mehr als in anderen Staaten.
Und der Grund dafür, die allgemeine Verfassung des Staates, wird sein,
dass die Wächter eine Gemeinschaft von Frauen und Kinder haben?
Das wird der Hauptgrund sein.
Und diese Einheit des Gefühls, das wir angenommen, das höchste Gut zu
sein, wie es in unserem eigenen Vergleich eines wohlgeordneten Staat auf
das Verhältnis vom Leib und seinen Gliedern genannt ist, wenn sie von
Freude oder Schmerz betroffen werden gemeinsam?
Das haben wir anerkannt und ist sehr richtig.
Dann wird die Gemeinschaft von Frauen und Kindern unserer Bürger
eindeutig die Quelle für das höchste Gut des Staates?
Ganz sicher.
Und das stimmt mit dem anderen Prinzip überein, das wir bekräftigen,
dass die Wächter nicht Häuser oder Grundstücke oder anderes Eigentum
haben sollen; ihr Lohn ist es, ihre Nahrung von den anderen Bürgern zu
erhalten und dass sie keine privaten Ausgaben haben; denn wir
beabsichtigten, ihnen den wahren Charakter des Erziehungsberechtigten zu
erhalten.
Richtig, antwortete er.
Sowohl die Gütergemeinschaft als auch die Gemeinschaft von Familien,
wie ich sage, neigen dazu, dass sie wirklich Erziehungsberechtigte
erzeugen; sie werden nicht die Stadt in Stücke reißen durch
unterschiedliches "mein" und "nicht mein", die jeder Mann behauptet, der
in einem separaten Haus seines Eigentums lebt mit einer separaten Frau
und Kindern und privaten Freuden und Schmerzen; aber alle werden so
weit beeinträchtigt werden, wie sie durch die gleichen Freuden und
Schmerzen gehen, weil sie alle einer Meinung sind über das, was in der
Nähe und in der Liebe zu ihnen steht, und damit sie alle zu einem
gemeinsames Ende neigen.
Gewiss, antwortete er.
(...)
SANNYASIN
Jede Religion hat eine Gruppe von Einsiedlern, die ein Leben in Rückzug
und Meditation führen. Es gibt die Bettelmönche im Buddhismus, Fakire
im Islam, sufistische Fakire im Sufismus, Mönche und Eremiten im
Christentum. Die Glorie einer Religion ist absolut verloren, wenn diese
Einsiedler oder Sannyasins oder die, die ein Leben in Abkehr und
göttlicher Kontemplation führen, wegfallen. Es sind diese Menschen, die
die Religionen der Welt aufrecht erhalten. Es sind diese Menschen, die den
Menschen Trost bringen, wenn sie Kummer und Sorgen haben. Sie sind
die Vorboten göttlicher Weisheit und Frieden. Sie sind die Überbringer
heiligen Wissens und himmlischer Botschaften. Sie sind die Verbreiter
spiritueller Wissenschaft und schriftlicher Offenbarungen. Sie heilen die
Kranken, trösten die verlorenen Seelen, pflegen die Bettlägerigen. Sie
bringen den Hoffnungslosen Hoffnung, den Deprimierten Freude, den
Schwachen Stärke, den Schüchternen Mut, indem sie das Wissen von Gott
und die Bedeutung der All-Einheit weitergeben.
Ein echter Sannyasin ist der einzige wirkliche Machthaber auf dieser Erde.
Er nimmt nie. Er gibt immer. Nur Sannyasins haben in der Vergangenheit
wirklich ehrwürdige, großartige Arbeit geleistet. Nur Sannyasins können in
der Gegenwart und in der Zukunft Wunder vollbringen. Eines Weisen
Name kann nie ausgelöscht warden, solange die Welt existiert.
Ramakrishna oder Vivekananda haben die großartigen Lehren der
Schriften verbreitet und die Hindu-Religion so erhalten. Nur ein Sannyasin
kann wahre Wunder vollbringen, denn er hat göttliches Wissen, er ist ein
vollendeter Mensch. Ein echter Sannyasin kann das Schicksal der
gesamten Welt verändern. Ein mächtiger Weiser ist einer, der die Doktrin
der heiligen Philosophie etablierte. Er lebt weiter in den Herzen der
Menschen.
So wie es Forschungegelehrte oder Studenten mit abgeschlossenem
Studium in Naturwissenschaften, Psychologie, Biologie, Philosophe und
so weiter gibt, so sollte es auch gelehrte Sannyasins geben, die ihre Zeit
den Schriften und Meditation und der Forschung über Gott widmen. Diese
gebildeten Weisen werden der Welt ihre Erfahrungen und Erkenntnisse auf
dem Gebiet der Religion und Spiritualität geben. Sie werden Schüler
ausbilden und diese in die Welt hinaus senden, um zu predigen. Es ist die
Pflicht der Bürger und der Gesellschaft, sich um die Bedürfnisse dieser
Sannyasins zu kümmern. Diese Sannyasins werden sich um die Seelen der
Menschen kümmern, und im Gegenzug kümmern die Bürger sich um
deren Körper. So wird das Rad der Welt sich reibungslos drehen. Im Land
wird Frieden herrschen.
Sannyasins sollten fest in heiligen Bewusstsein verwurzelt sein. Das bloße
Studium von Büchern kann nicht die Erfahrung reinen heiligen
Bewusstseins bringen. Philosophischer Tratsch oder müßiges, trockenes
Gerede über die heiligen Schriften hilft niemandem dabei, die Einheit oder
Einigkeit des Lebens zu empfinden. Es gibt keine Hoffnung darauf, die
heilige Einheit des Bewusstseins zu erfahren - Gott allein genügt - solange
der Aspirant nicht schonungslos alle Arten von Hass, Kleingeistigkeit,
Eifersucht, Neid, Überlegenheitsgedanken, und alle Grenzen, die die
Menschen voneinander trennen, zerstört, durch unaufhörlichen,
langfristigen Dienst an der Menschheit mit der richtigen geistigen
Einstellung oder göttlichem Tugend. Praktizierte Weisheit ist heutzutage
rar. Es gibt nur trockene Diskussionen und bedeutungslosen Streit über die
nicht lebensnotwendigen Dinge der Religionen.
Die zentrale Lehre der Bhagavad Gita ist Selbstverwirklichung in der Welt.
Dasselbe predigt der Weise. Der Menschheit dienen — als Manifestation
Gottes — und Gottes gedenken, während man an der Welt Anteil nimmt
und aktiv in ihr lebt, ist einem Höhlenleben überlegen. Selbstloser Dienst
ist auch Gebet. Arbeit ist Gebet. Wirklicher spiritueller Fortschritt beginnt
mit tätiger Liebe.
Ehrwürdiger Sannyasin! Diene jedem mit intensiver Liebe, ohne
Gedanken an die Auswirkung, ohne Früchte, Lohn oder Wertschätzung
dafür zu erwarten. Nutze deinen Leib für selbstlose Arbeit. Fühle, dass du
nur ein Instrument in den Händen Gottes oder ein Zeuge von Gottes
Aktivitäten bist, wenn du Liebe übst. Hafte an keinen Ort, keiner Person
oder Sache an. Behalte dein inneres Gleichgewicht bei all den Mühen und
Turbulenzen der Welt, ohne Erfolg oder Misserfolg, Gewinn oder Verlust,
Sieg oder Niederlage, Respekt oder Geringschätzung, Freude oder
Schmerz in Betracht zu ziehen. Habe immer einen ausgeglichenen Geist.
Habe den Geist bei allen Aktivitäten fest im Herzen verwurzelt. Dann wirst
du ein wahrer Heiliger der tätigen Liebe. Arbeit erhebt, wenn sie mit der
richtigen Einstellung verrichtet wird. Selbst wenn Menschen dich
verspotten, beschimpfen, schlagen, schmähen oder töten, sei immer
gleichmütig. Sei beständig bei deinem Herrn.
Dein Herz erfordert konstante Praxis, Standhaftigkeit, Geduld,
Beharrlichkeit und Ausdauer. Die kombinierte Praxis von tätiger Liebe und
Kontemplation in der Welt ist viel schwieriger als die Praxis reiner
Kontemplation im Rückzug einer Bergeinsiedelei. Der Einsiedler hat keine
Ablenkungen des Geistes, während der Heilige der tätigen Liebe schnell
von Geräuschen oder der Betriebsamkeit der Stadt gestört werden kann.
Die Meditation aufrecht zu erhalten, während man sonst aktiv ist, ist eine
andere Art schwieriger Weisheit. Der Mensch, der Kontemplation übt,
während er sonst Taten der Nächstenliebe vollbringt, ist in der Tat ein
mächtiger Weiser. Er hat einen ganz anderen Geist.
Schlechte Sannyasins wollen Sünden nicht durch Nächstenliebe tilgen. Sie
glauben, dass Dienst am Menschen und tätige Liebe nichts bedeuten. Sie
rasieren sich die Köpfe, ziehen orangene Kleidung an, bleiben in einer
Höhle und posieren als große Weise oder Heilige. Sie studieren ein paar
Bücher über Gott und stilisieren sich als große Philosophen. Das ist ein
großer Fehler. Selbst wenn es einen echten Philosophen gäbe, braucht er
eine große dynamische Kraft, die ganze Welt zu regieren. Einige
Sannyasins aus der alten orthodoxen Schule denken, dass ein Philosoph
machtlos ist. Er kann jedoch das Schicksal der ganzen Welt verändern.
Ein wahrer Sannyasin strebt, sein Selbst nach und nach mit der großen
Gottheit zu verschmelzen, indem er alle Bindungen aufgibt und frei wird
von Gegensatzpaaren. Das Wissen über den höchsten Geist, das
Verschwinden aller Gefühle von ich oder mein, werden für einen
Sannyasin nur durch die Praxis unaufhörlicher Kontemplation über das
Absolute Ich zugänglich. Wer sich das Wissen der Einheit des Individuums
mit dem höchsten Gott nicht angeeignet hat, wird die höchste Stufe durch
bloße dumpfe Meditation nicht erreichen. Ein Sannyasin muss
unaufhörlich die heiligen Worte der Ewigen Weisheit murmeln sowie die
Sätze aus der heiligen Schrift, die die Ewige Wahrheit behandeln. Gott ist
der Zufluchtsort sowohl aller wissenden als auch unwissenden Menschen.
Er ist das Ziel der Sehnsüchte aller, die unsterblich werden möchten.
Wegen des Privilegs, Gott zu beschauen, wird ein Sannyasin von allen
Arbeiten befreit und wird gleichgültig selbst gegenüber den Freuden des
Himmels, da er Gott allein sucht. Durch unaufhörliches Nachdenken über
Gott allein erreicht der Weise die höchste Wonne.
Sannyasins sollten ein ideales, beispielhaftes Leben führen und den
Bürgern raten, kein Haschisch, Opium und so weiter zu rauchen. Der Geist
imitiert immer. Wenn der Meister am Tag Haschisch raucht, wird der
Schüler am Tag Haschisch rauchen. Wie der Meister, so der Schüler.
Sannyasin sein ist eine ernste Sache. Komfortables Sannyasin-sein ist sehr
gefährlich. Es ist überhaupt kein Sannyasin-sein. Alle für Sannyasins
vorgeschriebenen Regeln sollten von Sannyasins befolgt werden. Nur dann
können sie als wahre und ideale Sannyasins glänzen. Nur dann können sie
den Menschen als Vorbild dienen. Ehre dem wahren, idealen Sannyasin,
der ein beispielhaftes Leben führt! Diese Welt braucht dringend wahre,
ideale Sannyasins, die dem Land und der Menschheit mit Liebe helfen und
Wissen über die Seele und Gottes Liebe überall verbreiten.
Mögen Sannyasins, die Quellen göttlicher Weisheit, die Fackelträger der
absoluten Wahrheit, die Leuchtfeuer dieser Welt, die Grundpfeiler
spiritueller Gebäude und die zentralen Säulen ewigen Glaubens der
Religion die verschiedenen Nationen dieser Welt leiten.
Wer oder was sind Engel? Wo kommen sie her, und in welcher Beziehung
stehen sie zu uns?
als Einleitung fragen wir, wie sich Menschen Engel vorstellen. Dann
müssen wir gleich überlegen, wie wir mit ihnen umgehen sollen. Drittens
fragen wir, wo sie herkommen, viertens, was sie von uns unterscheidet,
dann welche Ordnungen und welche Aufgaben sie haben und fassen zum
Schluss noch einmal alles unter der Frage zusammen, welche Einstellung
wir zu ihnen haben sollen. Bei allem begnügen wir uns mit den
wichtigsten Aussagen.
Dazu gehören auch Engel. Sie dürfen nicht angebetet werden. Offenbarung
22,8-9: „Ich, Johannes, habe alles gesehen und gehört, was hier berichtet
ist. Überwältigt von dem, was ich gehört und gesehen hatte, warf ich mich
vor dem Engel nieder, der mir das alles gezeigt hatte, und wollte ihn
anbeten. Doch er sagte: Tu das nicht! Ich bin ein Sklave Gottes genauso
wie du und deine Brüder, die Propheten, und wie alle, die sich nach den
Worten dieses Buches richten. Bete Gott an!“ Die heiligen Engel Gottes
haben nie Anbetung angenommen. Kolosser 2,18: „Und lasst euch durch
niemand von eurem Ziel ablenken, durch keinen, der sich in
Demutsübungen gefällt und Engel anbetet und das mit Visionen begründet,
die er gesehen haben will. Solche Menschen haben eine ungeistliche
Gesinnung und sind ganz ohne Grund stolz und aufgeblasen.“ Anbetung
von Engeln ist ein Kennzeichen von gnostischen oder esoterischen
Irrlehrern.
Durch sein Wort hat Gott die Engel erschaffen. Psalm 148,2.5: „Lobt ihn,
alle seine Engel! Lobe ihn, du himmlisches Heer! … Sie alle sollen loben
den Namen Jahwes, denn sie alle entstanden durch sein Gebot.“ Durch
Christus hat Gott die Engel geschaffen. Kolloser 1,16: „Denn in Ihm ist
alles, was es im Himmel und auf Erden gibt, erschaffen worden: das
Sichtbare und das Unsichtbare, Throne und Herrschaften, Mächte und
Gewalten; alles hat Gott durch Ihn und für Ihn geschaffen.“ Engel wurden
vollkommen erschaffen. Ezechiel 28,15: „Vollkommen warst du in deinen
Wegen von dem Tag an, als du geschaffen wurdest...“
Engel haben nicht die Fähigkeit der Vermehrung; sie wurden alle
unmittelbar von Gott geschaffen.
Engel sind keine Rasse wie die Menschen, die alle von Adam und Eva
abstammen. Engel haben nicht die Fähigkeit der Vermehrung; sie wurden
alle unmittelbar von Gott geschaffen. Sie sind keine geschlechtlichen
Wesen und wurden weder als Mann noch als Frau erschaffen, sondern sie
rein geistige Intelligenzen.
Matthäus 22,30: „Denn wenn die Toten auferstehen, heiraten sie nicht
mehr, sondern werden wie die Engel im Himmel sein.“ Es gibt Myriaden
von Engeln. Da dies die größte Zahl der griechischen Sprache war, heißt
das praktisch: unzählbar viele.
Hebräer 12,22: „Ihr dagegen seid zum Berg Zion und zur Stadt des
lebendigen Gottes gekommen, zu dem Jerusalem im Himmel, wo sich
unzählbare Engelscharen zu einem Fest versammelt haben.“
Die Engel wohnen im Himmel, haben jederzeit Zugang zu den Menschen
und zum Thron Gottes. Lukas 2,13-15: „Plötzlich waren sie von ganzen
Heerscharen des Himmels umgeben, die alle Gott lobten und riefen: Ehre
und Herrlichkeit Gott in der Höhe und Frieden den Menschen seines
Wohlgefallens auf Erden. Als die Engel in den Himmel zurückgekehrt
waren, sagten die Hirten zueinander: Kommt, wir gehen nach Bethlehem!
Sehen wir uns an, was da geschehen ist, was der Herr uns sagen ließ.“
Engel wurden geprüft. Hiob 4,18: „Siehe, selbst seinen Knechten vertraut
er nicht, und seinen Engeln legt er Irrtum zur Last.“ Es gab Engel, die
haben sich der Rebellion Luzifers angeschlossen und sind für ihre Sünde
persönlich verantwortlich. Einige von ihnen sind jetzt schon gefangen. 2
Petrus 2,4: „Gott hat nicht einmal die Engel verschont, die sich gegen ihn
vergangen hatten, sondern hat sie bis zum Tag des Gerichts in Finsternis
gefesselt, in Höhlen des Abgrunds verwahrt.“
Judas 1,6: „Auch die Engel, die ihre Vollmacht überschritten und den Platz
verließen, den Gott ihnen zugewiesen hatte, hat er mit ewigen Fesseln in
der Finsternis verwahrt, um sie an jenem großen Tag zu richten.“ Die
abgefallenen Engel werden im Weltgericht in die Hölle geworfen:
Matthäus 25,41: „Dann wird er zu denen auf der linken Seite sagen: Geht
mir aus den Augen ihr Verfluchten! Geht in das ewige Feuer, das für den
Teufel und seine Engel vorbereitet ist!“ Die Christen werden einmal über
Engel zu Gericht sitzen. 1 Korinther 6,3: „Wisst ihr nicht, dass wir sogar
über Engel zu Gericht sitzen werden?“
(Genesis 22)
Es geschah einige Zeit später, dass Gott Abraham auf die Probe stellte.
Abraham, Abraham!' rief er. Hier bin ich, antwortete er.
Früh am nächsten Morgen sattelte Abraham seinen Esel und nahm mit sich
zwei seiner Knechte und seinen Sohn Isaak. Er hackte Holz zum
Brandopfer und machte sich auf den Weg zu dem Ort, den Gott ihm
angegeben hatte.
Am dritten Tag blickte Abraham auf und sah den Ort in der Ferne.
Da sagte Abraham zu seinen Knechten: Bleibt hier mit dem Esel. Der
Junge und ich werden da drüben hingehen, wir werden anbeten und dann
zu euch zurückkommen.
Abraham nahm das Holz zum Brandopfer, lud es Isaak auf und trug mit
seinen eigenen Händen das Feuer und das Messer. Und dann gingen die
beiden zusammen weiter.
Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Vater? Sagte er. Ja, mein Sohn?
antwortete er. Siehst du, sagte er, hier ist Feuer und Holz, wo ist aber das
Lamm zum Brandopfer?
Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich das Lamm zum
Brandopfer wählen. Und die beiden gingen zusammen weiter.
Als sie an dem Ort, den Gott ihm angegeben hatte, angekommen waren,
baute Abraham dort einen Altar und schichtete das Holz. Dann band er
seinen Sohn und legte ihn auf den Altar oben auf das Holz.
Abraham streckte seine Hand aus und nahm das Messer, um seinen Sohn
zu töten.
Aber der Engel Jahwes rief ihm vom Himmel zu: Abraham, Abraham!
Sagte er. Hier bin ich, antwortete er.
Rühre den Knaben nicht an, sagte der Engel, und schade ihm nicht, denn
nun weiß ich, dass du Ehrfurcht hast vor Gott. Du hast ihm nicht
verweigert deinen eigenen geliebten Sohn.
Dann erblickte er, dann sah Abraham einen Widder mit seinen Hörnern im
Gestrüpp verfangen. Abraham nahm den Widder und opferte ihn zum
Brandopfer an seines Sohnes statt.
Abraham nannte diesen Ort "Jahwe opfert", und damit die Leute heute
sagen: Auf dem Berg Jahwes wurde ein Opfer zur Verfügung gestellt.
Der Engel Jahwes rief Abraham ein zweites Mal vom Himmel:
Ich schwöre bei mir selbst, der Herr erklärt, dass, weil du das getan hast,
weil du mir deinen eigenen geliebten Sohn nicht verweigert hast,
Werde ich Segnungen auf dich ausschütten und deine Nachkommen so
zahlreich machen wie die Sterne am Himmel und der Sand am Ufer des
Meeres. Deine Nachkommen werden erobern die Tore ihrer Feinde.
Alle Völker der Erde werden sich mit deinem Nachkommen segnen, weil
du auf meine Stimme gehört hast.
Abraham ging zurück zu seinen Knechten, und gemeinsam zogen sie nach
Beerscheba, und Abraham ließ sich in Beerscheba nieder.
Und es geschah nach einiger Zeit, dass Abraham ein Wort empfing, dass
Milka auch nun Söhne seinem Bruder Nahor geboren hatte:
Uz, seinen Erstgeborenen, Buß, seinen Bruder, Kemuel, den Vater von
Aram,
Und Bethuel zeugte Rebekka. Dies waren die acht Kinder, die Milka
schenkte dem Nahor, Abrahams Bruder.
Er hatte auch eine Konkubine namens Rehuma, und auch sie hatte Kinder:
Tebah, Gaham, Tahash und Maacha.
DIE WELTSEELE
Die Weltseele (lateinisch anima mundi, griechisch psyche tou pantos) ist
ein religiöses und naturphilosophisches Konzept. Es beruht auf der
Vorstellung einer Analogie zwischen der Gesamtheit des Kosmos und dem
Menschen. Das Universum als Makrokosmos soll analog zum Menschen,
dem Mikrokosmos, strukturiert sein. Als Lebens- und Bewegungsprinzip
wird für beide eine Seele angenommen. So wie man sich einen einzelnen
Menschen als beseelt und von seiner Einzelseele belebt vorstellt, so wird
der Kosmos als lebendiger, mit einer eigenen Seele ausgestatteter
Organismus aufgefasst.
Der Begriff „Weltseele“ wurde von Platon geprägt. In seinem Dialog
Timaios entwarf er eine Theorie der Beseelung der Welt. Er bezeichnete
die Weltseele als selbstbewegt; in ihrer Eigenbewegung sah er ihr
Hauptmerkmal. Als notwendig betrachtete er sie aus zwei Gründen.
Erstens hielt er ein Prinzip, auf das Bewegung generell zurückgeführt
werden kann, für erforderlich; in seinem Spätwerk Gesetze betonte er, die
Weltseele sei die Ursache aller Bewegung in der Natur. Auf sie führte er
die Bewegungen am Himmel ebenso wie diejenigen auf der Erde zurück.
Zweitens benötigte er die Weltseele als das Prinzip, vermittels dessen er
die im Kosmos waltende Vernunft mit der Weltmaterie verband.
Nach dem im Timaios erzählten Mythos hat der Weltschöpfer die
Weltseele zusammen mit dem Kosmos erschaffen. Aus verschiedenen
Mischungen schuf er die Weltseele. Dank dieser Mischungen enthält die
Weltseele Elemente von allem und wird dadurch in die Lage versetzt, alles
wahrzunehmen und zu erkennen. Ihr steht die Herrschaft über den
Weltkörper zu, so wie der Einzelseele des Individuums die Herrschaft über
dessen Körper. Die Weltseele durchdringt und umgibt den Körper des
Kosmos, seine Materie. Sie ist die vermittelnde Instanz zwischen der rein
geistigen Ideenwelt und dem physischen Weltkörper.
Allerdings bedarf die Weltseele nach der platonischen Naturphilosophie
zur geordneten Bewegung der Vernunft, des Geistes (Nous). Der Geist, der
im Timaios vom Weltschöpfer repräsentiert wird, lenkt als übergeordnete
Instanz die Weltseele von außen. Damit stellt sich die Frage, ob die
Weltseele auch über eine eigene Vernunft verfügt oder ob sie von sich aus
unvernünftig wäre, aber sich dank fremder Lenkung dennoch stets gut
verhält.
Plutarch vertrat eine dualistische Position: Da in der sinnlich
wahrnehmbaren Welt Gutes mit Schlechtem gemischt ist, nahm er zwei
entgegengesetzte Prinzipien (archai) und einander widerstreitende Kräfte
(dynameis) an. Eine der Kräfte führt in die richtige Richtung, die andere in
die verkehrte. Die negative Kraft kann sich normalerweise nur unter dem
Mond, also insbesondere auf der Erde, auswirken; der über dem Mond
gelegene Himmelsbereich ist eigentlich frei von Schlechtigkeit. Plutarch
identifizierte das negative Prinzip mit der Urseele, der Seele im Urzustand.
Diese sei von Natur aus unvernünftig, bewege sich ungeordnet und werde
nur dank der Herrschaft der ordnenden Vernunft auf das Gute ausgerichtet.
Plutarch betrachtete die Weltseele als unauflöslich mit der ihr zugehörigen,
von ihr beseelten Weltmaterie verbunden.
Im Neuplatonismus hingegen wurde die Weltseele zu den vollkommenen
Elementen der geistigen Welt gezählt. Sie galt als die unterste der drei
hierarchisch geordneten „Naturen“ oder, wie man später zu sagen pflegte,
Hypostasen, welche die geistige Welt ausmachen. Plotin meinte, die
Weltseele unterscheide sich von den Einzelseelen dadurch, dass sie ständig
auf den Geist (Nous) ausgerichtet und immer mit ihrem Körper verbunden
sei, während die Ausrichtung der Einzelseelen Veränderungen unterworfen
sei. Indem die Weltseele den Kosmos beseele, verleihe sie ihm quasi
göttliche Qualitäten.
Aristoteles lehnte das platonische Konzept der Weltseele ab und verwarf
insbesondere die Vorstellung, dass sie nicht nur bewege, sondern auch
selbst in ständiger Bewegung sei.
Von dem platonischen Konzept abgeleitet, aber stark abgeändert war die
Auffassung der Stoiker von der Beseelung der Welt. Sie nahmen ein
aktives, den ganzen Kosmos durchdringendes feuriges Prinzip, das
Pneuma, an. Damit verbanden sie die Vorstellung, die Welt sei ein
beseeltes, unsterbliches, göttliches Lebewesen, dem sie Sinne und Vernunft
zuschrieben. Die Einzelseelen betrachteten sie als Teile der Weltseele. Für
die Stoiker war die Weltseele jedoch nicht wie im Platonismus eine
eigenständig existierende geistige Substanz mit einem bestimmten Rang
und einer besonderen Aufgabe in der hierarchischen Weltordnung, sondern
nur ein bestimmter Aspekt einer einheitlichen, körperlich gedachten Welt.
Der stark vom Platonismus beeinflusste jüdische Denker Philon von
Alexandria wsollte die Wltseele nur als Metapher gelten lassen. Bei den
verschiedenen Strömungen der Gnosis fand das Konzept keinen Anklang,
nur der Manichäismus nahm es auf. Die Manichäer betrachteten die
Weltseele jedoch nicht wie die Platoniker und die Stoiker als von Natur
aus dem Weltkörper zugeordnet, sondern hielten ihren Aufenthalt in der
materiellen Welt für das Ergebnis einer Katastrophe, das ebenso wie bei
den Einzelseelen durch Erlösung rückgängig zu machen sei.
Unter den Kirchenvätern fällt Augustinus durch sein positives Verhältnis
zum Gedanken einer Beseeltheit der Welt auf. Er hält ihn für eine kühne
Hypothese, die weder mit Vernunftgründen beweisbar noch aus der Bibel
abzuleiten sei, aber möglicherweise zutreffe. Boethius bekannte sich in
seiner Schrift vom Trost der Philosophia ausdrücklich zur Idee der „alles
bewegenden Seele“ der Welt.
Im 9. Jahrhundert bekannte sich der neuplatonisch orientierte christliche
Philosoph Johannes Scottus Eriugena zur Idee der Belebtheit der ganzen
Welt.
Im 11. Jahrhundert übernahm der in Spanien lebende jüdische Philosoph
Solomon ibn Gabirol im Rahmen seiner Rezeption des Neuplatonismus
auch die Vorstellung einer Weltseele.
Im 12. Jahrhundert wurde das Weltseele-Thema erneut aufgegriffen. Der
Platoniker Wilhelm von Conches, der den Timaios kommentierte, nannte
die Weltseele eine belebende „natürliche Kraft“ und schrieb, sie sei
zugleich mit der Welt geschaffen worden. Er brachte sie – eine schon in
der Antike auftauchende Überlegung – vorsichtig mit dem Heiligen Geist
in Zusammenhang. Allerdings identifizierte er sie nicht ontologisch mit
dem Heiligen Geist (was wegen dessen Ungeschaffenheit theologisch
problematisch wäre), sondern ließ die Frage ihres Verhältnisses zur dritten
Person der Dreifaltigkeit ausdrücklich offen. Der einflussreiche Theologe
Bernhard von Clairvaux bekämpfte die Gleichsetzung der Weltseele mit
dem Heiligen Geist nachdrücklich.
Nikolaus von Kues setzte sich im 15. Jahrhundert in seinem Werk von der
gelehrten Unwissenheit mit der platonischen Auffassung von der Weltseele
auseinander. Er betrachtet die Weltseele als „universale Form“, die den
Dingen innewohne, aber nicht eigenständig außerhalb von ihnen existiere.
Er setzt sie nicht mit dem Heiligen Geist gleich, sondern hält sie für dessen
„Ausfaltung“. Sein Zeitgenosse Marsilio Ficino teilt die platonische
Überzeugung von der Beseeltheit der gesamten Welt, ebenso wie auch
Giovanni Pico della Mirandola, doch halten sich diese Denker von einer
pantheistischen Deutung dieses Konzepts fern. .
Giordano Bruno war ebenfalls der Meinung, dass man in allen Dingen
Seele und Leben antreffe und dass die Seele als Form aller Dinge überall
die Materie ordne und beherrsche. Er betont stärker als seine Vorgänger
den Aspekt der Immanenz Gottes in der Welt. Der Weltseele, die er als die
allgemeine Form des Weltalls bezeichnet, schreibt er eine „universale
Vernunft“ zu, welche er mit der Wirkursache des Weltalls gleichsetzt. Er
meint, die Weltseele sei überall, doch sei ihre Allgegenwart in einem
geistigen Sinne zu verstehen, nicht körperlich oder der Ausdehnung nach.
Im 17. Jahrhundert wird im Zuge der sich verstärkenden Mechanisierung
des Weltbilds die herkömmliche panpsychistische Naturauffassung der
Naturphilosophen von prominenten Denkern und Wissenschaftlern radikal
verworfen oder einfach ignoriert. Damals beklagte der Dichter John Donne
in einem Gedicht den Tod der Weltseele.
Im Zeitalter der Aufklärung wird die Weltseele meist als
Phantasievorstellung betrachtet. Ein Verteidiger des Weltseele-Konzepts
war jedoch Salomon Maimon. Er hielt die Weltseele für eine von Gott
erschaffene Substanz und deutet sie metaphysisch als endliche
Universalform. Dieses Verständnis der Weltseele ist nach seiner Ansicht
mit dem naturwissenschaftlichen Kenntnisstand seiner Zeit kompatibel.
Schelling griff den Begriff „Weltseele“ auf und machte ihn sogar zum
Thema seiner Schrift Von der Weltseele. Allerdings verstand er ihn nur als
Metapher für ein organisierendes Prinzip, das nach seiner Auffassung die
organische und die anorganische Natur kontinuierlich verbindet und die
ganze Natur zu einem allgemeinen Organismus verknüpft. Den antiken
Philosophen schrieb er eine Ahnung von diesem Prinzip zu, die sie dazu
veranlasst habe, an eine Weltseele zu denken. Goethe, der Schelling
schätzte und dessen Schrift über die Weltseele kannte, benannte sein
Gedicht „Weltschöpfung“ unter dem Einfluss Schellings in „Weltseele“
um. Auch in seinem Gedicht „Eins und Alles“ nahm Goethe auf die
Weltseele Bezug: „Weltseele, komm, uns zu durchdringen!“ Dabei ging es
ihm um die Erfahrung der Einheit und Lebendigkeit der Natur.
In der Literatur der Romantik, in der „Seele“ zu den Schlüsselbegriffen
gehört, kommt der Ausdruck „Weltseele“ öfters vor, besonders bei
Novalis.
Der russische Religionsphilosoph Wladimir Solowjew knüpfte an
gnostische Vorstellungen an, indem er einen Absturz der Weltseele
annahm; sie sei aus dem Mittelpunkt der All-Einheit des göttlichen
Daseins heraus in die Peripherie der geschöpflichen Vielheit gefallen.
Damit habe sie sich ihrem eigenen Wesen entfremdet und die gesamte
Schöpfung in die Unordnung hinab gezogen. Aus dem dadurch
hervorgerufenen Chaos sei das Böse entstanden, dessen Frucht das Leid
sei.
Carl Gustav Jung bezog das Weltseele-Konzept auf das den einzelnen
Seelen gemeinsame „kollektive Unbewusste“.
Künstlerisch wird die Weltseele als nackte Göttin dargestellt, deren Kopf
von einem Sternenkranz umgeben ist. Sie steht auf einer Weltkugel, mit
einem Fuß im Meer und einem Fuß auf der Erde stehend. Die rechte Brust
ist mit einem Stern, die linke mit einer Sonne verziert, die Scham mit
einem Mond.
HYPATIA
Es war im Jahre 1000 vor der Geburt des Retters Jesus Christus, als der
weise König Salomo in Jerusalem Richter der Juden war, da fand eine
Gerichtsverhandlung im Richthaus statt. Staatsanwalt war der Prophet
Nathan, der schon dem König David ins Gewissen geredet hatte, nachdem
der die schöne Nachbarin Bathseba nackt baden gesehen und mit ihr die
Ehe gebrochen hatte. Rechtsanwalt war Assaph, der gleichzeitig der Fürst
der Tempelsänger war. Nebenkläger war der Rosengärtner Johannes. Er
hatte nämlich, als er schon Witwer war, seinen goldenen Ehering eines
Tages von seinem Finger abgezogen und auf das Fensterbrett gelegt.
Nun grenzte sein Rosengarten an den Garten der frommen Witwe von En-
Dor, die im Chor der Tempelsängerinnen zu Ehren Gottes des Herrn mit
schöner Stimme Psalmen sang. In dem großen Garten der Witwe von En-
Dor lebte eine treue Elster. Wenn die Elster auf der Gartenpforte saß und
mit dem Schwanz wippte, wusste die Witwe von En-Dor, dass Gäste
nahten. Die Witwe von En-Dor mochte deswegen die Elster gerne, denn
sie war sehr leutselig. Aber das Ohr der Witwe war auf harmonische
Schönheit gestimmt, darum mochte sie das Klappern und Schnarren der
Elster weniger.
Was sie aber nicht bedachte, war, dass die Elster eine diebische Elster war,
die alles Schimmernde und Glänzende liebte, wie schon unser aller Mutter
Eva sehr den Goldschmuck und die Silberkettchen und Perlenketten und
Lapislazuli und Mondstein liebte, mit dem Vater Adam sie hofierte.
Nun begann die Gerichtsverhandlung. Das Richthaus war von Zedern und
Zypressen und unbehauenen Steinen errichtet und inwendig und
auswendig mit Uphas-Gold verkleidet. An der Stirn des Gerichtssaales saß
der Richterstuhl des Königs Salomo. An der rechten Seite des Saales saß
der Staatsanwalt Nathan und der Nebenkläger Johannes. An der linken
Seite des Saales saß der Verteidiger Assaph. In der Mitte des
Gerichtssaales saß die Angeklagte, die Elster. Sie saß in einem Vogelkäfig,
den die Witwe von En-Dor auf ihrem Schoß trug.
Salomo eröffnete die Gerichtsverhandlung: Im Namen Gottes des Herrn!
Wir sind hier, die Schuld der Elster zu untersuchen. Nathan, Staatsanwalt,
beginne mit deiner Anklage.
Nathan erhob sich und begann zu reden: Hochheiliger Salomo, wir sind
hier, um ein abscheuliches Verbrechen zu ahnden. Gott der Herr hat am
fünften Schöpfungstag die Vögel geschaffen. Unter der Klasse der Vögel
gab es die Ur-Elster. Diese Elster ist also ein Geschöpf Gottes. Und wie
das Sprichwort in Israel sagt: Seht die Vögel unter dem Himmel, sie
arbeiten nicht, sie sparen nicht, und Gott der Herr ernährt sie dennoch.
Diese Elster ist also nicht nur ein Geschöpf Gottes, sondern wird auch Tag
für Tag von Gott am Leben erhalten. Daher ist es die Dankesschuld der
Elster und ihre Pflicht, die Gebote des Herrn zu halten. Nun gab Gott aber
den Kreaturen das hochheilige Gesetz, die zehn Gebote. Darin heißt es: Du
sollst nicht stehlen! Und: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib
und Magd und Eselin und Kamel und Schaf und irgendein Ding. Diese
Elster hat gegen diese beiden Gottesgebote verstoßen. Zuerst erwachte in
ihr die Begierde nach dem Ehering des Israeliten Johannes, und der
Begierde folgte die Tat, die Elster stahl den Ehering des Johannes. Gott ist
der Richter, aber, wie der Psalmist sagt, Gott hat sein Gericht dem König
übergeben und dem Königssohn. Und du, o weiser Salomo, Sohn Davids,
des Mannes nach dem Herzen Gottes, du musst Gottes Gericht
vollstrecken.
Salomo sagte: Was für eine Strafe fordert der Staatsanwalt Nathan?
Nathan sagte: Wie es im Gesetz Moses heißt: Auge um Auge, Zahn um
Zahn. Ich fordere nicht die Todesstrafe durch Steinigung, wie es der
Gotteslästerung und dem Ehebruch angemessen ist, sondern, was die
Elster gestohlen hat, das muss die Elster ersetzen.
Salomo fragte: Ist der Ehering des Johannes denn noch da, dass die Elster
ihn einfach zurückgibt?
Nein, Ehrwürden, die Elster hat den Ring verschleppt und kann uns nicht
sagen, wo er ist. Zudem verstehe ich auch nicht die Sprache der Elstern.
Salomo lächelte. Jeder in Israel wusste, dass der weise Salomo die Sprache
der Vögel verstand. Außer Salomo verstanden nur noch der Gott der
Germanen Odin und der heilige Franziskus die Sprache der Vögel. Salomo
lächelte und sagte: Groß ist die Torheit der Elster! Gott hat ihr nicht wie
mir die göttliche Weisheit verliehen. Sie stiehlt einen Ehering und
versteckt ihn und vergisst dann, wo sie ihn versteckt hat. O Frau Torheit,
wie unermesslich ist dein Reich! Das erinnert mich an die Eichhörnchen,
die roten Waldteufel. Sie vergraben ihren Vorrat an Nüssen für den Winter
und dann im Winter haben sie vergessen, wo sie die Nüsse vergraben
haben. Auch ihnen hat Gott keine Weisheit verliehen. Und wie schon Hiob
sagte, Gott hat die Weisheit auch vorenthalten dem Straußenweibchen. Sie
vergräbt ihre Eier im heißen Sand und überlässt sie dann ihrem Schicksal,
und es ist ihr gleichgültig, ob die Eier zertreten werden. Aber ich schweife
ab. Zurück zu unserem Fall. Wie soll nun, edler Nathan, Auge um Auge,
Zahn um Zahn, Ehering um Ehering zurückgegeben werden?
Nathan sagte: Das ist die Aufgabe des Richters, das zu entscheiden. Aber
ich gebe zu bedenken, dass die Elster im Garten der Witwe von En-Dor
lebt, dass die Elster so quasi Eigentum der Witwe ist, dass die Witwe
darum verantwortlich ist für das Treiben ihres Haustieres, und dass die
Witwe noch, wie ich ermittelt habe, den goldenen Ehering ihres
verstorbenen Ehemannes Eber trägt. Sie könnte ihren Ehering zur Buße
dem Witwer Johannes geben.
Da rief die Witwe von En-Dor dazwischen: Bei aller Liebe, aber das ist
lächerlich! Die Elster ist genauso wenig mein Eigentum wie die Luft, die
durch meinen Garten weht. Die Luft ist des Schöpfers Eigentum! Oder soll
ich mir täglich einen Beutel Luft kaufen müssen? Gottes ist die Luft und
Gottes ist die Elster! Warum schuf Gott die Elster so diebisch?
Evas Tochter, willst du den allweisen Gott anklagen, der alles gut
geschaffen hat? So sprach Salomo. Aber, fügte er hinzu, ich will erst den
Nebenkläger Johannes hören.
O Johannes, ich weiß, du bist ein gottesfürchtiger Mann, der zu den
jüdischen Hauptfesten den Tempel in Jerusalem besucht. Schildere mir
deine Sicht der Dinge.
Johannes sprach: O weiser Salomo! Auch mir hat Gott eine Erkenntnis
geschenkt: Der Mensch soll sich nicht so wichtig nehmen. Der Mensch ist
aus Erde gemacht und zur Erde kehrt er zurück, und bei der Nachwelt wird
er vergessen sein. Ja, seufzte Salomo, Nichtigkeit der Nichtigkeiten, alles
ist nichtig. Eitelkeit der Eitelkeiten, alles ist eitel. Sinnlosigkeit der
Sinnlosigkeiten, alles ist sinnlos. Wahnsinn des Wahnsinns, alles ist Wahn.
So redet die Altersweisheit, edler Johannes. Aber, sprach Johannes, ich
vergesse doch meine geliebte Ehefrau Hanna nicht, auch wenn sie tot ist.
Salomo sprach: Gott ist nicht ein Gott der Toten, in Gott leben sie alle. Ja,
sagte Johannes, mein Weib ist bei Gott. Wenn die Elster mir ein Goldstück
gestohlen hätte, so hätte ich gesagt: O Herr, erlöse uns vom täglichen Übel
des Geldes! Salomo sagte: Recht gesprochen. Die Liebe zum Geld ist die
Wurzel aller Übel. Nun aber, fuhr Johannes fort, hat mir die Elster den
Ehering gestohlen, und der hat doch einen ideellen Wert. Ich weiß, ich
habe meiner Ehefrau Treue versprochen, bis dass der Tod uns scheidet, und
nun ist sie tot, und wir sind geschieden. Salomo sagte: Ja, im Himmel
werden wir nicht verheiratet sein, sondern wie die Engel sein. Aber, sagte
Johannes, ich rede jetzt töricht, aber die Liebe ist eine Torheit, nämlich,
wenn ich den Ehering nicht mehr tragen kann, das kommt mir vor wie
posthumer Ehebruch. Salomo sagte: Ich habe in meinen Liebesliedern
gedichtet: Die Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft brennend wie
das Totenreich. Johannes sagte in tiefer Demut: O weiser Salomo, muss
man nicht sagen: Die Liebe ist stärker als der Tod? Denn der Bruder Tod
hat mir meine Frau genommen, aber die Liebe macht, dass sie als mein
guter Engel und als meine heilige Schutzfrau um mich schwebt. Wohl
gesprochen, sagte Salomo. Ich will nun aber auch den Rechtsanwalt hören.
Assaph erhob sich und begann zu reden: Hochweiser Salomo! Wenn das
philosophische Grundkonzept falsch ist, folgt daraus eine falsche Politik.
Der Staatsanwalt sagte, die Elster sei von Gott geschaffen und sei darum
verpflichtet, das Gesetz Gottes zu halten. Die Witwe von En-Dor rief:
Warum hat Gott die Elster auch so diebisch erschaffen? Das ist die Frage,
die wir zuerst klären müssen. Denn wenn Gott die Elster als Diebin
erschaffen hätte, wäre es ungerecht von Gott, ihr zu gebieten: Du sollst
nicht begehren, und du sollst nicht stehlen! Nun wissen wir aber, dass am
Anfang Gott mit den Menschen und der Natur in Harmonie im Paradiese
lebte. Die Ur-Elster, die Gott erschuf, war keine Diebin. Aber als die
reizende Eva auf das Flüstern der Schlange hörte und die verbotene Feige
verschluckte, da kam die Unordnung in die Schöpfung. Die Brüder
schlugen einander aus Neid tot. Die Wölfe begannen, die Lämmer zu
fressen. Die Elstern wurden diebisch. Eine Frage, weiser Salomo: Hat Gott
auch die Bakterien und die Pestflöhe erschaffen? Ich für meinen Teil
glaube, dass der Teufel den Herrn nachäffen wollte und die Ratte erschuf.
Aber lassen wir das beiseite. Die Ur-Elster war keine Diebin. Immer, wenn
Adam seiner schönen Eva ein Silberkettchen mit einem heiligen Medaillon
schenken wollte, vertraute er es der Ur-Elster an, die trug es dann als Botin
zu Eva. Erst durch den Sündenfall des Menschen ist auch die Natur in
Schuld gefallen. Unsere Elster ist also unschuldigerweise mit in Schuld
gefallen. Sollen wir der schönen Eva die Schuld geben? Aber sie wurde
von der Schlange verführt. Ist also die Schlange schuldig? Ja, alles Böse
kommt vom Erzbösewicht! Können wir der armen Elster die Schuld Satans
anlasten? Sie ist unschuldig schuldig geworden. Überhaupt, o Salomo, ist
die ganze Existenz schuldig. Der Mensch frisst das Tier, das Tier frisst die
Pflanze. Wo der eine Baum steht, kann ein anderer Baum nicht mehr
stehen. Hass und Liebe kämpfen in den Elementen. Dasein ist Schuld! Die
Luft, die ich atme und verbraucht von mir gebe, kann ein anderer nicht
mehr atmen. Und als Eva nackt im Garten Eden spazierte, zertrat sie da
nicht auch einmal aus Versehen eine fleißige Ameise? Was bleibt zu sagen
angesichts dieser ungeheuren Schuld? Herr, erbarme dich! Wir brauchen
alle die uferlose und unerschöpfliche göttliche Barmherzigkeit! Darum
bitte ich dich, o Salomo, lass Gnade vor Recht ergehen und sprich die
Elster frei!
Salomo freute sich und sagte: Dann müssen wir wohl wie die Araber den
Teufel steinigen! Aber ich möchte noch die Witwe von En-Dor hören. Edle
Dame, ich weiß, du singst in den Chören der Tempelsängerinnen die
Psalmen Davids zu Ehren Gottes des Herrn. Sprich, wie du die Sache
siehst!
Die Witwe von En-Dor sprach: Ich habe auch zu klagen. Der Rosengärtner
Johannes, mein Nachbar, führt immer seine Hündin Isis in meinen Garten,
wo sie ihr Exkrement niederlegt. Und er führte auch seine Stute an den
Rand meines Gartens, und ich musste dann die Pferdeäpfel entsorgen.
Auch muss ich immer hören den Lärm der Trompeten und Posaunen und
Trommeln aus seinem Haus. Ich dagegen liebe mehr die sanfte ruhige
Musik der Flöten und Harfen. Aber genug der Klage, denn eigentlich ist
der alte Johannes ein bescheidener und humorvoller Mann. Ich bin ja eine
Witwe, Salomo, und das Gesetz Gottes besagt, dass man sich vor allem um
Witwen und Waisenkinder kümmern soll. Ein Zimmermann aus meinem
Dorf hat sich selbst ermordet, nachdem seine Frau ihn als Witwer
zurückgelassen hat. Das sei mir ferne. Aber ich war fünfzig Jahre mit
meinem Ehemann Eber verheiratet, und wir sind Ein Fleisch geworden. Er
nannte mich noch im Alter von siebzig Jahren zärtlich: Mein Mädchen!
Alles, was mir von ihm geblieben ist, ist sein Grab, mein Ehering und die
Erinnerung. Darum empörte es mich auch so, als der Staatsanwalt forderte,
ich solle meinen Ehering zur Buße meinem Nachbarn geben. Bin ich
verantwortlich, wenn ein Blitz einschlägt in meines Nachbarn Haus? Bin
ich verantwortlich, wenn ein Sturm in meinem Garten die Eiche umwirft
und sie stürzt auf meines Nachbarn Hausdach? Das nennt man Höhere
Gewalt! So bin ich auch nicht verantwortlich für die Streiche der Elster,
die in meinem Garten auf dem Fichtenwipfel haust. Ich ertrage geduldig
ihr Schnarren und Klappern, denn ich denke: Vielleicht freut sich der
Schöpfer nicht nur am Flöten der Nachtigall, sondern auch am Schnarren
der Elster. Vielleicht kann man sogar Gott nicht nur mit Gesang zu Harfen
und Flöten erfreuen, sondern auch mit Trommeln und dem Blasen von
Hörnern.
Salomo sagte: Als letztes will ich nun noch die Elster hören. Und Salomo
begann zu schnarren, zu schnattern, zu klappern und schrill zu schreien. Er
sprach die Sprache der Elster. Und die Elster in ihrem Käfig senkte
demütig ihr Haupt und beichtete flüsternd: Vater, in Demut und Reue
bekenn ich meine Sünden. Ich habe mich gelüsten lassen. Ich habe
gestohlen. Salomo sprach zur Elster: Im Namen Gottes sprech ich dich los
von deinen Sünden. Gehe hin und sündige nicht mehr. Zur Buße bete drei
Psalmen.
Dann sprach Salomo wieder mit Menschenstimme. Ich habe nun alle
Lebenden gehört. Nun bleibt mir nur noch, die Toten zu hören. Mein
Knabe, bring mir meinen magischen Spiegel und meinen Orakel-Becher! -
Der Knabe eilte und kam mit den gewünschten Dingen zurück. Salomo
stellte den magischen Spiegel auf und füllte den Orakel-Becher mit Wein
aus dem Libanon. Dann begann er, in der Sprache der Engel zu beten.
Plötzlich begann er zu tanzen und zu lachen. Dann sagte er klar und
deutlich: Ich sehe im magischen Spiegel Hanna und Eber.
Hanna und Eber sagen, sie haben schon den Messias gesehen und sind
gerettet. Sie sind jetzt in dem Vorsaal des Himmels und müssen ihre
Kleider waschen, bis sie weiße Hochzeitskleider für die Hochzeit mit Gott
sind. Sie verzehren sich in Sehnsucht, den Messias wiederzusehen. Sie
warten auf euch im ewigen Leben. Sie bitten euch um euer Gebet und
versichern euch ihres Gebetes und ihrer Hilfe. Sie warten auf den
glücklichen Tag, wenn ihr alle vier beisammen seid beim Festmahl des
Messias. Sie wollen mit euch dort im himmlischen Jerusalem eine
gebratene Ente essen, die so groß ist, dass man sie zu viert essen muss. Sie
sagen, der Messias wird eine Schürze anlegen und euch bei Tisch
bedienen. Und sie bitten euch noch, dass ihr, Witwer und Witwe auf Erden,
einander Freude und Trost und Beistand seid, denn es ist nicht gut, dass
der Mensch allein sei.
Dann verhüllte Salomo den magischen Spiegel, trank den Orakel-Becher
leer und sagte: Wir kommen nun zur Urteilsverkündung. Wenn ihr von mir
ein gerechtes Urteil erwartet, werde ich euch enttäuschen. Ich sage:
Vergebt einander, was ihr einander zu vergeben habt. Seid barmherzig
miteinander. Wenn ihr irdische Gerechtigkeit einfordert, werdet ihr in der
Stunde eures Todes auch durch das enge Tor der strafenden Gerechtigkeit
Gottes müssen. Wenn ihr aber barmherzig seid, zu jeder Zeit barmherzig,
dann dürft ihr durch das sperrangelweite Portal der göttlichen
Barmherzigkeit triumphierend in den Himmel eingehen, um im Paradies
eure Geliebten wiederzutreffen und in Gemeinschaft mit Gott dem Herrn
glückselig zu sein!
Da reichten Johannes und die Witwe von En-Dor sich die Hände, gaben
sich den keuschen Friedenskuss und verließen Hand in Hand den
Gerichtssaal. Und Salomo sagte zur Elster: Dich lass ich frei, Vogel Gottes,
und lade dich ein, komm in meinen Palastgarten.
14.2.2013
Traum: Ich schlief, ein Mann legte mir eine Ratte auf den Rücken. Panisch
sprang ich auf und jagte alle aus dem Haus, auch die Kinder Milan und
Simon. Da kam die Rechtsanwältin mit Milan und Simon wieder und
sagte, ich hätte sie als Kinder angenommen und könnte sie nicht
wegschicken. Da nahm ich Milan und Simon auf. Die Rechtsanwältin
spielte mit einem Wolf und reizte ihn zur Bissigkeit. Ich sagte: Du musst
den Wolf zähmen und nicht reizen, sonst wird er wild und bissig. Ich
führte Milan und Simon in einen Nebenraum, der an einen Dschungel
grenzte. In den Bäumen hingen Menschen, die sahen aus wie
Giftschlangen, Giftspinnen und Giftpilze. Dann kamen Kinderfreunde von
Milan und Simon, aber es waren Dämonen, sie sahen aus wie riesige
behaarte Giftspinnen aus grünem Licht mit Menschenköpfen. Dann war
ich in Afrika. Ein Afrikaner zeigte mir das traditionelle Kinderopfer. Sonst
wurden Kinder in einer Schlammgrube ertränkt, aber jetzt in einem
unterirdischen Feuerofen verbrannt. Ich sah den unterirdischen Feuerofen
und darin brennende Kinder.
15.2.2013
Gott mutet mir die dunkle Nacht der Seele zu. Er mutet sie mir zu, weil er
mich liebt. Nach meinem Geschmack dauert sie zu lange. Aber Gott
bestimmt die Dauer. Es ist ein Läuterungsfeuer. Dass Gottes Nähe nicht
gefühlt wird, heißt nicht, dass Gott abwesend ist. In Wahrheit reinigt er in
den Jahren der Nacht die Seele. Sie wird befreit von Fesseln der Sinne,
Fesseln des Geistes, Fesseln des Ich. Durch die Wüste führt Gott in die
Freiheit, und zwar in die Freiheit der Ganzhingabe an Gott. Man muss nur
eines tun in den Zeiten der inneren Nacht: Gott treu bleiben und sich nicht
abwenden von Gott. Dann wird die dunkle Nacht der Seele bewirken, dass
die Sehnsucht nach Gott wächst, die Sehnsucht, Gott zu schauen, die
Sehnsucht nach der Vereinigung mit Gott. Gott behandelt mich nicht wie
eine Mutter, die Milch und süßen Brei gibt, sondern wie Mutter oder Vater,
der hartes Brot zu kauen gibt, oder anders gesagt, herben Wein zu trinken.
Teresa von Avila war acht Jahre in der Wüste der inneren Trockenheit,
Mutter Teresa von Kalkutta dreißig Jahre in der Nacht der Seele. Aber nur
Mut, über den Wolken scheint die Sonne. Und schließlich, wie Johannes
vom Kreuz sagt, ist die Nacht fortgeschritten und die Morgenröte ist nahe.
Traum. Ich war im Haus meiner Oma, da war mein Vetter auch. Ich sagte
zu meiner Oma: Meine sehr verehrte Großmutter! Und sie streckte mir die
Arme entgegen und sagte: Ach mein lieber Junge! Und ich ging, da trug
ich ein weißes Kleid über den Arm gelegt. Mein Vetter sagte zu Oma: Wird
er noch heiraten? Und meine Oma sagte: Er wird nicht heiraten. Dann war
ich in meinem Elternhaus. Mein Vater war abwesend. Ich ging ins
Obergeschoss und fand alles umgebaut zu einem Museum für den Vater
meiner Mutter. Die kleine Dachkammer, in die ich als Kind geflohen war,
war weg. Ich weinte. Meine Mutter kam. Ich sagte: Wo ist die kleine
Dachkammer, in die ich mich als Kind geflüchtet? Warum hast du,
während ich da war, heimlich alles in ein Museum für deinen Vater
verwandelt? Meine Mutter sagte: Aber du hast dich doch als Kind bei uns
auch nicht wohlgefühlt. Ich sagte: Ja, aber jetzt ist alles noch steriler
geworden. Da war meine Mutter verletzt. Sie dachte, ich werfe ihr die
Sterilisation und die wegen Krebs fehlende Gebärmutter vor, und sie
bekam einen Schlag und fiel wie tot um. Ich schrie: Der Notarzt muss
kommen. Gleich war der Notarzt da, konnte aber nicht zu meiner
ohnmächtigen Mutter kommen, weil meine Tante blind im Rollstuhl den
Weg versperrte. Dann fuhr ich mit dem Notarztwagen und meiner Mutter
in ein evangelisches Krankenhaus.
16.2.2013
Gestern sah ich meine junge Nachbarin. Als sie vierzehn Jahre war, hatte
sie rote Haare, rote Lippen, ich war in sie verliebt. Jetzt ist sie neunzehn,
hat blonde Haare, strahlende Brüste. Im Morgennebel sah ich sie in
meinem Geist und sang ein Liebeslied für sie als ersten Vorfrühlingsboten.
17.2.2013
Traum: Ich traf eine Jugendbekannte auf der Straße in Norden, sie stritt
sich gerade mit ihrem Freund und verließ ihn. Sie nahm mich mit zu einer
Baustelle, wo sie ohne einen Pfennig in rustikaler Armut, aber ganz frei,
nur mit zwei schwarzen Hunden lebte. Sie erzählte von einer anderen
Jugendbekannten, die auch in der midlife-crisis ein ganz neues Leben
angefangen hatte. Ich fuhr mit dem Fahrrad nach Norddeich und betete
dort vor einer Grundschule für die kleinen Kinder, dass sie gut das ABC
lernen. Ein alter Toter kam und bemitleidete mich, dass ich Karines Kinder
verloren habe, und lobte mich, dass ich für Tom bete, dass er lesen und
schreiben lerne. Ich fuhr dann mit dem Fahrrad nach Hage zu meiner
Mutter. In Hage traf ich einen Mönch, der sagte, vielleicht könnte ich ins
Kloster aufgenommen werden. Ich gestand ihm, dass all mein Beten und
Predigen noch keine Seele bekehrt habe. Er ging und sprach mit dem
Bibliothekar des Klosters, das alle meine literarischen Werke barg. Dann
sprach der Mönch, es stehe gut, wahrscheinlich könne ich ins Kloster
eintreten. Ansonsten bestehe noch der schiefe Weg, dass ich zu einer
Freikirche gehe. Das wollte ich aber nicht. Der Mönch führte mich ins
Kloster, das in einem Park lag, da Bären und Pfauen lebten. Er stellte mich
den anderen Mönchen vor, die tranken vor der Heiligen Messe noch einen
Schluck Wein. Ich verzichtete aber, weil ich ein Alkoholproblem hatte.
Dann fragte der Mönch, was ich mir wünsche zum Eintritt ins Kloster. Ich
sagte: Dass zu meinem Eintritt ins Kloster die Glocken von Notre Dame de
Paris läuten. Und tatsächlich, ich hörte in Hage, meinem Geburtsort, die
Glocken von Notre Dame de Paris läuten.
Aus dem Buch „ehelos leben“: Es gibt eine urmenschliche Sehnsucht, die
Sehnsucht nach Überwindung der Polarität von Mann und Frau, die
Sehnsucht nach einem Menschen, der in sich Mann und Frau zugleich ist,
die Sehnsucht nach dem androgynen Menschen, der in sich Männliches
und Weibliches miteinander verbindet. CG Jung spricht davon, dass der
Mensch in dem Prozess der Selbstwerdung, der Individuation, in sich
männliche und weibliche Züge entfalten, dass er anima und animus in sich
integrieren muss. Anima nennt Jung die weiblichen Züge: das Gefühl,
schöpferische und lebendige Kräfte im Menschen, Religion,
Gemeinschaftsbezogenheit, Zärtlichkeit, Mütterlichkeit,
Beziehungsfähigkeit. Animus sind die männlichen Züge: Tatkraft, Wille,
Geist, Streben nach Idealen. Nach Jung sind die gegengeschlechtlichen
Züge beim Menschen in der ersten Lebenshälfte meist unbewusst. Der
Mann projiziert seine anima normalerweise auf die Frau, die Frau ihren
animus auf den Mann. Doch wenn der Mensch bei der Projektion stehen
bleibt, findet er nie zu seinem Selbst. Daher ist es Aufgabe der zweiten
Lebenshälfte, die Projektion wieder zurückzunehmen und in sich anima
und animus zuzulassen. Mann und Frau sind nach dem Bilde Gottes
geschaffen, Mann und Frau zeigen erst zusammen das wahre Bild Gottes.
Der Mann repräsentiert Gottes Liebe, insofern sie Kraft, Beharrlichkeit,
Treue ist. Die Frau drückt einen anderen Aspekt der Liebe Gottes aus. Sie
stellt die Güte und Zärtlichkeit Gottes dar, seine Barmherzigkeit, seine
liebende Sorge. So wie der Mann in sich das Bild der Frau trägt, so trägt
der Mann auch in sich das Bild Gottes, dass die Frau zum Ausdruck bringt.
18.2.2013
Traum. Ich machte selbst als Buchbinder ein Buch. Ich hatte den Text
selbst geschrieben. Ich las daraus vor. Ein Mann sagte: Du hast wohl mit
Surrealismus experimentiert. Da kam Reinhold Schneider und sagte:
Schön, mit so zarten und feinen Worten von dir gepriesen zu werden. Ich
sagte: Es ist wie verhext, keiner reagiert auf meine Poesie, ich bekomme
kein Echo. Aber Rudolf Alexander Schröder schrieb mir: Unbekränzt mit
dem Lorbeerkranz und doch bekränzt. Ich sagte zu Reinhold Schneider:
Ihre Schriften haben mich zur katholischen Kirche bekehrt. Er freute sich.
19.2.2013
Vor einigen Tagen kam ich im Dunkeln vom Einkaufen zurück. Eine
Gruppe etwa zehnjähriger Mädchen spielte am Straßenrand. Eine rief mir
Hallo zu. Ich sagte: Na, was feiert ihr denn hier? Fasching? Sie lachte:
Nein, Geburtstag. Ich fuhr weiter auf meinem Rad, und sie riefen hinter
mir her: Opa, Opa! Und heute fuhr ich mit dem Rad, da stand am
Straßenrand ein etwa sechzehnjähriges Mädchen, eine Schönheit, wie
Julie, lange braune Haare, braune Augen. Sie rief mir zu: He, nimmst du
mich mit? Ich sagte: Ja. Sie sagte: Ja? Aber nur für Geld!
Wer krank ist und leidet, der sucht die Nähe seiner Verwandten und
Freunde. Aber wer ist uns näher als Christus und seine Mutter? Wo es
keine Worte mehr gibt für den Schmerz, da tröstet eine liebevolle
Gegenwart. Sich an die Jungfrau wenden, ist weise, ihr Lächeln hilft im
Kampf gegen das Übel und das Leiden. In ihrem Lächeln ist
mysteriöserweise gegenwärtig die Kraft, auch die von Gott
vorherbestimmte Todesstunde anzunehmen. Die Kranken sollen ihr Leid
mit Christi Leiden vereinigen und sich ganz anvertrauen Maria, dem Heil
der Kranken und Mutter allen Trostes. Benedikt XVI.
„Gut ist es zu schlafen, besser ist es, Stein zu sein.“ Wladimir Solowjew.
„Da pries ich die Toten mehr als die Lebenden. Und besser als die Toten
haben es die Ungewordenen.“ Salomo. „Im Himmel schlafen wir nicht.“
Maria.
20.2.2013
Traum. Ich war in einer orientalischen Bibliothek und suchte ein Poem der
Sufi-Mystik, fand aber nur eine arabische Schrift über den heiligen Krieg.
Die wollte ich nicht. Stattdessen fand ich ein indisches Epos, Liebeslieder
von Shiva und seiner Shakti. Das interessierte mich. Da sagte ich zu Jesus:
Stört es dich eigentlich, dass ich so viel Heidnisches schreibe? Jesus sagte:
Du bist ja sehr fruchtbar und hast auch viel über den Herrn geschrieben
und bewiesen, dass man den Glauben mit Wissenschaftlichkeit verbinden
kann.
21.2.2013
Als Christus in Gethsemane seine Agonie litt, hat er mich auserwählt und
berufen, an seiner Nacht der Seele, an seiner Passion der Seele Anteil zu
haben. Aus dieser Berufung kann ich nicht heraus. Bernanos.
22.2.2013
Petri Stuhlfeier. Torsten Namenstag.
23.2.2013
„Du bist nicht allein. Du hast eine Flasche Wein. Was willst du mehr?“
24.2.2013
Jesus sagt: Je mehr eine Seele auf Erden mir in Leiden und Verachtung
gleich gestaltet ist, desto mehr wird sie im Himmel meiner Herrlichkeit
gleich gestaltet.
25.2.2013
Ich bin dabei, einen falschen Gott zu entthronen. Ich sage zu Evi: Schatz,
ich liebe dich, aber von jetzt an bist du nicht mehr mein Gott. Sophia
genügt.
26.2.2013
*
Des englischsprechenden Freundes Beurteilung meiner englischen Werke:
Du brauchst deine Englischkenntnisse nicht unter den Scheffel zu stellen.
Es ist insgesamt ziemlich gut.
Ich versuchte, Peter Weiß wieder zu lesen, die Ermordung Marats. Die
Idee einer Schauspielgruppe aus Irren aus dem Irrenhaus gefällt mir. Aber
das Buch ist ungenießbar, abgesehen von schlechten Versen, vor allem ist
es voll von satanischer Ideologie. Der Kommunist verstieg sich so weit,
ein Vaterunser an Satan zu beten!
Zehn kleine Negerlein, die taten sich sehr freun. Der eine fand das Leben
schlecht, da warens nur noch neun. Neun kleine Negerlein, die fuhren in
den Schacht. Der eine blieb tief unten da, da warens nur noch acht. Acht
kleine Negerlein, die taten Frauen lieben. Der eine liebte sich zu Tod, da
warens nur noch sieben. Sieben kleine Negerlein, die hatten gerne Sex.
Der eine kam im Beischlaf um, da warens nur noch sechs. Sechs kleine
Negerlein, die spielten mit der Nymphe. Der eine spielte allzu wild, da
warens nur noch fünfe. Fünf kleine Negerlein, die tranken gerne Bier. Der
eine trank zuviel davon, da warens nur noch vier. Vier kleine Negerlein,
die aßen gerne Brei. Der eine aß zuviel davon, da warens nur noch drei.
Drei kleine Negerlein, die waren gerne frei. Der eine starb im Kerkerloch,
da warens nur noch zwei. Zwei kleine Negerlein, die liebten Rausch des
Weins. Der eine trank zuviel davon, da war da nur noch eins. Ein kleines
Negerlein, das fand das Leben schön. Die andern standen alle auf, da
warens wieder zehn.
27.2.2013
Papst Alexander VI. hatte als Mätresse Bella Julia. Die ließ ihren Bruder
zum Kardinal ernennen. Der hieß im Volk einfach Kardinal Muschi.
Kardinal Muschi wurde dann Papst Paul III.
*
Eine Frau wollte den Mann, den sie liebte, mit einem magischen
Liebeszauber an sich binden. Sie ging deswegen zu einer Hexe, die sprach
den Liebeszauber aus. Der Mann aber liebte eine andere Frau. Und die
Frau, die die Beschwörung vollzogen, geriet unter einen Fluch. Ihre
Beziehung zerbrach, ihre Kinder verließen sie, sie musste ihre Wohnung
kündigen und wurde Alkoholikerin. Sie wollte, dass die Hexe einen
Gegenzauber spreche. Aber die Hexe war für sie nicht mehr zu sprechen.
Wer kann mir helfen, fragte die Frau. Kann Gott mir verzeihen? Und ein
Schwarzmagier schrieb ihr: Ich, 666, Ich, Satan, kann dir helfen.
Gott ist Mensch geworden, weil er einmal an den Brüsten einer Frau
saugen wollte. Augustinus.
28.2.2013
Papst Benedikt XVI trat heute zurück. Papst Johannes Paul II hat mich in
die Kirche gerufen, Benedikt hat mir acht Jahre lang Katechismus-
Unterricht gegeben. Ich dachte oft bei seinen Predigten und Katechesen:
Die unbefleckte Weisheit hat gesprochen.
Des Papstes Mätresse Donna Julia ward nach ihrem Tode als
Marmorstatue im Petersdom verewigt. Nackt. Erotisch. So erotisch, dass
Männer vor ihrer Statue masturbierten. Darum ward die Statue im 17.
Jahrhundert bekleidet.
Tom diktierte mir eine Geschichte: Ein Diamant mit einem lebendigen
Auge in der Mitte, lebendig wie der Tod. Der Knabe schaute in das Auge,
da dachte er, er habe noch nie etwas Gutes getan. Es war ein Schmerz, als
ob ein Messer in einen Arm schneide. Dann ein Schmerz, als stünde der
Arm in Flammen. Dann kam - - es war ein Lichtstrahl, so blendend, dass
die Augen erblindeten, und alle Schmerzen und Leiden waren vorüber, und
der Knabe fiel in Ohnmacht.
*
1.3.2013
Die rechte Seite des Menschen ist die heiße Seite der Galle, die linke Seite
die kalte Seite der Milz. Es gibt auf der rechten Seite drei Typen von
Männern: Die stärksten sind die Helden, die zweiten sind die starken
Bauern und Kaufleute, die dritten und schwächsten sind die Künstler und
Philosophen. Auf der linken Seite der Milz sind die stärksten die
regierenden Frauen, die starken sind die Hausfrauen und Mütter, die
kältesten sind die Venus-gleichen Frauen, die von unglaublicher Schönheit
sind und nur im Frauenhaus dienen können.
Es gibt eine schlechte Gesundheit, die dem Heil schädlich ist, denn
körperlich gesund, lebt der Gesunde ohne Barmherzigkeit. Es gibt eine
schlechte Krankheit, da der Kranke egoistisch nur um seine eigene
Gesundheit besorgt ist und keine Karitas ausstrahlt für seine Nächsten. Es
gibt eine gute Krankheit, die zum Heil ist und zu einem barmherzigen
Herzen und einer strahlenden Karitas führt. Diese gute Krankheit ist
eingeschlossen in ein umfangendes Heil, das die eigentliche Gesundheit
des Menschen vor Gott darstellt.
*
Für eine endogene Depression oder endogene Schizophrenie, die in einem
Mangel gewisser biochemischer Botenstoffe des Nervensystems im Hirn
bestehen, sind weder die lieblosen Eltern noch die lieblosen Freundinnen
verantwortlich, sondern es ist schlichtweg eine schicksalshafte
Erkrankung, die man auch nicht mit moralischen Belehrungen falsch
deuten sollte. Die These, dass fehlende Mutterliebe Schizophrenie auslöst,
gilt heute als psychiatrisch veraltet.
2.3.2013
Ich verstehe nicht, warum Jesus den Lazarus auferweckt hat. Er war schon
im Frieden der Unterwelt und musste zurück in diese böse Welt. Wenn ich
sterbe, hoffe ich, dass kein Charismatiker betet und ich wieder auferweckt
werde. Was soll das?
Hiob und der arme Lazarus und Josef Maria von der Ewigen Weisheit
litten unter Geschwüren. Hiob erlitt die frommen Ratschläge seiner
Freunde, Lazarus den Spott und Hohn des reichen Mannes und Josef Maria
von der Ewigen Weisheit die soziale Isolation.
Mein Vater zahlte mir das Erbe schon zu seinen Lebzeiten in Form einer
Eigentumswohnung aus. Ich verließ im Streit mein Vaterhaus und ging mit
„einer stadtbekannten Dirne“ (Hölderlin) nach Frankreich, um der Lust zu
leben. Ich verschuldete mich. Ohne dass ich studierte, häuften sich die
Studiengebühren. Mein Vater nahm mir, ohne mir Vorwürfe zu machen,
alle Schulden ab. Dennoch hat er mich nie geliebt, und ich hasse ihn noch
nach seinem Tod. Und darum ist für mich das Gleichnis vom verlorenen
Sohn einfach unerträglich. Die Vorstellung, dass Gott wie mein Vater ist,
ist mir einfach unerträglich.
*
Eine vierzigjährige Frau erzählte von ihrem Brustkrebs und nahen Tod.
Wenn man durch solche Leiden gegangen ist, dann muss man irgendwann
nicht mehr darüber reden. Sie schrieb ein Hiob-Theaterstück und hielt eine
Hiob-Marionette in der Hand. In den ersten vier Lebensjahren hatte sie das
Gefühl, Fremdling auf Erden zu sein. Ihr Tod wird eine Heimkehr sein. -
Das war eine Botschaft von Karine.
3.3.2013
4.3.2013
Im Schizophrenen erleidet Gott seine Agonie. In der Hölle der Psychose ist
Christus, der hinabgestiegen ist ins Inferno.
Jesus sagt: Du, der du auf Erden weinst, du wirst im Himmel ewig lachen!
Du, der du auf Erden verschmäht wirst, freue dich, dein Lohn im Himmel
wird groß sein, du wirst hüpfen vor Freude!
Das ist Trost: Ein Kind ins Bett zu bringen, ihm eine Geschichte
vorzulesen, während es sich anschmiegt und einem den Bart krault.
„Ich habe jetzt auch eine Freundin im Himmel, und das ist ganz was
besonderes.“
*
Johannes R. Becher, das Sonettwerk. Er stellt Deutschland an die Stelle
Gottes, spricht von seinem Glauben an Deutschland, Deutschlands
Auferstehung, aber leugnet Gott. Darin ist er nicht besser als die
Nationalsozialisten. Er nimmt den Weihrauch seiner katholischen
Großmutter und opfert den Weihrauch dem Götzen Deutschland. Der
wahre Patriotismus will Deutschland an Gott und Maria binden, wie es in
den besten Zeiten Deutschlands war.
5.3.2013
Verwandle unsre Tränen der Trauer in Tränen der Hoffnung! Ich werde die
bei Gott vollendete Karine wiedersehen. Sie ist jetzt meine Fürsprecherin
und mein Engel.
Frau, du hast das Wort der Frage, wie man zu Gott gelangt, du
theoretisierst. Aber der Mann hat den Goldglanz des Wohlwollens und das
Seufzen des Herzens aus beständiger Sehnsucht nach dem Himmel.
6.3.2013
Die Frau: Ich würde gerne das göttliche Wesen, die Liebe, leben. Aber,
ach, ich kann nur mein Ego leben. Ich fühle keine Liebe in mir. Ich habe
auch keinen Frieden in mir.
Ihr Kardinäle, Bischöfe, Priester und Mönche, ihr liebt nicht Jerusalem, ihr
liebt Sodom! Die Lehre Roms ist makellos, aber die Sitten sind verdorben!
Das Schänden von Knaben und jungen Mädchen findet sich bei den
Protestanten nicht. Aber so war es schon zu Solowjews Zeiten. Ich
beginne, am Pflicht-Zölibat zu zweifeln. Diese hemmungslose
Homosexualität und Pädophilie in der Kirche ekelt mich an! Ein Kardinal
geht nicht zum Konklave, den Papst zu wählen, weil er junge Priester
sexuell missbraucht hat. Sodom und Gomorrha in der Welt! Sodom und
Gomorrha in der Kirche!
7.3.2013
Evi befragte mich über Literatur. Ich sprach über lyrische, epische und
dramatische Dichtung, den Wahnsinn im Werk von ETA Hoffmann,
Hölderlins Wahnsinn, und das Prophetische bei folgenden Dichtern:
Klopstock, Hölderlin, Else Lasker-Schüler, Anna Achmatowa.
8.3.2013
Weil ich nicht weiß, wer mich zu Grabe tragen soll, fühle ich mich
unendlich einsam und ungeliebt. Ach, nur im Himmel ist Liebe, auf Erden
nicht.
Schlag mich tot, Gott, und begrabe mich mit eigener Hand, wie du Moses
begraben hast!
Ich wünschte, Evi trüge mich zu Grabe, denn ich liebe sie wie mein
anderes Ich. Alles endet, auch die verschmähte Liebe.
9.3.2013
Ein charismatischer Prediger erzählte von einem Mann, der betete zu Gott:
Herr, wen soll ich heiraten? Und dann schaute er zum Kirchenfenster, und
da stand geschrieben: Ave Maria!
Bei meinem Freund, dem Pfingstler, sah ich einen Film über Äthiopien. Da
sah ich die Königin von Saba, in einer Sänfte getragen, ein schwarzes und
schönes Antlitz, große braune Augen, tief verschleiert, mit viel Gold
geschmückt, ganz die Hoheit und Anmut einer Königin von
Schwarzafrika. Ich sah ein Felsenkloster, zu dem man nur an einem Seil
die Steilwand hinauf klettern konnte, dort gibt es keine Weiber, auch keine
weiblichen Ziegen oder Schafe. Ich sah das Tempelheiligtum von Akhoum,
das neue Jerusalem der Christenheit, und die Kapelle, in der die
Bundeslade aufbewahrt wird, von einem einzigen Priester beschützt, der
lebenslänglich eingeschlossen ist in der Kapelle. Es wurde auch die heilige
Schrift der äthiopischen Kopten erwähnt und deren Überlieferung der
Liebe zwischen Salomo und der Königin von Saba und ihrem
gemeinsamen Sohn, diese Texte habe ich vor zwei Jahren aus dem
Englischen übersetzt.
11.3.2013
Gespräch mit meiner Mutter über mein Testament. Ich bin stumm vor
Trauer.
Der Papst meines Herzens – viva il Pappa – ist Karol Wojtyla, Johannes
Paul II. Ich glaube, er wird es auch bleiben. Man nannte ihn nach seinem
Tod Jahrtausendpapst. Verglichen mit ihm war Benedikt ein relativ
unbedeutender Papst. Johannes Paul war Vater der Menschheit, Benedikt
Lehrer der Katholiken. Benedikt interessierte meinen Verstand, aber bei
Johannes Paul ging mir das Herz auf.
12.3.2013
Die Kardinäle ziehen ins Konklave. Ich flehe zu Maria um einen Papst des
marianischen Maximalismus.
13.3.2013
Traum. Ich war in dem Café einer Freundin und stritt mich mit einem
Moslem. Er wurde gewalttätig und ich warf ihn hinaus. Daraufhin
gründete er eine Terrorgruppe, die mit Bombenanschlägen das Café
zerstören wollte. Da kamen liberale Moslems und solidarisierten sich mit
uns. Ich sagte ihnen, die Bibel sei älter als der Koran und Jesus sei der
Sohn Gottes. Ich begann feurig zu predigen, da kam Jesus! Er hatte lange
braune Locken, aber keinen Bart, und trug einen hellbraunen Mantel. Er
lächelte mich an. Nur ich erkannte ihn. Ich warf mich ihm zu Füßen, mit
dem Angesicht auf der Erde, und er liebkoste mein Haupthaar. Mein
evangelikaler Freund trat zu Jesus und sagte: Falls du Jesus bist, könntest
du vielleicht…? Jesus sagte: Vielleicht? Du bist ungläubig.Dann gab Jesus
mir eine Karte, darauf stand die Adresse eines kleinen Lyrikverlages, wo
ich mein Tagebuch veröffentlichen könnte. Dann ging er weg. Ich sah die
Karte an, da stand in einer verschlüsselten Form: Peter Torstein Schwanke
und Evi Becker.
14.3.2013
*
Michelangelo, Cruzifix, 1492-1494, in einer italienischen Kirche
aufgestellt, Christus ohne Lendenschurz am Kreuz, schön in seiner
Schönheit des auferstandenen Leibes. Papst Franziskus: Betet den
Gekreuzigten an!
15.3.2013
Gott, ich will leiden, so lange du willst, Gott, ich will sterben, wann du
willst.
War deine Seele als Person existent vor deiner Empfängnis? Nein. Nur
warst du eine Idee in Gottes Geist, wurdest aber erst mit deiner
Empfängnis geschaffen. Anders Christus, der war vor seiner Empfängnis
existent als Gott in Ewigkeit.
16.3.2013
Papst Franziskus: Danke für eure Arbeit! Ihr strebt nach der göttlichen
Trias von Wahrheit, Güte und Schönheit, und dies verkündet auch die
Kirche. Zu eurer Arbeit gehört Studium und Einfühlungsvermögen. Möget
ihr das Evangelium immer tiefer verstehen!
Die Tochter Gottes ist siebzehn Jahre jung, hat lange glatte braune Haare,
ist schlank und anmutig, ja, atemberaubend schön!
17.3.2013
*
Atme in mir, du Atem Gottes! Ich vermute, dass das Wort Atem vom
indischen Atman, Geist, kommt. Bei den Hinduisten besteht die Erlösung
darin, zu erkennen, dass der Atman-Geist des Menschen eins ist mit dem
Brahman-Geist Gottes.
Auf der Leipziger Buchmesse hat einer die Einkaufszettel von Hausfrauen
als Buch herausgegeben. Klaget, ihr Musen!
18.3.2013
Als Mechthild von Magdeburg zum Sterben kam, stand Gertrud die Große
an ihrem Sterbebett und sprach mit Jesus. Jesus sagte: Wie früher mein
Geheimnis mit Mechthild war, so ist nun mein Geheimnis in ihr. Wie sie
sterben wird? So wie ein Tautropfen von der mächtigen feurigen Sonne
aufgetrocknet wird, wird ihre Seele von Gott absorbiert! Jesus stand neben
Mechthild und nahm sie zweimal in die Arme. Mutter Maria erschien im
roten Kleid und nahm Mechthilds Kopf und drehte ihn so, dass Mechthild
Atem genau auf das Herz Jesu gerichtet war. Da war der Bräutigam mit der
Braut eins, und die Mutter küsste den Sohn. Mechthild und Jesus küssten
sich, und so ging sie ein zu den ewigen Freuden im Brautgemach des
Bräutigams.
In einem Film über Papst Johannes Paul II sagte Papst Paul VI zu Kardinal
Wojtyla: Ich rede sehr gern mit Ihnen. Denn wo findet man sonst einen
Mann, mit dem man über die Existentialisten und Shakespeare und
Johannes vom Kreuz plaudern kann?
*
Wohlan, ich bin so müde, ich könnte mich jetzt niederlegen und sterben.
Blues.
19.3.2013
Lenin las in seiner Jugend Marx, das Kapital. Fortan hielt er sich dreißig
Jahre lang fast nur noch in Bibliotheken auf und las und las. Erst im April
1917 griff er ins politische Geschehen ein, ergriff im Oktober in einem
Putsch die Macht und errichtete ein Regime des roten Terrors. Er starb mit
fünfzig Jahren.
20.3.2013
Ines Amand schenkte Lenin eine Mona Lisa. Er sagte: Damit kann ich
nichts anfangen. Am liebsten hörte er Beethovens Appassionata: Wenn
man diese Musik hört, möchte man den Menschen den Kopf streicheln,
aber heute ist es notwendig, den Menschen den Kopf einzuschlagen. Lenin
und Nadshda Krupskaja liebkosen Lenins Katze Mascha, Stalin schaut
lächelnd zu.
21.3.2013
Einmal die Woche seh ich Tom und Evi, und es ist ein tiefer Trost und gibt
mir neue Kraft für eine weitere einsame Woche voller Kampf und Trauer.
Herr, schicke uns Kreuze und seien es Kreuze von Landstraßen, Flöhen
und Poltergeistern! Zwei ältere abergläubische Weiber bezeugen vor mir
die Gegenwart von Poltergeistern in ihren Hütten.
22.3.2013
Aber hoffentlich bekomm ich keinen Schlaganfall und werde zum blinden,
stummen, gelähmten Pflegefall!
Tom und Evi sind auf meinen beiden Sofas unter Wolldecken beim
Fernsehgucken eingeschlafen.
23.3.2013
Traum. Ich kam zu einer lutherischen Kirche und traf einen katholischen
Priester. Der ließ mich einen Fragebogen ausfüllen, um herauszufinden,
wie ich in der Kirche mitarbeiten könne. Das Ergebnis war: Ich sei ein
Mann, den man früher femininen Mann nannte, heute aber depressiver
Mann. Ich sagte: Ja, Frauen bestätigen mir, dass ich besser als andere
Männer über Gefühle reden kann. Er sagte, ich sei deshalb untauglich,
Priester oder Mönch zu werden. Auch zur Frauen- oder Kinder-Arbeit
eigne ich mich nicht. Ich sei wohl der Meinung, dass ich mit Ideen, die mir
kommen, während ich auf dem Sofa liege, die Welt verändern könne. Das
sei aber schon Mystik, etwa wie die asiatische Mystik von Lao Tse. Dafür
sei er als Pfarrer dann schon nicht mehr zuständig.
24.3.2013
„Das viele Studium lässt dich in Raserei reden!“ - „Ich rede nicht in
Mania, sondern in Logos und Sophrosyne!“
26.3.2013
John Newton träumte mit zwölf Jahren: Eine weibliche Gestalt überreichte
ihm einen Ring, er solle ihn gut bewahren. Dann erschien eine finstere
Gestalt und machte sich über den Ring lustig und sagte, Newton solle den
Ring ins Meer von Venedig werfen. Er tat es und sah plötzlich Venedig in
Flammen. Die weibliche Gestalt erschien wieder und fischte den Ring aus
dem Meer. Newton wollte den Ring zurück. Aber die weibliche Gestalt
sagte: Nein, du kannst ihn nicht bewahren. Später werde ich ihn dir geben
und alles, was der Ring enthält.
27.3.2013
28.3.2013
Meine Seele ist zu Tode betrübt. Meine Vertraute ist nur noch die
Finsternis. Das ist Christi Agonie.
29.3.2013
Karfreitag. Unter dem Kreuz stand neben der Jungfrau Maria auch ihre
Schwester. Warum hört man nie etwas von Marias Schwester?
*
Berufung: Mitgekreuzigter mit dem Gekreuzigten zu sein, um Miterlöser
mit dem Erlöser zu sein, viele Seelen durch das aufgeopferte Leiden zu
erwerben für Gottes Ewigkeit.
In der dunklen Nacht der Seele ist das Gefühl der Gottverlassenheit ein
starkes Zeichen für die Vereinigung der Seele mit Gott.
Ein jüdischer Psychotherapeut nannte Johannes vom Kreuz einen Sohn der
Lilith. Die Rabbinen leiten Lilith von Layla ab, Göttin oder Dämon der
Nacht.
Karsamstag. Traum. Papst Franziskus verkündete den Tag des Endes der
Welt. Da waren Evi und ich an einer Meeresbucht auf dem Sandstrand,
und übers Meer kam Jesus Christus. Da war ich im Paradies. Es war eine
Gartenlandschaft von prachtvoller Fruchtbarkeit und schönstem
Sonnenschein. Jesus sagte, ich solle arbeiten im Paradies, eine Stunde
Weinkeltern, und der Lohn würde groß sein. Ich sagte, ich wolle nur
träumen im Paradies. Ich glaube, da war auch eine Bibliothek.
Ein älterer Mann, der einem jungen Mädchen nachläuft, das ist etwas
lächerliches. Aber ein Mann, der einer verheirateten Frau in Liebe
verfallen ist, das ist etwas edles. Anna Karenina.
„Ich hing in diesem dunklen Loch, und das einzige, was mir half, war die
Arbeit. Ich klammerte mich an die Arbeit.“
Das Beruhigungsmittel, das man Anna nach dem Verlust ihres Kindes
verschrieben hatte, wurde durch Opium ersetzt, um ihren Schmerz zu
betäuben.
„Ich habe zuviel verloren. Ich will nur noch sterben. Ich will mich nur
noch an Anna erinnern, wie sie war, als ich sie kennen lernte. Aber ich
kann ihr Gesicht nicht mehr sehen. Ich sehe sie nur noch, wie ihre Leiche
aufgebahrt lag.“
Ich weiß nicht, wie der Glaube in mich kam. Mein Verstand kann es sich
nicht erklären, warum ich bete, aber ich bete. Und ich kann meinem
Leben, das früher sinnlos war, nun einen Sinn verleihen. Tolstoi.
30.3.2013
Ostersonntag. „Manchmal bleiben wir an den Gräbern stehen und trauern
der Vergangenheit nach. Wir sollten offen sein für das Neue. Gott will uns
überraschen.“ Papst Franziskus.
1.4.2013
Tom hat mir zu Ostern ein Osternest voll Likör-Fläschen und Evi mir das
Bild der Frau aller Völker geschenkt. So hab ich alles, was ich liebe: Maria
und Alkohol.
Die schöne Madel hat morgens die Lotto-Zahlen geträumt. Nachdem sie
vier von sechs Zahlen geträumt hat, wachte sie auf. Sie füllte aber keinen
Lottoschein aus. Am kommenden Wochenende waren die ersten vier
gezogenen Lottozahlen tatsächlich die geträumten.
2.4.2013
Der Auferstandene ist auch Sieger über die Traurigkeit und die ungeheure
Sehnsucht. Er sagt nur ein Wort: Maria!
3.4.2013
Mutter und Freund wollen mich sehen, aber ich mag nur noch Evi und
Tom sehen.
4.4.2013
Ich schreibe nicht für die Welt, nicht die gottlose Mitwelt, auch nicht für
die Nachwelt, auch nicht für Nachruhm, auch nicht für die kommende
Kirche. Meine Gedichte sind Gebete zu Gott und werden im Himmel
gelesen.
5.4.2013
Eine Jüdin, Tochter eines Rabbiners, und ein Protestant, Sohn eines
lutherischen Pastors, reden über den Glauben: Zwei Blinde reden über das
Licht. Sie tun einem Leid, wenn sie über die Jungfrau Maria sprechen!
Die Gottlosen haben Geld, reisen in irdische Paradiese, lachen laut, aber
ich bin Tag für Tag geplagt.
6.4.2013
*
Nietzsche liebte heimlich Cosima, die Muse und Geliebte Wagners. Er
fand sie wieder im Mythos von Ariadne auf Naxos, da Nietzsche der Gott
Dionysos.
Die Sonne ist der einzige goldene Engel der Erde. Die Sonne heilt.
Wenn ein Armer einem Reichen etwas schenkt, dann lacht der Teufel.
7.4.2013
Es gab nach Omas Tod und der Berufung zum Glauben das
Schlüsselerlebnis der Weisheit bei Jakob Böhme und Heinrich Seuse. Nach
Karines Tod und meinem Nervenzusammenbruch schrieb ich die Vision
der Hagia Sophia. Weisheit oder Sophia ist meine Berufung, mein
Schlüsselerlebnis und mein Schlüsselwort, im Hinblick auf die Weisheit
deute ich die Welt. Das lehrte mich Johannes Paul II.
8.4.2013
Ein Prophet gilt nichts in seiner eigenen Familie. Sie sagen: Woher hat er
diese Weisheit? Wir kennen ihn doch von Kindheit an.
*
Im Traum brachte ich Karines Kinder ins Bett und las allen noch vor, dafür
durfte ich zu Karine ins Bett und mich an ihren weichen warmen Leib
anschmiegen. So gibt es wenigstens im Traum Liebe.
Papst Franziskus war in der jüdischen Synagoge von Rom und verehrte die
Torah, sagte aber: Ich deute die Torah anders als die Juden. So geben mir
die protestantischen Sekten ihre Bibeln, ich ehre die Bibel, aber deute sie
katholisch.
9.4.2013
Solowjew
10.4.2013
Meine Mutter ist äußerlich meiner Oma ähnlich, mein Bruder ist meinem
Vater ähnlich, meine große Nichte ist meiner Mutter ähnlich, mein Neffe
ist meinem Bruder ähnlich, meine kleine Nichte ist meiner Schwägerin
ähnlich. Nur ich bin keinem aus der Sippe ähnlich, so einen wie mich gab
es noch nie in der Sippe.
11.4.2013
Jeder Christ ist berufen, einen besonderen Aspekt Christi in der Welt
wiederzuspiegeln und auch in der Ewigkeit. Nur die ganze Kirche spiegelt
den ganzen Christus. Ich spiegle seine Mutterliebe, seine Agonie, seine
Weisheit.
12.4.2013
„Ich bin's, dein Herr und dein Gott, der ich in meiner Todesangst an dich
gedacht habe.“
Ich habe U.L.F. von Lourdes in der Tele-Vision gesehen, sie sagte: „Ich
kann nicht versprechen, Sie in diesem Leben glücklich zu machen, aber in
dem kommenden Leben.“
13.4.2013
Traum. Ich war an einer Universität und sagte zu einer Frau: Ich will eine
Arbeit schreiben über Liebe und Weisheit. Sie sagte: Schön, über Liebe
und Weisheit, da alle anderen Studenten über die Liebe allein schreiben.
Ich fragte, was ich noch studieren könnte. Sie empfahl mir die platonische
Liebesphilosophie.
14.4.2013
Wenn ich ihr die kalte Schulter zeige, legt sie ihr süßestes Gesicht auf.
Wenn ich ihr dann wieder verliebt den Hof mache, durchbohrt sie mein
Herz wieder mit ihrer Lieblosigkeit.
15.4.2013
16.4.2013
Abendbrot mit Evi, Vorgeschmack des Himmels. Sie stand Modell, und
Tom zeichnete sie, mit imposantem Gürtel.
Evi erzählte von einem Bekannten, der, vierzig Jahre alt, abends mit seiner
Geliebten zu Bett ging und sie morgens tot neben sich in seinem Bett fand.
Sie war im Schlaf gestorben, im Arm des Geliebten. Schöner Tod.
17.4.2013
Karine ist zu Gott aufgefahren. Nun kann ich mich freuen, denn sie ist auf
neue Weise als mein Engel immer bei mir mit ihrer Liebe und nicht mehr
an Raum und Zeit gebunden.
18.4.2013
Traum. Evi sagte, sie könne nur gefühlvolle Texte schreiben, aber wenn sie
dann liest, was sie geschrieben hat, scheint es ihr verbesserungsbedürftig.
Ich sagte: Denke: es schreibt, nicht du, schreib alles auf und lass es dann
so. Ich sagte zu Evi: Wenn die mit dem feurigen Herzen nicht wäre, wär
ich verloren. Evi sagte: Das ist ja beleidigend für mich. Ich sagte: Nein,
aber wenn ich nachts von einem Alptraum aufwache, bist du nicht da, aber
die mit dem feurigen Herzen ist da. Evi und Jörg waren dann in dem Haus
meiner Eltern. Evi und ich nahmen Abschied, wir küssten uns sehr zärtlich.
Dann ging ich noch einmal durch mein Elternhaus. Jörg erhob ein Glas
Wein auf mich und sagte: Obwohl Evi dich liebt, will sie mit mir
zusammenbleiben. Sie will nur deine Jüngerin sein und will, dass auch
andere mit ihr dir folgen.
Johannes Pauls Philosophie ruht (wie Edith Steins) auf den beiden Säulen
des aristotelischen Thomismus und der Phänomenologie. Mein Herz fühlt
sich allein vom Platonismus angezogen.
Ich habe Aristoteles und Thomas noch nicht gelesen und hab immer noch
nicht verstanden, was Phänomenologie ist.
19.4.2013
Traum. Meine Mutter fuhr in Oldenburg Fahrrad. Ich fuhr hinter ihr her
und rief: Mama, Mama! Die Stimme einer Frau sagte: Er liebt sie. Ich
holte meine Mutter ein, sie sagte, meine Geburt sei sehr schwierig
gewesen und sie habe sehr gelitten. Ich sagte: Darum denke ich oft: Ach,
wär ich doch nie geboren!
29.4.2013
Zweifle niemals, auch nicht im Schmerz. Sei zufrieden, auch wenn du
leiden musst.
Das Dasein ist schon Schuld. Das sagen die Griechen, Buddha und die
Lehre von der Erbsünde.
30.5.2013
Ein Mann sagte, er habe seit 25 Jahren keinen Streit mit seiner Frau
gehabt. Wie das sein könne? In ihrem Honigmond sind Mann und Frau
zum Schwiegervater des Mannes gefahren, der gab ihnen zwei Pferde zum
Reiten. Der Mann hatte ein zahmes Pferd, die Frau ein wildes. Die Frau
ritt, das Pferd warf sie ab. Die Frau legte die Hand auf den Kopf des
Pferdes und sagte: Das war das erste Mal, ich verzeihe dir, aber tu es nicht
noch einmal. Sie stieg wieder aufs Pferd und ritt, das Pferd warf sie wieder
ab. Die Frau legte die Hand auf den Kopf des Pferdes und sagte: Das war
das zweite Mal, ich verzeihe dir, aber tu es nicht noch einmal. Sie stieg
wieder auf und ritt, das Pferd warf sie wieder ab. Da nahm die Frau eine
Pistole und erschoss das Pferd. Darüber ärgerte sich der Mann. Er sagte:
Du böses Weib, warum hast du das Pferd erschossen? Sie legte die Hand
auf den Kopf des Mannes und sagte: Das war das erste Mal, dass wir uns
gestritten haben, ich verzeihe dir, aber tu es nicht noch einmal. Daraufhin
haben sie sich in 25 Jahren der Ehe nicht einmal mehr gestritten.
Liebe und Leiden: Eine Mutter zittert wegen ihres Kindes, weil sie weiß,
dass sie das Kind nicht vor allen Leiden bewahren kann. Ein Mann will
alle Leiden seiner Geliebten kennen, denn er will mitleiden mit ihren
Leiden. Die höchste sublime Form der Liebe ist zu leiden für jemand. Eine
Mutter leidet und opfert ihre Leiden Christus auf für die Bekehrung ihres
Sohnes.
*
Shakespeare: Meine Muse muss mich küssen! Theaterdirektor: Welche
Muse? Shakespeare: Wie immer, Aphrodite! Theaterdirektor: Aphrodite
Beckett, die es hinter der Taverne treibt?
David hatte zwei Schwestern: Zeruja und Abigail. Zeruja hatte drei Söhne:
Abischai, Joab und Asael. Abigail hatte (mit dem Ismaeliten Jeter) einen
Sohn: Amasa.
31.5.2013
1.6.2013
Justin der Märtyrer nannte Jesus einen Philosophen und das Evangelium
eine Philosophie.
Seit 15 Jahren predige ich Jesus vor Evi, aber ihr Herz bleibt kalt, sie
bekehrt sich nicht vom Aberglauben und will nicht beten. Nun stürzt ihr
Lebenshaus über ihr zusammen. Sie wollte ja den Segen Gottes nicht.
2.6.2013
Ich hab die zehnjährige Helena von Sparta gesehen, schlank, athletisch,
lange goldblonde Haare, zum Zopf gebunden, glühende Augen.
Ein Priester zu Jeanne d'Arc: Bist du eine Wahnsinnige? Jeanne d'Arc: Der
Herr hat mir deswegen nie Vorwürfe gemacht.
*
Fest Corpus Christi. Gespräch im Himmel zwischen der seligen Evelin von
Lüttich und dem heiligen Thomas von Aquin über die Eucharistie.
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Buch II
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Unsere Liebe Frau
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Und nun nehme ich meinen Abschied von euch, aber ich möchte euch eine
Geschichte des Eros erzählen, die ich von Diotima von Mantineia, einer
weisen Frau, weise in diesem Gebiet und in vielen anderen Arten von
Wissen, die in den Tagen der Vorzeit, als die Athener opferten wegen dem
Kommen der Pest, hielt die Krankheit zehn Jahre lang auf. Sie war meine
Lehrerin in der Kunst des Eros, und ich sollte euch wiederholen, was sie
mir sagte, beginnend mit den Reden des Agathon, die fast das selbe sagen,
wenn nicht ganz dasselbe, das ich von der weisen Frau gehört, als ich sie
befragte, ich denke, dass dies der einfachste Weg ist, und ich werde beide
Teile mich, so gut ich kann, in Anspruch nehmen. Wie du, Agathon,
vorgeschlagen, muss ich zunächst von dem Wesen und der Natur des Eros
sprechen, und dann von seinen Werken. Zuerst sagte ich zu ihr in fast den
gleichen Worten, die er an mich gerichtet, dass der Eros ein mächtiger Gott
war, ebenso schön, und sie zeigte mir, wie ich bewies, dass durch meinen
eigenen Auftritt Eros weder schön noch gut ist. "Was meinst du damit,
Diotima," sagte ich, "ist Eros dann böse und übel?" "Stille", rief sie, "muss
dass, was kein Übel ist, gleich schön sein?" - "Natürlich nicht", sagte ich.
"Und ist das, was nicht ratsam ist, gleich ignorant? Siehst du nicht, dass es
eine Mitte zwischen Weisheit und Unwissenheit gibt?" - "Und was kann
das sein?" sagte ich. "Die richtige Meinung", sagte sie, ", die, wie du
weißt, unfähige Angabe von Gründen ist nicht Wissen, denn wie kann
Wissen ohne Grund sein? noch einmal, Unwissenheit kann nicht erreichen
die Wahrheit, sondern es ist offenbar etwas, was einer mittleren Ebene
zwischen Unwissenheit und Weisheit angehört." - "Wohl wahr", antwortete
ich. "Bestehe nicht darauf," sagte sie, "dass das, was nicht schön ist,
notwendigerweise schlecht ist, oder was nicht gut ist, dass es böse ist, oder
schließe, dass, weil Eros nicht schön und gut ist, er daher schlecht und
böse sei, denn er ist in einem bedeutenden Zwischenraum." - "Nun", sagte
ich, "Eros ist sicherlich von allen angesehen als ein großer Gott." - "Von
denen, die wissen, oder von denen, die nicht wissen?" - "Von allen." -
"Und wie, Sokrates", sagte sie mit einem Lächeln, "kann Eros bestätigt
werden, ein großer Gott zu sein, durch jene, die sagen, dass er nicht ein
Gott überhaupt sei?" - "Und wer sind diese?" sagte ich. "Du und ich sind
zwei von ihnen", antwortete sie. "Wie kann das sein?" sagte ich. "Es ist
durchaus verständlich," antwortete sie, "denn du selbst würdest
anerkennen, dass die Götter in glücklichen Verhältnissen leben, natürlich
würdest du sagen, dass jeder Gott glücklich ist, nicht wahr?" - "Sicher",
antwortete ich. "Und du würdest von den Glücklichen meinen, die die
Besitzer sind aller Dinge, sind sie gut oder gerecht?" - "Ja." - „Und du
gibst zu, dass Eros, weil er in Not ist, die guten und schönen Dinge
begehrt, wegen denen er in Not ist?" - "Ja, das sage ich." - "Aber wie kann
er ein Gott sein, wenn er keinen Anteil am Guten oder Schönen hat?" -
"Unmöglich." - "Dann siehst du, dass du auch die Gottheit des Eros
leugnest."
"Was also ist Eros?" fragte ich, "ist er sterblich?" - "Nein!" - "Was denn?" -
"Wie im ersten Fall ist er weder sterblich noch unsterblich, sondern ein
Mittelding zwischen den beiden." - "Was ist er, Diotima?" - "Er ist ein
großer Dämon, und wie alle Dämonen, ist er in der Mitte zwischen dem
Göttlichen und dem Sterblichen." - "Und was," sagte ich, "ist seine
Macht?" - "Er vermittelt", antwortete sie, "zwischen Göttern und
Menschen, Er nimmt für die Götter die Gebete und Opfer der Menschen
an, und vermittelt den Menschen die Befehle und Antworten der Götter, er
ist der Mittler, der die Kluft, die sie teilt, überbrückt, und so ist in ihm alles
miteinander verbunden und durch ihn besteht die Kunst des Propheten und
Priesters, ihre Opfer und Geheimnisse und Zauber, und alles, Prophetie
und Beschwörungsformel, die den Weg zu Gott nehmen, der mischt sich
nicht mit dem Menschen, aber durch die Eros kommt alle Vereinigung, und
unterhält sich Gott mit dem Menschen, ob er wacht oder schläft, durch die
Weisheit, das ist die geistige Erkenntnis, und alle andere Weisheit, wie die
von Kunst und Kunsthandwerk, ist allgemein. Nun sind diese Dämonen
aber Zwischenmächte, vielfältige, und einer von ihnen ist Eros " - „Und
wer", sagte ich, "war sein Vater, und wer seine Mutter?" - "Die
Geschichte", sagte sie, "wird einige Zeit dauern, dennoch werde ich sie dir
sagen. Am Geburtstag der Aphrodite war ein Fest der Götter, an dem der
Gott Poros oder Reichtum, der der Sohn von Metis ist, einer der Gäste war.
Als das Fest vorüber war, Penia oder die Armut, wie die Art und Weise ist
bei solchen Gelegenheiten, kam an die Tür, um zu betteln. Jetzt Reichtum,
der trunken war von Nektar (es gab keinen Wein in diesen Tagen), ging in
den Garten des Zeus und fiel in einen tiefen Schlaf, und Armut angesichts
ihrer eigenen bescheidenen Verhältnissen, begehrte ein Kind von ihm, und
dementsprechend legte sie sich an seine Seite und empfing den Eros, der
zum Teil, weil er von Natur aus ein Liebhaber des Schönen ist, und weil
Aphrodite selbst schön ist, und auch, weil er an ihrem Geburtstag geboren
wurde, ist ihr Anhänger und Begleiter. Und wie seine Herkunft ist, so ist
auch sein Glück. In erster Linie ist er immer schlecht, und alles andere als
zart und schön, wie sich viele es von ihm vorstellen, und er ist rau und
schmutzig, und hat keine Schuhe, auch ein Haus zum Wohnen, auf der
nackten Erde ausgesetzt liegt er unter freiem Himmel, lebt auf der Straße
oder an den Türen der Häuser und ruht dort, und wie seine Mutter ist er
immer in Not. Wie sein Vater, dem er auch teilweise ähnelt, ist er immer
begierig nach dem Schönen und Guten, er ist mutig, unternehmungslustig,
stark, ein gewaltiger Jäger, immer spinnend einige Intrigen oder andere,
scharf im Streben nach Weisheit, fruchtbare, ein Philosoph zu allen Zeiten,
schrecklich wie ein Zauberer, Magier oder Sophist. Er ist von Natur aus
weder sterblich noch unsterblich, aber lebendig und florierend in einem
Moment, wenn er in vielen ist, und tot in einem anderen Moment, wieder
wegen der Natur seines Vaters. Aber immer vieles in Strömen ausfließt von
ihm, und so ist er nie in Not und nie in Fülle, und außerdem ist er in der
Mitte zwischen Ignoranz und Wissen. Die Wahrheit der Sache ist die: Kein
Gott ist ein Philosoph oder Sucher nach Weisheit, denn er ist bereits weise,
auch nicht jeder Mann, der klug ist, sucht nach Weisheit. Auch nicht die
Unwissenden suchen nach Weisheit. Denn hier ist das Übel der
Unwissenheit, dass er, der weder gut noch weise ist, dennoch mit sich
zufrieden ist. Er hat nicht den Wunsch, da er keinen Mangel fühlt." -
"Aber, die dann, Diotima," sagte ich, "die Liebhaber der Weisheit sind,
wenn sie weder die Weisen sind noch die Toren?" - "Ein Kind kann diese
Frage beantworten, "antwortete sie,"sie sind diejenigen, die in einer Mitte
zwischen den beiden sind; Eros ist einer von ihnen. Denn Weisheit ist eine
sehr schöne Sache, und Eros ist von der schönen Art, und damit Eros ist
auch ein Philosoph oder Liebhaber der Weisheit, und ein Liebhaber der
Weisheit ist in einer Mitte zwischen den Weisen und den Toren. Und dieses
von seiner Geburt ist die Ursache, denn sein Vater ist reich und klug, und
seine Mutter arm und töricht. Solches, lieber Sokrates, ist die Natur des
Dämons Eros. Der Fehler in der Vorstellung von ihm war sehr natürlich,
und wie ich von dem, was du sagtest, mir vorstelle, ist aus einer
Verwirrung der Liebe und der Geliebten, an die du denkst, die Vorstellung
entstanden, dass Eros schön ist. Denn die Geliebte ist die wirklich schön
und zart, und perfekt, und gesegnet; aber das Prinzip des Eros ist von
anderer Art, und ist, wie ich es beschrieben habe."
(Fragment)
Die schöne Helena war siebzehn Jahre jung, sie hatte wunderschöne
blonde Haare, war schlank wie eine Birke, sommerlich leicht bekleidet,
alle Wünsche der Männer richteten sich auf sie. Sie stammte aus
Bremerhaven und war nach einem langen Aufenthalt in Griechenland (wo
sie die Ursache für den Trojanischen Krieg ward) nach Oldenburg in
Oldenburg gezogen. Sie wurde einfach nicht älter, jedes Jahr feierte sie
ihren siebzehnten Geburtstag. Das ist der Vorteil der mythologischen
Frauen. Die schöne Helena inspirierte im neunzehnten Jahrhundert den
achtzigjährigen Johann Wolfgang von Goethe und im einundzwanzigsten
Jahrhundert den Dichter Josef Maria Mayer, der eigentlich chinesischer
Abstammung war und mit Taufnamen Shi Tuo-Tang hieß.
Die schöne Helena ward zwar von allen Männern bewundert und begehrt,
sie selbst aber liebte keinen Mann. Sie ging jeden Tag mit ihrer
reinrassigen Hündin Susanna im Hundewäldchen spazieren. Susanna war
der Schwarm aller Rüden. Und Susanna liebte sehr die süße Schokolade,
die ihr die schöne Helena in großen Mengen gab. Aber Susanna konnte so
viel Schokolade essen, wie sie wollte, sie blieb immer schlank wie ein
Windhund. Und Susanna hatte eine sehr feine Nase.
Eines Nachts begann Susanna im Haus der schönen Helena unheimlich zu
heulen. Helena dachte: Jemand ist gestorben, und meine sensible Hündin
spürt die Seele des Toten, die gerade die Erde verlässt. Susanna lief vor der
Haustür aufgeregt hin und her und bellte die Tür an. Helena warf sich
einen Samtmantel über ihr Seiden-Negligé und ging mit Susanna nach
draußen.
Helena ließ sich von ihrer Hündin führen. Sie vertraute auf Susannas
Instinkt. So kamen sie an der kleinen Kapelle vorbei, die der heiligen
Dymphna geweiht war, der Schutzpatronin der Geisteskranken. Und
seltsam, plötzlich war die Kapelle um Mitternacht geöffnet und erleuchtet,
und die Glocken schlugen um Mitternacht, dreizehn Mal. Helena aber war
eine Heidin und sagte zu Susanna: Süße Susanna, da gehen wir nicht rein,
denn der Priester dieser Kapelle hat sich, als du gerade geboren warst,
geweigert dich zu taufen. Susanna bellte vor der Pforte der Kapelle, als
wolle die kluge Kreatur ihren Schöpfer grüßen.
Dann aber lief Susanna schnell zum Hundewäldchen. Die schöne Helena
lief hinter ihr her. Sie war sehr sportlich. Sie ernährte sich schließlich sehr
gesund, denn die weise Hildegard sorgte für Helenas Ernährung. Da gab es
Dinkelbrot und Walnussbutter, aber keine gebratene Ente und keinen Aal,
dafür Kräutertees und gekochten Wein. So konnte die schöne Helena mit
der flinken Susanna mithalten, und so standen sie bald vor dem
Hundewäldchen.
Sie traten in das Dunkel des Tannenwaldes. Die Tannen waren schwarz
und knirschten im Wind, Äste knackten. Es gab dort keine Laterne. Auch
war der Mond schwarz, es war Neumond. Helena sah gar nichts. Der Wind
war kalt. Sie sprach zu ihrer Hündin: Susanna, ich bin jetzt blind, sei du
jetzt mein Blindenhund. Susanna schnupperte am Boden, lief den
schmalen Weg in den Wald und begann zu bellen. Helena folgte ihr
langsam. Der Wind klirrte mit den leeren Weinflaschen, die die Säufer
liegen gelassen hatte. Nun war sie bei Susanna, da sah sie – und erschrak -
Ein Clown stand mitten im Wald in einem bunt karierten Rock und mit
weißgepudertem Gesicht und einer dicken roten Nase. Seine Augen
blitzten unheimlich. Er begann gruselig zu kichern. Hi hi, toter Mann, ha
ha, Leiche im Wald, ha ha, geh nicht weiter, mein Mädchen, hi hi hi.
Susanna aber roch das tote Fleisch der Leiche. Da kam die Wölfin in ihr
zum Vorschein. Bellend und heulend sauste sie auf die blutige Leiche zu
und begann, von den Gliedern des Aases zu fressen. Helena war ihr
gefolgt. Nun sah sie den blutigen Klumpen Menschenfleisch, er stank
schon nach Verwesung. Das war zuviel für die schöne Helena und sie
sprach ein Stoßgebet: Allmächtiges Schicksal, steh mir bei!
Susanna schnüffelte überall herum, als wollte sie die Fährte des Mörders
aufnehmen. Sie schien etwas gefunden zu haben, nahm ein Ding mit den
Zähnen auf und trug es zu ihrer Herrin. Ja, was hast du denn da? fragte
Helena und nahm das Ding aus Susannas Maul, prüfte es mit der Hand und
steckte es dann in die Manteltasche. Komm, Susanna, schnell nach Hause,
flüsterte sie, und Susanna gehorchte, und so schnell es ging, kehrten sie
nach Hause zurück.
In ihrer Küche bekam Susanna erst einmal ein Stück Schokolade. Helena
trank auf den Schreck einen Schluck Kräuterlikör. Dann holte sie das
merkwürdige Ding aus ihrer Manteltasche und besah es im Licht. Es war
ein Stein mit einem eingeritzten Zeichen, das stellte ein Dreieck da, mit
der Spitze nach oben, und in dem Dreieck war ein Auge. Hatte das der
Mörder liegen gelassen? Was war das für ein geheimnisvolles Zeichen?
Aber Helena war todmüde und legte sich schlafen. Susanna ging in ihr
Körbchen. Morgens kurz vor dem Erwachen träumte Helena allerlei wirres
Zeug. Sie träumte von lachenden Leichen, von einem Neumond mit roter
Nase, von einer leeren Weinflasche, die nach Kräuterlikör duftete und von
einer geheimnisvollen alten Dame mit silbrigen Haaren, die über einem
bellenden Wald schwebte. Diese Dame blieb ihr in Erinnerung, als sie
aufwachte, aber sie wusste nicht, wer diese würdige alte Dame war.
Nachdem die schöne Helena einen frischen Salat und einen Kräutertee
zum Frühstück zu sich genommen hatte, machte sie sich auf den Weg zu
ihrer Freundin Brigitta. Sie nannte sie immer die heilige Brigitta, denn
Brigitta sagte bei jedem zweiten Satz: Na, schöne Helena, wann bekehrst
du dich endlich zu Jesus Christus? Nun hatte die heilige Brigitta eine große
Büchersammlung, und Helena hoffte, Informationen über das
geheimnisvolle Dreieck mit dem Auge zu finden.
Die heilige Brigitta holte aus ihrem Regal ein dickes schwarzes Buch mit
dem Titel: Mystische Geheimbünde und ihre Symbole. Sie blätterte etwas
in dem Buch und fand folgenden Artikel: Der mystische Geheimbund
Abraxas ist ein Gesellschaft von Psychopathen, die ein höheres Wesen
namens Abraxas verehren. Wer oder was Abraxas ist, konnte von der
Wissenschaft bisher nicht ermittelt werden. Das Symbol der Abraxas-
Gesellschaft ist ein aufrechtes Dreieck mit einem Auge darin. Der
Geheimbund der Psychopathen galt im Mittelalter als dämonisch, wurde in
der Zeit der französischen Revolution blutig verfolgt, zur Zeit des
Nationalsozialismus kamen deren Mitglieder in Konzentrationslager und
unter dem kommunistischen Regime in politische Psychiatrien, wo sie
gefoltert wurden. Ob der Geheimbund heute noch existiert, ist nicht
bekannt.
Das ist es! rief Helena, ich weiß nun, die Gesellschaft der Psychopathen
existiert heute noch. Sie haben einen Mord im Hundewäldchen begangen.
Die heilige Brigitta sah sie an und sagte: Das war sicher ein Ritualmord.
Damit ist die Polizei überfordert. Du musst den Mord aufklären. Ja, rief
Helena erregt, mit des Schicksals Hilfe.
Am nächsten Tag um die Mittagszeit klingelte die weise Hildegard bei der
schönen Helena und brachte der Nachbarin einen Teller Spinat und für
Susanna einen Knochen. Dazu brachte sie ihr die neuste Ausgab der
Ostwest-Zeitung, denn sie wusste, dass die schöne Helena eine
Arbeitsstelle suchte.
Helena las in aller Ruhe die Zeitung. In den Lokalnachrichten fand sie
diese Meldung: Der bekannte Psychiater, Neurologe, Psychotherapeut und
Meister der Akupunktur Doktor Weingärtner ist seit einer Woche spurlos
verschwunden. Die Polizei geht von einem terroristischen Hintergrund aus.
Sachdienliche Hinweise bitte an die nächste Polizeidienststelle. Helena
dachte nach: Ritualmord einer geheimen Gesellschaft von Psychopathen -
eine Leiche - ein verschwundener Psychiater - das passt doch zusammen.
Das ist ein Wink des Schicksals. Doktor Weingärtner muss die Leiche im
Hundewäldchen sein. Aber wo finde ich die Mitglieder des
Geheimbundes? Allmächtiges Schicksal, gib mir noch einen Wink!
Nun las Helena die lokalen Stellenanzeigen und fand ein interessantes
Arbeitsangebot: Der staatliche Wohlfahrtsausschuss sucht charmante
Gesellschafterin für Geisteskranke. Erforderlich ist ein angenehmes
Äußeres und die Fähigkeit zum unterhaltsamen Plaudern.
Nur ernstgemeinte Stellengesuche richten Sie bitte an den Staatlichen
Wohlfahrtsausschuß, zu Händen Frau Saubermann. Helena jauchzte auf:
Schön bin ich! Und plaudern kann ich auch! Das ist die richtige Stelle für
mich, da arbeite ich mich nicht tot.
Helena bekam den Job. Frau Saubermann war fasziniert von ihr und
schickte sie eine Woche später zu einer alten Generalin außer Dienst, einer
unheilbar Geisteskranken. Die Generalin gab den Befehl: Strammstehen,
Soldatin! Fensterputzen, aber zack-zack! So hatte Helena sich das
eigentlich nicht vorgestellt. Aber ergeben in ihr Schicksal putzte sie das
Fenster. Aber da entdeckte sie ein Fensterbild: Ein aufrechtes Dreieck mit
einem Auge darin. Sie sagte: Herrin Generalin verzeihen Eurer
unwürdigen Dienerin eine Frage? Die Generalin brüllte: Rühren! Fragen
Sie, Soldatin! Helena stammelte:: Gehören Euer Hochwürden Generalin zu
der uralten mystischen Geheimgesellschaft Abraxas? Die Generalin lachte
wie eine Irre und sagte: Jawohl! Aber höchste Stufe der Geheimhaltung!
Bei Hochverrat – Todesstrafe!
Am nächsten Tag kam Helena zu ihrem nächsten Geisteskranken, einem
russischen Mathematikprofessor, der vor lauter theoretischer Mathematik
den Verstand verloren hatte. Der Professor stellte Helena eine Frage: Ist
das Wahrheit, dass zwei mal zwei vier ist? Ist das in Wirklichkeit so? Oder
ist das eine bloße Festlegung der alten Griechen? Helena sagte: Zu
Pythagoras' Zeiten galt das noch, aber heute erzählen sie im Fernsehen
immer, das zwei mal zwei fünf ist. Was ist nun wahr? Der Professor sagte:
Und wieviel ist Pi mal Daumen? Helena sagte: Ungefähr drei komme drei
fünf. Aber ich sehe, ihr Wäscheschrank quillt über. Helena trat an den
Wäscheschrank, besah sich die Wäsche. Sonderbar! In jedes
Kleidungsstück war ein Zeichen eingenäht: Ein aufrechtes Dreieck mit
einem Auge darin. Herr Professor, fragte Helena, gehören Sie zur Abraxas-
Geheimgesellschaft? Ja, sagte der irre Professor, ich bin ihr führender
Theoretiker. Ich muss beweisen, dass drei mal eins - eins ist. Aber pst!
Kein Wort darüber an den Staatlichen Wohlfahrtsausschuss. Wir werden
verfolgt von den bürgerlichen Demokraten, weil wir die Monarchie wieder
einführen wollen. Helena gelobte Stillschweigen.
Am dritten Tag kam Helena zu einem geisteskranken Poeten aus
Ostfriesland. Die Wohnung war voller leerer Weinflaschen und Venus-
Statuen. Der Dichter sagte: Darf ich Ihnen meine neuste Ode vorlesen? Ja,
sagte Helena, ergeben in ihr Schicksal. Der Poet deklamierte pathetisch:
Helena sagte: Sehr schön! Der Dichter sagte: Jolde Göttin, können Sie
wohl meine Venus-Statuen abstauben? Helena staubte die Venus von Milo
ab, die auf einem Altar stand. Da! In den Altar war das Symbol der
Abraxasgesellschaft eingeritzt. Sie auch, verehrter Sohn der Muse,
gehören zur Abraxas-Gesellschaft? Ja, lächelte der irre Dichter, ich bin ihr
Oberer. Aber kein Wort zu niemand über Nichts! Wir sind drei Abraxisten
und treffen uns Freitag Nacht im Hundewäldchen bei Vollmond zu einem
geheimen Ritual. Wenn Sie dazukommen wollen, schöne Göttin, sind Sie
herzlich willkommen. Helena fragte: Darf ich meine Hündin Susanna
mitbringen? Gewiss, gewiss, lachte der irre Dichter, wir predigen das
Evangelium von Abraxas aller Kreatur! Also Freitag bei Vollmond um
Mitternacht im Hundewäldchen.
Freitag war gekommen. Um Mitternacht schminkte sich die schöne Helena
die Lippen rot und lackierte ihre Fingernagel rot, kämmte ihre langen
goldenen Locken, zog ein rotes kurzes Kleid an, scheuchte Susanna aus
dem Körbchen und ging mit der Hündin in das Hundewäldchen und zwar
auf jene Lichtung, wo sie noch vor einiger Zeit den toten Psychiater
gefunfden. Tatsächlich, alle waren da, vom Vollmondlicht begossen, die
Generalin, der zerstreute Professor und der irre Poet. Die Generalin rief:
Stillgestanden, Soldatin Helena! Der Professor fragte: Wie viel ist drei mal
eins? Eins, sagte Helena. Richtig, sagte der Professor. Herzlich
willkommen, Göttin der Schönheit, sagte der Dichter. Nun lasst uns
beginnen. Und der Dichter sprach ein Gebet in einem Wahnsinns-Latein:
Veni, spiritus Abraxas! Tu est axis muni, tu est anima mundi! Gloria patria
et filia et spirita sancta! Totus tuus ego sum, anima mundi! Salve, fatum! O
clemens, o pia, o dulcis diva domina!
Da spürte Helena den Duft von Rosen. Sie hörte die Musik von Mozart.
Sie sah nach oben und sah – und siehe, was sie sah -
Das allmächtige Schicksal! Die Vorsehung Gottes! Die weise Dame aus
ihrem Traum! Sie war etwa sechzig Jahre alt, trug eine blue jeans und ein
rosa T-Shirt, hatte einen Heiligenschein von kurzen silbernen Haaren und
stand mit Turnschuhen auf dem Vollmond. Die Dame, die Vorsehung
Gottes, sprach: Meine liebe Tochter Helena! Sei gütig zu allen Menschen!
Sei barmherzig und du wirst gebarmherzigt werden! Ich bin das ewige
Schicksal, die Mutter der Götter, und ich gebe dir heute an deinem
siebzehnten Geburtstag meinen mütterlichen Segen! Suche die Wahrheit,
die Güte und die Schönheit! Tu was du willst, aber liebe die Vorsehung
und die Menschen! Und nun geh und tu, was dein Herz dir gebietet.
PAPST ALEXANDER VI
Die Borgiafamilie stammte aus dem Dorf Borja in Aragon. Sie pflegten
ihre Wurzeln und sprachen auch in Rom innerhalb der Familie die
katalanische Sprache. Roderic de Borja wurde als Sohn des aus Valencia
stammenden Jofre de Borja und der aus Aragonien stammenden Isabel de
Borja geboren. Rodrigo nahm den Familiennamen Borgia an, als sein
Onkel mütterlicherseits, Alonso de Borja, zum Papst gewählt wurde.
Dieser regierte als Papst Kalixt III von 1455 bis 1458 und ermöglichte
Rodrigo de Borja den Aufstieg in der kirchlichen Hierarchie. Rodrigo
Borgia studierte zunächst in Bologna kanonisches Recht, nachdem er von
seinem Onkel bereits mit zahlreichen Pfründen ausgestattet worden war. Er
war zwar kein Priester – das wurde er, wie damals nicht unüblich, erst
Jahre später – dennoch ernannte ihn sein päpstlicher Onkel am 20. Februar
1456 zum Kardinaldiakon von San Nicola in Carcere und bereits im
darauffolgenden Jahr zum Vizekanzler der Heiligen Römischen Kirche.
Dieses auf Lebenszeit verliehene Amt und seine zahlreichen Pfründen –
Rodrigo stand etwa 30 Bistümern als Titularbischof vor – machten ihn zu
einem der reichsten Männer Europas.
Dem weiblichen Geschlecht war er trotz seiner Kirchenwürden sehr
zugetan und verbarg dies – typisch für die Renaissance – kaum vor der
Öffentlichkeit. Dass der freizügige Lebenswandel, bei vielen der
zeitgenössischen Prälaten üblich, durchaus auch in der Kurie auf
Widerspruch stieß, ist durch ein Schreiben von Papst Pius II dokumentiert,
in dem er den jungen Prälaten wegen seines Liebeslebens rügte.
Mit Vanozza de Cattanei, der Mutter seiner Kinder Giovanni, Cesare,
Lucrezia und Jofre, lebte er in seiner Zeit als Kardinal etwa 20 Jahre lang
zusammen. Es sind zahlreiche Schilderungen über Orgien an seinem Hof
überliefert, die allerdings auch der Phantasie seiner Widersacher
entsprungen sein können.
Am 11. August 1492 wurde er zum Papst gewählt, was zeittypisch von
Ämterkauf gefördert worden war. Er wählte für sich den Namen Alexander
VI.. Der Papstname spielte offen auf Alexander den Großen an, das heißt
er dokumentierte einen Machtanspruch. Da der zum Papst Gewählte mit
seiner Krönung seine Pfründe abgeben musste, boten sich für reiche
Kardinäle wie Rodrigo eine Vielzahl von gut dotierten Kirchengütern, die
sich bei einer Wahl als Handelsgut einsetzen ließen.
Im Konklave standen sich mit dem Neffen von Papst Sixtus IV, Giuliano
della Rovere, und Ascanio Sforza zwei mächtige Kardinäle gegenüber.
Della Rovere, der nach dem Tod des nur kurz amtierenden Pius III
tatsächlich als Julius II Papst werden sollte, hatte eine mächtige Gruppe
von Verbündeten um sich gesammelt: Neben Florenz und Neapel
unterstützte mit Venedig eine dritte italienische Großmacht seine
Kandidatur, ebenso Genua und der französische König Karl VIII. Doch die
Stimmenverteilung im Konklave entsprach nicht den Machtverhältnissen
der Unterstützer. Die Gruppe der Gegner führte Ascanio Sforza, der Bruder
des Mailänder Herzogs Ludovico Sforza an, der eigentlich selbst Papst
werden wollte, doch mit siebenunddreißig Jahren zu jung und als Bruder
des Mailänders als zu stark politisch vorbelastet galt.
Schon frühzeitig hatten Rodrigo Borgia und Ascanio Sforza eine
gemeinsame Vorgehensweise abgesprochen. Wie der Humanist Giovanni
Lorenzi schon vor dem Konklave festhielt: „Der Vizekanzler Rodrigo
Borgia und Ascanio haben den Weltkreis untereinander aufgeteilt, und
zwar wie folgt: Der Vizekanzler soll Papst werden, Ascanio aber Über-
Papst.“ Zusätzlich hatte Ascanio von seinem Bruder Ludovico eine
Blankovollmacht zum Stimmenkauf erhalten, da sie hofften, dass Borgia
eine willige Marionette an den Fäden Sforzas sein werde. Ascanio und
Rodrigo setzten sich durch, naturgemäß standen aber die ersten Jahre des
Pontifikats unter dem massiven Einfluss der Sforza. Von ihm konnte sich
Alexander VI erst nach den Auseinandersetzungen um die neapolitanische
Krone, die den Niedergang der Sforza zur Folge hatten, lösen.
Seinen Sohn Cesare ernannte er gegen dessen Willen zum Bischof von
Valencia und später zum Kardinal; auch andere, von ihm ins Land geholte
Spanier wurden begünstigt. Seinen Sohn Giovanni ernannte er zum Herzog
des von Neapel für den Kirchenstaat zurückerworbenen Benevent.
Später nutzte die Familie Farnese den Einfluss der langjährigen Mätresse
Julia Farnese auf den Papst, um insbesondere deren Bruder Alessandro
Farnese in der kirchlichen Hierarchie aufsteigen zu lassen. Im Alter von 25
Jahren wurde dieser tatsächlich zum Kardinal ernannt. Der beim
römischen Volk mit den Ausdrücken „Cardinale Gonella“ („Kardinal
Röckchen“) und „Cardinal Fregnese“ („Kardinal Möse“) verhöhnte junge
Mann sollte mehr als 30 Jahre später als Paul III zum mächtigen Papst der
Gegenreformation werden. Diesen Aufstieg verdankte Alessandro Farnese
vor allem seiner Schwester Julia, die schon mit 15 Jahren zur Geliebten
Rodrigo Borgias wurde, als er noch Kardinal war. Wie der Schreiber der
Kurie anmerkte, nannte der römische Volksmund die römische Schönheit,
die sich auch während Alexanders Pontifikat an seiner Seite zeigte,
„sponsa christi“ („Braut Christi“).
Die Vielzahl der dem neuen Papst nachgesagten Exzesse rief Kritiker auf
den Plan. Ihr prominentester Vertreter wurde schließlich der
Dominikanermönch Savonarola in Florenz, der sich anfangs noch um ein
gutes Einvernehmen mit Alexander bemühte und keine Bedenken hatte,
ihm offiziell zur Hochzeit seiner Tochter Lucrezia zu gratulieren. Er
forderte jedoch später sowohl die Absetzung des Papstes wie auch
kirchliche Reformen und predigte: „Ihr Kirchenführer, nachts geht ihr zu
euren Konkubinen und morgens zu euren Sakramenten.“ Bei einer
späteren Gelegenheit meinte er: „Diese Kirchenführer haben das Gesicht
einer Hure, ihr Ruhm schadet der Kirche sehr. Ich sage euch, diese halten
nichts vom christlichen Glauben.“
Um Savonarolas Schweigen zu erkaufen, bot ihm Alexander VI die
Kardinalswürde an. Savonarola lehnte ab, woraufhin er exkommuniziert
und in der von ihm abgefallenen Stadt Florenz verhaftet, erhängt und
verbrannt wurde.
Giuliano della Rovere war nach seiner Niederlage im Konklave nach
Frankreich geflüchtet und versuchte zusammen mit anderen Kritikern des
Pontifikats den französischen König Karl VIII dazu zu bewegen, ein
Konzil einzuberufen, das die Absetzung Alexanders beschließen sollte.
Karl marschierte schließlich an der Spitze einer Armee 1495 nach Italien,
um sich Neapel einzuverleiben, einigte sich aber dann mit dem Papst und
sah von dessen Absetzung gänzlich ab.
Die zahlreichen Winkelzüge Alexanders, der nach Bedarf die Verbündeten
wechselte, dienten in erster Linie dem Ziel, seinen Kindern ein erbliches
Reich zu verschaffen. Wie schon sein Onkel Kalixt III hatte er zunächst
das Königreich Neapel dazu ausersehen. Als sich die Situation durch die
Intervention Karls vorübergehend änderte und der kinderlose Ferdinand II
starb und seinen Onkel als Erben bestimmte, rückte zeitweise auch die
Romagna in das Visier der Borgia. Als 1498 Karl VIII mit erst 28 Jahren
starb, wurde Ludwig XII König von Frankreich. Dieser erhob, gestützt
durch seine Verwandtschaft mit den Visconti, auch Anspruch auf das
Herzogtum Mailand.
Ludwig, der kinderlos verheiratet war, betrieb nach der Thronbesteigung
sofort die Annullierung seiner Ehe mit Jeanne de Valois, um die Witwe
seines Vorgängers, Anne de Bretagne, zu heiraten und so deren Erbe, die
Bretagne, weiterhin im französischen Königreich zu halten. Dazu
benötigte er die Dispens des Papstes, und Alexander sah die Chance
gekommen, für seinen Sohn Cesare ein Herzogtum zu erhalten. Am 17.
September 1498 verzichtete Cesare auf das Kardinalsamt, ein unerhörter
Skandal, den Alexander herunterzuspielen versuchte. Für die Dispens des
französischen Königs erhielt Cesare das Valentinois verliehen, die zum
Herzogtum erhoben wurde.
1498 versuchten die Sforza neuerlich – diesmal mit Deckung der Könige
von Spanien – ein Konzil einzuberufen, das den Papst absetzen sollte.
Doch die Franzosen brachten ein Bündnis mit Venedig zustande, das die
Sforza, deren Stern im Sinken begriffen war, weiter unter Druck setzte.
Cesare wurde in der Zwischenzeit mit Charlotte d’Albret verheiratet. Ihre
Zustimmung zu der Ehe wurde ihr mit dem Kardinalshut für ihren Bruder
belohnt. Die Sforza hatten sich in der Zwischenzeit mit Sultan Bayezid II
verbündet, doch dessen Expeditionskorps, mit dem er Venedig angreifen
sollte, war zahlenmäßig stark unterlegen. Nach dem Sturz der Sforza, die
nach Österreich ins Exil gingen (Bianca Maria Sforza war mit Maximilian
I verheiratet), wollte sich Ludwig XII nach Neapel wenden, um dort eine
alte Rechnung mit den Aragonesen zu begleichen. Alexander VI, der noch
immer hoffte, Neapel für seine eigene Familie in die Hand zu bekommen,
versuchte daraufhin vergeblich von Venedig die Zustimmung zur
Eroberung des Herzogtums Ferrara für seinen Sohn zu erhalten.
Daraufhin begann Alexander die Barone des Kirchenstaates unter Druck
zu setzen. Er erklärte das Vikariat der Sforza-Riario in Forlì und Imola für
erloschen und übertrug es Cesare. Dieser rückte mit französischen und
italienischen Truppen vor, um sein neues Herrschaftsgebiet in Besitz zu
nehmen. Imola ergab sich kampflos und Forlì konnte eingenommen
werden. Dabei geriet die Vikarin von Forlì, Caterina Sforza in
Gefangenschaft.
Die Herrschaft der Franzosen wurde in Mailand aber schon nach kurzer
Zeit so unpopulär, dass die Mailänder Ludovico Sforza zurückriefen.
Schon am 5. Februar 1500 zog er wieder in Mailand ein. Ohne
französische Unterstützung musste Cesare die Kämpfe einstellen, und so
kehrte er nach Rom zurück. Ludovico sollte jedoch schon bald seine
Herrschaft endgültig verlieren: bereits im April wurde er von seinen
Schweizer Söldnern an die Franzosen ausgeliefert.
Ende April 1500 kündete ein in Rom verbreitetes Flugblatt nicht nur vom
ellenlangen Sündenregister des Pontifex Maximus, sondern dem
Unbußfertigen auch den baldigen Tod an. Am Peter-und-Pauls-Tag, dem
29. Juni, tobte ein schwerer Sturm über Rom, der nicht nur die Decke des
Palastes zum Einsturz brachte, sondern auch den Baldachin, unter dem der
Papst thronte. Doch der Stützbalken hielt stand, und Alexander kam mit
ein paar Abschürfungen davon. Natürlich beschäftigten sich die römischen
Gerüchte eifrig mit dem Ereignis, und die Pilger, die Rom reichlich
bevölkerten, rätselten, was die Vorsehung noch bereithalten sollte.
Alexander, der in der Zwischenzeit die Stellvertreter der Kirche im Norden
Italiens summarisch ihrer Ämter enthoben hatte, versuchte, Venedig, das
dort als Schutzmacht fungierte, zum Rückzug zu bewegen. Hatte Venedig
sich bereit erklärt, Forlì, Imola und Pesaro den Borgia zu überlassen, so
wollte Alexander auch die Preisgabe der Manfredi in Faenza und der
Malatesta in Rimini erreichen. Um den nächsten Kriegszug in der
Romagna zu finanzieren, wurden neue Kardinäle ernannt, die, wie damals
üblich, für diese Würde zu bezahlen hatten. Pesaro und Rimini fielen
kampflos in die Hände Cesares, nur die Manfredi wollten sich nicht
kampflos geschlagen geben. Die Belagerung musste im Winter
unterbrochen werden und führte erst im nächsten Frühjahr zum Erfolg.
Doch entgegen den Kapitulationsvereinbarungen ließ Cesare den Astorre
Manfredi und seinen jüngeren Bruder, denen freies Geleit zugesagt worden
war, festnehmen und in der Engelsburg festsetzen.
Venedig versuchte 1500 den Pontifex zu einem Kreuzzug gegen die
Türken zu bewegen, aber vorerst hatte die Romagna als Borgia-Herrschaft
Priorität. Ein Krieg gegen die Türken schien zwar damals für alle
europäischen Herrscher wünschenswert, aber keiner machte es sich zu
seinem Anliegen, da jedem die eigenen Interessen Vorrang hatten. So
musste sich Alexander darauf beschränken, von den spanischen und
französischen Königen zu verlangen, mit gutem Beispiel voranzugehen. Er
organisierte zwar europaweite Hilfsmaßnahmen und erlaubte
Sonderabgaben zur Finanzierung des Kreuzzuges, aber diese brachten
knapp 40.000 Dukaten ein und damit lediglich ein Drittel jener Summe,
die er aus der letzten Kardinalsernennung sich gesichert hatte. Als der
venezianische Gesandte im März 1501 dem Papst ziemlich unverblümt
Vorhaltungen machte, warf er den Venezianern vor, sie verfolgten mit dem
Kreuzzug ausschließlich eigennützige Ziele.
Im Juni 1501 ließ Alexander den König von Neapel endgültig fallen, weil
er einsehen musste, dass er die Borgia als Thronerben nicht würde
etablieren können. Frankreich und Spanien hatten sich über eine Teilung
des Gebietes verständigt, und König Federico wurde vom Papst abgesetzt.
Schon im Juli 1501 wurde Capua eingenommen, und Federico begab sich
nach Ischia, wo er sich dem französischen König unterwarf. Er erhielt
dafür ein französisches Herzogtum, und die Geschichte der Aragonesen
auf dem neapolitanischen Thron war damit endgültig zu Ende.
Zu dieser Zeit suchte Alexander auch nach einem passenden Ehemann für
seine Tochter Lucrezia. Der vorige, der Herzog von Bisceglie, war ohne
Wissen des Papstes, aber auf Befehl Cesares im Vatikan ermordet worden.
Nach einigem Überlegen entschied er sich für Alfonso d’Este, den ältesten
Sohn von Ercole I d’Este, und damit für den Erben des Herzogtums
Ferrara und Modena.
In den Grenzgebieten zu Neapel und allen Teilen Latiums wurden jetzt die
Burgen der Colonna und ihrer Verbündeten erobert und dem Besitz der
Borgia zugeschlagen.
Im Frühjahr 1502 war das Einvernehmen zwischen Spanien und
Frankreich in Neapel dem üblichen Krieg zwischen den beiden Mächten
gewichen, und Cesare streckte seine Hand nach dem Herzogtum Urbino
aus, das den Montefeltre gehörte.
Im Juni 1502 kündigte Alexander seinen Besuch von Ferrara in Begleitung
aller Kardinäle an, aber dieses Manöver diente lediglich dazu, den
Aufbruch seines Sohnes, der mittlerweile zum Bannerträger des Papstes
befördert worden war, an der Spitze einer Armee in Richtung Spoleto zu
verschleiern. Es sollte das Herzogtum von Urbino überfallen werden, und
Cesare hatte sich einer grauenhaften List bedient, um die Eroberung auch
der Stadt sicherzustellen. Er hatte sich zuvor über einen gedungenen
Agenten die Artillerie und auch einige Söldnerkontingente vom Herzog
von Urbino ausgeliehen.
Als Nächstes richtete sich Alexanders Begehren auf Bologna. Der
venezianische Stadtschreiber jener Zeit, Marino Sanudo, berichtete, der
Papst sei so versessen auf Bologna, dass er notfalls seine Mitra verkaufen
würde, um die Stadt zu besitzen. Bologna war zwar de jure päpstliches
Lehen und gehörte zum Kirchenstaat, aber Giovanni Bentivoglio, der
Herrscher Bolognas, stand unter dem besonderen Schutz des französischen
Königs.
Die Feinde der Borgia versuchten, den König, der sich im Sommer 1502
zur Ordnung seiner Angelegenheiten in der Lombardei aufhielt, auf ihre
Seite zu ziehen. Cesare aber erreichte in einer persönlichen Unterredung
mit dem König ein neuerliches Bündnis, indem Cesare die Eroberung
Arezzos einer Eigenmächtigkeit seines Feldherren anlastete und der König
die Unterstützung des Papstes im Kampf um Neapel begehrte.
Damit aber verloren die Bentivoglio und die Orsini ihren Schutzherrn. Die
meisten glaubten aber, Cesare habe die Gunst des französischen Herrschers
endgültig verspielt, und schmiedeten Rachepläne. Am 9. Oktober 1502
trafen sich in der Nähe des Trasimenischen Sees nicht nur Vertreter der
Orsini, sondern auch der besagte Feldherr sowie die Herrscher von Perugia
und ein Vertreter der Bentivoglio; sogar der Herr von Siena schickte einen
Vertreter. Die Verbündeten machten sich rasch ans Werk. Am 14. Oktober
1502 gehörte Urbino wieder den Montefeltro, und die da Varano kehrten
nach Camerino zurück.
Alexander wiegte seine Gegner durch Vergebung in Sicherheit. Ein Vertrag
wurde unterzeichnet, der alle nun wieder mit Cesare Verbündeten in ihre
alten Rechte einsetzte. Während Cesare seine Gegner unter einem
Vorwand am 31. Dezember 1502 in der Romagna überraschend festsetzte,
ließ Alexander am 3. Januar 1503 den Kardinal Giovanni Battista Orsini
sowie Jacopo und Antonio Santa Croce im Vatikan festnehmen.
Als am 22. Februar Kardinal Orsini im Kerker starb – laut Johannes
Burckard war er verrückt geworden – glaubte trotz einer öffentlichen
Untersuchung des Toten jeder, Orsini sei Opfer eines Giftmordes
geworden. Die Orsini, gegen die Cesare jetzt einen Vernichtungskrieg
anzettelte, erfreuten sich aber wachsender Unterstützung und waren auch
imstande, nicht nur päpstliche Bergwerke zu plündern, sondern ihre
Ausfälle bis in die Ewige Stadt auszudehnen.
Mittlerweile jedoch fühlten sich sowohl der französische König als auch
Venedig durch die Verbindungen mit Alexander massiv belastet. Ludwig,
der in Neapel ins Abseits geriet und dem außerdem ein Gutteil der Borgia-
Untaten angelastet wurden, und Venedig verlegten sich auf unverhohlene
Drohungen gegen den Papst und seinen Sohn.
Alexander suchte nach neuen Verbündeten und wollte dafür Spanien
gewinnen. Da dies den Finanzbedarf des Papstes neuerlich ansteigen ließ,
wurde der greise venezianische Kardinal Giovanni Michiel vergiftet und
sein Vermögen eingezogen. Zu Alexanders Enttäuschung hatte der alte
Kardinal aber den größten Teil seiner Vermögenswerte bereits aus Rom
wegschaffen lassen. Aus den Akten einer Gerichtsuntersuchung, die später
Papst Julius II durchführen ließ, ist dieser Mord zweifelsfrei belegt.
Da in der Zwischenzeit ein spanischer Heerführer die Franzosen in
Süditalien schlug und Neapel besetzte, wollte Alexander unbedingt das
Bündnis mit den Spaniern zustande bringen. Die Ermordung des
Heerführers hatte jedoch nur einen Bruchteil der erwarteten Summe
eingebracht und so wurde eine neue Kardinalserhebung veranlasst, die
geschätzte 120 000 Golddukaten in die päpstlichen Kassen spülte.
Doch nun zögerte Alexander, den Kurswechsel auch tatsächlich zu
vollziehen. Einerseits hatte sich nämlich Ludwig nicht mit der Niederlage
abgefunden und war dabei, ein neues Heer auszurüsten, und andererseits
würde ein Wechsel ins spanische Lager auch die Zukunftsaussichten
Cesares, der als Herzog von Valence Lehensmann des Franzosen war,
massiv beeinträchtigen. Da Alexander während seines Pontifikats mit
Entschiedenheit das Ziel verfolgte, seinen Kindern ein angemessenes
Reich zu hinterlassen, vertrug sich ein Seitenwechsel nicht mit der
Perspektive eines französischen Herzogtums. Da Neapel für die Borgia
außer Reichweite lag, wandte sich Alexanders Interesse wieder der
Toskana zu, die zwar kaiserliches Lehen war, was aber für Alexander nur
eine Frage von Verhandlungen sein konnte. Angeblich hatte er Anfang
August bereits die Fühler zum römisch-deutschen König Maximilian I
ausgestreckt.
Während Cesare in Viterbo Truppen aushob, starb in Rom der dienstälteste
Nepot der Borgia, Kardinal Juan de Borja, der Erzbischof von Monreale.
Sein Vermögen, das mehr als 150 000 Dukaten betrug, fiel natürlich an den
Papst. Mord dürfte hier nicht im Spiel gewesen sein, denn in diesen
unruhigen Zeiten war eine sichere Stimme in der Kurie wichtiger als jeder
Reichtum. Überdies hatte die Sommerhitze bereits eine Reihe
wohlbeleibter Männer hinweggerafft, kein gutes Vorzeichen für den
keineswegs schlanken und mittlerweile 71jährigen Papst. Sein
Wahljubiläum 1503 wurde weniger imposant gefeiert als bislang üblich.
Doch am nächsten Morgen begann er zu erbrechen, am Nachmittag kam
Fieber. Die Nachricht von der Erkrankung ging wie ein Lauffeuer durch
Rom, und natürlich wurde über Gift gemutmaßt.
Zunächst erholte er sich jedoch, ehe er einen schweren Rückfall erlitt.
Dem schnell ansteigenden Fieber folgten schließlich Atembeschwerden
und Bewusstlosigkeit.
Alexander starb schließlich in den Abendstunden des 18. August. Wie in
Rom verbreitet wurde, sei der Körper des Toten binnen kürzester Zeit
unnatürlich aufgequollen, habe sich schwarz verfärbt und übelriechende
Flüssigkeiten abgesondert.
Alexander ist wahrscheinlich an Malaria gestorben, aber in den Augen der
Rechtschaffenen – und natürlich seiner zahlreichen Gegner, die er sich
durch seinen rücksichtslosen Nepotismus herangezogen hatte – durfte er
nicht einfach eines natürlichen Todes gestorben sein. Da seine Widersacher
nicht davor zurückschreckten, ihn als den Antichrist auf dem Papstthron, ja
gar als mit dem Teufel im Bunde zu diffamieren, musste auch sein Tod als
abschreckendes Beispiel zur moralischen Erbauung dienen.
Sein Lebenswandel führte wohl auch dazu, dass ihm ein ehrenvolles Grab
zunächst verwehrt blieb. Im Jahre 1610 wurden seine Gebeine in die
Kirche Santa Maria di Monserrato überführt; ein dort geplantes Grabmal
wurde jedoch nicht ausgeführt. Erst im Jahre 1864 wurden seine Überreste
zusammen mit denen seines Vorgängers Calixtus III von einem
preußischen Diplomaten in einer Kiste auf einem Regal wiederentdeckt,
das auch die Überreste anderer Verstorbener enthielt. 1889 wurde
schließlich ein Grabmal für ihn errichtet.
JULIA FARNESE
Julia Farnese erblickte im Jahre 1474 im Palazzo Farnese als Tochter Pier
Luigi Farnese dem Älterenund Giovanna Caetani in Canino im Norden
von Rom das Licht der Welt. Einer ihrer Vorfahren mütterlicherseits war
Papst Bonifatius VIII (1294–1303). Sie hatte drei Brüder und zwei
Schwestern. Ihr ältester Bruder Angelo wurde im Januar 1465 geboren und
erbte nach dem Tod des Vaters im Jahr 1487 zusammen mit seinem Bruder
Alessandro das Vermögen und die Immobilien. Angelo starb jedoch schon
im Mai 1494 an der Pest, sodass sein jüngster Bruder Bartolomeo Farnese
anstelle seines Bruders Graf von Montalto und Canino wurde. Bartolomeo
starb im Jahr 1552 und war Begründer des Herzogtums Latera, das bis
1668 bestand. Der zweitälteste Bruder Alessandro wurde am 29. Februar
1468 geboren und war ein Notar, der aber eine kirchliche Laufbahn
verfolgte und später sogar Papst wurde. Die Schwester Julias, Girolama,
wurde 1466 geboren und wurde am 1. November 1505 von ihrem
Stiefsohn Giovanni Battista dell’Anguillara im Schloss von Stabiae mit
einem Schwert ermordet. Die andere Schwester, Beatrice, wurde 1469
geboren und war ab 1490 Nonne eines Benediktinerklosters. Sie starb
1507 als Äbtissin des Klosters San Bernardino in Viterbo. Laut den
Beschreibungen von Cesare Borgia, Sohn von Alexander VI, soll Julia
schwarze Augen, lange dunkle Haare, ein rundes Gesicht, einen klaren und
hellen Teint und eine außergewöhnliche Ausstrahlung gehabt haben.
Weiters soll sie sehr schön, energisch, elegant, schlank und von
durchschnittlicher Größe gewesen sein.
Schon bei ihrer Geburt war vereinbart worden, dass sie ein Mitglied der
Familie Orsini ehelichen sollte. Am 21. Mai 1489 heiratete sie Orsino
Orsini, genannt „der Einäugige“. Die von den Familien arrangierte
Hochzeit fand im Palast des Vormunds des Orsini, des valencianischen
Kardinals Rodrigo Borgia, statt. Die Mitgift Julias betrug 3000
Goldgulden. Nach Abschluss des Ehekontrakts wurde am 21. Mai 1489 im
Palast der Borgia die rechtliche Verbindung des jungen Paars gefeiert.
Julia und ihr Ehemann wohnten nach der Hochzeit abwechselnd im
Schloss Bassanello und im Palast Orsini auf Monte Giordano. In diesem
Palast hatten sich Rodrigo Borgia und Julia bereits vor ihrer Vermählung
kennengelernt. Es ist aber ungewiss, wann genau Rodrigo sich
leidenschaftlich in Giulia Farnese verliebte und die Affäre begann.
Rodrigo Borgias Tochter Lucrezia Borgia und Julia wurden enge
Freundinnen, und im Jahre 1492 schenkte Julia einer Tochter des Kardinals
mit dem Namen Laura das Leben. Die Römer verspotteten die junge
Geliebte des mächtigen Kardinals und Vizekanzlers des Papstes als „Braut
Christi“, eine eigentlich Nonnen vorbehaltene Bezeichnung.
Nachdem Rodrigo Borgia am 11. August 1492 zum Papst Alexander VI
gewählt worden war, nutzte die Familie Farnese den Einfluss Julias auf
den Papst, um insbesondere deren Bruder Alessandro Farnese in der
kirchlichen Hierarchie aufsteigen zu lassen. Im Alter von 25 Jahren wurde
Alessandro tatsächlich zum Kardinal ernannt. Dieser beim römischen Volk
mit dem Ausdruck „Cardinal Gonella“ („Röckchen“) und „Cardinal
Fregnese“ („Möse“) verhöhnte junge Mann sollte mehr als 30 Jahre später
als Paul III der mächtige Papst der Gegenreformation werden. Seinen
Aufstieg verdankte er den Liebeskünsten seiner Schwester Julia.
Im Jahr 1494 zog sie kurzzeitig den Ärger des Papstes auf sich, als sie trotz
Warnungen vor der drohenden französischen Invasion Italiens unter der
Führung König Karls VIII das sichere Pesaro verließ und ihren todkranken
Bruder Angelo Farnese in Capodimonte besuchte. Bei ihrer Rückkehr nach
Rom wurde sie von einem französischen Hauptmann gefangengenommen,
der vom Papst ein Lösegeld in Höhe von 3000 Dukaten für die sichere
Rückgabe Julias forderte und auch erhielt. In einem Brief des Gesandten
von Ferrara ist darüber nachzulesen:
„Der Papst würde auch mehr als fünfzigtausend Dukaten bezahlt haben,
um Julia wieder an seiner Seite zu haben. Wie er sagt, ist sie sein Alles,
sein Herz und seine Seele. Darum ging er ihr auch entgegen, gekleidet wie
ein Galan im schwarzen Wams mit Borten aus Goldbrokat, mit einem
schönen Gürtel spanischer Mode und Dolch und Degen im Gehänge.“
Die Beziehung zwischen Julia und Papst Alexander endete wahrscheinlich
im Jahr 1500. Die Gründe für die Trennung sind unbekannt, doch
wahrscheinlich wurde Julia aufgrund ihres Alters durch jüngere Geliebte
ersetzt.
Nach dem Tod Alexanders VI im Jahre 1503 nahm das öffentliche
Interesse an Julia rasch ab. Laura Farnese heiratete 1505 im Vatikan einen
Neffen des Papstes Julius II. 1506 heiratete Julia in zweiter Ehe den
neapolitanischen Edelmann Bozzato und wurde Gouverneurin von
Carbognano. Nach dem Tod ihres ersten Mannes am 31. Juli 1500 und
dem Tod ihres zweiten Gemahls im Jahr 1517 führte sie ein
zurückgezogenes Leben und verwaltete als Witwe ihre Güter bis zu ihrer
Rückkehr nach Rom im Jahr 1522, wo sie im Haus ihres Bruders
Alessandro im Alter von fünfzig Jahren verstarb. In ihrem im Staatsarchiv
Neapel aufbewahrten Testament vermachte sie all ihren Besitz der
gemeinsamen Tochter mit dem Papst, Laura Farnese. Ihrem Bruder
hinterließ sie einzig ihr Bett, ein zynischer Hinweis auf die Ursache seines
Aufstieges.
Julia Farneses Grab ist unbekannt. Dennoch soll sich bis heute ein Abbild
von ihr erhalten haben und zwar im Petersdom in Rom. Als Teil des links
vom Hochaltar befindlichen Grabmals des Papstes Paul III, geschaffen
vom Bildhauermeister Guglielmo della Porta, glaubten schon
Zeitgenossen, eine Statue seiner Schwester, der „Bella Julia“, zu erkennen.
Der Stein sei so lebendig und voll erotischer Ausstrahlung gewesen, dass
immer wieder junge Männer vor ihm zu „unsittlichen Handlungen“
hingerissen wurden. Um 1600 ließ daher der Vatikan diese liegende,
ursprünglich nackte Figur mit einem Metallhemd aus Blei bekleiden, das
sich noch im 18. Jahrhundert gegen ein Trinkgeld entfernen ließ.
Xi Shi
Xi Shi (geboren um 506 vor Christus; Todesjahr unbekannt) ist eine der
Vier Schönheiten des antiken Chinas. Sie hat zur Zeit der Frühlings- und
Herbstannalen in Zhuji, der Hauptstadt des antiken Staates Yue, gelebt.
Xi Shi war so schön, dass die Fische von ihrer Schönheit geblendet waren,
wenn sie sich über den Balkon lehnte, um sich im Teich anzusehen, dass
die Fische das Schwimmen vergaßen und langsam auf den Grund sanken.
„Xi Shi lässt die Fische sinken“.
Xi Shis Vater war ein Holzfäller, der im Westen des Dorfes Huansha lebte;
deshalb ist ihr Spitzname Xi „West“. Als Xi Shis Herr, König Guo-jian von
Yue einen Krieg gegen König Fu-chai von Wu verlor, plante er mit seinem
Berater Wen Zhong Rache, die sogenannte „Strategie der Schönheit“. Es
war bekannt, dass König Fu-chai schönen Frauen nicht widerstehen
konnte. Der Minister Fan Li stieß dann auf die hübschen Frauen Xi Shi
und Zheng Dan. Beide wurden König Fu-chai von Wu übergeben, so dass
er sich nicht mehr mit dem Regieren befasste und auch nicht auf die
Warnungen seines Generals Wu Zi-xu reagierte. König Fu-chai ließ sogar
den Guanwa-Palast (Palast der schönen Frauen) erbauen. König Guo-jian
führte schließlich seinen Gegenschlag aus und besiegte die Armee von Wu.
König Fu-chai wählte daraufhin den Freitod.
Xi Shi lernte mit einer außergewöhnlichen Grazie zu gehen und übte auf
den Stadtmauern, so dass jeder sie sehen konnte. Die Menschen wurden so
von ihrer Arbeit abgelenkt. Nach kurzer Zeit zahlten die Leute Geld, um
Xi Shi auf Märkten zu sehen. Nach drei Jahren waren die Menschen und
der König von Wu so abgelenkt und verweichlicht, dass es ein Leichtes für
König Guo-jian war, das Wu-Reich zu besiegen.
Einige Gelehrte sind der Auffassung, dass Xi Shi und Zheng Dan nicht die
Namen von zwei Frauen waren sondern lokale Begriffe für „Schönheit“
und „Exzellenz“.
In einigen Geschichten wurde Xi Shi später die Frau von Fan Li. Nach
einer anderen Geschichte ertrank Xi Shi in einem Fluss.
Nach einer Anekdote lief Xi Shi aufgrund von Halschmerzen mit
gerunzelter Stirn umher. Das hässlichste Mädchen des Dorfes, Dong Shi,
ahmte diesen Gesichtsausdruck nach und wurde noch hässlicher. Bei ihrem
Anblick suchten die Menschen das Weite. So entstand das Sprichwort
„Dong Shi runzelt ihre Stirn“, was so viel bedeutet wie „blindes Kopieren
mit groteskem Ergebnis“.
Die taiwanischen Betelnuss-Mädchen (Binlang Xi-shi) sind nach Xi Shi
benannt.
Wang Zhaojun
Diao-chan
Diao-chan ist die einzige der Vier Schönheiten Chinas, über die keine
historischen Berichte vorliegen. Womöglich ist sie eine fiktive Gestalt. Sie
soll unter der späten Östlichen Han-Dynastie gelebt haben und im Jahr 162
nach Christus geboren sein. Aus den Dokumenten dieser Zeit geht hervor,
dass der General Lü Bu eine Affäre mit einem Dienstmädchen seines
Herrn Dong Zhuo hatte. Diao war kein gebräuchlicher Familienname in
China und bedeutete „Zobelschweif“, Chan bezeichnet „Jadeschmuck in
der Gestalt von Zikaden“. Beides trugen die hohen Beamten zu dieser Zeit
an ihrem Hut.
In dem Roman „Die Geschichte der Drei Reiche“ beteiligt sich Diao-chan
an einer Verschwörung des Beamten Wang Yun, um den Krieger Lü Bu
dazu zu bringen, seinen Herrn und Adoptivvater Dong Zhuo zu ermorden.
Dazu wird sie gleichzeitig Dong Zhuos Konkubine und Lü Bus Verlobte.
Sie bringt die beiden durch ihren Charme und die Eifersucht der zwei
Männer gegeneinander auf. Li Ru durchschaut die Schliche der Tänzerin
und empfiehlt seinem Herrn, sie lieber Lü Bu zu überlassen. Aber Dong
Zhuo betont, dass kein Krieger ihm dasselbe bedeute wie Diao-chan, und
droht Li Ru mit der Hinrichtung. Diao-chan wickelt indes Lü Bu um ihren
Finger und sagt ihm, dass sie unglücklich mit Dong Zhuo sei und nur mit
Lü Bu zusammen zu sein wünsche. Lü Bu gerät in Wut und tötet Dong
Zhuo. Kurz darauf muss er fliehen und Diao-chan geht mit ihm. Sie
begleitet ihn auf den Feldzügen gegen Cao Cao und der Eroberung von
Puyang. Nachdem Lü Bu bei Xia-pi von Cao Cao geschlagen wird, wird
Diao-chan nicht mehr im Roman erwähnt.
Yang Gue-fei
Und dort erschien eine leuchtende Wolke. Der Vater sprach: Ich erschaffe
mir einen Engel als Diener.
Der göttliche Ewige erschien in einer Wolke. Durch den Ewigen wurden
vier Engel aus einer anderen Wolke geschaffen, und diese wurden Diener
des göttlichen Ewigen. Der Ewige sprach: Ich lasse den Kosmos entstehen,
und es entstand der Kosmos. Und er erschuf das erste Gestirn, den Kosmos
zu beherrschen. Er sprach: Ich lasse Engel entstehen, mir zu dienen. Und
es erschienen Engelscharen ohne Zahl. Er sprach: Ich lasse ein erleuchtetes
Zeitalter entstehen. Und der Äon entstand. Er erschuf das zweite Gestirn,
den Kosmos zu beherrschen, zusammen mit zahllosen Engelscharen, die
dem Ewigen ihre Dienste anboten. So erschuf er auch die anderen
erleuchteten Zeitalter. Er ließ die Engel über die Zeitalter herrschen, und er
erschuf unzählige Engelscharen als Helfer.
Adam war in der ersten leuchtenden Wolke, die kein Engel jemals unter all
jenen, die Götter' genannt werden, gesehen hat. Er ist das Bild nach dem
Bilde des Ewigen. Der Ewige ließ das unbestechliche Geschlecht Seths
erscheinen und die zwölf Geister und die vierundzwanzig Geister. Er ließ
nach dem Willen des Geistes im unbestechlichen Geschlecht
zweiundsiebzig Gestirne erscheinen. Die zweiundsiebzig Gestirne ließen
nach dem Willen des Geistes dreihundertsechzig Gestirne erscheinen.
Die zwölf Zeitalter der zwölf Gestirne stellen ihren himmlischen Vater mit
sechs Himmeln für jedes Zeitalter dar, so dass es zweiundsiebzig Himmel
für die zweiundsiebzig Gestirne gibt und fünf Firmamente für insgesamt
dreihundertsechzig Firmamente. Die Himmel erhielten die Herrschaft und
eine große Heerschar von Engeln zu Ruhm und Ehre und unberührte
Geister zu Ruhm und Ehre aller Zeitalter."
Die Vielzahl dieser Unsterblichen wird vom himmlischen Vater Kosmos
genannt, und ebenso die zweiundsiebzig Gestirne, die mit dem Ewigen
sind, und seine zweiundsiebzig Zeitalter. Im Kosmos erschien der erste
Mensch mit seinen unverderblichen Kräften. Und das Zeitalter, das mit
diesem Geschlecht anbrach, das Zeitalter, in welchem die Wolke der
Weisheit und der Engel existiert, wird genannt das Zeitalter des Menschen.
Und der Ewige sprach: Ich lasse zwölf Engel erscheinen, die das Chaos
und die Unterwelt beherrschen. Und siehe, aus der Wolke erschien ein
Engel, auf dessen Angesicht Flammen zuckten und dessen Erscheinung
mit Blut besudelt war. Sein Name war Nebro, was Revolutionär bedeutet.
Ein anderer Engel, Saklas, kam ebenfalls aus dieser Wolke. So brachte
Nebro sechs Engel als Diener hervor, und diese schufen zwölf Engel in
den Himmeln, wobei jeder einen Teil der Himmel empfing.
Die zwölf Herrscher sprachen zu den zwölf Engeln: Lasst einen jeden von
herrschen über ein Geschlecht als Engel. Der erste Engel ist Seth, der
zweite ist Harmathot, der dritte ist Galila, der vierte ist Yobel, der fünfte ist
Adonaios. Dies sind die fünf Engel, die über die Unterwelt herrschten und
über das Chaos.
Da sprach der Demiurg zu den Engeln: Lasst uns nach dem Bilde Gottes
ein menschliches Wesen erschaffen. Und die Engel formten Adam und
seine Gefährtin Eva, die in dem Himmel Zoe genannt wird. Denn mit
diesem Namen suchen alle Geschlechter die Frau und rufen sie bei diesem
Namen. Und der Herr sagte zu Adam: Du wirst mit deinen Söhnen lange
leben.'"
Und Judas sprach zu Jesus: "Wie lange wird der Mensch leben?" Und
Jesus sprach: "Warum wunderst du dich darüber, dass Adam mit seinem
Geschlecht sein Leben lang an dem Ort gelebt hat, an dem er sein
Königreich empfing, und zwar war er unsterblich wie sein Herr."
Und Judas fragte Jesus: "Kann der menschliche Geist nicht sterben?" Und
Jesus sprach: "Dies ist der Grund dafür, dass Gott dem Erzengel Michael
den Befehl gab, den Menschen ihren Geist als Gabe einzuhauchen, so dass
die Menschen Gott dienen können. Doch der große Gott befahl auch dem
Erzengel Gabriel, dem überirdischen Geschlecht Leben zu gewähren, das
heißt Geist und Seele.
Geist ist in diesem Fleisch, das mitten unter den Geschlechtern der Engel
wohnt. Doch Gott sah, dass Adam und die Frau und die beiden Söhne, die
mit ihm waren, Weisheit empfingen, so dass die Könige des Chaos und der
Unterwelt nicht über sie herrschen konnten."
Und Judas fragte Jesus: "Was werden die Geschlechter der Menschen
tun?" Und Jesus sprach: "Wahrlich, ich sage euch, für sie alle werden die
Angelegenheiten vom Himmel vollendet. Wenn der Demiurg die Zeit
vollendet hat, wird der Stern erscheinen, und die Menschen werden nicht
das tun, was sie zu tun versprochen haben. Sie werden die Ehe brechen
und Kinder im Mutterschoß ermorden und werden meinen Namen
entweihen, und es wird dein Stern über dem dreizehnten Zeitalter
erscheinen."
Daraufhin lachte Jesus.
Und Judas sprach: "Meister, warum lachst du?"
Und Jesus antwortete und sprach: "Ich lache nicht meine Jünger aus,
sondern lache über die die Irrsterne, denn diese Irrsterne ziehen mit
Kämpfern umher, und sie alle werden gemeinsam mit ihren Dienern
vernichtet werden."
Und Judas sprach zu Jesus: "Siehe, was werden die in deinem Namen
Getauften tun?"
Und Jesus sprach: "Wahrlich, ich sage dir, diese Taufe ist das Bad der
Wiedergeburt im Geist und verherrlicht meinem Namen und den Namen
meines Gottes. Wahrlich, ich sage dir, Judas, viele von denen, die getauft
sind, werden viel Böses tun. Doch du wirst sie alle übertreffen, denn du
wirst den Menschen verraten, der Gott ist.
Wahrlich, in den letzten Zeiten wird der Mensch sich grämen, aber der
Herrscher der Lüfte wird vernichtet werden. Und dann wird das Bild des
großen Geschlechts Adams erhöht werden, denn vor dem Himmel, der
Erde und den Engeln besteht das menschliche Geschlecht, das aus dem
ewigen Reich stammt. Siehe, dir ist alles gesagt worden. Erhebe deine
Augen und blicke auf die Wolke und das Licht in ihr und die zwölf Sterne,
die sie umgeben. Der Stern, der dir vorangeht, ist dein böser Stern."
Judas erhob die Augen und sah die leuchtende Wolke. Die auf der Erde
Stehenden vernahmen eine Stimme, die aus der Wolke kam und sagte:
„Das Geschlecht Adams und Evas ist Gottes Bild.“
Aber die Hohepriester murrten, weil Jesus zum Beten in den
Abendmahlssaal gegangen war. Einige Schriftgelehrte waren dort und
beobachteten ihn aufmerksam, um ihn beim Beten gefangen zu nehmen,
aber sie fürchteten sich vor dem Volk, da ihn alle für einen Propheten
hielten.
Die Hohepriester traten an Judas heran und sprachen zu ihm: "Was tust du?
Bist du auch einer der Jünger Jesu?"
Judas sagte ihnen, was sie hören wollten. Und er nahm Geld von ihnen und
verriet Jesus, den Sohn Gottes.
Der Antichrist I
Mohammed sagte: “Es gab keinen Propheten, der das Volk nicht vor
diesem einäugigen Lügner gewarnt hätte (dem Dajjaal, dem Antichrist).”
Mohammed machte deutlich, dass der Antichrist ein menschliches Wesen
sein wird. Im allgemeinen sollte der wahre Gläubige nicht vom Antichrist
getäuscht werden, denn der Prophet hat so eine deutliche Beschreibung
von ihm gegeben, dass ihm sehr wenig Raum bleibt, um einen Gläubigen
zu täuschen. Allerdings betont dies auch, wie wichtig es ist, Wissen über
den Islam zu sammeln. Wenn jemand überhaupt nicht wüsste, wie
Mohammed den Antichrist beschrieben hat, dann wäre es nicht weiter
verwunderlich, wenn er auf einige der Betrügereien und Täuschungen
dieses scheußlichen Wesens hereinfiele.
Mohammed sagte: “Gott ist nicht einäugig und beachtet, dass der
Antichrist auf dem rechten Auge blind ist und dass sein Auge wie eine
verfaulte Traube ist.”
Mohammed sagte: “Es werden drei arabische Buchstaben zwischen den
Augen des Antichrist geschrieben sein: Kaaf, Faa und Raa. Diese drei
Buchstaben in dieser Reihenfolge bilden die Grundlage für das arabische
Wort Kaafir, was Ungläubiger bedeutet.” Mohammed sagte, dass jeder
Gläubige in der Lage sein würde, diese Buchstaben zu lesen.
Mohammed sagte: “Der Antichrist wird bei sich Wasser und Feuer haben
und sein Feuer wird die Wirkung kalten Wassers haben und sein Wasser
wird die Wirkung des Feuers haben, also zerstört euch nicht selbst.”
Ein Gefährte Mohammeds sagte: “Ich weißs mehr als ihr, was mit dem
Antichrist kommen wird. Mit ihm werden zwei Kanäle, einer mit
fließendem Wasser und einer mit Feuer, sein und das, was ihr als Feuer
seht, wird Wasser sein, und was ihr als Wasser seht, wird Feuer sein. Wer
also von euch in der Lage sein wird, das zu sehen, und Wasser wünscht,
der sollte von dem trinken, was er als Feuer sieht.”
Mohammed sagte: “Er wird kommen, aber es wird ihm nicht erlaubt sein,
die Gebirgspässe nach Medina zu betreten. Daher wird er bei einigen
Landstrichen zum Stehen kommen die hohe Konzentrationen an Salz
enthalten und deren Sickerwasser sie unfruchtbar sein lässt, angrenzend an
die Stadt Medina, und eine Person wird hinauskommen, wo der Antichrist
ist, und zu ihm sagen: Ich bezeuge die Tatsache, dass du der Antichrist
bist, über den der Gesandte Gottes gesprochen hat. Der Antichrist wird
dann zu seinen Anhängern sagen: Was würdet ihr davon halten, wenn ich
diese Person töten und sie dann wieder zum Leben bringen würde, würdet
ihr dann noch an dieser Angelegenheit zweifeln? Sie werden antworten:
Nein. Er wird die Person dann töten und dann wieder zum Leben bringen.
Wenn er sie wieder zu Leben zurückbringt, wird die Person sagen: Bei
Gott, ich hatte keinen besseren Beweis für die Tatsache dass du der
Antichrist bist, als den gegenwärtigen. Der Antichrist wird dann einen
Versuch machen, ihn wieder zu töten, aber es wird ihm nicht gelingen.”
Der Antichrist II
Einer der vielen Aspekte, die man von der Geschichte des Antichrist lernen
kann, ist, dass weltlicher Reichtum und weltlicher Erfolg nicht das sind,
was den Wert und die Bedeutung einer Person ausmachen. Jemand könnte
tatsächlich alles besitzen, was es auf der Welt gibt, wenn ihm der Glaube
in seinem Herzen fehlt, ist er in Wirklichkeit nichts.
Einer der Gefährten Mohammeds sagte: „Keiner befragte den Gesandten
Gottes mehr über den Antichrist als ich. Er sagte mir: Er sollte dir keinen
Anlass zur Sorge geben, denn er wird nicht in der Lage sein, dir zu
schaden. Ich sagte: Gesandter Gottes, es wird gesagt, er habe im Überfluss
Nahrung und Wasser bei sich. Daraufhin sagte er: Er und seine Fähigkeit,
die Gläubigen irrezuführen mit dem, was Gott gestattet hat, mit des
Antichrist eigenen Händen große Mengen Nahrung und Wasser zu
schaffen, ist nichts im Vergleich zu Gottes Fähigkeit, diese Ereignisse zu
einer Quelle für verstärkten Glauben der Gläubigen zu machen.“
Mohammed sagte: „Es wird kein Land geben, durch das der Antichrist
nicht kommt oder das er nicht durchquert außer Mekka und Medina, und
es wird keinen Einreise- und keinen Ausreiseweg geben, der nicht von
Engeln bewacht wird, die in Reihen aufgestellt sind. Dann wird er in
manchen Landesteilen auftauchen, die hohe Konzentrationen an Salz
enthalten und deren Sickerwasser sie unfruchtbar sein lässt, angrenzend an
die Stadt Medina, und die Stadt Medina wird heftig beben, so dass jeder
Ungläubige und jeder Heuchler sie verlässt und zum Antichrist zieht.”
Mohammed sagte: “Dem Antichrist folgen siebzigtausend Juden von
Isfahan, die persische Tücher tragen.”
Ein Gefährte Mohammeds sagte: „Mohammed erwähnte eines Morgens
den Antichrist Mal beschrieb er ihn als unbedeutend und mal beschrieb er
seinen Aufruhr als sehr bedeutsam, und wir fühlten uns, als wäre er so nah
wie die Büschel der Dattelpalmen. Als wir am Abend zu ihm kamen und er
die Zeichen der Furcht in unseren Gesichtern las, sagte er: Was ist los mit
euch? Wir sagten: Gesandter Gottes, du hast am Morgen den Antichrist
erwähnt, und mal beschriebst du ihn als unbedeutend und mal hast du ihm
sehr viel Wichtigkeit beigemessen, bis wir zu denken begannen, er wäre so
präsent wie die Büschel der Dattelpalmen in der Nähe. Daraufhin sagte er:
Ich sorge mich um euch wegen so vieler anderer Dinge als dem Antichrist.
Wenn er hervorkommt, während ich bei euch bin, werde ich in eurem
Interesse mit ihm kämpfen; wenn er aber hervorkommt, wenn ich nicht bei
euch bin, muss ein Mann in seinem eigenen Interesse kämpfen, und Gott
wird in meinem Interesse auf jeden Muslim acht geben und ihn vor seinem
Übel bewahren. Der Antichrist wird ein junger Mann sein, mit krausen,
kurzen Haaren und auf einem Auge blind. Ich vergleiche ihn mit
Abd−ul−Uzza ben Qatan. Derjenige von euch, der so lange lebt, dass er
ihn sieht, soll die ersten Verse der Sure al-Kahf lesen. Er wird auf dem
Weg zwischen Syrien und Irak erscheinen und rechts und links Unheil
verbreiten. O Diener Gottes! Halte fest am Weg der Wahrheit. Wir sagten:
Gesandter Gottes, wie lange wird er auf der Erde bleiben? Er sagte:
Vierzig Tage. Ein Tag ist wie ein Jahr und ein Tag wie ein Monat und ein
Tag wie eine Woche und der Rest der Tage ist wie eure normalen Tage. Wir
sagten: Gesandter Gottes, wird das Gebet eines Tages genügen für einen
Tag, der einem Jahr gleicht? Daraufhin sagte er: Nein, aber ihr müsst die
Zeit abschätzen und dann das Gebet verrichten. Wir sagten: Gesandter
Gottes, wie schnell wird er sich auf der Erde bewegen? Daraufhin sagte er:
Wie eine Wolke, die vom Wind getrieben wird. Er wird zu den Menschen
kommen und sie zu einer falschen Religion einladen, und sie werden ihren
Glauben an ihn erklären und darauf eingehen. Er wird dem Himmel
befehlen, und es wird auf die Erde regnen und die Feldfrüchte werden
wachsen. Dann werden am Abend ihre Weidetiere zu ihnen kommen mit
ganz hohen Höckern und ihren Eutern voller Milch und ausgedehnten
Flanken. Er wird danach zu anderen Menschen kommen und sie einladen.
Aber sie werden ihn zurückweisen und er wird von ihnen fortgehen und
für sie wird es eine Dürre geben und nichts an Wohlstand wird ihnen
bleiben. Er wird dann durch das wüste Land gehen und zu ihm sagen:
Bring deine Schätze hervor, und die Schätze werden heraus kommen und
sich vor ihm versammeln wie ein Schwarm Bienen. Dann ruft er einen
Mann, strotzend vor Gesundheit, und schlägt ihn mit dem Schwert und
teilt ihn in zwei Stücke und legt diese Teile in einer Entfernung aus, die
normalerweise der eines Schützen und seines Ziels entspricht. Dann ruft er
diesen jungen Mann, und er wird lachend und mit vor Freude strahlendem
Gesicht hervorkommen, und genau zu dieser Zeit wird Gott Christus, den
Sohn Marias, schicken.“
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Ein weiteres der erstaunlichen Zeichen kurz vor dem Tag des Gerichts ist
die Wiederkunft Jesu, Gottes Segen und Frieden seien auf Ihm, hier auf
diese Erde. Gott sagt im Koran:
“Und wegen ihrer Rede voll Stolz: Wir haben den Messias Jesus, den Sohn
der Maria, den Gesandten Gottes, getötet, - während sie ihn doch weder
erschlagen noch gekreuzigt hatten, sondern dies wurde ihnen nur
vorgetäuscht; und jene, die in dieser Sache uneins sind, sind wahrlich im
Zweifel darüber; sie haben keine Kenntnis davon, sondern folgen nur einer
Vermutung; und sie haben Jesus nicht mit Gewißheit getötet. Vielmehr hat
Gott ihn zu sich emporgehoben, und Gott ist allmächtig, allweise. Und es
gibt keinen unter den Leuten der Schrift, der nicht vor seinem Tod daran
glauben wird; und am Tage der Auferstehung wird er ein Zeuge gegen sie
sein.”
Wie deutlich aus dem letzten Hadith unter dem Abschnitt über den
Antichrist hervorgeht, wird die Wiederkunft Jesu dann stattfinden, wenn
der Antichrist auf der Erde ist. Der Hadith geht folgendermaßen weiter:
“Der Antichrist wird dann eine Person rufen, die vor Jugend strotzt, und
schlägt ihn mit dem Schwert und teilt ihn in zwei Stücke und legt diese
Teile in einer Entfernung aus, die normalerweise der eines Schützen und
seines Ziels entspricht. Dann ruft er diesen jungen Mann, und der wird
lachend und mit vor Freude strahlendem Gesicht hervorkommen, und
genau zu dieser Zeit wird Gott Christus, den Sohn Marias, schicken und er
wird am weißen Minarett auf der Ostseite von Damaskus herabsteigen,
bekleidet mit zwei mit Safran gefärbten Kleidungsstücken, und er hat seine
Hände auf den Flügeln zweier Engel. Wenn er seinen Kopf senkt, werden
Schweißperlen von seinem Haupt fallen, und wenn er ihn anhebt, werden
die Tropfen wie Perlen herabrieseln. Jeder Ungläubige, der den Duft seines
Daseins riecht, wird sterben, und sein Atem reicht so weit seine Augen
sehen können. Er wird den Antichrist suchen, und er wird ihn beim Tor
von Lud erwischen und wird ihn töten.”
Mohammed sagte: “Bei dem, in dessen Hand mein Leben ist, der Sohn
Marias (Friede sei mit ihm) wird bald als gerechter Richter unter euch
herabkommen. Er wird euch die Kreuze abnehmen, das Schwein töten und
Jizyah abschaffen, und der Wohlstand wird in einem solchen Ausmaß
fließen, dass keiner ihn annehmen wird.”
Mohammed sagte: “Jesus wird die junge Kamelstute verlassen und keiner
wird sich bemühen, dafür Steuer zu sammeln. Niedertracht, gegenseitiger
Hass und Eifersucht auf einander werden mit Sicherheit verschwinden und
wenn er den Menschen befiehlt, Schätze anzunehmen, wird es kein
einziger akzeptieren.” - “Frieden wird herrschen, und die Leute werden
ihre Schwerter als Sicheln benutzen. Sogar die schädlichen Bestien werden
harmlos gemacht; der Himmel wird Regen im Überfluss herab senden, und
die Erde wird ihren Segen hervorbringen. Ein Kind wird mit einem Fuchs
spielen und keinen Schaden nehmen; ein Wolf wird mit einem Schaf
weiden und ein Löwe mit Rindern, ohne ihnen zu schaden.“
Mohammed sagte: “Was wird euer Zustand sein, wenn der Sohn Marias zu
euch herabsteigt und ein Imam mit euch sein wird?”
Mohammed sagte: “Ein Teil meines Volkes wird nicht aufhören, für die
Wahrheit zu kämpfen, und wird sich bis zum Tag der Auferstehung
durchsetzen.” Dann sagte Mohammed: „Jesus, der Sohn Marias, wird dann
herabsteigen und ihr Führer wird ihn einladen zu kommen und das Gebet
zu führen, aber er wird sagen: Nein, einige von euch sind Befehlshaber
über andere von euch. Dies ist die Ehre Gottes für dieses Volk.”
Mohammed sagte: “Dann werden die Menschen sieben Jahre erleben, in
denen es unter zwei Personen keine Boshaftigkeit geben wird. Dann wird
Gott einen kalten Wind von der Seite Syriens schicken, den keiner auf der
Erde überlebt, der einen Funken Gutes oder Glauben in sich hat, sondern
alle werden sterben, so dass sogar, wenn irgendeiner von euch dass
Innerste der Berge betreten würden, so würde der Wind diesen Ort auch
erreichen und seinen Tod verursachen.” Mohammed sagte weiter: „Nur die
schlechten Menschen werden überleben und sie werden so unbesorgt sein
wie Vögel mit den Eigenschaften von Bestien. Sie werden weder das Gute
erkennen, noch das Böse verurteilen.”
Der Koran sagt: “Hierauf folgte er dem gegebenen Weg, bis er zwischen
die beiden Wälle gelangte; er fand hinter diesen ein Volk, das kaum eine
Sprache verstehen konnte. Sie sagten: O Dhu-I-Qarnain, Gog und Magog
stiften Unheil im Lande; sollen wir dir nun Tribut zahlen unter der
Bedingung, daß du zwischen uns und ihnen einen Wall errichtest? Er sagte:
Die Macht, die mein Herr mir gegeben hat, ist besser als euer Tribut. So
helft mir denn mit all eurer Kraft, damit ich zwischen euch und ihnen
einen Damm errichten kann. Bringt mir Eisenstücke. Als er die Kluft
zwischen den beiden Bollwerken ausgefüllt hatte, sagte er: Blast! Als er es
das Eisen feurig gemacht hatte, sagte er: Bringt mir geschmolzenes
Kupfer, ich will es darüber gießen! So vermöchten sie es nicht, die Dämme
zu erklimmen, noch konnten sie sie durchbrechen. Er sagte:"Das ist die
Gnade meines Herrn; doch wenn die Verheißung meines Herrn in
Erfüllung geht, wird er sie zu Schutt zerfallen lassen; und die Verheißung
meines Herrn ist wahr. An jenem Tage, wenn sie herauskommen werden,
werden Wir die einen von ihnen wie Wogen gegen die anderen anstürmen
lassen, und es wird in den Sur gestoßen. Dann werden Wir sie allzumal vor
Uns versammeln.”
Der Koran sagt: “Bis dann, wenn Gog und Magog freigelassen werden,
und sie von allen Höhen herbeieilen. Und die wahre Verheißung, der Tag
des Gerichts naht; siehe dann, wenn die Auferstehung stattfindet, werden
die Augen derer, die ungläubig waren, starr blicken: O wehe uns, wir
haben in der Tat nicht daran gedacht; ja, wir waren Frevler!”
Mohammed sagte: “Gog und Magog werden gehen, bis sie den Berg von
al-Khamar erreichen, und das ist ein Berg von Bait-ul-Maqdis, und sie
werden sagen: Wir haben die auf der Erde getötet. Lasst uns nun die töten,
die im Himmel sind! Und sie werden ihre Pfeile gen Himmel abschießen,
und die Pfeile werden blutverschmiert zu ihnen zurückkommen.”
Ein Gefährte Mohammeds sagte: “Jeden Tag versuchen Gog und Magog,
einen Weg durch den Damm zu graben. Wenn sie anfangen, Sonnenlicht
hindurch scheinen zu sehen, sagt der Anführer von ihnen: Geht zurück, ihr
könnt morgen weiter graben! Und wenn sie zurück kommen, ist der Damm
stärker, als er es zuvor gewesen war. Dies geht so weiter, bis ihre Zeit
kommt und Gott wünscht, sie freizulassen. Sie werden graben, bis sie das
Sonnenlicht zu sehen beginnen, dann wird der Anführer von ihnen sagen:
Geht zurück, ihr könnt morgen weiter graben, wenn Gott es so will. In
diesem Fall werden sie eine Einschränkung machen, indem sie sagen:
wenn Gott es so will, die Angelegenheit dem Willen Gottes überlassend.
Sie werden am folgenden Tag wieder kommen und das Loch so vorfinden,
wie sie es verlassen hatten. Sie werden weiter graben und gegen die
Menschen heraus kommen. Sie werden all das Wasser austrinken, und die
Menschen werden sich in ihre Festungen zurückziehen. Gog und Magog
werden ihre Pfeile in den Himmel abfeuern, und die Pfeile werden mit
etwas wie Blut daran zurück auf die Erde fallen. Gog und Magog werden
sagen: Wir haben die Leute auf der Erde geschlagen und die Leute des
Himmels überwältigt! Dann wird Gott eine Art Wurm auf ihren Nacken
schicken, und sie werden von ihm getötet. Bei Gott, in dessen Hand die
Seele Mohammeds ist, die Bestien werden fett werden.”
Mohammed sagte: “Dann kommt ein Volk, das Gott beschützt hatte, zu
Jesus, den Sohn Marias, und er wird über ihre Gesichter streichen und sie
von ihren Rängen im Paradies unterrichten, und unter solchen
Bedingungen wird Gott Jesus diese Worte offenbaren: Ich habe von
meinen Dienern ein solches Volk hervor gebracht, gegen das niemand
kämpfen können wird; du nimmst dieses Volk sicher mit zum Berg von
Toor, und dann wird Gott Gog und Magog schicken und sie werden von
jedem Hang herab schwärmen. Der erste von ihnen wird am See von
Tiberius vorbei kommen und daraus trinken. Und wenn der letzte von
ihnen daran vorbei kommt, wird er sagen: Es gab einmal Wasser dort.
Jesus und seine Gefährten werden dann belagert werden bei Toor, und sie
werden so hart bedrängt, dass der Kopf des Ochsen ihnen lieber wäre als
hundert Denare, und Gottes Apostel Jesus und seine Gefährten werden
Gott anflehen, der ihnen Würmer schickt, die die Nacken der Gog und
Magog angreifen, und am Morgen werden sie zugrunde gehen wie eine
einzelne Person. Gottes Apostel Jesus und seine Gefährten werden zur
Erde herabkommen, und sie werden in der Erde nicht mal so viel Platz
finden wie eine Spanne, die nicht von ihrer Fäulnis und ihrem Gestank
erfüllt ist. Gottes Apostel Jesus und seine Gefährten werden dann wieder
Gott anflehen, der Vögel schicken wird, deren Nacken wie die von
Trampeltieren sein werden, und sie werden sie tragen und dorthin werfen,
wo Gott will. Dann wird Gott Regen schicken, den kein Haus aus Lehm
oder kein Zelt aus Kamelhaar abhält, und er wird die Erde davon
schwämmen, bis sie wie ein Spiegel zu sein scheint. Dann wird der Erde
befohlen, ihre Früchte hervorzubringen und ihre Gaben zurückzubringen,
und als Ergebnis dessen wird ein so großer Granatapfel wachsen, dass eine
Gruppe von Menschen davon essen und unter seiner Haut Schatten suchen
könnte, und eine Milchkuh wird so viel Milch geben, dass eine ganze
Gesellschaft davon trinken könnte. Und das Milchkamel wird eine solche
Menge Milch geben, dass ein ganzer Stamm davon trinken könnte, und ein
Milchschaf wird so viel Milch geben, dass die ganze Familie davon trinken
könnte. Zu jener Zeit wird Gott einen angenehmen Wind schicken, der die
Menschen sogar unter ihren Achseln besänftigt und das Leben eines jeden
Muslim nimmt, und nur die Boshaften werden überleben, die Unzucht
treiben wie die Esel im Freien und die Letzte Stunde wird über sie
kommen.”
Mohammed sagte: “Es gibt keinen Gott außer Gott! Es steht Arabien ein
Erdbeben bevor aufgrund der Wirren, die auf der Hand liegen. Der Damm
der Gog und Magog hat sich weit geöffnet.”
„Und Einer machte ein Zeichen von zehn mit Hilfe seiner Hand, um die
Weite der Spalte zu zeigen, und ich, Zainab, die Frau Mohammeds, sagte:
Gesandter Gottes, werden wir vernichtet, trotz der Tatsache, dass unter uns
gute Menschen sind? Er antwortete: Natürlich, aber nur, wenn das Böse
vorherrscht.”
Die Geschichten von Toma dem Israeliten, dem Philosophen, über die
Werke der Kindheit des Herrn.
Toma, der Israelit, sagt euch: So, alle Brüder, die aus den Heiden sind,
euch werde kundgetan die Werke der Kindheit unseres Herrn Jesus
Christus und seine großen Taten, auch alles, was er tat, als er geboren ward
in unserem Land: dessen Anfang ist also:
Dieses kleine Kind Jesus, als er fünf Jahre alt war, spielte an der Furt eines
Baches, und er versammelte die Gewässer, die in die Becken flossen, und
machte sie sogleich sauber, und gebot ihnen durch sein Wort allein.
Und machte mit weichen Ton davon zwölf Spatzen, die er umgearbeitet.
Und es war der Sabbat, als er diese Dinge getan. Und es gab auch viele
andere kleine Kinder, um mit ihm zu spielen.
Und ein Jude, als er sah, was Jesus tat, zu spielen am Sabbat, ging sogleich
und sagte seinem Vater Josef: Siehe, dein Kind spielt am Bach, und er hat
Ton aufgenommen und gestaltet zwölf kleine Vögel, und hat den Sabbat
verunreinigt.
Und Josef kam an den Ort und sah und rief zu ihm und sprach: Warum tust
du diese Dinge am Sabbat, die nicht erlaubt sind zu tun? Aber Jesus
klatschte in die Hände und rief zu den Spatzen und sprach zu ihnen: Geht!
und die Spatzen flohen und zwitscherten.
Und als die Juden das sahen, waren sie erstaunt und gingen und erzählten
es ihren Häuptern, was sie gesehen hatten, was Jesus tat.
Aber der Sohn von Annas, der Schreiber, stand dort mit Josed, und er
nahm einen Zweig von einer Weide und teilte das Wasser, das Jesus
gesammelt hatten.
Und als Jesus sah, was geschehen war, ward er zornig und sprach zu ihm:
O böser und gottloser Narr, was haben die verhurten Schwimmbäder und
das Wasser zu tun mit dir? Siehe, auch du wirst wie ein Baum verdorrt sein
und sollst nicht Blätter, noch Wurzel, noch Früchte tragen.
Und alsbald war der Junge ganz verwelkt, aber Jesus hat ihn verlassen und
ging zu Josefs Haus. Aber die Eltern dessen, der verdorrt war, hoben ihn
auf, haben seine Jugend beklagt, und brachten ihn zu Josef und
beschuldigte ihn: dass du ein solches Kind, das solche Taten tut, hast!
Danach ging er wieder durch das Dorf, und ein Kind lief zu ihm und hat
auf seine Schulter geschlagen. Und Jesus rief und sprach zu ihm: Du sollst
nicht beenden dein Leben. Und sofort fiel er um und starb. Aber sicher, als
sie sahen, was geschehen war, sagten sie: Von wem ward dieses junge
Kind geboren, dessen jedes Wort ist eine vollendete Arbeit? Und die Eltern
des Verstorbenen kamen zu Josef und gaben ihm die Schuld und sprachen:
Du hast ein solches Kind und weißt nicht mit uns in der Gemeinde zu
wohnen, oder du solltest ihn lehren, zu segnen und nicht zu fluchen, denn
er erschlägt unsere Kinder.
Und Josef rief das Kindlein und ermahnte ihn und sprach: Warum machst
du so etwas, dass diese leiden und uns hassen und verfolgen? Jesus aber
sprach: Ich weiß, dass diese deine Worte nicht deine sind, dennoch um
deinetwillen werde ich Frieden halten, aber sie werden ihre Strafe tragen.
Und alsbald wurden sie mit Blindheit geschlagen.
Und die Leute sahen es und fürchteten sich und waren sehr verwirrt und
sagten über ihn, dass jedes Wort, das er gesagt hatte, ob es gut oder
schlecht war, eine Tat wurde und wurde zu einem Wunder. Und als sie
sahen, dass Jesus so getan hatte, erhob sich Josef und griff an Jesu Ohr und
zog daran.
Und das Kindlein ward zornig und sprach zu ihm: Es genügt dir, zu suchen
und nicht zu finden, und wahrlich, du hast unklug getan. Weißt du nicht,
dass ich dein bin? Ärgere mich nicht.
Jetzt ein bestimmter Lehrer, Zachäus mit Namen, stand da und er hatte
zum Teil zugehört, als Jesus diese Dinge zu seinem Vater sagte, und er
verwunderte sich sehr, dass ein kleines Kind solche Dinge sprach.
Und nach ein paar Tagen kam er zu Joseph und sprach zu ihm: Du hast ein
kluges Kind, und er hat Verständnis. Komm, bring ihn zu mir, dass er
Buchstaben zu schreiben lerne. Und ich werde ihn mit den Buchstaben
alles Wissen lehren, und dass er zu grüßen weiß alle Ältesten und sie zu
ehren als Großväter und Väter, und sie zu lieben in seinen jungen Jahren.
Und er sagte ihm alle Buchstaben von Alpha bis Omega deutlich und
stellte viele Fragen. Aber Jesus sah Zachäus, den Lehrer, und sprach zu
ihm: Du, der nicht das Alpha seinem Wesen nach kennt, wie kannst du
andere das Beta lehren? Du Heuchler, lerne erst das Alpha, und dann
werden wir dir glauben über das Beta. Dann begann er, den Lehrer über
die ersten Buchstaben zu belehren, und der Lehrer konnte ihm nicht
antworten.
Und in der mündlichen Verhandlung von vielen jungen Kindern spricht
Jesus zu Zachäus: Höre, Lehrer, die Verordnung des ersten Buchstabens
und achten auf diesen, wie, dass es hat [was folgt, ist in diesem und in
allen Paralleltexte wirklich unverständlich: eine wörtliche Version würde
wie folgt ausgeführt: wie das A aus zwei Linien besteht, wobei die zweite
aus der ersten hervorgeht, und einer dritten Verbindungslinie, so ist die
Dreifaltigkeit. Das ist die Regel des Alpha.
Als nun der Lehrer Zachäus solches hörte und viele Allegorien +bner den
ersten Buchstabe von dem jungen Kind, war er über seine Antwort
verblüfft und dass seine Lehre so groß war, und sagte zu ihnen, die da
waren: Wehe mir, dass ich Elender bin, denn ich bin verwirrt. Ich habe
Schande über mich gebracht, indem mich diese kleinen Kind belehren
kann.
Nimm ihn aus der Schule, deshalb bitte ich dich, mein Bruder Josef. Ich
kann nicht ertragen die Schwere seiner Blicke, ich kann nicht einmal klar
denken, mein Wort deutlich zu machen. Das kleine Kind ist nicht irdisch
geboren: das ist einer, der sogar Feuer zähmen kann. Einer wie dieses Kind
ist gezeugt vor der Erschaffung der Welt. Welcher Schoß hat dieses Kind
getragen, welche Brüsze ihn genährt? Ich weiß es nicht. Wehe mir, o mein
Freund, hat so verwirrt hat er meine Gefühle, ich kann ihm nicht mit
Verständnis folgen. Ich habe mich getäuscht, dreimal elender Mensch, der
ich bin! Ich suchte einen Schüler zu bekommen, und ich fand einen
Meister.
Ich glaube, mein Freund, das ist zu meiner Schande, denn mein Alter ist
von einem jungen Kind überwunden worden, und ich bin sogar bereit, in
Ohnmacht zu fallen und aufgrund dieses Knaben zu sterben, denn ich bin
nicht in der Lage, nach dieser Stunde ihm noch ins Gesicht zu sehen. Und
wenn alle Menschen sagen, dass ich durch ein kleines Kind überwunden
wurde, was habe ich weiter zu sagen? Und was kann ich über die Linien
des ersten Buchstaben sagen, von denen er zu mir geredet hat? Ich bin
unwissend, o mein Freund, ich kenne weder Anfang noch Ende davon.
Darum bitte ich dich, mein Bruder Josef, nimm ihn in dein Haus, denn er
ist etwas Großes, ob Gott oder Engel, oder als was soll ich ihn bekennen,
ich weiß es nicht.
Und als die Juden berieten mit Zachäus, lachte der junge Kind stark und
sagte: Nun lasst diejenigen Früchte tragen, die unfruchtbar sind! Und lasst
die sehen, die Blinde im Herzen sind! Ich bin von oben, dass ich sie zu
verfluchen komme, und rufe aus die Dinge, die von oben gekommen sind,
auch als Er es befahl, das ich um euretwillen gekommen von Dem, der
mich gesandt.
Und als das kleine Kind zu sprechen aufgehört, sofort haben sie alles, das
sie ganz unter seinem Fluch standen, vorgenommen. Und niemand nach
diesem wagte es, ihn zu provozieren, damit er nicht fluche, und er sollte
verstümmelt werden.
Nach bestimmten Tagen spielte Jesus in dem oberen Gemach eines
bestimmten Hauses, und eins der Kleinkinder, die mit ihm gespielt hatten,
stürzte aus dem Haus und starb. Und die anderen Kinder, als sie das sahen,
flohen, und Jesus blieb allein.
Und die Eltern des Verstorbenen kamen und warfen ihm vor, dass er ihn
niedergeschlagen hatte. Und Jesus sprach: Ich habe ihn nicht
niedergeschlagen, aber sie schmähten ihn immer noch mehr.
Und Jesus sprang hinunter vom Dach und stand vor dem Körper des
Kindes und rief mit lauter Stimme und sprach: Zeno (denn so wurde sein
Name genannt) stehe auf und sage mir, habe ich dich herab geworfen? Und
alsbald stand Zeno auf und sagte: Nein, Herr, du hast mich nicht herab
gestoßen, sondern du hast mich auferstehen lassen. Und als sie es sahen,
waren sie erstaunt, und die Eltern des Kindes priesen Gott für das Zeichen,
das gekommen war, und übereigneten sich Jesus und beteten Jesus an.
Nach ein paar Tagen war ein junger Mann beim Holzhacken in der
Nachbarschaft, und die Axt fiel und zerschlug den Fuß, und er verlor viel
Blut und war nahe daran, auf der Stelle zu sterben.
Und da gab es einen Tumult und Hall, und das Kindlein Jesus lief dahin,
und drang mit Gewalt durch die Vielzahl, und ergriff den Fuß des jungen
Mannes, der getroffen wurde, und er war alsbald geheilt. Und er sprach zu
dem jungen Mann: Steh auf jetzt und spalte das Holz und denk an mich.
Aber als das Volk sah, was geschehen war, beteten sie das Kindlein an und
sprachen: Wahrlich, der Geist Gottes wohnt in diesem kleinen Kind.
Als er sechs Jahre alt war, sandte ihn seine Mutter Maria, Wasser zu
schöpfen und es ins Haus zu tragen, und sie gab ihm einen Krug, aber in
der Kelter schlug er den Krug gegen einen anderen, und der Krug war
gebrochen.
Jesus aber teilte das Kleidungsstück, das er trug, und füllte es mit Wasser
und brachte es zu seiner Mutter Maria. Und als seine Mutter Maria die
Geschichte sah, hat sie ihn geküsst, und sie hat in sich bewahrt die
Geheimnisse, die sie sah, die er tat.
Auch in der Zeit der Aussaat ging das Kindlein hinaus zu seinem Vater, um
Weizen ins Land zu säen, und wie sein Vater säte, säte das Kindlein Jesus
auch ein Weizenkorn.
Und er erntete es und drosch es und hundert Haufen machte er davon und
rief alle Armen des Dorfes zu der Tenne und gab ihnen den Weizen. Und
Josef nahm den Rest des Weizens. Und er war acht Jahre alt, als er dieses
Zeichen gewirkt.
Und sein Vater war Zimmermann und machte damals Pflüge und Joche.
Und es wurde ihm durch einen reichen Mensch gesagt, der benötigte ein
Bett, dass er es für ihn mache. Und da war eine Latte, die gemessen wurde,
zu kurz, und Josef wußte nicht, was zu tun war, das Kindlein Jesus aber
sagte zu seinem Vater Josef: Leg diese beiden Stücke aus Holz hin und
mache sie gleich lang. Und Josef tat, wie das Kindlein zu ihm sprach.
Jesus aber stand auf der anderen Seite und griff nach der kürzeren Latte
und streckte sie und machte sie gleich mit der anderen Latte. Und sein
Vater Josef sah es und wunderte sich, und er umarmte das Kindlein und
küßte ihn und sprach: Wohl mir, denn Gott hat mir dieses kleine Kind
gegeben.
Als aber Joseph sah das Verständnis des Kindes, und sein Alter, dass es auf
die volle Zahl der Reife komme, sprach mit sich selbst und dachte wieder,
dass er nicht unwissend über Buchstaben sein solle, und er nahm ihn und
übergab ihn einem anderen Lehrer. Und der Lehrer sagte zu Josef: Zuerst
werde ich ihn lehren die griechischen Buchstaben und danach die
hebräischen. Denn der Lehrer wusste, dass die Fähigkeiten des Kindes
groß waren, und hatte Angst vor ihm, doch er schrieb das Alphabet, und
Jesus daraufhin überlegte lange und antwortete ihm nicht.
Und Jesus sprach zu ihm: Wenn du wirklich ein Lehrer bist und kennst die
Buchstaben, sage mir die Kraft des Alpha und dann sage ich dir die Macht
der Beta. Und der Lehrer war provoziert und schlug ihn auf den Kopf. Und
das Kindlein war verletzt und verfluchte ihn, und er fiel alsbald
ohnmächtig zu Boden auf sein Gesicht.
Und das Kind lief zurück zu dem Hause Josefs. Josef wurde traurig und
rief die Mutter Maria und sprach: Lass ihn nicht aus der Tür, denn alle, die
ihn provozieren, sterben durch seinen Zorn.
Und nach einiger Zeit kam noch ein anderer Lehrer, der ein treuer Freund
Josefs war, und sagte zu ihm: Bring das Kindlein zu mir in die Schule,
vielleicht kann ich ihn in den Buchstaben unterrichten. Und Josef sprach:
Wenn du keine Angst hast, mein Bruder, nimm ihn mit dir. Und er nahm
ihn bei sich auf, voller Angst und mit großer Mühe des Geistes, aber der
junge Knabe folgte ihm gerne.
Und er ging mit Kühnheit in die Schule und fand ein Buch auf der Kanzel
liegen und nahm es und las die Buchstaben nicht, die darin waren, aber tat
seinen Mund auf und sprach von dem Heiligen Geist und lehrte das Gesetz
denen, die dabeistanden. Und eine große Volksmenge kam zusammen und
stand dort horchend und staunte über die Schönheit seiner Lehre und die
Geschicklichkeit seiner Worte, dass ein Kind solche Dinge gesprochen.
Aber als Josef das hörte, fürchtete er sich und lief zu der Schule, ob dieser
Lehrer ebenfalls ohne Geschick gewesen oder geschlagen mit Gebrechen.
Aber der Lehrer sprach zu Josef: Wisse, mein Bruder, dass ich dieses
Kindes Jünger bin, aber er ist voller Gnade und Weisheit, und jetzt bitte ich
dich, Bruder, nimm ihn in dein Haus.
Und als das kleine Kind das hörte, lächelte er ihm zu und sagte: Weil du
das gut gesagt hast und bist gewesen ein wahrer Zeuge, um deinetwillen
soll auch der, der geschlagen wurde, geheilt werden. Und unverzüglich
wurden die anderen Lehrer geheilt. Und Josef nahm das Kindlein und ging
zu seinem Haus.
Und Josef schickte seinen Sohn Jakob, um Holz zu sammeln und es ins
Haus zu tragen. Und das Kindlein Jesus folgte ihm auch. Und als Jakob
Reisig sammelte, biss eine Viper die Hand Jakobs.
Und da er wund war, der Elende, und verdorben, kam Jesus in die Nähe
und hauchte den Biss an, und alsbald haben die Schmerzen aufgehört, und
die Schlange zerbarst, und alsbald war Jakob wieder heil.
Und danach, in der Nähe von Josef, ward ein kleines Kind krank und starb,
und seine Mutter weinte sehr. Und Jesus hörte, dass da große Trauer und
große Not war, und er lief schnell und fand das Kind tot, und er berührte
seine Brust und sprach: Ich sage dir, Kind, sterbe nicht, sondern lebe und
lebe mit deiner Mutter. Und alsbald blickte sie auf und lachte. Und er
sprach zu dem Weib: Nimm ihn und gib ihm Milch, und denk an mich.
Und die Menge, die dabeistand, sah es und wunderte sich und sprach:
Wahrlich, dieses junge Kind ist entweder ein Gott oder ein Engel Gottes;
denn jedes Wort von ihm ist eine perfekte Arbeit. Und Jesus ging von
dannen und ging mit anderen Kindern spielen.
Und nach einiger Zeit gab es Arbeit an einem Gebäude. Es gab aber ein
großes Getümmel, und Jesus stand auf und ging dorthin, und er sah einen
Mann tot und ergriff seine Hand und sagte: Mann, ich sage dir, erhebe dich
und tu deine Arbeit. Und alsbald stand er auf und betete ihn an.
Und als die Menge das sah, entsetzten sie sich und sagten: Das kleine Kind
ist aus dem Himmel, denn er hat viele Seelen gerettet vor dem Tod, und
hat die Macht, sie alle sein Leben lang zu retten.
Und als er zwölf Jahre alt war, gingen seine Eltern nach dem Brauch nach
Jerusalem zu dem Passahfest mit ihrer ganzen Sippe, und nach dem Passah
kehrten sie zu ihrem Haus zurück. Und das Kind Jesus ging wieder nach
Jerusalem zurück, aber seine Eltern nahmen an, dass er in ihrer
Gesellschaft war.
Und als sie eine Tagereise weit gegangen waren, suchten sie ihn unter den
Verwandten, und als sie ihn nicht fanden, erschraken sie und kehrten
wieder in die Stadt und suchten ihn. Und am dritten Tag fanden sie ihn im
Tempel sitzen mitten unter den Lehrern und ihnen zuhörend und sie
fragend. Und alle Männer gaben acht auf ihn und staunten, wie ein kleines
Kind die Ältesten überwand und die Lehrer des Volkes zum Schweigen zu
bringen wusste, den Häuptern eine Darlegung des Gesetzes und der
Gleichnisse der Propheten gebend.
Und seine Mutter Maria trat herzu und sprach zu ihm: Kind, warum hast
du so an uns getan? Siehe, wir haben dich mit Schmerzen gesucht. Und
Jesus sprach zu ihnen: Was sucht ihr mich? Wisst ihr nicht, dass ich sein
muß in dem, was meinem Vater gehört?
Aber die Schriftgelehrten und Pharisäer sagten: Bist du die Mutter dieses
Kindes? Und sie sagte: Ich bin's. Und sie sprachen zu ihr: Du bist
gebenedeit unter den Frauen, weil Gott die Frucht deines Leibes gesegnet
hat. Denn solche Herrlichkeit und Exzellenz und Weisheit haben wir bisher
weder gesehen noch je gehört.
Und Jesus stand auf und folgte seiner Mutter Maria und war untertan
seinen Eltern, aber seine Mutter Maria behielt ihn im Auge, wenn andre
zum Spielen kamen. Und Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade.
Ihm sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
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Unsere Liebe Frau
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DER BAUM
Ich zog mich aus, um auf einen Baum zu klettern; meine nackten Schenkel
umarmten die glatte und feuchte Rinde; meine Sandalen kletterten auf die
Zweige.
Hoch oben, aber immer noch unter den Blättern und vor der Hitze im
Schatten geschützt, spreizte ich eine weit verbreitete Astgabel und
schwang meine Füße ins Leere.
Es hatte geregnet. Tropfen von Wasser fielen und flossen auf meine Haut.
Meine Hände waren von Moos verschmutzt, und meine Fersen waren von
den zerkleinerten Blüten gerötet.
Ich fühlte die schöne Baumhütte, als der Wind durch sie hindurchging; da
schloss ich meine Beine straffer, und presste meine geöffneten Lippen an
den behaarten Nacken eines Astes.
PASTORALGESANG
Man muss ein Hirtenlied singen, um Pan, den Gott des Sommerwindes,
anzurufen. Ich beobachte meine Herde, und Selenes Zeitmaß, in dem
runden Schatten eines Ölbaums.
Selene wird auf der Wiese liegen. Sie steht auf und läuft, oder jagt
Heuschrecken, nimmt Blumen und Gräser, oder badet ihr Gesicht im
kühlen Strom des Bächleins.
Ich reiße die Wolle vom hellen Rücken meiner Schafe, und ich drehe mich.
Die Zeiten sind langsam. Ein Adler segelt am Himmel.
Die Schatten bewegen sich. Bring den Korb mit Blumen und den Topf mit
Milch! Man muss ein Hirtenlied singen, um Pan, den Gott des
Sommerwindes, anzurufen.
MÜTTERLICHER RAT
Meine Mutter badet mich in der Dunkelheit, sie kleidet mich in der Sonne
und setzt mir die Haube auf im sanften Schein der Lampe; aber wenn ich
gehe im Mondlicht, bindet sie meinem Gürtel und macht einen doppelten
Knoten.
Sie sagt mir: Spiele mit den Jungfrauen, tanze mit den kleinen Kindern,
nicht aus dem Fenster schau, fliehe die Unterhaltung der jungen Männer
und fürchte der Witwen Rat.
An einem Abend wird jemand, wie es schon immer war, kommen, um dich
über die Schwelle in der Mitte einer großen Halle zu klingenden
Trommeln und lieblichen Flöten amourös zu führen.
An diesem Abend, wenn du gehst, Kallisto, wirst du mir drei Kürbisse voll
von Galle zurücklassen: einen für den Morgen, einen für den Nachmittag,
und den dritten, den bittersten, für den Festtag.
BARFUSS
Ich habe lange schwarze Haare bis über meinen Rücken und eine kleine
runde Kappe. Mein Kleid ist aus weißer Wolle. Meine Beine sind robust,
gebräunt von der Sonne.
Wenn ich in der Stadt lebte, müsste ich goldene Schmuckstücke und
goldbestickte Kleider und silberne Hausschuhe haben. Ich schaue auf
meine nackten Füße in ihren Hausschuhen voll Staub.
Psophis! Komm hierher, kleines Wesen! Trage mich an den Bach, bade
meine Füße, meine Hände, und zerdrücke einige Oliven mit ein paar
Veilchen, dass ich die Blumen rieche.
Heute sollst du mein Sklave sein; du wirst mir folgen und mir dienen, und
am Ende des Tages werde ich dir ein paar Linsen aus meinem eigenen
Garten mitgeben für deine Mutter.
Ja, ich sah sie, sagte er mir, Helopsychria, Limnanthis, sie waren in der
Nähe des Ufers, am grünen Teich von Physos. Das Wasser schimmerte
höher als die Knie.
Ihre Hälse waren unter ihren schweren Haaren wie die Flügel von
Heuschrecken gebogen. Ihre Nägel waren hauchdünn. Ihre Brüste waren
voll, wie die Kelche der Hyazinthe.
Sie legten ihre Finger auf das Wasser und zogen langstielige Rosen aus
dem unsichtbaren Schlick. Über ihre geteilten Schenkel verbreiteten sich
langsame Kreise.
GESANG
Toto, was machst du denn da? - Ich wickle Wolle und spinne milesisches
Garn. - Ach! ach! Warum kommst du nicht tanzen? – Ich bin so traurig!
Ich bin so traurig!
Toto, was machst du denn da? - Ich schneide Schilf zur Beerdigung. - Ach!
ach! Und sag mir, was passiert ist. - Ich werde es nie sagen können! Oh,
ich werde es nie sagen können!
Toto, was machst du denn da? - Sie stürzte ins Meer. - Ach! ach! und sag
mir, wie geschah das? - Vom weißes Pferderücken. Vom weißen
Pferderücken.
JÜNGLINGSLIEBE
Eines Abends, als ich vor meiner Tür stand, überholte mich ein junger
Mann. Er sah mich an, ich wandte mich ab. Er sprach zu mir, ich gab ihm
keine Antwort.
Er wäre gern näher gekommen. Ich nahm eine Sense, die gegen die Mauer
gelehnt war, und wollte seine Wange schlagen, hätte er einen Schritt
vorgetan.
Dann trat er ein wenig zurück, begann zu lächeln, blies über seine Hand
und sagte: Ein Kuss für dich. Ich schrie und weinte. Meine Mutter lief zu
mir,
Ängstlich, und dachte, ich wäre von einem Skorpion gestochen worden.
Ich rief: Er küsste mich. Meine Mutter küsste mich auch, und trug mich
weg in ihren Armen.
ERWACHEN
Es ist bereits Tageslicht. Ich sollte lang schon aufgestanden sein. Aber am
Morgen der Schlaf ist süß, und die Wärme des Bettes hält mich kuschelig.
Ich möchte noch länger liegen bleiben.
Bald werde ich in den Stall gehen. Ich werde Gras und Blumen den Ziegen
geben und eine Schale voll Frischwasser aus dem Brunnen, und ich werde
aus dem Stall heraus gehen, so wie sie zu trinken.
Dann werde ich sie an die Pfähle binden und melken die Milch aus ihrem
warmen Euter; und, wenn die Kinder nicht eifersüchtig sind, wir alle
müssen die weichen Zitzen zusammen saugen.
Säugte nicht Amalthea den Zeus? Dann werde ich gehen. Aber noch nicht.
Die Sonne kam zu früh, und die Mutter ist noch nicht erwacht.
REGEN
Leise und in der Stille der feine Regen hat alles befeuchtet. Es regnet noch
ein wenig. Ich werde unter den Bäumen spazieren. Barfuß auf dem
Erdreich.
Leider! wie viele Blüten sind auf die Erde gefallen. Schade, all die
gefallenen Blumen. Bitte, fegt sie nicht auf oder zerdrücken sie im
Schlamm: sondern lasst sie für die Bienen.
BLUMEN
Nymphen des Waldes und der Brunnen, wohltätige Freundinnen, oh! Hier
bin ich. Sie verstecken sich nicht, sondern kommen mir zu Hilfe, denn ich
bin wund durch das Gewicht so vieler gepflückter Blumen, und bin
überfordert.
Ich werde von euch wählen eine schlichte Hamadryade mit erhobenen
Armen, und in ihre grünen Haare werde ich meine schwerste Rose
drücken.
Sie zu sehen! Ich habe so viele von den Feldblumen, die ich nie gepflückt,
sie nach Hause zu tragen, es sei denn, ihr gebt mir einen riesigen
Blumenstrauß. Wenn ihr euch weigert, werde ich mich bekümmern:
Gestern sah ich die Nymphe, deren Haar getönt rötlich war wie ein Satyr,
und ich werde dieses schamlose Geschöpf wegschicken.
UNGEDULD
Ich warf mich weinend ihr in die Arme, und für lange Minuten fühlte sie
meine warmen Tränen über ihre Schulter fließen, und voll von Angst
konnte ich wieder sprechen:
Ach, ich bin nur ein Kind, die jungen Männer sehen mich nicht. Wann
werde ich schöne junge Brüste haben wie du, dass sie mir aus dem Kleid
quillen und locken ihre Küsse an?
Niemand blickt mit Augen auf mich, wenn mein Hemd verrutscht,
niemand nimmt die Blumen, die aus meinen Haaren fallen; niemand sagt
mir, dass er sich töten wird, wenn meine Lippen einen anderen küssen.
Zärtlich antwortete sie mir: Kallisto, kleines Mädchen, wie eine Katze im
Mondlicht, du weinst und machst dir Sorgen grundlos. Die ungeduldigen
Jungfrauen sind nicht diejenigen, die am ehesten gewählt werden.
VERGLEICH
Sperlinge, Vögel der Kypris, begleiten unsere erste Wünsche mit ihren
Tönen. Die jungen Körper von jungen Mädchen wie Blumen blühen, so
blüht die Erde. Die Nacht und alle unsere Träume kommen, und wir
flüstern zusammen.
Aber gestern habe ich mich bemüht auf diese Weise gegen Melantho zu
siegen, meine ältere Freundin. Sie war stolz auf ihren Busen, der innerhalb
eines Monats aufgegangen, und spöttisch über meine flache Tunika, da
nannte sie mich kleines Kind.
Kein Mensch konnte uns gesehen haben, so zeigten wir uns nackt vor den
anderen Mädchen, und wenn sie in einer Hinsicht gewann, besiegte ich sie
mit Abstand in einer anderen Hinsicht. Sperlinge, Vögel der Kypris,
begleiten unsere ersten Wünsche mit ihren Tönen.
DER STROM IM WALD
Ich hab allein im Strom im Wald gebadet. Ich musste die armen Najaden
erschrecken, denn ich konnte kaum sehen, wie sie weit weg in das dunkle
Wasser flohen.
Ich rief sie. Um sie zu imitieren, hab ich geflochten Iris-Blüten, schwarz
wie meine Haare, um meinen Hals, mit Knoten des gelben Ginsters.
Von einem langen schwebenden Unkraut machte ich mir einen grünen
Gürtel und drückte meine Brüste und hielt meinen Kopf geneigt ein wenig.
Und ich rief: Najaden, Najaden, spielt mit mir, ihr Schönen! - Aber die
Najaden sind transparent, und vielleicht streichelte ich sogar ihre lasziven
Arme, unwissend!
Sobald die Hitze der Sonne verringert ist, werden wir gehen und spielen an
den Ufern des Flusses; wir werden um einen gebrechlichen Krokus
kämpfen oder um eine triefende Hyazinthe.
Wir werden eine Menschenkette bilden, und wir werden einen Kranz von
Mädchen flechten. Wir werden einander an der Hand nehmen, und
erfassen jeweils der anderen Tunika-Rock.
Phitta! gib Honig! Phitta! lass uns mit dir baden, Phitta, melische Nymphe,
gib Schatten süß unseren schwitzenden Körpern.
Reisende aus Sardes sprechen von den Halsketten und Edelsteinen, mit
denen die lydischen Frauen sich schmücken, von den Spitzen ihrer Haare,
ihren gefärbten Fußnägeln.
Die jungen Mädchen in meinem Land haben weder Armbänder noch
Diademe, aber der Finger trägt einen silbernen Ring, auf dem das Bild
vom Dreieck der Göttin eingraviert ist.
Wenn sie die Spitze nach oben richten, bedeutet es, Psyche zu treffen. Und,
wenn sie die Spitze nach unten richten, bedeutet es, Psyche wird
geschaffen.
Die Männer glauben daran, die Frauen nicht. Was mich betrifft, ich
bemerke kaum die Richtung der Spitze, denn Psyche ist eine leichte Beute.
Sie kann man immer treffen.
TÄNZE IM MONDSCHEIN
Auf dem weichen Gras, in der Nacht, junge Mädchen mit dem violetten
Haar zusammen haben getanzt, und eines von jedem Paar dem Liebling
Antwort gab.
Die Jungfrauen sagten: Wir sind nicht für dich. - Und als ob sie sich
schämten, schirmten sie ihre Jungfräulichkeit ab. Pan spielte die Flöte
unter den Bäumen.
Die anderen sagten: Aber ihr werdet kommen, um uns zu suchen. - Sie
gestalteten ihre Kleider nach der männlichen Tracht und haben sie träge zu
kämpfen um ihre tanzenden Glieder geschlungen.
Dann wird jede sich erklären, die verhalten blieb, sie nahm ihre Kameradin
bei den Ohren, und, ihren Kopf neigend, trank sie einen langen Kuss.
KLEINE KINDER
Der Bach ist fast trocken, die Trocknung eilt unterzugehen in dem
Schlamm; die Luft brennt, und weit entfernt von den steilen Böschungen
ein dünnes klares Bächlein im Sande fließt.
Da ist es von morgens bis in die Nacht, die wenigen nackten Kinder
kommen, um zu spielen. Sie baden, nicht tiefer als ihre Kälber, so
ausgetrocknet ist der Strom.
Aber die Landstreicher rutschen oft auf den Felsen, und kleine Jungen
werfen Wasser auf kleine lachende Mädchen.
Und wenn ein Unternehmen der Kaufleute vorbei führt ihre großen weißen
Rinder zum Waschbecken, falten sie die Hände hinter ihnen, und
beobachten die schweren Tiere.
GESCHICHTEN
Ich werde von kleinen Kindern geliebt; wenn sie mich sehen, kommen sie
zu mir und hängen sich an meine Tunika und laufen und greifen meine
Beine mit winzigen Armen.
Wenn sie Blumen gesammelt, sind es alle meine; wenn sie einen Käfer
gefangen, legen sie ihn in meine Hand; wenn sie nichts haben, streicheln
sie mich und lassen mich neben ihnen sitzen.
Dann küssen sie mich auf die Wange, sie ruhen ihre kleinen Köpfe auf
meinen Brüsten aus; sie flehen mich mit ihren leuchtenden Augen an. Wie
gut ich weiß, was sie damit sagen wollen!
Sie bedeuten mir: Kallisto, Süße, erzähle uns wieder, denn wir sind gut, die
Geschichte des Helden Perseus, oder wie die junge Helle fand ihren Tod.
Und ich wieder auf dem gleichen Weg mit der Mutter, und ich träume. So,
wie sie heute ist, hätte ich auch sein können. Bin ich so schnell
gewachsen?
Die Prozession und die Flöten, das Hochzeitslied, die blühenden Wagen
des Bräutigams, alle diese Prächte in einer anderen Nacht werden sich über
mich verbreiten, unter den Olivenzweigen.
So wie Melissa jetzt, werde ich mich vor einem Mann und mit dem
Geschmack der Liebe in der Nacht entkleiden, und später noch werde ich
kleine Kinder an meinen geschwollenen Brüsten ernähren.
VERTRAUEN
Am nächsten Tag ging ich, sie zu besuchen, und wir erröteten den
Moment, da wir einander sahen. Sie lud mich ein, in ihr Zimmer zu
kommen, damit wir allein sein konnten.
Ich hatte viele Dinge ihr zu sagen; aber als ich sie sah, vergaß ich alles. Ich
wagte nicht einmal, mich ihr an den Hals zu werfen, ich sah hoch zu ihrem
Gürtel auf.
Ich war erstaunt, dass ihr Gesicht gleich blieb, sie schien immer noch
meine Freundin zu sein; und doch, in der Nacht zuvor, hatte sie so viele
Dinge gelernt, die mich verrückt gemacht hätten.
Plötzlich saß ich auf ihren Knien, ich nahm sie in die Arme und flüsterte
ihr ins Ohr: wild, sehr besorgt. Sie legte ihre Wange an meine und erzählte
mir alles.
In der Nacht werden das Haar der Frauen und die Zweige der Weide
verschmelzen und sich vermischen leise miteinander. Ich ging an den Rand
des Wassers. Plötzlich hörte ich eine Singstimme: Da wusste ich, es gab da
einige Mädchen.
Ich sagte zu ihnen: "Was wollt ihr singen? - Sie antworteten mir: Wir
singen die Heimkehrenden. - Eine wartete auf ihren Vater, eine auf ihren
Bruder; aber sie haben alle auf ihre Geliebten gewartet und waren unruhig.
Sie hatten geflochtene Kränze und Girlanden für sich selbst, schnitten
Wedel von den Palmen und zogen die Lotosblumen aus dem Teich. Sie
hatten ihre Arme einander um die Hälse geschlungen und sangen
abwechselnd.
Ich wanderte entlang des Flusses, traurig und allein, auf der Suche, alles
über mich zu erfahren, ich sah die blauen Augen der Mondin hinter den
Bäumen aufgestiegen, um mich nach Hause zu führen.
GESANG
Schatten des Waldes, wo sie jetzt ist, sagt mir, wohin hat sich meine
schöne Herrin verirrt? - Sie ist auf die Ebene weggegangen. - Wiesen, o
sagt mir, wo ist meine Geliebte? - Sie ist den Ufern des Flusses gefolgt.
Schöner Fluss, der gerade sah sie vorbeilaufen, sag mir, ist sie hier herum
gekommen? - Sie hat mich verlassen, um auf die Straße abzuweichen. - Oh
Straße, hast du sie noch gesehen? - Sie hat mich für die Straße der Stadt
verlassen.
O Straße der Stadt, sag mir, oh, wohin hast du sie geführt? - Zur goldenen
Straße, die nach Sardis führt. - Oh Straße des Lichts, mit ihren nackten
Füßen betrat sie dich? - Sie ist ins Haus des Königs getreten.
O Palast von Glanz, Licht der Welt, gib sie mir wieder zurück! - Siehe! Sie
hat Halsketten gehängt um ihre Brüste, Kränze von Blüten ins Haar, lange
Perlenketten um ihre Beine, und zwei Armen umschließen ihre Taille.
LYKAS
Ich kann seine Flöte hören. Er bläst so geschickt. Hier sind die Hunde und
die Lämmer, und er lehnt er sich gegen einen Baum. Ist er nicht so schön
wie Adonis?
O Lykas, gib uns etwas Milch! Hier sind ein paar Feigen von unseren
Bäumen. Wir sind gekommen, um bei dir zu bleiben. Oh bärtiges
Kindermädchen, spring nicht so hoch, damit du bald die rastlosen Zicken
begeisterst.
Diese Girlande durch meine Hände sind geflochten nicht für Artemis, die
bei der Jagd regiert, wenn auch Artemis mich aus den Geburtswehen
befreien wird.
Noch für die Athene von Sidon, obwohl sie aus Elfenbein und Gold ist und
hält in der Hand einen Granatapfel, um die Vögel anzulocken.
Nein, sondern für Aphrodite, die ich liebe in meinem Herzen, denn sie
allein kann meine hungrigen Lippen sättigen, wenn ich in ihren heiligen
Baum meine Schleifen mit Rosenknospen hänge.
Aber nie werde ich sagen laut mein Bedürfnis. Ich werde mich auf die
Zehenspitzen stellen, flüstern meinen Wunsch als Geheimnis in einen Spalt
in der Rinde.
DIE FREUNDIN
Der Sturm hatte die ganze Nacht gedauert. Selenis mit dem schönen Haar
war gekommen, um mit mir zu tanzen. Sie blieb aus Angst vor Schlamm
und drückte sich fest an mich, wir haben mein kleines Bett gefüllt.
Wenn junge Mädchen schlafen miteinander, der Schlaf selbst bleibt vor der
Tür. - Kallisto, sag mir, sag mir, wen du liebst. - Sie schob ihren
Oberschenkel über meinen, mich sanft zu erwärmen.
Und sie flüsterte mir in den Mund: Ich weiß, Kallisto, wen du liebst.
Schließe die Augen, ich bin Lykas. - Antwort gab ich, sie berührend: Muss
ich nicht sagen, dass du nur ein Mädchen bist? Dein Witz ist ungeschickt.
Aber sie fuhr fort: Wahrlich, ich bin Lykas, wenn du deine Lider schließt.
Hier sind die Arme, hier sind seine Hände. - Und zart, in der Stille, errötete
sie vor meinen Träumen von einem Fremden.
GEBET ZU PRESEPHONE
Koklis, die Tochter des Thrasymakos, an deine Türe liegend betet sie nicht,
noch ruft sie dich. Du weißt, sie kann nicht fliehen vor dir für immer, aber
hole sie später, rufe sie an einem anderen Tag.
Oh, trage sie nicht weg, so schnell, unsichtbare Herrin, denn sie beweint
ihre Jungfräulichkeit, sie fleht dich durch unsere Gebete an, sie zu retten,
wir geben dir unsere drei schwarzen Schafe ungeschoren.
WÜRFELSPIEL
Da wir beide ihn verehrten, veranstalteten wir ein Würfelspiel für ihn zum
Spiel. Das war eine berühmte Party. Viele Mädchen sahen sehr besorgt
drein.
Er warf den Zyklopen-Wurf, und ich warf den Solon-Wurf. Dann warf er
den Kallibolos-Wurf, und ich spürte meine Niederlage kommen und bat
die Göttin.
Ich spielte, ich warf den Epiphenon-Wurf, er hatte gesetzt auf den hohen
Kios-Wurf. Ich warf den Antiteukos-Wurf und er den Trikias-Wurf; und
dann warf ich und setzte auf Aphrodite, dass der geschätzte Geliebte
gewinnt...
Die Mädchen wurden bleich; ich umklammerte seinen Hals und flüsterte
ihm ins Ohr (was sonst niemand wissen kann): Weine nicht, mein Freund,
wir lassen Aphrodite zwischen uns wählen.
DER SPINNROCKEN
Mein lieber Rocken, da ich mit dir allein bin, wirst du allein mein
Vertrauter sein. Deine Kammgarn-Perücke der weißen Haare fühlt man
wie eine Frau. Hör mir zu.
Wenn ich in der Lage wäre, sollte ich nicht hier sein, nicht sitzen im
Schatten der Mauer und spinnen gelangweilt: Ich sollte in Veilchen auf den
Hängen des Taurus lagern.
Da er nicht so reich ist wie ich, wird meine Mutter ihn nicht zu mir lassen,
mich zu heiraten. Aber lass mich dir sagen, entweder ich werde vor
meinem Hochzeitstag sterben oder er wird derjenige sein, der mich
heimführen wird.
DIE FLÖTE
Für den Hyazinthen-Tag gab er mir einige Rohre Pans, Schilf gut
geschnitten, gebunden aneinander mit weichem weißen Wachs, süß wie
Honig auf den Lippen.
Er lehrte mich zu spielen, ich habe auf seinen Knien gesessen; vielleicht
zittere ich nur ein bisschen zu viel. Er spielte dann nach mir in den Tönen
so süß, ich kann sie kaum hören.
Wir haben nicht Ein Wort gesprochen, wir waren so nah zusammen die
ganze Zeit, aber die Lieder sangen, wir gaben einander Antwort, und
immer wieder der Mund wollte die Flöte versuchen, uns gegenseitig dort
zu finden.
Wie spät es ist! In der grünen Nacht der Frosch fängt jetzt an zu singen.
Meine Mutter wird nie glauben, dass ich so lange blieb, um den Gürtel,
den ich verloren, wieder zu finden.
KLEIDER
Er sagte zu mir: Heute Nacht hatte ich einen Traum. Dein Haar fiel und
fiel über meine Kehle, deine Locken waren als Joch um meinen Hals, ein
schwarzes Netz ausbreitend auf meiner Brust.
Und ich streichelte dich, und du warst mein eigen, und wir waren
zusammen so für immer gebunden, durch die gleichen Haare, Mund auf
Mund, wie zwei einzelne Lorbeeren mit Einer einzigen Wurzel.
Und nach und nach, schien es mir, unsere Glieder seien so verflochten,
dass ich dein Körper wurde, oder du gabst mir wie ein süßer Traum deinen
eigenen Körper zur Vermischung.
Als er fertig war, legte er sanft seine Hand auf meine Schulter und schaute
in meine Augen mit einem solchen Blick, ich senkte meine Augen und
zitterte.
DER BECHER
Lykas sah mich kommen, nur in einem kurzen und hauchfeinen Kleidchen
gekleidet den Tag, so glühend war der Tag; er wollte an meine Brüste, die
aufgedeckt waren, um sie zu kneten.
Er nahm eine Handvoll des besten Tons, knetete ihn im Wasser, frisch und
leicht. Als er ihn sanft auf der Haut ausbreitete, war es so kalt, ich dachte,
dass ich in Ohnmacht fallen würde.
Dann besuchten wir den Fluss, der geheiligt den Nymphen, und warfen
den Becher in den Strom und streuten darauf Ginster-Blüten.
Nach der Nacht schleicht der Himmel davon, die Erde gehört uns und den
Göttern. Wir kommen aus unsern Bereichen an den Rand des Flusses;
unsere nackten Füße führen uns von den schweren Wäldern zu den
Lichtungen.
Funkelnde Sterne leuchten hell genug für die kleinen Schatten, die wir
sind. Manchmal finden wir ein schlafendes Reh unterhalb der niedrigen
Hänge.
Aber das, was noch schöner in der Nacht ist als jede andere Sache, ist ein
Ort, nur für uns, der uns durch die Echtheit des Holzes anzieht; ein
schwerer Busch von geheimnisvollen Rosen.
Kein anderer Hauch von Götterköpfen auf der Erde kann dem Duft von
Rosen in der Nacht gleich sein. Wie kommt es, dass, wenn ich allein mich
fand, ich mich nicht an ihrem Geruch berauschte?
BEDAUERN
Zuerst habe ich nicht geantwortet, da saß die Scham auf meinen Wangen,
und das Pochen meines Herzens verletzte meine Brüste.
Dann kämpfte ich und sagte: Nein! Nein! Ich wandte meinen Kopf, und
der Kuss erfüllte nicht meine Lippen, noch der Wunsch spreizte meine eng
geschlossenen Schenkel.
Er bat mich um Verzeihung, küsste meine Haare, ich spürte seinen heißen
Atem auf mir, und er ging. Jetzt bin ich allein.
Ich sehe den leeren Platz, den einsamen Wald, die mit Füßen getretene
Erde. Und ich kaue an meinen Fingern, bis sie bluten, und ich ersticke
mein Schluchzen im Gras.
UNTERBROCHENER SCHLAF
Ich schlief allein wie ein Rebhuhn in der Heide. Die leichte Brise, das
Rauschen des Wassers und die Weichheit der Nacht haben mich dort
gehalten.
Ich war eingeschlafen, unvorsichtig, und ich erwachte mit einem Schrei,
und ich kämpfte, und ich weinte; aber es war schon zu spät. Welche Diener
sind die Hände eines Kindes?
Dir, siegreiche Kypris, weihe ich dieses Opfer, noch feucht vom Tau, mit
Spuren der Angst eines Mädchens, Zeugen meines Schlafs und meines
Kampfes.
AN DIE WÄSCHERIN
O Wäscherin, sage nicht, dass du mich gesehen hast! Ich vertraue mich dir;
verrate mich nicht! Zwischen meinem Kleid und meinen Brüsten ist etwas,
ich bringe es dir, es zu waschen.
Ich bin wie eine ein wenig erschrockene Henne. Ich kann noch nicht
sagen, ob ich es wage zu sagen. Mein schlagendes Herz kann mich jetzt
sogar töten! Ich bringe dir ein Tuch.
Wasche es gut; scheue weder Salz noch Kreide. Ich werde drei Obolen für
dich zu Aphrodites Füßen legen, und sogar eine silberne Drachme.
GESANG
Und die Sterne und das erste Erröten der Morgendämmerung? Der Mond
hat sein Antlitz im See gesehen und gesagt, dass es das Wasser unter den
Weiden war. Das Wasser erzählte es den Ruderern am Ruder.
Und die Ruder haben es dem Boot erzählt, und das Boot hat das
Geheimnis an die Fischer weitergegeben. Ach, ach, wäre das nur alles!
Aber der Fischer sagte das Geheimnis einem Weib.
Der Fischer sagte das Geheimnis einem Weib: mein Vater und meine
Mutter und meine Schwestern und alle von Hellas werden jetzt die
Geschichte kennen.
DIE HÜTTE
Die kleine Hütte, wo sein Bett das schönste Bett der Erde ist: Sie wird von
den Ästen der Bäume gebaut, vier Wände aus sonnenverwöhntem Ton, und
oben mit Moos und Grasnarben bedeckt.
Ich liebe ihn, denn wir liegen warm zusammen, da die Nächte kühl sind;
und je kühler die Nächte, desto länger werden wir zusammen liegen. Bei
Anbruch des Tages finde ich, dass ich müde bin.
Die Matratze ist die Erde; zwei Decken aus schwarzer Wolle umschließen
unsere heißen Körper. Seine Brust ist hart gegen meine Brüste gedrückt.
Mein Herz pocht.
Ach, weh mir! Ich habe seinen Brief verloren. Ich legte ihn zwischen
meine Haut und mein Kleid unterhalb der Wärme meiner Brüste. Ich lief,
er ist herunter gefallen.
Ich sollte auf meinem Heimpfad zurückkehren; sollte jemand ihn finden
und es meiner Mutter sagen, ich würde vom Spott meiner Schwestern
geschlagen.
Wenn ihn ein Mann gefunden, wird er ihn mir geben; oder auch wenn er
sich kümmert, mich heimlich zu sprechen, ich kenne den Weg, um ihn mit
mir zu entzücken.
Aber sollte eine Frau einst auf ihn blicken, o Wächter Zeus, beschütze sie
mich! denn ich weiß, sie würde die Geschichte allen sagen, oder ich bin
sicher, sie würde mir meinen Geliebten stehlen.
GESANG
Die Nacht ist so tief, dass sie zwischen meine Augenlider kriecht. Du wirst
nie den Weg finden. Du wirst dich im Wald verirren.
Der Lärm der stürzenden Wasser füllt meine Ohren. Du hörst nicht die
Geräusche von deinem Geliebten, obwohl er nur zwanzig Schritte entfernt
ist.
Der Geruch der Blumen ist so stark, dass ich in Ohnmacht falle und falle
auf dem Weg. Du würdest ihn nicht fühlen, wenn er überquerte deine
Straße.
Ah! obwohl er so weit weg ist von hier, über die vielen Berge ging, sehe
ich ihn und höre ihn, und ich fühle, wie er mich berührt.
DER SCHWUR
Wenn die Wasser des Flusses steigen die schneebedeckten Gipfel hinauf,
Weizen und Gerste sprießen zwischen den sich bewegenden Ozean-
Hügeln.
Wenn Kiefern werden geboren aus Seen und Wasserlilien im Frühjahr aus
Steinen, und wenn die Sonne schwarz wird und der Mond auf den Rasen
fällt.
Dann, aber dann allein, werde ich eine andere Geliebte nehmen, dann
werde ich dich vergessen, Kallisto, Seele meines Lebens, mitten in
meinem Herzen.
Er sagte es mir so! Er sagte es mir so! Was zählt, ist die ganze Welt - wo ist
die Ekstase, die sich mit meiner Ekstase vergleichen ließe?
NACHT
Und jetzt bin ich es, die ihn sucht. Jede Nacht stehle ich mich leise aus
dem Haus, und reise auf einem langen und abwegigen Weg zu seiner
Wiese, dort ihn zu beobachten, und mit ihm zu schlafen.
Manchmal bleibe ich eine lange Zeit, nie bin ich glücklicher, nur um ihn
zu sehen; nur um wieder zu Atem zu kommen, neige ich meine Lippen zu
ihm, ihn zu küssen.
Dann plötzlich werfe ich mich auf ihn. Er wacht auf in meinen Armen und
kann nicht aufstehen, weil ich ihn auf den Boden drücke. Er schimpft und
lacht und drückt mich fest. So spielen wir in der Nacht.
WIEGENLIED
Schlafe! Ich habe deine Kugeln weit von Sardes hergebracht; deine
Kleidung aus Babylon. Schlafe, Kind von Kallisto und dem König der
aufgehenden Sonne.
Der Wald und diese Bogen der Paläste sind für dich gebaut worden. Die
Stämme der Kiefern sind deine Kolonnaden; die Zweige hoch in der Luft
sind deine Gewölbedecke.
Mein Kind, Fleisch von meinem Fleisch, du wirst mir sagen, wenn du
erwachst, ob du die Stadt oder die Wiese, die Berge oder den Mond oder
einfach nur die weiße Prozession der Götter willst.
Ich ging durch den raureifbedeckten Wald; meine Haare blühten mit
kleinen Eiszapfen vor meinen Mund, und meine Sandalen waren schwer
verschmutzt und verkrustet vom Schnee.
Er sagte zu mir: Was suchst du? - Ich folge den Spuren des Satyrs. Seine
kleinen Fußspuren sind wie Löcher in einem schneeweißen Gewand. - Er
sagte: Der Satyr ist tot.
Die Satyrn und Nymphen sind tot. Seit dreißig Jahren hat es nicht so einen
schrecklichen Winter gegeben. Die Spuren, die du siehst, sind die einer
Ziege. Aber bleibe hier, denn hier ist ihr Grab.
Und mit dem Eisen seiner Hacke brach das Eis des Flusses auf, in dem die
Najade vormals zu lachen pflegte. Er nahm einige der großen gefrorenen
Klumpen und hob sie in den blassen Himmel und sah durch sie hindurch.
DAS SCHIFF
Schönes Schiff, das mich hier langweilt, an der Küste des Ionischen
Meeres, ich überlasse dich den schimmernden Wellen, die immer mit
einem leichten Sprung andrängen.
Du bist auf der Rückkehr in das ferne Land, wo die Jungfrau ist
Begleiterin der Nymphen. Vergiss nicht, der unsichtbaren Ratgeberin zu
danken, und trage diesen Zweig, von meinen Händen gepflückt.
Du warst eine Kiefer, die auf den Hügeln stand; deine Zweige trugen
Eichhörnchen und deine Vögel alle in den wütenden Stürmen.
Möge Boreas dich nun führen, dich drücken sanft vorwärts zum Hafen,
schwarzes Schiff, von Delphinen begleitet, auf Gedeih und Verderb dem
stets wachsamen Meer ausgeliefert.
PSAPPHO
Ich reibe mir die Augen, es ist schon Tag, denke ich. Ah! Wer ist der an
meiner Seite? Eine Frau? Bei Paphia, das hatte ich vergessen! O
Charitinnen! wie heiß vor Scham bin ich!
In welches Land ich bin gekommen, welche Insel ist dies, wo die Liebe in
dieser Weise verstanden wird? Wenn ich nicht so müde wäre, ich dächte,
dass ich geträumt hatte. Kann es sein, dass dies Psappho ist?
Sie schläft. Sie ist sehr schön, obwohl ihr Haar in kurzer Mode
geschnitten. Aber dieses seltsame Gesicht, dieser niedliche Busen und
diese schmalen Hüften!
Ich werde sie am besten verlassen, bevor sie aufwacht. Leider! Ich liege an
der Wand. Ich muss über sie schreiten. Ich habe Angst, gegen ihre Hüfte zu
kommen, Angst, dass sie versucht, mich zurückzuhalten.
Zwei kleine Mädchen hatten mich zu ihrem Haus geführt, und sobald die
Tür geschlossen war, zündeten sie den Docht mit Feuer an und wollten für
mich tanzen.
Ihre Wangen waren rot vom Rouge, ihre kleinen Bäuche weiß. Sie griffen
sich an den Armen und plauderten fröhlich.
Auf einem zur Schau getragenen und gepolsterten Bock sitzend, sang
Glottis mit scharfer Stimme, und schlug laut ihre Händchen zusammen.
RATSCHLÄGE
Dann trat Syllikmas auf und sah, daß wir so intim waren, und sie setzte
sich auf die Bank. Glottis auf einem Bein und Kyse auf dem anderen,
begann sie:
Komm her, meine Liebe. - Aber ich blieb weg. Da fuhr sie fort: Hast du
Angst vor uns? Komm näher! Die honigartigen Liebkosungen eines
Mädchens sind süß: diese Kinder wirklich lieben dich. Sie können dich
Dinge lehren, die du nicht kennst.
Der Mann ist gewalttätig und faul. Du kennst ihn sicherlich gut. Dann
hasse ihn! Er hat eine abgeflachte Brust, raue Haut, kurze Haare und
zottige Arme. Aber Frauen sind ganz schön!
Und nur Frauen kennen die Kunst der Liebe! Bleib bei uns, Kallisto, bleibe
weiß! Und wenn du einen wirklich feurigen Geist hast, wirst du deine
Schönheit wie in einem Glas auf dem Körper deines Geliebten sehen.
KALLISTO
Eine Frau drapierte sich mit schnneweißer Wolle. Eine andere kleidet sich
in Seide und Gold. Und noch eine behängt sich mit Blumen, grünen
Blättern und lila Trauben.
Was mich betrifft, muss ich immer nackt leben! Mein Geliebter, komm und
nimm mich, wie ich bin; ohne Kleidung oder Schmuck oder kleine Stiefel,
siehe mich! Kallisto selbst und nichts weiter.
Schwarze Haare von schimmernder Schwärze, und meine Lippen rot wie
glühende Röte. Meine Locken schweben über mir frei und locker und
gelockt wie Federn.
Nimm mich, wie meine Mutter mich in einer fernen Nacht der Liebe
geboren, und wenn ich dich bitte in dieser Art und Weise, bitte vergiss
nicht, mir zu sagen, dass du mich nackt liebst!
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Ich habe nichts zu tun als zu lieben... ich fühle in mir einen ständigen
Vorwurf des Souveränen Guten, und auf der anderen Seite scheint mir alles
einfach das Vorpreschen zu Gott zu behindern... Ich finde keine andere
Abhilfe, als im Glauben zu leben. Ich kann mir nicht vorstellen, was für
eine schmerzhafte Kost ein Leben ohne Liebe würde für jemanden sein,
der vom Wunsch nach dieser Liebe brennt. (Brief an Pater Ildefonse, 19.
Dezember 1768)
Wenn ich für mich die Hölle offen sehen würde, wollte ich weiterhin den
Herrn lieben auf die gleiche Weise. (Kanonischer Prozess: Worte der
Heiligen)
Es ist genug, geschlossen zu halten die Außentüren, die Sinne; dann
scheint es mir, dass die Seele nicht an anderer Stelle ist als in ihrem
Zentrum, das Gott ist. (Kanonischer Prozess: Worte der Heiligen)
Ich schlage vor, mein Gott, kein anderes Ziel als die Liebe in all meinen
Handlungen anzustreben, inneren und äußeren, und mich daran zu
erinnern, dass ich Liebe für Liebe gebe. (Entschließungen, 1768)
Meine einzige Liebe, ich habe mich ganz aufgeben für dich, damit du
allein mich entsprechend deinen Plänen behandelst. (Entschließungen,
1768)
Sorge für mich, wie es dir angenehm ist, vorausgesetzt, dass ich dir folge
nach Golgatha: je dorniger ich es finde und desto schwerer dein Kreuz,
desto glücklicher werde ich sein. (Entschließungen, 1768)
Ich glaube, dass ich nicht weniger als ein Wunder gesehen habe in dem
liebevollen Verhalten unseres guten Gottes, der führte mich zu diesem
heiligen Ort (Karmel) ... Ich danke ihm dafür, dass er mich siegreich
machte, und dafür, dass mein Herz von so vielen Anhänglichkeiten befreit
ward, die es von dem einzige Gegenstand abgetrennt hätten, in dem es
ausruhen kann. (An Mutter Maria Anna des Albizi in St. Apollonia, 5.
Januar 1769)
Wir sollten nicht gestört werden, unabhängig von den Umständen, in die
Gott uns stellt, aber wir sollten ihm erlauben, zu handeln, indem wir seine
Absichten annehmen; auf diese Weise werden wir mit der Reinheit der
Liebe lieben. (Maximen der Heiligen)
Wie der, der eine Frau liebt, oft an sie denkt, so auch derjenige, der Gott
liebt, der denkt immer an ihn. (Maximen der Heiligen)
Alle Dinge zählen nicht, wenn es um den Erwerb der wahren Liebe Gottes
geht. (Maximen der Heiligen)
Lasst uns alle für die Liebe leben, und nichts wird uns mehr schwierig
erscheinen, wenn wir bedenken, dass die Liebe nichts als Liebe begehrt.
(Maximen der Heiligen)
Für diese Liebe, die Gott selbst ist, sollte keine Arbeit zu beschwerlich
scheinen, sie zu erwerben, noch soll man sich zurückziehen wegen der
Schwierigkeiten, denen man begegnen kann. (An Mutter Anna Maria von
St. Antonius von Padua)
Der Spiegel, in dem wir auf uns selbst schauen sollten, dass wir die
göttliche Vereinigung erreichen, ist Jesus Christus, denn niemand kann sie
erreichen, außer mit der Hilfe Jesu und durch die Verdienste Jesu am
Kreuz. (An dieselbe)
Betrachten wir die Gnade Gottes: in diesen Anlagen spricht er zu uns ohne
Worte, und erinnert uns daran, ihn zu lieben. (Mit der Schwester in ihrer
Nähe im Garten)
Wenn eine kranke Schwester, bei der sie sich aufhielt, sie drängte, in den
Chor zu gehen in der Zeit, um sich auf die Heilige Kommunion
vorzubereiten, antwortete sie: „Es könnte schwierig sein für mich, hier zu
bleiben, aber auf der anderen Seite glaube ich, dass ich eher Gehorsam
leiste, wenn ich hier dir helfe, als im Chor zu beten, das wird die treue
Erfüllung meiner Pflichten und die beste Vorbereitung für die Kommunion
sein, denn Gott ist auch nicht an Ort und Zeit gebunden.“ (Mutter Teresa
Maria von der Heiligsten Empfängnis)
Wenn die Aktionen unserer Nächsten hundert Aspekte haben, sollten wir
sie immer aus dem besten Blickwinkel betrachten. (Zu derselben)
Wenn eine Aktion tadelnswert ist, lasst uns entschuldigen die Absicht. (Zu
derselben)
Versuche, ganz für Gott voller Liebe zu sein, den Vorgesetzten mit
Unterwerfung zu begegnen, den Nächsten mit Barmherzigkeit. (An eine
der Schwestern)
Nie klage, niemandem, aber wende deine Beschwerden gegen dich selbst;
weil, wenn du nicht tust, was man zu tun hat, um erfolgreich zu sein, wie
kannst du dich beschweren, wenn andere scheitern? (Aus den Schriften der
Heiligen)
Ich glaube, dass die Liebe erträglich und sogar süß machen würde die
Qualen der Hölle; weil die Liebe allein alles überwindet, wie es von den
heiligen Märtyrern demonstriert wird. (Pater Ildefonse)
Liebe leidet weder eine Verzögerung noch eine Ruhe, aber sie ist stets
darauf bedacht, für den Geliebten zu leiden. (Maximen der Heiligen)
Unser guter Gott wünscht sich sehnlichst, dass wir den großen Schatz
seiner Liebe empfangen; aber er will, dass wir ihn eindringlich darum
bitten, und dies in einer solchen Weise, dass jede Arbeit, die wir
durchführen, eine Bitte um diese Liebe ist. (Gedanken)
II
Wenn eine der Schwestern eine öffentliche Korrektur erhalten hatte, ging
die Heilige, sie zärtlich zu trösten und sagte: "Jetzt ist die Zeit, um
Verdienste für eine seligen Ewigkeit zu sammeln, so dass du die
unangenehme Erfahrung wie einen kleinen Blumenstrauß Jesus anbieten
kannst, nicht dir selbst, sondern ihm, der entschuldigt und vergibt allen."
(Erinnerungen)
Erinnern wir uns daran, dass unsere heilige Mutter unsere Klöster
hauptsächlich gründete, damit wir durch unser Gebet denjenigen helfen,
die dafür arbeiten, die Seelen zu Gott zu führen. Wenn wir in diesem
fahrlässig werden, so sind wir abgefallen von ihrem Geist, und die Heilige
Mutter sieht uns nicht mehr als ihre Töchter an. (Worte, die die Heilige oft
gesagt zu Mutter Teresa Maria von der Heiligsten Empfängnis)
III
Über Glaube und Hoffnung
Was für eine schöne Sache ist es doch, zu ihm zu beten, der uns so viel
geben will!... Unserem guten Vater ist es genug, dass wir den Mund öffnen
und einfach ihm nur zeigen unseren Wunsch, gehört zu werden... Wie kann
man weniger tun, um gehört zu werden? (Maximen)
Es ist außergewöhnlich, dass unser guter Jesus, auch wenn wir schlafen,
wenn wir uns selbst amüsieren und überhaupt nicht an ihn oder uns selbst
denken, er noch weiter zu seinem ewigen Vater für uns betet! (Maximen)
Bleiben wir ganz ruhig, dass die Dinge sich immer zu unserem Vorteil
entwickeln, da Gott immer gibt, was das Beste für uns ist. (An eine der
Schwestern)
Setzen wir all unser Vertrauen in Gott, und lasst uns daran erinnern, dass es
der Glaube ist, dass Gott uns Kraft gibt im Verhältnis zu unserer Arbeit.
(An eine der Schwestern)
Siehst du nicht, wie Gott uns hilft, und am Ende des Tages ist alles
erreicht? (An eine der Schwestern)
Ich möchte durch den Glauben an dich, Herr, leben... und ich hoffe, dass
ich am Ende gerettet werde! (Kanonischer Prozess: Worte der Heiligen)
Ihr Skeptiker, o ihr, die es nicht wagt, in seine Nähe zu kommen, macht
den Test und prüft, wie gut und großzügig unser Gott in der Liebe ist!
(Kanonischer Prozess: Worte der Heiligen)
IV
Je ärmer und elender ich bin, um so mehr bin ich reich und stark in Gott.
(Kanonischer Prozess: Worte der Heiligen)
Gott in seiner Barmherzigkeit ist umso herrlicher, desto gemeiner und
verächtlicher ich bin in meinem Nichts, in meinen Sünden, in meiner
Schwäche. (Kanonischer Prozess)
Wie können wir uns nicht demütigen, nachdem Gott sich so erniedrigte für
uns? (Kanonischer Prozess)
Besonders am Ende ihres Lebens pflegte sie zu sagen: "Wenn sie wüssten,
was ich bin, würden sie nicht bei mir bleiben, denn ich bin so schlecht."
(Kanonischer Prozess)
Wenn etwas gut läuft, lasst uns nicht glauben, dass es wegen unserer
Gebete ist; aber wenn ein Unglück geschieht, lasst uns denken, dass es
wegen unserer Sünden ist. (Gedanken)
Der Geist Jesu ist ein Geist der Unterwerfung, der Einfachheit, der Demut
und der Sanftmut. (Gedanken)
Lasst uns versuchen, die Liebe, die uns erschaffen und erlöst und uns
befiehlt, zu lieben. Wenn wir uns sehnen, ihn zu finden, ist die Art und
Weise diese: Die Demut des Herzens und die Einfachheit des Geistes. (An
die Schwestern)
Da die Liebe die Liebhaber entsprechend macht, sollten wir demütig sein
wie Jesus, sanftmütig wie Jesus; und seine Demut wird uns lehren, uns zu
freuen, wenn wir verachtet werden, und still zu sein, wenn die Natur uns
dazu führt, uns vor uns selbst zu entschuldigen. (An die Schwestern)
Es ist eine tolle Sache, unser guter Jesus, obwohl er herrlich ist zur
Rechten des Vaters, nimmt er unser übelstes Elend auf sich und geruht,
ständig für uns zu intervenieren. (Kanonischer Prozess: Worte der
Heiligen)
VI
Als sie (die Heilige) eindringlich von ihrem Vater gefragt wurde, der ihr
etwas schenken wollte, und fragte, was sie möchte, antwortete sie: "Ich
wünsche nichts, und ich brauche nichts. Du hast mir so ein schönes
Geschenk gemacht, indem du mir erlaubt hast, dieses heilige Habit zu
tragen, dass, wenn ich mit meinem Gesicht auf den Boden von morgens
bis abends in der Dankbarkeit bliebe, ich immer noch weniger täte als ich
tun sollte." (Kanonischer Prozess)
In den letzten Stunden ihres Lebens verordnete der Arzt ihr ein paar
Tropfen Laudanum. Sie empfing dies mit Dankbarkeit, meinte aber, dass
die Medizin zu gut und kostbar für eine arme Unbeschuhte Nonne wäre,
und dass sie nicht so viel Aufmerksamkeit verdiene. (Kanonischer Prozess:
von Mutter Teresa Maria)
VII
Wer den Frieden will, der möge leiden und schweigen. (An die
Schwestern)
Wenn wir heilig werden wollen, lasst uns arbeiten und leiden in der Stille,
und bewahren wir unsere Seele im Frieden. (An die Schwestern)
Wenn man nicht direkt sprechen kann, ist es besser, zurückzukehren zum
Gebet und zur Stille; und damit zu einem Frieden mit Gott allein. (An die
Schwestern)
Immer, wenn es einige Probleme im Kloster gab, war die Heilige nicht
bereit, darüber zu sprechen, und pflegte zu sagen: "Das Gebet und die
Stille!" (Erinnerungen)
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Mittwoch, 22.7.2015
Was ich von Magdalena lerne: Buße zu tun für mich und andre,
Vereinigung mit dem Gekreuzigten, kontemplatives Leben und die
Depression als Sühneopferleiden anzunehmen, für andere zu leiden. Fest
für Magdalena, Festmahl beim Chinesen, mit meinem Liebling Tom
geplaudert und gelacht, ihn zum griechischen Festmahl eingeladen.
Charles de Foucauld verehrte Magdalena, nannte sie seine Mutter, ich
nenne sie meine Freundin und Geliebte.
Heute vor 25 Jahren hab ich Karine kennen gelernt, sie erschien mir als
Aphrodite, es war Liebe auf den ersten Blick, und wir schliefen in der
ersten Nacht miteinander. Ich las damals Hölderlin und Wieland, Pindar
und Catull.
Donnerstag, 23.7.2015
Vorgestern Nacht kam Therese vom Kinde Jesus und schenkte mir eine
rote Rose, gestern feierte ich ein Fest mit Magdalena, seit einem Monat
hab ich eine Romanze mit Marina Zwetajewa, mich lieben die tollsten
Frauen!
Papst Franziskus: Die Zukunft der Kirche liegt in Asien (in Afrika, Asien
und Ozeanien). Und ich: Mein Herz gehört China, und zwar nicht dem
kommunistisch-kapitalistischem, sondern dem der Kaiser, Philosophen und
Poeten.
Jetzt kann ich ganz Papst Franziskus folgen, jetzt, wo sie anfangen, ihn zu
verlassen. Zuerst haben alle Hosianna geschrien, jetzt beginnen sie mit
dem Kreuzige! Den konservativen Christen ist er zu revolutionär, den
liberalen Christen ist er zu evangelisch-radikal. Jetzt steh ich an seiner
Seite.
Ich gehöre zu keiner Partei. Ich bin Katholik mit Liebe zur Bibel und zu
Luther und zum freikirchlichen Gemeinschaftssinn. Ich bin kein liberaler
Katholik, mich interessieren nicht Frauenpriestertum und Abschaffung des
Zölibats. Ich bin kein konservativer Katholik, ich verurteile nicht den
Islam und lehne die Ökumene nicht ab. Ich bin Monarchist, aber mit einer
radikalen Vorliebe für die Armen. Ich bin Karmelit und auch Missionar der
Karitas, Don Bosco's Jünger und auch Eremit. Ich bin Platoniker und liebe
auch Nietzsche. Ich liebe klassische und auch romantische Poesie. Ich
liebe Goethe und verurteile die Freimaurer. Ich liebe Bach und auch
englische Blues-Musik. Ich liebe heimlich Aphrodite und lehne die
sexuelle Revolution ab. Ich kenne keine Schublade, in die ich passe.
Papst Franziskus sagte einst als Erzbischof, dass viele Menschen mit ihren
Haustieren Götzendienst treiben. Sie meinen, dass man sich Liebe kaufen
könne. Und mich nerven die Deutschen und ihre abgöttisch geliebten
Hunde. Aber Kinder kann man ja abtreiben.
Jesus sagte zur heiligen Brigitta über ihren lasterhaften Sohn, er sei der
Sohn der Tränen und werde durch die Fürbitte der Mutter gerettet.
Gott sprach: Ich bin dein Gott, der Schöpfer aller Dinge, und ich habe dich
erwählt als meine Braut. Und nun höre meine Stimme, ich will dich meine
Geheimnisse lehren.
Freitag, 24.7.2015
Im Tode die Stimme hörend: Komm nun zur Weisheit, die kein Ende hat!
Manche Freunde Gottes scheinen wahnsinnig, aber es ist nicht vom Teufel,
sondern ein Gehirnleiden zu ihrer Demütigung. Herr, schenke mir Kreuze,
und sei es von Landstraßen, Poltergeistern und Flöhen! (Teresa.)
Wenn ein Mann sich zu früh in seiner Jugend mit einem Mädchen sexuell
vereinigt und dann wechselnde Geschlechtspartnerinnen hat, wird er
irgendwann der Frauen überdrüssig, zieht sich von der Frauen zurück und
lebt als einsamer Single.
*
Benedikt XVI, Sapientia: Für einen neuen Humanismus des dritten
Jahrtausends.
Ein Haus voller Ratten, Mäuse, Spinnen und Flöhe! Das Haus ward der
Lilith geweiht. O Sankt Michael, purgiere das Haus!
Evis Familie ist kaputt, die Kinder sitzen nur noch vor dem Computer, der
Große hackt auf dem Kleinen herum, der Kleine hackt auf der Mutter
herum, und die Mutter will ihren Mann loswerden. Alle Zimmer bis
obenhin voll mit Müll, ein ganzes Zimmer unbetretbar wegen
Mäusekadavern, Ratten leben im Haus, dem Hund fehlt jede Erziehung,
stattdessen ist er voll Flöhe. Alles nichts als Kot der destruktiven Dämonen
des Okkultismus, ein hoffnungsloser Fall. Tom tut mir sehr leid! Wir haben
heute mit Feuer gespielt, er sang, ich sei gut, als einziger. Und er ist mir
auch der einzig liebe.
Samstag 25.7.2015
Paul Paulinski schreibt: Säe weiter den guten Samen in Tom. Irgendwann
kommt er aus seinen Umständen heraus. Vielleicht findet er eine Frau, die
ihn stabilisiert und ihm ein schönes Zuhause schafft.
Im Traum sah ich Karine und mich als Paar, wir trugen beide schwarz, ein
melancholisches Bild, dann lachte Karine, war sinnlich schön, mit schönen
Zähnen und wollüstigem Mund. Wir trafen den großen Shakespeare und
seine Freundin. Ich fragte Shakespeares Freundin, ob sie bukolische
Eklogen liebe und gab ihr vulgäre Sonette von mir, falls sie sie lesen
möchte.
„Wir müssen von euch Abschied nehmen. Wir sehen uns im Himmel
wieder. Sagt, wollt ihr uns die Treue halten?“
Montag, 27.7.2015
Traum von Rilke, den ich meinen einzigen Zeitgenossen nannte, der ein
wahrer Dichter ist. Ich sagte Rilke, er solle nicht heiraten, sondern die
Einsamkeit suchen. Rilke fuhr dann schnell nach China, ich folgte ihm, wir
spielten mit Chinesen. Mittags Rilkes Requiem für Paula Becker gelesen
und einen Brief von ihm an einen jungen Mann über die
Geschlechtlichkeit.
Dienstag, 28.7.2015
Ich hab euch lieb, spricht der Herr. Esau hasse ich, aber Jakob liebe ich. -
Selige Alonza von der Unbefleckten Empfängnis aus Indien,
kontemplatives Leben, Sühneleiden. - Jesus: Ich werde euch eine Weisheit
geben, der all eure Feinde nicht widerstehen können. - Hab Tom aus
seinem magischen Buch vorgelesen. Reinhold Schneider, Innozenz der
Dritte zuende gelesen.
Mittwoch, 29.7.2015
Nur zwei Stunden geschlafen. Von Stefanies Schönheit geträumt.
Anbetung der Herrlichkeit des Herrn oder der göttlichen Schönheit.
Donnerstag, 30.7.2015
Maria: Ihr seid müde von den irdischen Dingen. Kommt zu mir, ich werde
euch die Kraft wiedergeben, die ihr auf eurem schweren Lebensweg
verloren habt. Tom fährt zwei Wochen in Urlaub. Ich brauche jetzt
Erholung für die Seele. Prakriti ist die Sprache der Materie, der Frauen,
des Alltags, Sanskrit ist die Sprache des Geistes und der Weisen. Ich will
zurück zur Kontemplation, zurück in den platonischen Ideenhimmel.
Von Stefanie geträumt, wie gestern. Sie ist eine Schönheit, modisch
gekleidet, geschminkt, eine Puppe, sie liebt mich nicht, verschließt mir ihr
Herz, von Geist wenig Spur, aber einfach bildschön. Ich denke bitter:
Wahrscheinlich steht sie stundenlang vorm Spiegel und betet sich an. Ich
weiß, sie weiß, dass sie schön ist.
Allen bin ich gleichgültig. Ausnahmen sind nur Paul Paulinski, der mir
schreibt, und mein treuer Liebling Tom, der mich fast jeden Tag sehen will.
Ich übersetze die Commedia Divina. Messe heute: Der große Poet Dante!
Papst Franziskus will, dass wir ihn lesen. Ein Zeichen Gottes.
*
Tom Anruf gestern: Im Weltraum, in der Milchsztra0e, auf dem Planeten
Erde, in Europa, in Deutschland, in Oldenburg, in der Nadörster Straße
Nummer…, im hintersten Zimmer, auf dem Hochbett, unter der Decke,
wartet ein kleines Kind auf dich, bitte komm!
Freitag, 31.7.2015
Samstag, 1.8.2015
Maria: Jetzt ist deine Mission hier unter den Kranken! Bin zu Karines alter
Mutter eingeladen. Bliebe lieber allein.
*
Karines Mutter, katholisch getauft und gefirmt, hofft, wiedergeboren zu
werden als Blume. Karines Vater, Sozialist, beruft sich auf Nietzsche und
Buddha, meint, mit dem Tode komme das Nichts.
Ich geh zum einfachen Volk – sie kennen den Herrn nicht. Ich gehe zu den
modernen Gelehrten – sie kennen den Herrn nicht. Las über Bonaventura,
Albertus Magnus, Joachim di Fiore. Nachgedacht über die Geistkirche, das
Neue Pfingsten, die Charismatiker, die Pfingstler. Aber es ist schwer,
Joachim zu kennen, da ich nur über und nicht von ihm lese.
Eine, die sich noch auf dem Totenbett über mich freute – Karine.
Sonntag, 2.8.2015
Messe. Erzbischof von Prag über Magdalena. Der Kult Magdalena. Die
Sünderin trocknet Jesu Füße mit ihren Haaren, der Auferstandene sagt zu
ihr: Maria! Sie wird zur Apostelin der Apostel und Apostelin Frankreichs.
Die Provence bewahrt ihre Reliquien. Schöne Frau mit Mittelmeer-
Temperament. Das Hohelied! Ja, Poesie und Mystik! Das Christentum
keine Beerdigung, sondern eine Hochzeit. Ich bete zu Magdalena.
Messe: Leib und Blut der göttlichen Liebe und meine und ihre
Vermischung. Übersetzung von Shakespeares Venus und Adonis
überarbeitet. Vortrag zu Barocktheologie, Karmeliter, Jansenisten, Franz
von Sales, und Vortrag zum Verhältnis Mann und Frau in der Ehe von
Christa Meves. Paul Paulinski schickte mir Novalis' Marien-Gedicht: In
tausend Bildern.
Von der Schönheit des Antlitzes Stefanies geträumt. Robinson Crusoe Film
gesehen.
Montag, 3.8.2015
Geträumt von meinen einstigen Pflegekindern, hab Milan liebkost, Simon
wollte Germanistik studieren, Feindseligkeiten ihrer neuen Pflegeeltern
gegen mich. In Liliencrons Poggfred gelesen. An Dantes Hölle
geschrieben. Tom Sawyer Film gesehen. Messe: Predigt über einen
Eremiten, den seligen Benno von Einsiedeln. Gottes doppelter Segen.
Dienstag, 4.8.2015
Mittwoch, 5.8.2015
Geträumt von Evi und ihrer Esoterik, warnte sie vor der Hölle. Ich sagte
ihr, in der Erinnerung verkläre sich Karine immer mehr. Sie sagte, Karine
sei mein Dämon, ich müsse meinem Dämon gehorchen. Träumte dann von
Papst Johannes Paul, ich sagte ihm, ich könne die katholische Bibel nicht
lesen, sie habe keine schöne Sprache, ich bat ihn um Erlaubnis, die
Original-Luther-Bibel zu lesen.
*
Am 5.8.2001 hab ich mich in Lourdes mit Maria verlobt. Bibel morgens:
Aarons Stab blühte. So blühte Josefs Stab, von Gott erwählt, Marias
Bräutigam zu sein.
Maria Schnee. Gesegnet sei der Schoß, der Jesus getragen, gesegnet seien
die Brüste, die Jesus gestillt haben. Die Braut kommt vom Himmel,
geschmückt für ihren Mann. Maria, geschmückt mit Kettchen, Ringen,
Ohrringen. Dante und Virgil übersetzt, Marina und Goethe gelesen. Tom
Sawyer Film.
Stefanie, die schönste aller Frauen, hat mir geschrieben. Lieben Dank,
schreibt sie, und segensreiche Grüße. - So segnet mich der allmächtige
Vater.
Donnerstag, 6.8.2015
Von meiner toten Tante Petheda und Onkel Arno geträumt: Es ist ein
großer Unterschied, ob man das Arschloch Satans oder Gottes Mund küsst.
Der Traum wohl ein Hinweis auf Dante.
Freitag, 7.8.2015
Im Traum weigerte sich mein harter Vater, mir Geld zu leihen. Meine
Mutter machte ein unzufriedenes Gesicht und sagte, ich müsse
Alkoholentzug machen. Meine Nichte sagte: Bald musst du deine
Wohnung verkaufen und dann nennst du deinen Bruder nicht mehr Bruder,
sondern deinen Herrn. Wachte von dem Alptraum auf. Morgengebet:
Judith schmückt und schminkt sich. Maria ist ja da! Puschkin: Wer wahrte
stoisch seine Kühle, begrüßten Musen ihn und Feen? Stefanie! Dina! Noch
gibt es junge Schönheit auf Erden, inspirierende Femininität. Die
mystische Hochzeit von Weisheit und Schönheit.
Prediger: Und nun ist dein Papa im Himmel. Wie hat er alles aufgebaut,
für Frau und Kinder gesorgt, das Haus gebaut, nun im Himmel ist seine
Liebe noch größer, nun kann er noch mehr für dich tun. Gebet zu meinem
Vater. Lyrik-Rezitationen gehört von Bürger, Goethe, Schiller und
Hölderlin. Ich bin des Reims überdrüssig. Goethe ist mir vor allem der
Altersweise. Schillers verschleierte Wahrheit von Sais, Kants
Unerkennbarkeit der Wahrheit, das ist nicht die christliche Wahrheit, die
sich selbst entschleiert. Apokalypse heißt ja Entschleierung. Johannes vom
Kreuz betet: Liebe, reiße den letzten Schleier herunter!
Samstag, 8.8.2015
Im Traum waren Milan und Simon in der Stube meiner Großmutter, Milan,
vierjährig etwa, kam mit ausgestreckten Armen auf mich zugelaufen.
Messe: Der Mund des Gerechten tut Weisheit kund. Tom hat versucht,
mich telefonisch aus Berlin zu erreichen. Sehnsucht nach Tom und Evi.
Evi ist nicht schön wie Stefanie, aber ihre verschleierte Seele ist mir so
intim vertraut, darum hab ich sie lieb. Am ABC der biblischen Frau
gedichtet. Stefan Schütz, Medusa, und Marina gelesen. Messe: Elia setzte
sich unter einen Ginsterstrauch und sagte: Herr, nimm mein Leben von
mir!
Sonntag, 9.8.2015
Wie macht der Papst Ferien? Zuhause bleiben, lange schlafen, lesen, was
er mag, Musik hören, mehr beten.
Montag, 10.8.2015
Mittwoch, 12.8.2015
Freitag, 14.8.2015
Samstag, 15.8.2015
Nach drei Stunden Schlaf vom Alptraum aufgewacht, mein Vater bedrohte
mich mit einer Schere, mein Bruder verriet mich, meine Mutter ließ mich
putzen, mein Onkel kritisierte mich verletzend.
*
Traum, dass ich der Ungeliebte der Frauen bin. Ich zitierte Platon, dass
nicht der Geliebte, sondern der Liebende göttlich sei. Goethe sprach mit
mir über englische Poesie, Renaissance und Romantik, vor allem
Shakespeare, aber auch über die Franzosen, besonders Voltaire. Träumte
auch von Wielands Musarion. Traurig erwacht.
Messe. Zur Predigt schlief ich ein, um mich nicht über den
Dummschwätzer ärgern zu müssen, und wachte zur Opferung wieder auf.
Vier Stunden in Evis Garten auf Evi und Tom gewartet. Verzücktes Gebet
zur Madonna, der ganz Schönen. War griechisch essen. Sah die Jungfrau.
Verzückung. Weltekel. Ich allein auf Erden, die zum Reich Satans
geworden ist. Bat Maria, mich heimzuholen. Evi und Tom kamen, am
meisten freute sich der Hund über mich. Verlassenheit! Gott: Dein großes
Wissen macht dich wahnsinnig... Zu Hause tröstete mich die große Teresa,
sie kenne die Einsamkeit und die Sehnsucht nach menschlicher Zuneigung,
sie beneide mich aber, denn Christus gäbe mir Anteil an seiner
Verlassenheit. Nur Mut! Edith Stein, Goethe und Schröder gelesen. In
Dantes Hölle ist es lieblicher als auf Erden.
Sonntag, 16.8.2015
Nur vier Stunden geschlafen. Morgenmesse, Jesus über Evi: Wie der Herr,
so das Gescherr, von Disteln kann man keine Feigen ernten. Ich der unter
die Räuber gefallen ist, Jesus der barmherzige Samariter. Jesus zu mir: Du
hast geliebt wie ein Seraph. Wieder geschlafen. Abendmesse: Gottes Wille
ist, dass du Psalmen, Hymnen und Oden singst. Rilke Briefe, sehr weise
und visionär. Kriminalfilm.
Predigt von Paul Paulinski. Trost von Teresa von Jesus. Mitleid von meiner
Mutter. Gott ist da. Ich voller Schmerzen.
Ein Engel Satans hat mich geohrfeigt, dass ich nicht hochmütig sei.
Montag, 17.8.2015
Im Traum zog ich in eine kleine Siedlung, die nur aus Kirchen bestand,
katholisch, lutherisch, baptistisch, evangelikal, pfingstlich, ich besuchte sie
alle, saß auf dem Markt im Café, um mich nur Christen und Christinnen,
und man pries mich in hohen Tönen. Habe heute das ABC der biblischen
Frau zuende gedichtet.
Lutherischer Bibelkreis, über den Heiligen Geist, veni creator spiritus von
Rabanus Maurus in der Nachdichtung von Luther, eine Melodie aus dem
Jahr 1000, von der Pastorin vorgesungen, sehr schön. Dann zu Tom, ihn
getröstet.
Dienstag, 18.8.2015
*
Tags bei Marco und Susanne, gutes Essen, nettes Theologisieren, beide
nett zu mir, aber ich sehne mich nicht nach Freundschaft, ich sehne mich
nach Liebe. Dann zu Tom. Er und alle im Haus übellaunig, keine Liebe für
mich. Satan triumphiert in der Familie. Zuhause begrüßte mich Sophia mit
einem Vortrag über den ontologischen Gottesbeweis, über Abälard und
Bernhard. Abälard ist mein Mann. Suchte Trost in prophetischen
Botschaften Jesu und Mariens, Edith Stein Briefen, Goethe, Puschkin,
Klopstock, Schröder, Hölderlin, Clemens Brentano. Mich tröstete nur ein
Bild der Maria Aphroditissa, ihre sonnige Schönheit, Ganzhingabe der
Königin der Liebe. Satan will triumphieren, und allein Maria kann ihn
besiegen.
Mittwoch, 19.8.2015
Tom hundert Euro geschenkt. Den ganzen Tag die unaussprechlich schöne
Madonna angeschaut. Überreiche Gnadenströme. War in einer Vision in
der Gnadenkapelle von Altötting. Tränen der Liebe. Tausend Danke!
Stefanie schrieb. Pastorin Gudrun nannte meine Übersetzung von veni
creator spiritus schön und herzbewegend. Weiter an Dantes Hölle. Messe:
Wegen deiner seltsamen Krankheit werden Seelen gerettet. Sophia: Ich bin
die Schöne der Schönen.
Donnerstag, 20.8.2015
*
Gedichte von Bo Djü-I nachgedichtet. Abendmesse: Bernhard wird von
Dante besungen. Dante weiter übersetzt. Zwei Liebeskomödien gesehen.
Jesuitischen Philosophen über die Sehnsucht nach Gott gehört.
Freitag, 21.8.2015
Im Traum fragte ich, wann Karine vom Urlaub wiederkäme. Hörte das
halbe Markus-Evangelium. Besuchte Tom, las ihm vor, fuhr mit ihm mit
dem Rad in die Innenstadt, wir bummelten müßig. Messe: Die starke Frau,
wer wird sie finden? Maria meine Frau. Sophia meine Frau. Hörte weiter
Nietzsches Götzendämmerung. Dichtete Bo Djü-I nach. Las Goethe und
Rilke Briefe.
Samstag, 22.8.2015
Sonntag, 23.8.2015
Bibel: Jesus treibt einen Teufel aus am Sabbat. Evi kam, etwas in meinem
Keller abzustellen, blieb aber nicht. Maria: Terra Bella ohne Schönheit!
Lass dich nicht von der Pseudesophie betrügen! Ich liebe dich sehr! Bibel:
Hiobs Sophia.
*
Messe: Die Kirche ist makellos, ohne Falten und Runzeln, Mysterium der
Ehe, L'Union mystique à Marie! Bibel: Wenn ein israelischer Krieger ein
heidnisches Weib als Kriegsbeute nimmt und sie begehrt, soll er sie
ausziehen, wenn sie ihm aber nicht mehr gefällt, soll er sie wegschicken.
Weißglühende Liebe der Jungfrau! Wer die mystische Vereinigung mit
Maria will, muss bereit sein zur absoluten Menschenverlassenheit. Am
philosophischen Wörterbuch weiter geschrieben. Dantes Hölle fertig.
Doktor Shiwago Film. Paul Paulinski rief an. Günderode gelesen.
Faust I zuende gehört. Delta der Venus. Dunkle Nacht der Seele.
Montag, 24.8.2015
Messe: Jesus sagt: Du bist ein wahrer Israelit ohne Falschheit. Schmerzen
den ganzen Tag. Meine Mutter rief an. Am philosophischen Wörterbuch
weiter geschrieben. Gesprochene Lyrik-Geschichte gehört, von Rückert bis
Droste. Ich glaube an Eichendorff und Anette. Heine verfluchte Gott. Brief
an Stefanie. Dass sie es mir nur nicht übel nimmt. Qual der Einsamkeit.
Dienstag, 25.8.2015
Mittwoch, 26.8.2015
Morgens Bibel: Ich hab dich lieb, spricht der Herr. Nach dem Aufwachen
mittags zu Tom. Ihm vorgelesen, mit ihm mit Feuer gespielt, mit ihm
geplaudert. Evi lieblos, tot. Zuhause Messe, eine Stunde vor dem
Tabernakel Rotz und Wasser geheult. Meine Mutter rief an und spielte mir
Tears in Heaven von Eric Clapton vor. Studie über Tschuang Tse.
Mystischer Gruß von Mirjam von Abellin: Ja, ich werde vom Teufel
bedrängt. Rosenkranz.
Donnerstag, 27.8.2015
Freitag, 28.8.2015
Samstag, 29.8.2015
Sonntag, 30.8.2015
Göttin-Epos. Traum von Edith Steins Philosophie.
Messe: Haltet das Wort Gottes und ihr werdet berühmt als weises und
gebildetes Volk. Tom ruft an: Wann kommst du endlich?
Nachmittag mit Tom, er wollte mich gar nicht gehen lassen. Göttin-Epos.
Milton Paradise Lost gehört. George Herbert gelesen. Rosenkranz.
Botschaften der Miterlöserin.
Montag, 31.8.2015
Dienstag, 1.9.2015
Im Traum zog ich eine Linie von Augustinus zu Hölderlin, sah und hörte
Marina Zwetajewa und Anna Achmatowa und sah von beiden ein Faust-
Drama. Dann träumte ich von Milan und Simon und ihren Pflegeeltern, die
Kinder winkten mir zu, die Pflegeeltern stritten mit mir. Früh von Tom
geweckt. Sprüche Salomos gehört.
Nachmittag mit Tom verbracht. Evi freundlich. Vorträge über Gott als
Vater gehört. Messe: Ich soll Karmelit sein. Sankt Teresa Margareta vom
heiligsten Herzen Jesu gelesen: Die Liebe lieben! Göttin-Epos. Maria: Ja,
Gott wird einer Mutter gleichen.
Mittwoch, 2.9.2015
Von der Liebe und Barmherzigkeit als dem Wesen der Dreifaltigkeit
geträumt. Messe: Gott lobt meinen Glauben. Gott ist die Schöne Liebe, ich
bin Epaphroditus. Den ganzen Tag traurig. Etwas am Göttin-Epos. Sankt
Teresa Margareta weiter gelesen, ein Leben nur für die Liebe. Großartiges
Gedicht von Gleim gelesen, das rote Buch. Vortrag über die Apokalypse,
Vision vom Thronsaal Gottes. Stefan Schütz Medusa gelesen.
Donnerstag, 3.9.2015
Freitag, 4.8.2015
Samstag, 5.9.2015
Sonntag, 6.9.2015
Mittagsmesse: Jesus tritt in meine soziale Isolation ein. Las Karschin
Oden, Goethe Briefe, hörte Khalil Gibrans Propheten. Den ganzen Tag
Schmerzen! Meine Mutter will, dass ich sie besuche. Nachts tröstet mich
Abälard. Dichtete griechische Verse nach. Ich danke Gott für die
Bekanntschaft der jungen Christinnen.
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Es gibt ein paar Dinge, die wir zuerst verstehen müssen. Die Muslime
teilen die Welt in zwei Teile. Der erste Teil ist die Welt des Islam. Darin
leben die Menschen, wie es der Islam verlangt. Die andere Welt ist die
Welt des Krieges. Wenn in einem Land nicht die Scharia herrscht, also das
Gesetz des Korans und der Überlieferungen Mohammeds, dann ist dieses
Land nicht Gott unterworfen und ist also ein Land des Krieges.
Dieser Begriff, die Welt des Krieges, geht zurück bis auf die Zeit der ersten
Kalifen. Kalifen sind religiöse und politische Führer des Islam und
behaupten, bis auf Mohammed zurück zu gehen. Und damit haben wir es
heute zu tun.
Es gibt verschiedene Arten des Dschihad, das heißt des Heiligen Krieges.
Der Dschihad ist eine religiöse Pflicht für die Muslime. Das Wort
Dschihad bedeutet im Arabischen eigentlich Kampf, nicht Heiliger Krieg.
Da gibt es den inneren Kampf des Gläubigen mit seinem Ego. Da gibt es
aber auch den Kampf gegen die Feinde der islamischen Religion. Dann
gibt es den Kampf, um Ungläubige zu Allah zu bekehren. Muslime haben
traditionell alle diese Arten von Dschihad geführt.
Heute sehen wir den Aufstieg neuer Bewegungen im Islam. Wir sehen
einen islamischen Terrorismus, wie ihn die Vergangenheit nicht gekannt
hat. Diese neue Form des Dschihad betrifft uns heute alle. Er ist nicht ganz
neu, aber er tritt in einer neuen Form auf. Worum geht es in diesem Krieg?
Schon im Anfang des Islam hatte Mohammed heftige Kämpfe mit den
Heiden zu bestehen. Mohammed stammte aus Mekka. Sein Vater starb, als
Mohammed noch im Mutterschoß war. Seine Mutter starb, als er sechs
Jahre alt war. Er wurde von seinem Großvater aufgenommen, der aber
starb, als Mohammed acht Jahre alt war. Da wurde er von seinem Onkel
aufgenommen. Als er erwachsen geworden war, wurde er
Karawanenführer.
Mekka war das Hauptheiligtum des heidnischen Arabien. In Mekka gab es
und gibt es heute noch die Kaaba. Das war der Kultort der Götter und
Göttinnen Arabiens. Es gab drei große Göttinnen. Diese waren die Frauen
oder Töchter des Hauptgottes Allah. Seine drei Töchter wurden als
Naturgöttinnen in Mekka angebetet.
Mohammed reiste oft in den Norden. In Damaskus kam er in Kontakt mit
Christen. Er wusste etwas über die anderen Religionen. Er war bekannt als
ein ehrlicher Mann. Er hatte aber einen niedrigen sozialen Status, da er
ohne Vater oder Großvater war. Er lernte eine Christin namens Kadischa
kennen, die er schließlich heiratete. Er war damals fünfundzwanzig und sie
vierzig Jahre alt.
Im heidnischen Arabien wurde das Erbe von den Müttern an die Töchter
weitergegeben. Der Koran und der Islam wollten eine neue Ordnung
durchsetzen. Nun sollte das Erbe von den Vätern den Söhnen
weitergegeben werden. Es war also der kulturelle Wandel vom Matriarchat
zum Patriarchat, was Mohammed durchsetzte.
Während Mohammed mit der Christin Kadischa zusammenlebte, hatte er
einige Visionen in einer Höhle außerhalb von Mekka. Er stand auch unter
dem Einfluss eines Verwandten seiner Frau, der ein christlicher Mönch
war.
Dieser Mönch übersetzte Teile des Alten und des Neuen Testaments ins
Arabische. Er überlieferte es Mohammed mündlich. Dieser konnte ein
wenig lesen, aber nicht schreiben. Auch Kadischa und ihre Verwandten
erzählten ihm Geschichten aus der Bibel. Als er seine Visionen hatte,
ermutigte Kadischa ihn, denn sie hoffte, er würde Christ werden.
Mohammed fing an, einige Schlüsselbegriffe zu lehren: 1. Es gibt nur
einen Gott. Nur Allah ist Gott und alle anderen Götter und Göttinnen sind
nicht Gott. 2. Allah will, dass die Menschen rechtschaffen sind. 3. Allah
wird die Toten auferstehen lassen, darum darf man nicht wie die Heiden
leben. 4. Allah wird richten, bevor er die Toten auferweckt. Wer
unmoralisch lebt, wird in die Hölle geschickt. Hölle heißt Jehenum, das ist
die Gehenna, von der Jesus gesprochen hat.
Wenn du ein rechtschaffener Mensch bist, wirst du ins Paradies kommen.
Dort fließen Flüsse, die bewässern Gärten mit Obstbäumen. Da gibt es
Quellen von reinem Wasser, Brunnen von Milch und Brunnen von Wein,
der nicht berauscht. Den Männern sind Paradiesfrauen verheißen, die
Huris, die jeden Tag ihre Jungfräulichkeit wieder herstellen. Mit diesen
dürfen sich die Männer in alle Ewigkeit vergnügen.
Es gibt keine eindeutige Aussage über das, was muslimische Frauen
erwartet, wenn sie ins Paradies kommen. Mohammed sagte aber, die
meisten Menschen in der Hölle seien Frauen. Er lehrte dies erfolglos zur
Zeit seiner ersten Visionen, bis er aus Mekka nach Medina floh.
Der Tod Kadischas war ein schwerer Schlag für Mohammed. Nun stand er
nicht mehr unter ihrem Schutz. Er war nun abhängig von seinem Stamm.
Der Stamm aber lebte von den Einkünften, die ihnen die Wallfahrer ins
heidnische Heiligtum brachten. Und nun sprach Mohammed gegen diese
Götter und Göttinnen. Darum war sein Stamm gegen ihn. Mohammed
sagte nun, dass das irdische Leben und der Reichtum nicht alles seien, viel
wichtiger sei es, ins Paradies zu kommen. Er sagte, dass alle, die viele
Götter und Göttinnen anbeten, in die Hölle kommen. Das war nicht gerade
eine populäre Botschaft.
Im Jahr 622 nach Christus wurde Mohammed aus Mekka vertrieben und
floh nach Medina. Das ist wichtig, denn die Suren oder Kapitel des Koran
werden unterschieden zwischen denen, die in Mekka und denen, die in
Medina offenbart wurden. In Mekka hatte Mohammed versucht, als sanfter
Mann die Heiden mit Worten zu überzeugen. Nun aber in Medina,
zusammen mit seinen muslimischen Jüngern und bekehrten Heiden,
begann er, militanter aufzutreten.
Mohammed dachte, dass die Juden als Monotheisten ihn als Propheten
freudig begrüßen würden. Das war nicht der Fall, sondern die Juden
stellten sich gegen ihn. Mohammed begann eine Reihe von Kriegen gegen
Mekka zu führen. Manchmal kämpften Juden auf der Seite von Mekka.
Daraufhin vertrieb Mohammed die Juden aus Medina.
Weitere Juden hatte Mohammed enteignet. Bei einem anderen jüdischen
Stamm ließ er die Männer über 12 Jahren enthaupten und die Frauen und
Kinder versklaven. Einige Jüdinnen nahm er sich zur Frauen.
Zehn Jahre lang führte Mohammed Krieg, bis zu seinem Tod im Jahr 632.
Wenn man im Koran die Aufforderung zum Kriegführen liest, handelt es
sich immer um eine Sure aus Medina.
Im Islam gibt es keine verbindliche Lehrautorität. Jeder kann den Koran
interpretieren, wie er will. Der Islam ist eine Religion des Friedens bei
denen, die sich auf Mekka-Suren beziehen. Der Islam ist eine Religion des
Krieges bei denen, die sich auf Medina-Suren beziehen.
Die Frage ist für jeden Muslim, welchen Texten er folgt. In der Sure 4,
Vers 77 aus Medina heißt es: „Unser Herr, warum hast du uns befohlen zu
töten?“ Sieben Mal gibt es im Koran die Aufforderung, die „Ungläubigen
zu töten“. In einem andern Text, diesmal aus Mekka, heißt es, es darf
keinen „Zwang im Glauben“ geben. Welcher dieser Ansichten ein Moslem
folgt, ist seiner persönlichen Interpretation überlassen.
In seinen zahlreichen Kriegen gegen Mekka gelang es Mohammed, Mekka
zu unterwerfen. Sie konnten seinem Heer nicht widerstehen. So wurde
Mohammed nach und nach der Herrscher über ganz Arabien. Er tötete
einige seiner stärksten Gegner, denen er nicht verzeihen konnte. Es gibt
Stellen im Koran, die sagen, dass es gut ist, zu vergeben. Aber er gibt auch
Stellen, die die Ermordung der Gegner des Islam rechtfertigen. Rache wird
gutgeheißen. Welchen Weg nun ein Moslem wählt, den der Vergebung
oder den der Rache und des Mordes, ist einer persönlichen Interpretation
überlassen.
Mohammed war gewillt, weiterzukämpfen und das Reich von Byzanz
anzugreifen. Er starb aber im Jahr 632. Sein Schwiegervater wurde der
erste Kalif. Die Moslems breiteten sich aus von Persien bis Spanien. Im
traditionellen Islam wurden die Juden und Christen nicht als Ungläubige
angesehen, sondern beide waren Volk der Schrift. Wenn Juden und
Christen bereit waren, in einem von Moslems eroberten Gebiet zu leben,
und wenn sie eine Schutzsteuer an den islamischen Staat zahlten, konnten
sie weiter ihrer Religion nachgehen.
Die Christen im nahen Osten begrüßten sogar die muslimischen Eroberer,
weil sie so befreit wurden vom byzantinischen Reich. Die Schutzsteuer,
die die Christen an die Muslime zahlen mussten, war geringer als die
Steuer, die sie dem byzantinischen Reich zahlen mussten. Der kulturelle
Fortschritt, den die arabische Kultur damals brachte, ging auf die Christen
zurück. Die Christen hatten die Werke der griechischen Philosophen ins
Arabische übersetzt. Es gab muslimische Philosophen, die sich mit Platon
und Aristoteles und dem Neuplatonismus auseinandersetzten. Aber als sich
eine strenge Form des Islam durchsetzte, in der die griechische
Philosophie abgelehnt wurde, begann der Niedergang der arabischen
Kultur.
Da traten die Türken auf den Plan der Geschichte. Türken sind keine
Araber, aber Muslime. Sie drängten nach Europa. Sie zwangen besiegte
christliche Männer, zum Islam überzutreten und als Elitesoldaten dem
türkischen Sultan zu dienen. Diese Elitesoldaten waren die Janitscharen.
Sie hatten noch keine familiären Bindungen an die Türken. Sie waren
radikal-loyal dem Sultan gegenüber. Sie wurden gezwungen, gegen andere
Christen zu kämpfen. So setzte das Osmanische Reich der Türken seine
Expansionspolitik weiter fort.
Da kam es zur berühmten Schlacht bei Lepanto. Eine kleine christliche
Flotte besiegte die Türken. Die Christen hatten zuvor in ganz Europa zu
Jesus und zur Mutter Jesu gebetet. Die Türken hatten damals Allah
geschworen, Rom zu erobern und den Petersdom in eine Moschee zu
verwandeln. Das ist nicht geschehen. Hundert Jahre später griffen die
Türken Wien an. Wieder beteten die Christen zu Jesus und Maria, und so
wurden die Türken vertrieben.
Nun begann das türkische Reich wie auch das persische Reich mehr und
mehr zu zerfallen. Im 18. Jahrhundert dringt Peter der Große, der Zar von
Russland, in diese Gebiete vor. Die Briten sehen den Erfolg Peters des
Großen. Die Briten unterwerfen sich darauf 'Teile Nordafrikas und Indien.
Im Ersten Weltkrieg zerfiel das türkische Reich fast vollständig. Briten und
Franzosen nehmen sich ihre Teile. Frankreich nahm sich Libanon und
Syrien. Die Briten nahmen sich Palästina, den Irak und Arabien.
Im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert entwickelten sich zwei
Ideologien, die für unsere heutige Situation entscheidend sind: Ersten der
radikale Islam und zweitens der Nationalismus.
Im Jahre 1740 entstand eine neue Bewegung des radikalen Islam, von
einem Mullah gegründet, der von anderen Mullahs abgelehnt wurde.
Diesen radikalen Islam nennt man nach seinem Gründer Wahabismus. Der
Gründer stammte aus der Saud-Familie, daher kommt der Name Saudi-
Arabien. Die Familie Saud bildete den militärischen Arm des Wahabismus.
Al-Qaida zum Beispiel ist eine Gruppe des Wahabismus. Der Wahabismus
bildet die ideologische Grundlage von Saudi-Arabien, Al-Qaida,
Moslembrüderschaft, Taliban und ähnlichen Gruppen in der ganzen Welt.
Der Wahabismus betreibt die Ausbreitung im südlichen Afrika und ist
besonders stark in Nigeria. Außerdem versorgt der Wahabismus viele
Moscheen und Schulen in den USA.
Der Wahabismus hat nun eine bestimmte Auslegung des Koran.
Grundlegend ist dafür das Buch ihres Gründers mit dem Titel: Die Einheit
Gottes. Im traditionellen Islam wurden ja Juden und Christen als Volk der
Schrift bezeichnet. Als Ungläubige galten nur Heiden und Atheisten. Der
Wahabismus nennt nun Juden und Christen und muslimische Shiiten
Ungläubige und Zauberer. Sie sehen im Koran die Aufforderung, diese
Ungläubigen zu töten. Diese Tötungen sehen sie als Gottes Gebot an und
fühlen sich verantwortlich, diese Tötungen durchzuführen.
Die Wahabiten begannen 1790 mit einem Angriff auf die schiitischen
Muslime, in der Arabischen Emiraten und im Irak. Dann marschierte ihre
Armee gen Westen bis nach Damaskus. Da sagte der Sultan: Genug ist
genug!
Im Jahre 1900 entkam Ibn Saud aus der Gefangenschaft. Er verbündete
sich mit den Wahabiten und begann, Arabien zu erobern. Er schuf Saudi-
Arabien, nach ihm benannt. In Saudi-Arabien war nun der Wahabismus
eine offizielle Art des Islam. Die Familie von König Abdullah wurde zu
Ketzern erklärt und vertrieben. 1920 schufen die Briten Jordanien und
gaben es einem der Abdullah-Bruder, für einen andern Abdullah-Bruder
schufen die Briten den Irak.
Das war also die Ideologie des radikalen Islam. Aber eine zweite Ideologie
ist noch von Bedeutung für unsere heutige Lage, und das ist die Ideologie
des Nationalismus. Anfang des 19. Jahrhunderts ward die Idee des
Nationalstaats groß, dem die Bürger mehr verpflichtet seien als regionalen
Fürstentümern. Die Idee der Nation ersetzte bei vielen Menschen die
Religion. Schon in der Zeit nach der Reformation, besonders in der Zeit
der Aufklärung, war die Religion nicht mehr die alles einende Idee. Im
30jährigen Krieg führten Christen gegen Christen sogar Krieg. Da nun
nicht mehr der Glaube die Menschen vereinte, suchte man die Einheit in
der Idee der Nation. Bismarck schuf Deutschland, Garibaldi schuf Italien.
Der Nationalismus gipfelte im Ersten Weltkrieg und mit dem Rassismus
dazu im Zweiten Weltkrieg.
Der Nationalismus war nicht nur ein europäisches Problem. Auch die
Libanesen sagten: Wir sind die libanesische Nation, obwohl es gar kein
Staatsgebiet Libanon gab. Zur Zeit des großen Osmanischen Reiches
hatten die Menschen sich nicht als Ägypter, Libanesen, Iraker, Kurden,
Syrer gesehen. Die Idee der Nation existierte dort nicht, bis sie von den
europäischen Christen exportiert wurde. Nun entstanden neue
Spannungen. Auch die Armenier begannen, ihre nationale Identität zu
entdecken.
Die Türken unterdrückten die Armenier und begingen Anfang des 20.
Jahrhunderts den ersten Völkermord, indem sie bis zu zwei Millionen
Armenier ermordeten. Da das Osmanische Reich zerfallen war, trat die
Idee von Nationalstaaten an dessen Stelle. In Damaskus wurde die Baath-
Partei gegründet, das war eine Partei des Nationalismus in Syrien und im
Irak. Sie sympathisierten mit Hitlers Nationalsozialisten. Die vom
Großmufti von Jerusalem geführten Palästinenser schlossen sich der
nationalsozialistischen Idee an, der Großmufti lebte während des zweiten
Weltkriegs in Berlin. Die nationalistische Ideologie bildete Regierungen in
Ägypten, Syrien, Irak und bestimmte die PLO.
Diese Regierungen waren zentralistisch und mischten sich stark in das
Privatleben der Bürger und töteten mehr Menschen, als es das Osmanische
Reich je getan hatte. Moderne Kommunikationsmittel und moderne
Waffen machten all dies möglich.
Nun stellten die gewöhnlichen Menschen im Nahen Osten fest, dass sie
vom Nationalismus unterdrückt wurden. Da sagten sie sich: Der
Nationalismus ist ein Dämon aus dem Westen, sie wollen uns dazu
bringen, westlich zu denken, aber wir wollen zurück zum Islam, zu einem
radikalen Islam.
Die Reaktion gegen den Nationalismus gegen den Nationalismus war also
ein Erstarken der radikal-islamischen Bewegungen. Das war der Fall in
Syrien und im Irak bis zum Sturz von Saddam Hussein. In diesen beiden
Ländern war die Unterdrückung durch die Nationalisten schwer.
Die beiden Zentren für den radikalen Islam sind Iran und Saudi-Arabien.
Im Iran hat Ayatollah Khomeini den radikalen Islam für die Shiiten
entwickelt. Die Wahabiten entwickelten den Radikalismus für die
Sunniten. Schiiten und Sunniten sind streng von einander getrennt und
vermischen sich nicht. Sie lehnen einander ab.
Wenn ihr hört, dass sich ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt hat,
dann ist es in der Regel ein Vertreter des radikalen Islam, der hofft, so ins
Paradies zu den Huris zu kommen. Wenn ihr hört, dass einer andere in die
Luft gesprengt hat, ohne sich selbst zu opfern, ist es in der Regel ein
Nationalist, denn die Nationalisten haben nicht die gleichen Hoffnungen
für den Himmel.
Der Versuch, Freundschaft mit den radikalen Islamisten zu schließen, ist
Torheit. Sie lehnen alles ab, was aus dem Westen kommt. Sie zu
beschwichtigen wird wohl nicht gelingen. Im neunzehnten Jahrhundert
haben allein militärische Aktivitäten die Wahabiten zurückgedrängt.
Der Krieg, obwohl er auch viele neue Probleme schaffen könnte, ist
wahrscheinlich die einzige Sprache, die die Radikalen verstehen. Die Art
der Kriegsführung ist schwierig. Gibt es noch Hoffnung? Der Islam ist im
Chaos.
Eine Vielzahl von Kräften versucht, den nächsten Kalifen zu stellen. Der
Kalif wäre der Nachfolger Mohammeds und das religiöse und politische
Zentrum des Islam. Um diesen Posten kämpfen die Nationalisten und die
Radikalen. Der Islam erfordert ein totalitäres System, um zu überleben.
Wenn die Menschen in einer freiheitlichen Demokratie mit
Religionsfreiheit die Wahl hätten, würde der Islam sehr schwach werden.
Sie können sich nur erhalten, indem sie allen Moslems die Todesstrafe
androhen, die Christen werden möchten. Der Islam ist durchdrungen von
dieser Mentalität des Totalitarismus.
In Saudi-Arabien ist es verboten, eine Bibel zu besitzen. Dort wurden zwei
philippinische Frauen geköpft, weil sie ein Neues Testament bei sich
hatten. Sollte sich die Demokratie im Nahen Osten durchsetzen, und wenn
die Christen im Nahen Osten ihre Identität bewahren können, wenn die
Christen den Missionsauftrag Christi ernst nehmen, kann es möglich sein,
den Nahen Osten zu evangelisieren. Dann kann der Nahen Osten wieder
christlich werden. Palästina, Syrien, Ägypten und Nordafrika waren einst
christlich und Stätten, wo die christliche Weisheit blühte. Dies sollte das
Ziel der Missionstätigkeit aller Christen sein.
Wie lernen wir, Muslime zu evangelisieren? Wie können wir lernen,
Christus zu verkündigen? Wir müssen eine klare Vorstellung vom
Evangelium und der Lehre des Christentums haben. Was die Würde der
Person betrifft, sind Christentum und Islam sehr verschieden. Das
Christentum würde die Kultur im Nahen Osten enorm erheben. Wir
müssen lehren, dass Rache Sünde ist und dass Gott Vergebung fordert. Wir
müssen allerdings das Evangelium auch in dem inzwischen
materialistischen Europa verkündigen.
Das materialistische Europa hat nicht die Kraft, den Islam aufzuhalten. Die
Materialisten werden vom Islam überrollt. Wer denkt, dass der Glaube an
Christus die persönliche Freiheit beschränkt, muss sich nicht wundern,
wenn ihm vom Islam alle persönliche Freiheit genommen wird. Belgien
wollte schon Arabisch zur dritten Landessprache machen. Die Scharia, die
islamische Gesetzgebung, soll auf den Straßen von Paris herrschen. Wir
brauchen in Europa eine Wiederbelebung des Christentums, eine
christliche Mission und eine vom Evangelium geprägte Kultur.
In Indonesien lassen sich jedes Jahr zu Ostern 300 000 Muslime taufen.
Ost-Timor war einst ganz muslimisch, jetzt ist es ganz christlich geworden.
Das soll uns Hoffnung machen. Wir müssen beten, dass der Nahe Osten
evangelisiert wird. Wir müssen selbst auch missionarisch werden. Jeder
Christ muss Missionar sein, um Seelen zu Jesus zu führen. Der Kampf
gegen den Islam kann erfolgreich sein, wenn wir uns vom Materialismus
zum Christentum bekehren.
DRITTES KAPITEL
ÜBER DIE EHE
21 Da ließ Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen,
sodass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle
mit Fleisch.
22 Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen
hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu.
23 Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein / und
Fleisch von meinem Fleisch. / Frau soll sie heißen, / denn vom Mann ist
sie genommen.
24 Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine
Frau und sie werden ein Fleisch.
25 Beide, Adam und seine Frau, waren nackt, aber sie schämten sich nicht
voreinander.
KOMMENTAR
1. Die Welt sagt: Ha, der Mann zuerst geschaffen und dann die Frau, das
ist typisch patriarchalisch! Stell dir vor, in der Bibel stünde, die Frau sei
zuerst geschaffen und dann aus einer Rippe der Frau der Mann geschnitzt.
Dann sagte die Welt: Ha, die Frau ist also nur der Steinbruch des Mannes?
Das ist typisch patriarchalisch!
2. Die Geschichte, dass Adam aus Lehm geknetet wurde und die Frau aus
des Mannes Rippe geschnitzt, ist natürlich nicht buchstäblich zu verstehen.
Es ist ein Mythos, aber mit einer tiefen philosophischen Bedeutung.
3. Vor der Schaffung der Frau war Adam einsam. Adam heißt einfach
Mensch. Es gibt die Einsamkeit des Menschen vor Gott. Das betrifft
Männer und Frauen. Jeder Mensch ist einsam vor Gott. Die Liebe will
diese Einsamkeit aufheben. Adam ist ein Mensch, eine geistige Person mit
freiem Willen und Vernunft. Die Tiere, die um ihn waren, konnten seine
Einsamkeit nicht aufheben, das kann nur ein anderer Mensch, der auch
geistige Person ist.
4. Adam sank in einen Schlaf, in eine tiefe Trance. Er ist also nicht der
Schöpfer der Frau, sondern Gott. Vielleicht träumte Adam aber von seiner
Traumfrau?
5. Die Frau wurde aus der Rippe des Mannes geschaffen. Statt Rippe kann
man auch Flanke übersetzen, das bedeutet: Auf einer Flanke allein kann
man nicht stehen, es braucht zwei Flanken. Die Frau wurde nicht aus dem
Schädelknochen geschnitzt, denn sie soll nicht die Herrin des Mannes sein,
und sie wurde nicht aus dem Fußknöchel geschnitzt, denn sie soll nicht die
Magd des Mannes sein.
6. Adam ruft: Sie ist Bein von meinem Bein, das heißt: Sie ist Mensch wie
ich, ist von gleicher Würde und von gleichem Wert, aber doch verschieden.
Mann und Frau ergänzen sich.
7. Adams Ruf: Sie ist es! ist das erste Liebesgedicht der Menschheit. Seine
Begeisterung, als er die Frau sah: Sie ist es! findet einen Nachhall in allen
Liebesgedichten der Menschheit.
8. Sie soll Frau heißen, denn vom Mann ist sie genommen. Das ist im
Hebräischen ein Wortspiel: Sie soll Ischa heißen, denn vom Isch ist sie
genommen. In Isch oder Mann steht das J, in Ischa oder Frau steht das H,
zusammen ergibt das JAH, die Kurzform von Jahwe, den Namen Gottes.
Mann und Frau sind beide Ebenbilder Gottes. Der Mann ist ein Abbild
Gottvaters, die Frau ist ein Abbild von Gottes Liebe.
9. Der Mann wird Vater und Mutter verlassen. Das ist wichtig. Die
Hauptperson ist nun die Partnerin. Wer heiraten will, muss aus der
kindlichen Abhängigkeit von den Eltern herauswachsen.
10. Sie werden Ein Fleisch werden. Das bedeutet dies: Sex schafft eine
Herzensverschmelzung. Sex ist Ausdruck personaler Liebe zum personalen
Du. Sex ist die Sprache des Leibes, die sagt: Ich will ein Kind mit dir. Sex
hat eine doppelte Funktion: Zum einen vereinigt der Sex Mann und Frau,
und zum andern wird im Sex das neue Leben gezeugt. Sex will
schöpferisch sein.
11, Wie der Vater den Sohn liebt, und der Sohn den Vater liebt, und ihrer
beider Liebe ist der Heilige Geist – so liebt der Mann die Frau, und die
Frau liebt den Mann, und die Frucht der Liebe ist das Kind. So ist die
Familie ein Abbild der Heiligen Dreifaltigkeit.
12. Und sie waren nackt und schämten sich nicht. Das ist nicht die
Schamlosigkeit des FKK-Strandes und der Pornographie. Schamgefühl ist
gesund. „Verlust des Schamgefühls ist einsetzender Schwachsinn“, sagte
Freud. Scham schützt die Person, die Seele. Darum wünscht sich Christus
von den Christen schamhafte Kleidung. Aber in der Intimität der Ehe wird
die Scham überwunden durch Liebe. Scham schützt vor egoistischer
Begierde, aber hingebungsvoll schenkende Liebe in der Ehe überwindet
die Scham. Da entsteht wieder die paradiesische Nacktheit in Unschuld
vor dem Antlitz Gottes.
27 Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen.
28 Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in
seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen.
29 Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und
wirf es weg! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verloren
geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.
30 Und wenn dich deine rechte Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab
und wirf sie weg! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder
verloren geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle kommt.
KOMMENTAR
1. Ehebruch ist der sexuelle Verkehr eines Ehepartners mit einer Anderen
als der Ehepartnerin. Ehebruch ist kein Kavaliersdelikt, wie er in unserer
heutigen Medienkultur behandelt wird. Ein Kuss ist noch kein Ehebruch.
Aber Ehebruch beginnt im Kopf. Männer werden versucht von sexuellen
Phantasien, Frauen mehr von romantischen Träumen. Einen Menschen
lüstern ansehen, heißt, einen Menschen zu reduzieren auf erotische Reize,
die Person nicht zu respektieren, sondern den andern als Lustobjekt oder
Sex-Idol zu sehen. Das kann auch in der Ehe geschehen, wenn der Partner
nicht mehr als Person gesehen wird, dem ich mich hingeben möchte,
sondern als bloßes Fleisch, dass ich benutzen will, um mich selbst daran zu
befriedigen.
2. Das Auge ausreißen und die Hand abhacken ist natürlich nicht
buchstäblich zu verstehen, sondern bedeutet, auf bestimmte körperliche
Genüsse zu verzichten, wenn sie Sünde sind und dem Seelenheil
entgegenstehen.
31 Ferner ist gesagt worden: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt, muss ihr
eine Scheidungsurkunde geben.
32 Ich aber sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von
Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus; und wer eine Frau heiratet,
die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch.
KOMMENTAR
1. Das Gesetz Moses sagte: Nur der Mann darf sich scheiden, nicht die
Frau. Jesus sagte: Das ist nur wegen eurer harten Herzen gesagt worden.
Am Anfang bei Adam und Eva war die Ehe unauflöslich, und so soll es
wieder werden.
2. Der Fall von Unzucht, griechisch Porneia, ist unklar. Entweder meint es
die Verwandten-Ehe (die bei Moses erlaubt war), oder es ist eine spätere
Einfügung des Evangelisten Matthäus. In der Katholischen Kirche ist
Scheidung nicht erlaubt, nur die sogenannte Trennung von Tisch und Bett,
das heißt, räumliche Trennung ohne Scheidung. In der Orthodoxen Kirche
ist Scheidung und sogar Wiederverheiratung erlaubt. Unzucht oder Porneia
ist nicht nur Pornographie, wie es klingt. Bedenke: 70 Prozent der
männlichen Jugendlichen in Deutschland haben heute Umgang mit
Pornographie. Allerdings ein dauerhaftes Ehebrechen oder eine krankhafte
Sexsucht kann zur Ungültigkeit der Ehe führen. Also: Entweder ist
Scheidung grundsätzlich verboten, wie Jesus wörtlich sagt und die
Katholische Kirche es lehrt, oder aber Scheidung ist unter gewissen
Umständen erlaubt, wie es die Orthodoxe Kirche lehrt. Jedenfalls darf man
nicht bei erster Gelegenheit die Vergebung verweigern und sich scheiden
lassen. Ehe und Familie ist ein „Fitness-Training der Vergebung“.
3. Die Ehe - und besonders die vor dem Antlitz Christi vollzogene Ehe -
und die eheliche sexuelle Vereinigung schafft ein inneres Herzensband, das
auch nach der formalen Trennung für Gott bestehen bleibt. Überhaupt
verschmilzt die sexuelle Vereinigung zwei Herzen. Eine Trennung lässt
schwere Wunden von zerrissenen Herzen zurück. Wer solche Trennungen
öfter vollzieht, bekommt ein zerstörtes Herz, mehr und mehr unfähig zu
Vertrauen und Selbsthingabe - wenn nicht der Heiland Heilung schenkt.
Epheser-Brief
21 Einer ordne sich dem andern unter in der gemeinsamen Ehrfurcht vor
Christus.
22 Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn (Christus);
23 denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der
Kirche ist; er hat sie gerettet, denn sie ist sein Leib.
24 Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, sollen sich die Frauen in
allem den Männern unterordnen.
25 Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich
für sie hingegeben hat,
26 um sie im Wasser und durch das Wort rein und heilig zu machen.
27 So will er die Kirche herrlich vor sich erscheinen lassen, ohne Flecken,
Falten oder andere Fehler; heilig soll sie sein und makellos.
28 Darum sind die Männer verpflichtet, ihre Frauen so zu lieben wie ihren
eigenen Leib. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst.
29 Keiner hat je seinen eigenen Leib gehasst, sondern er nährt und pflegt
ihn, wie auch Christus die Kirche.
31 Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine
Frau binden und die zwei werden ein Fleisch sein.
32 Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die
Kirche.
33 Was euch angeht, so liebe jeder von euch seine Frau wie sich selbst, die
Frau aber ehre den Mann.
KOMMENTAR
2. Einer schätze den anderen höher als sich selbst. Gott fordert
gegenseitige Unterordnung. Eheliche Liebe soll kein Herrschaftsverhältnis
sein, sondern Selbsthingabe und Dienst.
3. Wenn es wahr ist, dass die Aufgabe des Mannes die Führung ist, dann
jedenfalls soll er führen wie Christus, also keine Macht und Herrschaft zur
Unterdrückung der Frau ausüben, sondern wie Christus dienen und sich
selbst hingeben. Des Mannes Krone ist keine Kaiserkrone, sondern eine
Dornenkrone.
4. Der Mann liebe die Frau, die Frau ehre den Mann. Die Frau braucht
Liebe: Der Mann soll sie schön finden, sie braucht Geborgenheit und
Zärtlichkeit und Austausch im Gespräch. Der Mann braucht Ehre: Er will
anerkannt und gerühmt werden wegen seiner Arbeit, seiner Leistung,
seiner Klugheit und Kraft.
5. Christus ist der Bräutigam, die Kirche ist die Braut. Es ist eine Liebe
wie im Hohenlied Salomos. Das Ziel des christlichen Lebens ist die
Vereinigung mit Christus. Die Ehe ein Abbild davon. Die Liebe, die Mann
und Frau einander spenden, soll die Liebe Gottes sein. Mann und Frau -
und Gott der Dritte im Bunde! So wird die Liebe Gottes durch den Partner
sinnlich erfahrbar.
6. Selbst im Liebesakt ist Gott gegenwärtig als der Schöpfer. Die Lust der
Vereinigung der Ehepartner ist ein Abglanz der großen Lust Gottes an dem
geschaffenen Kind.
VIERTES KAPITEL
DIE MÜTTERLICHE LIEBE GOTTES
ZEUGNIS
Die Psychologen sagen, dass in der frühen Kindheit das Gottesbild des
Kindes geprägt wird. Ich hatte keinen liebenden Vater und keine liebende
Mutter, aber eine liebende Großmutter, die allein lebte. So lebt in mir das
Bild von Gott als einer Großen Mutter. Weil ich nun ein weibliches
Gottesbild habe, war ich in meiner Jugend offen für den Feminismus.
Frauen schienen mir höhere Wesen zu sein. Nach meiner Phase des
atheistischen Kommunismus erwachte die Sehnsucht nach dem Göttlichen
wieder. Ich war begeistert von der Literatur über die heidnischen
Muttergöttinnen und das Zeitalter des Mutterrechts in der Jungsteinzeit.
Die Frauen, die ich liebte, schienen mir Göttinnen zu sein. Ich träumte von
einer weiblichen Lichtgestalt, einer himmlischen Jungfrau. Als meine
Großmutter starb, begegnete mir Christus und ich bekehrte mich. Zwei
Jahre lebte ich ohne Anschluss an andere Christen und verliebte mich in
die Jungfrau Maria. Sie war die weibliche Lichtgestalt von der ich
geträumt hatte. Dann fand ich Anschluss erst bei einer evangelikalen
Freikirche und dann bei den Lutheranern. Da wurde mir dann die
Marienverehrung genommen. In der Zeit, da ich in der Pfingstgemeinde
war, besuchte ich eine charismatische Psychotherapie, dort wurde mir erst
bewusst, dass ich zu Gott nicht Vater sagen konnte. Ich nannte Gott den
Vater eben Herr, wie im Alten Testament üblich. Bei der Psychotherapie
lernte ich ein katholisches Mädchen kennen, die mir wieder einen Zugang
schuf zur Marienverehrung. Ich schrieb als Pfingstler einen Roman über
das Leben der Mutter Jesu. Als ich katholisch wurde, verlobte ich mich mit
der Jungfrau Maria und dichtete ihr viele Hymnen. Da kam ich ins
schriftliche Gespräch mit dem Benediktiner-Pater Anselm Grün. Er
ermutigte mich, in einer geistlichen Ehe mit Maria zu leben, aber Maria
wolle mich ja zu Gott führen, zu Gott als Mutter. Nun las ich erst noch
einmal die feministisch-heidnischen Bücher über die Göttin. Dann las ich
christlich-feministische Bücher über die Weiblichkeit Gottes, über das
Mutter-Antlitz Gottes. Ich studierte katholische Mystiker des Mittelalters
die von der Liebe Gottes oder Caritas als einer Frau sprachen oder von der
Weisheit Gottes als einer Frau. Die göttliche Weisheit, auf griechisch
Hagia Sophia, wurde mein weibliches Gottesbild. Und während mir in der
menschlichen Liebe die geliebte Frau als feminines Antlitz Gottes
erschien, verwandelte sich Gott der Herr für mich in die Frau Weisheit des
Alten Testaments und der christlichen Mystik. Und dieser Frau Weisheit
oder Hagia Sophia hab ich die Ehe versprochen. Das ist mein ganz
persönlicher Weg. Gott wird in der Bibel ja hauptsächlich Vater genannt.
Aber Gott ist Geist, kein Mann. Gott hat väterliche und mütterliche Züge.
Von der Vaterschaft Gottes wird viel gepredigt, heute wollen wir uns
einmal einige Texte zur mütterlichen Liebe Gottes anschauen. Die
Bibeltexte sind nach der Hoffnung-für-alle-Bibel zitiert.
Genesis 1,1
26 Dann sagte Gott: "Jetzt wollen wir den Menschen machen, unser
Ebenbild, das uns ähnlich ist. Er soll über die ganze Erde verfügen: über
die Tiere im Meer, am Himmel und auf der Erde."
27 So schuf Gott den Menschen als sein Ebenbild, als Mann und Frau
schuf er sie.
KOMMENTAR
Mann und Frau sind beide Abbilder Gottes. Der Mann ist Gott ähnlich. Wir
nennen Gott ja Vater, Herr und König. Gott tritt auch als Bräutigam auf.
Aber die Frau ist auf ihre Art auch Gott ähnlich. Die Frau ist ein Spiegel
für Gottes zärtliche Liebe, Weisheit, Schönheit und Barmherzigkeit. Wie
ein Priester mir einmal sagte: Wenn schon die Frauen so schön sind, wie
schön ist dann erst die Gottheit! Ich sag euch, ich fände die Vorstellung, in
der Ewigkeit Gott anzuschauen, fürchterlich, wenn Gott ein alter Mann mit
langem grauen Bart wäre! Aber wenn Gott die Quelle aller Schönheit ist,
das Urbild aller Schönheit, dann sehne ich mich danach, die göttliche
Schönheit ewig zu genießen!
JESAJA 49
14 Jerusalem klagt: "Ach, der Herr hat mich im Stich gelassen, er hat mich
längst vergessen!"
15 Doch der Herr antwortet: "Kann eine Mutter ihren Säugling vergessen?
Bringt sie es übers Herz, das Neugeborene seinem Schicksal zu
überlassen? Und selbst wenn sie es vergessen würde - ich vergesse dich
niemals!
KOMMENTAR
Habt ihr auch schon mal das Gefühl gehabt: Gott hat mich verlassen? Ich
habe das sehr oft. So fühlt es sich in der Depression oft an. Und wenn wir
uns die Welt anschauen heute: Kriege, Terrorismus, Abtreibung,
Euthanasie, Flüchtlingsströme, Hungerkatastrophen, Umweltzerstörung –
fragt ihr euch auch manchmal: Gott, wo bist du? Warum greifst du nicht
ein? Wir denken doch insgeheim wie Schiller: Über den Sternen muss ein
Vater wohnen! Und wir denken, Gott sitzt auf einer Wolke und schaut zu,
wie wir uns gegenseitig umbringen! Aber hier sagt Gott: Ich bin euch so
nah wie eine Mutter ihrem Säugling! Gott als Vater – das zeigt, dass Gott
über der Welt ist, jenseits von allem Irdischen, größer als alles. Gott als
Mutter – das zeigt, Gott ist in der Welt, uns ganz nah, ja, Gott ist in uns
und wir sind in Gott. Gott leidet mit uns, wenn wir leiden. Gott weint mit
uns, wenn wir weinen. Und Gott freut sich, wenn wir uns freuen. Gott
weint mit den Weinenden und lacht mit den Lachenden. Man sagt ja, es
gibt keine so innige Verbindung wie zwischen Mama und Baby! So ist
Gott mit uns! Aber was, wenn eine Mutter ihr Baby umbringt, oder es
nicht will und nicht liebt? Dann sagt Gott: Aber Ich liebe dich! Ich liebe
dich noch mehr als eine Mutter! Ich liebe dich bedingungslos,
hingebungsvoll und für alle Ewigkeit!
JESAJA 66
10 Freut euch mit Jerusalem! Jubelt über diese Stadt, alle, die ihr sie liebt!
Früher habt ihr um sie getrauert, doch jetzt dürft ihr singen und jubeln vor
Freude.
11 Lasst euch von ihr trösten wie ein Kind an der Mutterbrust. Trinkt euch
satt! Genießt die Pracht dieser Stadt!
12 Denn ich, der Herr, sage euch: Frieden und Wohlstand werden
Jerusalem überfluten wie ein großer Strom. Ich lasse den Reichtum der
Völker hereinfließen wie einen nie versiegenden Bach. Und an dieser Fülle
dürft ihr euch satt trinken. In dieser Stadt werdet ihr euch wie Kinder
fühlen, die ihre Mutter auf den Armen trägt, auf den Schoß nimmt und
liebkost.
13 Ich will euch trösten wie eine Mutter ihr Kind. Die neue Pracht
Jerusalems lässt euch den Kummer vergessen.
14 Wenn ihr das alles seht, werdet ihr wieder von Herzen fröhlich sein,
und neue Lebenskraft wird euch durchströmen."
KOMMENTAR
Wir dürfen an den Mutterbrüsten Jerusalems die Milch des Trostes trinken.
Aber was ist da Jerusalem? Jerusalem ist im Alten Testament die Jungfrau
Jerusalem, die Braut Jahwes. Es ist das auserwählte jüdische Gottesvolk.
Im Neuen Testament ist das auserwählte Gottesvolk die Kirche, die
Gemeinschaft aller Christgläubigen. Die Kirche ist die Braut Christi. Wie
eine Mutter führt sie die Menschen zur geistlichen Wiedergeburt, ernährt
sie mit dem Brot des Lebens, mit Christus, segnet die Eheleute, belehrt die
Kinder, begräbt die Toten. Die Kirche im Himmel, also alle geretteten
Seelen, wird von Johannes Himmlisches Jerusalem genannt, und Paulus
nennt das Himmlische Jerusalem unsere Mutter. Aber auch Gott selbst will
uns trösten wie eine Mutter. Wenn wir in den Himmel kommen, wird Gott
wie eine Mutter alle unsere Tränen trocknen. Aber was sind die
Mutterbrüste, die uns die Milch des Trostes saugen lassen? Die
christlichen Mystiker sprachen von der Frau Weisheit. Ein Tropfen Milch
aus ihrer Brust schenkte den Predigern Beredsamkeit. Frau Weisheit hat
zwei Brüste. Die eine Brust ist das Alte Testament, die andere Brust ist das
Neue Testament. Frau Weisheit hat zwei Brüste, die eine Brust schenkt den
Kleinen im Glauben die Milch der Mutterliebe Gottes, die andere Brust
schenkt den Reifen im Glauben den Wein der Weisheit und der Mystik.
PSALM 131
KOMMENTAR
Ich hatte einen Liebling, der war zwei Jahre alt und sagte zu mir Mama. Er
braucht nur „Arm“ zu sagen, dann wusste ich, er wollte von „Mama“ in
den Arm genommen werden. Und so geborgen dürfen wir uns bei Gott
fühlen. Ich als Pflegevater fühlte mich geehrt, dass mein Ziehsohn Mama
zu mir sagte. Und so lächelt auch wohl Unser Vater im Himmel, wenn wir
beten: Mama! Arm! Gott will uns Geborgenheit schenken und tiefes
Vertrauen: Alles wird gut! Wir müssen keine großen Theologen sein oder
Männer, die meinen, Gott verstehen zu können. Wir dürfen wie Kinder
sein und mit kindlichem Urvertrauen alles von Gott erwarten. Philosophen
sagen: Wir haben alle Angst vor dem Tod, eine nackte Angst vor dem
Nichts! Aber eine Heilige sagte: Sollte das Baby auf dem Arm der Mutter
Angst haben, fallen gelassen zu werden? Nein, wenn wir sterben, ist es wie
eine Geburt, wir werden im Himmel zur Welt kommen.
NUN HEBRÄISCH-UNTERRICHT
LUKAS 15
8 Oder nehmt ein anderes Beispiel: Eine Frau hat zehn Silbermünzen
gespart. Als ihr eines Tages eine fehlt, zündet sie sofort eine Lampe an,
stellt das ganze Haus auf den Kopf und sucht in allen Ecken.
9 Endlich hat sie die Münze gefunden. Sie ruft ihre Freundinnen und
Nachbarinnen zusammen und erzählt: 'Ich habe mein Geld wieder! Freut
euch mit mir!'
10 Genau so freuen sich auch die Engel Gottes, wenn ein einziger Sünder
zu Gott umkehrt."
KOMMENTAR
Ich habe schon oft Frauen beobachtet, die alles abgesucht haben nach dem
Autoschlüssel. Jesus vergleicht sich selbst mit so einer Frau. So intensiv,
wie eine Frau nach dem Autoschlüssel sucht, sucht Jesus nach den
verlorenen Seelen. Wir suchen Gott, aber wichtiger ist noch: Gott sucht
uns! Und wenn Gott uns gefunden hat, wie die Frau ihren Autoschlüsseln,
sagt er es seinen Engeln, wie die Frau es ihren Freundinnen sagt.
LUKAS 13,34
KOMMENTAR
Als die Kinder meiner nun toten Freundin klein waren, lebten sie in einem
großen Garten mit Hahn und Hennen und Küken. Wenn die Kinder im
Garten spielten, konnte ich die Henne beobachten, die die kleinen Küken
spazieren führte. Und die Küken drängten sich ganz dicht an die Henne.
Da sagte meine Freundin zu mir: Du bist kein Vater, du bist eine Glucke!
Und mit genau so einer Glucke vergleicht sich Jesus. Wir sind die Küken,
Jesus ist die Glucke.
FÜNFTES KAPITEL
HEILIGUNG DES ALLTAGS
Die Bekehrung ist ein Augenblick, die Heiligung ist eine Aufgabe fürs
ganze Leben.
Gertrud die Große: Jesus spricht: Was ist mir das Liebste? Das geduldige
Tragen der alltäglichen kleinen Widrigkeiten.
Elisabeth von Dijon: Schwester, du meinst, du kannst nicht den ganzen Tag
Gott anbeten, aber du kannst Gott in deinen Kindern dienen.
Therese von Lisieux: Die größten Erkenntnisse fand ich nicht in der
Gebetszeit, sondern beim Kartoffelschälen.
Den Tag mit Stoßgebeten ausfüllen: Jesus, ich vertraue dir! Mein Jesus,
Barmherzigkeit! Herr, erbarme dich!
Die Arbeit möglichst gut tun. Zu mir sagte ein Priester: Für dich heißt,
Gott zu dienen, ein guter Dichter zu sein.
Mütter tun an den Kindern die von Jesus geforderten Werke der
Barmherzigkeit. „Das habt ihr mir getan.“
Den Gottesdienst besuchen. Beten. Bereit sein, täglich das Kreuz auf sich
zu nehmen. Lebe so, dass man dich nach dem Grund deiner Hoffnung
fragt. Lerne deinen Glauben besser kennen. Lese täglich in der Bibel, lese
gute christliche Bücher.
Kindern vor allem das Vorbild eines gelebten Glaubens geben. Die Liebe
Gottes den Kindern erfahrbar machen.
Für Partner und Kinder beten. Bei Ehelosigkeit Fürbitte für die ganze Welt.
Sonntagsheiligung.
Immer hilfsbereit sein. Wie die Pfadfinder: Jeden Tag eine gute Tat.
Beherrsche deine Zunge, hüte dich vorm Lästern über andre. Rede gut
über andre, und wo es nicht geht, da halt den Mund.
Kümmere dich um die Alten der Familie. Danke deiner Mutter, dass sie
dich geboren hat.
Denke, dass Gott dein Arbeitgeber ist und du für Gott arbeitest. Arbeite so
gut du kannst. Bilde dich weiter. Diene mit deinen Gaben. Arbeitest du in
einem Büro für medizinische Informatik, denke, du dienst der Gesundheit
der Menschen. Arbeitest du in einem Büro einer Heizungsfirma, denke, du
arbeitest für Wärme und Geborgenheit der Familien.
Sei nicht ärgerlich oder verzweifelt, wenn deine Pläne scheitern. Denke,
Gott hat offensichtlich einen andern Plan.
Werde nicht wütend auf Gott, wenn er dir ein Kreuz auferlegt, sei es Stress
oder Ärger oder Streit oder körperliche oder seelische Krankheit. Wisse,
dass wir berufen sind, das Kreuz geduldig zu tragen. Das Leben ist kein
Ponyhof, das Paradies erwartet uns erst im Himmel. Auf Erden müssen wir
bereit sein, das Kreuz zu tragen.
Das Geld, dass du dir verdienst, ist dir letztlich von Gott gegeben. Häufe
keine irdischen Reichtümer an, sondern nutze das Geld, um deinen
Nächsten zu dienen.
Bemühe dich, immer möglichst bald denen zu vergeben, die dir weh getan
haben.
Erziehe deine Kinder nicht in erster Linie für eine weltliche Karriere,
sondern so, dass sie Jünger Jesu werden.
SECHSTES KAPITEL
PLATON UND DIE MATHEMATIK
EPILOG
Buch I
Buch II
Buch III
Buch IV
Buch V
Buch VI
Buch VII
Buch VIII
Buch IX
Buch X
Buch XI
Buch XII
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Unsere Liebe Frau
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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke
Worte der Weisheit und Gottesliebe
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DIE WELT EIN IRRENHAUS
Satire
von Josef Maria von der Ewigen Weisheit
PROLOG
Der zehnjährige Tom meinte, ein gutes Buch beginne immer mit einem
Prolog und ende mit einem Epilog. So will ich es halten. Hat doch auch
Johannes sein Evangelium mit einem Prolog eingeleitet. Apropos
Johannes: Zwar ist die Bibel das Buch mit der größten Verbreitung in der
Welt, aber wer liest sie? Man lässt sie sich zur Hochzeit schenken, stellt sie
ins Regal zu den Krimis und Kochbüchern, und damit gut. Die Katholiken
kennen die Bibel auch nicht. Auch bei lutherischen Pastorinnen findet man
keine Weisheit. Und die eingebildeten Wiedertäufer und Biblizisten halten
am Buchstaben fest und erfassen den Geist nicht. Und wer liest schon
Augustinus und Gregor von Nazianz und Dionysios Areopagita? Die
Bücher findet man alle im Internet, aber die Leute schauen ja lieber
Seifenopern. Die Welt ist ein Irrenhaus. Ich will die Irren beschreiben, die
ich traf, und ich will sie mit Namen nennen. Da sind Schizophrene,
Manisch-Depressive, Psychotiker, Missbrauchsopfer, Alkoholiker und
Drogenwracks und ausgebrannte Manager. Und die schlimmsten Irren von
allen sind die Psychiater. Ich will sie alle geißeln. Dazu werde ich manche
Nacht wachen. Die Informatiker schnarchen dann neben ihren frigiden
Ehefrauen, die Sekretärinnen sind vorm Fernseher eingeschlafen, die
esoterischen Hausfrauen liegen im versüfften Bett inmitten von Mäusen
und Ratten, aber ich, ich und meine Muse der Satire, wir wachen. Wir
werden alle die Männer beschreiben, die ohne Weisheit sind, doch
aufgebläht, aber ich werde auch die Weiber nicht verschonen, die
zänkischen und die dummen und die bösen. Nicht einmal die Mädchen
werde ich verschonen, die sich dick mit Schminke bemalen, barbusig im
Minirock durch die Innenstadt spazieren. Da tragen sie ihre reizenden
Fotzen spazieren und haben im Kopf nur Seifenopern. Und wenn diese
Satire gelesen wird, soll man sich an den Namen nicht stören, sondern
immer denken: Das bin ja ich! Ich bin der Irre! Wirklich, die psychisch
Kranken sind die Visionäre Gottes, aber die stumpfen Weltmenschen sind
die eigentlichen Irren. Um mich manchmal zu erholen, werde ich ab und
an die göttliche Sophia preisen, ob sie auch nur wenigen bekannt ist, wie
Jesus Sirach sagt. Aber wer liest schon Jesus Sirach?
Ich habe schon als Kind viel gelesen. Meine Wohnung ist voll von
Büchern. Ich bin, wie der Chinese sagt, parfümiert von Bücherstaub.
Aristoteles las den ganzen Tag und noch nachts im Bett. Dabei hielt er in
der Hand eine Metallkugel, und neben seinem Bett stand eine
Metallschale. Wenn er beim Lesen nachts einschlief, fiel die Kugel in die
Schale, davon wachte Aristoteles auf und las weiter. Aber was sollen all
die Bücher? Es sind nur eine Handvoll Dichter, die ich immer wieder, ja,
täglich lese: Dante, Ben Jonson, Goethe, Klopstock, Hölderlin, Puschkin
und Else Lasker-Schüler. Das reicht mir. Wenn ich auf eine einsame Insel
nur ein einziges Buch mitnehmen dürfte, so wählte ich die Bibel. Die
Christin Susanne aber versteht die Bibel nicht, sie liest lieber schwedische
Krimis. Der pietistische Prediger Marco liest nichts anderes als
amerikanische Science-fiction. Die Christin Dineke schaut nur
Seifenopern, und wenn sie liest, dann triviale Liebesromane. Die Christin
Meike wünscht sich eine Bibliothek, aber sagte: Um Gottes willen, nicht
Homer, Goethe und Nietzsche. Die Esoterikerin Evi liest nur esoterische
Ratgeber, am liebsten über die Eigenliebe oder über die Dämonin Lilith.
Die sterbende Karine las vor ihrem Tod nur noch triviale Liebesromane.
Der alte Kommunist Konrad hatte sein Haus voller Bücher, die
gesammelten Werke des Kommunismus. Ich war einmal in Satans
Bücherei, aber der Satan ist dumm, denn ich fand dort Miltons Paradise
Lost.
Als ich in der Umnachtung bodenloser Traurigkeit nach dem Tod meiner
Jugendfreundin Karine war und jede Nacht Ströme heißer Tränen weinte,
sagte die behinderte Christin Birgit: Wenn du so viel weinen muss, dann
trinke auch genügend Gemüsebrühe, damit du genügend Flüssigkeit im
Körper hast. Als ich mich von Weihnachten bis Sankt Agnes im Zustand
der Gottverlassenheit finden musste, riet mir meine Mutter, Obst zu essen.
Als ich einmal vor Liebeskummer fast gestorben wäre, riet mir der Pietist
Marco, mir eine Berufsarbeit zu suchen, dann hätte ich keine Zeit mehr,
Liebeskummer zu haben. Als ich meinem Evangelikalen Mark meine
Gottverlassenheit klagte, bewies er mir mit der Bibel, dass es so etwas gar
nicht gibt. Als ich meiner Mutter meinen Liebeskummer klagte, sagte sie:
Wasche immer schön dein Geschirr ab, dann findest du auch einmal eine
Dame. Als ich der Esoterikerin Evi erzählte, mein seelisches Leiden sei
erlösendes Leiden Christi, sagte sie: Du wirst nie glücklich, solange du an
Christus festhältst. Als ich Evi sagte: Ich liebe dich und sehne mich nach
deiner Liebe, sagte sie: Liebe dich selbst! Es ist die Erfahrung Hiobs: Er
hatte alles verloren, war krank und klagte Gott sein Leid. Seine Freunde
saßen eine Woche schweigend mit ihm zusammen, das linderte seinen
Kummer. Aber dann kamen die Schriftgelehrten und neunmalklugen
Doktoren mit ihren frommen Zurechtweisungen, und so vermehrten sie nur
noch Hiobs Schmerzen. Das Trauerspiel setzt sich nur noch fort, wenn die
katholischen Priester dumme Ratschläge geben. Denn Teresa von Avila
sagte: Wie wichtig ist auf dem mystischen Weg ein Seelenführer, aber wie
schwer ist ein solcher zu finden.
Nach dem Tod meines Vaters erzählte meine Mutter, dass mein Vater in
seiner Jugend zum Konfirmationsunterricht eingeladen war. Er aber ging
nicht hin, denn Gott interessierte ihn nicht. Nur kurz vor der Konfirmation
meldete er sich noch an, denn er wollte die Geschenke haben. Der Pastor
nahm ihn noch auf und er bekam die Geschenke. Das fand meine Familie
sehr schlau. Als ich einmal Depressionen hatte, waren meine Eltern gerade
in Andalusien, sie schickten mir einen Geldschein und nannten ihn einen
Bliedmaker, einen Glücklichmacher. Wo dein Schatz ist, ist dein Herz.
Auch am Knaben Tom sah ich die Habsucht. Er wollte immer ein
Spielzeug nach dem andern. Kaum war der erste Wunsch erfüllt, entstand
ein neuer Wunsch. Der Wunsch, sobald erfüllt, bekommt er gleich Kinder.
Tom war unersättlich. Er konnte sich an dem Geschenk gar nicht freuen,
weil gleich die nächste Begierde entstand. So will der Mensch alles und
mehr. König Midas liebte auch das Gold und erbat sich von den Göttern
die Gabe, dass alles, was er berührt, sich in Gold verwandelt. Da
gewährten ihm die Götter diese Gabe. Nun, wenn er Brot essen wollte oder
Wasser trinken, verwandelte dieses sich in Gold. So starb er. Ein Mann
hatte eine große Ernte, er war sehr reich. Er sagte sich: Nun will ich ein
großes Vorratshaus bauen, dann setz ich mich zur Ruhe und genieße den
Rest meines Lebens. Da sagte Gott zu ihm: Du Narr! Heute Nacht wirst du
sterben! Und so starb auch mein Vater plötzlich. Er sprach noch auf dem
Sterbebett vom Geld und dachte nicht an Gott. Ihr könnt nur einem Gott
dienen: Dem Gott im Himmel, der die Liebe ist, oder dem Gott auf Erden,
der das Geld ist. Weh dem, der Schätze sammelt auf Erden und nicht
Schätze sammelt im Himmel. Wer Geld liebt, wird vom Geld nie satt. Die
Wurzel allen Übels ist die Liebe zum Geld. Die ganze kapitalistische
Wirtschaft beruht auf dem Prinzip der Habsucht.
Der Neuheidin Evi Mode war so: Einmal trug sie ein leichtes geblümtes
Seidenkleidchen, das fast durchsichtig war. Der untere Saum reichte eben
auf die Oberschenkel, der obere Saum ließ viel von den nackten Brüsten
sehen. Einmal trug sie ein schwarzes Hemdchen mit kurzen Ärmeln und
einen schwarzen Minirock und an den Beinen durchsichtige schwarze
Strümpfe. Einmal stand sie im Garten, sie trug ein T-Shirt und einen
Minirock, und wenn sie sich zu dem Blumen bückte, konnte man ihre
nackten Brüste von vorne sehen oder von hinten ihren Slip aus schwarzer
Seide mit Spitzen. Die jungen Mädchen, die im Sommer durch die
Innenstadt spazieren, tragen kurze Höschen, die kaum den Po bedecken,
und möglichst enge und kurze Hemdchen, die die Form der Brüste betonen
und den Bauchnabel frei lassen. Sie tragen auch kurze Sommerkleidchen,
die die Nacktheit mehr enthüllen als verhüllen. In der sexuellen Revolution
von 1968 ist ja der Minirock eingeführt worden. Die jungen Frauen senden
wie verrückt erotische Reize aus, um Macht über die Männer zu
bekommen. Führend im Modetrend sind ja die Idole der Popmusik. Und so
sieht man denn Sängerinnen wie Britney Spears, Christina Aguilera, Kylie
Minogue oder Rhianna in Reizunterwäsche auf der Bühne mehr nackt als
bekleidet tanzen, sich auf Betten räkeln, mit Schlangen kopulieren. Das ist
die Mode der Hure Babylon. Ich sah auch einmal Männer einer Rockband
splitternackt auf der Bühne stehen, nur die Penisse waren verhüllt. Ich
denke dagegen oft an die Mode der Madonna. Sie trägt lange Kleider in
Weiß oder Hellblau, manchmal in Rot oder Gold, oft noch einen
andersfarbigen Mantel. Das Kleid reicht bis zu den Füßen. Sie ist meistens
gegürtet. Das Kleid betont nicht Brüste und Schoß, ist aber eindeutig
feminin-anmutig. Sie trägt am Gürtel oft den Rosenkranz. Sie hat lange
Haare, meistens schwarz, manchmal goldblond, auf dem Haupt trägt sie
den Schleier der mystischen Braut, der aber nicht ihr Gesicht verschleiert,
sondern die Haare bedeckt. Die Madonna strahlt keine erotischen Reize
aus, aber zeigt ihre feminine Schönheit und Anmut in einer makellosen
Mode.
Wer in seiner Jugend nicht Kommunist war, hat kein Herz, aber wer in
seinem Alter noch Kommunist ist, ist ein Narr. So lernte ich den alten
Kommunisten Konrad kennen. Er hatte ein schweres Nervenleiden in den
Beinen und verachtete die Ärzte, er ging lieber in den Wald, die Bäume zu
umarmen, um die Energie der Bäume in sich aufzunehmen. Auf Rügen war
ich mit ihm und seiner Familie, da öffnete er die Arme zur Sonne, um die
Sonnenenergie aufzunehmen, dann breitete er die Arme zu den
Mitmenschen aus, um die Sonnenenergie zu den Mitmenschen
umzulenken, und dann tyrannisierte er mit seiner Egomanie die Exfrau, die
verlassene Tochter und den ungeliebten Enkel. Im Gespräch mit mir brach
er immer einen Streit über den Glauben vom Zaun. Verteidigte ich die
Unbefleckte Empfängnis, die er angriff, ohne zu wissen, was es ist, so
sagte er: Du echauffierst dich! Aber wenn er Papst Benedikt XVI in
Deutschland die Jugend zur Heiligkeit rufen hörte, schimpfte er wie ein
Rohrspatz, nannte den Papst einen Scheinheiligen und echauffierte sich. Er
hatte viel Geld, aber aus Prinzip klaute er im Supermarkt Senf. Eines
Abends erzählte er mir beim Pernod in einem unendlichen Monolog sein
Leben. Er erzählte, wie er die Frau und die dreijährige Tochter verlassen
hatte, um für die Weltrevolution zu kämpfen. Er beichtete mir wie in einer
Generalbeichte ein langes Leben voller Sünden, nur war er stolz darauf
und ich konnte ihm die Absolution nicht erteilen.
Die Eltern könnten erzogene Kinder gebären, wenn die Eltern selbst
erzogen wären. Leider sind die Eltern nicht erzogen, wenn sie sich vom
Herrn nicht erziehen lassen. Das Kind wird als Unglück empfunden, nicht
mehr als Geschenk des Herrn. Meine Tante Petheda besuchte eines Tages
meine Eltern. Mein Vater sagte: Doris ist krank. Meine Tante trat zu
meiner Mutter: Was hast du denn? Ach, klagte meine Mutter, ich bin
schwanger! Schwanger war sie mit mir. Als Karine schwanger war mit
Zwillingen, sagte ihr Mann, der satanische Detlef jeden Tag: Mach sie
weg! Karine ließ sich von der Schwangerschaftsberatung über eine
Abtreibung beraten, während der Beratung saß ich draußen und betete den
Rosenkranz für das Leben der Kinder. Sie kamen auch zur Welt. Die
Zwillinge Milan und Simon sind Marienkinder. Karine bat mich dann, die
Kinder zu erziehen. Ein liebender Vater ist der beste Weg zum Glauben an
Gott. Die teuflischsten Ideologen der jüngsten Zeit hatten alle einen
abwesenden oder grausamen Vater. Wer den Kindern weniger gibt als Gott,
der gibt ihnen zu wenig. Die Kinder haben ein Recht darauf, im Glauben
erzogen zu werden. Die Wiedertäufer Mark und Marco sind dumm, sie
enthalten ihren Kindern die Taufe vor. Sie belassen den Kindern die
Erbsünde und verweigern ihnen die heiligmachende Gnade. Aber Kinder
sind offen für Gott. Karines erstgeborener Sohn Juri sagte zu mir: Du bist
Gott! Du bist Gottvater und ich bin der Erzengel Michael, und wir spielen
mit der Sonne Fußball. Glaubst du an Gott? Ich glaube noch viel mehr als
du! Und Milan sagte: Papa, male mir ein Bild von Gott und Jesus und der
Taube und Maria! So hat Philipp von Mazedonien für seinen Sohn
Alexander einen Pädagogen gesucht und so ward Aristoteles der Erzieher
Alexanders des Kleinen. So suchte Suzette Gontard einen Hauslehrer für
ihren Sohn Henry und fand als Erzieher Hölderlin. Aber der Geldanbeter,
mein Vater Eberhard, erzog seinen geliebten Sohn, meinen Bruder Stefan,
zum Geldanbeter. Die abergläubische Evi erzog ihren Sohn Tom zum
Aberglauben, zum Glauben an Omen, an Reinkarnation, an Feen.
Besser in einem Winkel allein unterm Dach, als mit einer zänkischen
Zunge in einem Haus! Das sagte mir Salomon immer ins Ohr, als mich die
zänkische Zunge Gunda plagte. So wird man dann geweckt: Heute ist
Müllabfuhr! Bring die Mülleimer raus! Das ist die hochgerühmte Ehe:
Mülleimer statt Morgengebet! So wurde die einst süße und charmante und
hoch erotische Evi zur keifenden fetten Hausfrau. Früher sagte sie: Erzähl
mir von Platon und Jesus! Später sagte mir: Kauf Toilettenpapier! Als ich
Evi noch sehr liebte, da beschwatze sie immer alles mit ihrer
Busenfreundin Sabine. Die war eine frustrierte alleinstehende Frau. Die
beredete Evi, doch die Freundschaft mit mir zu beenden. Als ich mich wie
ein Vater um Evis Sohn Tom kümmerte und Tom mich mehr liebte als
seine Mutter, ward Evi eifersüchtig und beschwatzte dies mit ihrer neuen
Freundin Traute. Die war eine alte hässliche Hexe mit Buckel auf dem
Rücken und Aberglauben im Kopf. Die mischte sich dann ein und hielt mir
Vorträge, wie ich Tom zu erziehen habe. Aufdringliche alte Hexe! Der
Witz war, dass diese strohdumme Hexe Lektorin in der evangelischen
Kirche war und im Gottesdienst das Sonntagsevangelium vorlas.
Auch, wenn du die Bibel, den Talmud, den Koran, die Veden und
Bhagavadgita gelesen, Lao Tse und Konfuzius, Platon und Plotin,
Augustinus und Dionysius Areopagita, Nietzsche und Kierkegaard, halte
dicht nicht für zu weise, um auf den Rat von katholischen Priestern und
Ordensleuten zu hören. Der erste Priester sagte: Das Zeichen unserer Zeit
ist die Gottverlassenheit Christi. Sie empfinden sehr tief, das macht
einsam. Reden Sie mit Maria wie mit einer Freundin. Der zweite Priester
sagte: Denken sie nicht: Und ewig locken des Weibes Brüste und Schoß,
sondern denken Sie: Das Ewigweibliche zieht uns hinan! Verehren Sie wie
Hildegard von Bingen die Sapientia Divina! Der dritte Priester sagte:
Wenn sie sich nach Muttergöttinnen sehnen, sagen Sie zu Gott Gottheit
und verehren den mütterlichen Gott. Verehren Sie nicht die Venus, sondern
sagen zu Gott: Du bist die Schöne Liebe! Wenn Sie die Weisheit verehren
wollen, beten Sie: Jesus, du bist meine Weisheit! Der Benediktinermönch
Anselm Grün riet mir: Wenn Sie Maria als eine liebende Braut erfahren,
können Sie ehelos leben. Aber Maria will Sie zu Gott als Mutter führen.
Fortan werden die göttliche Weisheit und die göttliche Liebe Sie führen.
Die alte Karmelitin Schwester Mechthild sagte: Sie haben mystische
Erfahrungen und die Gabe, diese ins Wort zu bringen. Sie müssen aber
wissen, dass nur wenige Sie verstehen werden. Vielleicht geht es Ihnen wie
Therese von Lisieux, und Sie entfalten Ihre Wirksamkeit erst nach
Ihrem Tod. Und wenn keiner Sie mehr versteht, wird der Herr selbst Ihr
Seelenführer sein.
Als Jesus eines Tages mir erschien und mich einlud zum Allerheiligsten
Altarsakrament und zur Verehrung Seiner Mutter, da bat ich ihn, mir zwei
Ideen aus dem Protestantismus weiter zu gewähren: Die Lutherbibel und
meinen evangelikalen Freund und Bruder Mark. Beides hat mir
Jesus gewährt. So kann ich mich Recht sagen, wie David von Jonathan
sagte: Mein Freund und Bruder Jonathan, deine Liebe ist mir wunderbarer
als Frauenliebe. Und als Iphigenie in Tauris im Tempel der Göttin Artemis
war, fragte sie Orest und Pylades: Seid ihr Brüder? Und Orest, der
Wahnsinnige, von den Furien gejagte, sagte: Brüder nicht von Natur, aber
aus Freundschaft! Und als der Kreuzritter Roland wegen der schönen
Angelika, der Tochter des Kaisers von China, den Verstand verlor und aus
Liebeskummer wahnsinnig ward, da bestieg sein Freund Adolf das
Flügelpferd und flog zum Mond, um den Verstand seines Freundes
zurückzuholen. Und solch einen Freund hat mir Gott gegeben. Der Freund
in der Ferne steht mir näher als mein Bruder in der Nähe. Mein Freund und
ich sind Brüder nicht nach dem Willen von Fleisch und Blut, sondern weil
wir beide von Gott geboren sind. Freundschaft mit Frauen allerdings ist
eine andere Sache. Neben ihrem dummen Ehemann halten sie sich gern
wie ein Haustier noch einen galanten Hausfreund, entweder zum
Kokettieren, oder um einen Domestiken zu haben.
Die Esoterikerin Evi bekam von mir viele Bibeln, aber sie las lieber
esoterische Bücher. Sie sagte: Eva war immer lieb und nett, aber Adams
erste Frau Lilith war wild und böse und frei. Ich bin Lilith! Und wenn sie
ein Evangelium lesen wollte, so durfte es nur nicht in der Bibel stehen, es
musste schon das Thomas-Evangelium oder das Evangelium nach Maria
Magdalena sein. Mein Freund Mark sagte: Sie glauben heute alles, es darf
nur nicht in der Bibel stehen! Und Paulus sagt: In den letzten Zeiten
werden sie die gesunde Doktrin nicht ertragen, stattdessen hören sie auf
Lehrer, die ihren Sinnen schmeicheln. Karine hatte im Französisch-
Unterricht das zweite Kapitel der Genesis aus dem Französischen ins
Deutsche übersetzt und sagte: Erst ist der Mann geschaffen und dann die
Frau? Da will ich gar nicht weiterlesen. Und der alte Kommunist Konrad,
der das Haus voller Bücher hatte, sagte, er komme über die erste Seite der
Bibel nicht hinaus: Die Frau geschnitzt aus der Rippe des Mannes! Weiter
würde er nicht lesen. Mein Jugendfreund Erich, der Anarchist sagte: Ich
hab in der Bibel gelesen, aber das spricht mich nicht an, ich mache lieber
buddhistische Meditation, das ist wenigstens eine Religion ohne Gott. Und
ein lutherischer Pastor sagte: Maria war keine Jungfrau, Josef war der
Vater von Gott. Und meine evangelikalen Freunde Mark und Marco sagen:
Gute Protestanten lesen nicht das Buch der Weisheit, Jesus Sirach, Judith,
Makkabäer und Tobit. Das sind alles nur Legenden, das ist nicht Gottes
Wort. Und die Katholiken müssen vom Pfarrer unterwiesen werden:
Psalmen, das sind Gedichte aus Israel und Palästina, das sie ja aus den
Nachrichten im Fernsehen kennen. Und eine Katholikin sagte: Wenn in der
Heiligen Messe aus dem Evangelium vorgelesen wird, verstehe ich kein
Wort. Und eine Katholikin sagte: Ich wusste gar nicht, dass es neben der
Muttergottes noch andere Marien in der Bibel gibt. Und Sankt Hieronymus
sagte: Die Bibel nicht kennen, heißt Christus nicht kennen!
Karine schien mir immer erst zu reden, und dann nachzudenken. Ich sagte
zornig: Weib, erst denken, und dann reden! Aber so ist es beim Mann, er
denkt im Hirn, dann bilden seine Ideen die Worte. Bei der Frau ist es
anders, da gilt das Prinzip Kleists: Das allmähliche Fertigen der Gedanken
beim Reden. Eine Frau beginnt zu reden, und im Reden bilden sich ihre
Gedanken. Die Frau hat im Hirn ein größeres Sprachzentrum als der
Mann. Dazu kommentierte Marco, der männliche Mann: Wenn Frauen ein
größeres Sprachzentrum im Hirn haben als die Männer, dann muss es
ihnen ja anderswo fehlen. Als in Karines Familie das Chaos regierte,
wollte ihr die Neuheidnun Anja helfen. Ich saß im Garten auf der Bank
unterm Holunderstrauch und rauchte und dachte nach. Da kam Anja völlig
aufgelöst aus dem Haus und fuchtelte mit den Armen herum und rief
sinnlose Worte. Sie erinnerte mich an ein kopfloses Huhn, das aufgeregt
mit den Flügeln flattert, ohne fliegen zu können, das zwar kopflos ist, aber
aufgeregt gackert. Es war einmal ein Bauer, der holte das Ei eines Adlers
aus einem Adlernest. Er zog den kleinen Adler auf seinem Hühnerhof auf.
Dem Jüngling Adler beschnitt er die Flügel, damit er nicht fortfliege. Aber
dem Adler wuchsen die Flügel nach. Da brach ein Gewitter und Sturm
über den Hühnerhof herein. Der Hahn krähte und blähte sich auf, die
Hennen eilten aufgescheucht durch den Garten, alles krähte und gackerte
und bewegte die Flügel, aber sie können nicht fliegen. Der junge Adler sah
zum Himmel. Am Himmel schwebte in majestätischer Ruhe ein
Kaiseradler. Der junge Adler flog in die Lüfte und segelte in ruhiger
Besonnenheit und erhabener Überlegenheit mit dem Kaiseradler davon.
Martin Luther hatte die Ehe nicht mehr als Sakrament verstanden, sondern
als ein weltliches Ding. Weltliche Dinge kann man auch wieder trennen.
Kant sah die Ehe als einen Vertrag zur wechselseitigen Benutzung der
Geschlechtsorgane. Die Jugend der Bolschewiki sah in der Liebe einen
Schluck Wasser. Aber der wahre Sexualkommunismus wurde in der
Kulturrevolution von 1968 eingeführt, da gab es die Propaganda der freien
Liebe. Uschi Obermayer kam in die Kommune und schlief öffentlich im
Versammlungsraum mit Rainer Langhans. Unverbindlich und ohne
Verantwortung. Uschi Obermayer war die Wanderhure der sexuellen
Revolution. Das Motto der Revolution war: Wer zweimal mit der gleichen
pennt, gehört schon zum Establishment. Und Kinder haben ein Recht auf
Sex mit Erwachsenen! Man kann sich allerdings auch nach und nach einen
Harem anlegen, wie der sozialdemokratische Bundeskanzler Gerhard
Schröder, der vier Ehefrauen hatte. Die Katholikin Rebekka bekehrte sich
zu einer evangelikalen Freikirche und schied sich von ihrem katholischen
Mann. Sie heiratete einen Protestanten, bekam ein Kind von ihm, schied
sich aber von ihm. Dann heiratete sie den sexsüchtigen Dominik, sie
schied sich von ihm. Dann heiratete sie einen Christen aus einer
Pfingstgemeinde. Ihre Tochter musste dreimal den Nachnamen wechseln.
Das ist die evangelische Antwort auf das Programm der freien Liebe. Man
sagt, Salomo haben 300 Ehefrauen und 700 Konkubinen und Mädchen
ohne Zahl gehabt. Aber in Wahrheit ist die Zahl von 1000 Frauen eine
symbolische Zahl. Salomo war mystisch vermählt mit Frau Weisheit. Die
1000 Frauen symbolisieren die Fülle der Weisheit Salomos.
Martin Luther sagte: Gerettet werden kann der Mensch nur durch die
Gnade Gottes. Es gibt aber keinen freien Willen des Menschen. Sondern
dem einen reitet der Satan auf dem Rücken, dem andern ist Gott gnädig.
Wenn Gott dir gnädig ist, dann gibt er dir seine Gnade, ob du willst oder
nicht. Dann zwingt dich Gott in den Himmel. Dann sollst du dich nicht
fürchten, sondern sündige tapfer! Und versuche nicht, mit guten Werken
Gott zu gefallen. - Und so lässt die Welt den lieben Gott einen guten Mann
sein und sündigt tapfer. So singen die Narren im Karneval: Wir kommen
alle, alle in den Himmel! Und so singen die Säufer in der Kneipe: Schnaps,
das war sein letztes Wort, dann trugen ihn die Englein fort! Als Karine im
Sterben lag, sagten mir ein alter polnischer Ministrant und ein katholischer
Kaplan: Alle Menschen kommen in den Himmel! Da war der teuflische
Detlef konsequenter, er sagte mir einmal: Ich will lieber dem Teufel als
Gott begegnen! Ich will lieber in die Hölle als in den Himmel kommen!
Denn in der Hölle gibt es Rockmusik und Glücksspiele!
VON DEN PLÄNEN
Ja, mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht, und mach noch einen
zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht! Wie haben sich im ostdeutschen
Sozialismus Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht und Erich Honecker bemüht,
die ganze verstaatlichte Wirtschaft durch Pläne zu lenken. Aber diese
Planwirtschaft ist als ein unrealistisches Konzept gescheitert. Der real-
existierende Sozialismus ist aus sozio-ökonomischen Gründen zugrunde
gegangen. Dagegen existiert die sozialistische Utopie noch in vielen
verirrten Köpfen.
VOM REICHTUM
Die Reichen sind überall beliebt. Zum 70. Geburtstag meines Vaters
Eberhard kamen hundert Freunde, zum 50. Geburtstag meines Bruders
Stefan kamen auch 100 Freunde, meinen 50. Geburtstag feierte noch nicht
einmal meine Mutter Doris, sondern ein einziger Freund, mein
Christenbruder Mark. Was macht den Mann für die Frau erotisch? Ob er
Seriösität ausstrahlt, dass er ihr finanzielle Sicherheit geben kann. Männer
schauen Frauen auf den Popo, ob sie im Bett Lust bereiten können. Frauen
schauen Männern auf den Popo, ob sie in der Gesäßtasche auch ein dickes
Portemonnaie haben. Der Reiche also hat viele Freunde und viele schöne
Frauen. Ob einer ein guter Dichter ist, misst die Welt daran, wieviel Geld
er damit verdient, und ob er auch in den Talk-Shows im Fernsehen nach
seiner politischen Stellungnahme gefragt wird. So pries mein Vater den
Obernarren Dieter Bohlen, ein strohdummes Lästermaul aus dem
niveaulosen Fernsehen, weil seine Autobiographie auf der Bestsellerliste
auf dem ersten Platz stand. Das sind die wahren Alchemisten, die aus
Scheiße Gold machen können. Was ist dagegen der Ruhm Virgils, den man
nach zweitausend Jahren noch liest? Aber was ist einem Sparkassen-
Angestellten der Ruhm Virgils? Er hat den Namen noch nie gehört. Alle
meinen, die glücklichsten Menschen der Welt müssten im reichen, aber
gottlosen Schweden leben! Weit gefehlt! Die glücklichsten Menschen der
Welt leben im katholischen, armen Peru! Europa ist ein reicher Kontinent,
aber die Depression ist hier eine Volkskrankheit. Die Gesänge in der
deutschen Messe klingen wie Trauergesänge einer Beerdigung. Es gibt
keine Priester, keine Gläubigen mehr. Aber Afrika ist arm, dort aber
sprießen Priesterberufungen wie Pilze aus dem Boden, eine Heilige Messe
dauert drei Stunden, davon die Predigt eine Stunde, dazu trommeln und
tanzen sie, der Bischof tanzt mit.
Als der Satan seinen Rauch in die katholische Kirche blies und immer
neue Missbräuche an Kindern durch Priester und Ordensleute ans Licht
kamen, da sprach die Welt von der Unsinnigkeit des Zölibats. Es
entstünden durch die sexuelle Enthaltsamkeit der Priester und Mönche
eben automatisch perverse Sexualneurotiker. Damals kam der afrikanische
Katholik Michel von der Elfenbeinküste zu mir und sagte: Beim
Fußballspiel kann man auch nicht in beiden Mannschaften spielen. Ja, der
Sinn für den hohen Wert der Jungfräulichkeit ist der heutigen Welt und
leider auch der heutigen Kirche ganz abhanden gekommen. Wie viele
Jungfrauen der frühen Kirche erlitten lieber das Martyrium, als ihre
Jungfräulichkeit aufzugeben, die sie dem Bräutigam Jesus vermählt hatten!
Heilige Agnes, bitte für uns! Ich sehe es an meinen evangelikalen
Freunden Mark und Marco: Sie müssen morgens nach einen
zehnminütigen Morgengebet aus dem Haus, den ganzen Tag am Computer
arbeiten, abends sich um Frau und Kinder kümmern, und dann erschöpft
zu Bett gehen. Da bleibt keine Zeit für intensives Gebet, gar
Kontemplation, bleibt keine Zeit zum Studium der Philosophie und
Theologie. Paulus sagt: Wer verheiratet ist, sorgt sich um die Wünsche der
Frau, so ist sein Herz nicht ungeteilt beim Herrn. Wer aber jungfräulich
lebt, kann ungeteilt beim Herrn sein. Und das wird vom Priester erwartet.
Nun sind in Deutschland ein Drittel der Priester mit dem Zölibat
unzufrieden, sie wünschen sich eine Frau. Immer weniger junge Männer
sind bereit, zölibatärer Priester zu werden. Man verweist auf die
lutherische Kirche. Die evangelische Kirche habe verheiratete Pastoren, ja,
verheiratete Pastorinnen. Aber was ist das Großes mit den lutherischen
verheirateten Pastorinnen? Die Pastorin Anja predigte über die Verklärung
Christi, indem sie vom rechten Verhalten beim Schuhekaufen sprach. Die
lutherische verheiratete Pastorin Gudrun sprach über die Rechtfertigung
aus Gnade, indem sie über Kosmetika sprach und die Werbung, die die
besten Deosprays und Bodylotions anpreist. Aber es gibt noch eine andere
Weise Diener zweier Herren zu sein, nämlich als Dichter und Hausfreund
Diener zweier Herrinnen zu sein. So ging es mir mit meinen
Jugendfreundinnen Evi und Karine. Ich kümmerte mich bei beiden Frauen
um die Kinder, ich half ihnen im Alltag, war wie ein Mann zu ihnen und
wie ein Vater zu ihren Kindern. Die Pflichten übernahm ich, die Rechte
wurden mir verwehrt. So wollten die beiden Freundinnen im Sommer in
der Provence Urlaub machen. Ich wusch für beide Frauen die Wäsche,
aber in den Urlaub fuhren sie allein. Du siehst also, Leser, dass ich selbst
ein Narr bin, der ich Diener zweier Herrinnen war. Nun bin ich aber
Diener zweier Herrinnen, denn meine eine Herrin ist die Caritas Divina
und meine andere Herrin ist die Sapientia Divina, und damit lebt es sich
recht gut.
VOM GESCHWÄTZ
Einmal kam ich aus der Sonntagsmesse, und vor der Kirchentür sagte ein
altes Weib zu einem andern: Nun haben wir unsere Sonntagspflicht wieder
erfüllt. Brav, altes Weib, die Pflicht ist abgesessen. Die alten Weiber trafen
sich zur Werktagsmesse, weil es anschließend Kaffee und Kuchen gab, und
da wurde die Hostie zur Vorspeise gefuttert. Ein Mann nahm seinen Sohn
mit in die Messe, und zur Kommunion kommentierte der Sohn: Papa,
krieg ich auch so einen Keks? Nur zwanzig Prozent der deutschen
Katholiken glauben an einen persönlichen Gott. Was denken sie denn,
wenn sie das Vaterunser beten? Nur zwanzig Prozent der katholischen
Messbesucher glauben an die Transsubstantiation und die Realpräsenz
Christi in der Hostie. Was wollen sie denn dann in der Kirche? Sie wollen
ihren neuen Pelzmantel spazieren führen. Aber sind denn die Jünger der
evangelikalen Freikirchen besser? Der Fanatiker Dominik war Sohn eines
katholischen Vaters. Sein Vater betete bei jeder Mahlzeit: Komm, Herr
Jesus, sei unser Gast, und segne, was du uns bescheret hast. Dann sang der
Vater gerne Marienhymnen. Aber Dominik hatte sich ein einer
Pfingstgemeinde bekehrt. Wenn sein Vater sich nicht auch noch bekehre,
komme er in die Hölle, wusste Dominik. Die Katholiken sind ja nur ein
religiöser Haufen, die die Offenbarung nicht kennen. Stattdessen beten sie
den goldenen Götzen der Monstranz an. Er, Dominik, kniee aber nicht vor
dem Götzen der katholischen Kirche. Die katholische Kirche sei die Hure
Babylon und der Papst der Rattenschwanz des Antichristen. Und als ich in
Lourdes mich der Unbefleckten Empfängnis verlobte, rief Dominik, er
bete nicht die Abgöttin Maria an, er könne die Bilder der Madonna mit
dem Jesuskind nicht ertragen. Ja, was er ertragen konnte, das waren die
pornographischen Bilder der Huren. Was er sein Frauenideal nannte, das
war nicht die Madonna, das war die Hure im Bordell. Er heiratete dann
eine abgefallene Katholikin, die schon zweimal geschieden war, die sich
aber auch von ihrem dritten Mann scheiden ließ, weil er während der
kurzen Ehe weiter ins Bordell ging. Es gibt bei den Evangelikalen aber
auch tugendsame Männer, vorbildliche Familienväter und Liebhaber der
Bibel, wie meinen Freund Mark. Aber ich muss lächeln. Der konservative
Evangelikale nannte die liberalen Evangelikalen Irrlehrer und warnte vor
ihnen. Aber was ist eine Irrlehre, wenn nicht ein Christentum ohne die drei
Säulen: Den eucharistischen Christus, die Verehrung der Jungfrau und den
Gehorsam dem Nachfolger Petri gegenüber?
In einem Buch über die Jungfrau Maria las ich die Frage, ob wir vielleicht
die Eine Gottheit als ursprungslose Jungfrau Ohnegleichen betrachten
dürfen. Aber der Autor verfolgte den Gedanken nicht, er schien ihm zu
gewagt, zu wenig abgesichert durch Schrift und Tradition. Ich dachte aber
weiter nach über diese Spekulation. Jesus Sirach und Jakob Böhme nennen
ja Sophia eine Jungfrau. Wer aber ist Sophia? Gott der Vater wird der
allein weise Gott genannt von Paulus. Das Buch der Weisheit schreibt den
Exodus nicht dem Vater zu, sondern der Weisheit. Der Vater ist also
Weisheit. Aber die Sprüche Salomos nennen die Weisheit auch Kind des
Vaters. Paulus nennt Christus die Weisheit. Der Sohn ist also Weisheit. Im
Buch der Weisheit ist vom Geist der Weisheit die Rede. Jesaja nennt die
Weisheit ein Charisma des Heiligen Geistes. Der Geist ist also Weisheit.
Darum spricht Augustinus von der Sophia des Vaters, der Sophia des
Sohnes, der Sophia des Heiligen Geistes. Der Glaube lehrt Eine göttliche
Natur in drei Personen. Die drei Personen sind Vater und Sohn und
Heiliger Geist, aber Sophia ist die Eine göttliche Natur. Und da Sophia
Eine Gottheit ist, und keine Götter neben ihr sind, ist sie Jungfrau. Es ist
kein Götterpaar in heiliger Hochzeit das Wesen der Wesen, sondern die
unerzeugte und unvermählte Jungfrau Sophia, die jungfräuliche Gott-
Natur.
Doktor Johann Faust hatte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen: Ich
gebe dir, sagte Satan, alle Herrlichkeiten der Welt, wenn du mich anbetest.
Und nun ritt der alte Faust auf dem Deich an der Nordsee, und siehe, Frau
Sorge sprang hinter ihm auf den Schimmel, hielt ihre Hände vor seine
Augen, und so erblindete Faust. Von allen Sorgen freihalten wollte sich der
cynische Philosoph Diogenes. Er wollte absolut bedürfnislos leben. Im
übrigen lebte er nicht in einer Tonne, sondern in einer Weinamphore. Er aß
nur einfache Speisen mit seinem Löffel. Einmal sah er einen Gassenbuben
mit den Händen essen, da erkannte Diogenes, dass er noch auf den Löffel
verzichten konnte, er aß fortan wie der Knabe mit den Händen. Überfiel
ihn die göttliche Aphrodite, entledigte er sich ihrer durch Masturbation. Er
sagte: Könnte der Hunger doch ebenso leicht durch das Reiben des
Bauches vertrieben werden. Als der Welteroberer Alexander vor des
Diogenes Amphore stand und fragte, was der Philosoph sich vom
Herrscher der ganzen Welt wünschte, sagte der Cyniker: Geh mir aus der
Sonne! Ach, das weiß doch jedes Kind! Aber dass es Philosophen gibt, die
Bücher schreiben mit dem Titel: Jesus, der Hund, das ist neu, dass nun
Jesus ein hebräischer Cyniker ist. Was sagt denn der cynische Philosoph
Jesus von Nazareth über die Sorge? Jesus sagt: Sorge dich nicht darum,
was du essen und trinken und was du anziehen sollst. Darum sorgen sich
die Weltmenschen. Schau dir doch die Blumen im Garten an, Krokus und
Narzisse, Tulpe und Rose, wie schön Gott sie kleidet! Selbst Sulamith in
ihren reizendsten Kleidchen war nicht so schön wie diese Blüten! Und
schau dir die Vögel an im Garten, Amseln und Drosseln, Kleiber und
Meisen, Spatzen und Sperlinge, selbst die Klappergrasmücken, alle finden
ihre Nahrung, ohne dass sie morgens ins Büro gehen müssen und erst spät
abends nach Hause kommen. So sorge dich nicht, mein Freund, sondern
versenke deine Vergangenheit in den Mutterschoß der göttlichen
Misericordia und vertraue deine Zukunft der verschleierten Providentia an!
VOM BETTELN
Ich wünschte mir eine gewisse Zeit Evi zur Geliebten. Später war ich Gott
dankbar, dass er mir meinen Wunsch nicht erfüllt hatte. Denn als ihr
Charme und ihre erotischen Reize vergangen waren, blieb eine alte, fette,
hässliche Hausfrau, eine zänkische Zunge, okkult belastet. Hätte Gott mir
meinen Wunsch erfüllt, wäre mein Leben zur Hölle geworden. Als ich der
reizenden Evi von der Brautmystik erzählte, die in Jesus den Bräutigam
der Seele erkennt, sagte sie: Ich glaube an kein Gottes-Du. Ich kann nichts
anfangen mit einem Bräutigam Jesus. Ich erzählte ihr, dass es neben der
Brautmystik noch die Seins-Mystik gäbe, etwa bei Meister Eckart. Sie
begann, in meinem Meister Eckart zu lesen. Denn was verstand sie unter
Seins-Mystik? Nur die esoterische Spiritualität: Ich und Gott sind eins, ich
bin ein Stück von Gott, ich bin Gott! Aber da las sie bei Meister Eckart:
Vergiss deine Wünsche und vereinige deinen Willen mit dem Willen
Gottes. Das quältte sie nun sehr, denn sie hatte viele Wünsche: Um
glücklich zu sein, brauchte sie einen Bauernhof mit großem Garten und
vielen Pferden. Da erzählte sie mir: Es gibt ja bei den spirituellen
Menschen den Weg, Wünsche ans Universum abzusenden. Wenn man nur
stark genug wünscht, dann erfüllt das Universum einem alle Wünsche.
Was für eine Torheit! Aber so beten auch viele Christen, die in Gott einen
Wunschautomaten sehen: Oben steckt man ein Gebet herein und unten
kommt der erfüllte Wunsch heraus. Anbetung kennen solche Christen
nicht, aber solche Gebete: Schenk mir bitte mehr Lohn, ein neues Auto und
Gesundheit. Es gibt ein afrikanisches Sprichwort: Wen die Götter
verderben wollen, dem erfüllen sie alle seine Wünsche! So gibt es den
törichten Segen: Möge Gott dir alle deine Wünsche erfüllen! Gott
bewahre! Einzig der Wille Gottes geschehe, denn wir wissen nicht, was für
uns gut ist. So sagte die Philosophin Gerl-Falkovitz einmal: Wir wünschen
uns alle, reich und schön zu sein, aber ach, wir sind arm und hässlich!
Wäre Dina nicht so hübsch gewesen, wäre sie nicht von Sichem
vergewaltigt worden. Hätte sich für Midas nicht alles in Gold verwandelt,
auch Brot und Wein, wäre er nicht verhungert. So sagte ein Komiker: Jeder
Wunsch, sobald erfüllt, bekommt sofort Kinder. Denn es ist wie im
Märchen vom Fischer und seiner Frau, dieser Satire auf Napoleon: Erst
wünscht man sich ein größeres Haus, dann will man Herzog werden, dann
König, dann Kaiser, dann Papst, dann Gott – und steht wieder vor dem
Nichts.
VOM STUDENTEN
Nach dem Gymnasium und der Ausbildung zum Schriftsetzer kam ich an
die Universität Oldenburg. Ich wollte Germanistik und Geschichte
studieren. Als sie in Geschichte wieder über die Arbeiterbewegung in der
Weimarer Republik sprachen, war ich es überdrüssig, das hatte ich im
Gymnasium schon eifrig studiert. Ich wechselte von Geschichte zu
Anglistik. In Germanistik war es nicht besser. In einem Kurs belegte ich
Liebeslyrik, aber abgesehen von einem Sonett von Hoffmanns-Waldau war
nicht ein einziges poetisches Werk darunter. Zudem war die Liebeslyrik
nur ein Vorwand, um zu lernen, wie man in einer Hausarbeit die Liste der
zitierten Autoren alphabetisch ordnet. Ein anderer Kurs behandelte den
Karneval und die Groteske und fragte: Gibt es eine besondere Lachkultur
von Frauen. Närrisches Treiben! Immerhin entdeckte ich für mich die
Universitätsbibliothek, las die Studienausgabe der gesammelten Werke
Hölderlins, las Ben Jonson und Byron und vor allem die altgriechischen
Lyriker. Damals lernte ich Karine kennen, die Priesterin der Aphrodite,
und wir unternahmen, wie Schiller sagt: Reisen ins südliche Frankreich,
um zu studieren, was unter den Höschen der Französin steckt. Später,
nachdem ich Christus begegnet war und meine Psychose überlebt hatte,
wollte ich als Gasthörer an die Universität, um Literatur und Philosophie
zu hören. Ich besuchte ein einziges Mal einen Kurs über Platon, aber ich
hörte nur substanzloses Geplauder. In der Literatur fand ich nichts
Interessantes, denn ich hatte kein Interesse, die sozialistische Neuheidin
Christa Wolf zu studieren. Ein drittes Mal kam ich in Berührung mit der
Universität, als ich in der Pfingstgemeinde den taiwanesischen Christen
Rong-Ji kennen lernte, der seinen Doktor in Pädagogik machen wollte und
mich bat, den deutschen Text zu formulieren. Es ging ihm um die Vater-
Sohn-Beziehung im klassischen Konfuzianismus und im Christentum. So
bekam ich quasi den Doktor-Bambushut der Sinologie. Ich habe aber lange
Zeit die Bibliothek ausgebeutet und die englische Renaissance und
Romantik gelesen, die altorientalische und altgriechische Literatur, die
mittelhochdeutsche Literatur und die deutsche Literatur der Geniezeit, in
der Theologie die Kirchenväter, katholische Dogmatik und die Mariologie
und in der Religionsgeschichte fast alles. Ich bin der Oldenburger
Universitätsbibliothek zu großem Dank verpflichtet.
VOM BESITZ
Es war einmal ein Bauer, dessen Ernten prächtig gediehen. Er sagte sich:
Jetzt will ich neue große Vorratshäuser bauen. Den Rest meines Lebens
brauch ich nicht mehr zu arbeiten. Ich kann mein Leben im Ruhestand
genießen und gut essen und trinken und fremde Länder sehen. Da sprach
Gott zu ihm: Du Narr! Heute Nacht wirst du sterben! Und was nützt dir
dann all dein Reichtum? Mit Geld kannst du dir die Rettung deiner Seele
nicht kaufen! Weh dem, der reich ist an irdischen Gütern, aber keine
Schätze im Himmel gesammelt hat! Wie schwer ist es doch für einen
Reichen, in den Himmel zu kommen! Eher geht noch ein Kamel durch ein
Nadelöhr! Und so hat mein Vater sein Glück ganz aufs Geld gesetzt und
sein Lebensinhalt war es, Geld anzuhäufen. Und als er dann Rentner
wurde, wollte er lecker essen und mit seiner Frau die ganze Welt bereisen.
Den Winter verbrachte er im sonnigen Andalusien, wenn nicht auf den
Kanaren, dann fuhr er nach Österreich zum Skilaufen, im Mai an die
Donau zum Radfahren, im September auf eine griechische Insel, wenn
nicht gar nach Florida oder Kuba. Da erkrankte er an Blutkrebs und starb
über Nacht. Für meinen Glauben hatte er immer nur Spott. Und sein
Liebling, mein Bruder, ist wie sein Vater Materialist und Atheist. So gab es
ein Familientreffen zu Ostern, wir trafen uns am Karfreitag, und der
fünfzigjährige Deutsche, evangelisch-lutherisch getauft und konfirmiert,
fragte: Was feiern wir eigentlich an Karfreitag? Er war mit seiner Frau, der
reformierten Gisela, auf den Kanaren, als ein Erdbeben das Hotel
erschütterte. Gisela rannte in Todesangst aus dem Hotel, Stefan in
Todesangst hinter ihr her, aber er kehrte noch einmal um, aus dem
erschütterten Hotel die im Tresor aufbewahrten goldenen Schmuckstücke
zu holen. Einmal war ich auf dem Geburtstag meines Ziehsohnes Tom.
Seine Mutter Evi nieste, ich wünschte ihr: Gesundheit! Schönheit!
Kindersegen! Tom fragte: Was ist denn Kindersegen? Sein Bruder Quentin
sagte: Das dachte man früher, als die unaufgeklärten Menschen noch an
Gott glaubten und dachten, der liebe Gott segne die Eltern mit Kindern. Da
sagte der Vater Jörg, ein Haschischraucher, Büroangestellter und
Dummkopf: Lieber Geldsegen als Kindersegen! Als Papst Franziskus seine
apostolische Regierung antrat, verkündete er: Gott will ein arme Kirche für
die Armen! Da herrschte in Deutschland der Bischof von Limburg, der
sich mit den Geldern der Kirchensteuer für viele Millionen einen
fürstlichen Palast bauen ließ. Was für eine Kirche willst du, die des
römischen Papstes oder die des deutschen Bischofs? Willst du Gott oder
dem Mammon dienen?
Zweitausend Jahre lang warteten die Kinder Israel auf den Messias, und
als er kam, da kreuzigten sie ihn. Jesus sagte: Jerusalem, Jerusalem, wie
oft hab ich deine Kinder sammeln wollen, wie eine Glucke ihre Küken
unter ihren Flügeln sammelt! Aber du hast nicht gewollt! Du hast die Zeit
deiner Heimsuchung nicht erkannt! Ich werde nicht mehr zu euch
kommen, bis ihr betet: Hosanna in der Höhe! Hochgelobt sei der da
kommt im Namen des Herrn! Hosanna in der Höhe! So hatte auch Evi die
Stunde ihrer Heimsuchung nicht erkannt. Zehn Jahre lang predigte ich der
Esoterikerin das Evangelium. Schließlich begann sie, einen Psalm zu
beten. Sie las ein Buch über das Vaterunser und betete ein paar Mal das
Gebet Jesu. Sie las die Apokalypse des Johannes und stellte die Sixtinische
Madonna von Salvadore Dali auf. Sie betete zu ihrem Schutzengel, den sie
Hesekiel nannte, und zum heiligen Erzengel Michael. Ich erzählte meiner
Mutter: Evi ist jetzt Christin geworden. Aber da starb ihr Vater Helmut, ein
Atheist und Naturanbeter, und Evi konnte nicht mehr Vater Unser beten,
denn ihr Vater hatte sie nie geliebt, sondern immer verachtet. Evi wollte
jetzt ihre Weiblichkeit stärken. Esoterische Ratgeber rieten ihr, nach der
Psychologie von C. G. Jung, den Schatten der Seele in die Seele zu
integrieren. Da sie ihre Namenspatronin Eva für eine vom Vatergott und
vom Mann Adam unterdrückte Frau hielt, wandte sie sich an Adams erste
Frau Lilith, die eine starke, wilde und freie Frau war. Lilith sagte sich los
von Jahwe und Adam und heiratete in der Wüste am Roten Meer den
Dämon Sammael. Evi studierte alle Bücher über Lilith, die alle den Geist
des Okkultismus und des feministischen Satanismus atmeten. Evi nannte
sich nun Lilith und wollte vom Evangelium nichts mehr hören. Stattdessen
verlor sie ihren Charme, ihre Freundlichkeit, ihre Dankbarkeit und
Bescheidenheit und wurde eine Frau mit steinernem Herzen und
zänkischer Zunge. Ich sah sie unter der Herrschaft Satans. So also hatte
Evi die Stunde ihrer Heimsuchung durch Christus nicht ergriffen.
Hoffnung gibt es aber für das jüdische Volk und für Evi. Das zeigt das
Beispiel Karines. Karine war kommunistisch erzogen worden, Später
verehrte sie quasi-religiös die Natur. Aber als sie mit vierzig Jahren Krebs
bekam, sagte sie mit fünfundvierzig Jahren, vom Krebs zerfressen, zu mir
im Hospital des heiligen Papstes Pius: Ich fühle mich wie Christus am
Kreuz! Und drei Tage vor ihrem Tod, als ich sie das letzte Mal sah, nahm
ich im Hospital an der Eucharistiefeier teil. Eine Nonne brachte die
Kommunion zu Karines Bettnachbarin. Karine begehrte auf ihrem
Sterbebett, den Corpus Christi zu empfangen. Neben ihrem Bett brannte
eine Kerze mit der Ikone der Gottesmutter von Wladimir. So starb Karine.
Nach ihrem Tod hörte ich in allen Predigten und Katechesen immer wieder
vom rechten Schächer, dem heiligen Dysmas, der sich in seiner
Todesstunde am Kreuz neben Christus bekehrt hatte. Und so sagte mir der
Heilige Geist, dass Karines Seele gerettet ist.
VON DEN KOKETTIERENDEN FRAUEN
eva u schlange bathseba tamar ruth potiphars wein delila helena phryne
katharina die große
Eva stand im Garten unter dem Feigenbaum. Sie war nackt und schämte
sich nicht. Da kam Luzifer und besuchte Eva in ihrem Blumengarten.
Kokett begann sie mit ihm über Gott und die Welt zu reden, denn Luzifer
war Schriftgelehrter und Theologe, und sie wollte ihn gern zu ihrem
Sklaven machen, dabei vertraute sie nicht allein auf die Reize ihrer
Nacktheit, sondern sie wollte sich auch geistig als ebenbürtig zeigen.
Luzifer, sagte Eva, du bist weise, du bist reiner Geist. Ich bin ganz
Empfänglichkeit für deinen Geist der Weisheit. Und der Geist will ja
zeugen in der Schönheit. Und Luzifer hielt eine lange Rede, in der er
bewies, dass Gott grausam sei, dass alles, was Spaß mache, verboten sei
oder dick mache, dass Eva sich selbst erlösen könne und dass Eva wie Gott
sei. Das glaubte Eva natürlich gerne: Ja, ich bin Gott, sagte sie, ich bin die
herrschende Göttin! So war der Sündenfall, und davon kommt all mein
Elend. Und Josef war im Hause Potiphars. Potiphar war tagsüber in seinem
Büro. Er überließ Josef die Sorge um Frau und Kinder und Haustiere.
Potiphars Weib aber, die mit ihm in wilder Ehe lebte, Suleika also zog ein
durchsichtiges kurzes Kleid an und wollte Josef verführen. Sie legte sich
auf ihr Bett, entkleidete ihren Oberkörper und bat Josef, ihren Hausfreund,
ihr den Rücken zu massieren. Josef betete zur keuschen Jungfrau Sophia
im Himmel und floh. Da kam abends Potiphar aus dem Büro, da sagte
Suleika: Josef hat meine Ka-Seele vergewaltigt! Er hat in Gedanken meine
Aura verletzt! Da jagten Potiphar und Suleika den Josef aus dem Haus.
Und eines Nachts stand König David auf dem Dach seines Hauses und
dichtete ein Gedicht an den Mond. Seine kokette Nachbarin Bathseba sah
ihn und dachte: Den will ich mir unterwerfen! Er ist ein Dichter, ich will,
dass er nicht mehr Psalmen an Gott dichtet, sondern mich als seine
erotische Göttin Astarte besingt. Also machte Bathseba das Licht in ihrem
Badezimmer an, dass David aufmerksam wurde, dann zog sie sich nackt
aus und duschte vor Davids Augen. David war ein Mann und nahm sie
sich. Ihren Ehemann, den dummen Heiden, schickte er zur Hölle! Und im
alten Griechenland war die reizende Helena mit ihrem schwarzgelockten
Menelaos verheiratet, ihre Tochter Harmonia war vier Jahre alt. Menelaos
war immer im Staatsrat, er hatte nur Politik im Sinn. Aber Helena juckte
es! Da kam ihr der Prinz Paris eben recht, der sie nachmittags besuchte.
Ich komme, sagte er, im Auftrag der Göttin Aphrodite. Wir beide sind von
Ewigkeit für einander bestimmt! Und Paris machte ihr viele Geschenke,
Parfüme und Goldschmuck und Edelsteine und Seidenunterwäsche und
Süßigkeiten. Und so gewann er Helena, sie fuhren auf die Insel der Liebe
und liebten sich am Strand, sie wälzten sich im weißen Sand und schliefen
in der Brandung miteinander. Und so fiel Troja! Und zur Zeit des
Aristoteles lebte Phryne. Aristoteles erzog gerade den jungen Alexander,
da verführte ihn die reizende Phryne. Aristoteles kroch auf allen Vieren
und Phryne ritt auf seinem Rücken, schlug ihn und rief: Hü, mein
Pferdchen! Und als sich die Mystiker zum Mysterium von Eleusis
versammelten, badete Phryne nackt im Meer. Vor all den Mystiker tauchte
sie nackt aus dem Meer, da riefen die Jünger: Wahrlich, wahrlich,
Aphrodite lebt! Dann wurde aber Phryne von einem verschmähten
Liebhaber vor Gericht angeklagt, sie verkünde einen neuen Gott. Ihr
Rechtsanwalt, der Jura studiert hatte und sehr reich war, verteidigrte sie
vor Gericht. Seon Plädoyer begann bei Dido und dem Fall Karthagos, aber
es war alles nur leeres Geschwätz! Verfluchte Advokaten! Da half sich
Phryne selbst, und vor den Augen des Richters und der Schöffen, des
Staatsanwalts und des Rechtsanwalts entblößte sie ihre Brüste. Und sie
hatte schöne Brüste, groß und fest! Da ward sie freigesprochen: Eine Frau
mit solchen Brüsten muss ein guter Mensch sein! Und Katharina die Große
war, wie Puschkin sagte, der Erzkokotte auf dem Thron. Sie flirtete mit
Diderot und kokettierte mit Voltaire, sie hatte zwanzig Liebhaber, am
leidenschaftlichsten liebte sie den Fürsten Potemkin, wenn da nicht, wie
Byron schrieb, noch der junge Don Juan gewesen wäre.
VOM EHEBRUCH
Alkmene saß einsam zu Hause und langweilte sich. Ihr Mann war im
Krieg. Wie Schiller sagt: Der Mann muss hinaus ins feindliche Leben, still
zuhause waltet die züchtige Hausfrau. Da kam Zeus, der Vater der Götter
und Menschen, der Ehemann seiner Schwester Hera, kam und besuchte
Alkmene und brach mit ihr die Ehe und zeugte im Ehebruch den Halbgott
Herakles. Aphrodite, man kann es kaum glauben, hatte nach einem langen
Lotterleben, da sie jedem Mann die Beine gespreizt hatte auf der
Rückbank ihres Taubenwagens, doch nach langjährier wilder Ehe den Gott
Hephästos geheiratet. Aber er saß immer in seiner rauchenden Kammer
allein und schlief auch allein in seiner Kammer auf dem Sofa, während
seine Ehefrau Aphrodite allein in ihrem schmuddeligen Bett lag und nach
einem Mann seufzte und sich in Ermangelung eines Mannes mit einem
künstlichen Phallus selbst befriedigte. Aber eines Tages tauchte der Gott
Ares auf. Und da wir ja alle Homer gelesen haben, - brauche ich die
Geschichte vom Ehebruch der Aphrodite mit Ares nicht noch einmal zu
erzählen. Von den Göttern lernen, heißt siegen lernen! So dachte auch die
mykenische Königin Klytemnästra. Denn ihr Mann Agamemnon war
wegen der Ehebrecherin Helena in Troja, die feste Burg zu belagern, da
tröstete sich Klytemnästra mit ihrem Hausfreund Ägisthos. Sie brachen
fröhlich wie die Götter die Ehe und liebten sich auf dem Altar des Bettes
wie Gott und Göttin! Die Folge war die Ermordung Agamemnons, die
Ermordung Klytemnästras durch ihren Sohn Orestes und der Wahnsinn
desselben, der von den alten fetten Furien geplagt wurde! War denn
Mohammed, das Siegel der Propheten, der Gesandte Allahs, Friede sei mit
ihm, moralischer? Nach dem Tod seiner christlichen Ehefrau Kadischa
besuchte er eines Nachts seinen Pflegesohn Zaid. Der war aber gerade
nicht zuhause, er war in Sachen Dschihad des Nachts unterwegs, aber
seine junge Ehefrau Zainab war zuhause. Sie war vierzehn Jahre jung,
hatte ein weißes Gesicht, unverschleiert, große weiße Brüste, lange rote
Locken, und stand im Nachthemd vor Mohammed. Stark ist die
Manneskraft von arabischen Männern, vierzig mal so stark ist die
Manneskraft der Propheten, und Mohammed hat die vierzigfache
Manneskraft von Propheten. Der Super-Prophet war erregt, seine Latte
ward steif wie im Paradies im Zelt mit den Huris, und er sagte sich: Zainab
muss ich haben! So schied sich Zaid von Zainab aus Liebe zu Mohammed,
und Mohammed bekam das junge Ding in sein Bett. Aber stimmt es denn,
was die katholische Kirche sagt, dass die Ehe heilig ist seit der Ehe von
Adam und Eva im Paradies? Gibt es nicht bei den Völkern viele
verschiedene Begriffe von der Liebespaarung? So besuchte ich einmal
meinen Freund Marco, den pietischen Prediger, und seine schöne Frau
Susanne, die keusche Susanna von Schloss Susan aus dem Alten
Testament, da zitierte ich das Weisheitswort irgendeines primitiven
Naturvolks über die Gastfreundschaft: Wenn dein Freund zu Gast kommt,
biete ihm aus Gastfreundschaft deine Ehefrau zum Liebesspiel an!
VOM REISEN
Mein Bruder Stefan war mit Frau und Kindern in die Toskana gereist.
Meine neunjährige Nichte Janna war eine Grazie, ein Mädchen voller
Anmut und Schönheit und von stillem Wesen. Sie war für mich Beatrice
von Florenz. Und wie gerne hätte ich die Marmorstadt des florentinischen
Neuplatonismus gesehen, auf den Spuren von Dante, Petrarca und
Boccaccio, Michelangelo und Botticelli, Poliziano und Ficino und
Savonarola! Aber ich war zu arm und zu krank. Mein Bruder war reich und
gesund, aber ein Kulturbanause. So saßen sie vor dem Dom und dem
Museum von Florenz und gingen nicht hinein, sondern aßen ein Eis im
Eiscafé. Wie wäre ich niedergefallen vor der Mediceischen Venus, die
göttliche Schönheit anzubeten! Das heißt wirklich, Perlen vor die Säue
werfen und das Heilige den Hunden geben! Eine andre Art des Reisens ist
noch gottloser, nämlich der Sextourismus reicher westeuropäischer
Männer, die nach Thailand fliegen, um im Rotlicht-Milieu von Bangkok
mit minderjährigen Sexsklavinnen zu schlafen. Aber ein Reisen habe ich
kennen gelernt, das zwar verdienstvoll, aber auch zum Verrücktwerden
anstrengend ist. Ich war mit meiner Freundin Karine auf Rügen, auf Sylt,
auf Baltrum und im Flecken Hage in Ostfriesland. Ihr Erstgeborener Juri
war fünf, die Zwillinge Milan und Simon zwei Jahre alt. Und Karine
wollte morgens lange schlafen, dann baden, mittags wieder schlafen, dann
wieder baden. Und ich versorgte die Kinder vom Erwachen an den ganzen
Tag. Da gab es keinen Moment der Ruhe, da musste ich sie füttern, auf
dem Spielplatz beobachten, mittags spazieren fahren, Ball spielen, abends
Händchen halten, bis sie einschlafen. Normalerweise machen Menschen
Urlaub, sich vom anstrengenden Alltag zu erholen, aber für mich waren
die Urlaubstage mit Karine und ihren Kindern die anstrengendste Zeit des
Jahres. Im Alter von 35 Jahren, zur Zeit meiner Konversion zur
katholischen Kirche, reiste ich mit einer Gruppe katholischer Jünglinge
und junger Mädchen nach Lourdes. Man nannte es eine Wallfahrt, aber die
jungen Leute waren vor allem an Sommerurlaub im Süden und an
Romanzen interessiert. Vielleicht bahnt sich ja eine Ehe an? Ich ging
abseits von der Wallfahrtsgruppe allein in den Bergen und betete zur
Madonna. Da trug sie mir ihre Hand an, erwählte mich zum Bräutigam und
gab mir ihr Ja-Wort und den Kuss der Pietà! Nun halte ich es mit Lao Tse:
Ohne einen Schritt aus dem Haus zu tun, kennt der Weise die Welt.
VOM ZORN
Ich hielt mir einmal einen Hofnarren, das war Dominik, der sollte mir
Langeweile, Einsamkeit und Weltekel vertreiben. Er liebte die Sprüche
Salomos, die er auf den Kopf stellte und sagte: Ich bin der Narr, die lustige
Person! Aber er war auch ein jähzorniger Mann. Ich brauchte nur zu sagen,
die katholische Kirche sei nicht die Hure Babylon, sondern die himmlische
Jungfrau Jerusalem, dann spuckte er Gift und Galle. Wenn ich sagte, der
Papst sei nicht der Rattenschwanz des Antichristen, sondern der Vikar
Christi auf Erden, dann schwollen ihm die Zornadern in der Schläfe. Und
wenn ich sagte, die anderen Weltreligionen seien nicht vom Teufel,
sondern enthielten auch Samenkörner der Wahrheit, dann brüllte er mit
schäumendem Mund: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben,
niemand kommt zum Vater denn durch mich! Und der Evangelikale Marco
ist auch so ein jähzorniger Mann. Seine fromme Tochter Alina forderte er
auf, das erste Mal nicht ein schriftliches, sondern ein mündliches Gebet zu
beten. Sie versuchte es und dankte Gott für ihre Speise. Da explodierte er
und nannte so ein Gebet eine Unverschämtheit, sie habe nur an sich und
nicht an die ganze Familie gedacht, solch ein Gebet sei eine Frechheit.
Seine zweite Tochter Valea ist eine wahre Schönheit, hat aber einen
rebellischen Geist. Sie sagte: Vater, du kannst uns verlassen! Ich bleibe
dann bei der Mutter, die schlägt uns wenigstens nicht! Aber ach, wir
brauchen ja dein Geld! Da ergriff der Vater die Tochter bei den langen
goldenen Locken und schleifte ihren schlanken Mädchenkörper durch das
Haus und sperrte sie in ihr Zimmer ein. Da fragten einmal die beiden
Töchter ihren Vater: Papa, du regst dich immer gleich auf! Ist Jesus
eigentlich auch manchmal zornig geworden? Ja, sagte der Choleriker,
Jesus kam in die Kirche und sah, wie sich in der Kirche alles nur ums Geld
dreht, da wurde er zornig, so richtig wütend, und nahm eine Peitsche und
peitsche die Geldanbeter aus und warf Tische und Stühle um! Der heilige
Franz von Sales, Bischof von Genf, hatte auch ein cholerisches Gemüt.
Aber er beichtete oft und bat Gott um die Tugend der Sanftmut, und mit
der Zeit ward er zum sanften Heiligen, zum Gentleman unter den Heiligen.
EPILOG
Und hier legte sich mein Zorn. So legte sich auch des Kaisers von Persien
Zorn über Vashti. Danach ging er daran, sich junge schöne Mädchen zu
suchen und einen Harem zu haben wie Salomo. Selbst des Epilogs bin ich
müde wie des ganzen irdischen Treibens, aber ich muss noch oft an
meinen Knaben Tom denken, der von jedem Buch Prolog und Epilog
erwartete. Ich bin natürlich der größte Narr! Ich war wahnsinnig geworden
nach meiner appetitlichen Jugendgeliebten Karine frühen Tod! Mein
Bruder Stefan brachte mich ins Irrenhaus. Der Psychiater Doktor
Weingarten ließ mich auswendig die zweite Strophe von Hölderlins Hälfte
des Lebens zitieren. Immer, wenn er an mir vorüberging, grinste er mich
an und sagte: Ihr holden Schwäne…! Bald war ich der irren Kranken und
der irren Ärzte überdrüssig, ich wollte über Nacht fliehen. Ein Irrer trat ins
Raucherzimmer und predigte über den heiligen Franziskus. Ich ging mit
Franziskus an meiner Seite zum Doktor Weingarten: Ich will frei sein!
Pharao, lass Israel ziehen! Der Psychiater telefonierte mit meiner
Schwägerin Gisela und sagte ihr, sie und mein Bruder sollten besser den
Kontakt zu mir abbrechen. Was sie auch taten. Dann verließ ich das
Irrenhaus, unheilbar krank, um fortan wie Franziskus den Vögeln zu
predigen. Und das war mein Exodus. Und so werde ich schließlich in
einem großen Exodus die Welt, das universelle Irrenhaus, verlassen, um in
das Land zu kommen, wo Karine ist, die Provinz, wo Milch und Honig
fließen.
Buch I
Buch II
Buch III
Buch IV
Buch V
Buch VI
Buch VII
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Buch IX
Buch X
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DER SUNAMITISMUS
oder
DIE EROTIK DER NATURHEILKUNDE
Der therapeutische Plan des Sunamitismus ist klar: Ein älterer Mann wird
in Kontakt zu jungen Mädchen gebracht. Im Idealfall schlafen sie nachts in
engem Körperkontakt beieinander. Eine sexuelle Beziehung der beiden
wird aber ausgeschlossen. Die Vorstellung war, dass die „Ausdünstungen“
des Mädchens einen heilenden Einfluss auf die „sinkenden Lebenskräfte“
des Alten haben.
Die wissenschaftliche medizinische Literatur setzt sich im 17. und 18.
Jahrhundert mit dem Sunamitismus auseinander. Von den
medizinhistorisch bekannten Ärzten ist vor einer zu nennen, der gesehen
haben wollte, wie ein deutscher Prinz auf diese Weise gerettet worden sei.
Die ausführlichste Beschreibung des Themas geht auf den Münsteraner
Arzt Cohausen zurück, der in dem Buch „Der wiederauflebende
Hermippus“ sehr genaue Angaben zu dieser Therapieform macht. Das
Buch erschien 1750 zum ersten Mal, hat mehrere Neuauflagen erlebt und
wurde 1979 in Amerika nochmals aufgelegt.
Im 17. und 18. Jahrhundert scheint der Sunamitismus recht verbreitet
gewesen zu sein. So hat es in Paris ein entsprechendes Gewerbe mit klaren
Regeln gegeben, welches Mädchen wie lange und wie oft arbeiten durfte,
welche diätetischen Vorkehrungen sie zu treffen hatte und so weiter. Die
Männer, die eine solche Sunamitin in Anspruch nahmen, mussten einen
hohen Betrag als Pfand hinterlassen, der, wenn die Mädchen ihre
Jungfräulichkeit verloren, einbehalten wurde.
Es lässt sich klar feststellen, dass der Sunamitismus ein regulatives
Heilverfahren ist. Per Definition ist ein eindringliches Vorgehen beim
Patienten nicht vorgesehen. Der Patient reagiert auf den Reiz der jungen
Frau. Es geht nicht um einen längerfristigen Ersatz.
Das Heilverfahren ist wirksam. Dazu gibt es zunächst Berichte aus alter
Zeit. Man kann auch postulieren, dass viele Kontakte von älteren Männern
zu jungen Frauen eine Art Sunamitismus ist. Dies wird durch die Medien
reichlich belegt.
Wie könnte ein Wirkungsnachweis dieses Heilverfahrens aussehen? Man
könnte einige Parameter definieren und diese vor der Therapie und
mehrere Zeitpunkte nach der Therapie messen. Natürlich ist dieses
Verfahren dadurch beschränkt, dass es entsprechend der formalen Logik
nur Aussagen zu den Parametern zulässt und nichts über die Gesundheit
des Patienten. Man könnte dieses Patientenkollektiv mit einer nicht
behandelten Vergleichsgruppe korrelieren.
Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass der gegebene Reiz nie
identisch ist. Was an diesem Beispiel schön zum Vorschein kommt, ist,
dass man sich gut vorstellen kann, dass für jeden Mann ein anderer Reiz
der optimale ist, dass also ein Mädchen je nach Mann zu ganz anderen
Resultaten führt. Dies ist ein wichtiger Punkt für alle regulativen
Heilverfahren. Der Patient ist bestimmend für die Auswahl des Reizes.
Nicht jeder Patient erhält denselben Kurplan, und wenn dies doch getan
wird, so handelt es sich dabei um einen therapeutischen Fehler.
Die nächste Problematik stellt die Standardisierung des Therapiekonzeptes
dar. Bei der Durchsicht der Faktoren lässt sich erahnen, dass ein Standard
eigentlich nicht aufgestellt werden kann. Ein viel zu großes Kollektiv mit
viel zu langer Beobachtungszeit wäre erforderlich, um zu gesicherten
Ergebnissen zu kommen. Hier einige Punkte, die zur Standardisierung
erforderlich wären. Natürlich war und ist zu diesen Fragen reichlich
empirisches Wissen vorhanden, aber es ist aber nach wissenschaftlichen
Kriterien unzureichend.
Ist es wirklich erforderlich, dass das Mädchen Jungfrau ist? Gibt es eine
Grenzalter nach unten oder oben für die Mädchen? Gibt es
Verbrauchserscheinungen bei längerfristigem Einsatz? Gibt es eine untere
oder obere Altersgrenze für Männer? Gibt es ein entsprechendes Verfahren
für ältere Frauen?
Der nächste Punkt ist die Frage: Was wirkt? Das ursprüngliche Konzept,
dass es die Ausdünstungen des Mädchens sind, werden heute auf wenig
Gegenliebe stoßen. Man würde die Ergebnisse heute eher als psychogen
deuten. Eine Suggestion scheint die Wirkung nicht ausreichend zu
erklären. Man könnte natürlich schauen, welche Hirnareale besonders
aktiv sind.
Dass der Sunamitismus nicht mehr in die heutige medizinische Landschaft
passt, ist offensichtlich.
Sicher beruht die Wirkung des Sunamitismus auf Faktoren, die mit der
Sexualität zu tun haben. Insofern ist ein Vergleich mit der Sexualtherapie
interessant, wie sie sich ab den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts
entwickelte, insbesondere da die Sexualtherapeuten immer wieder fremde
Personen, meist eine Frau, in die therapeutische Sitzung einbezogen haben.
Es besteht also in mancher Hinsicht auch eine formale Übereinstimmung
des therapeutischen Ansatzes. Was die beiden Verfahren jedoch trennt ist
das ganz andere Verständnis von Therapie und Menschsein. Die
Sexualtherapie von heute konzentriert sich sehr stark auf genitale
Stimulierung, misst Veränderungen der Muskelspannung, der Hormone
und so weiter. Sie erzeugt sozusagen harte Fakten, die in
Kontrollversuchen überprüft werden können. Der Sunamitismus geht von
einer selbständigen Eigenregulation aus, die nur angeschoben werden
muss.
Und vielleicht ist der Unterschied zwischen dem was wir Schulmedizin
nennen und den regulativen Naturheilverfahren derselbe Unterschied wie
zwischen einem amerikanischen Pornofilm und einem französischen
Liebesfilm, wo man am Ende weiß, dass etwas Ungeheures geschehen ist,
was das Leben der Beteiligten grundlegend verändert, ohne dass es an
bestimmten Einzelheiten festzumachen ist.
„Als aber der König David alt war und hochbetagt, konnte er nicht warm
werden, wenn man ihn auch mit Kleidern bedeckte. Da sprachen seine
Großen zu ihm: Man suche unserem Herrn, dem König, eine Jungfrau, die
vor dem König stehe und ihn umsorge und in seinen Armen schlafe und
unseren Herrn, den König wärme. Und sie suchten ein schönes Mädchen
im ganzen Gebiet Israels und fanden Abischag von Schunem und brachten
sie dem König. Und sie war ein sehr schönes Mädchen und umsorgte den
König und diente ihm. Aber der König erkannte sie nicht.“
(Erstes Buch der Könige, 1, 1-4)
Der König friert. Dem großen David, dem König von Juda, Israel und
Jerusalem, dem Herrscher über die Philister und Aramäer, über die
Moabiter, Edomiter und Ammoniter, dem größten Helden seines Volkes
wird die Welt zu kalt. Der König ist alt. Die Lebenswärme verlässt ihn. Die
eiskalte Hand des Todes greift ihn an.
Einst war dieser Mann erfüllt von Lebensmut und Lebenskraft. Der junge
Hirtenknabe besiegt mit Klugheit und Kraft den riesigen Goliath, den
stärksten Mann der Philister. Der Krieger und Musikant wird an den Hof
geholt und hellt dort mit Harfenklängen das Gemüt des schwermütigen
Königs Saul auf. Der junge Königsanwärter flieht, von Saul verfolgt, und
schenkt diesem großmütig das Leben, als er ihn in einer Höhle hätte
gefangen nehmen und töten können. Der Jüngling zieht mit einer Bande
verwegener Gesellen durch die Lande, um Entrechtete zu
rächen, oder er dient fremden Herrschern, immer dort, wo es
Machtzuwachs gibt.
David, schon König in Hebron, erobert Jerusalem mit List und lässt dabei
auch Mord zu. Gleich darauf macht er aus Jerusalem die Heilige Stadt. Als
erster Priester tanzt er wie ein Verzückter, ja, Verrückter vor dem alten
Heiligtum aus der Wüstenzeit, der Bundeslade, die er in die Stadt bringen
lässt. Zu tiefer Freundschaft, Treue und Rücksichtnahme wie zu
abgrundtiefem Hass fähig, schont er Schwache und bestraft Unrecht
gnadenlos, lässt seinen Söhnen aber die schlimmsten Untaten durchgehen.
Mit Bathseba begeht er Ehebruch und ermordet deren Ehemann. Aber er
demütigt sich dann doch vor Gott, als der Prophet Nathan ihm
seine Schuld vorhält.
Der Vater David beklagt den Verlust seiner Söhne: ein Sohn muss wegen
Davids Ehebruch mit Bathseba sterben, ein anderer wird vom eigenen
Bruder erschlagen, weil er dessen Schwester vergewaltigt hatte, wieder ein
anderer findet in der Revolution gegen den König den Tod.
Der strategisch denkende König kann ein zögerlicher, verzagter Politiker
sein, der zur Machtausübung gezwungen werden muss. Dann ist er wieder
Staatsmann und Priester, der ein zerstrittenes Volk vereint und betend für
sein Volk eintritt vor Gott.
David fasst andere mit harter Hand an, aber mit zarter Hand schreibt und
spielt er gefühlvolle Lieder von Glaube und Gottvertrauen.
Das alles liegt nun hinter dem König. Der weite Weg von der Herde seines
Vaters zum Königsthron in Jerusalem ist zurückgelegt. Die Freude an den
Erfolgen, der Schmerz über die Verluste: das alles sinkt hinab ins
Vergessen. Nur noch eins macht dem alten König zu schaffen: Er friert, er
wird nicht mehr warm in der Welt.
Habt Ihr schon einmal gefroren, obwohl es durchaus warm war, aber
euer inneres Feuer brannte nur noch auf kleiner Flamme und der kalte
Hauch des Nichts wehte euch an? Habt Ihr euch dann vielleicht an den
Menschen gedrängt, der nachts neben euch lag – oder euch einen solchen
Menschen gewünscht? Dann sagt der Mensch neben dir vielleicht: "Was ist
denn? Ist dir kalt? Du zitterst ja! Komm, wärme dich bei mir!" Manchmal
reicht es, den Atem des Menschen neben dir zu spüren, die Wärme, die ein
anderer Körper ausstrahlt.
Eine solche Szene kommt in der Literatur der ganzen Welt nur selten vor:
Der König friert. Ihn wärmen keine noch so dicken Decken, keine
Wärmekissen und erhitzten Ziegelsteine. „Man suche unserm Herrn, dem
König, eine Jungfrau, die vor dem König stehe und ihn umsorge und in
seinen Armen schlafe und unsern Herrn, den König, wärme.“
Der alte David bekommt noch einmal eine Frau. Er sucht sie sich nicht
selber aus, sie wird für ihn gesucht. Für den König bestimmt, muss sie sein
wie seine früheren Frauen: jung und schön. „Und sie suchten ein schönes
Mädchen im ganzen Gebiet Israel und fanden Abischag von Schunem und
brachten sie zum König. Und sie war ein sehr schönes Mädchen und
umsorgte den König und diente ihm. Aber der König erkannte sie nicht.“
Die schöne Abischag von Schunem ist Tag und Nacht um den König
herum. Sie legt sich auch mit ihm aufs Bett, aber David ist zu alt, um die
Jungfrau zur Frau zu machen.
Warum suchen zu allen Zeiten alte Menschen sooft die Nähe von jungen
Menschen? Warum fühlen sich junge Menschen bei den ganz Alten oft
besser verstanden und aufgehoben als bei ihren Eltern?
Die Geschichte von Abischag von Schunem und dem alten König David
hat für mich etwas Zärtliches, Liebevolles, aber in einer höchst
zerbrechlichen Weise. Enthält sie in auch das Eingeständnis, wie sehr die
Männer auf Frauen angewiesen sind?
Nach den Siegen und Heldentaten, nach dem Glück und Glanz seines
Lebens erzählt die Bibel vom armseligen Ende seines größten Königs: von
einem alten Mann, der keine Wärme mehr findet. Warum hat man nicht
den Mantel des Schweigens, des Vergessens darüber gedeckt? Von
den Königen und Kaisern der alten Zeit, von den Präsidenten und
Diktatoren unserer Tage werden solche Bilder nicht überliefert. Die
Ägypter haben ihre großen Toten einbalsamiert und mumifiziert, damit sie
ins Reich der Toten wie Lebende reisen konnten. Andere werden im
eigenen Mausoleum zur Schau gestellt wie Lenin oder Mao Tse-Tung.
Warum wollte die Bibel den größten König Israels auch so darstellen, so
hilflos, schwach und am Ende?
Der Psalm 103 trägt die Überschrift: Von David. Darin heißt es: Ein
Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem
Feld; wenn der Wind darüber geht, so ist sie nicht mehr da, und ihre Stelle
kennt sie nicht mehr. Die Gnade des Herrn aber bleibt von Ewigkeit zu
Ewigkeit mit denen, die ihn ehren.
Ein Mensch, das ist jeder Mensch: der König in seinem großen Palast wie
der Bettler auf der Straße. Es gehört zum Glauben Israels, dass nur Einer
wirklich mächtig, nur Einer ewig ist, nämlich Gott. Alles Menschliche, so
groß es in der Welt auch sein mag, steht im Schatten des Todes, dem
Hauch des Nichts ausgesetzt.
Alles kommt von Gott, an Gottes Segen ist alles gelegen. Am Ende
unterliegt die Sünde, auch wenn wir dieses Ende jetzt nicht sehen. Dafür
sorgt Gott, indem er vergibt und versöhnt. Vor Gott geht alles zu Ende,
Gottes Gnade aber bleibt in Ewigkeit. So spricht Israel. Aber gerade wegen
dieses Glaubens kann Israel von der Hoheit Davids und zugleich von der
Schwäche und Gebrechlichkeit Davids erzählen, ohne etwas beschönigen
oder verschweigen zu müssen. Die Bibel erzählt von seiner Großmut und
seinem Wankelmut, von seiner Gewalttätigkeit und seiner Zärtlichkeit, von
seinem Glück und seinem Elend.
Dem König wird am Ende seines Lebens kalt wie dem ärmsten Bettler in
seinem Reich. Schonungslos offen wird über König Davids Ende berichtet.
Das Bild Davids ist das Bild jedes Menschen vor Gott und vor dem Tod.
Wir tragen in uns die Bilder von Jugend, Kraft, Schönheit, Reinheit,
Wohlergehen, Harmonie, Gesundheit, Glück, Erfolg, Vollendung und
ähnlichem. Welchen Sinn hat es, wenn alte Leute wieder wie Kinder
werden, wenn sie die Kontrolle über sich selbst und den Verstand
verlieren? Welchen Sinn hat es, wenn Menschen, die uns nahe stehen,
vorzeitig alt und hinfällig werden, vom Tode gezeichnet. Innerlich wehrt
sich alles in uns dagegen. Wir wollen nicht frieren wie David.
Und doch: So ist es, so wird es sein. Und das alles können wir vor Gott
aussprechen, wie David in den Psalmen, seinen Gedichten. Das alles lässt
uns Menschen vor Gott sein. Menschen vor Gott und Menschen Gottes.
David ist der Mensch in seinen Widersprüchen, voller Gottverlassenheit
und zugleich voller Kraft Gottes.
Die junge Schönheit Abischag von Schunem nimmt David ganz in
Anspruch. Kann er sie überhaupt noch wahrnehmen, ihre Anmut, ihren
Duft, ihre Wärme? Oder ist er innerlich schon auf jener anderen Seite, wo
das Licht der Ewigkeit leuchtet?
Jedenfalls muss er durch den Propheten Nathan und und die Königin
Bathseba erst darauf hingewiesen werden, dass er seine Nachfolge nun
endgültig regeln muss. Bathseba will natürlich eine Regelung zum Vorteil
Salomos, ihres Sohnes. Sie pocht auf ein Versprechen, das keiner außer ihr
gehört hat, das David ihr vielleicht im Liebesrausch gegeben hat.
Davids Sohn Adonia war Kronprinz. Aber David setzte Salomo, den Sohn
Bathsebas, zum Mitregenten und König ein. Und alle Widersacher sollten
politisch entmachtet oder ermordet werden. Da ist sie wieder, nun auf
andere Weise: die Kälte des Königs.
Und Salomo, dessen Regierung man als weise und friedlich bezeichnen
kann, beginnt seine Regentschaft, indem er die alten Rechnungen seines
Vaters David begleicht. "Salomo", das heißt "Friedefürst": diesen Namen
muss er sich erst noch verdienen.
Davids politisches Testament ist voller Groll. Hat ihn das Alter nicht weise
gemacht? Altersweisheit scheint ohnehin zu den seltenen Gaben Gottes zu
gehören. Konnte David, der einerseits voller Gottvertrauen war, es
vielleicht andererseits Gott nicht verzeihen, dass sein größter Traum
unerfüllt blieb: in Jerusalem den Tempel Gottes zu bauen? Wie Mose am
Ende seines Lebens das Gelobte Land nur über die Bergkuppe hinweg
erblicken darf, bleibt für David der heilige Tempel ein Traum!
„Als nun die Zeit herbeikam, dass David sterben sollte, gebot er seinem
Sohn Salomo und sprach: Ich gehe hin den Weg aller Welt. So sei getrost
und sei ein Mann und diene dem Herrn, deinem Gott, dass du wandelst in
seinen Wegen und hältst seine Gesetze, Gebote, Rechte und Ordnungen,
wie geschrieben steht im Gesetz des Mose, damit dir alles gelinge, was du
tust und wohin du dich wendest.“
David weiß: Alles, was ich erreicht und geschaffen habe, alles, was ich nun
in die Hände meines Sohnes übergeben muß, alles wird nur Bestand haben,
solange Gott sein Ja-Wort dazu spricht. Und Salomo wird sein Erbe nur
verteidigen können, wenn er weiß, woher es stammt und wer es segnen
und beschützen muss - und wem er auch dann noch vertrauen darf, wenn
es ihm genommen wird.
Was werden wir unseren Kindern mitgeben, was ihnen sagen, wenn es kalt
wird um uns und in uns, wenn das Leben uns verlässt und der Tod nach
uns greift? Es wird die Mutter der Tochter und der Vater dem Sohn zuletzt
nichts anderes weitersagen und weitergeben können als das, was der König
David am Ende seines prallen Lebens, seines sündigen und heiligen
Lebens dem Salomo vererbt hat: "Sei getrost und sei ein Mensch und diene
Gott."
Geben wir diesen Rat unsern Kindern? Sei immer voller Hoffnung! Werde
ein wahrer Mensch! Bete nur den Herrn an!
Diese Haltung lehrte auch Jesus, den man ja auch Sohn Davids nennt. Als
Satan in der Wüste Jesus versuchte, er solle den Hunger der Menschen mit
Brot stillen, sagte Jesus: Wichtiger ist es, vom Wort Gottes sich zu
ernähren. Als Satan Jesus versuchte, er solle vom Tempel sich
herabstürzen, die Engel würden ihn schon auffangen, sagte Jesus, der
Mensch soll Gott nicht versuchen. Und als der Satan zu Jesus sagt: Bete
den Teufel an, und der Teufel macht die die Erde untertan. Da sagt Jesus:
Du sollst allein den Herrn anbeten!
Jesus erfuhr auch die Kälte der Welt. Die kaltherzigen Menschen brachten
ihn ans Kreuz. Jesus sagte: Meine Seele ist betrübt bis zum Tode! Jesus
schwitzte Blutstropfen aus Todesangst! Jesus schrie am Kreuz: Mein Gott,
mein Gott, warum hast du mich verlassen?!
Aber dieser Jesus will uns wärmen mit einem Wärmestrom der göttlichen
Liebe! Er will uns dahin bringen, dass wir geborgen ruhen an der Brust
Gottes.
Heiligstes Herz Jesu! Lass uns alle bei dir geborgen sein! Amen.
Moses, Aaron und Mirjam starben und ihre Seelen wurden durch Gottes
Kuss aus dem Leib herausgezogen.
Die Nationen der Welt sind in der Annahme, dass Israel nicht gerechtfertigt
ist, weil Israel rebellisch ist, Gott würde sie in eine andere Nation
verwandeln. Es ist, als ob eine schwarze Zofe ihren Meister erwarten sollte
und erwarten, er würde sich von seiner Frau scheiden lassen, weil die
Hand ihrer Herrin hatte schwarz geworden.
"Ich bin schwarz, aber sehr lieblich" (Hohelied 1, 5). So sagt das Haus
Israel: Ich bin meines Wissens schwarz, doch mein Gott hält mich für
schön. Ich bin wirklich schwarz wegen meiner Taten, aber ich bin schön,
wenn die Handlungen meiner Patriarchen mir nicht entfallen. Und in
Ägypten war ich manchmal schwarz und manchmal sehr lieblich. Das
gleiche kann gesagt werden über meine Lage am Roten Meer; auch da war
ich schwarz und schön. Schwarz, wie der Psalmist sagt: "Unsere Väter
haben nicht verstanden deine Wunder in Ägypten, sie erinnerten sich nicht
an deine große Güte, sondern am Meer provozierten sie Gott, am Roten
Meer." (Psalm 106) Aber ich war am Roten Meer schön, als ich sagte: "Er
ist mein Gott, und ich will ihm eine Wohnung bereiten" (Exodus 15).
Das gleiche sagte man vielleicht in Mara, als das Volk gegen Mose murrte
und sagte: „Was sollen wir trinken? " (Exodus 15); aber wir waren noch
schön, als Mose rief zum Herrn, der ihm einen Baum zeigte, der das
Wasser für uns versüßte. Oder in Rephidim, als in Folge unserer Rebellion
der Ort Massa und Meriba genannt ward; aber wir können auch dort schön
genannt werden, als Mose einen Altar gebaut und nannte ihn Adonoi Nissi.
Wir waren schwarz in Horeb, wo das goldene Kalb gemacht wurde, aber
wir sind auch dort schön, wenn wir sagen: "Alles, was der Herr gesagt hat,
wollen wir tun und gehorsam zu sein" (Exodus 24). Wir waren schwarz in
der Wüste: "Wie oft haben sie Gott in der Wüste provoziert?" (Psalm 78),
und doch bin ich nicht frei von Zierde da, wo wir sehen, dass die Wolke
die Wohnung am Tag bedeckt (Numeri 9). Außerdem bin ich in der
Geschichte der Spione sicher schwarz, als sie einen schlechten Bericht
gebracht (Numeri 13), aber es ist meine Zierde in Josua und Kaleb. Ich bin
wahrlich schwarz in Shittim (Numeri 25), doch gibt es meine Zierde in
Phineas. Wenn ich schwarz gemacht bin von Achan (Josua 7), bin ich von
Josua lieblich gemacht. Die Könige von Israel machte mich schwarz, aber
die Könige von Juda machten mich schön. Und obwohl ich eine Mischung
aus Schwärze und Anmut durch alle diese aufgezählten Ereignisse und
Bedingungen der Dinge bin, bin ich vollkommen schön in meinen
Propheten.
Welche Weisheit trägt die höchste Krone, sieht die Sanftmut an als ihre
bloße Sandale.
Schau nicht auf eine Parabel oder ein Gleichnis leichtfertig, denn einige
schwierige Passagen der Heiligen Schrift können durch sie erklärt werden;
so wie man etwas verloren an einem dunklen Ort, mit Hilfe einer Kerze
finden kann.
Die Tora wurde verglichen mit Wein, Wasser, Öl, Honig und Milch. So wie
wir Wasser auf der Erdoberfläche finden, so haben wir die Tora gefunden;
Wasser wird nie auf dieser Erde aufhören, so wird euch Gottes Gesetz
nicht aufhören. Das Wasser kommt vom Himmel, und die Thora vom
Himmel. Es ist ein Geräusch, wenn das Wasser steigt, und die Tora stammt
mitten aus dem Donner. Wasser befriedigt die durstige Seele; so beflügeln
die Tora die wissensdurstige. Wasser reinigt Verunreinigungen, und das
Gesetz Gottes tut das gleiche. Wasser in Tropfen herab kommend kann
einen Fluss bilden; so dass, wenn ein Mann die Tora Stück für Stück
erwirbt, kann er schließlich ein großer Gelehrter werden. Wasser, es sei
denn, dass man durstig ist, kann nicht mit jedem Grad der Freude
getrunken werden; in gleicher Weise, wenn man nicht ein Verlangen nach
der Tora hat, ihr Studium, wenn erzwungen, wird eine Last. Wasser läuft
aus Höhen und versucht, die unteren Teile der Erde zu füllen; so wird die
Tora nicht bei dem stolzen Menschen bleiben, sondern die Niedrigen sucht
sie auf. Wasser wird nicht in goldenen oder silbernen Gefäße gehalten,
sondern wird am besten gehütete in Steingut; so wird die Tora nicht vom
Zornigen bewahrt, sondern von den Sanftmütigen des Geistes. Ein Mann
der Unterscheidung wird denken, dass es nicht unter seiner Würde ist,
Wasser von dem gemeinsten Individuum zu fordern, dass jemand zu groß
ist, die Gabe von der unbedeutendsten Person zu verachten. Man kann in
Wasser ertrinken, wenn man nicht schwimmen kann; so, wenn man nicht
über eine gründliche Kenntnis der Tora und all ihrer Bedeutungen verfügt,
kann man darin ertrinken. Es kann aber gesagt werden, dass Wasser
abgestanden ist, wenn es eine Zeit lang in einem Behälter gehalten wird,
und dass dies auch für die Tora gelte. Denke daran, dass es deshalb auch
dem Wein verglichen wird, der mit dem Alter besser wird. Wieder Wasser,
lässt es doch auf den Blättern keine Spur, die es schmeckt, und das gleiche
könnte man sagen, ist die Sache mit der Tora. Aber auch hier müssen wir
an den Vergleich der Tora mit dem Wein erinnern. Wie Wein einen
sichtbaren Effekt auf den hat, der ihn trinkt, so der fleißige Mann ist auf
einmal bekannt, wenn man ihn anschaut. Über Wasser freut sich nicht das
Herz, und es könnte geschlossen werden, dass das Gleiches gilt für die
Tora; daher wird sie dem Wein verglichen, da beim Wein das Herz jubelt.
Doch Wein ist manchmal schädlich; nicht so die Tora, die mit Öl
verglichen wird. Wie das Salböl jedem Teil des menschlichen Körpers gut
tut, so ist die Tora eine Salbung seinem Besitzer. Aber Öl hat wieder einen
bitteren Geschmack, bevor es gereinigt wird; dies ist also ebenso wahr bei
der Tora? Nein, denn die Tora wird verglichen mit Milch und Honig, von
denen jedes einen angenehmen Geschmack hat, während, wenn sie
gemischt werden, sie heilende Eigenschaften sowie Süße haben.
Israel wird mit Öl verglichen. Wie Beeren nicht ihre Öl geben außer wenn
sie zerkleinert werden, so wird Israel seine Größe nur unter dem Druck der
Verfolgung zeigen. Wie Öl sich nicht mit anderen Flüssigkeiten mischen
wird, so wird Israel nicht andere Nationen assimilieren. Öl sprudeln nicht;
so ist Israel in der Rede bescheiden. Wenn ein Tropfen Wasser in ein Gefäß
voller Öl getan wird, wird ein Tropfen Öl herausfallen; so, wenn ein Atom
von Torheit in das Herz eines Weisen gelegt wird, wird ein Atom seines
Wissens verloren gehen. Öl bringt Licht; so ist Israel das Licht der Welt
(Jesaja 60). Öl hat kein Echo, noch hat Israel ein Echo in dieser Welt.
Jeder, der einen anderen unter die Flügeln des Shechinah bringt, man kann
sagen, dass er ihn geschaffen habe. So hieß es in Bezug auf Abraham und
Sarah, "die Seelen, die sie in Haran geschaffen haben" (Genesis 12) wegen
der Seelen, die sie von Abgötterei abgebracht und zur Erkenntnis Gottes
gebracht haben.
Die Israeliten wurden gefragt, was die Sicherheit sei, die sie anbieten
könnten, dass die Tora zu ihnen anvertraut wurde, sie strikt einzuhalten.
Alle dargebotene Sicherheit, wie die Patriarchen, wurde abgelehnt; aber
wenn sie ihre Kinder erwähnten als Sicherheit, wurde dies akzeptiert.
Daher wird der Prophet eingeladen, ihnen zu sagen: „Du hast die Tora
deines Gottes vergessen, so werde ich auch deine Kinder vergessen"
(Hosea 4).
Aus der Sicht der religiösen Einhaltung kann man sagen, dass die Armut
ein Jude wird; in Armut ist ein frommer Jude. Rabbi Akiba pflegte zu
sagen, die Armut wird ein Jude wie ein roter Zügel ein weißes Pferd wird.
König Salomons Geist kann einem verborgenen Schatz verglichen werden,
von dessen Existenz niemand wusste, bis ein Experte auf die Stelle
hingewiesen und ihren Inhalt. Er war ein sehr brillanter Kopf,
schlummernd, bis er von oben inspiriert wurde, und dann wurde er ein
wahres Licht der Tora in seiner Darstellung, von Prosa, Poesie und
Gleichnissen, mit vielen dunklen Stellen.
Rabbi Simeon ben Jochuah machte einen Punkt der Zuneigung zwischen
Mann und Frau fest. Ein Mann kam zu ihm einmal von Sidon und bat ihn,
ihm die Scheidung von seiner Frau zu gewähren, weil seine zehn Jahre
Eheglück ihm keine Nachkommen gebracht hatten. Der weise Rabbi, der
die Impulsivität im Charakter des Menschen lesen konnte, sagte ihm, er
solle nach Hause gehen und eine Art von einem Fest zum Gedenken an das
kommende Ereignis machen. „Ich sehe keinen Grund“, sagte er, „warum
eine Scheidung nicht in irgendeiner Weise ähnlich wie der Ehebund
gefeiert werden sollte.“ Der Mann, in Erwartung seiner Annäherung an die
Freiheit, war richtig froh über die Gelegenheit, fröhlich zu feiern, und gab
ein Bankett; und als seine Frau in guter Laune war, sagte der Mann:
„Siehe, ich bin bereit, dir das Wertvollste, was in meinem Haus ist, zu
geben, wenn du kein Hindernis unserer Scheidung entgegensetzt, und
kehrst zum Haus deines Vaters zurück.“ Als nach dem Bankett er in einen
tiefen Schlaf fiel, nahm sie ihre Diener, ihn zum Hause ihres Vaters zu
tragen, wohin sie ging. Beim Erwachen sich im Haus des Mannes findend,
mit dem er seine Beziehung schon trennen wollte, fragte er seine Frau, die
an seiner Seite war, was all das zu bedeuten habe. „Ich habe nichts gegen
deinen ausdrücklichen Wunsch getan“, sagte seine Ehefrau, denn es war
doch am letzten Abend, dass du mit angeboten das Kostbarste, was in
deinem Haus war.“ Der Mann war sehr von dieser Manifestation der
wahren Zuneigung von Seiten seiner Frau berührt, und als er wieder
erschien vor dem Rabbi am folgenden Tag, konnte der schlaue Weise ein
Lächeln nicht verbergen, als er den Mann fragte, was er für ihn tun könne.
„Meine Frau und ich sind gekommen, um deine Gebete in unserem Namen
zu bitten, so dass der Herr uns einen Erben oder eine Erbin gewähre.“ Der
gute Mann betete, Gott möge ihnen ihren Wunsch gewähren, wenn es in
seiner Weisheit für sie gut sei, und das Paar blieb nicht kinderlos.
Ben Asai war in einem tiefen Studium, und denen, die um ihn waren,
schien es, als ob er in der Mitte einer Flamme sitze. Sie sagten Rabbi
Akiba davon, der zu ihm ging und fragte ihn, ob er irgendwelche
Geheimnisse studiere. „Nicht im geringsten“, sagte Ben Asai, „ich war auf
der Suche nach dem Pentateuch, den Propheten und der Hagiographie, und
freute mich über ihren Inhalt, als ob ich einer von denen gewesen sei, die
die Tora am Fuße des Sinai empfangen hatten, als Gott sein Wort in der
Mitte des Feuers ausgerufen.“
Der Tag, an dem Necha, die Tochter des Pharao, mit Salomon verheiratet
wurde, war von dem Erzengel Michael festgelegt.
Jakob ging nach Beerscheba zum Zwecke des Abhauens der Haine, die
Abraham dort gepflanzt hatte. Als auf dem Totenbett Jakob vom Heiligen
Geist inspiriert wurde, erzählte er, dass die Shechinah unter seinen
Nachkommen wohnen würde, wenn sie in ihr Vaterland zurückkehren. Der
mittlere Strahl des Mishkan war von einem Ende zum anderen gelangt und
maß zweiunddreißig Ellen und wurde von dem Holz gemacht, das Jakob in
Beerscheba abgehauen hatte. Die Israeliten hatten dieses Holz mit sich
nach Ägypten getragen und einiges während ihrer Gefangenschaft
bewahrt. Anschließend nahmen sie dieses Holz mit beim Exodus. So haben
wir es gesagt: „Und jeder Mann brachte das Akazienholz für die Arbeit des
Dienstes mit.“
Früher wurde das Lernen gesucht, aber jetzt sind wir alle geistig krank
geworden, wir sind zierlich geworden, und nur leichte Lektüre wählen wir
oder was wir tröstlich finden und betrachten nur vielversprechende Worte.
So ein Mann in einer robusten Gesundheit nicht sein Essen wählt, aber
wenn er weniger robust ist, muss er leichte Häppchen haben, die seinen
Appetit reizen.
Israel im Exodus hat sich gut von einer Krankheit erholt und kann einem
Prinzen verglichen werden. Als sein Lehrer ihm das Studium nahelegte,
entschied der König, seinem Sohn einige Zeit nach seiner Genesung zu
ermöglichen, seine Kraft zu erholen, bevor er zu lesen beginnt. Israel hat
sich nicht auf einmal von den Leiden erholt, die er in Ägypten erlitten, und
sein Vater im Himmel hatte beschlossen, ihm eine Ruhe von drei Monaten
zu gewähren, und fütterte ihn mit Manna und Wachteln, bevor er sich
seiner Schule näherte, dem Sinai, Unterricht zu erhalten.
In der Plage des Hagels, die auf Ägypten geschickt wurde, waren es zwei
miteinander vermischte gegenüberliegende Elemente. Es gab Hagel und
Feuer vermischt mit Hagel (Exodus 9). Es ist wie eines Königs Urteil über
verschiedene Nationalitäten, die Feinde miteinander sind, und die
Legionen des Königs gegen einen Feind schickt ihre Opposition, zu
begraben und vereint für des Königs Sache zu kämpfen.
Ein Prediger muss mit allen Büchern der Bibel gut vertraut sein. Wenn er
in der Erkenntnis eines dieser Bücher mangelhaft ist, ist es so schlimm,
wie wenn er keine Bekanntschaft mit einem von ihnen hatte. Er muss
sanftmütig und sogar bescheiden sein; jede Handlung seines Lebens sollte
seinen Wert bezeugen, und obendrein, wenn seinen Zuhörern nicht seine
Predigt gefällt, ist davon Abstand zu nehmen.
Der Sanhedrin wurden durch die Bezeichnung bekannt: „Die Augen der
Gemeinde.“
Während des Bestehens des Tempels gab es viele böse Menschen wie Ahas
und seine Anhänger, Manasse und seine Mitarbeiter, und Amon und seine
Begleiter. Im Gegenteil, als der Tempel zerstört wurde, die Menschen, die
guten Männer auffällig waren, wie Daniel und seine Mitarbeiter in der
Gerechtigkeit, Mordekai und seine Anhänger, und Esra und sein Volk.
Sei nicht wie ein Dummkopf, der vom Studium abgeschreckt wird, indem
er denkt: „Wie kann ich die gewaltige Aufgabe des Erwerbs leisten von
allem, was gerecht ist, es mir bekannt zu machen?“ Argumentiere vielmehr
wie ein kluger Mann: „Andere haben es getan, so kann es geschehen.“
Versuche ein wenig am Tag und ein wenig in der Nacht, und im Laufe der
Zeit wird deine Aufgabe erreicht werden.
Die Tora oder Weisheit erhöht, und der Verstand wird schärfer durch
angemessene Untersuchung, und jede schwierige Angelegenheit, den
Gelehrten vorgelegt, wird eine Lösung finden; als eine Struktur
zufriedenstellend durch geschickte Arbeiter, wo jeder beiträgt seine
Fähigkeiten.
Der zweite Tempel wurde der folgenden vier Segnungen beraubt, die der
erste Tempel genossen hatte: Das Feuer, das nach auf den Altar herab vom
Himmel gekommen. Das Salböl. Die Bundeslade. Der Heilige Geist.
Mit dem Tod der drei letzten der letzteren Propheten, nämlich Haggai,
Sacharja und Maleachi, der Heilige Geist (der Prophezeiung) hat
aufgehört, aber die Verwendung wurde zum Echo. Einmal bei der
Versammlung der Weisen in Jericho hörten sie das Echo ausrufen: „Es gibt
einen unter euch, der gut begabt vom Heiligen Geist ist, aber leider die
heutige Generation ist unwürdig seiner.“ Sie dachten an Hillel. Bei seinem
Tod beklagten sie ihn mit den Worten: „Oh, der heilige Mann, der
sanftmütige Mann, der Schüler von Ezra.“
CHRISTLICHE FREIHEIT
Christen dürfen nichts. Die Kirche verbietet alles. Gott sagt immer nur: Du
sollst nicht…! Vor allem sagt Gott: Du sollst nicht begehren! Gott ist ein
Spielverderber, Gott ist eine Spaßbremse! Christen können das Leben nicht
genießen! Christen wissen nicht, wie verdammt gut der Sex mit möglichst
vielen ist! Christinnen sind nie hübsch gekleidet! Christen sind prüde!
Christen sind langweilig, laufen immer mit einer Leiden-Christi-Miene
herum! Ohne Gott sind wir frei, aber die Christen sind Sklaven Gottes.
Allgemein versteht die gottlose Welt unter Freiheit also, dass jeder tun und
lassen kann, was er will. Jeder Mensch ist sein eigener Gesetzgeber und
definiert, was für ihn gut und böse ist. Jeder sucht sich seine Wahrheit. Das
ist deine Wahrheit, nicht meine! Jeder sucht sich im Supermarkt der
Religionen sein persönliches Wunschpaket Religion zusammen. Es darf
keine absolute Wahrheit geben. Es darf keinen göttlichen Gesetzgeber
geben. Es soll keinen Herrn geben. So wiederholt sich, was im Garten
Eden passierte: Eva hörte auf den Teufel und pflückte die Feige vom Baum
der Erkenntnis von gut und böse, das heißt, der Mensch will selber
definieren, was gut und was böse ist. In einer deutschen Liebeskomödie
gab es folgende Szene: Eine zwanzigjährige Frau wollte sich in der Kirche
taufen lassen, um einen Christen heiraten zu können. Die Großmutter, eine
Altachtundsechzigerin, wollte das unbedingt verhindern und sagte: Du
kannst doch deine Seele nicht dem Teufel verkaufen! Du ahnst ja gar nicht,
wie verdammt gut der Sex im Ehebruch ist! So wird Gut und Böse neu
definiert.
Was sagen die Philosophen zur Freiheit? Immanuel Kant war ein großer
Aufklärer. Von ihm stammt das Gebot: Was du nicht willst das man dir tu,
das füg auch keinem andern zu. Er meinte, ein Mensch ist erst dann frei,
wenn er nicht mehr Sklave seiner Triebe und Launen ist, sondern wenn er
frei ist, gut und vernünftig zu handeln, wenn er frei ist, zum Wohl aller
Menschen zu handeln. Sind wir schon so frei? Oder sind wir noch Sklaven
unserer Triebe und Begierden? Sind wir Sklaven unserer Launen? Oder
sind wir überhaupt Herr und Herrin im eigenen Haus? Der Philosoph
Fichte meinte, das Ich ist absolut frei, alles andere ist nur das Nicht-Ich.
Denkt nicht so die Welt? Mein Ich ist ein absoluter Monarch, und der Rest
der Welt ist eben nur Nicht-Ich! Oder wie Napoleon dachte: Ich bin die
Eins und die Andern sind die Nullen hinter mir! Ich bin mir selbst mein
eigener Kaiser und Papst! Es geht um die Entscheidung: Bin ich Gott oder
ist Gott Gott? Und Friedrich Nietzsche forderte die Freiheit von der
jüdischen Sklavenmoral, von der christlichen Hundedemut! Er wollte die
Gesetzestafeln vom Sinai zerbrechen und ein neues Gesetz aufstellen. Der
arische Übermensch gibt sich sein eigenes Gesetz. Hat vielleicht Adolf
Hitler diese Philosophie in die Tat umgesetzt? Wer ist Gott? Der König der
Juden oder Adolf Hitler?
Ähnlich verhält es sich mit der juristischen Auffassung von Freiheit. Hier
wird Freiheit als Freiraum verstanden, den jeder Mensch hat und in dem er
so leben kann, wie er es für richtig hält. Da jedoch auch Andere diesen
Freiraum haben, findet die eigene Freiheit ihre Grenze da, wo der
Freiraum des Anderen beginnt. Es wird deutlich, dass Freiheit nicht – wie
so oft angenommen und auch praktiziert – Beliebigkeit oder Egoismus
bedeutet. Es geht eher darum, einer praktischen Vernunft zu entsprechen
und die Würde und Freiheit anderer Menschen zu achten.
In der Welt denkt man: Das Christentum ist eine Religion der Gesetze, der
Verbote. Alles was Spaß macht, ist entweder verboten oder macht dick.
Man denk, das Christentum ist gegen Lebensfreude, gegen Lebenslust und
Genuss am Leben. Und sind wir solche Christen? Haben wir immer eine
Moral für jeden parat: Dies sollst du nicht, das sollst du nicht? Verneinen
wir das Leben? Oder können wir uns freuen? Haben wir den Geist der
Freiheit? Hat uns die Wahrheit frei gemacht? Haben wir Barmherzigkeit
erfahren und sind wir selbst barmherzig? Ist für uns das Christentum eine
Religion der Befreiung, der Freiheit?t
Das wichtigste Ereignis im Alten Testament ist die Befreiung der Kinder
Israels aus der Sklaverei in Ägypten. Gott befreit sein Volk. Gott ist ein
befreiender Gott, ein Gott der Freiheit! Gott selbst ist ja absolut frei. Gott
ist selbst Freiheit! Und seine Kinder sollen Anteil haben an Gottes
Freiheit! Aber dazu müssen wir uns binden an Gott, um Gottes Freiheit zu
erreichen. Es gibt nämlich keine Freiheit ohne Bindung. Die Welt
verwechselt Freiheit mit Bindungslosigkeit. Aber entweder bist du Sklave
in Ägypten, das heißt, Sklave deines Egoismus, Sklave der Sünde, Sklave
des Zeitgeistes, Sklave des Teufels, Sklave des ewigen Todes, oder du
bindest dich an Gott und hast Anteil an Gottes Freiheit, dann wirst du frei
vom Ego, frei von der Sünde, frei vom Teufel, frei vom Tod, dann bist du
von Gott in die Freiheit geführt, um den Gott der Freiheit anzubeten, um
einzutreten in Gottes Freiheit. Dann bist du frei, zu lieben, frei für das
Gute, frei für die Wahrheit, frei für den Geist Gottes, frei für den Himmel
und das ewige Leben.
Im Neuen Testament heißt es: Die Wahrheit wird euch frei machen. Wo der
Geist weht, da ist Freiheit. Ihr seid berufen zur herrlichen Freiheit Gottes.
Drei Kräfte versklaven den Menschen: Das Fleisch (also der nur-
menschliche Egoismus), die Sünde (deren Strafe der Tod ist) und der
Teufel, der uns mit sich in die Hölle reißen möchte. Von Fleisch und Sünde
und Teufel hat uns Christus am Kreuz befreit. Er hat selbst das Fleisch des
Menschen angezogen, er hat alle Sünden auf sich genommen und den Tod
und die Hölle erlitten, für uns, an unsrer Stelle, stellvertretend. Dann ist er
auferstanden als Sieger über Fleisch und Sünde und Welt und Tod und
Teufel. Wir müssen uns an seinen Rockzipfel klammern, dann zieht er uns
in das Himmelreich, in das Reich der Freiheit Gottes.
10
Zwei Beispiele, was Freiheit der Kinder Gottes bedeuten kann: Dietrich
Bonhoeffer war unter den Nazis im Gefängnis. Aber er versklavte sich
nicht dem teuflischen Tyrannen Hitler. Auch als er mit dem Tode bedroht
wurde, hielt er an der Liebe zu Gott fest. Er wusste, der Tod ist für ihn nur
der Beginn eines neuen schöneren Lebens. Und der polnische katholische
Priester Maximilian Kolbe war im KZ Auschwitz. Ein jüdischer
Familienvater hatte versucht zu fliehen, war gefangen worden und zum
Hungertod verurteilt worden. Maximilian Kolbe bot sich an: Wenn ihr den
Familienvater leben lasst, bin ich bereit für ihn in den Tod zu gehen. Und
Maximilian Kolbe wurde totgespritzt. Der jüdische Familienvater
überlebte das KZ und war später in Rom bei der Heiligsprechung
Maximilian Kolbes anwesend.
Einmal fragte man mich, ob ich die Guan Yin kenne. Ja, sagte ich, Guan
Yin ist die chinesische Göttin der Barmherzigkeit. Sie thront auf einer
Lotosblume und ist neben Buddha eine der wichtigsten Gottheiten Chinas.
Sie wird oft mit der allerheiligsten Jungfrau Maria, der Mutter der
Barmherzigkeit im Christentum verglichen.
Die Göttin war ursprünglich eine junge schöne Prinzessin, die von ihrem
hartherzigen Vater verstoßen worden war. Ich will hier kurz ihre Legende
erzählen.
Der Regent des nördlichen Königreichs hieß Chuang Wan. Er hatte drei
Töchter. Seine jüngste und schönste Tochter war Miao Shan. Der Vater
wollte sie gewinnbringend verheiraten, aber die Tochter wollte Jungfrau
für das Himmelreich bleiben. Das machte den kalten Vater sehr wütend.
Sie aber beschloss, ins Kloster der weißen Taube einzutreten und dort als
Nonne ein Leben der Meditation zu leben. Da befahl der Vater der Äbtissin
des Klosters, die junge Novizin nur niedrigste Arbeiten verrichten zu
lassen und sie so lange zu demütigen, bis sie in ihr Vaterhaus zurückkehre
und in eine Heirat einwillige. Miao Shan aber ertrug alle Demütigen
geduldig und opferte ihre Leiden dem Himmel auf. Da schickte der
grausame Vater einen Mann, der Miao Shan mit einem Dolch erstechen
sollte. Der Dolch aber konnte die Heilige nicht töten. Darauf kam der Vater
selbst und erstickte seine Tochter nachts im Schlaf mit einem Kissen.
Da kam die Seele der Heiligen in das Totenreich. Der General des
Totenreichs aber erkannte ihre Heiligkeit und ließ sie auferstehen aus den
Toten. Auf einer weißen Lotosblüte wandelte sie über das Meer zu einer
Insel, wo sie als Göttin des südlichen Meeres den Kranken beistand, die
Sterbenden tröstete, die Armen unterstützte und den kleinen Kindern
mütterliche Liebe schenkte.
Eines Tages erfuhr sie, dass ihr alter Vater erblindet war und er nur wieder
sehend werden könnte, wenn ihm ein Mensch ein Auge aufopferte. Die
barmherzige Göttin opferte eines ihrer beiden Augen, und der Vater wurde
wieder sehend. Sie hatte dem Vater bewiesen, dass sie ihm vergeben hatte.
Daraufhin bekehrte sich der Vater in seiner Todesstunde und betete für
seine Tochter. Der Vater Himmel schenkt der Heiligen ein neues Auge und
eine vollkommene Einsicht und viele himmlische Visionen. Die Menschen
in China verehrten die Heilige als Göttin der Barmherzigkeit, opferten ihr
Weihrauch und flehten sie um Kindersegen an.
Guan Yin ist eine heilige Meisterin. Sie ist die Göttin der Gnade, der
Barmherzigkeit und des Mitleids. Diese wunderbare, sanfte Kraft der
Barmherzigkeit wird dem zuteil, der über Guan Yin meditiert. Die Bilder
der Guan Yin als eine makellosen Jungfrau mit einem Kindlein auf den
Armen sind Nachahmungen der ältesten chinesischen Bilder der Jungfrau
Maria mit dem göttlichen Kind, denn Maria ist die Mutter der
Barmherzigkeit.
Guan Yin war die Tochter eines chinesischen Königs. Sie wurde erzogen,
im Reichtum und Überfluss zu leben. Sie aber ward von der
Barmherzigkeit verwandelt, so dass sie die Obdachlosen ernährte, den
Bettlern zu essen gab, den Kranken und Sterbenden hilfreich und trostreich
zur Seite stand, zum armen Volk als Wohltäterin ging und den Kindern der
Armen und den Waisenkindern mütterliche Liebe schenkte. Sie lebte
tausend Jahre auf Erden und arbeitete an ihrer Heiligung.
Das ist auch die Gnadengabe der Guan Yin, dass wir als ihre Verehrer
selbst barmherzig werden und Liebe zu allen Menschen üben, besonders
aber zu den Armen, Kranken, Sterbenden und ungeliebten Kindern, dazu
auch zu den unvernünftigen Geschöpfen. So deckt unsere Barmherzigkeit
und Liebe die Menge unserer Sünden, so kann uns die Barmherzigkeit ins
Nirvana aufnehmen, wo wir verschmelzen mit dem Ozean der
Barmherzigkeit und mit Guan Yin eins werden.
Guan Yin ist der Bodhisattva der Barmherzigkeit. Zwar ist sie erleuchtet,
aber sie ist noch nicht ins Nirvana eingegangen, noch nicht erloschen im
Ungewordenen, denn ihr Wille ist es, allen Elenden und Erbärmlichen auf
Erden mütterliche Barmherzigkeit und Trost zu bringen und alle Wesen auf
den Weg der Erlösung zu führen. Darin besteht ihr Mitleid mit allen
Kreaturen, nicht allein den vernünftigen, sondern auch den
unvernünftigen.
Was aber lehrt die Göttin der Barmherzigkeit? Sie lehrt uns, dass Geben
seliger ist als Nehmen, sie lehrt uns selbstlose Liebe, schenkende Liebe,
sie lehrt uns, allen Menschen, die uns verletzt haben, zu verzeihen, und
barmherzig zu sein mit allem Lebendigen.
Guan Yin als heilige Meisterin hat das Elend im irdischen Jammertal voll
ausgekostet, sie weiß um unsere Schmerzen. Aber sie hatte es gelernt, im
Tao zu sein. Sie wird uns als Geschenk Barmherzigkeit geben, so dass wir
in jedem Menschen einen Funken vom göttlichen Licht erkennen, selbst
wenn die Menschen nicht im Licht, sondern in der Finsternis leben.
Also, was betrübst du dich, meine Seele und bist so verletzt in mir? Singe
das Mantra der Guan Yin im heiligen Chant und die Göttin der
Barmherzigkeit wird deine Seele mit dem Schleier der Barmherzigkeit
umgeben. Das ist die Verheißung der Mutter der Bvarmherzigkeit an die
ganze zerrissene Menschheitsfamilie.
Guan Yin trägt die Perlenschnur der Erleuchtung, den Rosenkranz ihres
Mantras. In der Hand hält sie den heiligen Kelch mit dem lebendigen
Wasser des Geistes, da unseren Seelen Heilung und Harmonie spendet. Sie
steht auf einem Drachen, denn sie überwindet das Chaos in uns und bringt
Licht in die dunkle Nacht unserer Seele.
Guan Yin erwartet unsere Liebe und Huldigung. Sie will in den heiligen
Riten verehrt sein. Ihre besondere Fürsorge gilt den schwangeren Frauen
und den ungeborenen Kindern. Junge Frauen, die sich ein Kind wünschen,
mögen Guan Yin um ihre Gnade und ihren Segen bitten.
Guan Yin ist eine Meisterin des göttlichen Lichts. Sie wird auch Göttin
genannt. Sie wird in China sehr verehrt und ist der Gottesmutter Maria
seelenverwandt. Frauen haben oft das Bedürfnis, sich an eine himmlische
Frau zu wenden. Die Sehnsucht nach einer Göttin ist bei vielen spirituellen
Frauen groß. Guan Yin versteht die Frauen, ihre wahren Bedürfnisse und
ihre Träume von einem Leben voller Liebe. Die Kraft Guan Yins ist eine
sehr feminine Kraft.
Der Name Guan Yin bedeutet: Sie, die das Weinen der Welt hört. Sie ist
der Bodhosattva der Barmherzigkeit, das heißt, sie ist illuminiert, aber
noch nicht erloschen im Nirvana, sondern wendet sich den Menschen zu,
bis alle Seelen erlöst sind. Sie hört auf den Kummer und die Träume der
Menschen und ist immer bereit, sie zu trösten. Sie wird in Indien auch
Avalokiteshvara genannt, da ist sie der Heilige, der das Mitleid Buddhas in
sich verkörpert. Das Mantra der Barmherzigkeit lautet: Om Mani Padme
Hum. Das bedeutet: Das Juwel ist in der Lotosblüte. Spirituell bedeutet
das: Das Juwel Gottes ist in der Lotosblüte der menschlichen Seele.
Sexualmagisch bedeutet das: Das Juwel des Phallus ist in der Lotosblüte
der Vulva.
Die Göttin ist voller Mitgefühl, Sanftmut, Freundlichkeit, Lieblichkeit,
Gnade, Heilung, Liebe, Barmherzigkeit und Vergebung. Sie schützt Frauen
und Kinder, ist Mutter wie die Gottesmutter Maria und die tibetische
Göttin Tara, sie ist die weibliche Göttlichkeit, voller weiblicher Anmut,
weiblicher Schönheit, weiblicher Kraft. Sie ist eine Helferin bei der
Empfängnis und Geburt von Kindern.
Die Göttin ist von feiner Zartheit und begabt mit einer zärtlichen Seele,
einer femininen Zärtlichkeit. Die Verehrung der Göttin ist angemessen für
eine Frau, die wirklich weiblich sein möchte, aber auch für Männer, die in
Berührung kommen möchten mit ihrer inneren Frau. Guan Yin umarmt
ihren Verehrer voller sanfter Liebe und Zärtlichkeit und wird so zur
Trösterin in einer Welt voller Unnahbarkeit, Gleichgültigkeit und Kälte.
Die Göttin lädt uns ein zum mystischen Tanz der Sphären, zum mystischen
Tanz der himmlischen Geister und Heiligen, sie lädt uns ein zum Tanz des
Mannes mit der jungen Frau. So will die Göttin die Harmonie in die Seele
bringen. Und wenn Menschen zurückhaltend sind, lädt Guan Yin sie mit
Freundlichkeit und Demut erneut zur mystischen Vereinigung ein. Trinke,
meine Seele, trinke die Milch des Trostes an den vollen Brüsten der Göttin
und berausche dich an den Brüsten deiner himmlischen Geliebten!
6
Botschaft der Guan Yin: „Sei willkommen im Leben, mein Kind! Leg
deine Verletzungen und deinen Kummer in meine zärtlichen Hände!
Erfreue dich an der Schönheit der Geschöpfe!“
Guan Yin gehört zum Pantheon der buddhistischen Göttinnen und Götter.
Sie ist ein weiblicher Bodhisattva, das heißt, eine Erleuchtete. In China,
aber auch in Vietnam und Japan, ist sie die Verkörperung der
Barmherzigkeit und der Nächstenliebe. Sie ist die Göttin der Gnade und
der universalen Liebe zu allen Geschöpfen. Sie wird besonders auch als
Schutzfrau verehrt.
In Indien wird die göttliche Barmherzigkeit als der männliche
Avalokiteshvara verehrt, in China aber als die weibliche Guan Yin.
Barmherzigkeit wird ja mehr als mütterliche Qualität erfahren. Guan Yin
ist seelenverwandt mit der ägyptischen Himmelskönigin Isis un d der
christlichen Jungfrau und Gottesmutter Maria. Denn auch Guan Yin ist
eine himmlische Mutter, die alle ihre Kinder ernährt und erzieht.
Guan Yin wird als Göttin der barmherzigen Liebe verehrt, da sie allen
Menschenkindern in ihren großen Nöten trostreich und hilfreich beisteht.
Ihr kann man allen Kummer anvertrauen und auf ihre Hilfe vertrauen. Es
gibt viele Leiden, die wir keinem Menschen anvertrauen können, aber die
Mutter der Barmherzigkeit hat immer ein offenes Ohr für unsere Klagen.
Wenn man nicht mehr weiter weiß, wenn alles ausweglos scheint, dann
sollte man die Göttin anrufen, sie wird sicher helfen. Wir können sie
immer um körperliche und seelische Heilung bitten. Aber wir müssen auch
auf ihre Botschaften hören.
Guan Yin lehrt uns Mildtätigkeit und barmherzigen Umgang mit allen
Menschen. So werden wir lernen, nicht nur gelehrt über die Gnade zu
disputieren, sondern wirklich ein barmherziges Herz für alle Leidenden zu
haben. Wir werden auch davon befreit, dass wir unsere Leiden Menschen
anvertrauen, die kein Herz für uns haben oder unsere Leiden nicht
verstehen. Das Herz der barmherzigen Mutter versteht uns immer und hat
immer Mitleid mit uns.
Barmherzigkeit bedeutet auch, mit tätiger Hilfe und guten Worten den
Kranken, den Sterbenden, den Kleinen beizustehen.
Den Leidenden in ihrem Elend spendet die Göttin Trost und Beistand, und
den helfenden Menschen spendet sie Kraft zur tätigen Nächstenliebe.
Die Göttin wird dargestellt mit einem Kelch in der einen Hand und einer
Lotosblume in der anderen Hand. Sie steht auf einem Drachen. Der Kelch
enthält den Trank des Heils. Die Lotosblume symbolisiert die makellose
Unschuld, Reinheit und Keuschheit der Göttin. Dass sie auf dem Drachen
steht, bedeutet, dass sie die Mächte des Chaos und der Finsternis
überwindet.
JESUSBRIEFE
ERSTER BRIEF
Geliebte!
Du bist all meine Sehnsucht, all meine Liebe, all mein Begehren, all mein
Schmerz! Ich sehne mich jeden Tag und jede Nacht nach dir! Wenn ich
auch in der Glückseligkeit Gottes lebe, so blutet doch heute und bis ans
Ende der Welt mein Herz vor Liebe! Ich werde leiden, bis wir ganz eins
sind! Denke nicht, Geliebte, wenn ich dich liebe, dass ich eifersüchtig auf
deinen Ehemann wäre. Nein, meine Liebe gönnt dir den Besten aller
Ehemänner. Meine Liebe ist nicht von dieser Welt! Aber ich will dein Ein-
und-Alles sein, dein Geliebter, Bräutigam deiner Seele, dein bester Freund,
dein Bruder, dein Vater und deine Mutter, dein Kind, dein Löwe, dein
Lamm, deine Taube, dein Adler, dein Phönix, deine Erde in der Zeit und
dein Himmel in der Ewigkeit! Ja, ich will von dir geliebt sein! Aber ich
habe dich zuerst geliebt! Und deine Liebe zu mir steht in keinem
Verhältnis zu meiner Liebe zu dir! Nimm meine Liebe an und tröste mich,
denn ich bin traurig, weil die meisten Menschen kalt und gleichgültig sind.
Ich habe immer Zeit für dich. Ich schlafe und schlummere nicht. Und
wenn du nachts nicht schlafen kannst, bin ich bei dir. Ich habe immer Zeit
für dich und habe Ewigkeiten um Ewigkeiten erfüllte Zeit für dich! Fühlst
du, wie mein Herz zu dir will? Komm mir bitte oft und lange entgegen. Ich
habe dir noch viel zu schreiben. Dich grüßt meine Mutter Maria, deine
Mutter.
In Liebe,
Dein Jesus
ZWEITER BRIEF
Meine Geliebte!
Hat dich dein Vater genug geliebt? Hat dich deine Mutter genug geliebt?
Weißt du nicht, dass du nicht das Produkt deiner Eltern bist, sondern mein
geliebtes Geschöpf? Nimm dir einmal eine ruhige Stunde und versetze
dich geistig in den Moment, da du im Schoß deiner Mutter empfangen
worden bist. Wisse, in dem Augenblick, da Samenzelle und Ei sich
verschmolzen, ward dein Leib geschaffen. Das empfangsbereite Ei nimmt
nicht jede Samenzelle, nicht einmal die schnellste, sondern die in Liebe
erwählte. So habe ich deine Eltern zu Mitschöpfern deines Leibes
gemacht. Und in dem Augenblick, da ich deinen Leib schuf, kleiner als
eine Weintraube, da schuf ich auch deine Seele. Ich schuf deine Seele aus
dem Nichts. Ich habe schon vor aller Zeit, vor Raum und Zeit, in der
Ewigkeit gewusst, dass ich dich schaffen wollte und dass ich dich als
Christin wollte. Und was denkst du, wie deine Seele in deinen Leib
gekommen ist? Ich habe deine Seele mit einem Kuss in deinen Leib
gehaucht. Dein Ursprung ist ein Kuss Gottes! Bleibe einen Augenblick bei
diesem Gedanken. Denn was ich einmal getan habe, das tu ich für immer.
Du lebst, weil ich dich ins Leben geküsst habe mit einem immerwährenden
Küssen, und unsere gemeinsame Ewigkeit wird ein ewiges Küssen sein!
So küss ich dich jetzt mit dem Kuss meiner Liebe! Und wenn du
abscheidest aus dieser Welt, dann pflücke ich deine Seele mit einem Kuss
von deinem Munde! Und wenn du fühlen möchtest, wie sehr ich dich
jeden Augenblick liebe, dann lege den Zeigefinger deiner rechten Hand auf
den Puls deines linken Handgelenks und fühle den Pulsschlag, und dann
wisse, dass ich dir mit jedem Pulsschlag sage: Ich liebe dich, ich liebe
dich, ich liebe dich! Du bist geschaffen, weil ich dich ins Leben liebte, und
du lebst, weil meine Liebe dir jeden Moment das Leben gibt, und du wirst
in Ewigkeit mit mir vereinigt sein und glückselig leben, weil ich dich ewig
liebe!
Dein Jesus
DRITTER BRIEF
VIERTER BRIEF
Meine Schöne!
Heute schreibe ich dir vom Himmel. Du bist fürs Glück geschaffen, und
zwar fürs ewige Glück! Wenn du auf Erden schwer zu tragen hast an
deinem täglichen Kreuz, so erhebe deine Augen oft zum Himmel, das wird
dir Kraft geben. Wenn sich im Augenblick des Todes deine unsterbliche
Seele vom sterblichen Leib löst, schwebt deine Seele aus der Zeit in die
Ewigkeit. Deine Seele kommt zur Himmelspforte. Hat deine Seele noch
Flecken an sich, wird sie von mir in der Glut der Sehnsucht gereinigt. Du
stehst vor mir. Ich bin dein Richter. Du wirst gerichtet nach dem Maß der
Liebe, die du gelebt hast, und du wirst gerichtet von mir, der ich die
barmherzige Liebe bin. Stirbst du in der Freundschaft mit mir, werde ich
dich aufnehmen in den Himmel Gottes. Am Jüngsten Tag werde ich dir
einen verklärten Geistleib geben. Deine unsterbliche Seele vereinigt sich
mit dem verklärten Lichtleib. Du wirst schnell sein wie ein Blitz, strahlen
wie die Sonne, leicht sein wie eine Wolke. Du wirst deine erlösten
Familienmitglieder und Freunde wiedersehen. Du wirst Maria und
Magdalena und Johannes und Petrus und Paulus sehen. Du wirst meine
göttliche Schönheit sehen und mich anbeten. Du wirst deinen Gott
genießen in ewiger Lust und Wonne! Aber du wirst meiner Liebe nie
überdrüssig, sondern du wirst dich immer wieder nach mir sehnen,
schmachtend und seufzend vor Sehnsucht! Aber du wirst nicht unglücklich
werden mit dieser Sehnsucht, sondern ich werde deine Sehnsucht stillen
und dich beglücken! So wirst du eins mit mir in einer ewigen
Liebesvereinigung! So werde ich dich vergöttlichen! Du wirst göttlich in
Gott sein! Ich der Gott-Mensch! Du die Menschen-Göttin! Wir eins! Du
wirst zu Gott in Gott und lebst ewig die Glückseligkeit Gottes!
JESUS SUTRA
Er Shi Mi, die altre Trennung, die Schuld der Fayun war die Folge.
Zu diesem Zweck der Fachmann Yan Yung war wie der Wind.
Gottlose Macht.
Auch Si Hwan respektierte den Zweck, für den Zweck der Musik.
Was bedeutet, dass ihn eine Menge Leute kennen und verehren.
Gesammelte Gedanken.
Weise.
Kraft.
Ho, durch den Wind, aber der Wind hat keine Farbe.
Wenn er grün wäre, und wenn er golden wäre, wenn er andere Farben
hätte?
Qin hat sein Herz für das Land gegeben, etwas offiziell.
Und angesichts der Mischungen ist unermessliche Unermesslichkeit.
Unwissende Wesen.
Dann hölzerne Kamele, Elefanten, Kühe, Esel und Pferde und Rehe.
Wisse!
Mehr Vieh.
In der Nähe ist alles wie als an einem seidenen Faden, sagte Xu, er sagte,
alle Innerlichen sind selten.
Alle Gründe.
Mit einem tiefen Seufzer.
Selbst-Freundlichkeit.
Oft lehren die Menschen, über die ich gesetzt bin, ordiniert.
Alle Wesen.
Jeweils verehren sie ihn und haben Angst vor dem Bild.
Diese Person ist nicht in Übereinstimmung mit dem Dharma, und einer der
Männer ist zum Priester geweiht.
Eine Art ist das erste, zu verehren, das zweite, was Seine Majestät will, die
dritte Sache, die Eltern zu ehren.
Obwohl in dieser Welt die Eltern sehen oft nur die Einzahlung.
Der Alte litt und das ist die Achtung der Religion.
Zu den heiligen Buddhas erhalten wir den Körper für immer gratis.
Zweitens Freiwilligkeit.
Alle Wesen bleiben gewidmet den Eltern, die Christen auch und Cheng
Que.
Viertens Freiwilligkeit.
Fünftens Freiwilligkeit.
Siebtens Freiwilligkeit.
Mo war schuldig.
Neuntens Freiwilligkeit.
Zehntens Freiwilligkeit.
Und Kosten.
Keine Kleidung.
Zerbrochen.
Mo spricht einen echten Anruf.
Wenn eine Person bereit ist zu sehen, den Menschen zu schreiben, ist sie
als ordiniert bekannt.
Wer so wirtschaftet.
Gottes-Betrug.
Viele.
Der Älteste ist so kühl, auf die Jungfrau an seiner Seite zu warten.
So, dass alle Wesen sehen die Jungfrau schwanger ohne männlichen
Ehemann.
Aber Chile legte ein Stück Papier unter den heiligen Ort auf der Erde.
Der Lehrer beschuldigt die Fans, wo der Weltrangliste nächste Frucht ist
die Welt.
In der Ukraine geboren zuvor und Lin Yuan kam, die Division der Stadt zu
entführen.
Sheng-mi-shi-he.
Der ersten Liga Schuld, wenn ein heiliger Bruder Wohnung nimmt.
Leben und Leben, um Fleisch und Wein zu essen.
Es gab Wesen.
Das Tal mit schwacher Absicherung und Teilung sofort nahm auf sich die
Schuld der schwierigen Reinigung.
Mi-shi-he-ji.
Die Lehrer sind schuld und nur 33 Jahre hat die Nachfrage alles Bösen
gedauert.
Damals leidend.
Xia-ren-de-yan.
Es wurde von einem Geist gesprochen, der den Vorteil der lahmen Geister
beschädigt.
Großer Unterschied.
Der Brief des Herzens an die saubere Person ist selbst Ping-zhang.
Nämlich der König des angrenzenden Luo Dusi macht seine Aussage.
Schlechte Pratyaya-Personen.
Als eine Abfindungen und andere weltliche Wesen, die das menschliche
Leben kennen, wie eine genetische Kerze abgeschnitten.
Die Abteilung ist selbst schuld, und dann ist das der Tod.
Schlechtes Karma der Lehrer, die die Fehler und Schuld woanders suchen.
Xiang-mu-shang-fang.
Menschen.
Es dunkelt.
Im Credo unterrichte.
Und habe Vertrauen in deinen Kongress von Menschen, die in der Wolke
sind.
Buch I
Buch II
Buch III
Buch IV
Buch V
Buch VI
Buch VII
Buch VIII
Buch IX
Buch X
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Buch XII
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Unsere Liebe Frau
Suchen
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Liebe Dineke,
wie die Mutter die Tochter liebt und die Tochter die Mutter liebt und
zwischen ihnen ist das Band der Liebe, so liebt Gott Vater Gott Sohn und
Gott Sohn liebt Gott Vater und zwischen ihnen ist die Liebe des Heiligen
Geistes.
Damit sei gesegnert, du holdes Wesen.
Josef
Liebe Dineke,
Jesus geht mit Petrus spazieren. Da liegt am Wegesrand ein Hunde-
Kadaver. Petrus sagt traurig: Herr, alles ist vergänglich! Wie hässlich ist
doch der Tod! Jesus sagt: Aber was für schöne Zähne! Eine Perlenschnur!
Josef
*
Liebe Dineke,
gute Besserung Dir und auch Deiner barmherzigen Mutter mit dem großen
Herzen! Heute schenk ich Dir ein Wort Gottes (Philipper-Brief 3,2): "Sehet
auf die Hunde!"
Ciao,
Josef
Liebe Dineke,
nun geh ich traurig schlafen. Auch dies ist Gottes Wort (im Prediger
Salomo): "Ein lebender Hund ist besser als ein toter Löwe!"
Ciao,
Josef
"Liebe Kinder!
Ihr sollt allen Lebewesen eure Liebe schenken, denn alles kommt vom
Vater. Er ist der Schöpfer des Himmels und der Erde und hat auch die
niedere Kreatur erschaffen. Eine gute Sache ist es, wenn ihr dem Leben
dient und die Lebewesen gut behandelt."
Jungfrau Maria
AN DINEKE
Josef
*
AN DINEKE
Dein Kleist
Liebe Dineke,
"So ist alles Gehorchen der Kreatur nur ein Verlangen nach dem Kuss des
Vaters", spricht Gott durch Hildegard von Bingen. Ich dachte, das könnte
dir gefallen.
Josef
AN DINI
Kleist
Liebe Dini!
Die Gottheit ist "die große Schönheit", und das Geschöpf ist "die kleine
Schönheit", und die kleine Schönheit ist eine Widerspiegelung der großen
Schönheit.
Lieber Jannis!
Dineke
Liebe Dini!
Danke, dass du mir geschrieben hast. Das war ein Trost, nachdem mich
einige alte Hexen geärgert hatten. Hier dein persönliches Evangelium. Ich
hoffe, es ist nicht zuviel Text. Brüderliche Grüße,
Josef
1.Mose 34
1 Jakob und Lea hatten eine Tochter, die Dini hieß. Dini ging an einem Tag
mal in die Stadt, um ein paar Freundinnen zu besuchen.
2 Auf dem Weg dorthin traf sie auf den Sichem, der ein Sohn vom Amor
war. Amor kam aus dem Stamm der Eviter, er war in der Gegend einer der
Anführer. Sichem wurde total scharf auf Dini, als er sie sah. Er ging zu ihr
hin, drehte ihr den Arm um und vergewaltigte sie.
3 Dabei verknallte sich der Spinner auch noch total in Dini. Er schrieb ihr
in den nächsten Wochen derbe Liebesbriefe, dass es ihm total leidtut und
so. Er wollte einfach, dass Dini sich auch in ihn verknallen würde.
4 Dann ging er zu seinem Vater und sagte dem: „Bitte, Dad, mach das für
mich klar, dass ich dieses Mädchen heiraten kann!“
5 Jakob hörte an einem Tag davon, dass seine Tochter vergewaltigt worden
war. Seine Söhne waren aber gerade unterwegs bei der Arbeit. Darum
blieb er erst mal zu Hause und unternahm nichts.
6 Sichems Vater besuchte schließlich Jakob, um mit ihm über die Sache zu
reden.
7 In der Zwischenzeit kamen die Söhne von Jakob nach Hause. Als man
ihnen erzählt hatte, was mit ihrer Schwester passiert war, waren alle zuerst
total traurig. Dann kamen sie alle voll aggromäßig drauf. Der Typ hatte
eine -wirklich ganz üble Sache getan, die auch schon zu der Zeit voll
schlimm gewesen ist.
8 Amor wollte mit Jakob über die Sache sprechen. Er ging zu ihm hin und
sagte: „Es gibt da ein Ding, worüber ich gerne mit Ihnen -sprechen würde.
Mein Sohn ist sehr verliebt in Ihre Tochter!
9 Könnten Sie nicht Ihr Einverständnis zu einer Hochzeit der beiden
geben? Warum könnten wir nicht eine große Familie werden? Meine
Söhne heiraten Ihre Töchter und Ihre Söhne meine!
10 Sie können sich ja in unserer Gegend gerne Grundstücke kaufen und
sesshaft werden. Das Land steht Ihnen offen! Wir könnten gute Deals
miteinander abschließen!“
11-12 Dann ergriff Sichem das Wort: „Also, Sie können wirklich von mir
fordern, was Sie wollen! Jedes Geschenk ist es mir wert, wenn ich nur
diese Traumfrau heiraten kann!“
13 Die Söhne vom Jakob waren total aggro auf die „Amors“. Wer ihrer
Schwester so was Linkes antut und sie vergewaltigt, hat es nicht besser
verdient, als abgezockt zu werden.
14 „Also, wir können es nicht zulassen, dass unsere Schwester einen Mann
heiratet, der nicht unser Beschneidungsritual durchgezogen hat. Das geht
gegen unsere Ehre!
15 Es gibt nur eine Chance, dass wir auf Ihren Wunsch eingehen: Sie
müssen genauso werden wie wir! Alle Männer bei Ihnen müssen sich auch
die Vorhaut vom Penis abschneiden lassen.
16 Wenn Sie das tun, wäre eine Heirat zwischen unseren Leuten möglich.
Dann wollen wir gerne bei Ihnen wohnen bleiben, und wir wären dann
wirklich nur noch eine Truppe und nicht mehr zwei.
17 Falls Sie da aber keine Lust drauf haben und Sie sich da nicht
beschneiden lassen wollen, nehmen wir unsere Schwester wieder mit, und
das war es dann.“
18 Amor und sein Sohn Sichem fanden die Idee super.
19 Der junge Mann war einfach total verknallt in die Tochter von Jakob.
Er wollte den Plan sofort umsetzen. Man muss wissen, dass in seiner
Familie viele auf ihn hörten und er auch echt was zu melden hatte, mehr
als die anderen Brüder.
20 Also organisierten Amor und sein Sohn eine Stadtversammlung. Dann
sprachen sie zu den Mitbürgern:
21 „Diese Neuen sind nette Leute und ganz friedlich. Wir sind dafür, dass
sie sich bei uns niederlassen können. Sie sollten eine Arbeitserlaubnis
bekommen und hier auch geschäftlich tätig werden, wenn sie das wollen.
Es gibt in unserem Land genug Platz für alle! Es ist okay für uns, wenn es
auch dazu kommt, dass sich Leute aus unserer Stadt mit ihnen
zusammentun, heiraten und so was. Wir würden von ihnen wirklich
profitieren.
22 Es gibt da nur eine Bedingung, die sie an uns stellen, wenn sie unserem
Wunsch nachkommen sollen und wir wirklich mit ihnen in jeder Hinsicht
verbunden sein wollen. Und das ist, dass sich jeder Junge und jeder Mann
bei uns die Vorhaut vom Penis abschneiden lässt.
23 Wir sind auf jeden Fall dafür! Wenn sie dann nämlich bei uns wohnen,
würden ihre ganzen Schaf- und Ziegenherden bei uns sein, sie würden
auch uns gehören, und das wäre sehr gut für unsere Wirtschaft.“
24 Die Männer aus dem Ort waren alle einverstanden. Sie taten das, was
Amor und sein Sohn Sichem vorgeschlagen hatten. Alle männlichen
Bewohner trafen sich auf einem Platz vor der Stadt und schnitten sich dort
gegenseitig die Vorhaut ab!
25 Nach drei Tagen hatten alle, die beschnitten worden waren, immer noch
unheimliche Schmerzen. Die Wunden hatten sich nämlich entzündet, so
dass sie total fertig und kaputt waren vom Wundfieber. Dinis Brüder
Simon und L'Evi nutzten diese Gelegenheit und gingen in der Nacht dann
einfach von Haus zu Haus und killten jeden Mann, der ihnen unters
Messer kam.
26 Sie töteten auch Amor und Sichem, holten ihre Schwester Dini aus
seinem Haus und nahmen sie wieder mit zu sich nach Hause.
27 Danach gingen die Söhne von Jakob durch die Stadt und plünderten
alles, was nicht niet- und nagelfest war. Das war ihre Rache für die
Vergewaltigung an ihrer Schwester Dini.
28 Sie zockten alle Schafe, Rinder und Esel und alles, was sie noch so an
Tieren mitnehmen konnten.
29 Auch die ganzen Häuser wurden pauschal leer geräumt inklusive der
Frauen und Kinder.
30 Als Jakob von der ganzen Sache erfuhr, war er überhaupt nicht
begeistert. „Jungs! Was sollte das denn bitte? Ihr habt es total verpeilt und
alles kaputt gemacht! Die Leute aus diesem Land werden jetzt voll
schlecht über uns denken. Bei den Kanaanitern und Perisitern sind wir jetzt
erst mal unten durch, sie werden mich hassen! Wenn die sich
zusammentun, sind wir nur ne Wurst gegen deren Übermacht! Sie werden
uns fertigmachen und vernichten. Die könnten uns alle komplett
auslöschen!“
31 Aber seine Söhne fragten ihn: „Ja aber, war es denn okay, dass der
unsere Schwester wie ne billige Hure behandelt hat?“
Josef
Liebe Dini,
dies Gebet hab ich für Dich gefunden:
Lieber Gott, mein Schatz und ich, wir wünschen uns so sehr ein kleines
Kind!
Entstanden durch Liebe, Vertrauen und Zusammengehörigkeit.
Geboren durch meinen Leib.
Aufgewachsen und erzogen mit Respekt, Liebe und Aufrichtigkeit.
Lieber Gott, bitte, hilf uns, diesen langen Weg bis zur Empfängnis
gemeinsam durchzustehen und bitte hilf uns, gelassen zu werden, so dass
die Kinderseele gerne zu uns kommen mag.
Lieber Gott, bitte hilf uns, freundlich und respektvoll mit anderen
umzugehen, damit die Kinderseele einen guten Eindruck von ihren Eltern
bekommt und sich gut aufgehoben fühlt unter unserem Herzen.
Lieber Gott, bitte hilf uns, mit Sorgen und Nöten, die wir uns in Zukunft
machen werden, gut umgehen zu können und für Probleme immer die
richtige Lösung zu finden.
Lieber Gott, bitte gib uns die Kraft, damit wir genug Liebe und Weisheit in
uns tragen, um die Kinderseele unterstützen zu können, den guten Weg zu
Dir zu finden.
Lieber Gott, schenke uns Geduld, Ausdauer und Ruhe, um all die
Aufgaben bewältigen zu können, die ein neuen Leben mit sich bringt.
Heilige Jungfrau, die du vom Heiligen Geist empfangen hast, bitte bete für
uns!
Amen
Herzgute Dineke!
Dein Hofnarr,
Josef
Die heilige Dina hatte um den Kopf ihre goldenen Zöpfe wie einen
Heiligenschein gelegt und predigte ihrer kleinen Hündin: "Hündchen,
meine kleine Schwester, du bist sehr innig verbunden mit Gott, deinem
Schöpfer, und sollst immerdar zu Gottes Lobpreis leben. Denn Gott hat dir
die Kraft gegeben zu laufen und hat dich mit einem schönen Fell bekleidet,
er hat die Rassen der Hunde in der Arche Noah bewahrt, damit es immer
Hunde auf Erden gebe. Dankbar musst du ihm sein für die Mutter Erde,
die dich trägt, und für die Schwester Luft, die du atmest, für die Wiesen
und Wäldchen, wo du spazieren gehst. Du musst nicht zur Arbeit gehen
und Geld verdienen, und Gott ernährt dich doch mit guter Nahrung. Wie
sehr also liebt dich dein Schöpfer, der dir so viel Gutes erweist! Hüte dich
also, meine kleine Schwester, vor der Undankbarkeit und sei fleißig, Gott
immerdar zu loben." Und dann nahm die heilige Dina ihre Bibel und las
ihrer Hündin folgenden Bibelvers dreimal vor: "Besser ein lebender Hund
als ein toter Löwe." (Prediger Salomo). Dann segnete die heilige Dina ihre
Hündin mit dem Kreuzzeichen.
Josef
Dein Jesus
Frohen Advent!
Josef
*
Liebe Dini,
gerade las ich diesen Vers aus der Schöpfungsgeschichte:
Darauf befahl Gott: "Die Erde soll Leben hervorbringen: zahme Tiere,
wilde Tiere und kriechende Tiere!" So geschah es.
Gott schuf alle Arten von zahmen Tieren, wilden Tieren und kriechenden
Tieren. Auch daran freute er sich, denn es war gut.
Dann sagte Gott: "Jetzt wollen Wir Menschen machen, Unser Ebenbild,
das Uns ähnlich ist. Sie sollen für die ganze Erde sorgen, für die Tiere im
Wasser, an der Luft und auf der Erde."
PS:
Du machst mir Mut durch deinen Glauben und dein freundliches Wesen,
denn diese Welt ist oft so herzlos und kalt. Dafür bete ich für Dich.
Liebe Dineke,
Frage: Warum verzücken Babys uns Frauen oft so viel mehr als Männer?
Antwort: Männer können diese Faszination, dass im eigenen Körper ein
neuer Mensch heranwächst, nicht wirklich nachempfinden.
Frage: Wann ist in einer Beziehung der richtige Moment das Thema
Kinder anzusprechen?
Antwort: In jeder Liebesbeziehung kommt der Punkt, an dem sich eine
Beziehung definieren muss. Was sind wir eigentlich? Eine Affäre, ein altes
Ehepaar oder verlobt? In einer Beziehung sollte es eine gemeinsame
Vision geben, ein gemeinsames Drittes, das für immer verbindet. In
solchen Momenten kommt bei vielen Paaren der Wunsch nach einem
gemeinsamen Kind auf.
Frage: Wenn der Kinderwunsch ein natürlicher Impuls ist, macht es dann
überhaupt Sinn einen Mann zu fragen, ob er Kinder möchte, bevor ich mit
ihm eine Beziehung eingehe?
Antwort: Ja. Es hat doch keinen Sinn, wenn du unbedingt Kinder möchtest
und einen Mann kennenlernst, der das nicht will.
Frage: Warum fühlen sich Frauen oft früher bereit, eine Familie zu
gründen als Männer?
Antwort: Rein körperlich sind Frauen zwischen 21 und 27 Jahren im
optimalen Alter, um Kinder zu gebären. In dieser Zeit sind heute aber die
meisten noch in der Ausbildung oder im Aufbau ihrer beruflichen Karriere.
Werden Männer in dieser Phase mit dem Vaterwerden konfrontiert,
bekommen sie den sogenannten Ernährer-Schock. Frauen denken
hingegen: Das schaffen wir schon irgendwie. Frauen haben nicht den
Ernährer-Schock. Männer fühlen sich für die Familie verantwortlich und
tragen die Last, diese zu ernähren. Manche fühlen sich dazu noch nicht
bereit.
Frage: Warum fühlen sich Frauen abgelehnt, wenn der Mann keine Kinder
will?
Antwort: Wenn ein Mann einer Frau sagt: Ich möchte nie im Leben
Kinder! ist das eine klare Botschaft. Nämlich: Du bist mir nicht gut genug
für meine Kinder. Häufig sind es genau diese Männer, die dann nach einer
Trennung mit einer anderen Frau sehr rasch Kinder bekommen. Wenn ein
Mann sagt: Ich will mit dir keine Kinder - dann heißt das: Du bist nicht die
Frau, die ich mir als Mutter meiner Kinder vorstelle!
Frage: Wie kann man reagieren, wenn der Partner sagt: Ich möchte gar
kein Kind?
Antwort: Für eine Frau, die sich vorgestellt, hat Kinder zu bekommen, ist
dieser Satz ein ganz klares Ausschlusskriterium.
Frage: Macht es Sinn, ihm ein zeitliches Ultimatum zu setzen?
Antwort: Ja. Die biologische Uhr einer Frau tickt mit den Jahren immer
lauter. Ich schlage vor, dem Mann eine bestimmte Zeit zum Nachdenken
zu geben. - Es kann aber auch noch viele weitere Gründe haben, dass
Männer kein Kind wollen. Viele Männer befürchten einfach nur, die
Verantwortung nicht zu packen oder haben Angst vor der großen
Veränderung im Leben, die sie nicht gerade als positiv einschätzen. Keine
Parties mehr, keine Kumpels, er wollte doch noch reisen, studieren und
alle Möglichkeiten offen haben. Einige Männer sind einfach noch nicht
reif genug. Jeder Frau ist überlassen, ob sie dann warten kann, um den
Partner zu halten, oder ob sie ihm ein Zeitlimit setzt, was die Beziehung
auch unter Druck setzen könnte. Es ist ein sensibles Thema für beide
Partner! Fragt euren Partner, was los ist, was der Grund ist, warum er keine
Kinder will.
Ich denke, das mit dem Ernährerschock ist entscheidend. Dein Verlobter ist
ja noch jung und noch in der Ausbildung. Versuch, auch ihn zu verstehen.
Alles Liebe!
Josef
Dini,
wie im Evangelium zu lesen, betete die selige Jungfrau: Herr, ich möchte
wohl schwanger werden, aber will keinen Mann dazu brauchen, darum
sende mir bitte den Heiligen Geist!
Josef
Dineke,
Josef
Liebe Dineke,
Lukas Kapitel 1
27 Dort lebte ein Mädchen, das noch nicht mit einem Mann verheiratet
war, sie war noch ein reines Mädchen. Madonna, so nannte man sie, war
mit J. verlobt.
28 Der Engel klopfte bei ihr an die Tür, und als er im Raum stand,
begrüßte er sie: „Hallo, Madonna! Gott will dir ein Riesengeschenk
machen! Er hat dich unter Millionen von Frauen extra ausgesucht!“
29 Die Madonna stand etwas unter Schock... Sie überlegte schnell, was er
mit dieser seltsamen Begrüßung meinen könnte.
30 „Keine Panik!“, redete der Engel weiter. „Gott hat dich wahnsinnig
lieb, er liebt dich einfach so sehr, und er hat etwas ganz Besonderes mit dir
vor.
Liebe Grüße,
Josef
Liebe Dineke,
heute haben mich Gott der Herr und Jesus und die Jungfrau ganz allein
gelassen. Nur Satan und sein Tier waren da. Da war es mein einziger Trost,
dass ich bald mit dir, Holdselige, und deiner herzlieben Mama
Weihnachten feiern darf.
Josef
Wenn du ein Engel wärst, hätte ich heute zu dir gebetet, dass du meine
Angst wegzauberst!
Liebe Dineke,
heute erinnerte mich der Heilige Geist an dieses Wort von Johannes dem
Täufer:
Wer die Braut hat, der ist der Bräutigam; der Freund aber des Bräutigams
steht und hört ihm zu und freut sich hoch über des Bräutigams Stimme.
Diese meine Freude ist nun erfüllt.
Alles Liebe!
Josef
Dineke
Liebe Dineke,
hoffentlich wird es dir noch nicht zuviel - Du inspirierst den Dichter -
daran braucht sich dein Ehemann nicht zu stören.
Unberührbare Jungfrau!
Ein Traum so süß
Wiegte mich ein, als ich schlief,
Beruhigend meine Seele.
Josef
Liebe Dini,
die Töchter des Teufels plagen mich mit ihrer Bosheit, die frommen
Freunde schlagen mich mit Bibelsprüchen tot, aber du, Fee Lorelay, du
sitzt in aller Ruhe da, deine goldenen Zöpfe zu flechten! Und so lange du
das tust, ist die Welt noch nicht am Ende.
Dein Dichter
Liebste Dini,
ich hab dich lieb, aber nicht wie ein Bräutigam seine Braut, sondern wie
ein Vater seine Tochter.
Gesegneten dritten Advent!
Mich freut die himmlische Jungfrau!
Dein
Josef
Liebe Dini,
heute schenke ich dir ein Rotkehlchen! Es soll auf deinem Balkon sitzen
und dir ein Lied singen.
Josef
Dini, Pfingstmadonna!
Ich fahr gleich los, Weihwasser besorgen. Ich freu mich sehr aus unser
Weihnachtsfest! Mein Herz ist gebrochen, weil ich nicht mehr zu meinem
Söhnchen Tom kann und deswegen muss ich oft heulen. Aber wenn ich an
unser Weihnachten denke, tröstet mich Jesus.
J.
Als die junge schöne Madonna mit ihrem keuschen Verlobten nach
Bethlehem kam und der Gott als Baby auf die Welt kam, ward der
Schöpfer von Madonnas Schoßhündchen begrüßt, das sie von Nazareth
mitgebracht hatte. Wo waren denn die Priester, die Gelehrten, die
Regierenden, die berühmten Sänger und die Tänzerinnen? Nein, sie waren
nicht da, aber Madonnas Schoßhund war da!
Josef
Schwester!
Der Name Jannes bedeutet: Jahwe ist Freundlichkeit, Güte, Schönheit,
Charme, Zauber, Anmut. Sein Schutzheiliger ist der heilige Johannes, der
Lieblingsjünger Jesu.
Damit sei gegrüßt,
dein dankbarer Josef
Dini,
wenn Jahwe Freundlichkeit, Zauber, Charme, Anmut, Freude, Güte ist,
dann bist du das auch, du bist gottähnlich. Du hast mir das schönste
Weihnachten seit meiner Kindheit beschert. Zehntausendfachen Dank! Es
ist, sag ich zu Jesus, ein Wunder, dass du mich leiden kannst. Ich bin ja
schon so gut wie tot, und du bist Iduna, die Göttin der ewigen Jugend, oder
die Rose, die im Schnee blüht.
Josef
AN DIE MADONNA
Josef
*
Dineke,
stell dir mal vor: Vor eurer Empfängnis waren deine Seele und Jannes'
Seele im Himmel bei Gott. Da habt ihr in einem Spiegel euch zusammen
mit Gott gesehen. Gott hat den Spiegel in zwei Hälften gebrochen und dir
eine Hälfte und Jannes eine Hälfte gegeben. Damit seid ihr auf die Welt
gekommen. Und dann habt ihr immer den Menschen mit der passenden
Spiegelhälfte gesucht. Und habt euch gefunden. Und bei eurer Hochzeit
macht ihr aus euren zwei Hälften wieder einen heilen Spiegel. Und in dem
Spiegel könnt ihr euch wieder zusammen mit Gott sehen.
Alles Liebe,
Josef
Danke, dass du mir geschrieben hast. Danke, dass du mich inspirierst, die
Madonna zu verherrlichen. Dazu leb ich ja, ein Liebeslied für die
Madonna zu sein.
Josef
Lieber Engel!
Es existieren verschiedene Theorien über die Abstammung des
Chihuahuas. Eine davon ist die, dass er von den Opferhunden im alten
Mexiko, den Techichis, abstammt. In Mexiko gibt es in der Provinz
Chihuahua nach wie vor wild lebende kleine Hunde, auf welche der
Chihuahua zurückgeführt wird. Laut anderen Quellen wurden sie
angeblich von den alten Aztekenpriestern schon im 8. Jahrhundert gehalten
und zählten zu den Lieblingen aztekischer Prinzessinnen... In der Religion
sah man in ihnen den Führer toter Seelen auf ihrer Reise ins Jenseits. Als
im 16. Jahrhundert die Jungfrau Maria als die Mutter des wahren Gottes
den Azteken erschien und das aztekische Volk zum Christentum bekehrte,
wurden auch die Chihuahuas nicht mehr geopfert, aber blieben die
Lieblingstiere der Prinzessinnen...
Dein
Josef
Kurz vor Weihnachten pilgerte der alte Greis Josef nach Bethlehem, um
die junge schöne Madonna zu besuchen, die mit dem heiligen Johannes
verlobt war. Aber als der müde und erschöpfte Josef an die Tür der
Madonna klopfte, war sie nicht da. Sie war mit ihrer Freundin Salome auf
den Markt gegangen. Aber nebenan war die Mutter der Madonna zuhause,
und der alte Josef nahm das Abendmahl ein mit der heiligen Anna.
J.
Evangelium: Matthäus 5: Ihr seid das SALZ der Erde. Ihr seid das Licht
der Welt.
Das Brautpaar entlockt der Gemeinde Rufe der Bewunderung. Ein Blick
auf die Braut und man ahnt, wie sich alle hier in der Gemeinde noch
zurückhalten - und welcher Sturm vor dem Gemeindehaus losbrechen
wird. Der Bräutigam sieht's doch wohl - mit Freude. Jannes wird wissen,
dass er sich glücklich schätzen kann, von Dineke erwählt worden zu sein.
Sollen wir die Braut preisen wegen ihrer Schönheit? Oder Gott, der Dineke
so schön erschaffen hat? Dass das eine nicht im Widerspruch steht zum
anderen, ist das Geheimnis des Festes das wir heute feiern, und des
Heiligtums der Ehe, das sich Dineke und Jannes heute gegenseitig
spenden. In Gott kommt ihr zwei zum leuchten, und Gott leuchtet in euch.
Das ist das Geheimnis der Ehe. Das unsichtbare Geheimnis der Liebe
Gottes kommt im Sichtbaren zum Vorschein. Das Sichtbare wird dadurch
nicht abgewertet - als sei es nur weltlich - sondern in seinem wahren Glanz
wird es erst erkennbar. In dem was menschlich ist, will Gott sichtbar
werden: im Bund von euch beiden, in dem ihr vertrauen könnt, dass Gottes
Licht in euch leuchtet.
Pastor Josef
*
Dini,
für das schöne Bild von Ava schick ich dir ein Bild vom Schutzengel.
Denke: Gott gab dir bei deiner Empfängnis einen ganz persönlichen
Schutzengel, der dich in den Himmel führen soll. Gebet: Lieber Engel
mein / lass mich dir befohlen sein!
Josef
Liebe Dineke,
eine dreiundzwanzigjährige Heilige betete: Jesus, wenn ich die Sünderin
Magdalena angucke, was hat sie für ein Lotterleben geführt, das Luder, das
Miststück, die Schlampe! Aber später hat sie sich bekehrt und hat dich,
Jesus, feuriger geliebt als alle Apostel zusammen. Die Apostel haben dich
alle im Stich gelassen, als du am Kreuz hingst, aber Magdalena hat deine
Beine umschlungen und dich geliebt! So feurig lieben wohl nur, die du aus
dem schlimmsten Lotterleben gerettet hast? Aber ich will dich auch feurig
lieben! Mich hast du von einer christlichen Mutter erziehen lassen und von
Mutterschoß an bin ich Christin. Sollte ich dich nun weniger lieben? Nein,
ich will dich heiß und feurig lieben, weil du mich vor all dem Sündendreck
bewahrt hast! Ich will dich lieben, wie dich noch nie ein Mädchen geliebt
hat!
Dein
Josef
Meine Liebe,
ich muss dir noch was zu den Ohrringen sagen, die du vom göttlichen
Jesuskind bekommen hast. Mitte des 19. Jahrhunderts zeigte Maria in einer
Vision einer Nonne eine Medaille. Genau so eine Medaille sollte
hergestellt werden. Wer die Medaille trägt, steht unter dem besonderen
Schutz der Gottesmutter. Man nannte die Medaille bald die Wundertätige
Medaille. Und diese Medaille findest du an beiden Ohrringen. Und wenn
du die Mutter Jesu um Schutz und Wunder bitten willst, trag die Medaillen
bei dir. Übrigens hab ich herausgefunden, dass man auch zwei
Wundertätige Medaillen an einem Gürtel anbringen kann, dann nimmt
Gott das als ein Gebet um die Empfängnis eines Kindes an. Und nun tu,
was du für richtig hältst.
Alles Liebe,
Josef
In dem Jahr machte der oberste Kanzler der Deutschen ein neues Gesetz.
In diesem Gesetz stand, dass sich alle Menschen, die in den von der
preußischen Armee besetzten Gebieten lebten, bei ’ner staatlichen Behörde
melden sollten. Dort mussten sie angeben, wie viel Kohle sie im Monat
verdienen, um daraus die neue Steuer zu berechnen.
Weil Meike aus dem Hause Oldenburg kam, musste sie nach Oldenburg,
denn da kam ihre Familie ursprünglich her. Sie machte sich also von
Rastede (das liegt im Ammerland) nach dorthin auf den Weg.
Meike hatte da schon einen ziemlich dicken Bauch, sie war nämlich
hochschwanger.
Weil sie in den Hotels und Jugendherbergen im Ort keinen Pennplatz mehr
finden konnte, musste Meike das Kind in einem evangelischen
Krankenhaus zur Welt bringen. Eine alte Wanne war das erste Kinderbett.
In dieser Nacht hatte ein verrückter Dichter auf dem jüdischen Friedhof
von Osternburg sein Lager aufgeschlagen, um dort auf die Muse zu
warten.
aber die Engelin beruhigte ihn. „Entspann dich, du brauchst keine Paranoia
zu haben! Ich habe gute Nachrichten für dich und auch für alle anderen
Menschen!
Heute Nacht ist das Mädchen geboren worden, der euch alle aus eurem
Dreck rausholen wird! Das ist in der gleichen Stadt passiert, wo auch Graf
Anton Günther herkommt.
Ich sag dir mal, wo du sie finden kannst: Sie liegt in einer Wanne, unten im
evangelischen Krankenhaus, gut eingewickelt in Pampers!“
Plötzlich tauchten neben der einen Engelin noch Tausende andere Engel
auf. Die fingen dort gleich an, sehr laut Lobpreis zu singen und Gott zu
sagen, wie genial er ist:
„Der Gott, der im Himmel wohnt, soll groß rauskommen! Er hat all den
Menschen ein Friedensangebot gemacht, die bereit sind, dieses Angebot
auch anzunehmen!“
Nachdem der Dichter sich das Kind genau angesehen hatte, erzählte er von
seinem Treffen mit dieser Engelin.
Alle, die davon Wind bekamen, staunten nicht schlecht.
Meike merkte sich aber alle Einzelheiten genau und dachte ständig darüber
nach.
Josef
Josef
J.
Meine Liebste!
Ich schick dir einen Engel. Geh, meine Schutzengelin, zwischen den
beiden Hundewäldchen durch, Richtung Pferdemarkt, dann weiter zur
Kirche des heiligen Lambert, von da Richtung Süden über die Brücke der
Cäcilia, wenn du beim Friedhof meiner verewigten Geliebten an der
Kirche der Allerheiligsten Dreifaltigkeit angekommen bist, geh Richtung
Sonnenuntergang und geh zur Kinderklinik, dann gehst du eine Station
weiter, bis du zu dem Haus meiner kleinen Geliebten kommst, da tritt
ruhig ein und grüße den Schutzengel meiner Schwester und segnet mir
dann zusammen die liebste Dini, dass sie mich nicht vergessen hat.
Josef
Dini,
das erste Mal sah ich dich am 8. September, ich glaube des Jahres 2013,
auf Marcos 45. Geburtstag. Ich hatte gerade einen Rosenkranz für den
Frieden in Syrien gebetet, da kamst du mit deiner Mutter. Nach dem Fest
schrieb ich Marco: Das junge Mädchen hat mir gut gefallen. Marco schrieb
mir zurück: Mach dir keine Hoffnungen. Auch er versteht mich nicht, wie
keiner meine Art zu lieben versteht. Ich will mir ja gar keine Hoffnungen
machen, ich will nur jemand liebhaben auf Erden.
Josef
Adama ist der Stern der Ungeborenen. Meine himmlische Muse, die
Tochter Zion, entrückte mich weit nach Mitternacht zum Stern der
Ungeborenen. Da sah ich die Versammlung der Myriaden Engel um ein
ungeborenes Kind versammelt, ich sah die selige Dina als Patin, und den
heiligen Evangelisten Johannes als Paten. Da kam der Geist des heiligen
Johannes Paul des Zweiten, des Schutzpatrons der Familien. Und er sprach
zu dem ungeborenen Kind: Tochter Gottes, ich taufe dich im Namen des
Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes auf den Namen Meike.
Bereite dich vor, zur Erde zu schweben. Dann erlosch die Vision wieder.
Josef
Kindchen,
am 31. Dezember kommt Papst Sylvester - ohne Dineke, am 1. Januar
kommt die Gottesmutter - ohne Dineke, am 2. Januar kommt Gregor von
Nazianz - ohne Dineke, am 3. Januar kommt Genoveva von Paris - ohne
Dineke, am 4. Januar kommt Angela von Foligno - ohne Dineke, am 5.
Januar kommt Emilie - ohne Dineke, am 6. Januar kommen die Heiligen
Drei Könige - ohne Dineke, da ist russische Weihnacht, und am 7. Januar
kommt Dineke!
J.
Dineke,
ich fühl mich wie neugeboren und du bist die jungfräuliche Mutter dieser
Neugeburt!
Josef
Dineke,
ich habe heute eine alte Zigeunerin die Karten legen lassen fürs Neue Jahr:
1. Dineke wird bald heiraten (Hochzeit) und ein Kind (Kind) bekommen.
2. Josef wird bald sterben (Tod) und im Himmel Hochzeit feiern
(Hochzeit). So bekommt jeder, was er sich wünscht.
Josef
Liebe Dineke!
Liebes Mädchen, du unsterbliche Seele, du Meisterwerk des Schöpfers!
Wunderbar hat Gott dich gemacht! Über dir seh ich den Himmel offen und
von dir geht eine goldene Straße des Lichts in den offenen Himmel bis zur
Herrlichkeit des Herrn! Ich kröne dich jetzt in dem Augenblick zwischen
dem alten und neuen Jahr als Prinzessin Christi, die das goldene
Wohlgefallen hat!
Josef
In tiefer Nacht:
Josef
Liebste Dini!
Ich lese gerade den Kirchenvater Gregor von Nazianz aus dem vierten
Jahrhundert, der erinnerte mich daran, dass es in der Bibel nicht nur
Johannes gibt, sondern auch wortwörtlich einen Jannes, der war ein
Zauberer an dem Hof des Pharao. - Und du bist auch eine Zauberin und
zauberst Licht in meine umnachtete Seele.
Josef
Dini,
aus einem Gedicht von mir hier zwei Verse:
J.
Lieber Genius!
Wenn wir im Sommer auch so eine ewige Pause machen wie im Winter,
dann geh doch bitte mal mit mir Essen. Ich weiß gar nicht, ob es dich
wirklich gibt oder ob ich dich mir ausgedacht habe.
Josef
Lieber Engel,
eben las ich in einem Buch, wie ein Engel mit goldenen Locken zu
Seherkindern sagte: "Macht euch keine Sorgen, ihr werdet mich
wiedersehen!"
J.
Dineke,
heute hat mich mein Traum ausgelacht: Wie albern ist es, in diesen
postmodernen Zeiten ein Ritter zu sein!
Und du bist meine Dame, ich stehe unter deinem Balkon und sing dir ein
Lied.
Josef
Liebe Dineke,
eben las ich in der Bibel: "die von Ava machten sich Nibhas und Tartak",
das heißt, Nibhas und Tartak sind die Götter von Ava. Ich studierte alte
Bücher, fand aber nur wenig über Avas Götter. Nibhas ist wohl derselbe
wie der babylonische Gott Nebo, dessen Name bedeutet: Der Prophet.
Nebo war wohl ein berühmter babylonischer Magier, den die Babylonier
nach seinem Tod zum Gott erklärten. Tartak ist schon schwieriger zu
identifizieren. Er wird mit dem ägyptischen Gott Tophon gleichgesetzt.
Über den fand ich aber auch nichts. Stattdessen fand ich den griechischen
Giganten Typhon, der mit dem ägyptischen Gott Seth gleichgesetzt wird,
dem Gott des Sturmes, der Wüste und des Südens. Nun, so vertreib ich mir
die Zeit bis zu unserm Wiedersehen. Mögen Avas Götter uns gnädig sein.
Josef
In Sehnsucht -
Josef
Dini,
ich weiß nicht, ob du mich verstehst, aber die Freundschaft mit dir und
besonders unser gemeinsames Weihnachtsfest war ein offener Himmel für
mich, und du warst gewissermaßen mein weiblicher Christus, der in mir
geboren wurde. Nun bin ich aber in absoluter Finsternis und werde von
einem Engel Satans verprügelt. Da hoff ich, ist es menschlich verständlich,
dass ich mich danach sehne, dein Licht wieder zu sehen. Oder verwechsle
ich das Abbild Dini mit dem Urbild Gott? Aber in dir erkenn ich Gottes
Gnade und Herrlichkeit. Danke. Ich muss nur Geduld lernen, bis Gott
wieder sein Antlitz über mir leuchten lässt.
J.
Nachdem ich drei Wochen nur Nacht um mich und in mir gesehen hatte,
hab ich nun wieder Licht gesehen, das weiße Licht deines Heiligenscheins.
Das hat mir neue Kraft gegeben. Danke dafür!
Liebe Dini,
Herzlichen Glückwunsch, mein Stern von Bethlehem, ich habe dich heute
der Heiligen Familie von Nazareth geweiht. Jesus segne dich! Schön, dass
es dich gibt! Sei glücklich!
Dein
Josef
Dineke,
dein Name heißt ja: die Richterin. Aber Jesus ist nicht unser Richter,
sondern unser Retter. Darum nenn ich dich: Retterin! Denn wenn der Satan
mich zum Selbstmord versuchen will, dann rettet mich ein Gruß von dir.
Du hast eine zärtliche Seele, meine Retterin!
Josef
Dineke,
der Name kommt von hebräisch din - das heißt Recht oder Urteil. So heißt
Dinah nicht nur die Richterin, sondern auch die Gerechte. Die zwölf Söhne
von Jakob-Israel stehen in der Astrologie für die zwölf Sternzeichen. Aber
Simeon und Levi stehen zusammen für das Sternzeichen der Zwillinge.
Dinah steht darum für das Sternzeichen der Jungfrau. Dinah ist also die
Jungfrau. Das Sternzeichen der Jungfrau ist benannt nach Asträa, der
griechischen Göttin der Gerechtigkeit und des Goldenen Zeitalters. Deren
Fest war am 15. August. An diesem Fest ist nun das Fest von Marias
Himmelfahrt. Das ist also das Fest der Asträa, der Jungfrau Maria und der
himmlischen Dinah. Dineke ist nun die niederdeutsche Koseform von
Dinah, so wie die Italiener aus Madonna die Koseform Madonnina
machten. Das Sternbild der Jungfrau ist also von nun an das Dinekische
Sternbild.
J.
Die hebräische Göttin Dineke oder die Richterin Gerechtigkeit, wird mit
einer Waage in der einen Hand dargestellt, darauf werden die guten und
bösen Werke der Menschen am Jüngsten Tag des Weltgerichts gewogen. In
der anderen Hand hält die Göttin Dineke eine Ähre und eine Weintraube
als Symbol des Abendmahls.
Und Ava sagt: Ich hab dich lieb, Mama! Du bist so zärtlich zu mir! Du hast
eine schöne Seele und ein reines Herz! Ich bin so gern in deiner weißen
Wohnung, du gibst mir Geborgenheit. Danke für alles, meine liebe Herrin
und Frau, und auch für Speis und Trank. Ich möchte ewig so auf deinem
Schoße liegen und von dir liebkost werden! Du bist mein kleiner Gott auf
Erden, des lieben Gottes schönstes Ebenbild. Ich will dir immer Freude
machen! Ich liebe dich mit meiner ganzen animalischen Seele! Ich schaue
auf zu dir und verehre dich als meine allergnädigste Herrin! Ich will immer
sein dein geliebter Schoßhund.
Deine
Ava
Dini,
die blonde Jungfrau stand auf ihrem weißen Thron, im weißen Kleid, mit
strahlender Ausstrahlung und lächelte auf uns herab, und wir Christen
schauten voll Bewunderung zu ihr auf. Wir sind zu deinen Füßen,
strahlende Jungfrau!
Josef
Buch I
Buch II
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Unsere Liebe Frau
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DIANA
Hero traf sich oft mit den Friedensfreunden, die kämpfen wollten zur
Abwehr des Dritten Weltkriegs. Was war die Ursache für all die
Aggressivität in der Welt? War es die Geldgier, wie die Kommunisten
glaubten? War es die Vorherrschaft des Mannes, wie die Feministinnen
glaubten? War es die Ideologie des Bösen, wie die Christen glaubten? Hero
liebte den Frieden. Er wünschte sich Frieden und Gerechtigkeit für alle
Völker. Sein Herz schlug besonders für die Armen, für die unterdrückten
und ausgebeuteten Völker.
Ihm schienen die Frauen das bessere Geschlecht, sie schienen ihm ein
sanftmütiges und demütiges Herz wie der Nazarener zu haben. Sie waren
nicht nur das schöne Geschlecht, sondern auch das friedliche, harmonische
Geschlecht. Frauen schienen ihm heilige Wesen zu sein, göttlichen
Ursprungs. Von der Befreiung der Frau erwartete Hero eine gerechte und
friedliche Welt. Frauen kämpften für die Freiheit, aber nicht mit den
Waffen der Gewalt, sondern mit den Waffen der Spiritualität, der Weisheit
und der Kunst.
Eines Abends besuchte Hero eine Theateraufführung im Gymnasium. Es
wurde die Lysistrata des Aristophanes gegeben. Ja, schon die alten
Griechen wussten, dass der Krieg der Vater aller Dinge war und dass die
Verweigerung der Frauen, dem Krieg der Väter zu dienen, den Frieden
herbeiführen muss. Die Frauen wollten nicht mehr Sexsklavinnen und
Putzmägde kriegführender Väter sein, sondern sie wollten in der
Vereinigung der Schwestern den Frieden etablieren. Schwesterlichkeit,
Frieden und Gerechtigkeit! Das war die Parole dieser sanften, keuschen
Revolution dieser neuen Athenerinnen.
Nach dem Theaterstück ging Hero in die Schenke der Gymnasiasten. Der
Raum war dunkel, erfüllt vom blauen Rauch der Zigaretten. Musik
erklang: Halb zog sie ihn, halb sank er hin und ward nicht mehr gesehn…
Da sah Hero im Dunkel ein Paar Augen, große Augen voller Licht
schauten ihn an. Er verliebte sich in die Augen auf den ersten Blick. Es saß
eine junge Frau allein an einem Tisch. Hero trat zu ihr und grüßte sie. Ihr
Name war Diana. Er erzählte ihr von Lysistrata. Sie sprachen über den
Frieden. Sie hatte grüne Augen, schulterlange dunkelblonde Locken, einen
feinen schmalen Mund, ein schlankes Gesicht, eine wohlgeformte Nase,
sie war klein von Gestalt, schlank, und phantasievoll gekleidet. Sie hatte
am ersten Abend sein Herz erobert, ohne es zu wollen.
Zu jener Zeit las Hero Novalis, Heinrich von Ofterdingen. Novalis war
sein erster Dichter gewesen. Wenn die, so singen oder küssen, mehr als die
Tiefgelehrten wissen… Das war sein erstes Gedicht gewesen. Nun las er
also von der blauen Blume. Diana war ihm die blaue Blume. Er verliebte
sich in ihren Namen. Er war immer Namens-abergläubisch gewesen. Der
Name war ihm nicht nur Schall und Rauch, sondern bezeichnete ihm das
Wesen des Menschen. Er dachte nur noch an Diana und sang ihren Namen
zu bekannten Melodien. Im Innern seiner Seele leuchteten die Monde ihrer
Augen.
Er traf sie erneut in der Gymnasiasten-Schenke. Hero sagte: „Diana, wer
geliebt wird, ist nicht frei. Ich brauche dich.“ Sie sagte: „Ich will nicht
gebraucht werden, ich will frei sein.“
Hero und Diana trafen sich in Dianas Wohnung. Sie wollten aktiv werden
gegen die Umweltzerstörung. Die industriellen Abgase zerstörten die
Ozon-Schicht der Atmosphäre. Manipulationen an dem Gen-Material der
Kreaturen schien unberechenbare Folgen für das Öko-System zu haben.
Hero sah in Dianas Wohnung, dass sie gerne und gut malte. Vor ihm lag
ein Bild in Violett und gelb. Das waren für ihn fortan ihre Farben. Sie hatte
eine Zeitschrift namens Pierrot auf ihrem Schreibtisch liegen. Nun war in
ihm der Mythos von Pierrot, Harlekin und Colombine geboren. Diana war
fortan seine heimliche Colombine. Sie schrieben zusammen eine
Flugschrift gegen die Umweltzerstörung. Diana wählte ein Zitat aus der
Johannes-Apokalypse, in dem die Rede war von einem Engel, der eine
löchrige Schale hielt, von der der Zorn Gottes strömte. Noch ein Mythos
war geboren: Diana war für ihn die Frau der Apokalypse. Sie lebten in dem
Gefühl, in einer apokalyptischen Endzeit zu leben. Die Lehrer vom
Gymnasium, die Maoisten waren, nannten das „pfäffischen Unsinn“. Aber
für Hero war Diana eine apokalyptische Königin, die auf einem weißen
Pferd durch den Himmel ritt und genannt ward: Königin des Friedens!
Diana war Künstlerin, sie modellierte Masken, groteske Masken, ähnlich
der Maske der Medusa. Mit diesen Masken zogen Diana und Hero über
den Markt der Stadt und verteilten ihre Flugblätter. Kleine Kinder schrien
auf vor Angst.
Nach dem grotesken Umzug saßen Diana und Hero auf dem grünen Hügel
neben der Kirche. Hier war einst der heilige Hain der friesischen Druiden
gewesen. Nun stand hier die Kirche. In der Nähe war der Schwanensee.
Aus der Bewegung der heiligen Schwäne hatten die Barden die Zukunft
prophezeit. Auch der heilige Ludger war in steter Begleitung eines heiligen
Schwanes. Diana war auch eine Muse der nordischen Mythologie, eine
Freyja aus Folkwang, eine Walkyre aus Walhalla, eine himmlische
Schwanenjungfrau. Hero las Diana aus dem Buch vor, das er bei sich hatte.
Es war Eichendorfs Leben eines Taugenichts. Und wenn Diana die ewige
Colombine geworden war, so war Hero zum ewigen Taugenichts
geworden. Italien! Diana war die keusche Madonna von Italien!
Da fiel Hero ein Bild in die Hände. Es war von Picasso, aus dessen rosa
Periode, und heiß: Harlekin und seine Gefährtin. In Harlekin erkannte er
sich selbst, melancholisch, nachdenklich, in die Ferne schauend. In der
Gefährtin oder Colombine erkannte er Diana, melancholisch, verträumt,
tiefsinnig. Sie saßen zwar nebeneinander, die Köpfe auf die Hände
gestützt, schauten einander aber nicht an, sondern schauten in
entgegengesetzte Himmelsrichtungen.
Überhaupt wurde Hero immer mehr zum Harlekin, zum Clown, zum
Zigeuner, zum fahrenden Sänger. Er wollte poetisch leben. Er wollte mit
Diana in einem Wohnwagen durch Europa fahren. Er würde mit
akustischer Gitarre und Mundharmonika eine Blues-Oper aufführen. Sie
könnte auf den Marktplätzen Bilder auf die Steine malen, Marionetten und
Masken auftreten lassen und Querflöte spielen. Sie würden von Almosen
leben, das Leben der Boheme leben und durch Europa ziehen, immer der
Sonne nach.
Aber zuerst fuhren sie ins Frankenland, zu einem kommunistischen
Kultur-Festival. Sie lasen zusammen in Lese-Zirkeln. Zum einen lasen sie
Peter Weiss, die Ästhetik des Widerstandes. Hero hatte viel von Peter
Weiss gelesen. Unvergesslich blieb ihm die Schilderung des Khmer-
Tempels in Kambodscha. Dann lassen sie Christa Wolf, Kassandra. Hero
kannte Homer noch nicht. Aber er wusste, dass Kassandra eine Prophetin
war, die den Untergang Trojas vorhergesagt hatte, der aber keiner Glauben
geschenkt hatte. War nicht die Menschheit vom Dritten Weltkrieg bedroht?
Und gab nicht Kassandra ihre prophetischen Botschaften? Aber wer hörte
schon auf die Prophetin?
Hero und Diana trafen sich in einem weißen Turmzimmer der Burg. Sie
modellierten dort Puppen und Masken. Wie Heiden machten sie sich ihre
eigenen Götzen. Hero machte zuerst eine Fruchtbarkeitsgöttin mit großen
Brüsten und breitem Becken. Sie war rot. Dann nachte er eine
Totenmasken. Sie war weiß und rot. Die Augenhöhlen und die Mundhöhle
waren normal, aber die Nase war hervorragend groß. In die Nase hatte ja
Gott dem Adam die lebendige Seele geblasen, und aus der Nase war der
Lebensatem in der Todesstunde entwichen. Diana machte einen grünen
Drachen. Sie nannte sie die Drachenmutter der Weisheit. In die
Augenhöhlen hatte sie Spiegel eingesetzt. Die Augen sind ja die Spiegel
der Seele. Jenseits des Spiegels ist das Fabelland der sprechenden Tiere. In
dem Spiegel erscheint der Seherin der Gast aus der Zukunft. Frauen und
Spiegel! Und die Augenspiegel der goldenen Drachenmutter der Weisheit
sagten auch: Erkenne dich selbst!
Eines Nachts lag Diana im Hochbett im Gemeinschaftsraum. Hero war
wach, er konnte vor Liebe nicht schlafen. Er sah die beiden von Diana
hergestellten Marionetten an ihrem Bett hängen, eine männliche und eine
weibliche Marionette, Harlekin und Colombine. Hero setzte sich allein in
den Aufenthaltsraum und las die Gedichte von Alexander Blok an die
Schöne Dame. Die Schöne Dame war Russlands Venus, leidenschaftslos
und rein, sie war die Madonna der Altäre, sie war die Hagia Sophia der
Mystiker, das Ewigweibliche Goethes, die Blaue Blume des Novalis.
Diana war die Schöne Dame, sie war die Madonna seiner Seele. Er nannte
sie Sendbotin vom Stern der Phantasie. Die ganze Nacht dachte er voller
Liebesschwärmerei an die Schöne Dame.
Als die Morgenröte heraufzog, trat Hero in den Burghof und trat zum
Rosenbeet. Er pflückte eine Rose und ging zu Dianas Bett. Sie war schon
aufgestanden und zum Frühstück gegangen. Er legte die rote Rose auf ihr
weißes Bett und ging dann auch zum Frühstück. Als er danach wieder in
den Schlafsaal trat, sah er, dass Diana die Blütenblätter im Raum verteilt
hatte. Als wollte sie sagen: Schenk nicht mir deine Liebe, sondern allen
Menschen! Besonders fiel ihm auf, dass ein Rosenblütenblatt in seinem
Buche mit frühen Gedichten Rilkes lag bei den Liedern der Mädchen an
Maria.
Da schrieb Hero ein Gedicht:
AN DIE FLÖTENSPIELERIN
Eines folgenden Tages trat Hero in den Baderaum. Da stand dort Diana –
sie stand nackt vor ihm! Schnell verhüllte sie sich mit einem rosenroten
Badetuch. Aber Aktäon hatte die jungfräuliche Göttin nackt im Bade
gesehen! Nun wird sie ihn in einen Hirsch verwandeln, und ihre Hunde
werden ihn zerreißen!
Dann reiste Diana überraschend ab, sie fuhr mit einem andern Mann weiter
südlich. Teilnahmslos verbrachte Hero noch einige Tage auf dem Kultur-
Festival und fuhr dann zurück an die Nordseeküste.
Hero sah Dürers Bild Melencolia. Eine Dame sitzt inmitten von Symbolen
der Wissenschaft und denkt nach oder träumt. Hero analysierte nicht die
ganze Symbolik des Bildes und die neuplatonische Theorie der
Melancholie, sondern er sah nur die Augen, nur die Augen der Dame
Melancholie, es waren Dianas Augen. Diese Dame Melancholie, war das
Diana? Oder war das Heros Seele? Oder war Diana Heros Seele? O diese
tiefen Augen, schwermütig, mondsüchtig, feucht von Tränen, voll der
Milch des Trostes, dunkel wie die Nacht der Seele, träumerisch, voll der
Seele größer als das Universum, mütterlich, göttlich-weiblich!
Er fuhr mit dem Fahrrad an den Deich der Nordsee, aber setzte sich nicht
ans Meer, sondern legte sich diesseits des Deiches auf eine leere
Kuhweide, lag zwischen Huflattich und Champignons und las einen Rilke-
Brevier, las, was Rilke über die Liebe schrieb: Geliebte, lass uns wie
Türme sein, Wächter unserer Einsamkeit. Diana war im Süden, Hero war
im Norden, und das war gut so, denn so spannte die Sehnsucht sich ins
Unendliche, so verklärte sich die Geliebte zum Ideal. Er suchte keine
Nähe, kein Zusammenleben in der Prosa des Alltags, er wollte aus der
Ferne eine über ihm thronende Himmelsgöttin anbeten. Da schrieb er für
Diana seine ersten sieben Sonette, noch unbeholfen, aber voll vom Ideal
der Geliebten. Er hatte ihr Eine rote Rose seiner Liebe geschenkt und sie
hatte diese als unzählige Blütenblätter der Menschheit geschenkt: Diesen
Kuss der ganzen Welt!
Es war im Herbst 1989. Im kommunistischen Ostdeutschland fand die
friedliche Revolution statt. Der Kommunismus wurde aufgelöst und
Deutschland war wieder ein einig Vaterland. Von alldem bekam Hero
herzlich wenig mit, er war versunken in Hölderlins Hyperion. Diotima, ja,
die war seiner Diana ähnlich. Nach diesem Madonnenkopfe will ich mein
Ideal bilden! Sie war die platonische Idee der Schönheit, die makellose
Jungfrau, die lichte Himmelskönigin in göttlicher Herrlichkeit! Noch
kannte Hero nicht die Diotima des platonischen Symposium über den
Eros, aber diese Diotima des Sehers Hölderlin vermischte sich in seiner
Seele mit seinen trunknen Visionen von Diana. Fortan, wenn er den
Namen Diotima hörte oder las oder schrieb, war der Name das
Losungswort, das seine erste Liebe bezeichnete.
Hero hatte ein Zimmer bei einer Frau bezogen und las gerade ein Buch
über das Matriarchat im minoischen Kreta, als Diana bei ihm eintrat. Sie
war schön gekleidet, aber vor allem sah Hero einen goldenen Lichtglanz
sie ganz umfließen. War das ihre esoterische Aura oder ihr Astralleib?
Oder war das ihre Mandorla und ihr Heiligenschein aus dem Stoff der
Quintessenz? Oder hatte sich die Wolke der Herrlichkeit des Herrn auf ihr
niedergelassen? All das fragte sich Hero nicht, er sah nur, er schaute, und
was er schaute, war Diana in einem göttlichen Nimbus. Da kniete er vor
ihr nieder und bat sie, ihn zu segnen. Sie lächelte und legte ihre Hände auf
sein Haupt. Dann sagte sie: Ich schaue Visionen! Ich muss nun gehen und
meine Visionen malen. Und damit ging sie. Hero hörte Schuberts
Winterreise, das war die Stimmung, die ihm entsprach. Einige Tage später
schrieb er einen Sonettzyklus und nannte ihn: Der Ritter von der traurigen
Gestalt. Ein Vers hieß: Ihr alle verwechselt die Liebe mit dem Leibe! Und
ein anderer Vers hieß: Ich aber weine Tränen aus rotem Schnee.
Was für ein unaussprechlich beseligendes Ereignis war es, als Hero nun
zum ersten Mal Klopstock las, Klopstocks Oden an Fanny! So liebt ein
Seraph seine Seraphina! Himmlische Liebe! So lieben sich Petrarca und
Laura im ewigen Leben! So führt Gott die Liebenden im Himmel
zusammen und beseligt den Dichter, dem auf Erden Gegenliebe versagt
blieb vom unerbittlichen Schicksal. Und dann las Hero zum ersten Mal
Goethes Westöstlichen Diwan, es war ein wunderschön gebundenes Buch
in einem weinroten Einband. Hero war trunken von Liebe, er war verzückt
und schwebte zwischen Himmel und Erde! Diana war ihm Diotima, Fanny
und Suleika in Einer Person.
An einem Vorfrühlingsabend ging Hero zu Diana. Sie hatte ein kleines
Zimmer im Haus eines katholischen Pfadfinders. Er klingelte an der Tür.
Sie öffnete und sagte: Ich habe dich schon am Klingeln erkannt, denn du
klingelst im Walzertakt. Sie tranken Tee zusammen. Diana sagte: Ich habe
das Tao-Te-King von Lao Tse zu lesen begonnen, das du mir geschenkt
hast. Ein seltsames, merkwürdiges Buch. Ich schenke dir dafür Hermann
Hesses Siddharta. Sie kündigte ihm an, dass sie fortziehen werde. Sie
wollte nach Florenz, sie wollte ins Paradies, sagt sie. Hero aber fuhr zu
Ostern nach Prag. Er sah sie nie wieder. Doch, er sah sie wieder, verklärt,
im Traum.
Traum: Hero stieg eine Wendeltreppe hinan, er hoffte, auf eine Lavendel-
Wiese zu kommen, aber er zwängte sich durch das Loch einer Luke und
stand vor drei älteren Männern, die hinter einem langen Tisch saßen, alle
drei mit langen schwarzen Haaren und vollen schwarzen Bärten. Das
waren seine Richter. Sie sprachen ihn frei. Da kam er in einen Raum, der
voll von Tüchern oder Schleiern war, die in verschiedenen hellen bunten
Farben von der Decke hingen. Tücher leitete er von Tyche ab. Der Raum
hatte keine Fenster und keine Türen, er suchte nach einem Ausgang, da
fand er auf dem Boden das Muster eines Quadrats, halb schwarz und halb
weiß. Er dachte an die Dialektik und trat auf die schwarze Fläche, um die
weiße Fläche zu öffnen. Die tat sich auf und Hero versank in der Öffnung.
Da war er in einer Art Tunnel oder Schlauch, gebildet aus bunten Stoffen,
und in dem Schlauch glitt er sacht abwärts. Da landete er in einem
hellgrünen Apfelgarten. In dem Garten stand eine Schaukel. Er setzte sich
auf die Schaukel und schaukelte. Neben ihm stand die schöne Dame, die
weiße Frau, die himmlische Muse, und sie las ihm aus alten Pergamenten
harmonisch-schöne Gesänge vor. Die Muse trug ein langes weißes
Seidenkleid und hatte lange goldene Locken. Ihr Antlitz war ein schlankes
Oval, sie lächelte sehr freundlich und war in allem ein Ideal der Schönheit.
Traum: Hero stand in einem Haus, ebenerdig, in einem Gang, vor der
verschlossenen Tür zu einem Zimmer. Er hatte nur einen Schuh an, denn
den anderen Schuh hatte er in dem verschlossenen Zimmer
zurückgelassen. In dem Zimmer aber war die Hölle, dort tobten Ratten,
dort saßen fast zum Skelett abgemagerte Drogensüchtige, die sich mit
einem tödlichen goldenen Schuss einer Überdosis Heroin selbst
ermordeten. Hero brauchte aber seinen zweiten Schuh. Der Gang, auf dem
er stand, führte zu einer steilen dunkelbraunen Holztrreppe, die in die
Höhe führte. Am oberen Ende der Treppe erschien ihm Diana. Sie war in
ein Kleid gekleidet mit dem Muster farbenprächtiger Frühlingsblumen. Sie
flog geradezu die Treppe hinab bis fast in Heros Arme. Ihr Mund war
fruchtig rot und sinnlich schön und kusslich. Da sagte sie: Ich heiße Maria.
Und sie holte Heros verlorenen Schuh aus der Rattenhölle, ohne dass sie
die Tür öffnete. Dann verschwand sie wieder.
Traum: Hero hatte Dianas Spur verloren und suchte sie. Er irrte durch
einen Wald und kam plötzlich in ein hübsches Zwergenstädtchen, ein
mittelalterlich-romantisches Städtchen mit engen Gasse und sehr
reinlichen und farbenfrohen Fachwerkhäuschen. Da stand er vor Dianas
Haus. Sie öffnete die Tür, neben ihr stand ein großer Schäferhund. Hero
hatte Angst vor dem Hund, aber Diana gebot dem Hund, still und brav zu
sein. Dann führte Diana den Hero die Treppe hinauf in ein großes Zimmer.
Das Zimmer war ein Kubus aus Glas, Spiegeln und Kristallen. In der Mitte
stand ein Bäumchen, eine Benjamin-Pflanze. Diana stand auf der einen
Seite des grünen Baumes und Hero auf der anderen, und sie sahen sich
durch die Blätter hindurch an. Hero erschien es, als sei er im Himmlischen
Jerusalem beim Lebensbaum.
DIANAS LIED
JESUS IM KORAN
Jesus nach dem Koran ein Prophet und ein Gesandter Gottes. Die 2. Sure
legt den Moslems ein Bekenntnis in den Mund, das folgendermaßen lautet:
"Sagt: Wir glauben an Gott und an das, was als Offenbarung zu uns und
was zu Abraham, Ismael, Isaak, Jakob und den Stämmen Israels
herabgesandt worden ist und was Mose und Jesus und die Propheten von
ihrem Herrn erhalten haben, ohne daß wir bei einem von ihnen den
anderen gegenüber einen Unterschied machen." (Sure 2, 136)
Was ist der Unterschied zwischen Jesus und den Propheten. Gott sprach
„durch“ die Propheten, aber „im Sohn“. Die Propheten verkünden den
Messias, Jesus ist der Messias. Die Propheten verkünden die Botschaft,
Jesus selbst ist die Botschaft. Jesus verkündet nicht eine Lehre, er selbst ist
die Botschaft. Wir glauben nicht an Lehren, sondern an die Person Jesu.
Ist Jesus für euch ein Prophet? Oder ein Lehrer? Ein Religionsstifter? Oder
was ist er mehr?
In der dritten und neunzehnten Sure wird ausführlich über die Geburt Jesu
berichtet. Das Kind Jesus spricht bereits in der Wiege: "Ich bin der Diener
Gottes. Er hat mir die Schrift gegeben und mich zu seinem Propheten
gemacht. Und er hat mir das Gebet und die Almosen zu geben befohlen,
solange ich lebe." (Sure 19, 30)
Zu einem richtigen Propheten im islamischen Sinne gehört, daß ihm von
Gott ein Buch geoffenbart wird. Nach islamischer Auffassung bekam Jesus
das Buch des Evangeliums so wie Mose die Thora, das Gesetz, und wie
schließlich und endgültig Mohammed den Koran erhielt.
Die Muslime glauben an den Koran als das Wort Gottes. Wir Christen
glauben nicht an die Bibel, sondern an Jesus. Er ist das Wort Gottes. Die
Bibel erzählt uns von der Person Jesu. Das Christentum ist keine
Buchreligion, sondern eine Liebesgeschichte zwischen Jesus und unsern
Seelen. Der Koran ist angeblich von Gott diktiert worden und Mohammed
ist nur sein Sekretär, der aufgeschrieben hat. Die Bibel ist nicht von Gott
diktiert, sondern vom Heiligen Geist inspiriert, von unterschiedlichen
Menschen aufgeschrieben. Jeder Schriftsteller der Bibel hat seine eigene
Persönlichkeit, Frömmigkeit und Sprachstil eingebracht. Wie Jesus wahrer
Gott und wahrer Mensch ist, so ist die Bibel Gottes Wort und Wort der
Menschen.
Ist die Bibel für euch Gottes Wort? Ist es von Gott diktiert? Oder ist es
Wort von Menschen? Gibt es für euch Bücher, die der Bibel vergleichbar
sind? Lest ihr gerne in der Bibel? Täglich?
"Und damals als Jesus, der Sohn der Maria, sagte: Ihr Kinder Israel! Ich
bin von Gott zu euch gesandt..." (Sure 61, 6)
"Und er wird ihn die Schrift, die Weisheit, die Thora und das Evangelium
lehren. Und als Gesandter Gottes an die Kinder Israel..." (Sure 3, 48)
Nach islamischer Auffassung ist Jesus ein Prophet, der nur zu den
Israeliten gesandt war, wie Mohammed zu den Arabern gesandt war. Wir
Christen glauben, dass in Jesus Gott einen Liebesbund mit der ganzen
Menschheit geschossen hat. Jesus ist der König aller Völker. Jesus ist der
König von Israel, der König von Arabien, der König von Deutschland.
Ist für euch Jesus der Gott aller Völker? Ist er die einzige Wahrheit? Gibt
es andere Wege zu Gott? Was denkt ihr über andere Religionen, sind sie
auch ein Weg zu Gott?
Moslems leiten das arabische Wort "Masih" (Messias) von dem Wort
"saha" ab. So ist Jesus betitelt als der "Führer der Reisenden". Also die
ganze heilsgeschichtliche Bedeutung, die dem Titel Messias in der Bibel
eigen ist, wird vom Koran nicht übernommen.
In der Bibel heißt hebräisch Messias oder griechisch Christus der Gesalbte,
das heißt, der vom Heiligen Geist gesalbte König und Prophet und
Hohepriester, das ist der Menschheitserlöser Jesus.
Was heißt für euch Messias oder Christus? Was heißt es für euch, dass
Jesus Retter genannt wird? Wovor rettet er denn? Was bedeutet euch das
Wort Erlöser? Was heißt Erlösung?
5
Es werden von Jesus Dinge gesagt, die bei keinem Propheten - nicht
einmal bei Mohammed - eine Parallele haben.
"Und gedenke in der Schrift der Maria! Damals, als sie sich von ihren
Angehörigen an einen östlichen Ort zurückzog, da nahm sie sich einen
Vorhang, um sich vor ihnen zu verbergen. Und wir sandten unseren Geist
zu ihr. Der stellte sich ihr dar als ein wohlgestalteter Mensch. Sie sagte:
Ich suche beim Erbarmer Zuflucht vor dir. Weiche von mir, wenn du
gottesfürchtig bist! Er sagte: Du brauchst keine Angst vor mir zu haben.
Ich bin doch der Gesandte deines Herrn. Ich bin von ihm zu dir geschickt,
um dir einen reinen Knaben zu schenken. Sie sagte: Wie sollte ich einen
Jungen bekommen, wo mich kein Mann berührt hat und ich keine Hure
bin? Er sagte: So ist es, wie dir verkündet wurde. Dein Herr sagt: Es fällt
mir leicht, dies zu bewerkstelligen. Und wir schenken ihn dir, damit wir
ihn zu einem Zeichen für die Menschen machen und weil wir den
Menschen Barmherzigkeit erweisen wollen. Es ist eine beschlossene
Sache. Da war sie nun schwanger mit ihm, dem Jesusknaben. Und sie zog
sich mit ihm an einen fernen Ort zurück. Und die Wehen veranlaßten sie,
zum Stamm der Palme zu gehen. Sie sagte: Wäre ich doch vorher
gestorben und ganz in Vergessenheit geraten! Da rief er ihr von unten her
zu: Sei nicht traurig! Dein Herr hat unter dir ein Rinnsal voll Wasser
gemacht. Und schüttle den Stamm der Palme, indem du ihn an dich ziehst!
Dann läßt sie saftige, frische Datteln auf dich herunterfallen. Und iß und
trink und sei frohen Mutes! Und wenn du irgend einen von den Menschen
siehst, dann sag: Ich habe dem Barmherzigen ein Fasten gelobt. Darum
werde ich heute mit keinem menschlichen Wesen sprechen. Dann kam sie
mit ihm zu ihren Leuten, indem sie ihn auf dem Arm trug. Sie sagten:
Maria! Da hast du etwas Unerhörtes begangen. Schwester Aarons! Dein
Vater war doch kein schlechter Kerl und deine Mutter keine Hure. Da wies
sie auf ihn. Sie sagten: Wie sollen wir mit einem sprechen, der als kleiner
Knabe noch in der Wiege liegt? Er, der Jesusknabe, sagte: Ich bin der
Diener Gottes. Er hat mir die Schrift gegeben und mich zu einem
Propheten gemacht. Und er hat gemacht, daß mir, wo immer ich bin, die
Gabe des Segens verliehen ist und mir das Gebet zu verrichten und
Almosen zu geben befohlen, solange ich lebe, und daß ich gegen meine
Mutter pietätvoll sein soll. Und er hat mich nicht gewalttätig und unselig
gemacht. Heil sei über mir am Tag, da ich geboren wurde, am Tag, da ich
sterbe, und am Tag, da ich wieder zum Leben auferweckt werde!"
Im Christentum ist der Engel Gabriel nur der Bote, der der Jungfrau Maria
ankündigt, der Sohn Gottes wolle von ihr geboren werden. Der Heilige
Geist kommt über Maria und schafft den Menschen Jesus, der von Anfang
der Zeugung an wahrer Mensch und wahrer Gott ist, darum heißt die
Mutter Jesu auch Gottesgebärerin. Die Muslime verwechseln den Engel
Gabriel mit dem Heiligen Geist. Sie glauben, dass Maria als Jungfrau
geboren hat, dass sie die Mutter des Menschen Jesus ist, aber nicht, dass
sie Gottesgebärerin ist, denn sie glauben nicht an die Gottheit Jesu. Aber
dies ist das christliche Glaubensbekenntnis in Kurzform: Jesus ist Gott!
Glaubt ihr, dass Maria Jesus jungfräulich geboren hat? Hat sie einen
bloßen Menschen geboren? Ist das Baby im Bauch Mariens Gott? Was
denkt ihr über das Jesuskind? Warum ist Gott Mensch geworfden?
Sure 2, 253: "Und Jesus, dem Sohn der Maria, haben wir die klaren
Beweise gegeben und ihn mit dem heiligen Geist gestärkt."
In Sure 5, 110 redet Gott Jesus an: "Und damals als du mit meiner
Erlaubnis aus Lehm etwas schufst, was so aussah wie Vögel, und in sie
hineinbliesest, so daß sie mit meiner Erlaubnis schließlich wirkliche Vögel
waren, und als du mit meiner Erlaubnis Blinde und Aussätzige heiltest,
und als du mit meiner Erlaubnis Tote aus dem Grab wieder herauskommen
ließest."
In Sure 4, in der die Kreuzigung Jesu bestritten wird, werden die Juden
beschuldigt, sie hätten den Bund Gottes gebrochen, Gottes Gebote nicht
gehalten und die Propheten getötet. Anklagend heißt es dann weiter: "Und
weil sie ungläubig waren und gegen Maria eine gewaltige Verleumdung
vorbrachten, und weil sie sagten: Wir haben Christus Jesus, den Sohn der
Maria und Gesandten Gottes, getötet. - Aber sie haben ihn in Wirklichkeit
nicht getötet und auch nicht gekreuzigt. Vielmehr erschien ihnen ein
anderer, ähnlich, so daß sie ihn mit Jesus verwechselten und töteten. Und
diejenigen, die über ihn uneins sind, sind im Zweifel über ihn. Sie haben
kein Wissen über ihn, gehen vielmehr Vermutungen nach. Sie haben ihn
nicht mit Gewißheit getötet. Nein, Gott hat ihn zu sich in den Himmel
erhoben. Gott ist mächtig und weise." (Sure 4, 156-158)
Für uns Christen ist die Kreuzigung Jesu kein Zeichen der Schwäche
Gottes, sondern der Liebe Gottes. Die Strafe der Sünde ist der Tod. Jesus
hat alle unsere Sünden und unsern Tod auf sich genommen und hinweg
getragen. Stellvertretend für uns ist er gestorben, so dass wir ewig leben
können. Jesus sagt: Geliebte Seele, meine Braut, ich bin den Liebestod für
dich gestorben, so dass du leben kannst, ich bin für dich in die Hölle
hinabgestiegen, damit du im Himmel ewig leben kannst in paradiesischen
Freuden. So sehr liebe ich dich!
Ist die Kreuzigung Jesu eine Niederlage, ein Scheitern Jesu? Warum hat
ihn der Allmächtige nicht davor bewahrt? Warum ließ Jesus sich
kreuzigen? Was bedeutet für euch persönlich die Kreuzigung Jesu? Seht
ihr in Jesus am Kreuz die Liebe Gottes?
Sure 9, 30: "Die Juden sagen: Esra ist der Sohn Gottes. Und die Christen
sagen: Christus ist der Sohn Gottes. So etwas wagen sie offen
auszusprechen. Sie tun es mit dieser ihrer Aussage denen gleich, die früher
ungläubig waren. Diese gottverfluchten Leute!"
Der Moslem empfindet die Rede von einem Sohn Gottes als
Gotteslästerung. Warum, ist leicht zu verstehen.
Sure 6, 101: "Er ist der Schöpfer von Himmel und Erde. Wie soll er zu
Kindern kommen, wo er doch keine Gefährtin hatte, die sie ihm hätte zur
Welt bringen können."
Wie zeugt ein Mann einen Sohn? Der Mann vereinigt sich mit seiner Frau,
Penis und Scheide vereinigen sich, männliche Samenzelle und weibliches
Ei vereinigen sich, und so entsteht das Kind. Anders bei Gott. Die
Philosophen haben erkannt, dass es einen Gott und Schöpfer gibt. Jesus ist
vom Himmel gekommen und hat gesagt: Es ist Ein Gott, der in sich
dreipersonal ist, Vater und Sohn und Heiliger Geist. Der Vater ist der
Ursprung von allem, er bringt in Ewigkeit und immerdar in sich das Wort
hervor. Der Vater gibt sich ganz in dieses Wort, und dieses Wort gibt sich
ganz in den Vater, und diese wechselseitige Hingabe und Liebe ist der
Geist, und so ist Gott in sich kein einsamer Gott, sondern eine
Gemeinschaft der Liebe. Nur so kann Gott in sich Liebe sein. Das Ich des
Vaters liebt das Du des Sohnes, und beide sind vereinigt im Wir des
Heiligen Geistes. Der Liebende liebt den Geliebten, der Geliebte liebt den
Liebenden, und ihr Einssein ist die Liebe.
Was heißt für euch, dass Jesus der Sohn Gottes ist? Wie kann Gott Vater
sein ohne Frau an seiner Seite? Glaubt ihr an einen Gott oder an drei
Götter? Was bedeutet für euch, dass Gott dreifaltig ist? Ist Gott einsam?
VOM HIMMEL
Wir sind alle, alle Menschen, von Gott für das Glück erschaffen, für das
ewige Glück. Aber warum sind wir auf der Erde? Hier gibt es
Kopfschmerz, Berufsstress, körperliche und psychische Krankheiten,
Krieg und Terror. Wir sind auf der Erde, um Gott zu erkennen, Gott zu
lieben, Gott zu dienen und einst in der Ewigkeit mit Gott im Himmel
zusammen zu sein. Die Erde ist kein Schlaraffenland. Die Welt ist kein
Ponyhof. Hier auf der Erde gibt es den Kampf zwischen Gut und Böse.
Hier auf Erden ist die Zeit der Entscheidung: Für Gott oder gegen Gott,
und diese Entscheidung bestimmt unser Schicksal in der Ewigkeit. In den
Himmel will ich kommen, fest hab ichs mir vorgenommen, für den
Himmel ist mir nichts zuviel, mag es kosten was es will.
Was ist der Tod? Der Tod ist die Trennung von Leib und Seele. Wir
müssen alle sterben, die Jungen und die Alten, die Gesunden und die
Kranken, die Reichen und die Armen. Wann wir sterben, das weiß nur
Gott. Es kann noch heute sein! Bin ich bereit, noch heute vor meinen
Schöpfer zu treten? Der Tod ist also die Trennung von Leib und Seele.
Aber was ist eigentlich die Seele? Sokrates sagte, die Seele ist das
Lebensprinzip des Leibes. Die Seele macht, dass wir im Leib ein
lebendiger Mensch sind. Sokrates sagt auch, dass diese geistige Seele
unsterblich ist. Sie ist im Augenblick unserer Empfängnis von Gott
geschaffen worden. Es gibt keine vorherigen Leben. Platon dachte sich, die
Seele wäre vor der Empfängnis im Himmel gewesen und habe Gott
geschaut. Das ist nicht christlich. Die Asiatischen Religionen glauben, die
Seele war schon vor diesem Leben oftmals auf Erden verkörpert, als
Blume oder Tier oder Mensch. Das ist auch nicht christlich. Die Atheisten
glauben, es gäbe nur den sichtbaren Körper, keine unsichtbare Seele. Aber
die Bibel und die Philosophie sagen: Der Körper wird von der
unsichtbaren Seele belebt. Die Seele wird von Gott im Augenblick der
Empfängnis geschaffen. Im Tod trennt sich die Seele vom Leib. Der Leib
bleibt auf der Erde als toter Leichnam und zerfällt zu Staub oder Asche.
Die Seele ist unsterblich. Sie tritt vor Gott, ihren Schöpfer. Aber was ist
eine Seele ohne Leib? Augustinus sagt, die Seele ist dreifaltig, sie ist Wille
und Vernunft und Gedächtnis. Also unser Wille, unsere Vernunft und unser
Gedächtnis sind unsterblich. Papst Johannes Paul II. nannte die Seele: Das
Ich oder das Bewusstsein des Menschen. Unser Ich ist also unsterblich.
3
Wird die Seele, wenn sie den Leib verlassen hat, schlafen bis zum Jüngsten
Tag, der Auferstehung der Toten? Das ist nämlich die Lehre der Pietisten.
Die katholische Lehre ist, dass die unsterbliche Geistseele des Menschen
im Augenblick des Todes vor Christus ihren Richter tritt und von Ihm ihr
Urteil empfängt. Wenn die Seele gerettet ist, ist sie lebendig. Am Jüngsten
Tag, wenn Jesus in Herrlichkeit wiederkommt und das Weltgericht
stattfindet, werden die Leiber auferstehen. Bis zum Jüngsten Tag ist also
die Seele ohne Körper. In der Auferstehung bekommt die Seele ihren
Körper wieder, aber einen unsterblichen, geistigen Lichtkörper. Wir
werden als die zu erkennen sein, die wir auf Erden waren, aber von Gott
verschönert. Nichts Krankes mehr am Körper, nichts Hässliches mehr.
Es ist heute im Westen beliebt geworden, davon zu reden, dass wir nach
diesem Leben noch einmal auf Erden leben, vielleicht als Gladiole oder als
Hund. Viele sagen, sie wüssten, sie seien im vorigen Leben eine
ägyptische Prinzessin oder aztekische Putzfrau gewesen. Die Idee der
Wiedergeburt stammt aus dem Hinduismus und Buddhismus. Dort ist die
Wiedergeburt aber ein Fluch. Zur Strafe unsrer Sünden werden wir
wiedergeboren, keiner freut sich im Osten darüber, sondern ihre Sehnsucht
ist, von der Wiedergeburt erlöst zu werden. Anders im westlichen New
Age, da will man ewig so fort leben auf Erden. Nun ist aber die
menschliche Geistseele höher entwickelt als die Seele einer Pflanze oder
eines Tieres. So ist es unsinnig, zu glauben, die vernünftige Geistseele des
Menschen würde zu der Seele eines Regenwurms. Auch ist die Seele eines
alten Menschen gereift und wird nicht wieder zur Seele eines Kindes.
Auch gehören im Christentum Leib und Seele unbedingt beide zum
Menschen. Der Mensch ist nicht nur Seele, die verschiedene Körper wie
Kleider wechselt, sondern unsere Seele formt unseren Leib. Der Mensch
hat nicht nur einen Leib, sondern ist ein beseelter Leib. Darum ist nicht nur
die Seele unsterblich, sondern auch der Leib wird auferstehen und wird
verklärt. So sagt Paulus: Wir leben nur einmal, und dann kommt das
Gericht. Esoteriker reden gerne davon, dass Jesus die Wiedergeburt gelehrt
habe, aber die Kirche habe diese Texte bei der Zusammenstellung der
Bibel unterdrückt. Es gibt aber viele sehr alte Textfunde für die Evangelien
der Bibel, aber es gibt nicht ein einziges Textfragment, wo Jesus von der
Wiedergeburt sprechen würde.
Ein Mann war klinisch tot. Nach acht Stunden kam er ins Leben zurück. Er
berichtete: Meine Seele verließ den Körper, ich sah den Körper unter mir
im Krankenbett liegen. Ich hörte, was die Ärzte sagten. Ich wusste, was
meine Verwandten dachten und was sie fühlten. Meine Seele nahm noch
Abschied von ihnen. Dann wurde meine Seele in einen dunklen Weltraum
gesogen. Ich sah nichts, aber ich hörte eine sanfte Stimme, und ich wusste,
dass das Jesus war. Und Jesus zeigte mir mein ganzes Leben. Ich sah, dass
ich meiner Mutter als Kind Geld geklaut hatte. Und noch viel mehr, alle
Sünden, die ich noch nicht bekannt hatte. Da ward ich traurig und bereute
meine Sünden. Es waren vielleicht nur ein paar Minuten der Reue, aber sie
kamen mir wie Jahre vor. Dann schwebte meine Seele aufwärts. Neben mir
schwebten noch andere Seelen aufwärts. Mit diesen anderen Seelen konnte
ich meine Gedanken austauschen, ohne zu reden. Wir alle waren sehr
wissend. Wir schwebten auf einen Lichtpunkt in der Höhe zu. Dann
wurden wir von dem Licht aufgenommen. Da war ich im Himmel. Es war
dort absolut still und zugleich ertönte die schönste Musik, wie es sie auf
Erden nicht gibt. Es war dort alles weißes Licht, aber zugleich war alles
bunt, von den schönsten kräftigsten Farben. Ich habe nicht den Vater und
den Sohn und den Heiligen Geist gesehen, aber ich wusste, dass ich in der
Gegenwart Gottes war, und dass Gott die Liebe ist. Ich war so überaus
glücklich. Aber dann sagte eine Stimme zu mir, ich müsse auf Erden noch
weiter leben, das war ein großes Unglück für mich, ich kam zurück in
meinen viel zu engen Körper, es war sehr schmerzhaft, und so leb ich
weiter auf Erden. Ich habe keine Angst mehr vor dem Tod. Ich sehne mich
nach dem Himmel.
6
Wir sitzen im Theater. Noch hat das Stück nicht begonnen. Die Vorhänge
hängen vor der Bühne. Plötzlich werden die Vorhänge zur Seite gezogen
und das Licht geht an. So ist der Tod. Der Vorhang wird zur Seite gezogen
und wir sehen Christus. Das wird unser persönliches Gericht sein. Wir
sehen in Christus wie in einem Spiegel den Zustand unserer Seele. Eine
Seele, die voller Hass gegen Gott war, wird sich sagen: Ich muss in die
Gottesferne, in die ewige Verdammnis. Eine Seele, die voller Liebe zu
Gott war, erkennt: Ich darf jetzt in das Himmelsparadies. Die katholische
Kirche sagt: Es kann auch sein, dass die Seele erkennt: Ich habe Gott
geliebt, aber ich bin nicht rein genug, um unmittelbar in die Gegenwart des
heiligen Gottes zu können. Ich muss noch eine Phase der Reinigung
durchleben. Ich bin gerettet, und ich werde in den Himmel kommen, aber
vorher muss ich noch in einer bestimmten Phase geläutert werden. Diese
Lehre vom Reinigungszustand wird von den Protestanten nicht anerkannt.
Katholiken wie Protestanten berufen sich bei ihrer Auffassung auf die
Bibel. Der Mystiker Johannes vom Kreuz sagt: Wir werden gerichtet nach
dem Maß der Liebe, und unser Richter ist Jesus, der die barmherzige Liebe
ist.
Mohammed beschreibt das Paradies so: Der Moslem kommt in den Garten
Eden, da fließen Quellen, da stehen Zitronen- und Bananenbäume und
Palmen, da isst der Moslem Geflügelfleisch und trinkt Wein, der keinen
Kopfschmerz verursacht, Knaben reichen ihm den Weinbecher, in dem
Zelt liegen auf grünen Sofas zweiundsiebzig Huris, Jungfraun mit großen
Augen, noch von keinem Mann oder Engel berührt, die nach jedem
Liebesakt wieder jungfräulich sind. Aber Gott ist so fern von den
Menschen, dass er auch im Paradies nicht gegenwärtig ist. Der christliche
Glaube aber lehrt, dass der Himmel oder das Paradies die Gegenwart
Gottes ist, ja, die Vereinigung des Menschen mit Gott. Buddha lehrt, dass
der Zustand der Erlösung oder der Erleuchtung das Nirwana ist, das
absolute Einswerden mit dem absoluten Nichts. Wie eine Kerzenflamme
im Wachs ertrinkt und erlöscht. Wie ein Tropfen ins Meer fällt und sich
auflöst. Es ist das Verlöschen der Persönlichkeit. Aber der christliche
Glaube lehrt, dass unsere Persönlichkeiten im Himmel weiter existieren.
IM HIMMEL SIND GOTT UND ICH IN VEREINIGUNG!
Das Evangelium ist voll von Gleichnissen, die den Himmel mit einer
Hochzeit vergleichen. Der Himmel ist das gemeinschaftliche
Hochzeitsmahl aller Erlösten. Da geht es nun nicht darum, ob wir da den
Wein trinken dürfen, den uns auf Erden die Ärzte verboten haben, oder ob
wir nun endlich einmal eine Peking-Ente essen dürfen. Es geht um die
freudige Gemeinschaft aller Erlösten im Geist der Liebe, um ein
gemeinschaftliches Fest der Liebe. Jesus bezeichnet sich im Evangelium
immer wieder als den Bräutigam, und seine Braut ist die Kirche, die
Gemeinschaft aller Gläubigen, aber auch jede einzelne gläubige Seele in
der Kirche ist Braut. Jesus bezeichnet den Himmel als die Hochzeit
zwischen Jesus und der Seele. Das letzte Buch der Bibel ist die
Apokalypse, sie spricht vom Ende. Aber das Wort Apokalypse bedeutet
nicht einen schrecklichen Weltuntergang wie in einem Hollywood-Film.
Das griechische Wort Apokalypse stammt aus der griechischen
Alltagssprache und bedeutet: Entschleierung, und zwar die Entschleierung
der Braut durch den Bräutigam in der Hochzeitsnacht. Nun wird in der
Hochzeitsnacht nicht nur der Schleier vor dem Angesicht gehoben,
sondern ganz nackt erscheint die Braut. So sagte die Mystikerin Mechthild
von Magdeburg: O Jesus, meine Seele ist nackt vor dir und voller heißer
Begierde!
In der Apokalypse wird der Himmel mit einer vollkommenen Stadt aus
Edelsteinen, Gold und Glas und Perlen beschrieben. Das soll heißen: Alles
ist schön im Himmel, alles ist Prunk und Pracht, Glanz und Gloria. Und es
ist keine Einsamkeit im Himmel, sondern liebende Gemeinschaft. Im
Himmel ist eine Harmonie von schönen Tönen. Franz von Assisi hörte
einmal einen Ton der Himmelsmusik und sagte, das war so schön, er wäre
fast vor Freude gestorben. Die Musik im Himmel ist nicht Lobpreislärm,
aber auch kein Oratorium von Bach, sondern vollkommen schön. Für die
Ohren ist einfach alles Harmonie und Schönheit. Aber auch für die Augen.
Alle Seligen im Himmel sind jung und schön, vollkommen schön. Da ist
nichts Krankes, nichts Altes, nichts Hässliches. Jesus sagt: Ich gehe schon
einmal voraus, um euch Wohnungen zu bereiten. Unsere Wohnungen im
Himmel werden keine Wellblechhütten eines Slums sein, sondern noch
herrlicher sein als das Lustschloss eines Zaren. Unsere Lustschlösser
liegen im Paradies, das ist eine erlöste Natur. Da gibt es kein Fressen und
Gefressenwerden, da gibt es kein Verwelken und Absterben, sondern alles
ist pralles Leben und Schönheit. Da werden sich die Erlösten in ihren
Lustschlössern besuchen. Manche gehen mit dem Jesuskind im Garten
Eden spazieren, andere besuchen Paulus oder Augustinus zum
Theologisieren, andere treten zum Schloss der Jungfrau Maria, um ihre
Schönheit zu besingen. Jesus sagt: Im Haus meines Vaters sind viele
Wohnungen. Und Goethe sagt: Im Reich des Vaters sind viele Provinzen.
Da sind Gärten, Grotten, Weinberge, Meeresstrände. Und überall schöner
Gesang und überall vollkommene Jugendschönheit. Und alle lieben sich.
Und Gottes Liebe ist alles in allen.
10
11
In der Auferstehung der Toten am Ende der Zeit werden wir unsere Körper
wiederbekommen. Es werden die gleichen und doch nicht die gleichen
Körper sein. Es werden unsere individuellen Körper sein, so dass unsere
Lieben uns wiedererkennen. Aber die Körper werden verklärt sein. Ohne
Gebrechen, mit gesunden Zähnen, scharfen Augen. Jung und vollkommen
schön. Unsterblich, nie alternd, in voller Kraft und blühender Schönheit.
Nun wird nicht mehr der Körper die Seele beschweren, wie so oft auf
Erden. Unser Körper wird ganz von der Geistseele regiert. Der Körper ist
Licht und Geist, der Körper ist transparent. Der Körper ist einer Vase aus
Kristall gleich, der die weiße Lilie der Seele sichtbar sein lässt. Der Körper
ist leicht wie eine Wolke, licht wie eine Sonne, schnell wie ein Blitz. Der
Körper ist ein durchsichtiges Kleid für die nackte Seele. Körper und Seele
im ewigen Leben schweben über Raum und Zeit. Wir reisen wie der Blitz
von Stern zu Stern, von Land zu Land. Alle Zeiten sind uns zugänglich.
Wenn wir nur wollen, sind wir schon in China in der Zeit der Tang
Dynastie. Das ganze Leben Jesu ist uns gegenwärtig. Wir sind dabei, wenn
der Engel Maria grüßt, wir sind dabei, wenn der Auferstandene der
Magdalena erscheint. Wir sind endlich absolut frei!
ICH WERDE IN EINEM AUFERSTANDENEN KÖRPER FREI SEIN
VON RAUM UND ZEIT!
12
In allen wird die Liebe Gottes vollkommen sein. Es ist das Reich der
schönen Liebe. Alle sind Liebende. Wir werden Gott erkennen, immer,
immer tiefer. Gott ist ein Dschungel, der unendlich ist, wir dringen in
immer tiefere Tiefen der Gotteserkenntnis ein. Wir werden Gott schauen,
nicht als einen alten Mann mit grauem Bart, sondern als die Urschönheit,
die absolute höchste und ganz vollkommene Schönheit. Wir werden diese
göttliche Schönheit anstaunen, bewundern, anbeten und besingen. Wir
werden uns vereinigen mit der Liebe Gottes. Wir werden von der
Vereinigung mit der Liebe Gottes vollkommen befriedigt sein. Aber wir
werden ihrer nicht überdrüssig, sondern werden gleichzeitig ewig
schmachten nach dem Genuss der Schönen Liebe. Aber dieses ewige
Schmachten macht uns nicht unglücklich, denn wir werden vollkommen
befriedigt sein von der Vereinigung mit Gott. So lehrt es Augustinus. Die
griechischen Kirchenväter lehrten: Gott wird Mensch, damit der Mensch
Gott wird. Was Gott seinem ewigen Wesen nach ist, nämlich Gottheit, das
werden wir durch die Gnade Christi, nämlich vergöttlicht. Christus ist der
Gottmensch und macht uns zu Menschengöttern. Petrus sagt: Wir werden
Anteil haben an dem Wesen Gottes. Wir leben das Leben Gottes, lieben
mit der Liebe Gottes, erfahren die Glückseligkeit Gottes. Der Mystiker
Johannes vom Kreuz sagte: Wir werden im Reich Gottes Götter und
Göttinnen sein! Die Mystikerin Schwester Kathrein, eine Schülerin von
Meister Eckhart sagte: Wir werden in Gott sein, aber in Gott ist nur Gott,
wir werden also Gott in Gott sein!
Buch I
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Unsere Liebe Frau
Ich habe Ihr Buch gelesen. Schließlich sind Sie wie alle Frauen zu mir, die
schreiben. Sie nehmen keinen Anstoß bei diesem "allen" – allen, die nicht
schreiben, allen, die schreiben, es liegt dazwischen.
So tragen Sie mich schließlich, wie alle einzigartigen, und, vor allem, wie
jede einzelne Frau.
Ich denke über Sie den ganzen Tag, da ich Sie sah, - in welchem Monat?
Als ich jung war, war ich gespannt, mir etwas zu sagen, ich hatte immer
Angst, dass die Welle mich verlassen könnte und mich auf die andere
Welle heben könnte, so war ich immer voll Angst, mehr zu lieben, nichts
mehr zu wissen. Aber ich bin jung, und ich habe zu lassen gelernt und bin
für fast alle – unwiederbringlich davon.
Haben Sie alles zu sagen - und nicht zu lösen die Lippen? Jede Aktion zu
tun - und nicht die Hand zu lösen. Dies ist Verzicht, wie Sie rufen, der
unter Bürgerlichen und Nichtbürgerlichen, unter ihnen oder nicht unter
ihnen, die Triebfeder meines Handelns ist. Frühling? - Entsagung? Ja, denn
die Lieferung einer Kraft erfordert eine viel härtere Betonung, dass der
freie Einsatz bringt - was nicht benötigt wird. In diesem Sinne ist alle
natürliche Aktivität passiv, was, wie jede resultierende Passivität -
Aktivität ist (Erguss - Gefährdung). Was ist schwieriger: ein Pferd zu
halten oder es laufen zu lassen, und da es uns das Pferd ist, das wir wählen,
- die beiden schmerzlichsten Momente: zurückgehalten werden oder
unsere Stärke spielen lassen? Atmung oder Atemstillstand, was ist richtig?
Erinnern Sie sich an alles Schnappen, wo alle Ehre des einen ging, in einer
Brust zu ersticken? Grausames Spiel und wenig bürgerlich.
Aktion? Lassen Sie los. Jedes Mal, wenn ich aufgebe, habe ich das Gefühl
eines Erdbebens in mir. Das bin ich - die Erde bebt. Entsagung?
Versteinerter Kampf.
Ich kann immer noch, aber auf einmal - ich will nicht mehr.
Hören Sie, Sie müssen mir nicht antworten, nur mir zuhören. Es ist eine
richtige Verletzung des Herzens, die ich in Ihrem Herzen, Ihrer Ursache,
Ihrem Glauben, Ihrem Körper, Ihrer Seele vermute.
Eine Lücke in Ihrem Buch, nur eine, doch riesige - bewusst oder nicht? Ich
glaube nicht an die Bewusstlosigkeit des denkenden Wesens, noch weniger
– der schreibenden Wesen, nicht allen – aber der weiblichen
Schriftstellerinnen Bewusstlosigkeit.
Diese Lücke, dieses leere Feld, dieses schwarze Loch – ist das Kind.
Sie kommen immer wieder zurück, Sie geben ihm, welche Frequenz Sie
ihm an Bedeutung zumessen, Sie säen hier und da, und immer wieder,
nicht das Werk dem einzigen Schrei zu geben, dass man es brauche.
Dieser Schrei, wenn Sie es nicht haben, - verstanden? - Wenn ich mit
Ihnen ein Kind haben könnte!
Und Eifersucht, wild und einzigartig, unerbittlich, weil unbesiegbar,
unvergleichlich der anderen, „normalen“, unvergleichlich sogar der
mütterlichen Eifersucht. Diese Eifersucht, das Vorwissen des
unvermeidlichen Brechens dieser offenen Augen des Kindes eines Tages,
und dass Sie, die Ältere, es ihm nicht geben können. Diese Augen gerichtet
auf das ungeborene Kind...
„Liebhaber haben keine Kinder.“ Ja, aber sie sterben! Alle. Romeo und
Julia, Tristan und Isolde, die Amazone und Achilles, Siegfried und
Brunhilde (die Liebhaber an der Macht, diese uneinigen Staaten, deren
Liebes-Uneinigkeit herrscht über die Vereinigung der umfassendsten
Gemeinschaft...). Und die anderen... und wieder andere... Von allen singt
der Gesang, Jedes Wetter, alle Orte... Sie haben keine Zeit für das, was die
Zukunft des Kindes bringt, sie werden keine Kinder haben, weil sie keine
Zukunft haben, sie haben diese ihre Liebe und ihren allgegenwärtigen Tod.
Sie sterben - oder ist es die Liebe, die stirbt (degenerierend in
Freundschaft, in Mutterschaft: die alten Baucis und Philemon, die alte, alte
Pulchérie und ihr altes Kind Athanasius - Paare so monströs wie
berührend).
Liebe selbst ist Kindheit. Die Liebhaber sind Kinder. Kinder haben keine
Kinder.
Oder - wie Daphnis und Chloe - wir wissen nichts: auch wenn sie
überleben - sie sterben in uns, für uns.
Wir können nicht in Liebe überleben. Das einzige, was die Liebe überlebt,
ist das Kind.
Und der andere Schrei - So haben Sie ihn auch nie gehört? - Wie möchte
ich ein Baby - einen Mann! Seufzender Mädchen genialer Seufzer, alte
Tochter lächelnd, und manchmal sogar verzweifelter Seufzer der Frau: -
Wie möchte ich eins - nur meins!
Und nun das lächelnde Mädchen, die keinen Fremden in ihrem Körper
will, will nicht, und die meine will, an der Wende einer Straße trifft sie
eine andere, sie hat nichts zu befürchten, sie hat sich nicht zu verteidigen,
weil die anderen ihr nicht schaden können, denn wir können nicht
(zumindest, jung sein) uns verletzen. Mehr illusorische Sicherheit und ein
Stocken bei dem ersten argwöhnischen Blick des Freundes unter den
Schlägen des Herzens, mit Hass zu kollabieren.
Aber erwarten Sie nichts, denn jetzt ist sie glücklich und frei, frei mit dem
Herzen zu lieben, ohne Körper, zu lieben ohne Angst, ohne verletzt zu
werden, zu lieben.
Und wenn der Schaden da ist - sie entdeckt, dass es nicht ein Übel ist.
Böse - ist: Scham, Reue, Ekel. Das Böse ist der Verrat an ihrer Seele mit
einem Mann, an ihrer Kindheit mit dem Feind. Aber es gibt keinen Feind,
da es immer noch ich bin, noch bin ich's, ein neues Ich, aber in meinen
Tiefen schlafend und offenbarend anderes mir, externalisiert und
schließlich liebenswert. Sie hatte nicht zu leugnen, eine Frau zu werden,
sie musste nur gehen lassen (bis in die Tiefen ihres Selbst) - aber sein zu
lassen. Weder Risse noch Pause noch Verwelken.
Oh! es ist nie Scham oder Ekel, dass sie geht. Es ist für irgendetwas
anderes.
Es ist fast ein erster Witz. - Das schöne Baby! - Sie wollen eins? - Ja. Nein.
Eine von euch - ja. - Aber... - Aber es ist ein Witz.
Ein anderes Mal war es ein Seufzer. - Was ich will?... - Was? - Nichts! - Ja,
ja, ich weiß... - Da Sie es wissen. Aber das sind - Sie. Schweigen...
- Es ist immer noch das, was Sie denken? - Da Sie es sagen. - Aber Sie
sagen, dass...
Nichts fehlt, aber es hat auch noch etwas zu geben. - „Ich würde Sie
umsonst lieben“ - wie eine Frau sagte - ich würde Sie wenig lieben. Sie
nun wieder. Doch, Sie. Eine Sie, hervorgebracht von mir.
Einer, der nie kommen wird. Eines können wir nicht einmal erbitten, sein
Kommen. Die Jungfrau kann ein Kind von ihrem Liebhaber erbitten, die
Jungfrau kann ein Kind von einem alten Mann erbitten - eine
Ungerechtigkeit - ein Wunder - wir werden nicht dumm fragen.
Vereinigung, deren Kind ist einfach ausgeschlossen. Situation das Fehlens
des Kindes. Undenkbar. Alles, außer dem Kind. Das Abendessen des
großen Königs und Gentleman: alles außer dem Brot. Das große tägliche
Brot - weiblich.
Es war nie so verzweifelt der Wunsch der Jüngsten, der meisten davon.
Die Älteste, sie braucht nicht ein Kind, da sie ihre Freundin zur
Mutterschaft hat. - Du bist mein Freund, du bist mein Gott, du bist mein
Alles!
Aber auch die anderen, nicht geliebt zu werden, das Kind, das sie will, ist
da, um ein Kind zu lieben.
Und eine, die nicht wollte ihr Kind, das begann, wird schließlich ein Kind
wollen. Und das ist so, weil es nicht eines Tages weggehen kann, aber mit
der klaren und impotenten Eifersucht der anderen Gehetzten liebend - und
doch eines Tages wird sie scheitern, ein Wrack, in den Armen von
irgendjemand...
(Mein Kind, meine Liebe, mein Alles, und - Ihr ehrfürchtiges Wort,
Madame. Mein femininer Bruder, immer sieht man aus wie eine
Schwester, Schwester, das Wort, das Ihnen Angst macht, als ob die Kraft
eine Welt wieder betreten könnte, wo Sie für immer hinaus sind.)
Für den Anfang, die meisten der ältesten Befürchtungen, dass der andere
will. Wir können sagen, dass dies die älteste Verzweiflung schafft,
verwandelt Seufzer in Lächeln, Seufzer in Verlangen, Lust in Besessenheit.
Es ist die Besessenheit des Älteren, die schafft die Obsession mit der
Jugend. - Sie sollen gehen, werden Sie gehen? Gehen Sie mit Gott! Sie
wollen mich, wollen Sie zuerst kommen... Es ist immer noch das, was Sie
denken... Sie schauten den Mann an. Ist das nicht - der Vater für Ihr Kind?
Wird es sein, da ich es Ihnen nicht geben kann...
Das Kind – ein Punkt, festgelegt, dass es jetzt seine Augen nicht lösen
kann. Das Kind schob sich an die Oberfläche seiner Augen wie ein
Ertrinkender. Man muss blind sein, es nicht zu sehen.
Und derjenige, der mit dem Wunsch ein Kind begann, er wird schließlich
ein Kind von jedermann wollen: die Gleiche hasste ihn. Der Verfolger wird
ihr Retter. Der Freund - der Feind. Und der Wind wieder in seinen
Kreisen...
*
Und alle Freundinnen, die heiraten. Und Ehemänner dieser Freundinnen,
wenn lebenslustig, wenn Franzosen, so nah... Und das auch noch...
Lebendig begraben...
Vor dem Verlassen will sie sterben. Dann im vollen Tod, nichts zu wissen,
nichts zu meditieren, nichts zu denken, durch reinen Instinkt und dreifache
Lebensdauer - Jugend, Zeit, Mut - das wird zustimmen, die Ernennung der
Zeit, die Sie nie zu lachen und zu scherzen wussten, gescheitert am
anderen Ende der Stadt - und das Leben - mit irgendjemand - der Ehemann
einer Ihrer Freundinnen oder einem Untergeordneten Ihres Vaters, solange
es nicht der Ihre ist.
Der Mann, nach der Frau, welche Einfachheit, welche Güte. Was für eine
Franchise. Was für eine Freiheit! Was für eine Reinheit!
Dann wird es das Ende sein. Der Beginn des Geliebten? Der Weg der
Verliebten? Der Ehemann der Stabilität?
Ich lasse auch den trivialen Fall: die verdorbenen Mädchen, instinktiv oder
nach der Mode: Das Sein, noch zu vernachlässigen, nur Spaß.
Ich lasse den seltenen Fall der verlorenen Seele, die man in der Liebe, in
der Seele sucht, so - prädestiniert für Frauen.
Und der große Liebhaber sucht die Eine in der Liebe, die Liebe, und
nimmt sie auch, wenn er sie findet.
Ich nehme den Normalfall, den natürlichen und vitalen Fall einer jungen
Frau, Angst zu haben vorm Mann, der geht auf die Frau zu und wollte
Kinder. Das ist, zwischen dem Fremden, der gleichgültig ist, wenn nicht
der Feind offenbar, und liebte schließlich den Feind.
Weil das Kind ein angeborenes ist, ist es in uns vor der Liebe, vor dem
Liebhaber. Es ist sein Wunsch, zu sein, was uns offene Arme gibt. Ein
junges Mädchen, wie ich von denen im Norden sage, ist noch zu jung für
die Liebe, nicht aber für das Kind. Mit dreizehn Jahren – träumen sie
schon.
Haben wir ein angeborenes, das uns gegeben werden sollte. Jeder beginnt
mit dem Spender, ihn zu lieben, andere lieben am Ende das Kind, andere
leiden am Ende, andere am Ende leiden am meisten.
Haben wir ein angeborenes, das uns gegeben werden sollte. Wer gibt es
uns, dass wir es nehmen?
Undankbar wie alle, die mehr lieben, ungerecht wie alle, die immer noch
lieben - - Und wir werden lieben, festen Armes, und das Herz voller Hass
für die, die jetzt qualifiziert finden die jugendliche Indiskretion.
*
Halten Sie mich nicht fest! Ich antworte auf die Amazone, nicht die weiße
weibliche Vision, die mich fragt... Nicht das, was mir das Buch gab, das
sie schrieb.
Wenn Sie das Kind nie genannt hätten, hätte ich eine bewusste Auslassung
erkannt, eine endgültige Verweigerung durch Schweigen, eine Narbe, die
ich respektieren würde. Aber Sie kommen wieder, Sie starten es wie einen
Ball: „Mit welchem Recht tun sie das und lösen das Leben? Zwei Kinder -
zwei Fahrlässigkeiten“ &C.
Dies ist der einzige Punkt, fehlbar, der einzige Punkt, angreifbar, der
einzige Bruch in dieser perfekten Einheit zweier Frauen, die einander
lieben. Das Unmögliche, nicht der menschlichen Versuchung zu
widerstehen, aber der Notwendigkeit des Kindes.
Nur diese Schwachstelle, die die ganze Sache ruiniert. Nur der anfechtbare
Punkt, der alle feindlichen Körper lässt. Denn obwohl wir eines Tages ein
Kind ohne ihn haben könnten, werden wir nie ein Kind von ihr haben, ein
Kleines, sie zu lieben.
(Eine angenommene Tochter? Weder Dein noch mein? Mit zwei Müttern?
Diese Art tut, was es tut.)
Des Kindes anfechtbarer Punkt ruiniert die ganze Sache. Der rettende
Punkt ist der des Mannes. Die Menschheit.
*
Auch eine ganze Einheit. Eine Einheit geschlossen. („Wir werden zwei
sein.“ Nein, - zwei geben drei.) Die Straße, die ins Nirgendwo führt.
Unbegehbar. Verfolge unsere Schritte.
Vielleicht haben Sie es gut, es könnte sein - der erste Sieg der Null - Ihrer.
Die Null wird gesegnet. Während Sie verflucht bleiben.
Aber es ist der gleiche Fall, wie wenn Sie keine Kinder mit diesem Mann
haben können. Ist das ein Grund, ihn zu verlassen?
Eine Ausnahme kann nicht mit einem Gesetz ohne Ausnahme verglichen
werden. Das ist die Rasse, die ganze Sache, die ganze Sache, die in jedem
Fall der Liebe zwischen Frauen sie verurteilt.
Lass sie unfruchtbar den fruchtbaren Bruder verlassen, aber die ewige
Fruchtlosigkeit für den ewig fruchtbaren Feind. Dort verabschiedete ich
mich von einem Mann, hier verabschiede ich mich von der ganzen Rasse,
der ganzen Sache, allen Frauen in einer.
Nur zu ändern das Objekt. Zu ändern die Bank und die Welt.
Oh! Ich weiß, manchmal dauert es bis zum Tod. Berührende und
territoriale Vision - auf einer wilden Küste der Krim, bereits zwei ältere
Frauen, die zusammen das Leben verbracht haben. Eine von ihnen war die
Schwester des großen slawischen Denkers, den wir im Moment in
Frankreich lesen. Auch helle Stirn, gleiche stürmische Augen, gleicher
Mund, fleischig und nackt. Aber es war um sie herum leerer als um ein
altes Paar, unfruchtbar, „normal“, leer, eine Isolierung.
*
Dies ist vielleicht, wenn der Junge tief ist, das Grauen des Fluches der
Tatsache.
„Was die Welt sagen wird“, wiegt nichts, sollte nichts wiegen, weil alles,
was sie sagt, falsch ist, alles, was sie sieht – sie runzelte die Stirn. Der böse
Blick von Neid, Neugier, Gleichgültigkeit. Die Welt hat nichts zu sagen,
die im Bösen liegt.
Gott? Gott hat nichts mit fleischlicher Liebe zu tun. Sein Name, Siegel,
sein Name, ob männlich oder weiblich, wie ein Sakrileg klingt. Es gibt
unermessliche Dinge: Christus und die fleischliche Liebe. Gott hat nichts
mit all diesen Nöten zu tun, wenn nicht, uns zu heilen. Er sagte, ein für alle
Mal - Liebe mich, den Ewigen. Ohne dies – ist alles unnütz. Ebenso
hoffnungslos, vergeblich. Durch die Tatsache, einen Menschen mit dieser
Liebe zu lieben, verrate ich denjenigen, der für mich und die anderen am
Kreuz in der anderen Liebe gestorben!
Die Kirche und der Staat? Werden nichts darüber zu sagen haben, wie sie
wachsen und segnen Tausende von jungen Männern, einander zu töten.
Aber was wird man sagen? Man sagt, dass die Natur nur rachsüchtige
Bürgerwehren und unsere körperlichen Unterschiede aufstellt. Die Natur
sagt: Nein. Bei unserer Verteidigung, verteidigt sie uns nicht. Gott, uns zu
verteidigen, ist unsere Liebe, die Natur in uns ist die Tatsache, durch die
Selbstliebe uns zu verteidigen, voll Hass auf alles, was sie nicht ist. Die
Natur hasst das Kloster sowie die Insel, wo der Kopf von Orpheus landete.
Seine Rache ist unser Untergang. Nur das Kloster haben wir, Gott, uns zu
helfen, hier auf der Insel, oder im Meer zu ertrinken.
Insel - das Land, das keinen Grund hat, das kein Schicksal ist, ein Land,
das wir lieben müssen, weil wir dazu verurteilt sind. Ein Ort, wo alles zu
sehen ist, wo nichts getan werden kann.
Das große Bedauern, dass der große Dichter den Ort seiner Geburt gewählt
hat.
*
Lepra-Bruderschaft.
Aber wie kommt es denn, dass das Mädchen so ist, dass sie vollständig
verloren geht, wenn sie nicht gebiert?
Dies ist eine Falle für die Seele. Durch das Fallen in die Arme eines
Älteren oder sie fällt in die Falle der Natur, auch den Geliebten sehen wir
oft, den Charmeur, den Jäger, den Wahnsinnigen, oder sogar – den Vampir,
während es immer ein bitterer und edler Mann ist, dessen einziges
Verbrechen es ist, "es kommen zu sehen", und lass uns im Voraus – ihn
sehen, zu ihm gehen. - Das Mädchen fiel in die Falle der Seele.
Sie will lieben - aber ... sie würde gerne - wenn ... und hier in den Armen
des Anderen, ihr Kopf an seiner Brust, wo die Seele wohnt.
Gebären? Lass uns die alten und die jungen Männer fragen.
Schock des Herzens, Ebbe und Flut des Blutes. Und die erste und letzte
Frauen-Waffe - mit der wir entwaffnen, zu entwaffnen glauben, sogar zum
Tod führen - seinen armen letzten Mut - lebende Klinge und schon rot -
Lächeln. Dann ist es der kleine inkohärente Schwall Silben aufeinander
gehetzt, wie kleine Wasser rieseln über die Kieselsteine. Was hat sie
gesagt? Nichts, denn die anderen haben nichts gehört, da wir nie etwas
über die ersten Worte hinaus hören... Aber jetzt die andere, die Augen, der
erlebnisreiche Mund, verlassen, sie sieht, dass diese Bewegung eine
Bedeutung hat... Neun Monate... Liebe... ob er mich überhaupt vorzieht...
es wiegt schwer... (schlucken, schlucken, nochmals schlucken, schlucken
alles, was du mir angetan hast!)... ich sagte es so - es wiegt schwer... (mehr
als alle Länder, mehr als jedes Meer im Herzen des Älteren).
Was für ein Vergnügen der Rache! Und Augen - dieser Hass! Der Hass auf
einen Feind schließlich befreit. Vergnügen zu Fuß über einem Herzen.
Der andere klammerte sich an die letzte Hoffnung, oder weiß einfach
nicht, was zu sagen:
- Er sieht aus wie Sie. - Nein (trocken und sauber). Ein Name trocken und
klar. Und der letzte Pfeil, wo vielleicht des letzten verbliebenen Pfeils Gift
ist die Liebe:
- Er sieht aus wie sein Vater. Er ist das lebendige Bild von meinem Mann. -
Es gibt die erwünschte Vulgarität in dieser Rache. Sie sagte die Worte, die
sie für am schädlichsten hält, die häufigsten, vor allem (siehe den
Normalfall, der dich geliebt!). Wahl oder Instinkt? Es kommt von selbst, es
wird erzählt (wie ein Tag, schon weit weg, wo sie ein Lachen hörte...)
Dann wird der Ritus beendet, Moses ist gerettet und gekleidet, sie gibt ihre
Brust und - höchste Rache - unter ihren gesenkten Wimpern der Wunsch,
Blitz in den Augen der ältesten Amme, es ertrank die Rührung in einem
Nebel. Denn es ist am unteren Rand jeder Frau, wenn es kein Monster ist,
weil es auch an der Unterseite von jedem Monster ist... denn es gibt keine
Monster unter den Frauen.
Dieser Blitz, dies Lächeln - sie kennt sie, aber – wegen dem einen oder
anderen Grund, hebt sie nicht ihre Augen.
Wenn der Mann klug ist, wird er nie fragen: - Was denken Sie?
Vielleicht, die andere Partei wird nicht den Mund geben wollen.
Wenn der Mann intelligent ist, wird er nicht sofort umarmen, wird warten -
zu umarmen - das ist der andere Teil - auf jeden Fall.
(Warum ist sie gekommen? Um weh zu tun. Das ist manchmal alles, was
uns übrig ist.)
Auch das Land (außer, dass nichts erwähnenswert ist, weil alles, was
geschieht, innen geschieht).
Das Gleiche gilt für alle Zuschauer und Zuhörer. (Letzte Rache der Natur,
allein zu sein, das ist zu wenig, auch alles miteinander, sie sehen jetzt, dass
Mit-allen und Zwischen-allen.)
- Sieh mal, ist das nicht Ihr Freund, der da vorüber geht? - Wo? - Dort, mit
dieser Brünetten im blauen Kleid.
Diesmal ist es der älteste Anfang: - Wie geht es Ihnen? (Und ohne zu
warten, ohne zu hören) - Lassen Sie mich! Du bist mein Freund! Darf ich
vorstellen, Mademoiselle soundso... (ihr Name).
Wenn der alte, der mit all dem Blut unter seinem Auge floh, blond war -
der neue, der Nachfolger, wird zwangsläufig braun sein. Jede Gnade - jede
Kraft. Posthume Treue? Der Wunsch nach einem vollständigen Tod? Oder
Schlag auf die Erinnerungen? Jeder Groll ist blond? Töten Sie die
Blondinen mit Braunen? Es ist ein Gesetz. Fragen Sie nach dem Warum
die Männer.
Es gibt Blicke, die töten. Es gibt keine, weil die braunen Blätter, lebendig,
die ältesten von den Armen - die Geliebten sind. Die sanften blauen Wellen
seines Gewandes, die sich zwischen der vorderen und hinteren
verbleibenden ganzen Unmittelbarkeit der Meere körperlich festsetzen.
In der Nacht stützte sie sich auf den geliebten Schläfer: Ah! Jean, wenn Sie
wüssten, wenn Sie wüssten, wenn Sie wüssten...
Dies ist nicht der Tag, da das Kind geboren ist, heute, drei Jahre später, sie
weiß, was es ihn gekostet hat.
Wenn die andere jung ist, werden wir immer von einem lebenden Schatten
begleitet werden.
Braune Veränderung: blond wieder werden oder rot werden. Braun wird
als blonde verlassen. Wie alle Wanderer auf ihre unbekannten Ziele
abweichen - immer das gleiche - eine Weile unter dem Baum geruht zu
haben, was nie funktioniert.
*
Alle – gehen vorüber. Alle würden Zeit verbringen, wenn... Aber wir
werden nicht für immer jung bleiben.
Die andere! Betrachten Sie sie. Die Insel. Isoliert, ewig. Die Mutter verlor
eine nach der anderen ihre Töchter, die Verliererin für immer, weil sie
nicht nur nicht auf ihre Arme nahm, ihre Kinder kommen ließ, aber an der
Wende einer Straße wird auf dem blonden Kopf schleichend das Zeichen
des Kreuzes geschlagen. Niobe auf die weiblichen Nachkommen neidisch,
von dem anderen Jäger zerstört, heftig. Die ewige Verliererin im einzigen
Spiel, das es wert ist - und das es gibt. Die in Ungnade. Die Verbotene. Die
Verfluchte. Weiße Vision ohne Körper. Und erkennen wir nicht die Rasse
von diesem wissenden Blick, Erkennende, Auktion, wo der Auktionator
dem Götzendiener verbunden ist, der Schachspieler wird selig gesprochen
- Blick auf mehrere Schichten, tief, und wo das letzte immer das vorletzte
ist, endlos, ohne Boden, alle Qualifikationen verbringend, weil es ein
Abgrund ist - unaussprechlicher Blick, durch das winterliche Lächeln des
Verzichts gelöscht.
Jung, erkennen wir das Lächeln, alt, es ist das Lächeln, dass die Schönheit
geboren.
Jung und alt sind diejenigen, deren Seele die meiste Luft haben. Alle
anderen im Luftkörper sind nicht, sind nicht oder nur vorübergehend.
Sie lebt auf einer Insel. Sie schafft eine Insel. Es ist eine Insel. Insel-
Kolonie der unendlichen Seelen. Wer weiß, ob es in dieser Zeit in Indien
so etwas gibt, an den Grenzen der Welt... ein Mädchen, ihr braunes Haar
bindend...
Sie starb nur, weil sie zu stolz war, einen Hund zu lieben, zu souverän, ein
Kind zu adoptieren. Es wird weder Tiere noch Waisen, noch Begleiter
geben. Sie wollte nicht einmal eine Dame als Begleiterin. König Davids
Erwärmung, die Wärme der leblosen Abischag, er war ein Grobian. Sie
will nichts zu erwärmen – das Ihre bezahlen, geliehen das Lächeln. Sie
will weder Vampir noch Großmutter sein. Gut für einen Mann, der alt ist
und einfach, Leidenschaften für andere Rippen verschwendend, drängelnd
- andere Ellbogen, lächelnd aus anderen Mündern - verhaftet, durch Zufall
gestohlen. - "Geh, Mädchen, geh..." Sie wird nie auf dem Festival der
Jugend der anderen die schlechte Beziehung sein. Weder Freundschaft
noch Wertschätzung, noch ein anderer Abgrund, unsere eigene Güte wird
nichts an die Stelle der Liebe setzen. Sie wird nicht die schöne dunkle Frau
sein, die runden schwarzen Brennenden aufgegeben - der Zauberkreis als
deine Faust! - Das alte Lagerfeuer. Vor jedem Frühling - wird es brennen.
Selbst wenn ein Junger käme, sich gegen sie wirft wie ein Kind, wie ein
Passant sich gegen eine Wand wirft - vorbei gekommen, die Wand wird
unveränderlich sein. Diese rasende Liebe, alt, ist reiner Stolz. Sie, die ihr
ganzes Leben lang Angst hatte, nicht so erschrecken zu wollen. Die junge
Hündin wird nie eine alte Lamia werden.
Was vermochte er nicht über sie, und sein fataler Hang, weder Gott noch
der Mensch, noch sein eigenes Mitleid, nur Stolz. Und er kann es nur. Und
wird damit der Junge ewig alle einschüchtern? Seine Mutter: - Diese Frau
macht mir Angst. Sie sieht so hart aus. Mit was habe ich ihn beleidigt?...
Und ein anderer kam zu der Lady von ihrer Mutter - wer weiß, warum? -
Es wird durch eine Stimme gesagt, wo das Zittern macht einen Sprung
wie: - Ihre Mutter sagte, Sie seien für die Malerei eingenommen. Wir
müssen Ihre Talente pflegen, Fräulein...
Nie gemalt, nie Tönung, immer verjüngt, erhöht, verzerrt, so dass diese in
der Alterung "normalen" Einsen für alle anzusehen sind, mit dem Segen
des Priesters, 60 Jahre der Ehe-Knoten mit einem Kind unter zwanzig. Sie
gibt es den Schwestern von Cäsar.
Fataler und natürlicher Hang des Berges in das Tal des Flusses am See...
Der Berg, gegen Abend, voll Ebben in Richtung Gipfel. In der Nacht ist sie
oben. Sie sieht aus wie Türme, den Rücken hinunter. Am Abend erholt sie
sich.
...Dann eines Tages wieder, die einmal junge, irgendwo am anderen Ende
des gleichen Landes lernend, starb die ältere. Zuerst würde sie schreiben,
sie zu finden. Aber die Zeit, ihre Beschleunigung - der Brief wird
abgewürgt. Verlangen wird es sich wünschen. Die "Ich will wissen" wird
zu "Ich will"; dann - "Ich will nicht mehr." - Wer ist gut, weil er tot ist?
Auch werde ich eines Tages sterben... Und tapfer, mit großer Wahrheit der
Indifferenz: - Da sie in mir gestorben ist - für mich - das waren gute 20
Jahre?
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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke
Worte der Weisheit und Gottesliebe
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ENNIUS ANNALEN FRAGMENTE
Deutsch von Josef Maria von der Ewigen Weisheit
Bücher 1-6
BUCH I - Preludium. Vom Fall von Troja bis zum Tod von Romulus
[4]
FRONTO, an Marcus Aurelius: Wenn überhaupt:
Gefesselt im sanften, ruhigen Schlaf -
Wie der Dichter sagt, ich sehe dich im Traum, es gibt keine Zeit, wenn ich
dich nicht umarme und dich liebevoll küsse... Das ist ein Beweis meiner
Liebe, den ich den Annalen entnehme, eine poetische und verträumte
Liebe.
[7-10] Homer erzählt, wie seine Seele in Ennius' Körper gewandert war.
VARRO: Diese beiden, Himmel und Erde, entsprechen dem Leben und
dem Leib. Die nassen und kalten Massen bilden die Erde, und ob wir
davon ausgehen, dass:
Der mit Blättern versehene Stamm wird gepflegt von Eiern, nicht vom
Leben -
Nach den Worten des Ennius,
Und nach dieser Zeit das Leben selbst kommt zu den Küken durch den
Willen Gottes;
Oder nach Zenon von Citium, dass der Samen der Lebewesen Feuer ist,
und das ist ihr Leben und ihre Seele.
[11-12]
VARRO: Genau deshalb ist die Aussage von Ennius wahr:
Und die Erde, die den Körper selbst verlieh, nimmt ihn zurück und
verschwendet nicht Einen Samen.
[13]
DONATUS: Ich erinnere mich an 'sehen' anstelle von 'gesehen': Ennius:
Ich erinnerte mich daran, ein Pfau geworden zu sein.
SCHOLIAST: Persius deutet auf Ennius hin, der besagt, dass er im Traum
eine Vision von Homer auf dem Parnassus gesehen habe; Homer sagte,
dass seine Seele in Ennius' Körper sei.
[14] Die Römer sollen sich an den Ort erinnern, an dem Ennius träumte.
PERSIUS:
Beachtet, ihr Bürger, Lunas Hafen, es lohnt sich.
So sagte Ennius in seinen Sinnen, nachdem er sich aus seinem Traum
herausgeschnarcht hatte, dass er zum Mäoniden, zu Quintus, schließlich zu
einem pythagoreischen Pfau geworden war.
SCHOLIAST: Diese Zeile nahm er aus den Gedichten von Ennius in sein
eigenes Gedicht auf. Es ist gut, dass er sagt, "so sagte Ennius in seinen
Sinnen, nachdem er geschnarcht hatte." Das sagt Ennius am Anfang seiner
Annalen, wo er aussagt, dass er im Laufe eines Traumes eine Vision von
Homer sah, der sagte, er sei einmal ein Pfau gewesen, und von dem nach
einer von dem Philosophen Pythagoras aufgestellten Regel, sei seine Seele
in Ennius überführt worden.
[18-19] Anchises
PROBUS: Ennius nahm für sich selbst in Anspruch des Anchises Macht
der Wahrsagerei durch Vogelkunde, und durch diese, war etwas vom
Propheten in ihm: also sagt er:
Und der scharfsinnige Anchises, dem Venus, die Lieblichste der Göttinnen,
gewährte die Macht, vorherzusagen, und ein göttliches Herz der
Prophezeiung zu haben.
[25]
VARRO: Dieses Wort bedeutet „alt“ und wird von Ennius benutzt, wenn er
sagt:
...die die alten und uralten lateinischen Völker bewohnten.
[31] Aeneas trifft den König von Alba; die Geschichte von Ilia, der Tochter
von Aeneas:
ATILIUS: Der kürzeste Hexameter hat 12 Silben wie dieser von Ennius:
Ihm antwortete der König von Alba Longa.
SERVIUS: Nach Ennius wird Romulus mit Aeneas unter die Götter
gerechnet.
[32-48] Der Traum von Ilia nach dem Tod von Aeneas; sie gebiert
Romulus und Remus:
CICERO: Ennius erzählt der berühmten Vestalin Geschichte:
Als die Alte sich aufrichtete, mit den Gliedmaßen zitternd ein Licht
brachte, sprach die Magd, die aus dem Schlaf aufgeschrocken war, unter
Tränen: Tochter von Eurydice, die du unsern Vater geliebt hast, jetzt Kraft
und Leben auch lass meinem ganzen Körper. Denn ein Mann von schönem
Aussehen schien sich auf angenehmen Lichtungen und Ufern und Stellen
seltsam zu beeilen; so, meine Schwester, danach schien ich allein zu
wandern, und langsam-füßig, um dich aufzuspüren und nach dir zu suchen,
aber war unfähig, dich mit meinem Herzen zu fangen: kein Weg sicherte
meine Tritte. Dann war es der Vater, der schien seine Stimme zu erheben
und zu mir mit diesen Worten zu sprechen: Tochter, zuerst gibt es Nöte,
von dir ertragen zu werden, aber danach wird dein Vermögen von einem
Fluss wieder aufsteigen. - Mit diesen Worten, meine Schwester, zog sich
der Vater plötzlich zurück und gab sich nicht mehr meinen Blicken,
obwohl mein Herz ihn ersehnte; nein, wenn auch oft und unter Tränen, ich
hielt meine Hände in Richtung der blauen Umrisse des Himmels und rief
und rief ihn mit schmeichelnder Stimme. Da schlief er, kaum krank im
Herzen.
OVID: Wenn eine Frau die Annalen nehmen sollte (es gibt kein Gedicht,
das zackiger ist als sie), wird sie lesen, wie Ilia eine Mutter wurde.
SERVIUS: Naevius und Ennius berichten, dass der Gründer der Stadt war
Romulus, der Enkel von Aeneas durch seine Tochter.
[53-4]
SERVIUS: Cetera, das ist in ceterum; Und es ist eine ennische Wendung:
Für das weitere mach dir keine Sorge um die Jungen, die du geboren.
PORPHYRIO: Nach dem Wort von Ennius wurde Ilja kraftvoll in den
Fluss Tiber geworfen, auf Befehl des Amulius, des Königs der Albaner:
Aber vorher wurde sie in der Ehe mit Anio verbunden.
[58]
SERVIUS:
Mit zwei Öffnungen...
Diese Ausdrucksweise ist ennisch und wird zur Verwendung von Türen
herangezogen, die wir sowohl nach rechts als auch nach links offen sehen.
[60-1]
MARTIANUS CAPELLA: Die Genossen Jupiters sind doppelt so
zahlreich, darunter der eben erwähnte Donnerer; deren Namen in einem
Paar von Zeilen im Ennius enthalten sind:
Juno, Vesta, Minerva, Ceres, Diana und Venus,
Merkur, Jovis, Neptunus, Vulcanus und Apollo.
[62] Die Rede der Juno; sie stimmt der Vergötterung des Romulus zu:
SERVIUS: Wir müssen entweder ein Komma nach sancte setzen oder auch
den Ausdruck 'sancte deorum' nach Ennius verwenden:
Juno, geheiligt unter den Göttinnen, Tochter des Saturn, antwortete...
[63-4] Jupiter sagt zu Mars, dass nur einer seiner Söhne vergöttlicht
werden soll:
VARRO: Ich werde in diesem Buch von Worten sprechen, die einen Platz
in den Dichtern haben. Ich werde damit beginnen:
Einer nur wird es sein, den du zu den blauen Gegenden des Himmels
erheben wirst.
[70] Der Korb, der der Ilia Zwillinge Romulus und Remus enthält, wird
von einem Feigenbaum, der später der "Feigenbaum der Väter" genannt
wurde, beschattet.
CHARISIUS: Fici... Ennius sagt:
Süßigkeit enthaltende Feige, triefende Milch aus dem vollen Euter.
SERVIUS: Die ganze Passage von Vergil, Aenäis 8, 630 ist sicherlich nach
Ennius modelliert.
[79] Romulus und Remus warten auf den Tagesanbruch, um die Auspizien
zu begehen.
MACROBIUS: Und die Toten der Nacht hielten den Mond in einem
schwarzen Nebel versteckt (Vergil, Aenäis 3,597). Ennius sagt im ersten
Buch:
Als die Toten der Nacht das Licht oben versteckten...
[101] Remus spottet über Romulus und seine Mauer auf der Pfalz:
FESTUS: Quamde für quam:
Jupiter! Ja, wirklich verlässt er sich mehr auf eine Mauer als auf die Kraft
seines Armes!
[105]
FESTUS: Sum für eum.
Aber durch Strategie, nicht durch rohe Gewalt, sollte er versuchen, diesen
Zustand zu retten.
[106] Nach dem Sieg über die Sabiner feiert Romulus öffentliche Spiele
und Tänze:
GRAMMARIAN: Als Romulus dem Jupiter Feretrius einen Tempel
errichtet hatte, ließ man ihm Felle ausbreiten und hielt Spiele so, dass
Männer mit Handschuhen kämpften und an laufenden Rennen teilnahmen;
Ennius bezeugt diese Tatsache in den Annalem.
SERVIUS: Und einige denken, dass lentandus ein geprägtes Wort von
Vergil ist; aber in den Annalen lesen wir:
Abgerieben mit Öl, geschmeidig, und bereit für den Ringkampf.
PAULUS: "Lärm des Krieges" war ein Begriff, den die Römer gewohnt
waren zu tanzen, wenn sie mit Waffen tanzten; das war eine Institution des
Romulus, so dass er nicht erleiden musste, was er selbst tat, als er die
Mädchen der Sabiner bei ihren öffentlichen Spielen verschleppte.
[110]
CHARISIUS: Concorditer.
Ihr beide, während ihr eure Tage in Freundlichkeit für ewig verlasst...
[112-13] Romulus und Titus Tatius gründen ein doppeltes Königtum; die
Sabiner bilden einen neuen Stamm in Rom:
NONIUS: Fortunatim, wohlhabend.
Und möge dies, so bete ich, für mich, für unsere Aufgabe, für unsere
geplante Tugend, für unser Reich und für euch, meine Bürger, Glück und
Erfolg bringen.
VARRO: Nach Ennius waren die Titienser so genannt nach Tatius, die
Ramnenser von Romulus; die Luzerner nach Junius, von Lucumo.
SERVIUS: Nach Ennius wird Romulus mit Aeneas unter die Götter
gerechnet.
[114-15] Proculus erzählt den Menschen von seiner Vision des Romulus:
SERVIUS: Aevum bedeutet wirklich Ewigkeit, die zu keinem außer zu
Göttern kommt. Ennius sagt:
Romulus lebt von Äon zu Äon im Himmel mit den Göttern, die ihn
geboren haben.
[122]
FESTUS: Speres. Die archaischen Schriftsteller verwendeten diese
Pluralform, zum Beispiel Ennius im zweiten Buch:
Und sobald er entfloh, hofften wir so ganz...
[133] Horatius rechtfertigt sich vor seiner Schwester, die einen der Curiatii
liebte:
PRISCIANUS: Wir finden sehr alte Schriftsteller, die sogar die vorletzten
Worte verlängerten:
Er stimmte zu, dass er sich mit dem Schwert an mich wenden würde.
[135] Sie sorgt mehr für ihren toten Curiatius als für alle Römer:
FESTUS: Quamde für quam.
...als für all eure Legionen und Bürger.
[136] Der Vater von Horatius plädiert für seinen Sohn bei seinem Prozess,
seine Schwester zu töten; er schuf Trauer der Mutter:
FESTUS: Sum für eum.
Aber jener, den sie in die Welt des Lichtes hineingegeben hat...
[139] Die Bestrafung von Mettius Fufettius durch Tullus für die
Weigerung, Rom zu helfen:
QUINTILIAN: Tinga von Placentia. Durch das Schreiben precula für
pergula war er schuldig zweier Barbarismen in einem Hauptwort. Aber
Ennius, angeklagt auf eine ähnliche Anklage eines doppelten Fehlers,
sagte:
Ich werde bei dem Plädoyer für die Dichterlizenz verteidigt.
[146-7]
FESTUS: Quaesere wird von archaischen Schriftstellern anstelle von
quaerere gestellt.
Ostia wurde befestigt. Er machte auch den Kanal klar für große Schiffe
und für Seeleute, die einen Lebensunterhalt auf dem Meer suchten.
[148]
SERVIUS: Einige sagen, dass texamus der richtige Begriff ist, weil die
Orte, an denen Schiffe gemacht werden, im Lateinischen Textrina genannt
werden. Ennius sagt:
Für sie auch die Ebene hält eine Werkstatt bereit für ihre langen Schiffe.
[149]
FESTUS: Ennius scheint einen Scherz gemacht zu haben. Und im zweiten
Buch sagt er:
Die blau-dunklen Ebenen.
BUCH III - Die Herrschaft von Tarquinius Priscus, Servius Tullius und
Tarquinius Superbus; Gründung der Republik
[150] Jupiters Omen für Priscus auf seinem Weg nach Rom:
NONIUS: Laevum. Die alten Kritiker glauben, dass dieses Wort
gleichbedeutend ist mit der Bedeutung von levare. Ennius im dritten Buch
der Annalen sagt:
Der All-Glorreiche schickte eines Tages vom Himmel ein günstiges
Zeichen.
[156] Der Krieg von Priscus mit den Lateinern oder Etruskern:
FESTUS: Sos für eos. Ennius sagt im dritten Buch:
Die Clans der Macht und des Reichtums, die um sie herum sind...
BUCH IV - Die frühe Republik, bis zur gallischen Invasion von 390 vor
Christus
[169] Appellation der Frauen bei Fregellae bei ihrer Ergreifung, 313 vor
Christus:
PRISCIANUS: Misereo wurde von den ältesten Schriftstellern benutzt:
Sie verursachten sogar den Feind, Mitleid mit ihren Tränen zu haben.
[173] Prolog:
SERVIUS, über „Entledige diesen großen Krieg von Ende zu Ende.“ bei
Vergil (Aenäis 9,528): das ist: Erzähle nicht nur die Anfänge, sondern auch
die Schlüsse dieser Kriege; denn durch orae sind "Extremitäten" gemeint.
Ein Kommentator von Servius fügt hinzu: Es ist ferner ein Ausdruck von
Ennius:
Wer kann diesen großen Krieg von Ende zu Ende lösen?
[180] Ein plötzlicher Überfall in der Nähe von Tarentum durch Lucius
Aemilius Barbula:
MACROBIUS, zitierend Vergil (Aenäis 7,625): „Durch den Staub rasen
die Reiter; alle riefen nach Waffen.“ Ennius sagt:
Er bedrängte die dummen Schafe; alle riefen nach Waffen.
[181-5] Vorbereitungen für das Verbrennen der Toten nach der Schlacht
von Heraclea, 280 vor Christus:
MACROBIUS, zitierend Vergil (Aenäis 6,179): „Sie gingen in einen alten
Wald, in tiefe Höhlen des wilden Waldes; es fielen Pechkiefern, klapperten
Balken unter Schlägen, klapperten Bohlen von Eschen gegen die Keile;
Eichenholz spalteten sie und rollten es entlang der hohen Vogelreihen der
Berge.“ Ennius sagt im sechsten Buch:
Dann schritt er durch tiefe Dickichtwälder und wütete mit Beilen;
mächtige Eichen stürzten; unten stürzte der Stamm und die Asche wurde
zerstreut; gefällt war die stattliche Tanne; sie rissen die hohen Kiefern
hinab; und das ganze Dickicht des Laubwaldes knisterte und seufzte und
raschelte.
[194-5] Appius Claudius protestiert gegen jede Annahme der Opfer von
Cineas:
CICERO: Als Appius Claudius im hohen Alter war, geschah es, dass er
auch blind war; dennoch, als die Meinung des Senats zum Frieden und zur
Allianz mit Pyrrhus geneigt war, zögerte er nicht, jene berühmten
Gedanken auszusprechen, die Ennius in der Poesie so ausspricht:
Wohin auf deiner Straße haben sinnlos deine Sinne sich gewandt, die
bisher gepflegt, aufrecht zu stehen?
[196]
DONATUS, über „in animo parare“ bei Terenz: der Zusatz von animo ist
anmutig. Ennius sagt im sechsten Buch:
Aber weshalb traue ich jetzt in meinem Herzen?
[200-2] Die Schlacht von Ausculum; Decius widmet sich den Dämonen:
NONIUS: Prognariter, aktiv, tapfer und standhaft. Ennius sagt:
Ihr Götter, hört mein Gebet ein wenig, so wie ich in meinem Leib bin, ich
atme meinen letzten Atems um des römischen Volks willen, wissend und
standhaft, in Waffen und in der Schlacht.
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Epicharmus von Syrakus lebte zwischen 485 und 467 vor Christus. Er
schrieb Komödien, in denen philosophische Ansichten gelegentlich
satirisiert wurden; aber diese haben keinen Wert für die Philosophie, und
einige der angeblichen Zitate sind offensichtliche Fälschungen: Die
Fragmente 1-6 sind fast sicher geschmiedet zur Unterstützung der
Behauptung, dass Plato von Epicharmus plagiiert hat.
1. Aber die Götter waren immer da, es fehlten sie nie; und diese Dinge
("das Göttliche") existieren immer in einer ähnlichen Form und durch
dieselben Ursachen.
B Aber immer noch wird gesagt, dass das Chaos war als der erste der
Götter geschaffen worden.
A Wie kann das sein? Es ist unmöglich, ein "erstes" Ding von etwas zu
sein und als Etwas zu kommen.
A Und wenn man ferner, wenn man will, zu einer Elle ein anderes Maß der
Länge hinzufügt oder eine Länge von dem, was vorher war, abschneidet:
bleibt das erste Maß bestehen?
B Nein.
A Jetzt betrachte die Menschen auf diese Weise: man nimmt einen
weiteren Abfall weg, und alle sind im Prozess der Veränderung die ganze
Zeit. Aber das, was seine Natur ändert und nie im selben Zustand bleibt,
muß auch jetzt anders sein als das, was sich geändert hat. So warst du und
war ich gestern andere Männer, und wir sind wieder andere Menschen, und
wieder werden wir andere in der Zukunft sein und niemals dieselben nach
demselben Gesetz des Logos.
B Natürlich.
B Keineswegs.
A Komm, lass mich sehen: Was ist ein Flötenbläser? Was glaubst du, was
er ist? Ein Mann, oder nicht?
A Glaubst du nicht, dass es das gleiche auch mit dem Guten ist? Das Gute
ist die Tätigkeit an sich; aber wer es gelernt hat und kennt es, dann wird er
gut. Denn wie ein Flötenbläser ist, der das Flötenblasen gelernt hat, oder
ein Tänzer, der das Tanzen gelernt hat, oder ein Weber, oder in jedem
solchen Beispiel, was auch immer du willst: er selbst ist nicht sein
Handwerk, sondern er ist der Handwerker.
4. Eumaeus, Weisheit ist nicht nur in einer Sache, sondern alles, was lebt,
hat auch Erkenntnis. Denn die weibliche Gruppe der Hühner, wenn du
genau beobachtest, wird nicht gebären lebende Nachkommen, sondern
sitzt auf Eiern und bewirkt, dass sie das Leben haben. Aber die Natur
allein weiß, wie es mit dieser Weisheit ist, denn sie ist von selbst gelehrt.
5. Es ist gar nicht bemerkenswert, dass wir so von diesen Dingen sprechen
und uns selbst Freude machen und uns von Natur aus gut begreifen. Denn
der Hund scheint auch sehr schön der Hündin und der Ochse der Kuh und
der Esel sehr hübsch der Eselin und sogar das Schwein der Sau.
6. Wie stelle ich mir das vor? Nein, ich weiß das ganz gut, dass es eines
Tages wieder diese Worte von mir geben wird. Und jemand wird sie
nehmen und das Metrum abstreifen, das sie jetzt haben, und wird geben
ihnen ein Purpur-Gewand geben, das sie mit feinen Phrasen bestickt ist;
und er, ein Mann, schwer umzuwerfen im Ringen, wird zeigen, dass der
Rest einfach umzuwerfen ist.
7. Nun, aber ich tue all diese Dinge unter Zwang; Und ich denke, niemand
ist bereitwillig gut für nichts und wieder nichts oder akzeptiert bereitwillig
die Bedrängnis.
8. Epicharmus sagt, die Götter sind Wind, Wasser, Erde, Sonne, Feuer,
Sterne; aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dass für uns die einzigen
nützlichen Götter Silber und Gold sind.
9. Es war vereinigt und getrennt, und es ging zurück, woher es kam, Erde
zu Erde, der Atem nach oben. Was ist schwer? Nichts!
10. Was ist denn die Natur der Menschen? Geblasene Blasen!
11. Ich will nicht sterben; aber tot zu sein, das macht mir nichts aus!
12. Der Geist sieht und der Geist hört; alles andere ist taub und blind.
13. Halte dich nüchtern und denke daran, misstrauisch zu sein: dies sind
die geschmeidigen Gelenke der Intelligenz.
14. Es ist schwierig, gut über ein schlechtes Thema zu sprechen: Kaum
sind die Worte gesprochen, da schon der Fehler erscheint.
16 Xenophanes sprach das, was unwahrscheinlich und doch wahr ist, nach
der Aristotelischen Metaphysik.
16. Das, was früher zwei Männer sagten, ich, ein Mann, bin genug begabt,
es auch zu sagen: Der Charakter des guten Menschen ist sein gutes
Schicksal, aber für einige Menschen das schlechte.
17. Die beste Nahrung für die Sterblichen auf ihrer Pilgerschaft ist ein
frommes Leben.
18. Das Beste, was ein Mensch haben kann, ist meiner Ansicht nach die
Gesundheit.
20a. Manchmal war ich im Haus dieser Männer, manchmal war ich im
Haus jener Männer.
21. Wenn ihr von Natur aus fromm seid, könnt ihr nach dem Tode nicht
leiden; dein Geist wird oben im Himmel überleben.
22. Nichts entgeht dem Göttlichen: das musst du erkennen. Gott selbst ist
unser Aufseher, und nichts ist ihm unmöglich.
23. Richte deine Gedanken recht aus, ob du nun eine lange Zeit oder eine
kurze Zeit lebst.
24. Bürgschaft zu leisten ist die Tochter der Torheit, Verlust des Geldes ist
die Tochter der Bürgschaft.
25. Wenn du einen reinen Geist hast, bist du rein in deinem ganzen Körper.
29. Eine Hand wäscht die andere Hand: Gib etwas, und du kannst etwas
bekommen.
32. Die Praxis gibt mehr Ergebnisse als eine gute natürliche Begabung,
meine Freunde.
34. Wer würde mich nicht beneiden, meine Freunde? Es ist offensichtlich,
dass ein Mann, der nicht beneidet, keinen Mangel hat. Man sieht einen
Blinden, wenn man ihn sieht, aber niemand beneidet ihn.
35. Die Tugend der rechtschaffenen Frau wird ihren Mann nicht verletzen.
36. Die Götter verkaufen alle guten Dinge zum Preis der Mühe.
37. Unglückliche, achtet nicht auf das Weiche, damit ihr nicht hart werdet!
38. Geh zu deinen Nachbarn in einem hellen Kleid, und du wirst von
vielen betrachtet, Intelligenz zu haben, obwohl möglicherweise du keine
hast.
40. Natürliche Begabung ist am besten, und das zweitbeste ist es zu lernen.
44a. Der intelligente Mensch ist würdig der Ehre. Dies ist, wie es ist:
Eigentum, ein Haus, absolute Regeln, Reichtum, Kraft, Schönheit, wenn
sie einem Mann ohne Intelligenz zukommen, werden sie lächerlich.
44b. Lüste für Sterbliche sind wie gottlose Piraten: denn der Mann, der
von Lüsten gefangen wird, ist direkt in einem Meer der Lüste ertrunken.
45. Der Mann, der gar nicht unglücklich ist und einen Lebensunterhalt hat,
gibt noch nichts Schönes und Gutes seiner Seele, ich nenne ihn nicht
glücklich im Geringsten, sondern eher einen Hüter von Waren für jemand
anderes.
46. Wer am wenigsten sündigt, der ist der beste Mann; denn niemand ist
unschuldig, niemand ist schuldlos.
48. Der Körper ist Erde, aber der Geist ist Feuer.
50. Dieses Feuer der Seele ist von der Sonne abgeleitet.
52. Die Mutter Erde hat alle Rassen in allen Ländern geboren und nimmt
sie wieder zurück: sie ist es, die Nahrung gibt.
52a. Sie wird genannt Ceres, weil sie die Ernte bringt.
53. Das ist Jupiter, von dem ich spreche, den die Griechen Luft nennen;
der Wind und Wolken und danach Regen und von Regen Kälte und danach
Wind und wieder Luft bringt. Deshalb sind diese Elemente, die ich euch
nenne, Jupiter, denn mit ihnen hilft er allen Sterblichen, Städten und
Tieren.
54. Der "Epicharmus" von Ennius nennt die Mondin auch Persephone,
weil sie gewöhnlich unter der Erde ist.
55. Epicharmus gab den höchsten Rang unter den Mitteln der Weissagung
den Träumen, weil es nicht möglich ist, durch freie Wahl zu träumen.
56. Das Leben für die Menschheit hat großen Bedarf an Berechnung und
Zahl. Wir leben nach Berechnung und Zahl; diese konservieren die
Sterblichem.
57. Das Gesetz des Logos steuert die Menschheit recht und bewahrt sie
immer. Der Mensch hat Berechnung, aber es gibt auch den göttlichen
Logos. Aber der menschliche Logos ist aus dem göttlichen Logos
entsprungen, und er bringt jedem Menschen seine Mittel des Lebens und
seine Erhaltung. Der göttliche Logos begleitet alle Künste und lehrt die
Menschen, was sie für ihren Vorteil tun müssen; denn niemand hat
irgendeine Kunst entdeckt, sondern es ist immer Gott.
„Chiron“
58. Und trinke eine doppelte Menge von warmem Wasser, zwei Halb-
Maße.
60. Ein kämpferischer Widder kann gezähmt werden, indem man die
Hörner an den Ohren langzieht, wo sie sich kreuzen.
61. Gebrechen der Hoden und Genitalorgane können durch die
Anwendung eines Kohlblattes nützlich behandelt werden.
62. Die Anwendung eines Wildkohlblattes genügt gegen den Biss eines
wütenden Hundes, aber es ist besser, Silphium-Saft und Essig
hinzuzugeben; Hunde sterben auch daran, wenn ihnen Wildkohl mit
Fleisch gegeben wird.
„Kochen“
„Epigramm“
64. Ich bin eine Leiche. Ein Leichnam ist Mist, und Mist ist Erde. Wenn
die Erde ein Gott ist, dann bin ich nicht eine Leiche, sondern ein Gott.
„An Antenor“
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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke
Worte der Weisheit und Gottesliebe
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LUCRETIA
Von Josef Maria von der Ewigen Weisheit
LIVIUS
Ardea gehörte zu den Rutuli, die für diesen Ort und die Zeit eine Nation
von herrschendem Reichtum waren. Diese Tatsache war die Ursache des
Krieges, denn der römische König wollte nicht nur sich selbst bereichern,
verarmt, wie er durch die Pracht seiner öffentlichen Arbeiten war, sondern
auch mit Beute das Gefühl des gemeinen Volkes beschwichtigen; die außer
der Feindschaft, die sie gegenüber den Monarchen für andere Taten des
Stolzes trugen, besonders ärgerlich waren, dass der König sie so lange als
Handwerker beschäftigen und die Arbeit der Sklaven befehlen wollte. Ein
Versuch wurde gemacht, um Ardea durch Angriff zu ergreifen. Nachdem
dies gescheitert war, investierten die Römer in den Ort mit Anmaßungen,
und begannen zu belagern den Feind. Hier in ihrem ständigen Lager, wie
es bei einem nicht scharfen, aber langgezogenen Krieg üblich ist, war die
Freizügigkeit freigegeben, freilich mehr den Führern als den Soldaten;
begleiteten die jungen Fürsten ihrerseits doch während des Essens und des
Trinkens ihre untätigen Stunden miteinander. Es geschah, wie sie in den
Vierteln von Sextus Tarquinius trinken, wo Tarquinius Collatinus, Sohn
von Egerius, auch ein Gast war, dass das Thema auf die Frauen kam. Jeder
Mann begann, seine eigene Frau mit Enthusiasmus zu loben, und, da ihre
Rivalität heiß wurde, sagte Collatinus, dass es keine Notwendigkeit gab,
darüber zu sprechen, denn es war in ihrer Macht, in wenigen Stunden zu
wissen, wie weit der Rest der Frauen von seiner eigenen Lucretia
übertroffen wurde. „Kommt! Wenn die Kraft der Jugend in uns ist, so lasst
uns unsere Pferde satteln und uns die Gesinnung unserer Frauen sehen.
Lasse jeder Mann als die sicherste Prüfung betrachten, was seinen Augen
begegnet, wenn der Mann der Frau unerwartet eintritt.“ Sie wurden vom
Wein erhitzt. „Einverstanden!“ riefen sie alle und klatschten mit den
Sporen an ihre Pferde und ritten nach Rom. Als sie dort zur frühen
Dämmerung ankamen, zogen sie zu Collatia, wo Lucretia von den
Schwiegertöchtern des Königs ganz anders entdeckt wurde. Diese hatten
sie bei einem luxuriösen Bankett gesehen, das die Zeit mit ihren jungen
Freundinnen wegwischte; aber Lucretia, obwohl es spät in der Nacht war,
beschäftigte sich eifrig mit ihrer Wolle, während ihre Jungfrauen um sie im
Lampenlicht waren, während sie in der Halle ihres Hauses saß. Der Preis
dieses Wettbewerbs in weiblichen Tugenden fiel Lucretia zu. Als
Collatinus und Tarquinius sich näherten, wurden sie gnädig empfangen,
und der siegreiche Ehemann lud höflich die jungen Fürsten an seinen Tisch
ein. Es war dort, dass Sextus Tarquinius von einem bösen Verlangen
überwältigt wurde, Lucretia mit Gewalt zu erkennen; nicht nur ihre
Schönheit, sondern auch ihre erwiesene Keuschheit provozierte ihn.
Jedoch für die Gegenwart endete sie den Knabenstreich der Nacht und
kehrten zum Lager zurück.
Als wenige Tage vergangen waren, nahm Sextus Tarquinius, ohne dass
Collatinus es wusste, einen Begleiter und ging nach Collatia. Freundlich
begrüßt, weil niemand seinen Zweck verdächtigte, wurde er nach dem
Abendessen in eine Gastkammer gebracht. Brennend von Leidenschaft
wartete er, bis es ihm schien, dass alles für ihn sicher war und alle
schliefen; dann zog er sein Schwert und kam zu der schlafenden Lucretia.
Er legte der Frau seine linken Hand auf ihre Brüste und sagte: „Sei still,
Lucretia! Ich bin Sextus Tarquinius. Mein Schwert ist in meiner Hand.
Mach nur ein Geräusch, und du stirbst!“ Die Frau sank aus Angst in den
Schlaf. Keine Hilfe war in Sicht, aber nur der bevorstehende Tod. Dann
begann Tarquinius, seine Liebe zu erklären, zu flehen, Drohungen mit
Gebeten zu mischen, jeden Anschlag auf das Herz der Frau zu richten. Als
er sie verleumdet und er sie nicht von Angst vor dem Tod bewegt sah, ging
er weiter und bedrohte sie mit Schande und sagte, wenn sie tot wäre,
würde er seinen Sklaven umbringen und ihn nackt an ihre Seite legen,
damit sie könnte wegen Ehebruch mit einem Mann von niedriger Klasse
getötet worden sein. Bei dieser schrecklichen Aussicht wurde ihre
entschlossene Bescheidenheit wie mit Gewalt durch seine siegreiche
Begierde überwunden; und Tarquinius entfernte sich, er jubelte in seiner
Eroberung der Ehre einer Frau. Lucretia, die in ihrer großen Katastrophe
trauerte, schickte dieselbe Botschaft an ihren Vater in Rom und an ihren
Mann bei Ardea, dass sie jeder einen vertrauten Freund nehmen und
kommen sollten, dass sie dies tun und schnell tun müssen, denn
Schreckliches war geschehen. Spurius Lucretius kam mit Publius Valerius,
dem Sohn von Volesus. Collatinus holte Lucius Junius Brutus, mit dem er
zufällig nach Rom zurückkehrte, als er vom Boten seiner Frau unterrichtet
wurde. Lucretia fanden sie traurig in ihrer Kammer. Der Eintritt ihrer
Freunde brachte ihr Tränen in die Augen, und auf die Frage ihres Mannes:
„Ist alles gut?“ antwortete sie: „Weit davon entfernt; denn was kann mit
einer Frau gut sein, wenn sie ihre Ehre verloren hat? Der Druck eines
fremden Mannes, Collatinus, ist in deinem Bett. Aber mein Körper nur ist
verletzt worden; mein Herz ist schuldlos, wie der Tod mein Zeuge sein
wird. Aber versprich in deine rechte Hand und schwöre, dass der
Ehebrecher nicht ungestraft geht. Sextus Tarquinius ist es, der letzte Nacht
Feindseligkeit für die Gastfreundschaft gegeben und bewaffnet mit Gewalt
mich verdarb, und sich selbst nicht weniger - wenn ihr Menschen seid - als
er seine Lust mit mir hatte.“ Sie geben ihre Verpflichtungen der Reihe
nach. Sie versuchen, sie zu trösten, krank im Herzen, wie sie ist, indem sie
die Schuld von ihr ablenken, zum Täter des Unrechts, der sie gezwungen
hatte. Sie sagen ihr, dass es der Geist ist, der sündigt, nicht der Körper; und
wo der Zweck fehlt, gibt es keine Schuld. „Es ist für dich zu bestimmen“,
antwortete sie, „was ihm zu verdanken ist; für mich selbst, obwohl ich
mich von der Sünde frei mache, entbinde ich mich nicht der Strafe; nicht
in der Zeit, die kommen wird, wird je eine vergewaltigte Frau leben durch
das Beispiel von Lucretia.“ Und ein Messer, das sie unter ihrem Kleid
verborgen hatte, stürzte sie in ihr Herz und sank vorwärts auf die Wunde,
und starb, als sie fiel. Das Heulen um die Tote wurde von ihrem Mann und
ihrem Vater erhoben.
Brutus, während die anderen in Kummer versunken waren, zog das Messer
aus der Lucretia Wunde und hielt es hoch und rief: „Durch dieses Blut,
keusch, bis ein Fürst es getan hat, schwöre ich, und ich nehme euch, ihr
Götter, zu Zeugen, dass ich Lucius Tarquinius Superbus und seine böse
Frau und all seine Kinder mit Schwert, mit Feuer, ja mit Gewalttätigkeit
verfolge; und dass ich weder ihn noch einen anderen König in Rom leiden
werde!“ Mit dem Messer ging er dann zu Collatinus und von ihm zu
Lucretius und Valerius. Sie waren verblüfft über dieses Wunder. Woher
kam dieser neue Geist in der Brust von Brutus? Wie er ihnen geboten, so
schworen sie. Die Trauer war im Zorn verschluckt; und als Brutus sie
aufforderte, in demselben Augenblicke gegen die Macht der Könige zum
Krieg zu kommen, folgten sie seiner Führung. Sie führten die Leiche von
Lucretia aus dem Haus und bahrten sie auf den Marktplatz auf, wo die
Menschen sich um sie drängten, sie zogen die Menschen an, wie sie
waren, durch den erstaunlichen Charakter des seltsamen Ereignisses und
seiner Abscheulichkeit. Jeder Mann hatte seine eigene Beschwerde über
das Verbrechen des Fürsten und seine Gewalt zu machen. Sie wurden
bewegt, nicht nur durch das Leid des Vaters, sondern auch durch die
Tatsache, dass es Brutus war, der ihre Tränen und leeren Klagen schelten
tat und sie aufforderte, das Schwert, wie es sich für Männer und Römer
geziemte, gegen diejenigen zu ergreifen, die es gewagt hatten, sie zu
behandeln als Feinde. Die kühnsten der jungen Männer ergriffen ihre
Waffen und boten sich zum Dienst an, und die anderen folgten ihrem
Beispiel. Dann verließ Lucretia der Vater, um Collatia zu schützen und
Urteile zu veröffentlichen, damit niemand den Aufstand der königlichen
Familie verkünden konnte, der Rest, ausgerüstet zur Schlacht und unter
des Brutus Befehl, machte sich nach Rom auf. Dort, wo ihre bewaffneten
Banden fortschritten, brachte es Terror und Verwirrung; aber wieder, als
die Leute sahen, dass in dem Wagen die Hauptmänner des Staates waren,
schlossen sie, dass alles, was es sei, keine sinnlose Störung sein könne.
Und tatsächlich gab es nicht weniger Groll in Rom, als diese schreckliche
Geschichte bekannt war, als es in Collatia gegeben hatte. Aus jedem
Viertel der Stadt kamen die Männer zum Forum. Kaum waren sie da,
brachte ein Rufer die Leute vor die Tribüne der Celeres, welche das Amt
des Brutus damals hielten. Dort hielt er keine Rede, wie man es von dem
Geist und dem Sinn erwartet hatte, den er bis zu diesem Tag vorgetäuscht
hatte. Er sprach von der Gewalt und der Lust des Sextus Tarquinius, von
der beschämenden Vergewaltigung Lucrezias und ihrem beklagenswerten
Tod, der Trauer des Tricipitinus, in dessen Augen der Tod seiner Tochter
nicht so unverschämt und bedauerlich war wie die Ursache ihres Todes. Er
erinnerte sie außerdem an den Stolz des Königs selbst und den
erbärmlichen Zustand der Gemeinen, die in Gräben und Abwasserkanäle
versenkt wurden. Die Männer von Rom, sagte er, die Eroberer aller Völker
rings umher, waren von Kriegern in Handwerker und Steinmetze
verwandelt worden. Er sprach von dem schändlichen Mord an König
Tullius und wie seine Tochter ihren verfluchten Wagen über den Körper
ihres Vaters getrieben hatte, und er rief die Götter an, die Verbrechen gegen
die Eltern zu bestrafen. Mit diesen und, wie ich glaube, noch härteren
Vorwürfen, wie sie bei einem Menschen in der Gegenwart eines
Verbrechens vorkommen, aber für einen Historiker nicht leicht zu
reproduzieren sind, entzündete er das Volk und brachte sie zur Aufhebung
der Königs-Autorität und ins Exil Lucius Tarquinius, zusammen mit seiner
Frau und seinen Kindern. Brutus selbst schrieb dann die Junioren ein, die
gaben freiwillig ihre Namen, und bewaffnete sie für das Lager in Ardea,
um die Truppen gegen den König zu erheben. Den Befehl in Rom verließ
er mit Lucretius, der einige Zeit zuvor zum Präfekten der Stadt vom König
berufen worden war. Während dieser Verwirrung floh Tullia aus ihrem
Haus, verfluchte, wo immer sie ging, Männer und Frauen, rief auf sie die
Furien herab, die das Unrecht der Verwandten rächen.
AUGUSTINUS
Von der Verletzung der geweihten und anderen christlichen Jungfrauen, die
in der Gefangenschaft unterworfen waren und denen ihr eigener Wille
keine Zustimmung gab; und ob das ihre Seelen verunreinigte.
Aber sie glauben, dass sie eine schlüssige Anklage gegen das Christentum
vorbringen, wenn sie das Grauen der Gefangenschaft verschlimmern,
indem sie hinzufügen, dass nicht nur Frauen und unverheiratete
Jungfrauen, sondern auch geweihte Jungfrauen vergewaltigt wurden. Aber
wahrlich, in dieser Hinsicht ist es weder christlicher Glaube noch die
Pietät, noch die Tugend der Keuschheit, die in jeder Schwierigkeit
geschändet wird; die einzige Schwierigkeit ist es, das Subjekt so zu
behandeln, dass man sofort Bescheidenheit und Vernunft befriedigt. Und
wir werden nicht so vorsichtig sein, unseren Anklägern zu antworten, um
unsere Freunde zu trösten. Wenn zum Beispiel die Tugend, die das Leben
macht, ihren Thron in der Seele hat und darum die Glieder des Leibes
regiert, die wird heilig in der Kraft der Heiligkeit des Willens; und
während der Wille fest und unerschüttert bleibt, nichts, was eine andere
Person mit dem Körper oder in dem Körper erleidet, ist ein Fehler der
Person, die es leidet, solange sie nicht entkommen kann ohne Sünde. Aber
da nicht nur Schmerzen zugefügt werden können, sondern die Lust an dem
Leib eines Anderen befriedigt wird, sobald etwas von dieser letzteren Art
stattfindet, dringt die Schande sogar in einen ganz reinen Geist ein. Welche
Schamhaftigkeit nicht fortgegangen ist vor der Schande, damit nicht
Handlungen, die nicht ohne sinnliches Vergnügen erlitten werden könnten,
angenommen werden müssen, wurden sie auch mit einer gewissen
Zustimmung des Willens begangen.
3
Von der Gewalt, die dem Leib durch die Lust eines Anderen angetan
werden kann, während der Geist unverletzt bleibt.
Aber gibt es eine Angst, dass auch die Lust eines anderen die Verletzten
verunreinigen kann? Es wird sie nicht verschmutzen, wenn es ein anderer
ist: wenn es sie verschmutzt, ist es nicht der andere, sondern die Lust wird
geteilt auch von den Verschmutzten. Weil aber die Reinheit eine Tugend
der Seele ist und für ihre Tugend, die Tapferkeit, die alle Krankheiten
ertragen wird, es keine Zustimmung zum Bösen gibt; und da niemand, so
großherzig und rein, immer die Beseitigung seines eigenen Körpers
bewerkstelligt, sondern nur die Zustimmung kontrollieren kann und die
Ablehnung seines Willens, was der gesunde Mensch vermuten kann, dass,
wenn sein Körper ergriffen und gewaltsam benutzt wird, um die Lust eines
anderen zu befriedigen, er damit verliert seine Reinheit? Denn wenn die
Reinheit so zerstört werden kann, so ist die Reinheit sicherlich keine
Tugend der Seele; noch kann sie zu den guten Dingen zählen, durch die
das Leben gut gemacht wird, sondern unter die guten Dinge des Körpers,
in der gleichen Kategorie wie Kraft, Schönheit und ungebrochene
Gesundheit, und kurz, alle so guten Dinge, die vermindert werden können,
ohne überhaupt die Güte und die Richtigkeit unseres Lebens zu
vermindern. Aber wenn Reinheit ist nichts besseres als diese, warum sollte
der Körper zerstört werden, dass er bewahrt werden kann? Wenn es auf der
anderen Seite der Seele gehört, dann nicht einmal, wenn der Körper
verletzt wird, ist sie verloren. Noch mehr, die Tugend der heiligen
Enthaltsamkeit, wenn sie der Unreinheit der fleischlichen Lust widersteht,
heiligt auch den Körper. Und wenn daher diese Enthaltsamkeit unverletzt
bleibt, so wird auch die Heiligkeit des Leibes bewahrt, weil es der Wille
ist, ihn heilig zu gebrauchen, und soweit es im Körper selbst liegt, hat er
auch die Kraft dazu. Denn die Heiligkeit des Leibes besteht nicht in der
Unversehrtheit seiner Glieder, noch in ihrer Befreiung von aller
Berührung; denn sie sind verschiedenen Unfällen ausgesetzt, der Gewalt,
die sie verwundet, und den Chirurgen, die oft Operationen vollziehen, die
den Zuschauer krank machen. Eine Hebamme hat (ob boshaft oder
versehentlich oder durch Ungeschicklichkeit) die Jungfräulichkeit eines
Mädchens zerstört, während sie sich bemüht. Erkundige dich: Ich nehme
an, dass niemand so dumm ist zu glauben, dass die Jungfrau durch diese
Zerstörung der Integrität eines Organs etwas verloren hat an ihrer
körperlichen Heiligkeit. Und so, solange die Seele diese Festigkeit der
Absicht behält, die sogar den Körper heiligt, die Gewalt, die von den
anderen getan wird, und die Lust machen keinen Eindruck auf diese
körperliche Heiligkeit, die intakt bleibt durch die eigene hartnäckige
Enthaltsamkeit. Angenommen, eine Jungfrau verletzt den Eid, den sie Gott
geschworen hat, und geht, um ihrem Verführer zu begegnen mit der
Absicht, sich ihm zu ergeben, sollen wir sagen, dass sie, wie sie geht,
besessen ist sogar noch von der körperlichen Heiligkeit, wenn sie schon
die Heiligkeit der Seele, die den Körper heiligt, verloren und zerstört hat?
Weit ist es von uns, so falsch zu reden. Lasst uns lieber diese
Schlussfolgerung ziehen, dass, obwohl die Heiligkeit der Seele bleibt, auch
wenn der Körper verletzt wird, so ist die Heiligkeit des Körpers nicht
verloren; und dass in gleicher Weise die Heiligkeit des Körpers verloren
geht, wenn die Heiligkeit der Seele verletzt wird, obwohl der Körper selbst
intakt bleibt. Und daher hat eine Frau, die durch die Sünde eines anderen
verletzt worden ist, und ohne Zustimmung ihrer eigenen, keine Ursache,
sich zu Tode zu bringen; viel weniger hat sie Selbstmord zu begehen, um
eine solche Verletzung zu vermeiden, denn in diesem Fall begeht sie eine
bestimmte Tötung, um ein Verbrechen zu verhindern, das ist ungewiß noch
und nicht ihr eigenes.
Von Lucretia, die ein Ende ihres Lebens setzte wegen des Verbrechens, das
ihr angetan wurde.
Das ist unsere Position, und sie scheint genügend klar zu sein. Wir
behaupten, dass, wenn eine Frau verletzt wird, während ihre Seele keine
Zustimmung zu der Ungerechtigkeit gibt, sondern bleibt unantastbar
keusch, die Sünde ist nicht ihre, sondern seine, der sie verletzt. Aber tun
sie es, gegen die wir nicht nur die Seelen verteidigen müssen, sondern
auch die heiligen Leichen dieser empörten christlichen Gefangenen -
mögen sie vielleicht unsere Position bestreiten? Aber alle wissen, wie laut
sie preisen die Reinheit von Lucretia, dieser edlen Matrone des alten Rom.
Als König Tarquins Sohn ihren Körper verletzt hatte, kündigte sie die
Bosheit dieses jungen Schwätzers ihrem Ehemann Collatinus an und
Brutus, ihrem Verwandten, hochmütig und mutig und gebunden durch
einen Eid, sie zu rächen. Dann, herzkrank und unfähig, die Schande zu
tragen, setzte sie ein Ende ihres Lebens. Wie sollen wir sie nennen? Eine
Ehebrecherin oder eine keusche Frau? Es gibt keine Frage, was sie war.
Nicht glücklicher als wahrhaftig sagte ein Zögling von diesem traurigen
Geschehen: „Hier war ein Wunder: dort waren zwei, und nur einer beging
Ehebruch.“ Dies ist höchst gewaltsam und wahrhaftig gesprochen, dieser
Deklamator, in der Vereinigung der beiden Körper die faule Lust zu sehen
des einen und den keuschen Willen der andern, und nicht auf den Kontakt
der leiblichen Glieder zu achten, sondern auf die weite Verschiedenheit
ihrer Seelen, der sagte: „Es gab zwei, aber der Ehebruch wurde nur von
einem begangen.“ Aber wie ist es, dass sie, die keine Partnerin des
Verbrechens war, die schwerere Strafe der beiden trägt? Denn der
Ehebrecher wurde nur zusammen mit seinem Vater verbannt; sie erlitt die
extreme Strafe. Wenn das nicht Unreinheit war, durch die sie unfreiwillig
Ihrer Keuschheit beraubt wurde, dann ist dies nicht Gerechtigkeit, dass die
Keusche bestraft wird. Ich appelliere an euch, ihr Gesetze und Richter in
Rom. Auch nach der Begehung großer Leidenschaften leidet ihr nicht, dass
Verbrecher getötet werden ohne Untersuchung. Wenn man also diesen Fall
vor euer Gericht bringen und euch beweisen wollte, dass eine Frau nicht
nur unversucht, sondern keusch ist und unschuldig, dennoch getötet
worden war, würdet ihr nicht den Mörder mit proportional schwerer Strafe
heimsuchen? Dieses Verbrechen wurde von Lucretia begangen; dass
Lucretia so gefeiert wird, die schlachtete die unschuldige, keusche,
empörte Lucretia! Sprecht euer Urteil. Aber wenn ihr es nicht könnt, denn
da erscheint niemand, den ihr bestrafen könnt, warum preist ihr mit solcher
unangemessenen Lobpreisung die, die eine unschuldige und keusche Frau
erschlug? Sicherlich findet ihr es unmöglich, sie vor den Richtern der
Reiche drunten zu verteidigen, wenn sie so sind, wie eure Dichter gern sie
darstellen; denn sie gehört dahin:
„Wer schuldlos schickte sich zum Schicksal
Und zum Abscheu des Tages,
Im Wahnsinn warfen sie ihr Leben weg!“
Und wenn sie mit den anderen will zurückkehren:
„Das Schicksal hält den Weg,
Wo das langsame, unschöne Wasser kriecht,
Und bindet es mit neunfacher Kette.“
Oder vielleicht ist sie nicht dort drunten, weil sie sich der Schuld, nicht der
Unschuld bewusst ist? Sie allein kennt ihre Vernunft; aber was ist, wenn
sie durch das Vergnügen der Tat verraten wurde und Sextus ihre
Einwilligung gab, obwohl sie so heftig missbraucht wurde, und war dann
so betroffen, dass sie glaubte, der Tod allein könne sie von ihrer Sünde
erlösen? Auch wenn dies der Fall war, hätte sie ihre Hand noch vor dem
Selbstmord zurückhalten müssen, wenn sie vor ihren falschen Göttern eine
fruchtbare Reue vollbracht hätte. Allerdings, wenn dies der Fall war, und
wenn es falsch wäre: „Es gab zwei, aber nur einen Ehebruch“, wenn die
Wahrheit war, dass beide beteiligt waren, einer durch offene Angriff, die
andere durch geheime Zustimmung, dann tötete sie nicht eine unschuldige
Frau; und folglich können ihre gelehrten Verteidiger behaupten, dass sie
nicht unter jener Klasse der Bewohner drunten ist von denen, „wer
schuldlos schickte sich zum Verhängnis.“ Aber dieser Fall von Lucretia ist
in einem solchen Dilemma, dass, wenn ihr den Totschlag ausmacht, ihr
bestätigt den Ehebruch: Wenn ihr sie von der Ehe erlöst, macht ihr die
Anklage des Mordes schwerer; und es gibt keinen Ausweg aus dem
Dilemma, wenn man fragt, ob sie ehebrecherisch war, warum sie dann
loben? Wenn keusch, warum dann sie töten? Dennoch, nach unserer
Absicht, jene zu widerlegen, die nicht fähig sind, die wahre Heiligkeit zu
begreifen, und die deshalb zu unserer Empörung beleidigen die
christlichen Frauen, es ist genug, dass im Fall dieser edlen römischen
Matrone in ihrem Lobpreis gesagt wurde: „Es waren zwei, aber der
Ehebruch war das Verbrechen von nur einem.“ Denn Lucretia wurde
vertrauensvoll geglaubt, dass sie der Verunreinigung irgendeines
bewilligenden Denkens gegenüber dem Ehebruch überlegen war.
Dementsprechend, dass sie sich selbst tötete, weil sie einem Verbrechen
unterworfen war, in dem sie keine schuldige Rolle hatte, so ist es
offensichtlich, dass diese Tat von ihr nicht durch die Liebe zur Reinheit,
sondern durch die überwältigende Last ihrer Schande getan wurde. Sie
schämte sich, dass so ein Verbrechen begangen worden war an ihr, wenn
auch ohne ihr Verstehen; und diese Matrone, mit der römischen
Herrlichkeit in ihren Adern, wurde von einer stolzen Furcht ergriffen, die,
wenn sie weiter zu leben hätte, würde es angenommen haben, dass sie
willig nicht ärgerte das Unrecht, das sie getan hatte. Sie konnte es den
Männern nicht zeigen, aber sie beurteilte, dass ihre selbstverschuldete
Strafe ihren Zustand des Geistes bezeugen würde; und sie verbrannte vor
Scham über den Gedanken, dass sie geduldige Ausdauer des faulen
Affronts zeigen sollte, den ein anderer ihr angetan hatte, sollte es als ihre
Komplizenschaft mit ihm ausgelegt werden. Nicht so war die
Entscheidung der christliche Frauen, die litten, wie sie taten, und doch
überlebten. Sie lehnten es ab, an sich selbst die Schuld anderer zu rächen
und Verbrechen hinzuzufügen ihre eigenen Verbrechen, an denen sie
keinen Anteil hatten. Dazu hätte sie ihre Schande getrieben, um sich zu
töten, wenn die Lust ihrer Feinde sie zum Ehebruch getrieben hätte. In
ihren eigenen Seelen, im Zeugnis ihres eigenen Gewissens, genießen sie
die Herrlichkeit der Keuschheit. In den Augen Gottes auch sind sie
geschätzt als rein, und dieses tröstet sie; sie fragen nicht mehr: es genügt
ihnen, Gelegenheit zu haben, Gutes zu tun, und sie lehnen es ab, der
Bedrängnis menschlichen Verdachts zu entgehen, damit sie nicht vom
göttlichen Gesetz abweichen.
Buch I
Buch II
Buch III
Buch IV
Buch V
Buch VI
Buch VII
Buch VIII
Buch IX
Buch X
Buch XI
Buch XII
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Unsere Liebe Frau
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ERSTES KAPITEL
APOKRYPHEN
3 Baruch
Aber von den Juden wusch sich keiner seine Hände, weder Herodes noch
einer seiner Richter. Und da sie sich nicht waschen wollten, stand Pilatus
auf. Und Herodes, der König, befiehlt dem Herrn, weggenommen zu
werden, nachdem er ihnen gesagt hat: Was ich euch befohlen habe, tut.
Aber Josef, der Freund des Pilatus und des Herrn, hatte dort gestanden;
und als er wusste, dass sie ihn kreuzigten, kam er vor Pilatus und forderte
den Leichnam des Herrn zur Beerdigung. Und Pilatus, der zu Herodes
gesandt hatte, bat um seinen Leib. Und Herodes sagte: Bruder Pilatus,
wenn auch niemand ihn erbeten hätte, hätten wir ihn begraben, da ja der
Sabbat dämmert. Denn im Gesetz steht geschrieben: Die Sonne soll nicht
über einem Toten untergehen.
Und er gab ihn dem Volke vor dem ersten Tage ihres Festes des
ungesäuerten Brotes. Da sie aber zu dem Herrn eilten, rannten sie und
bedrängten ihn und sprachen: Lasst den Sohn Gottes nehmen, da wir die
Macht über ihn haben. Und sie kleideten ihn mit Purpur und setzten ihn
auf einen Stuhl des Gerichts und sprachen: Richte gerecht, König von
Israel. Und ein bestimmter von ihnen, nachdem er eine dornige Krone
gebracht hatte, legte sie auf das Haupt des Herrn. Und andere, die dort
standen, spuckten in sein Gesicht, und andere schlugen seine Wangen.
Andere bedrängten ihn mit einem Rohr; und einige riefen ihn und
sprachen: Mit solcher Ehre lasst uns den Sohn Gottes ehren!
Und sie brachten zwei Ungerechte und kreuzigten den Herrn in der Mitte
von ihnen. Aber er schweigt, ohne Schmerzen zu haben. Und als sie das
Kreuz aufrecht gestellt hatten, schrieben sie: Das ist der König Israels.
Und nachdem er seine Kleider vor ihnen abgelegt hatte,verteilten sie sie
und warfen die Würfel darum. Einer dieser Ungerechten schimpfte und
sprach: Wir leiden also wegen des Unrechts, das wir getan haben; aber
dieser, der Mensch geworden ist, was für eine Ungerechtigkeit hat er
getan? Da sie sich über ihn geärgert hatten, befahlen sie, dass ihm kein
Bein gebrochen werden sollte, damit er gedemütigt würde.
Aber es war Mittag, und die Finsternis hielt ganz Judäa fest; Und sie waren
ängstlich und besorgt, weil die Sonne noch nicht da war, da er noch lebte.
Für sie steht geschrieben: Lass nicht die Sonne über einen Toten
untergehen. Und einer von ihnen sprach: Gib ihm Galle mit Weinessig.
Und nachdem sie eine Mischung gemacht hatten, gaben sie ihm zu trinken.
Und sie erfüllten alle Dinge und vervollständigten die Sünden auf ihrem
eigenen Kopf. Viele aber gingen mit Lampen umher und dachten, es sei
Nacht, und fielen. Und der Herr schrie auf und sprach: Meine Kraft, du
hast mich verlassen! Und nachdem er dies gesagt hatte, wurde er
aufgenommen.
Und zu derselben Zeit wurde der Vorhang des Jerusalemer Heiligtums in
zwei zerrissen. Und sie zogen die Nägel aus den Händen des Herrn und
legten ihn auf die Erde; und die ganze Erde wurde erschüttert, und eine
große Furcht kam zustande. Da schien die Sonne, und es wurde die neunte
Stunde gefunden. Und die Juden freuten sich und gaben Josef seinen Leib,
dass er ihn begraben sollte, da er einer war, der die vielen guten Dinge
gesehen hatte, die er tat. Und nachdem er den Herrn genommen hatte,
wusch er ihn und band ihn mit einem Leinentuch und brachte ihn in sein
Grab, den Garten Josefs.
Da sprachen die Juden und die Ältesten und die Priester, nachdem sie
erfahren hatten, wieviel Unrecht sie selbst getan hatten, sie schlugen sich
und zu sagten: Wehe unseren Sünden. Das Gericht hat sich dem Ende
Jerusalems zugewandt. Ich aber mit den Gefährten war traurig; und
nachdem wir im Geiste verwundet worden waren, verbargen wir uns, denn
wir wurden von ihnen als Ungläubige gesucht und als wollten wir das
Heiligtum in Brand setzen. Zusätzlich zu all diesen Dingen fasteten wir;
Und wir saßen in Trauer und weinten Tag und Nacht bis zum Sabbat.
Da aber die Schriftgelehrten und Pharisäer und Ältesten untereinander
versammelt waren, hörten sie, dass das ganze Volk brüllte und schlug ihre
Brüste und sprach: Wenn bei seinem Tode diese großen Zeichen
geschehen, siehe, fürchteten sie sich vor Pilatus und bettelten ihn an und
sprachen: Gib uns Soldaten, damit wir seinen Begräbnisort für drei Tage
bewachen können, damit seine Jünger nicht kommen, weil seine Jünger
ihn stehlen wollen, dass die Menschen dann akzeptieren, dass er aus dem
Tode auferstanden sei, und sie tun uns übel. Aber Pilatus gab ihnen
Petronius, den Zenturio, mit Soldaten, das Grab zu bewachen. Und mit
diesen kamen die Ältesten und Schriftgelehrten zum Begräbnis. Und als er
einen großen Stein gerollt hatte, legten ihn alle, die dort waren, zusammen
mit dem Hauptmann und den Soldaten vor die Tür des Grabes. Und sie
markierten es mit sieben Wachssiegeln; und nachdem sie dort ein Zelt
aufgeschlagen hatten, sicherten sie es. Schon früh, als der Sabbat
dämmerte, kam eine Menge aus Jerusalem und der Umgebung, um das
versiegelte Grab zu sehen.
Aber in der Nacht, in der der Tag des Herrn anbrach, als die Soldaten ihn
bei jeder Wache zweimal bewachten, herrschte eine laute Stimme im
Himmel; und sie sahen, dass der Himmel geöffnet war, und dass zwei
Männer, die viel Glanz hatten, von dort heruntergekommen und nahe an
das Grab gekommen waren. Aber der Stein, der vor die Tür geschoben
worden war, hat sich von selbst weggerollt und entfernte sich zur Seite;
und das Grab öffnete sich, und beide jungen Männer traten ein. Und so
erweckten die Soldaten, nachdem sie das gesehen hatten, den Hauptmann
und die Ältesten, denn auch sie waren anwesend und bewachten. Und als
sie das sahen, was sie gesehen hatten, sahen sie wieder drei Männer, die
aus dem Grabe herausgekommen waren, und die beiden stützten den
anderen, und ein Kreuz folgte ihnen und das Haupt der beiden reichte zum
Himmel, aber die des einen, der von einer Hand herausgeführt wird, über
den Himmel hinausging. Und sie hörten eine Stimme vom Himmel und
sprachen: Habt ihr den Gefallenen eine Proklamation gegeben? Und vom
Kreuz hörte man eine Ehrerbietung: Ja.
Und so suchten diese Leute eine gemeinsame Perspektive, um wegzugehen
und diese Dinge Pilatus klar zu machen; und während sie es noch
durchdachten, tauchten wieder die eröffneten Himmel auf und ein gewisser
Mensch kam herab und trat in die Grabstätte ein. Nachdem sie diese Dinge
gesehen hatten, eilten die um den Zenturio in der Nacht vor Pilatus,
nachdem sie das Grabmal verlassen hatten, das sie bewachten, und
beschrieben all die Dinge, die sie tatsächlich gesehen hatten, quälend, und
sagend: Wahrlich, er war Gottes Sohn.
Da antwortete Pilatus: Ich bin rein von dem Blut des Sohnes Gottes, aber
es war für euch, dass dies geschah.
Da standen alle, die hergekommen waren, bettelnd und ermahnten ihn,
dem Hauptmann und den Soldaten zu befehlen, niemandem zu sagen, was
sie gesehen hatten.
Denn, sagten sie, es ist besser für uns, die Schuld der größten Sünde in den
Augen Gottes zu schulden, als in die Hände des jüdischen Volkes zu fallen
und gesteinigt zu werden. Pilatus aber befahl dem Hauptmann und den
Soldaten, nichts zu sagen.
In der Morgendämmerung des Herrn hatte Maria Magdalena, ein
weiblicher Jünger des Herrn, wegen der Juden Angst, da sie vor Zorn
entzündet waren, so war sie nicht am Grab des Herrn gewesen, wie die
Frauen es gewohnt waren für den von ihnen geliebten Toten, der sie mit
ihren Freundinnen aufgenommen hatte, und sie kam zum Grab, wo er
hingelegt worden war. Und sie fürchteten sich, dass die Juden sie nicht
sehen sollten und sprach: Wenn wir an jenem Tag, an dem er gekreuzigt
wurde, nicht weinen und uns selbst schlagen konnten, so können wir doch
jetzt es an seinem Grab tun. Wer aber wird uns den Stein, der vor die Tür
des Grabes gelegt ist, wegrollen, damit wir, nachdem wir eingetreten sind,
neben ihm sitzen und die erwarteten Dinge tun können? Denn der Stein
war groß, und wir fürchteten, dass uns niemand sehen würde. Und wenn
wir nicht in der Lage sind, lasst uns an die Tür werfen, was wir in
Erinnerung an ihn herbeibringen; lasst uns weinen und uns schlagen, bis
wir zu uns kommen.
Und nachdem sie gegangen waren, fanden sie das Grabmal geöffnet. Und
nachdem sie gekommen waren, bückten sie sich dort und sahen dort einen
gewissen jungen Mann, der in der Mitte des Grabes saß, freundlich und
bekleidet mit einem herrlichen Gewand, der zu ihnen sagte: Warum bist du
gekommen? Wen suchst du? Nicht denjenigen, der gekreuzigt wurde? Er
ist auferstanden und weggegangen. Aber wenn du nicht glaubst, beuge
dich und siehe den Ort, wo er lag, weil er nicht hier ist. Denn er ist
auferstanden und ist dorthin gegangen, woher er gesandt wurde. Da flohen
die Frauen erschrocken.
Nun war es der letzte Tag des ungesäuerten Brotes; und viele gingen in
ihre Heimat zurück, seit das Fest zu Ende war. Aber wir zwölf Jünger des
Herrn waren weinend und traurig; und jeder, der traurig war wegen dem,
was geschehen war, ging nach Hause. Aber ich, Simon Petrus, und mein
Bruder Andreas, die wir unsere Netze genommen hatten, gingen zum
Meer.
3
Philippus-Evangelium
Ein Hebräer macht einen anderen Hebräer, und solch eine Person wird
"Proselyt" genannt. Aber ein Proselyt macht keinen anderen Proselyten.
[...] so wie sie selbst [...] und andere machen, während andere einfach
existieren.
Der Sklave sucht nur frei zu sein, aber er hofft nicht, den Besitz seines
Herrn zu erwerben. Aber der Sohn ist nicht nur ein Sohn, sondern hat
Anspruch auf das Erbe des Vaters. Die Erben der Toten sind selbst tot, und
sie beerben die Toten. Diejenigen, die Erben des Lebendigen sind, sind
lebendig, und sie sind Erben sowohl für das Lebende als auch für das Tote.
Die Toten sind Erben von nichts. Denn wie kann der, der tot ist, erben?
Wenn er, der tot ist, erbt, was lebt, wird er nicht sterben, sondern wer tot
ist, wird noch mehr leben.
Ein Heide stirbt nicht, denn er hat nie gelebt, dass er sterben könnte. Wer
an die Wahrheit glaubt, hat das Leben gefunden, und dieser ist in Gefahr
zu sterben, denn er lebt. Seit Christus kam, wurde die Welt geschaffen, die
Städte geschmückt, die Toten heraufgeführt. Als wir Hebräer waren, waren
wir Waisen und hatten nur unsere Mutter, aber als wir Christen wurden,
hatten wir Vater und Mutter.
Die, die im Winter säen, ernten im Sommer. Der Winter ist die Welt, der
Sommer der andere Äon. Lasst uns säen in der Welt, dass wir im Sommer
ernten können. Aus diesem Grund ist es passend für uns, nicht im Winter
zu beten. Der Sommer folgt dem Winter. Wenn aber ein Mensch im Winter
ernten wird, wird er nicht ernten, sondern nur pflücken, da er keine Ernte
für eine solche Person zur Verfügung hat. Es ist nicht nur [...], dass es [...]
kommt, sondern auch am Sabbat [...] ist es unfruchtbar.
Christus kam, um einige zu erlösen, andere zu retten, andere zu befreien.
Er löschte die Fremden aus und machte sie zu seinem Besten. Und er
setzte sein Eigentum auseinander, das er als Pfand nach seinem Plan gab.
Es war nicht nur so, als er erschien, dass er freiwillig sein Leben
niederlegte, sondern freiwillig legte er sein Leben nieder von dem Tag an,
an dem die Welt entstand. Dann kam er erst, um es zu nehmen, da es als
ein Pfand gegeben worden war. Es fiel in die Hände von Räubern und
wurde gefangengenommen, aber er rettete es. Er erlöst die guten
Menschen der Welt und die bösen.
Licht und Finsternis, Leben und Tod, Rechts und Links, sind Brüder. Sie
sind unzertrennlich. Darum sind weder das Gute noch das Böse, noch das
Leben noch der Tod. Aus diesem Grund wird sich jeder in seinen frühesten
Ursprung auflösen. Aber diejenigen, die über die Welt erhaben sind, sind
unauflöslich, ewig.
Die Namen, die den Weltlichen gegeben werden, sind sehr trügerisch, denn
sie lenken unsere Gedanken vom Richtigen ab auf das Unrichtige hin.
Derjenige, der das Wort "Gott" hört, bemerkt nicht, was richtig ist, sondern
nimmt wahr, was falsch ist. So auch mit "dem Vater" und "dem Sohn" und
"dem Heiligen Geist" und "Leben" und "Licht" und "Auferstehung" und
"Kirche" und alle anderen werden nicht wahrgenommen, wie es richtig ist
Aber sie nehmen wahr, was falsch ist, wenn sie nicht erfahren haben, was
richtig ist. Die Namen, die gehört werden, sind in der Welt [...] um zu
täuschen. Wenn sie im Äon wären, würden sie zu keinem Zeitpunkt als
Namen in der Welt verwendet werden. Auch waren sie nicht unter
weltlichen Dingen. Sie haben ein Ende im Äon.
Ein einziger Name ist nicht in der Welt geäußert, der Name, den der Vater
dem Sohn gab; es ist der Name vor allem: der Name des Vaters. Denn der
Sohn würde nicht Vater werden, wenn er nicht den Namen des Vaters
trüge. Diejenigen, die diesen Namen kennen, wissen es aber nicht. Aber
diejenigen, die ihn nicht haben, wissen es nicht.
Aber die Wahrheit brachte die Namen in die Existenz in der Welt um
unseretwillen, weil es nicht möglich ist, die Wahrheit ohne diese Namen zu
lernen. Die Wahrheit ist eine einzige Sache; Sie ist viele Dinge und für
unser Heil zu lehren, über diese eine Sache ist in der Liebe durch viele
Dinge. Die Herrscher wollten den Menschen täuschen, da sie sahen, dass
er eine Verwandtschaft mit denen hatte, die wirklich gut sind. Sie nahmen
die Namen der Guten und gaben sie denen, die nicht gut sind, damit sie
durch die Namen sie täuschen und sie an diejenigen, die nicht gut sind,
binden. Und danach, was für einen Gefallen tun sie für sie! Sie treiben sie
weg von denen, die nicht gut sind, und sie treiben sie zu denen, die gut
sind. Diese Dinge kannten sie, denn sie wollten den freien Menschen
nehmen und ihn für immer zu einem Sklaven machen.
Das sind Mächte, die [...] dem Menschen nicht wünschen, dass er gerettet
werde, damit er [...]. Denn wenn der Mensch gerettet wird, wird es keine
Opfer geben und die Tiere werden den Mächten nicht geopfert. Tatsächlich
waren die Tiere jene, denen sie opferten. Sie wurden in der Tat lebendig
geopfert, aber wenn sie sie geopfert wurden, starben sie. Wie für den
Menschen, man Gott Totes an, und der Mensch lebte.
Bevor Christus kam, gab es kein Brot in der Welt, so wie das Paradies, der
Ort, wo Adam war, viele Bäume hatte, die Tiere zu nähren, aber keinen
Weizen, um den Menschen zu erhalten. Der Mensch nährte sich wie die
Tiere, aber als Christus kam, der vollkommene Mensch, brachte er Brot
vom Himmel, damit der Mensch mit dem Essen des Menschen genährt
werden kann. Die Herrscher dachten, dass es durch ihre eigene Macht und
ihren Willen war, dass sie taten, was sie taten, aber der Heilige Geist im
Geheimnis vollbrachte alles durch sie, wie er es wünschte. Die Wahrheit,
die seit dem Anfang existiert, wird überall gesät. Und viele sehen sie gesät,
aber wenige sind es, die sehen, dass sie geerntet wird.
Einige sagten: Maria, die vom Heiligen Geist empfangen hat. Sie sind im
Irrtum. Sie wissen nicht, was sie sagen. Wann hat eine Frau jemals von
einer Frau empfangen? Maria ist die Jungfrau, die von keiner Macht
verunreinigt wurde. Sie ist ein großer Anathema für die Hebräer, die die
Apostel und die apostolischen Menschen sind. Diese Jungfrau, die von
keiner Macht verunreinigt wurde [...] die Mächte verunreinigten sich. Und
der Herr hätte nicht gesagt: "Mein Vater, der im Himmel ist", es sei denn,
er hatte einen anderen Vater, sondern er hätte dann einfach gesagt: Mein
Vater.
Der Herr sprach zu den Jüngern: "[...] aus jedem Hause, ins Haus des
Vaters, aber nimm nichts im Hause des Vaters und verschling es nicht!“
"Jesus" ist ein verborgener Name, "Christus" ist ein geoffenbarter Name.
Aus diesem Grund ist "Jesus" nicht für jede Sprache besonders; Vielmehr
wird er immer mit dem Namen "Jesus" bezeichnet. Während „Christus",
auf Syrisch ist es "Messias", auf Griechischen ist es "Christus". Gewiß,
alle anderen haben ihn nach ihrer eigenen Sprache. "Der Nazarener" ist
derjenige, der aufdeckt, was verborgen ist. Christus hat alles in sich, ob
Mann oder Engel oder Geheimnis, und der Vater.
Diejenigen, die sagen, dass der Herr zuerst gestorben und dann
auferstanden ist, sind im Irrtum, denn er stand zuerst auf und dann starb er.
Wenn er nicht zuerst die Auferstehung erlangt, wird er nicht sterben. Wenn
Gott lebt, wird er [...].
Niemand wird ein großes wertvolles Objekt in etwas Großem verbergen,
aber viele Male hat man unzählige Tausende in ein Ding, einen Pfennig
wert, geworfen. Vergleiche die Seele. Es ist eine kostbare Sache, und sie
kam in einen verächtlichen Körper.
Einige haben Angst, dass sie nackt auferstehen. Aus diesem Grund wollen
sie im Fleisch aufsteigen, und sie wissen nicht, dass es diejenigen sind, die
das Fleisch tragen, die nackt sind. Es sind jene, die sich nicht selbst nackt
ausziehen. "Fleisch und Blut sollen das Reich Gottes nicht ererben." Was
ist das, was nicht erben wird? Das ist an uns. Aber was ist das auch, was
erben wird? Es ist das, was Jesus und seinem Blut gehört. Darum sagte er:
"Wer mein Fleisch nicht essen und mein Blut nicht trinken will, hat kein
Leben in sich." Was ist das? Sein Fleisch ist das Wort, und sein Blut ist der
Heilige Geist. Wer diese erhalten hat, hat Nahrung und Trank um Trank.
Ich finde Fehler bei den anderen, die sagen, dass es nicht steigen wird.
Dann sind beide schuldig. Ihr sagt, dass das Fleisch nicht auferstehen wird.
Aber sage mir, was auferstehen wird, damit wir dich ehre. Du sagst, der
Geist im Fleisch, und es ist auch dieses Licht im Fleisch. Aber dies ist auch
eine Sache, die im Fleisch ist, denn was ihr auch sagen werdet, ihr sagt
nichts außerhalb des Fleisches. Es ist notwendig, in diesem Fleisch
aufzustehen, da alles in ihm existiert. In dieser Welt sind diejenigen, die
Kleidungsstücke anziehen, besser als die Kleider. Im Himmelreich sind die
Kleider besser als die, die sie anziehen.
Durch Wasser und Feuer wird der ganze Ort gereinigt, das Sichtbare durch
das Sichtbare, das Verborgene durch das Verborgene. Es gibt einige Dinge,
durch die sichtbaren Dinge verborgen. Es gibt Wasser im Wasser, es ist
Feuer in der Zeit.
Jesus nahm sie alle heimlich an, denn er erschien nicht so, wie er war,
sondern in der Weise, wie sie ihn sehen konnten. Er erschien ihnen allen.
Er erschien den Großen groß. Er erschien dem Kleinen klein. Er erschien
den Engeln als Engel und den Menschen als Mensch. Deshalb verbarg sich
sein Wort vor jedem. Einige sahen ihn und dachten, dass sie sich selbst
sahen, aber als er seinen Jüngern in Herrlichkeit auf dem Berge erschien,
war er nicht klein. Er wurde groß, aber er machte die Jünger groß, damit
sie ihn in seiner Größe sehen konnten.
Er sagte an jenem Tag in der Danksagung: "Ihr, die ihr das vollkommene
Licht mit dem Heiligen Geist verbunden habt, vereinigt auch die Engel mit
uns, als die Bilder." Verachte nicht das Lamm, denn ohne es ist es nicht
möglich, den König zu sehen. Niemand kann in den König eingehen, wenn
er nackt ist.
Der Himmlische hat viel mehr Söhne als der Irdische. Wenn die Söhne
Adams viele sind, obwohl sie sterben, wie viel mehr die Söhne des
vollkommenen Menschen, die nicht sterben, sondern für immer gezeugt
sind. Der Vater zeugt einen Sohn, und der Sohn hat nicht die Macht, einen
Sohn zu zeugen. Denn der Gezeugte hat nicht die Kraft, zu zeugen,
sondern der Sohn bekommt Brüder für sich, nicht Söhne. Alle, die in der
Welt gezeugt sind, werden auf natürliche Weise gezeugt, und die anderen
werden von dem Ort, aus dem sie geboren sind, genährt. Es ist von der
Verheißung des himmlischen Ortes, dass der Mensch Nahrung erhält. [...]
ihm vom Mund. Und wenn das Wort von diesem Ort ausgegangen wäre,
würde es vom Mund genährt werden, und es würde vollkommen werden.
Denn es ist durch einen Kuss, dass die Perfekte konzipierte und gebar. Aus
diesem Grund küssen wir es auch. Wir empfangen die Empfängnis von der
Gnade, die innen ist.
Es waren drei, die immer mit dem Herrn gingen: Maria, seine Mutter, und
ihre Schwester, und Magdalena, diejenige, die seine Gefährtin genannt
wurde. Seine Schwester und seine Mutter und seine Gefährtin waren
jeweils eine Maria.
"Der Vater" und "der Sohn" sind einzelne Namen; "Der Heilige Geist" ist
ein doppelter Name. Denn sie sind überall: sie sind oben, sie sind unten;
sie sind in der Verborgenheit, sie sind in der Offenbarung. Der Heilige
Geist ist in der Offenbarung: er ist unten. Es ist in der Verborgenheit: er ist
oben.
Die Heiligen werden von bösen Mächten bedient, weil sie vom Heiligen
Geist geblendet werden, wenn sie denken, dass sie einem gewöhnlichen
Menschen dienen, wann immer sie dies für die Heiligen tun. Darum
forderte ein Jünger eines Tages etwas von dieser Welt vom Herrn. Er
sprach zu ihm: Bittet eure Mutter, und sie wird euch geben, was das
Andere ist.
Die Apostel sagten zu den Jüngern: "Möge unser gesamtes Opfer Salz
bekommen." Sie nannten Sophia "Salz". Ohne sie ist kein Opfer
akzeptabel. Aber Sophia ist unfruchtbar, ohne Kind. Aus diesem Grund
wird sie "eine Spur von Salz" genannt. Wo auch immer sie auf ihre Weise
[...] wird, der Heilige Geist [...] und ihre Kinder sind viele.
Was der Vater besitzt, gehört dem Sohn, und der Sohn selbst, solange er
klein ist, ist nicht mit dem vertraut, was er ist. Aber wenn er ein Mann
wird, gibt ihm sein Vater alles, was er besitzt.
Die Verirrten, die der Geist hervorgebracht hat, gehen in der Regel auch
wegen des Geistes in die Irre. Durch ein und denselben Atem bricht das
Feuer aus und wird es ausgelöscht.
Echamoth ist eine Sache und Echmoth eine andere Sache. Echamoth ist die
einfache Weisheit, aber Echmoth ist die Weisheit des Todes, die derjenige
hat, der den Tod kennt, der "die kleine Weisheit" genannt wird.
Es gibt Haustiere, wie der Stier und der Esel und andere dieser Art. Andere
sind wild und leben in den Wüsten verstreut. Der Mensch pflügt das Feld
mit den Haustieren, und davon wird er ernährt, er und die Tiere, ob zahm
oder wild. Vergleiche den perfekten Mann. Es ist durch Kräfte, die
unterwürfig sind, dass er pflügt, zur Vorbereitung für alles, was entsteht.
Denn darum steht der ganze Ort fest, ob Gutes oder Böses, das Rechte und
das Linke. Der Heilige Geist hütet alle und regiert alle Mächte, die
"zahmen" und die "wilden", sowie die, die einzigartig sind. Denn er [...]
schließt sie ein, damit [...] sie sich nicht entziehen können.
Er, der geschaffen worden ist, ist schön, aber ihr würdet seine Söhne nicht
edle Kreaturen finden. Wenn er nicht geschaffen, sondern gezeugt worden
wäre, würdest du finden, dass sein Samen edel war. Aber jetzt wurde er
erschaffen und er zeugte. Welcher Adel ist das? Zuerst entstand Ehebruch,
später Mord. Und er wurde gezeugt in Ehebruch, denn er war das Kind der
Schlange. So wurde er ein Mörder, genau wie sein Vater, und er tötete
seinen Bruder. Tatsächlich ist jeder Akt des Geschlechtsverkehrs, der
zwischen den Unähnlichen stattgefunden hat, Ehebruch.
Gott ist ein Färber. Wie die guten Farbstoffe, die "wahr" genannt werden,
mit den von ihnen gefärbten Dingen sich auflösen, so ist es mit denen, die
Gott gefärbt hat. Da seine Farben unsterblich sind, werden sie durch seine
Farben unsterblich. Gott taucht ein, was er in Wasser taucht.
Es ist nicht möglich, dass irgendjemand etwas von den Dingen sieht, die
tatsächlich existieren, wenn er nicht zu ihnen wird. Dies ist nicht der Weg
mit dem Menschen in der Welt: er sieht die Sonne, ohne eine Sonne zu
sein; und er sieht den Himmel und die Erde und alle anderen Dinge, aber
er ist nicht diese Dinge. Das ist ganz im Einklang mit der Wahrheit. Aber
du sahest etwas von diesem Ort, und du wurdest diese Dinge. Du hast den
Geist gesehen, du bist Geist geworden. Du hast Christus gesehen, du
wurdest Christus. Du hast den Vater gesehen, du sollst Vater werden. Also
an diesem Ort siehst du alles und siehst du dich nicht, aber an diesem Ort
siehst du dich selbst, und was du siehst, wirst du werden.
Glaube empfängt, Liebe gibt. Niemand wird ohne Glauben empfangen
können. Niemand wird ohne Liebe geben können. Darum, damit wir
wirklich empfangen können, glauben wir, und um zu lieben, geben wir,
denn wenn man ohne Liebe gibt, hat man keinen Nutzen von dem, was
man gegeben hat. Wer etwas anderes als den Herrn empfangen hat, ist
immer noch ein Hebräer.
Die Apostel, die vor uns waren, hatten diese Namen für ihn: "Jesus, der
Nazarener, der Messias", das heißt "Jesus, der Nazarener, der Christus".
Der letzte Name ist "Christus", der erste ist "Jesus", der in der Mitte ist
"der Nazarener". "Messias" hat zwei Bedeutungen, sowohl "der Christus"
als auch "das Maß". "Jesus" im Hebräischen ist "die Erlösung". "Nazara"
ist "die Wahrheit". "Der Nazarener" ist dann "die Wahrheit". "Christus"
[...] wurde gemessen. "Die Nazarener" und "Jesus" sind die, die gemessen
wurden.
Wenn die Perle in den Schlamm geworfen wird, wird sie verachtet, doch
wird sie mit Balsamöl gesalbt, wird sie kostbarer. Aber sie hat immer Wert
in den Augen des Besitzers. Vergleiche die Söhne Gottes: wo immer sie
auch sind, sie haben immer noch Wert in den Augen ihres Vaters.
Wenn du sagst: "Ich bin ein Jude", wird niemand bewegt werden. Wenn du
sagst: "Ich bin ein Römer", wird niemand gestört werden. Wenn du sagst:
"Ich bin ein Grieche, ein Barbar, ein Sklave, ein freier Mann," niemand
wird beunruhigt sein. Wenn du sagst: "Ich bin ein Christ", [...] wird man
zittern. Würde ich das [...] so, die Person, deren Name [...] man wird nicht
in der Lage sein, das Hören zu ertragen.
Gott ist ein Menschenfresser. Aus diesem Grund werden Menschen ihm
geopfert. Bevor die Menschen geopfert wurden, wurden die Tiere geopfert,
da diejenigen, denen sie geopfert wurden, keine Götter waren.
Glaskrüge und Steinkrüge werden beide durch Feuer hergestellt. Aber
wenn der Glaskrug zerbricht, ist er fertig, denn er entstand durch einen
Atemzug. Wenn der Steinkrug aber zerbricht, wird er zerstört, denn er ist
ohne Atem entstanden.
Ein Esel, der einen Mühlstein umwandelt hat, machte hundert Meilen zu
Fuß. Als es los war, fand er, dass es immer noch an der gleichen Stelle war.
Es gibt Männer, die viele Reisen machen, aber keine Fortschritte zum Ziel
machen. Als der Abend auf sie kam, sahen sie weder Stadt noch Dorf,
weder menschliche Artefakte noch Naturphänomene, weder Macht noch
Engel. Vergeblich haben die Elenden gearbeitet.
Die Eucharistie ist Jesus. Denn er wird im syrischen "Pharisatha" genannt,
der "der Ausbreitende" ist, denn Jesus kam, um die Welt zu kreuzigen.
Der Herr ging in die Farbwerke von Levi. Er nahm zweiundsiebzig
verschiedene Farben und warf sie in den Bottich. Er nahm sie ganz weiß
heraus. Und er sprach: So ist auch der Menschensohn wie ein Färber.
Die Weisheit, die man "die Unfruchtbare" nennt, ist die Mutter der Engel.
Und der Gefährte der [...] Maria Magdalena. [...] liebte sie mehr als alle
Jünger und pflegte sie oft auf den Mund zu küssen. Der Rest der Jünger
[...]. Sie sagten zu ihm: "Warum liebst du sie mehr als alle von uns?" Der
Erretter antwortete und sprach zu ihnen: "Warum lieb ich dich nicht wie
sie? Wenn ein Blinder und ein Seher beide zusammen in der Finsternis
sind, so sind sie nicht verschieden voneinander, aber wenn das Licht
kommt, der Sehende sieht das Licht, und wer blind ist, wird in der
Finsternis bleiben."
Der Herr sprach: Selig ist, wer da ist, ehe er entstanden ist, denn wer da ist,
der ist und war.
Die Überlegenheit des Menschen ist für das Auge nicht offensichtlich, sie
liegt aber in dem, was verborgen ist. Infolgedessen beherrscht er die Tiere,
die stärker sind als er und groß in Bezug auf das Offensichtliche und das
Verborgene. So können sie überleben. Wenn aber der Mensch von ihnen
getrennt ist, töten sie einander und beißen sich gegenseitig. Sie fraßen
einander, weil sie keine Nahrung fanden. Aber jetzt haben sie Nahrung
gefunden, weil der Mensch den Boden bebaut.
Wenn man ins Wasser geht und ohne Etwas empfangen hat und sagt: "Ich
bin ein Christ", hat er den Namen im Interesse sich nur geliehen. Aber
wenn er den Heiligen Geist empfängt, hat er den Namen als Geschenk.
Wer ein Geschenk erhalten hat, muss es nicht zurückgeben, sondern wer
ihm mit Zinsen geliehen hat, der wird es fordern. So geschieht es einem,
wenn er ein Geheimnis erlebt.
Groß ist das Geheimnis der Ehe! Denn ohne sie würde die Welt nicht
existieren. Nun die Existenz der Welt [...], und die Existenz der [...] Ehe.
Denke an die [...] Beziehung, denn sie besitzt [...] Macht. Ihr Bild besteht
aus einer Verunreinigung.
Die Formen des bösen Geistes schließen männliche und weibliche ein. Die
Männchen sind die, die mit den Seelen sich vereinigen, die eine weibliche
Form bewohnen, aber die Weibchen sind die, die mit denen in einer
männlichen Form vermischt werden, wenn einer ungehorsam ist. Und
niemand wird in der Lage sein, ihnen zu entgehen, da sie ihn festhalten,
wenn er keine männliche Macht oder eine weibliche Macht, den
Bräutigam und die Braut empfängt. Man empfängt sie aus der
verspiegelten Brautkammer. Wenn die mutwilligen Frauen ein Männchen
allein sitzen sehen, springen sie auf ihn und spielen mit ihm und
verunreinigen ihn. So auch die geisterhaften Männer, wenn sie eine schöne
Frau allein sitzen sehen, überreden sie sie und zwingen sie und wollen sie
verunreinigen. Aber wenn sie den Mann und seine Frau nebeneinander
sitzen sehen, kann das Weibchen nicht in den Mann kommen, noch kann
das Männchen in die Frau kommen. Wenn also das Bild und der Engel mit
einander vereint sind, so kann auch kein Wagnis in den Mann oder die
Frau eingehen.
Wer aus der Welt kommt und nicht mehr mit der Begründung, dass er in
der Welt war, festzuhalten ist, liegt offenbar über dem Wunsch [...] und der
Angst. Er ist Herr über [...]. Er ist dem Neid überlegen. Wenn [...] kommt,
nehmen sie ihn und erdrosseln ihn. Und wie wird dieser in der Lage sein,
den großen [...] Mächten zu entgehen? Wie wird er in der Lage sein, [...]?
Es gibt einige, die sagen: "Wir sind treu", damit [...] die unreinen Geister
und die Dämonen. Denn wenn sie den Heiligen Geist hätten, würde ihnen
kein unreiner Geist kommen. Fürchtet nicht das Fleisch noch liebt es.
Wenn ihr es fürchtet, wird es euch beherrschen. Wenn ihr es liebt, wird es
euch schlucken und lähmen.
Und so wohnt er entweder in dieser Welt oder in der Auferstehung oder in
der Mitte. Gott bewahre, dass ich dort gefunden werde! In dieser Welt gibt
es Gut und Böse. Ihre guten Dinge sind nicht gut und ihre bösen Dinge
nicht böse. Aber es ist Böses in dieser Welt, die wirklich böse ist, das heißt
"die Mitte". Das ist der Tod. Während wir in dieser Welt sind, ist es
passend für uns, die Auferstehung zu erlangen, damit wir, wenn wir das
Fleisch abstreifen, uns in Ruhe finden und nicht in der Mitte wandeln
müssen. Denn viele gehen auf dem Weg in die Irre. Denn es ist gut, aus der
Welt hervorzugehen, ehe man gesündigt hat.
Es gibt einige, die weder Wille noch Macht haben; Und andere, die, wenn
sie wollen, nicht profitieren; denn sie taten nichts, seitdem [...] sie Sünder
sind. Und wenn sie es nicht wollen, so wird ihnen die Gerechtigkeit in
beiden Fällen entgehen, und es ist immer eine Sache des Willens, nicht der
Tat.
Ein apostolischer Mann in einer Vision sah einige Leute in einem
Feuerhaus verschlossen und mit einem feurigen [...], [...] flammenden [...]
aufrecht erhalten. Und er sprach zu ihnen: Kann [...] gerettet werden? [...],
Sie haben es nicht gewollt, [...] die Strafe, die sogenannte [...] Finsternis,
weil er [...].
Es ist aus Wasser und Feuer, dass die Seele und der Geist entstanden. Es ist
aus Wasser und Feuer und Licht, dass der Sohn der Braut-Kammer
entstanden. Das Feuer ist das Christsein, das Licht ist das Feuer. Ich
beziehe mich nicht auf das Feuer, das keine Gestalt hat, sondern auf das
andere Feuer, dessen Gestalt weiß ist, die hell und schön ist und die
Schönheit zeigt.
Die Wahrheit kam nicht nackt in die Welt, sondern sie kam in Typen und
Bildern. Die Welt wird die Wahrheit nicht auf andere Weise empfangen. Es
gibt eine Wiedergeburt und ein Bild der Wiedergeburt. Es ist sicherlich
notwendig, durch das Bild wiedergeboren zu werden. Was ist das? Die
Auferstehung. Das Bild muss wieder durch das Bild aufsteigen. Die
Brautkammer und das Bild müssen durch das Bild in die Wahrheit
eindringen: das ist die Wiederherstellung. Nicht nur diejenigen, die den
Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes sagen, tun
dies, sondern sie haben sich für euch hervorgebracht. Wenn man sie nicht
erwirbt, wird auch der Name "Christ" von ihm genommen. Aber man
erhält die Vereinigung der [...] mit der Macht des Kreuzes. Diese Macht,
die die Apostel genannt "rechts und links". Denn diese Person ist nicht
mehr Christin, sondern Christus.
Der Herr tat alles in einem Mysterium, einer Taufe und einer Christenheit,
einer Eucharistie, einer Erlösung und einer Brautkammer. [...] Er sagte:
"Ich kam, um die Dinge unten so zu machen, wie die Dinge oben sind, und
die Dinge draußen wie die innen. Ich kam, um sie an der gewissen Stelle
zu vereinigen." [...] Hier durch Typen [...] und Bilder.
Diejenigen, die sagen: "Es ist ein himmlischer Mensch und da ist einer
über ihm" liegen falsch. Denn es ist der erste dieser beiden himmlischen
Menschen, der da offenbart wird, den sie "den Unteren" nennen; Und wer
dem Verborgenen gehört, ist der, der über ihm ist. Denn es wäre besser für
sie zu sagen: "Das Innere und Äußere, und was ist außerhalb des
Äußeren". Aus diesem Grund hat der Herr die Zerstörung "die äußerste
Finsternis" genannt: es gibt keine andere außerhalb davon. Er sagte: "Mein
Vater, der im Geheimnis ist". Er sagte: Geh in deine Kammer und schließe
die Tür hinter dir, und bete zu deinem Vater, der im Geheimnis ist, der in
dir ist. Was aber in dir ist, das ist die Fülle. Darüber hinaus gibt es nichts
anderes innen. Dies ist das, von dem sie sagen: "Das, was über ihnen ist".
Vor Christus kamen einige von einer Stelle, die sie nicht mehr betreten
konnten, und sie gingen, wo sie nicht mehr herauskamen. Dann kam
Christus. Die, die hineinzogen, brachten er heraus, und die, die
hinausgingen, brachte er herein.
Als Eva noch bei Adam war, existierte der Tod nicht. Als sie von ihm
getrennt war, entstand der Tod. Wenn Adam wieder eintritt und sein
früheres Selbst erreicht, wird der Tod nicht mehr sein.
"Mein Gott, mein Gott, warum, Herr, hast du mich verlassen?" Es war am
Kreuz, dass er diese Worte sagte, denn er war von diesem Ort abgewichen.
[...] Der durch ihn gezeugt wurde, der [...] von Gott.
Die [...] von den Toten. [...] Sie werden sein, aber jetzt [...] perfekt. [...]
Fleisch, aber dieses [...] ist wahres Fleisch. [...] Das ist nicht wahr, sondern
[...] nur ein Bild des Wahren.
Eine Brautkammer ist nicht für die Tiere, noch für die Sklaven, noch für
verunreinigte Frauen; Aber sie ist für freie Männer und Jungfrauen.
Durch den Heiligen Geist sind wir zwar wiedergeboren, aber wir sind
durch Christus in den beiden gezeugt. Wir sind gesalbt durch den Geist.
Als wir gezeugt wurden, waren wir vereint. Niemand kann sich entweder
im Wasser oder im Spiegel ohne Licht sehen. Auch kannst du nicht sehen
im Licht ohne Spiegel oder Wasser. Aus diesem Grund ist es passend, in
den beiden zu taufen, im Licht und im Wasser. Jetzt ist das Licht die Zeit.
Es gab drei Gebäude, die speziell für Opfer in Jerusalem waren. Das eine
nach Westen wurde "Heiligtum" genannt. Ein anderes, nach Süden
gerichtet, hieß "Das Heilige des Heiligen". Das dritte, nach Osten
gerichtete, heißt "Das Allerheiligste", das war der Ort, in den nur der
Hohepriester eintritt. Die Taufe ist das "heilige" Gebäude. Erlösung ist das
"Heilige des Heiligen". "Das Allerheiligste" ist die Brautkammer. Die
Taufe beinhaltet die Auferstehung und die Erlösung; Die Erlösung erfolgt
in der Brautkammer. Aber die Brautkammer ist in dem, was [...] Du nicht
findest [...] diejenigen, die beten, [...] Jerusalem, die [...] Jerusalem, [...]
die anrief den "Heiligen der Heiligen" [...] der hinter dem Schleier war,
[...] die Brautkammer außer dem Bild [...] ist oben. Aus diesem Grund
wurde sein Schleier von oben nach unten zerrissen. Denn es war für einige
von unten passend, nach oben zu gehen.
Die Mächte sehen nicht diejenigen, die im vollkommenen Licht gekleidet
sind, und folglich sind sie nicht in der Lage, sie festzuhalten. Man wird
sich in diesem Lichte sakramental in der Vereinigung kleiden.
Wenn die Frau sich nicht von dem Mann getrennt hat, soll sie nicht mit
dem Mann sterben. Seine Trennung wurde zum Beginn des Todes. Aus
diesem Grunde kam Christus, um die Trennung, die von Anfang war, zu
reparieren und die beiden wieder zu vereinigen und denjenigen, die infolge
der Trennung starben, Leben zu verleihen und sie zu vereinen. Aber die
Frau ist mit ihrem Mann in der Brautkammer vereint. Tatsächlich werden
diejenigen, die sich in der Brautkammer vereinigt haben, nicht mehr
getrennt werden. So trennte sich Eva von Adam, weil es nicht in der
Brautkammer war, dass sie sich mit ihm vereinigte.
Die Seele Adams entstand durch einen Atem. Der Partner seiner Seele ist
der Geist. Seine Mutter ist das, was ihm gegeben wurde. Seine Seele
wurde von ihm genommen und durch einen Geist ersetzt. Als er vereinigt
war mit dem Geist, sprach er Worte, die den Mächten unbegreiflich waren.
Sie beneideten ihn [...] um seinen geistigen Partner [...] Gelegenheit [...]
für sich allein [...] in der Brautkammer, so dass [...].
Jesus erschien [...] am Jordan, das war die Fülle des Königreichs des
Himmels. Wer vor allem gezeugt wurde, wurde von neuem gezeugt. Wer
einmal gesalbt wurde, der wurde wieder gesalbt. Er, der erlöst wurde,
wiederum erlöst andere.
Ja, man muß ein Geheimnis aussprechen. Der Vater von allem ist vereinigt
mit der Jungfrau, die unten ist, und ein Feuer schien für ihn an diesem Tag.
Er erschien in der großen Brautkammer. Darum ist sein Leib am selben
Tag entstanden. Es verließ die Brautkammer als einer, der aus dem
Bräutigam und der Braut entstand. So begründete Jesus darin alles. Es ist
passend für jeden Jünger, in seine Ruhe einzutreten.
Adam entstand aus zwei Jungfrauen, aus dem Geist und aus der Jungfrau
Erde. Christus wurde daher von einer Jungfrau geboren, um den Fall zu
korrigieren, der am Anfang auftrat.
Im Paradies wuchsen zwei Bäume. Die eine trug Tiere, der andere trug die
Menschen. Adam aß von dem Baum, der die Tiere trug. Er wurde ein Tier
und er brachte Tiere hervor. Aus diesem Grund verehren die Kinder Adams
Tiere. Der Baum [...] die Frucht ist [...] erhöht. [...] Die Früchte der [...]
Menschen, [...] Menschen. [...] Gott schuf den Menschen. [...] Die
Menschen schaffen Gott. So ist es in der Welt - Menschen machen Götter
und verehren ihre Schöpfung. Es wäre passend für die Götter, Menschen
anzubeten!
Sicherlich, was ein Mensch vollbringt, hängt von seinen Fähigkeiten ab.
Aus diesem Grund beziehen wir uns auf ihre Leistungen als "Fähigkeiten".
Unter seinen Leistungen sind seine Kinder. Sie entspringen in einem
Moment der Leichtigkeit. So bestimmen seine Fähigkeiten, was er
erreichen kann, aber diese Leichtigkeit ist bei den Kindern klar ersichtlich.
Du wirst feststellen, dass dies direkt auf das Bild zutrifft. Hier ist der
Mann, der nach dem Bild gemacht wird, das die Dinge mit seiner
körperlichen Kraft vollbringt, aber seine Kinder mit Leichtigkeit
produziert.
In dieser Welt dienen die Sklaven den Freien. Im Himmelreich wird der
freie Wille den Sklaven dienen: die Kinder der Brautkammer werden den
Kindern der Ehe dienen. Die Kinder der Brautkammer haben nur einen
Namen: Ruhe. Insgesamt brauchen sie keine andere Form, weil sie
Kontemplation haben, [...]. Sie sind zahlreich [...] in den Dingen [...] der
Herrlichkeiten [...].
Diese [...] gehen ins Wasser. [...] Aus dem Wasser, er wird es weihen, [...]
die in seinem Namen [...] haben. Denn er sprach: So sollen wir alle
Gerechtigkeit erfüllen.
Diejenigen, die sagen, dass sie zuerst sterben und dann aufsteigen, sind im
Irrtum. Wenn sie nicht zuerst die Auferstehung empfangen, während sie
leben, werden sie nichts erhalten, wenn sie sterben. Auch wenn sie über
die Taufe sprechen, sagen sie: "Die Taufe ist eine große Sache", denn wenn
die Menschen sie empfangen, werden sie leben.
Philippus, der Apostel, sagte: "Josef, der Zimmermann, pflanzte einen
Garten, weil er Holz für sein Handwerk brauchte, er machte ein Kreuz aus
den Bäumen, die er gepflanzt hatte, und sein eigener Nachkomme hing an
dem, was er gepflanzt hatte Die Pflanzung war das Kreuz." Aber der Baum
des Lebens ist in der Mitte des Gartens. Allerdings ist es aus dem
Olivenbaum, dass wir die Christenheit haben, und aus dem Christentum
die Auferstehung.
Diese Welt ist ein Leichnam. Alle Dinge, die darin gegessen werden,
sterben auch. Die Wahrheit ist ein Lebensende. Darum wird kein Mensch,
der durch die Wahrheit ernährt wird, sterben. Von diesem Ort kam Jesus
und brachte Nahrung. Denjenigen, die es wünschten, gab er Leben, damit
sie nicht sterben.
Gott [...] im Garten. Der Mensch [...] im Garten. Es gibt [...] und [...]
Gottes. [...] Die Dinge, die in [...] wünsche ich. Dieser Garten ist der Ort,
wo sie mir sagen, "[...] iss oder iss nicht, wie du willst." An dem Ort, wo
ich alles essen werde, ist der Baum des Wissens. Der tötete Adam, aber
hier macht der Baum des Wissens die Menschen lebendig. Das Gesetz war
der Baum. Es hat die Macht, das Wissen über Gut und Böse zu geben. Es
entfernt ihn weder von dem Bösen, noch setzt er ihn in das Gute, sondern
schafft den Tod für diejenigen, die davon essen. Denn als er sagte: "Iss das,
iss jenes nicht", das wurde der Anfang des Todes.
Die Taufe ist der Taufe überlegen, denn es ist aus dem Wort "Chrisam",
dass wir "Christen" genannt wurden, sicher nicht wegen des Wortes
"Taufe". Und es ist wegen der Christenheit, dass "der Christus" seinen
Namen hat. Denn der Vater salbte den Sohn, und der Sohn salbte die
Apostel, und die Apostel salbten uns. Der Gesalbte besitzt alles. Er besitzt
die Auferstehung, das Licht, das Kreuz, den Heiligen Geist. Der Vater gab
ihm dies in der Brautkammer; Er nahm nur das Geschenk an. Der Vater
war in dem Sohn und dem Sohn im Vater. Das ist das Himmelreich.
Der Herr sagte es gut: "Einige haben gelernt, das Königreich des Himmels
zu verlachen, und sie sind gekommen, weil [...] ein Christ und [...] ging ins
Wasser, er kam [...] alles dieser Welt, [...] weil er [...] eine Kleinigkeit, aber
[...] voller Verachtung für diese [...] ] Das Königreich des Himmels [...]
wenn er [...] verachtet und es als Kleinigkeit verachtet, [...] lachend, so ist
es auch mit dem Brot und dem Becher und dem Öl, obwohl es noch
besseres als diese gibt.“
Die Welt kam durch einen Fehler. Denn er, der sie geschaffen hat, wollte
sie unvergänglich und unsterblich machen. Er sollte seinen Wunsch nicht
erfüllen. Denn die Welt war niemals unvergänglich und auch nicht
derjenige, der die Welt geschaffen hat. Denn Sachen sind nicht
unvergänglich, aber Söhne sind. Nichts wird in der Lage sein,
Unvergänglichkeit zu empfangen, wenn es nicht erst Sohn wird. Aber wer
nicht die Fähigkeit zu empfangen hat, wie viel mehr wird er nicht geben
können?
Der Kelch des Gebets enthält Wein und Wasser, da es als die Art des
Blutes, der zum Dank gegeben wird, genannt wird. Und er ist voll des
Heiligen Geistes, und er gehört dem vollkommenen Menschen. Wenn wir
dies trinken, erhalten wir für uns den vollkommenen Menschen. Das
lebendige Wasser ist ein Körper. Es ist notwendig, dass wir den lebendigen
Menschen anziehen. Deshalb, wenn er im Begriff ist, ins Wasser zu gehen,
kleidet er sich, damit er den lebendigen Menschen anziehen kann.
Ein Pferd zeugt ein Pferd, ein Mensch erzeugt Menschen, ein Gott bringt
einen Gott hervor. Vergleiche den Bräutigam und die Braut. Sie sind aus
dem [...] gekommen. Kein Jude [...] existiert. Und von den Juden. [...] Es
werden diese [...] als "das auserwählte Volk“ [...] und der wahre Mensch
und Sohn des Menschen und der Samen vom Sohn des Menschen. Diese
wahre Rasse ist in der Welt [...] bekannt, dass die Söhne die Brautkammer
bewohnen.
Während in dieser Welt die Vereinigung eines Mann mit einer Frau ist - ein
Fall von Stärke, ergänzt durch Schwäche - im Äon ist die Form der
Vereinigung anders, obwohl wir sie mit denselben Namen bezeichnen. Es
gibt jedoch andere Namen; Sie sind jedem anderen Namen überlegen, der
genannt wird und stärker sind als der starke. Denn wo es eine
Krafterscheinung gibt, da erscheinen jene, die in Kraft stehen. Dies sind
keine getrennten Dinge, sondern beide sind diese einzige Sache. Dies ist
derjenige, der nicht über das Herz des Fleisches aufsteigen kann.
Ist es nicht notwendig für alle, die alles besitzen, sich selbst zu kennen?
Einige, wenn sie sich selbst nicht kennen, werden nicht genießen, was sie
besitzen. Aber diejenigen, die sich selbst kennen gelernt haben, werden
ihren Besitz genießen.
Nicht nur werden sie nicht in der Lage sein, den vollkommenen Menschen
festzuhalten, aber sie werden ihn nicht sehen können, denn wenn sie ihn
sehen, werden sie ihn zurückhalten. Es gibt keinen anderen Weg für eine
Person, diese Qualität zu erwerben, außer indem sie auf das perfekte Licht
schaut und auch perfektes Licht wird. Wer es aufgesetzt hat, wird [...]. Dies
ist die Perfektion [...], dass wir [...] werden, bevor wir verlassen [...]. Wer
immer alles [...] hierher [...] in der Lage, [...] diesen Ort, sondern wird [...]
die Mitte als unvollkommen bewohnen. Nur Jesus kennt das Ende dieser
Person.
Der Priester ist ganz heilig, bis auf seinen Körper. Denn wenn er das Brot
genommen hat, wird er es weihen. Oder den Kelch oder etwas, was er
bekommt, wird er weihen. Wie sollte er den Leib nicht auch weihen?
Durch die Vervollkommnung des Wassers der Taufe leerte Jesus das
Wasser des Todes. So gehen wir hinab ins Wasser, aber wir gehen nicht in
den Tod hinab, damit wir nicht in den Geist der Welt ausgegossen werden.
Wenn der Geist der Welt weht, bringt er den Winter. Wenn der Heilige
Geist atmet, kommt der Sommer.
Wer die Wahrheit kennt, ist ein freier Mensch, aber der Freie sündigt nicht,
denn "der Sünder ist der Sklave der Sünde". Die Wahrheit ist die Mutter,
kenne du den Vater. Diejenigen, die denken, dass die Sünden nicht für sie
gelten, werden von der Welt "frei" genannt. Die Erkenntnis der Wahrheit
macht solche Menschen nur arrogant, was die Worte "es macht sie frei"
bedeuten. Es gibt ihnen sogar ein Gefühl der Überlegenheit auf der ganzen
Welt. Aber "die Liebe baut auf". Tatsächlich ist derjenige, der durch
Wissen frei ist, ein Sklave der Liebe für diejenigen, die die Freiheit der
Erkenntnis noch nicht erreichen konnten. Wissen macht sie fähig, frei zu
werden. Die Liebe nennt nie etwas ihr Eigenes, [...] sie besitzt [...]. Sie sagt
nie, "dieses ist mein" oder "dieses ist dein", sondern "alles dieses gehört
dir". Geistige Liebe ist Wein und Duft. Alle, die sich mit Wein salben,
haben Freude daran. Während die Gesalbten anwesend sind, profitieren
auch die Nachbarn vom Duft. Wenn die Gesalbten mit der Salbe sich von
ihnen entfernen und sie verlassen, so bleiben die Gesalbten, die nur in der
Nähe stehen, in ihrem schlechten Geruch. Der Samariter gab dem
Verwundeten nur Wein und Öl. Es ist nichts anderes als die Salbe. Sie
heilte die Wunden, denn "die Liebe deckt eine Menge von Sünden zu".
Die Kinder, die eine Frau trägt, ähneln dem Mann, der sie liebt. Wenn ein
Mann sie liebt, dann ähneln sie dem Mann. Wenn es ein Ehebrecher ist,
dann ähneln sie dem Ehebrecher. Häufig, wenn eine Frau mit ihrem Mann
aus Notwendigkeit schläft, während ihr Herz mit dem Ehebrecher in guter
Laune ist, da sie normalerweise Geschlechtsverkehr hat, wird das Kind,
das sie tragen wird, geboren, das dem Ehebrecher ähnelt. Nun, die ihr
zusammen mit dem Sohn Gottes lebt, liebt nicht die Welt, sondern den
Herrn liebt, damit die, die ihr hervorbringt, nicht der Welt ähneln, sondern
dem Herrn ähnlich sein mögen.
Der Mensch hat Verkehr mit dem Menschen. Das Pferd hat
Geschlechtsverkehr mit dem Pferd, der Esel mit dem Esel. Mitglieder einer
Rasse sind in der Regel mit denen der gleichen Rasse verbunden. So
vermischt sich Geist mit Geist, und Denken tröstet sich mit dem Denken,
und Licht teilt sich dem Licht mit. Wenn du ein Mensch geboren bist, ist es
der Mensch, der dich lieben wird. Wenn du ein Geist wirst, ist es der Geist,
der mit dir verbunden wird. Wenn du gedacht wirst, wird auch gedacht die
mit dir sich vermischen wird. Wenn du Licht wirst, ist es das Licht, das sir
sich mitteilen wird. Wenn du einer von denen bist, die oben sind, so sind es
diejenigen, die oben sind, die mit dir ruhen. Wenn du ein Pferd oder ein
Esel oder ein Stier oder ein Hund oder ein Schaf oder eins der anderen
Tiere bist, die draußen oder unten sind, wird dann weder Mensch noch
Geist noch Denken und Licht in der Lage sein, dich zu lieben. Weder
diejenigen, die oben sind, noch diejenigen, die dazu gehören, können mit
dir ruhen, und du hast keinen Anteil an ihnen.
Wer ein Sklave gegen seinen Willen ist, wird frei werden können. Wer
durch Gunst seines Herrn frei geworden ist und sich in die Sklaverei
verkauft hat, wird nicht mehr frei sein können.
Die Landwirtschaft in der Welt erfordert die Zusammenarbeit von vier
wesentlichen Elementen. Eine Ernte wird nur infolge der natürlichen
Aktion von Wasser, Erde, Wind und Licht in die Scheune gesammelt.
Gottes Landwirtschaft hat ebenfalls vier Elemente - Glaube, Hoffnung,
Liebe und Wissen. Der Glaube ist unsere Erde, in der wir Wurzeln
schlagen. Und die Hoffnung ist das Wasser, durch das wir genährt werden.
Die Liebe ist der Wind, durch den wir wachsen. Das Wissen ist also das
Licht, durch das wir reifen. Die Gnade existiert auf vier Arten: sie ist
erdgeboren; sie ist himmlisch; [...] der höchste Himmel; [...] in [...].
Selig ist der, der keineswegs nur eine Seele ist [...]. Diese Person ist Jesus
Christus. Er kam zu dem ganzen Ort und belastete niemanden. Daher ist
der Selige der, der so wie er ist, weil er ein vollkommener Mensch ist.
Denn das Wort sagt uns, dass diese Art schwer zu definieren ist. Wie
können wir solch eine große Sache vollbringen? Wie wird er allen Trost
geben? Vor allem ist es nicht angemessen, jemanden zu erschrecken - ob
die Person groß oder klein, ungläubig oder gläubig - und dann gibt es Trost
nur für diejenigen, die Zufriedenheit in guten Taten haben. Einige finden
es vorteilhaft, demjenigen, dem es gut geht, Trost zu geben. Wer Gutes tut,
kann solchen Leuten keinen Trost geben, denn er ergreift nicht, was er
will. Er ist jedoch nicht in der Lage, Not zu verursachen, da er sie nicht
bedrängt. Allerdings verursacht derjenige, der gut belohnt, manchmal Leid,
nicht dass er es beabsichtigt; sondern es ist ihre eigene Bosheit, die für ihre
Not verantwortlich ist. Wer die Qualitäten des vollkommenen Menschen
besitzt, gibt dem Guten Freude. Einige aber sind schrecklich beunruhigt
von all dem.
Es gab einen Hausbesitzer, der alle erdenklichen Dinge hatte, sei es Sohn
oder Sklave oder Vieh oder Hund oder Schwein oder Mais oder Gerste
oder Spreu oder Gras oder [...] Fleisch oder Eicheln. Jetzt war er ein
vernünftiger Kerl, und er wusste, was das Essen eines jeden war. Er diente
den Kindern mit Brot [...]. Er diente den Sklaven [...] und dem Essen. Und
er warf dem Vieh Gerste und Spreu und Gras vor. Er warf Knochen den
Hunden vor, und zu den Schweinen warf er Eicheln vor. Vergleiche den
Jünger Gottes: wenn er ein vernünftiger Mensch ist, versteht er, was
Jüngerschaft ist. Die Körpergestalten werden ihn nicht täuschen, sondern
er wird den Zustand der Seele eines jeden ansehen und mit ihm sprechen.
Es gibt viele Tiere in der Welt, die in einer menschlichen Form sind. Wenn
er sie identifiziert, wird er den Schweinen Eicheln zuwerfen, dem Vieh
wird er Gerste und Spreu und Gras zuwerfen, den Hunden wird er
Knochen zuwerfen. Den Sklaven gibt er nur den elementaren Unterricht,
den Kindern wird er die volle Unterweisung geben.
Es ist der Sohn des Menschen und dort ist der Sohn des Menschensohnes.
Der Herr ist der Sohn des Menschen, und der Sohn des Menschensohnes
ist der, der durch den Sohn des Menschen erschafft. Der Sohn des
Menschen erhielt von Gott die Fähigkeit zu schaffen. Er hat auch die
Fähigkeit zu zeugen. Wer die Fähigkeit zur Schöpfung empfangen hat, ist
ein Geschöpf. Wer die Fähigkeit hat, zu zeugen, ist ein Nachkomme. Wer
erschafft, kann nicht zeugen. Wer Kraft hat, hat auch Macht zu schaffen.
Jetzt sagen sie: "Der Schöpfungen schafft". Aber seine so genannten
"Nachkommen" sind nur Geschöpfe. Wegen [...] der Geburt sind sie nicht
seine Nachkommen, sondern [...]. Wer Werke offen schafft, er selbst ist
sichtbar. Wer zeugt, lebt in der Privatsphäre, und er selbst ist verborgen,
seit [...]. Auch derjenige, der erschafft, schafft offen. Wer aber zeugt, der
schenkt Kinder.
Niemand kann wissen, wann der Ehemann und die Ehefrau miteinander
verkehren, mit Ausnahme der beiden. In der Tat ist die Ehe in der Welt ein
Rätsel für diejenigen, die eine Frau genommen haben. Wenn es eine
verborgene Qualität für die Ehe der Verunreinigung gibt, wie viel mehr ist
die unbefleckte Ehe ein wahres Geheimnis! Sie ist nicht fleischlich,
sondern rein. Sie gehört nicht dem Verlangen, sondern dem Willen. Sie
gehört nicht der Dunkelheit oder der Nacht, sondern dem Tag und dem
Licht. Wenn eine Ehe für die Öffentlichkeit zugänglich ist, ist sie zu
Prostitution geworden, und die Braut spielt die Hure nicht nur, wenn sie
von einem anderen Mann befruchtet wird, sondern auch, wenn sie aus
ihrem Schlafzimmer schlüpft und gesehen wird. Sie zeige sich nur ihrem
Vater und ihrer Mutter und dem Freund des Bräutigams und den Söhnen
des Bräutigams. Diese dürfen jeden Tag in die Brautkammer eintreten.
Aber die andern wollen nur ihre Stimme hören und ihre Salbe genießen,
und sie lässt dich von den Krümel fressen, die vom Tisch fallen, wie die
Hunde. Bräutigam und Braut gehören in die Brautkammer. Niemand wird
in der Lage sein, den Bräutigam mit der Braut zu sehen, es sei denn, er
wird selbst ein solcher.
Als Abraham [...], dass er sehen wollte, was er sehen sollte, beschnitt er
das Fleisch der Vorhaut und lehrte uns, dass es richtig ist, das Fleisch
abzutöten.
Die meisten Dinge in der Welt, solange ihre inneren Teile versteckt sind,
stehen aufrecht und leben. Wenn sie enthüllt werden, sterben sie, wie der
sichtbare Mensch zeigt: solange der Darm des Menschen verborgen ist,
lebt der Mensch; Wenn seine Därme ausgesetzt sind und aus ihm
herauskommen, wird der Mensch sterben. So auch mit dem Baum:
Während seine Wurzel verborgen ist, sprießt er und wächst. Wenn seine
Wurzel ausgesetzt ist, trocknet der Baum aus. So ist es mit jeder Geburt,
die in der Welt ist, nicht nur mit dem Offenbaren, sondern auch mit dem
Verborgenen. Solange die Wurzel der Bosheit verborgen ist, ist sie stark.
Aber wenn sie erkannt wird, wird sie aufgelöst. Wenn sie offenbart wird,
geht sie zugrunde. Darum sagt das Wort: "Die Axt wird schon an die
Wurzel der Bäume gelegt". Sie wird nicht nur schneiden, was wieder
geschnitten wird, sondern die Axt dringt tief durch, bis sie die Wurzel
hervorbringt. Jesus zog die Wurzel des ganzen Ortes heraus, während
andere es nur teilweise taten. Wie für uns selbst, lasse jeden von uns
graben nach der Wurzel des Bösen, die in einem ist, und man reißt es aus
dem Herzen mit der Wurzel. Es wird gezupft, wenn wir es erkennen. Aber
wenn wir es nicht kennen, so schlägt es Wurzeln in uns und produziert
seine Frucht in unserem Herzen. Es beherrscht uns. Wir sind seine
Sklaven. Es nimmt uns gefangen, um mit uns zu tun, was wir nicht wollen;
und was wir wollen, das tun wir nicht. Es ist mächtig, weil wir es nicht
erkannt haben. Während es existiert, ist es aktiv. Unwissenheit ist die
Mutter aller Übel. Unwissenheit wird zum Tode führen, denn diejenigen,
die aus Unwissenheit kommen, waren weder, noch werden sie werden. [...]
Und man wird vollkommen sein, wenn die ganze Wahrheit offenbart wird.
Denn Wahrheit ist wie Unwissenheit: während sie verborgen ist, ruht sie in
sich selbst, aber wenn sie offenbart und erkannt wird, wird sie gelobt,
insofern sie stärker ist als Unwissenheit und Irrtum. Es gibt Freiheit. Das
Wort sagt: "Wenn du die Wahrheit kennst, wird die Wahrheit dich
befreien". Unwissenheit ist ein Sklave. Wissen ist Freiheit. Wenn wir die
Wahrheit kennen, werden wir die Früchte der Wahrheit in uns finden.
Wenn wir mit ihr verbunden sind, wird sie uns zur Erfüllung bringen.
Gegenwärtig haben wir due Evidenz der Schöpfung. Wir sagen: "Die
Starken, die hoch angesehen werden, sind große Menschen, und die
Schwachen, die verachtet werden, sind die Unklaren." Kontrastiere die
manifesten Dinge der Wahrheit: sie sind schwach und verachtet, während
die verborgenen Dinge stark und hoch angesehen sind. Die Geheimnisse
der Wahrheit sind offenbart worden, in Art und Bild. Die Brautkammer
bleibt jedoch verborgen. Sie ist das Heilige im Heiligen. Der Schleier
verbarg zunächst, wie Gott die Schöpfung kontrollierte, aber wenn der
Schleier zerrissen und das Innere offenbart wird, wird dieses Haus
verlassen oder vielmehr zerstört werden. Und die ganze untergeordnete
Gottheit wird von hier fliehen, aber nicht in die Heiligtümer der Heiligen,
denn sie wird sich nicht mit dem ungemischten Licht und der makellosen
Fülle vermischen, sondern unter die Flügel des Kreuzes und unter seine
Arme fliehen. Diese Arche wird ihre Rettung sein, wenn die Wasserflut
über sie wächst. Wenn einige der Ordnung des Priestertums angehören,
können sie mit dem Hohenpriester hinter den Schleier gehen. Aus diesem
Grunde war der Schleier nicht an der Spitze nur zerrissen, dass er nur für
die oben genannten offen gewesen wäre; noch war er es nur an der
Unterseite zerrissen, dass er nur für die unten aufgedeckt worden wäre.
Aber er war zerrissen von oben nach unten. Dies öffnete uns die Dinge
unten, damit wir in das Geheimnis der Wahrheit gehen können. Das ist
wirklich das, was in der Hochachtung gehalten wird und was stark ist!
Aber wir werden dort mit niedrigen Typen und Formen der Schwäche
hineingehen. Sie sind gering, wenn sie mit der vollkommenen Herrlichkeit
verglichen werden. Es gibt die Herrlichkeit, die den Ruhm übertrifft. Es
gibt Macht, die die Macht übertrifft. Deshalb haben sich uns die perfekten
Dinge zusammen mit den verborgenen Dingen der Wahrheit eröffnet. Die
Heiligtümer der Heiligtümer wurden offenbart, und die Brautkammer lud
uns ein.
Solange sie verborgen ist, ist die Bosheit zwar wirkungslos, aber sie ist
nicht aus der Mitte des Samens des Heiligen Geistes entfernt worden. Sie
sind Sklaven des Bösen. Aber wenn es offenbart wird, dann fließt das
perfekte Licht auf jeden. Und alle, die darin sind, werden die Christenheit
empfangen. Dann werden die Sklaven frei sein und die Gefangenen erlöst.
"Jede Pflanze, die mein Vater im Himmel nicht gepflanzt hat, wird
ausgerissen werden." Diejenigen, die getrennt sind, werden sich vereinen
[...] und werden erfüllt sein. Jeder, der in die Brautkammer eintritt, wird
das Licht entzünden, dann [...] wie in den Ehen, die nachts geschehen sind.
Das Feuer [...] nur nachts, und ist ausgelöscht. Aber die Geheimnisse
dieser Ehe werden eher am Tag und im Licht perfektioniert. Weder jener
Tag noch sein Licht gehen je unter. Wenn jemand ein Sohn der
Brautkammer wird, wird er das Licht empfangen. Wenn jemand es nicht
empfängt, solange er hier ist, kann er es nicht an dem anderen Ort
empfangen. Wer dieses Licht empfangen wird, wird nicht gesehen und
kann nicht eingesperrt werden. Und niemand wird in der Lage sein, solch
einen Menschen zu quälen, auch wenn er in der Welt wohnt. Und wenn er
die Welt verlässt, hat er schon die Wahrheit in den Bildern erhalten. Die
Welt ist zum Äon geworden, denn der Äon ist Fülle für ihn. So ist es: es ist
ihm offenbart, nicht verborgen in der Finsternis und der Nacht, sondern
verborgen an einem vollkommenen Tag und in einem heiligen Licht.
ZWEITES KAPITEL
DIE KREUZZÜGE
Zum Glück ist das nicht passiert. Aber sie hatten es fast geschafft. Im Jahre
1480 eroberte Sultan Mehmed II. Otranto als Kopf für seine Invasion in
Italien. Rom wurde evakuiert. Doch der Sultan starb kurz danach, und sein
Plan starb mit ihm. Im Jahre 1529 belagerte Suleiman der Herrliche Wien.
Wenn nicht eine Reihe von wilden Regenstürmen gekommen wären, die
seinen Fortschritt verzögerten und ihn zwangen, einen Großteil seiner
Artillerie hinterlassen, so wäre es praktisch sicher, dass die Türken die
Stadt genommen hätten. Deutschland wäre also von ihrer Gnade abhängig
gewesen.
Doch während diese Rasuren stattfanden, kam etwas anderes in Europa
auf, etwas, das in der Geschichte der Menschheit noch nie dagewesen war.
Die Renaissance, die aus einer seltsamen Mischung aus römischen Werten,
mittelalterlicher Frömmigkeit und einem einzigartigen Respekt für Handel
und Unternehmertum entstand, hatte zu anderen Bewegungen wie dem
Humanismus, der wissenschaftlichen Revolution und dem Zeitalter der
Erforschung geführt. Auch während des Kampfes um sein Leben war
Europa bereit, auf globaler Ebene zu expandieren. Die protestantische
Reformation, die das Papsttum sowie die Doktrin des Genusses ablehnte,
machte die Kreuzzüge für viele Europäer undenkbar, wodurch die Kämpfe
den Katholiken überlassen wurden. Im Jahre 1571 besiegte eine heilige
Liga, die selbst ein Kreuzzug war, die osmanische Flotte bei Lepanto.
Trotzdem blieben Militärsiege selten. Die muslimische Bedrohung wurde
wirtschaftlich neutralisiert. Als Europa in Reichtum und Macht wuchs,
begannen die einst ehrfürchtigen und hoch entwickelten Türken
rückwärtsgerichtet und pathetisch zu erscheinen - nicht mehr wert eines
Kreuzzugs. Der "Kranke von Europa" hinkte bis ins 20. Jahrhundert, als er
endgültig abging, und hinterließ das heutige Durcheinander des modernen
Nahen Ostens.
Aus der sicheren Distanz von vielen Jahrhunderten ist es leicht genug, in
Ekel an den Kreuzzügen auszubrechen. Die Religion ist ja nichts, um
Kriege zu führen. Aber wir sollten bedenken, dass unsere mittelalterlichen
Vorfahren von unseren unendlich zerstörerischen Kriegen, die im Namen
der politischen Ideologien gekämpft worden sind, gleichermaßen
angewidert gewesen wären. Und doch kämpfen sowohl die
mittelalterlichen als auch die modernen Soldaten letztlich für ihre eigene
Welt und alles, was sie ausmacht. Beide sind bereit, ein gewaltiges Opfer
zu erleiden, vorausgesetzt, dass es im Dienste von etwas ist, das sie lieben,
etwas Größerem als sie selbst. Ob wir die Kreuzfahrer bewundern oder
nicht, es ist eine Tatsache, dass die Welt, die wir heute kennen, ohne ihre
Bemühungen nicht existieren würde. Der alte Glaube des Christentums,
mit seinem Respekt vor den Frauen und der Antipathie gegen die
Sklaverei, überlebte nicht nur, sondern blühte.
DRITTES KAPITEL
DOKTOR MARTINUS LUTHERS BRIEF ZUM 500. JAHRESTAG DER
REFORMATION
VIERTES KAPITEL
DIE HEXENVERFOLGUNG
FÜNFTES KAPITEL
DIE FREIMAURER
„Der eine oder andere von euch, ehrwürdige Brüder, mag sich vielleicht
darüber wundern, dass der in unserem Jahrhundert gegen die katholische
Kirche geführte Krieg ein so großes Ausmaß angenommen hat. Doch wer
den Charakter, die Tendenzen, das Ziel der Sekten wirklich begriffen hat,
ob sie sich nun freimaurerisch nennen oder einen anderen Namen
annehmen, und sie mit dem Charakter, der Natur und der Entwicklung
dieses Kampfes vergleicht, der fast auf dem ganzen Erdball offen gegen
die Kirche geführt wird, wird nicht daran zweifeln können, dass das
heutige Unheil hauptsächlich auf die Ränke und Intrigen eben jener Sekten
zurückgeht. Aus ihnen besteht die Synagoge Satans, deren vereinigte
Kräfte, wie eine zur Schlacht aufgestellte Armee, mit wehenden Bannern
zum Sturm auf die Kirche anmarschieren ... Indem sie sich
einschmeichelte und sich tückisch einschlich, unermüdlich wühlte und
nach Herzenslust betrog, ist sie (die Synagoge Satans) zu einer sichtbaren
Macht geworden ... Enthüllt und geißelt vor allem den Irrtum jener, die, ob
sie nun Betrüger oder Betrogene sein mögen, unverfroren behaupten,
soziale Anliegen, Fortschritt und Wohltätigkeit zum gegenseitigen Nutzen
seien das einzige Ziel, das diese finsteren Vereinigungen verfolgen.“ Pius
IX.
„Meine lieben jungen Menschen, kämpft stets gegen die Freimaurerei,
entlarvt diese infame Sekte. Einst habe auch ich für übertrieben gehalten,
was man über sie erzählte, doch seither habe ich dank meines Bischofs-
Amtes Gelegenheit gehabt, meinen Finger auf die Wunden zu legen, die
sie schlägt, und ich bin zur Überzeugung gelangt, dass alles, was über
diese höllische Vereinigung veröffentlicht worden ist, noch nicht die ganze
Wahrheit enthüllt hat." Pius X.
Über das Einweihungsritual der Freimaurer: „Der sächsische Advokat
Eckert zitiert eine belgische Zeitschrift aus dem Jahre 1820: Wenn der
Ritter Kadosch (Hochgradfreimaurer des 30. Grades) seinen Eid
gesprochen hat, drückt man ihm den Dolch in die Hand und legt ihm ein
Kruzifix vor die Füße, worauf der Allergrößte (der Vorsitzende der
Hochgradloge) zu ihm sagt: Trete dieses Bild des Aberglaubens mit den
Füßen, zerbrich es! - Wenn er es nicht tut, spendet man ihm Beifall, damit
er nichts ahnt, und der Allergrößte hält eine Rede, in der er seine
Frömmigkeit lobt. Man nimmt ihn als Mitglied auf, ohne ihm die großen
Geheimnisse anzuvertrauen. Doch wenn er das Kruzifix zertritt, lässt man
ihn an den Altar herantreten, wo drei menschliche Abbilder oder, wenn
man sich solche besorgen kann, drei Leichen liegen. Ferner liegen mit Blut
gefüllte Harnblasen dort, und man ruft ihm zu, er solle auf sie einschlagen.
Er führt den Befehl aus, bis er mit Blut vollgespritzt ist, und indem er die
abgehackten Köpfe bei den Haaren packt, schreit er: Nekam! Die Rache ist
vollzogen! - Nun wendet sich der Allergrößte mit folgenden Worten an
ihn: Durch Ihre Standhaftigkeit und Treue haben Sie es verdient, die
Geheimnisse der wahren Freimaurer zu erfahren. Diese drei Männer, die
Sie geschlagen haben, sind der Aberglaube, der König und der Papst.
Diese drei Götzen der Völker sind in den Augen der Weisen nichts als
Tyrannen. Im Namen des Aberglaubens begehen der König und der Papst
alle erdenklichen Verbrechen.“
„Nachdem das Menschengeschlecht durch den Neid des Teufels von Gott
dem Schöpfer so kläglich abgefallen war, hat es sich in zwei geschiedene
und einander entgegengesetzte Lager geteilt: das eine kämpft unausgesetzt
für Wahrheit und Tugend; das andere für alles, was der Wahrheit und
Tugend widerstreitet. Das eine ist das Reich Gottes auf Erden: nämlich die
wahre Kirche Christi; wer diesem wahrhaft und zu seinem Heile
angehören will, der muss Gott und Seinem Eingeborenen Sohne mit
ganzer Seele und mit voller Hingebung seines Willens dienen. Das andere
ist das Reich des Satans, in dessen Botmäßigkeit und Gewalt alle stehen,
welche dem verhängnisvollen Beispiel ihres Führers und unserer
Stammeltern gefolgt sind, dem ewigen göttlichen Gesetze den Gehorsam
zu verweigern und vieles mit Verachtung Gottes, ja vieles gegen Gott
selbst zu unternehmen suchen. Indem sie keck und listig in alle Ordnungen
des Gemeinwesens sich eindrängte, erlangte sie (die Sekte der Freimaurer)
eine solche Macht, dass sie nahezu die Oberherrschaft in den Staaten zu
haben scheint.“ Leo XIII..
„Die Revolution ist durch Satan selbst inspiriert; ihr Ziel besteht darin, das
Gebäude des Christentums voll und ganz zu zerstören und auf seinen
Ruinen die soziale Ordnung des Heidentums zu errichten.“ Pius IX.
Dieser Plan wird auch von den Freimaurern selbst enthüllt: „Alle Throne
waren von jenen bedroht, die sich gegen den päpstlichen Thron
verschworen hatten. Doch die vollständige Übertragung aller Souveränität
an das Volk war, im Denken der Sekte, lediglich eine Operation, die dem
großen Werk vorausging. Von diesem Sieg (dem Sturz der Throne) schrieb
Tigrotto am 5. Januar 1846: 2 Jahre vor der Revolution von 1848, welche
alle Throne erschüttern sollte, dieser Sieg, der so einfach sein wird, ist
freilich nicht jener, der bisher so viele Opfer unsererseits gefordert hat. Es
gibt einen kostbareren, dauerhafteren Sieg, auf den wir schon seit so langer
Zeit hinarbeiten... Um die alte Welt mit Sicherheit töten und auf ihren
Trümmern eine neue Zivilisation errichten zu können, ist es, wie wir
gesehen haben, notwendig, den katholischen und christlichen Keim zu
ersticken; mit anderen Worten, das Christentum in den Seelen zu
vernichten.“ Monseigneur Delassus.
Die Französische Revolution zerstörte die kirchliche Ordnung und
entledigte sich des Adels, des Hüters der Tradition, wie auch der Zünfte,
welche gleichfalls Hüterinnen der natürlichen Ordnung waren. Nachdem
diese Vorposten glücklich geschleift waren, machte man sich ans Werk,
wobei man viel zerstörte und wenig schuf. Die Revolution beeilte sich, die
Republik auszurufen, welche die Renaissance für Rom selbst erträumt
hatte, durch welche die Protestanten in Frankreich die Monarchie hatten
ersetzen wollen und welche das Werk der Freimaurerei so trefflich
verrichtet. Die Konvent-Mitglieder von 1792 erhoben es zum Grundsatz,
dass der Mensch von Natur aus gut sei; auf dieser Grundlage
proklamierten sie die drei freimaurerischen Schlagwörter Freiheit,
Gleichheit, Brüderlichkeit. Der Kult der Göttin Vernunft wurde zur
Religion.
„Die Revolution greift zuerst die Religion an. Gegenstand ihres Hasses ist
vor allem die katholische Kirche; manchmal wird deren Gottesdienst
verboten und ihre Priester werden ermordet; stets wird sie jener Güter
beraubt, die in ihren Händen Eigentum der Armen sind, und ihr wird ihr
legitimer Einfluss auf die soziale Ordnung entzogen... denn der Begriff der
Unterordnung der Zivilgesellschaft unter ein positives göttliches Gesetz ist
jenes Prinzip, welches die Revolution in der Seele der Völker mit Stumpf
und Stiel ausrotten will. Diese Verneinung ist ihre recht eigentliche
Quintessenz.“ Pater Deschamps.
„Die Revolution weist einen satanischen Charakter auf. Sie ist ihrem
Wesen nach satanisch.“ Joseph de Maistre.
Dies ist ein Zeugnis von Pater de Cloriviere über die Französische
Revolution, deren Augenzeuge er war: „Um der falschen Philosophie den
Mund zu stopfen und jeden Menschen, der gesunden Gebrauch von seinem
Verstand machen will, zur Wahrheit zu führen, gibt es wahrlich kein
wirksameres Mittel, als die Verbindung der natürlichen Wahrheiten mit den
von der heiligen Kirche im Katholizismus gelehrten herzustellen.
Indem die Urheber der antichristlichen Revolution die Dogmen des
Christentums verwarfen, verwarfen sie zugleich die dazugehörige Moral,
dazu einige Punkte der natürlichen wie der evangelischen Moral, die ihrer
Doktrin von Freiheit und Gleichheit am unmittelbarsten entgegengesetzt
ist. Sie haben falsche Vorstellungen vom Gesetz geschaffen, indem sie dies
vom allgemeinen Willen der Menschen abhängen ließen; sie haben den
Gehorsam gegen die rechtmäßigen Autoritäten zerstört, sei es in der
natürlichen und bürgerlichen, sei es in der übernatürlichen und kirchlichen
Ordnung; sie haben den öffentlichen Gottesdienst für überflüssig erklärt
und abgeschafft; sie haben die Ehe untergraben, indem sie ihre
Unauflöslichkeit aufhoben, haben die Ordensgelübde für null und nichtig
erklärt und jegliche Unterscheidung zwischen dem Heiligen und dem
Profanen aufgegeben. Es ist darum notwendig, insbesondere diese Irrtümer
zu verurteilen und zu bekämpfen und klarzustellen, welche Haltung die
Kirche in diesen Fragen stets eingenommen hat. Wird sie von Jesus
Christus getrennt, verfällt die intellektuelle Welt in einen ähnlichen
Zustand, in dem sich die physische Welt befände, würde sie des Lichts und
der Wirkung der Sonne beraubt. Es ist dies die Herrschaft des Chaos:
Verwirrung in den Ideen, Irrtümer in den Prinzipien, Falschheit in den
Urteilen, Lüge in der Art, wie man spricht und handelt. Es werden absurde
Systeme übernommen und die offenkundigsten Wahrheiten verworfen.
Gestützt auf ein fast allgemein gewordenes Ansehen, fabriziert man immer
widersprüchlichere Theorien über die Gottheit, den Menschen, die
Existenz der Welt. Man nennt Jesus Christus die Sonne der Gerechtigkeit,
und er erfüllt in der Tat auf göttliche Weise sämtliche ihre Funktionen. Er
ist in der geistigen Welt das, was die Sonne in der materiellen ist, und in
der übernatürlichen Ordnung schenkt er dem Menschen das Leben, die
Kraft und die Bewegung; er beseelt ihn mit seinem Geist, lässt in ihm sein
Wort keimen und verleiht ihm die Fähigkeit, Früchte des Heils zu bringen.
Als Urheber des Lichtes, Quelle und Lehrer der Wahrheit, ist er selbst die
Wahrheit. Wie aber könnte jener, der seinem Wesen nach das Licht ist,
auch nur die geringste Finsternis dulden? Gewiss, Jesus Christus selbst -
gleichgültig ob als Gott oder ob als Mensch - kann nie etwas von seiner
Klarheit verlieren. Anders verhält es sich freilich, wenn man ihn in Bezug
auf uns betrachtet. Er verdunkelt sich für uns, wenn wir selbst in der
Dunkelheit wandeln. Wer in der Tiefe eines Kerkers schmachtet, für den ist
es, als ob die Sonne nicht existiere. Und wenn von Unvernunft Besessene
um sich Staubwirbel kreisen lassen, fällt dieser Staub auf sie zurück und
blendet sie. Dies ist das Geschick jener, die versuchen, die Herrlichkeit des
Welterlösers durch Blasphemien, Schmähungen und Spitzfindigkeiten zu
verdunkeln. Jesus Christus strahlt dadurch nicht weniger Licht und Güte
aus; ihre Bemühungen zeitigen kein anderes Ergebnis, als sie selbst in
Finsternis zu hüllen. Man kann sich kein größeres Übel vorstellen, als des
Lichts der Wahrheit beraubt zu sein und zum Spielball des Irrtums und der
Lüge zu werden. Genau dies wird jedoch das vorherrschende Merkmal
dieser Epoche sein, wo die geistige Finsternis größer als in den
verflossenen Jahrhunderten sein und fast universelle Ausmaße annehmen
wird. Wie bei ihrem göttlichen Bräutigam, dem Schmerzensmann, wird
man bei der Kirche den Eindruck haben, Gott habe sie geschlagen und in
den Staub geworfen, und ihre Seele, wie jene Mariens, wird vom Schwert
der göttlichen Gerechtigkeit durchbohrt werden, damit die Gedanken
vieler Herzen offenbar werden. Gottes Pläne sind unerforschlich; was
ihnen am grellsten zu widersprechen scheint, wird in seiner Hand ein
Mittel, sie auf umso wunderbarere Weise zu verwirklichen. Durch diese
Tage ihrer Unterdrückung gereinigt und gestärkt, wird die Kirche
strahlender und mächtiger wieder in Erscheinung treten denn je zuvor. Sie
wird von neuem als Königin und Lehrerin der Nationen anerkannt werden.
Doch mögen die wahren Getreuen in der Prüfung Standhaftigkeit an den
Tag legen, und mögen die Schwankenden sich davor hüten, jenes wenige
Licht zu verlieren, das ihnen noch bleibt; mögen sie ihren Glauben
wiederbeleben, um sich nicht von trügerischem Schein blenden zu lassen,
und mögen sie es vorziehen, mit den Gerechten zu leiden, anstatt sich mit
den Verderbten zu freuen… Die von der Vorsehung gewollte Ordnung
herrscht - zumindest was das Heil und die Bedürfnisse der Epoche betrifft
- in diesen Zeiten nicht, wo Gottlosigkeit, Schisma oder Häresie regieren.
Der Herr überlässt jene Länder ihrem Schicksal, die ihm gänzlich untreu
geworden sind und ihn gewissermaßen gezwungen haben, sie sich selbst
auszuliefern und des Segens einer besonderen Vorsehung zu berauben.
Niemals aber entfernt er sich ganz von ihnen; er wacht über sie, jedoch nur
noch als erste Ursache, als allgemeiner Beweger und in der Ordnung der
Natur. Da sie vor dem Lichte geflohen sind, lässt er es zu, dass sie, in
Finsternis verstrickt, dies nicht einmal bemerken. Man glaube deshalb
nicht, es gebe in Ländern, wo das Christentum verfolgt wird, besondere
Gnaden übernatürlicher Art für die verschiedenen Stände und Würden;
diese Länder werden dem Irrtum oder der Abkehr von jeglicher Religion
anheimfallen. Die Mächte der Finsternis werden durch ein Strafgericht der
göttlichen Gerechtigkeit jener Regierungsform vorstehen, die man dort
wählen wird; als Folge wird die ganze Staatsmaschinerie keinen anderen
Zweck mehr verfolgen als jenen, Korruption und Misstrauen zu verbreiten
und herrschen zu lassen. Anstellungen werden nur noch jene erhalten,
welche 'das Zeichen des Tieres' tragen; um eine Arbeit zu bekommen, wird
man seine Gottlosigkeit bekunden oder an allerlei Ungerechtigkeiten
teilhaben müssen. In diesem finsteren Jahrhundert, das sich freilich
rühmen wird, ein Jahrhundert der Aufklärung zu sein, wird es zahlreiche
rein fleischliche Menschen ohne jede Kenntnis der göttlichen Dinge geben.
Jene sind die Anbeter dieser Welt. Uns obliegt es, uns vor dieser Sklaverei
zu hüten, unbefleckt von jeglichem Ehrgeiz, von jeglicher Hingabe an die
Güter der Welt, von jedem Streben nach ihren Freuden zu bleiben… Aus
der Erwägung der Prophetien des Alten und des Neuen Testaments gehen
mehrere Dinge hervor, die hervorragend dazu geeignet sind, uns
aufzuklären und mit frischem Mut zu erfüllen. Das, was vor unseren
Augen geschieht, darf uns keinesfalls in Bestürzung versetzen oder
verblüffen; es geschieht nichts, das nicht von den Dienern des Herrn,
seinen Propheten, vorausgesagt worden wäre. Die Kirche Jesu Christi
sollte von denselben Nationen verlassen, unterdrückt und verfolgt werden,
die es sich jahrhundertelang zum Ruhm gereichen ließen, sie zur Mutter
und Lehrmeisterin zu haben. Das der Kirche zugefügte Unrecht wird
gerächt werden, ungeachtet des irrsinnigen Versuchs ihrer Feinde, die
göttlichen Verheißungen zu vereiteln, und jene Regierungen, die wähnen,
die Kirche zu zerstören, werden nur deren Ruhm mehren, zugleich aber
auf ihren eigenen Untergang hinarbeiten. Schließlich wird Gott, obgleich
er den Mächten der Finsternis zunächst größere Macht einräumt, ihrem
Rasen und der Verwirklichung ihrer Pläne Einhalt gebieten. Doch nach
dem zu urteilen, was wir heute sehen, wird dies erst nach recht langer Zeit
und nach vielen, unter mehreren Völkern angerichteten Verwüstungen der
Fall sein. Einen ersten Versuch des Feindes haben wir bereits miterlebt.
Unsere obersten Hirten haben sich fast einmütig geweigert, die dem Herrn
und der Kirche geschuldete Treue zu brechen, wie man es von ihnen
verlangt hatte. Ein zweiter Versuch wird noch furchtbarer sein; dann
werden ungläubig gewordene Christen sich nicht damit begnügen, auf den
einen oder anderen Teil der katholischen Religion zu verzichten, sondern
alle diese Teile zugleich angreifen… Man beachte auch, dass der erste
Gebrauch, den die Dämonen tatsächlich von ihrer großen Macht machen,
das erste Mittel, dessen sie sich bedienen, um die Menschen dem geistigen
Tod zu überantworten und sie dann in den ewigen Tod zu ziehen, darin
besteht, ihnen nach Kräften jegliche geistige Unterstützung zu verwehren.
Gegen jene innere Hilfe, die Gott von sich aus gewährt, können sie direkt
nichts unternehmen, doch hoffen sie, dem Menschen den Zugang zu ihr
abzuschneiden, indem sie die Seele der äußeren Mittel des Heils berauben.
Dies tun sie dadurch, dass sie die gewöhnlichen Mittel blockieren, durch
die Gott seine Gnaden zu erweisen geruht. Diese Mittel sind die
Sakramente, Gottes Wort, die kirchliche Hierarchie, die christliche
Erziehung. Doch der geistige Tod, dem diese bösen Geister die Menschen
preisgeben wollen, hat noch einen anderen, schrecklichen Sinn: Er handelt
sich um einen absoluten geistigen Tod, der gemäß dem gewöhnlichen
Wirken der Gnade keinen Keim von Leben mehr übriglässt. Die sündigen
Christen bewahren im Allgemeinen den Glauben und die Hoffnung, was
ihnen die Möglichkeit offen hält, wieder zum Leben zurückzufinden.
Selbst jene, die sich von der Kirche getrennt haben, finden noch eine
gewisse Zuflucht im - wenn auch nur natürlichen - Glauben an gewisse
geoffenbarte Wahrheiten; doch der geistige Tod, dem die Dämonen zu
jener Zeit die Menschen zu überantworten trachten, besteht darin, ihnen
möglichst jegliche Aussicht auf Rückkehr zum übernatürlichen Leben zu
verwehren, indem sie sämtliche geoffenbarten Wahrheiten in Bausch und
Bogen verwerfen, insbesondere jedoch die Göttlichkeit Jesu Christi… Eine
andere Gefahr besteht darin, eine zunächst anerkannte Wahrheit
aufzugeben, weil man sich vor den Gefahren fürchtet, die einem drohen,
wenn man sie verteidigt. Man bedenke jedoch, dass die Verteidigung einer
Wahrheit, besonders wenn sie Glaubensangelegenheiten betrifft, die
Verteidigung der Sache Gottes ist! Sie aufgeben heißt, sich von Gott
entfernen und sich
an die Seite des Vaters der Lüge stellen. Dies ist stets etwas ungemein
Schwerwiegendes, und die Folgen sind verhängnisvoll: Ein erster Fehler
zieht einen zweiten nach sich, und wer meinte, sich nur einen einzigen
Fehler vorwerfen zu müssen, befindet sich, ehe er sichs versieht, in einem
Abgrund. Darum muss man fest entschlossen sein, niemals
zurückzuweichen, wo immer es um die Wahrheit geht, und seine Ruhe,
seine Interessen, ja sein Leben hintanzustellen, wenn es sie zu verteidigen
gilt. Jenen, die sich vor diesen beiden Gefahren in Acht nehmen, droht
noch eine weitere; diese besteht darin, den gerade Herrschenden blind
Gehorsam zu leisten, obgleich diese in Zeiten der Wirren und der
Verfolgung für gewöhnlich mehrheitlich jener Seite zuneigen, die von der
Natur begünstigt wird, sei sie der Wahrheit auch noch so entgegengesetzt.
Man behalte dies im Gedächtnis: Die Wahrheit ist und bleibt stets dieselbe;
sie ändert sich nicht je nach den Umständen; was sich zu einer Zeit als
wahr erwies, hört nicht auf, wahr zu sein, weil diese oder jene Menschen
ihre Haltung geändert haben; man muss sich an das halten, was man
dachte, als die eigene Urteilskraft durch nichts verdunkelt war, und darf
nicht den Zweifeln erliegen, die aufgekommen sind, seitdem irdische
Beweggründe und menschliche Ängste dem Denkvermögen einen Teil
seiner Kraft und seiner Freiheit geraubt haben. Man wäge die Argumente
jener ab, deren Meinung die Geister in ihren Bann zieht, statt sich von
ihrer Zahl beeindrucken zu lassen, und es wird sich herausstellen, dass ihre
Argumente recht schwach sind. Zudem verblasst und verschwindet ihre
Autorität vor jener der Kirche und des Papstes. Die Kirche muss bis zum
Ende der Zeit bestehen bleiben, kann dies aber nicht ohne ein sichtbares
Oberhaupt, und dieses sichtbare Oberhaupt muss, soll es der Kirche von
Nutzen sein, all jene Privilegien besitzen, die Petrus verliehen worden
sind. Die Fülle seiner Macht, seines Priestertums, seiner Gerichtsbarkeit
entspringt vollkommen derjenigen Jesu Christi. Der Geist der Heiligkeit
und Wahrheit, der ihn bei der Führung der Kirche lenkt, teilt ihm, wenn
dies notwendig ist, seine Unfehlbarkeit mit, damit er die Herde Jesu
Christi weder auf dem Gebiet der Glaubenslehre noch auf jenem der Moral
in Irrtum führe. Die Botschaften und Entscheidungen des Papstes
bezüglich der Regierung und des allgemeinen Wohls der Kirche gelten für
alle Zeiten und für alle Menschen sämtlicher Länder. Der Heilige Geist
wacht darüber; er hat es niemals zugelassen, dass die päpstlichen
Botschaften und Entscheidungen unvermerkt durch etwas befleckt worden
wären, was den geoffenbarten Wahrheiten oder den Grundsätzen der Moral
widerspräche, und wird dies auch künftig nicht zulassen. Ihre Autorität
reicht aus, um sämtlichen Kontroversen ein Ende zu bereiten… Ich füge
hinzu, dass einerseits die Auslöschung der häretischen und schismatischen
Sekten, andererseits die Verwirrung und Ausweglosigkeit, in welche die
von der christlichen Religion abgefallenen Nationen geraten werden, nicht
wenig dazu beitragen werden, die Heiligkeit der Kirche Jesu Christi
glorreich zu bekräftigen… Wenn die Kirche gewisse Verluste erlitten hat,
hilft ihr Gott oft auf eindrucksvolle Weise, diese wettzumachen. Dies ist
es, was zum Zeitpunkt der allgemeinen Revolution eintreten muss.
Niemals werden die Verluste der Kirche größer gewesen sein, und sie wird
in gewissem Sinne wieder in den Zustand zurückfallen, in dem sie sich zur
Zeit der Passion des Erlösers befand, doch nur, um dann umso strahlender
wieder zu erscheinen und das Reich Jesu Christi weiter auszubreiten als je
zuvor. Ihre Jugend wird erneuert werden, und der Heilige Geist wird eine
noch reichere Fülle an Gaben über sie ausgießen. Die Juden werden ihre
Augen endlich dem Lichte öffnen; sie werden Jenen verehren, den sie so
lange verkannt haben; sie werden zu Aposteln der Göttlichkeit Jesu Christi
werden und sie unter den ungläubigen Nationen verkünden, so dass die
Kirche weiter verbreitet sein wird als je. Zahlreiche ihrer Kinder werden
sich durch große Heiligkeit auszeichnen, und deren Mut wird vor allem
dann hell erstrahlen, wenn der Tag kommen wird, da sie eine grausame
Verfolgung werden erdulden müssen… Die Gesetzgeber haben
angeordnet, dass das französische Volk das Höchste Wesen und die
Unsterblichkeit der Seele anerkennt, doch was für ein Höchstes Wesen?
Sie haben erklärt: Es ist dies nicht der Gott der Priester. Es ist ein Gott, der
weder Gebet noch Opfer verlangt; ein Gott, der keinen Unterschied
zwischen Lüge und Wahrheit macht; ein Gott, für den alle Religionen
gleich sind. Sie haben dieses Höchste Wesen nur aus politischen Gründen
anerkannt und verwechseln es mit der Natur, lassen also unschwer
erkennen, was sie wirklich denken. Und welche Unsterblichkeit der Seele?
Sie definieren sie nicht, und eine unsterbliche Seele, die dem Urteil eines
unermesslich heiligen Gottes untersteht, wäre nicht nach ihrem
Geschmack. Indem sie die Lüge an die Stelle der Wahrheit setzte, hat die
Revolution auch die Tugend korrumpiert. Wirkliche Tugend verlangt, dass
der Mensch sich selbst Gewalt antut, und die revolutionären Prinzipien
berauben ihn der stärksten Beweggründe, dies zu tun… Wenn sie die
Erklärung der Menschenrechte mit solcher Feierlichkeit unterzeichnet
haben, wenn sie sich so viel Mühe gegeben haben, um diese den Geistern
einzuhämmern, ja sie in ihnen einzumeißeln, dann darum, weil sie
sämtliche Prinzipien enthält, auf denen die antichristliche Revolution
beruht!“ Pater Pierre de Cloriviere, 1796.
„Satan hasst das fleischgewordene Wort. Er wird sich deshalb bemühen,
diesen Hass den Herzen jener einzuflößen; welche das fleischgewordene
Wort zu seinen Brüdern gemacht hat. Bis zum 18. Jahrhundert hatte er es
nicht gewagt, öffentlich zum Hass aufzurufen. Schließlich fand er Voltaire,
und durch ihn konnte er an eine über alle Orte des Erdballs verbreitete
Sekte diese Parole ausgeben: Ecrasons, l'infâme! (Zerstampfen wir,
zerstampft den Infamen!) Der Infame war jener, der Mensch wurde, um
den Menschen zu erretten, und der Brot wurde, um ihn zu nähren: Jesus
Christus, der einzige Sohn Gottes. Der Hass auf Christus ist die extremste
Versuchung, der die erlöste Menschheit ausgesetzt ist, die letzte Prüfung,
die sie bestehen muss; und diese Prüfung ist jene, der die Revolution sie
gegenwärtig unterzieht.“ Monseigneur Delassus.
Seit apostolischen Zeiten besteht ein von einer Gegenkirche geschmiedetes
Komplott. Die Gegenkirche wirkte im Schoß der Nationen und vereinte all
jene, welche die von Jesus Christus und dann von der Katholischen Kirche
verkündete Heilslehre bewusst verwarfen. Mehrere antichristliche
Gruppierungen (Manichäer, Katharer, Rosenkreuzer), deren gemeinsame
Grundlage der Gnostizismus ist, haben sich in der "Synagoge Satans"
(Apokalypse 2, 9) ein Stelldichein gegeben, ehe diese Verschwörer gegen
das Liebeswerk Christi sich offiziell unter einem mächtigen Banner
sammelten: jenem der internationalen Freimaurerei.
Alle diese zwar verschiedenen, aber nicht gespaltenen Gruppen trachten
danach, die Apostasie zu verbreiten, um die Welt zum Heidentum, zur
Sklaverei des Teufels zurückzuführen, obwohl das fleischgewordene Wort
doch gekommen ist, um uns genau davon zu befreien.
„Die Freimaurerei ist - zu zumindest in den höheren Graden - nichts
anderes als die geheime Religion Satans.“ Leo XIII.
„Seit anderthalb Jahrhunderten verbreitet sich eine mächtige Vereinigung,
deren Prinzipien identisch mit den Ideen der Französischen Revolution
sind, über die ganze Welt, hüllt sich in den Schleier des Mysteriums, wirkt
in allen Teilen der Gesellschaft, bald durch die Presse, von der
Tribüne aus, durch die Erziehung der Jugend, bald durch Komplotte, doch
stets mit demselben Ziel vor Augen. Diese Vereinigung existiert; es ist die
Freimaurerei, welche die Quelle und gewissermaßen die Mutter sämtlicher
Geheimgesellschaften darstellt. Sie hat bereits in den ersten Jahren des 18.
Jahrhunderts zu wirken begonnen, und die Fortschritte der Revolution
standen in direkter Beziehung zu ihrer Verbreitung... Ihre Lehren sind
überall dieselben; ihre Einheit, ihre Universalität, erklären also die Einheit
und Universalität der Revolution.“ Pater Deschamps.
„Bruder Malapert, Redner des obersten Rats des schottischen Ritus der
Freimaurer, sagte im Jahre 1874 wörtlich: Im 18. Jahrhundert war die
Freimaurerei weltweit dermaßen verbreitet, dass man sagen kann, seit
dieser Epoche sei nichts ohne ihre Einwilligung geschehen.“ Pater
Deschamps.
Die Päpste haben dieses Instrument der Revolution unermüdlich
angeprangert. Pius VI. schrieb 1775: „Die Schlauheit dieser verstockten
Menschen ist wahrhaftig empörend... Bei ihrem zerstörerischen und
verhängnisvollen Werk sind sie lediglich Werkzeuge dessen, der die
Schlange zu Hilfe rief um unsere Stammeltern zu verführen und ins
Verderben zu ziehen.“
Leo XII. versicherte, die Revolution bedrohe nicht nur die Kirche, sondern
auch die Staaten. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, sei es absolut
sicher, dass es, ungeachtet der Verschiedenheit ihrer Namen, eine Einheit
aller Sekten gebe, die ein infames Ziel durchzusetzen trachteten. Deshalb
scheute er sich nicht davor, den christlichen Fürsten zuzurufen: „Die
gegenwärtigen Verhältnisse sind solcher Art, dass Sie diese
Geheimgesellschaften schlagen müssen, und zwar nicht nur zur
Verteidigung der katholischen Religion, sondern auch um Ihrer eigenen
Sicherheit und jener Ihrer Untertanen willen. Die Sache der Religion ist
heutzutage dermaßen mit jener der Gesellschaft verknüpft, dass man sie
nicht mehr voneinander trennen kann; denn jene, welche diesen Sekten
angehören, sind in gleichem Grade Feinde Ihrer Macht und der Religion.
Sie greifen die eine wie die andere an und wünschen den Sturz beider.
Wenn sie könnten, würden sie weder die Religion noch die Königswürde
bestehen lassen... Nicht bloß der Hass auf die Religion beseelt ihren Eifer,
sondern auch die Hoffnung, dass die Ihrem Reich unterstehenden Völker,
wenn sie erst die in den heiligen Dingen von Jesus Christus und seiner
Kirche gesetzten Marksteine umgestürzt sehen, durch dieses Beispiel
leicht dazu bewogen werden können, auch die Formen der politischen
Regierungen zu ändern und zu zerstören.“
„Bei der Sitzung vom 15. Februar 1904 hatte Charles Benoist den
Ministern gesagt: Sie sind nicht die Regierung, Sie sind bloß eine falsche
Regierung. - Dann wies er auf jene Seite, wo die Freimaurer zu tagen
pflegten, und sagte: Die wirkliche Regierung ist diese. - E. Combes
antwortete: Man hat stets jene Regierung, die man verdient. - In anderen
Worten: Wenn ihr Franzosen unter dem Joch der Freimaurerei schmachtet,
dann darum, weil ihr durch eure Fehler und durch die gegen Gott und seine
Kirche begangenen Verbrechen diese erniedrigende Tyrannei
heraufbeschworen habt.“ Monseigneur Delassus.
Pius IX. wandte auf die Angehörigen der Geheimgesellschaften jene Worte
an, die Christus zu den Juden gesagt hatte: „Ihr habt den Teufel zum Vater
und wollt nach den Gelüsten eures Vaters tun!“ (Johannes 8,44).
Pius IX. sagte zum Thema der Geheimgesellschaften: „Zu den zahlreichen
Machenschaften und Ränken, mit denen Kinder des christlichen Namens
die Kirche Gottes anzugreifen wagten und einen - wenn auch vergeblichen
- Versuch zu ihrer Zerstörung unternahmen, muss man zweifellos diese
verdorbene Gesellschaft von Menschen zählen, die man gemeinhin als
freimaurerisch zu bezeichnen pflegt.“
Des weiteren sagte Pius IX.: „Die Feinde der Kirche, die vertrauensvoll
und begeistert der künftigen Dinge harren und auf gewisse Ereignisse
hoffen, die sich in naher oder ferner Zukunft abspielen sollen - Gott allein
weiß es -, mögen wissen, dass auch die Pharisäer und ihre Freunde
entzückt über den Tod Christi waren, als hätten sie einen Triumph
errungen, und nicht bemerkten, dass dieser Tod die Ursache ihrer
vollständigen Niederlage war.“
Leo XIII. geißelte die Freimaurerei als treibende Kraft in jenem Krieg, der
von allen Seiten gegen die Heilige Kirche geführt wurde. Das Bulletin der
symbolischen schottischen Großloge drückte das Denken der Sekte in
folgenden Worten aus: „Die Freimaurerei kommt nicht umhin, dem Papst
für seine letzte Enzyklika zu danken. Leo XIII. hat mit unbestreitbarer
Autorität und einer wahren Fülle von Beweisen einmal mehr
nachgewiesen, dass es einen unüberbrückbaren Abgrund zwischen der von
ihm vertretenen Kirche und der Revolution gibt, deren rechter Arm die
Freimaurerei ist. Die Stunde ist gekommen, zwischen der alten Ordnung,
die sich auf die Offenbarung stützt, und der neuen Ordnung zu wählen, die
keine anderen Grundlagen anerkennt als die Wissenschaft und die
menschliche Vernunft, zwischen dem Geist der Autorität und dem Geist
der Freiheit.“
Dieser Gedanke wurde beim Konvent von 1902 abermals ausgedrückt, und
zwar von jenem Redner, dem es zufiel, die Schlussansprache zu halten:
„Was uns trennt? Es ist dies ein Abgrund, ein Abgrund, der erst an jenem
Tage überwunden sein wird, an dem die Freimaurerei triumphiert!“
Seither hat La Lanterne, offiziöses Organ der Regierenden, wiederholt
gesagt: „Die Kirche weiß heute, dass die Republik ihr Tod sein wird, und
wenn die Republik die Kirche nicht tötet, wird die Kirche die Republik
töten. Zwischen der Republik und der Kirche findet ein Duell auf Leben
und Tod statt.“
Im Oktober 1902 erklärte Premierminister E. Combes: „Es geht darum,
heute zu wissen, wer sich durchsetzen wird: Die Revolution, verkörpert
durch die Republik, oder die Konterrevolution, verkörpert in der klerikalen
und nationalistischen Reaktion.“
In einem Hirtenbrief schrieb ein Bischof der USA im Jahre 1878 bezüglich
der antichristlichen Verschwörung: „Angesichts der Tatsache, dass diese
Verschwörung einen bisher nicht gekannten weltweiten Umfang
angenommen hat, dass sie überall zur gleichen Zeit zuschlägt und überall
ähnliche Mittel anwendet, sehen wir uns zur Schlussfolgerung gezwungen,
dass es eine Führung gibt, einen Gesamtplan, eine starke Organisation mit
einem klaren Ziel, auf das alles zusteuert. Ja, sie existiert, diese
Organisation, mit ihrem Ziel, ihrem Plan und der verborgenen Führung,
der sie gehorcht; es ist eine trotz ihrer weltweiten Zerstreuung
geschlossene Gesellschaft; eine Gesellschaft, die sich in allen anderen
Gesellschaften eingenistet hat, ohne einer davon anzugehören; eine
Gesellschaft, die mächtiger ist als jede andere Macht, diejenige Gottes
ausgenommen. Es ist eine schreckliche Gesellschaft, die für die religiöse
Gesellschaft wie auch für die bürgerlichen Gesellschaften, für die
Zivilisation der Welt, nicht nur eine Gefahr darstellt, sondern die
furchtbarste aller Gefahren schlechthin.“
Kardinal Mathieu, der auf eine lange Erfahrung als Bischof und Mann der
Öffentlichkeit zurückblickt, schrieb seinerseits: „Ich stelle mir die
schmerzliche Frage, wie es kommt, dass die Mächtigen dieser Welt nicht
einmal schauen, was sich um sie herum - und so dicht um sie herum - tut,
was ihre Macht untergräbt und zerfrisst und nur auf ihren völligen Sturz
wartet. Ich bin vollkommen überzeugt, dass die meisten der umwälzenden
und finsteren Geschehnisse unserer Tage von der Freimaurerei vorbereitet
und vollzogen worden sind.“
„Da die Wahrheiten der religiösen Ordnung bis in den Kern dieser
Institutionen eingedrungen sind, welche die gesellschaftliche Ordnung, die
Familie und das Eigentum nun einmal darstellen, mussten sich sämtliche
Bestrebungen der antichristlichen Verschwörung naturgemäß darauf
richten, die Lehre der Kirche, so wie ihr göttlicher Urheber sie geschaffen
hat, aus dem Geist der Öffentlichkeit zu tilgen. Um die Idee zu töten, muss
man die Kirche zerstören. Die freimaurerische Sekte begriff sehr wohl,
dass dieses Unterfangen nur über einen langen Zeitraum hinweg zu
verwirklichen war, und folgerte daraus, dass wenn die sofortige Zerstörung
der Kirche ein Ding der Unmöglichkeit war, man diese daran hindern
müsse, die christliche Zivilisation vollständig wiederherzustellen. Deshalb
schickte sie sich an, die christliche Erziehung durch eine laizistische,
antichristliche Erziehung zu bekämpfen. Um die religiöse Welt in jene
Bahnen zu lenken, die zur Wiederherstellung des Weltlichen führen
sollten, war es nicht minder notwendig, die Führung der Geister an sich zu
reißen, als den Papst zum Götzen zu reduzieren. Napoleon begriff dies gut,
und deshalb gründete er die Universität und verlieh ihr das
Unterrichtsmonopol. Der Freimaurer Fourcroy legte der Legislative am 6.
Mai 1806 einen Gesetzesentwurf vor, dessen Artikel 1 wie folgt lautete: Es
wird unter dem Namen Kaiserliche Universität eine Körperschaft
gegründet, der die ausschließliche Zuständigkeit für den Unterricht und die
öffentliche Erziehung im ganzen Reich verliehen wird. - Napoleon sagte
seinen Vertrauten: Man will die Revolution zerstören. Ich werde sie
verteidigen, denn ich bin die Revolution; ich, ich!“
Die öffentliche Erziehung ist ebenfalls eines der Mittel, deren sich die
Geheimgesellschaften ab dem 18. Jahrhundert bedient haben, um den
Geist der Völker zu formen. Die Instruktionen Weishaupts, des Schöpfers
des deutschen Illuminatentums, das einige Jahre vor 1789 die
Vorherrschaft über sämtliche französischen und deutschen Logen an sich
riss, wirken, als seien sie heute geschrieben worden: „Man muss überall
das gemeine Volk für unseren Orden gewinnen, und das beste Mittel dazu
ist der Einfluss auf die Schulen... Mögen unsere Führer unablässig Pläne
schmieden und nach Mitteln sinnen, um uns zu Herren über alle diese
Einrichtungen aufzuschwingen.“ Hier liegt das ganze Geheimnis des
Eifers und der Beharrlichkeit, mit der die Logen überall versuchen, den
christlichen Unterricht zu zerstören und an seine Stelle jenen laizistischen
und obligatorischen Unterricht zu setzen, der von ihren Mitgliedern
gelenkt wird.
So wurde, nachdem die Revolution erst entfesselt war, Logenbruder
Bonaparte an die Macht gebracht. Die von ihm vollzogenen Eroberungen
ermöglichten es, die Revolution gegen die Heilslehre unseres Herrn zu
exportieren. Mittels seiner militärischen Eroberungen zwang er allen
unterworfenen Ländern den neuen, atheistischen Unterricht auf.
Im Verlauf der Diskussionen zum Gesetz über die Vereinigungen machten
die Republikaner kein Hehl daraus, dass dieses Gesetz ein erster Schritt
auf dem Weg zur Vernichtung der Kirche war. Viviani enthüllte das
Streben der Sekte in seiner Rede auf der Tribüne vom 15. Januar 1901:
„Über diesem Alltagskampf tobt ein gewaltiger Konflikt, in dem die
geistliche und die zeitliche Gewalt einander die Vorherrschaft streitig
machen und, einander gegenseitig die Gewissen der Menschen entreißend,
versuchen, die Lenkung der Menschheit bis zum Ende in der Hand zu
behalten.“ Tatsächlich stehen einander die auf dem Willen des Menschen
fußende Gesellschaft und die auf dem Willen Gottes beruhende
Gesellschaft gegenüber. Es handelt sich darum, den laizistischen Geist den
Zwängen der religiösen Gesellschaft zu entreißen und bis zum Ende die
Lenkung der Menschheit in der Hand zu behalten, indem man die auf dem
Willen Gottes beruhende Gesellschaft zerstört, um eine neue Gesellschaft
aufzubauen, die auf dem Willen des Menschen fußt. Es geht darum, die
Religion der Menschheit an die Stelle der katholischen Religion zu setzen.
Aus diesem Grund ist auch der den Kongregationen erklärte Krieg nur ein
Nebengefecht. Die eigentliche Schlacht ist jene, in der sich die Katholische
Kirche und der Freimaurertempel gegenüberstehen, d.h. die Kirche Gottes
und die Kirche Satans. Eine furchtbare Auseinandersetzung, von deren
Ausgang das Los der Menschheit abhängen wird. Solange die Kirche die
Oberhand behält und den Glauben verbreitet, wird sie den Herzen aller die
ewigen Hoffnungen einpflanzen. Nur auf ihren Trümmern kann also die
Religion der Menschheit errichtet werden, die nicht will, dass der Mensch
seinen Blick auf das Überzeitliche richtet. Dieses satanische Ziel wird
einhellig von allen Republikanern mitgetragen, die von Natur aus liberal
und Feinde Christi des Königs sind. Zu diesem Projekt sagte Herr Jacques
Piou denn auch: „Die Sozialisten wollen der geistlichen Gewalt die
Gewissen entreißen und die Führung über die Menschheit erobern.“ Ein
anderer Abgeordneter rief aus: „Es sind nicht nur die Sozialisten, die dies
wollen, sondern alle Republikaner.“ Herr Piou widersprach nicht.
Im Bulletin des Grand-Orient liest man: „Es gibt eine allgemeine Religion,
die sämtliche besonderen Religionen des Erdballs umfasst; zu dieser
Religion bekennen wir uns; diese allgemeine Religion bekennt die
Regierung, wenn sie die Religionsfreiheit ausruft.“ Im gleichen Bulletin
heißt es erneut: „Die Freimaurerei versteht sich als Superkirche, als
Kirche, die alle vereinigen wird.“ Paul Roca äußerte sich ebenso: „Was die
Christenheit errichten will, ist eine universelle Religion, die alle
Religionen umfassen wird.“
Pius VII. hatte; sich also absolut nicht getäuscht, als er in seiner Enzyklika
1808 schrieb: „Unter diesem gleichmäßigen Schutz sämtlicher
Glaubensrichtungen verbirgt und verkleidet sich die gefährlichste und
heimtückischste Verfolgung der Kirche Jesu Christi, die man sich nur
vorstellen kann, und leider auch jene, die am geschicktesten auf deren
Verwirrung, ja Zerstörung hinwirken würde, wenn es denn der Macht und
Tücke der Hölle möglich wäre, sie zu überwinden.“
1864 sagte Van Humbeeck, Meister vom Stuhl der Loge Les Amis de
l'Union du Progres: „Man hat der Revolution vorgeworfen, einen Abgrund
gegraben zu haben. Das stimmt nicht: Die Revolution hat keinen Abgrund
gegraben, sie hat eine Grube ausgehoben, und zwar, um die Leiche der
Vergangenheit (die christliche Zivilisation) zu verscharren. Was auf die
Revolution zutrifft, trifft auch auf die Freimaurerei zu, von der die
Revolution lediglich die profane Form ist. Ja, eine Leiche lastet auf der
Welt; sie versperrt den Weg des Fortschritts (der Rückkehr zur heidnischen
Zivilisation): diese Leiche der Vergangenheit ist, um sie deutlich bei ihrem
Namen zu nennen, der Katholizismus.“
1865 fand in Lüttich der Studentenkongress statt. Auf ihm wurden
zunächst der Generalstab der Internationale und dann die Hilfstruppen
Gambettas rekrutiert. Anlässlich dieses Kongresses fragte Lafargue: „Was
ist die Revolution? Die Revolution ist der Triumph des Menschen über
Gott!“
1870 wurde in Paris, dem Sitz des Grand-Orient, ein Manifest unter dem
Titel Gott vor der Wissenschaft, oder Religion und Freimaurerei
veröffentlicht. Darin las man: „Der Katholizismus, dieser erbitterte Feind
der Freimaurerei, deren Lehren ihm schroff entgegengesetzt sind...“
Im gleichen Jahre stand in der Zeitschrift Die Freimaurerwelt folgende
Erklärung: „Die Freimaurerei lehrt uns, dass es nur eine einzige Religion
gibt, eine wahre Religion, und folglich eine einzige natürliche Religion,
nämlich den Kult der Menschheit. Denn, meine Brüder, diese Abstraktion,
die, zum System erhoben, dazu gedient hat, sämtliche Religionen zu
schaffen, Gott, ist nichts anderes als die Gesamtheit all unserer
erhabensten Instinkte, denen wir einen Leib, eine gesonderte Existenz
verliehen haben.“ Klarer geht es nicht mehr: die Menschheit ist Gott, die
Menschenrechte müssen folglich an die Stelle des göttlichen Gesetzes
treten, der Kult der Instinkte der Menschheit muss den Kult des Schöpfers
ersetzen.
Ein tiefgründiger Denker, der die Tätigkeit und die Lehren der
Freimaurerei gründlich studiert hat, Pater Pachtler, hat die Grundidee der
Freimaurerei und aller Geheimgesellschaften, die auf sie zurückgehen,
kurz und bündig zusammengefasst: „Es ist die Vergötterung der
Menschheit oder der an die Stelle Gottes gerückte Mensch. Den drei
Ausgangsirrtümern, welche diesem Begriff der Menschheit zugrunde
liegen, nämlich der ursprünglichen Vollkommenheit des Menschen, der
Leugnung jeglichen übernatürlichen Ziels für ihn sowie seiner absoluten
Unabhängigkeit, entspricht eine Reihe von Etappen auf dem Weg des
Bösen, nämlich: Die Menschheit ohne Gott; die Menschheit, die sich zu
Gott macht; die Menschheit gegen Gott: so sieht das Gebäude aus, das die
Freimaurerei an die Stelle der göttlichen Ordnung, also der Menschheit mit
Gott, zu setzen sucht.“
„In der Gegenwart scheinen die Anhänger des Bösen sich zu verabreden
und in ihrer Gesamtheit mit vollen Kräften anzustürmen; geleitet und
gestützt von der weitverbreiteten und fest gegliederten Gesellschaft der
sogenannten Freimaurer. Denn schon halten diese ihre Pläne nicht mehr
geheim und reizen sich höchst verwegen untereinander auf gegen den
allmächtigen Gott. Bei dieser dringenden Gefahr, bei diesem grausamen
und hartnäckigen Kampfe gegen das Christentum ist es unsere Aufgabe;
hinzuweisen auf den Ernst der Lage; kenntlich zu machen die Gegner;
Widerstand zu leisten, so viel Wir vermögen. So geht denn aus dem, was
Wir in seinen Grundzügen dargelegt haben, zur Genüge hervor, was die
Freimaurersekte ist und welches ihre Bestrebungen sind. So stark und
offenkundig stehen ihre wichtigsten Lehrsätze mit der Vernunft im
Widerspruch, dass es nichts gibt, was verkehrter sein könnte. Denn die
Religion und die Kirche, die Gott gegründet hat und auf immer schirmt,
zerstören zu wollen; das Heidentum mit seinen Sitten und Gebräuchen
nach achtzehnhundert Jahren wieder zurückrufen zu wollen: das ist doch
ein Beweis von ganz außerordentlicher Torheit und gottlosem Frevel. Aber
auch das ist ebenso furchtbar und unerträglich, dass man die Wohltaten
von sich weist, die Jesus Christus nicht bloß dem Einzelnen, sondern auch
sowohl der Familie wie der staatlichen Gemeinschaft durch seine Gnade
erwiesen hat, deren Größe selbst von den Feinden bezeugt und anerkannt
wird. In solchen wahnwitzigen und finsteren Bestrebungen scheint sich
Satans unaustilgbarer Hass und seine brennende Rachgier gegen Jesus
Christus zu offenbaren. Es ergibt sich sichtlich, was das letzte Ziel ist bei
alle ihren Plänen: die gesamte religiöse und staatliche Ordnung, wie sie
das Christentum begründet hat, von Grund auf zu zerstören und nach
ihrem Gutdünken eine neue zu schaffen auf Grund ihrer Anschauungen
und Gesetze des Naturalismus. Oberster Grundsatz des Naturalismus, wie
dies schon der Name besagt, ist der: es müsse die menschliche Natur und
die menschliche Vernunft in allem oberste Richtschnur und Lehrerin sein.“
Leo XIII.
„Als permanente Personifizierung der Revolution stellt die Freimaurerei
eine Art umgekehrter Gesellschaft dar, deren Ziel darin besteht, eine
geheime Oberherrschaft über die anerkannte Gesellschaft auszuüben, und
deren Existenzgrund einzig und allein im Krieg gegen Gott und seine
Kirche besteht. Es ist nicht nötig, sie zu nennen, denn an ihren
Charakterzügen hat die ganze Welt die Freimaurerei erkannt. Sie hält fast
alle Nationen in ihren riesigen Netzen gefangen und steht in Verbindung
mit anderen Sekten, die sie an verborgenen Fäden tanzen lässt, wobei sie
ihre Verbündeten durch den Köder der ihnen in Aussicht gestellten Vorteile
anlockt und dann unter ihrer Kontrolle behält, die Regierungen bald durch
Versprechungen, bald durch Drohungen dazu bringt, sich ihren Plänen zu
beugen. Dadurch ist es dieser Sekte gelungen, sich in alle Klassen der
Gesellschaft einzuschleichen. Sie bildet einen unsichtbaren und
unverantwortlichen Staat im legitimen Staat. Es gibt ein einziges Zentrum,
von dem aus alles gelenkt wird, einen im Voraus festgelegten Plan.
Übrigens stehen sie stets bereit, um die Grundfesten der Reiche zu
erschüttern und die Fürsten zu verfolgen, anzuklagen, ja sogar zu verjagen,
wann immer sie ihre Macht anders zu benutzen scheinen, als die Sekte es
verlangt.“ Leo XIII.
1896 schrieb der künftige heilige Pius X.: „Die Bekämpfung der
Freimaurerei ist ein religiöses und in höchstem Maße soziales Werk, weil
diese Sekte nicht nur gegenüber unserer heiligen Religion in allen ihren
Äußerungen feindlich gesinnt ist, sondern auch Ruhe und Ordnung
zerstören will. Ich empfehle den Anhängern der Liga gegen das
Freimaurertum, sich ganz besonders um jene bedauernswerten jungen
Menschen zu kümmern, die, von geschickten Parolen verführt, es als Ehre
betrachten, der antiklerikalen Sekte anzugehören, welche unter dem
Vorwand der Vernunft und der Wissenschaft den Glauben direkt
bekämpft.“
Pater Maximilian Kolbe schrieb 1922: „In unserer Zeit ist die Anführerin
der Feinde der Kirche und des Seelenheils die Freimaurerei. Der
hauptsächliche, größte und mächtigste unter den Feinden der Kirche ist die
Freimaurerei.“
In einem alten Katechismus war zu lesen: „Zu Beginn des 18. Jahrhunderts
fanden sich alle antikatholischen Kräfte (Deisten, Materialisten,
Freidenker) in einer mächtigen Vereinigung zusammen, welche den
Namen Freimaurerei annahm. Diese war anfänglich eine philanthropische
und politische Gesellschaft gewesen, wurde aber nach der Gründung der
Großloge von London im Jahre 1717 zum Zentrum der Freidenker und
gewissermaßen zur Armee des Unglaubens. Von England aus griff sie nach
Frankreich über, wo 1721 in Dünkirchen ihre erste Loge entstand. Der
Grand-Orient von Frankreich, der seinen Sitz in Paris hat, wurde 1772
gegründet. Unter ihrem philanthropischen Tarnmäntelchen war die
Freimaurerei das, was sie bis zum heutigen Tage ist: Der Engel der
Finsternis, verkleidet als Engel des Lichts. So verführte sie viele edle
Seelen, auch Priester... Diese Menschen hatten das verborgene Ziel der
Freimaurerei nicht durchschaut. Da waren die Päpste klarsichtiger. Sie
legten sich Rechenschaft darüber ab, dass sie es mit den unversöhnlichen
Widersachern der Kirche zu tun hatten. Die Freimaurerei wurde schon sehr
bald verurteilt, nämlich von Klemens XII. im Jahre 1738, von Benedikt
XIV. im Jahre 1751, von Pius VII. Im Jahre 1821, von Pius IX. Im Jahre
1865 sowie von Leo XIII. Im Jahre 1884.“
1738 warnte Papst Klemens XII. erstmals vor der neuen
Geheimgesellschaft der Freimaurer. Er schrieb: „Wir haben durch
öffentlich kursierende Berichte erfahren, dass sich mit täglich neuen
Erfolgen gewisse Gesellschaften, Vereinigungen, Versammlungen,
Verbindungen oder Konvente weithin verbreiten, die - je nach Sprache -
Freimaurer genannt werden oder andere Bezeichnungen tragen und in
denen sich Menschen jeder Religion und jeder Sekte unter dem Anschein
natürlicher Ehrbarkeit miteinander durch einen ebenso engen wie
undurchdringlichen Pakt verbünden, nach Gesetzen und Statuten, die sie
sich selbst gegeben haben, und sich durch einen auf die Bibel geleisteten
Eid unter Androhung der schwersten Strafen dazu verpflichten, alles, was
sie im Dunkel der Verschwiegenheit treiben, durch unverletzliches
Schweigen zu decken... Wenn sie nichts Böses täten, würden sie das Licht
nicht so sehr hassen, und dieser Verdacht hat sich derart verschärft, dass in
mehreren Staaten besagte Gesellschaften schon seit langem verboten und
geächtet sind, weil sie die Sicherheit der Königreiche gefährden... Nach
reiflicher Überlegung und gestützt auf unsere apostolische Vollmacht
haben wir beschlossen und angeordnet, die erwähnten Gesellschaften
durch diese unsere immerwährend gültige Konstitution zu verurteilen und
zu verbieten. Deshalb untersagen wir allen und jedem einzelnen Getreuen
Jesu Christi formell und kraft des heiligen Gehorsams, den erwähnten
freimaurerischen oder anders bezeichneten Gesellschaften beizutreten, für
sie zu werben, Beziehungen mit ihnen zu unterhalten, ihre Mitglieder bei
sich zu empfangen oder ihnen anderswo Obdach zu gewähren und sie zu
verstecken, bei jenen Gesellschaften eingeschrieben oder ihnen
angeschlossen zu sein, an ihren Versammlungen teilzunehmen oder ihnen
die Gelegenheit und die Mittel zu Versammlungen zur Verfügung zu
stellen... und dies unter Androhung der Exkommunikation für alle, die
obigem Verbot zuwiderhandeln, durch die Tat selbst und ohne weitere
Erklärung... Es sei keinem Menschen gestattet, diese Bulle mit unserer
Erklärung, Anweisung, Verurteilung, Achtung und Untersagung dreist zu
verletzen oder ihr zuwiderzuhandeln. Wer es wagt, dies doch zu versuchen,
der wisse, dass er den Zorn Gottes des Allmächtigen sowie der seligen
Apostel Petrus und Paulus auf sich ziehen wird.“
Da sich Klemens XII. der Gefährlichkeit der Sekte bewusst war, verbot er
sie in den päpstlichen Staaten, während die päpstliche Bulle in Frankreich
von König Ludwig XV. dem Parlament niemals zur Registrierung
vorgelegt wurde. Solchermaßen war der Gallikanismus einer der
zuverlässigsten Verbündeten der Freimaurerei.
„Ein Katholik muss vor allem den Glauben besitzen und an die
geoffenbarten Wahrheiten glauben. Jede Theorie oder Lehre, die im
Widerspruch zum katholischen Glauben steht, ist für uns
notwendigerweise falsch und lügenhaft. Ein Katholik, der sich zu ihr
bekennt und sich an sie durch einen Eid bindet, um sie zu bekennen und zu
verbreiten, ist ein schlechter Katholik, ja noch mehr: ein Nichtkatholik, ein
Abtrünniger und ein Parteigänger des Antichristen. Welches Bedürfnis
kann ein Katholik denn empfinden, sich zu anderen Lehren zu bekennen
und sie zu verkünden, wenn er doch die seine besitzt, die von Gott, da von
Christus kommt? Wir kennen die wahre Lehre und den wahren Sinn der
Lehre dieser Sekte sehr wohl, der verderblichsten und gefährlichsten von
allen, gerade weil sie mit der vollendeten Kunst der Kinder der Finsternis
ihre wahre Natur verbirgt und ihre wahre Lehre verdunkelt. Wir gehen
davon aus, dass es nicht erforderlich ist, öffentlich über dermaßen
offenkundige Dinge zu disputieren, denn was man öffentlich darüber weiß,
reicht völlig aus, um die Unvereinbarkeit dieser Sekte mit dem Charakter
des Christentums festzustellen. Der Existenz Gottes, so heißt es,
widerspräche die menschliche Vernunft, und die menschliche Vernunft -
ein Selbstzweck, da sie mit dem physischen Tod verschwinde - sei der
wahre und einzige Gott eines Universums, das ausschließlich zum Ruhm
des Menschen und seiner Vernunft geschaffen worden sei. Das ist die
wirkliche Lehre der Freimaurer, einer geheimen Sekte, welche die
Existenz Gottes leugnet, wobei sie so tut, als akzeptiere sie sie als Symbol.
Was ist dieser Gott, der von jener Vernunft geleugnet wird, die sie ins
Zentrum des Universums stellen? Er ist der Oberste Architekt des
Universums. Wo es etwas Oberes gibt, muss es notwendigerweise auch
etwas Unteres geben... doch sie betrachten sich als Maurer und somit als
ständige, direkte und unerlässliche Mitarbeiter des Architekten, die an
seiner Tätigkeit teilhaben, und nicht als seine Söhne und Diener. Sie sind
zugleich die Bausteine, aus denen Tag für Tag jenes Universum errichtet
wird, in dessen Zentrum es keinen Gott mehr gibt, sondern nur die
menschliche Vernunft, ihrer Lehre zufolge die wahre Baumeisterin. Sie
sind die Maurerei, das heißt die Werkstatt, welche die Maurer vereint und
zugleich die Bausteine dieser menschlichen Konstruktion liefert. Die Zeit
wird kommen, da viele von ihnen sich offen zu ihrem Atheismus bekennen
werden. Doch wird auch die Zeit kommen, da viele Geister sich von diesen
besonders tückischen Verbindungen befreien werden, da sich viele Herzen
gegen solchen Stolz und solchen Hochmut empören werden, die uns zu
dem Urteil veranlassen, dass diese Sekte satanisch ist, weil sie Lehren
verficht, welche die Sünde Luzifers enthalten, und viele werden nach
harter Anstrengung in der wahren Kirche dieses Licht finden, diese von
Gott erleuchtete menschliche Vernunft, die sie heute vergeblich im Irrtum
und im Stolz suchen... Warten wir ab, dass der Irrtum, wie stets, den Irrtum
zerstöre.“ Klemens XII.
Zu keinem Zeitpunkt spricht Klemens XII. von Maurerzünften oder
Kathedralenerbauern, wie die freimaurerischen Behauptungen uns
weismachen wollen; er definiert die Freimaurerei ausdrücklich als neue
Sekte, und dies bereits 1738, ein halbes Jahrhundert vor der Französischen
Revolution.
1789 wird sich die Sekte zur Zerstörung, nicht zur Errichtung der
Kathedralen und der christlichen Ordnung anschicken. Seit ihren
offiziellen Anfängen wird die Freimaurerei also als internationales,
permanentes Komplott gegen Thron und Altar betrachtet, ein geheimes
und schwer erkennbares Komplott. Das Ziel der Freimaurerei besteht also
darin, die zeitliche Macht mittels der Republik zu übernehmen und die
geistliche Gewalt mittels einer neuen Religion.
„Man muss mutig kämpfen... und mit allen seinen Kräften die Geißel der
unheilvollen Bücher vernichten; niemals wird man den Stoff, aus dem der
Irrtum gemacht ist, zum Verschwinden bringen, wenn die verbrecherischen
Elemente der Verderbnis nicht von den Flammen verzehrt werden.“
Klemens XIII.
1775 verurteilte Pius VI. die „Sekten des Verderbens“. Ihm tat es Pius VII.
1821 gleich, der es für notwendig hielt, die Geheimgesellschaften
anzuprangern, „seufzend darüber, dass der Eifer des Heiligen Stuhles nicht
die erwarteten Wirkungen gezeitigt hat, und dass diese verdorbenen
Menschen nicht von ihrem Unterfangen abgelassen haben.“
Daneben enthüllte der Papst die Existenz einer neuen Sekte, die noch
gefährlicher sei als die vorhergehenden und mit dem Namen „Carboneria“
(Köhlerei) bezeichnet werde.
Für Leo XII. war es absolut sicher, dass es ungeachtet der
Verschiedenartigkeit ihrer Namen eine Einheit „all dieser Sekten zur
Verwirklichung eines verruchten Plans“ gebe. Ihm zufolge waren diese
Menschen „dieselben, welche unsere Väter ohne Zaudern die
Erstgeborenen des Teufels nannten“.
Pius IX. richtete sich an die Geheimgesellschaften: „Ihr habt den Teufel
zum Vater und wollt nach den Gelüsten eures Vaters tun. Abscheuliche
Sekten des Verderbens, Pest, Kinder des Teufels, Synagoge Satans!“
„Wenn manche denken, die apostolischen Konstitutionen, die unter
Androhung der Exkommunikation gegen die geheimen Sekten und ihre
Anhänger sowie ihre Anführer veröffentlicht werden, seien in jenen
Ländern, wo diese Sekten von der zivilen Autorität geduldet werden, nicht
gültig, so sind sie fürwahr in einem schweren Irrtum befangen!“ Pius IX.
Kurz vor seinem Tod unterstrich Pius IX.: Jene, „die sich bemühen, ein
Bündnis zwischen dem Licht und der Finsternis zu schaffen, sind
gefährlicher als die erklärten Feinde.“
Leo XIII. schärfte den Katholiken ein, „der Freimaurerei die Maske vom
Gesicht zu reißen, mit der sie sich tarnt.“
Er betonte, dass „Christentum und Freimaurerei ihrem Wesen nach
unvereinbar sind, so dass, wer sich mit einem davon verbindet, sich vom
anderen trennt“.
Pius X. bekämpfte den freimaurerischen Geist, der sich in die Kirche
einschlich. Dieser Papst verurteilte den Modernismus, indem er ihn als
„Sammelbecken aller Häresien“ definierte, und verpflichtete den Klerus
auf den Antimodernisten-Eid.
Pius XI. verurteilte 1937 den Kommunismus, das Kind der Freimaurerei.
Pius XII. sagte 1958: „Die Wurzeln der modernen Apostasie sind:
wissenschaftlicher Atheismus, dialektischer Materialismus, Rationalismus,
Laizismus und ihre gemeinsame Mutter: die Freimaurerei.“
Für alle diese Päpste haben also das „Jahrhundert der Aufklärung“ sowie
die verheerenden Ideen, welche das Gift der Apostasie enthalten,
durchweg ein und denselben Ursprung: die Freimaurerei.
Die Freimaurer selbst erkennen im Papsttum ihren ärgsten Widersacher.
Gustave Bord schreibt folgendes: „Das Papsttum war die einzige Macht,
die sich vollkommen klar über jene Gefahr war, welche die Freimaurerei
darstellte, und dies von Anfang an. Das Papsttum hatte die Gefahr deutlich
erkannt und rechtzeitig darauf hingewiesen. Man glaubte ihm nicht; in
Frankreich schenkte man ihm nicht einmal Gehör. Die Parlamente
weigerten sich, die päpstlichen Bullen zu registrieren, die, da sie keine
Verbreitung fanden, praktisch wertlos blieben.“
Bereits der erste freimaurerische Zusammenschluss, der das Licht der Welt
am 24. Juni 1717 erblickte, wurde im Jahr 1738 von Papst Clemens XII.
verurteilt. Seit der Zeit von Papst Clemens XII. bis zur Erklärung der
Kongregation für die Glaubenslehre über die Freimaurerei unter dem
damaligen Präfekten Joseph Kardinal Ratzinger, die von Papst Johannes
Paul II. im November 1983 approbiert wurde, hat die Kirche ihr Urteil nie
geändert.
Innerhalb der Freimaurerei formierte sich eine Sekte, die noch geheimer
war als die anderen und sich rasch zu deren Führerin aufschwang. Es war
dies die Sekte der Illuminaten. Ihr Gründer, Weishaupt, war
Rechtsprofessor an der Universität Ingolstadt in Bayern. Eines Tages im
Jahre 1785 wurde einer der Komplizen Weishaupts, der abtrünnige Priester
Lanz, von einem Blitz getroffen, als er wichtige Botschaften seines Chefs
bei sich trug. Die Papiere wurden von der bayerischen Polizei gefunden
und ermöglichten es dieser, die Hauptschuldigen zu ermitteln. Es folgte ein
Prozess, dessen Akten vom bayerischen Kurfürsten öffentlich gemacht
wurden, um die christlichen Mächte vor dem gegen sie angezettelten
Komplott zu warnen. Die Dokumente kündigten ganz konkret an, im Jahre
1789 solle in Frankreich mittels einer Revolution ein Schlag gegen die
Monarchie geführt werden. Laut den Illuminaten war es nämlich nicht
möglich, die Kirche zu zerstören, ehe die christlichen Mächte, die sie
schützten, die Monarchie, gestürzt wäre. Es galt also, erst die weltliche
und dann die geistliche Gewalt, erst den Thron und dann den Altar
umzustoßen. Es ist eine unbestreitbare Tatsache: Die hohen Eingeweihten
der Freimaurerei haben die Revolution von 1789 vom Zaun gebrochen, um
die Monarchie in der Person Ludwigs des Sechzehnten buchstäblich zu
enthaupten.
All dies schimmert im freimaurerischen Ritual durch, wo man einen
gekrönten Popanz enthaupten und anschließend einen zweiten Popanz, der
eine Tiara trägt, mit Dolchstößen durchbohren muss. Dieses Ritual
bedeutet, dass man, ehe man das Papsttum mit dem Dolch erledigt,
zunächst das Königtum köpfen muss, den Beschützer der Heiligen Kirche.
Vorbereitet wird dies durch die Wühlarbeit der „Philosophen“ und der
Enzyklopädisten. Genau so kam es denn auch.
Die Kirche ist angesichts dieses Mordes nicht stumm geblieben. Pius VI.,
den die Hinrichtung Ludwigs XVI. zutiefst erschüttert hatte, zögerte nicht,
in seiner Ansprache vor dem geheimen Konsistorium am 17. Juni 1793 zu
erklären: „Ludwig XVI. wurde zum Tode verurteilt, und das Urteil wurde
vollstreckt. Wer sind die Männer, die ein solches Urteil gefällt haben?
Welche Manöver gingen ihm voraus? Hat der Nationalkonvent, der sich
zum Richter über ihn aufgeworfen hat, das Recht dazu besessen?
Keinesfalls. Nachdem diese Versammlung das Königtum abgeschafft hatte,
die beste aller Regierungsformen, hatte sie die öffentliche Macht in die
Hände des Volkes gelegt, das unfähig ist, der Vernunft Gehör zu schenken
und sich bei seinem Verhalten von einem Plan lenken zu lassen, dem es an
Einsicht fehlt, um die Dinge richtig einzuschätzen, das sich bei seinen
Entscheidungen meist nicht von der Wahrheit, sondern von seinen
Vorurteilen leiten lässt, das wankelmütig, leicht zu betrügen und zum
Bösen zu verführen ist, das undankbar, hochmütig und grausam ist und
sich ein Vergnügen daraus macht, Menschenblut fließen zu sehen, das sich
an der Hinrichtung und den Qualen seiner Opfer weidet, so wie es sich im
Altertum an den Schauspielen im Amphitheater ergötzte. Nochmals, oh
Frankreich: Du, das du, wie du sagtest, einen katholischen Herrscher
brauchtest, weil es die fundamentalen Gesetze des Königreichs so wollten,
du hattest diesen katholischen Monarchen, und nur weil er katholisch war,
hast du ihn ermordet.“
Pius VI. fügte hinzu: „Die Generalversammlung des französischen Klerus
hatte 1755 die abscheulichen Komplotte dieser Schmiede der Bosheit
entdeckt und angeprangert. Hätte man doch unserer Einschätzung und
unserem Rat Gehör geschenkt! Dann müssten wir jetzt nicht über diese
gewaltige Verschwörung seufzen, die gegen die Könige und die Reiche
geschmiedet wird.“
Die Revolution von 1789 hatte die französische christliche Nation im Blut
ertränkt, und der Weg war nun frei für die Republik. Auf die erklärte
Revolution sollte eine stille, schleichende Revolution folgen: die
Revolution in den Geistern. Wie? Indem man alle Werte auf den neuen
„Humanismus“ reduzierte.
Die gut zwei Jahrhunderte, die uns von der französischen Revolution
trennen, ermöglichen es uns, die Richtigkeit der Aussagen der Päpste zu
erkennen. In der Tat waren die Prinzipien von 1789 nichts anderes als die
politische Doktrin der Freimaurerei.
Man musste den katholischen Kern brechen, den die Familie darstellte. Die
Sektierer führten die Zivilehe ein, die Scheidung, die laizistische,
atheistische Erziehung. Die elterliche Autorität wurde von Pädagogen in
Frage gestellt, die sich auf Rousseau beriefen. Staatliche Kinderkrippe für
die Kleinsten, Scheidung, Empfängnisverhütung, Abtreibung und noch
viele andere freimaurerische „Segnungen“ wurden der Gesellschaft zuteil,
um das Menschengeschlecht zu „befreien“.
„Die Gesellschaft beruht auf der Autorität, die ihren Ursprung in Gott hat;
die Familie fußt auf der Ehe, deren Legitimität und Unauflöslichkeit auf
den göttlichen Segen zurückgeht; das Eigentum basiert auf dem Willen
Gottes, der das siebte und das zehnte Gebot erließ, um das Eigentum vor
dem Diebstahl, ja selbst vor der Begehrlichkeit zu schützen. All dies muss
man zerstören, will man, wie die freimaurerische Sekte sich anmaßt, die
Zivilisation auf neue Grundlagen stellen.“ Monseigneur Delassus.
Klemens XIII. schrieb 1766: „Die Gefahr ist umso größer, als die Bücher,
welche solche Lehren propagieren, geschickt verfasst und mit großer
Kunst geschrieben sind, überall Eingang finden und überall das Gift des
Irrtums verbreiten.“
1829 schrieb Pius VIII.: „Wir wollen euch außerdem ganz besonders auf
gewisse dieser unlängst gegründeten Geheimgesellschaften hinweisen,
deren Ziel es ist, die Seelen der jungen Menschen, welche in den Schulen
und Gymnasien lernen, zu verderben; gewisse verkommene Lehrer wirken
dort darauf hin, ihre Schüler durch Lehren, die denjenigen Gottes
entgegengesetzt sind, auf die Wege Belials zu führen, und beflecken mit
gezielter, perfider Sorgfalt, in vollem Bewusstsein dessen, was sie tun,
durch ihren Unterricht den Verstand und die Herzen jener, die ihnen
anvertraut sind. Die Folge davon ist, dass diese jungen Menschen einer so
beklagenswerten Zügellosigkeit anheimfallen, dass sie jeglichen Respekt
vor der Religion verloren haben, sich in ihrem Verhalten von keinen
Regeln mehr leiten lassen, so die Heiligkeit der reinen Lehre missachten,
alle göttlichen und menschlichen Gesetze verletzen und sich schamlos
sämtlichen Unarten, sämtlichen Irrtümern, sämtlichen Dreistigkeiten
hingeben.“
Schon 1775 geißelte Pius VI. „jene Philosophen des Unheils, die mit ihren
perversen Lehren jene Bindungen auflösen, welche die Menschen
miteinander vereinen und sie in gerechter Abhängigkeit von ihren
legitimen Vorgesetzten halten, und denen es sogar gelingt, ins
Allerheiligste einzudringen. Die Philosophen wiederholen bis zur
Ermüdung, der Mensch werde frei geboren und sei keinerlei Autorität
unterworfen. Sie stellen die Gesellschaft folglich als eine Ansammlung
von Idioten dar, die sich in ihrer Dummheit vor den Königen, die sie
unterdrücken, in den Staub werfen, so dass der Einklang von Priester- und
Königtum nichts anderes als eine barbarische Verschwörung gegen die
menschliche Freiheit ist.“
SECHSTES KAPITEL
DER KOMMUNISMUS
Der Kommunismus ist die logischste und extremste Form des Sozialismus,
das Ergebnis der revolutionären Theorie von Karl Marx. Die
zugrundeliegende Philosophie ist materialistisch und deterministisch; die
soziale Ordnung entwickelt sich durch ökonomische Kämpfe zwischen den
Klassen in Richtung der gewaltsamen Revolution und einer Diktatur des
Proletariats, gefolgt von einem Absterben des Staates und der Substitution
einer Gesellschaft, in der das Eigentum an allen Dingen verbreitet ist, wo
alle freiwillig arbeiten und alle frei von den Gütern nehmen, die nach
seinen Bedürfnissen produziert werden. Neben der abstrakten Theorie des
Kommunismus gilt es seit 1917 als konkreter Versuch, ihre Prinzipien in
der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken anzuwenden, wobei ein
Aspekt davon in den Worten von Stalin zusammengefasst werden kann:
„Wissenschaftlich gesprochen: Die Diktatur des Proletariats ist eine
Macht, die durch keine Gesetze beschränkt ist, die durch keine Regeln
behindert wird und direkt auf Gewalt basiert.“
In der Theorie oder in der Praxis lehnt die Kirche den Kommunismus
aufgrund seiner Irrtümer, insbesondere des atheistischen Materialismus,
seiner Lehre und Praxis des Klassenkrieges, seiner Verleugnung der
Rechte und Freiheiten der menschlichen Person, einschließlich des
natürlichen Rechtes auf den Privateigentum und seiner Verachtung für gute
Moral völlig ab.
Der Kommunismus wurde wiederholt vom Heiligen Stuhl verurteilt.
„Die ehrwürdigen Brüder sehen, wie ihr bereits vermutet habt, einen
bolschewistischen und atheistischen Kommunismus, der die
gesellschaftliche Ordnung zu stören und die Grundlagen der christlichen
Zivilisation zu untergraben sucht.“
„In bezug auf den Kommunismus hat unser ehrwürdiger Vorgänger Pius
IX. heiliger Erinnerung schon 1846 eine feierliche Verdammung
ausgesprochen, die er in den Worten des Lehramts gegen die berüchtigte
Lehre des sogenannten Kommunismus, die absolut gegensätzlich gegen
das Naturrecht ist, und wenn er einmal angenommen wäre, würde er die
Rechte, das Eigentum und den Besitz aller Menschen und sogar die
Gesellschaft selbst völlig zerstören. Später definierte ein anderer unserer
Vorgänger, der unsterbliche Leo XIII., in seiner Enzyklika Quod Apostolici
Muneris, den Kommunismus als die tödliche Plage, die sich in das Mark
der menschlichen Gesellschaft hineindrängt, nur um ihren Untergang zu
bewirken.“
„Im Jahr 1924, als unsere Hilfsmission von der Sowjetunion zurückkehrte,
verurteilten wir den Kommunismus in einer besonderen Allokation, die
Wir an die ganze Welt gerichtet haben: In unseren Enzykliken (...) erhoben
Wir einen feierlichen Protest gegen die Verfolgung, die in Russland, in
Mexiko und jetzt in Spanien entfesselt wurde.“
„Die hartnäckigsten Feinde der Kirche, die aus Moskau den Kampf gegen
die christliche Zivilisation leiten, bezeugen selbst durch ihre
ununterbrochenen Angriffe in Wort und Tat, dass bis zu dieser Stunde das
Papsttum weiterhin treu das Heiligtum der christlichen Religion beschützt
und dass es die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Gefahren des
Kommunismus häufiger und wirksamer als jede andere öffentliche
Autorität auf der Erde gerichtet hat.“
„Die Lehre des modernen Kommunismus, die oft unter den
verführerischsten Verkleidungen verborgen ist, beruht im wesentlichen auf
den Prinzipien des dialektischen und historischen Materialismus, die zuvor
von Marx befürwortet wurden und von denen die Theologen des
Bolschewismus die einzige echte Interpretation beanspruchen. Nach dieser
Lehre gibt es in der Welt nur eine Wirklichkeit, Materie, deren blinde
Kräfte sich zu Pflanze, Tier und Mensch entwickeln, und auch die
menschliche Gesellschaft ist nichts anderes als ein Phänomen und eine
Form der Materie, die sich in gleicher Weise entwickeln nach
Notwendigkeit, und durch einen fortwährenden Kollisionskonflikt geht die
Materie zur endgültigen Synthese einer klassenlosen Gesellschaft über. In
einer solchen Lehre gibt es für die Vorstellung von Gott keinen Raum, es
gibt keinen Unterschied zwischen Materie und Geist, zwischen der Seele
und dem Körper, es gibt weder das Weiterleben der Seele nach dem Tode
noch die Hoffnung auf ein zukünftiges Leben. Die Kommunisten
behaupten nach dem dialektischen Aspekt ihres Materialismus, dass der
Konflikt, der die Welt in die endgültige Synthese hineinbringt, vom
Menschen beschleunigt werden kann. Daher bemühen sie sich, die
Antagonismen, die zwischen den verschiedenen Klassen der Gesellschaft
entstehen, zu schärfen. So nimmt der Klassenkampf mit seinem
konsequenten Hass und seiner Zerstörung die Aspekte eines Kreuzzugs für
den Fortschritt der Menschheit an. Auf der anderen Seite müssen alle
anderen Kräfte, solange sie einer solchen systematischen Gewalt
widerstehen, als feindlich gegenüber der menschlichen Rasse vernichtet
werden.
Der Kommunismus beraubt den Menschen seiner Freiheit, beraubt die
menschliche Persönlichkeit all ihrer Würde und entfernt alle moralischen
Beschränkungen, die die Ausbrüche des blinden Instinktes kontrollieren.
Es gibt keine Anerkennung des Rechts des Individuums in seinem
Verhältnis zum Kollektiv; kein natürliches Recht wird der menschlichen
Persönlichkeit zugesprochen, die ein bloßes Zahnrad im kommunistischen
System ist. In den Beziehungen des Menschen zu anderen Individuen
halten die Kommunisten das Prinzip der absoluten Gleichheit fest, indem
sie alle Hierarchie und göttlich-konstituierte Autorität einschließlich der
Autorität der Eltern ablehnen. Was Menschen an Autorität und
Unterordnung ausrichten, leitet sich aus der Gemeinde als ihrer ersten und
einzigen Schrift ab. Ebensowenig gewährt man dem Individuum
irgendwelche Eigentumsrechte an materiellen Gütern oder an
Produktionsmitteln, denn diese sind die Quelle des weiteren Reichtums,
ihr Besitz würde dem einen die Macht über den anderen geben. Gerade auf
diese Weise müssen alle Formen des Privateigentums ausgerottet werden,
denn sie sind der Ursprung aller wirtschaftlichen Versklavung.“
„So, ehrwürdige Brüder, ist das neue Evangelium, das der
bolschewistische und atheistische Kommunismus der Welt als die frohe
Botschaft der Erlösung und Errettung bietet, ein System voller Irrtümer
und Sophismen, das sowohl der Vernunft als auch der göttlichen
Offenbarung entgegengesetzt ist. Sie wollen die Gesellschaftsordnung
untergraben, weil sie die Zerstörung ihrer Grundlagen suchen, weil sie den
wahren Ursprung und Zweck des Staates ignorieren, weil sie die Rechte,
die Würde und die Freiheit der menschlichen Persönlichkeit verleugnen.“
Die ehrwürdigen Brüder mögen dafür sorgen, dass die Gläubigen sich
nicht täuschen lassen. Der Kommunismus ist von Natur aus falsch, und
niemand, der die christliche Zivilisation retten will, kann mit ihm in
irgendeinem Unterfange zusammenarbeiten, die sich im Glauben täuschen
lassen. Ihrer Hilfe zum Triumph des Kommunismus in ihrem eigenen
Lande ungeachtet, werden sie die ersten Opfer ihres Irrtums werden, und
je größer die Antike und die Pracht der christlichen Zivilisation in den
Regionen ist, in denen der Kommunismus erfolgreich eindringt, desto
verheerender wird der Hass der Gottlosen sein.“
„Ihr wisst ja, dass das Ziel dieser höchst unerbittlichen Handlung darin
besteht, die Menschen dazu zu zwingen, die gesamte Ordnung der
menschlichen Angelegenheiten zu stürzen und sie zu den bösen Theorien
dieses Sozialismus und Kommunismus zu ziehen, indem man sie mit
pervertierten Lehren verwechselt. Sie können nicht auf eine Vereinbarung
mit der katholischen Kirche hoffen, da sie weder die Leugnung der
Glaubwürdigkeit der Wahrheit, noch die Hinzufügung von neuen
menschlichen Fiktionen erlaubt, sondern der Kommunismus ist darum
bemüht ist, das italienische Volk zum Protestantismus zu ziehen. In
Betrügereien erklären sie immer wieder, darin eine andere Form der
gleichen wahren Religion Christi zu erblicken, die genauso erfreulich für
Gott ist, und inzwischen wissen sie wohl, dass das Hauptprinzip der
protestantischen Lehren, das heißt die heiligen Schriften, zu verstehen sind
nach dem persönliche Urteilsvermögen des Individuums, das werde ihrer
göttlichen Sache sehr helfen, sie sind zuversichtlich, dass sie zuerst die
heiligen Schriften durch falsche Interpretation missbrauchen können, um
ihre Fehler zu verbreiten und die Autorität Gottes in Anspruch zu nehmen.
Dann können sie dazu führen, dass die Menschen Zweifel an den
gemeinsamen Grundsätzen der Gerechtigkeit und Ehre bekommen.“
„Wie jedes andere Apostolat hat das Laienapostolat zwei Ziele: zu
bewahren und zu gewinnen. Die heutige Kirche muß den beiden die größte
Aufmerksamkeit widmen. Kurz und bündig, die christliche Kirche hat
nicht die Absicht, ihrem erklärten Feind, dem atheistischen
Kommunismus, ohne Kampf zu folgen. Diese Schlacht wird bis ans Ende
gekämpft, aber mit den Waffen Christi!“
„Manche zeigen sich ängstlich und unsicher, wenn sie mit der
Boshaftigkeit des Kommunismus konfrontiert sind, die darauf abzielt,
ihren Glauben zu rauben, denen sie einen materiellen Wohlstand
verspricht, aber die Dokumente, die jüngst vom Heiligen Stuhl
herausgegeben wurden, haben eindeutig den Weg gezeigt, den Weg, von
dem niemand abweichen darf, wenn er nicht in seiner Pflicht scheitern
will.“
„Denn sie wollen nicht nur die Religion von der öffentlichen Gesellschaft
entfernen, sondern sie auch von den Privatfamilien verbannen, indem sie
behaupten, dass die innere Gesellschaft oder die Familie das Ganze leite,
indem sie den schwersten Fehler des Kommunismus und Sozialismus
lehren und bekennen den Grundsatz ihrer Existenz aus dem Zivilrecht
allein; und folglich, dass allein auf das Zivilrecht alle Rechte der Eltern
über ihre Kinder und vor allem über die Bildung angewiesen sind.“
„Zu diesem Ziel neigt auch die unaussprechliche Lehre des
Kommunismus, wie sie genannt wird, eine Lehre, die dem Naturgesetz am
meisten entgegengesetzt ist, denn wenn man diese Lehre akzeptiert, würde
die vollständige Zerstörung aller Gesetze, der Regierung, des Eigentums
und sogar der menschlichen Gesellschaft selbst folgen.“
„So sind wir an die Grenze der Schrecken, des Witzes, des Kommunismus,
des Sozialismus, des Nihilismus, der schrecklichen Missbildungen der
Zivilgesellschaft der Menschen und seines Verderbens angekommen und
machen doch zuviele Versuche, die Tragweite dieser Übel zu vergrößern
und unter dem Vorwand, dem Volk geholfen zu haben, da haben wir schon
keine kleinen Flammen des Elends aufflammen gesehen. Die Dinge, die
wir hier erwähnen, sind weder unbekannt noch sehr weit von uns entfernt.“
„Auf diese Weise sehen wir täglich die zahlreichen Krankheiten, die alle
Menschenklassen bedrängen, und diese giftigen Lehren haben das
öffentliche und private Leben völlig verderbt, Rationalismus,
Materialismus, Atheismus, Sozialismus, Kommunismus, Nihilismus - böse
Prinzipien, die es früher nicht gab.“
„Die heilige Jungfrau, die einst die schreckliche Sekte der Albigenser aus
christlichen Ländern vertrieb, die jetzt von uns aus Bedarf herbeigerufen
wird, wird die neuen Irrtümer, vor allem die des Kommunismus besiegen,
die uns in vielerlei Hinsicht in ihren Motiven und Untaten plagt.“
„Wenn der Sozialismus, wie alle Irrtümer, eine Wahrheit enthält (die
übrigens auch die Höchsten Pontifexe nie bestritten haben), so beruht er
doch auf einer Theorie der menschlichen Gesellschaft, die für sich selber
steht und mit dem wahren Christentum unvereinbar ist. Der religiöse
Sozialismus, der christliche Sozialismus, sind widersprüchliche Begriffe;
niemand kann zugleich ein guter Katholik und ein wahrer Sozialist sein.“
In seiner allgemeineren Bedeutung bezieht sich der Kommunismus auf
jedes soziale System, in dem alles Eigentum oder zumindest das gesamte
produktive Eigentum der Gruppe oder der Gemeinschaft gehört, anstatt
Einzelpersonen. So verstand man den kommunistischen Anarchismus, den
Sozialismus und den Kommunismus im engeren Sinne. Der
kommunistische Anarchismus (im Unterschied zu der philosophischen
Vielfalt) würde nicht nur das Privateigentum, sondern auch die politische
Regierung abschaffen. Sozialismus bedeutet das kollektive Eigentum und
Management nicht von allem Eigentum, sondern nur von den materiellen
Agenturen der Produktion. Der Kommunismus verlangt im strengen Sinne,
dass sowohl die Produktionsgüter wie Land, Eisenbahnen und Fabriken als
auch Konsumgüter wie Wohnungen, Möbel, Lebensmittel und Kleidung
das Eigentum der ganzen Gemeinschaft sein sollten. Vor der Mitte des 19.
Jahrhunderts wurde der Begriff in seinem allgemeineren Sinn, auch von
den Sozialisten, verwendet. Marx und Engels nannten das berühmte
Dokument, in dem sie dem Sozialismus seinen ersten pseudo-
wissenschaftlichen Ausdruck gaben, das Kommunistische Manifest. Sie
konnten es kaum anders nennen, da das Wort Sozialismus zum ersten Mal
im Jahre 1833 in England verwendet wurde. Doch die meisten Anhänger
der neuen Bewegung zogen es vor, ihre Lehre ökonomischen Sozialismus
und sich selbst Sozialisten zu nennen. Heute ist kein Sozialist, der glaubt,
dass es Einzelpersonen erlaubt werden sollten, das Eigentum an
Verbrauchsgütern beizubehalten, der sich selbst nicht als Kommunisten
einstufen würde. Daher ist das Wort gegenwärtig im engeren Sinne
angewandt. Seine Verwendung, nur gemeinsames Eigentum an Kapital zu
bestimmen, ist zum größten Teil auf die Uninformierten beschränkt, und
auf diejenigen, die den Sozialismus verletzen wollen, indem sie ihm einen
schlechten Namen geben.
Der Kommunismus im strengen Sinne unterscheidet sich auch vom
Sozialismus dadurch, dass er in der Regel einen größeren Grad des
gemeinsamen Lebens begründet. Der Sozialismus legt seinen Schwerpunkt
auf die gemeinsame Produktion und Verbreitung, den Kommunismus auf
das gemeinsame Leben. Der Kommunismus zielt also auf ein größeres
Maß an Gleichheit als der Sozialismus. Es würde mehr Einheitlichkeit in
der Frage der Ehe, Bildung, Nahrung, Kleidung, Wohnungen und
allgemeinem Leben der Gemeinschaft geben. Daher sind die
verschiedenen Versuche, die von kleinen Gruppen von Personen gemacht
wurden, die ein gemeinsames Leben führen, um ein gemeinsames
Eigentum der Industrie und gemeinsamen Genuss ihrer Produkte zu
schaffen, allgemein als Experimente des Kommunismus beschrieben
worden. In Wirklichkeit ist der Sozialismus in seinem eigentlichen Besitz
und Betrieb von Kapitalinstrumenten des ganzen demokratischen Staates
noch nie ausprobiert worden. Das erinnert an die weitere Unterscheidung,
dass der Kommunismus, auch als ein heutiges Ideal, die Organisation von
Industrie und Leben durch kleine föderierte Gemeinschaften und nicht
durch einen zentralisierten Staat impliziert. Man unterscheidet sie also und
hofft, dass der Sozialismus endlich zum Kommunismus wird. Wenn wir
alle diese Notizen zu einer formalen Definition zusammenfassen, können
wir sagen, dass der vollständige Kommunismus das gemeinsame Eigentum
sowohl der Industrie als auch ihrer Produkte durch kleine,
zusammengeschlossene Gemeinschaften darstellt, die ein gemeinsames
Leben führen.
Der früheste Betrieb des kommunistischen Grundsatzes, von dem wir alle
rekordieren, fand in Kreta um 1300 vor Christus statt. Alle Staatsbürger
wurden von dem Staat einheitlich erzogen, und alle aßen an den
öffentlichen Tischen. Nach der Tradition war es dieses Experiment, das
Lycurgus bewegt, sein berühmtes Regime in Sparta zu gründen. Unter
seiner Herrschaft, wie Plutarch uns informiert, gab es ein gemeinsames
System von Bildung, Gymnastik und militärischer Ausbildung für alle
Jugendlichen beider Geschlechter. Für alle Bürger wurden öffentliche
Mahlzeiten und öffentliche Schlafplätze zur Verfügung gestellt. Das Land
wurde neu verteilt, so dass alle gleichberechtigt waren. Obwohl die Ehe
bestand, wurde sie durch ein gewisses Maß an Promiskuität im Interesse
der Rassenkultur modifiziert. Die Grundsätze der Gleichheit und des
gemeinsamen Lebens wurden auch in vielen anderen Dingen durchgesetzt.
Wie Plutarch sagt: „Kein Mensch war frei, so zu leben, wie es ihm
beliebte, denn die Stadt war wie ein großes Lager, in dem alle ihre
Erlaubnisse hatten“. In anderer Hinsicht aber fiel das Regime von
Lykurgus dem normalen Kommunismus nicht ein; obwohl das Land
gleichmäßig verteilt war, war es in Privatbesitz; das politische System war
keine Demokratie, sondern eine begrenzte Monarchie und später eine
Oligarchie; und die Privilegien der Staatsbürgerschaft und Gleichheit
wurden nicht von der gesamten Bevölkerung genossen. Die Heloten, die
das unangenehme Werk vollbrachten, waren Sklaven im schlimmsten
Sinne des Wortes. In der Tat war der Zweck der gesamten Organisation
militärisch und politisch und nicht wirtschaftlich und sozial. Da Lycurgus
vom kretischen Experiment inspiriert wurde, war Plato von der Leistung
des Lykurgus beeindruckt. Seine Republik beschreibt ein ideales
Gemeinwesen, in dem es Gemeinschaftseigentum, Gemeinschaft von
Mahlzeiten und sogar von Frauen geben sollte. Der Staat sollte Bildung,
Heirat, Geburten, die Führung der Bürger und den Vertrieb und Genuss
von Waren kontrollieren. Es würde eine perfekte Gleichstellung der
Bedingungen und Karrieren für alle Bürger und für beide Geschlechter
erzwingen. Platons Motiv, diese imaginäre Gesellschaftsordnung zu
skizzieren, war das individuelle Wohlergehen, nicht die staatliche
Vervollkommnung. Er wollte die Aufmerksamkeit der Welt auf einen Staat
lenken, der einzigartig war, da er nicht aus zwei Klassen zusammengesetzt
war, die ständig im Krieg gegeneinander standen, die Reichen und die
Armen. Aber sein Modell von Gemeinwohl sollte Sklaven haben.
Das kommunistische Prinzip regierte eine Zeit lang das Leben der ersten
Christen in Jerusalem. Im vierten Kapitel der Apostelgeschichte erfahren
wir, dass keiner der Brüder etwas sein eigen nannte, was er selbst besaß;
dass diejenigen, die Häuser und Grundstücke hatten, sie verkauften und
den Preis zu Füßen der Apostel legten, die jedem je nach Bedarf, was er
bedurfte, gaben. Da sie keine Unterscheidung zwischen Bürgern und
Sklaven machten, waren diese primitiven Christen weiter als der
Kommunismus Platons. Ihr Kommunismus war übrigens völlig freiwillig
und spontan. Die Worte des heiligen Petrus an Ananias beweisen, dass
einzelne Christen ganz frei waren, ihr Privateigentum zu behalten.
Schließlich dauerte die Anordnung nicht lange, noch wurde sie von
irgendeinem der anderen christlichen Körperschaften außerhalb von
Jerusalem angenommen. Daher ist die Behauptung, dass das Christentum
am Anfang kommunistisch war, eine grobe Übertreibung. Und die
Behauptung, dass gewisse Väter der Kirche, besonders Ambrosius,
Augustinus, Basilius, Johannes Chrysostomus und Hieronymus alles
Privateigentum verurteilt und den Kommunismus befürwortet haben, ist
ebenfalls nicht gerechtfertigt. Die meisten religiösen, das heißt asketischen
und klösterlichen Ordnungen und Gemeinschaften, die es innerhalb und
außerhalb der christlichen Richtung gegeben hatte, zeigen einige
Merkmale des Kommunismus. Die buddhistischen Mönche in Indien, die
Essener in Judäa und die Therapeuten in Ägypten, alle schlossen
Privatbesitz aus und führten ein gemeinsames Leben. Die
Religionsgemeinschaften der katholischen Kirche haben immer das
gemeinsame Eigentum an Gütern praktiziert, sowohl produktiv (wenn
immer sie diese besaßen) als auch nicht-produktiv. Ihr Kommunismus
unterscheidet sich jedoch von dem der Wirtschaftskommunisten darin,
dass ihr primäres Ziel nicht und niemals eine soziale Reform oder eine
gerechtere Verteilung von Gütern war. Die geistige Besserung des
einzelnen Gliedes und die bessere Erfüllung ihrer karitativen Mission, wie
die Unterweisung der Jugendlichen oder die Pflege der Kranken und
Gebrechlichen, sind die Ziele, die sie hauptsächlich gesucht haben. Diese
Gemeinschaften bestehen darüber hinaus darauf, dass ihre Lebensweise
nur den wenigen angepasst wird. Aus diesen Gründen finden wir sie immer
getrennt von der Welt, und sie machen keinen Versuch, einen
beträchtlichen Teil davon dem Volk zu bringen und das Zölibat zu
beobachten. Ein wichtiges Merkmal des ökonomischen Kommunismus
haben fast alle Religionsgemeinschaften, nämlich das gemeinsame
Eigentum und die Verwaltung der materiellen Akteure der Produktion, aus
denen sie ihre Nahrung ableiten. In dieser Hinsicht sind sie eher
Lohnempfängern als kommunistischen Organisationen ähnlich.
Während des Mittelalters wurde der Kommunismus von verschiedenen
ketzerischen Sekten in verschiedenen Graden praktiziert. Darin bezeugten
sie den Wunsch, das Beispiel der Urchristen nachzuahmen. Ihr
Kommunismus war also wie der der Klosterorden, eher religiös als
wirtschaftlich. Auf der anderen Seite war das Motiv der religiösen Orden
der Rat Christi, die Vollkommenheit zu suchen. Die Katharer, die
Apostoliken, die Brüder und Schwestern vom Freien Geiste, die Hussiten,
die Mährer und die Wiedertäufer waren die wichtigsten Ketzer. Keiner von
ihnen präsentierte Tatsachen von großer Bedeutung für den Studenten des
Kommunismus. Das nächste bemerkenswerte Ereignis in der Geschichte
des Kommunismus ist die Erscheinung der Utopia des Thomas Morus
(1516). Der Zweck dieser romantischen Darstellung einer idealen
Gemeinschaft war wirtschaftlich, nicht militärisch oder religiös. Der
Rückzug von großen Landstrichen von der Anbaufläche für die
Schafzucht, die Kürzung der Rechte des Mieters auf das Gemeinsame und
der Anstieg der Mieten hatten bereits damit begonnen, die Unsicherheit,
die Armut und den Pauperismus hervorzubringen, die später so
erschreckend wurden In England, und die ein verwirrendes Problem
darstellen. Im Gegensatz zu diesen Bedingungen stellte Morus sein ideales
Bild vom Staat der Utopie auf. In seiner Vorstellung von den industriellen
Bedingungen, Bedürfnissen und Tendenzen war er weit seiner Zeit voraus.
„Ich kann“, sagt er, „keine andere Vorstellung von allen anderen
Regierungen haben, die ich sehe oder kenne, als dass es sich um eine
Verschwörung der Reichen handelt, die im Vorgriff auf die Verwaltung der
Öffentlichkeit nur ihre privaten Ziele verfolgen und alle erdenklichen
Wege und Künste herausfinden: erstens, dass sie ohne Gefahr alles, was sie
so schlecht erworben haben, bewahren können, und dass sie dann die
Armen dazu bringen können, zu möglichst niedrigen Sätzen für sie zu
arbeiten, und dass sie sie unterdrücken, wie sie wollen.“ Das liest sich
mehr wie ein Ausbruch von einem radikalen Reformator des zwanzigsten
Jahrhunderts als das Zeugnis eines Staatskanzlers des frühen sechzehnten
Jahrhunderts. In Utopia werden alle Güter gemeinsam gehalten und
gemeinsam genutzt, und alle Mahlzeiten werden an den öffentlichen
Tischen eingenommen. Aber es gibt keine Gemeinschaft von Frauen. Die
unangenehme Arbeit wird von Sklaven gemacht, aber die Sklaven sind alle
Verbrecher. Sowohl für die Familie als auch für die Würde und die Rechte
des Einzelnen ist Utopia also auf höherem Boden als die Platonische
Republik. Es gibt mehrere andere Beschreibungen von idealen Staaten, die
ihre Inspiration der Utopia verdanken. Die wichtigsten sind: "Oceana"
(1656) von James Harrington; "Die Stadt der Sonne" (1625) von Thomas
Campanella; und Francis Bacons "New Atlantis" (1629). Keiner von ihnen
ist so weit gelesen worden noch so einflussreich gewesen wie ihr Prototyp.
Campanella, der ein Dominikanermönch war, repräsentierte die Behörden
der "Stadt der Sonne" als die am besten entwickelten Frauen zwingend,
sich mit den am besten entwickelten Männern zu paaren, damit die Kinder
so perfekt wie möglich sind. Kinder sollen vom Staat und nicht von den
Eltern geschult werden, denn sie werden zur Erhaltung der Arten und nicht
zur individuellen Freude gezüchtet.
Die umfassende Kritik und Auflehnung gegen soziale Institutionen, die
von französischen Schriftstellern im achtzehnten Jahrhundert durchgeführt
wurden, beinhaltete natürlich Theorien für den Wiederaufbau der
Wirtschaftsordnung. Gabriel de Mably, der teilweise von Platon und teils
von Rousseau entlehnt zu haben scheint, erklärte, dass die
Gütergemeinschaft Gleichheit und das höchste Wohl der Rasse sichern
würde; aber er schreckte davon ab, dies als ein praktisches Heilmittel für
die Krankheiten seiner eigenen Zeit zu befürworten. Morelly stimmte mit
Rousseau darin überein, dass alle gesellschaftlichen Übel auf Institutionen
zurückzuführen seien, und forderte das Eigentum und die Verwaltung des
ganzen Eigentums und der Industrie durch den Staat. Beide, de Mably und
Morelly, waren abtrünnige Priester. Morellys Ansichten wurden von einem
der französischen Revolutionäre, Baboeuf, angenommen, der als erster
Mensch praktische Schritte zur Bildung einer kommunistischen
Gesellschaft unternahm. Zu seinen Plänen gehörten die Pflichtarbeit aller
und der öffentliche Vertrieb des Produkts nach individuellen Bedürfnissen.
Um seine Theorien in Wirklichkeit umzuwandeln, gründete er die
„Gesellschaft der Gleichen“ (1796) und begann einen bewaffneten
Aufstand; aber die Verschwörer wurden bald verraten und ihr Führer
guillotiniert (1797). Graf Henri de Saint-Simon, dessen Theorien in seiner
"Nouveau Christianisme" (1825) ihre endgültige Gestalt erhielten,
verlangte nicht das Eigentumsrecht aller Güter. Daher wird er als erster
Sozialist und nicht als Kommunist betrachtet. Er war der erste, der die
Teilung der modernen Gesellschaft in Arbeitgeber und Arbeitnehmer
betonte, und der erste, der einen Wiederaufbau der industriellen und
politischen Ordnung auf der Grundlage der Arbeit und im besonderen
Interesse der Arbeiterklasse befürwortete. Seiner Ansicht nach sollte der
Staat zum Industriedirektor werden und Aufgaben im Verhältnis zu
Kapazitäten und Belohnungen im Verhältnis zur Arbeit verteilen. Er ist
mehr ein Sozialist als ein Kommunist in dem Wunsch, dass die Reformen
durch die Zentralregierung statt durch die Kommunalbehörden oder
freiwilligen Vereinigungen erfolgen sollten. Charles Fourier fragte nicht
einmal nach der Abschaffung des Kapitals. Dennoch war er eher
kommunistisch als Saint-Simon, weil seine Pläne von den örtlichen
Gemeinschaften durchgeführt werden sollten, denen er den Namen
"Phalanxes" gab und weil die Mitglieder ein gemeinsames Leben führen
sollten. Alle wohnten in einem großen Gebäude namens "phalansterie".
Aufgaben sollten mit Rücksicht auf die Präferenzen des Individuums
zugewiesen werden, es gäbe aber häufige Beschäftigungsveränderungen.
Jeder Arbeiter würde einen Mindestlohn erhalten, der für einen
komfortablen Lebensunterhalt ausreicht. Das überschüssige Produkt würde
auf Arbeit, Kapital und Talent verteilt werden, aber so, dass diejenigen, die
das unangenehmste Werk tun, die höchste Entschädigung erhalten würden.
Die Ehe wäre von den Parteien selbst befristet. Ein Versuch, eine Phalanx
in Versailles im Jahre 1832 zu etablieren, führte zu einem völligen
Versagen.
Etienne Cabet entwarf in seiner "Reise nach Ikarien" (1840) ein
kommunistisches Programm, das nach dem Werk von Sankt Thomas
Morus modelliert wurde. Er würde das Privateigentum und die
Privatpädagogik abschaffen, aber nicht die Ehe oder das Familienleben.
Waren sollten von der Gemeinschaft als Ganzes produziert und vertrieben
werden, und es sollte eine vollständige Gleichheit aller Mitglieder
bestehen. 1848 emigrierte er mit einer Bande seiner Jünger nach Amerika
und gründete die Gemeinschaft von Ikarien in Texas. 1849 zogen sie zur
verlassenen Mormonen-Siedlung von Nauvoo, Illinois über. Hier
verbreitete sich die Gemeinde mehrere Jahre, bis das übliche
Lösungsmittel in Form von innerer Zwietracht auftauchte. Im Jahre 1856
ließ sich die kleine Minderheit, die mit Cabet zusammenhing, in
Cheltenham, in der Nähe von St. Louis, nieder, während die größere Zahl
nach Süd-Iowa ging, wo sie eine neue Gemeinschaft gründen, der sie den
alten Namen Ikarien gaben. Die letzte Siedlung blühte bis 1878, als eine
endgültige Reihe von Störungen, Abspaltungen und Migrationen begann.
Die letzte Gruppe der Ikarier wurde im Jahre 1895 aufgelöst. Zu dieser
Zeit zählte die Gemeinde nur einundzwanzig Mitglieder; in Nauvoo waren
es fünfhundert. Ikarien wurde als das typischste Experiment, das jemals im
demokratischen Kommunismus gemacht wurde und wunderbarer als jede
andere ähnliche Kolonie, die es so lange ohne dogmatische Basis
ausgehalten hat, gepriesen. Die Ikarier praktizierten keine Religion. In
seiner "Organisation du travail" (1840) forderte Louis Blanc, dass der Staat
nationale Workshops gründe mit dem Ziel des endgültigen staatlichen
Besitzes und der Verwaltung aller Produktion. Nach der Revolution von
1848 führte die französische Regierung mehrere nationale Workshops ein,
aber sie machte keine ehrliche Anstrengung, sie nach den Ideen von Louis
Blanc zu führen. Sie waren alle erfolglos und kurzlebig. Wie Saint-Simon
war Louis Blanc ein Sozialist und kein Kommunist in seinen Theorien der
sozialen Reorganisation, des Eigentums und der individuellen Freiheit.
Von der Zeit an liegen alle wichtigen Theorien und Bewegungen, die sich
auf die Reorganisation der Gesellschaft beziehen, in den übrigen Ländern
Europas wie auch in Frankreich unter dem Haupt des Sozialismus. Der
Rest der Geschichte des Kommunismus beschreibt Ereignisse, die in den
Vereinigten Staaten aufgetreten sind. William A. Hinds zählt in seinen
amerikanischen Gemeinschaften rund fünfunddreißig verschiedene
Assoziationen auf, in denen kommunistische Prinzipien entweder ganz
oder teilweise in Betrieb genommen wurden.
Es wurde viel über kommunistische Methoden der Infiltration geschrieben.
Die Standardmethode war, von innen zu bohren. Die Kommunisten, die
sich als Loyalisten einer Organisation ausgaben, suchten diese zu
untergraben. Sobald sie Zugang frei wäre, würden sie allmählich und subtil
die Werte und Grundsätze der zielgerichteten Organisation verändern. Der
Prozess der Veränderung kann eine Generation in Anspruch nehmen.
Kommunisten haben unbegrenzte Geduld und höchstes Vertrauen in die
endgültige Erreichung ihrer Ziele. Beispiele beinhalten erhebliche
Einbrüche von Kommunisten in organisierte Arbeit, Hochschulen,
Rechtsberufe, Rassenbeziehungen, kulturelle Institutionen und die
Regierung selbst.
Bei der Infiltration suchen die Kommunisten nach einer institutionellen
Schwäche, die sie ausnutzen könnten, und im Falle der katholischen
Kirche vermuteten sie vielleicht die Schwäche, sich im männlichen
Zölibat-Priestertum aufzuhalten. So schickten Kommunisten ihre
Anhänger, vor allem Homosexuelle, sexuelle Abweichler und Pädophile in
Seminaren, um Priester zu werden, um eine homosexuelle Kultur
innerhalb der Kirche zu fördern? Homosexuelle, die ihre Vorliebe in einer
überwiegend konservativen katholischen Gemeinde praktizierten, während
sie von gut gesinnten Vorgesetzten Schutz erhielten, konnten sicherlich zur
Untergrabung des Glaubens an den Katholizismus beitragen und die
Glaubwürdigkeit und die moralische Stellung der Kirche bis zu ihrem
Fundament zweifellos erschüttern. Die katholische Autorität zu
untergraben, ist ein klares und oft erklärtes Ziel der kommunistischen
Linken. Spekulationen darüber, wie die Kommunisten versuchten, ihr
Programm umzusetzen, sind vernünftig und notwendig, um die
gegenwärtige Situation besser zu verstehen.
Zwei ehemalige Kommunisten, Bella Dodd und Manning Johnson,
sprachen über kommunistische Infiltration der katholischen Kirche. Bella
Dodd, eine wichtige kommunistische Parteianwältin, Lehrerin und
Aktivistin, wurde im April 1952 unter der Obhut des Bischofs Fulton J.
Sheen zum Katholizismus bekehrt. Dass die kommunistische Infiltration
so weitreichend war, dass in Zukunft die katholische Kirche nicht mehr
anerkannt wird, behauptete Bella Dodd:
„In den dreißiger Jahren haben wir elfhundert Mann ins Priestertum
geschickt, um die Kirche von innen zu zerstören.“
„Im Augenblick sind sie in den höchsten Stellen, und sie arbeiten, um
Änderungen herbeizuführen, damit die katholische Kirche nicht mehr
gegen den Kommunismus wirkungsvoll ist.“
Manning Johnson, ein ehemaliger Beamter der Kommunistischen Partei
und Autor von "Hautfarbe, Kommunismus und gesunder
Menschenverstand", bezeugte im Jahr 1953 dem Haus-für-
unamerikanischen-Aktivitäten-Ausschuss die Infiltration der katholischen
Kirche:
„Sobald die Taktik der Infiltration religiöser Organisationen durch den
Kreml festgelegt wurde, entdeckten die Kommunisten, dass die Zerstörung
der Religion viel schneller durch Infiltration der katholischen Kirche durch
Kommunisten funktionieren könnte, die innerhalb der Kirche selbst
arbeiten. Die kommunistische Führung in den Vereinigten Staaten hatte
erkannt, dass die Infiltrationstaktik in diesem Land sich an die
amerikanischen Verhältnisse anpassen müsste. Europa hatte auch seine
Zellen und das religiöse Make-up, das diesem Kontinent eigen ist. In den
frühesten Stadien wurde festgestellt, dass nur geringe Kräfte zur
Verfügung standen. Die praktische Schlussfolgerung, die von den Roten
Führern gezogen wurde, war, dass diese Institutionen es möglich machen,
dass eine kleine kommunistische Minderheit die Ideologie der zukünftigen
Geistlichen auf den Pfaden, die den kommunistischen Zwecken förderlich
sind, beeinflussen kann. Die Politik der Infiltration von Seminaren war
auch jenseits unserer kommunistischen Erwartungen erfolgreich.“
Das ultimative Ziel des Kommunismus und des Nationalsozialismus ist
eine neue Weltordnung, das heißt die globale Herrschaft. Sie sind einfach
zwei Beine, die sich in die gleiche Richtung bewegen. Satan ist der
Kommandeur ihrer Flotte (2. Korinther 4, 4).
Die durchschnittliche Person heute ist jämmerlich ignorant über so viele
Dinge. Ich sage das mit großer Traurigkeit, denn unsere Unwissenheit ist
Satans größter Vorteil gegenüber uns. Vor kurzem las ich ein interessantes
Buch. Hier ein Zitat, das die Eltern da draußen betreffen sollte:
Lenin hatte gesagt: „Der beste Revolutionär ist ein Jugendlicher ohne
Moral.“ Sein Wort ist Gesetz in kommunistischen Organisationen, alle
Mitglieder arbeiten heimlich, um junge Menschen beiderlei Geschlechts
antisozial und unmoralisch zu machen. Kinder bis zum Teenager-Alter
werden gelehrt, gegen die Disziplin des Hauses zu rebellieren. Die Eltern
werden ihren Kindern als altmodisch dargestellt. Die elterliche Autorität
wird verhöhnt. Die Demagogen argumentieren, dass Eltern ihre Kinder
angelogen haben, da sie alt genug wären, um zuzuhören, was den
Weihnachtsmann betrifft und wo Babys herkommen. Die Forderungen der
Eltern seien die Opfer reaktionärer Lehren und kapitalistischer
Ausbeutung. Das Kind wird ermutigt, die Eltern in Bezug auf moderne
und progressive Ideen zu belehren. Sie werden gewarnt, dass sie sich für
ihr eigenes Wohl nicht von ihren Eltern dominieren oder disziplinieren
lassen sollen. Der Zweck dieser subversiven Kampagne ist es, die
Heiligkeit und Einheit des Hauses, das die Grundlage, auf der unsere
Zivilisation gegründet ist, zu zerstören.
Was für ein tiefer Schluck der Wahrheit! Kinder sind heute durch das
Fernsehen (das heißt die Vision der Hölle) und die satanische Musik
gehirngespült, um keine Moral mehr zu haben und ihre Eltern
zurückzuweisen. Genau das wollen die Kommunisten. Es ist nicht
ungewöhnlich, in diesen Tage zu hören, wie Kinder im Fernsehen
erzählen, dass ihre Eltern erwachsen werden sollen oder ruhig sein. Der
gleiche Trotz findet sich in Filmen, Musik ist ohne Zweifel der größte
Täter. Es gibt nichts Schädliches für das geistige Wachstum eines
Teenagers als die weltliche Musik, die die Seele fesselt und ein
Evangelium von Selnstsuch, Sex und Satan predigt.
Es gibt eine unheimliche Agenda bei der Arbeit in Fernsehen und Filme
heute, die für die Korruption der Jugend-Moral und des Glaubens an die
Bibel verpflichtet ist. Nehmen wir zum Beispiel die blasphemische Brücke
von Walt Disney nach Terabithia, die die Existenz der Hölle bestreitet und
die Jugend lehrt, dass aufgeschlossene Menschen niemals an die ewige
Verdammnis glauben könnten. Jugendliche werden heute von Satan wie
nie zuvor angegriffen!
Es ist nicht zufällig oder nur ein natürliches Vorkommnis, dass Amerika
heute mit sauren Sängern und Schauspielern geplagt wird, die auf allen
Sendern, die Jugendliche betreffen, vorgestellt werden. Es ist alles
vorsätzlich beabsichtigt, die Tugend zu beseitigen, sie zu ersetzen durch
sexuelle Promiskuität. Teenie-Mädchen werden aufgerufen, sich wie
Homosexuelle zu verhalten, die nicht heiraten und keine Kinder haben.
Die offizielle Gender-Ideologie maskiert sich als Bewegung für die Rechte
der Frauen. In Wirklichkeit ist diese Ideologie ein grausamer Schwindel
und sagt den Frauen, dass ihre natürlichen biologischen Instinkte nur
sozial konstruiert seien, um sie zu unterdrücken.
Die Gender-Ideologie ist von der Elite entwickelt worden, um die
geschlechtliche Identität zu zerstören, indem sie Frauen männlich und
Männer feminin macht. In zunehmendem Maße werden Heterosexuelle
dazu bestimmt, sich wie Homosexuelle zu verhalten, die im Allgemeinen
nicht heiraten und keine Kinder haben. Monogamie wird durch sexuelle
Promiskuität ersetzt, die in Aldous Huxleys Brave New World prophezeit
wurde.
Die Reichen schufen den Feminismus, um die männlich-weiblichen
Beziehungen zu vergiften, zu trennen und zu erobern. Ihre beiden Ziele
sind die Entvölkerung und die totalitäre Weltregierung. Warum? Diese
Banker schaffen Geld aus dem Nichts und denken, dass sie Gott sind.
Cruel Hoax zeigt den Zusammenhang zwischen Feminismus,
Kommunismus und dem Terroranschlag vom 11. September 2001. Er
untersucht männlich-weibliche Beziehungen und zeigt, wie wir unsere
Heterosexualität zurücknehmen sollen.
In Miley Cyrus' schändlichen Liedern fördert sie Hurerei, Rebellion,
Prostitution und Unzucht, Promiskuität, das Feiern die ganze Nacht lang,
Verrücktheiten. Dies ist genau das, was die Täter der Neuen Weltordnung
wollen, indem sie durch sexuell entartete Persönlichkeiten, Filme, Musik,
Zeitschriften und Fernsehen eine sexuell entartete Gesellschaft schaffen.
Dabei wird die Geschlechtsidentität ausgelöscht, Tugend und Ehe
ausgeschaltet, Eltern werden zu Dienern des Polizeistaates. Moralische
Korruption führt immer zur politischen Subversion! Eine unmoralische
Nation ohne Gottes Willen kann ihre soziale Integrität nicht
aufrechterhalten. Wir sind Zeuge des Zusammenbruchs der
amerikanischen Kultur, in Chaos und Ruin, aus denen ein Diktator
entstehen wird, der Antichrist!
Amerika ist zum Scheitern verurteilt. Ich glaube, wir sind an dem Punkt,
der keine Rückkehr kennt, wegen des dreckigen Mülls, der die Medien
(Fernsehen, Hollywood und Walt Disney) bestimmt und kontrolliert. Die
Leute sitzen vor ihren Fernsehapparaten, als ob sie einen Gott anbeten.
Solange die Menschen alle ihre Informationen aus dem Fernsehen
bekommen, werden sie dümmer, stumpfsinniger und werden einer
Gehirnwäsche unterzogen. Der moralische Niedergang in Amerika wird
seine Abwärtsspirale in den Abgrund der Hölle und der Verdammnis
fortsetzen.
Es gibt weniger Ehen wegen der Angst vor der Scheidung und allen ihren
Leiden. Es gibt viele Erschütterungen durch geschlechtliche Säue wie Katy
Perry und Miley Cyrus (die lehren die Teens, die Ehe zu vergessen). Ich
wage es nicht, eine Huren-Sängerin heute zu nennen, die die Institution der
Heirat in ihrer Musik lobt. Nennt mir Eine! Es würde ihrer die Sünde
glorifizierende Karriere verletzen. Du wirst nicht reich und berühmt in der
Pop-Musik-Branche heute, es sei denn, du bist ein weltliches,
kompromittierenden, schmutziges Stück Müll. Du musst unterstützen der
Homosexuellen Rechte, um es in Hollywood, der Pop-Musik oder am
Broadway zu etwas zu bringen.
Dann gibt es die 50 Milliarden Dollar lukrativen Scheidungen. Das
Zerstören von Ehen ist in Amerika ein großes Geschäft geworden! Gierige
Anwälte und Richter machen Beute von Schmerzen und zerbrochenen
Familien! Es gibt einen besonderen extra heißen Ort in der Hölle, nur für
Anwälte, Staatsanwälte und Richter vorbehalten... Der Schaden ihrer
rücksichtslosen räuberischen Praktiken hat seinen Tribut gefordert. Mehr
als 11 Millionen Amerikaner leben jetzt allein im Alter von 65 Jahren. Die
krassen Gerichte, die ungerechten Richter, die gierigen Anwälte,
wahnsinnig paranoide nationale Missbrauchsgesetze und eine überreaktive
Verbrecher-Polizei haben die Ehe zu einem höllischen Alptraum gemacht.
Eine Menge Leute bevorzugen ein einfacheres Leben, statt all der
emotionalen Entwässerung, ohne Drama, Trauma und finanzielle
Schwierigkeiten. Ehen sind heute eine tickende Zeitbombe! Eine
Heiratslizenz ist jetzt eine Waffe für einen verärgerten Ehepartner
geworden! Die gesamte Unterhaltungsindustrie fördert unzüchtige
Sexualität, Pädophilie, Lüsternheit, Ehebruch, Unversöhnlichkeit, Rache,
Scheidung und Homosexualität. Junge Leute: Wachst nicht auf, um wie
Dreck, Schande, Auswurf zu sein. Die Illuminaten wollen die
Familieneinheit zerstören, so dass Amerika schwach, gleichgültig und
anfällig für die Übernahme sein wird. Das bedeutet, dass auch das
Christentum zerstört werden muss! Die nationale Souveränität muss
weggehen. Jede Loyalität gegenüber den Eltern oder dem nationalen
Patriotismus muss weg sein! Der Staat muss zum Gott werden.
Die Eltern werden nur noch Inkubatoren, wie in Nordkorea heute, sein, die
Diener eines gottlosen globalen kommunistischen totalitären Polizeistaats.
Unsere Nation ist in die Hölle gegangen. Während Feministinnen,
Fernsehen und ein rigoroses Gerichtssystem unermüdlich die Familien
wegen Kleinigkeiten zerstören, werden massive staatliche Verbrechen von
den Medien völlig ignoriert, übersehen, und niemand wird vor Gericht
gestellt. In der Tat haben wir kein Land mehr, weil wir keine Grenzen
mehr haben. Die bezahlten professionellen Lügner der Fernsehnachrichten
werden alle von den Illuminati kontrolliert. Die Menschen werden belogen
und betrogen. Wacht auf!
Der Kommunismus ist die Maschine der Illuminaten, das heißt der Luzifer
anbetenden Geheimgesellschaften, die versuchen, einen Eine-Welt-
Globalen Kommunistischen Polizeistaat einzuführen. Man braucht nur die
Aussagen der sozialen Söhne zu lesen, um klar zu sehen, was die
Kommunisten zu erreichen versuchen - die totale Tilgung des
Christentums, der Familie, der Moral und der US-Verfassung. Das Ziel des
Kommunismus ist nicht weniger als der Totalitarismus, das heißt ein
globaler Polizeistaat! Junge Menschen ohne Moral wachsen zu
rebellischen Erwachsenen ohne Sorge um Wahrheit oder Gerechtigkeit
heran. So werden sie jetzt leicht als willige Diener des weltlichen
kommunistischen Staates rekrutiert.
Dies beschreibt die Bedingungen in Amerika heute. Durch die
kommunistischen Subversiven der Rock-Musik, der feministischen
Bewegung, der Abtreibungsindustrie und der homosexuellen Bewegung –
kümmern die Amerikaner sich heute bei weitem nicht mehr um die
Ermordung von 70 Millionen kostbaren Babys! Das ist unglaublich! Wenn
jemand dich nicht mehr in Amerika haben will, dann werfen sie dich
einfach weg! Amerikaner halten ihre Eltern in Pflegeheimen. Sie werfen
ihre Kinder weg, um abgetrieben in einen Bio-Müllcontainer geworfen zu
werden! Ist es ein Wunder, dass Amerikaner einander nicht mehr
respektieren? Ein Böses bringt ein anderes Böses hervor.
Die öffentliche Meinung ist nicht mehr erregt, wenn die Zeitungen
unaufhörlich berichten, dass mehrere Hunderttausende Juden systematisch
in den Gaskammern durch den Antisemitismus ausgerottet wurden oder
dass hunderttausende Christen wegen ihrer antikommunistischen
Überzeugungen von rot-chinesischen Sadisten gemartert werden. Solche
Schrecken sind jetzt akzeptiert, wie sie jeden Tag vorkommen.
Dies beschreibt Amerika, Europa, Kanada und viele andere Nationen
heute, wo die Abtreibung ist alltäglich und vollkommen akzeptiert!
Wahrlich, es ist ein abscheulicher Holocaust von epischen Proportionen
wie der jüdische Holocaust!
Wir sind immun gegen die Reaktionen, die wir einmal erlebt haben, als die
Gewalt irgendwelcher Art uns aufmerksam machte. Wir sind nicht mehr
durch den Sturz von etablierten Regierungen mit Gewalt verstört. Wenn
wir es wären, hätten wir etwas getan, dass es aufhöre, was vor sich ging.
Dies könnte leicht auf den Krieg im Irak angewendet werden. Wir haben
nichts getan, um den Sturz des Irak mit Gewalt zu stoppen. Wir sind zu
einer grausamen, schwieligen und herzlosen Nation geworden, die
eindeutig durch das Schweigen der Massen bezeugt wurde, als einer im
Jahr 2005 durch Hunger zu Tode gefoltert wurde. Wo war Amerika? Wir
haben nichts zu getan, um das zu stoppen.
Man hört auf die, die immer wieder weinen, wie in Spanien: „Der
Kommunismus kann hier niemals eine Revolution hervorrufen.“ Die Leute
hören denen zu, die ihnen ein Gefühl der falschen Sicherheit geben. Die
Mehrheit der Bürger sind wie Kinder, die ihre Köpfe unter den Decken
verstecken, wenn sie Gefahr fürchten. Es sollte daran erinnert werden, dass
das Ziehen der Bettwäsche über den Kopf nie eine Person von einem
Attentäter, einem Vergewaltiger oder einer explodierenden Bombe rettete.
Beeindruckend! Ich hätte die Amerikaner heute nicht besser beschreiben
können. Sie hören nur denen zu, die ihnen ein Gefühl von falscher
Sicherheit geben. Sie verstecken ihre Köpfe unter ihren Decken. Lese dies
bitte, es kann hier nicht geschehen durch Kongress-Abgeordnete.
Es war der finstere kommunistische Führer Lenin, der sagte: „Der beste
Revolutionär ist ein Jugendlicher ohne Moral.“ Amerika hat heute viele
solche Jugendlichen, weil die kommunistischen Einflüsse immer noch
unermüdlich am Werk sind. Es gibt einen direkten Zusammenhang
zwischen der Loyalität und dem Respekt eines Kindes gegenüber seinen
Eltern und der Entwicklung des kindlichen Charakters.
Der Kommunismus ist nicht tot, Leute, er ist direkt vor unseren
Gesichtern, weswegen wir ihn heute nicht sehen können. Wenn ihr mir
nicht glaubt, bereitet euch auf einen Schock vor. Lese Karl Marx'
Kommunistisches Manifest, und siehe, wie Amerika heute weitgehend eine
kommunistische Nation ist. Lese auch über die kommunistische
Subversion von Amerika.
Hollywood ist eine unzüchtige und unmoralische Sünde. Es gibt keine
größere Quelle von Gottes-Hass, pornografischem Dreck, blasphemischem
Müll und ehebrecherischem Abfall als Hollywood-Filme.
Nur wenige Menschen erkennen, welche wichtige Rolle moderne Filme
spielen, die Jugend wegzubringen von ihren Häusern, ihrem Land und ihre
Religion. Viele Filme zeigen eine Stunde Bilder, in denen die Verbrecher
und bösen Männer und Frauen alles tun, was durch unsere Gesetze und
unsern Moralkodex verboten ist, und widmen ihnen eine Minute, da das
Gesetz sie einholt, oder sie sterben wegen ihrer Sünden. Filme, die von
tatsächlichen Kämpfen während der mexikanischen Revolution 1913
gemacht wurden, wurden in Galveston, Texas gezeigt. Der Anblick des
Sehens von Männern, die in der Schlacht getötet wurden oder aus ihren
Häusern geschleppt und von Revolutionären geschlachtet wurden, ließ
Frauen zum Schreien und zur Ohnmacht und zum Erbrechen bringen. Die
öffentliche Meinung veranlasste, die Show zu verbieten. Heute werden
diese Szenen in Filmen gezeigt, die als "'Kinder spezial" für die
Samstagnachmittagsaufführungen angekündigt werden. Das ist nur ein
Beispiel dafür, wie die allgemeine Öffentlichkeit und besonders die Kinder
systematisch verhärtet wurden, um den Anblick von Gewalt und blutigem
Tod als normal hinzunehmen.
Was für ein Kontrast von Kindern heute, die die Menschen fast täglich im
Fernsehen sehen. Die Gesellschaft wird konditioniert für das, was vor uns
liegt - Totalitarismus. Es ist kein Zufall, dass wir Teams im Fernsehen
sehen, in großen Städten überall in Amerika, bei der Zerstörung von
Wohnhäusern, bei der Einreise und bei der Behandlung amerikanischer
Staatsbürger wie nazistisch-faschistischen Schlägern.
Die Öffentlichkeit wird mit dieser Art von Aktivität gesättigt, so wird es
nicht so schockierend sein, wenn Christen und Patrioten bald als
Terroristen vergerissen werden, so wie in den Tagen des Römischen
Reiches. Saulus in der Bibel zog Christen aus ihren Häusern und tötete sie!
Diese Akte der Finsternis werden bald nach Amerika kommen (Johannes
16, 2).
Mit der zugrunde liegenden kommunistischen Stiftung und dem
moralischen Zusammenbruch der Vereinigten Staaten ist es nur noch eine
kurze Zeit, bis wir sehen, wie sich die Tore um uns herum schließen und
die Dornen aus den Wänden kommen. Die Amerikaner sind in eine Falle
geraten durch ihre eigene Selbstgefälligkeit und bereitwillige Unkenntnis
der Wahrheit. Wir stehen vorm Staatsbankrott! Nationale Identitäts-Karten
werden obligatorisch, dass man nicht in der Lage sein wird, Geschäfte zu
machen oder zu reisen ohne eine solche Karte. Wie nah das Zeichen des
Tieres sein muss!
Der größte Verderber von Amerikas Jugend ist das Fernsehen! Cartoons
sind eines der verworfensten Werkzeuge, die Satan heute benutzt.
Karikaturen wurden traditionell als geeignet für Kinder angesehen; So
sehen viele Eltern heute nicht den Schaden in bestimmten Karikaturen. Es
gibt viel Suggestivität, Sexualität, Rock-Musik und subversive
Nachrichten in den heutigen Cartoons. Eltern wären klug, andere
Aktivitäten für ihre Familie zu finden. Es ist kein Zufall, dass Mütter in die
Arbeitsplatz gezwungen werden, während ihre Kinder von der
Gehirnwäsche der Höllenvision sitzen.
Amerikaner sind in einem komatösen spirituellen Zustand der totalen
Ablehnung. Angesichts der offensichtlichen Subversion der
amerikanischen Jugend mit Sexualisierung von Musik-Videos und
ungöttlichen Walt-Disney-Programme, die vorehelichen Sex zu haben
lehren, unterstützen die Eltern tatsächlich solche Übel. Wahrlich: „Das
Herz ist betrügerisch vor allen Dingen und verzweifelt böse: wer kann es
kennen?“ (Jeremia 17, 9). „Denn die Phantasie des menschlichen Herzens
ist von seiner Jugend an böse.“ (Genesis 8,21). In Abwesenheit des Wortes
Gottes herrscht das Böse. Amerikas Kinder wurden unbarmherzig mit dem
grausamen Schwindel der Evolution indoktriniert, gelehrt, dass sie von
einer großen Explosion, dem daraus resultierenden Sternenstaub und
einem Schlamm, der aus dem Ozean kroch, einer Eidechse, dann einem
Affen, dann einem Mann abstammen. Ist es ein Wunder, warum Kinder
aufwachsen, um dysfunktionale Bürger zu werden?
Füge jetzt hinzu das geistig-beraubte Kind, die sexuelle Perversion,
egoistische und destruktive Themen der Musik für Jugendliche, und du
hast den jugendlichen Delinquenten.
Es ist Satanismus, der für die Zunahme der jugendlichen Delinquenz
verantwortlich ist, aber die, die von den Regierungen der Welt ausgewählt
werden, um dieses Problem zu untersuchen, geben unweigerlich jede
andere Ursache als die richtige.
Die Illuminati (globalistische Verbrecher, die herrschende Elite der Neuen
Weltordnung) schufen Nazismus und Kommunismus, um die
Weltregierung zu erreichen. Der gemeinsame Nenner in beiden Schemata
ist der Satanismus. Die Forschung zeigt Hitlers und Stalins Engagement
im Satanismus und okkulten Praktiken, und du wirst sehen, was ich sage,
es ist wahr. Winston Churchill war ein Druiden-Hexer. Die Elite, die die
Welt kontrolliert, sind Diener des Satans (dem Gott dieser Welt nach 2.
Korinther 4, 4), geführt von der Freimaurerei und anderen okkulten
Organisationen. Öffne die Augen, und du wirst nie wieder blicken auf
Hollywood oder die heutigen sexualisierten Musikvideos (deren Ziel die
jungen Teenager sind).
Schauspielerinnen sind Teile, die so käuflich sind wie der sprichwörtliche
Nerzmantel. Das ist Satanismus in Aktion. Der Zweck dahinter ist, die
Moral der jüngeren Generation zu brechen. Wenn es für ihre Idole richtig
ist, modern zu leben und Geschlechtsverkehr mit jedem Mann zu haben,
der ihre Phantasie einnimmt, dann werden die Jugendlichen dazu
gezwungen, zu glauben, dass es keine Sünde gibt, die an dem modernen
Leben beteiligt ist. Eltern und Minister, die anderes sagen, sind albern und
altmodisch.
Die versteckte Geschichte beweist, dass General Albert Pike einer jener
Männer ist, vor der die Heilige Schrift warnt. In Matthäus 24,24, Markus
13, 22 und 14,56 werden uns falsche Propheten und falsche Christusse
gesagt, die auftauchen und Zeichen und Wunder zeigen sollen, um zu
verführen, wenn es möglich wäre, sogar die Auserwählten. Beweise
zeigen, dass Pike nicht nur ein falscher Christus war, er war, bevor er starb,
der Hohepriester der luziferischen Ideologie auf dieser Erde, und als
solcher kontrollierte er die Synagoge des Satans. Seine militärische
Strategie forderte drei Weltkriege und drei große Revolutionen, um des
Illuminati Weishaupts überarbeitete Version der uralten luziferischen
Verschwörung zum Ende zu führen. In den 1860er Jahren wird er mit den
Worten seines militärischen Programms zitiert, es dauere hundert Jahre
oder ein wenig länger, bis der Tag kommt, wenn diejenigen, die die
Verschwörung an der Spitze führen, zur Krönung ihres Führers und
Despoten der ganzen Welt schreiten und eine luziferische totalitäre
Diktatur errichten über das, was von der menschlichen Rasse übrig
geblieben ist.
Der Despot wird der biblisch prophezeiende kommende Mensch der Sünde
sein, der Antichrist! Albert Pike (1809-1891) forderte die Weltkriege eins
und zwei auf und hat uns mit lebendigen Details des dritten Weltkrieges
versorgt. Pike war ein Freimaurer des 33. Grades und ein zugelassener
luziferischen Anbeter. Die Neue Weltordnung kommt zu uns.
2. Thessalonicher 2,10: „Und mit aller Betrügereien der Ungerechtigkeit
kommt das Verderben; weil sie nicht die Liebe der Wahrheit empfangen
haben, damit sie gerettet werden können.“ Im 2. Thessalonicher 2,3 wird
der kommende Antichrist der Mensch der Sünde genannt, weswegen nur
eine Sündenwelt ihn umarmen wird. Das Christentum ist der Erzfeind der
Illuminaten und ihrer teuflischen Pläne für die Menschheit. Deshalb muss
das Christentum gehen, wenn es der neuen Weltordnung gelingen soll, und
die Bibel sagt voraus, dass sie zuerst gelingen wird, aber dann wird der
Herr Jesus Christus selbst das Ende bringen in seinem zweiten Kommen
und wird die neue Weltordnung besiegen, den Antichrist und Satan selbst.
So komm bald, Herr Jesus!
Lust ist sexuelles Verlangen außerhalb des Naturgesetzes Gottes. Deshalb
scheint Christus selbst bestätigt zu haben, dass Satan lüstern war und Vater
der Synagoge des Satans ist, wie die Satanisten lehren und glauben.
Satanisten haben immer Sex-Bestechung und die Verderbtheit und
Perversionen des Geschlechts verwendet, um die Kontrolle über Männer
und Frauen zu erhalten, die sie verwenden wollten, um die geheimen Pläne
ihrer teuflischen Verschwörung zu fördern. Satanismus macht einen Gott
des Sex. Sie verehren den menschlichen Körper wegen seiner sexuellen
Fähigkeiten. Wenn Männer und Frauen beweisen, dass sie unnachgiebig
gegenüber allen anderen Formen der teuflischen Versuchung sind, fallen
sie oft als Ergebnis der Beteiligung an illegalen Beziehungen und
Perversionen. Hat David nicht abscheuliche sexuelle Verbrechen
begangen?
Satanisten lehren, dass Satan Sex mit Eva im Garten Eden hatte. Das
gesamte Glaubenssystem des Satanisten ist in der menschlichen Verehrung
der Sex-Perversion verwurzelt. So sind Satanismus und Sex
unzertrennlich. Mit dieser störenden Wahrheit im Sinn wird es dir klar
werden, wie böse und gefährlich die sinnlichen, promiskuösen und
sexualisierenden Musikvideos von Miley Cyrus und Hunderten von
anderen satanischen Dienern sind!
Es wird gezeigt werden, dass der moderne Kommunismus im Jahre 1773
von einer Gruppe internationaler Geldbarons organisiert wurde, die ihn mit
ihrer Handlungsweise benutzt haben, um ihre geheimen Pläne, einen
totalitären, gottlosen Staat herbeizuführen, weiterzuführen. Lenin machte
das in seinem Buch Linkskommunismus klar. Er sagte: „Unsere Theorie
(Kommunismus) ist kein Dogma, sondern eine Handlungsweise“, da viele
moderne Führer die gleichen Dinge gesagt und getan haben, wie es Luzifer
während der himmlischen Revolution getan hat. Unterscheidet sich der
rote und dem schwarze Atheismus? Der einzige Unterschied liegt in den
Plänen der gegnerischen Führer, letztlich die unbestrittene Kontrolle über
die Ressourcen der Welt zu erlangen und ihre Ideen für eine totalitäre,
gottlose Diktatur ins Leben zu rufen.
Wie viele Christen sind sich der kommunistischen Einflüsse bewusst, die
Amerika heute zerstören? Tragischerweise arbeiten heute viele bekannte
Gläubige daran, den Kommunisten zu helfen, indem sie religiöse
Rockmusik, Abtreibung, Scheidung, Feminismus, Harry Potters Hexerei,
Homosexualität und andere Formen der Bosheit fördern. Lasst uns hier
klar sein, dass der gesamte Begriff der Neuen Weltordnung in einer
kommunistischen Agenda verwurzelt ist, die einen globalen gottlosen
Polizeistaat verwirklichen will.
Die größten Feinde dieses scheußlichen Bösen sind das Wort Gottes,
echtes Christentum, Gottesmänner auf den Kanzeln Amerikas, volle
Kirchen, informierte Bürger und starke Familien, in denen Mama Papa
folgt, Papa Mama liebt, und die Kinder sind mit den Lehren gesättigt des
Wortes Gottes.
Wer frei bleiben möchte, kann nur einen Handlungsplan verfolgen. Ihr
müsst das Christentum gegen alle Formen des Atheismus und
Säkularismus unterstützen.
Das ist ein guter Rat. Das Christentum hat in diesen Tagen wenige
Freunde, das heißt echtes Christentum, das in der Wahrheit des Wortes
Gottes zentriert ist.
Das nächste Mal, wenn du den Fernseher einschaltest, siehe, wie sich eine
halbe nackte Femina wie eine Hure verhält, oder Menschen, die sich über
die Bibel lustig machen, oder alle Gewalttaten und Verbrechen, sei
gewarnt, dass dies alles Teil einer kommunistischen Agenda ist, zu
verderben deine Familie. Wenn du denkst, das sei lächerlich, dann
betrachte die Worte des kommunistischen George Brock Chisholm, dem
erste Leiter der Weltgesundheitsorganisation:
„Um die Weltregierung zu erreichen, ist es notwendig, aus den Köpfen der
Menschen ihren Individualismus, ihre Loyalität gegenüber der
Familientradition, den nationalen Patriotismus und religiöse Dogmen zu
entfernen.“
„Es ist seit langem allgemein anerkannt, dass Eltern das vollkommene
Recht haben, über ihre schutzlosen Kinder irgendwelche Ansichten,
Lügen, Ängste, Aberglauben, Vorurteile, Hass oder Glauben zu verhängen,
doch erst vor kurzem (1946) ist es zu einem bestimmten Wissen geworden,
dass diese Dinge Neurosen, Verhaltensstörungen, emotionale
Behinderungen bringen und das Versagen, sich zu einem Zustand
emotionaler Reife zu entwickeln, der zu einem Bürger einer Demokratie
passt.“
„Die Re-Interpretation und schließlich die Beseitigung des Konzepts von
Recht und Unrecht, das die Grundlage der Kinderschulung war, die
Ersetzung eines intelligenten und rationalen Denkens statt des Glaubens an
die Gewissheiten der alten Menschen, das sind die verspäteten Ziele von
praktisch allen wirksamen Psychotherapien.“
Das verborgene Geheimnis hinter dem Kommunismus ist, dass Wall-
Street-Banker maßgeblich daran beteiligt waren, ihn zu schaffen. Es ist
deutlich, wie jeder große Krieg in den vergangenen 250 Jahren bewusst
von den Geldverleihern bewilligt, finanziert und ausgenutzt wurde. So
schockierend es auch klingen mag, dazu gehört auch die amerikanische
Revolution, die Amerika zur Welt brachte.
Man kann lesen, wie die amerikanische Revolution von der gleichen
internationalen Gruppe geplant und vorbereitet wurde, die die englischen
und französischen Revolutionen inszenierten; und wie die internationalen
Finanziers die Kontrolle über die amerikanische Wirtschaft erhielten. Du
wirst die Wahrheit nie in einem öffentlichen Klassenzimmer hören.
Der ultimative Zweck dieses Angriffs auf den Nationalismus ist es,
nationale Grenzen zu zerreißen, damit sie durch eine grenzenlose Welt
ersetzt werden können, eine Weltregierung.
Die Anhänger des New Age, die Humanisten, die Kommunisten, die
Freimaurer wollen eine einzige Weltregierung. Sie sind zuversichtlich,
dass ihr Ziel bald erreicht werden wird, weil sie die Bedingungen schaffen,
die die Menschen dazu bewegen, die Weltregierung zu übernehmen, wenn
sie angeboten wird.
Die Familien-Einheit; das Recht auf Privatbesitz; die nationalen Grenzen;
das Recht, an einen Schöpfergott zu glauben; es werden diese
Überzeugungen alle zerstört, weil die Welt eine von den Planern der
Geheimgesellschaften und der neuen religiösen Gruppen unterstützte
Weltregierung erhalten soll.
Ein ehrlicher Mann ärgert sich, wenn er weiß, dass jemand versucht, sein
Denken durch unterschwellige Botschaften zu beeinflussen. Ich sehe nicht
viel Fernsehen aus diesem Hauptgrund, weil die Menge des Teufels
unermüdlich versucht, unser Denken zu ändern (das heißt es gibt eine
sündige Agenda hinter den meisten der heutigen TV-Programmen). Halte
es nicht nur fürv Zufall, dass ABC, im Besitz der gottlosen Walt-Disney-
Corporation, das Motto wählte: „Eine neue Familie“. Dies ist offene
Unterstützung für Homosexualität, und es ist widerlich. Erstens gibt es
nichts Neues über die Sünde der Homosexualität. Zweitens, zweier
Lesben-Liebhaberinnen Kindererziehung kann nicht als eine Familie von
biblischen Standards gelten. Diese armen Kinder!
Die Amerikaner sind über einen moralischen Wasserfall gestürzt, und das
kommt alles wegen der kommunistischen Subversiven der Rock-Musik,
der feministischen Bewegung, der homosexuellen Bewegung. Die 60
Millionen Abtreibungen in den USA waren das Ergebnis von Hurerei, die
der Lebensstil der Rock-Musik ist. Auch die feministische Philosophie ist
schuld. Amerika ist vorbei an dem Punkt des moralischen Verfalls, wir
erleben jetzt das moralische Rot der Vereinigten Staaten, und es stinkt zu
des Himmels Perlen-Toren!
Die sündige Welt bietet uns die neonbeleuchteten Straßen von Sin City,
und die überlebensgroße Erregung von Hollywood; aber Satan weiß, dass
dies alles Sackgassen sind, die die Menschen von Jesus Christus
wegführen. Die Welt heute scheint den jungen Leute sehr viel durch
säkulare Musik, fleischliche Philosophien und sündige Freuden
anzubieten; aber 1. Johannes 2, 15-17 warnt uns, dass dieses Leben bald
vergehen wird, und alles, worauf es ankommt, ist, ob wir dem Evangelium
gehorchen oder nicht.
Wir leben heute in gefährlichen Zeiten, genau wie der 2. Timotheus 3,1-5
vorhergesagt hat. Es ist jetzt Anfang des dritten Jahrtausends und die Welt
ist ein riesiges, irrsinniges Asyl. Amerikas Teenager stehen unter boshaften
dämonischen Angriffen jeder Form von unmoralischem Müll. Siehe Katy
Perrys Songs Rock-God und Tennage-dream; und ihre schmutzige
Unzucht; und ihr Lob des lesbischen Lebensstils.
Katy Perry kaufte ein 3-Millionen-Penthouse in New York. Sie ist reich
geworden, indem sie von einer Gospel-Sängerin zu einer lesbischen Hure
ward! Katy Perry ist ein übler Sie-Teufel. Sie lästert Gott im Lied Rock-
God. Kate Perry lädt Männer ein, ihre Hände in ihre enge Hose zu stecken
in ihrem Lied Teenage-dream. Das Album ist mit Baumwoll-Zucker-Duft
beschichtet; aber es sollte wie Abwasser riechen und Maden haben, die aus
dem Album heraus fallen, weil es geistige Fäulnis ist. Gott helfe unseren
Jugendlichen in Amerika! Gott, hilf uns!
ACDC hat über 50 Millionen Alben ihres Back-in-Black-Albums allein in
den USA verkauft (mit den blasphemischen Liedern Hell's Bells und
Highway to hell).
Diese ganze Nation ist über das Kuckucksnest geflogen! Die USA sind
psychisch krank. Marylyn Manson ist ein totaler Fruchtkuchen. Im Inneren
der Manson Antichrist Superstar CD zeigt er Bandmitglieder, die trinken
Mansons Urin durch Röhren an seinem Schritt befestigt. Die Amerikaner
haben über zehntausend Alben von Marilyn Manson gekauft, einem
entarteten, gottverdammten Freak, der im Konzert heilige Bibeln zerreißt,
Hemden verkauft, die "Töte deine Eltern" sagen, und sich als "Antichrist"
bezeichnet. Marilyn Manson ist vom Teufel.
Gott wird solche Bosheit nicht segnen! Schau, wie weit wir in den
Vereinigten Staaten dem geistigen Abgrund nahe gekommen sind.
Die Kommunisten selbst wurden von den Nazis verfolgt, doch nachdem
sie in der sowjetischen Besatzungszone Ostdeutschlands politische Macht
erlangt hatten, begannen sie, die Katholiken zu verfolgen, weil die
Katholiken 1945 eine der starken nichtkommunistischen Parteien schufen.
Mit der Zerstörung der Berliner Mauer, die Teil des Eisernen Vorhangs
war, und mit dem Fall der Sowjetunion, ist der Kommunismus heute in der
Krise. Ich konzentriere mich auf die kommunistische Verfolgung der
Katholiken nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich werde diskutieren.die
katholischen Aktivitäten und erlebte Diskriminierung und wie sie ums
Überleben kämpften gegen den Aufstieg des Kommunismus in
Ostdeutschland
Während des neunzehnten Jahrhunderts kommunizierten der
Kommunismus und der Sozialismus gemeinsame Ideen. Erst nach der
bolschewistischen Revolution in Rußland im Jahre 1917 begann sich der
Kommunismus deutlich vom Sozialismus zu unterscheiden. Lenins Ziel
war die Abschaffung des Privateigentums und die Ersetzung des
Wettbewerbsmarktsystems durch eine staatliche Kontrolle der Wirtschaft.
Nach 1945 führte Stalin den Kommunismus in die DDR ein. Er glaubte im
Grunde an eine nicht wettbewerbsfähige Gesellschaft. Er glaubte, dass die
Sehnsucht die Menschen dazu veranlaßt, die bestehenden sozialen
Strukturen zu verändern, und ein solcher Gedanke sei unnötig, um eine
vernünftige Gesellschaft zu schaffen. Die Kommunisten nannten dies den
dialektischen Materialismus und glaubten, dass diese Idee in die
katholischen Lehren einbezogen werden würde. Erstens wurde
angenommen, dass dieser Materialismus Eigentum, Produktion und
Hierarchie entwickeln würde. Der Kommunismus glaubte nicht an die
Existenz der sozialen Hierarchie. Zweitens vernachlässigte der
Kommunismus das Grundmaterial des Lebens. Die Christen glaubten, dass
die Materie eine sakramentale Bedeutung habe. Sie glaubten, dass Körper
(Brot und Wein) und Geist (Gott) eng miteinander verwandt waren.
Die Kommunisten dachten, dass Religion sei ein vorwissenschaftlicher
Aberglaube, eine Unterstützung für die soziale Reaktion und dass sie keine
Funktion mehr hätte, sobald die kommunistische Gesellschaft vollständig
gegründet würde. In den kommunistischen Augen bedeutete die glaubende
Gemeinschaft eine veraltete soziale und ideologische Ordnung, die
militärisch bekämpft werden musste, um die neue Gesellschaft
aufzubauen. Sie glaubten, dass die Religion selbst ein Menschentum sei,
aus dem Bösen der bestehenden sozialen Systeme stammend. Die
Kommunisten glaubten, dass geistige Abhängigkeit wäre in ihrer Welt
unnötig, wo ein physischer Führer die Kontrolle über die Gesellschaft
übernehmen wird.
Die Potsdamer Konferenz fand im Jahr 1945 statt. Dieser amerikanisch-
britisch-sowjetische Gipfel vereinbarte die Verwaltung Deutschlands als
eine wirtschaftliche Einheit durch der vier Alliierten Kontrollrat.
Westdeutschland wurde in drei Zonen unterteilt, die jeweils von den
Briten, den Franzosen und den Vereinigten Staaten regiert wurden. Das
ganze östliche Deutschland war unter der Herrschaft der Sowjets. Die vier
getrennten Zonen sollten nach demokratischen Prinzipien regiert werden,
obwohl die Verbündeten erst spät erkannten, dass die Sowjets eine völlig
andere Deutung der Demokratie hatten.
Am 10. Juni 1945 gestattete die UdSSR die Bildung von politischen
Parteien in ihrer Zone, beginnend mit der Kommunistischen Partei. Vier
große Parteien wurden vor der ersten Wahl gebildet: die KPD, die SPD, die
CDU und die Liberaldemokratische Partei LPD. Im April 1946 war eine
wichtige politische Bewegung die Vereinigung der Kommunistischen
Partei und der SPD zur Regierungspartei der Deutschen Demokratischen
Republik unter der Kontrolle Russlands. Die DDR belastete viele religiöse
Gruppen. Die größte und einflussreichste Widerstandsgruppe der DDR war
die Evangelische Kirche. Die kleinere, weniger einflussreiche Gruppe war
die römisch-katholische Kirche. Die Bevölkerung der Katholiken war nur
zwei Millionen von 17 Millionen Menschen in Ostdeutschland.
Die Potsdamer Konferenz befahl den Deutschen, die in Polen, Ungarn und
der Tschechoslowakei wohnten, in das neue Deutschland und ein viel
kleineres deutsches Gebiet zurückzukehren. Dies brachte viele religiöse
Gruppen in die Krise, und religiöse Praktiken wurden schwierig. Die
meisten deutschen Katholiken lebten im Westen und Süden des Reiches,
obwohl die Teilung Deutschlands zu einem fast völlig protestantischen
Land führte.
Der Kirchenkampf hatte bereits im Dritten Reich, im Nazi-Regime
begonnen, die deutschen Klöster aufzulösen. Die Höhe des
Klosterkampfes war im Mai 1941. Die katholische Kirche darf niemals die
Führung des Volkes beeinflussen, sie muss endgültig gebrochen werden!
Zeremonien, wie Gedenkfeiern, wurden inszeniert, um den Einfluss der
Kirche zu verringern. Hitler befahl auch, die Einnahmen der Kirche
dramatisch zu senken. Im Juni beschlagnahmte er mehr als hundert
religiöse Häuser. Er erklärte, dass diese beschlagnahmten Grundstücke für
eine große Zahl von in das Reich zurückkehrenden Volksdeutschen
geeignet seien.
Eine ähnliche Behandlung wurde den katholischen Kirchen in
Ostdeutschland angetan. Zuerst gegen die Nazis, stand die Kirche nun vor
einem neuen Problem gegen die Kommunisten. Sobald die Ostzone
gegründet wurde, begannen sie eine aktive katholische Intervention. Die
Regierung der Ostzone begann im Mai 1946 direkt gegen die Kirche zu
agieren. Man führte die Freie Deutsche Jugend und die Jungen Pioniere
ein. Diese Organisationen sollen Kinder vom Zuhause und den Eltern
abbringen. Ihr Ziel war es, die Kinder glauben zu lassen, dass Religion in
ihrem Leben unnötig sei. Gemeinsam mit der katholischen Kirche
widerstand die evangelische Kirche der Initiierung der
Jugendorganisationen. Viele dieser Jugendorganisationstreffen fanden statt,
so dass sie sich mit den katholischen Zeremonien und Versammlungen
überschnitten. Personen, die nicht an den von den Kommunisten
geförderten Treffen teilnahmen, wurden stark diskriminiert. Es wurde
schwieriger und härter für die Menschen, an den kirchlichen Zeremonien
teilzunehmen, die sich mit den kommunistischen Jugendversammlungen
überschnitten.
Wie die Minister während der NS-Herrschaft taten, informierten sie die
Regierung über diese intensiven Situationen zwischen der Kirche und den
Kommunisten. Obwohl die Situationen weit ernster wurden und der
Öffentlichkeit zugänglich waren, schrieb Kardinal von Preysing einen
Brief an den Vizepräsidenten des Ministerrates, der die diskriminierende
Behandlung der katholischen Kirche erklärte, als der katholische Bischof
von Berlin. Die Antwort besagte: Religionsfreiheit und Gewissensfreiheit
existierten in Wirklichkeit nicht, und die Ausübung der Religion wurde in
jeder erdenklichen Weise behindert.
Im Mai 1946 wurde ein Gesetz erlassen, das andere Bildungsinstitutionen
als die des Staates verbot. Die russische Sprache wurde zum
Pflichtgegenstand, und ab 1951 war auch das Studium des Marxismus-
Leninismus obligatorisch. Dann befahl die Jugendorganisation,
antichristlichen Lehren zu folgen. Es war nicht gestattet, dass Kinder und
Jugendliche den Jungen Pionieren und der Freien Deutschen Jugend nicht
beitreten. Im Jahre 1949 musste die katholische Kirche ihre Treffen
frühzeitig der Regierung bekannt geben. Die Regierung setzte dann ihre
Sitzungen so ein, dass sie mit den Kirchentreffen zusammenfielen.
Am 1. Juli 1949 schrieb der Kardinal von Berlin: „Alle Versuche, die
Religion auf Gottesdienste in Gebäuden zu beschränken, sollten aufhören,
und Christen sollte das uneingeschränkte Recht gegeben werden,
insbesondere im Hinblick auf die Arbeit von Jugendorganisationen,
karitativen und religiösen Werken.“ Der Vizepräsident hat nicht auf des
Kardinals Versuch gehört. Er versuchte, die Presse- und Redefreiheit der
katholischen Gemeinschaft zu verringern.
Er beraubte alle Zeitschriften und Argumente der Kirche, die außerhalb
von Ostdeutschland verteilt wurden. Er hielt auch jede katholische Lehre
und Literatur fern vom Eintritt in Ostdeutschland. Die Regierung machte
es aber dem Bischof unmöglich, außerhalb Berlins zu reisen, um
Menschen sowohl im östlichen wie auch im westlichen Teil Deutschlands
zu treffen.
Die antireligiöse Kampagne begann in vielen Gebieten Ostdeutschlands.
Der Präsident der Jungen Pioniere sagte: „Es besteht kein Zweifel daran,
dass die kirchlichen Würdenträger also gegen das nationale Interesse der
Menschen kämpfen und sie in die Richtung neuer Kriege drängen.“ Die
katholische Kirche kämpfte um die Deutschen, dass sie sich für Gott
interessieren, dass sie die wahre Natur des Christentums kennen, und nicht
um gegen das bestehende politische System vorzugehen.
Im Jahr 1953 hatte die Regierung aufgehört, Steuern für die Kirche zu
sammeln. Die Kirche war für das Sammeln aller für ihre Tätigkeit
notwendigen Mittel selbst zuständig. Katholische Gebäude wurden ständig
von der Regierung, einschließlich des Krankenhauses, des Waisenhauses
und des Kindergartens, beschlagnahmt. Die Pressefreiheit stand unter der
Kontrolle der Regierung. Papiere wurden einbehalten, um sie nicht zu
veröffentlichen, die Zirkulation musste stark reduziert werden.
Die Situation schien sich am 17. Juni 1953 zu erholen, als eine
Vereinbarung erzielt wurde, um einige Beschränkungen für religiöse
Anweisungen, Hilfe für Kranke und Gefangene und die Pressefreiheit zu
verringern. Da die Regierung bereits 1955 wieder zu ihrer ursprünglichen
Politik zurückkehrte, wurde der Druck auf verschiedene Gruppen erhöht,
um die neue Regel zu unterstützen. Am 6. März protestierte der Bischof
von Berlin mit dem Tod des Kardinals gegen den Druck und die
Schmerzen der Menschen, die der Regierung nicht widerstehen konnten.
Christliche Kinder konnten keine Prüfungen machen und Eltern wurden
entlassen, wenn sie nicht der kommunistischen Herrschaft gehorchten. Die
Regierung behinderte diese Rede nicht. Sie waren nun wirklich bereit, die
Kirche durch die beiden Jugendorganisationen anzugreifen.
Obwohl die katholische Kirche im Vergleich zu der evangelischen Kirche
in der ostdeutschen Gesellschaft kleiner und weniger stark war, zeigte sie
große Anstrengungen und Konsequenzen, um ihre Gemeinschaft von der
Verfolgung der ostdeutschen Regierung fernzuhalten. In den späteren
Jahren bemerkte die ostdeutsche katholische Kirche allmählich die
Notwendigkeit, gute Konditionen mit der Regierung zu haben, um weitere
Konflikte zu vermeiden.
Der Identitätskampf der Religionsgemeinschaften war schon immer
entscheidend und manchmal tödlich. Obwohl ihr starker Glaube sie
zusammenbindet, um der Verfolgung der Regierung gegen ihre Religion zu
begegnen, war das Leben für sie nicht einfach.
SIEBENTES KAPITEL
GESCHICHTE MASURENS
Buch I
Buch II
Buch III
Buch IV
Buch V
Buch VI
Buch VII
Buch VIII
Buch IX
Buch X
Buch XI
Buch XII
Impressum & Datenschutz
Unsere Liebe Frau
ERSTES KAPITEL
DIE HÖLLE
ZWEITES KAPITEL
DAS FEGEFEUER
„Letzte Woche sah ich drei absolut schreckliche Visionen der Hölle. Viele
Heiligen haben auch behauptet, vom Fegefeuer im Zusammenhang mit
mystischen Erfahrungen Visionen gehabt zu haben. Natürlich, persönliche
mystische Erfahrungen verbessern oder vollständigen nicht Christi
endgültige Offenbarung, sondern sollen uns helfen, vollkommener zu
leben, indem sie in einer bestimmten Periode der Geschichte auftreten. So
wie die Visionen der Hölle, lese du diese Geschichten mit einem Körnchen
Salz, um zu sehen, ob sie dir helfen können, die Realität des Fegefeuers
ernster zu nehmen.“
Sankt Maria Faustyna Kowalska war eine polnische Nonne, die eine Reihe
von Visionen hatte, die Jesus, die Eucharistie, die Engel und verschiedene
Heiligen zeigten. Es ist aus ihrer Sicht sicher, dass die Kirche die
Volksfrömmigkeit der Göttlichen Barmherzigkeit empfangen hat. In einem
Eintrag ihres Tagebuchs erzählt sie von einer Vision des Fegefeuers:
„Ich sah meinen Schutzengel, der mir befohlen, ihm zu folgen. In einem
Moment war ich an einem nebligen Ort voller Feuer, an dem eine große
Menge von leidenden Seelen da war. Sie beteten inbrünstig, aber ohne
Erfolg für sich selbst; nur können wir ihnen zu Hilfe kommen. Die
Flammen, die sie brannten, hatten mich überhaupt nicht berührt. Mein
Schutzengel hat mich nicht verlassen, nicht einen Augenblick. Ich fragte
diese Seelen, was ihr größtes Leid war. Sie antworteten mir mit Einer
Stimme, dass ihre größte Qual die Sehnsucht nach Gott sei.
Ich sah Unsere Liebe Frau die Seelen im Fegefeuer besuchen. Die Seelen
nennen sie Stern des Meeres. Sie bringt ihnen Erfrischung. Ich wollte mit
ihnen etwas mehr reden, aber mein Schutzengel winkte mich, sie zu
verlassen. Wir gingen aus diesem Gefängnis des Leidens. Ich hörte eine
innere Stimme, die sagte: Meine Barmherzigkeit will das nicht, sondern
die Gerechtigkeit verlangt es. - Seit dieser Zeit bin ich in enger
Gemeinschaft mit den leidenden Seelen.“
Sankt Katharina von Genua war eine Nonne im 15. Jahrhundert, die sich
um die Kranken kümmerte und damit viel Zeit verbrachte, vor allem mit
denen, die an der Beulenpest erkrankt waren. Sie ist auch bekannt für ihre
mystischen Erfahrungen des Fegefeuers.
„Es kann keine Zunge sagen, noch erklären, kein Geist kann es verstehen,
den Gram im Fegefeuer. Aber ich, wenn ich sehe, dass es im Fegefeuer so
viel Schmerz wie in der Hölle gibt, doch die Seele sehe, die der geringsten
Makel der Unvollkommenheit bewegt, das Fegefeuer zu akzeptieren, wie
ich gesagt habe, als wäre es eine Gnade, und sie hält ihre Schmerzen nicht
für vergleichbar mit dem geringsten Fleck, die eine Seele in ihrer Liebe
behindert.
Ich scheine zu sehen, dass der Schmerz, den die Seelen im Fegefeuer
ertragen, da ist, weil in ihnen das ist, was Gott mißfällt, was sie gegen
seine große Güte absichtlich getan haben, der Schmerz ist größer als alle
anderen Schmerzen, die sie im Fegefeuer fühlen. Und das liegt daran, dass
sie in der Gnade zu sein, in der Wahrheit, und den Gram der Behinderung
sehen, der bei ihnen bleibt, um sie in die Nähe Gottes zu ziehen.“
Sankt Lidwina von Schiedam war ein holländische Heilige und Mystiker
aus dem 15. Jahrhundert. Als Jugendliche hatte sie einen Eislauf-Unfall,
der sie für den Rest ihres Lebens geschwächt. Ein sündiger Mensch wurde
durch ihr Gebet und ihre Ermahnung umgewandelt und konnte eine gutes
Beichte ablegen, aber er starb bald danach und war nicht in der Lage, viele
Bußwerke zu tun. Nach einiger Zeit fragte sie ihren Schutzengel, ob er
noch im Fegefeuer wäre, und sie hatte diese Vision:
„Er ist da, sagte ihr Engel, und er leidet sehr. Wärst du bereit, einige
Schmerzen zu ertragen, um seine Schmerzen zu verringern? - Sicher,
antwortete sie, ich bin bereit, alles zu leiden, um ihm zu helfen.- Sofort
führte sie ihr Engel an einen Ort der schrecklichen Folter. Ist das denn der
Weg zum Teufel, mein Bruder? fragte die heilige Jungfrau, vom Schrecken
ergriffen. Nein, Schwester, antwortete der Engel, aber dieser Teil des
Fegefeuers grenzt an die Hölle.
Auf der Suche sah sie auf allen Seiten, was einem immensen Gefängnis
mit Wänden von erstaunlicher Höhe glich, die Schwärze darin, zusammen
mit monströsen Steinen, erfüllte sie dies mit Entsetzen. Sich annähernd an
dieses düstere Gehäuse, hörte sie einen verwirrten Lärm klagender
Stimmen, Schreie der Wut, sie sah Ketten, Folterinstrumente, heftige
Schläge entluden die Henker auf ihre Opfer. Dieses Geräusch war so groß,
dass der ganze Tumult der Welt in Sturm oder Schlacht kein Vergleich
damit war. Was ist denn dies für ein schrecklicher Ort? fragte Sankt
Lidwina ihren Engel. - Wünschst du, dass ich ihn dir zeige? - Nein, ich
bitte dich, sagte sie, vom Schrecken zitternd, das Geräusch höre ich so
schrecklich, dass ich es nicht mehr ertragen kann; wie dann könnte ich den
Anblick dieser Schrecken ertragen?
Ihren geheimnisvollen Weg fortsetzend, sah sie einen Engel traurig auf den
Bordstein sitzen. Wer ist dieser Engel? fragte sie ihrer Führer. Es ist,
antwortete er, der Engel-Wächter des Sünders, an dessen Schicksal du
interessiert bist. Seine Seele ist an diesem Ort, wo er ein besonderes
Fegefeuer hat - Bei diesen Worten warf Lidwina einen fragenden Blick auf
ihren Engel. sie wünschte, die Seele zu sehen, die ihr so lieb war, und die
sie aus dieser furchtbaren Grube zu befreien sich bemühte. Ihr Engel hatte
sie verstanden, und nachdem er den Deckel vom Brunnen genommen, kam
eine Wolke aus Flammen zusammen mit klagenden Schreien heraus. Hast
du diese Stimme erkennen können? sagte der Engel zu ihr. Ach ja,
antwortete die Dienerin Gottes. "Hast du Lust, diese Seele zu sehen? fuhr
er fort. Sie sagte Ja, da rief er ihn mit seinem Namen; und sofort sah
unsere Jungfrau an der Mündung der Grube einen Geist ganz im Feuer
erscheinen, glühendem Metall ähnlich, der in einer kaum hörbaren Stimme
zu ihr sagte: O Lidwina, Dienerin Gottes, wird mir geben zu beschauen das
Antlitz des Höchsten?
Der Anblick dieser Seele, ein Opfer der schlimmsten Qualen des Feuers,
gab unserer Heiligen einen solchen Schock, dass das Gewand, das sie um
ihren Körper trug, entzwei riss; und sie war nicht mehr in der Lage, den
Anblick zu ertragen, da erwachte sie plötzlich aus ihrer Ekstase. Die
Anwesenden empfanden ihre Angst und fragten sie nach deren Ursache.
Ach, antwortete sie, wie schrecklich sind die Gefängnisse des Fegefeuers!
Es war, um den Seelen zu helfen, dass ich dorthin herabzusteigen
zugestimmt. Ohne dieses Motiv, und wenn die ganze Welt mir gegeben
würde, würde ich den Schrecken nicht erfahren wollen, der das
schreckliche Schauspiel inspiriert.
Einige Tage später erschien der gleiche Engel, den sie so niedergeschlagen
gesehen hatte, ihr mit einem freudigen Gesicht; er sagte ihr, dass die Seele
ihres Schützlings die Grube verlassen hatte und in das normale Fegefeuer
übergegangen sei. Diese partielle Linderung reichte nicht der Liebe
Lidwinas; sie betete weiterhin für die Arme Seele und ihr die Verdienste
ihrer Leiden zuwandte, bis sie die Tore des Himmels geöffnet sah für sie.“
Bete der heiligen Gertrud Gebet, dass unser Herr ihr gab, er sagte, es
würde tausend Seelen aus dem Fegefeuer befreien jedes Mal, wenn es
gesagt wird.
„Ewiger Vater, ich opfre dir das kostbarste Blut deines göttlichen Sohnes
Jesus, in der Vereinigung mit den Massen auf der ganzen Welt, für alle
heiligen Seelen im Fegefeuer, für die Sünder überall, für die Sünder in der
universalen Kirche, die in meinem eigenen Haus und innerhalb meiner
Familie. Amen.“
Das Purgatorium ist solch eine erstaunliche Gnade. Stell dir vor, wenn wir
nicht in einem Zustand der Gnade lebten und die einzige Option war die
Hölle! Gott sei Dank für seine Gnade, uns diesen Ort der Reinigung
bereitzustellen.
„In Todsünde zu sterben, ohne Buße zu tun und zu akzeptieren die
barmherzige Liebe Gottes, bedeutet, von ihm für immer durch eigene freie
Wahl getrennt zu bleiben.“
„Alle, die in Gottes Gnade und Freundschaft sterben, aber noch
unvollständig gereinigt sind, sind in der Tat von ihres ewigen Heils
versichert, aber nach dem Tod werden sie einer Reinigung unterzogen, um
so die Heiligkeit zu erlangen, die notwendig ist, um die Freuden des
Himmels zu betreten.“
Nach den Erfahrungen der Seher von Medjugorje mit dem Purgatorium
wurde die Verantwortung, für die Seelen im Fegefeuer zu beten, in ihren
Herzen sehr stark. Unsere Liebe Frau zeigte ihnen, wie sehr die Seelen im
Fegefeuer leiden und wie viel sie von unseren Gebeten abhängen. Hier
findest du die Beschreibung des Fegefeuers.
Vicka war tief bestürzt von dem, was sie im Fegefeuer erlebt. Sie sah die
Leiden der Seelen im Fegefeuer, die abgewiesen wurden, die niemanden
hatten, um für sie zu beten, das ließ sie in großer Angst zurück. Vicka ging
zu Unserer Lieben Frau und fragte sie, ob sie den armen Seelen in
irgendeiner Weise helfen könnte. Unsere Liebe Frau sprach mit Vicka über
die Ernsthaftigkeit dessen, was sie fragte. Unsere Liebe Frau hat Vicka
gesagt, bevor sie ihren Auftrag annehmen würde, müsste sie zu ihrem
geistlichen Begleiter und Beichtvater gehen und mit ihm darüber sprechen.
Der Beichtvater bat Vicka, drei Tage zu fasten, zu beten, damit sie die
Kraft und Ausdauer bekäme, Leiden zu akzeptieren, die sie haben könnte,
und diese aufzuopfern für die armen, leidenden Seelen im Fegefeuer, um
ihnen zu helfen. Nach dem Gebet und Fasten für drei Tage gab der
Beichtvater Vicka die Erlaubnis, für die leidenden Seelen zu opfern. Fast
unmittelbar nachdem Vicka zu Unserer Lieben Frau darüber gesprochen,
wurde sie von einem Hirntumor befallen, mit starken Schmerzen, sie war
in tiefes Koma gefallen, das Stunden dauerte. Vicka akzeptierte diese
Krankheit und litt mit großer Freude, wohl wissend, dass sie den Seelen im
Fegefeuer half, die so sehr brauchen unsere Gebete, um in den Himmel zu
kommen. Eine Dokumentation, mehrere medizinische Untersuchungen,
Röntgenstrahlen zeigten einen eindeutigen Beweis von einer inoperablen
Gehirn-Zyste. Nichts könnte getan werden. Vicka wollte nicht einmal zu
den Ärzten zu gehen. An einem Punkt wollten Ärzte sie für weitere
Untersuchungen im Krankenhaus in Zagreb haben, um zu sehen, ob etwas
getan werden könnte. Vicka wollte nicht gehen und ging nur, als Jakov
Unsere Liebe Frau gefragt, ob sie gehen sollte. Unsere Liebe Frau sagte:
„Es ist notwendig, Vicka nach Zagreb zu schicken.“
Dies beliefen sich auf mehr auf Untersuchungen und unwiderlegbare
Beweise für eine Erkrankung, die nicht geheilt werden konnte, eine
Gehirn-Zyste in einem Teil ihres Gehirns, die sie töten würde, wenn sie
versuchten, sie zu entfernen.
Das Leiden nahm sie fastend an, es war so lähmend, dass die Madonna ihr
schließlich ein Datum nannte, an dem sie von dem wunderbaren Leiden
geheilt werden würde durch ein Wunder für die Seelen im Fegefeuer.
Unsere Liebe Frau gab das genaue Datum ihrer Heilung 6 Monate vorher,
bevor es hier geschah. Vickas Beschreibung des Fegefeuers... Nach der
Lektüre werdet ihr verstehen, warum sie fast getötet wurde und ging durch
immense, schreckliche Leiden für die Seelen im Fegefeuer. Die Härte ihres
Leidens war so heftig, dass die Madonna den Schmerz für einen 40-Tage-
Zeitraum von ihr nahm. Dieser Zeitraum war jedoch ein schwieriges Leid
für Vicka, da sie keine Erscheinungen für den gesamten Zeitraum hatte. Es
scheint, dass Unsere Liebe Frau wusste, dass die Schwere von Vickas
Leiden einen Aufschub erforderlich machte. Aber nach den 40 Tagen sah
Vicka die Erscheinungen wieder, sie hat gebetet und sehnte sich, die
Leiden und Schmerzen wieder mit den Erscheinungen zu akzeptieren.
Unsere Liebe Frau stellte Vicka vor diese Wahl.
Seit einigen Jahren hatte die Visionärin Vicka an einer inoperablen Gehirn-
Zyste gelitten, die ihre schreckliche Kopfschmerzen verursachte. Im
Verlauf ihrer Krankheit ist ihr einmal erschienen Unsere Liebe Frau, auf
dem Weg ins Krankenhaus in Zagreb, da hat sie ihr angeboten zwei
Möglichkeiten, sie sagte:
„Ich gebe dir Gesundheit ohne Erscheinungen oder ich werde dir ein
Kreuz mit Erscheinungen geben.“
Weil sie so ungeheuer gelitten hatte, wählte sie die Gesundheit, aber später
bereute sie das. Nach vierzig Tagen ohne Erscheinungen erschien die
Gottesmutter ihr und machte ihr das Angebot noch einmal. Sie nahm
freudig Kreuz zurück.
Vicka sagt, es ist eine Freude für diese Seelen im Fegefeuer zu leiden.
„Das Purgatorium ist ein endloser Raum von aschener Farbe. Es war
ziemlich dunkel. Ich konnte fühlen, wie Menschen würgen und leiden dort.
Die Gottesmutter sagte uns, wir sollten für die Seelen im Fegefeuer beten.
Sie sagte, nur unsere Gebete und Opfer können sie von diesem Ort erlösen.
Die Menschen dort sind hilflos. Sie leiden wirklich. Wir können ein
bisschen wie Jesus sein, wenn wir nur für die Seelen im Purgatorium eine
freiwillige Buße tun, vor allem für diejenigen, die von ihren Familien auf
der Erde verlassen werden. Ich bin mir ihrer Leiden bewusst. Ich weiß,
dass einige großen Qual leiden. Ich weiß, wie verzweifelt sie unsere
Gebete brauchen. Sie sind so einsam, dass es fast unerträglich ist, mich an
jene Momente, die ich dort war, zu erinnern. Es ist wirklich eine große
Freude, Buße für die armen Seelen zu tun, weil ich weiß, wie viel es ihnen
hilft. Und viele unserer Familienmitglieder, die dringend unsere Gebete
brauchen, sind gestorben. Die Gottesmutter sagt, wir müssen für sie mutig
beten, damit sie in den Himmel kommen können. Sie sind machtlos, sich
selbst zu helfen.“
Mirjanas Beschreibung des Fegefeuers:
„Es gibt mehrere Ebenen im Fegefeuer. Je mehr du betest auf der Erde,
desto höher ist dein Niveau im Fegefeuer. Die unterste Ebene ist in der
Nähe der Hölle, wo das Leiden am intensivsten ist. Die höchste Stufe ist
die am nächsten dem Himmel, und dort ist das Leiden am geringsten.
Welche Ebene du einnimmst, ist abhängig vom Zustand der Reinheit der
Seele. Je niedriger die Menschen im Fegefeuer auf sind, desto weniger
können sie beten und je mehr leiden sie. Je höher die Stufe einer Person im
Fegefeuer ist, desto einfacher ist es für sie zu beten, desto mehr genießt sie
das Beten und je weniger leidet sie. Die Gottesmutter hat uns gebeten, für
die Seelen im Fegefeuer zu beten. Sie sind hilflos, selbst zu beten. Durch
das Gebet können wir auf der Erde viel tun, ihnen zu helfen. Die
Gottesmutter hat mir gesagt, dass, wenn Seelen das Fegefeuer verlassen
und in den Himmel kommen - die meisten gehen am Weihnachtstag.“
„Viele Leute waren da. Sie litten enorm. Sie waren normale Menschen,
aller Arten. Es gab viele körperliche Leiden. Ich konnte die Leute sehen,
Schüttelfrost, Zittern, und sie wanden sich vor Schmerzen. Ich war an
diesem Ort für eine kurze Zeit. Die Gottesmutter war mit mir während der
Vision. Sie erklärte mir, dass sie wollte, dass ich das Fegefeuer sehe. Sie
sagte, so viele Menschen auf der Erde wissen heute nicht einmal etwas
über das Fegefeuer. Ich konnte sie nicht hören. Ich sah sie nur. Die
Gottesmutter sagte, so viele Menschen, die sterben, sind ganz von ihren
Lieben verlassen. Sie können sich nicht im Fegefeuer helfen. Sie sind
völlig abhängig von den Gebeten und Opfern der großzügigen Menschen
auf der Erde, die sich an sie erinnern. Die Gottesmutter hofft, dass ihre
eigenen Kinder die Seelen im Fegefeuer durch Gebet und Fasten und
verschiedene Bußen für die armen Seelen helfen werden,
Wiedergutmachung für sie zu leisten. Diejenigen, die gestorben sind,
haben nicht mehr den freien Willen, wie sie auf der Erde hatten. Sie haben
nicht mehr einen Körper. Es ist nicht mehr möglich, dass sie die Dinge
machen, die sie taten, als sie ihren Körper hatten, der verletzt und
geschädigt sich selbst und andere. Am 24. Juli 1982 sagte die
Gottesmutter: Wir gehen zum Himmel in vollem Bewusstsein der
Trennung von Körper und Seele. Es ist falsch, Menschen zu lehren, dass
wir viele Male wiedergeboren werden und dass wir passieren verschiedene
Einkörperungen. Man ist nur einmal geboren. Der Körper, aus der Erde
gezogen, zersetzt sich nach dem Tod. Es kommt nie wieder zurück ins
Leben. Man erhält einen verklärten Leib. Wer sehr viel Böses in seinem
Leben getan hat, kann direkt in den Himmel gehen, wenn er beichtet,
wirklich traurig ist über das, was er getan hat, und empfängt am Ende
seines Lebens die Kommunion... So sagte die Gottesmutter, dass die
Seelen im Fegefeuer ihre Geliebten sehen, diejenigen in jenen Momenten,
in denen wir für sie mit ihrem Namen beten.“
Ivanka wurde gefragt, warum die Gottesmutter ihr Himmel und Fegefeuer
zeigte:
„Sie will ihre Kinder über die Ergebnisse ihrer Entscheidungen hier auf der
Erde erinnern.“
Marija, in mehreren Interviews, beschreibt das Purgatorium:
Das Purgatorium ist ein großer Platz. Es ist neblig. Es ist grau. Es ist
neblig. Du kannst nicht die Menschen dort sehen. Es ist, als ob sie in tiefen
Wolken eingetaucht sind. Du kannst das Gefühl haben, dass die Menschen
im Nebel unterwegs sind, um einander zu treffen. Sie können für uns
beten, aber nicht für sich selbst. Sie sind brauchen dringend unsere Gebete.
Die Gottesmutter bittet uns, für die armen Seelen im Fegefeuer zu beten,
weil sie im Laufe ihres Lebens hier einen Moment hatten, da sie dachten,
dass es keinen Gott gäbe, dann erkannten sie ihn, dann gingen sie ins
Fegefeuer, wo sie sahen, dass es einen Gott gibt, und jetzt sind sie dort und
brauchen unsere Gebete. Mit unseren Gebeten können wir sie in den
Himmel schicken. Das größte Leid, das die Seelen im Fegefeuer haben, ist,
dass sie sehen, dass es einen Gott gibt, aber sie haben ihn nicht hier auf der
Erde angenommen. Jetzt sind sie lange hier, so viel leidend, um nahe zu
kommen Gott. Jetzt leiden sie so intensiv, weil sie erkennen, wie sehr sie
Gott verletzt haben, wie viele Chancen hatten sie auf der Erde, und wie oft
sie außer Acht gelassen haben Gott.“
Ivan spricht sehr wenig über seine Erfahrungen im Sehen von Himmel,
Hölle und Fegefeuer. Wenn er über das Fegefeuer befragt wurde, teilte er
folgendes mit:
„Die Gottesmutter hat mir gesagt, dass diejenigen, die ins Fegefeuer
gehen, diejenigen sind, die wenig beten und nur gelegentlich glauben, dass
sie von Zweifel erfüllt waren, dass sie nicht sicher waren, dass Gott
existiert. Sie wussten nicht, wie sie auf der Erde beten sollten, oder wenn
sie es wussten, dass sie trotzdem nicht beteten. Die Seelen im Fegefeuer
leiden. Wenn niemand für sie betet, leiden sie noch mehr.“
„Ich weiß es, wenn du für mich betest, und es ist das gleiche mit allen
anderen Seelen hier im Fegefeuer. Sehr wenige von uns hier erhalten
Gebete; die meisten von uns sind total verlassen, ohne einen Gedanken
oder Gebete für uns von denen auf der Erde!“ (Botschaft einer Seele im
Fegefeuer.)
Während in dem Bruderhaus an einem Winternachmittag nach einem
heftigen Schneefall er am Kamin an einem Abend im Gastraum saß, im
Gebet versunken, kam ein alter Mann, einen altmodischen Mantel tragend,
wie ihn getragen süditalienische Bauern zu der Zeit, und setzte sich neben
ihn. Im Zusammenhang mit diesem Manne heißt es: „Ich konnte mir nicht
vorstellen, wie er in das Bruderhaus in dieser Zeit der Nacht, da alle Türen
verriegelt waren, kommen konnte, da fragte ich ihn: Wer bist du? Was
willst du?“
Der alte Mann sagte ihm: „Pater Pio, ich bin Pietro di Mauro, der Sohn des
Nicola, der den Spitznamen Precoco führte.“ Er fuhr fort zu sagen: „Ich
bin in diesem Bruderhaus am 18. September 1908 in der Zelle Nummer 4
gestorben, als es noch ein Armenhaus war. In einer Nacht im Bett, als ich
mit einer brennenden Zigarette einschlief, die entzündete die Matratze, und
ich starb, erstickte und verbrannte. Ich bin immer noch im Fegefeuer. Ich
brauche eine heilige Messe, um befreit zu werden. Gott erlaubt, dass ich
dich um Hilfe zu bitten zu dir komme.“
Pater Pio: „Nachdem ich auf ihn gehört, antwortete ich: Ruhe, morgen
sicher werde ich die Messe für deine Befreiung feiern. - Ich stand auf und
begleitete ihn zur Tür des Klosters, so dass er es verlassen konnte. Ich
wusste nicht in diesem Moment, dass die Tür geschlossen war und
zugesperrt. Ich öffnete sie und sagte ihm Lebewohl. Der Mond hat den
Platz beleuchtet, mit Schnee bedeckt. Als ich ihn nicht mehr vor mir sah,
wurde ich von einem Gefühl der Angst überkommen, und ich schloss die
Tür, ging ins Gästezimmer und fühlte mich schwach.“
Ein paar Tage später, Pater Pio sagte diese Geschichte dem Pater Paolino,
und die beiden beschlossen, zum Rathaus zu gehen, wo sie in die
wichtigen Statistiken für das Jahr I908 geschaut und festgestellt, dass am
18. September dieses Jahres ein Pietro i Mauro in der Tat starb an
Verbrennungen und Ersticken in Zimmer Nummer 4 im Bruderhaus,
damals als Heim für Obdachlose verwendet.
Etwa zur gleichen Zeit, sagte Pater Pio, habe Fra Alberto eine anderee
Erscheinung einer Seele aus dem Fegefeuer gehabt, die ebenfalls um die
gleiche Zeit aufgetreten war. Er sagte:
„Eines Abends, als ich im Gebet im Chor der kleinen Kirche
aufgenommen wurde, wurde ich erschüttert und verstört durch das
Geräusch von Schritten, und Kerzen und Blumenvasen wurden auf dem
Hauptaltar bewegt. Denkend, dass jemand da sein musste, rief ich: Wer ist
da?
Niemand antwortete. Zurückkehrend zum Gebet, wurde ich wieder durch
die gleichen Geräusche gestört. In der Tat hatte ich dieses Mal den
Eindruck, dass eine der Kerzen, die vor der Statue Unserer Lieben Frau der
Gnade war, umgefallen war. Um zu sehen, was auf dem Altar geschah,
stand ich auf, ging nahe an das Gitter und sah, im Schatten des Lichts der
Tabernakel-Lampe, einen junger Mitbruder zur etwas Reinigung tun. Ich
schrie: Was tust du in der Dunkelheit? Der kleine Mönch antwortete: Ich
bin hier, um mich zu reinigen.
Du reinigst dich Dunkeln? fragte ich. Wer bist du?
Der kleine Mönch sagte: Ich bin ein Novize, Kapuziner, der hier seine Zeit
des Fegefeuers verbringt. Ich bin hier wegen der Notwendigkeit von
Gebeten. - Und dann verschwand er.“
Pater Pio gab an, dass er sofort für ihn begann zu beten, wie verlangt, und
es ist nicht bekannt, ob er mit dieser Seele weiteren Umgang hatte. In
Bezug auf die Seelen im Fegefeuer allerdings ist es sehr interessant, dass
im späteren Leben Pater Pio einmal sagte: „Wie viele Seelen der Toten
diese Straße kommen zum Kloster wie die Seelen der Lebenden.“ Ohne
Zweifel, viele Seelen aus dem Fegefeuer besuchten Pater Pio und suchten
seine Gebete, Opfer und Leiden, um ihre Freilassung zu erhalten.
Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie das Fegefeuer angeordnet
ist, können wir einen guten Blick darauf von einer Nonne aus Frankreich
erhalten, die am 22. Februar 1871 im Alter von 36 Jahren gestorben war.
Im November 1873 begann sie, in ihrem Kloster aus dem Fegefeuer einer
befreundeten Nonne zu erscheinen:
„Ich kann dir etwas über die verschiedenen Grade des Purgatoriums sagen,
weil ich es bestanden habe. Im großen Fegefeuer gibt es mehrere Stufen.
In der untersten und schmerzhaftesten ist es wie eine temporäre Hölle, und
hier gibt es die Sünder, die schreckliche Verbrechen während des Lebens
begangen haben und deren Tod sie in diesem Zustand überraschte. Es war
fast ein Wunder, dass sie gerettet wurden, und oft durch die Gebete der
heiligen Eltern oder anderer frommen Personen. Manchmal haben sie nicht
einmal Zeit gehabt, um ihre Sünden zu bekennen, und die Welt dachte, sie
seien verloren, aber Gott, dessen Barmherzigkeit unendlich ist, gab ihnen
im Augenblick des Todes die Zerknirschung, die für ihre Rettung war
wegen einer oder mehrerer guter Aktionen, die sie durchgeführt hatten
während des Lebens. Für solche Seelen ist das Purgatorium schrecklich. Es
ist eine wahre Hölle mit dem Unterschied, dass sie in der Hölle Gott
verfluchen, während wir ihn segnen und danken ihm dafür, uns gerettet zu
haben.
Neben diesem kommen die Seelen, die, obwohl sie nicht große Verbrechen
wie die anderen begangen haben, gleichgültig gegenüber Gott waren. Sie
erfüllten nicht ihre Oster-Aufgaben, wurden aber auch an der Stelle des
Todes umgewandelt. Viele von ihnen waren nicht in der Lage, die heilige
Kommunion zu empfangen. Sie sind im Fegefeuer für die langen Jahren
der Gleichgültigkeit. Sie leiden unerhörte Schmerzen und sind verlassen,
entweder ohne Gebete, oder wenn sie für sie gesagt werden, werden sie
nicht von ihnen profitieren. Es gibt in diesem Stadium des Fegefeuers
Mönche und Nonnen, die lau waren, nachlässig in ihren Aufgaben,
gleichgültig gegenüber Jesus, auch Priester, die nicht ausgeübt ihren
heiligen Dienst mit der Verehrung der Souveränen Majestät und die haben
nicht die Liebe Gottes ausreichend den Seelen anvertraut, die ihrer Pflege
anbefohlen waren. Ich war in diesem Stadium des Fegefeuers.
Im zweiten Fegefeuer sind die Seelen derer, die mit lässlichen Sünden
gestorben sind, nicht vollständig vor dem Tod gesühnt oder mit
Todsünden, die vergeben wurden, aber für die sie nicht ganz die göttliche
Gerechtigkeit befriedigt haben. In diesem Teil des Fegefeuers gibt es auch
unterschiedliche Grade nach den Verdiensten jeder Seele.
So ist das Fegefeuer der geweihten Seelen oder von denen, die reichliche
Gnaden erhalten haben, es ist länger und viel schmerzhafter als das von
gewöhnlichen Menschen der Welt.
Schließlich gibt es das Fegefeuer der Begierde, das die Schwelle genannt
wird. Nur sehr wenige entkommen diesem. Um dieses zu vermeiden
insgesamt, muss man sehnlichst den Himmel ersehnen und die Vision
Gottes. Das ist selten, seltener, als man denkt, denn auch fromme
Menschen haben Angst vor Gott und haben daher nicht ein ausreichend
starkes Verlangen, in den Himmel zu kommen. Das Fegefeuer hat seine
sehr schmerzhaften Martyrien. Der Entzug des Anblicks unseres liebenden
Jesus fügt ihnen intensives Leid zu.“
„Große Sünder, die Gott gegenüber gleichgültig waren, und Religiösen, die
waren nicht das, was sie hätten sein sollen, sind in der untersten Stufe des
Fegefeuers. Während sie dort in den untersten Bereichen des Fegefeuers
sind, werden die Gebete für sie nicht auf sie angewendet. Weil sie Gott in
ihrem Leben ignoriert haben, verlässt er nun seinerseits sie und lässt sie
ohne Hilfe der Gebete anderer, damit sie ihr nachlässiges und wertloses
Leben reparieren. Während man auf der Erde ist, kann man sich wirklich
nicht vorstellen, wer Gott wirklich ist, aber wir im Fegefeuer kennen und
verstehen ihn als das, was er ist, weil unsere Seelen von allen Bindungen
befreit wurden, die uns gefesselt und hinderten uns daran, die Heiligkeit
und Majestät Gottes und seiner großen Barmherzigkeit zu realisieren. Wir
sind Märtyrer, verbraucht, wie von der Liebe. Eine unwiderstehliche Kraft
zieht uns zu Gott, der unser Zentrum ist, aber zugleich eine andere Kraft
stößt uns auf unseren Platz der Sühne zurück.
Wir befinden uns im Zustand des Seins, nicht in der Lage, unsere
Sehnsüchte zu befriedigen. Oh, was für ein Leiden das ist, aber wir wollen
es, und es gibt kein Murren gegen Gott hier. Wir wollen nur, was Gott will.
Ihr befindet euch auf der Erde und könnt nicht verstehen, was wir ertragen
müssen. Ich bin sehr erleichtert, wenn ich nicht mehr im Feuer bin. Ich
habe jetzt nur den unersättlichen Wunsch, Gott zu sehen, ein Leiden
grausam genug, in der Tat, aber ich glaube, dass das Ende meiner
Verbannung nahe ist und dass ich bald diesen Ort verlassen werde, wo ich
nach Gott verlange mit ganzem Herzen. Ich weiß, dass es gut ist, ich fühle
mehr, aber ich kann euch den Tag nicht nennen oder die Stunde meiner
Entlassung. Gott allein weiß das. Es kann sein, dass ich noch viele Jahre
der Sehnsucht nach dem Himmel leben werde. Weiter betet; ich werde dich
es euch später zurückzahlen, obwohl ich für euch jetzt sehr viel tun kann
und für euch bete.“
„Warum ist es, dass ich für dich mit weniger Inbrunst bete, als ich für
andere bete, und dass ich es oft vergesse, dass ich dich der Gnade
empfehle?“
„Sorge dich nicht deswegen. Es ist eine Strafe für mich. Auch wenn du
mehr beten solltest, ich werde nicht eher entlastet werden. Gott will es so.
Wenn er möchte, dass du mehr betest, wird er dich inspirieren, dies zu tun.
Ich wiederhole noch einmal, sei nicht um mich besorgt. Du wirst mich nie
sehen in meinem Leiden. Später, wenn deine Seele stärker ist, wirst du
Seelen im Fegefeuer sehen, was sehr schrecklich ist, aber lass dich davon
nicht erschrecken. Gott wird dir dann den nötigen Mut geben und alles,
was du brauchst, seinen heiligen Willen zu erfüllen.“
„Ist das nicht eine Strafe?“
„Nein, sicher nicht, ich bin hier zu meiner Erleichterung und für deine
Heiligung. Wenn du aber ein wenig mehr Aufmerksamkeit dem schenken
möchtest, was ich sage!“
„Das ist wahr, diese Ereignisse sind so außergewöhnlich, dass ich nicht
weiß, was aus ihnen machen soll; es ist keine gewöhnliche Sache, die ich
auf diese Weise höre.“
„Ich verstehe deine Schwierigkeiten, und ich bin mir bewusst, deine
Leiden gehen auf dieses Konto. Allerdings, es sei so, wenn Gott es will,
und es entlastet mich. Wirst du Mitleid mit mir haben oder nicht? Wenn ich
entlassen bin, wirst du sehen, dass ich für dich viel mehr tu, als du jemals
für mich getan hast. Ich bete schon viel für dich.
„Wo ist die Schwester...?“
„Im untersten Fegefeuer, wo sie keinen Nutzen von jemandes Gebeten
erhält. Gott ist oft unzufrieden, wenn man so sagen kann, wenn viele
Religiöse kommen, um zu sterben, weil er diese Seelen zu sich gerufen
hat, dass sie ihm treu auf der Erde dienen sollten und gerade in den
Himmel im Moment des Todes gehen, aber wegen ihrer Untreue müssen
sie lange im Fegefeuer bleiben, weit mehr als die Menschen in der Welt,
die nicht so viele Gnaden gehabt haben.“
„Wir sehen Sankt Michael, als wir die Engel sehen. Er hat keinen Körper.
Er kommt, um die Seelen zu empfangen, die ihre Reinigung beendet
haben. Er ist es, der sie in den Himmel führt. Er gehört zu den Seraphim,
wie Monsignore sagte. Er ist der höchste Engel im Himmel. Unsere
eigenen Schutzengel kommen, um uns zu sehen, aber Sankt Michael ist
viel schöner als sie. Wie die Jungfrau, wir sehen sie im Körper. Sie kommt
an ihren Festtagen ins Fegefeuer, und sie geht zurück in den Himmel mit
vielen Seelen. Während sie mit uns ist, leiden wir nicht. Sankt Michael
begleitet sie. Wenn er allein kommt, leiden wir wie gewohnt. Wenn ich dir
vom großen und vom zweiten Purgatorium spreche, dann um zu
versuchen, dass du verstehst, dass es im Fegefeuer verschiedene Stadien
gibt. So nenne ich dieses Stadium des Fegefeuers groß oder schlimm, wo
die am meisten schuldigen Seelen sind, und wo ich zwei Jahre blieb, ohne
dass ich in der Lage war, ein Zeichen von den Qualen zu geben, die ich litt.
Das Jahr, da du mich stöhnen hörtest, als ich anfing, zu dir zu sprechen, da
war ich immer noch an der gleichen Stelle.
Im zweiten Fegefeuer, das immer noch das Fegefeuer ist, aber sehr
verschieden von dem ersten, leidet man viel, aber weniger als an dem
großen Platz der Sühne. Dann gibt es eine dritte Stufe, die das Fegefeuer
der Begierde ist, wo es kein Feuer gibt. Die Seelen, die nicht den Himmel
inbrünstig genug haben wollen, die Gott nicht genug liebten, gibt es dort.
Es ist dort, wo ich in diesem Moment bin. Ferner gibt in diesen drei Teilen
des Purgatoriums viele Variationsgrade. Nach und nach, wie die Seele
gereinigt wird, werden ihre Leiden verändert.
Du sagst mir manchmal, dass die Perfektionierung einer Seele ein langer
Prozess ist, und du bist auch erstaunt, dass nach so vielen Gebete ich noch
so lange der Augen Gottes beraubt bin. Ach, die Perfektionierung einer
Seele nimmt nicht weniger Zeit im Fegefeuer ein als auf der Erde. Es gibt
eine Reihe von Seelen, aber sie sind nur sehr wenige, die nur ein paar
lässliche Sünden zu sühnen haben. Diese bleiben nicht lange im Fegefeuer.
Ein paar gut gesagte Gebete, einige Opfer werden sie bald retten. Aber
wenn es Seelen wie meine sind, und das sind fast alle, deren Leben war so
leer und die dafür wenig bezahlt oder gar keine Aufmerksamkeit auf ihre
Rettung gewandt haben, dann hat ihr ganzes Leben an diesem Ort der
Sühne begonnen, wieder heilig zu werden. Die Seele hat sich und die
Liebe zu perfektionieren und ihn zu wünschen, den sie nicht in
ausreichendem Maße auf der Erde liebte. Dies ist der Grund, warum die
Befreiung einiger Seelen verzögert wird. Gott hat mir eine sehr große
Gnade gegeben und mir erlaubt, um dein Gebet zu bitten. Ich habe es nicht
verdient, aber ohne diese deine Gebete würde ich wie die meisten sein, die
hier geblieben sind, für Jahre und Jahre.“
Am 13. Oktober 1849 starb dort im Alter von zweiundfünfzig, in der
Pfarrei Ardoye, in Flandern, eine Frau namens Eugenie van de Kerckove,
deren Mann, John Wybo, ein Bauer war. Sie war eine fromme und
karitative Frau, die großzügig für wohltätige Zwecke ihre Mittel in einem
angemessenen Verhältnis gab. Sie hatte, bis zum Ende ihres Lebens, eine
große Verehrung für die allerseligsten Jungfrau Maria, und enthielt sich
von Fleisch zu ihrer Ehre am Freitag und Samstag jeder Woche. Obwohl
ihr Verhalten nicht frei von gewissen Fehlern war, führte sie sonst ein
vorbildliches und erbauliches Leben.
Eugenie hatte eine Magd, Barbara Vennecke genannt, im Alter von
achtundzwanzig, die als tugendhaftes und ergebenes Mädchen bekannt
war, und die hatte ihre Herrin in ihrer letzten Krankheit unterstützt, und
nach Eugenies Tod setzte sie fort, ihrem Meister zu dienen, John Wybo,
dem Witwer von Eugenie.
Etwa drei Wochen nach ihrem Tod erschien die Verstorbene ihrer Dienerin
unter Umständen, die wir jetzt beschreiben werden. Es war in der Mitte der
Nacht; Barbara schlief fest, als sie sich deutlich dreimal bei ihrem Namen
gerufen hörte. Sie wachte auf und sah Eugenie vor sich, an der Seite ihres
Bettes sitzend, gekleidet in einem Arbeits-Kleid, bestehend aus einem
kurzen Rock und einer Jacke. Bei diesem bemerkenswerten Anblick wurde
Barbara von Erstaunen ergriffen. Die Erscheinung sprach zu ihr:
„Barbara“, sagte sie, einfach ihren Namen auszusprechend. „Was
wünschen Sie, Eugenie?“ antwortete die Dienerin.
„Bitte nimm“, sagte die Herrin, „die kleine Harke, von der ich dir gesagt
habe, du solltest sie oft an ihre Stelle stellen, rühre den Sandhaufen in dem
kleinen Raum, damit du weißt, welchen ich nehme, und du wirst 500
Francs finden. Nutze sie, um Messen sagen zu lassen, zwei Francs für jede
Messe, in meiner Meinung, denn ich bin immer noch leidend.“ - „Ich
werde es tun, Eugenie“, antwortete Barbara, und im selben Moment die
Erscheinung war verschwunden. Nach einer Weile schlief sie wieder ein
und ruhte ruhig bis zum Morgen.
Beim Erwachen dachte Barbara, dass das vielleicht war alles nur ein
Traum, aber noch war sie so tief beeindruckt, so hellwach gewesen, da sie
ihre alte Herrin in einer Form so deutlich gesehen hatte, so voller Leben,
und sie von ihren Lippen erhalten hatte so genaue Anweisungen, dass sie
nicht sagen konnte, ihr nicht zu helfen: „Das kann kein Traum gewesen
sein. Ich sah meine Herrin persönlich; sie präsentierte sich meinen Augen
und sie sprach sicherlich mit mir. Es ist kein Traum, sondern Realität.“
Sie ging deshalb sofort und nahm die Harke, rührte den Sand um und zog
eine Geldbörse hervor, die Summe von fünfhundert Francs enthaltend.
In einem solchen seltsamen und außergewöhnlichen Umstand dachte das
gute Mädchen, es sei ihre Pflicht, den Rat ihres Pfarrers zu suchen, bevor
sie die Ausgabe von 500 Francs machte, um Messen sagen zu lassen, und
ging zu ihm, beric htete alles, was geschehen war. Der ehrwürdige Abbé,
Pfarrer von Ardoye, antwortete, dass die von der verstorbenen Seele
erfragten Messen unbedingt gefeiert werden müssten, aber, um über den
Geldbetrag zu verfügen, ist die Zustimmung des Mannes John Wybo
notwendig, da das Geld in seinem Haus gefunden worden. Letzterer
stimmte bereitwillig zu, dass das Geld für so einen heiligen Zweck
eingesetzt werde, und die Messen wurden gefeiert, zwei Francs für jede
Messe.
Zwei Monate nach der ersten Erscheinung, während die Messen noch für
die Absichten Eugenies gesagt wurden, wurde Barbara in der Nacht wieder
geweckt. Dieses Mal wurde ihre Kammer mit einem hellen Licht
beleuchtet, und ihre Herrin erschien vor ihr mit einem strahlendem
Lächeln, schön und frisch in der Erscheinung wie in den Tagen ihrer
Jugend, und war in einer Robe von schillernder Weißheit gekleidet.
„Barbara“, sagte sie mit klarer Stimme, „ich danke Ihnen! Denn ich bin
jetzt vom Ort der Reinigung befreit.“ Mit diesen Worten verschwand sie,
und die Kammer wurde dämmrig wie vor dem Einbruch der Dunkelheit.
Die Dienerin, erstaunt, was sie gerade gesehen hatte, war voller Freude,
und sie verbreitete bald die bemerkenswerte Geschichte allen in der Stadt.
Diese Erscheinung machte den lebendigsten Eindruck in ihrem Kopf, und
sie bewahrte für immer die tröstliche Erinnerung an sie.
Als Beweis dazu bieten wir jetzt einen anderen Vorfall im Zusammenhang
mit dem Historiker Ferdinand von Kastilien. Von 1324-1327 gab es in
Köln zwei dominikanische Ordensmänner, aufstrebende Talente, von
denen Heinrich Seuse einer war. Sie teilten die gleichen Studien, die
gleiche Art von Leben, und vor allem das gleiche Verlangen nach
Heiligkeit, was sie verursacht hatte, eine enge Freundschaft zu bilden.
Als sie ihr Studium beendet war und sie sahen, dass sie dabei waren, jeder
zu seinem eigenen Kloster zurückzukehren und getrennt zu werden, kamen
sie überein und versprachen einander, dass der erste der beiden, der sollte
vor dem anderen sterben, unterstützt werde, indem ein ganzes Jahr die
Feier von zwei Messen pro Woche gelesen werde, am Montag eine Messe
als Requiem, wie es üblich war, und am Freitag eine der Passion, soweit
die Rubriken es erlauben würden. Sie versprachen einander, dass sie dies
tun würden, gaben einander den Kuss des Friedens und verließem Köln.
Nach einigen Jahren setzten sie beide sich edin, Gott mit dem
erbaulichsten Eifer zu dienen. Der Priester-Mönch, dessen Name nicht
erwähnt ist, war der erste, der starb, und Vater Suso empfing die Nachricht
mit Gefühlen der Ergebung in den göttlichen Willen. Was den Vertrag
anging, den sie gemacht hatte, hatte die Zeit ihn verursacht, es zu
vergessen. Allerdings betete er viel für seinen Freund, neue Bußen auf sich
nehmend und viele andere gute Werke, aber er glaubte nicht, die Messen
aufzuopfern, die er eine Reihe von Jahren zuvor versprochen hatte.
Eines Morgens, als in der Kapelle in der Ruhe meditierte, sah er plötzlich
vor ihm erscheinen die Seele seines verstorbenen Freundes, der ihn mit
Zärtlichkeit ermahnte, er warf ihm vor, seinem Wort untreu gewesen zu
sein, auf das er mit vollem Recht sich verlassen mit Zuversicht. Der selige
Suso, überrascht, entschuldigte seine Vergesslichkeit durch die vielen
Gebete und Leiden, für die er aufgeopfert hatte, und fuhr fort, noch mehr
zu opfern für seinen Freund, dessen Rettung war ihm lieb wie seine eigene.
„Ist es möglich, mein lieber Bruder“, fügte er hinzu, „dass so viele Gebete
und guten Werke, die ich Gott geopfert habe, für dich nicht ausreichen?“ -
„Oh nein, lieber Bruder“, antwortete die leidenden Seele, „das ist noch
nicht ausreichend. Es ist das Blut Jesu Christi, das die Flammen zu löschen
erforderlich ist, von denen ich verzehrt werde; es ist das heilige Opfer, das
mich von diesen furchtbaren Qualen befreit. Ich flehe dich an, dein Wort
zu halten, und dich nicht zu weigern, wegen der Gerechtigkeit, die du mir
zu verdanken hast.“
Der selige Suso eilte, um auf das Begehren der leidenden Seele zu
reagieren; er hat Kontakt gesucht zu so vielen Priestern wie möglich und
forderte sie auf, Messen für seines Freundes Meinung zu lesen und seine
Fehler zu reparieren, er hat Messen gefeiert und ließ Messen gefeiert
werden, eine große Anzahl von Messen, am selben Tag. Am folgenden Tag
vereinten sich mehrere Priester, auf Wunsch des Vaters Suso, mit ihm, das
heilige Opfer für den Verstorbenen zu opfern, und er setzte seine Akte der
Nächstenliebe für mehrere Tage fort.
Schon nach kurzer Zeit erschien wieder der Priester, der Freund von Suso,
aber jetzt in einem ganz anderen Zustand; sein Gesicht war froh, und er
war von schönem Licht umgeben. „Dank dir, mein lieber Freund“, sagte er,
„siehe, durch das Blut meines Heilands bin ich von meinem Leiden befreit.
Ich bin jetzt im Himmel und werde ihn beschauen, den wir so oft
zusammen unter dem eucharistischen Schleier verehrt haben.“
Danach warf sich der selige Suso nieder zu einem Gebet: „Danke dem
Gott der unendlichen Barmherzigkeit, weil ich jetzt mehr verstanden habe
als jemals den unschätzbaren Wert der Messe.“
Eugenie von der Leyen verfasste ein Tagebuch über die Erscheinungen der
Seelen im Fegefeuer vor ihr. Eugenie war eine gut ausgebildete Frau von
hohem deutschen Adel; in der Tat trug Eugenie den Titel Prinzessin und
lebte in der Stammburg in Waal, in Bayern, in Deutschland. Im Auftrag
ihres Beichtvaters führte sie Tagebuch über ihre Kontakte mit den armen
Seelen, das nach ihrem Tod Bischof Eugenio Pacelli übergeben wurde,
dem späteren Papst Pius XII.
11. Juni 1923. Beim Erwachen kam eine lange graue Form über mich,
völlig nebulös; ich kann nicht sagen, ob Mann oder Frau, aber
unsympathisch; ich bin sehr erschrocken.
14. Juni Das Phantom war schon in meinem Zimmer, als ich schlafen
wollte. Dann sagte ich mein Abendgebet laut, bei dem es darum ging, dass
das Wesen ganz in meiner Nähe war. Wenn es nicht seine Arme gewesen
wären, würde es eher dem Fuß eines Baumstamms fleichen. Es blieb
vielleicht zwanzig Minuten, dann kam es um vier Uhr zurück.
16. Juni Es war sehr schlecht. Es schüttelte meine Schulter. Das ist eine
schreckliche Zeit. Ich schlug es und sagte: Du kannst mich nicht berühren!
Woraufhin es sich in eine Ecke zurückzog. Bei meinem Schlag fühlte ich
nichts von einem Körper, es war wie ein feuchtes, warmes Handtuch. Ich
glaubte, dass ich solchen Schrecken nicht mehr ertragen konnte.
18. Jun. Wwieder diese schreckliche Sache; es wollte meinen Hals
umklammern. Ich betete in Angst und nahm die Partikel des Kreuzes (eine
heilige Reliquie, die ich besaß) in meiner Hand. Dann blieb es bei mir, vor
mir aufrecht und groß bleibend. Es dauerte nicht lange, die Fragen zu
beantworten. Dann ist es durch die Tür hinaus gegangen, die es offen
gelassen.
19. Juni. Ich kann jetzt erkennen, dass es ein Mann ist; er war dort nur für
eine kurze Weile.
21. Juni. Der schreckliche Mann ging mehr als eine Stunde in der Nacht
hin und her. Er hat schwarze Haare, zerzaust, und schreckliche Augen.
22. Juni. Dieser Mann war von ein Uhr bis fünf Uhr bei mir, es war sehr
schlecht. Er beugte sich immer wieder über mich und saß an meinem Bett.
Ich weinte wirklich aus Angst, betete dann die Horen, so dass ich ihn nicht
sehen musste. Dann ging er wieder hin und her und stöhnte schrecklich.
Nun scheint es mir, dass ich ihn kennen muss, aber ich kann nicht
herausfinden, wer es ist. Ich bin sehr feige geworden, denn oft ist es
wirklich eine Entscheidung für mich, in mein Zimmer am Abend zu gehen.
Doch gewöhnlich bin ich in der Lage, sehr gut in Schlaf zu fallen.
24. Juni. Er kam, packte mich an der Schulter. Ich sagte: Nun sage mir,
was du willst, und dann komm nicht zurück.
Keine Antwort; er ging wieder durch das Zimmer ein paar Mal und dann
war er verschwunden. Meine Ruhe war jedoch völlig zerstört. Um sechs
Uhr morgens kam er zurück. Bei Tageslicht sieht er noch schrecklicher
aus, macht einen widerlichen Eindruck, gehört zu der schmutzigsten
Kategorie von Geistern, die bereits gekommen sind. Ich sagte: Störe mich
nicht, ich möchte mich für die heilige Kommunion vorbereiten! Dann kam
er mir sehr nahe und hob die Hände flehend. Er tat mir so leid, dass ich
ihm viel versprochen habe. Dann sagte ich: Kannst du nicht sprechen?
Woraufhin er den Kopf schüttelte. Hast du viel zu leiden? Nun stöhnte er
schrecklich. Ich habe ihm viel Weihwasser gegeben, und dann war er weg.
27. Juni. Er war wieder da, in der Nacht. Er scheint mir bekannt; ich
zerbrach mir den Kopf, wer er sein könnte. Er ist sehr unsympathisch.
29. Juni. Er war wieder im Zimmer, als ich zu Bett ging. Es könnte der
ermordeten Schäfer Fritz sein. Ich fragte ihn sofort, aber er reagierte nicht.
Ich betete mit ihm, während dessen er seine Augen auf mich gerichtet
hatte, so wütend, dass ich wirklich Angst bekam. Ich bat ihn, zu gehen,
und dann ging er in der Tat.
30. Juni. Er kam sehr kurz; sein Stöhnen weckte mich auf.
1. Juli. Noch einmal, ich glaube, es ist Schäfer Fritz, wirklich. Doch sein
Gesicht ist so schwarz, dass ich ihn nur schwer erkenne. Aber Figur, Nase
und Augen sind ganz er, wie ich ihn so oft im Leben gesehen habe.
2. Juli. Er kam zurück, nicht so furchtbar wild, und blieb nicht für lange
Zeit. Ich sprach ihn als Schäfer Fritz an, was er scheinbar ganz natürlich
gefunden.
3. Juli. Er kam nur ganz kurz. Ich fragte: Bist du der ermordete Schäfer
Fritz? Da sagte er deutlich: Ja!
Juli 4.. Er kam zu mir am Morgen sah mich traurig an und ging bald weg,
antwortete nichts.
5. Juli. Es fiel mir jetzt auf, dass alles an ihm ist klarer geworden. Während
des Gebets machte er das Zeichen des Kreuzes.
6. Juli. Ich bin sehr glücklich, denn jetzt kann er sprechen. Ich fragte ihn:
Warum kommst du immer zu mir? Er: Weil du immer für mich gebetet
hast. (Das ist richtig, denn ich habe immer für den armen Kerl gebetet, der
traurig gewesen war, der immer so besonders war, schon als Junge.) Ich:
Was hat dich gerettet? Er: Einsicht und Reue. Ich: Warst du nicht sofort
tot? Er: Nein. Ich: Wirst du bald befreit werden? Er: Bei weitem nicht. -
Dann gab ich ihm die Erlaubnis, weiterhin zu mir zu kommen, wenn es
ihm gut tut. Wie bemerkenswert ist es, dass jemand, der so unhöflich im
Leben war, so spricht, wenn er von seinem Körper getrennt ist. Jetzt bin
ich nicht mehr voll Angst vor ihm und möchte ihn so gut helfen, wie ich
kann. Wie barmherzig ist der gute Herr!
8. Juli. Er kam sehr kurz.
9. Juli. Er kam um 6 Uhr und weckte mich. Ansonsten hätte ich
verschlafen. Ich: Ist es für dich so wichtig, dass ich zur heiligen Messe
gehe? Er: Auf diese Weise kannst du mir sehr viel helfen.
11. Juli. Er kam nur ganz kurz.
„Ich war dabei, als Gott notorische Sünder übergeben wurden. Groß ist
seine Gerechtigkeit, aber immer noch mehr undenkbar ist seine
Barmherzigkeit. Er verdammt nur diejenigen, die entschlossen sind, nicht
gerettet zut werden; sie, die einen Funken guten Willens haben, werden
gerettet. Ich habe in Purgatorium Protestanten gesehen, die in ihrer
Ignoranz fromm waren; sie sind sehr öde, denn keine Gebete für sie
werden geopfert. Ich sah, dass durch unser Gebet und Leiden manch eine
Seele, die sich nicht während des Lebens abmühte, umgewandelt und in
der Stunde des Todes gerettet werden kann.“
DRITTES KAPITEL
DER HIMMEL
St. Gertrude fragte unseren Erretter: „Mein Herr, war es nicht der heilige
Bernhard, der Dir wie der heilige Augustinus, dessen Herrlichkeit so
glänzend scheint, geweiht ist? Und doch scheint es mir, dass er nicht die
gleichen Freuden genießt.“
Er antwortete: „Bernhard, mein Auserwählter, hat eine ungeheure
Belohnung erhalten; aber euer Verstand ist nicht fähig, die Herrlichkeit
selbst des Geringsten meiner Heiligen zu erkennen. Wie kann er denn jene
Größten unterscheiden?“
„Keine Sünde von dir, die durch Buße in deinem Leben bestraft wurde,
kommt vor mein Urteil.“ Jesus durch Sankt Brigit
Der heilige Petrus von Alcantara erschien der heiligen Teresa von Avila
und sagte: „O gesegnete Buße, die mir so große Herrlichkeit verdient hat!“
„Buße erhält im Himmel eine erhabenste Belohnung. Buße hilft der Seele,
sich über die Dinge der Erde zu erheben. Buße kooperiert mit der Erlösung
der Welt. Buße demütigt den Menschen; sie durchdringt ihn mit einem
inneren Gefühl seiner Niedrigkeit und seines Elends. Buße bringt Licht in
die Seele. Sie verzehrt alles und so verschwindet alles, was nicht rein ist.
Sie hebt ihn höher und höher über die Erde, so dass er Geschmack von
Freuden hat, die ihm bisher unbekannt waren.“ Jesus zu Conchita.
„Wir müssen auf dem Weg zur Rettung aufmerksam sein. Nur den
Inbrünstigen gelingt es, sie zu erreichen, niemals den Lauen oder denen,
die schlafen.“ Pater Pio.
„Jetzt, da ihr entschlossen seid, Ihn zu lieben und Ihm mit all eurer Kraft
zu gefallen, muss es eure einzige Angst sein, Gott zuviel zu fürchten und
Ihm zu wenig Vertrauen zu schenken.“ Der heilige Alfons.
Mögen wir Gottes Ruf zur Heiligkeit erkennen und reagieren, während wir
es noch können, weil „nach dem Tod der freie Wille niemals zurückkehren
kann, denn der Wille ist so fixiert, wie er im Augenblick des Todes war.“
Katharina von Genua
Viele Heilige hatten Visionen des Himmels. Obwohl wir uns daran
erinnern müssen, dass eine Vision des Himmels unmöglich mit dem
Himmel selbst verglichen werden kann, werden wir davon profitieren, die
Freuden zu erwägen, die diejenigen erwarten, die Gottes vollkommenen
entzückenden Willen tun, der Liebe und Barmherzigkeit selbst ist.
„Ich war im Himmel und ich sah seine unvorstellbaren Schönheiten und
das Glück, das uns nach dem Tod erwartet. Ich sah, wie alle Kreaturen
unaufhörliches Lob und Preis Gott geben. Ich sah, wie groß das Glück in
Gott ist, das sich auf alle Geschöpfe ausbreitet und glücklich macht; und
alles Ruhm und Lob, das aus diesem Glück entspringt, kehrt zu seiner
Quelle zurück; und sie treten in die Tiefen Gottes ein, indem sie das innere
Leben Gottes betrachten. Diese Quelle des Glücks ist in ihrem Wesen
unveränderlich, aber sie ist immer neu und strahlt Glück für alle
Geschöpfe aus.“
„Ewige Freude, selige Liebe, es ist unaussprechlich. Wenn wir hier auf
Erden von der Reflexion göttlicher Vollkommenheit in den Geschöpfen,
durch die Zauber der sichtbaren Welt, durch die Harmonie der Farben und
Töne, durch die Unendlichkeit des Ozeans, durch die Pracht des
Sternenhimmels und noch mehr verzaubert werden, durch die spirituellen
Pracht, die im Leben der Heiligen offenbart wird, welche Freude werden
wir fühlen, wenn wir Gott, diesen schöpferischen Mittelpunkt des Lebens
und der Liebe, diese unendliche Fülle sehen, die ewiglich selbst existiert,
von denen das Leben der Schöpfung ausgeht! Die Auserwählten im
Himmel gehören zur Familie Gottes. Die gesegnete Dreieinigkeit, sichtbar
und liebend, souverän, wohnt in ihnen wie in einem lebenden Tabernakel,
wie in einem Tempel der Herrlichkeit, ausgestattet mit Wissen und Liebe.“
Garrigou Lagrange.
„Ich sehe, dass das Paradies, soweit es Gott angeht, keine Tore hat, wer
aber eintreten will, kann es. Denn Gott ist ganz Barmherzigkeit, und seine
offenen Arme sind immer ausgebreitet, um uns in seiner Herrlichkeit zu
empfangen.“ Heilige Katharina von Genua
Der Himmel ist für alle offen. Verzweifelt niemals an der Barmherzigkeit
Gottes. „Im Himmel sind die schönsten Seelen diejenigen, die am meisten
gesündigt und bereut haben. Aber sie nutzten ihr Elend wie Dünger an der
Basis des Baumes.“ Selige Mariam Baouardy.
Jesus zu Sschwester Benigna Consolata: „Benigna, ich kann dich nicht zur
Heiligen machen, wenn du mir nicht den Schlüssel deines Willens gibst;
aber wenn du ihn mir gibst, kann ich dich nicht nur zu einer Heiligen
machen, sondern zu einer großen Heiligen.“
Ein gewisser Sünder sagte einst zu Maria: „Zeige dich als Mutter!“ Aber
die Jungfrau antwortete ihm: „Zeige dich selbst als Sohn!“ Eines Tages rief
er diese göttliche Mutter, diese Mutter der Barmherzigkeit an. Aber Maria
sprach zu ihm: „Wenn du Sünder wünschst, dass ich dir helfe, nenne du
mich Mutter der Barmherzigkeit, und doch machst du mich durch deine
Sünden zur Mutter des Elends und des Kummers.“
„Kennst du den kürzesten Weg zum Himmel? Es ist das des Vertrauens in
meine Verdienste und Treue zur Gnade.“ Jesus zu Schwester Benigna .
„Aber Josefa, bist du nicht bereit, mich zu besitzen und mich ohne Ende zu
genießen?... Ich, für meinem Teil, sehne mich nach dir!... Ich verherrliche
mich in denen, die meinen Willen immer und in allen Dingen tun. Der
Winter dieses Lebens ist zu Ende. Ich bin deine Seligkeit.“
„Faustina, eine Gabe Gottes zu unserer Zeit, ein Geschenk aus dem Lande
Polen an die ganze Kirche, erlangt für uns ein Bewusstsein für die Tiefe
der göttlichen Barmherzigkeit, hilft uns, ein lebendes Erlebnis zu haben
und es zu bezeugen unter unseren Brüdern und Schwestern: Möge deine
Botschaft des Lichts und der Hoffnung in der ganzen Welt verbreitet sein,
die Sünder zur Bekehrung anregen, Rivalitäten und Hass beruhigen und
die Einzelnen und Nationen zur Praxis der Brüderlichkeit öffnen und heute
den Blick auf dich richten, auferstandener Christus! Lasst uns unser
eigenes Gebet vertrauensvoll und mit fester Hoffnung sagen: Christus
Jesus, ich vertraue auf dich!“ Sankt Johannes Paul II.
„Ich sah zwei Straßen, eine war breit, mit Sand und Blumen bedeckt,
voller Freude, Musik und allerlei Freuden, und die Leute gingen dahin,
tanzten und liebten sich und erreichten das Ende, ohne es zu merken. Das
Ende der Straße war ein schrecklicher Abgrund, das heißt, der Abgrund der
Hölle, die Seelen fielen blind hinein, als sie gingen, fielen sie, und ihre
Zahl war so groß, dass es unmöglich war, sie zu zählen. Ich sah die andere
Straße, oder besser gesagt, einen Weg, denn er war eng und mit Dornen
und Felsen bestreut, und die Leute, die dahingingen, hatten Tränen in ihren
Augen, und alle Arten von Leiden trafen sie, manche fielen auf die Felsen,
aber standen sofort auf und fuhren fort: Am Ende der Straße war ein
prächtiger, mit allen möglichen Glücksgefühlen gefüllter Garten, und alle
diese Seelen drangen ein und im ersten Augenblick alle ihre Leiden
gerieten in Vergessenheit.“
„27. November 1936. Heute war ich im Himmel, im Geiste, und ich sah
seine unvorstellbaren Schönheiten und das Glück, das uns nach dem Tod
erwartet.
Ich sah, wie alle Kreaturen unaufhörliches Lob und Preis Gott geben.
Ich sah, wie groß das Glück in Gott ist, das sich auf alle Geschöpfe
ausbreitet und glücklich macht; und dann kehrt alles Ruhm und Lob, das
aus diesem Glück entspringt, zu seiner Quelle zurück; und sie treten in die
Tiefen Gottes ein und betrachten das innere Leben Gottes, den Vater, den
Sohn und den Heiligen Geist, den sie nie verstehen oder erfassen werden.
Diese Quelle des Glücks ist unveränderlich in ihrem Wesen, aber sie ist
immer neu und sprudelt das Glück für alle Kreaturen aus.
Jetzt verstehe ich den heiligen Paulus, der sagte: Das Auge hat nicht
gesehen, noch das Ohr gehört, es ist nicht in das Herz des Menschen
getreten, was Gott für diejenigen vorbereitet hat, die ihn lieben.
Und Gott hat mir zu verstehen gegeben, dass es nur ein Ding gibt, das in
seinen Augen unendlich ist, und das ist die Liebe Gottes; Liebe, Liebe und
noch einmal Liebe! Und nichts kann mit einem einzigen Akt der reinen
Liebe Gottes verglichen werden.
Oh, mit welch unvorstellbaren Begünstigungen beschenkt Gott eine Seele,
die ihn aufrichtig liebt! Oh, wie glücklich ist die Seele, die schon hier auf
Erden seine besonderen Wohltaten genießt! Und so sind die kleinen und
demütigen Seelen.
Der Anblick dieser großen Majestät Gottes, die ich tiefer erfuhr und die
von den himmlischen Geistern nach ihrem Grade der Gnade und den
Hierarchien, in die sie geteilt sind, angebetet wird, veranlasste meine Seele
nicht, mit Schrecken oder Angst zu schlagen; nein, nein, überhaupt nicht!
Meine Seele war erfüllt von Frieden und Liebe, und je mehr ich die Größe
Gottes kenne, desto freudiger werde ich, dass er ist, wie er ist.
Und ich freue mich riesig in seiner Größe und freue mich, dass ich so
wenig bin, weil er, da ich klein bin, mich in seinen Armen trägt und mich
an sein Herz hält.
O mein Gott, wie ich Mitleid mit denen habe, die nicht an das ewige Leben
glauben; wie ich für sie bete, dass ein Strahl der Barmherzigkeit sie auch
umhüllen würde, und dass Gott sie an seinen Busen schließe...“
„Und wisse, dass all diese Schönheiten nichts sind, verglichen mit der, was
ich für dich in der Ewigkeit vorbereitet habe!“
Gott kann den Menschen in so hohem Grade an seinem göttlichen Glück
teilnehmen lassen!
Es kommt aus dem Antlitz Gottes diese Freude über alle.
Während der Meditation gab der Herr mir Kenntnis von der Freude des
Himmels und der Heiligen bei unserer Ankunft dort; sie lieben Gott als den
einzigen Gegenstand ihrer Liebe, aber sie haben auch eine zärtliche und
innige Liebe zu uns. Von dem Antlitz Gottes geht diese Freude über alles
hinaus, weil wir ihn von Angesicht zu Angesicht sehen. Sein Angesicht ist
so süß, dass die Seele wieder in Ekstase gerät.
Ich sah, wie die Engel und die Heiligen des Herrn Gott verherrlichen.
Als ich während der Anbetung mehrmals das Gebet "Heiliger Gott"
wiederholte, kam plötzlich eine lebendige Gegenwart Gottes über mich,
und ich wurde im Geist vor der Majestät Gottes gefangen. Ich sah, wie die
Engel und die Heiligen des Herrn Gott verherrlichen. Die Herrlichkeit
Gottes ist so groß, dass ich es nicht wagen kann, sie zu beschreiben, weil
ich nicht in der Lage wäre, dies zu tun, und Seelen könnten denken, dass
das, was ich geschrieben habe, alles ist, was da ist. Paulus, ich verstehe
jetzt, warum du den Himmel nicht beschreiben wolltest, sondern sagtest
nur, dass das Auge nicht gesehen, noch das Ohr gehört hat, noch ist es in
das Herz des Menschen getreten, was Gott für diejenigen vorbereitet hat,
die ihn lieben. Jetzt Ich habe gesehen, wie ich Gott anbete; oh wie elend
ich bin! Und was für ein kleiner Tropfen bin ich im Vergleich zu jener
vollkommenen himmlischen Herrlichkeit.
Mit den Tagen Allerheiligen und Allerseelen hinter uns scheint es wie eine
gute Zeit, zu untersuchen, was mit uns nach dem Tod geschieht, genauer
gesagt, wohin unsere ewigen Seelen gehen, wenn unser Körper stirbt.
Im Geiste eines hoffnungsvollen Blickes auf das, was den Gläubigen nach
dem Tode erwartet, zeige ich euch zehn Perspektiven des Himmels nach
den Heiligen, von denen einige sogar glücklich waren, sie aus erster Hand
zu erleben, bevor oder nachdem sie gestorben sind, und berichten es zu
uns.
Sankt Faustina schrieb ausführlich über ihre spirituellen Reisen ins
Paradies und in die Verdammnis in ihren Tagebüchern, die von der Kirche
als wahre Enthüllungen anerkannt wurden. Nachdem Faustina von ihren
Himmelsvisionen traumatisiert worden war, erhielt sie das Gebet der
göttlichen Barmherzigkeit, um die Welt im Krieg die Seelen zu retten.
Aber traurig, wenig Aufmerksamkeit wurde auf ihre ermutigenden
Visionen des Himmels gegeben, über die sie schrieb:
„Heute war ich im Himmel, im Geiste, und ich sah seine unvorstellbaren
Schönheiten und das Glück, das uns nach dem Tod erwartet. Ich sah, wie
alle Kreaturen unaufhörliches Lob und Preis Gott geben. Ich sah, wie groß
das Glück in Gott ist, das sich auf alle Geschöpfe ausbreitet und glücklich
macht; und dann kehrt alles Ruhm und Lob, das aus diesem Glück
entspringt, zu seiner Quelle zurück; Und sie treten in die Tiefen Gottes ein
und betrachten das innere Leben Gottes, den Vater, den Sohn und den
Heiligen Geist, den sie nie verstehen oder erfassen werden. Diese Quelle
des Glücks ist unveränderlich in ihrem Wesen, aber sie ist immer neu und
sprudelt das Glück für alle Kreaturen aus.“
Alfons Maria de Liguori erzählte eine Geschichte, die ihm von einem
Vorgesetzten des Jesuitenordens über einen anderen Vorgesetzten, der ihm
nach seinem Tode erschien, mitgeteilt wurde, und gab einen ausführlichen
Bericht darüber, welche Art von Behandlung verschiedene Menschen im
Himmel erwarten können. Nach dem verstorbenen Vorgesetzten sind die
Belohnungen des Himmels nicht gleich für alle, die hereinkommen, aber
alle, die hereinkommen, sind gleichmäßig erfüllt:
„Ich bin im Himmel, Philipp II, König von Spanien, ist auch im Himmel.
Wir beide genießen die ewigen Belohnungen des Paradieses, aber sie sind
sehr unterschiedlich für uns. Mein Glück ist viel größer als seines, denn es
ist nicht wie damals, als wir noch auf Erden waren, denn da war er König
und ich ein Bürger. Wir waren so weit voneinander entfernt wie die Erde
vom Himmel, aber jetzt ist es umgekehrt: So niedrig ich war, wie ich mit
dem König auf Erden verglichen wurde, so überrage ich ihn jetzt in
Herrlichkeit im Himmel. Aber wir sind beide glücklich, und unsere Herzen
sind vollkommen zufrieden.“
Papst Gregor der Große sprach von der übernatürlichen Einheit der ganzen
Gemeinschaft der Heiligen im Himmel und ihrer scheinbar unendliche
Erkenntnis: „Daneben wird den Heiligen im Himmel eine wunderbarere
Gnade verliehen, denn sie kennen nicht nur sie, mit denen sie in dieser
Welt kennen gelernt hatten, sondern auch diejenigen, die sie nie zuvor
sahen, und die sich mit ihnen in einer so vertrauten Art und Weise
unterhielten, als ob sie in der Vergangenheit einander gesehen und gekannt
hätten und daher die alten Väter dort sehen würden, von der ewigen
Glückseligkeit, dann werden sie diese durch Sehen kennen, die sie immer
in ihrem Leben und in der Konversation kannten. Denn sehen tun sie an
diesem Ort mit unaussprechlicher Helligkeit, gemeinsam mit allen, Gott
sehen, was gibt es, dass sie nicht wissen, die wissen alles?“
Augustinus: „Dort wird der gute Wille so in uns geordnet werden, dass wir
keinen anderen Wunsch haben werden, als dort ewig zu bleiben.“
Philipp Neri: „Wenn wir nur in den Himmel kommen, was für eine süße
und leichte Sache wird es sein, immer mit den Engeln und den Heiligen
Sanctus, sanctus, sanctus zu sagen.“
Anselm von Canterbury: „Niemand wird ein anderes Verlangen im
Himmel haben als das, was Gott will; und der Wunsch von einem wird der
Wunsch von allen sein; und der Wunsch von allen und von jedem wird
auch der Wunsch von Gott sein.“
Jean Vianney: „O meine lieben Pfarrkinder, lasst uns streben, in den
Himmel zu kommen! Dort werden wir Gott sehen. Wie glücklich wir sein
werden! Wenn die Gemeinde umgewandelt wird, gehen wir in
Prozessionen mit dem Pfarrer an die Spitze. Wir müssen in den Himmel!“
Bernadette Soubirous: „Meine Krone im Himmel möge mit Unschuld
glänzen und ihre Blumen mögen strahlend wie die Sonne sein. Die Opfer
sind die Blumen, die Jesus und Maria gewählt haben.“
Thomas Morus: „Die Erde hat kein Leid, das der Himmel nicht heilen
kann.“
Der Himmel ist ein wunderbarer Ort, und wir sollten alle danach streben,
dorthin zu gelangen. Aber vielleicht kommt das am meisten ermutigende
himmlische Zitat von der heiligen Therese von Lisieux, die kleine Blume,
die darauf hinwies, dass so herrlich wie der Himmel ist, Gott die
Gegenwart seiner Kinder unendlich wünschenswerter findet: „Unser Herr
tut nicht jeden Tag vom Himmel herunterkommen, um in einem goldenen
Ziborium zu liegen. Er kommt, um einen anderen Himmel zu finden, der
ihm unendlich teurer ist - den Himmel unserer Seelen, der in seinem Bilde
erschaffen wurde, die lebendigen Tempel der bezaubernden Dreieinigkeit.“
Schwester Faustina: „Ih sah zwei Straßen, eine war breit, mit Sand und
Blumen bedeckt, voller Freude, Musik und allerlei Freuden, und die Leute
gingen dahin, tanzten und liebten sich und erreichten das Ende, ohne es zu
merken Am Ende der Straße gab es einen schrecklichen Abgrund, das
heißt, den Abgrund der Hölle, die Seelen fielen blind hinein, als sie gingen,
fielen sie, und ihre Zahl war so groß, dass es unmöglich war, sie zu zählen.
Ich sah die andere Straße, oder besser gesagt, einen Weg, denn er war eng
und mit Dornen und Felsen bestreut, und die Leute, die darauf gingen,
hatten Tränen in ihren Augen, und alle Arten von Leiden trafen sie,
manche fielen auf die Felsen, aber standen sofort auf und gingen weiter,
und am Ende der Straße war ein prächtiger, mit allen möglichen
Glücksgefühlen gefüllter Garten, und alle diese Seelen traten dort ein, und
im allerersten Augenblick vergaß sie alle ihre Leiden.“
Der Heilige Don Bosco hatte eine Vision des Himmels in Form eines
Traums, den er mit seinen Knaben bei einem seiner berühmten
Schlafgespräche verwandte.
1876 erschien ihm sein jüngst verstorbener Schüler Sankt Dominik Savio
im Traum. Don Bosco erzählte seinen Schülern:
Wie ihr wisst, kommen Träume im Schlaf. So während der Nachtstunden
des 6. Dezembers, während ich in meinem Zimmer war - ob ich las oder
hin und her schritt oder in meinem Bett ruhte, bin ich mir nicht sicher – da
begann ich zu träumen.
Es schien mir plötzlich, dass ich auf einem kleinen Berg oder Hügel an
dem Rand einer breiten Ebene stand, die so weitreichend war, dass das
Auge seine Grenzen, die in der Weite verloren waren, nicht umfassen
konnte. Alles war blau, blau wie das ruhigste Meer, aber was ich sah, war
kein Wasser. Es glich einem hochglänzenden, glitzernden Glas.
Ausgebreitet unter mir, hinter mir und auf beiden Seiten von mir war eine
Weite von dem, was aussah wie die Meeresküste.
Breite, imposante Alleen unterteilten die Ebene in große Gärten von
unbeschreiblicher Schönheit, von denen jede durch Dickicht, Rasen und
Blumenbeete von verschiedenen Formen und Farben zerbrochen wurde.
Jede Art und jede einzelne Pflanze funkelte mit einer eigenen Brillanz.
Keine der Pflanzen, die wir kennen, könnte euch jemals eine Vorstellung
von diesen Blumen geben, obwohl es eine Ähnlichkeit der Art gab. Das
Gras, die Blumen, die Bäume und die Früchte, alle waren von einzigartiger
und herrlicher Schönheit. Blätter waren von Gold, Stämme und Äste waren
von Diamanten, und jedes kleine Detail war im Einklang mit diesem
Reichtum. Die verschiedenen Pflanzenarten waren unzählbar.
Jede Art und jede einzelne Pflanze funkelte mit einer eigenen Brillanz.
Über die ganze Ebene verstreut, konnte ich unzählige Gebäude sehen,
deren Architektur, Pracht, Harmonie, Größe und Höhe so einzigartig
waren, dass man sagen konnte, alle Schätze der Erde könnten nicht
ausreichen, um ein einziges zu bauen. Wenn nur meine Knaben ein solches
Haus hätten, sagte ich zu mir selbst, wie sie es lieben würden, wie
glücklich sie sein würden und wie sehr sie es genießen würden! So gingen
meine Gedanken, als ich auf das Äußere jener Gebäude blickte, aber wie
viel größer muß ihre innere Pracht gewesen sein!
Als ich dort stand und an der Pracht jener Gärten mich ergötzte, hörte ich
plötzlich Musik, mir am liebsten, eine so reizvolle und bezaubernde
Melodie, die ich nie angemessen beschreiben könnte. Hunderttausend
Instrumente spielten, jedes mit seinem eigenen Klang, einzigartig
verschieden von allen anderen, und jeder mögliche Ton setzte die Luft
lebendig mit seinen resonanten Wellen in Bewegung.
Blendend schön mit ihnen waren die Lieder der Chöre.
In diesen Gärten sah ich eine Menge Leute, die sich glücklich erfreuten,
einige sangen, andere spielen, aber jede Note hatte die Wirkung von
tausend verschiedenen Instrumenten, die zusammen spielten. Gleichzeitig,
wenn man sich so etwas vorstellen kann, hört man alle Töne der
chromatischen Tonleiter, vom tiefsten bis zum höchsten, doch in
vollkommener Harmonie. Ach ja, wir haben auf der Erde nichts
Vergleichbares mit dieser Symphonie.
Man konnte aus dem Gesichtsausdruck jener fröhlichen Gesichter
erkennen, daas die Sänger nicht nur die tiefste Lust am Gesang ergriff,
sondern auch, dass sie eine große Freude daran hatten, den anderen
zuzuhören. Je mehr sie sangen, desto dringender wurde ihr Wunsch zu
singen. Je mehr sie hörten, desto lebendiger wurde ihre Sehnsucht, mehr
zu hören.
Als ich dem himmlischen Chor begeistert zuhörte, sah ich eine endlose
Menge Knaben, die sich mir näherten. Viele erkannte ich als solche, die im
Oratorium und in unseren anderen Schulen gewesen, aber bei weitem die
Mehrheit von ihnen war mir völlig fremd. Ihre endlosen Reihen näherten
sich, unter der Leitung von Dominik Savio, der von Pater Alasonatti, Pater
Chiali, Pater Guilitto und vielen anderen Klerikern und Priestern gefolgt
war.
Einmal kamen diese Knaben zu mir acht bis zehn Schritte, dann sie hielten
an. Es war ein Lichtblitz, der heller war als zuvor, die Musik hörte auf, und
eine stille Stille fiel über alles. Eine strahlende Freude umfasste alle
Knaben und funkelte in ihren Augen, ihre Gesichter glühten vor Glück. Sie
sahen und lächelten mich sehr angenehm an, als wollten sie sprechen, aber
niemand sagte ein Wort.
Dominik Savio trat ein oder zwei Schritte vor und stand so nah bei mir,
dass ich, wenn ich meine Hand ausgestreckt hätte, ihn bestimmt berührt
hätte. Er war auch still und blickte mich mit einem Lächeln an.
Endlich sprach Dominik Savio: „Warum stehst du so still, als wärst du fast
tot? fragte er. Bist du nicht derjenige, der einmal sich vor nichts fürchtete
und hielt stand gegen Verleumdung, Verfolgung, Feindschaft, Härten und
Gefahren aller Art? Wo ist dein Mut? Sag etwas!“
Ich zwang mich, in einem Stottern zu antworten: „Ich weiß nicht, was ich
sagen soll. Bist du Dominik Savio?“
„Ja, bin ich. Kennst du mich nicht mehr?“
„Wieso bist du hier?“ fragte ich.
Savio sprach liebevoll: „Ich kam, um mit dir zu sprechen. Wir sprachen so
oft auf Erden! Erinnerst du dich nicht daran, wie sehr du mich geliebt hast,
oder wie viele Freundschaftszeichen du mir gegeben hast und wie
freundlich du zu mir warst? Und habe ich nicht die Wärme deiner Liebe
zurückgegeben? Wie viel Vertrauen habe ich in dich gelegt! Warum ist
deine Zunge gebunden? Warum zitterst du? Komm und stell mir eine
Frage oder zwei!“
Als ich meinen Mut erhob, antwortete ich: „Ich zittere, weil ich nicht weiß,
wo ich bin.“
„Du bist in der Wohnung des Glücks“, antwortete Savio, „wo man jede
Freude, jede Wonne erlebt.“
„Ist das die Belohnung der Gerechten?“
„Ganz und gar nicht! Hier genießen wir kein übernatürliches Glück,
sondern nur ein natürliches, wenn auch stark vergrößert.“
„Darf ich ein wenig übernatürliches Licht sehen?“
„Niemand kann es sehen, bis er gekommen ist, Gott zu sehen, wie er ist.
Der leiseste Strahl dieses Lichtes würde sofort einen Toten treffen, weil die
menschlichen Sinne nicht robust genug sind, es zu ertragen.“
Hier endet die Erzählung von Don Boscos Traum.
Jesus: „Seelen, die in liebevoller Nächstenliebe enden und durch Liebe
gebunden sind, können nicht mehr in Tugend wachsen, sobald die Zeit
vergangen ist. Aber sie können für immer mit der gleichen Zuneigung
lieben, mit der sie zu mir gekommen sind, und durch diese Maßnahme
wird es ihnen zugemessen werden. Sie verlangen mich für immer, und für
immer besitzen sie mich, also ist ihr Wunsch nicht umsonst. Sie sind
hungrig und zufrieden, zufrieden und doch hungrig, aber sie sind mit
Sättigung nicht gelangweilt oder schmerzhaft in ihrem Hunger.
Für immer freuen sie sich in der Liebe vor dem Anblick von mir, indem sie
jene Güte teilen, die ich in mir habe und die ich ihnen nach dem Maß der
Liebe, mit dem sie zu mir gekommen sind, zumesse. Sie sind verliebt in
mich und ihre Nachbarn. Und sie sind alle vereinigt im Allgemeinen und
in besonderer Liebe, die beide von ein und derselben Caritas kommen. Sie
freuen sich und jubeln und teilen sich gegenseitig die Güte mit Liebe und
Zuneigung mit, außer dem universellen Gut, das sie alle zusammen haben.
Sie freuen sich und preisen sich mit den Engeln, und sie finden ihre Orte
unter den Heiligen nach den verschiedenen Tugenden, in denen sie in der
Welt hervorgehoben.
Und obwohl sie alle in dem Band der Nächstenliebe verbunden sind,
wissen sie eine besondere Art des Teilens mit denen, die sie am liebsten
mit einer besonderen Liebe in der Welt liebten, eine Liebe, durch die sie in
Gnade und Tugend wuchsen. Sie halfen einander, die Herrlichkeit und das
Lob meines Namens in sich und in ihren Nachbarn zu verkünden. So nun
haben sie im ewigen Leben diese Liebe nicht verloren; nein, sie lieben und
teilen sich noch viel mehr miteinander und fügen ihre Liebe zum Guten
hinzu.
Denn ich hätte nicht gedacht, dass dieses besondere Gut, das sie haben, nur
für sich selbst ist. Nein, es wird von allen ihren gerechten Gefährten,
meinen geliebten Kindern und allen Engeln geteilt. Denn wenn eine Seele
das ewige Leben erreicht, haben alle Anteil an ihrem Guten und sie an ihr
selbst. Nicht, dass jedermanns Schiff kann größer werden oder müsste
mehr Füllung haben. Sie sind voll und können nicht größer werden. Aber
sie erleben eine neue Frische in ihrer Erhebung, eine Fröhlichkeit, einen
Jubel, eine Freude, diese Seele zu kennen. Sie sehen, dass sie durch
Barmherzigkeit von der Erde in der Fülle der Gnade aufgehoben worden
sind, und so sind sie in mir jubelnd über das Gute, das die Seele von
meiner Güte empfangen hat.
Und diese Seele findet Freude in mir und in all diesen Seelen und
gesegneten Geistern, die in ihnen die Süße meiner Liebe sehen und
schmecken ließen. Ihre Wünsche sind ein fortwährendes Beten zu mir für
die Rettung von anderen, denn sie beendeten ihre Leben, die ihre Nächsten
liebten, und sie ließen nicht diese Liebe zurück, aber holten sie mit ihnen,
als sie durch dieses Tor gingen, das der eingeborene Sohn ist. So siehst du,
dass, was Bindung der Liebe im Leben beendet, diese Bindung ist ihre für
immer und dauert ewig.
Sie sind meinem Willen so konform, dass sie nur können, was ich will. Als
die Zeit für sie zu Ende ging und sie in der Gnade starben, war ihre
Freiheit so mit den Ketten der Nächstenliebe verbunden, dass sie nicht
mehr zur Sünde fähig sind. Ihr Wille ist so eins mit meinen, dass, selbst
wenn ein Vater und eine Mutter ihr Kind in der Hölle sähe, oder ein Kind
seinen Vater, es sie nicht stören würde. Sie würden sich sogar damit
begnügen, sie zu bestrafen, weil sie meine Feinde sind. Nichts bringt sie in
Widerspruch zu mir. Alle Wünsche werden erfüllt...
Die Güte dieser Seelen ist über das hinaus, was das Auge deines Auges
sehen kann oder dein Ohr hören oder deine Zunge beschreiben oder dein
Herz sich vorstellen kann. Welche Freude haben sie, mich zu sehen, die
alle gut sind! Welche Freude werden sie noch haben, wenn ihr Körper
verherrlicht wird! Aber solange sie diese nicht bis zum allgemeinen Urteil
haben, leiden sie nicht. Sie haben Glück, denn die Seele ist erfüllt, und an
dieser guten Fülle wird der Körper teilhaben...
Diese Seelen warten auf das göttliche Gericht mit Freude, nicht mit Furcht.
Und das Antlitz des Sohnes wird ihnen weder erschreckend noch hassend
erscheinen, denn sie haben ihr Leben in der Nächstenliebe beendet,
erfreuen sich an mir und sind mit Wohlwollen gegenüber ihren Nächsten
erfüllt. Die verschiedenen Erscheinungen des Gesichts Jesu, wenn er in
seiner Majestät zum Gericht kommt, werden nicht in ihm sein, sondern in
denen, die von ihm gerichtet werden sollen. Den Verdammten wird er nur
mit Hass erscheinen, aber den Erretteten mit Gnade und Liebe.“
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Im Januar des Jahres 2017 wurde nach einem Terroranschlag auf das
Katharinenkloster auf dem Sinai durch die Detonation einer Bombe eine
unterirdische Höhle geöffnet, in der die hier vorliegende Schriftrolle
gefunden wurde. Sie ist auf syrisch verfasst, enthält aber auch koptische
und chaldäische Vokabeln. Man kann sie etwa auf das Jahr 165 nach
Christus datieren. Diese Schrift ist für das Studium der Geschichte der
gnostischen Häresie nicht uninteressant. Im Auftrag von Papst Franziskus
hat eine Kommission von namhaften Theologen den Text zuerst ins
Lateinische übersetzt, daraufhin habe ich für die große Nation der Dichter
und Denker den Text aus dem Original ins Deutsche übersetzt.
Aus dem Vatikan, am 13. Mai 2017,
Pater Petrus Schwanke SJ
CHLODWIG
LUDWIG DER HEILIGE
LUDWIG XIV
LUDWIG XVI
ERSTER BRIEF
Am Anfang waren die Mutter des Schweigens und der Vater des Zorns. Es
war noch kein Meer, keine Flüsse, keine Berge, weder Himmel noch Erde,
weder Sterne noch Menschen. Vor aller Schöpfung, vor der Erschaffung
von Raum und Zeit, unsichtbaren und sichtbaren Geschöpfen, sage ich,
liebten sich als die ersten und höchsten Gottheiten die Mutter des
Schweigens und der Vater des Zorns.
Die Mutter des Schweigens ist die Urschönheit, der Inbegriff und die
Quelle aller Schönheiten. Die Mutter des Schweigens ist die vollkommene
Güte und Barmherzigkeit. Darum liebt sie der Vater des Zornes, denn sie
ist sein Friede.
Die heilige Hochzeit, der hieros gamos der Mutter des Schweigens und des
Vaters des Zornes war die mystische Vereinigung von Gott-Natur und
Gott-Geist. Sie ist die innergöttliche Vermählung von Transzendenz und
Immanenz.
Der Vater des Zorns ist die göttliche Kraft. Er ist die Allmacht und das
göttliche Wissen. Sein heiliger Zorn ist die Quelle seiner männlichen
Energie. Durch diese Energie wird er zum Werkmeister, zum intelligenten
Creator und Designer.
Wer, mag man fragen, hat die Hochzeit der höchsten Gottheiten gesegnet?
Niemand, denn es war kein anderes Wesen da. Es war auch kein höheres
Wesen, dass sie hätte segnen können. Es gab auch noch keinen Priester.
Nein, sondern sie sahen, liebten sich und vereinigten sich.
Was war das Ehebett des Vaters des Zornes und der Mutter des
Schweigens? Es war das Bett der Ewigkeit, das Bett der ewigen Liebe. Der
Allmächtige und die Schöne Liebe vereinigten sich im Bett der Ewigkeit,
und das war das Siegel ihrer heiligen Hochzeit.
Der Wein des allmächtigen Vaters floss über in den Mund der Mutter der
Schönen Liebe, da ward sie trunken, wie er trunken war, und sie lachten in
der Freude der nüchternen Trunkenheit des Geistes ihr olympisches
Lachen beim Werk der Liebe.
So ward schwanger die Mutter des Schweigens vom zeugenden Samen des
zornigen Vaters. Er hatte seine allmächtige Kraft in ihre göttliche
Ohnmacht ergossen, und sie ward zur Göttin der geistlichen Fruchtbarkeit.
Neun ewige Monde vor der Erschaffung der Zeit gebar in göttlichen
Wehen die Göttin der himmlischen Fruchtbarkeit ihre Erstgeborenen, die
Zwillinge, maskulin und feminin, nämlich den himmlischen Äon des
Christus und den himmlischen Äon der Sophia.
Wer aber taufte die göttlichen Zwillinge? Ich sage, in ihrer Kindheit
niemand. Denn der allmächtige Vater in seiner Allwissenheit sah voraus
die Endzeit, da der erwachsene Jesus freiwillig mit viel Wasser wird
getauft werden.
So waren denn der Äon Christus und der Äon Sophia die lebendige Frucht
der erotischen Liebe, die den Vater des Zorns mit der Mutter des
Schweigens vermählt hatte.
Mehr sag ich für heute nicht.
Es grüßen euch die Mutter Monica von Rom, die Jungfrau Dina von
Bethlehem und die fröhliche Kindermutter Sabina von Rom. Die Gnade
der höchsten Gottheiten sei mit euch. Ich grüße euch mit dem heiligen
Bruderkuss und dem heiligen Kuss der Liebe,
Euer Gnostiker Josef.
ZWEITER BRIEF
Friede zuvor, ihr Lieben, und Huld von den himmlischen Mächten!
Wer sind die beiden Erstgeborenen? Logos und Sophia, das himmlische
Paar. Sie sind vom Vater des Zorns für einander bestimmt. In aller
Ewigkeit haben sie einander erwählt. Es gibt in den himmlischen Welten
des Pleromas einen mystischen Spiegel, speculum immaculatae, in diesem
Ideen-Spiegel haben Logos und Sophia einander als Braut und Bräutigam
erkannt.
Weil die präexistenten Seelen der Erstgeborenen einander zusammen in
dem Spiegel Gottes geschaut haben als Eheleute, darum werden sie
einander in allen Reinkarnationen wiedererkennen als für einander
bestimmte Eheleute.
Unsere älteren Brüder, die Juden, nennen die Äone Christus und Sophia
die Sephirot Chochma und Bina.
Die unergründliche und unerkennbare Gottheit, en-soph oder deus
absconditus, offenbart sich in ihren göttlichen Hypostasen, deren höchste
die Krone ist, dann folgen Chochma und Bina. Chochma ist die Weisheit
oder Sophia, Bina ist die Vernunft oder der Logos. Die Vernunft ist der
Vater der Götter und Menschen, die Weisheit ist die Mutter der
zehntausend Dinge. Erst in ihrer Vereinigung bilden sie das Abbild der
zweifaltigen Gottheit.
Der Logos ist der Bundesgott der Männer. Der Logos ist der göttliche
Philosoph der Philosophen und der Geliebte für seine Freunde im Kloster.
Sophia ist die Bundesgöttin der Frauen, vor allem der priesterlichen
Jungfrauen im theosophischen Nonnenkloster. Die priesterlichen
Jungfrauen sind die Avantgarde des weiblichen Geschlechts, denn Sophia
wird auch die schwer zugängliche Mutter genannt. Die Mütter in ihren
Kinderstuben können sie kaum finden. Darum erwählt die Bundesgöttin
Sophia ihre keuschen Jungfrauen, die das heilige Feuer der Weisheit hüten.
Die Theologen der christlichen Kirche sagen: Was hat Gott vor der
Schöpfung der Welt getan? Und sie antworten: Er hat Ruten geschaffen zur
Züchtigung der Narren, die solcherlei fragen.
Aber uns Weisen ist es ein Ärgernis, dass die christlichen Theologen
immer die Dummheit des Volkes selig preisen. Wir eingeweihten
Gnostiker und wahren Pneumatiker haben Visionen und Offenbarungen im
Dritten Himmel geschaut und Worte des Paradieses gehört, die den
christlichen Narren unbegreiflich sind.
Was weiß ich von der Hochzeit des Gottes Logos und der Göttin Sophia?
Sie liebten einander wie die Götter und Göttinnen des Olymps: Sie sahen
einander, sie entbrannten für einander, sie vereinigten sich und gaben sich
ganz hin. Dann, in der Morgenröte der Ewigkeit, erhoben sie sich vom Bett
der unio mystica und baten den himmlischen Vater um seinen Segen für
ihre Ehe. Und der allmächtige Vater gebot den vereinigten Äonen: Seid
fruchtbar und mehret euch.
Sophia aber im siebenten Mond ihrer Ehe gebar, und was sie gebar, das
waren göttliche Zwillinge und ewige Äonen, maskulin und feminin,
nämlich sie gebar den Paraklet und die Kyriake, auch Heiliger Geist und
Kirche genannt. Diese Kirche oder Kyriake allerdings war keine
menschliche Sekte, sondern eine platonische Idee.
Dies soll für heute genügen. Wer die Götter im Herzen hat, in dessen
Herzen ist immer Frühling.
Euer Pneumatiker und Theosoph Josef.
DRITTER BRIEF
VIERTER BRIEF
Epistel an die Gemeinde der Hyperboräer, den Ältesten Marcus und die
Diakonisse Susanna, von Josef, der Zither des Heiligen Geistes.
Von dem Archonten Sabaoth wissen wir, dass er der Schöpfer der Welt ist,
Creator ex nihilo. Wenn aber Sabaoth aus dem Nichts geschaffen, was ist
dann das Nichts? Ist das Nichts ein ewiger Urstoff? Aber der Urstoff ist ja
erst von Sabaoth geschaffen worden. Der Philosoph nennt nun das Nichts
die feminine Geliebte des Archonten Sabaoth, aus der er, wie Marduk aus
der Meeresgöttin Tiamat, die Welt gebildet hat.
Was nun das Wesen des Archonten Sabaoth ist, erkennen wir aus der
Schöpfung seiner Kraft. Ist die Welt gut oder böse? Der Philosoph nennt
den Krieg den Vater aller Dinge. Krieg und Sieg und Tod bringen die Welt
in ihrer Entwicklung voran. Am namenlosen Leiden der Kreaturen
erkennen wir das Wesen des schöpferischen Archonten als das eines Gottes
voll Zorn und Grimm.
Der allerhöchste Gott ist unbefleckt. Er gibt sich nicht mit einer niederen
Materie ab. Nein, der dämonische Archont schuf die prima materia und die
geistigen Urformen. Er schuf sie, indem er einen Urkeim des Kosmos in
das Nichts setzte. In diesem Urkeim waren erst enthalten Zeit und Raum,
sichtbare und unsichtbare Geschöpfe. In einer plötzlichen Explosion
begann sich die konzentrierteste Energie zu entfalten, dass Zeit und Raum
entstanden.
In diesem Urkeim der Schöpfung aber saß, vom Archonten Sabaoth
eingeblasen, der göttliche Eros. Dieser göttliche Eros in seiner ewigen
Intelligenz bewirkt die Evolution der Schöpfung. Eros gebietet den
Geschöpfen Ort und Stunde ihres Erscheinens in der Wirklichkeit. Darum
ist Eros der Erste und Älteste aller Götter. Der Weise nennt Eros den
Evolutionator des Kosmos, das A und O des Kosmos, und eine
fortschreitende Erotisierung des Kosmos führt die Schöpfung zum Omega-
Punkt, da der Kosmos in der vollkommenen Symphonie des Sphäros
ertönt.
Wie die prima materia und die geistige Urform aus diesem Urkeim
emaniert sind, so ist auch die Existenz des Menschen zu dem von Eros
vorherbestimmten Zeitpunkt in der Geschichte des Kosmos aufgetreten.
Nun ist aber, wie der östliche Philosoph sagt, die Existenz des Individuums
ein Leiden und Unheil. Und darum, wie der griechische Philosoph sagt,
weil das Dasein an sich schon Schuld ist, darum ist des Menschen Dasein
seine Buße.
O meine Mutter! Wehe! Weh mir, dass du mich geboren hast! Wäre ich
doch in deinem Mutterschoß wie eine Fehlgeburt gestorben, dann hätte ich
Ruhe!
Ihr Lieben, aber Heiterkeit, als ein Gottesdienst an den höchsten
Gottheiten, sei mit euch!
Geschrieben am Sabbath zu Rom. Es grüßt euch eure Schwester, meine
Herrin, die Koinonia von Roma.
Josef.
FÜNFTER BRIEF
An die Lilie Susanna und den Eichbaum Marcus, Gruß von Josef dem
Trauerschwan!
Heute möchte ich euch von der Urtragödie der Menschheit erzählen. Ein
Narr ist, wer mehr gibt, als er hat. Ich habe alle gnostischen Evangelien
gelesen und zum Teil aus dem Koptischen ins Lateinische übersetzt, ich
habe alle Platoniker gelesen, die heidnischen und die christlichen, und alle
sprechen von dem himmlischen Sündenfall, aber keiner offenbart, worin
die Sünde Sophias bestand. Ich denke mir, dass die Heiligen Scheu hatten
vor den Himmlischen und darum diskret dies Thema vermieden.
Möglicherweise erwachte in dem Äon Sophia der Geist der Weltlichkeit,
die Liebe zur Materie. So liebte Eva die verbotene Feige, so waren die
Israeliten des ewigen Manna überdrüssig und sehnten sich nach den
Fleischpfannen Ägyptens. Möglicherweise war es Sophia satt, immer nur
in den unbefleckten Spiegel Gottes zu schauen, und sie begann, sich nach
den irdischen Genüssen zu sehnen.
Sicher sagen die Mystiker, dass der himmlische Äon Sophia nach dem
Sündenfall in die böse Materie gestürzt ist und dort als gefallene Weltseele
wirkte. Sie riss sich von ihrem Ehemann Christus los und ward zur
heiligen Hure in der materiellen Welt. Hier erfuhr sie Leid und Tod, darum
seufzt sie nach ihrem Retter und Heiland, dem himmlischen Bräutigam
Christus, dass er sie aus dem Kerker der Materie erlöse und wieder
heimführe in das himmlische Pleroma zur himmlischen Hochzeit und
mystischen Vereinigung und Gottes-Ehe.
Ihr Lieben, was Jesus unter den Gottessöhnen, ist der göttliche Platon
unter den Philosophen. Dem Platon offenbarte der Heilige Geist, dass die
menschliche Psyche vor ihrer Empfängnis selig im Ideenhimmel war und
im Spiegel der Gottheit die himmlischen Götter sah, wie die göttliche
Liebe, die göttliche Schönheit und die göttliche Weisheit. Dann aber
geschah der himmlischen Psyche ihr Sündenfall und sie ward vom
zornigen Vater in den Kerker des Fleisches verbannt. Auf dem Weg ins
Fleisch trank die gefallene Psyche vom Wasser der Lethe, dem Fluss des
Vergessens, und so vergaß sie die göttliche Wahrheit und ward zur Närrin
auf Erden. Nur Künstler und Philosophen tranken von der Lethe nicht
mehr, als dass sie nur drei Tropfen nippten. Darum haben Künstler und
Philosophen eine deutlichere Ahnung von der seligen Schau der Götter in
ihrer Seele. Aber wenn die Psyche auf Erden zu lieben beginnt, erweckt
Eros ihre Flügel, begeistert erinnert sich Psyche dann wieder an die
himmlische Liebe und Schönheit.
Die Juden sagen, die Seelen, die vor ihrer Empfängnis für einander von der
Vorsehung bestimmt waren und gemeinsam in den Spiegel der Gottheit
schauten und sich zusammen im Spiegel als Eheleute sahen, die sind auf
Erden getrennt, suchen aber ihre vorherbestimmte Parallel-Seele.
So wird vom Kaiser von China und seiner Lieblingskonkubine, der
schönsten Frau der Welt, erzählt, sie hätten vor ihrem Leben im Himmel
jeder die Hälfte eines Spiegels erhalten, und seien auf Erden erst selig
geworden, als die den Partner mit der passenden Spiegelhälfte gefunden
hatten. Und so muss es wohl mit euch sein, Marcus und Susanna, denn ihr
seid von Gott für einander erschaffen worden, wie zwei vereinigte
Samentropfen in der Hand des allmächtigen Vaters.
Der Philosoph sagt, aus der Einen Über-Gottheit sei in einer Emanation
der Geist hervorgegangen, aus dem Geist die Weltseele, aus der Weltseele
die Natur.
Diese gefallene Weltseele ist die gefallene Sophia, die von den Ägyptern
als Mondgöttin Isis verehrt wurde. Sie irrt umher wie ein von Herzen
betrübtes Weib und ruft: Maranatha, Komm, Herr Jesus!
Und der Geist und die Braut seufzen: Komm, Herr Jesus!
Euer Josef, der verbannte Unsterbliche.
SECHSTER BRIEF
ACHTER BRIEF
An die mystische Sekte, den Stern der Gemeinde, Marcus, und den Engel
der Gemeinde, Susanna, von dem, der die Erleuchtung gefunden hat, Josef.
NEUNTER BRIEF
Ich werde euch heute die Wahrheit über Jesus schreiben. Das Thema dieses
Briefes lautet: Die gefallene Sophia hat endlich ihren Bräutigam und
Retter Christus gefunden. Historisch gesprochen: Ich rede über die Ehe
von Jesus und Magdalena.
Wer war Jesus? Wer die Evangelien als Schriftgelehrter bis auf Punkt und
Komma studiert, wird sehen, dass es zwei Jesusse gab: Der eine stammte
von David über Salomo, der andere über Nathan ab. Wer Erkenntnisse
höherer Welten hat und in der geistigen Weltchronik im Äther lesen kann,
hat gesehen, dass der eine Jesus eine Wiedergeburt Buddhas, der andere
eine Wiedergeburt Zarathustras war. Als beide Jesusknaben im Alter von
zwölf Jahren im Salomonischen Tempel waren, wurden sie vertauscht. Der
eine Jesusknabe ging verloren, der andere kam im Alter von dreißig Jahren
an den Jordan.
Bei der Taufe Jesu durch Johannes den Baptisten, da mit viel Wasser
getauft wurde, öffnete sich der Himmel und der kosmische Christus-
Sonnengeist kam auf Jesus herab. Von der Stunde an war Jesus besessen
vom Christus-Sonnengeist.
Am Anfang der Schöpfung lösten sich Mond und Erde von der Sonne. Der
Regent der Sonne ist der Christus-Sonnengeist, der Regent des Mondes ist
Jehova mit den sieben Elohim. Die Aufgabe des Kosmischen Christus war
es, die Mutter Erde oder Adama heimzuholen und mit der Sonne
wiederzuvereinigen. Darum kam er auf die Erde.
Wenn ihr euch wundert über diese Wahrheit, miss ich euch sagen, dass die
Pneumatiker die Bibel anders lesen als die christlich-kirchlichen
Somatiker. Wo die Somatiker am Buchstaben kleben, erfassen wir
Pneumatiker intuitiv den Geist der Bibel. Dazu sagt ein arabischer Prophet,
die Christen hätten das Evangelium verfälscht. Um nun das wahre
himmlische Evangelium zu rekonstruieren, muss man, wie ich,
Erkenntnisse höherer Welten haben und in der Äther-Chronik zu lesen
wissen. Darin steht nicht nur die Wahrheit über Atlantis, sondern auch die
Wahrheit über Jesus. Soviel zur exegetischen Methode.
Die gefallene Sophia war reinkarniert in der Hetäre Magdalena. Hetäre
heißt Freundin. Im Hellenismus galten die Ehefrauen nicht viel, sie waren
ungebildet und taugten nur zur Hausarbeit und Kinderpflege. Wenn ein
Mann eine interessante Frau suchte, ging er zu einer Hetäre. Die Hetären
kannten griechische Philosophie, ägyptische Mysterien und die
Liebeskünste des Orients.
Sokrates war mit Xanthippe verheiratet. Als er morgens aus dem Haus
ging, warf sie ihm den Abfalleimer auf den Kopf. Er sprach lieber mit der
schönen Hetäre Aspasia.
Jesus, der göttliche Philosoph und jüdische Kyniker, ging auch zu einer
Hetäre, und zwar zu Magdalena, die in Magdala am See von Tiberias lebte.
Er sah, dass sie besessen war von sieben weiblichen Dämonen. Deren
Anführerin war Lilith, die Braut Luzifers, die Braut Samiels, die Braut
Asmodis. Lilith ist nicht nur eine Mörderin von ungeborenen Kindern,
sondern auch eine Verführerin. Wenn asketische Eremiten nachts allein in
ihrer Höhle schlafen, kommt Lilith, bringt die Eremiten zum Samenerguss
und saugt den Samen auf und zeugt damit Dämonenkinder. Jesus aber trieb
die Teufelin Lilith aus der Hetäre Magdalena aus.
Eines Tages saß Jesus mit sieben Schriftgelehrten zusammen. Sie lagen zu
Tische und tranken Wein. Dabei disputierten sie über die Brautmystik des
Propheten Hosea. Da kam Magdalena herein, trat an die Füße Jesu, ließ
Tränen auf seine Füße fallen, küsste die Füße, trocknete die Füße mit ihren
langen rotblonden Locken. Dann entblößte sie ihre idealischen Brüste.
Zwischen ihren Brüsten hing ein Myrrhebeutel. Der ganze Raum war
erfüllt von ihrem Duft.
Jesus, wahrer Mensch und höheres Selbst, und Magdalena, die öffentliche
Sünderin und stadtbekannte Dirne, beschlossen zu heiraten. Dies
Mysterium der Ehe von Christus Jesus und Sophia Magdalena wird im
Bericht der Hochzeit von Kana angedeutet. Jesus kam mit seinem
schwarzen Hund Sol und Magdalena mit ihrer weißen Katze Luna.
Alchemistisch gesprochen war es die Hochzeit des Roten Löwen und der
Weißen Lilie.
Weil Jesu Jünger auf der Hochzeit von Jesus und Magdalena soviel Wein
tranken, ging der Wein bald aus. Magdalena sagte: Herr, sie haben keinen
Wein mehr. Jesus sagte: Frau, was ist das zwischen mir und dir? Und Jesus
verwandelte Wasser in sechshundert Liter Wein. Petrus war zufrieden.
Wir sehen hier Jesus als göttlichen Bacchus. Magdalena ist die göttliche
Venus. Die Hochzeit von Jesus und Magdalena war ein Bacchanal. Der
Wein war das Aphrodisiakum.
So waren nun Jesus und Magdalena verheiratet. Die gefallene Sophia hatte
ihren Retter und Gatten gefunden, den himmlischen Christus.
Prosit! Euer Josef.
ZEHNTER BRIEF
Heute will ich schreiben vom Tod Jesu. Macht euch gefasst auf die
Vereinigung von Leidensmystik und erotischer Mystik, wovon ihr wenig
wisst, aber darum sendet mich der Geist, euch zu unterweisen. Ihr aber
macht mir mit eurer Schönheit eine stille Freude, am allermeisten du,
Nympha, Prinzessin Gottes!
In dem Garten Gethsemane schliefen Petrus und Johannes tief und fest,
denn sie hatten zuviel vom Hochzeitswein getrunken. Der Christus Jesus
war in kosmischer Einsamkeit. Da kam Judas mit einigen Soldaten und
küsste Jesus: Mein Freund und Bruder im Herrn, ich gebe dir zum Zeichen
der Männerfreundschaft den heiligen Bruderkuss! Salve! Die Soldaten
nahmen Jesus gefangen.
Da floh ein Jüngling, er ließ seine weiße Tunika fallen und floh nackt. Die
christlichen Somatiker, die nur ans leckere Essen denken, meinen, das
wäre Sankt Marcus gewesen. Wir Pneumatiker wissen, dass es der
Christus-Sonnengeist gewesen, der von Jesus floh, so dass nicht der
Christus, sondern nur Jesus gekreuzigt worden ist, wie auch die arabischen
Propheten sagen, die es vom Erzengel Gabriel wissen.
Ich selbst habe das Judas-Evangelium ins Griechische übersetzt. Die
Christen halten Judas für einen Verräter und ganz Juda für Gottesmörder.
Die gnostische Wahrheit ist, dass Judas wusste, dass Jesus zum Heil der
Erde am Kreuz bluten musste, ja, wollte, und so förderte er den Plan der
Vorsehung, indem er Jesus an die Soldaten Roms auslieferte. Judas war das
auserwählte Werk der Vorsehung. Ohne Judas wäre Jesus nicht am Kreuz
geschächtet worden. Darum verdient Judas alle Ehre der Altäre in der
gnostischen Kirche.
Jesus hing am Kreuz und ihm zu Füßen kniete Magdalena. In unsäglichen
Schmerzen vereinigte sich das mystische Ehepaar auf dem Bett des
Kreuzes. Magdalena küsste das Blut von den durchbohrten Füßen und
trocknete die blutigen Füße mit ihren langen rotblonden Locken. Im
übrigen war Jesus nackt am Kreuz, wie alle Sklaven. Wir beten einen
nackten Jüngling an! Hier vollzog sich in der kosmischen Weltnacht die
erotisch-mystische Vereinigung von Christus und Sophia in Jesus und
Magdalena.
Jesu Blut floss in die Aura der Mutter Erde. Die Göttin Gäa sog das Blut
auf. Das Jesusblut zieht nun in langen und geduldigen Evolutionen die
schwarze Mutter Erde heim zu ihrem Vater, der lichten Sonne am Himmel.
Das ist der Sinn des ägyptischen Mysteriums von Golgatha.
Da sprach Jesus: Es ist vollbracht. Denn vollbracht war die Hochzeit von
Vater Himmel und Mutter Erde.
Hiermit sei gegrüßt, wunderschöne Nympha, von Josef, dem Knecht
deiner Hündin.
ELFTER BRIEF
Die Hyperboräer feiern die junge blonde Göttin Ostera. Die Kreter sind
faule Bäuche, ihr Gott ist der Bauch. Fort, müde und faule Schläfrigkeit!
Erhebe dich im heiligen Stolz, mein Genius, und singe das Hohelied des
auferstandenen Jesus und seiner Liebesgöttin Magdalena im Garten des
Menschheitsfrühlings!
Magdalena, die Morgenröte, ging im Garten umher und suchte das rote Ei
des Phönix. Da trat Jesus zu ihr, der Gärtner im Garten der Seele, und
grüßte Maria: Maria!
Da warf sie sich zu seinen Füßen, umklammerte seine Beine und sagte:
Mein Rabbi! Da sagte Jesus lächelnd: Noli mi tangere!
Magdalena sagte: Mein Schatz! Jesus sagte: Meine Schöne! Magdalena
sagte: Auserlesen unter tausenden ist mein Geliebter, ein Apfelbaum unter
den Waldbäumen. Seine Gestalt ist schön wie der Apoll von Belvedere!
Da sagte Jesus: Schön bist du, meine Geliebte! Deine Brüste sind pralle
Trauben! Ich will die Palme besteigen und die Feige pflücken! Deine
Gestalt ist schön wie die Mamorstatue der knidischen Aphrodite!
Magdalena sagte: Komm, mein Geliebter, und weide in den
Adonisröschen! Komm, lass uns gehen aufs Land und dort schlafen in dem
Weinberg! Früh am Morgen schenk ich dir all meine Liebe!
Jesus sagte: Geliebte, unter deiner Zunge sind Milch und Honig. Dein
Becken ist ein Becher, dem nie der Mischwein der Liebesvereinigung
fehlt! Deine Brüste sind wie pralle Trauben. Der Wein geht meinem
Munde lieblich ein und macht mich trunken vor Liebe!
Magdalena sagte: Wenn du mein Bruder wärst, dann dürfte ich dich
öffentlich küssen. Komm in das Haus meiner Mutter, der Gottheit, und
trinke von dem Most meiner Granatäpfel!
Jesus sagte: Ich komme in das Haus deiner Mutter, der mütterlichen
Gottheit. Siehe den Fürsten im Kranz der Hochzeit, mit den ihm seine
Mutter, die mütterliche Gottheit, heute gekrönt hat.
Und wie es im Evangelium des heiligen Apostels Philippus geschrieben
steht, das zum gnostischen Kanon gehört, küsste Jesus Magdalena auf den
Mund. Er küsste nicht Petrus, er küsste nicht Johannes, die Brüder im
Herrn, aber Judas küsste ihn. Er küsste nicht Susanna, die Diakonisse, er
küsste nicht die junge Salome, die Tänzerin, nein, er küsste Magdalena auf
den Mund. Magdalena sang: Er küsse mich mit den Küssen seines
Mundes! Mein Geliebter zieht mich ins Brautgemach und sagt: Komm,
Geliebte, lass uns eilen!
Und wie es im Evangelium des heiligen Thomas, des Zwillings Jesu, heißt,
das zum gnostischen Kanon gehört, setzte Jesus seine Ehefrau Magdalena
zur Super-Apostelin ein, zur Hohepriesterin der gnostischen Kirche.
Petrus, der Apostelfürst und Führer der Männerkirche, war eifersüchtig.
Aber Jesus setzte Magdalena ein zur Apostelin der Apostel und sandte sie
aus als Missionarin der göttlichen Liebe, dass sie Gallia bekehre zur
ältesten Tochter der Kirche.
Und Jesus ward unsichtbar und schwand im weißen Nebel in die
Allgegenwart der Gottheit. Und wie es im Evangelium der heiligen Maria
heißt, das zum gnostischen Kanon gehört, sah Magdalena in einer Vision
den erhöhten Christus auf der Spitze der Himmelsleiter, und er rief sie zu
sich. Und sie eilte zu ihm durch die sieben Täler des Purgatoriums, da sie
gereinigt ward von den sieben Todsünden. Und sie zog ihren Stolz aus und
stand da in nackter Demut und sagte: Nun bin ich eine nackte Seele in
heißer Begierde nach meinem Geliebten! Und sie zog ihre Wollust aus und
stand da in nackter Keuschheit, mit nichts bekleidet als der Keuschheit,
nicht nackt, sondern gekleidet in Sonnenstrahlen und Herrlichkeit der
Götter!
Brüder, die zu Propheten berufen sind, plappern nichts als Belangloses. Ich
aber bin der Prophet der Aphrodite des mystischen Christentums. Die
Liebe sei mir Sünder gnädig!
Josef.
ZWÖLFTER BRIEF
DREIZEHNTER BRIEF
Ich lag mit geschlossenen Augen und sah Visionen der Götter. Ich sah den
göttlichen Knaben Maximin, den Sohn Jesu und Magdalenas, auf dem
Königsthron von Gallia. Er ist der Ursprung der Theokratie der Schönheit.
Und ich sah einen göttlichen König, dessen französische Frau ihn lehrt zu
beten: Notre Pere, quie est en ciel! Ne pas desire la femme d'un autre
homme! Da bekehrt sich der König und weiht Gallia der göttlichen Liebe.
So wird Gallia die älteste Tochter der wahren Kirche!
Und ich sah einen göttlichen König, den nennt man den Frommen und den
Heiligen. Er vermählt sich mit Frau Armut und dient seinen Herren, den
Kranken. Er zieht in den heiligen Krieg gegen den falschen Propheten und
befreit das Grab Gottes. Er ist der Bettler um Liebe auf dem Thron der
Theokratie.
Und ich sah einen göttlichen König, den nennt man den Sonnenkönig. In
seinem Lustschloss führen alle Gänge zu seinem Schlafzimmer. Dort steht
das Bett als Altar der Liebe. Ihm zu Seiten steht der Kardinal mit einem
Herzen weit wie der Sand am Meer. An seinem Hof erblüht die klassische
Dichtkunst zur Ehre des göttlichen Königs.
Und ich sah einen göttlichen König, den nennt man den Märtyrer, denn er
ist der letzte Gottkönig auf dem Thron der Theokratie der Schönheit. Er
wird geköpft werden von dem Fallbeil der Freimaurer.
Und ich sah die Terrorherrschaft der Freimaurer. Ihre falschen Propheten
sind allesamt pockennarbige Advokaten. Sie beten la déesse raison an. Die
französischen Huren laufen alle nackt durch die Straßen.
Und ich sah den Antichristen. Er steht unter der Herrschaft seines Sternes,
des Sternbilds Wermut. Er überzieht die Jungfrau Europa mit dem
Eroberungskrieg. Satan schenkt ihm Sieg über Sieg. Er erobert Ägypten
und lässt sich vor den Pyramiden zum Pharao krönen. Er reitet auf einem
weißen Elefanten, den Turban auf dem Haupt und in der Hand das
Evangelium des Antichristen, nach Indien. Er will das Dritte Rom erobern.
Aber die heilige Rusj ruft die Theotokos an. Die Gottesmutter stürzt den
Antichristen in Moskau.
Und ich sah die Wiederkunft Jesu mit Maria Magdalena.
Ich sah Maria Magdalena vom Himmel erscheinen und die Wiederkunft
Jesu vorbereiten. Magdalena ist eine sehr schöne Frau.
Ich sah sie erst in einem goldenen und weißen Kleid, ihr Schleier auf dem
Haupt war aus Sonnenlicht und umfloss den ganzen keuschen femininen
Geistleib. Dann sah ich sie, die lichter war als die Sonne. Ihr Lichtkleid
war transparent und ihr weißer Leib rein wie Kristall, wie eine lebendige
Quelle. Sie sprach: Ich komme vom Himmel. Bereitet euch auf die
Wiederkunft Jesu vor. Kehrt um und betet, betet, betet! Ich bin die Königin
der Liebe und liebe dich!
Und ich sah Jesus, den Logos, auf einem weißen Pferd vom Himmel
kommen. Er begründet auf Erden das Tausendjährige Reich, die Kultur des
Lebens, die Zivilisation der Liebe. Jesus wird über alle Völker auf Erden
herrschen. Dann wird Jesus als Kaiser aller Völker angebetet und
Magdalena als Kaiserin aller Völker. Und es wird Friede sein.
Josef.
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DIE ENGEL
1
Die jüdische Mythologie erzählt von zwei Engeln, die an Harut und Marut
aus dem Koran erinnern. Es ist eine Midrasch-Erzählung aus dem 11.
Jahrhundert nach Christus, ist aber ein Auszug aus dem Buch der Riesen,
einer jüdischen Schrift aus dem dritten oder ersten Jahrhundert vor
Christus. Es ist eine Meditation über die merkwürdige Erzählung im Buch
Genesis, da die Gottessöhne mit den Töchtern der Menschen sexuell
verkehrten und Riesen zeugten. Das geschah kurz vor der Sintflut. Lord
Byron geht in seinem Drama Himmel und Erde darauf ein. Der Midrasch
berichtet von zwei Gottessöhnen oder Engeln aus der Klasse der
himmlischen Wächter, namens Shemhazay und Azrael. Sie erbaten sich
von Jahwe die Erlaubnis, unter den Menschen auf der Erde zu leben. Als
sie auf die Erde kamen, fühlten sie sich bald vom Sex-Appeal der Frauen
angezogen. Shemhazay verliebte sich unsterblich in eine wunderschöne
Frau namens Estera. Estera oder Esther oder Aster oder Ishtar bezeichnet
den Morgen- und Abendstern oder Planeten Venus. Der Gottessohn
versuchte Estera zu verführen, er wollte unbedingt mit ihr sexuell
verkehren. Estera fühlte sich bedrängt und belästigt. Sie fragte den Engel
nach dem unaussprechlichen Namen Gottes, durch dessen Kraft es dem
Engel erlaubt sei, in seine himmlische Heimat zurückzukehren. Als
Shemhazay den Namen Jahwe ausgesprochen hatte, sprach auch Estera
den Namen Jahwe aus. So versuchte sie sich von dem bedrängenden Engel
zu befreien. Der Herr Jahwe belohnte die schöne und reine Estera und
entrückte sie zu einem Stern in den Pleaden. Aber Shemhazay hatte von
einer anderen Frau, die ihm willig ergeben war, zwei Söhne. Eines Nachts
hatten die beiden Söhne von Shemhazay und seiner Geliebten, die beiden
Riesen Heyya und Aheyya, die Riesen waren, einen besonderen Traum.
Sie baten ihren himmlischen Vater, den Engel, um die Deutung des
prophetischen Traumes. Shemhazay studierte die Prophezeiungen des
Patriarchen Henoch und erklärte seinen beiden Söhnen, sie würden in der
bald kommenden Sintflut sterben. Dafür aber werde den beiden Söhnen
die Ehre zuteil, dass in der Zukunft immer, wenn ein Mensch vor Mühe
und Not und Gram stöhne und ächze, er die Namen Heyya und Aheyya
anrufen werde. Shemhazay bereute seine Sünde, dass er außerehelichen
Verkehr mit einer irdischen Frau gehabt und als Bastarde zwei Riesen
gezeugt und dass er die keusche Estera so penetrant bedrängt hatte mit
seiner verzehrenden Begierde. Er beichtete seine Sünden dem Herrn
Jahwe. Zur Buße seiner Sünden wurde er für tausend Jahre kopfüber
zwischen Himmel und Erde aufgehängt. Sein Freund und Bruder, der
Gottessohn Azrael, sündigte tapfer und verkehrte sexuell mit Mädchen,
verheirateten Frauen und schönen Knaben. Manche sagen aber auch, dass
die schöne Eszera nicht auf einen Stern in den Plejaden entrückt wurde,
sondern dass sie zum Morgenstern oder Planeten Venus entrückt und zum
femininen Genius des Morgensterns gekrönt wurde. Der Allerhöchste gab
der in den Himmel Entrückten einen neuen Namen und nannte sie Nahid,
auf arabisch, aber eigentlich Anahita, das heißt: die Frau mit den
schwellenden Brüsten.
Die beiden Engel Harut und Marut lebten als Männer in Babylon, bei der
großen Hure Babel. Sie lehrten die Frauen Magie und Aberglaube, die
ganze chaldäische Esoterik. Daneben versuchten sie auch, Ehepaare
auseinander zu bringen, in dem sie den Egoismus, die Unversöhnlichkeit
und die Hartherzigkeit förderten. Zwar mussten Harut und Marut den
Menschen immer deutlich bekennen, dass sie Versucher seien und dass die
Menschen doch an Gottes Einfachheit glauben sollten, aber die Menschen
tappten trotz besseren Wissens freiwillig in die Falle der Versuchung. Im
buchgewordenen Wort Gottes steht geschrieben: Und die Leute folgten
dem, was Satans Engel zur Zeit Salomos vortrugen. Salomo war nicht
töricht und gottlos, aber die Dämonen Luzifers, die die Weiber in
Aberglauben. Götzendienst und Magie unterwiesen. Und die
babylonischen Weiber folgten dem, was die beiden vom Himmel
gefallenen Engel Harut und Marut lehrten. Aber Harut und Marut lehrten
niemand die Magie, wenn sie nicht deutlich bekannten: Wir sind eine
Versuchung! Handelt doch nicht als Sünder! Und dennoch lernten die
babylonischen Weiber von den Dämonen, wie sie ihre Ehe ruinieren
könnten. Die gefallenen Engel wirkten nicht auf Gottes Befehl, aber Gott
ließ ihr Wirken zu. Und die babylonischen Weiber und ihre Männer taten,
was ihrer Seele schadet und kein Heil wirkt. Sie müssen wissen, dass
Götzendiener, die auf tote Steine vertrauen und Dämonen befragen, nicht
ins Paradies eingelassen werden. Für was für einen schlechten Weg sie sich
entschieden haben! Wenn sie doch wüssten, dass der Satan mit ihnen
spielt! Wenn sie sich doch zu Gott bekehren würden! - Dieses Schriftwort
kommentieren die Theologen also: Harut und Marut waren ursprünglich
heilige Engel, Lobpreis-Engel oder Cherubim, das heißt, Engel der
Weisheit. Sie wurden aber stolz auf ihre Weisheit und erhoben sich über
die Menschen und verklagten vor Gott die Menschen als gottlose Sünder.
Da forderte Gott die Engel der Weisheit heraus, es besser zu machen als
die Sünder. So kamen die Engel zu ihrer Prüfung auf die Erde. Sie
widerstanden allen Versuchungen, sie beteten nicht tote Steine an, sie
waren nicht abergläubisch, sie konnten sich sogar des Weines enthalten.
Aber als sie ein vollkommen schönes Weib, nur mit einem durchsichtigen
Schleier bekleidet, sahen, trieben die Engel Unzucht mit der Frau. Einen
Mann, der Zeuge ihres außerehelichen Sexualverkehrs war, den töteten sie,
wie David mit dem Hethiter Uria tat. Gott stellte die gefallenen Engel vor
die Wahl, ihre Sündenstrafe in der ewigen Hölle oder auf Erden zu
erleiden. Sie baten: Lass uns auf Erden Sühne tun für unsere Sünde der
Unzucht! So lebten sie tausend Jahre in den Toren der Hure Babel und
litten große körperliche Schmerzen und noch größere seelische Qualen.
Die Legende der gefallenen Engel entnahm Mohammed dem Neuen
Testament, nämlich dem zweiten Petrusbrief und dem Judasbrief, und dem
apokryphen Buch Henoch und dem Midrasch. Namenspatron für Harud
war der zarathustrische Genius der Reinheit, Haurvaat, und für Marut der
Genius der Unsterblichkeit, Ameretat. Diese Mischung aus jüdisch-
christlicher Offenbarung und zarathustrischer Religion wurde dann in
Arabien in den Koran Mohammeds aufgenommen. Suhre aber war ein
sterbliches Weib in Babel, die die Engel der Weisheit, Harut und Marut,
verführen wollten. Aber sie blieb keusch und jungfräulich. So ward Suhre
von Gott dem Allerhöchsten auf den Morgenstern entrückt. Sie trägt dort
um ihre elfenbeinernen Glieder ein Kleid von Goldbrokat, ihre schwarzen
Haare duften nach Moschus. Gott der Herr gab Suhre einen neuen Namen
und nannte sie Anahita. Als Anahita war sie der weibliche Genius des
Morgensterns. Sie ist die himmlische Harfenspielerin, die mit ihrer Musik
die Sphärenmusik des Kosmos leitet, die Engel lauschen ihr verzückt. Der
Messias tanzt zu ihrer Musik. Der Messias nennt sie einfach: Unbefleckte
Jungfrau!
Gerd der Mutige war siebzig Jahre alt, als er das Ziel seiner Wallfahrt
erreichte: Santiago de Compostela, das Grab des Apostels Jakobus, des
Bruders des Evangelisten Johannes. Gerd trat in die heilige Kirche Gottes
ein und begab sich zum Beichtstuhl. Der Pater grüßte ihn: Ave Maria, mein
Sohn! Gerd begann: Vater, meine letzte Beichte war vor 58 Jahren zu
Zeiten meiner Erstkommunion und Firmung. Vater, ich habe gesündigt. In
Demut und Reue bekenne ich meine Sünden. Der Pater sprach: Sprich,
mein Sohn! Und Gerd begann: