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PROSA

VON TORSTEN SCHWANKE

CLOUD12
[Inhalt]

PROSA

Von Peter Torstein Schwanke

I. IM ANFANG

„An den Abenden ging Gott mit ihnen spazieren, und sie verständigten
sich still miteinander und ließen sich an ihrem Zusammensein genügen.
Doch manchmal saß Gott neben ihnen... Er erzählte ihnen dann erneut die
Geschichte, die sie nicht oft genug hören konnten: ...wie Er sein Werk mit
seinen am meisten geliebten Geschöpfen gekrönt hatte - mit dem Mann
und ... mit der Männin.“
(Evelyn Minshull)

1. Ewigkeit

HERR, ich bitte Dich um Deinen Beistand, Gott Vater und Sohn und
Heiliger Geist, von heute an für die mir bestimmte Zeit, Dich zu besingen
als den einzigen Gott, den einzig wahren und lebendigen Gott, der sich in
Jesus Christus der Menschheit selbst offenbarte. Lieber Vater, ich will es
nicht wie die Theologen machen, denn du hast mich nicht einen Theologen
werden lassen, ich will es machen wie die Poeten, denn du hast mich einen
Poeten werden lassen. Gob, daß alles in meinem Werk zur Ehre, zum Lob
und zur Verherrlichung Jesu Christi geschieht. Das ist der Sinn meines
Lebens und meines Werkes, die Verherrlichung Christi, den ich liebe von
ganzem Herzen.
Die Weisheit, die wirkliche, wirkende Weisheit, spielte wie ein Kind
vor dem Höchsten. Und die Weisheit war die Schwester des Geistes, und
dieser Geist war die Liebe zwischen dem Ewigen Zeugenden und dem
Kind, der Weisheit, und das Kind war der Sohn, und der Ewige Zeugende
war der Vater, der in der Ewigkeit zeugte aus sich selbst ein Anfangloses,
aus-dem-Vater-Gezeugtes, ein Wesen, Ihm in allem gleich.
Und dies Wesen, das da sein Wesen war und sein innerstes Herz in einem
schönen Wort zusammengefasst, das nennt man auf griechisch: Logos. Die
Hebräer aber nennen es: Memra. Die Chinesen nennen es: Tao. Die
Deutschen nun nennen es: das Wort.
Und Logos war schön, denn sein Vater war vollkommen, sein Zeuger war
vollkommen, und das in vollkommener Liebe Gezeugte konnte nicht
häßlich sein (allein im Sinne des Dichters: faire ist foul and foul is fair, so
konnte es häßlich sein, denn es war die vollendete Schönheit, über allen
irdischen Begriff hinaus schön). Nicht häßlich ist Liebe, sondern die Liebe
ist lieblich, und Lieblichkeit ist schön. So ist, was aus der Liebe kommt
(und Gott ist Liebe) lieblich und schön. Und das ist meine Lilie des
Zeugnisses.
Schön war Logos und in allem das vollkommene Ebenbild des Angesichtes
des Vaters, sein Einziggeborener, der nicht geboren ward, sondern gezeugt,
der Anfanglose, allein aus einem Vater, ohne eine Mutter, nicht Geschöpf
wie die Engel und Menschen und andern Kreaturen, sondern ewig und
derselbe Gott. Was ein Mensch zeuget ist Mensch. Was Gott zeuget ist
Gott. Und Gott zeugte Gott, und Gott liebte Gott, und die Liebe Gottes zu
Gott selbst, ist Gott, denn Gott ist die Liebe. So ist Gott der Liebende, Gott
der Geliebte, Gott die Liebe.
Und der Liebende gab sich seinem Geliebten als der Vater dem Sohne, und
die Liebe, mit der der Geliebte den Liebenden liebte (denn der Geliebte
war der Liebende) war der Geist der Liebe. Und darum nennt man Gott
auch den heiligen Geist der Liebe.
Denn die Liebe war heilig, ist heilig und wird immerdar heilig sein, denn
sie ist vollkommen und ohne Schuld, ohne Fehl und Makel, ohne
Finsternis, denn die Liebe ist ein schönes Licht, ein liebliches Licht, ein
heiliges Licht, als welches man es auch Herrlichkeit nennt, denn es ist ein
Licht von Majestät und Schönheit und reicher Pracht.
Darum heißt es: Deine Stimme ergeht mit Macht / und deine Stimme
ergeht mit Pracht. (Darum auch ist Gott der Erzvater aller Poesie der
Liebe. Darum ist der Geist der Liebe, der Heilige Geist, des Minnesangs
Erzvater, und er sang das Liebeslied der Liebeslieder und das
schmachtende Seufzen - voller Lob - des Mannes, der da „der Geliebte“
hieß.)
Und Gott reimte darum Pracht auf Macht, da er prächtig war in seiner
vollkommenen Vollmacht. Und Gott reimte darum Leben auf Weben, weil
er der Lebendige war, der bis auf den heutigen Tag webt in
Geisteswirkungen. Und Gott reimte darum Stangen auf Fangen, weil er,
der Leidenslose, leiden würde um unsres Heiles willen.
Und Gottes Wille ist der Wille zur Seligkeit und Glückseligkeit und zum
ewigen Heil, darum ist sein Wille heilig, und sein Wille ist heilig, weil er
der Wille des Heiligen ist, und sein Wille ist rein und heilig, weil es der
Wille der Liebe ist, der heiligen Liebe. Und nichts wird er wollen noch je
wollen können was außer der Liebe ist, denn sein Wille ist Liebe, sein
Herz ist Liebe, sein Geist ist Liebe, und sein ewiges Poem der Liebe ist der
menschenliebende Logos.
Diesen will ich mit schönen Worten besingen, denn er ist der schönen
Worte würdig, weil er der Herr der Herrlichkeit ist und der Schöpfer der
Schönheit. Ja, er ist des Preises würdig, denn er ist der Würdige, der
Erhabene, der in sich selber ruhte zu sein in ewiger Ruhe und war in
gleicher Ewigkeit zeugend wirksam.
Diesen will ich anbeten, denn er ist der Anbetungswürdige. Genügt es
nicht, daß geschrieben steht: Gott ist Liebe!? Wer anders sollte Anbetung
verdienen, als der die Liebe ist? Unser aller abgrundtiefste Sehnsucht ist
die Liebe, unser, die wir vor Grundsteinlegung der Welt im Herzen Gottes
waren, im Schoß des Schöpfers, im Gedenken seines Geistes.
Er sah alles voraus, da er die göttliche Weisheit ist und immerdar sein
wird, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Er ist allwissende Weisheit, und kein
Geheimnis ist ihm zu tief, nicht einmal das Geheimnis der Tiefe der
Gottheit (und was wäre so tief wie die Tiefe der Gottheit?) denn der Geist,
der Gott ist, ergründet die Tiefe der Gottheit. Dies vermag der Geist, denn
er ist Gott innewohnender Gott von Gott.
Siehe, er ist Ein Gott!
Siehe, er ist der Dreipersonale!
Siehe, er ist drei Personen in Einer Göttlichen Natur!
Oh Gott, anbeten will ich dich wie in meiner ersten Stunde im Reiche des
Lichtes, und darum laß mich Anteil haben an deiner Weisheit, die vor
deinem Throne - spielte! als Kind! Und auch ich bin Kind und will spielen.
Oh laß mich trinken von den Brüsten der Weisheit Erkenntnis um
Erkenntnis. Das weißt du, daß ich ein Kind im Glauben bin, im Glauben,
nicht im Schauen, ein Niemand noch im Schauen, aber einst ein
vollkommener Mann im Schauen, wenn ich schauen darf Dein Angesicht,
Allerschönster!
Gott, laß mich mit Hilfe deines Geistes der Erkenntnis die Weisheit selbst
erkennen tiefer und tiefer, die dein ewiger Sohn ist. Deine Weisheit, o
Gott, ist das Wort, das bei Gott war und Gott ist und unter uns wohnte.
Und der Geist des Wortes wohnt in meinem Herzen. Durch den Geist des
Wortes wohnt das Wort in meinem Herzen und durch das Wort wohnt Gott
in meinem Herzen. Liebe und Wahrheit und göttliche Weisheit wohnen in
meinem Herzen. Oh, Herr! das ist mir zu wunderbar!-
Du bist die Liebe, allmächtiger Gott, der du Recht zu allem hast, denn du
bist die Gerechtigkeit selbst. Es gibt keine Ungerechtigkeit bei dir oder in
dir, denn du bist die Wahrheit und ohne Fehl und Schuld. Denn du bist ein
heiliger Gott, ein reiner Gott. Du bist das ganze, allumfassende Geheimnis,
du bist der Einzige und ein einiger Gott.
Untrennbar bist du der Vater, der Logos, die heilige Liebe. Untrennbar bist
du das Licht, die Seligkeit, das ewige Heil. Untrennbar bist du die Freiheit,
der Trost, die herrliche Schönheit.
Dreiperonaler Gott, du, o Trinität in Union, sei angebeten von mir in alle
Ewigkeit!
Vater, lehre mich durch den Beistand deines Heiligen Geistes, der der
Geist deines Sohnes ist, ob du im Nichts lebtest? Wenn aber ein Nichts
gewesen wäre, in dem du lebtest, dann wäre ja auch noch etwas anderes
gewesen als du, nämlich das Nichts. So aber war weder Nichts noch Ichts,
sondern allein Gott.
Und Gott hatte sein Zuhause in Gott selbst, denn er ist der Zufluchtsort,
der Hort, die Burg. Gott ist sich selbst Heimat, denn der Sohn wohnt durch
den Geist im Herzen des Vaters, und der Vater wohnt durch den Geist im
Herzen des Sohnes, und der Sohn und der Vater lebt im Geist, der Gott ist.
So ist Gott in sich eine ruhende Ewigkeit.
Es gab auch keine Ewigkeit als eine lange, wenn auch sehr lange Folge
von Jahren, sondern es gab nur Gott. Und Gott bewegte sich, denn er
bewegte sich vom Vater zum Sohne, doch die Bewegung geschah nicht im
Raum, denn es gab keinen Raum, sondern im Geist, denn es war nichts als
Gott allein.
Hallelujah, Gott, ich will dich loben, dich, den ich meinen Herrn und
Gebieter nenne! Gott, mein lieber Vater, gewähre mir, mehr und mehr das
Wesen deiner heiligen Liebe zu ergründen, deiner ewigen Liebe, denn da
du die Liebe bist, bist du, o Ewiger, die ewige Liebe.
Und du hast deine Liebe offenbart, indem du offenbart hast, wie der Vater
den Sohn liebte. Immer in deines Herzens Allerheiligsten lebte der Sohn.
Immer ließ der Vater dem Sohn den Segen und die Salbung des Heiligen
Geistes zufließen, es war ein ewiger Fluß vom Vater zum Sohn, denn in
Ewigkeit, vor aller Zeit, zeugte der Vater den Sohn, darum gab es auch
keine Zeit oder Ewigkeit, in der der Sohn nicht wäre gewesen. Und
Zeugen ist das Wesen deiner Liebe, denn der Zeugende gibt vom Eigenen
dem Gezeugten, und deine Liebe ist ein unendliches Geben, darum ist
Geben seliger als Nehmen. Und Seligkeit ist der Kuß deiner Liebe, der
Kuß des Geistes, der Kuß der Liebe auf den Mund des geliebten Sohnes.
Und Seligkeit ist das Anschaun deines schönen Angesichtes, o Gott, und
niemand sah noch den Vater, als nur der Sohn, und wer den Sohn sieht,
sieht den Vater, denn der Abglanz deiner Herrlichkeit und Ausfluß deines
Lichtes, o Vater, ruht auf dem Angesicht des göttlichen Sohnes. Darum
begehre ich, o Herr, dein Angesicht zu schauen, denn dein Angesicht zu
schauen ist der Quell der ewigen Glückseligkeit!
(Gott vergebe mir die Torheit meiner Erkenntnis!)
Und der Sohn liebte, liebt und wird in alle Ewigkeit lieben den Vater, denn
er gab sich ganz hin, seine Liebe war völlige Hingabe. Und der Sohn
vollzog den heiligen Willen des ewigen Vaters, denn er erkannte, daß der
heilige Wille des ewigen Vaters der heilige Wille der ewigen Liebe war
und ist und ewig sein wird! Voller himmlischer Harmonie war das Herz
Gottes gestimmt, und die Harfe des Herzens Gottes spielte die Weise der
Liebe.
Und der Liebeskuß des Geistes ruht auf den Lippen des Sohnes, über
welche Anmut ausgegossen war, und das Herz des Sohnes schlug am
Herzen des Vaters, und der Geist war innigst verbunden mit dem Vater,
war inwendig in dem Sohne.
Und der Geist erkannte die Tiefe der Gottheit, denn er war der Geist aller
Erkenntnis. Und die Fülle der Erkenntnis war in dem Sohne, und der Geist
nahms vom Sohne und gabs durch den Sohn dem Vater wieder. Und der
Geist war der Geist des Dienens, denn der Sohn war ein Diener, denn
Liebe heißt dienen.
Gott vergebe mir, wo ich nicht würdig genug anbeten kann! Gott vergebe
mir, wo meine Worte von der göttlichen Wahrheit des wahren Glaubens
abirren! Ich bin Hauch, Staub, ein Geschöpf, eine Blume, ein bald welkes
Gras. Aber Gott ist von Ewigkeit zu Ewigkeit ein und derselbe, der
dreipersonale Eine Gott!
Du bist Licht, und in dir ist keine Finsternis, du wohnest in einem überaus
unzugänglichen Lichte, und der Sohn ist der Ausfluß und Abglanz dieses
Lichtes in solcher einzigartiger Weise, daß er selbst das Licht heißt. Du
bist rein, und in dir ist nichts Böses. Du bist die Liebe, und in dir ist kein
Haß auf irgendein Geschöpf deiner Liebe.
Du bist ein guter Gott, ja, niemand ist gut als Gott allein. Du heißest: der
gute Meister. Und in deinem Gutsein ist beschlossen die lauterste Güte.
Darum war und ist in deinem ewigen Reiche nur die Güte wirksam, die
Reinheit, das Gutsein, die Liebe. Du bist so gut, daß du die Lüge nicht
kennst, und alle deine Verheißungen sind wahrhaftig, und treu stehst du zu
ihnen. Denn du bist der Gott der Wahrheit, und dein Sohn ist die Wahrheit,
und dein Geist heißt der Geist, der in alle Wahrheit führt. Da du wahrhaftig
und wahrhaft und wahr bist, bist du auch vertrauenswürdig. Darum komm
ich mit meinem Vertrauen vor dich und verehre dich. Denn dich ehren, ist
die Quelle des Heils. Du heißest der, der da das Heil bringt, der Heiland,
der da rettet und Seligkeit bringt mit seinen durchbohrten Händen!
O Vater, deine Seligkeit besingen, das wollt ich gerne, dazu hilf mir bitte
durch den Beistand deines Heiligen Geistes! Deinen Sohn hast du
bestimmt zu leiden, um die Seligkeit für deine Geliebten zu erringen. Die
Seligkeit aller derer, die du schaffen wolltest, lag dir an deinem Herzen, so
sehr, daß du dir deinen eigenen Sohn vom Herzen rissest, wie der Pelikan
sich sein Herzblut herausreißt für seine Jungen, um Seligkeit zu erringen
für die Geliebten. Denn du wolltest und willst sie ewiglich an der Seligkeit
deines Herzens teilhaben lassen.
Und dein Herz ist voller Seligkeit, und dein Herz zu kosten, heißt das
Glück zu kosten, und dein Angesicht zu schauen, heißt die ewige
Glückseligkeit. Überschwengliche Freude verheißest du denen, die in dir
leben, in deinem Geiste und auf den Spuren deines Sohnes wandeln, ihnen
verheißest du: Ihr werdet euch noch freuen! und den treuen Knechten:
Gehet ein zu eures Herrn Freude!
Dich schauen, o Herr, von Angesicht zu Angesicht, heißt überfließende
Freude schöpfen aus dem Born des ewigen Lebens, heißt trinken den Wein
der ewigen Glückseligkeit, heißt sattwerden an den Früchten von den
Bäumen unsterblichen Jubels, heißt ewig zu genießen das Manna der
himmlischen Wonne!
Das Leid ist für die Zeit des Wimpernzuckens, aber Freude und
Glückseligkeit sind die ewige Schau, Aug in Auge, da wird kein Leid mehr
sein, kein Weinen aus das Weinen von Freudentränen, kein Schreien außer
der Jachzeschrei der Glückseligkeit, dann wird es, wie am ersten Tag des
Paradieses: Wonnen über Winnen tränken uns wie Ströme der
Glückseligkeit, sie strömen direkt aus dem Bronnen deines Herzens, o
Jesus, es sind ströme deines alleinseligmachenden Blutes!
Herr, du bist das Wort Gottes, die Lateiner sagen: das Verb, das ist den
Grammatikern das Tu-Wort, denn in dir offenbarte sich die mächtigste Tat
Gottes, die Erlösung und Errettung vieler. Du bist das Wort, der
ausgesprochene innere Sinn des Herzens Gottes. Du bist das Wort, der
manifest gewordene Gedanke des Geistes Gottes. Du bist das Wort,
vollendeter Ausdruck der Seele des Vaters, die ganze Liebe des Vaters ist
in dir beschlossen und ausgedrückt.
Du bist das Wort, das Liebeslied Gottes, die vollkommene Liebeslyrik.
Wie der Dichter in einem Wort seinen Gedanken ausspricht, seinen Geist
formuliert, so tat es Gott im Logos; denn Gott ist der Erz-Poet, und Jesus
ist sein Opus der Liebe, Jesus ist der Ausdruck der Liebe des Vaters, der
Liebe des Vaters, die er zu seinen Geliebten hat. Der Satz, der den Logos
ausdrückt, lautet: Gott ist Liebe, oder: Ich hab dich je und je geliebt.
Vater, du trägst den Titel El Shaddai, das ist der, an dem mein Geist und
meine Seele und mein Leib Genüge hat, du bist der: Genug. An dir hat
mein inwendiger Mensch sein Genüge, und gerade in dieser Zeit, da ich
Mangel leide, bist du mein Ein und Alles. Da ich die Kreatur entbehren
muß, bist du der, der mich erfüllen möge mit seinem Geist der Liebe.
Herr, ich begehre deine Herrlichkeit mehr als die vergängliche Herrlichkeit
eines schönen Geschöpfs, denn ich erkannte: Gott ist vielmal größer als
alle seine Geschöpfe zusammen, Gott ist vielmal schöner als sein
schönstes Geschöpf. Ich weiß nicht, welches Geschöpf sein schönstes
Geschöpf ist, und angenommen, es sei der Mensch, welcher Mensch ist
denn der schönste Mensch? Aber ein Geschöpf weiß ich, das in meinen
Augen sehr schön ist, und ist doch nur des Grases Blume und muß bald
davon, ist nur Hauch und Staub und weht dahin, und muß vielleicht, wie
Stroh, ach, ins Feuer! Erbarme dich, Herr, des schönen Geschöpfes!
Und nun, was soll ich sagen, Herr? Ich steh an einer Weggabelung, da
stehen zwei Wegweiser, und auf beiden steht: der Weg schmerzlicher
Leiden! Und ich habe einen Weg zu gehen, ich weiß, der rechte Weg, der
Weg der Tugend und des Gehorsams, ist der Weg des Willens Gottes, aber
auch dieser erscheint mir als ein Leidensweg.
Darin will ich dir aber gehorsam sein, daß ich den Weg beschreite, und
deinen Geboten folgen, die mir diesen Weg weisen. Ich will, wie du es
geboten, mein Kreuz auf mich nehmen und es tragend den Weg
schmerzlicher Leiden beschreiten und es tragend dich preisen und
verherrlichen, o du herrlicher Gott!
Du wirst mit mir diesen Weg der Schmerzen gehen, wirst dich unter mein
Kreuz stellen und mir tragen helfen, so daß ich dein Joch trage, und es ist
leicht, und die Trübsal ist zeitlich und vergänglich, und die Trübsal ist
leicht im Vergleich zur ewigen Glückseligkeit, die bei Gott ist, an der ich
teilözuhaben erhoffe im Glauben an den Retter, den ich zu schauen sehr
begehre! Hallelujah an dem Tage der Schau!
Herr Jesus, du Licht vom unerschaffnen Lichte, selber unerschaffnes Licht,
gezeugt vom Gott des Lichtes, komm mit deinem Licht in meine
Dunkelheit! Herr, du verheißest denen, die dir vertrauen, daß die
Tautropfen deiner Gnade ihre Wüste zu einem Garten macht, daß ihre
Seele wie ein bewässerter Garten blüht und Frucht bringt!
Und der Heilige Geist sprach mit leiser sanfter Stimme zum Vater: „Was
sinnest du? Ich weiß wohl, was du sinnest.“ Und der Vater sprach mit einer
Stimme wie lindes Wetter: „Ich sinne, eine Schöpfung zu schaffen.“ Und
der Sohn sprach mit mildem Tone: „In mir und durch mich willst du eine
Schöpfung schaffen, Vater?“ Und der Vater antwortete dem Sohne: „Das
ist mein Wille, durch mein Wort eine Schöpfung zu schaffen, und es brüte
der Geist überm Chaos.“
Und der Heilige Geist sprach: „Herr, du weißt, wie die Dinge kommen
werden, denn du bist der Allwissende.“ Und der Vater sprach: „Ja, ich
weiß, daß meine Geschöpfe mich verlassen werden.“ Und der Sohn sprach
zum Vater mit der Stimme des Heiligen Geistes: „Und du wirst sie zu dir
zurückholen durch die Erlösung.“ Und der Vater lächelte, wie umwölkt:
„Mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe, ich werde dich drum
opfern müssen und hingeben an den Tod.“ Und der Heilige Geist fragte
den Vater: „Ich ich werde erwecke als Geist des Lebens den Sohn?“ Und
der Vater bestätigte: „Ja, Gott der Sohn, das Leben selbst, wird auferstehen
aus dem Reich des Todes.“
Und der Sohn lächelte und sprach zum Vater: „Vater, du siehst die
Geliebten, die du mir geben wirst.“ Und der Vater lächelte und seufzte:
„Ach, ich habe solche Sehnsucht nach meinen Kindern!“ Und der Heilige
Geist fragte den Sohn: „Lieber Sohn des Vaters, du wirst mich senden zu
den Kindern des Vaters?“ Und der Sohn sprach erhabner Stimme: „Ja,
geliebter Geist, ich werde dich senden vom Vater her mit Sausen und
Brausen, daß du wohnest in den Herzen der Kinder.“ Und der Heilige
Geist sprach zum Sohn: „Ich leite sie zu deiner Verherrlichung.“ Und der
Sohn erwiderte: „Ja, verändere sie, auf daß sie mir ähnlich werden und
werden vollkommene Ebenbilder der Gottheit.“
Und der Vater sprach: „Du willst ihr Meister und ihr Führer sein, und
wohinaus?“ Und der Sohn sprach: „In ihrer himmlischen Heimat mögen
sie alle, die du mir gibst, zu deinem Lobe und Preise ewig sein! Ich werde
sie dir zurückgeben, Vater, dann sei Gott alles in allem.“
Und der Vater und der Sohn und der Heilige Geist sprach: „Amen, Amen.“
2. Die Schöpfung

Am Anfang der Schöpfung breitete Gott durch sein Wort den Himmel der
Himmel aus wie einen bunten Teppich, und gründete auf dieser weiten
elysischen Flur einen herrlichen Palast, der kein Ende nahm. Und es ward
das Vaterhaus Gottes, und er wohnte darin und erleuchtete dasselbe durch
seine überaus schöne Herrlichkeit.
Und keiner der zu schaffenden Menschen, die auf Erden leben sollten, sah
dies Vaterhaus Gottes je bisher, aber es mußte herrlich sein, denn Gott
selbst wohnte in Pracht und Majestät. Und es war ihm nicht genung, denn
der Himmel der Himmel konnte nicht fassen die herrliche Schönheit
Gottes, also daß diese überfließend und überquellend war und sich ergoß
in weiteren Schöpfungen nach seinem Herzen.
Und er schuf den nächsten Himmel durch sein Wort, er sprach und er war
da, und es war ein Himmel, der trug den Abglanz seiner herrlichen
Schönheit, und es war das Heiligtum. Gottes Palast aber war das
Allerheiligste, in welchem Gott und das Lamm wohnte. In dem Heiligtum
des nächsten Himmels aber lebten, die er geschaffen durch sein Dichten,
die Himmlischen, welche fast so schön wie Gott.
Und die Himmlischen sahen auf von ihrem Himmel zum Himmel des
Himmels, und sie sahen eine überaus edle herrliche Schönheit das
Wohnhaus Gottes erleuchten, und es war eine so strahlende Schönheit, daß
es ihre Augen blendete. Darum verhüllten sie ihre Augen mit den Flügeln.
Sie verhüllten die Augen mit den Flügeln weniger vor dem Palast der
Himmlischen Unendlichkeit, als vielmehr vor der Schönheit Gottes selbst,
denn sie konnten die schmerzlich-schröckliche Schönheit Gottes zu
schauen nicht ertragen!
Aber sie dienten ihm allezeit und verehrten ihn und hoben ihre weiteren
Flügel, mit denen sie nicht ihre himmlischen Augen erhüllten, sie hoben
ihre Flügel auf zum Himmel der Himmel, hoben ihre Flügel auf zu Gott,
ihn zu preisen mit Lobgebärde.
Und ihre Flügel waren bedeckt mit tausend Augen, wie Schmetterlinge,
denn auf alle Arten und Weisen suchten sie Gott zu erkennen, wie er sie
erkannte, und sie suchten ihn zu schauen, und schauten seinen Sohn, der
war der Herr der Himmlischen Scharen, und sie nannten ihn Zevaoth, den
Gott der Scharen von heiligen Himmlischen!
Und Gott war schöpferisch gesonnen, da schuf er den dritten Himmel, und
es war der Himmel der Erde. Der war ebenfalls ein schöner Himmel, von
einem sanften milden Licht, denn Gott schuf das Licht. Er schuf, um das
Licht zu unterscheiden und die Zeit zu erschaffen, auch die Finsternis.
Und das Licht war überuas kostbar und leuchtender als die schönsten
Edelsteine, weißer Onyx und blauer Lapislazuli und lichtgrüner Smaragd,
oder als Lampione aus Elfenbein und Pergamentpapier. Und das Licht war
süßer als Honig und kostbarer als Gold. Und das Licht war das fließende
Licht der Gottheit, summend wie Bienen, und es war Licht vom
unerschaffnen Lichte, und es stieg herauf der Morgenglanz der Ewigkeit.
Und eie Finsternis war schwarze Nacht, und sie war wie schwarzer Samt
oder Katzenfell, und es war eine Nacht ohne Mond und Sterne. Es war
undurchdringliche Finsternis, und nichst und niemand war zu sehen. Nur
der Geist wehte... Und Gott durchschaute die dichte Finsternis und sah ihr
auf des Abgrunds Grund. Das war der Abyss.
Und Licht und Finsternis ebbten und fluteten wechselnd in harmonischen
Wellen an dem Himmel der Erde.
Die Erde aber war öde Wüste, chaotische Leere, es war auf ihr ein Tohu
und ein Bohu. Auf der Erde wohnte die unendliche Einsamkeit. Es war, als
wäre schon der Tod gewesen, aber es war der Anfang der allerersten
Schöpfung.
Weder entstand die Erde aus dem Lehm, den einer der Götter formte, noch
ward das Chaos von einer Schlange umschlungen und befruchtet wie ein
steinernes Ei, daß sie einen Affen gebäre, noch war die Erde selbst eine
Göttin Mutter, und auch war geschaffen die Erde nicht von einem bösen
Demiurgen, und schon gar nicht entstand die Erde aus Selbstbewegung
und Höherentwicklung aus dem knallenden Nichts. Sondern die Erde ward
geschaffen, weil Gott im Worte seines Sohnes sie schuf, durch diesen
Logos: Jhehi! Und Gott rief mit unendlichen Donnern: Veni creator
spiritus!
Und es kam der schöpferische Geist und schwebte auf dem Wasser. Denn
die Erde in ihrer Ödheit war bedeckt von dunklen Urfluten, welche
stürmten, brausten, wogten, brandeten und alles überfluteten, wie die
Sturmflut von Baltrum Norddeich überflutet, als der Poet ward gezeugt.
Und es waren die Wasser der Tiefe, die Abgrundbronnen, die Ozeane der
Erde, und die Wasser des Himmels, welche aus des Himmels Schleusen
stürzten, vom König der Fischer geöffnet. Und der heilige Geist, er
schwebte überm Wasser, wie eine Taube, und, wie manche Althebriden
sagen, brütete.
Er ist ja die Taube, die der Vater zu seinem Sohne sandte mit dem Briefe:
Ich hab dich lieb! Da darf man wohl auch sagen: Sie brütete, und er brütete
aus dem Chaos die Schöpfung aus, da Gott wollt schaffen aus dem Nichts
ein Ichts.
Alles Gute kommt von oben, und so kommt von oben der gute Geist, und
was entstand, das war, siehe, gut! Da waren Himmel und Erde und Licht
und Finsternis und die Wasser, über denen der weiße Vogel Gottes
schwebte. Und es brach herein der schönste Morgenglanz der Ewigkeit,
denn es war das erste Osterfest der ersten Liebe.
Und der Himmel der Erde und die Erde waren mit dem Vater erbunden
durch einen himmlischen Weg, den die Himmlischen immer beflogen, mit
ihren sechs Flügeln fliegend. Und sie bestaunten die Schönheit der
Schöpfung und freuten sich mit ihrem Schöpfer, daß alles, siehe, von solch
einer außerordentlichen Schönheit war.
Schön war das Licht des ersten Himmels, das Gott aus seinem lichten
Herzen, sich ähnlich erschaffen hatte, es berührte die Seele wie Musik von
goldenen Himmelsharfen, es floß wie die kristallenen Wasser des oberen
Himmels, es leuchtete wie das Ariel-Feuer auf dem Altare des Himmels.
Und schön war die Schönheit der Dunkelheit, denn es war eine Dunkelheit
wie Rabenfedern oder Salomos Haar, und es war eine Dunkelheit, die
schließen ließ aufs unendliche Geheimnis Gott, der selbst noch tausend
und abertausendmal unergründlicher ist als die geheimnisreichste Nacht
der Erde.
Und reich an Schönheit war auch der Chor der Wasserfluten und der Geist
über dem Wasser, die wie der Wind da wehten, denn Gott machte seine
Himmlischen zu einem wehenden, raunenden Wind. Und sie sangen über
den Wassern zusammen mit dem melodischen Rauschen der Wasser selbst,
die in Harmonie eintönten mit den oberen und den unteren Wassern, und
alles brauste wie ein Orgelspiel: Soli Deo Gloria!
Und die wunderschöne Kreation des Erdenschöpfers lag eingebettet in den
Wassern, ein Embryo mit einer sanften Seele in der Mutter Fruchtwasser,
und die Wasser waren angeblickt vom lichten Himmel.
Und in dem Himmel der Himmlischen entstand eine große Bewegung, ein
Rauschen von Myriaden Schwingen, welche alle leuchteten mit ihren
Abermyriaden Augen, und ein großes Chor entstand, ein Lob- und
Freudengesang ging aus von den Anbetungsstätten der Himmlischen,
welche Gott lobpreisten.
Gott hatte sie zu seinen Boten bestimmt, darum hießen sie: Engelinnen.
Und sie waren nach oben bestimmt zu dienen durch Anbetung dem
Allerhöchsten, und sie waren nach unten bestimmt, Botschaften von Gott
an die schönen Kreaturen auszutragen und den Kreaturen zu helfen, den
Kronen der Schöpfung, in Liebesgemeinschaft mit ihrem Schöpfer zu
bleiben.
Und da sie nach oben ihren Lobpreisdienst verrichteten, tönten sie zu den
goldenen himmlischen Harfen ein wunderschönes Werk von
Freudengesängen, und sie sangen Jubel über Jubel, denn es begann das
große Jubeljahr der Schöpfung.
Und sie verhüllten mit zween Schwingen die Augen (denn Gott war zu
schön) und sie verhüllten mit zween Flügeln ihre Leiber (denn sie waren
keusch) und sie hoben zween Schwingen zur Anbetung auf zum Himmel
der Himmel, wo Gott war und ist und sein wird. Und sie priesen ihn mit
allerschönsten Stimmen, welche nur Sterbende und Selige vernehmen.
Und es flutete auf ihr Chrous zu Zevaoth!
Und die Lobpreisengel Luzifer, der Träger des himmlischen Lichtes, und
Gabriel, der Künder, und Michael, der Erzritter, und Ariel, der Hüter des
Altares, standen unterhalb des Thrones Gottes und priesen ihn mit
herrlichem Lobgesang.
„Herr“, sprach der herrliche Luzifer, „du hast mich zu einem Engel der
Freiheit gemacht, zu einem freien Engel, und ich will dir meine Freiheit
darbringen zum Lobpreisopfer. Du hast mich zu einem Engel der
Schönheit gemacht, zu einem herrlichen, und ich will preisen deine
herrliche Schönheit, allmächtiger Gott!“
Weiter sang der schöne Morgenstern unter den Engeln: „Schöpfer der
Engel und der Himmel, ein wenig herrlicher als ich bist Du, denn dein
Thron ist um sieben Stufen höher als der heilige Berg der Versammlung
der Himmlischen. Sei du mein Gebieter, denn du bist der Allerhöchste,
hoch erhaben, würdig zu empfangen Lob und Preis von einem Engel, den
du schön gemacht.“
Und Gabriel, der Bote des Wortes Gottes, der einst grüßen wird die
Jungfrau Maria, hob an zu preisen den allmächtigen Gott: „O du Wort der
Schöpfung, ich preise dich, weil du dich herabbegeben, eine Schöpfung zu
schaffen von drei herrlichen Himmeln, einer wasserumgürteten Erde und
schönen Engeln, demutvollen Dienern und geringsten Knechten.“
Weiter pries der Künder Gottes, der Herold des Herrn, das Wort Gottes:
„Herr, in deiner weisheitvollen Vorsehung siehst du den Fall des
Menschen, und mich erwähltest du, die Kunde von ihrer Errettung zu
ihnen zu bringen. Dafür sei dir meiner Stimme Lob und Preis!“
Und Michael, der goldene Ritter unter den Himmlischen, pries mit einer
Stimme, die geschliffen war wie das Schwert des Geistes und mächtig wie
die Posaune des Jüngsten Tages: „Gewaltiger! Du bist meine Stärke, Herr,
und ich hab dich herzlich lieb! Du bist der allmächtige Gott, der zu allen
Tagen der Ewigkeit das Zepter in den Händen hält und die Kaisergewalt
nicht niederlegt, die Regierungsmacht über die Universen, zu keiner
Sekunde!“
Und weiter pries der starke und gewaltige Erzengel Gott: „Gott meiner
Stärke, du weißt vom Kommen des Bösen, aber uns rufst du zum Streite
gegen deine Feinde, dafür preis ich dich, o mein Gott, daß ich dir mit dem
ganzen Einsatz meines Lebens als streitbarer Schutzengel deines
tausendjährigen Friedens dienen darf, mit Schwert und Posaune, zu
errichten das Reich der Himmel auf Erden, daß hereinbricht auf die arme
Erde der Morgenglanz der Ewigkeit, ich darfs schauen, ich darfs schauen
und dich anbeten!“
Und Ariel, die Glut der Seraphim im Blicke, pries Gott, der die Liebe ist:
„O Vater, von Herzen lieb ich dich! Keiner ist so schön wie du, keiner ist
so sanft und gütig und gnädig wie du. Du bist die preisungswürdige
Weisheit, und dich zu lieben, Vater, ist niemals vergeblich und allein zum
ewigen Glück, denn herzlich liebst du deine guten Engel und den
Menschen, die zu modellieren willst.“
Und weiter pries Ariel Gott mit Feuer: „O Gott, welche Glut der Liebe hast
du mir ins Herz gegeben! Das ist das Feuer deines Altares, Herr, und du
selbst bist das Opfer, das sich in Liebe verzehrt wie in himmlischer Glut
der Passion! Gott, in deinem Sohn erweisest du deine Liebe, der wird
heißen: der Schönste der Menschenkinder! Und Gott, weckt nicht
Schönheit Liebe? Aber du liebst auch die entstellten, verkrüppelten,
blinden und lahmen Kreaturen, die aussätzigen, ekelerregenden,
widerlichen, lästerlichen, ja gottfeindlichen Menschen, den du, du bist die
Liebe!“
Und da war geworden aus Abend und Morgen der erste Tag der Schöpfung
vollendet.
Guter Gott, ich möchte gern ein Lob der Wasser schreiben, und ich würde
auch gern, so wie die alten Poeten es taten, die Muse dazu bitten, die Muse
Melpomene.
Herr, ich danke dir für das Wasser, dies der vier Elemente, welches der
Melancholien Element ist, denn die Melancholischen haben nah am
Wasser gebaut. Und die letzten Tage war mir manchesmal zum Schluchzen
und ich hätte gern das befreiende Naß in meinen Augen und auf meinen
Wangen gespürt. Darum wird mir, dem Manne Tor (das ist hebräisch und
heißt verdolmetscht Turteltaube) das Lob des Wassers zu einer Klage um
Lilith, auf die zu verzichten mir herbe Schmerzen macht. Aber ich weiß,
wenn ich leide nach deinem Willen, ich dafür Lohn der Seligkeit mehre,
denn die die weinen, werden dereinstmal lachen!
Aber nun bin ich zu müd und matt zum Lachen, und näher steht mir
melancholischer Dämmer und das traurige Denken an Lilith. Ich denke an
sie - o Lob des Wassers - wenn ich meine fiebrigen Glieder bade, die so
zerschlagen sind, daß sie im heißen Wasser vor Fieberschauern zittern.
Da denk ich an Lilith und sehne mich nach ihrem gütigen Beistand, aber
du gabst ihre Güte einem andern Hirten, daß wir nicht zueinander kommen
können, wie die Königskinder, zwischen denen sich ein tiefer Graben
befand - o Lob des Wassers.
Da ich nun in den dunklen Wassern der Seele dämmre mit müder
Traurigkeit - o Lob des Wassers - bitt ich dich, Herr, daß du mit dem
stärkeren Elemente kommst, mit Feuer, mich wiederzubeleben, wie dein
Sonnenfeuer das Jahr im Märzen immer wieder belebt, im Monden Abib.
Zum Zeichen dieser Hoffnung bekam ich von meinem Bruder heut ein
Bündel weißer Tulpen. Aber du weißt auch, wie gern ich diese Tulpen
weiterreichte an Lilith, daß sie sie mit Liebe ins Wasser stellte - o Lob des
Wassers - oder lieber noch eine einzige rote Rose. Aber leider nein! Drum
schluchz ich und ist mir weh zumute und meine Seele zerfließt wie ein
dunkler Strom - o Lob des Wassers.
Und wie denn soll ich vergessen ihre Schönheit? Reden die alten Poeten
von der Lethe, dem Fluß des Vergessens, der Psalmist auch vom Land des
Vergessens, aber Dante spricht vom Fluß der Erinnerung alles Guten und
Wahren und Schönen - o Lob des Wassers.
Reiße mich heraus aus dieses Elends tiefen Fluten - o Lob des Wassers -
und diesen stillen Meeren der Traurigkeit, und scheide die Wasser der
Melancholie und Depression von den Strömen der Wonne, und dann laß
mich baden in dem erneuernden Bad der Ströme der Wonne, daß sie da
mächtig brausen wie der hawaianische Ozean.
Herr, ich wüßte gern, ob du die oberen Wasser über der Feste, die du den
Himmel der Erde nanntest, gesammelt zum Gericht über die Menschen,
die du schaffen wolltest und von denen du wußtest in deiner Vorsehung -
ach! daß sie fallen würden?
Waren die oberen Wasser bestimmt für die Sintflut, die Sündflut, die die
Sünder hinwegschwemmen würde, alle Menschen bis auf den Einen und
seine Sieben? O großer erschröcklicher Gott!
Herr und Vater, ich darf mir kein Bild von dir machen, sagt dein zweites
Gebot. Und so leicht ist es, sich von dir ein Bild zu machen, als eines
Despoten (der du nicht bist) oder eines allesversöhnenden Großvaters (der
du auch nicht bist), sondern du bist ein einiger Gott, den wir Menschen auf
Erden nie ganz erkennen werden, sondern für den Himmel ist uns
verheißen, daß wir dich erkennen, wie du uns erkennst, vollkommen.
Aber du hast dich offenbart in der Heiligen Schrift, und darin hast du dich
offenbart als ein Richter der Sünde, als einen zornigen Gott, der Adam aus
dem Paradies mit Eva vertrieb, der die große Flut ließ kommen, der Israel
nach Babylon ließ deportieren, und der, o Jesus, die Händler aus dem
heiligen Tempel zu Jerusalem mit Peitschen heraustrieb und die Pharisäer
nannte Otterngezücht: Wie wollt ihr sicher sein, daß ihr dem künftigen
Zorn entrinnet? Und es wird kommen der Tag des Herrn, da ergehen wird
der Zorn des Lammes, der da ausschenken wird in einem Taumelbecher
den Wein des Zornes Gottes über die Völker und Nationen und Könige
derselben und die große Hure.
Vater, so darf ich dich weiterhin nennen und will dir vertrauen, auch wenn
ich dich nicht immer verstehe. Mit den gewaltigen Wassern über der Feste
des Himmels hast du es niederschütten so lange, und die Wasser der Erde
stiegen über die höchsten Berge sieben Meter, daß Sünder und Vieh darin
ertrunken, bis auf die Gerechten, Noah und seine Familie in der Arche.
Und in der Arche des Glaubens an Jesus Christus ist es möglich, dem
kommenden Zorn zu entrinnen, und in jenes Land zu kommen, wo der
Gerettete wird wie Noah unter einem Weinstock sitzen, denn wir werden
dort mit dem Herrn und Meister trinken vom Gewächs des Weinstocks,
uralten, besten Wein beim Hochzeitsmahl des Lammes.
Von den Wassern will ich dir singen, o Lamm, du Retter meiner Seele!
Hat nicht der Regen, der in Friesland so oft darniedergeht, mich oft
zuhause in meinem Zimmer sitzen lassen bei herbstlichen sauren Äpfeln,
und ich vergrub mich in die schönsten Kinderbücher, daß ich die Welt der
Phantasie bereisen konnte mit dem Segelboot meiner Seele?
Und wie schön war es auch heute, nach langer krankheitsbedingter
Einsamkeit, der Gang durch die dunklen regennassen Labyrinthe der
Innenstadt, da mit so viele wunderschöne Menschen entgegenkamen,
anmutige Männinnen, die den Kragen hochschlugen gegen den nassen
Wind?
Und hast du denn auch am zweiten Tag den Schnee gemacht? Wie herrlich
ist doch der Schnee! So herrlich, daß er mit dem erscheinenden Christus,
wie er selbst sich dem Johannes offenbarte, in Verbindung gebracht wird.
Und wie lieblich und überaus zart und anmutig ist doch der feinste
Schneepuder oder Schneestaub auf den braunen Wimpern eines Mädchens,
wenn es den Liebenden mit den flockigsten Bällen bewirft, lachend, und
sein Herz verzaubert.
Der Schnee, wenn er die Landschaft einweißt, und wenn dann der Himmel
blau und die Sonne weißgolden ist, er hat so einen schönen Abglanz von
der Herrlichkeit Gottes, daß er zu Recht vom Seher als Christi Gewand
geschaut ward. Und er kann nach langem grauen Regen des norddeutschen
Dezembers im tiefsten Winter dann der Seele wieder etwas vom herrlichen
Lichte geben, das unsre Seele so dringend braucht, und braucht nicht nur
das Licht von Schnee und Sonne, sondern das Licht vom Lichte selbst.
Und wie schön wars, in Friesland am Deich spazieren zu gehn, durch das
Maisfeld zum Deich, und dort die Nordsee zu sehn, die manche den
Blanken Hans nennen, mir begegnete sie wie ein silbermatter Spiegel, in
dem der alte grauhaarige Wolkenhimmel sich betrachtete und seine Falten
mit Freude zählte. Und mir war sie wie das Land von kleinen
weißhäutigen Meermädchen, welche auf kleinen schimmelweißen
Seepferdchen aus schaumiger Gischt ans Ufer ritten, um dort mit den
Menschenkindern zu spielen, daß die Mannen in ihrer Philosophie nicht
Lebensfreude vergessen. Denn schöne Mädchen sind ein Quell von
Lebensfreude.
Dies alles trifft die Gewalttat des zweiten Schöpfungstages nicht, gewiß,
ich leb ja in gefallener Schöpfung, und die Wasser, die du, Herr,
sammeltest und voneinander schiedst, die aren in nichtgefallner
Schöpfung. Aber in der Schönheit der gefallnen Schöpfung liegt ein
Abglanz und ein Vorschein heiler Schöpfung, wenn man mit Sehnsucht
und Liebe des Herzens schaut.
Und mit Liebe zum Schöpfer vollendet sich der zweite Tag.
Du, Herr, sammeltest die Wasser des Euphrat, der am Ararat entsprang, die
Wasser des Tigris, der das Zweistromland bewässerte, in dessen
Fruchtbarkeit die Schrift entstand, und Gihon und Pischon strömten in
Eden.
Du ließest entstehen den Quell der Donau, über welchen Hölderlin eine
orgelnde Hymne dichtete, die mir, bevor ich dich kannte, Religion war auf
dem Weg zu dir; und den Vater Rhein, den Strom der deutschen
Märchenerde; und den Neckar, an welchem der Turm von Tübingen ruht.
Du ließest den Quell des gelben Vaters Ägyptens, des lotossäumigen
Nilstroms, im Dunkeln, und ließest die Wasser sich sammeln zum
schwarzen Niger. Die Amazone des Urwalds, den Amazonas, ließest du
werden, und den herrlichen Jangtsekiang (den Blauen Strom) und den
Huanghe (den Gelben Strom) und Majia-He im Reich der Mitte.
Die Rote See machtest du nicht rot. Das Mittelmeer ließest du schaumige
Muscheln tragen. Du teiltest die See, wie man einen Apfel hälftet, und
winktest auf dem Meer mit weißer Hand.
Du ließest werden Ems und Weser meiner Heimat, und die jadegrüne Jade
Frieslands. Du ließest werden die Nordsee, mit dem warmen Golfstrom,
und den Atlantik, den Stillen Ozean mit seinem pazifischen Frieden und
die Indische See mit schönen fruchtbaren Inseln.
Du ließest sich sammeln die Thamis, wo der schwarze Schwan von Avon
singen wird, die Mündung der brabantischen Schelde, wo der
Schwanenritter erschien, und den Schwanenteich zu Norden, wo ein
einsamer Poet in Trauer wandelte - bei den Trauerschwänen beschwör ich
dich, Geliebte!
Und die Jungfrau Terra, rund wie das Schönheitsideal der Tang-Zeit, zog
den Schleier der silbernen Wasser zur Seite und offenbarte ein herrliches
Antlitz, schwarz wie eine schwarze Madonna oder schwarze Jade; mit
Nasenbergen, Wangenhügeln, Augenteichen, Kinriffen, Ohrgrotten und
Lippenwellen. Und die Stirn war umweht von rosigem Wolkenhaar. Und
siehe, sie war schön. An ihrer Stirn trug sie ein Diadem, das heilige Land
von Jerusalem, die Stadt des Morgensternes.
Und Terra trat, die schöne Jungfrau, wie eine meergeborene Göttin
(gezeugt aus des himmlischen Vaters Liebe) mit einem Fuß an den
schwarzen Sandstrand von La Palma. Und sie wanderte zum goldnen Sand
der Sahara (die Erde war wüst) und zum Atlasgebirge, das den Himmel zu
tragen schien wie ein Titane.
Und ihre Brust war der Himalaya. Und ihre Scham (und sie schämte sich
nicht) der Jungfraunberg der Alpen. Ihre Finger waren die Five Mountains.
Ihr Nabel aber, in welchem eine Perle ruhte, war der Merg Moria, denn er
ist der Nabel der Welt, da dort der heilige Tempel des Allerhöchste würde
stehn.
Schöpfer, Gott, du schufest wie ein Künstler, mit jedem Schritt des Werkes
zufrieden und dennoch von kreativer Unruhe weitergetrieben. Ruhe
fändest du erst, wenn dein großer Plan eines Schöpfungsromans in sieben
Kapiteln zuende gebracht. Und auch ich will mich freuen an jedem Tag,
den du werden läßt, und schaffen in meiner Dichterarbeit.
Auch du, Herr, tust bis auf den heutigen Tag deine Werke. Dennoch bin ich
nicht wie du. Ich schaffe aus Vorhandenem, aus Geist und Natur, aus
Kultur und Seele, aus Tag und Traum, aber du, o Gott, du schufest Himmel
und Erde und alles Lebende aus dem Nichts.
Danke, Gott, daß du auf den herrlichen Gedanken gekommen, die Erde zu
schaffen!
Und du, o Schöpfer, bist herrlicher und gewaltiger als deine Schöpfung
von Himmel und Erde. Groß und herrlich bist du und nie genug zu preisen.
In Ewigkeit wird mir der Lobpreis nicht enden, Herr, du Gott des
Himmels!
Und den Poeten schufest du zu deinem Ebenbilde, du legtest
schöpferisches Vermögen in ihn, gabest ihm die Gabe aus Gnade, kreativ
zu sein, gabest Phantasie und Verstand und Glauben, dich als den Geber
aller guten Gaben zu verherrlichen.
Himmel und Erde und Meere, sie scheinen mir wie ein Mythos, sie sind
Fingerzeige und Hinweise auf die Wahrheit, sie sind nicht die Wahrheit
selbst, sondern Schatten der Idee, denn du, o Jesus, bist die Wahrheit
selbst.
Darum laß mich bei aller Mythe nicht vergessen, daß du mein Gott bist,
mein Schöpfer und mein Erlöser und mein Tröster, und dir allein will ich
alle Mythen opfern und sie zu Füßen deines heiligen Thrones im Himmel
dankbar niederlegen.
Ach mein Gott! Mir schien, Gott sei ungnädig und hart, kalt und fern. Ich
verzweifelte an der Wirksamkeit der Gebete, und meinte, Gott erhöre
meine Gebete nicht. Aber dann warf ich mich weinend aufs Angesicht und
betete: „Vater, Vater...“ Und ich bat den Herrn Jesus um seinen Trost, den
heiligen Tröster. Und ich unterwarf mich Gott als sein Knecht.
Und Gott tröstete mich durch seinen Heiligen Geist, der in mir wohnt,
Christus in mir. Und Gott sandte meinen Bruder im Herrn vorbei, der
sagte, mein Dichten sei ein Sammeln von Schätzen im Himmel, denn ich
tät es ja zu Lob und Ehre Gottes. Wer den Lohn nicht auf der Erde hat, der
hat aber ewigen Lohn im Himmel, und dieser Lohn wird größer, goldener
und süßer sein.
Darum preise ich dich, daß ich für dich leiden darf, leiden an meinem
Leben, meinem armen Dasein, und dein Geist befeuert in mir die
Sehnsucht nach deines Sohnes herrlicher Wiederkunft und der Entrückung
in die Lüfte; dein Geist befeuert in mir die Sehnsucht, die heiße Sehnsucht
nach dem ewigen Leben im Paradies, in der schönen Jeruschalajim, der
hochgebauten Stadt. Ach, wär die Stunde da!
Dann wollt ich weiter dich preisen, aber besser, heiliger und
vollkommener, denn du bist der Leiter meines Lebens, der Erlöser meines
Geistes und Leibes und der Tröster meiner Seele und Gemütes. Du bist der
Herr! Du bist die Majestät im Himmel, die Lobpreis verdient, und von der
ich den Lohn allen süßen Trostes und herrlicher Glückseligkeit dankbar
empfangen darf in der Stunde, da ich meinem Heiland gegenüberstehe.
Herr Jesus, ich grüße dich mit dem Kuß der Liebe, und ich bitte dich
demütig, daß du weiterhin all mein Dichten leiten und erfüllen mögest mit
deinem Geist, der mir sagt, daß alles, was lieblich und wohllautend und
eine Tugend, bei mir sein soll.
Du schufest den Ozean des Nordens mit seinem eiskalten Glanz, seiner
metallenen Härte und silbernen Unterkühltheit, mit seinen herrischen
Fluten, seinem männlichen Brausen, wie einen kaltherzigen Frostriesen
machtest du das nördliche Meer, wie einen rationalen Engländer oder
einen germanischen Donnergötzen, der polternd durch die Eisweiten reitet.
Du schufest den Ozean des Südens mit seinen heißen Fluten, seinen
fließenden Silberblicken, seinen geöffneten feuchten Wellenlippen,
stöhnend vor Brunst, wallend vor Leidenschaft, schwülstig in seinem
Aufwallen von stürmischen Gefühlen, welche branden wie ein Meer aus
Feuer, eine wütende See der Leidenschaft, wie einen italienischen Poeten
machtest du den südlichen Ozean, wenn er seine Madonna mit
schluchzendem Mandolinenlaut besingt oder wie eine mittelmeerische
schaumhafte Liebesgöttin, welche bloß und schön auf ihrer Muschel
einherzieht.
Und mitten zwischen ihnen legtest du den Weg der Erde frei, den goldenen
Mittelweg, und da gabest du der Erde Verstand und Gefühl, Leidenschaft
und Vernunft, Poesie und Philosophie, Theologie und Minne, und du
ließest über die Erde kommen drei Zeitalter der Sehnsucht: das Zeitalter
der großen Mythe von der Insel der Glückseligkeit, das Zeitalter der
Jungfrau süßer Minne und das Zeitalter der romantischen Natur mit der
unendlichen Sehnsucht nach dem Ewigen.
Und auch ich, ich wandle auf dieser Erde, die ihre Sehnsucht durch das
Jammertal trägt, daß das Jammertal zu einem Quellgrund wird, und es
fließen daselbst die Brünnlein der Hoffnung, der Hoffnung auf den
Himmel, der Hoffnung auf die Fluten göttlicher Liebe, der Hoffnung auf
das Paradies, und alle Hoffnungen münden in Eine ein, daß ist die
Hoffnung auf die Erkenntnis des Herzens Gottes!
Den Blumenstrauß, den der Hebräer Tor gern der fernen Lilith gebracht
hätte, da er sie liebte, diesen bring ich nun dem dar, der der Schöpfer der
Blumen, und nicht nur der Blumen, sondern auch von Kraut und Gras und
allerlei Bäumen.
Pfingstrosen Chinas schuf der Herr in seiner weisen Voraussicht als
Verheißung auf die Erweckung im Reich der Mitte und als Zierde für den
Päonienblütenpalais von Guefe, der schönsten Frau der Tang!
Lilien schuf der Herr in seiner großen Reinheit zum Zeichen für die
Tugend der klugen Jungfraun, zum Bilde für die großen Mondaugen eines
schönen Weibes.
Rosen schuf der Herr in seiner großen Liebe, und er gab sie den
Menschen, um die Liebe zu ihrer Geliebten in feuriger Minne
auszudrücken. Und er machte ihre Schönheit mit dem Dorn zum Sinnbild
der geheiligten Sünderin. Und er ließ sie blühen im purpurnen Blute, denn
an dem Dorn des Kreuzes vergoß der Herr sein Blut und bewies damit die
Liebe Gottes zu allen Kreaturen.
Veilchen schuf der Herr in seiner unendlichen Barmherzigkeit als Blume
für die lieben Großmütter und ebenso zum Bilde für die veilchenaugigen
Griechinnen, welche anmutige Schwestern sind, und zum Gefäß eines
herrlichen Duftes, der wie Weihrauch aufsteigt mit den Gebeten der
Heiligen.
Vergißmeinnicht schuf der Herr, damit der Mann in seiner unerwiderten
Liebe nicht den Tröster vergesse, der ihm alle Tränen von Wimpern und
Wangen küssen will mit seinen Feuerlippen und Balsammunde.
Passionsblumen schuf der Herr in seiner großen Hingabe an seine
Geschöpfe zur Erinnerung an die Passion seines Sohnes Jesus Christus.
Nelken schuf der Herr in seiner großen Zuneigung für alle jene, welche
Liebe fühlen, aber nicht ausdrücken dürfen, orangene Nelken, welche wie
Morgenröte glühen, verschwiegene Schwestern der roten Rosen.
Und die Bergamotten-Orange schuf Gott an diesem Tage zum Zeichen für
Salomos Liebe, der der Fürst der Liebe geheißen ist, und ein Vorschatte
war des Sohnes, denn die Bergamotten-Orange ist immergrün wie Christus
ewig, und seine Frucht erfrischend.
Die Eiche schuf Gott und den ganzen Eichgrund, auf daß darin
dereinstmalen David dürfe wandelnd, und die Herrschaft seines Sohnes
währe ewig!
Die Blutbuche schuf Gott mit großer Trauer um den Mann Tor, der sich
unter die Blutbuche legen wird und sein Leben auszuhauchen hofft, aber
„Gott fand ihn in seinem Blute liegen und beschloß bei sich, er solle leben
und schön werden“!
Den Wacholder schuf Gott mit Trauer und Versprechen von Trost, auf daß
Elia eines Tages, wenn er sterben wird wollen, daselbst von einem Engel
Gottes gestärkt wird und getröstet mit schlichten, schlichten Dingen, die so
kostbar sind.
Die Zeder schuf Gott an diesem Tag als einen König der Bäume, denn es
wird die Zeder sein ein Zeichen für den Gerechten, welcher alle andern
Menschen überragt. Unter Zedern wird der Fürst der Liebe lagern und
seine Liebe seiner Braut bezeugen.
Die Zypresse schuf Gott an diesem Tage mit großer Liebe für die
Griechen, welche sich am Tage des Todes ihrer Geliebten mit
Zypressenzweigen das Haupt bekränzen und heulen und klagen wie
Klageweiber, denn noch war ihnen der sterbende und auferstehende Gott
in Wahrheit nicht begegnet, der Sieger über den Tod.
Die Myrte schuf Gott an diesem Tage für alle Liebenden, denn in ihrer
Liebe, der Liebe eines Mannes zu einer Frau, hatte Gott ein Abbild
geschaffen seiner Liebe zu seinem himmlischen Volk.
Die Myrrhe schuf Gott mit großer Freude an diesem Tage, und die Narde
in Indien ebenso, denn es würde gebraucht das Harz derselben zum
heiligen Öl für den Propheten, Priester und König, welcher Gesalbter des
Herrn heißt.
Das Gras und des Grases Blume schuf Gott an diesem Tage zum Zeichen
der Demut und Erkenntnis für seine sterblich gewordenen Menschen, denn
sie sollten erkennen, daß des Menschen Leben ist wie Gras und Grases
Blume (die Gänseblümchen auf dem Rasen): Am Morgen und Mittag
wenden sie ihre Häupter und Spitzen der Sonne zu, aber am Abend werden
sie welk und gemäht.
Und sie müssen davon.
Darum lehre mich bedenken, daß ich sterben muß, auf daß ich klug werde
und nach dir frage, Herr, denn du schauest vom Himmel, ob einer der
Menschen klug sei und nach dir frage. Denn wer nach dir fragt, der wird
gewißlich Antwort finden, und wer suchet und bittet und anklopfet, der
wird finden und empfangen und ihm wird aufgetan das Tor zum
himmlischen Jerusalem, so er stirbt in deinem Namen, Jesus.
Und du schufest an diesem Tage auch die Ähren mit ihren goldenen
Halmen, und es ward noch kein Unkraut zwischen den Weizen gesät, denn
noch war der Feind nicht auf den Plan der Heilsgeschichte getreten. Der
Weizen und der Roggen, die Gerste und der Reis, das Sorghum-Korn und
Mais und Hirse und Cous Cous, alle geriten wohl und neigten sich demütig
vor dem sanften Winde, deinem sanften Geiste.
Und zahllos wie die Halme der Gräser auf den weiten Wiesenebenen von
Scharon wird sein die Zahl der Heiligen und Erlösten in der neuen Stadt
am Ende der Zeit, eine unzählige Zahl, und der Same Abrahams, des
Vaters des Glaubens, wird unzählig sein wie die Staubkörner auf der Erde,
die Sandkörner am Meer und die Sterne am Himmel.
Und so atmete aus mit purpurner Glut des Abends der dritte Tag sein
Leben, um sich Gott als Opfer darzubringen.-
Und am Himmel flog hin der Adlerstern. Der Adler war an Jovis’ Throne,
trug seine Befehle und seine Blitze aus. Er holte den griechischen Jüngling
Ganymedes in den Himmel des Jovis, indem er ihn ergriff und in die Höhe
riß: auf Adelers Fittichen, wie es im Liede heißt. Und Ganymed ward
Mundschenk des Göttervaters. Und darum, weil die Seele hinaufsteigt in
ihre Heimat, ließen die Griechen einen Adler aus dem Feuer steigen, wenn
des Toten Glieder Asche wurden. Weil er den allwissenden Adler, der
allein das Licht der Sonne schauen kann, liebte, ließ Jovis ihn an das
Firmament versetzen, wo er in der Milchstraße, nah am Äquator, steht. Er
besteht aus drei Sternen, zum Lobe der Dreieinigkeit, die alle in gleicher
Entfernung von einander stehen; der mittlerste der drei (wie bei den drei
Engeln, die Abraham im Hain Mamre begegneten, der mittlere Engel der
Engel des Herrn war) ist Atair, ein Stern der ersten Größe.
Und am Himmel schuf der Höchste Capella im Sternbild des Fuhrmanns,
und Capella war der himmlische Name der Jungfrau Aega, welche in einer
Höhle ein Kind aufzog, das war Jovis, der geboren worden auf Kreta. Sie
hatte solchen Glanz, daß sie die Giganten blendete, da diese den Himmel
stürmen wollten. Dieser Glanz kam von der Gnade Jovis’, da sie ihn auf
Kreta aufzog, und zum Lohne dafür versetzte er sie ans Firmament. Von
ihr wird auch gesagt, daß sie die Braut des syrinxspielenden Gottes war.
Und am Himmel tauchte Ambrosia auf, eine der sieben Plejaden, der
Töchter des Heroen, der den Himmel auf seinen Schultern trug, Atlas
geheißen von den Griechen. Weil Ambrosia an den Himmel versetzt ward,
ward das Himmelsbrot der unsterblichen Götter Ambrosia genannt, denn
am Himmel ward auch sie mit demselben gespeist, wie es zum Trank den
himmlischen Nektar gab.
Die Plejade Maja ward von Orion sieben Jahre lang umworben, bis sich
Jovis über sie erbarmte (und über ihre triefaugige Schwester Merope) und
sie als Plejade an den Himmel versetzte. Ihre Schwester Electra aber,
dieselbe wird genannt eine Braut des Höchsten, Jovis’ Braut, und darum
ward auch sie zu den Himmlischen gerechnet und bildet mit ihren
Schwestern das Siebengestirn. Die Römer nannten die Plejadenschwestern
Vergiliae, das heißt verdolmetscht Frühlingsgestirn, weil der Frühling die
Jahreszeit der Liebe ist.
Und unter den celestialen Lichtern waren auch zu finden Cassiopeia und
Andromeda, ihre Tochter. Da Cassiopeia stolz war und sich für schöner
hielt als die Meeresnymphen, ward ihre Tochter Andromeda an einen
Felsen gebunden und einem Meeresdrachen ausgeliefert, dem Leviathan.
Sie war schon verdammt, und der Leviathan nahte bereits, als der herrliche
Heros Perseus nahte, ausgestattet mit göttlicher Rüstung, und befreite
Andromeda aus ihren Ketten, rettete sie vorm Rahab-Drachen und freite
sie zur Braut und führte sie in sein Vaterland. Jovis aber versetzte sie (und
ihre Mutter, die späzter Buße tat, als sie sah, daß ihrem Hochmut der Fall
der Tochter gefolgt war) an das Firmament.
Und am Himmel entstanden die vier Gegenden mit ihren Sternen und
Bildern, und die südliche Himmelsgegend ward Antica genannt, die
nördliche Postica, die östliche Antesinistra (der Himmel der Sinesen) und
der Westen Antedexira.
Und am Himmel, aus Gnade und Erbarmen des Höchsten, ist auch
Antinous zu finden, der schönste Jüngling, welcher den Kaiser des Orients
liebte, und aus religiösem Wahnsinn und übergroßer Schwermut ertrank er
im gelben Fluß. Sein Sternbild ist auf der nördlichen Halbkugel zu finden
und besteht aus neunzehn Sternen, wovon einer veränderlich ist, wie auch
des Antinous Gemüt je nach dem Stand der Frühlings- oder Herbststerne
veränderlich war.
Und es ward am Himmelsfirmament der Ara-Altar gefunden, den einige
als einen Opfertisch und andere als ein Weihrauchgefäß darstellen, und auf
diesem Altar sollen die unsterblichen Götter geopfert haben, bevor sie zum
Kampfe gegen die dämonischen Cyclopen auszogen. Und darum besteht
der Altar auch aus sieben Sternen, der Zahl der himmlischen
Vollkommenheit, oder aus vier Sternen, der Zahl der Gestalten vor dem
Throne des Höchsten und der Zahl der Bücher des Lebens.
Und am Himmel ist auch zu finden das Bild des Arcas, der der Stammvater
aller Arkadier wurde, die in dem Hirtenlande Arkadien lebten (auch ich
war in Arcadia). Er war ein Sohn Jovis’ und wurde von einem Wüterich
geschlachtet, dem Jovis zum Mahl vorgesetzt, um zu sehen, ob dieser ein
Gott sei; derselbe aber machte Arcas wieder lebendig und ließ ihn in den
Tempel des Jovis eintreten, von wo er ihn an den Himmel versetzte (und
seine Mutter Callisto ebenfalls): die große Bärin und der Bärenhüter.
Und Arcturus ward am Himmel gefunden, den die Araber Hüter des
Himmels nennen (Haris el Semä), von dem aber auch Ben Jonson meinte,
er sei der verherrlichte Arthur, König des Grales auf der Insel der Seligen,
Avalon.
Und die Argo, das Schiff, mit dem die Argonauten ausfuhren, das goldene
Vlies zu finden (ein Vorschatte des reinen unbefleckten Lammes Christus),
dieses Schiff ward zu seinem ewigen Ruhm ans Firmament versetzt.
Und die Jungfrau des Goldenen Zeitalters, Asträa, ward an den Himmel
versetzt, denn im Himmel herrscht ein ewiges Goldenes Zeitalter, da gibt
es keine Kriege, kein Leid und Geschrei und keinen Tod. Denn als auf der
Erde der Sündenfall stattgefunden hatte, verließ Asträa die Erde und
wandte sich dem Himmel zu (wie auch die Perser sagen, daß die Gottheit
der Liebe den Baum der Unsterblichkeit auf den Mond versetzte).
Auriga ward am Himmel glänzend gemacht, welcher mit seinen Ziegen (er
ist der Hirte) zum Teil in der Milchstraße steht und zum Teil auch
außerhalb derselben. Er steht zwischen den sieben atlantidischen
Jungfraun und der großen Bärin, der Mutter des Hirtenvaters Arkas.
Aurigas erster Stern kann als der glänzendste Stern des gesamten Himmels
gefunden werden.
Der Becher des Gottes aller Poeten steht am Himmel, westlich der
Jungfrau, mit 17o Grad gerader aufsteigung und hundertzwanzig und
einem Sternen. Es ist ein Becher mit Wein, denn in Raserei haben alle
Poeten als Propheten geweissagt (und sie sind Propheten, denn sie sind
Jünger des Sohnes Gottes).
Berenice war eine ägyptische Jungfrau, welche einen Mann mit großer
Treue liebte, und als er in den Krieg zog, schnitt sie sich das lange Haar
mit herrlichen Locken ab und brachte es in den Tempel der Gottheit der
Liebe. Wo es aber nicht wieder gefunden ward, denn es war als das Haar
der Berenice an das Firmament versetzt worden, eine Sternschnuppe nah
am Schweife des Löwen, in vielen Nebeln verschleiert, denn das Haar
einer Jungfrau ist ihr Schleier. So haben die unsterblichen Götter des
Himmels die Treue wahrer Liebe gewürdigt.
Icarius war ein Hirte, der seinen Mitgenossen den Wein der Seligkeit zu
trinken gab, sie aber verschmähten die Heilkraft dieses Trankes und
erschlugen in lästerlicher Trunksucht und Wahnsinn den Hirten, der mit
seiner Tochter Erigone ans Firmament versetzt wurde: Icarius ist der
Bootes.
Brome war eine Nymphe, die den Gott des Weines und des mystischen
Brotes erzog, und ward von dessen Vater an den Himmel versetzt mit ihren
Schwestern als Hyaden.
Und über alle herrschte Chardaniel, wie die Juden den Engel nennen,
welcher der Engel des Firmamentes ist und sieben Myrionen Mal größer
ist als die andern Engel, er strahlt immerfort von zwölf weißen Blitzen.
Und eine Hyade war die Schwester des Hyas, der von einem wilden Tier
zerrissen worden, worüber sie und ihre Schwestern so weinen, daß sie
Regen bringen auf die Erde. Und ihr Name war Cleia.
Und Cygnus war der Sohn des Gottes der Seher. Und er starb aus großem
Leid, weil ihn sein Freund verlassen hatte. Er ward an den Himmel
versetzt, wo er mit dem Haupt nach unten (wie Petrus dereinst in Rom) am
Kreuz des Nordens hängt. Um seinetwillen ward der Schwan, der nicht zu
den unreinen Tieren des mosaischen Gesetzes zählt, sondern der
Kormoran, zum Lieblingstiere der Dichter erwählt. Denn der Schwan, wie
Platon sagt, singt, wenn er seinen Tod kommen sieht in Vorausschau, denn
er freut sich auf die Unsterblichkeit seiner Seele und sein Schwimmen in
den elysäischen Seen. Und darum wird der Schwan von den Chinesen auch
Himmlische Weißgans genannt.
Und da die Jünger der großen Gottheit diese loben mit Zymbeln und
Triangeln, ward die Triangel (Deltoton) an das Firmament versetzt, am Fuß
der Andromeda, die mit ihren klingenden Füßen Lobtanz tanzt, und nahe
am Widder, der geopfert ward an Isaaks statt.
Und zur Mahnung für alle Sünder, sich dem Bösen nicht länger
auszuliefern, sondern an den Retter Christus zu glauben, ward der Drache
ans Firmament geheftet mit feurigen Pfeilen. Er war der lenäische Drache,
welcher zehn Köpfe hatte und von Herkules getötet ward. Er war der
Drache, der in den hesperischen Gärten am Apfelbaum sich ringelte. Er
war der Drache, der aus der deukalionischen Flut auftauchte und den
ganzen Erdkreis versuchte. Er war sogar am Orakel des castilischen
Quells, von welchen giftverpesteten Wassern viele Dichter tranken, bis
Apollon den Drachen tötete, die kastalische Quelle reinigte, und Weisheit
zum Lobe und zur Verherrlichung des allmächtigen Gottes strömt nun
daraus. Ich selbst trank auch davon, es war süß - wie der Kuß meiner Muse
- und trunken von diesen „heilig-nüchternen Wassern“ sing ich nun
Christus meinen Lobpreis!
Und am Himmelsfirmament kniet ein Mann, den man Engonasi nennt, und
er kniet und streckt seine Arme zum himmlischen Vaters aus. Und er kniet
zwischen der Krone und der Leier. Und sein Mitknecht Opiuchos betet mit
an, ein gelber Stern, denn er war ein Asiat, mit den schwarzen Haaren des
nächtlichen Himmels, denn Gott wekcte ihn immer in der Nacht zur
Anbetung auf.
Und zwei Brüder, von denen der eine unsterblich und der andere sterblich,
waren am Firmament zu sehen, und der unsterbliche Zwilling trug eine
Lyra und der sterbliche Zwilling trug eine Keule. Und sie liebten einander
und ließen sich oftmals den friesischen Fischern sehen. Und sie wurden als
Sternbild Gemini genannt.
Und Hesperus liebte die atlantische Tochter Hesperis, die Hoffnungsreiche
ebenfalls ihn, der ihre Hoffnung war. Und er stieg auf den Berg, der den
Himmel trug (den Atlas) und ward in einem großen Sturme
hinweggerissen. Gott nannte den schönen Abendstern Hesperus, weil er
ihn nicht mehr Luzifer nennen wollte. Manchmal nennt man Hesperus, die
Hoffnung, auch Vesperstern, weil er gnädig lächelnd schaut aufs
Vespergebet.
Und die Ozeaniden oder Atlantiden (denn Atlantis im Ozean war die Insel
des Goldenen Zeitlaters) hießen: Arinoe, Ambrosia, Baccho, Bromia, Erato
(nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Muse der erotischen Lyrik),
Eruphia, Eudora, Cisseis, Coronis, Cardia, Nysa, Phäsyla, Polyhymno,
Polyxo, Phäo, Pytho und Synecho. Sie waren Geliebte des Gottes von
Wein und Brot, und wurden deshalb von dessen Vaters ans Firmament
versetzt.
Hydrochous ward am Himmelsfirmament gefunden, aber er leitete, der
Wassermann, kein neues Zeitalter ein, sondern er war nur Zeichen der
Herrlichkeit Christi, des Einzigen, der ein neues Zeitalter eingeleitet.
Die Krone, welche die Gottheit der Liebe einst der Jungfrau Ariadne zum
Geschenk gemacht, als sie sich mit dem herrlichen sterbenden und
wiederkehrenden Gott vermählte, die Krone ward an den Himmel versetzt
und wartet auf die Heiligen, als Krone des Lebens.
Und schließlich ward auch die Lyra jenes Poeten, der um seiner Geliebten
willen in die Unterwelt stieg, wiederkehrte ins Leben durch die Gnade
Gottes und schließlich von wilden rasenden Frauen zerrissen wurde, weil
er ihr Wollust- und Wahnlied nicht singen wollte, sondern wollte weiter
Gott im Himmel mit seiner Lyra preisen, an den Himmel versetzt. Seiner
Lyra wohnte und seinem Gesange solche Macht inne, daß Totes lebendig
wurde und Unbewegliches ihm folgte. Und er besang die unsterblichen
Götter in frommen Hymnen. Diese Lyra ist, wie alles Lyrisches sollte
Prophetisches sein, nah am Schwan zu finden (Cygnus am Kreuz des
Nordens). Und ihr hellster Stern heißt Wega. Es muß Wega einer der
unsterblichen Poeten sein, Dante oder Milton oder Klopstock. Oder ist
Wega eine der Musen, Beatrice oder Laura oder Diotima? Aber alle Sterne,
seien es Wega oder Sterne vierter Ordnung oder die vielen teleskopischen
Sterne, strahlen ihr geliehenes Licht dem Schöpfer zurück, der sich
geoffenbart hat in Christus dem Herrn! Ihm sein Lob und Preis und Ruhm,
jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit! Selah!
Sol (Sonne) trat hervor aus seinem Himmelszelt, wie ein Bräutigam, und
er wusch sich in dem Tau des Morgens, und er kämmte sein goldenes Haar.
Sein weißes Antlitz glänzte vor großer Herrlichkeit, und er legte die
goldene Rüstung an, schirrte die weißen Rosse vor seinen goldenen Wagen
und reiste zum Zenit, von dort aus seinem himmlischen Auge mit
glühendem Blick auf seine Braut zu schauen.
Und er warb um sie im Frühling, da seine Kraft die Rosen belebte, im
Maien, da sein mildes Leuchten die Apfelbäume blühen machte in
rosaweißem Blust, und er warb um sie im Sommer, da seine Hitze die
Nymphen in den Seen erfreute, daß sie sich badeten in der Wärme des
Tages, und er warb um sie mit seinem güldenen Glanz im Herbste, da das
Gold der Bäume wetteiferte mit dem Golde Sols, und da seine glühenden
Blicke auf den weißen Schleier des Nebels fielen, und er warb um sie im
Winter, da der weiße jungfräuliche Schnee mit dem Glanz der Reinheit
Antwort gab auf sein Werben und sagte: „Willst du mich treffen, mich
Frau Erde, so warte bis Frühling, und dann am Sonntag in der Frühe, da
werden wir uns treffen und gemeinsam das Blühen der Liebe feiern!“
Und Sol stand auf dem Gipfel des Himmels, und er vergoß das purpurne
Glühen seines Blutes, und er sank in die tiefe Nacht, am Morgen zu
erstehen, am Sonntagmorgen mit der Herrlichkeit des Morgensternes.
In der Nacht aber waltete die Jungfrau mit ihrem milden Antlitz, Luna, die
schöne Sandte. Sie hatte wahrlich ein Mondgesicht und trug ein weißes
Kleid, bestickt mit Tautropfen und der Zierde der diamantenen Sterne, die
aber verblassten vor der herrlichen Silberglorie ihrer Erscheinung. Und sie
lächelte lieblich zu dem träumerischen Hirten Endymion, der in Karien auf
dem Berge Lat in einer Höhle schlief, und sie küsste ihn mit ihren blassen
Lippen und ließ rinnen die kristallenen Augentropfen aus ihren
Lilienkelchen, und es waren Tropfen der Sehnsucht. Und Endymion
träumte von der Schönheit Lunas, wie sie wandelte am Meere des
Himmels, herzutrat zu ihm und ihn umarmte. Und er sah ihren
Keuschheitsgürtel, den sie um die Hüfte trug, und auf dem Gürtel war ein
Mondstein angebracht. Und die Nacht wob Lunas Haar wie einen
fließenden Schleier um ihr weißes Gesicht, in denen tiefe Augenkelche
schlummernd glänzten. Und Endymion floß über vor Wonne und
himmlischer Lust, denn es war ein so überaus sanftes Licht, das da vom
Antlitz Lunas ausging, und es war so eine romantische Süßigkeit auf ihren
lächlenden Lippen, und es war eine so selige Stille um ihn her, daß er das
leise Singen hörte, und es war das Singen der Nachtigall, die in einem
weißen Rosenbusche saß, und es war die Sprache Lunas:
„Nun biet ich dir Adieu, mein Lieber, denn ich muß scheiden! Ich muß
sinken in die feuchten Wellen der Zeit und untergehen in den Feuern des
Tages, weh mir! Ich klage und weine, siehe, meine kristallenen Tränen
tropfen aus den himmlischen Lilienkelchen auf den schlummernden
Busen, aber ich muß davon, und wir werden uns nimmer wiedersehen.
Adieu denn also, mein Lieber!“ Und Luna schied.
Und da schimmerte herauf die herrliche Morgenröte. Alle Vögel
Griechenlands und Israels, alle Vögel vom Indus bis zum Rhein, hoben
allezeit an, die Morgenröte zu grüßen. Sie streute mit ihren rosigen Armen
weiße und purpurne Rosen über die Flur. Sie trug in ihren langen goldenen
Locken Rosen- und Päonienblüten. Und im Haare, über der Stirn, trug sie
ein wunderbares Diadem, das war der Morgenstern.
Der Morgenstern, den die Heiden nach der schönen Venus benannten, war
geschaffen von Gott zum Gleichnis für den sterbenden und erstehenden
Christus. Er war derselbe wie der Abendstern, der in der Umnachtung sein
purpurnes Blut vergoß, durch die Grabesnacht wanderte, und in seiner
weißen Glorie am Morgen vom Schöpfer erweckt ward.
Und der Morgenstern funkelte in siebenfältig-weißem Licht mit seiner
kristallen-diamantenen Krone am Haupt des Himmels, und er sagte: Schau
mich an, aber anrühren kannst du mich nicht! Und Gott wird diesen
Morgenstern, der aufgegangen ist, in unsern Herzen leuchten lassen, ihr
Christen, denn es wird Christus in unsern Herzen wohnen durch den
Heiligen Geist.
Und Christus wird der Bräutigam sein, der da suchet seine Braut, das ist
sein himmlisches Volk, und Christus wird ihr Tröster sein, der bei allem
Liebesweh (wie Tor um Lilith weinte) der Trost und die Verheißung der
ewigen Seligkeit ist, und Christus wird kommen vom Haupt des Himmels
und uns, die wir an ihn glauben, auferstehen lassen zu ihm in den Äther
hinein, dort mit ihm zu leben in alle Ewigkeit, denn der Morgenstern hat
bereitet eine himmlische Stadt, die herrlicher ist als das Firmament, und es
wird darin wohnen eine Schar, größer als die Schar der Sterne am Himmel,
und die Stadt wird heißen: die neue Jerusalem und wird geheißen werden
mit einem neuen Namen.
Das alles war Gottes Plan, als er Sonne und Mond und Morgenstern und
alle Sterne erschaffen, den Menschen zu leuchten und die Zeit zu messen,
die am Ende aufgehen wird in Ewigkeit.
Damit endete der vierte Tag.
Und Gott schuf die liebliche Nachtigall und gab ihr eine himmlische
Stimme. Und der jugendliche Nachtigallsänger sehnte sich nach der Rose,
welche in purpurnen Farben süß duftete und im Herbste so anmutig die
roten Tücher ihrer Blütenblätter sinken ließ, im Frühling aber blühte in
verschlossener Keuschheit, gewandet in Purpurgewänder. Und er sehnte
sich und sang seiner Sehnsucht die schönsten Hymnen. Er saß in der
Nacht, im silbernen Mondschein und linden Frühlingsduft in einem
Myrtenbusch und sehnte sich nach der persischen Rose und sang:
„O Rose, wie herrlich schön bist du! Deine purpurnen Gewänder stehen dir
so gut, und deine Blütenaugen, und deine feinen Blätterhände, und selbst
deine Dornen, mit denen du deine Keuschheit schützt vor den
Versuchungen durch böse Würmer, alles an dir scheint mir wahre
Schönheit zu sein!
Ich bin bezaubert von deinen Düften, es sind die weltweit berühmten Düfte
des Rosenöles, ein lieblicher Duft, der meine Sängerseele in Verzückung
setzte. Ja, deine Düfte machen mich närrisch, daß ich, wenn ich meditiere
im Mondschein über des Schöpfers Schönheit, an nichts andres denken
kann als an deine Schönheit. Und im Herbste, wenn dunkle Wetter mit
heftigen Stürmen deinen Hain umrauschen und du dein rotes Tuch ganz
keusch zur Erde fallen läßt, dann würd ich dich so gern mit meinen
weichen Vogelschwingen einhüllen und wärmen und dich schützen vor des
Winters scharfer Schneide.
Du bist meine Sehnsucht, denn in deinem Rosenbusch möcht ich mich
gerne bergen und ein Nest in deinen Blüten finden. O wir würd mir im
Maien! wenn du süß duftest und deine Wangen so weiß und rot leuchten,
und deine Augen, die Knospen, so schimmern, und deine Lippen, die
taufeuchten Rosenblütenblätter, zum Kusse gespitzt - mir alles so
antgegenlacht!
Dann würf ich mich gern in deine Arme, aber deine Dornen wehren mir.
Dann macht ich mich so gerne innig eins mit dir, aber wir sind getrennt,
denn du sitzt jenseits des Euphrat und ich diesseits. Und so bleibt mir
nichts, als deinen Purpur zu missen und nur den Purpur meines
Nachtigallenblutes und den Purpur meiner Liebesglut in wehe
schluchzenden Hymnen zu verströmen.
Darum sing ich dir von dem Blut und dem Purpur eines Königs und von
der Schönheit des Schöpfers, daher du deine Schönheit zu danken hast,
Geliebte. Und ich bete in neunfältigen Psalmen zum Schöpfer, daß du
seine Liebe erfährst wie ich, denn er machte dich nicht nur zum Gleichnis
seiner Schönheit, sondern zum Gleichnis der Liebe überhaupt, einer Liebe,
die in Purpurblutströmen verströmt und die Auferstehung ewiger Liebe
feiert!
Und ich würde mich so gern über den Phrat schwingen und mit meinem
Schnabel deine Blüte küssen, o wie würd ich da singen einen herrlichen
Hymnus der Liebe! Aber so sing ich einsam im Myrtenbusch, einsam im
Mondschein, trauernd um deine herrliche Schönheit, die mir nicht
verliehen ist, Elegien in süßen Reimen. O Rose, o Rose, ich lieb dich,
wahrlich, wahrlich, ich singe dir: Ich liebe dich!...
Und von der Treue der Schwäne hat schon manches Lehrbuch geschrieben.
Ich aber will ihre Schönheit rühmen und erzählen, wie sie mir begegnet
sind in den schweren Zeiten.
Ich ging einsam am Schwanensee im Februarnebel, und wie der Nebel floß
meine Seele aus laute Weh- und Schwermut hin, denn ich liebte Diotima,
welche die Göttin meiner Träume war, und ich sah sie, wie Morgaine le
Faye, in einem Zauberbilde durch den Nebel fließen, und ich kehrte in
meine Eremitage zu weinen.
Da trat die Seele eines blauen Schwanes in mein Zimmer und rief mich
zurück zum Schwanensee. Und ich ging zum Schwanensee und sah, das
erste Mal in meinem Leben, einen schwarzen Trauerschwan an der grünen
Pforte auf mich warten. Und ich sah sein Auge, welches aus einem
einzigen Rubin gemacht war, und er vergoß unter den schwarzseidigen
Lidern eine blutige Träne, denn er litt sympathetisch mit meiner
Schwanensängerseele.
Und wir teilten ein Stück vom Brote, und ich redete mit ihm und gab ihm
den Namen Arminion. Und immer, wenn ich zum Schwanensee kam mit
Trauer in der Seele und Umnachtung um meinen klagenden Geist, da
grüßte mich zum Troste Arminion.
Aber eines Tages war er fort, er war erschlagen worden, und seine
Schwanin, Thusnaldea, sie fraß nicht mehr, sie litt und starb aus Treue,
denn sie wollte ihm folgen in den Staub der Erde. Und der Schwanenhirte
flößte ihr ein Öl ein, aber sie weigerte sich der Medizin und starb
Arminion nach.
Und ich hängte meine elegische Harfe wie Jeremia in die Weide, die
Trauerweide, welche sich silbern über den stillen See neigte, und ging
ebenfalls zu sterben, denn auch meine Hoffnung war verschwunden und
dahin. Aber Gott erweckte mich und gab mir meine Harfe wieder, daß ich
den Vater und den Sohn im Geiste preise und rühme!
Und auf dem See ruhten die Enten, die bunten Erpel hatten ihr grünes
Regenbogenkleid an, die Weibchen trugen das franziskanisch-braune
Gewand, daß sie ihre Küken bergen könnten am braunen Schilfufer. Und
um die Enten herum paddelten die Möwen mit aufgeregtem Gemüt und
hofften auf ein Gnadenbrot des Menschen.
In meiner Kindheit sah ich immer in jenem Garten, der das Paradies
meiner Kindheit war, die Amseln bei den Büschen und Sträuchern, die
Männchen im schwarzen Anzug schienen mir besonders herrlich, anders
als bei den Menschen, wo die Schönheit die der Weibchen ist.
In demselben Garten stand eine alte Kastanie, welche ihre mütterlichen
Arme weit breitete. In ihrer Krone nisteten Tauben, welche immer
Ruckediguh riefen und Ruhu-Ruhu. Mir war dies Gurren der Turteltaube
so heimelig und so sehr vertrauenserweckender Wohllaut mit dem Klang
von Heimat und Ruhe, daß ich das Gurren der Turteltaube schöner noch
fand als den Klang des Glöckchens der alten römischen Kapelle, die hinter
der Hecke des Gartens friedlich schlummerte oder in stillen Zeiten des
Gebetes meditierte.
Die Taube wählte Gott, der sie erfand, zum Zeichen des Heiligen Geistes,
so daß der Heilige Geist wie eine Taube niederkam auf den Täufling Jesus.
Halleula dem Heiligen Geist, welcher die Salbung ist, mit welcher der
Messias gesalbt ward, Halleuja dem Heiligen Geist, der der Geist des
Friedens ist (und darum die Taube) und der Geist der Sanftmut (und darum
die Taube) und der Geist der Liebe (und darum die Taube).
Im Meere geschaffen hatte Gott auch den Riesenfisch, den manche für
einen Walfisch hielten, und er schuf ihn zum Zeichen den Propheten Jona,
denn der Prophet würde für drei Tage in seinem Bauch begraben liegen
und auferstehen, Gericht und Gnade zu verkünden.
Ich hatte einen Traum. Da stand vor mir eine Jungfrau, Chiesa geheißen,
sie schien eine Jungfrau von hohem Wert und von himmlischer Geburt. Ihr
Antlitz war so schön, daß es nicht von Fleisch zu sein schien, sondern ein
himmlisches Portrait, dem Antlitz lichter Engel gleich, klar wie der
Himmel, ohne Makel und Flecken. Auf ihren Wangen schien das Rot wie
Rosen, in Lilien gebettet, ausatmend ambrosianischen Wohlduft, mich mit
doppelter Wonne erfüllend, und ihr Duft war in der Lage, die Kranken zu
heilen und die Toten zu beleben. Es war der süße Odor des Geistes.
In ihrem schönen Antlitz flammten zwei feurige Lampen, genährt von des
Schöpfers himmlischem Licht, und die Blicke schossen aus ihren Augen
wie feurige Strahlen, so wunderbar hell, daß es mir mein Sehen beinah
benahm. In ihren Augen versuchte der blinde Liebesgott oft sein Feuer zu
entzünden, aber er hatte keine Macht über ihre Augen, denn mit
schrecklicher Majestät und grimmigem Zorn zerbrach sie seine
wollüstigen Pfeile und ertränkte die niedre Begierde.
Ihre elfenbeinerne Stirn breitete sich wie eine Tafel, auf welche die wahre
Liebe ihre lieblichen Triumphe schrieb und schrieb die Kämpfe ihrer
Göttlichkeit. Alles, was gut und eine Tugend war, stand darauf zu lesen,
denn daselbst wohnte Gutes und Ehre.
Und wenn sie sprach, waren ihre süßen Worte wie tropfender Honig, der
zwischen den Perlen von Zähnen und Rubinrosen von Lippen
hervorströmte mit einem silbernen Klang, der himmlische Musik zu sein
schien.
Auf ihren Augenwimpern saßen viele Grazien unter dem Schatten ihrer
ebenmäßigen Brauen, und jede stattete sie aus mit Grazie. Jede ließ ihr
Sanftheit zukommen. O solch ein glorioser Spiegel himmlischer Gnade
und souveränes Monument sterblicher Gelübde! Wie soll eine
zerbrechliche Feder ihr himmlisches Antlitz beschreiben, in großer Furcht,
durch den Wunsch nach besonderen Worten ihre Schönheit zu
entwürdigen?
So schön schien sie, und tausend mal tausendmal so schön, als sie vor mir
erschien, und war gewandet in gesponnene silberne Seide, mit Gold
bestickt, dessen Fäden glänzten wie zwinkernde Sterne, und der Gürtel um
ihre Taille war von reinem Gold.
Und in ihrer Hand hielt sie eine Lanze und auf ihrem Rücken trug sie
Bogen und Köcher, gefüllt mit stahlgespitzten Pfeilen, womit sie jagte das
böse Tier in siegreichem Lauf. Die Sehne ihres Bogens teilte ihre
schneeigen Brüste, die wie junge Früchte im Maien ein wenig schwellten
und bebten, durch die dünne Seide zeichenhaft zu erkennen.
Und die Jungfrau Chiesa in ihrer Schönheit führte mich in meiner
nächtlichen Phantasie zum Ufer des Meeres und sagte: „Siehe, Ichtys
kommt!“ Und da tauchte auf aus den gewaltigen Fluten der Zeit in großer
Herrlichkeit der Ichtys-Fisch. Er war ganz aus Gold, mit silbernen
Schuppen, seine Schwanzflosse Opal, seine Augen Rubin, seine Kiemen
Smaragd.
Und der Ichtys-Fisch nahm mich auf den Rücken und entführte mich in die
Tiefe. Und ich ward durch einen feuerroten Korallenwald geführt und
spürte, wie ich dadurch verwandelt wurde. Schließlich kamen wir zu dem
Muschelschloß, wo der Ichtys regierte. Das schloß war aus
hundertvierundvierzig Millionen Muscheln gebaut und von einem
herrlichen Perlmuttglanz. Die zwölf Toren waren aus Perlen gebaut. Die
Mauern waren aus unterseeischem Gold. Zu Seiten standen
Korallenbäume mit Meeresfrüchten behangen, und wer von diesen
Meeresfrüchten speiste, würde ewig leben in dieser untermeerischen Welt.
Und Ichtys prophezeite, daß dieses Muschelschloß des Meeresgrundes am
Ende der ersten Schöpfung auftauchen würde aus der Tiefe des Ozeans
(und das sei das wahre Atlantis, von dem die Griechen auch ein
Auftauchen stets sich hatten erhofft) und würde an den Saum des
kristallenen Meeres, an den kanaanitischen Strand gesetzt, von wo der
Strom des Lebens in silbernem Liquor fließen wird. Ich selbst,
prophezeiten Ichtys mir, würde daselbst die Jungfrau Chiesa sehen, und ich
wäre eingeladen zum Hochzeitsfest.
Und mit diesem Traume endete der fünfte Tag der Schöpfung.
Und Gott schuf die Hindin der Morgenröte, die weiß wie Schnee war und
mit braunem Hauch. Und sie war jene, der eine alte hebräische Weise
gewidmet war, eine Melodie, welche die große Ehre hatte, des sterbenden
Christus Worte zu tragen: Eli, Eli, lama asabthani!?
Und es war möglicherweise dieselbe Hindin, dieselbe weiße Hindin,
welche in Eirelonde Thomas den Reimer holte in das Land der Feen, wo
Prinz Oberon in einem christallenen Schloß regierte.
Und Gott schuf das weiße Einhorn, welches so rein war, daß es nur von
einer keuschen Jungfrau gefangen werden konnte. Und es heißt, der Engel
Gabriel, als Jäger verkleidet, trieb das reine Einhorn zur sanften stillen
Jungfrau Maria. Und auch dies ist Christus.
Und Gottes Stimme machte das Einhorn kreißen, und es gebar eine Herde
von Einhörnern, lauter reine unschuldige Tiere, welche leben werden in
dem Wald der Feen unter der Herrschaft des Prnizen Oberon, dem Prinzen
im christallenen Schloß. Und es wird sein der ganze geschaffene
Weltzraum nach dem großen Purgatorium ein ewiges Christ-All, in
welchem Christus Alles sein wird.
Herr, als du den Löwen schufest, den König der Tiere, den mächtigen
Aslan, da machtest du ihn zum Freunde der sulamithischen Gezlle, welche
nicht zu zittern brauchte vor dem Mächtigen, denn er war ihr Freund. Und
sie legte ihre weichen freudebebenden Flanken an seine väterliche Mähne
und schmiegte sich an.
Herr, als du den Wolf schufest, daß er ein Tragiker unter dem Monde sei
und heule in sibirischen Einsamkeiten, da gabest du ihm ein beherztes
Herz, alles Leid, das nach dem Fall der Schöpfung über ihn kommen
würde, zu tragen, und dennoch einst ein treuer Freund des Lammes war er.
Nein, du schufest ihn nicht als Diokletian des Lammes, sondern als
Mitgefährte desselben.
Herr, als du den chinesischen Tiger schufest und den afrikanischen
Elefanten und den amerikanischen Grizzly-Bären, da machtest du sie zu
Gleichnissen deiner Macht und Stärke. Du gabest ihnen Gewalt, nicht zum
Unfrieden, sondern Kraft des Lebens. Und du gabest ihnen weder Feinde
noch machtest du Elende zu ihren Opfern.
Und als du, Herr, die kleinen Füchse schufest, da wolltest du mit ihrem
Purpurpelz einen herrlichen Farbtupfer in die Schöpfung setzen, und du
wolltest sie zu einem Gleichnis der Klugheit machen. Darum heißt es in
den Apokryphen: „Seid lieblich wie die Nachtigall und klug wie die
Füchslein.“ Nicht hattest du im Sinn, die dämonischen Legenden von der
wollüstigen Geisterfüchsin in Umlauf zu setzen, welche Manneskraft und
Mannesleben aussaugt und nichts fürchtet als den Donner. Nein, du
machtest die Füchse niedlich, hübsch und unschuldig. Und sie spielten mit
den kleinen Mäusen Fangspiele, ohne ihre Leben anzutasten.
Und du machtest die vierfüßige Schlange, welche noch klüger war als die
kleinen Füchslein, und du gabest ihr ein glühendes Aug und eine herrliche
Haut, die mit dem Regenbogen im Schillern wetteiferte. Und sie lief und
lief in der Schöpfung umher und pries den Schöpfer. Nicht schufest du sie
als Zeichen des Satan, sondern damit der Herr Jesus zu sagen vermochte:
„Seid wahrhaftig wie die Tauben und weise wie die Schlangen.“ Erst
später ließest du es zu, daß in einer dämonischen Metamorphose Luzifer in
sie fahren konnte.
Herr, du machtest die Eselin und würdest sie eines Tages sprechen lehren,
daß sie unterweise einen falschen Propheten, der auf dem Wege war, Israel
zu verfluchen. Und deine Eselin ließest du sehen den Engel Gottes. Im
Paradiese aber sprach die Eselin immer nur Eines: I-AH, womit sie den
Herrn pries.
So pries mit Stammeln das Schaf mit seinem Bäh-Bäh in Wahrheit den
himmlischen Vater, den seine Kinder Abba nennen, die chinesischen Baba,
die deutschen Papa.
Er, nicht wir uns selbst, hat uns gemacht zu Schafen seiner Weide. Er schuf
die Schafe, die so friedlich und so sanftmütig und so fromm zu ihrem
Hirten schauen. Und er würde seinen Schafen (denn noch war Adam, der
erste Sohn Gottes, nicht geschaffen) einen Hirten erwecken, der sie bei
ihrem namen rufen würde und sie weiden mit großer Langmut und
Barmherzigkeit. Aber schon hatte Gott geschaffen die saftig grünen
Weiden mit den köstlichen Blümlein, schon hatte Gott geschaffen die
stillen frischen Wasser der Quellen und Bäche für ihr Dürsten. Denn Gott
schuf Gras und Kraut, daß es das Herz der Schafe stärke, und das
trunkenmachende Wasser, daß es das Herz der Lämmer erfreue! Gnade
über Gnade, o überfließender Gnadenborn, o überquellender Segensborn, o
Gott, mein Hirte. Du bist Hirte, o Jesus Christus, und würdest selber zu
einem Lamme werden, o Herr!
Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat!
Meine Seele war betrübt, da gab mir das heilige Wort den Trost, den Gott
für mich bereitet hatte. Seine Gnade und Barmherzigkeit währt ewig!
Lobet ihn, ihr seligen Engel, ihr seine Diener, die er zu Winden und
Feuerflammen machte, lobet den Herrn, ihr Cherubim und Seraphim!
Lobet ihn, denn Gnade und Gerechtigkeit sind seine Thrones Säulen, lobet
ihn, denn er ist Schöpfer und Erhalter und Vollender des Universums!
Lobet ihn, meine Gedanken, denn er ist sehr sanft und zart und gehet
spazieren auf den Fittichen des unsichtbaren Windes! Loebt ihn, meine
Sinne, denn ein herrliches Feuer und Blitze ohne Zahl gehen aus von
seinem schönen Antlitz! Lobet ihn, meine Phantasie und meine Seele, denn
der Herr ist prächtig geschmückt mit Schöpfungen außerordentlicher
Schönheit!
Ich will bedenken, daß ich Staub bin und wie ein Buschwindröschen,
welches vom Wind entblättert wird und in den Staub sinkt, aber mit all
meinem Odem will ich preisen und rühmen meines Vaters Liebe und
meines Herrn Gnade und des Geistes meines Geistes Tröstungen ohne
Ende! Halleluja dem Allerhöchsten, dem König der Völker, dem Gott
meiner Seele Hallelujah!
Die Heiden in China erzählen nun folgende Mythe, welche noch Reste der
auch an sie geoffenbarten Wahrheit erkennen lassen. Näcmlich nachdem
Himmel und Erde geschaffen waren, durchwanderte die gütige Göttin Nü
Wa die Landstriche zwischen Himmel und Erde. Wunderschön wars auf
der Erde und wunderschön am Himmel strahlte die Sonne, schimmerte der
Mond und funkelten die Sterne. Auf der Erde gediehen Zimtbäume und
blühten Pfingstrosen, Einhörner und Tiger lebten friedlich miteinander.
Überall reges Leben!
Obwohl sich die Göttin an dieser herrlichen Landschaft erfreute, regte sich
Einsamkeit und Traurigkeit in ihrer Seele. Zwischen Himmel und Erde
fehlte ein Lebewesen, welches intelligent sei und welches sie zum Herrn
über die andern Kreaturen machen wollte. Ohne dieses Lebewesen bliebe
die Landschaft mit allem Gezweig und Getier, so schön auch immer,
einsam und öde.
Die Göttin begann, mit beiden Händen den gelben Lehm der östlichen
Erde zu nehmen und, nach ihrer eignen Gestalt, eine kleine Figur zu
formen, die aufrecht stand und geschickt war, klug war und sprechen
konnte. Die Kreatur umtanzte jubelnd ihre Schöpferin, da war Nü Wa
glücklich und tanzte vor Freude.
Aber die Erde war groß und weit, und sie war zu groß, für nur Eine
sprechende Kreatur zu groß, darum holte sie von einem Berg eine
Kletterpflanze, die sie dann an einem Ende in der Hand hielt und das
andere Ende an einen Felsblock band. Dazwischen häufte sie gelben
Lößschlamm auf und schwang dann die Ranke mächtig hin und her, wie
Kinder beim Seilspringen ihr Seil bewegen. Die verspritzten Klümpchen
Schlamm aber bildeten eine weitere Figur, und auf diese Weise entstand
zum Menschen ein Mensch. Und es dauerte nicht lange, da war aus Weib
und Mann eine ganze Menschheit geboren.
Aber mitnichten war die Göttin Nü Wa die Schöpferin, sondern der einzig
wahre, lebendige Gott, welcher sich offenbart als der: Ich bin, der ich bin!
Er allein ist der Schöpfer, der durch das Wort den Menschen schuf, und der
Mensch hieß Adam, und Gott schuf den Menschen zu seinem Schatten und
ähnlichen Bilde, und zu seinem ähnlichen Bilde schuf Gott den Menschen
als Mann und Weib.
Aber nicht schuf Gott den Menschen als Hermaphroditus, als mythisches
Zwitterwesen zwischen Gott Hermes (dem Gott der Diebe ) und Göttin
Aphrodite (der Göttin der Huren).
Auch schuf Gott nicht, wie manche Juden fabeln und Aristophanes im
Symposium lallt, den Menschen als ein Doppelwesen aus einer
männlichen und einer weiblichen Häfte, welche Rücken an Rücken
gewesen, später aber getrennt, wie man einen Apfel hälftet, und darum Zeit
seines Lebens Sehnsucht haben, zueinander zu kommen, jeder Mann zu
seiner angeschaffenen Hälfte.
Oh, warum denn dann hätte Tor, die Turteltaube, solche Sehnsucht gehabt
nach Lilith, der Lilie, dieselbe aber keinerlei Sehnsucht verspürt nach
ihm?...
Gott schuf, indem er den Mann Adam von der Erde Adama nahm und
hauchte ihm Lebensodem ein, den Odem vom Odem Gottes, und schuf
ihm eine vernünftige Seele, damit er sich dadurch von allen andern
Kreaturen unterscheide. Und Gott schuf aus der Herzensseite des Mannes
diesem zum Gegenüber das Weib, welche heißen wird Mutter der
Lebenden, Eva.
Und Gott machte einen Mann und eine Frau, denn so sollten sie in Liebe
zueinander leben. Und Gott schuf, wie die Juden sagen, den Menschen als
Mann und Weib am Vorabend des Sabbat, wie auch die Chinesen und
Platon sagen, der Mensch wurde als letzte Kreatur geschaffen, am sechsten
Tage der Schöpfung, und Gott lehrte den Menschen Demut: denn selbst die
Mücke ward vor ihm geschaffen, die unvernünftig summende; und Gott
gab dem Menschen Herrlichkeit und Würde: denn der Mensch sollte
beherrschen in weiser Liebe die ganze Kreatur. Darum auch begegnete
Sankt Franziskus den Vögeln in solcher christlichen Liebe.
Und Gott ließ Adam und Eva leben bei den fruchtbaren Bäumen des
Paradieses, deren Früchte reicher waren als selbst das dickste Vieh in
Siebenbürgen, wie ein Hundertjähriger sagte.
Und mit der Schöpfung der Tiere und Menschen an Einem Tage - Herr, da
war ich wie ein Vieh vor dir - endete der sechste Tag, und Gott setzte dem
Menschen die Krone auf, und es war die Krone der Berufung zum ewigen
Sabbat.
Damit endete der sechste Tag.
Gott hatte sich in sechs Tagen jede Spezie erschaffen zu seiner
Verherrlichung, alles was auf Erden, im Himmel oder im Meer zu finden,
alle Sterne, alle Vögel und Fische, alle Lämmer und die ersten beiden
Menschen. „Mein Vater wirkt bis auf den heutigen Tag“, sagte der Herr
Jesus zehntausend Jahre später.
Und so begann Jahwe am siebenten Tage seinen Feiertag, den großen
universalen Sabbat, die kosmische Ruhe, den großen Sphairos, er, der
Schöpfer und Erhalter und Vollender des Universums.
Denn das Ziel seiner Schöpfung war das gemeinsame Liebesfreudenfest
von Schöpfer und Schöpfung, ein Hochzeitsfest von Bräutigam und Braut
in unendlicher reiner Liebe, Jubel des Ewigen und seiner Ewigen! Und
Gott sah zu allen Kreaturen und lächelte: Siehe, es ist gut. Und Gott sah zu
den Menschen, Adam und Eva in unverdorbener Unschuld, und lächelte
lieblich und sagte: Siehe, dies ist sehr gut!

3. Eva

Adam ging allein einen weiten Weg, von Kusch nach Gihon, von Gihon
zum Phrat, vom Phrat zurück zum Morijah. Dort legte er sich nieder. Er
weinte, sein Gesicht in den Händen verborgen. Und er weinte vor Gottes
Angesicht, und er w a r Gebet. Sein ganzes weinendes Wesen war Gebet,
ein stummes Schluchzen, ein schluchzendes Flehen.
Gott der Barmherzige sah ihn und hörte ihn in seinem Herzen. Und er
ratschlug mit sich selbst und sagte: „Sohn, wie wollen Wir Adam trösten?“
Und der Sohn sagte: „Da ich vorausschauend meine Menschheit sehe und
weiß um die Sehnsucht des Menschen, der Unser Ebenbild ist, sage ich:
Wir müssen ihm eine Geliebte schaffen, eine, die er lieben kann.“ Und der
Heilige Geist sprach: „Herr, ich will der neuen Schönheit meinen Odem
geben, Geist vom Geiste des Lebens.“ Und Gott der Schöpfer beschloß:
„Im Worte Gottes soll geschaffen werden und beseelt werden mit dem
Geiste Gottes von Mir die, die Adam Geliebte sei.“
Und Gott der barmherzige Vater senkte Adam in einen tiefen barmherzigen
Schlaf. Und in seiner väterlichen Barmherzigkeit nahm er aus Adams Seite
und gestaltete eine schöne Frau, herrlich anzuschauen, und hauchte ihr den
Atem der Liebe in, daß sie wahrhaft lebe.-
Siehe, aber in der Diaspora, im Exil, wandelte der Hebräer Tor, die
Turteltaube, in Arkadien, einsam unter den schönsten Blumen, traurig im
Herbste über das Welken der Blätter, das Sterben der Bäume, den grauen
Schleier des Herbstes, der die bloße Schönheit des Maien verhüllte mit
griesgrämigem Sinn. Anders sah es aus in seinen Träumen, denn da
träumte er von Eden und Edens Süße und Buntheit unsterblichen Lebens:
Freude über Freude, wahres Glück der Seele!
Oh, wenn die Hirten ihre trottenden Schafe auf die Wiesen trieben, dann
irte der Exilant allein durch den traurigen Hain, da die Blätter der
Orangenbäume seufzten und der Oleander so einsam am staubigen
Wegrand stand. Wo ist ein Teich, dessen Wasser kristallinisch genug,
wiederzugeben die reine Struktur der Zypressengestalt seiner schönen
Lilith? Wo ist ein rinnender Bach, rieselnd wie das Wasser des Lebens von
Eden, hier im arkadischen fremden Lande?
Nicht mehr ist der goldene Widder da! Fern ist er gegangen, durch die
Lüfte, über den Hellespont, ins ferne, entrückte Colchis-Chawila, auf der
andern Seite des Meeres! O Sehnsucht, sich zu betten ins goldene Vlies
des Widders, dort zu kosen mit der Lammesseele, dem göttlichen Daphnis,
den Vergil gepriesen, dem Sproß der Götter! Käm er wieder, da wäre
purpurn gefäbrt das Vlies der Lämmer, niemehr wird stechen die giftige
Schlange, und nimmer durch Disteln und Dornen irrte der nackte Fuß des
Exilanten, sondern er wäre in der Heimat wieder! Friede, Friede wird sein,
das Land des Friedens, da dort wandert der schöne Fürst des Friedens,
durch die athenischen Gärten bis zur platonischen Stadt! Aber wie ferne,
wie ferne! „Ich bin nichts als ein Fremder auf Erden, und meine Heimat ist
in der Höhe, o so weit in der Ferne, o so weit in der Ferne“ sang der
arkadische Sänger auf goldener Leier Apollons.
Tor stand die Sehnsucht nach Leben, mitten in einer sterbensmüden,
welkend matten Zeit, da der Sand durch die Uhren rieselte und der
Schatten vorwärts wanderte auf die Nacht zu, die kein Ende nehmen
wollte. Ach wie anders in Eden! -
In Eden wandelte Adam im maienen Sonnenschein über die grünenden
Hügel, da die Zypressen ohne Traurigkeit und die Zedern ohne Stolz sich
erhoben in mächtigen Hainen, umgeben von weisheittriefenden Ölbäumen
und freudetrunkenen Weinstöcken, in deren Schatten die beiden Engel
saßen, einer ein Cherub und einer ein Seraph, und hingen ihre goldenen
Harfen in die grünen Schleier der jungfräulichen Silberbirken am
rauschenden Euphrat. O die Engel waren schön wie Keuschblickende,
jungfräuliche Jüngerinnen des Himmelreiches. Die Engel waren
entsprungen dem Schönheitssinn des Schöpfers.
Dieser selber aber, der die Spiegel der Seelen, die Augen so liebte, daß er
sie vertausendfältigte auf den Flügeln der Seraphim, alle von Liebe
glühend, alle schimmernd in Adams Seele strömend, daß er verzückt
erstand von seiner Ruhe auf moosenem Lager und wandelte bloßen Fußes
durchs tauige Gras, das seine Haut liebkoste mit seinen Spitzen wie mit
Mädchenfingern,- dieser selber aber, der Schöpfer, war die Quelle der
Schönheit, denn aus dieser Quelle entsprang die Musik, die Melodie, die
wohllautende Sprache, die innige Liebesverschlungenheit von Wahrheit
und Schönheit, Wahrheit und Liebe, Liebe und Schönheit. Jahwe war das
bona summa summarum bonum, das Gute und Wahre und Schöne, und
schuf sich Adams Gesang, die ewige Hymnik, und die Geliebte ihm zum
Anschaun der Herrlichkeit Jahwes, als Quelle seiner ewigen Hymnik.
Laß uns doch, Adam, hören die protobiblische Hymne von
Ebenbildlichkeit nach der schöpferischen Liebe Ideal!
„O Herrlichkeit, du vollendetes Wesen der Schönheit, o Leben in
vollkommener Liebe, welche Kuß und Umarmung ist, meines Schöpfers,
der mich an die Brüste der Weisheit legt und auf den Schoß der ewigen
Ruhe, o schöpferische Liebe, halt mich an den Händen und leite mich nun
durch den Hain der Unsterblichkeit, leite mich durch deine schönen
Augen, welche da sind Lammesaugen, welche da sind Taubenaugen, und
birg mich in der milden Mutter Nacht lind liebkosend unter dem Schirme
deiner weißen Schwanenschwingen, und schau mich an aus sanften
himmlischen Augen, wie Monde balsamisch, und umschling mich, daß
meine Seele in deine Seele fließe und wir in eins verschmelzen, und gib
mir den Kuß und den süßen Odor deines Odems! O süße Wonne, o schönes
Leben, o göttliche Liebe! O Preis und Ruhm sei dir, du ewiger Vater auch
der Mondin, die mit dem weißen Gesicht und den balsamishen Blicken
und dem Lächeln der Perlenzähne und betauten Rosenblütenblätterlippen
mir ihr Mondlied singt und murmelt Minne an den Perlenschnüren und
Kränzen goldener Rosen an ihrem Lilienarm und spricht dem Wanderer zu
das innige Nachtlied: Süße Ruh in Gipfeln und Wipfeln, so ruhe auch du...
Diese hast du mit deinem goldenen Finger erschaffen, o ewiger Vater!“
Und aus dem Meer der Magnolienblüten im grünen Gras, gebadet im
Honigseim der Sonne, von himmlischen Amoretten weißer und goldener
Schmetterlinge hymnisch jubelnd umschwungen, von dem Dufte der
Myrrhe und Myrte und Moschus umdüftet, tauchte aus dem Traum der
Sehnsucht, aus einem Traum der Liebe, die erste Liebe, die Neue, Eva!
Rote Rosen in ihren braunen Locken, eines Weibes Haar: Ach läg ich in
diesen Locken gefangen! Der Abendschimmer Hesperien ruht auf diesem
blonden Haupt! Schleier eines Weibes, das unsterbliches Leben in sich hat!
Wie Schimmer der Plejade, die Orion so liebte, die Augen,
segenströmende Monde, voll von himmlischem Feuer, astrale Fackeln aus
Kiefernholz, Blaue Blumen, Traumaugen, Garten-Eden-Sterne voller
Vergiß-mein-nicht, Veilchen mit holdseligen Mädchenblüten,
Lilienmonde! O die blauen Meere, die Mütter des Lebens, o die
veilchenaugigen Töchter der Liebe, o die tiefen Teiche, an den Tauben
sitzen, o an eurem Saume sinnend, findet der Dürstende den
berauschenden violetten Wein der ewigen Liebe!
Lippen wie Rosenblütenblätter, auf denen der Nektar der olympischen
Venus schlummert, lächelnd wie rosige Amoretti, trunken von Ambrosia,
Palmblätter sieghafter Keuschheit! Seligmacherinnen seid ihr, süßer als der
Kakao von Kusch! Rosen, Rosen, Rosen! Eos, die Morgenröte, und Eros in
ihrem Schoße, die Liebe, liegen auf deinem rosenlippigen Mund, wenn du
küssest, Eva! O küss Küsse zahlreich wie die Sterne der Plejade, die Orion
so liebte!
Perlenkränze, lobpreisend das weiße Sternbild der Jungfrau, welche zum
Kreuz des Südens schaut, sind deine Zähne, lauter kleine Schwanenküken,
badend in der roten See deiner Lippen! Deine Zähne sind lauter kleine
Elfeinbeinplektren, mit denen Sappho auf goldener Lyra für Kypris und
Adonis spielte! Deine Zähne sind lauter kleine Elfenbeintürme Davids, in
denen David träumte von Michal, der Prinzessin! Deine Zähne sind lauter
weiße Pergamente oder Papyrusblüten, auf denen siebenzungige Dichter
niederschreiben ihre Oden vom Küssen, Küssen, Küssen! Schneeflocken,
aus den Rosenhimmeln Auroras gesunken mit schaumweißem Tanz!
Goldene Glocken von untermeerischen Domen sind deine Brüste, sind rote
Äpfel vom Baum des Lebens, sind Nährmütter der tröstenden Weisheit und
Gazellenzwillinge, welche hüpfen, sind die Marmorbrüste der Melitta von
Petra Tou Romiou, wenn sie in Marion badet!
O Eva, in der Grotte, o Eva, in der Nacht, o Eva, wo du gesegnet bist mit
Liebe!
Du bist die unsterbliche Geliebte, du bist die Immerneue,-
die immerneue Eva, die immerneue Eva, die immerneue Eva, die
immerneue Eva, die immerneue Eva, die immerneue Eva, die immerneue
Eva!

4. Prophezeiung

Es war einmal ein guter Fürst, und es war einmal eine ängstliche zitternde
Taube, die zitterte und war ängstlich, denn sie sah einen Falken kommen,
der sie packen und fressen wollte. Da flüchtete sich die Taube zum Fürsten
und suchte Schutz bei ihm. Der Fürst gewährte der Taube sicheren Schutz.
Aber der Falke trat auch zu dem Fürsten und sagte: „Gib mir die Taube!“
Und der Fürst sagte: „Laß die arme, zitternde Taube, nim dir eine starke
Wildsau, aber laß die arme, zitternde Taube!“ Und der Falke sagte: „Ich
fresse aber keine Wildsauen, denn ich bin ein Falke, und der Falke will die
Taube fressen!“ Und der Fürst besann sich bei sich selbst und entschloß
sich zu sagen: „Ich will dir Fleisch von meinem Bein geben und es
aufwiegen gegen die Taube, dann kannst du mein Fleisch fressen, und die
Taube geht frei aus.“ Und der Falke war einverstanden, denn des Fürsten
Fleisch war wie Taubenfleisch. Also schnitt sich der Fürst sein linkes Bein
ab und wog es gegen die Taube, denn er durfte (da er ein gerechter Fürst
war) den Falken nicht betrügen. Das Bein wog aber leichter als die Taube.
Daraufhin schnitt er sich das rechte Bein auch noch ab, aber immer noch
war die Taube schwerer als die beiden Beine. Daraufhin schnitt sich der
Fürst alles Fleisch vom Leibe, und da wog es die Taube auf, aber er selbst
stand da als ein blutiges Skelett. Der Falke fraß das Fleisch, und die Taube
war frei und dem Fürsten von ganzem Taubenherzen dankbar. Als der
Falke davongeflogen war, stand der Fürst (denn es war ein wundervoller
Fürst) wieder als ein herrlicher Fürst mit schönem Leibe da und sandte die
Taube aus, den Brief von seiner Liebe an alle Enden der Erde zu tragen.

II. TIAN JING – DAS BUCH DES HIMMELS


ERSTE ABTEILUNG

(Diese Abteilung wird dem Lenz zugeordnet und behandelt das "Wahre
Buch vom Südlichen Blütenland" des Tschuang Tse.)

Der Meister sagte zu seinem Jünger A-Ji: "Tschuang Tse sagt: Der höchste
Mensch ist frei vom Ich, der geistige Mensch ist frei von Werken, der
berufene Heilige ist frei vom Namen.- Was ist das Ich? Es gibt ein
doppeltes Ich, das erste und gute Ich ist ein Spiegel des Himmels, erfüllt
vom Himmlischen Frieden, unsterblich und rein, das zweite Ich wendet
sich dem roten Staub zu, ist irdisch gesinnt und vergänglich und liebt die
Tugend nicht. Vom letzteren ist der Weise frei, er hat es in den Tod
gegeben. Aber seine Persönlichkeit, wie der Atem des Himmels sie
hingehaucht hat, die hat zurecht Bestand. Nach dem Bestand des Wesens
sehnten sich schon viele, sowohl die Herrscher der alten wie die der
neueren Zeit, aber man erreicht nicht lange Dauer durch magische oder
tugendhafte Werke oder aus der Hand der Gui-Geister, sondern allein der
Himmel verleiht die Dauer, da er selbst ewig ist. Im Himmel beginnt der
Weg, da ist die Quelle des langen Lebens immerdar, und wer auf diesem
rechten Wege wandelt, kehrt sich zur Unsterblichkeit. Das ist Sinn und
Ziel des Weisen, des (vom Himmel) berufenen Heiligen, darum sehnt er
sich nicht nach einem irdischen und gar vergänglichen Ehrennamen, wie
die Narren es tun, sondern er ist frei vom eigenen Namen. Ist er darum
namenslos? Das sei ferne! Sondern er ist gerufen nach dem Namen des
Himmels (ich nenne ihn Dao)." Da hob A-Ji seine feinen Brauen, die wie
schlafende Seidenraupen waren, und sagte: "Meister, woher hast du das?"
Worauf der Meister sprach: "Ich hörte einem Klangstein zu, und die Musik
trug mich auf Flügeln in die Unsichtbare Welt der Himmlischen Geister."

Der Meister sah in einer Vision zwei Katastrophen; die eine war geschehen
in der Vergangenheit, eine große Flut, und die andere wird geschehen in
naher Zukunft, ein großes Feuer. Da dachte er sich: Wer kann bestehen?
Nur wer sein Vertrauen auf den Himmel setzt. Wie recht hat doch
Tschuang Tse, wenn er vom Gläubigen sagt: "Eine Sintflut, die bis an den
Himmel reicht, kann ihn nicht ertränken. Gluten der Hitze, in denen
Metalle und Steine zerschmelzen und die Erde und Berge verdorren,
können ihn nicht verbrennen." In vergangener Zeit rettete der Himmel
einen Menschen, den wir Da Yü nennen, in einem Boot (einem Acht-
Leute-Boot); in der kommenden Zeit wird er die Himmelssöhne, die Dao-
Jünger retten durch seine Liebe.

Der Lieblingsjünger des Meisters, A-Ji, kam mit einer Bambusflöte des
Weges von Honan in die Eremitage des Meisters, da hörte der das süße
Flötenspiel und sagte: "Tschuang Tse redet vom Orgelspiel des Himmels.
Was meint er damit? Es gibt verschiedene Orgelpfeifen, die eine ist lang
und die andere kurz, die eine gibt einen tiefen und die andere einen hohen
Ton, aber alle sind gleich wichtig, um eine vollkommene Musik zu
erzeugen. Aber nicht die Pfeifen allein machen die Musik, sondern der
Wind, das ist der Atem des Himmels. Tschuang Tse sagt: Hinter all dem
steht eine treibende Kraft, die macht, daß jene Klänge sich enden und daß
sie sich erheben.- Ist dir aufgefallen, mein lieber Sohn, daß der Weise
zuerst das Ende der Töne anspricht und dann, daß sie sich erheben? So
macht der Atem des Himmels unsern letzten Seufzer, aber er macht auch,
daß wir (um mit den Dichtern zu sprechen) auf einem Gelben Kranich uns
erheben in das Reich der Unsterblichkeit. Ist dieser Atem des Himmels
auch der Geist deiner Musik? Dann soll sie mir gefallen." Daraufhin fing
der Meister an zu singen: "Zhi dao wan dai".

Als zum Meister in seine Einsiedelei ein junger Wahrheitssucher kam, der
den Meister zum Lehrer haben wollte, da setzte der Meister dem
Menschen mit den schönen Augen etwas Reis und grünen Tee vor und
fragte: "Wie ist dein Name, schöner Mensch?" Und der Wahrheitssucher
sagte mit melodischer Stimme: "Mein Vater nannte mich Liang-Yi, aber
wenn du mir einen anderen Namen geben willst?" Da lächelte der Meister
und sagte: "Ich erkenne den Namen an, den dein Vater dir gab. Und du
suchst einen Lehrer in Weisheit? Weißt du, was Tschuang Tse sagte? Er
sagte: Man muß wohl einen wahren Lehrer annehmen, obwohl wir keine
äußere Spur von ihm zu erfassen vermögen. Man kann entsprechend
seinem Glauben an ihn handeln.- Das ist ein Wort, des Bedenkens wert.
Aber welcher Lehrer ist würdig, das man an ihn glaube? Das Dao sei unser
gemeinsamer Lehrer, es ist das Wort der Weisheit und ist älter als Mond
und Lotosblumen. Ja, schon im Anfang war das Dao beim Himmel wie ein
Kind und spielte vor dem Jadethron des Himmels, da es vom Atem des
Himmels alle Erkenntnis der Ewigkeit empfing. Nimm dir das Dao zum
Lehrer, und wenn du es auch nicht siehst mit deinen fleischlichen Augen
(die schön sind wie die einer Prinzessin), dann kannst du im Glauben doch
erkennen, daß das Dao sozusagen eine Himmlische Person ist, und da das
Dao das Wort ist, das der Weg ist, so folge ihm und du bist auf dem
rechten Weg, dem Weg des Himmels, da dich der Atem des Himmels
belebend treibt in die Ewigkeit. Zweifle nicht, Liang-Yi, glaube!"

Und Liang-Yi, der aus Nanking gekommen war in des Meisters einsame
Berghütte auf dem Taishan, wurde ein Jünger des Meisters, bemüht, seine
Lehre von der Wahrheit des Himmels zu erfassen. Da stellte Liang-Yi eine
Frage: "Lieber Meister, als du mich das erste Mal sahst, sprachst du von
meinen Augen, die du nicht verschmähtest, schön zu nennen. Was nennst
du schön?" Da war der Meister einen Augenblick stille und besann sich im
innersten Inneren, da er sich besprach mit dem Geist, und daraufhin gab er
zur Antwort: "Tschuang Tse sagt: Der Berufene sieht die Dinge an im
Lichte der Ewigkeit.- So hab ich deine Augen angesehn, und da hab ich
gesehn, daß deine Augen nach dem Himmel Ausschau halten wie die
fliegenden Vögel, ich merkte: Dieser Mensch hat Phönix-Augen, die
aufschauen. Alles Gute kommt von oben, vom Himmel der Himmel, und
wer viel dahin schaut, dessen Augen werden erleuchtet vom Licht des
Himmels. Du, mein Lieber, hast Augen, die leuchten, als ob du Honig
gegessen hättest, aber nicht vom Honig leuchten deine Augen, sondern von
der Erleuchtung, die in dir wohnt. Was suchst du eigentlich bei mir, da du
schon einen Himmel im Herzen hast?" Da senkte Liang-Yi seine Wimpern
demütig beschämt und sagte: "Ach Meister, du weißt doch wirklich mehr
über mich selbst als ich. Wieviel mehr erkennt mich der Himmel, der
meine Augen so kunstvoll bereitet hat wie die Sterne der Weberin oder des
Hirten."

6
Der Meister stand eines Morgens früh auf (er pflegte immer früh
aufzustehen, mit den Vögeln und dem Morgenstern) und wanderte über
den Taishan; an seiner Seite gingen seine beiden Jünger: A-Ji mit den
Seidenraupenbrauen und Liang-Yi mit den Honigaugen. Auf einen Felsen
setzte sich der Meister und hob die Stimme: "Meine lieben Kinder, was
denkt ihr über folgenden Spruch? Das Dao zu erkennen heißt, des
Himmels Schatzhaus zu besitzen.- Ist das nicht ein ganz herrliches Wort?"
Da sagte A-Ji: "Mir scheint, im Himmel ist eine wunderbare Welt, wenn es
da auch gar ein Schatzhaus gibt. Das müßte aussehen ganz von hellgrüner
Jade und roten Edelsteinen und von außen geschmückt ganz
regenbogenfarben oder smaragden." Da lächelte der Meister und sagte:
"Die hellgrüne Jade ist grün wie das Leben, das dauert, und hell wie das
Licht des Himmels; der rote Nephrit ist rot wie das Herz des Himmels, das
heißt die Liebe, und das regenbogenbunte Drumherum, das ist die Vielfalt
der Himmelssöhne." Da hob Liang-Yi seine Arme zum Himmel und sagte:
"O welch ein Lohn, das Dao zu erkennen, das so reich ist an Liebe und
Licht und Leben! Nach dieser Erkenntnis trachten ein irdisches Leben
lang, das ist ein wertvolles Leben, ja, das hat Sinn." Da freute sich der
Meister über seine Jünger und sagte: "Darum schämen wir uns nicht
unserer irdischen Armut, weil wir im Himmel einen Schatz haben, und wo
unser Schatz ist, da ist unser Herz."

Der Meister schlief wenig; wenn er sich auf seine Bambusmatte legte,
dann nicht, ohne mit dem Himmel zu reden. Oft wachte er in der Nacht auf
und sagte: "Der Himmel hat zu mir geredet: Ich liebe meinen Jünger!" Als
er nach solch einer Nachtwache aufstand, sah er zur aufgehenden Sonne,
die den Taishan vergoldete, setzte dann Wasser für seinen Tee auf, weckte
die beiden Jünger, die in einer Nebenkammer ruhten, und sagte: "Ich denke
über ein Wort des Philosophen nach. Er sagte: Es gibt wohl ein großes
Erwachen, und danach erkennen wir diesen großen Traum.- Was wird das
für ein Erwachen sein? Ich meine, wir werden jubeln wie die Lerchen,
wenn sie sich aufschwingen zum Licht des Himmels. Und wenn wir hier
nur in dunklen Rätseln denken und vieles uns geheimnisvoll und
unergründlich scheint, dann werden wir da Klarheit haben und sehen die
Wahrheit in voller Schönheit und Güte. Die bedrängenden Träume werden
wir abschütteln, uns gern der prophetischen Träume erinnern. Der lichte
Morgen der Ewigkeit wird alle Schatten der Nacht verbrennen mit seinem
heiligen Feuer. Aber mit Pfingstrosenarmen, weiß und rosig, wird uns das
unsterbliche Leben umarmen. O meine Kinder, ich kanns nicht aussagen,
ich glaub, ich müßte ein Poet sein!"

Kurz, nachdem in den Städten und Dörfern der Welt das Neujahrsfest
gefeiert wurde mit dämonischem Zauber, da trat in die Stille der heiligen
Einsamkeit zum Meister mit seinen beiden Jüngern ein junger Mann. Er
trug ein einfaches Bauernlinnen, im Beutel hatte er nur ein wenig Ginseng,
in seiner Hand hielt er einen knorrigen Knotenstock. Aber diese ärmliche
Erscheinung wurde bereichert durch ein himmlisches Lächeln in seinen
Augen und auf seinem ganzen Gesicht. Er neigte sich ehrfürchtig, als er
den Meister sah, und sagte: "Ein Himmlischer Bote befahl mir in einem
Traum, dich aufzusuchen, um von deinen Lippen Worte des Lebens zu
lesen. Siehe, hier bin ich." Da freute sich der Meister, daß der junge Mann
gekommen war, denn er hatte ihn schon erwartet. Der Meister klatschte in
die Hände und rief: "A-Dar, A-Dar, ich habe ein Wort des Philosophen für
dich: Erhebe dich ins Grenzenlose! Und wohne im Grenzenlosen!" A-Dar
dachte nach und fragte: "Meister, deute mir das Wort." Und der Meister:
"Grenzenlos ist der Himmel der Himmel, da ist alle Macht versammelt, die
kein Berg aufhalten kann, die übers Wasser laufen kann von einem Ende
des Himmels bis zum andern, von einem Winkel des Meeres zum andern.
Da hat eine Stadt von Jade das Dao, und diese Stadt selbst soll deine
Wohnung sein. Wer sein Herz an die Ewigkeit bindet, dem scheint das
Menschenleben auf Erden das Dasein einer Eintagsfliege, aber das
bekümmert ihn nicht, denn nach seinem letzten Seufzer ist er daheim!"

A-Dar und A-Ji waren im Gespräch begriffen über die Vögel des Berges,
da sagte der eine, der Spatz sei schöner, und der andere, der Sperling sei
schöner, der eine meinte, eine Frau solle die Haare lang und offen tragen,
der andere meinte, sie solle den Knoten tragen. Sie hatten sich in den
Garten des Müßiggangs, in den Hain der Nichtigkeit verirrt. Der Meister
hörte es eine Zeit lang geduldig sich an und sagte dann: "Ihr redet wie
Poeten. Wann werdet ihr weise? Kennt ihr nicht das Wort: Ich verlasse
mich ganz auf den Geist und nicht mehr auf den Augenschein, der Sinne
Wissen hab ich aufgegeben und handle nur noch nach den Regungen des
Geistes?- Wisst ihr nicht, daß ihr Geist vom Geiste seid, daß euer Atem
Ausfluß ist des Himmlischen Atems? Was meint ihr denn, ist eine Frau
anderes? Fragt nicht, ob sie ein Phönixschmuckstück oder ein
Eisvogelfederschmuckstück im Haar trägt, sondern ob ihr Geist Vertrauen
zum Himmel hat. Lieblich sein, rosige Wangen haben ist nichts, ist wie
schnell verblüht! Aber einen Himmel im Herzen: das ist liebenswert." Da
schämten sich A-Dar und A-Ji, daß sie nicht weiser waren als Besucher in
den Gassen der betörenden Blüten.

10

Noch am folgenden Tage schämten sich die beiden Jünger, und sie trauten
sich nicht mehr unter die Augen des Meisters, darum schütteten sie ihr
Herz Liang-Yi aus. Der trat zum Meister und erzählte ihm alles. Da sagte
der Meister mit einer Stimme voller Barmherzigkeit: "Was den beiden
geschehen ist, das ist heute allgemeines Menschenlos. Der Philosoph nennt
es: ein Abweichen von der himmlischen Wesensart, so daß man die
anvertrauten Gaben Gottes vergißt.- Aber sie mögen sich nicht
bekümmern. Darum ward ja das himmlische Dao irdische Tugend, daß
man diesen Weg gehen kann. Reue ist gut, das sag ihnen, aber sie sollen
sich nicht zergrämen, sondern auf die Güte des Himmels bauen. Sag ihnen
dies: Bereut! Der Himmel ist nahe!"

11

Liang-Yi wollte für eine Zeit in die Welt hinauswandern, er fühlte sich
zum Wanderphilosophen berufen. Er sprach den Meister darauf an, und der
sagte ihm: "Gehe nicht zu den Weisen in den Einsamkeiten. Zum einen
scheint ihnen meine Lehre eine Torheit und Narretei, zum anderen sind sie
bereits auf der Suche nach Unsterblichkeit. Geh vielmehr zu den Studenten
und Melonenverkäufern, zu den Blumenmädchen und Nebenfrauen, geh zu
Beamten und Bonzen, geh zu den Bettlern. Ja, sind sie nicht alle Bettler
um Geist? Sie sind krank an der Seele, weil sie die himmlische Natur
verlassen haben. Darum sagt der Philosoph: Ein Reich, das in Verwirrung
ist, muß man suchen. Vor der Tür des Arztes sind viele Kranke.- Ich sage
dir, die Kranken bedürfen des Arztes. So gehe hin in Frieden, aber kehre zu
Neumond wieder, denn ich habe noch einige Worte für dich, die gut sind,
daß du sie hörest."
12

A-Ji bat den Meister, ihm etwas geschälten Reis kochen zu dürfen, und er
fragte, ob er auch Geschmack fände an etwas Melonentee. Da merkte der
Meister, daß A-Ji ihm dienen wolle. Weit entfernt, hochmütig zu sein,
nahm der Meister dies zur Gelegenheit, den Lieblingsjünger zu belehren:
"Mein Sohn, in der Schrift, über die ich schon öfter gepredigt habe, steht
folgendes geschrieben über das Dienen: Wer ein Diener des Himmels ist,
der weiß, daß der Himmelssohn und er selbst in gleicher Weise vom
Himmel als Kinder angesehen werden.- Wieviel mehr wäre es also gerecht,
wenn ich dir diente!" Das verstand A-Ji, und er verstand es so: Die Kinder
des Himmels sollen einander dienen, so dienen sie auch dem Himmlischen
Vater. Da sagte A-Ji: "Wie schön ist doch das Geräusch, wenn man Reis
wäscht! Darum will ich dir dienen, mein Meister! Du dienst mir schon
genug mit deinem Wort!"

13

Die Hütte war nicht groß und prächtig wie der Kaiserpalast von Tschang-
an, aber es lebte sich ganz herrlich in dieser Eintracht und Einmütigkeit.
Da empfand A-Dar etwas ganz Wunderbares, aber er konnte es nicht in
Worte fassen. Der Meister aber durchschaute seinen Jünger und sagte:
"Mein Freund, wenn du in deine Kammer gehst, dann vergißt du nicht das
Dao, du bewahrst es im Herzen und traust dem Himmel. Das ist recht und
die wahre Tugend. Wer so lebt, auf den trifft das Wort aus der
philosophischen Schrift zu, das da lautet: Zu einem solchen kommen die
Unsichtbaren, um bei ihm Wohnung zu nehmen.- Ja, ich sage dir, in deine
Kammer kommen der Himmel und sein Dao, der Atem des Himmels
säuselt in deiner Wohnung, und das ist des unaussagbaren
Wohlempfindens eigentliche Ursache. O mein Freund, ist das nicht ganz
wunderbar? Der Himmel ist der Hausvater in unserer Hütte, das ist noch
schöner, als wenn selbst der Kaiser Wu-Di in all seiner Pracht uns
besuchte!"

14
Über den Taishan flog ein Zug Wildgänse, weiß und geordnet, denen
schaute A-Dar nach, und da er die Vögel des Himmels verfolgte, dachte er
über den Himmel nach und was noch über dem Blau des Äthers sich
befindet. Der Meister sah seine Blickrichtung und sprach gütig: "Die
Menschen sehen im Himmel ihren Vater, sagt Tschuang Tse, und lieben ihn
persönlich." A-Dar strahlte den Meister an und fragte: "Ist es nicht so, o
Meister, daß wir Himmelskinder viel mehr sind als die nach Süden
ziehenden Wildgänse? Und wenn die schon an die blaue Kuppel dringen,
wieviel höher hinaus gehts dann mit uns! Zum Vater, in seine liebende
Gegenwart! A-ya!"

15

Der Meister sagte: "Im Buch steht geschrieben, daß das Dao von Ewigkeit
besteht, daß es den Geistern den Geist verleiht und die materielle Welt des
Oben und Unten geschaffen hat. Ja, Tschuang Tse sagt: Das Dao ist älter
als das Altertum und doch immer jung.- Ich meine, solch ein Dao ist wert,
zu empfangen Anbetung und Loblieder. Ach, wäre es doch als Mensch
unter uns! Ich wollte diesen Menschen auf den Mund küssen!"

16

A-Ji und A-Dar gingen über die Bergwiesen und betrachteten die schönen
Blumen, die alle so kunstreich gefertigt waren, sie waren hervorragend
modelliert, schöner noch als die großen Standbilder auf den Seelenwegen.
Da sagte A-Ji: "Die Natur ist ein großer Schmelzofen, der Schöpfer ist der
große Gießer." Und A-Dar stimmte in den Lobpreis ein: "Wohin er mich
schickt, soll es mir recht sein." Und da sie einmütig mit den Worten des
Weisen den Schöpfer priesen, tönte eine Stimme vom Himmel: "Es ist
vollbracht!... (Ich schlafe ein, und ruhig werde ich wieder aufwachen...)"

17

Als die beiden Jünger von der Berghöhe zurückkamen, da sie die Stimme
des Dao gehört hatten, kamen sie zur Hütte, die im Schatten immergrüner
Kiefern stand, sie traten ein und sahen den Meister auf dem Boden liegen,
mit der Stirn auf den Planken. Er hatte sie schon bemerkt, schaute kurz
auf, ganz geduldig und gütig lächelnd zitierte er ein Wort des Alten: "Ich
bin eben dabei, mit dem Schöpfer zu verkehren." Die beiden Jünger zogen
sich demütig zurück, und der Meister fiel wieder weinend auf sein
Angesicht.

18

Da der Meister betete, hörte er die sanfte Stimme, mit der ihn der Atem des
Himmels von innen anhauchte, süßer als Honig: "Sie alle sterben; ich
allein bin!" Da empfand der Meister diese unaussagbare Gnade, daß dieser
"Ich bin" sich herabließ von seinem majestätisch-himmlischen Thron und
zu seinem geringsten Knecht auf Erden so barmherzig sprach. O Herr!

19

Nach seiner stillen Zeit rief der Meister seine beiden Jünger (Liang-Yi war
ja bis zum kommenden Neumond auf Wanderschaft) und sagte: "Ich will
euch die Demut und Ordnung lehren. Es heißt: Dem Dao gegenüber muß
der Edle alles eigene Streben aus seinem Herzen verbannen.- Könnt ihr
das? Macht euch auf den Weg! Überwindet euch selbst! Der Mensch ist
sich selbst der größte Drache! Aber der Himmel gibt seinen Jüngern ein
Schwert, diesen Drachen zu richten, es ist das selbe Schwert, mit dem der
große Tang den letzten Tyrannen der Xia-Dynastie vertrieb und das
fromme gottwohlgefällige Königtum der Shang errichtete. Laßt ab von den
Wegen der bösen Leidenschaften, laßt euch vom Atem des Himmels
erfüllen, der der wahre Meister ist und euch auf den Weg des Himmels
führt, den das Dao als Himmelssohn für alle Menschen zwischen den vier
Meeren gebahnt hat zum Vater Himmel! Auf, auf!"

20

Als der Neumond am Himmel stand, dunkel wars die Nacht so ganz und
gar, da kehrte wie eine leuchtende Lampe Liang-Yi wieder zu seinem
Meister, der ihn freudig empfing. Liang-Yi sagte: "Wie irrte ich, als ich
fortging von dir, mein Meister!" Da gab der Meister ein Wort der Weisheit:
"Wenn einer seine Torheit einsieht, so ist er noch nicht ganz betört.- Mein
Sohn, wie freue ich mich, daß wir gemeinsam nun wieder in der Stille dem
Himmel lauschen wollen. Und wenns auch ganz finster um uns ist, das
Dao in uns macht uns zu Lichtern in der Welt, herrlicher als der Mond und
der Himmelsstrom!"
21

Am folgenden Morgen, als die Luft so klar und frisch war auf dem
Taishan, da kam Liang-Yi von seinem Frühgebet zurück in der rosigen
Morgenröte, um den Tee mit seinen Brüdern zu trinken, da sagte er:
"Welch ein Friede zwischen uns!" Der Meister nickte: "Friede mit den
Menschen, das ist menschlicher Friede; Friede mit dem Himmel, o das ist
himmlischer Friede! - Gewiß, der zog in dein Herz ein, Liang-Yi, ich seh
es am Glanz auf deinem Angesicht."

22

"Meine Kinder", sprach der Meister, "meine lieben Kinder, wie lieb ich
den Himmel und das Dao und den Atem des Himmels! Er hat mich
gesegnet in dieser Morgenstunde, angerührt und berührt hat er meine
Empfindung. Seht und suchet, ob ihr die Gottheit fühlen könnt! Wie sagt
der Liebhaber der Weisheit?: Unaussprechliche Unendlichkeitsgefühle
stiegen in mir auf. - O Weite an Weite, Herrlichkeit an Herrlichkeit!
Ewigkeit, Ewigkeit, Kinder! Da sah ich die Jadestadt des Allerhöchsten
und das Dao wie einen Himmelssohn mit ausgebreiteten Armen, mich
willkommen heißend! Myriaden Geister lobten ihn mit ehrwürdiger
Tonkunst! Kinder, ich sage euch: Gerechtigkeit, das ist das Lamm über
uns! A-ya!"

23

A-Ji dachte viel nach, und er fand viele Prinzipien, daß sich sein Geist
verwirrte vor lauter Philosophie. Da sah ihn der Meister ratlos, erkannte
seine Gedanken und sagte: "Laß dich nicht verwirren von Philosophie. Ich
will dir sagen, worauf es in den letzten Dingen ankommt. Wir haben ja die
Alten zum Vorbild, und wie sagt Tschuang Tse?: Die höchsten Menschen
der alten Zeit nahmen die Liebe zum Pfad. - Die Liebe ists!"

24

Liang-Yi hatte eine Stimme, schöner als Musikstein und Kultglockenspiel,


aber er sang keine närrischen Lieder, sondern Lobpreis, und so sang er
dieses Lied des Weisen:
"Wer des Wortes reine Art
Innerlich im Geist bewahrt
Und verliert in keiner Not,
Der wird eines sein mit Gott!"
Da der Meister seinen Jünger so singen hörte, sagte er: "Woher hast du
das, daß du so singen kannst? Ich halte dafür, daß es eine himmlische
Begabung ist. Darum Dank! Denn so erfahre ich wieder, wie schön die
Gesänge der Unsterblichen in den Gefilden der Ewigkeit, oben im
Himmlischen Garten sein werden!"

25

A-Ji, A-Dar und Liang-Yi hatten sich untereinander besprochen, sie hatten
die Lehre des Meisters weiter vertieft und sich gegenseitig ihre
Erkenntnisse mitgeteilt. Dabei waren sie auf eine Frage gestoßen, die ganz
lebendig vor ihren Sinnen stand und sie drängte. Also hob A-Ji als der
Älteste der Drei seine Stimme, wohltönend im Klang, und er sagte zum
Meister: "Ehrwürdiger Meister, eines haben wir, wie wir meinen, noch
nicht ganz verstanden. Du sprichst desöfteren vom Atem des Himmels.
Was ist darunter zu verstehen?" Und der Meister faltete fromm seine
Hände vor der Brust, schlug die Augen zum Himmel auf und hauchte:
"Der Geist, heißt es, entsteht aus dem Dao. - Der Atem des Himmels ist
der Geist des Himmelsvaters, der wie ein Wind weht, so unsichtbar, so von
einem Ende der Erde zum andern dringend. Die Alten lehrten, daß dieser
Geist über die Flut des Anfangs blies, daß aus ihr die Erde auftauchte.
Manche Dichter vegleichen ihn auch mit einem Vogel, der von einem Ende
des Himmels zum andern fliegt. Ich meine, es ist ein singender Vogel, ein
wahrhaft himmlisch singender Vogel, er singt schöner als Himmelsgans
oder Phönix, er singt nicht nur schön, sondern (was erst eigentlich schön
ist) vollkommene Wahrheit. Wenn der Atem singt, so süß, oder säuselt wie
ein Abendlüftchen in den paradiesischen Hainen, dann beginnt der Mensch
aus Lehm erst wahrhaft zu leben, er ist angehaucht mit Leben und voller
Freude, zu der der Himmel ihn geschaffen hat. Ja, der Himmel hat den
Menschen, wie die Alten sagen, aus Lehm geschaffen und ihn mit dem
duftenden Atem des Himmels angehaucht, mit Geist von seinem Geiste,
mit Leben aus der Quelle des Lebens. Ach und Weh über die Menschheit,
daß sie so sehr abgekommen ist vom Weg des Dao und gefallen ist in die
Begierden des roten Staubes! Aber nicht verläßt uns der Atem des
Himmels, sondern als ein Geist der Freude ist er uns in unserer Trübsal,
mitten in des Chaos Mitte, ein Trost, so süß und selig seufzend nach der
Seligkeit. Ach Kinder, wenn ich es sagen könnte, mit welchem
himmlischen Trost ich getröstet wurde in meiner Trübsal, die mich ergriff
über die Nichtigkeit der Welt! Sinn und Seligkeit, Glut und Geist, Friede
und Freude hauchte mir ein der heilige Atem des Himmels. Gewiß, dieser
Hauch ist eine Gottheit, ebenbürtig dem Vater Himmel und dem Dao und
mit beiden eins, kurz: mein Herr!"

ZWEITE ABTEILUNG

(Diese Abteilung wird dem Sommer zugeordnet und behandelt die


Gespräche des Kung Fu Tse, das "Lun Yü".)

A-Ji und Liang-Yi gingen in brüderlicher Eintracht über den Taishan durch
das geheimnisvolle Kiefernwäldchen, als eben die Sonne aufging und die
Lichtung vergoldete. Da flog der Vogel Fong vorüber und sang aus den
Lüften: "Ein Jüngling soll seine Liebe überfließen lassen auf alle!" Da
sagte A-Ji: "Wenn ich recht unterrichtet bin, ist das ein Wort Kung Fu
Tses"; und Liang-Yi sagte: "Das ist eins der Lieblingsworte unseres
Meisters."

A-Dar zweifelte an der Wahrheit des Dao, diesen Zweifel hatte ihm ein
Gui-Geist eingeblasen, und er hatte sich nicht zu wehren gewußt. Aber der
Meister sah A-Dar an seinem zerrissenen Gesichtsausdruck seine innere
Zerrissenheit an und sagte: "Bewahre dies Wort Kungs: Mache Treue und
Glaube zu deiner Hauptsache.- Glaube an die Wahrheit des Dao und
glaube, daß des Dao Liebe treu ist und nach deiner Treue trachtet. Es ist
wie in einer Liebesbeziehung, da Vertrauen und Treue so wichtig sind."

Als nun A-Ji und Liang-Yi von ihrem Spaziergang zurückkamen, da nahm
der erste die Bambusflöte, um ein altes Loblied zu spielen, Liang-Yi aber
verneigte sich vor seinem Meister. Dieser betrachtete seine zwei Jünger
genau, als sähe er mit Feuerkohlenaugen direkt in ihr Herz hinein, und
sagte dann: "Kiu sagte: Ein Mensch ohne Menschenliebe, was hilft dem
die Form? Ein Mensch ohne Menschenliebe, was hilft dem die Musik? -
Lobpreis und Demut, die sind beide nichts wert ohne Liebe."

Eines Abends, der Sturm rüttelte an der Hüttentür, klopfte es, und ein
armer Mann trat herein, machte den Kotau vor dem Meister und sprach:
"Eine Sündenlast zernagt mir die Seele, ich hoffe hier den Frieden zu
finden." Da sah der Meister des armen Mannes Zerknirschung und sagte:
"Wer gegen den Himmel sündigte, hat niemand, zu dem er beten kann;- so
sagt Kiu. Aber einer betet für uns, das ist das Dao, das vor dem Jadethron
des Himmels tönt und für dich eintritt, lieber Yün. Dieses Dao ist deine
Gerechtigkeit: das Lamm über dir, es wäscht dich rein und kleidet dich in
lotosweißes Hanflinnen. Sei getrost und guten Mutes." Da streckte Yün die
Arme zum Himmel aus und rief: "O Himmel, o Himmel, o lieber Vater!
Ich danke dir, daß du mir die Vergebung zugesagt hast durch den Meister,
und ich bitte dich, daß ich sein Jünger werden darf!" Draußen donnerte es,
der Sturm brauste gewaltig wie eine Heerschar über die Hütte hin. Yün
war nun der vierte Jünger des Meisters.

Yün stellte sich den andern drei Jüngern vor und sagte: "Die Welt war
lange ohne Wort Gottes, nun gebraucht der Himmel euren Meister als
Glocke." Er meinte damit ein bronzenes Glockenspiel aus der alten Zeit,
da man Gott spielte auf Glocken Opferlieder. Die Glocke läutet laut, daß
die Schlafenden aus dem Schlaf erwachen und sich des Opfers bewußt
werden. Das ist ein Wort Gottes, vom Himmel her gesprochen, daß das
Lamm geopfert ward, die tugendlose Welt zu versöhnen mit dem Himmel.

Viele Menschen Shandongs waren abergläubisch und wandten sich den


Geistern, der Magie und Zauberei zu, da ging eine abergläubische Familie
den Taishan hinauf, um oben den Jadekaiser anzubeten, das taoistische
Idol. Die Eltern hatten ihre Kinder dabei, die den Meister mit seinen
Jüngern unter einer Krüppelkiefer sitzen sahen, wie er einen Pfirsich
verspeiste, da liefen sie herzu. Die Jünger wollten sie wegschicken, aber
der Meister sprach: "Kennt ihr nicht das Wort Kius: Die Kleinen möchte
ich herzen? - Solch ein Vertrauen, wie die Kleinen zu Vater und Mutter
haben, so vorbehaltlos hingebungsvoll, solch ein Vertrauen sollt ihr zum
Himmel haben, der ein lieber Vater euch ist." Er schenkte den Kleinen ein
paar Pfirsiche und rief ihnen zu: "Sheng ling shi ai!"

Yün hob die Arme zum Himmel und betete: "Ach, daß die Menschen den
Weg verlassen haben und in Untugend leben! Was wäre da möglich, zu
tun? Wenn nun einer käme und spendete dem Volk Gnade, ja wenn einer
käme, der die gesamte Menschheit erlösen könnte; was wäre zu dem zu
sagen?" Und da sandte der Himmel durch das Gebot eines Himmlischen
Boten den Meister zu Yün, da sagte der Meister: "Dschung Ni sagte über
den Erlöser: Göttlich wäre der zu nennen. - Haben diesen Erlöser nicht
schon Yao, Shun und Yü erwartet, war er ihnen nicht durch Schafgarbe
und Schildkröte verheißen: Gut ist es, auf den Wahren Mann zu sehen? Ich
meine, er ist schon gekommen, ein wahrer Gottmensch. A-ya!"

A-Ji und A-Dar hatten Yün befragt, wo er hergekommen, da sagte der


vierte Jünger: "Ich komme aus der Welt des Staubes, aber mit dem Himmel
im Herzen. Da ich Worte der Wahrheit sagte, haben ungerechte Beamte
mich verfolgt. Aber ich sagte mir immer mit einem Wort aus den
Gesprächen: Gott hat den Geist in mir gezeugt, was kann Huan Tui mir
tun? - Als meine Mutter mich in Lüsten empfangen und der Schöpfer mich
im Mutterschoße bereitete, da hauchte mich Gott mit dem Atem des
Himmels an, da hab ich meinen Geist empfangen. Meine Mutter erzählte
mir später, daß ich immer, wenn vom Himmel die Rede war, in ihrem
Mutterbauche hüpfte vor Freude. Der Himmel ist mein Baldachin, wie
könnten mich da die zehn Sonnen stechen?"

Immer, wenn Liang-Yi einen Pirol zwitschern hörte, dachte er an das Wort
des Meisters, der Erlöser wäre schon gekommen, das ließ ihm keine Ruhe,
darum fragte er den Meister, ob der den Höchsten Heiligen gesehen habe
mit eigenen Augen. Da sagte der Meister mit einem Worte Kius: "Den
Gottmenschen zu sehen, war mir nicht vergönnt. - Ich habe die
Offenbarung, daß das Dao auf der Erde gewandelt ist im roten Staub, aber
im vollkommenen De, in vollendeter Tugend. Ist das begreifbar, daß das
ewige Dao uns menschlich begegnete? Das ist mehr, als Götter und Geister
können! Denn das ist Ausdruck der Liebe zu den Menschen (ren)."

10

Zu der Zeit, da die Menschen der Welt das Drachenbootfest feierten, kam
ein junger Mann auf den Taishan, trat vor den Meister, der im Kreis seiner
Jünger an einem Maulbeerbaum saß, und gestand ihm, daß er mit
Blumenmädchen nach den Gesetzen des Kamasutra gelebt habe, wie er es
ausdrückte. Da entrüsteten sich die Jünger und sagten, solch ein Mann der
Untugend habe in ihrem heiligen Kreis nichts zu suchen. Aber der Meister
sah die Schamröte auf den Wangen des jungen Mannes und sah die
silberne Träne an seiner seidigen Wimper, da sagte der Meister mit einem
Wort des Vaters der Lehre: "Wenn ein Mensch sich selbst reinigt, um zu
mir zu kommen, so billige ich seine Reinigung, ohne ihm seine früheren
Taten vorzuhalten. - Da du Scham über deine Schmach empfindest, mögest
du dein altes Leben und den roten Staub der Welt von dir abtun durch eine
rituelle Reinigung, eine Waschung und das Anziehen eines reinen weißen
Gewandes, wie es schon die Shang hielten." Da freute sich der junge
Mann, der To-To hieß.

11

To-To trat gereinigt und geheiligt dem Meister unter die Augen und fragte,
was er nun bedenken solle und an welche Worte er sich nun halten solle.
Da gab der Meister ihm zu seinem Neuanfang ein Wort aus der Schrift des
Vaters der Lehre: "Bis zum Tode treu dem rechten Weg! - Das sollst du
halten, denn wer bis zum Tode nicht vom Weg der Wahrheit abweicht, der
geht am Ende in die Himmelstadt aus Jade ein, der wird wandeln im
Himmlischen Garten unter Pfingstrosen mit seligen Genien!"

12

Und To-To fragte den Meister, ob er, To-To, ein Amt annehmen solle, er
kenne die Klassiker und den Kanon, ja einen Großteil der Oden
auswendig, wäre also geeignet, an der Regierung des Reiches
mitzuwirken. Da schaute der Meister ernst und sagte: "Das Reich des Dao
ist nicht von dieser Welt des roten Staubes. Kennst du nicht das Wort Kius:
Meint ihr, ich möchte in den Armen von Ministern sterben und nicht
vielmehr in den Armen meiner treuen Jünger? - Wes Geistes sind die
politisch Mächtigen? Willst du dem grausamen Qin Shihuangdi dienen
oder dem liebreichen Dao des Himmels? Dem Sklaventreiber oder der
Mutter der zehntausend Wesen? Ein Amt, das ist eitel."

13

Yün fragte, wie man merke, ob man wirklich Vertrauen und Hingabe
gegenüber dem Himmel in sich habe und übe, oder ob man sich mit
religiösen Gefühlen selbst weihräuchere. Da sagte der Meister: "Der Weise
sagte: Wenn das Jahr kalt wird, dann erst merkt man, daß Lebensbäume
immergrün sind. - Siehe, erst wenn du in Not, Bedrängnis und Verfolgung
gerätst, merkst du, ob du dem Himmel vertraust. Liegst du in Seide auf
Samt und Brokat auf einem Kang aus Jade bei Reiswein und gekochtem
Lachs mit Reis vom Yangtse, so magst du zufrieden sein mit deinem
Leben. Aber danke dem Himmel um so inniger, wenn du mit der
neunschwänzigen Peitsche gestraft wirst, wenn man die Knöchelpresse bei
dir anlegt und dich in ein finsteres Loch zu den Ratten wirft. Dann dem
Himmel Ja! zurufen und dankbare Liebe haben zum lieben Himmlischen
Vater, das nenn ich Glauben, der Glaube genannt werden kann."

14

Liang-Yi sagte: "Im Dao wurden der Äther und das Reich der Mitte
geschaffen, es ist unausschöpflich und geheimnisvoll. Und dieses nun,
meinst du, kümmere sich um mich? Ich halte es nach meinem Empfinden
für unnahbar und fern." Da schaute der Meister verständnisvoll in Liang-
Yis schwarze Augen, die schimmerten, und sagte: "Mein Vorbild sagte
angesicht des Todes: Wehe, Gott hat mich verlassen! Wehe, Gott hat mich
verlassen! - Aber wie irrte er darin! Gott verläßt uns nicht, er ist der
Verläßliche. Er ist unnahbar, aber uns so nahe. Vielleicht fühlte Kiu den
Abgrund der Untugend mit seiner ganzen Verworfenheit. Aber flöhe ich
auch zu den Gelben Quellen, siehe, Gott wäre auch da. So sorge dich nicht,
fürchte dich nicht, weine nicht länger, o Liang-Yi. Gott ist mit dir!"
15

A-Ji machte sich viel Gedanken über die Ethik des Altertums, über Sitten-
und Morallehren, den Tugendbegriff und die Auffassung von der Pietät,
das Verständnis der Kinderliebe und Sohnespflicht. Er hatte eine Meinung
ausgebildet, daß diese Tugenden auch für die Jünger seines Meisters vom
Taishan Bedeutung hätten. Davon erzählte er dem im Natürlichen älteren,
im Geistlichen jüngeren Bruder To-To, der nichts anderes zu sagen wußte
als ein Kung-Wort: "Der Vater sei Vater, der Sohn sei Sohn." Er meinte
wohl, daß der Himmel Vater sei und A-Ji Sohn, und so wie der Himmel
wirklich Vater in allem ist, liebevoll und vorbildlich, erzieherisch wirkend
und versorgend, so solle auch A-Ji ein Sohn sein, eine Freude seines
Vaters, in Kinderliebe lebend, gehorsam und dem Wege des Vaters folgend.
Dasselbe bezog To-To auch auf sich.

16

A-Dar sah man eines Abends sich plötzlich oben auf dem Taishan flach auf
den Boden werfen, er kniete nicht nur, er neigte nicht nur seine Stirn zu
Boden, er legte sich auf den Boden und drückte sein Antlitz auf den harten
Felsen. Da pries er den Himmel in einer Zunge, die weder Mandarin noch
Kantonesisch war. To-To, der herbeikam, staunte, schwieg, verharrte, und
erst, als A-Dar sich erhob, fragte To-To, was das alles zu bedeuten habe. A-
Dar sagte mit einem Gespräche-Wort: "Das Wesen des Herrschers ist der
Wind, das Wesen der Geringen ist das Gras. Das Gras, wenn der Wind
darüber hinfährt, muß sich beugen. - A-ya! Der Herrscher ist der Himmel,
und da er mir begegnete, da warf ich mich vor ihm nieder. A-ya! Der
Herrscher Himmel ist wie Wind, wie Hauch, wie Atem, und da er mich
angehaucht hat und seine Liebe ausgegossen in meinem Herzen, darum
preis ich ihn mit der Sprache der Himmlischen Boten." Da sagte To-To
naiv: "Ich konnte deine Zunge nicht verstehen, aber es schien mir, als
sagtest du immer wieder: Friede! Friede!"

17

Als im Sommer in hauchfeiner Sommergaze, flüssig und reizend wie


Libellenflügel, Jungfrauen wandelten über den Taishan bei den
Maulbeerfeldern, da wühlten sie To-Tos Herz auf, und er sah in sich und
fand in seiner Seele Wollust, die den Frieden seines tugendhaften Geistes
aufstörte und verwirrte. Er beichtete das dem keuschen A-Ji, dem
Lieblingsjünger des Meisters, und der sagte: "Wie heißt es doch in dem
Buch der weisen Gespräche? Seine eigenen Sünden bekämpfen und nicht
die Sünden anderer bekämpfen, werden nicht dadurch die geheimen Fehler
gebessert? - Was soll ich nun sagen? Schaue ich in mich hinein, so seh ich
Mängel an Tugend. Will ich dir brüderlich helfen, so sag ich: Überwinde!"
Da seufzte To-To und sagte: "Ach wie weit und fern ist mir die
vollkommene Tugend! Ich bin mehr ein Wurm als ein Mensch!" Aber A-Ji
begann zu singen ein uraltes Loblied aus dem Shijing, in dem der Gott des
Alten Bundes, Shangdi, gepriesen wurde. Das schließlich half dem jungen
To-To.

18

Es war ein herrlicher Sommertag, die Orchideen in den Tälern glänzten,


die Schäfchenwolken am blauen Himmel überm Taishan glänzten, die
Augen glänzten Yin-Ko, dem Jüngling, der da wandelte den Berg hinan
zur Hütte des Meisters. Er traf den Meister, fasste gleich Vertrauen und
sagte: "Ich hatte mich in eine siebzehnjährige Jungfrau verliebt, aber sie
war schon einem anderen versprochen. Ich entschloß mich, aus der Welt in
die Einsamkeit zu flüchten, um den Geist des Himmels zu suchen. Was soll
ich nun aber sagen, da mein Herz noch voller jugendlich-törichter
Schwärmerei?" Der Meister lächelte, er neigte sein Haupt zur Seite und
sah aus einem schrägen Winkel Yin-Ko an und sagte: "Das eine Wort Kius
halte dir vor, wenn dein Schicksal dir widrig scheint: Ich murre nicht wider
Gott. - Ja, was er dir zumißt vom Himmel her, deinen Weg, den sieh an als
einen Ratschluß und Weg himmlischer Liebe, Fürsorge und Güte. Und
wenn du selbst dein Bestes nicht kennst, wenn du dich selbst nicht mehr
verstehst in der Verstrickung deines Gefühles, dann sage mit dem alten
Konfuzius dir dies: Wer mich kennt, das ist Gott. - Ja, was wolltest du
mehr noch wollen? Damit hast du schon alles." Yin-Ko seufzte und sagte:
"Das Dao hat mein Seufzen gehört und mir einen Tröster gesandt."

19

To-To sah Yin-Ko und befreundete sich mit ihm, denn er fühlte, daß sie
eines Geistes seien, ja, beide wußten, der andere ist ebenfalls angehaucht
vom Atem des Himmels, er hat sich eins gemacht mit dem Dao und
erkennt die Herrschaft des Himmels an. Lob und Preis der Gemeinschaft,
die der Himmel gestiftet hat. Da sah der Meister ihre Gemeinschaft und
sagte: "Wohl denen, die die Macht des Geistes an sich wirken lassen.
Dieser Geist ist ein Geist der Einmütigkeit, der Brüderlichkeit, des
Friedens, der Harmonie und der Menschenliebe, der Tugend und des
rechten Weges. Ihr, meine Kinder, ihr kennt die Macht des Geistes. Kiu
sagte: Wenige sind ihrer, die die Macht des Geistes kennen. - Es sind vom
Himmel Erkorene, deren Bund dauerhaft und fest ist. Lobenswert ist
wahrlich diese Liebe zwischen euch!"

20

To-To und Yin-Ko sprachen aus einem Munde, eines Sinnes und Geistes,
als wäre To-To Oberlippe und Yin-Ko Unterlippe, und der eine könne nicht
reden, ohne daß der andere mitrede. Da sagte, ein Wunder des Himmels
war es, da sagte (mit einem Worte aus den Gesprächen) To-To: "Gibt es ein
Wort..." und Yin-Ko ergänzte: "...nach dem man das ganze Leben handeln
kann?" Der Meister war so froh, so froh ihrer Einmut und
Gleichgesinntheit, daß er an den beiden die Antwort ersah: "Die
Nächstenliebe."

21

Als es einmal finstere Nacht war, der Mond von der Erde verdunkelt
wurde, da belagerten grausige Dämonen, schwarze Krieger, die Seele A-
Jis, der er flehte zum Himmel (Gott), daß er ihm helfe, ihn rette und
beschütze. Er fürchtete sich in dem Augenblick nicht mehr vor den
Dämonen, aber er fühlte eine große zitternde Ehrfurcht vor dem
allerheiligsten Gott. Das drückte er am nächsten Morgen Liang-Yi
gegenüber mit folgenden Worten aus: "Kung sprach: Der Edle hat eine
heilige Scheu vor dem Willen Gottes. - Daß das Wirklichkeit und Wahrheit
ist, hab ich erfahren, da mir diese Scheu geschenkt worden ist zum Schutz.
Wahrlich, wer vor Gott heilige Scheu hat, ihn also mit gebotener Demut
und kindlichem Herzen liebt, der ist geschützt, der ist zuhaus in der Burg
des Himmels, der braucht sich nicht länger zu fürchten vor den Dämonen
des Aberglaubens. Diese Scheu vor dem Willen Gottes ist der Anfang der
Erleuchtung und der Weisheit jenseits des Wissens. A-ya!"

22
Nach einer Meditation mit dem Meister, früh am Morgen, sie hatten über
ein heiliges Wort meditiert, das die Liebe des Allerhöchsten ausdrückte,
nach dieser Meditation ging der Himmelsbürger Yün von des Meisters
Hütte fort. Er ging zu den Vertretern einer philosophischen Schule, die
versuchten, das Dao mit geistiger Spekulation zu erfassen. Sie bereiteten
sich vor auf ein politisches Amt, sie wollten einen idealen Musterstaat im
Reich der Mitte gründen nach den Prinzipien des Dao. Yün hatte eine
andere Einsicht. Er sagte zu einem Vertreter dieser Philosophen: "Ihr
studiert die Worte Kungs und versteht sie doch nicht. Ja, ihr versteht ja
nicht einmal die Worte des Dsi Dschang. Wenn ihr nicht einmal die
Erklärungen des Jüngers versteht, wie meint ihr, könnt ihr den Meister
selbst verstehen? Wenn ihr die Jünger nicht liebt, wie wollt ihr den Meister
lieben? Ja, seht in euch, ob ihr Liebe habt. Wie wollt ihr ohne Liebe zur
Wahrheit etwas Wahrhaftiges begründen? Kennt ihr nicht dieses Wort des
Dsi Dschang: Wer der Wahrheit in seinem Verstande zustimmt, ohne daß
sie eine Macht in seinem Leben wird, der ist weder kalt noch warm. - Ja,
ich sage euch, der Himmel wird solche lauen Leute ausspeien! Ich bin
gewiß, das Herz des Himmels ist voll der Glut der Liebe, und ich will
hineingeschmolzen werden, ich will, daß dieses Feuer der Liebe mein Herz
läutert wie Gold und veredelt. Mein Ziel ist die Wahrheit, aber eine
Wahrheit der Liebe, eine andere erkenne ich nicht an. Was ist Wahrheit?
fragt ihr Philosophen. Ich frage: Wer ist Wahrheit? Der Gottmensch ist
Wahrheit, der das Dao ist, der die Liebe des Himmels ist! Aber was red ich
zu verschlossenen Ohren? Euer Verstand hat euer Herz hart und taub
gemacht. Ach, ihr seid wie Schlangen, die den Beschwörer nicht hören! Ihr
seid meinem Herzen eine Last und ein Ach und ein ständiges Flehen zum
Himmel!" Als die Philosophen dies hörten, lachten sie Yün aus und jagten
ihn mit Knüppeln fort.

23

Yin-Ko fragte den Meister, wer Heiliger sei und welche Erkenntnis ihn als
solchen ausweise. Der Meister sagte: "Ich kenne ein Wort Kungs, das da
lautet: Wer Anfang und Ende zugleich besitzt, der nur ist ein Heiliger. -
Wer nun ist Anfang und Ende? Das Dao ists, denn im Dao wurde die Welt
geschaffen, im Dao wird sie enden. Man kann es nun Anfang oder Ende
nennen, es ist einfach wahr, es ist Wahrheit und Wirklichkeit. Der Anfang,
der das Dao ist, ist ein mächtiger Anfang, nicht nur Beginn der Zeit,
sondern urgewaltiges Geschehen. Ein solches vollzieht sich am Heiligen,
wenn der Anfang seiner Weisheit zu ihm kommt, die Wende seines Lebens
zum Ursprung zurück, das ist so unaussprechlich erhaben, gewaltig und
machtvoll und herrlich, o Yin-Ko, da seh ich die Macht der Liebe, die im
Dao mir begegnet, ja, daß der Himmel so an mir gehandelt hat! Diesen
Anfang halt ich, wie ich das Ende ersehne, das Ende, das ein Wirken
herrlich und groß ist und mich heimbringt in das Geheimnis der
Geheimnisse." Yin-Ko sah den Meister mit großen Augen an.

24

To-To, eines Sinnes mit Yin-Ko, trat zum Meister und sagte: "Meister, du
hast Yin-Ko gesagt, wer ein Heiliger ist, du hast gesagt, wer Anfang und
Ende besitzt, ist heilig, geheiligt vom Dao, das da Anfang und Ende und
Wort des Lebens ist. Der Heilige, ist es nicht der, der immer aufs Dao
schaut? Was nun sagst du zum Dao? Ich meine, du hast ein Wort darüber
auf dem Herzen, das wunderbarer ist als das Geschwätz der Philosophen."
Da lachte der Meister herzlich und sagte: "Nicht, daß ich die Alten nicht
ehren würde, ich nehme gern ein Wort des alten Kung auf. Eins seiner
Worte liegt mir besonders am Herzen, er legt es dem heiligen Shun in den
Mund, der da sagte: Wenn die zehntausend Gegenden Sünde haben, so
bleibe die Sünde auf meinem Leib. - Das bedenke, mein Sohn. Du mußt
wissen, daß Shun sich nicht selbst verherrlichen wollte, sondern als ein
Prophet des Altertums sprach und das, was er scheinbar auf sich bezog, auf
einen Gottmenschen bezog. Wer ist nun dieser? Ich meine, wie er Gott und
Mensch ist, der Gottmensch, so ist er Dao und roter Staub zugleich. Ja, er
ist das Wort des Lebens in einer tugendhaften Gestalt. Wäre mir die Gnade
früherer Geburt zuteil geworden, ich wäre in den Westen gewandert, ihn zu
sehen, über die Berge und über die drei Ströme, Euphrat und Tigris und
Jordan, ins exotische Land gezogen wäre ich, dem Gottmenschen seine
Füße zu küssen. Aber nun red ich von ihm, was mein Herz mir sagt. Er ist
der, der sah, daß die Menschen der zehntausend Gegenden sündigten
gegen Gott, indem sie den Himmelsvater verachteten und sich selbst an
seine Stelle setzten, ihre Ahnen oder Götter und Geister mehr liebten als
den Allerhöchsten und ohne Tugend lebten. Da ward das Dao unwürdige
Staubgestalt und nahm bis zu einem fluchwürdigen Tod die Sünde aller auf
sich und warf sich mit ihr in den Tod. Wo ist nun meine Sünde? Siehe, auf
ewig dahin und von mir genommen ist sie fort und ab! A-ya! Aber der
Gottmensch, siehe, zur Rechten des Himmlischen Vaters steht er und redet,
das Dao, mit dem Atem des Himmels: Ich komme wieder!"

DRITTE ABTEILUNG

(Diese Abteilung wird dem Herbst zugeordnet und behandelt das "Li Ji",
das Buch der Riten und Sitten.)

Der Meister versammelte seine Jünger um sich, als da waren: A-Ji, A-Dar,
Liang-Yi, Yün, To-To und Yin-Ko. Er sagte zu ihnen: "Wir wollen von der
Sitte reden, das ist, wir wollen von dem reden, was gut und was böse ist.
Seit unsere Urahnen sündigten, haben wir Erkenntnis des Guten und
Bösen. Aber wer ist gut, als Gott? Gott ist das Dao des Himmels. Im Li Ji
heißt es darum: Was der Himmel dem Menschen bestimmt hat, ist sein
Wesen; was dieses Wesen zum Guten leitet, ist der Weg. Der Weg darf
nicht verlassen werden; dürfte er verlassen werden, so wäre er nicht der
Weg! - Lange Rede mit tiefem Sinn! Kinder, euer Wesen hat euch der
Himmel zugeteilt, er hat euch geschaffen, damit ihr auf dem Wege des
Lebens wandelt. Daher hat jeder den Drang, die Unsterblichkeit zu suchen.
Wer den Weg des Lebens gefunden hat, der hat schon Anteil an der
Unsterblichkeit. Das ist nicht nur langes Leben von hundert Lenzen, das ist
langes Leben immerdar, langes Leben von zehntausend Lenzen! Ihr habt
den Weg, aber weicht nicht zur Rechten und nicht zur Linken! Zur Rechten
ist die Unzucht des Leibes, zur Linken ist der Hochmut des Geistes. Seid
demütig vor dem Himmel, aufrichtig gegenüber dem Dao und betrübt
nicht den Atem des Himmels in euch. Wisset, das Dao ist der einzige Weg,
der zum Himmel führt, zum Vater auf seinem Jadethron!"

Da sagte Yün, der in der Welt gewesen war und die Menschen kannte, da
sagte er mit einem Li-Ji-Wort: "Ach, daß der Weg nicht begangen wird!"
Er hatte eine Last auf dem Herzen, ein Mitleid mit denen, die noch nicht
auf dem Wege des Lebens waren, darum auf dem Wege des Todes waren,
arme Seelen!
3

To-To verstieg sich in Verzückung, Begeisterung und übermütigem Jubel.


Er hielt es für Lobpreis sondergleichen, vom Dao Folgendes zu singen: "O
Weg des Lebens, du bist groß und geheimnisvoll, du bist so fern und
unfassbar, vor allen Universen warst du da, vorm Chaos, vor Licht und
Finsternis, vor Geist und Seele und Leib, in unausschöpflicher
Unergründlichkeit bist du zuhause, Urprinzip des Lebens könnte man dich
nennen, zu heilig, als daß ich mich dir nahen dürfte!" Da mußte A-Ji ihn
rügen, er hielt seinem Bruder im Dao einen Spruch aus dem Sittenbuch
vor, das da lautet: "To-To, ich habe ein Wort für dich, das da lautet: Der
Weg ist nicht ferne vom Menschen. Wenn die Menschen den Weg vom
Menschen entfernen, so kann man das nicht (mehr) den Weg nennen. -
Siehe, mein lieber Bruder, erinnere dich daran, was du hörtest. Die
Weisheit kommt aus dem Hören, die rechte Lehre aus dem Wort (Dao).
Dieses Dao ward, wie unser Meister uns lehrte, Knechtsgestalt im roten
Staub, zwar in unbescholtener Tugend, aber von der Welt verachtet und
gehasst. Wie meinst du nun, daß es unnahbar wäre, wo es doch ebenso
menschlich wie göttlich ist, ja, wenn der Gottmensch die eine Hand zum
Vater ausstreckt, so doch die andere zu dir, deine Hand zu fassen." To-To
sagte: "Ich glaube, der Himmel helfe meinem Unglauben. Hast denn du
das Dao des Himmels gesehen in Knechtsgestalt?" Da sagte A-Ji: "Ich sah
Dao, und siehe, die Augen glühten, das Gewand war weiß wie Schnee." Da
wunderte sich To-To: "Weiß war das Gewand? Ja, trauerte er denn?" Da
sagte A-Ji: "Es war so weiß, weil es ganz aus Licht war."

To-To hatte die Worte A-Jis bedacht und trat mit seinen Überlegungen zu
Yin-Ko, zu dem er sagte: "Wenn Dao lebt als Gottmensch und mir nah
kommen will, wie muß ich dann leben?" Und Yin-Ko sagte: "Dasselbe,
mein Lieber, fragte ich gestern den Meister. Wir sind uns wirklich
seelenverwandt. Siehe, er sagte mit einem Wort aus den Riten: Nach oben
grollt er nicht dem Himmel, nach unten zürnt er nicht den Menschen. - Ja,
damit ist er dem Dao ähnlich, der ist aller Heiligen Vorbild und Erster.
Denn, mein Lieber, der Gottmensch hatte vollendeten Frieden mit dem
Himmel, ein Himmlischer Friede füllte sein Herz, und er hatte Liebe und
Erbarmen für die Menschen, ach die armen Seelen, die ihre Untugend zu
den Gelben Quellen hinabzieht, aber Er, Er zieht sie hinauf in des Himmels
Jade- und Phönixstadt! Wer so ist, der hat Ruhe gefunden im Schatten des
Allerhöchsten, in den wurde die Himmlische Liebe ausgegossen. Das ist
der gute Weg. Ich bin so dankbar, mein Geistbruder, daß wir beide auf
diesem Weg des Lebens sind, geleitet vom Wort der Liebe zum Ziel der
Wallfahrt: der Himmlischen Harmonie mit Gott!"

Der Meister trat vor seine Jünger und sagte: "So weit geht die Offenbarung
des Geheimnisvollen (Li Ji): Ich sah das Dao, ich sah ihn, der da Dao ist,
seine Augen blickten voll Glut der Liebe in mein Herz, sein Herz war aus
Glut, seine Haare waren licht wie der Weisen Haare. Oben war er wie
Licht und Feuer, unten herum aber wie Messing oder Kupfer. Das war ein
Gottmensch. Ja, so weit geht die Offenbarung des Geheimnisvollen, wie
das Li Ji es nennt."

Yün sah man am Morgen auf dem Taishan zum Gipfel gehen, an eine
schöne Stelle, da Kiefern des ewigen Lebens standen, da betete er zum
Himmel. Natürlich nicht zu dem, was die Welt so Himmel nennt, zu den
Sternen und Wolken, nein, er betete nicht zum Sternbild des Drachen. Der
Himmel, zu dem er betete, das war der, den sie im fernen Ju-te-a "Ich bin"
nannten, ein Geist, personhaft. Er betete wie die Alten in Ehrfurcht und
Demut, und da er anbetete, empfing er Kraft vom Himmel, moralische
Orientierung und umfassende Menschenliebe (ren). Davon wußte der
Meister, und er sagte über Yün mit einem Wort aus dem Sittenbuch: "Vom
Himmel empfängt er's täglich neu."

Liang-Yi sah über die Jasmintee-Tasse hinweg zu A-Ji und sagte: "Bruder
im Dao, woher kenn ich dich? Wie kenn ich dich? Was heißt es, einen
Menschen zu erkennen? Das Li Ji sagt: Wer den Menschen kennen will,
darf es nicht unterlassen, den Himmel zu erkennen. - Es ist so: Wir sind
vom Himmel geschaffen, wir sind des Himmels Spezie, ja, kühn bekenn
ich: wir sind Himmelssöhne, Kinder des Vaters (Baba). Siehe, wie es in
einem Lied heißt, wir haben den Himmel im Herzen. Ich kenn den Himmel
in deinem Herzen und sehe, er ist gleich mit dem Himmel in meinem
Herzen. So sind wir eins und einig und einmütig. Diese herzliche
Verbundenheit, vom Himmel geschaffen, nenne ich wahres Erkennen. So
will ich den Himmel erkennen, also daß ich eins mit ihm bin: Ich im
Himmel und Himmel in meinem Herz. Bruder, meinen Himmel will ich dir
schenken! Nennen wir das ai oder ren?"

Der Meister lehrte: "Im Buch heißt es: Die Wahrheit haben, ist des
Himmels Weg; die Wahrheit suchen, ist des Menschen Weg. - Ja, Kinder,
der Himmel hat Wahrheit, ist wahrhaftig, ist nicht nur wahrhaftig, das
heißt, hat nicht nur Wahrheit an sich, sondern ich sage: das Dao des
Himmels ist Wahrheit. Das hat mir nicht Fleisch offenbart, das offenbarte
mir der Himmel, da das Dao sagte: Ich bin die Wahrheit... Dao ist nicht
allein Richtigkeit eines Gedankens, sondern ist das einzig Wahre, das
einzig wirklich Substantielle und Wesentliche. Alles, was sich wahrhaftig
nennen will, muß eins sein mit dem Dao, sonst ist seine Wahrhaftigkeit nur
ein subjektiver Trugschluß, eine sich selbst irreführende Illusion. Darum:
der Mensch erlangt Wahrheit, die Wahrheit über Gott und des Menschen
Bestimmung dadurch, daß er die Wahrheit sucht, das heißt, indem er jenes
Wesen sucht, daß vom Himmel her offenbarte, daß es die Wahrheit im
Wesen ist, also, indem er das Dao sucht. Das sagt den Menschen der Welt:
Sucht die Wahrheit, macht euch auf den Weg! Ja, begehrt denn keiner mehr
nach der Wahrheit?"

Der Meister lehrte: "Noch einmal will ich euch von der Wahrheit predigen.
Dazu berufe ich mich auf ein Wort aus der Schrift: Die Wahrheit ist Ende
und Anfang aller Dinge. Ohne Wahrheit gibt es kein Ding. Darum hält der
Edle die Wahrheit wert. - Wie nun, meine Lieben? Beten wir nicht den
Himmel an als unsern Schöpfer? Sind wir nicht des Himmels Söhne? Aber
ist nicht der Gott des Himmels und das Dao des Himmels identisch, und
sagte nicht das Dao von sich, daß es mit der Wahrheit identisch ist, und
sagte weiter nicht auch das Dao, daß sein Geist ein Geist der Wahrheit ist,
daß dieser Geist der Wahrheit der Atem des Himmels ist? Wer will das
scheiden? Dies nenn ich die wahren Drei Schätze (in Wahrheit Ein Schatz,
meines Herzens Schatz und Liebling)." Da schaute To-To ganz verzückt,
da er hörte, daß Gott ein Liebling sei, denn da war ja nun vollkommen und
auffindbar, was er seit je ersehnte und suchte! Nun fuhr der Meister fort:
"Dieser Geist der Wahrheit, der Geist des Dao, in ihm sind wir geboren. Er
war am Anfang über dem Chaos. Im Dao ist alles geschaffen, durch das
Dao (Es werde) und zum Dao hin. Und da das Dao die Wahrheit ist, wurde
die Schöpfung aus der Wahrheit, durch die Wahrheit und für die Wahrheit
geschaffen. Wir nun, als Geschöpfe ebenfalls, wie sollten wir unsern
Schöpfer nicht ehren und die Wahrheit als unserm Herrn huldigen?"

Der Meister wollte wissen, was nun das Credo und die Konfession seiner
Jünger sei, da sagte A-Ji: "Der höchste Heilige ist, wie das Li Ji sagt, wie
ein tiefer Quell, der Wasser spendet zu seiner Zeit. - Ich meine, dieses
Wasser, das der Höchste Heilige, das der Gottmensch spendet, das ist das
Wasser des Lebens vom Himmel her. Was ist das Wasser des Lebens? Es
ist Erquickung des inneren Lebens, des Geistes, darum muß es selbst Geist
sein, denn nur Geist erquickt den Geist. Der Geist, den der Höchste
Heilige spendet, daß muß der höchste, Heilige Geist sein. Der werde in mir
zu einer Quelle und quelle auf, täglich will ich den Gottmenschen (Dao)
darum bitten, daß sein Geist des Lebens, sein Himmlischer Atem, in mir
lebendig sei und meinen Geist und ganzen Menschen lieblich erfülle!"

10

Daraufhin bekannte Yün: "Wie es im Buch der Riten heißt: Wenn der
Höchste Heilige sich offenbart, dann ehrt ihn sein Volk; wenn er spricht, so
glaubt ihm sein Volk; wenn er handelt, so freut sich sein Volk. - A-ya, Er
offenbarte sich an seinem Tag, er offenbart sich auch heute noch täglich
durch seinen Geist (shen), er wird sich schließlich vollends offenbaren,
indem er wiederkommt, Er, der Gottmensch, der das Dao Gottes ist. Ich
danke dem Himmel (Abba), daß ich zu Seinem Volk zähle, da ich des
Himmlischen Vaters Kind bin, so glaube ich dem Gottmenschen, so freue
ich mich am Dao, so ehre ich den Höchsten Heiligen."

11

Dann zeugte To-To von seinem Glauben: "Es steht geschrieben: Alles, was
Odem hat, ehre und liebe Ihn! Er ist dem Himmel zugeordnet! - A-ya! Mit
Oden und Gedichten, Preis- und Kultliedern, Hymnen und Liebesversen,
großen Psalmen (Da Ya) und kleinen Psalmen (Siau Ya) lobe alles, was
Odem hat, den Herrn der Himmlischen Boten, den Herrn, der wie Jade und
Nephrit auf dem Throne, meinen Herrn! A-ya! Lobet den Herrn!"

12

Und Liang-Yi bekannte: "Ich glaube an des Einzigen Doppelnatur: Echt ist
seine Menschlichkeit... strahlend ist sein Himmlisches... (Li Ji) Darum
nennen wir ihn ja auch Gottmenschen. Er war der beste Mensch, lebte in
vollkommener Tugend (heilig war seine Geburt) und erfüllte alle Gebote
der Menschenliebe vollends. Aber das nicht allein, sondern vom Himmel
hoch da kam er her, im Himmel der Himmel war er von Anfang an
zuhause, strahlend, wie es heißt, leuchtend von himmlischem Licht, da er
das Licht selbst war und ist und sein wird, das Licht, das mich erleuchtete,
ein süßes Licht, so süß, ach!"

13

Und A-Ji besprach sich morgens in der Frühe, vor Sonnenaufgang, mit
Liang-Yi, der Lieblingsjünger mit dem schönen Jünger, und in einem
waren sie sich einig, was da A-Ji nach den Worten des Ritenbuches
formulierte: "(Unser Weg ist,) die Menschen zu lieben und das Ziel sich zu
setzen im höchsten Guten." Da sagte Liang-Yi: "Wie? Ist es nicht so, daß
nur, wer die Menschen liebt, die Kinder des Himmels, daß nur der auch
den Himmel lieben kann? Wer hat das Anlitz des Himmlischen Herrn je
gesehen? Wer nicht seine Kinder, die sichtbar sind, liebt, wie sollte der den
Vater, der unsichtbar ist, lieben können? Darum: laß uns lieben mit Gemüt
und Verstand, Seele, Herz, Geist, hun und po und allen Kräften!" Und A-Ji
ergänzte: "Ja, mein lieblicher Lieber! Und unser Ziel, das ist im höchsten
Guten; und wer ist denn dies? Das ist der Himmel, der Herr des Himmels,
der Vater, Er allein ist gut! Er ist die Quelle allen Gutens, denn alles Gute
kommt von oben. Wie kommen wir dahin, da wir soviel Frevelhaftes in
unserer Körperseele (po) haben, soviel Frevel und Freudenmädchentum,
ach, Liang-Yi, du weißt, wir sind nicht durch und durch gut und rein und
heilig. Wie das werden?" Da hörte der Meister ihr Gespräch und ihre
Besprechung und erbarmte sich der beiden und gab ihnen ein Wort der
Weisheit: "Das Dao ist eure Gerechtigkeit, eure Gerechtigkeit ist das
Lamm über euch (wie das Schriftzeichen verdeutlicht). In alten Zeiten
bereiteten die Priesterhirten ein Lamm vor zum Opfer für Shang-Di, das
der Himmelssohn als Hoherpriester opferte, dies Lamm, rein und
makellos, sollte die Frevel des Volkes tragen. Dies ist nun das Dao selbst
geworden, eure Gerechtigkeit, so ihr euer Herz ihm übergebt und ihm
nachfolgt!"

14

Yün, den man auch das Lied des Himmels nannte, weil er allmorgentlich
einen Psalm im Herzen sang dem Himmel zu, der überdachte eines
Morgens in seiner Stillen Zeit folgendes Wort aus dem Buch: "Er hatte
stets die klare Bestimmung des Himmels vor Augen." Da besprach sich
Yün mit dem Meister: "Meister, was ist meine Bestimmung vom Himmel
her?" Da sprach der Meister: "Des Himmels Sohn ist das Dao, das
vollkommene Ebenbild des Himmels, eins und identisch sind Himmel und
Dao, gleichgesinnt wie Vater und Sohn in Liebe. Diesem Sohn werde
gleich. Das ist die Bestimmung des Himmels." Yün fragte: "Wie kann das
werden?" Da sagte der Meister: "Der Atem des Himmels, in dich gehaucht
vom Himmel bei deiner Erneuerung des ganzen Menschen vom Dao her,
der arbeitet an dir, der wirkt in deinem Inneren als dein Lebensatem
gestaltend, der wird dich umgestalten und dich gleichgestalten dem Dao,
dem erstgeborenen Himmelssohn!"

15

To-To sagte: "Meister, ich leide unterm Hochmut, ich meine, ich, ich bin
nun ein Jünger des Dao, die Menschen der Welt des roten Staubes sind all
eitle Narren. Wie nun? Ich leide darunter." Da sprach der Meister sanft:
"Was will der Himmel, wie du dich zu stellen hast zu den Kindern der
Welt? Was sagt das Li Ji: Nur die Liebe zu den Nächsten ist für ihn
köstlich. - Du willst ihm doch köstlich sein, ein Wohlgeruch und
angenehm seiner Zunge, auf daß er dich nicht ausspeit? So laß dich
erfüllen von der Liebe, die der Schöpfer aus dem Chaos zu allen seinen
Kreaturen hat. Wenn er schon den Eisvogel und die Steinschwalbe liebt,
wieviel mehr das Blumenmädchen, das er freikaufen will! So gehe hin,
achte ihrer Linien nicht, sieh ihr in die Augen, die da Spiegel der Seele
sind, und sieh in dieser Seele die vom Himmel überschwenglich geliebte
Seele!"
16

Da ihre morgentliche Gemeinschaft Liang-Yi, der Schöne, und A-Ji, der


Lieblingsjünger, vor dem Himmel oben auf dem Taishan hatten zum Lobe
der Drei Schätze: Himmel, Dao und Atem des Himmels; da sah es der
Meister und schätzte ein ihr Tun also mit einem Li-Ji-Wort: "Das heißt den
Segen des Himmels erben!" Ja, der Himmel will gelobt werden begeistert
und wahrhaftig, und wer so tut, der ist wahrlich gesegnet.

17

To-To zagte nach einem schrecklichen Traum von einer drei Meter langen
Ratte eines Morgens ganz fürchterlich, da sah ihn der Meister zittern und
beben und sang ihm zu Trost und Erbauung: "Trau dem Dao, denn, wie
geschrieben steht, auf diese Weise hat der Heilige einen sicheren Schutz, in
dem er seine Persönlichkeit bergen kann." Da seufzte To-To ganz schwer
und tief und lang und hingegeben und sagte: "Ja, mein Meister, ich glaube,
das Dao ist ein Zufluchtsort, ist eine Eremitage oben auf den höchsten
Bergen, wo kein fremder Teufel hingelangt, ist wie eine zehntausend Li
lange Mauer um das Reich, daß kein grausamer Barbar eindringt. Ja, wer
unter dem Baldachin des Himmels Zuflucht findet, der kann zum
Allerhöchsten sagen: Bei dir find ich Ruhe, du bist sicher wie eine
Palaststadt. Mein Herr, auf dich traue ich, du Dao Gottes!"

18

Der Meister sagte zu A-Dar eines Abends: "Es steht geschrieben (im Li Ji):
Des Großen Einen Offenbarung heißt Bestimmung, sein Wirken ist im
Himmel." Da sagte A-Dar: "Das ist etwas, meinen Verstand völlig
übersteigend, daß der Himmel alles, was geschieht, bestimmt hat im
Voraus, aber daß der Täter seiner Tat die freie Entscheidung aus seinem
freien Willen heraus hat und damit die volle Verantwortung. Aber ebenso
wundersam nimmt mich, daß das Dao (aus dem das Firmament und das
Reich der Mitte entstanden, und das ewig ist) im roten Staub gewandelt in
der verachtungswürdigen Gestalt eines Dieners und den Tod eines
Verbrechers gestorben sein soll in Ju-te-a, und ist doch noch das volle
ganze Dao, das man auch Gott nennen kann? Ja, wahrlich wundersam ist
der Weg des Himmels."
19

Yün hatte eine Offenbarung bekommen in seiner frühmorgentlichen


Andacht in des Berges Gipfeleinsamkeit, die teilte er mit: "Es steht
geschrieben: Die Liebe ist die Wurzel der Gerechtigkeit. - Ja, denn wenn
der Himmel nicht ein Herz der Liebe hätte, so würde er den Haß vielleicht
dulden, denn den Haß dulden, das heißt ebenfalls hassen. Aber die Liebe
will allüberall nur Liebe und nichts als Liebe, will Liebes allen Menschen,
Herren wie Knechten, Männern wie Frauen, Hauptfrauen wie
Blumenmädchen, Alten wie Kindern, Chinesen wie Barbaren, alles gleich:
Liebe allen Kreaturen! darunter machts der Himmel nicht. Wie sollte er
das Böse der Bösen, den Haß dulden? Er wird den Haß, das Böse, die
Lieblosigkeit ausrotten auf ewig! Gepriesen sei die Liebe, die uns ein
Himmel ist, der Himmel, der uns Liebe ist!"

20

Und Yin-Ko, der Liebliche unter den Jüngern, beschloß, den Meister zu
verlassen, nicht weil er die Welt liebgewonnen hätte, sondern weil sein
Herz brannte für die Verlorenen unten in den Tälern, den im roten Staub
des nichtigen Daseins kriechenden Elenden, und er, Yin-Ko, nahm
Abschied. Der Meister segnete: "Liebe! Liebe! das ist unser Spruch für
dich, Yin-Ko! Siehe, wenn dich auch das Elend der Welt bedrängt, die
schweren schwarzen Wolken der Trübsal dich bedrängen, dich die
Seufzerlüfte der Wehmut anhauchen, Trauer dich umflort, gedenke des Li-
Ji-Wortes: Endgültig entsteht das Glück, wenn große Geisteskraft in
Gemeinschaft mit dem Himmel wirkt.- Ja, daß das so ist, das hab ich selbst
in Weh und Not erfahren, daß da eine Freude ist, die man auch Trauer
nennen könnte, denn sie gleicht nicht den heitern Vergnügungen oder dem
großen und beständigen Glück, sondern ist so weh und süß, so sehnsüchtig
selig, so groß vom Goldglanz des Glückes und zugleich durchsetzt vom
schwarzen Ebenholz der Qual, tiefempfundenes Leben, ach... Du, Yin-Ko,
du mit dem Himmel! das geht jedenfalls gut, wenns auch schwer dich
anficht, gehts zum Guten aus. Und so will ich dies und das dir sagen, es sei
alles lauter Gutes und Liebes dir, ich wills sagen mit einem Li-Ji-Wort:
Früh und spät segnen sie sie; das dringt empor und wird vernommen von
dem höchsten Geist des erhabenen Himmels, und er ist voller Freude.- Ja,
mein Lieber, mein Schöner, mein Freund, das ist wahr: des Segens freut
sich der Geist des Himmels, der ja der Segnende ist, denn wer segnet, der
segnet im Geiste des Himmels, und so segne ich dich: Ich bitte den Geist
des Himmels um den vollgültigen Segen für dich, o du liebenswerter
Mensch! Der Geist des Himmels, der hochheilige, lasse schauen seine
Taubenaugen auf dich, er sei voll Mitleid und Barmherzigkeit zu dir, er
hauche dich an: Tsing an! Friede dir, o Yin-Ko, Friede in der Zeit und
Friede in der Ewigkeit! Und dies will ich dir als letztes Wort mit auf deine
Mission geben, deine Wanderung durch die Täler der Todesschatten, ein
Li-Ji-Wort, mit Wahrheit gedeutet: Der Herr, der dem Himmel opfert, heißt
Himmelssohn; wenn er begraben ist, wird er zum göttlichen Herrscher
(Di).- Ja, wie ist das nun zu verstehen? Der Herr, der ist der, der auch
selbst das Opfer genannt wird, mit dem er hinwegtrug die Sünde der
Menschheit, dies ist dir gültig, so bist du mit dem Himmel ja versöhnt und
lebst in Frieden und Himmlischer Harmonie; dieser Herr nun, er ward
begraben, obwohl er doch so himmlisch war, aber er ward zur großen
Herrlichkeit erhoben, wo er thront auf dem Jadestuhl des Himmels mit
Shang-Di, selbst ist er Di, göttlicher Herr, der sei mit dir, ja, Yin-Ko, der
Herr sei mit dir!" Das sagte der Meister und küsste Yin-Ko mit einem
brüderlichen Kuß der Liebe.

VIERTE ABTEILUNG

(Diese Abteilung wird dem Winter zugeordnet und behandelt Mo-Ti.)

Der Meister nahm all seine drei Seelen zusammen, Geist-, Gemüts- und
Leibes-Seele, denn nachdem Yin-Ko gegangen war zur Mission der
Todestäler, war seine Seele wehmütig wie die kaltfeuchten Nebelstreifen
um des Taishan Gipfelspitze. Die Maulbeerbäume starrten wie Skelette in
der fahlen und bleichen Dämmerung gespenstisch. Da besann sich der
Meister auf seinen Geist, in dem der Atem des Himmels wohnte, und ließ
sich trösten von dem himmlischen Lispeln des Geistes, der ausseufzte
seine Seele, der vorbrachte all seine Traurigkeit vor den Jadethron des
Allerhöchsten, von wo zurückkam eine Aufgabe. So wandte sich der
Meister wieder dem Philosophieren und geistlichen Spekulieren zu. Er rief
seinen Lieblingsjünger A-Ji zu sich, ging mit ihm durch den seufzenden
Nebel, der in den kahlen Bäumen hing, da war ihre Rede aber blühendes
Leben, ja, des Meisters Worte über Mo-Ti waren wie Pfingstrosen, welche
im Winterschnee blühn. Der Meister sprach: "Von den Himmelssöhnen
sagte Mo-Ti, daß sie: die Bevölkerung des Reiches dazu anleiteten, durch
Ackern Shang-Di zu dienen. - Ja, mein Lieber, das wollen auch wir tun,
das Volk lehren die wahre Verehrung, dazu wollen wir selbst als Diener
des Allerhöchsten (Shang-Di) ackern, nämlich zuerst das Unkraut
ausreißen, dann den Boden umpflügen, dann den Samen säen. Das
Unkraut ausreißen heißt, irrige Vorstellungen von dem Allerhöchsten
auszulöschen, etwa die, Er sei ein grausamer Herr, streng und unerbittlich,
nein, sondern wir wollen dem Volk sagen, daß er die Liebe ist! Das möge
dann, möge der Geist es wirken! das möge dann ihre Seelen aufwühlen
und umkehren die Begriffe von Gut und Böse und von Recht und Unrecht,
denn bisher hielten sie das Böse für gut und Unrecht für rechtmäßig, aber
wir, wir säen gleich hinein, und was ist unser Same? Das Wort Gottes! Das
Dao des Shang-Di, das ist der Same, den wir säen, nicht sterblichen Samen
wie die Wollustjünger, sondern unsterblichen Samen aus dem Schoß des
ewigen Vaters: den Sohn (Dao) wollen wir senken in die Seele der
Menschen. Möge der Geist es geben, der Hauch des Heiligen, daß nicht
die Gui-Dämonen kommen und gleich das gute Wort wieder rauben, oder
daß die Dornen und Disteln der Sorgen dieser Welt es erwürgen, sondern
ruhe dies Wort im guten, fruchtbaren Grund des Menschengeistes im
Herzen, auf daß es treibe und die Pfirsiche ewigen Lebens reifen! Das ist
Dienst am großen Shang-Di, dem Herrn und Gott!"

To-To trat zum Meister mit wehmütigem Seufzen, da sein Lieblingsbruder


Yin-Ko gegangen war, da sah der Meister die Trauerschatten dunkeln unter
To-Tos Augen und die Träne perlen an seiner seidigen Wimper, da sagte er:
"Wie sagt Mo-Ti?: Die Menschen sind Eigentum des Himmels.- Siehe, so
geht Yin-Ko mit dem Himmel, der Himmel ist zum Segen über Yin-Ko,
der Himmel geht als Freund und Bruder neben Yin-Ko, der Himmel geht
als treibende Kraft zum Guten hinter Yin-Ko, der Himmel ist gar wie ein
Fels unter seinen Füßen, ja, der Himmel kommt seiner bräutlichen Seele
entgegen als Bräutigam, ja, als Bräutigam im Lamm der Gerechtigkeit, im
Dao Gottes: Shang-Di ist Liebe!" Da seufzte von Herzen To-To noch
einmal und legte all seine Bruderliebe zu Yin-Ko dem Himmel in seine
gütigen Vaterhände: "Abba! bewahre Yin-Ko bis in die Unsterblichkeit, bis
in den Himmlischen Garten hinein!"

Yin-Ko ging aber nun vom Taishan hinab, durch den kahlen
Papiermaulbeerbaumwald, im Herzen die Mission, die Menschen der Täler
zu befreunden mit dem Himmel im Dao, da dachte Yin-Ko an ein Mo-Ti-
Wort: "Als der König die Verheißung Gottes erfüllt hatte", da ward das
Dao wie das Fleisch eines Opfertieres, wie ein Sklave, da ward der
Gottmensch, einst in lauter Herrlichkeit die Freude selbst, mit einem Mal
bestürzt und gar betrübt bis an den Tod... Herr! Diesen, der sich bis zur
Menschlichkeit erniedrigt aus seiner höchst erhabenen göttlichen Gottheit,
den wollte sie den Menschen Shandongs nahebringen, die da aber- und
zaubergläubisch waren und den Magierpriestern nachliefen.

Und Yin-Ko (die Augen leuchteten wie die Liebe, die eine Flamme Gottes
ist) traf auf drei alte Weiber, zahnlose Großmütter von mehr als einem
dutzend Enkeln, die schwatzen und tratschten über das neuste Unwichtige
ihres Dorfes Penglai, an der Küste zum kalten Bo-Hai gelegen, die saßen
inmitten vieler gackernder Hühner auf dreibeinigen Hockern und
schrubbten Fische. Da kam Yin-Ko dazu und sagte: "Friede euch!
Ehrwürdige Großmütter, ich will euch von Shang-Di erzählen. Ihr seid
zum Segen geworden, da ihr habt Nachkommen gegeben und das
chinesische Volk groß gemacht. Gott liebt die Chinesen! Sehet, so sagt
auch Mo-Ti: Wenn die Bevölkerung abnimmt, dann gibt es nicht genügend
Leute, die da Shang-Di dienen.- Ja, nun muß es aber auch so sein, daß ihr
wirklich Shang-Di dient! Aber was will er denn, daß wir tun? fragt ihr. Er
will nicht Opfer von Jade und Nephrit, keine Dreifüße und Tonschalen,
keine Seide und keinen Bambus, weder Weihrauchstäbchen noch
Seelentafeln, er will euer Herz und eure Liebe! Sehet, sein Dao, das Wort
von der Liebe Gottes, ist Gottmensch geworden im fernen Ju-te-a, jenseits
des Euphrat, den sollen wir lieben! Aber wie nennt er sich? fragt ihr?
Sehet, mir träumte heute Nacht ein Traum, ein Himmlischer Bote sagte mir
den Namen des Gottmenschen, den ihr herzlich lieben sollt: YE-SU!"

5
Und Yin-Ko ging weiter und fand zwei Männer, die des Morgens an der
Mole beim Schattenboxen waren, sie rief ihnen zu: "Friede euch! ihr
Männer, mit den Fäusten werdet ihr die Schatten des Unheils nicht
überwinden! Womit aber dann? fragt ihr? Sehet, mit dem Wort Gottes, dem
Wort des allerhöchsten Shang-Di, mit dem Dao der Liebe! YE-SU ist sein
Name! Der in eurem Munde wird Wunder wirken. Aber wenn man, wie
Mo-Ti sagt: die Dienste gegenüber Shang-Di verhindert, dann wird Shang-
Di von oben einschreiten.- Ja, wie nun wollt ihr euch, ihr Schattenboxer,
vor dem kommenden Zorn Shang-Dis schützen? Da sag ich euch in aller
Liebe: YE-SU ist euer Anwalt, euer Schirm und Schutz, auf den vertraut,
und ihr seid entronnen dem schrecklichen Zorn des Allerhöchsten!"

Und Yin-Ko traf auf eine Frau, die da im roten Kleid mit blauem
Seidenumhang und mit einem beinah nackten Säugling auf den Armen
ging mit bloßen Füßen, die nun sprach Yin-Ko derart an: "Friede dir und
dir! Liebe Frau, was meinst du, wie wirst du dem Zorn des Allerhöchsten
entrinnen? Siehe, Mo-Ti sagt: Shang-Di wird Strafen herabsenden, diesen
Leuten Unheil bringen, sie züchtigen und verwerfen.- O Frau, ist das nicht
fürchterlich und zum Entsetzen? Ich sehe, du entsetzt dich. Gut so. Aber
sei getrost, wenn du den Sohn Shang-Dis, den Gottmenschen YE-SU in
deinem Herzen zu lieben dich entschließt (denn er ist wahrlich
liebenswert), so wirst du womöglich gezüchtigt, aber aus Liebe tut Shang-
Di das dann als ein lieber Vater, dich zu ihm und zu YE-SU
zurückzubringen; verworfen wirst du aber nimmermehr, sondern bist
angenommen für Zeit und Ewigkeit, ja, wirst gesegnet mit echtem Leben,
das da dauert in die Unsterblichkeit hinein, welche da zuhaus sein wird im
Himmlischen Garten und in der Jadestadt des Himmels, der Stadt des
Lammes der Gerechtigkeit und des Allerhöchsten, Shang-Di und seinem
göttlichen Sohne YE-SU!"

Und Yin-Ko traf auf einen Familiensohn, der saß über den Schriften über
die Kindespietät, die Sohnesliebe, und grübelte über die Frage des
Aufwandes, den man bei Begräbnissen zu betreiben habe, um als
tugendhaft in den Augen des Himmels zu gelten. Yin-Ko sah das und
sagte: "Wie sagt doch Mo-Ti: Strebte man dadurch (durch pomphafte
Begräbnisse und überlange Trauerzeiten) nach der Gunst Shang-Dis und
seines Geistes, so würde man doch nur Unheil erlangen.- Ja, das ist nicht
der rechte Weg, um als tugendhaft in den Augen des Allerhöchsten im
Himmel zu gelten. Aber welchen Weg kenn ich? fragst du mich? Siehe, es
gibt da nur einen Weg der Wahrheit, der ins Leben führt, welches
unvergänglich ist, und dieser Weg ist das Dao Gottes, das ist der
Gottmensch, vom Himmel zu uns gekommen in die Niedrigkeit des
Irdischen, der da wandelte unter uns im roten Staub der Welt und war doch
nicht von der Welt, sondern von Gott, der starb für unsre Schuld als das
Himmelsopfer, das Lamm des Hirtenpriesters, zu diesem Gottmenschen
gehe, der wiederbelebt wurde von Shang-Di, der nun im Himmel auf dem
Jadestuhl sitzt und deine Liebe begehrt: YE-SU ist sein lieblicher Name!"

To-To nahm nun (da sein geliebter Bruder Yin-Ko nicht mehr auf dem
Taishan in der Bambushütte des Meister weilte) ebenfalls Abschied vom
Kreis der Jünger und ihres Rabbunis, er ging mit dem Segen des Lehrers.
Er ging durch Wälder und Täler, über Berghänge und durch kleine Dörfer,
aber seine Sehnsucht nach Yin-Ko nahm er mit sich, da dachte er dies:
Wenn schon mein glühendes Herz voller Bruderliebe dem Himmel bekannt
ist, sollte da nicht auch jegliche Sünde in meinen Gedanken, ja in meinen
Träumen und in meinem Unterbewußtsein dem Himmel bekannt sein? Das
sagte doch auch der gute Mo-Ti: "Vor dem Himmel gibt es keinen Wald,
kein Tal, keine noch so dunklen, verborgenen menschenleeren Plätze,
sondern sein Licht sieht alles." Ja, darum: Der Himmel (Shang-Di) ist der
Allwissende, sein Dao (YE-SU) ist die Weisheit Gottes. Dies dachte To-To
und beruhigte sich.

To-To traf auf einen jungen Inder, der im Büßergewand wie ein Asket
durch die Ebene lief und verloren und depressiv wie ein aus dem Nest
gefallener Vogel klagte. Da schrie er nach einem Menschenkind, aber der
war schon gestorben und konnte nicht mehr hören. Also sagte To-To zu
dem depressiven Inder: "Auch der Himmelssohn (sagt Mo-Ti) darf nicht
entscheiden, was richtig ist, sondern der Himmel tut dies für ihn.- Wie soll
denn gar ein einfaches Menschenkind das Rechte wissen, das im Alter von
achtzig Jahren sagte: Ich suche die Wahrheit immer noch...? Nein, sondern
ich sage dir: Der Himmel, Shang-Di selbst, der sagte dem Himmelssohn,
ich meine diesmal das Dao, den Sohn Gottes, Er sagte Ihm, was zu tun ist,
ja, der Sohn kam vom Vater und brachte dessen Wort zu den Menschen auf
der Erde, der wahre Sohn des Menschen, er hat die Mission vom Himmel,
dem Himmlischen Vater war er in allem untertan, bis zum Tod am
Fluchholz gar, darum ward er auch erhöht und gekrönt mit Majestät, er ist
das Lamm über uns, unsre Gerechtigkeit. Dem wende dich zu, der wird dir
helfen."

10

Da fragte der Inder, mehr neugierig als aufrichtig suchend: "Was soll ein
Mensch tun, der sich dem Sohn des Himmlischen Vaters zuwendet? Und
was wird ihm gegeben?" Worauf To-To nicht verlegen war und mit Kraft
des Geistes sagte: "Mit einem Wort aus dem Buch des Mo-Ti sag ich dir,
siehe, es steht geschrieben: Wenn er sich den Ansichten des Himmels fügt,
alle Menschen liebt und ihnen hilft, dann wird er Belohnung erhalten.- Ja,
siehst du nicht? Füg dich in die heilige Fuge, die da YE-SU lautet, stell
dich an sein Herz, an seine blutende Seite (eine blutende Liebe ist Seine)
und du kannst beginnen, die Menschen zu lieben; nicht nur die Deinen,
wie es alle Barbaren halten, sondern auch die bedürftigen Nächsten, ja
bald gar die Feinde, die liebe mit einer Liebe, mit der dich Shang-Di durch
das Dao liebt mit dem Kusse seines lieblichen Himmels-Atems... Ja, das
darfst du hoffen, wie die Väter in Ju-te-a ebenfalls, die auf einen
himmlischen Lohn schauten, das darfst du wagen zu hoffen, daß der Sohn
des Himmels dich führt in den Himmlischen Garten, in die Himmlische
Stadt von Jade, in die Gegenwart Shang-Dis, des Allerhöchsten, der dich
herzen will mit herzlicher Liebe. A-ya!"

11

Auf das Wort Liebe reagierte der Inder zurückhaltend, er schien es mit
Wollust zu verwechseln. To-To sah sein fragendes Gesicht und sagte: "Der
Himmel sagte (wie Er durch Mo-Ti sprach): Diese Heiligen lieben alle die,
die auch ich liebe, und sie dienen allen, denen auch ich diene. Ihre Liebe
zu den Menschen ist allumfassend, ihre Hilfe für die Menschen ist groß."
Da staunte der Inder, daß Gott redete. To-To aber gab von sich eine
Hermeneutik, mehr poetisch als philosophisch: "Die Liebe ist der Phönix
am Himmel droben herrlich glühend, aber mir ward sie zu einem Spatz in
meiner Hand. Die Liebe ist eine Königin, schimmernd wie die
Sternstromdame, ja, viel herrlicher noch als jene, aber mir ward sie ein
bettelnder Bruder. Die Liebe ist der himmlische Garten mit Bambushainen
der Poesie und Kiefernhainen des langen Lebens und Pfirsichhainen der
Unsterblichkeit, aber mir ward sie ein Marterholz, da man mich streckt
und mir die Glieder verzerrt. Die Liebe ist mir wie ein himmlischer Bote,
der den Balsam des süßesten Trostes zuseufzt, aber mir ward sie eine
Nacht abgrundtiefer Einsamkeit, da sie in großer Todverlassenheit mir
erschienen ist vom Himmel her, sie, die Liebe, mit langen Haaren, im
braunen Gewand, die Arme ausbreitend, mich zu empfangen an einer Tafel
von Reiswein und Mantou, oh mein Lieber! ich danke der Liebe und liebe
die Liebe, bin verliebt in die Liebe, wenn ich das so sagen darf, verzückt
vor Liebe, die Liebe... was ist sie? Sie ist eine Flamme Gottes! Sie wohnt
für immer in Ihm, in YE-SU!"

12

Und A-Ji ging vom Meister fort, gesegnet zur Mission, und ging zur Küste
und nahm im Hafen ein Boot, eine seetüchtige Dschunke, und segelte
hinüber nach Taiwan, wo er in den Bergen zu den wilden, heidnischen
Menschen vom Stamme der Paiwan ging, die da an totemistische Zauberei
glaubten, was ein Gestank und Greuel dem Himmel ist. A-Ji aber hatte
Liebe für die verlorenen Seelen, die da in Schatten und Todesdunkel saßen.
Er sagte vor dem versammelten Volk auf dem Marktplatz: "Achtet doch
nicht eure Schlangengötter und Totengeister für so hoch! Siehe, Mo-Ti
sagt: Nur der Himmel ist vornhem, nur der Himmel ist weise! - Das ist
wohl wahr, der Himmel ist sehr erhaben, er ist der Schöpfer des Äthers
und des Reiches der Mitte mit den Inseln, er ist der, der diese Berge
machte und den Pazifischen Ozean. Ihr Menschen, der Himmel hat
Schönheit und Pracht zum heiligen Schmuck sich angelegt, Morgensterne
sind die Edelsteine in seinem Diadem, mächtige Gottessöhne dienen Ihm,
dem Erhabenen, Ihm, dem gewaltigen Herrscher, Ihm, dem Allmächtigen,
Ihm, dem Allerhöchsten: Shang-Di ist sein Name in unserer Zunge! Siehe,
die Weisheit des Himmels, die Weisheit Gottes, das ist das Dao Gottes, das
er in Ewigkeit aussprach, das ist jetzt Mensch geworden um eurer
Vergehen willen. Wisst ihr denn nicht, daß ihr den heiligen Himmel
beleidigt, den Herrn, wenn ihr Schlangengötter und Totengeister verehrt?
Er, der Himmel, ist allein verehrungswürdig, Gott! Ihr kränkt und beleidigt
sein heiliges Herz! Aber in seiner Weisheit ist ihm das alles bewußt und
auch der Weg zu eurer Rettung: denn euer Vergehen bringt euch
unweigerlich ewigen Tod! ewige Qual in dem finsteren Reiche unter den
Gelben Quellen, da in neun Regionen die Höllenfeuer geschürt werden
ewig von den Dienern der Finsternis, gräßlich-greulichen Todesdämonen;
Gott aber in seiner Weisheit weiß die Rettung und sagt es euch heute: Traut
dem Dao Gottes, das da Mensch ward, und sein Name ist YE-SU! Er ist
die Weisheit Gottes, er ist der Vornehme, der sich gering machte um
unsretwillen, euret- und meinetwillen, er ist der Schönste aller
Himmlischen, der der häßlichste Menschensohn ward vor lauter Striemen
und Wunden am Fluchholz, da er starb, er, den Gott (Vater Himmel) vom
Tode und aus den Toten auferweckte, daß Er, YE-SU, nun im Himmel
herrscht, mein Herr und mein Gott, wie der heilige Mensch To-Ma ihn
nannte. Dem glaubt, dem Herrn!" Da bekehrten sich viele Paiwanesen in
den Bergen, warfen ihre hölzernen Schlangenidole ins Feuer und beteten
Gott an!

13

Yin-Ko ging auf ein Schiff und reiste nach Japan, denn die Mission nahm
ungeahnte Ausmaße an, da redete sie: "Wie der chinesische Weise Mo-Ti
geredet: Es gibt solche, die ihre Mitmenschen lieben und ihnen helfen, die
den Willen des Himmels befolgen und des Himmels Lohn empfangen, - so
will auch ich euch sagen: Hört auf den Willen des Himmels! Was ist der
Wille des Himmels? Es ist der Wille des Himmels, daß ihr den ewigen
Himmelssohn, das Dao Gottes, den Gottmenschen YE-SU liebt und ihm
traut und euch ihm hingebt mit aller Liebe, die er in euch schütten wird,
glaubt nur, daß er für eure Verfehlungen alle am Fluchholz gestorben ist,
am Kreuz der Lateiner, daß er nicht geblieben ist unter den Gelben Quellen
und nicht geblieben in der Region der neun Höllenfeuer, sondern ward
heraufgerufen von Vater Himmel, seinem Gott und meinem Gott, seinem
Vater und meinem Vater, und ward gerufen, sich zu setzen neben Gott, von
wo er wiederkommen wird zu richten die Lebenden und die Toten. Ja,
glaubt an YE-SU, dann könnt ihr somit auch glauben an das ewige Leben
in Gemeinschaft mit Gott, dem Gott des Himmels. Dem und seinem Sohn
und seinem Geiste sei Lob und Preis und Ruhm und Herrlichkeit und
Anbetung und Weisheit und alles Liebesküssen in Ewigkeit! Amen!"
III. ZUR VERLEIHUNG DES GELBEN BAMBUSHUTES –

VON DER KINDLICHEN LIEBE

Einleitung.- Der Gelehrte, der sich selbst nannte „Das Geräusch beim
Reiswaschen“ schrieb einen umfangreichen Essay über die kindliche Liebe
in der sanften Schule der Literaten. Da wir wissen, wie schwer dies
umfangreiche Werk durch seine Schriftzeichenanalyse und
fremdsprachlichen Texte ist, haben wir uns vorgenommen, denen, die
gerne lesen, Anregung zu verschaffen, und denen, die gerne in der
Weisheit des Ostens forschen möchten, einen Einblick zu gewähren, und
allen, die gern ein Buch zur Hand nehmen, inneren Gewinn zu bringen. Es
wird nicht leicht, wenn wir uns der Mühe der Kürzung unterziehen, aber
ohne Fleiß kein Preis, so wird ja auch eine köstliche Mahlzeit nicht ohne
Mühe zubereitet. Diese Mühe wollen wir aber gerne auf uns nehmen,
damit es vielen zur Erbauung gereiche. Das ins-Detail-gehen wollen wir
dabei den Forschern der Wissenschaften überlassen. Wie jener Gelehrte
einen Palast aus Edelsteinen schuf, wollen wir uns begnügen, eine schöne
Jade zu schleifen.

Mein Sohn, vernimm die Bedeutung der Tradition, durch die wir die
Wahrheit mehr und mehr erkennen und mit ihr uns selber. Mögest du
erkennen des Himmels Willen und des Himmels Plan für die Gegenwart.
Man soll der Quelle gedenken, wenn man Wasser trinkt. Darum gedenke
auch der geistigen Traditionsgüter der Weisheit und der kanonischen
Schriften.
Sei gewissenhaft gegen die Vollendeten, folge nach den heiligen
Dahingegangenen, so wendet sich deine Art zur Hochherzigkeit. Darum:
Gib nicht preis die Lehren der Väter.
Die Heiligen der vergangenen Zeiten haben einen Grund gelegt, nicht
allein in ihren Worten, sondern auch in ihren Taten.
Die Summe ihrer Lehre ist die kindliche Liebe zum Vater im Himmel.
Diese kindliche Liebe ist die oberste Tugend. Nur durch sie wird der
Mensch zum Menschen.
Die Kaiser des Altertums pflogen der kindlichen Ehrfurcht vor dem
Himmel, daher hatten sie ihr Amt.
Wenn man die kindliche Liebe senkrecht stellt, reicht sie von der Erde zum
Himmel; wenn man sie waagerecht stellt, reicht sie von einem Ende der
Erde zum andern; wenn man sie auf die Zukunft anwendet, erkennt man
ihre Ewigkeit.
Dreizehn Jahre suchte Konfuzius einen Herrscher, den er unterweisen
konnte. Schließlich kehrte er in seine Heimat Lu zurück und wandte sich
der Unterrichtung seiner Schüler zu. Fortan widmete er sich der Musik und
der Poesie.
Mit fünfzig Jahren ward Konfuzius das Gesetz des Himmels kund, mit
sechzig ward sein Ohr aufgetan. Er glaubte an den Himmel als seinen Gott.
Seine Jünger überlieferten seine Lehre. Man nennt seine Lehre: die sanfte
Schule der Weisen.
Der Meister war seinen Jüngern wie ein Vater seinen Söhnen.
Die Gelehrten sollen sich bemühen um eine fortdauernde Interpretation der
heiligen Schriften, der Klassiker, die da enthalten historische Dokumente,
Weisheitssprüche, Poesie und rituelle Texte.
Wenn die Menschen mit dem Himmel in harmonischer Einheit leben, dann
sind in Einheit auch die Früheren und Späteren und auch die Lebenden und
Heimgegangenen.
Das Leben ist ewig.
In den überlieferten Schriften wird nach dem Willen des Himmels und
dem Sinn des Lebens gefragt. Im Buch der Lieder wird der Himmel
verehrt.
Von den Jüngern wurden geschrieben die Vier Bücher; die Worte des
Meisters sind darin überliefert.
Mein Sohn, die ersten Schriftzeichen wurden auf Knochen geschrieben
und waren Ritualtexte zum Opfer. Daran siehst du, daß um des Todes
willen die Menschen von jeher versöhnt werden wollten mit dem Himmel
und daß ein Opfer der Sühne vonnöten.
Beim Opfer ward der dunkle Wein im Tempel dargebracht.
Schon die Alten wollten die Gemeinschaft mit den verklärten
Heimgegangenen aufrecht halten.
Wer den Schutz des Vaters verliert, lebt furchtsam wie ein streunender
Hund. Ist er in der Ferne, strebe er danach, heimzukehren, wie die
fallenden Blätter eines Baumes zur Wurzel zurückkehren.
Lasse den Weihrauch nicht ausgehen!
Unter dem Himmel seien alle eine himmlische Familie des
Himmelssohnes!
Der Himmel ist Vater. Er ist der Eine, der groß ist. Er ist der Allerhöchste.
Der Herr brachte die lichte Tugend, da mußten die wilden Kuan fliehen.
Der Himmel verleiht Amt und Genossin.
Der Allerhöchste setzte den Himmelssohn ein, über alle Völker zu
herrschen.
Erhaben ist der Allerhöchste, des Volkes Herrscher, erschrecklich ist er,
und oftmals wird sein Wille fälschlich dargestellt.
Erhaben ist der Allerhöchste, er schaut vom Himmel in hehrer Macht, er
blickt forschend in das Reich, ob die Völker Ruhe haben.
Er herrscht über Raum und Zeit.
Der Sohn des Himmels empfing vom Himmel den Befehl, sein Volk zu
regieren.
Alle Lebewesen stammen vom Himmel ab, aber das Menschenvolk ward
vom Himmel gezeugt.
Leib und Seele sind Gabe des Himmels.
Der Himmel leidet mit seinem leidenden Volk.
Der Himmel hilft seinen Kindern, die Harmonie zu erreichen.
Die Menschen können Kontakt mit dem Himmel aufnehmen nur durch die
Vermittlung des Himmelssohnes. Der Himmelssohn ist Vertreter des
Himmels, die Menschen zu regieren, und Vertreter der Menschen, dem
Himmel das Opfer darzubringen.
Konfuzius sprach: Wer mich kennt, das ist der Himmel.
Der Edle habe Scheu vor dreierlei: Vor dem Willen des Himmels, vor
erhabenen Menschen, vor den Worten der Heiligen.
Wie edelgesinnt war König Wen! O lichte Hingabe lebenslang! Vom
Himmel war ihm sein herrliches Königsamt verliehen.
Beim Opfer steigt ein Wohlgeruch auf, den der Allerhöchste riecht und
sich freut.
Der Himmelssohn ist der Erste Sohn. Er heißt auch: die Quelle, der
Anfang. Er ist Vater und Mutter des Volkes. Er erfüllte stellvertretend für
das Volk das Gesetz des Himmels.
Von der Vergangenheit bis heute wurde nicht gesehen, daß zwei Starke um
die Macht kämpften und doch lange an der Macht blieben. Der Himmel
hat nur Eine Sonne, das Land nur Einen König.
Der Vater ist Oberhaupt. Die Mutter ist herzlich. Kindliche Liebe und
Freundlichkeit gegen die Brüder muß man wahren.
Hundert Wohltaten fangen mit der kindlichen Liebe an.
Der Gehorsam des Sohnes ist das Fundament der Menschenliebe.
Mein Sohn, diese Schrift ist kostbar wie ein Opfergefäß aus Bronze. Für
die Kinder und Kindeskinder soll sie immerdar gut bewahrt werden.
Mache Namen und Werke der Alten bekannt. Entscheide, welche
Lobschrift ihnen gebührt. Überliefere den Preis treu den Nachkommenden.
In der Rühmung wird auch deine Persönlichkeit bewahrt.
Sei gehorsam den heiligen Geboten, überliefere Tugenden, Werke und
Worte.
Wenn ein Mensch eine Lobinschrift betrachtet, gedenkt er nicht allein des
Gelobten, sondern auch des Lobenden.
Was die Menschen können, ohne es gelernt zu haben, ist ihr eigentliches
Können. Was die Menschen wissen, ohne darüber nachgedacht zu haben,
ist ihr eigentliches Wissen.
Jedes Kind, das die Mutter auf den Arm nimmt, weiß seine Mutter zu
lieben.
Anhänglichkeit an die Nächsten ist Liebe.
Die Art der heiligen Könige war kindliche Ehrfurcht und Brüderlichkeit.
Die Mutter nimmt das Kind in die Arme, stillt es an ihren Brüsten, hütet
es.
O Vater, du zeugtest mich, o Mutter, du säugtest mich.
O weiter, hoher Himmel, voller Vater- und Mutterhuld!
Ich freue mich des würdigen Herrn, der das Volk wie Vater und Mutter
pflegt.
Groß ist wahrlich die Ursprungskraft des Schöpferischen, alle Wesen
verdanken ihm ihren Anfang.
Der Mensch ist das Würdigste aller Geschöpfe.
Sohn bedeutet Mensch, Sohn bedeutet Meister. Der Himmelssohn ist der
Erste Sohn.
Die die Tugend makellos besitzen, leben langes Leben für und für und
werden nie vergessen.
Die Jungen mögen in Weisheit lauschen den Weisungen der ehrwürdigen
Väter.
Die Art des Vaters ist Liebe, Erbarmen und Gerechtigkeit. Die Art des
Sohnes ist kindliche Liebe, Ehrfurcht und Gehorsam.
Gütiger Himmel, gib uns einen beständigen Geist, auf daß wir nicht
beschämt werden.
Preist man ihn nicht? Ehrt man ihn nicht? Nie wird mans müde bei den
Menschen, den Vater zu preisen!
Mein Sohn, ich begehre, dein Herz gerade zu machen, ruchloses Reden
zum Schweigen zu bringen, verkehrte Worte zu bannen, um so das Werk
der Heiligen fortzusetzen.
Kindliche Liebe und Brüderlichkeit sind die Grundlagen der
Menschlichkeit.
Von allen Kreaturen ist der Mensch die größte. Von allen menschlichen
Taten sind die Taten der kindlichen Liebe die größten.
Die Wahrheit suchen, ist des Menschen Weg. Die Wahrheit besitzen, ist
des Himmels Weg.
Im Anfang war der Weg des Himmels und der Weg der Menschen ein
einziger.
Mein Sohn, nicht deine Zeugung ist das Höchste, sondern daß du das Tao
findest.
Wenn der Allerhöchste kindliche Liebe gebietet, wer wagte es, nicht zu
folgen?
Dem Gelehrten ist das Tun die Vollendung der Erkenntnis.
Ein Kind sollte seinem Vater dienen: Beim Hahnenruf aufstehen, sich
waschen, den Mund spülen, sich kämmen, sich das Haar knoten, es mit
einem Seidenband umschlingen, es mit einem Haarpfeil feststecken, die
übrigen Haare hinter den Schläfen bürsten, den Hut aufsetzen, ihn unterm
Kinn zusammenbinden, die Enden des Bandes herunterhängen lassen, ein
dunkles Gewand anziehen, Knieschützer anlegen und den großen Gürtel,
in den es sein Notiztäfelchen steckt (Worte der Rühmung einzutragen).
In der Ferne dient mancher dem Vater mit Gedichten.
Wildgänse regen laut die Flügel und setzen sich in den Eichenwald. O
endloser blauer Himmel! Wann sind wir in der Heimat? Der wilden Gänse
Flügel rauschen, sie setzen sich in den Dornwald. O endloser blauer
Himmel! Wann kommt das selige Ende?
Rastlose Arbeit! Dem Baum wär Ruhe lieber, aber der Wind hört nicht auf
zu wehen.
Des Edlen kindliche Liebe ist verbunden mit Ehrerbietung. Er tut, was in
seinen Kräften steht, lebt nach der Tugend und hat inneren Frieden.
Mein Sohn, wandle mit Furcht und Zittern, als stündest du vor einem
tiefen Abgrund, als trätest du auf dünnes Eis.
Mein Sohn, lache nicht unbeherrscht und schwatze keine Geheimnisse aus.
Ehrerbietung vor dem Himmel ist Anfang der Weisheit.
Ehrerbietung ist schwierig, sie mag wohl möglich sein, aber Beständigkeit
ist schwierig, sie mag wohl möglich sein, aber das Durchhalten bis zum
Ende ist schwierig.
Vom Aufstehen bis zum Schlafengehen sei dem Himmel nicht zur
Schmach.
Dem Meister nachfolgen heißt nachzuahmen, nachzuahmen heißt
ähnlichzuwerden.
Das Leben beginnt nicht mit der Geburt, sondern im Schoß der Mutter.
Bei der Schwangerschaft sollte die Mutter sich benehmen, wie sich die
Königinmutter benahm, als sie König Cheng im Schoße trug.
Wenn sie allein war, war sie nicht hochmütig. Wenn sie zornig war,
schimpfte sie nicht.
Man lese der Mutter Gedichte vor und rede zu ihr nur Erbauliches.
Bei der Geburt eines Mädchens wurde in alter Zeit ein Tuch aufgehängt.
Das Tuch heißt Folgsamkeit und Sanftheit.
Man unterziehe das Kind dem Reinigungsbad. Wie einen Pfeil vom Bogen
schieße man die Sünde weit weg!
Wie ein Pfeil das Zentrum der Scheibe treffen soll, so sollst du den Sinn
des Lebens treffen.
Die Kunst ist leicht zu erreichen, schwieriger ist es, das Tao zu erreichen.
Das Tao ist aber wichtiger als die Kunst.
Wenn bei der Namensgebung die Poesie bedacht wurde, waren die Namen
von Menschlichkeit, Sanftheit und Schönheit bestimmt. Wenn bei der
Namensgebung die Weisheit beachtet wurde, nannte man seinen Sohn
Sheng (heilig) oder Hui (barmherzig) oder Tao (Weg).
Das Kind wird von der Mutter aufgezogen. Mit dreizehn Jahren lerne es
Lieder und Musik.
Glücklicher Monat, glückliche Zeit! Sei ehrfurchtsvoll und
vervollkommne deine Tugend. Zehntausend Jahre währe dein Leben!
Empfange die unendliche Segnung immer und ewig!
Heute, mein Sohn, gebe ich dir deinen Ehrennamen: Minziqian! Er ist gut
und schön, er paßt zu dir. Folge dem Jünger des Meisters nach und werde
ein tugendhafter, weiser Mensch. Dein neuer Name ist dein Weg.
Hochzeit ist ein Werk des Himmels. Die Eheschließung dient der
Vermeidung von Unzucht.
Wie eine Wildgans soll die Frau dem Manne folgen. Wie eine Wildgans
soll eine Jungfrau ihre Keuschheit bewahren.
Der Tod bedeutet Trennung von Fleisch-und-Knochen.
Leben und Tod sind vom Himmel vorherbestimmt.
Ich kann abends gut sterben, wenn ich morgens das Tao gehört habe.
Wer das Tao fand, fand den Sinn des Lebens. Der braucht vorm Tode keine
Angst zu haben.
Nur wenn man in der Erde liegt, hat man Frieden.
Der Himmel ist die Quelle aller Lebewesen.
Der Mensch ist das bevorzugte Lebewesen, der Empfänger der Tugenden
des Himmels. Der Befehl des Himmels bestimmt die menschliche Natur.
Das menschliche Schicksal ruht im Willen des Himmels.
Der Edle hat eine heilige Scheu vor dem Willen des Himmels.
In dem Maße, in dem die Menschen nach dem Tao des Himmels leben,
empfangen sie des Himmels Segnungen.
Der Edle soll mehr nach dem Tao verlangen als nach gewöhnlicher Speise,
denn das Tao ist die wahre Speise des menschlichen Herzens.
Der Mensch bekommt vom Himmel die Tugend verliehen mit dem
Auftrag, sie zu verwirklichen.
Der Himmel gibt mit dem Leben auch eine Lebensaufgabe.
Der Himmel schafft nicht nur die Menschen, sondern legt ihnen auch den
Weg des Lebens vor.
Die Heiligen folgten dem Tao des Himmels und verwirklichten die
Tugenden des Himmels.
Mein Sohn, überwinde deine selbstsüchtigen Begierden und stelle die
Sittlichkeit her.
Menschen sollen lernen, menschlich zu sein.
Alle Dinge sind harmonisch, nur die Selbstsucht sät Zwietracht.
Im Herzen des Menschen wohnt das himmlische Prinzip und die
Selbstsucht. Wenn das Diesseits siegt, ist das Jenseits unterworfen; wenn
das Jenseits siegt, ist das Diesseits unterworfen.
Um Selbstlosigkeit zu erreichen, betrachte das Lamm der Gerechtigkeit
über dir.
Der Mensch soll das Tao nicht allein zum eigenen Nutzen hören, sondern
es weitergeben an die anderen Menschen.
Denke täglich darüber nach, ob du treu und zuverlässig bist, die Lehre übst
und als Vorbild weitergibst.
Wer gut singen kann, sollte auch andere seiner Stimme nachfolgen lassen.
Wer gut lehren kann, sollte andere seinem Herzen nachfolgen lassen.
Eis besteht aus Wasser, ist aber kälter als Wasser. Das Messer wird durchs
Schleifen geschärft. Der Edle soll tiefgründig und umfangreich lernen und
erkennen und sich selbst ergründen, so wird er erleuchtet.
Wenn man nicht auf den Himalaya steigt, weiß man nicht, wie hoch der
Himmel ist. Wenn man die überlieferten Worte der Heiligen nicht hörtdann
weiß man nicht, wie reich die Weisheit ist.
Das Wissen ist nicht allein fürs Wissen da, sondern für ein besseres Tun.
Lernen und ständige Übung bringt Freude.
Lernen heißt: wiederholte Übung des Fliegenlernens.
Wenn eine Jade nicht geschliffen wird, dann wird aus ihr kein gutes
Werkzeug werden.
Einem Menschen ohne Menschenliebe, was hülfe dem die Sittlichkeit?
Einem Menschen ohne Menschenliebe, was hülfe dem die Kunst?
Mein Sohn, du brauchst ein großes Herz, denn deine Last ist schwer, dein
Weg ist weit. Die Menschenliebe, die ist deine Last: ist sie nicht schwer?
Im Tode bist du erst am Ziel: ist der Weg nicht weit?
Menschenliebe ist wichtiger, als das eigene Leben zu erhalten.
Was du dir selbst nicht wünschst, das tu du auch den Andern nicht.
Wer sich um die Menschenliebe müht, der hat sie schon. Doch auch
Konfuzius hat die wahre Menschenliebe nicht erreicht.
Ohne Menschenliebe ist der Mensch ein abgestorbenes Stück Holz.
Ehrfurcht ist der Anfang der Menschenliebe.
Sei mit ungeteiltem Herzen treu.
Sei gütig und zur Vergebung bereit.
Übe Menschenliebe an den Elendsten.
Liebe den Himmel über alle Maßen und die Menschen desgleichen.

IV. CYPROS ODER DIE MADONNA MIT DEM GRANATAPFEL

„Singen will ich die Keusche, Blühende, Goldengekränzte,


Ihr ward geweiht mit den Türmen das meerumgürtete Cypros!“
(Homer)

Hilarion, Papas der Maronitischen Kirche von Marion und Patriarch der
Schlüsselinseln grüßt San Marco von Venedig und seine geliebte
Schoschannim
von Susa mit dem Kuß der Liebe!
Ihr Lieben, Ihr bittet mich, Euch von meinem Eiland Cypros zu erzählen,
das
will ich gerne tun. Zuerst will ich Euch berichten, wie es dazu kam, daß
ich
Papas wurde. Ich lebte auf Cypros und dichtete an einem Heldenepos über
die
Schlacht von Salamis, da die Griechen die Perser besiegten, als mir Maria
Metamelia begegnete. Ich liebte sie vom ersten Blick in ihre schönen
Augen
an. Sie war so keusch, daß man sich ihr nicht mit Begehren nahen konnte,
sondern allein mit Bewunderung. Sie nahm sich meiner Seele an, ich
glaube
auch in regelmäßigen Fürbittegebeten. Eines Tages führte sie mich in die
Burg, oben in den Bergen, die nach meinem Namenspatron Sankt Hilarion
benannt ist. Diese alte schöne Burganlage, in einem Wald von blauen
Zedern
gelegen mit weiter Aussicht auf die fruchtbaren Felder, war der der Ort, da
die Religion der Liebe entstand. Ich liebte Maria Metamelia so innig, daß
mir schien, ich sei in einem Feuer verbrannt und als Phönix auferstanden,
als ein Mensch mit einem neuen Herzen. Da trat ich vor die Jungfrau und
schenkte ihr rote Rosen, weiße Rosen und goldene Rosen. Sie aber in ihrer
allgemeinen Menschenliebe, an der sie so reich war, schenkte diese Rosen
der
ganzen Welt. Ich sehe sie noch am Burgfenster stehen und hinausschauen,
voller Sehnsucht, voller lebendiger Hoffnung auf den Himmel... sie sah
"durch den Horizont", wie man in Papua-Neuguinea die Hoffnung nennt.
Sie war
ganz vom Evangelium geprägt, wie ich jetzt zu erkennen vermag. Sie war
allein von Christus geprägt, liebte die Schrift über alle Bücher und
sonstigen Geistesäußerungen, glaubte an die unendliche Gnade Gottes und
hatte einen tiefen Glauben, aus dem heraus sie sich demütig Gott unterwarf
und sagte: "Nicht wie ich will, sondern des Herrn Wille geschehe an mir!"
Ihr Lieben, ein Maler, der aus Italien kam und sie sah, wollte sie malen. Er
nannte sich Alessandro der Büßer, denn er hatte lange Zeit heidnische
Bilder
von Aphroditen gemalt, nun aber hatte er Buße getan und wollte eine
Madonna
malen. Da sah er Maria Metamelia und nahm sie sich zum Model. Sie
liebte die
armen Straßenkinder sehr mit reicher barmherziger Liebe, sowohl die
griechischen als auch die türkischen. Ein kleines Kind aus Medina hatte sie
als Paten angenommen, als es getauft worden war, es hieß Jussuf. Nun saß
sie
also inmitten einer Schar schwarzhaariger griechischer und türkischer
Kinder, der kleine getaufte Jussuf auf ihrem Schoß, einen Granatapfel
haltend, winkte er dem Maler zu. Ich will euch nur schreiben, wie das
Antlitz der Maria Metamelia aussah. Über ihre langen dunkelblonden
Locken
trug sie einen hellroten Schleier, welcher einen transparenten Saum hatte.
Der Schleier fiel über ihre Haare, ließ diese aber noch sichtbar sein, ihr
schönes Antlitz war jedenfalls zu sehen. Sie hatte hellbraune Haut, von der
Sonne Cypros' hellbraun, eine feine schlanke Nase und schmale,
ungeschminkte
Lippen von schöner rötlicher Farbe. Ihre feinen Brauen wölbten sich schön
über den Augen, welche blaugrün waren und mit unendlicher Melancholie
schauten. Sie sah aus wie ein Traum, wie ein melancholischer Traum von
wahrer Schönheit und ewiger Liebe. Überhaupt war sie sehr schwermütig.
Das
nannte sie ihren "Dorn im Herzen". Aber diese Schwermut brachte sie
dazu,
immer wieder nächtelang unter Tränen auf dem Angesicht zu liegen auf
ihrem
griechischen Hirtenteppich in ihrer Zelle und Buße zu tun vor Christus. Er
hat ihr daraufhin reiche Gnade zugesprochen. Denn im Maße der Buße
bemißt
sich das Maß der Gnade. Nun starb sie jung, mit dreiunddreißig Jahren.
Was
die Ärzte auch sagen, ich bin mir sicher, sie starb an ihrer schwermütigen
Sehnsucht der Seele, ihrer Sehnsucht nach dem Paradies Gottes. Ich ward
an
ihr Sterbelager gerufen, der kleine Jussuf saß und hielt ihr schönes Haupt
und weinte, ich kniete zu ihren Füßen und benetzte diese mit bitteren
Tränen. Da schaute sie aus tiefen mondweichen Augen, verzückt gen
Himmel
lächelnd, und flüsterte: "Meinen Heiland seh ich nahen... Gott ist Liebe,
darum liebet einander, liebe Kinder!" Damit verschied sie, indem ihr Engel
ihr den Atem von der süßen Lippe küsste. Ach ihr Lieben, ich kann nicht
dran
denken, ohne traurig und fromm zu werden. Nach Maria Metamelia wollte
ich
keine weitere Frau mehr lieben! Ich ging darum ins Kloster, ward ein
Augustinermönch. Christus berief mich dann in einer Erscheinung am
Tage
Marien Himmelfahrt zum Papas der Maronitischen Kirche. Mit meiner
Vollmacht
als Papas sprach ich die Jungfrau der Barmherzigkeit heilig: Sankta Maria
Metamelia! Ich bin sicher, sie betet für mich. Das Volk verehrt sie und hat
in einer Andachtsgrotte das Bild des Malers Allesandro des Büßers
aufgestellt. Auch eine Ikone, die Sankta Maria Metamelia selbst gemalt
nach
einer Vision aus dem Andachtswinkel ihrer Seele, wird dort in Ehren
gehalten, sie zeigt Christus als den Phönix der Auferstehung im Paradies
des
Ewigen Lebens! - Ihr Lieben, nun will ich Euch also in der nächsten Zeit
in
meinen Episteln dies schöne Eiland vorstellen. Da ihr die klassische Poesie
liebt, werdet ihr auch hören von der Geburt der Aphrodite, welche in den
beiden Homerischen Testamenten "Charis" heißt. Sie sieht gewiß aus,
lieber
Bruder San Marco, wie deine junge Sponsa Schoschannim von Susa.
Homer nennt
Charis "die Keusche, Blühende, Goldengekränzte". Viel Blüten sollen
blühen,
viel Wein getrunken werden, denn ich weiß, Euch freut dies. Schließlich
wollen wir gemeinsam das Osterfest der Cyprioten feiern. Denn Jesus
Christus
lebt wahrhaftig, unser Herr! Dem seien Eure schönen Seelen anempfohlen,
damit grüßt Euch
Papas Hilarion von Marion.

Papas Hilarion schreibt zur Geisterstunde an den Dialektiker vom


Markusplatz
und seine hübsche Johanniterschwester, San Marco und Schoschannim:
Ich grüße
Euch mit dem Kuß der Liebe!
Ihr Lieben, es gibt soviel zu erzählen, womit soll ich beginnen? Ich habe
mich hier in Marion eingerichtet. Die modernen Leute nennen den Ort
Polis,
ich aber als antiker Mensch nenne ihn gut altzypriotisch Marion. Ich
wohne
in einem kleinen Häuschen neben der kleinen Maronitischen Kirche,
verwalte
auch die Schlüssel. Es ist nur eine kleine Kapelle, denn wir sind wenige
Fromme hier, die meisten sind Schismatiker oder Häretiker oder, noch
schlimmer, Ketzer. Nun gut. Was Ihr charismatische Christen "biblische
Haushalterschaft" nennt, das heißt bei mir nach einem prophetischen Wort
"löchriger Beutel", dazu der Haushalt wächst mir über den Kopf. Ich habe
darum eine Haushälterin eingestellt, die liebe Römerin Anna Perennis
Corinna. Sie ist etwa in meinem Alter (ich fühle mich oft so alt!) und ist
sehr fleißig. Sie sagte, sie wollte schon in ihrer Jugend etwas Sinnvolles
für die Menschheit tun. Nun sieht sie wunderlich genug das Sinnvolle
darin,
mir die Alltagssorgen fernzuhalten. Sie kann mir nicht gefährlich werden,
weil Gott mir in einem Traum eine keusche Bruderliebe für sie gab. Sie
grüßt
Euch herzlich.
Ihr Lieben, ich denke gern daran zurück, wie wir in Korinth immer so
schön
zusammengesessen und fleißig in Zungen geredet. Damals sprachen wir
auch
über die Bekehrung des Saulus, der nach seiner Bekehrung Paulus hieß.
Etwas
ähnliches will ich Euch heute erzählen. Es geht in dieser frommen
Legende
der Maronitischen Kirche um Jene, der das Eiland Cypros geweiht ist.
Also
lauschet mit den Ohren Eurer Seele: - Während des großen
Glaubensstreites,
der zum seelenverwirrenden Schisma der Kirche führte, gab es einige, die
die
Bilder der Madonna besonders hassten. Sie konnten nicht glauben, was
über
eins der schönsten von ihnen erzählt wurde. Nämlich der Evangelist Lukas
war
nicht nur ein Arzt, der ein sehr kultiviertes Griechisch sprach (er schreibt
das erlesenste Griechisch des Neuen Testamentes, nur der Dichter des
Hebräerbriefes kommt ihm nah), sondern Lukas war auch ein begnadeter
Maler.
Da er die Mutter unseres Herrn und Gottes Jesus Christus mit eigenen
Augen
sah und sie als die erste Christin, die erste Heilige und Christusgebärerin
ehrte, malte er ein Bild von ihr. Dies Bild befand sich lange Zeit in
Konstantinopel, wo man es andächtig betrachtete. Im Schismatischen
Streit
aber wurde es von protestierenden Menschen aus der Kirche
herabgerissen,
dann warfen es die Bilderstürmer ins Mittelmeer. Der Herr aber, der nach
dem
Psalmisten seinen Thron über der Flut gebaut, bewegte das Mittelmeer,
daß es
das Bild unversehrt an den Strand von Cypros legte. Ich weiß nicht, in
welcher Bucht das schöne Bild angespült wurde. Manche meinen, es wäre
beim
Felsen Petra tou Romiou gewesen. Jedenfalls ward das Bild von einem
Fischer
gefunden und in einer Höhle versteckt. Später, als manche Zyprioten
wieder
zur schönen Religion zurückgefunden, baute man ein Kloster um diese
Ikone
und weihte es der Heiligen Maria vom goldenen Granatapfel. In
zypriotischer
Zunge heißt dies das Kloster der Chrysoroyiatissa. Ich weiß nicht, ob ihr
dies aussprechen könnt, aber es ist ein sehr schönes Wort. Ihr ist also
diese Insel geweiht. Aber nun zu der Bekehrung des Saulus zum Paulus.
Dieselbe Jungfrau begegnete einst dem Jüngling Eustach. Dieser war in
seiner
Jugend ein großer Verehrer Robespierres und dann auch Napoleon
Bonapartes
gewesen und lästerte vielfach den heiligen Namen Gottes. Eines Tages
irrte
er durch einen Zedern- und Zypressenhain auf dem Fünffingergebirge, da
begegnete ihm ein Hirsch. Nun war er ein passionierter Jäger und wollte
gleich mit seiner Flinte diesen Hirschen schießen. Da sah er aber plötzlich
in dem imposanten Geweih des edlen Tieres ein goldenes Kreuz leuchten
und
hörte eine Stimme: Eustach, Eustach, was verfolgst und lästerst du mich?
Da
merkte er, daß Christus lebte, er fiel sogleich mit dem Angesicht in das
Moos des Waldbodens und weinte bittere Tränen der Buße. Als er seine
Augen
wieder auftat, sah er vor sich eine Ikone liegen. Als er das Bild
betrachtete, wurde eine wunderbare Glut in seinem Herzen wach, und er
ward
zu einem großen Liebenden Gottes und der Nächsten. Darum nannte er das
Bild
die Ikone der Heiligen Maria vom Walde. In Venezianischer Zeit ward
unter
diesem Namen der Jungfrau Mutter ein Kloster gebaut, in welcher sich die
Ikone noch heute befindet. - Soweit also für heute. Ich hoffe, Ihr seid noch
nicht auf die Skelettreligion der Häretiker hereingefallen, sondern habt ein
Herz für die schöne Religion, welche in Fülle nur in der Maronitischen
Kirche zuhause ist. Wie dem aber auch sei, verbunden im einzigen und
alleinigen Herrn Jesus Christus grüßt Euch, Euer Euch liebender Bruder
Hilarion von Marion.

An die Geliebten schreibt der Liebende, Papas Hilarion von Marion an die
schöne Schoschannim und den weisen San Marco. Der Gott, der Euch
anschaut
und mit mir viel Geduld hat, segne Euch!
Ihr Lieben, diese Epistel wendet sich besonders an die Edelfrau von Susa,
denn in Eurer letzten Epistel schrieb sie: "Blüten..." Ich höre sie seufzen
dabei, was ich verstehe, da Euer Venedig ja nur aus Marmor und Wasser
besteht. Hier aber weckt alles die Sehnsucht nach dem Garten Eden. Ich
will
dir also, meine Schwester, Cypros zeigen, wie es blühend und gekränzt aus
einem vielfarbigen Blütenmeer sich erhebt in vollkommener Schönheit.
Besonders die Zeit von März bis Mai, allerorten die schönste Zeit des
Jahres, ist sehr blütenreich dies Eiland. Da sind zum einen die vielen
verschiedenen Orchideenarten mit ihrer sinnlichen Schönheit, daneben
aber
auch die nonnenhaften Tulpen, die kriegerischen Jungfraun und Amazonen
der
Schwertlilien durchziehen die Wiesen, der wilde Mohn blutet seine
träumerische Milch und schaut mit schamroten Wangen, der goldene Raps
betört
die Vögel mit seinen betörenden Düften, sinnverwirrend, vor allem lieb ich
die Pfirsichbäume, von denen man in China sagt, sie tragen die Pfirsiche
der
Unsterblichkeit. Im Sommer ist das Eiland ein goldenes, da die
Getreidefelder alles in ein Goldgewand kleiden, bestickt mit den Blüten
der
Oleander. Im Bergland kann man dann auch singen: O Nadelbaum, o
Nadelbaum,
bist auch im Sommer grün! Kommt der Herbst, dann blühen die violetten
und
keusch-weißen Krokusse, die goldenen Glocken der Narzissen, die
zartzarten
Anemonen, die prachtvollen Hyazinthen und die Ophelien von Seelilien.
In den
Wäldern findet ihr vor allem die Aleppo-Kiefer, in hohen Höhen auch die
bizarren Schwarzkiefern. Im Gebirge walden vor allem Zedern als Könige
und
Zypressen als Klageweiber. Der australische Eukalyptusbaum seufzt nach
dem
Flug des australischen Trauerschwanes. Die Olivenbäume sind geziert mit
grünen Smaragden oder jenen köstlichen Früchten, von denen sich Sankt
Petrus
in Rom ernährte, die Zweige allerdings sind der Göttin der Weisheit und
dem
Frieden und Noahs Taube gewidmet. Hier sind auch deine Apfelblüten, o
Schoschannim, zu finden, geschwisterlich leuchtend neben den Birn- und
Kirschblüten. Die Mandelbäume, die vanGogh so herrlich malte, stehen
hier
Modell. In den Ebenen steht der Baum der Daphne, den man auch den
Lorbeer
nennt, benannt nach der Liebe Petrarcas Madonna Laura, welche den
Poeten mit
dem kapitolinischen Lorbeerkranz kränzte. Bananenstauden und
Zitrusfrüchte
geben die schönsten Farbtupfer in Gelb und Orange. Vor allem aber, das
wird
dich freuen, lieber San Marco, wachsen hier die fruchtreichsten
Weinreben.
Besonders vorzüglich ist der Wein von der Mesaoria-Ebene, aber auch von
anderen Weinen will ich dir bei Gelegenheit berichten. Der Stachelbusch
der
Macchia hat hier breiten Raum gewonnen. Daran freuen sich die Ziegen.
Häufiger aber als die Ziege ist das Mufflon Agrinon, das scheue Bergschaf.
Die männlichen Wildschafe haben imposant gewundene Hörner und halten
sich
mit ihren Weibchen vor allem im Troodos-Gebirge auf. Auch findet man
ab und
an noch Wildleoparden und Wildesel, und auch den Hirsch des Eustachius
kann
man, wenn Gott gnädig ist, ab und an schauen, er ist edel und
menschenscheu.
Natürlich schleichen hier auch überall vor den Häusern Katzen den Frauen
um
die Beine. In den Wäldern jagen manche Hasen und Kaninchen, wenige
nur
lieben wie ich die purpurroten Füchse, welche der Dichter Reinecke nennt,
und die behenden Kletterer Eichhörnchen, die man meines Erachtens
völlig zu
Unrecht Rote Waldteufelchen nennt, sie sind sehr lieb. An den Teufel
erinnert mich da mehr die karogemusterte Otter. Nun aber zu meinen
Lieblingen, den Eigentümern von Schwingen: da gibt es auf Cypros die
Seidensänger, die nicht so heißen, weil sie immer flöten, wenn sie ein
Seidenkleid sehen, die Wildtauben, die girren und gurren und turteln wie
die
Weltmeister oder Don Giovanni, aber auch den Vogel Kaiser Friedrichs
von
Sizilien, den Falken, der Minnesänger Königsvogel, aber am
majestätischsten
ist der in den Bergregionen mit Blick in die Sonne segelnde Kaiseradler -
Lang lebe unser Kaiser von Gottes Gnaden! Für Euch aber hab ich zum
Schluß
die Flamingos aufgehoben, die an den Salzseen von Larnaca überwintern
auf
der Reise nach Lanzarote oder La Palma. Da führen die Vogelmännchen
Wettrennen und Balztänze auf, den Weibchen zu imponieren, nähern sich
ihnen
werberisch, und wenn ein Weibchen ganz still hält, ist es einverstanden
und
gibt sein Jawort, dann verschlingen Flamingomann und Flamingoweib die
Hälse
in zärtlich-zierlichen Windungen, was sehr anmutig anzusehen. Ihre rosane
Farbe haben sie übrigens vom Verspeisen der Krebse und Algen. Damit
wären
wir wieder beim Wasser, und das ist ja Cypros Element, darum ist auch
hier
zuhause, guter San Marco, die Venus deiner Venen. Ich freue mich an Euer
beiderseitiger Wonne, wende mich nun wieder in meiner Zelle der Schrift
zu
und grüße Euch mit frommem, ehrerbietigem Gruß!
Hilarion.

Papas Hilarion an die gnadenreiche Schoschannim von Susa und seinen


gelehrten Bruder San Marco von Venedig: Ich grüße Euch mit dem Kuß
der Liebe
und segne Gott um Euretwillen!
Ihr Lieben, diesmal will ich Euch berichten von dem Ort, an dem ich
meinen
Bischofssitz haben, von Marion, und vom Berg der Berge des
Abendlandes, vom
Olympus.
Ich wohne also in Marion, was mir Herzenssache ist. Man nennt es heute
auch
Polis, den Marion ist die Stadt der Städte von Cypros. Es liegt abgelegen
mit schönen Stränden an der Küste des Mittelmeeres. Unter den Achäern
ward
es um 1000 vor Christi Geburt ein Stadtkönigtum, zur Zeit also, da König
David Jerusalem zur Königsstadt machte. Von Persern, Ptolemäern und
Türken
oftmals vernichtet, erstand Marion immer wieder neu. Im pittoresken
Fischerhafen möcht ich mit Euch zwischen bunten Booten und
Weidenkörben
Maränen speisen, ihr Lieben, und dazu Wein von Mesaoria trinken. - Nun
aber
zu der schönen Mythe von Marion, ich will Euch von der Aphrodite von
Marion
erzählen. Aphrodite, die Meerentstiegene, wird von Platon ja Urania
genannt:
die Himmlische. Im nabatäischen Petra nannte man sie Königin des
Himmels,
Melitta. Diese also - wie soll ich sie nennen? ich will sie die Marionische
Aphrodite nennen - stieg beim Felsen Petra tou Romiou an Land und
begab sich
nach Marion. Wo sie ging, wuchsen Myrten, blühten weiße und rote und
goldene
Rosen, schaute schämig der keusche verträumte Mohn, trunken von Milch
des
Trostes, stand von Bienen umsummt da die blühende Linde des Maien,
sangen
Schwalbe und Sperling, girrten die Tauben von ewig treuer Liebe, und
auch
der ewig treue Prophetenvogel, der Schwan flog der Marionischen
Aphrodite
nach, den sie war so weiß, daß er die Himmlische für seine Schwanin hielt.
Über ihr schien der Diamant des Morgens, der Morgenstern, welcher die
Heimat
der Liebenden ist. Es war an einem Freitag im April, als sie zu einer
schattisgen Felsnische zwischen Feigenbäumen trat. Sie legte ihren
rosenroten Mantel ab, zog die lindgrünen Sandalen aus und entkleidete
sich
auch des weißen Seidengewandes und stieg in das Wasser, das da im Bad
der
Felsnische ruhte, und reinigte sich. - Auf der Rückfahrt von Troja kam der
Sohn des Theseus, des Königs von Athen, der Jüngling Akamas nach
Marion. Er
trat an die Feigenbäume und sah eine weiße Schwanin ruhen auf dem
Wasser.
Der Athener war so keusch, daß er die Blößte der Marionischen Aphrodite
nicht schauen konnte und sie also in seiner Seele für eine weiße Schwanin
hielt. Die Jungfrau nun war so keusch, daß sie sich, als sie den Jüngling
sah, ihren purpurnen Mantel einer Königin griff und ihren bloßen Leib
damit
verhüllte. Da erlaubte sie ihm, ihre elfenbeinweißen Schultern zu schauen.
Daraufhin sah er ihr ins Antlitz und war überwältigt von solcher Anmut
und
Schönheit. Ihre Augen waren grün wie das Meer, in dem sich ein blauer
Himmel
spiegelt, ihre Lippen waren wie schmale Rosenblütenblätter. In Liebe
versetzt von solchem Liebreiz, pflückte er die roten Rosen, die am Rande
der
Grotte im Moos wuchsen und schenkte sie ihr. Drei Tage verlebten sie in
reiner herzlicher Liebe. Wenn sie schlief, wachte er und betrachtete die im
Moos Schlafende und begehrte nichts, als ihr eine goldene Locke aus der
schönen Stirn zu streichen. Nach drei Tagen aber mußte die Tochter Zeus
auf
den Olymp, in die Wohnung des Königs der Götter zurück. Akamas lebte
fortan
nur noch von der Erinnerung an die Marionische Aphrodite. - Ihr Lieben,
jenes Bad, in dem die Himmlische badete, nennt man die Fontana
Amorosa. Wer
von diesem Wasser auch nur Einen Tropfen trinkt, wird von
unverlöschbarer
Liebesglut erfasst. Ich gestehe Euch, ich trank davon, und seit jenem
Moment
bin ich erfüllt von hoher heiliger Agape für Sankta Maria Metamelia und
bete, daß die Vorausgegangene auch mich eines nichts zu fernen Tages
nach
sich ziehe in die Seligkeit der Seelen, in das Paradies der Liebe Gottes! -
Nun aber auch noch auf den Olymp zu sprechen zu kommen, das wird
Euch
interessieren, steigt man zwischen Kiefern und Schwarzkiefern, zyprischen
Zedern und Zypressen gewundene Pfade hinan, durch einen
Maulbeerbaumhain,
vorbei an blühenden Pfirsichplantagen, von der Seite von Bergschafen und
aus
den Lüften von Kaiseradlern beäugt, bis man zu den Kaledonia-
Wasserfällen
kommt. Schließlich erreicht man den Ort Troodos. Dort befindet sich ein
Kloster der seligen Jungfrau Maria, die man bei Euch in Venedig ja so
schön
Madonna nennt. Dort befindet sich als Kleinod der Gürtel Mariens, den sie
bei ihrem Heimgang in den Himmel auf der Erde zurückließ. Dies ist der
Gürtel, der, wie ein deutscher Dichter sagte, des tobenden Weltalls
Entzücken zusammenhält. In diesem Kloster bitten viele Liebenden durch
die
Fürsprache der allerseligsten Maria Aphroditissa Gott um Seinen Segen.
Von
diesem Kloster führt ein schmaler Weg zum Ort Omodhos, der dem
Heiligen
Kreuz geweiht ist. Dort saß ich auf einem Stuhl aus Steineichenholz,
diesen
Brief an Euch schreibend, gedenkend an die Splitter vom Heiligen Kreuz,
die
auch mir mein Herz durchbohrten und es zu Tode verwundeten, daß allein
die
Liebe Gottes, meines Heilandes, mich noch heilen kann. -
Es grüßt Euch die Gemeinschaft der Heiligen von Cypros!
Euer
Hilarion von Marion.

Der heilige Sünder Hilarion an die Heiligen Schoschannim und San


Marco: die
Gnade Gottes sei mit uns allen!
Ihr Lieben, Ihr fragt in Eurem lieben Brief, wie es uns mit den Türken
gehe
auf dem Eiland Cypros? Nun, ich will schweigen von all den
Verheerungen, die
sie hier angerichtet, manche Kreuzritterburg in Schutt und Asche gelegt,
manches Kloster zu Ruinen umgewandelt, gar manche Kathedrale in eine
blasphemische Moschee verwandelt, da geleugnet wird, daß Jesus Christus
der
Sohn Gottes! Aber Einen will ich rühmend hervorheben und Eine:
Suleiman den
Prächtigen und seine schöne Geliebte Zulima! Schließlich will ich Euch
noch
von dem ehrenvollen Grab der Großmutter des Königs von Jordanien
berichten. - Suleiman der Prächtige wohnte in einem Palast in der Altstadt
von Famagusta, wie es die Griechen, von Magosa, wie es die Türken
nennen. Er
wohnte innerhalb der Mauern, mit Blick auf den Diamantturm und die
Zitadelle, welche der Markuslöwe schmückt, und welche man die Zitadelle
Othellos nennt, weil hier einst Il Moro, der Mohr geherrscht, welchen sich
Shakespeare zum Vorbild seinees Dramas nahm. Er sah auch durch das
Seetor
nach Varoscha, welches eine Geisterstadt ist. In seinem prächtigen Palast
lebte er wie weiland die Könige von Jerusalem, Armenien und Cypros. Er
wandelte von seinem Palast, welcher aus Elfenbeinzierrat und
Lapislazulimosaiken war, mit türkischen Bädern, turkish delight,
türkischen
Honig kostend, durch das Seetor mit dem adriatischen Löwen an den
Strand,
zur Zeit der letzten Nachtwache, wandelte von Strand zu Strand, von
Bucht zu
Bucht, von Palm Beach zur Corall Bay, bis er in die Bucht von Petra tou
Romiou kam, nah an Paphos-Ktima gelegen. Er war kein strenger
Muselman, wenn
er auch die Suren des Koran alltäglich betend las, so war er doch auf
Cypros
ein großer Genießer unverschleierter Weiber geworden, seinem
Namenspatron
nacheifernd. Nun, er war die Nacht durch gewandert, ein großer Kenner
der
Sterne. Besonders hatte er aufgeschaut zum Sternbild der Jungfrau,
welches
er in orientalischem Götzendienst Ishtar-Fatima nannte. Als er in der Bucht
der Buchten, am Strand der Strände ankam, ging gerade der Morgen
herauf. Er
stand in den braunen Gräsern, scharrte mit den Füßen in den Sandalen in
den
Kieselsteinen. Die Felsen standen grotesk gestaltet in das Meer hinaus.
Das
Wasser war grün, mit weißen Schaumkronen, welche die Wellen an den
Strand
trugen und Suleiman dem Prächtigen zu Füßen legten. Am rosigen, nun
lichtblauenden Himmel stand einsamschön der Morgenstern. Wie ein
Diamant
blitzte sein Licht durch den klaren Äther. Das Grün des Meeres
verschwamm
mit dem Lichtblau des Himmels, darin die Strahlen der jungen Sonne
schwammen. Dies alles ergab eine Art magische Beleuchtung, die sich tief
auf
die Seele Suleimans malte. Da hatte er eine Vision - er fragte sich, ob er
wahnsinnig sei, oder ob ihn gar die Dschinn-Dämonen des Schaitan
versuchten - er sah schweben über dem Meer ein Weib von allerlieblichster
Schönheit. Ihre Haare flossen an ihrem bloßen Leib herab. Die Haut war
hellbraun von der Sonne Cypros. Ihr Antlitz war schmal und von
entzückendem
Liebreiz. Ihre Augen schauten wie funkelnde Morgensterne, verschleiert
von
langen Wimpern. Sie hielt sich mit den schlanken Händen das Haar, wie
gefärbt von zyprischem Henna, vor die Brüste, verschleierte so die beiden
jungen Turteltauben. Suleiman der Prächtige schloß vor Schauer und
Entzücken
die Augen, dies Bild in seiner Seele für immer zu fixieren. Als er die
beiden Augen wieder öffnete, war die Vision verschwunden. Vielleicht war
es
die Fata Morgana gewesen, von der man sagte, daß sie in Messina wohne?
Da
hörte er junges Mädchenlachen. Erstaunt sah er sich um. Da sah er ein
junges
Mädchen in einem weißen Hemdchen und einem curryfarbenen Röckchen
und
tanzte. Sie tanzte hinreißend, beweglich wie eine von Flötenspiel betörte
Schlange, wand sie sich unter den Palmbäumen. Ihre schwarzen Haare, in
lockenden Locken, fielen ihr in ihr braunes Antlitz, welches in
verführerischer Unschuld zu ihm schaute. Suleiman war völlig betört. Sie
bewegte sich und gab alle Posen, die der Mediceischen Venus, die der
Coiischen Venus, die der Venus des Praxiteles, die der Venus Callipigos,
die
der Badenden Venus, lächelnd die die Venus Frigida, und lockte ihn sich
nach, indem sie mit ausgestrecktem Arm ihn zu sich rief. Er wandelte, wie
ein Mondsüchtiger seinem Monde nach, dem hüfteschwingenden Mädchen
nach. Bei
Allah und seinem Propheten, rief Suleiman der Prächtige, wer bist du? Ich
bin Zulima! lachte sie girrend wie eine Turteltaube. Um das Handgelenk
hatte
sie ein Kettchen mit kleinen weißen perlmutternen Muscheln aufgereiht.
Über
die See flogen weiße Lachmöwen. Da hatte der König von Jerusalem,
Armenien
und Cypros eine Braut gefunden. Und er nannte sie seine Zulima Fatima
Ishtar, Rose von Magosa, Augusta von Famagusta, Koralle von der Corall
Bay,
schlanke Palme von Palm Beach, und gemeinsam betraten sie die Moschee
und
trieben Götzendienst. - Nun aber, ihr Lieben, ihr Heiligen von Susa und
Venedig, will ich Euch von der Großmutter Tod erzählen. Jenseits des
großen
Salzsees von Lamaca, da man den auferweckten Lazarus ehrt als
rechtgläubiger
Christ, haben die Ungläubigen eine Grabmoschee errichtet. Diese heißt
Hala
Sultan: geehrte Mutter. Umgeben von Palmen und Zypressen liegt hier die
Amme
Mohammeds begraben. Die Araber nennen sie Umma Haram, und alle
türkischen
Schiffe, wenn sie diesem Orte an der Küste nahekommen, müssen die
Flagge
senken. Hinter der Gebetsnische (wo Christi Gottheit geleugnet wird) führt
ein Durchgang zur Grabkammer. Das Grab ist verhüllt. Über dem
Sarkophag
befindet sich ein großer Stein, der am Todestage der Umma Haram von
Mekka
nach Cypros flog und dort eine Zeitlang über dem Grabe schwebte. Um
ihn
herum liegen drei kleinere Steine, die sich am Vorabend des Todes der
Umma
Haram aus der Millomauer von Jerusalem lösten und übers Mittelmeer
nach
Cypros schwammen. Andere erzählen allerdings, daß Engel diese Steine
vom
Berge Sinai hierher trugen. In einem Nebenraum der Grabkammer befindet
sich
das Grab der Großmutter des Königs von Jordanien. Von dort müssen wir
unbedingt zum Salzsee, der aufgrund eines Fluches des heiligen Lazarus
entstand. Eine Weinrebe (dort wuchsen einst viele Weinstöcke)
verweigerte
dem Heiligen, den Christus von den Toten auferweckt hatte, seine Beeren,
darauf verfluchte Lazarus den Weingarten, und der verwandelte sich in
einen
unfruchtbaren Salzsee. Gott allerdings verwandelt auch die Öde in
Schönheit,
so sammeln sich dort, wie ich Euch schon berichtete, die rosanen
Flamingos.
Auch unsere Seele überwintert am verfluchten Salzsee, aber einst werden
wir
uns erheben und fliegen über das Meer des Todes zur Insel der
Glückseligen,
da die Palmen des ewigen Lebens wachsen! Bis dahin, verschlinget
zärtlich
Eure Hälse, ihr mein liebes zypriotisches Flamingopaar!
Euer Hilarion, Sklave Jesu Christi.

Hilarion von Marion an die liebe Schwester Schoschannim und den Lehrer
des
Evangeliums San Marco: Alles Liebe! -
Ihr Lieben, heute Nacht ist eine stille Melancholie in meiner Seele und ich
denke mit Wehmut an die Zeit zurück, als Sankta Maria Metamelia noch
auf
Erden weilte. Vielleicht vermag mich das Schreiben an Euch ein wenig zu
trösten? -
Man kann von Cypros nicht schreiben, ohne von Paläa Paphos zu erzählen.
Wieder einmal muß ich auf den Fels der Römer zu sprechen kommen,
Petra tou
Romiou. Heute stand ich am dunklen Strand und sah die drei Felsen im
blauen
Meere ruhen, und die Brandung brach sich am Felsen. Der Himmel war
licht und
helle Perlmutterwolken segelten leise durch die Lüfte. Hier soll die
Marionische Aphrodite das erste Mal gesehen worden sein, sie kam gewiß
vom
Morgenstern, dem Reich der Liebe, da die Ideen und Ideale der schönen
Liebe
zuhause sind. Und sie wird ja auch genannt: Mutter der schönen Liebe.
Man
baute ihr in Paläa Paphos, nicht weit vom Strand, ein Heiligtum. Dort
salbte
man einen schwarzen Stein, ich weiß nicht ob es ein schwarzer Onyx war,
mit
Myrrhenöl. Man brachte Weihgeschenke dar, Maronen und Maränen und
Myrtenblüten der Magna Mater. -
An dieser Stelle will ich Euch aus dem Mythenkreis von Paphos erzählen.
Da
ist die Geschichte von Pygmalion: Angewidert von der Hurerei zog sich
der
Künstler in die Einsamkeit zurück und bildete aus Marmor von Mararra
das
Bild der Marionischen Aphrodite. Die Gestalt war ganz aus dem Traum
seiner
Seele aufgestiegen, ich weiß nicht, ob man es auf genialie Inspiration
zurückführen kann. Das Bild entsprach so sehr seinem Ideal, daß er in
Liebe
entbrannte für die Marmorschöne. Die himmlische Liebe erbarmte sich des
träumenden Künstlers und sandte ihm eine zyprische Jungfrau, welche in
unglaublichem Maße dem Ideal seiner Seele glich, das war die schöne
Jungfrau
Galathea. In einem goldenen Muschelwagen, gezogen von schneeweißen
Delphinen, fuhr die schöne Galathea über das Meer. Junge Tritonen bliesen
auf gewundenen Muschelhörnern Lobpreis ihrer Schönheit. Meeresgreise
schwammen um sie und wurden jung unter dem Meereshimmel ihrer
Blicke. Ihr
goldenes Haar wehte im Winde, im Winde wehte ihr rosenroter Mantel,
den sie
um die elfenbeinweißen Schultern geworfen und der die jungen Tauben
ihrer
Brüste keusch verhüllte. Sie fuhr in ihrem goldenen Muschelwagen an den
Strand von Paphos-Ktima, da Pygmalion sann und träumte in seiner
musischen
Melancholie, und küsste ihn, da küsste ihn sein Ideal, da küsste er die Idee
der ewigen Schönheit, die schöne Liebe selbst, die ihm in der Jungfrau
Galathea begegnete. -
Eine andere Mythe sag ich, die nicht ursprünglich aus Cypros stammt,
sondern
aus Delphi, wo der Nabelstein der Welt steht, aber da sie die Liebe zum
Inhalt hat, wird ihrer auch in Paläa Paphos gedacht. Apollo, der Gott der
Propheten und Poeten, liebte unsterblich die schöne Nymphe Daphne. Er
sang
ihr zur "goldenen Leier Apollons" Preisgesänge ihrer Anmut und
Holdseligkeit. Sie aber mochte sich nicht so gepriesen sehen und wollte
vor
allem begehrt nicht werden. Apollo jedoch ließ nicht ab, um sie zu werben,
und stellte ihr nach. Sie aber floh vor dem Stürmischen. In dem
Augenblick,
da er sie erhaschte, flehte sie zum König der Götter, der sie in einen
Lorbeerstrauch verwandelte. Apollo aber hörte nie auf, Daphne zu lieben,
und
da er im Reigen der Musen war, verkündete er das Edikt, daß wahrhaft
heilig
singende Dichter der Liebe sollten werden gekränzt mit dem Lorbeerkranz.
Ihr
Lieben, dieser Ehre wurden Dante und Petrarca teilhaftig, dieser wegen
Beatrice und jener wegen Laura, die er mit Daphne verglich. -
Schließlich will ich Euch erzählen vom Kult des sterbenden und
auferstehenden Halbgottes Adonis. Sein Kult stammte aus dem Vorderen
Orient,
er ward heilig gepflegt in Paläa Paphos. Adonis war der Schönste aller
Menschenkinder, ward aber von einem Untier häßlich entstellt und zu Tode
verwundet. Er starb in einem Hain aus Olivenbäumen in Idalion. Die
schöne
Göttin Anadyomene, welche einst von vielem Volk als Herrin sündiger
Liebe
angesehen, aber den edleren Geistern und Liebhabern der Weisheit eine
Fürstin schöner Liebe war, liebte den Halbgott Adonis sehr und beweinte
ihn
mit bitteren Tränen. Sie saß in ihrer immer sich erneuernden
Jungfräulichkeit und schönen Anmut im fließenden Kleid auf der Wiese,
und
quer über ihren Schoß lag der hingegossne Leichnam des Adonis, des
Sohnes
der Myrrha, nur mit einem Lendentuch bekleidet. Aber im Frühling feierte
man
im Vorderen Orient und im abendländischen Paläa Paphos das Erwachen
des
Adonis. Mit ihm erwachen die Lilien und die Rosen und die ganze Natur.
Da
ziehen singend und tanzend die Jungfraun unter Zither- und Zimbelspiel
ins
Heiligtum und jubeln: Feiert Adonis, kommt und feiert ihn, denn erwacht
ist
Adonis, drum feiert ihn! Da wird dann gepriesen die Heilige Hochzeit, in
der
die Priesterin der Liebe stellvertretend für die Gemeinde der Jungfraun und
Jünglinge sich mit dem schönen Gott vermählt. Dann wandeln alle in den
Heiligen Garten, da sie in weißen Gewändern Reigentänze tanzen
überschwenglicher Freude und seligen Lachens! -
Ihr Lieben, mich hat das Schreiben an Euch wirklich getröstet. Ich
empfehle
Eure Seelen der Fürsprache der Sankta Maria Metamelia und der
allerseligsten
Madonna Maria Aphroditissa: O clemens, o dulce, o venusta Maria! Das
nächste
Mal will ich Euch schreiben von Neu-Paphos und der Geißelsäule des
Paulus.
Ich grüße Euch mit dem Kuß der Liebe, bitte Euch, mir zu schreiben, und
bitte richtet meinen Gruß auch an die Sabinerin und die Versammlung in
ihrem
Haus aus.
Euer
Hilarion von Marion.
7

An San Marco, der mit Wein, und Schoschannim, die mit Olivenöl der
Seele
Hilarions wohltat oftmals in Korinth, wo wir in Zungen sprachen, schreibt
dieser aus Marion auf Cypros: Ich grüße Euch wiederum mit dem Kuß der
Liebe! -
Ihr Lieben, ich hoffe heimlich, Ihr habt das Interesse an Cypros nicht
verloren, darum wag ichs, Euch heute von Neu-Paphos zu schreiben. -
Neu-Paphos, oder die Königliche Domäne Ktima, das im dritten
Jahrtausend vor
Christi Geburt genannt ward Souskia, liegt inmitten von Zitrusplantagen
und
Weingärten. Die Römer nannten es Heilige Hauptstadt aller zyprischen
Städte,
liebevoll: Augusta des Augustus. Paulus und Barnabas, der auf Cypros
geborene Sohn des Trostes, auch Josef geheißen, kamen auf einer
Missionsreise auf dies Eiland. Paulus bekehrte hier Sergius Paulus, den
römischen Prokonsul. Von Pauli Schicksal auf Cypros etwas später mehr. -
Erst will ich Euch in die antiken Häuser führen. Im Haus des Dionysos
befindet sich ein Mosaik vom göttlichen Dulder (Ulyß) in der Meerenge
von
Messina. Im nächsten Raum ist dargestellt der Jüngling Narziß, der von
der
Nymphe Echo abgewiesen worden war und fortan das Echo der Echo das
Bild
seiner Seele liebte. Die himmlische Liebe erbarmte sich des
Schmachtenden
und verwandelte ihn in einer Wiedergeburt in eine Osterglocke, die seinen
Namen trägt. Über einem Tor steht, an die Mutter Erde gleichermaßen und
den
eintretenden Gast: Sei gegrüßet, auch du! Dann sieht man den Weingott
selbst
einziehen, in einem Wagen, gezogen von schwarzen Panthern, Musikanten
begleiten ihn, Bauern ernten Wein, umschwärmt von Hasen und Vögeln.
Dir,
lieber San Marco, möcht ich widmen das Mosaik vom Ersten Weintrinker!
Dionysos ist da zu Gast beim attischen König Ikarios, sie sprechen über
die
Kunst des Weinanbaus, lauschend sitzt dabei die süße Nymphe Akme.
Ikarios
spendet das heilige Getränk einigen Ziegenhirten, die glauben, er wolle sie
vergiften durch das Machwerk der Zauberei, daraufhin erschlagen sie ihn,
Ikarius geht in die Mythologie ein als erster Märtyrer des Weingottes. -
Wie
Apollon die Daphne liebte, das sagt ich Euch schon. Aber wie der König
der
Götter den Jüngling Ganymed liebte, wisst Ihr das auch? Er riß ihn heraus
aus dem Tal der Tränen, auf den Adelers Fittichen trug er ihn in die
Himmelsburg, wo Ganymed Mundschenk der Götter ward. Auch zu sehen
ist ein
Bild der Jungfrau Leda, welche der Gott in Gestalt eines Schwanes
besuchte.
Er umhalste sie, sie gab sich ihm hin in der Umarmung, der Blick des
Schwanes und der Blick der Jungfrau flossen in eins, da ward aus der
Union
der Seelenfunken geboren die schönste Frau Griechenlands, die
Spartanerin
Helena, welche die hohe Siegestrophäe der edlen Griechenfürsten vor den
Toren des asiatischen Ilion war. Im Haus des Äon wird der Preis der
Schönheit unter allen Meermädchen der Jungfrau Kassiopeia zuerkannt;
Zeus,
der Göttervater, Helios, sein Sohn, die Sonne, und die Jungfrau Minerva,
die
Göttin der Weisheit, schauen zu und bestätigen den Sieg Kassiopeias. Im
Haus
des Theseus, des Königs von Athen, ist zu sehen, wie er sich in das
gefährliche Labyrinth begibt, da das Untier in der Mitte lauert, daraus ihn
der Beistand der kretischen Prinzessin Ariadne herausführt. Auch Achilles,
der Freund des Patroklos, ist zu sehen im Bilde. Die drei
Schicksalsgöttinnen, Moiren, schauen ihn an und gemahnen, daß auch
selbst
ein Achill wird nicht seinem Schicksal entgehen. Schließlich im Haus des
Orpheus ist der Dichter-Seher zu schauen, wie er mit der siebensaitigen
Leier, gestimmt auf die Sphärenharmonie, die Bäume des Waldes in seine
Nachfolge ruft und die wilden Tiere zähmt, er, der bis zu den Sternen,
Jungfrau und Schwan und Leier, seine Eurydice liebt, über das Totenreich
hinaus, wie er ihr zuschwor. - - Nun aber zu der fränkischen Kirche des
heiligen Franziskus, der ein zweiter Orpheus war und mit seinem Gesang
die
Spatzen und Sperlinge fromm machte. Vor dem Tor dieser Kirche steht
eine
Säule, an welcher dereinst Sankt Paulus ausgepeitscht worden von den
aufgebrachten Heiden. Er pries ja den Kaiser nicht als Herrn und Gott,
sondern pries den Unbekannten Gott, der seinen Sohn Jesus Christus als
Retter gesandt hat und an einem vorbestimmten Tage als Richter der
Lebenden
und Toten senden wird, wie es das Apostolische Credo bezeugt, und darum
seien alle Menschen aufgerufen zur Buße. Hier in Paphos war Sankt
Paulus
auch in einem geistlichen Kampf mit dem okkulten Zauberer Barjesus, wie
ein
wenig später auch Sankt Petrus ringen mußte geistlich mit Simon Magus,
der
sich als die Kraft Gottes ausgab. Paulus nahm dem Zauberer das
Augenlicht.
Die Blinden von Paphos wallen zur Kirche der heiligen Solomonis an der
Avenue Apostolos Pavlos. Jene Märtyrerin war mit ihren sieben Söhnen im
zweiten Jahrhundert in der Zeit der Christenverfolgung auf Zypern des
roten
Martyriums gewürdigt worden. Ihre Freude im Herrn war der Siegeskranz
und
die Krone des ewigen Lebens! -
Wollen auch wir, ihr Lieben, zu jeder Zeit bereit sein, den Namen des
Herrn
Jesus treu zu bekennen als des einzigen Namens unterm Himmel, in
welchem
Rettung ist, und wollen wir in Seinen Fußtapfen wandeln und unser Kreuz
auf
uns nehmen täglich. Er segne Euch!
Hilarion von Marion.

Hilarion von Marion an San Marco, den Besitzer der Manessischen


Handschrift,
und seine Braut Schoschannim von Susa: Küsset Euch allezeit mit dem
heiligen
Kuß!
Ihr Lieben, eben bin ich von einem Traum erwacht. Vor dem Fenster
meines
Dormitoriums deutet sich die Morgenröte an, doch noch ist der herrliche
Morgenstern nicht aufgegangen. Ein Hahn kräht als Herold des
Morgensternes.
Mir begegnete wie einst dem Propheten Daniel eine Vision auf dem Lager
der
Nacht. Ich hatte mich im Zypressenwald der Mesaoria-Ebene in der tiefen
Nacht verirrt, so träumte ich, und aus dem Gebüsch funkelten Augen
hungriger
Wildleoparden, als zu mir trat der Minnesänger Reinmar (ihr wisst, ich
liebe
die deutsche Poesie). Er trug einen roten Mantel und grüne Beinkleider, in
der Hand hielt er eine Harfe von Elfenbein und auf seiner linken Schulter
saß ein Sperling und auf der rechten eine Nachtigall, welche lieblich
flötete. Da sprach Reinmar zu mir: "Vil liber Hilarion, ic wil dir wiesen
dine minne, diu nahtigal is ire botin. Sanct Maria Metamelia ruft dine sel
in bluomigen himmels aue, diu holde vrouwe!" Da folgte ich him, wir
stiegen
tiefer in den Wald und dann einen Hügelhang hinan, bis wir zu einem
Myrtenhain kamen, da die Spitze des Hügels als Felsen starrte, aus dem
eine
Quelle eintsprang. Über mir ging eben die Morgenröte auf. Da schwebte in
einem langen Gewand aus allerfeinstem allerreinstem weißen Linnen
Sankta
Maria Metamelia herab. Sie trug goldene Sandalen an den bloßen Füßen.
In den
dunkelblonden Locken trug sie einen zarten goldenen Kronreif, geziert mit
Edelsteinen bunt wie der Schweif eines Pfauen. Als ich sie sah, wurden
mir
die Kniee weich, all mein Leben schien mir sündig und unrein. Sie schaute
mich aus ihren himmlischen Augen an, die Licht verbreiteten wie der
Mond in
der Nacht, leuchtend wie die Smaragde an Gottes weißem Thron (Gott
vergebe
mir dies Gleichnis)! Unter dem Blick ihrer Augen überkam mich die
göttliche
Traurigkeit, welche da führt zur Buße. Mit dem weitfallenden Ärmel ihres
schleierartigen Gewandes strich sie mir über die tränenfeuchten Augen.
Als
seien mir von ihrer liebevollen Berührung die Augen des Herzens, die
Augen
des Geistes aufgetan, sah ich in der aufgehenden Morgenröte eine
Erscheinung: Die Mutter meines Herrn erschien in einer Aura von Gold
der
Morgenröte, um ihr Haupt strahlte es wie der Morgenstern. Sie trug ein
Gewand, der auch ihr Haupthaar verhüllte. Ihr Mantel war aus lichtem
Rosenrot und geziert mit goldenen Blumenmustern. Zwei Engel senkten
vom
Himmelszenit eine goldene Krone auf ihr Haar. Da sah ich, daß sie auf
dem
rechten Arm ein Kind hielt, und wundersam genug: dies Kind hatte das
Antlitz
eines mündigen Mannes! Um das Haupt Jesu leuchtete die volle Sonne des
höpchsten Mittags. Er sah mit barmherzigen Blicken in mein Herz - da
flehte
ich: Ach du mein Herr! erbarme dich, und gedenke, daß ich Staub bin!
Und der
Herr wies mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand auf die Heilige Schrift,
die geöffnet in seiner Linken lag. Da tönte in meinem Geiste das Wort in
fremder Zunge: "Freut euch an der Barmherzigkeit Gottes und schämt
euch
nicht, ihn zu loben!" -
Mein Herz, ihr Lieben, ist nach diesem Traum voll von Liebe, denn die
Liebe
waltet als Königin im Universum, denn Gott ist die Liebe!
Alles Liebe!
Euer
Hilarion von Marion, Papas der Maronitischen Kirche.

Papas von Marion an die Heiligen von Venedig! Gottes Gnade und Christi
Frieden und die Liebe des Heiligen Geistes seien mit Euch!
Ihr Lieben, in der Maronitischen Kirche singen wir einen "im Stehen
gesungenen" Hymnus, den ich dichtete, er wird genannt: das Marionische
Alpha-Beta Mariens:

Auferstehungszeugin!
Bekennerin!
Christusgebärerin!
Davidsturm!
Eulogia, vor allen Frauen gepriesene!
Fraue Minne!
Gott Sohnes Mutter!
Hagia Aphroditissa!
Immaculata!
Jungfrau!
Kelch der Hingabe!
Liebe Frau von Marion!
Madonna!
Neue Eva!
Osterfreude bezeugende!
Pieta!
Quadrocento-Muse!
Rose ohne Dornen!
Sitz der Weisheit!
Tor von weißem Stein!
Unbefleckte!
Venusta dulce pia Maria!
Wabenhonig-Bienenkönigin!
Xenion des Euangelion!
Yehowah's Magd!
Zofe Gottes!

Ich weiß nicht, ob man in der Kirche Sankt Markus denselben Hymnus
singt.
Aber seht nur, in der Maronitischen Kirche ist vor allem die Liebe unsre
Verkündigung, die Liebe unsre Lehrerin und Meisterin und die Liebe die
uns
inspirierende Weisheit - darum, was in der Liebe gesungen wird, mag Gott
dem
Herrn wohl alles wohlgefallen!
Mit dem Gruß der Liebe grüßt Euch
Hilarion.

10

An San Marco und Schoschannim, die Heiligen, schreibt Hilarion: alle


Tage
denk ich an Euch in herzlicher Bruderliebe.
Ihr Lieben, langsam naht das Ende meiner Berichte vom Eiland Cypros.
Nun
will ich Euch von den Evangelisten erzählen.
Die Stadt Larnaca ist nach dem griechischen Wort Larnax, Sarkophag,
benannt.
Im Altertum nannte man die Stadt Kition. Darum heißt es im Alten
Testament
auch Kittim, wenn Cypros oder der griechische Archipel oder die gesamte
römische Ökumene gemeint ist. Sei gegrüßet, Kition! Am Pfingstfest gibt
es
hier eine Prozession zu Ehren der Rettung Noahs aus der Sintflut. Man
gedenkt der Arche, in der sich das Wort Gottes befand, und der
Muttergottes
des Meeres, in der sich das Wort Gottes befand, aus deren Muschelschoß
sich
die Liebe Gottes in die Welt gebar. Der von den Toten auferweckte heilige
Lazarus, Bruder Mariens und Marthas, die der Herr liebhatte, war einst
nach
Kition gelangt. Mit Maria Magdalena und ihrer Schwester war der Heilige
von
den Juden, die nicht an den Messias Jesus glaubten, in einem Boot
ausgesetzt
worden, Wind und Wellen trieben sie in die Bucht von Kition. Lazarus
wurde
Bischof von Kition. (Magdalena fuhr weiter bis in den französischen Golf
du
Lyon, wo Les-Sainte-Maries-de-la-mer liegen, wovon der deutsche Dichter
Schwanke gerne schrieb.) Im neunten Jahrhundert fand man in Kition den
Sarkophag des Lazarus, daher heißt Kition Larnaca. Auf den Gebeinen des
Heiligen ward die Kirche gebaut, wie in Rom auf den Gebeinen Sankt
Petri, in
Venedig auf den Gebeinen Sankt Markus. Nun zu Barnabas, wie der
zypriotische
Josef von den Aposteln genannt ward: Trostsohn. Der heilige Trostsohn ist
der Nationalheilige von Cypros. Er kam mit dem Apostel Paulus aus
Jerusalem
nach Cypros. Bei einer zweiten Reise auf seine Heimatinsel (wenn auf
Erden
Heimat ist) ward er in der Nähe von Salamis von Juden gesteinigt. "O Tag
an
Salamis Ufern!" dichtete der deutsche Dichter Hölderlin für seine Diotima.
Den Leichnahm des heiligen Trostsohns begrub ein unbekannter Gefährte
an
einem unbekannten Ort. Aber im fünften Jahrhundert ward dem damaligen
zypriotischen Erzbischof Anthemion in einer Vision das Grab des heiligen
Märtyrers offenbart. Anthemion fand das Grab mit den Gebeinen des
Heiligen
in der Nähe von Salamis. Der Leichnam des Missionars hielt in Händen
eine
Abschrift des Matthäus-Evangeliums. Seit jenem Fund hat der Erzbischof
von
Cypros das Recht, mit roter Tinte zu unterzeichnen, welches Recht
ebenfalls
der Papas der Maronitischen Kirche hat, denn rot ist die Farbe der Liebe.
Nun zum Apostel Andreas, Sankt Petri Bruder. Einst segelte der Apostel
entlang der zypriotischen Küste. Der Kapitän seines Schiffes drohte vor
Durst zu erblinden, da erweckte der Apostel eine Quelle an einem Kap,
welches ihm zu Ehren heute Kap Andreas heißt. Ob die dem Kap Andreas
vorgelagerten Klidhes-Inseln, was verdolmetscht Schlüssel-Inseln heißt, so
genannt sind, weil der Träger der Himmelsschlüssel hier
vorübergekommen, ist
mir nicht bekannt, und ich will auch keine Legende erfinden. Jedenfalls
blühen auf den Schlüsselinseln viele rote Himmelsschlüssel.
Ich unterzeichne mit roter Tinte:
Hilarion von Marion.

11
An Schoschannim die Sanfte und San Marco den Herzlichen schreibt
Hilarion
von Marion in frommer Bruderliebe: Seid gegrüßt!
Ihr Lieben, als Onesilos der Herrscher von Salamis war, drängten die
Perser
und Phönizier an. Die Jonier aber besiegten am Schlüssel von Cypros die
Feinde, so schreibt Herodot. Ruhmreiches Qubrus (Cypros), Tyros
genüber,
zwölf Tagereisen groß, wie bist du allen schön gewesen! Auch dem Tiroler
Pilger Martin von Baumgarten, der deine freundlichen Hügel und
wundervollen
Täler pries und deiner Myrten Nachtigallensang. Der Amerikaner pries
deine
Palmen, deren lange Blätter so melancholisch hingen, als er auf dem
Lichterkahn Mahona der Insel nahte. Kennst du dies nicht auch, lieber
Bruder, von deiner Braut, was der Erzherzog Salvator von Österreich
sagte:
Weder Griechen noch Türken sagen Nein, sondern heben nur wortlos den
Kopf
ein wenig. Und wie bewunderte doch der englische Dichter den Ort
Bellapais,
den Ort des schönen Friedens, da er wandelte in stiller nachdenklicher
Liebe
zwischen hohen Säulen und flammenden Orangenbäumen, bei dem
Wappenschilde
des Richard Löwenherz, dem König des Robin Hood und der Maid Marian
von
Sherwood Forest. Und wie lieblich pries der griechische Dichter die
Heimat
der Aphrodite: nie sah er ein Eiland mit solchem weiblichen Liebreiz, nie
atmete er solche süßen Düfte, wenn ihn am Abend Wohlgefühl befiel, da
die
Sonne sank in den Schoß des Meeres, die Kähne schwankten in der Brise
und
Kinder Jasminsträuche trugen am Quai. Da löste das Herz den Gürtel und
gab
sich hin der Liebe und dem Leben. Ist es mit mir, wie ein Dichter sagte:
"Mein Schicksal ist das eines Mannes, der sein Ziel verfehlte"? Ist Sie
doch
vorübergewandelt und vorausgegangen in die schönere Welt, wo aller
Sehnsucht
Ziel: die Liebe des Ewigen ist zuhause! - Letzte Worte über Cypros sind
diese: Durch die Lande ziehen die Poietarides und singen gute
Nachrichten.
Der Erste unter ihnen war Homer, der nach dem Zeugnis des Dichters
Euclos an
Salamis Ufer geboren und dessen erste Schrift das Epenfragment "Cypros"
gewesen. Aber nun zum Osterfest: Wir beginnen mit der Fastenzeit. In
diesem
Jahr enthielt ich mich fastend des Fleischgenusses. In der Woche vor
Ostern
wird das Haus gereinigt und geweißt. Die Frauen backen Falouna, das
käsegefüllte Ostergebäck. Am Gründonnerstag spielen die Kinder mit dem
Osterhasen und malen die Ostereier rot an. Am Karfreitag wird das
Epitaphion, die Nachbildung des Leichentuches Christi, unter einen
tragbaren
Baldachin gelegt, den junge Mädchen mit Blumen und bunten Tüchern
schmücken.
In der Kirche werden die Ikonen schwar verhängt. Nach der abendlichen
Messe
wird das Epitaphion durch Marion getragen. Am Ostersamstag werden die
schwarzen Tücher von den Ikonen genommen. Zur Mitternacht
versammeln sich
die Gläubigen mit Kerzen zur heiligen Messe der Osternacht. Um
Mitternacht
trete ich, als der Papas, hervor und rufe der Gemeinde zu: Christus ist
auferstanden! Und die Gemeinde ruft im Chor: Er ist wahrhaftig
auferstanden!
Am Freudenfeuer verspeisen wir mit den lachenden Kindern das
Osterlamm. -
Ihr Lieben, herzlich sehn ich mich danach, mit Euch dies Osterlamm zu
speisen.
Gott segne Euch!
Hilarion.
12

An Schoschannim von Venedig, die Schöne, und San Marco, neuerdings


Priester
in Jésolo vor den Toren Venedigs, schreibt Euer Bruder Hilarion:
Maranatha!
Ihr Lieben, das Evangelium nach Hilarion endet wie alle Evangelien mit
Himmelfahrt. Mir kam in einer Vision das Himmelfahrtsfest von Venedig
vor
das innere Gesicht. Ich sah dich, meinen lieben Bruder, stark gebaut, mit
kurzen Haaren und bartlos nach römischer Mode, von der Piazza San
Marco in
der goldenen Schwan der Staatsgondel Bucentoro steigen, zwölf Geheime
Räte
an deiner Seite. Du trugest purpurnen Samt und goldenen Schmuck. Es
war
gegen Ende der Nacht, die Geheimen Räte trugen Fackeln von Pinienholz.
In
einem kleinen schwarzen Schwan von Gondel stand mit einer goldenen
Leier der
venezianische Poet Pietro Tortellini dell'Olore, in seinen blonden Haaren
den Lorbeerkranz, den ihm seine Muse auf dem römischen Aventin
verliehen.
Die Mohren vom Glockenturm schlugen mit goldenen Hämmerchen die
erste
Morgenstunde. Das venezianische Edelvolk schwamm in
buntgeschmückten Gondeln
dem Bucentoto hinterher, so schwamm diese herrliche Flotte an Maria
Salute
mit der marmorweißen Schwanenbrust vorüber den Canale Grande hinauf
auf das
offene adriatische Meer. Da vollzogest du die Heilige Hochzeit und
vermähltest dich, wie ein Priester stellvertretend für das Volk von Venedig,
mit der Venus von Venedig, der Adriatischen Aphrodite, und ließest
versinken
den goldenen Ring in das Meer. Und siehe, auf dem grünen Meere lag in
einer
perlmutternen Muschel schlafend die Adriatische Aphrodite, in einem
weißen
Gewand, welches Hals und Schultern frei ließ, und in ihrem
kastanienbraunen
Haar lag ein weißer Schleier, weiß wie Meeresschaum, ihre Augen waren
halb
verhüllt von lilienweißen Lidern, welche wie müder Schnee überm
Silberblick
der Augen schlummerten. Die Lippen waren schwellendes, blühendes
Leben, wie
junge Märzrosen, ihre Gestalt lag hingegossen in melodischer Linie wie
die
Wellen der rauschenden Adria. Und sie fischte mit ihrem schlanken
Händchen
den goldenen Ring aus dem Meer und zog ihn über ihren weißen Finger.
Da
jubelte alles Volk, der Poet sang eine Hochzeitshymne. Über der
rauschenden
Szene lächelte der Meeresstern, und des Poeten Hymne ging aus in einem
Begeisterungsjubel: Ave stella maris! Salve stella matutina! Gloria in
exelsis Amor Dei! - - -
Damit schließt mein zyprisches Evangelium.
Für immer der Eure,
Papas Hilarion von Marion.
Maranatha!

[Inhalt]

CLOUD12
1

WEB6
[Inhalt]

DER GEKREUZIGTE CHRISTUS

Tagebuch der Konversion I


Von Peter Torstein Schwanke

„Sieh, es ist Nacht! Ergebe dich der Nacht!“


(Reinhold Schneider)

22.4.2000

Nur das Gebet (Vaterunser) half mir aus dieser Welttraurigkeit. Besonders
schön die Aus-legung von Reinhold Schneider zu „und führe uns nicht in
Versuchung“, er sagt, Christen müssten oft ein schwereres Kreuz tragen als
Heiden, hätten dafür aber auch die ewige Hoffnung, im Gegensatz zum
vergänglichen Glück der Gottlosen.
Ich mit meiner Schwermut mag das Freuden- und Jubelchristentum der
Charismatiker nicht. Ich liebe Autoren wie Reinhold Schneider, die aus der
Tiefe des Leidens Gott geprie-sen haben. Leid verwandelt uns in das
Ebenbild des Gekreuzigten. „Freude in allem Leide“ ist für mich keine
Fröhlichkeit mit Lachen, sondern Trost und Dankbarkeit, daß der Vater da
ist, ich ihm mein Herz ausschütten kann, der Geist in mir als Tröster, Jesus
der Garant der ewigen Glückseligkeit. - Aber ich kenne in der Bibel keinen
Fall von Liebeskummer. Salomo liebte glücklich. Jakobs Sehnsucht nach
Rahel wird nicht geschildert, und sie ist ihm ja versprochen. David bekam
jede, die er haben wollte. Aber unglückliche Liebe ist Wirkung des Übels,
es wird soetwas im Paradies nicht geben, wo alle lieben ohne Aus-nahme
und vollkommen. Und Melancholie und Schwermut, ist das die
„Traurigkeit der Welt zum Tode“? Eine „göttliche Traurigkeit“ ist die Reue
über die Sünde. Aber ich bin nicht von der Welt und doch schwermütig. Es
kann nicht die Welttraurigkeit zum Tode sein. Aber es ist auch kein Leiden
um Christi willen. Es ist nicht Sauls böser Geist, es ist nicht Elias Angst, es
ist nicht Davids Traurigkeit wegen des Ehebruchs oder seine Angst vor den
Feinden. Warum bin ich so schwermütig? Das zu fragen, scheint unsinnig,
ich werde darauf im Himmel erst eine Antwort bekommen. Luther kannte
Schwermut und empfahl Musik, Komödie, Geselligkeit.

24.4.
War bei Schwester S. Sie las mir zwei Lieder von Jochen Klepper vor, der
die letzten Lie-der vor seinem Tod sehr schwermütig dichtete. Er hatte eine
Jüdin zur Frau und ein halbjü-disches Kind, und zwei Tage, bevor sie ins
KZ abgeholt werden sollten, drehten sie den Gashahn auf und starben mit
Blick auf den segnenden Christus. Jochen Klepper, Rudolf Alexander
Schröder und Reinhold Schneider will ich besser kennenlernen.

27.4.

Las etwas über Goethes Liebesleben. Er traf die Freundin Charlotte von
Stein im Garten, wenn Stallmeister von Stein nicht da war, verherrlichte
sie in Tasso und Iphigenie und lieb-te sie, sie liebte ihn als seine Schwester
und Muse. Aber schließlich reiste er nach Italien und klagte über sein
weimarianisches Unbefriedigtsein, er hätte Charlotte gern besessen, nahm
sich Faustina als Schätzchen und schrieb Erotica. Kann eine idealisierende,
platoni-sche, verzichtende Liebe erfüllend sein?

1.5.

Ich bin mit der Pfingstgemeinde unzufrieden, schon seit etwa Dezember.
Der Lobpreis ist mir zu oberflächlich und ewig-fröhlich, die Gemeinschaft
heuchlerisch fast und oberfläch-lich auf small-talk beschränkt, die
Predigten sprechen mich nicht an, sie sind mir zu welt-lich. Ich fühle mich
in der Gemeinde nicht mehr zuhause, auch das Reden von „Bildern“ und
„Zungenrede“ befremdet mich mehr und mehr. Ich bin ganz vom
Charismatischen weg. Wenn Charismatiker vom Heiligen Geist reden oder
Pfingstler, werd ich mißtrauisch. Ich will gucken, ob ich mir vielleicht eine
evangelikale Gemeinde suche.

2.5.

Leiden um Christi willen ist nicht nur die äußere Verfolgung und
Peinigung des Leibes der Christen durch den Teufel und seine Kinder,
sondern auch das innere Traurigsein der Seele der Christen über die Übel
des Fleisches und der Welt.

5.5.
Ich bin irgendwie in einem dunklen Lybrinth, wo alles sinnlos scheint, ein
lebenslanges Umherirren, und erst der Tod ist der Ausweg.

6.5.

Wenn ich eine textliche Tradition des christlichen abendländischen


Kirchenliedes sehe: Ambrosianus, Tauler, Gerhard, Wesley, Zinsendorf,
Teerstegen, Schröder und Klepper; was ist dagegen die Textkultur des
charismatischen Lobpreises? Oberflächlich, inhaltsleer, literarisch
schlecht. Auch die Tradition von Milton, Sidney und Spenser und anderen
engli-schen Renaissance-Dichtern, Psalmen nachzudichten, ist bei mir zur
Reimbibel geworden.
Franziskus: „Seine Rede war einfach und mächtig, erfüllt von der Glut
der Wahrheit, die in ihm lebte; gerne erzählte er in schlichten Worten ein
Gleichnis, fühlte er sich vom Geiste nicht mehr getragen, so schwieg er.“

8.5.

Das sehr tiefsinnige, fromme Buch Schneiders über Franziskus


durchgelesen. Man muß es langsam lesen, es ist sehr sorgfältig formuliert
und voller tiefer frommer Gedanken. Es lobt Armut, Demut, Gehorsam
und Heiligung. Die Predigt des Franziskus war sein Leben, das dem Leben
Christi ähnlich wurde.
Kleppers Kyrie gelesen, sprachlich hart und karg, aber geistlich fromm
im Leiden, nun nicht mehr Klage, sondern Lob, sagt er, und ob
Lebensbaum oder Dornbusch, es ist von Gott gesandt, mich zu ihm zu
ziehen, er ist nah, und Klepper ersehnte die heilige Jerusa-lem!

10.5.

Waldemar Augustiny „der Glanz Gottes“ gelesen, eine Novelle über den
deutschen Ba-rockmaler Johann Lyß in Venedig, der in sinnlicher
Lebenslust lebte und melancholisch war, weil er Übersinnlich-Göttliches
malen wollte. Ein Kardinal sagte ihm: Sein Beruf ist Berufung, er muß
gehorchen. Er kann sinnliche und seelische Schönheit zur Ehre des schö-
nen Schöpfers verherrlichen. Wenn zu seiner Kunstgabe ein frommes
Leben käme, könne auch ein Abglanz der ewigen Schönheit in seine Werke
fallen.
Lese Schneiders Sonette. Er bekennt sich zu seiner Schwermut, die
ihm von Anfang an gegeben ist, es ist sein Kreuz, er ist auf der Erde nur
Gast, mit Sehnsucht nach der lichten Heimat. Sehr tief, sehr still, sehr
melancholisch die Sonette, gefallen mir ausgesprochen gut.
„Läßt nur ein Herz in Treue sich bereiten, / so kehrt ihm einst, sein Elend
auszu-söhnen, / verklärt der Liebe Morgenglut zurück.“ (Schneider)

13.5.

Goethe sagt: Auf dieser Erdenflur muß man lieben, um zu dichten.


Im Liebesleben Goethes wird Zacharias Werner, der Sonetten- und
Dramen-Dichter er-wähnt, der eheuntauglich und immer verliebt war, ein
Prediger der Liebe, mal der fleischli-chen und mal der geistlichen. Goethe
durfte, als er seinen Bettschatz Christiane hatte, im-mer äugeln und
poetisch schwärmen, aber er blieb doch der Mann seines Hausschätzchens.
Sie schaffte ihm häusliche Behaglichkeit und ein warmes Bett, seine
feminine Inspiration suchte er außes Hauses.
Begeisternd, wie Schneider vom bitter-schwermütigen Todverfallnen
zum heiligen Pro-pheten des ewigen Lebens wurde; ersteres raubt die
Kraft beim Lesen, letzteres gibt Kraft selbst im Schweren.

14.5.

Höre Schubert-Lieder und lese Schneider-Gedichte. Mitternacht und eine


stille Schwermut ist da. Ich habe fünf geistliche Lieder gedichtet.
Vielleicht wird es ein Gesangbuch. Aber meine schöpferische Phase ist
wohl eigentlich noch nicht wieder da. Immer diese einsamen Nächte!

15.5.

Wollte in eine kleine dunkle katholische Kapelle und beten und Eucharistie
feiern.
Leiden gehört zum Christenleben, unschuldiges Leiden. Alles
unschuldige Leiden ist ein Leiden um Christi willen, und ein Segen, weil
es uns Christi Leiden und Tod gleichgestal-tet, uns dem Herrn ähnlich
macht. Wir sehnen uns und seufzen nach der Erlösung. Was heißt aber:
„Freuet euch, und abermals sage ich euch: Freuet euch im Herrn!“ wie
Paulus sagt? Wie hängt das Schicksal der Leiden mit der gebotenen Freude
zusammen?
Im Gebet sagte ich Gott, daß ich es annehmen will, wenn es mein
Schicksal ist, immer ohne Weib zu bleiben. Vielleicht ist es Voraussetzung
für mein Werk? Aber die Sehnsucht nach Zärtlichkeit und Küssen,
Gemeinschaft und Annahme bleibt, besonders an den schwermütig-
einsamen Abenden.
16.5.

„Der Reiz der Schönheit ist in der Tat nicht rein erotisch; fester noch als
das Verlangen bindet der Widerschein, der Tau auf ihren Flügeln, den sie
aus einer unbekannten ersehnten Welt herausträgt. Die schöne Frau ist viel
mehr als sie von sich weiß. Was sie selbst als ihren höchsten Wert
betrachtet, ist nicht ihr Wert. Sie ist unbesiegbar wegen jenes Wider-
scheins, für den sie keine Augen hat.“ Reinhold Schneider. Lewis sagte,
alle irdische Schönheit sei Abglanz und Hinweis auf Gottes Herrlichkeit.
Ich kann nicht anders als glauben, daß Gott schön ist und sicher hat er Sinn
für das Schöne. Jerusalem-Eden ist schön, Jesus ist schön, Maria ist schön,
die Engel sind schön.
Wäre es vorstellbar, daß ich mit einer Frau zusammenlebe? Daß ich
nicht jederzeit ein-sam an meine und anderer Dichter Werke gehen könnte?
Nur um an manchen Abenden nicht die Einsamkeit zu spüren? Man hätte
keinen sexuellen Verzicht mehr zu leisten, aber oftmals einen Verzicht auf
ein Leben in Traum und Phantasie, denn eine Ehefrau wird wahrscheinlich
mehr Prosa als Poesie ins Leben bringen. Und dennoch möchte ich einmal
wieder umarmen und küssen!
Gebet aus dem katholischen Gotteslob: „Mein Herr und Gott, es hat
sich für mich so ergeben, daß ich allein lebe. Manchmal freue ich mich
zwar über meine Freiheit, aber oft drückt mich das Alleinsein, und ich
frage mich, was mein Leben soll. Dann laß mich spü-ren, daß du mich an
einen Platz gestellt, an dem du mich haben willst, so wie ich bin, mit
meinen Gaben und Fähigkeiten, mit meiner Schwachheit und
Unzugänglichkeit, in meiner Einmaligkeit, die du so und nicht anders
gewollt hast. Zeig mir, daß mein Alleinsein nicht Einsamkeit sein muß.
Weil ich frei bin, kann ich vieles tun. Weil ich allein bin, kann ich vielen
etwas bedeuten. Weil meine Liebe nicht gebunden ist, kann sie sich vielen
zuwen-den. So kann auch mein Leben erfüllt sein, wenn ich es nur selbst
annehme und bejahe. Dazu hilf mir.“ Amen.

17.5.
Bin um 2 Uhr morgens aufgewacht von einem Traum, der schön war. Ich
hatte eine Rad-tour im Haschischrausch gemacht und kam an einer
modernen evangelischen Kirche vor-über; als ich sah, daß es eine
evangelische war, sagte ich: Nein, ich wollte ja in eine katho-lische; die
stand daneben, und ein Pfarrer saß davor. Ich sagte: Entschuldigung, dürfte
ich mal in der Kirche beten? Er sagte: Wie? Ich sagte: Ich suche schon den
ganzen Tag eine kleine katholische Kapelle, um eine Andacht darin zu
halten. Er sagte: Ja, wer steckt denn da dahinter? Ich sagte: Ich bin schon
Christ, aber protestantischer, am Anfang meines Christseins war ich
Katholik, und nun bin ich mir über meine Frömmigkeit nicht mehr im
Klaren. Er lächelte, als wolle er mich zur Madonna bekehren, was ich
nicht wollte. Ich wollte ihn erst fragen, ob ich bei ihm beichten könne. Ich
wollte mein Haschischrauchen beichten, tat es aber dann nicht, entweder
weil ich als Protestant nicht zur Beichte zugelas-sen war, oder weil ich
nicht ans Sakrament der Beichte glaubte. Ich ging dann in die Kir-che, die
von einem farbigen Dämmer erfüllt war (von den Glasfenstern). Da saßen
zwei Frauen, eine in meinem Alter, mit grau-beiger Strickjacke, und eine
ältere Frau, die auf-standen und sich erschraken oder verwunderten, als sei
ich zu früh gekommen. Ich sagte, ich sei nur zum Beten gekommen. Sie
zogen sich zurück. Ich setzte mich und fing eben an zu beten, da kam der
Pfarrer zu mir, im schwarzen Talar, beleibt, etwas älter, und sprach mit
warmer, väterlicher, freundlicher, salbungsvoller Stimme mit mir. Ich weiß
nicht mehr, was er sagte. Dann verabschiedete ich mich und stellte beim
Herausschauen aus dem hellen Vorraum fest, daß es die katholische Kirche
ganz in meiner Nähe war, ich war irritiert, denn erst dachte ich noch, ich
sei in einem ganz andern Stadtteil von Oldenburg. Der Pfar-rer gab mir
zum Abschied eine Broschüre über ein esoterisches Fernsehprogramm, in
dem die Überlegenheit der italienischen Rasse über die deutsche
dargestellt wurde, und ein Lie-derheft mit katholischen Liedchen, „Unser
Leben“ hieß es und freute mich sehr. Er fragte, ob ich ein Dichter sei, und
ich bejahte. Das erklärte auch, warum ich den weiten Weg, den ich bis zur
Kirche schon hinter mir hatte, nicht bemerkt hatte: ich war ein Träumer,
und es war recht so, er lächelte liebend-väterlich.... Ich glaube, von der
großen Liebe, die ich spür-te, wachte ich auf, hatte Durst und war wach.
Gott ist also gewiß schön: „Mein Volk wird schauen die Herrlichkeit
des Herrn und die Schönheit unseres Gottes“ (Jesaja 35).
Ich glaube nicht an die Taufwiedergeburt, nicht an die
Transsubstantiation und nicht an die Fürsprache Marias und der Heiligen.
Ich mag am Katholischen die Mystik, besonders die Minnemystik, und
Innerlichkeit und Gebet, was man vielleicht auch bei den älteren Pietisten
findet. Innerlichkeit ist mir ein zentraler Begriff geworden, und heiligen
Ernst will ich und Annahme der Leiden und Gleichgestaltung durch Leiden
(auch Schwermut ist ein Leiden um Christi willen). Jedes Leiden an Geist,
Seele und Leib, das nicht Strafe für eine begangene Sünde ist, sondern von
Gott zugemessen zur Läuterung und Umgestaltung, ist ein Leiden um
Christi willen.
Gestern dachte ich: Ich bin ein Schiff, ich muß nur das Segel des
Gebetes spannen, dann wird der Wind des Heiligen Geistes mich führen in
den Port. Heute fühle ich: Mein Leben ist ein Stück Wrackholz, das im
chaotisch-wogenden Ozean treibt.
Ich hatte sonst das Gebet zu begreifen gesucht als Bitte um konkrete
Dinge, die ich mir wünschte. Manches kam und manches blieb aus,
manches kam spät. Aber ich begriff die Kraft des Gebetes nicht. Das
Lobpreisgebet hatte mich kräftig und lebensfroh gemacht, aber es war
wenig eigenes. In Altensteig die Gebetsspaziergänge mit den Psalmen und
dem evangelischen Gesangbuch, das war Intimität, die mein Herz berührt
hat. Das schöne Gebet gestern nach den Lob-, Segens- und Bußgebeten
aus dem katholischen Gotteslob hat mir Liebe für Gott geschenkt. Das
Wichtigste am Gebet ist die Gemeinschaft mit dem Vater, Intimität,
innerliche Union, die grundsätzlich das Herz verändert.
Ein Wort für den ruhigen, müßigen, stillen Abend: „... die Anleitung zu
einem Schwei-gen vor Gott, das nicht unter dem Erfolgsdruck
überwältigender Emotionen steht, sondern auch mit der Erfahrung der
Nichterfahrung rechnet und diese bejaht.“
Ich mag auch nicht, wie in der Pfingstgemeinde das Abendmahl
gefeiert wird, ohne An-dacht und Versenkung in die Leiden Christi,
sondern mit Fröhlichkeit und Lachen. Wie sehne ich mich nach einer
Frömmigkeit, wie sie die Katholiken bei der Eucharistie haben, dieser
Heiligung und Würde und Ernst und Demut.

18.5.

Sehe eine Messe mit dem Papst auf dem Petersplatz, viel fromme Gebete
zum barmherzi-gen Vater, dem Herrn und Erlöser Christus in der Freude
und durch die Gaben des Heiligen Geistes. In würdiger Feierlichkeit
werden Psalmen gesungen melodisch von Chören. Der Märtyrer und der
Einsamen und Leidenden wird gedacht. Das Volk Gottes wird eine heili-
ge, prophetische Priesterschaft genannt, Tempel Gottes. Ich bin neidisch
auf diese biblische Sprache; wie säkular ist die Sprache in der
Pfingstgemeinde. Aber die Fürsprache Marias und der Heiligen und die
Schlüsselgewalt des Papstes und das Opfer der Eucharistie halt ich nicht
für biblisch. Maria ist tot, sie wird an der ersten Auferstehung am Jüngsten
Tag teilhaben, dann werde ich sie nicht Mutter, sondern Schwester nennen.
Ich kann auch Tote lieben, wie meinen Bruder Reinhold Schneider, so
liebe ich auch meine Schwester Maria, und freue mich, sie beim alleinigen
Herrn und Hohepriester und Fürsprecher Christus zu sehen.
Wenn das Mahl des Herrn kein Sakrament ist, in dem der Leib des
Herrn und sein Blut tatsächlich gegeben werden, dann muß es immerhin
eine heilige Meditation über den Kreu-zestod Christi sein, eine Versenkung
in sein Opfer. Das will ich mit heiligem Ernst bege-hen, nicht mit
Lustigkeit und Spaßigkeit und Tanz, sondern mit Ehrfurcht, in der Furcht
des Herrn.
Teilzuhaben an Christi Leiden, um in einen Christus-Ähnlichen
verwandelt zu werden, ist mein Los. Freude ist mir die Hoffnung auf die
ewige Glückseligkeit und nicht die Teil-habe an zeitlichem irdischem
Glück. In der Pfingstgemeinde predigen sie, wie man auf Erden glücklich
wird. Ich mag die sanguin-hysterische Fröhlichkeit nicht. Die barock-
protestantischen und die pietistischen Liederdichter schufen aus der
Schwermut und dem Leiden heraus.
Zur Einsamkeit: „Nicht an den Menschen fehlt es oder an der
mangelnden Möglichkeit zu sprechen, sondern an der Möglichkeit, es zu
sagen. Das Herz ist nicht mitteilbar und kann deshalb niemand gewinnen.“
Kehrte in Osternburg in die katholishe Kirche ein und betete: Mein
Leben erschien mir als Kreuzweg, und Christus hilft mir, mein schweres
Kreuz zu tragen. Ich zündete eine Kerze vor dem Christus, der als Kind
gekommen ist, fürs Baby an.
Etwas in Schneiders Tagebuch gelesen, aber ich glaub ich mag nicht
mehr. Seine Idee vom Künstler aus Gnaden des Verzichts auf Glück hab
ich verstanden, seine Bemerkungen über das katholische Spanien des 16.
Jahrhunderts aufgenommen, ich will mehr vom be-kehrten Schneider ab
1936 lesen.
Mechthild von Magdeburg schreibt: „Denn Gott erscheint allen in dem
Maße schön, in dem sie hier in der Liebe geheiligt und in den
Tugendwerken veredelt wurden.“

20.5.
Hiob 36,15, Elihu sagt: „Wer aber leidet, wird durchs Leid gebessert, Gott
öffnet ihm die Augen durch die Not.“
Blaise Pascal: „Denn es gibt zwei Prinzipien, die den menschlichen
Willen in die eine oder andere Richtung lenken: die Begierde und die
christliche Liebe. Es ist nicht so, daß die Begierde mit dem Glauben an
Gott und die christliche Liebe mit den Gütern der Erde unvereinbar wären,
aber die Begierde bedient sich Gottes und hat ihre Freude an der Welt, und
die christliche Liebe verfährt umgekehrt.“ - „Verhärte ihr Herz. Und wie?
Indem man ihrer Begierde schmeichelt und ihnen Hoffnungen macht, daß
man ihr freien Lauf läßt.“ Die Gerechten verstehen unter ihren Feinden die
Leidenschaften, die sie von Gott wegbrin-gen wollen.
Die Pein, sagt Mechthild, sei nicht aus dem Himmel, sondern aus dem
Schoß Luzifers, aber sie haben schon manchem den Weg zum Himmel und
zur Seligkeit geebnet. So viel-leicht auch unglückliche Leidenschaft? und
gewiß die Schwermut, die man auch als bösen Geist oder Pfahl im Fleisch
verstehen kann, welchen Gott mir gegeben hat, damit ich sei-nem Sohn
gleichgestaltet werde.
War in der Osternburger Heilig-Geist-Kirche und betete: Wenn ich auf
dem Kreuzweg Jesu gehe und mein Kreuz trage, ist meine Freude, daß
Gott da ist, Jesus meine Hilfe und der Heilige Geist mein Tröster, und ich
eine lebendige Hoffnung habe. Aber diese Freude ist nicht notwendig eine
sanguinische Heiterkeit und Fröhlichkeit, sondern Trost, Dank und
Hoffnung, „Freude in allem Leide“.

21.5.

Ich stelle viel Hochmut fest. Der glückliche Christ sieht auf den
schwermütigen herab und sagt: „Du hast die Erlösung noch nicht erfahren,
noch nicht die Auferstehungsfreude im Heiligen Geist und das heilige
Lachen der Geisterfüllung erfahren“. Der Schwermütige sieht auf die
Fröhlichen herab und sagt: „Du willst dein Kreuz nicht auf dich nehmen,
dich nicht durch Leid in Christus verwandeln lassen, du bist infiziert vom
Zeitgeist der Spaß-Generation.“ Um diese, von Gefühlen begründete
Theologien bauen sich ganze Kirchen, wie mir scheint, vielleicht ist dies
die Differenz zwischen Pietisten und Charismatikern.
Was ist gemeint mit der „Traurigkeit der Welt, die zum Tode führt“? Ist
es Hoffnungslo-sigkeit und Depression der Kinder der Welt angesichts des
Todes? oder ist es alle Traurig-keit, außer der „göttlichen Traurigkeit, die
zur Reue führt“?
Schneider zitiert Papst Innozenz III: „Den Ehelosen quält die
Fleischeslust, den Verhei-rateten das Weib.“
Pascal zitiert Jesus, der sagt: „Wer nicht sein Leben haßt, kann mir
nicht folgen.“ Aber das Gebot: „Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst“
setzt doch voraus, daß es geboten ist, auch sich selbst zu lieben. Sollte man
nicht lieben, was Gott liebt? Und Gott liebt mich. Aber es heißt auch: „Wer
Vater und Mutter nicht haßt, kann nicht mein Jünger sein“ und „Ehre Vater
und Mutter!“ Heißt „hassen“ hier: an die zweite Stelle setzen? Sein Leben
hassen, heißt, es ist nicht das Höchste, sondern Gott zu lieben ist mehr. Auf
dem Thron des Herzens sitzt nicht mehr das Ego, sondern der Heilige
Geist. Erst in Christus ist das Selbst wieder geliebt. Ist das recht gedacht?
Das Leben wird nach vorne gelebt, aber nur nach rückwärts
verstanden, sagt Kierke-gaard. „Glücklich, wen ein leerer Wahn
beschäftigt“, sagt Goethe.

22.5.

Vater, wie die Israeliten in der Wüste die Entbehrung satt waren und nicht
mehr nur vom Manna leben wollten, sondern sich nach dem Fleisch
Ägyptens sehnten, so denk auch ich manchmal, deine Gebote von mir zu
werfen und nach dem Willen meines Fleisches zu leben. Und Vater, wie
Mose die Last zu schwer wurde, die Israeliten zu führen, und er sich eine
Erleichterung seiner Qual erbat oder du mögest ihn sterben lassen, so sehn
ich mich nach Freude oder mehr noch nach dem Abscheiden.
J. meinte, die Schwermut sei die „Traurigkeit der Welt, die zum Tode
führt“, aber könne von Gott zur Heiligung verwandt werden. Die
Schwermut sei eine seelische Behinderung, wie es geistige oder
körperliche gebe. Sie sei das Erbteil der sündigen Natur der Väter. Das
trifft mit Mechthild zusammen, die sagte, die Pein sei aus Luzifers Schoß.
Sie ist das Kreuz, das ich zu tragen habe. Gott gebraucht sie aber, mich zu
ihm zu drängen. So sandte Gott den Juden die Finsternis der
Nationalsozialisten, um den zionistischen Gedanken mächtig werden zu
lassen. Vor dem dritten Reich warben die Juden in Freundlichkeit für die
zionistische Idee, aber erst die Drangsal brachte den israelischen Staat
zustande. So ist das Leid oft wirksamer als die Freude zur Herstellung
einer intensiven Gottesbeziehung.
Pascal fragt, ob man einen Menschen, den man wegen seiner Schönheit
liebt, wirklich liebt? Nein. Liebt man einen Menschen, den man wegen der
Tugend seiner Seele liebt, wirklich? Nein, denn auch die kann, wie die
Schönheit, vergehen. Aber kann man die Sub-stanz der Seele eines
Menschen abstrakt lieben? Nein. Man liebt also den Menschen wegen
seiner Eigenschaften.
Pascal: „Der Glaube umfaßt mehrere Wahrheiten, die einander
scheinbar widersprechen: lachen hat seine Zeit, und weinen hat seine
Zeit... Deren Quelle ist die Vereinigung der zwei Naturen in Jesus
Christus.“ So ist es legitim, eine ernste, liturgische, heilige Messe im
Dunkeln zu feiern, und ebenso legitim, einen fröhlichen Lobpreisabend zu
feiern. Es ist legitim, beim Abendmahl lachend des Auferstandenen zu
gedenken und ebenso legitim, beim Abendmahl ernst und würdig des
Gekreuzigten zu gedenken. Seit kurzem bin ich nicht mehr überzeugt, daß
bei dem Schisma durch die Reformation die Wahrheit allein auf den
Reformatoren lag. Auch bei Katholiken wie Augustinus, Mechthild, Pascal
und Schneider finde ich Glaube und Wahrheit.
Die totale dogmatische Verneinung alles Katholischen führt zu einem
Traditionsverlust, es sei denn, man baue seine Traditionslinie über
Waldenser, Albigenser, Hussiten, Refor-matoren. Wo bleibt da die Mystik?
Mystik ist unter den Evangelikalen ein Schimpfwort, was ich immer schon
bedauerlich fand.
Das Besondere der Poesie ist, daß sie erfreuen und belehren kann. Nur
christliche Poesie kann recht belehren, denn sie lehrt die von Gott
offenbarte Wahrheit. Erfreuen kann mich aber auch nichtchristliche Poesie,
und auch aus ihr kann ein Christ lehren ziehen, z.b. vom Streben der
Menschen nach natürlicher Religion Hölderlin, Rilke, Hesse). Schönheit
und Wahrheit scheinen mir aber nicht identisch. Die Marienverehrung
finde ich schön, halte sie aber nicht für wahr. Eine buddhistische Pagode
finde ich schön, halte sie aber nicht für einen Tempel der Wahrheit. Solche
Schönheit ist ein entstellter Abglanz der wahren Schönheit Gottes. Wenn
Platon von dem Schönen, Wahren und Guten sprach, kann dies in Einheit
nur von Gott erfüllt werden.
Luther nennt den Papst Rattenschwanz des Antichristen, Pascal nennt
die Calvinisten Ketzer und Häretiker. Was soll man darüber denken? Was
ist mit dem Leib Christi und seiner Gegenwart im Abendmahl oder unter
dem Abendmahl oder ist es allein ein Ge-dächtnismahl? Die Evangelikalen
lehren reines Gedächtnismahl und würden an einer Eu-charistie nicht
teilnehmen, es sei erneute Opferung Jesu, das Kreuz sei das alleinige und
endgültige Opfer. Die Katholiken schließen die Protestanten vom
Abendmahl aus, weil sie den Leib des Herrn verunehren würden. Was soll
man darüber denken?
23.5.

Ägypten ist die Welt, die Wüste das Leben der Heiligen in Aussonderung
und das Gelobte Land der Himmel. Die Rotte Korach war ein Bild für die
Namenschristen, die sich der Füh-rung Gottes durch Mose (Christus)
widersetzten und wollten zurück in die Welt: „Ägypten ist das Land, wo
Milch und Honig fließt. Wo ist denn dein Gelobtes Land? Stattdessen
führst du uns in die Wüste.“ Die Wüste ist eine Entbehrungszeit, aber Gott
sorgt für die Seinen und ist mit ihnen. Die Verheißung ist fest. Es gibt
einen Verzicht auf irdische Glückseligkeit, aber eine Verheißung auf das
Paradies. Die in der Wüste sind schon nicht mehr in der Gefangenschaft,
aber noch nicht in dem Land, das Gott ihnen geben will. Wir sind nicht
mehr von der Welt, aber noch nicht im Himmel, der uns aber fest
verheißen ist.

24.5.

Pascal: „Jesus Christus ließ, so scheint mir, nach seiner Auferstehung nur
seine Wundmale berühren. Noli me tangere. Wir sollen uns nur mit seinen
Leiden vereinen.“

25.5.

Ich träumte, daß ich am See Genezareth ging in der heutigen Zeit, da sah
ich auf dem sturmaufgewühlten See ein Boot und in dem Boot den Herrn
und seine Jünger. Der See war sehr romantisch von einer Felsenlandschaft
in der Abendsonne umgeben und Blumen, die Straße war staubig und ein
Kampfgebiet im Krieg zwischen Palästinensern und Israeli-ten.
Meister Eckard: „Willst du recht wissen, ob dein Leiden dein sei oder
Gottes, so sollst du dies hieran erkennen: Leidest du um deiner selbst
willen, in welcher Weise es immer sei, so tut dir das Leiden weh, und es ist
dir schwer zu ertragen. Leidest du aber um Gott und einzig um Gottes
willen, dann tut dir das Leiden nicht weh, und es ist dir auch nicht schwer,
denn Gott trägt die Last. In voller Wahrheit!“

26.5.
Film über Vincent van Gogh. Er liebte seine Cousine, aber die schickte
seine Briefe unge-öffnet zurück. Dann hatte er ein einfaches Weib, die den
brotlosen Künstler verließ. Er lebte in Einsamkeit in Arles, Provence, und
schuf wie ein Besessener, genoß die Gemein-schaft mit Gauguin, stritt sich
aber viel mit ihm, schnitt sich im Wahn das Ohr ab, als der ihn verließ und
die Einsamkeit drohte. Ruhe fand er in der Anstalt, fand wieder zu seiner
Schöpferkraft zurück. Sehnsucht seines Leben: Liebe und Lebensberufung.
Soll ich alle Menschen lieben außer mir selbst? Soll ich mich selbst
hassen? Soll ich doch den Nächsten lieben wie mich selbst. Wenn ich mich
selbst aber hasste, liebte ich den Nächsten schlecht. Und wenn Gott in
meiner Seele wirkende Liebeskraft ist: Gott liebt mich. Ich soll mich aber
selbst verleugnen, nicht eigensüchtig oder selbstsüchtig sein. Was ist der
Unterschied zwischen der Selbstliebe und der Eigensucht? Der natürliche
Mensch ist eigensüchtig, er macht seinen eigenen Willen zu seinem
Gebieter und Gott. Der geistli-che Mensch nimmt seinen eigenen Geist
und Seele und Leib an als von Gott geschaffen, erlöst und geliebt. Er haßt
nicht, was Gott liebt. Aber er liebt sich selbst (wenn er Christus ähnlich ist)
nicht mehr als andere, sondern gibt sich anderen hin. Er nimmt seine
gottgege-benen Schätze an, um sie zu verschenken.

28.5.

Film über die christliche Künstlerin Margreth Knoop-Schellbach, sie sehr,


sehr schön mal-te. Sie malte viele Christusse, schnitzte Kreuze und
Kirchenportale, malte das Leben der Heiligen Franziskus und Elisabeth
von Thüringen. Sie sagte, sie male, was sie malen müs-se, ohne sich
ästhetische Theorien zu machen.
O für ein Schweigekloster! O für die heilige Stille in einer Heiligen
Messe! Jetzt bleibt nur noch die fundamentalistisch-evangelikale
Freikirche oder die katholische Kirche. Gott, sind die Protestanten
abgeirrte Brüder und die katholische Kirche die Eine Kirche? Sind die
Wiedertäufer die wahren Wiedergebornen und die katholische Kirche die
Hure auf dem Tier, Prophetin einer endzeitlich-antichristlichen
Welteinheitsreligion? Gott, ich stehe zwi-schen allen Stühlen.
Mich berührt am Gefühl folgendes Salve Regina: „Sei gegrüßt, o
Königin, Mutter der Barmherzigkeit; unser Leben, unsre Wonne und unsre
Hoffnung; sei gegrüßt! Zu dir rufen wir, verbannte Kinder Evas; zu dir
seufzen wir traurend und weinend in diesem Tal der Tränen. Wohlan denn,
unsre Fürsprecherin, wende deine barmherzigen Augen uns zu, und nach
diesem Elend zeige uns Jesus, die gebenedeite Frucht deines Leibes. O
gütige, o mil-de, o süße Jungfrau Maria!“
Ostern noch mochte ich nicht in die Messe in Hage gehen, sagte im
Hauskreis zur Of-fenbarung, daß die Hure Babylon vielleicht die
katholische Kirche sei. Nun lese ich auf-merksam das Gotteslob und finde
gläubiges Christentum. Nur „Gottesmutter“ mag ich nicht sagen, wohl
aber Liebe Frau und Mutter meines Herrn. An die Sündlosigkeit Marias
kann ich nicht glauben, weil die Heilige Schrift sagt, daß alle Menschen
Sünder sind, und Maria war ganz Mensch, wenn auch die erste Heilige, die
erste geheiligte Sünderin.

29.5.

Gertrud von LeFort, Hymnen an die Kirche: Die Seele spricht: „Mutter...
bist du gewiß, meine Mutter, daß nicht der Bote des Abgrunds dich betrog?
oder daß Wildlinge aus der Engel Saal dich verhöhnten?“ Die Seele
spricht: „Ich irre wie ein Vogel um meines Vaters Haus, ob ein Spalt ist,
der dein fremdes Licht einläßt, aber es ist keiner auf Erden, außer der
Wunde in meinem Geist.“ Die Kirche spricht: „Ich habe dich überblendet,
daß deine Grenzen verfließen, ich habe dich verschattet, daß du deine
Schatten nicht mehr fändest... Ich bin zum Hohn geworden an deinem
Verstand... auf meiner Stirne wittern die Ufer des Drüben! Darum muß ich
Wildnis sein in deiner Erkenntnis und Vernichtung auf deinen Lippen.“
Die Kirche spricht: „Siehe, die Tage wollen nicht mehr aufstehen vor
Andacht, und die Nächte der Erde sind dunkel geworden vor tiefer
Ehrfurcht.“
Ich bin zornig über die Gebetsarmut der Pfingstler und merke, meine
Frömmigkeit läßt sich zur Zeit wenig mit andern Christen verbinden,
zumindest nicht mit den freikirchli-chen... Ich müßte Eremitenchrist sein
zur Zeit und schweigen wie Nikolaus von Flüe.
Lese über Pater Anselm Grün. Die Mystiker reden vom Ich-Tod, das ist
das Ende des Egoismus. Die Pietisten reden vom Zerbruch der
Persönlichkeit, das ist falsch. Sondern in der Tiefe des Selbst, im Herzen
Gott finden, ist der Weg. Gottes Wort meditiert führt zu Stille, es
entflammt nach Augustinus unsere Sehnsucht, und alle Sehnsucht unserer
Seele zielt auf Christus. In dem Sinn ist Selbsterforschung im Tagebuch
gut. Sankt Benedikt sag-te: Suche die Gemeinschaft und das Ich stirbt. In
Grüns Kloster keine feurige Predigt, son-dern Lesung und Psalmengesang,
keine anstrengende Bibelarbeit, sondern Meditation. „Al-le Einseitigkeit
wird zur Häresie“. Der protestantische Begriff vom Menschen sieht diesen
meist als durch und durch verdorben durch die Sünde an. Die katholische
Anthropologie redet von der Ebenbildlichkeit des Menschen und dem
Funken im Selbst, der durch Chris-tus erlöst und befreit werden muß.
(A.Grün legt fasziniert griechische Mythen aus.)
Aufsatz von einem Charismatiker: Gemeinschaft mit dem
Gekreuzigten. Heute wollen alle Gemeinschaft mit der Auferstehungskraft.
Aber Paulus wollte Anteil am Leiden Chris-ti. Ignatius von Antiochia
wollte zu den Löwen, sich zermalmen lassen und zum Brot Got-tes
werden. Die irischen Mönche sprachen vom „weißen Martyrium“ eines
opferbereiten Lebens, wenn sie das Leben lassen mußten, nannten sie es
das „rote Martyrium“. Die Mön-che des Mittelalters entwickelten
Methoden und Übungen, das Leiden Christi zu erfahren. Zinsendorf und
Teerstegen als christozentrische Mystiker wollten in Innerlichkeit auf den
Gekreuzigten schauen. Die Kreuzwegstationen nachvollziehen. Kreuz-
Jesu-Litaneien. Wir sollen nicht das Leid suchen, sondern Jesus
nachfolgen und alles Leid, das er uns zumutet, bejahen als Gemeinschaft
mit ihm (also auch die Schwermut).

30.5.

Reinhold Schneider: „Mein Herr und mein Gott, entreiße uns der Lüge
unseres Lebens, der Lüge der Eitelkeit und der Lüge der Gefälligkeit, der
Lüge der Angst! Lasse den Glauben in uns wachsen, der die Angst
auslöscht, und schenke uns den Mut, der deinem Sohne auf geradem Wege
entgegengeht durch die Bangnis der Zeit, diesen Glauben, der weiß, daß
kein Herr ist in der Welt außer deinem Sohne!“ Amen.

31.5.

Judith: „Also sind auch Isaak, Jakob, Mose und alle, die Gott lieb gewesen
sind, beständig geblieben und haben viel Trübsal überwinden müssen. Die
andern aber, so die Trübsal nicht haben annehmen wollen mit Gottesfurcht,
sondern mit Ungeduld wider Gott gemurret und gelästert haben, sind von
dem Verderber und durch Schlangen umgebracht.“
Das trifft auf den Hauskreis zu, in der wahren Anbetung schwach, im
Bitten stark: „Un-ser Gebet war kein Gebet mehr, kein Dank, kein
Lobpreis, keine Hingabe, nur die immer unvollständige Aufzählung
unserer Nöte und Ängste.“ (Schneider)
Schneider über die Bekenntnisse: Ein englischer Missionar ging nach
Indien und fand die Form der Hochkirche ungeeignet. Da er aber nicht auf
das Sakrament verzichten wollte, ging er in jede christliche Gemeinschaft,
ohnerachtet ihres Bekenntnisses. Keppler war zerrissen und litt an der
Zerrissenheit der Konfessionen, in der Frage des freien Willens war er für
Melanchton, gegen Luther, in der Lehre vom Abendmahl gegen Luther, für
Cal-vin, und wünschte sich, man kehre zur Einen catholischen Kirche und
dem einfachen christlichen apostolischen Alphabet zurück. Schneider
meint, die Wahrheit sei nicht im Siegen oder Siegenwollen, sondern in der
Liebe. Christus will die Einheit.

1.6.

Christi Himmelfahrt. Herr, in den Freikirchen lehren sie ein calvinistisches


Verständnis des Abendmahles: reines Gedächtnis. In der lutherischen
Kirche sagen sie: Unter und mit dem Brot ist Christus gegenwärtig. In der
katholischen Kirche sagen sie: Brot und Wein ist Fleisch und Blut Christi
durch die Wandlung, und es wird zum Gedächtnis gespeist und getrunken.
Ein Gedächtnis ist es bestimmt, aber nicht wie in der Pfingstgemeinde ein
Ge-dächtnis deines gegenwärtigen Triumphes, sondern ein Gedächtnis
deiner Passion und dei-nes Kreuzestodes. Dazu fehlt mir in der
Pfingstgemeinde Andacht und Ehrfurcht und Ver-senkung in deinen
Kreuzweg und Buße. Als ich in der Messe das sakramentale Brot emp-fing
1994, war es mit heiligem Schauer und Ehrfurcht. Als ich in der Freien
evangelischen Gemeinde 1995 und 96 das Abendmahl feierte, war es
Gemeinschaft, aber ohne Schauer der heiligen Ehrfurcht. Allein das Wort:
Christi Leib für dich gegeben, bewirkte keine Be-sinnung. In der
Pfingstgemeinde wurde mir das Abendmahl mehr und mehr unwichtig. Ich
staunte über Menschen, die dem Abendmahl zentrale Bedeutung zumaßen.
In welcher Ges-talt und Art du gegenwärtig bist, in leiblicher oder in
spiritueller, das weiß ich nicht.
Gotteserkenntnis, hebräisch „jada“, ist dasselbe Wort wie
Geschlechtsverkehr. Intimität zwischen zwei Liebenden, ganzheitliche
Begegnung, das heißt Erkenntnis. Wir können Gott nicht abstrakt und an
sich erkennen, sondern nur in seinem Verhältnis zu uns. Dreifa-che
Offenbarung des einigen Gottes: Schöpfungsoffenbarung des Vaters, Du
sollst, Gott über uns, in der Natur erkennbar und durch Wissenschaft und
Kunst; Heilsoffenbarung durch Jesus, Du darfst, Gott unter uns, erkennbar
in der Geschichte durch die Bibel; per-sönliche Erfahrung des Geistes, Du
kannst, Gott in uns, erfahrbar in der Existenz durch die Erfahrung. Nur in
dreifacher Offenbarung hat sich Gott vollständig offenbart.
Was ich im Moment erlebe, ist Quietismus. „Lehre von der
vollständigen Seelnruhe des Menschen, Taten- und Willenlosigkeit als
höchstes Ziel, religiöses Aufgehen in Gott (Mys-tik). Bedeutender Einfluß
auf den Pietismus. Strömung im Katholizismus des 17. Jahrhun-dert.“
In meiner Angst um die Weiterbewilligung meiner Rente sprechen
mich die Jesaja-Verse an: „Durch Stillesein und Hoffen werdet ihr stark
sein.“ - „Und der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der Ertrag der
Gerechtigkeit wird ewige Stille und Sicherheit sein, daß mein Volk in
friedlichen Auen wohnen wird, in sicheren Wohnungen und in stolzer
Ruhe.“ Möge Gott mir dies zu dieser Zeit geben.
Schneider: „Luther, der in seinem Arbeitszimmer ein Marienbild
bewahrte bis zum En-de, betont diese Menschheit Mariens in seiner
Predigt zum Sonntag nach dem Christtag: Deshalben, ob die heilige
Jungfrau Maria wohl hoch zu ehren ist ihrer Jungfrauschaft hal-ben, ist
doch ihrer Weibschaft Ehre unermeßlich größer... Und in der Predigt auf
das Evan-gelium am Christtag lehrt Luther ausdrücklich: Der Fluch Hevä
ist nicht über sie gegangen, der da lautet: In Schmerzen sollst du deine
Kinder gebären, aber sonst ist ihr geschehen ganz, wie einem gebärenden
Weibe geschieht... Wir wollen uns auch daran erinnern, daß Bach
alljährlich zu den Festtagen Mariens komponierte und musizierte,
wenigstens die Tage Lichtmeß, Verkündigung und Heimsuchung wurden
in der Nikolai- und Thomaskir-che gefeiert.“
Die Marienanbetung der Katholiken kann ich bei aller Liebe zur
heiligen Jungfrau nicht teilen, sie gibt Maria Ehre, die ihr nicht gebührt.
„Alle Menschen sind Sünder, alle erman-geln ihres Ruhmes bei Gott.“ Da
ist von keiner Ausnahme die Rede. Ich fühle mich abge-stoßen von
rationaler Dogmatik und sehne mich nach emotionaler Innigkeit. Aber wo,
Herr Jesus, ist innige Gemeinschaft? Ich bin zerrissen zwischen
katholischem Stil der Frömmig-keit und protestantischen Dogmen.

2.6.

Omas Geburtstag. Jesaja: „Deine Augen werden den König sehen in seiner
Schönheit; du wirst ein weites Land sehen.“
Herr, du bist mein Erlöser von Selbstsucht, mein Tröster in Trübsal,
meine Stärke in meiner Schwachheit und der Herr und die Quelle meines
Lebens, der mich an meinem in-neren Leben täglich erfrischt und erneuert.
Laß mich jede Tat als Gottesdienst, jedes Wort und jeden Gedanken als
Gotteslob verstehen und vergib mir meine verborgenen Sünden, durch
Christus, meinen Herrn, Amen.
Eine Erzählung von Hesse gelesen und Elegien von Hölty: „Gaukelt
nur, ihr bunten Schmetterlinge! Andre Szenen laden mich zur Grotte, wo
die Schwermut lauschet, der Be-trachtung Mutter.“

3.6.

Schneider über christliche Dichtung. Der Dichter schreibt aus seinem


christlichen Welt-bild: Die Wahrheit war in die Welt gekommen, verbleibt
in ihr und streitet mit dem Vater der Lüge. Das Heil ist wichtiger als die
Kunst, das Heil besteht in der Nachfolge der Wahr-heit. Kunst sucht
Vollendung, um Gott gut und schön verherrlichen zu können. Der oberste
Maßstab ist nicht die Kunst, sondern das geistliche Gewissen. In der Zeit
des Abfalls muß er Verkanntheit und Einsamkeit auf sich nehmen. Sein
Amt ist vielleicht das eines Predi-gers in der Kunst. Vielleicht hat er wie
Tolstoi die Aufgabe, das zu verkündigen, was in der gegenwärtigen
kirchlichen Verkündigung nicht gepredigt wird. Dennoch ist sein Ort die
Kirche. Er leidet an der Scheidung der Kirche von Kunst und Dichtung. Er
muß in seinem Werk der Zeit voraus sein, auch dem Zeitgeist der
kirchlichen Formen. Seit Mitte des 19.Jahrhunderts entwickelt sich wieder
christliche Dichtung, aber nicht mehr getragen vom großen Geist des
christlichen Abendlandes, sondern in eine Zeit des Abfalls hinein, wo der
christliche Dichter einsamer Zeuge der Wahrheit sein muß. (Klopstock,
Novalis, Brentano, Eichendorf, Klepper, Bergengruen, Schröder,
Schneider, LeFort.) „In der Dichtung ver-mählt sich ja ein von Oben
Gekommenes mit der gestaltenden Kraft, dem gesamten Le-bensgehalt
eines in Zeit und Geschichte stehenden Menschen.“ Im Evangelium steht
kein Satz, auf den die Kunst sich berufen könne. Zwar ist von der
Verwaltung der Gaben des Geistes die Rede. Aber ist nicht die
Verwandlung der Wahrheit im schönen Schein gemil-derte Lüge? Kultur
ist kein Anliegen des Christentums, sondern das ewige Leben aller, das
heute beginnen kann. Wie kann man in diesem Widerspruch bestehen?
Was tun, wenn die unvermeidliche Eitelkeit der Künstler die Vision der
Wahrheit entstellt? Christus hat die Dinge zum Gleichnis erhoben, so tun
es auch die christlichen Künstler. Das Wort wird uns richten. Wir werden
uns verantworten müssen für jedes unnütze Wort. Das Werk rettet nicht,
sondern die Wundmale Christi. Das Werk wird im Feuer geläutert, damit
der Christ, der Künstler ist, selig wird. Das Wort ist Echo auf das Wort
Gottes. Des Dichters Wort ist das Grundanliegen seines Werkes, nicht
jeder Satz seiner Kunstfiguren. „Christliche Dich-tung ist Fragment,
Baustätte ungebauter Dome, zertrümmerndes Mal ungestaltbarer Vision,
brechende Brücke, Pfeiler im Strom, geborstene Säule. Diese Trümmer
weisen auf den, der kommen wird unter Aufhebung der Zeit; sie nehmen
das Zerbrechen der Erde voraus. So werden sie zu Zeichen und Zeugen der
Wahrheit. Daß sie die Wahrheit, die frei macht, ins Herz senken, ist ihre
einzige, ihre unabdingbare Macht.“

5.6.

Der katholische Christ des 19.Jahrhunderts, John Newman, schrieb,


daß er Schwierigkei-ten habe, sich mit dem Jüngling vor seiner Bekehrung
zu identifizieren. So geht es mir ja auch.
In Rom herrschte die Kirche über die Welt, Luther unterstellte die
Kirche der Welt. Ist in den Heiligen und Mystikern nicht schönere
Weisheit als in den Predigten Luthers? Wo steht, daß durch die Taufe
wiedergeboren wird? „Wer nicht von neuem geboren wird durch Wasser (!)
und Geist...“ Gott, ich bin so verwirrt, wenn es nach meinen Gefühlen
geht, bin ich katholisch, aber nach meinen Dogmen protestantisch. Die
Herzlichkeit hab ich im ka-tholischen Gottesdienst vermisst. Ich möchte
Maria verehren, aber die Lieder zum Marien-lob scheinen sich zwischen
mich und den anbetungswürdigen Herrn zu schieben. Vater, bitte erleuchte
mich!
Lese Kreuzwegstationen aus dem Gotteslob: „Auch wir sind noch
nicht am Ziel; wir sind unterwegs, oft einsam und verlassen. Die Stunde,
da alles umsonst scheint und uns der letz-te Mut verläßt, kann auch für uns
kommen.“

6.6.

Zu meinem poetischen Werk: „Man muß sich entschließen, auch die


Unvollkommenheiten zu lieben, sonst ist man betrogen.“ (Hesse)
Schneider sagt: Allein ist „der Künstler mit dem Zweifel an seinem
Werk, das gerade in der Überwindung des Zweifels stark werden soll.“ Ich
muß mir wirklich Gedanken machen über das Amt des christlichen
Dichters.
Der heilige Franz von Sales sagt, es sei besser, mit dem Herrn am
Kreuz zu hängen, als es nur zu betrachten. Schneider sagt, das Leiden
annehmen und die drückenden Sorgen dieser Welt mit einem Ja an den
Gekreuzigten, sei der Weg, Ihm ähnlich zu werden. Chris-tus hat das
Leiden der Erde durch sein gottmenschliches Leiden verklärt in einen Weg
zu Gott. Das Letzte eines Christenlebens ist nicht seine Aufgabe
(Charismen), sondern das Kreuz, das sich in der Aufgabe verbirgt. Es sei
das Kreuz der Einsamkeit und Schwermut und des stillen Versagens an
heiliger Dichtkunst oder das Kreuz einer dummen Arbeit, ich will es von
Christus um Christi willen annehmen.
Schneider sagt, die Theologie der Schwermut stehe noch aus. Pascal
betete: Herr, befreie mich von der Traurigkeit, die meine Eigenliebe mir
eingibt, und gib mir teil an deiner Traurigkeit. Der Herr war traurig bis
zum Tode. In den Paulusbriefen liegt der Keim der Theologie der
Schwermut. Es gibt göttliche Traurigkeit, die zur Reue führt: heißt das,
eine Schwermut, die zum Kreuze führt? Schwermut ist Schwermut über
Vergänglichkeit, Nich-tigkeit, Tod und Leere. Sie bezeugt die
Notwendigkeit der Gnade und weiß um die Abhän-gigkeit von Gottes
Gnade und Barmherzigkeit. Schwermut ist Sehnsucht nach Liebe und
Schönheit. Damit ist sie Sehnsucht nach der ewigen Herrlichkeit.
Schwermut kann ein Schicksal und Verhängnis und damit ein zu tragendes
Kreuz sein. Ein Geheimnis ist, wa-rum die Künstler so schwermütig waren
und sind. Das melancholische Temperament bildet die Künstler. Warum
sind Schwermut und Kunst so eng miteinander verbunden? Vielleicht weil
die Schwermut nicht den Genuß des Gegenwärtigen und Vorhandenen
feiert, sondern eine gewaltigere Liebe und Schönheit ersehnt, eine ewige,
die allein ihr Verlangen und Gnadendürsten stillen könnte, und in dieser
gewaltigen Sehnsucht schimmert die Vision der Erfüllung auf, sei es das
Goldene Zeitalter, das Glorreiche Mittelalter, die Romantik oder in
Wahrheit das Himmlische Jerusalem, aller schwermütigen Sehnsucht Ziel.
Was ist göttliche Traurigkeit? Sie wendet sich nicht dem Tode zu, sondern
dem Gekreuzigten, dem Kreuz. Was ist Traurigkeit der Welt? Die ohne
Hoffnung ist, die den Selbstmord stirbt. Göttliche Traurigkeit erhofft über
alles Hoffen den ewigen Trost Gottes. Göttliche Traurig-keit ist
Ergebenheit, Dulden, Mitvollenden der Trübsal und Gottverlassenheit
Christi.

10.6.
Die deutschen Romantiker erfanden den Roman, die Engländer blieben bei
Versen. Die Deutschen griffen auf Katholizismus und Mittelalter zurück,
die Engländer benutzten anti-ke Mythologie. Schneider lehnte die
Renaissance als irdisch und sinnlich ab und griff aufs Mittelalter als
asketisch, mystisch und fromm zurück. Ich mag Antike und Renaissance,
aber in Heiligen und Mystikern und deutscher Romantik ist mehr
Christentum.
Ironisch werd ich von den Evangelikalen schon mit Mystik,
Mönchstum und Eremiten-tum in Verbindung gebracht.
Traurigkeit der Welt gleicht dem Räuber am Kreuz, der Christus
verachtet und im Un-frieden stirbt. Göttliche Traurigkeit gleicht dem
leidenden Räuber am Kreuz, der auf Jesus im Paradies vertraut, und den
eine ewig-lebendige Hoffnung erfüllt. An der Stellung zu Christus, nicht
am Charakter der Traurigkeit selbst, entscheidet sich, ob sie weltlich oder
göttlich ist.
Zur Poesie: „Und Er sprach zu mir: Du bist mein Knecht... durch den
Ich mich verherrli-chen will! Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und
verzehrte mein Kraft umsonst und unnütz, wiewohl mein Recht bei dem
Herrn und mein Lohn bei meinem Gott ist.“ Ich schreibe für den Herrn,
und mein wahrer Ruhm ist ein himmlischer. Dem gehorsamen Die-ner und
Arbeiter im Weinberg Gottes winkt vermehrte Seligkeit, wenn er nicht zu
Selbst-verherrlichung, sondern zu Christi Ehre schreibt. Alle
Selbstgefälligkeit und Eitelkeit der Kunst wird im Feuer des Preisgerichts
verzehrt.
Ovid, Metamorphosen: Ein Gott, wer auch immer, schuf Himmel und
Erde und Meer aus dem Chaos. Er schuf den ersten Menschen, „Japetos,
Sohn des Prometheus“, aus einem Erdenkloß und machte ihn zu Seinem
Ebenbild. Im Goldenen Zeitalter gab es keine Müh-sal, nur Frömmigkeit.
Dann stürzte Saturnus in den Tartaros. Krieg und Goldgier und Sün-den
breiteten sich auf der Erde aus. Überall herrschte die Göttin des Wahns.
Jupiter beschloß, die Erde zu überfluten. Vom Schicksal ist es bestimmt,
daß eines Tages Erde und Kosmos im Feuer vergehen. Die Sintflut kam.
Nur zwei Menschen überlebten, die landeten in einem Nachen am Berg
Parnassus (und opferten den Musen). Ein neues Menschenge-schlecht
entstand.

11.6.
Pfingsten. Lese Ludwig Tiecks Dichterleben, über Shakespeare. Marlowe
schrieb, wenn poetische Stimmung ihn ergriff, Robert Green schrieb zu
jeder Zeit. Das Sinnliche muß vom Schöpferischen verwandelt werden in
Sehnsucht nach dem Unsichtbaren, Ewigen. Das Ewige muß das Irdische
durchdringen, verwandeln und erheben. Gott wurde Mensch, verwandelte
den Menschen und erhob ihn zum reinen ewigen Leben. - Nachruhm
erstreben ist eitel, es kann nicht das wahrhafte Streben eines christlichen
Dichters sein. Sein ist: Zeu-ge Christi zu sein in der Zeit und teilhaftig zu
werden des himmlischen Ruhmes. Was nach seinem Heimgang mit seinem
Werk in der Welt geschieht, legt er begierdelos in die Hände des Heiligen
Geistes. - „...so wird auch das einsame Gemüt des Dichters erst wahrhaft
mit dem Überirdischen vermählt, wenn er den Abglanz desselben im
Irdischen mit liebender Hingebung erkennen mag.“ (Green nach Tieck).
„...ließ ich auf kurze Zeit alle meine Arbeiten ruhen, weil mich kein
Plan reizte, weil es mir unmöglich gewesen wäre, in dieser Stimmung
irgendetwas, wie meine früheren Stücke, zu schreiben“, sagt Shakespeare
im Tieck, so ergeht es mir diese Zeit.

12.6.

Lese Klopstocks Ästhetische Schriften: „Derjenige müßte ein


merkwürdiger Fremdling in der Kenntnis des Menschen sein, der
behaupten wollte, es sei überflüssig, die philosophi-sche, und die
erhabnere Tugend der Religion dem Menschen liebenswürdig vorzustellen.
Es ist dies so wenig überflüssig, daß es notwendig ist.“ Und „die Religion
ist ((in den heili-gen Schriften)) durch Muster der Poesie und der
Beredsamkeit offenbart worden.“ Nach-folge der biblischen Poesie ist der
Weg zu guter Poesie. Der Dichter schöpft aus der Offen-barung
(Klopstock), dient am Geoffenbarten (Schneider). Die Poesie soll bekannte
oder angenommene Gegenstände von einer Seite zeigen, die die
vortrefflichen Kräfte der Seele anregt und die ganze Seele in Bewegung
setzt, und zwar auf Gedanken der Unsterblichkeit und Tugend hin.

13.6.

Lese Schneiders philosophische und ästhetische Essays „Dem lebendigen


Geist“. Er schreibt über Kierkegaards Verhältnis zur Frau: „Das
Unsterblichkeitsbewußtsein muß sich auf das Negative gründen.“
(Kierkegaard) Das Wesentliche in der Beziehung zur Frau ist die
Verweigerung, die Unerreichbarkeit, die Idealität, und das heißt: das ganz
Reale, der religiöse Grund. „Ein negatives Verhältnis zu einem Weibe
weckt im Manne das Unendli-che.“ (Kierkegaard)

14.6.

Kirchenlexikon: „Orthodoxer Theologie geht es nicht um ein rationales


Erfassen des göttli-chen Geheimnisses (mysterion), sondern um das
Erfahren der Gemeinschaft mit dem le-bendigen Gott, das Sein in Christus.
Man betrachtet vor allem die Menschwerdung sowie die Einheit von Kreuz
und Auferstehung. Heil beschränkt sich nicht auf die Sündenverge-bung.
Abendländisches Rechtfertigungsdenken tritt zurück hinter dem Gedanken
der Ver-klärung alles Seins (Seinsmetamorphose) und der Begründung
eines neuen Seins durch die mit der Menschwerdung beginnende
Vergöttlichung (theosis): Gott wurde Mensch, damit die Menschen göttlich
werden; d.h. das Wort wurde Träger des Fleisches, damit die Men-schen
Träger des Geistes werden können (Athanasios d.Gr.). Damit ist nicht die
Umwand-lung der menschlichen Natur in die göttliche gemeint, sondern
eine Erneuerung durch die reale gnadenhafte Einwohnung Gottes im
Herzen der Menschen. Das ewige Leben wird in seiner Fülle erst im
Jenseits offenbar, ist aber durch Christi Kommen in diese Welt bereits im
Diesseits keimhaft gegenwärtig. Von daher verbindet sich im orthodoxen
Denken der Jenseitsbezug mit einer Offenheit für die konkreten
Menschheitsprobleme. Sinn menschli-chen Lebens ist es, sich auf die
Ewigkeit vorzubereiten. Gottesliebe muß sich in der Nächs-tenliebe
erweisen, in der Einheit von Glaube und Werken. Den Werken eignet keine
Ver-dienstlichkeit vor Gott, vielmehr sind sie notwendiger Ausdruck
wahren Glaubens, denn wahrhaftig ist nur der Glaube, der durch die Liebe
tätig ist (Galater 5,6).“
Herr, ich bin ja mystisch geworden. Aber keine protestantische
Gemeinde ist mystisch. Ich finde schöne katholische Litaneien und
Gebete, finde orthodoxe Gedanken interessant, lehne den Rationalismus
des Protestantismus ab. Sind die Pietisten tiefsinnig-innig, oder sind es
auch nur Wortverkündiger? Wo ist eine weltferne dunkle Kapelle? Aber
willst du, daß ich mich in weltferne Innerlichkeit zurückziehe, in Mystik
und stille Spiritualität? Oder soll ich wach, bewußt, gegenwartsbezogen,
realitätsbewußt, verstandesmäßig und praktisch meinen Glauben leben?
Ich würde mich so gern in ein Kloster zurückziehen! Ach Vater! wo willst
du mich haben?
Kierkegaard sagt, die Wahrheit siege nur durch Leiden.

15.6.

Was heißt es, Christi Tod gleichgestaltet werden zu wollen? Ist das nur im
blutigen Marty-rium möglich? Paulus ersehnte die Todesgleichgestaltung,
ersehnte er das Martyrium? O-der ist es auch die Ungeborgenheit im
Sterben, die Gottverlassenheit, das Einsamsein im schmerzlichen Sterben,
die Todesangst? Wenn Paulus ersehnte, den Leiden Christi gleich-gestaltet
zu werden, ersehnte er dann das Leid? Und was heißt in dem
Zusammenhang die Sehnsucht, eins zu werden mit dem Auferstandenen?
Geschieht dies erst in der Auferste-hung von den Toten?
Ich muß mein Leben Christus opfern. Ich opfere ihm um seiner Ehre
willen meinen welt-lichen Ruhm und, wenn er will, um meiner Berufung
zu seiner Verherrlichung willen mei-ne Begier nach einem Weibe. Ich bin
bereit, ihm auch meine Dichtkunst zu opfern, sie soll ein Opfer des Lobes
sein, oder, wenn er will, soll mein Opfer in ihrer Aufgabe bestehen, im
Verzicht auf sie. Man kann das Dasein nur vom ewigen Leben her richtig
bewerten.
Schneider über Novalis und den Tod: „Die Dichtung gibt das Bild des
Lebens, nicht das Leben selbst; wie auf der Höhe des Glaubens der nur das
Leben gewinnt, der gestorben ist und wiedergeboren wurde, so läßt sich
auch wohl von der Kunst an ihrer Stelle sagen, daß der Künstler nur das
Bild des Lebens und der Welt erreicht, der sich von der Welt gelöst hat, in
gewissem Sinne sogar ihr gestorben und dann wieder, frei und von ihren
Gütern nicht beschwert, in sie eingetreten ist. In einer besonderen
Beziehung zum Tode erst kann die letzte Zusammenfassung der
Wirklichkeit in gereinigten Bildern gelingen, mag diese Beziehung nun
eine geheime oder offenbare sein; der unbedingte Abschied erhöht die
Sprache zur Sprache der Kunst.“
Novalis schreibt, daß Christus „als die Geliebte umarmt“ werde.
Welche Idee von Chris-tus verbirgt sich in der Ideal-Liebe? Die Ideal-
Liebe ist das Heilige, Himmlische, darum der Jungfrau Maria so verwandt,
die Lust ist das Irdische, der Venus verwandt. Mein Bild war eine heilige
Jungfrau, die wirkliche Frau war anders, das war der tragische Irrtum.
„Da er (Novalis) sich zu sterben sehnte, entdeckte er, daß er Christi
Sterben an seinem Leibe trug, und war gerettet.“

17.6.
Die Liebe zu einer Frau kann nicht zum Sinn des Lebens werden, daß
hieße, die Frau zu vergöttern. Die Frau kann auch nicht vor finsteren
Mächten schützen. Das und Sinn geben kann nur Christus. Christus muß
die Idee, der Grund jedes Poetischen Werkes sein, denn Christus ist der
„Sinn“, wie man Logos auch übersetzen kann. Kann man „in der Geliebten
Christus umarmen“? Wahre Entsagung besteht darin, sein Heil nicht in der
Frauenliebe, auch nicht in der idealisierten Frau, zu finden, sondern in
Christus allein, wie es die entsa-genden Mönche taten.
Schneider über Chamisso: „Dichtung entspringt nicht in den
Ereignissen, sie ist die Er-füllung eines ursprünglichen, vor allen
Ereignissen gegebenen Auftrags, der im Lebenslau-fe wohl verstärkt und
bestätigt werden kann, jedenfalls aber ihm wie der Künstler dem Stoffe
oder dem Material gegenübersteht.“ Chamisso „geht vom Schmerz um das
Teuerste aus, dessen Verlust eine Gnade für die geläuterte Seele ist“.
Schneider über Droste-Hülshoff: „Gerade darum muß ja in gewissen
Phasen Nacht ohne Trost für den Heimgesuchten sein, als sein Anteil an
Golgatha.“ - „Wer könnte die Versu-chung der Zerstörung, die Neigung
zum Untergang leugnen: einen wesentlichen Klang des deutschen
Gedichts!“
Paul Claudel: „O fühlt ich doch bald mein weites Werk unter mir
auferstehn, o berührt ich doch schon mit den Fingern dies unzerstörbar von
mir Gefügte, ein Ganzes, zusam-mengeschlossen aus all seinen Teilen, dies
wohlgefestigte Werk, das ich schuf aus hartem Gestein, dem Urquell eine
Fassung, mein Werk, die Wohnung Gottes!“

4.7.

Werner Bergengruen: „Ich weiß nicht, von welchem Franzosen das Wort
stammt: Je ne travaille pas, je m’amuse. Ich mache es mir gern zu eigen.
Das heißt, ich arbeite nicht im Dienst von Ideen, Thesen, Programmen,
Ansichten und Zwecken, sondern aus Leiden-schaft und meiner Freude
zuliebe. So habe ich denn auch nicht das Gefühl einer Mission;
dergleichen vermöchte mein Unabhängigkeitsbedürfnis nicht zu dulden.“
Lese die Erzählung Plus Ultra von Gertrud von LeFort, eine Liebe, die
verzichtet, ver-zichten muß und sich verzichtend im Kloster dem Gebet für
den geliebten Menschen wid-met. Der Beichtvater sagte, auch die irdische
Liebe sei (nach Platon) ein Weg zu Gott. Gott lieben in seinem Ebenbild
sei eine Liebe, Gott dargebracht.
9.7.

Ich will ein weites Christentum, Einheit der Christen, lernen von allen
Strömungen, auch Charismatikern und Katholiken. Die extreme Theologie
scheint mir kunst- und poesie-feindlich. Der orthodoxe Dostojewski und
der katholische Novalis sind meine Brüder. Für die Poesie brauch ich ein
weites Verständnis. Die fundamentalistische Theologie schränkt die Poesie
so ein, daß man im Extremfall nur noch die Bibel abschreiben kann,
Deutsche Literatur: In der Karolingerzeit Heliand und Otfried,
Überlieferung heidnischer Spruchdichtung (Odin). Ottonenzeit: Geistliche
und romantische Epen, Das Leben Jesu, Marien-Epen, Rolandslied,
Kaiserchronik. Stauferzeit (1150-1250): aristokratische Ästhe-tik:
Vervollkommnung durch hohe Minne, Rittertum, Ehrfurcht vor Gott.
Höfisches Epos: Wolfram von Eschenbach, Hartmann von Aue, Gottfried
von Straßburg (nach französi-schen Vorbildern). Nibelungenlied und
Kudrun. Minnesang. Spätes Mittelalter: Niedergang der höfischen Kultur;
Oster- und Fastnachtsdramen. Neue Prosaformen der Mystiker. Hu-
manismus und Reformation: Rückgriff auf italienische Formen,
evangelisches Kirchenlied, viele Satiren, Schuldrama des Humanismus,
Entstehung der Briefliteratur. Hans Sachs. Lyrik nach dem Vorbild von
Horaz und Ovid. Volksbücher (Faustus). Barock: Aneignung der Formen
der Renaissance: Opitz-Poetik. Jesuitendrama. Viel Vanitas Vanitatis.
Gryphi-us. Angelus Silesius. Hoffmannswaldau. Schäferdichtung. Das
18.Jhd: vor allem Klop-stock. Empfindsame Dichtung entwickelte sich
unter Einfluß des Pietismus. Neigung zu seelischer Analyse und
autobiographischem Roman. Lessing. Wieland (Rokoko). Anakre-ontiker.
Sturm und Drang nach dem Vorbild Shakespeares, Ossians, Klopstocks.
Neuent-deckung der Ballade. Klassik beeinflusst von deutschem
Idealismus. Goether, Schiller. Romantik: Philosophie Schellings.
Erwachen eines Nationalbewußtseins. Das Geheimnis-volle, Sehnsucht
und Suche, das Chaotische, viele Lieder, Grimms Märchen, Novalis,
Brentano, Eichendorf, Spätwerk Goethes. Rezeption von Calderon.
Zwischen Klassik und Romantik stehen Kleist, Jean Paul und Hölderlin.
19. Jhd: Realismus, Grabbe, Grillparzer, Büchner; vor allem Mörike
(Biedermeier), Stifter, Heine, Droste, Keller und Storm. Hebbel und CF
Meyer. 20. Jhd: Rilke, Hesse, Thomas Mann.
Man kann den bedeutenden Einfluß des Christusgeistes auf die
Literatur feststellen: He-liand, Otfried, Marien-Epen, Mystik, Wolfram,
Kirchenlied, Gryphius, Jesuitendrama, Klopstock, Novalis und Brentano,
Mörike, im 20. Jhd: Schneider, Bergengruen, LeFort, Schröder, Klepper.
Aber mir scheint, der Einfluß nimmt immer mehr ab, die Literatur ent-
fernt sich mehr und mehr von der Offenbarung. Die moderne Literatur in
Deutschland wird im Wesentlichen neuheidnisch, okkult werden und von
Sinnsuche und Suche nach über-sinnlichen Erfahrungen geprägt sein.
Novalis: „Wenn es schon für einen einzelnen Dichter nur ein
eigentümliches Gebiet gibt, innerhalb dessen er bleiben muß, um nicht alle
Haltung und den Atem zu verlieren...“ Könnte ich ein Jesus-Epos ohne
Frauen schreiben? Nein, denn ich tauge nicht zur Darstel-lung des rein
Männlichen. Selbst meine Ritter waren feminin und von bedeutenden
Frauen umgeben. Meine männliche Poesie, David, sind nur
Nachdichtungen der Bibel. Wo ich Eigenes schaffe, heißt es: Maria.-
Die Religion der Liebe beschreibt auch Novalis im Gespräch zwischen
Heinrich und Mathilde: „O Geliebte, der Himmel hat dich mir zur
Verehrung gegeben. Ich bete dich an. Du bist die Heilige, die meine
Wünsche zu Gott bringt, durch die er sich mir offenbart, durch die er mir
die Fülle seiner Liebe kundtut.“ Im zweiten Teil des Ofterdingen zu Be-
ginn spricht zum elenden Pilger die heilige Mutter Maria mit der Stimme
Mathildens zu ihm.
Novalis sagt, man muß Sinn und Verstand, Genie und Talent haben,
eins ohne das ande-re ist Schwäche.
Der Theologe kann in Jesus den Theologen sehen, der Arbeiter den
Arbeiter, der Knecht den Knecht, der König den König, der Arme den
Armen, der Wanderer den Wanderer, der Leidende den Leidenden, der
Sterbende den Sterbenden. Kann der Dichter in ihm den Dichter sehen?
Was ist ein Dichter und ist Christus ein solcher? Die Bibel ist die Poesie
der Poesien, die höchste Poesie, der Heilige Geist ist vollkommner Poet.
Christus, ist er Dichter in den Gleichnissen, in den Lobgesängen, in dem
Vaterunser und der Bergpredigt? Er sagt Wahres schön, er sagt
Offenbarung in alltäglich-weltlichem Gewand. Er ist selbst die
Offenbarung im irdischen Kleid, er ist Logos im Fleisch, er ist ein Gedicht.
Sein Leben ist ein Roman, sein Sterben eine Tragödie, seine Auferstehung
ein Hymnus. Er stirbt mit einer Elegie auf den Lippen: Psalm 22. Es gibt
ein Buch eines christlichen Schriftstellers übers Jesus: „der Sperlinge und
Lilien zu Gleichnissen nahm“, durchaus romantisch. Er sprach
verständlich und zugleich geheimnisvoll. Die Bibel kennt geistliche
Lieder, darin Elegien und Hymnen, Liebeslieder, Tanzlieder,
Geschichtsbücher in mythisch-poetischer Sprache, also dichterische, den
Mythos der Schöpfung, die Phantasieprosa der Offenba-rung, die Romane
der synoptischen Evangelien, die Biographie in lebendiger Darstellung,
theoretische und persönliche Briefe voller Beredsamkeit und ohne
Niedrigkeit. Der regel-mäßige Anfang der Seligpreisungen „Selig sind...“
ist ein poetisches Stilmittel. Die Send-schreiben der Offenbarung sind
poetisch gegliedert mit fast refrainartigen Wendungen. Die Bibel kennt den
hebräischen Rhytmus, das Stilmittel des Parallelismus, die Metapher,
sinngebundenen Reim und Alliteration, Akrostichen, Witz und Ironie,
Satire, Klage und Jubel. Sie ist höchst poetisch und sollte das Muster aller
Poesie abgeben.

10.7.

Die Idee eines Augenblicks bedarf ungeheurer Anstrengungen oder Leiden


zur Verwirkli-chung, aber in der Verwirklichung offenbart und entfaltet
sich die Fülle der inspirierten Idee.
Ich muß über das Verhältnis von Allgemeinem und Individuellem,
Symbol und Person, Wahrheit und Gleichnis nachdenken. Alles Zufällige
muß sich dem Gesetz oder Schicksal unterordnen. Das Symbol muß aber
lebendig sein, das Vergängliche muß aber ein Gleich-nis sein. Um das
Gleichnis wahrhaft zu gestalten, muß man aber die offenbarte Wahrheit
kennen, muß sie so gut kennen, daß man ihren Geist und ihr Wirken auch
im Individuellen erkennt.
Ich glaube, daß Gott, der Gott der Liebe, mein Vater ist. Ich glaube,
daß Jesus Christus, der Herr und Sohn Gottes, mein Retter vom ewigen
Tode ist. Ich glaube, daß der Heilige Geist in meinem Herzen wohnt. Ich
glaube, daß ich aus Gnade Gottes gerettet bin durch den Glauben an den
Herrn Jesus Christus. Ich glaube, daß ich das ewige Leben empfangen
habe. Ich glaube an die Wiederkunft Jesu. Ich glaube, daß ich in ewiger
Glückseligkeit mit Jesus im Paradies Gottes, im Neuen Jerusalem, leben
werde. Ich glaube, daß ich geschaffen bin von Gott, zu Christus hin zu
leben in Zeit und Ewigkeit. Ich glaube an die Liebe Got-tes, die sich in
Christus offenbart hat. Ich glaube, daß die Heilige Schrift das vom
Heiligen Geist inspirierte Wort Gottes ist, das Christus zum Inhalt hat. Ich
glaube, daß das Wort Gottes, Jesus, der Gott ist, von der Jungfrau Maria
geboren worden ist und am Kreuz zur Erlösung starb auch meinen Tod. Ich
glaube, daß das Zentrum christlichen Lebens der ge-kreuzigte Christus ist.
Ich glaube, daß das Zentrum christlichen Lebens die Liebe zu Gott und
den Menschen (den Brüdern, den Nächsten, den Feinden) ist. Amen.
Lese Novalis „Die Christenheit oder Europa“. Wie soll ich zu einem
Verständnis deut-scher Geschichte kommen, wenn ich die Heilsgeschichte,
wenn ich die Kirchengeschichte nicht verstehe. War es das große
christliche Abendland der Päpste, christlichen Kaiser, der Heiligen und
Mystiker, das mit der Reformation als Vorläufer des Rationalismus zerstört
wurde, in Aufklärung und schließlich Neuheidentum zugrunde geht? - Der
Katholizismus ist poetisch fruchtbarer gewesen als der Protestantismus.
„Er hat einen neuen Schleier für die Heilige gemacht, der ihren
himmlischen Gliederbau anschmiegend verrät, und doch sie züchtiger als
ein anderer verrät.“ Novalis.

11.7.

Habe geträumt, daß ich zur Katholischen Kirche konvertieren wollte, aber
der Volkskatho-likenverein empfing mich ohne Liebe. Höhere, gläubige
Katholiken redeten mir ermuti-gend zu, ich solle enthaltsam leben.
„Ich bin die Liebe. Ich habe dich, o Mensch, je und je geliebt.“ Und
der Mensch preist die Liebe. Der Mensch lebte im Garten der Liebe, die
sie ihm alles gegeben hat und mit ihm sprach. Aber er wählte die
Lieblosigkeit. Aber er kann nicht ohne Liebe leben, denn sie ist sein
Leben, sein Licht, sein Sinn. Der Mensch ist zur Liebe geschaffen, zur
Liebe berufen. Er kann nur durch das Opfer, durch das Blut wieder zur
Liebe finden. Die Liebe will sich in das Herz des Menschen ergießen, sie
will ihn wieder in den Garten der Liebe führen, das ist der Himmel.

12.7.

Die Klassiker verabscheuten das Sonett, die Romantiker liebten es.


Schneider und ich lie-ben es auch.
Luther: „Niemand lasse den Glauben daran fahren, daß Gott durch ihn
ein großes Werk tun möchte.“ Durch mich möchte Gott weitere christliche
Poesie schaffen.
Las Eichendorf, Schloß Dürande, das Marmorbild, Arnim, Fürst
Ganzgott und Sänger Halbgott, Tieck, des Lebens Überfluß, Die schöne
Wilde. Alles sehr keusch. Klassiker leb-ten (wie ich) in einer vornehmen
Sprachwelt, Romantiker webten in ihre lyrischen Schwärmereien einfache
Volkssprache ein, aber ohne niedrige Gesinnung, Dinge des all-täglichen
Lebens werden schamlos erwähnt.
14.7.

Las Arnims Isabella zuende. Die gleiche Idee, wie Spenser bei Una und
Duessa, war bei Arnim mit Bella und Golem-Bella. Arnim ist dunkel. Las
Der tolle Invalide und Frau von Saverne. Arnims Stil ist mir fremd, er ist
Dunkel, es kommt keine liebliche Natur vor, aber viele böse Menschen.
Lese Eichendorfs Verspoem Robert und Gusicard. Die Romantik liebt
das Schauerliche, Gespenstische: Arnim und Hoffmann.

16.7.

Im verwilderten Roman oder Godwi ist Brentano beeinflußt vom


„ästhetishen Immoralis-mus“ Heinses und Wielands, artistisch
schwankend zwischen irdischer und himmlischer Minne, Venus- und
Mariendienst, den er später im Alter gewaltsam oder verklärend ent-
schied.
Ich, der Mönch Paphnuti aus dem Kloster Athos, der ich einen
Kommentar zum Hohen-liede Salomonis schrieb, will euch, meine lieben
Griechen, nun ein merkwürdiges Denkmal eurer heidnischen
Vergangenheit geben, eine von mir aufgefundene Schrift über das Leben
der Venus, die ich ins Neugriechische bearbeitete. Damit sie eure Geister
aber nicht verfüh-re, habe ich sie regelmäßig mit erbaulichen
Kommentaren versehen.
Brentano und Mörike haben poetische Erbauungsschriften verfasst.
Mir geht der Titel „Brevier“ durch den Sinn. In älteren Jahren mache ich
vielleicht einmal so etwas, Sermone, oder Fragmente geistlichen Inhalts.
Für mich: „Und ich will mich meiner als eines edlen Gedankens
erfreuen, wenn mich keine lieben sollte.“ Brentano.

17.7.

Im Glauben ist der Wein Blut, das Brot der Leib Christi, im Glauben essen
und trinken wir Christus.

18.7.

Traum: Ich war in eine fremde Stadt gezogen, für einige Wochen. Eines
Abends ging ich auf die Straße, in eine Schenke, wo niedrigster Pöbel saß
und soff und mich schmähte. Ich ging und wußte, ich würde nie wieder
hineingehen. Dann ging ich einsam spazieren, einen steinernen Fußweg
durch Baumreihen. Schließlich kam ich zu meinem Erstaunen in eine
romantische Altstadt, mittelalterlich. Ich stand vor einer schlichten
steinernen Burg. Zur Rechten befanden sich mehrere Kirchen: eine große
katholische, eine kleine katholische Kapelle und eine lutherische, alle im
romanischen Stil. Ich sah mir den Schaukasten der lutherischen Jugend an,
da hingen Plakate von Marx, Lenin, Mao Tsetung. Ich war entsetzt. Dann
trat ich aufgeregt und wild in die katholische Kirche, die ich leer vermutete
und in der ich betend meinen Frieden finden wollte. Es war aber gerade
Heilige Messe. Der Pries-ter in edlem Priestergewand sah mich streng
ermahnend an. Ich setzte mich beschämt auf eine Bank. Die Kirche war
kunstvoll ausgestaltet, die Wände in grün und blau und gold, wohl mit
Bildern und Zierat, die Holzbänke in warmem hellem rotbraun. Die
Besucher Männer und Frauen zwischen sechzig und neunzig Jahren. Der
Priester ging leise mit ei-nem Tablett voll Hostien umher, das Brot
austeilend. Er kam zu mir und sagte, das Brot werde nach streng
päpstlicher Lehre nur an Katholiken ausgeteilt. Ich bekundete, kein Mit-
glied der katholischen Kirche zu sein, fand es aber im Stillen schade, am
Abendmahl nicht teilnehmen zu können. Der Gottesdienst war zuende, ich
ging neben dem Priester einen langen Gang durch einen herrlichen
Vorsaal, im Gespräch. Er war voll von großer mysti-scher Weisheit, voller
tiefgeheimer Wahrhaftigkeit. Aber er ermahnte mich wegen meines wilden
Eintretens in die Kirche. Er unterrichtete mich in der Geheimlehre der
Weisheit. Ich stand mit dem Priester am oberen Ende einer Treppe, die
Stufen ausgelegt mit rotgoldenen weichen Teppichen, die Wände von
feierlichem Dunkel, alles wie ein Gottestempel voller Herrlichkeit, aber
nicht dem Mammon, sondern der Weisheit Gottes geweiht, wie mir schien.
Dann flüchtete ich mit jungen Katholiken schwimmend durch einen Kanal.
- Es ist erstaunlich, der dritte Traum vom Katholischen in den letzten
Wochen. Erst die Empfin-dung großer Liebe, dann die Konversion, dann
der heilige Tempel.
Erster Petrusbrief: Leiden wir, wie auch Christus gelitten hat, ist es
eine selige Freude und Gnade zum Heil, dann kommt die Herrlichkeit und
Seligkeit der Seelen, große Freude.
ETA Hoffmann, Der Goldene Topf, ist voller Phantasie und Poesie,
aber er berührt mei-ne Seele nicht so schön wie Novalis, Eichendorf,
Brentano. Arnim war offen dem Aber-gläubischen, das macht ihn dunkel.

20.7.
Brentanos Gockel durch, niedliche Stellen darin, zB. von der
Mäuseprinzessin Sissi und dem reimenden, wortspielenden Schwälblein.
Aber leider sind die Romantiker Verächter der Juden gewesen. Bettine hat
einmal aus Trotz gegen den antisemitischen Zeitgeist (auch in der
Christenheit) sich mit einem Judenmädchen angefreundet. Große Schuld
lastet auf der Christenheit für ihren Antisemitismus, dem auch der alte
Luther frönte. Papst Johannes Paul II bat die Juden im Namen seiner
Kirche um Vergebung.
Homerübersetzer Voß wird im Brentanomärchen Murmeltier
verspottet. Voß verab-scheute die Romantik, nichtdeutsche Worte, Sonett
und Kanzone. Ich liebe Sonette mehr als die stolpernden deutschen
Hexameter.
Romantischer Briefroman: Der Mönch Narzissus flieht aus den engen
bedrückenden Klostermauern, in die er als Knabe kam, er hat noch keinen
Glauben, stürzt sich in die Weltlust der Frauenliebe, Zauberei,
Naturschwärmerei; bleibt aber im Briefwechsel mit der Nonne Agnes, der
er von seinen Eskapaden berichtet, die ihn gütig lenkt, und schließlich
seine Bekehrung und sein Gang entweder ins Kloster oder zu einem
Bettelorden.

23.7.

Der Dreißigjährige Krieg findet in meiner Seele statt. In mir Tilly und
Gustav Adolf von Schweden.

24.7.

Lese Eichendorf, Dichtergesellen, die lebendig geschilderte romantische


Commedia dell’Arte wird gegen Ende fromm, Einsiedler tauchen auf.
Über Eichendorfs Roman: „Er war der schönen Frau verfallen mit Leib
und Seele. Aber nach durchschwelgten Nächten, zwischen halber Lust und
Reue, versinkt er in tiefe Melancholie, bis ein zehrendes Feuer die müde
Seele in seinen Traummantel hüllt. Nach langem Kranksein tastet er sich
wieder in den Garten: es ist eine entzauberte Welt.“
Kommentar über Novalis: Vorbild des romantischen Romans ist
Goethes Wilhelm Meis-ter. Darin wird das Allgemeinste wie das
Wichtigste mit romantischer Ironie angesehen und dargestellt. Wunderbare
romantische Ordnung entsteht, die keinen Bedacht auf Rang und Wert,
Erstheit und Letztheit, Größe und Kleinheit nimmt. Das Romantische ist
die Naturpoesie und das Wunderbare. Alle Poesie unterbricht den
gewöhnlichen Zustand, das gemeine Leben, fast wie der Schlummer, um
uns zu erneuern und so unser Lebensgefühl immer rege zu halten.
Erzählungen, ohne Zusammenhang, jedoch mit Assoziationen, wie
Träume, Gedichte, bloß wohl klingende und voll schöner Worte, aber auch
ohne allen Sinn und Zusammenhang, wie lauter Bruchstücke aus den
verschiedenartigsten Dingen. Ein Roman muß durch und durch Poesie
sein, eine harmonische Stimmung unseres Gemütes, wo sich alles
verschönert. Die ganze Natur muß auf eine wunderliche Art mit der ganzen
Geisterwelt vermischt sein. Novalis war es natürlich geworden, das
Gewöhnlichste und Nächste als ein Wunder, und das Fremde und
übernatürliche als etwas Gewöhnliches zu betrachten. So umgab ihn das
alltägliche Leben selbst wie ein wundervolles Märchen, und jene Region,
die die meisten Menschen nur als ein Fernes und unbegreifliches ahnen
oder bezweifeln wollen, war ihm eine liebe Heimat.

25.7.

Über Lyrikformen gelesen: Ballade, Romanze, Distichon, Elegie, Ode,


Hymne, Dithyram-bus, Epigramm, Ritornell, Fünfzeiler, Ghazel, Glosse,
Rondel, Sestine, Sonett, Stanzen, Terzine, Triolett, Volkslied. Besonders
liegen mir Sonett und Stanze. Daran seh ich meine Vorbilder: Renaissance
und Romantik.

26.7.

Tiecks Sternbald ist das Schönste, was ich bisher von Tieck gelesen habe,
fromm, voller Seele und Schwärmerei, voller Gedanken über das Wesen
der Kunst. Dürer ermutigt mich dazu, alle Pläne meines Herzens fleißig
auszuführen. Aber Fleiß geht nur in Zeiten der Be-geisterung. Ohne
Begeisterung ist Kunst tot.

27.7.

Die Gedichte Tagores durch, leider die Übersetzung mangelhaft, was


poetische Schönheit betrifft, sie macht aus der Poesie so etwas wie Prosa.
Tagore hat Sehnsucht nach einem persönlichen Gott, gegen den
Aberglauben, für die Ewigkeit des Ungeschaffenen, leider zu Christus
nicht gefunden, doch kann ein christlicher Dichter viel von ihm lernen.
Dürer ist männlicher, strenger als der feminin-liebliche Raffael oder
der schwebende, mystische Tizian, zu Michelangelo hab ich noch keinen
Bezug, er ist auch kernhaft männ-lich. Die deutsche Malerei scheint
erdiger, männlicher, fester als die himmlische italieni-sche. Auch der
deutsche Barock ist nicht so süß und leicht wie die italienische Renais-
sance. Es gibt eine deutsche Schwere, Novalis ist in seiner Todessehnsucht
schwer, Hölder-lin ist in seinen Hymnen schwer, Goethe in seinem Faust I,
Schneider in seinen Sonetten, Rilke ist bei allem Schwebenden des Geistes
schwer, Thomas Mann ist in seinem Doktor Faustus schwer, Hesse ist in
seinem Steppenwolf schwer. Aber Ariost und Boccaccio sind leichter. Ich
möchte wohl die italienischen Versepen besitzen. Ich hätte gern in
englischer oder italienischer Renaissance oder englischer Romantik gelebt,
dann hätte ich mit meiner Lust zu Poemen und Epen etwas werden
können. Die südamerikanische Literatur des 20. Jhd ist sinnlich, irdisch-
fruchtbar, hat gegenwärtig in Europa großen Anklang. Sie haben viel
Phantasie, Neruda und Marquez. Die englische Romantik ist heidnischer
als die deut-sche katholische und im Romantisieren nicht so weit
gegangen, steht der Klassik näher. Keats ist vielleicht der Romantischste
der Briten.
Friedrich Schlegel: „Gegen die Elegien war anfangs viel Einrede von
seiten der strengen Sittlichkeit; wenn aber dem Dichter nichts zu sagen
erlaubt wäre, als was sich in Gegen-wart junger Frauenzimmer sagen läßt,
so möchte wohl überhaupt keine Poesie möglich sein, am wenigsten aber
eine wie die der Alten.“ Nach Lohenstein mit seiner Üppigkeit (barocke
Wollust) kam die strenge Tugend Klopstocks. Goethe fand einen
Mittelweg in seinen Römischen Elegien. Man darf nicht nur auf
Sinnlichkeit aus sein, sie muß in die natürlichen Grenzen gesetzt werden
von Kunst und poetischer Erfindung. Ich denke an Wielands Agathon,
Byrons Don Juan, Goethes Elegien, Heinses Ardinghello.

31.7.

Über Saul: Er war erfolgreich, solange er Gott vertraute und gehorchte,


dann begann sein Abstieg: das Königtum von ihm genommen,
Eifersuchtsanfälle, Jagd auf David, Befragung der Wahrsagerin,
Niederlage bei Gilboa mit dem Tod seiner Söhne und dem Selbstmord
Sauls. Sein Charakter erscheint wie der eines manisch-depressiven
Cholerikers. Er verhielt sich wie ein Alkoholiker: von der Wut zu Tränen
und von den Tränen zur Wut. Psycholo-gisch sehr interessant. Als er von
Gott nicht mehr getragen war, trat seine psychische Labi-lität zutage.
Deutsche Chronik oder Der Seherin Gesicht: Hermann, Bonifazius,
Theophanu und Otto III, Siegfrieds Tod und Gudrun, Dürer, Heinrich von
Ofterdingen Zweiter Teil, Tod Jochen Kleppers. Arminius sterbend: „Von
Teutonien bis Alemannien wird der Heliand der Geni-us des freien
Germanien sein!“

2.8.

Der ständig graue und verregnete Sommer ist fürchterlich. Die Einsamkeit
ist groß. Unge-färbte Liebe, wo ist sie? Ich habe eine Sehnsucht nach
einem Leben, die auf Erden nicht gestillt werden kann. Es muß so
poetisch, licht und voller Liebe sein, wie es nur im Him-mel sein wird.
Selbst in irdischer Poesie ist das nicht zu schildern. Die Häuser der
Ewigkeit werden wirklich aus Rubinen und Smaragden sein, heute ging
mir die unglaublich poeti-sche Schönheit der ewigen Wohnungen auf. Die
Gärten und Wälder werden voll sein von den schönsten Gesängen, alles
licht und lebendig, sehr fruchtbar, sehr friedlich, ohne Un-heimlichkeit.
Und alles wird voller Liebe sein. Es gibt da keine Einsamkeit. Die
Heiligen und Seligen lieben sich alle mit einer vollkommenen Liebe, kein
Neid, keine Abneigung, keine Überheblichkeit, keine Kälte wie auf Erden
auch unter Christen. Kein Zweifel mehr, ob Jesus lebt und das Gebet hört,
er ist sichtbar und allgegenwärtig. Selbst wenn ich A-bendfrieden und
goldnen Sonnenschein und Taubenruf und Baumgrün und Teichstille ha-
be, sehne ich mich nach dem Paradies. Möge Jesus bald mich holen
kommen. Nichts hält mich hier.
Mach End, o Herr, mach Ende.

7.8.

Ich möchte einmal die Petrus-Akte und das apokryphe Petrus-Evangelium


in einem römi-schen, phantastischen Roman schildern. Auch würde mich
ein romantischer Indien-Roman über Thomas interessieren.
Tragisches Thema einer Geistesverwirrung der Christenheit ist der
Kinderkreuzzug. Sie kamen bis ans Mittelmeer, viele starben auf dem
Weg, viele wurden als Sklaven verkauft.
8.8.

Lieber Vater, in letzter Zeit habe ich oft das Gefühl, daß meine Gebete nur
Selbstgespräche sind. Ich finde und fühle dich nicht. Ich bete dennoch, aus
Not... Bewahre mich vor erneu-tem Liebesleid. Die Zeit meiner Mystik im
Mai war so tief, so friedlich, aber ich habe auch viel Einsamkeit erfahren.
Nun habe ich Sehnsucht nach liebevoller, gefühlvoller, zärtlicher
Gemeinschaft, Sehnsucht nach einem verstehenden Freund und Sehnsucht
nach Küssen und Umarmungen. Wie gern würd ich einmal von einer Frau
hören: Ich liebe dich! Vater, du füllst diesen Mangel grad nicht aus. Ich
sehe Jesus nicht, nicht seine Schönheit. Auch darf ich nicht an die Jungfrau
Maria glauben, die selbst im Glauben nicht gegenwärtig ist und nicht
sinnlich erfahrbar. Jesus spricht nicht zu mir. Die Bibel sagt: Ich, Gott, hab
dich je und je geliebt. Ich lese das, Vater, aber es ist nicht so, wie wenn ein
Mensch mir das sag-te. Ich sehe deine Augen nicht, ich höre deine Stimme
nicht, ich werde von dir nicht um-armt. Ich muß entsagen und verzichten,
und das ist mein Kreuz. Wie einsam war Jesus auch in Gethsemane, da die
schlafenden Freunde ihm nicht beistanden. Ach Vater, ich lie-be die Erde
und mein zeitliches Dasein nicht und sehne mich danach, bei dir in deiner
schönen Welt zu sein, und in Liebe gebettet zu sein und ewiger Freude.
Das Leben ist schwer. Wenn du nicht wärst, Vater, würd ich mir das Leben
nehmen. Nun aber hab ich die lebendige Hoffnung inmitten meiner
Traurigkeit. Lob sei Christus, Amen.

9.8.

Eichendorff: „Die heiligen Märtyrer, wie sie, laut ihren Erlöser bekennend,
mit aufgehobe-nen Armen in die Todesflammen sprangen - das sind des
Dichters echte Brüder, und er soll ebenso fürstlich denken von sich; denn
so wie sie den ewigen Geist Gottes auf Erden durch Taten ausdrückten, so
soll er ihn aufrichtig in einer verwitterten, feindseligen Zeit durch rechte
Worte und göttliche Erfindungen verkünden und verherrlichen.“ - Und:
„Wache, sinne und bilde nur fleißig fort, fröhliche Seele, wenn alle die
andern Menschen schlafen! Gott ist mit dir in deiner Einsamkeit, und er
weiß es allein, was der Dichter treulich will, wenn auch kein Mensch sich
um dich bekümmert.“ Sehr schön, genau mein Sinn.
Im alten Venedig hatten die verheirateten Adelsfrauen mit Einwilligung
ihres Ehemanns einen Cavalier servente, der sie morgens am Bett
besuchte, bei der Morgentoilette half, sie zu ihrem Vergnügen ausführte
oder in die Kirche, auch sein Geld stand ihr zur Verfügung. Meistens war
es nicht unzüchtig, manchmal gab sich auch ein Geistlicher dazu her. So
ein Cavalier servente (wahrscheinlich Überrest der älteren Zeit, da die
Gräfin einen Ritter hat-te, der für sie die Lanze brach), so ein Amico bin
ich. Die Ehen wurden in Venedig von der Eltern aus Ökonomie
geschlossen, nicht aus Liebe.

10.8.

Am meisten an Antigone hat mich beeindruckt die Rede vom bräutlichen


Altar, von der Hochzeit im Totenreich. Antigone kann man in
Todessehnsucht schreiben.
Schöne Zisterziensergebete und Andachten gelesen, berührte meine
gottferne Seele. Ich hoffe, im Himmel die total schöne Poesie, den
vollkommenen Gesang dichten zu können, dem ich mich auf Erden nur
von ferne nähern kann.

11.8.

Lese Brentano-Gedichte, voller traumhaften Wohlklangs, das hat was


Himmlisches.

12.8.

Ich weiß nicht zu beten, ich habe kein Verlangen nach der Bibel, pro forma
bete ich ein Vaterunser. Dichtete nachts traurige Geistliche Lieder. Ich
habe Sehnsucht nach einer lyri-schen Sprache voll von Weisheit und
himmlischem Wohllaut, und meine Versuche schei-nen mir nur Gestotter
und Radebrechen. Erst im Himmel kann ich wahre Poesie zustande
bringen. Allgemeines Ungenügen an der Erde.

13.8.

Erwachte mittags voller Haß und Verachtung auf alles. Ohne Gott leben ist
fürchterlich, da lebt keine lebendige Liebe im Herzen. Wüstenzeit. Gott
scheint ferne, scheint tot. Kein Gebet gelingt. Keine Sehnsucht nach Gott,
nach der Bibel. Diese wird langweilig, allzu bekannt, unbedeutend für
mein Leben und nicht schön genug. Gleichzeitig Unglück der Seele, die
Gott entbehrt. Gefühl, ungeliebt zu sein. Alle frommen Sätze sind hohle
Phrasen. Dunkel. - Mich rettet nicht mein Glaube, sondern Gottes Gnade.
Ich ersehne das intime Zwiegespräch mit Gott. Habe eine Sehnsucht nach
Liebe, Geliebtwerden, Glück, Poesie und Leben, die auf Erden wohl nie
gestillt wird. Ach wär ich tot!

18.8.

Lese Tiecks Sonette an Alma im Garten. Der wahre deutsche Petrarkismus


fand in der Ro-mantik statt: Tiecks Alma, Novalis’ Sophie, Brentanos
Sophie. Eichendorff hat (nicht in meinem geliebten Taugenichts) etwas
Biederes, das ich nicht mag. Clemens ist frisch-lebendig, ein Kind. Novalis
lebt im Jenseits. Auch Arnim mag ich nicht sehr, er hat eine dunkle
unerlöste Phantasie. Hoffmann ist zu dämonisch, hat aber blitzhaft
sprachliche Schönheiten. Die Nachtwachen sind satanisch.

19.8.

Schrieb Sonette und Madrigale. Las gerne Tieck (seit seinen Alma-
Sonetten lieb ich seine Dichtungen), der genialste Romantiker in meinen
Augen ist Novalis, der auch schöne anti-ke Oden und Hexameter dichtete,
und der liebe, liebe Clemens Brentano mit seiner ver-zweifelten,
kindlichen Frömmigkeit.
Die „Emanzipation des Fleisches“ war eine Bewegung um 1800, halb
klassisch, halb romantisch, Byron und Heinse vor allem, auch Brentano im
Godwi und Schlegel in Lucin-de. Ich gestehe, ich lese so etwas mit Lust:
Heinses Ardinghello hab ich dreimal gelesen, mein Italien mehr als
Goethes Reise. Und Don Juan mit allerschönstem Genuß, Haidée ist die
wahre Venus. Aber ist nicht Emanzipation des Geistes vom Fleisch das
göttliche Pro-gramm? Aber ist nicht auch Lob der wahren Sinnlichkeit wie
im Hohenliede Aufgabe eines christlichen Dichters?
In der Bibel steht, daß alle Könige der Erde ihre Herrlichkeit in das
Neue Jerusalem ein-bringen werden. So werden alle Meisterwerke der
Kultur im Himmel verherrlicht sein: der Himmelstempel von Peking und
die chinesischen Gärten, der Kölner Dom oder die Aache-ner Pfalz,
Venedig als Märchenstadt etc.
Mein persönlicher Eindruck von Venedig - Piazza und Canale Grande,
Dom, Geschäfts-straße, Rialto, Fischmarkt, Maria del Miracoli, Marco-
Polo-Haus - war das Bild der Venus von Botticelli, also in Wahrheit eine
weiße Geliebte mit langen roten Locken, Flammetta am besten geheißen.
Gotteslob: „Wo Liebe ist, da ist Gott. In ihr können wir Gottes Nähe
erkennen. Wenn wir Liebe haben, zeigen wir den anderen Menschen Gott.“

20.8.

Gebetsaltar für die Entführteaufgestellt: Christusikone, Marien


Verkündigung von Botticel-li, Kerze. - Ich betete schon zur Maria
Misericordia für die Verschwundene, so bang bin ich, das Gebet war aber
ein schöner Traum, und mir schien, Maria lebt. - Eine Wolke von Zeugen
umgibt uns. Ich bildete mir für einen engelhaften Hauch eines Moments
ein ihre Erscheinung. Kann nicht zu Gott beten, betete aus dem Gotteslob
zu Maria, berührt mein Herz. Nach einem freien Lobpreis Marias betete
ich zur benedeiten Frucht ihres Leibes, zum wahren Christkind, dem Kinde
Gottes. Amen, das weiß ich, daß Christus Jesus er-schienen ist am
10.10.94, als das Täubchen in seinem Blute schwamm. Kein Gemälde trifft
ihn, eine Mischung aus Dürers Selbstbildnis und Leonardos Abendmahl.
Ich hätte so gern ein wundertätiges Bild. Ich werde rein katholisch.
Im Augenblick bin ich ganz voll von der Verschwundenen. Sie ist in
meiner Phantasie eine römische Heilige wie Sankt Agnes oder Dorothea
oder Katharina. Ich bin pfingstlicher Katholik. Ich habe solche Sehnsucht
nach dem Trost Marias, der Mutter der Barmherzig-keit, der Königin der
heiligen Jungfrauen, der schönen Fürstin des Himmels, der Trösterin und
Fürbitterin: Maria, hilf!

21.8.

Ich werde wohl als Verherrlicher verschiedener Frauen in die


Literaturgeschichte eingehen oder untergehen.
Ich denke viel an Gott und den Himmel, aber der Mund meines
Herzens ist meist ver-schlossen, nur mit Überwindung entringen sich mir
Worte an Gott, oder nur Stoßseufzer. Das Thema meines Herzens ist zur
Zeit In. in der Seligkeit (oder in großer irdischer Not) und der Gedanke an
die heilige Jungfrau und Mutter Maria. Danke, Gott, für Dantes Buch.
Dante zählt Epikur zu den Ketzern. Hedonismus, ästhetischer
Immoralismus, Emanzipa-tion des Fleisches ist Ketzerei. Ich lese lieber
Bücher, die himmlisch gesinnt sind. Novalis, Dante, Klopstock sind
himmlisch gesinnt.

22.8.
Gebet zu Gott. Und Maria führe sie ihrem Sohne Jesus zu. Maria ist die
Schwester der En-gel. Möchte noch einmal Maria-Hymnen schreiben:
oliva speciosa, o Balsamstrauch, o elfenbeinerner Turm! Aber ich muß
schauen, wie der allmächtige und allwissende Gott meine Frömmigkeit
entwickelt. Maria ist Ecclesia, Braut Christi, Sulamith.
O Maria, schöne Fürstin des Himmels, Braut des Morgensternes! Du
bist die Gnadenrei-che, die Schmerzensmutter, die Jungfrau sonder Makel.
Schön wirst du gepriesen als Bal-samstaude, als Vlies, auf das der Tau des
Geistes sank. Bitte du für mich und trete ein für mich bei Jesus, dem
dornengekrönten König. Führe mich zu ihm und entflamme mein Herz mit
der Liebe, die du zu Gott hast, meine Mutter.

23.8.

Ich versuche unter Menschen zu kommen, aber bin froh wieder allein
zuhause zu sein und einsam trauern zu können um In., die nun ein Engel
ist. Die Kerze brennt vorm Marienbild mit Ähnlichkeit zu der
Verschwundenen und der Ikone. Gotteslob, Musik, Wohlsein in elegischer
Einsamkeit. Ich suche Trost bei Menschen, aber sie trösten nicht, sie
zerstreuen höchstens.

28.8.

Einer fragte, wie es mir ginge. Er zitierte Paulus, der die Christen
ermahnte, die Elenden zu ermutigen, daß sie nicht von „übermäßiger
Traurigkeit verschlungen“ würden. Es ist wie Israel in der Wüste.
Beschränkung auf Manna, keine Fleischtöpfe und Knoblauch und Bier
Ägyptens mehr. Wachteln begehrten sie, das erzürnte Gott. Zu trinken gab
es nur Wasser aus dem Felsen, keinen Wein der Freude. Und dennoch
kamen sie nach Elim, wo Palmen und Quellen rauschten, ein flüchtiger
Vorgeschmack auf das Gelobte Land. Im Gelobten Land wuchsen riesige
Trauben (Wein der Fülle). Die Psalmisten und Hiob berichten von der
Erfahrung eines Christenlebens, das die Dürre kennt, wo Gott sich nicht
lebendig zeigt. Wir sollen treu sein. Die Psalmisten trösten auch über das
trügerische, vergängliche Glück der Gottlosen. Das Evangelium verheißt
nicht Erdenglück, sondern Seligkeit des Himmels.

1.9.
Dichtete im Traum antike Oden.
Lieh Catull aus und kopierte Ovids Liebesgedichte. Lesbia und
Corinna erinnern mich an Eine. Überlege, erotische Elegien zu schreiben.
Las Hiob und klagte Gott mein Elend. Ich lebe ein Hiobs-Leben. Trost gab
mir der spekulative Gedanke an Freitod. Wäre es nur einfach, schmerzlos
und nicht sündig! Ich wäre am allerliebsten tot!

2.9.

Es wäre grausam von Gott, wenn er mich mit diesem Gemüt alt werden
lassen würde. Der Tag des Todes ist besser als der Tag der Geburt, sagt der
Prediger. Verflucht die Stunde, in der man sagte, ein Knabe kam zur Welt,
sagt Hiob. Jerusalem, du hochgebaute Stadt, wollt Gott, ich wär in dir, sagt
der Kirchendichter. Ich würde gern morgen, nachdem ich die Ge-liebte
sah, am Herzinfarkt sterben. Zur Not müßt ich in totaler Verblödung und
Abge-stumpftheit des Gemüts die restlichen Jahre leben. Selbstmord ist
grausam und verboten. Gott scheint mir grausam, daß er mich so leiden
läßt. Warum heißt der Heilige Geist Trös-ter, wenn er nicht tröstet? Warum
im Herzen solche Sehnsucht nach Liebe, wenn mich kei-ne Frau liebt?
Warum solche wahnsinnige Sehnsucht nach dem Paradies, seit sieben Jah-
ren, wenn ich in diesem Jammertal vielleicht noch fünfzig Jahre vegetieren
muß? Das ver-hüte Gott! Ich bete um einen frühen Tod. Wer kann mich
retten? Ich will weinen! Die Ge-liebte wird mich nicht retten, sie wird
mich nicht einmal mütterlich oder fraulich trösten.
Warum hab ich nur meinen Selbstmordversuch überlebt? Majakowskis
Kugel traf, Zwe-tajewas Strick erwürgte sie, Byron ward erschossen, der
selige Novalis starb früh, Jochen Klepper starb am Gas, und ich muß
leben, dieses gottverdammte Erdenleben leben! Ich hab das feste Gefühl,
daß Gott Selbstmord verbietet. Aber ist nicht Jochen Klepper im Him-mel?
Es rettet einen doch nicht die Tugend, sondern der Schrei zu Gott! Aber
schrei ich zu Gott? Gott ist so fern! Er kümmert sich nicht um mich,
teilnahmslos läßt er mich leiden, ein kalter gleichgültiger Alter auf dem
Thron, und ein verherrlichter Herr, der nicht mehr nahe ist, und ein Geist,
der nicht mehr tröstet. Sinnlos scheint mir das Gebet, scheint mir nur
Selbstgespräch. Ich vertraue Gott nicht mehr. Gott ist Gott! Ich verstehe
ihn nicht. Die Gottlosen läßt er glücklich sein, mich aber hat er mit meiner
Bekehrung zum Allerelends-ten gemacht. Seit dem Sankt-Agnes-Tag 93
bin ich dem Tode nah und kenne kein Vergnü-gen an der Welt mehr. Wenn
es nur so schön einfach wäre, sich das Leben zu nehmen, wenn wir nicht
so an diesem elendigen Dasein doch hängen würden, wenn die Angst vor
dem Schmerz und die Angst vor dem Sterben nicht so groß wäre und die
Angst vor Gottes Gericht! Ich fürchte den Zorn und das Gericht Gottes!
Ich fürchte die Hölle! Wer kann ga-rantieren, daß bekehrte Selbstmörder
nicht in die Hölle kommen, wo steht das geschrieben? Wer kann mich in
die Freude retten, wenn Gott mich nicht rettet? Wie soll ich dies Kreuz
tragen? Es scheint mir zu schwer. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich,
Christus, erbar-me dich!

3.9.

Las Catull in hölzerner Nachdichtung, sein Schimpfen gefällt mir nicht.


Die antiken Verse sind in Deutschland entwickelt worden von Ewald von
Kleist, Klopstock, Goethe, Schiller, Voß (Homer), Novalis, Hölderlin,
Schröder.
Otfried führte den Endreim in die deutsche Dichtung ein, den er von
lateinischen Hym-nen hatte. Er vertrieb damit den germanisch-heidnischen
Stabreim. Opitz kanonisierte den Jambus, das war Reformationszeit. Der
gereimte Jambus ist christlicher Vers. Aber auch Klopstock, Novalis,
Schröder eroberten antike Maße für die christliche Kunst. Der Marien-kult
im 10. Jhd. legte die Grundlage für die Minnekultur.
Ach ich bin ein tragischer Mensch! Zerrissen zwischen Heiligkeit und
Sünde, niederer und hoher Minne, Weltverachtung und Genußverlangen,
Eros- und Todestrieb, mit dieser Tragik geh ich unter, Gott gebe bald!
Spiegelt sich in mir Jesu Herrlichkeit? Jesu Kreuz spiegelt sich in mir.
Eli, Eli, lama asa-bthani? Der bittere Kelch, das ist das leidige Leben, ich
will ihn nicht zur Neige leeren, aber Gottes Wille soll geschehen. Präge
mir das Kreuz ein, Herr, laß mich mein Kreuz an-nehmen, hilf mir mein
Kreuz tragen, sende mir einen Menschen (einen Simon von Kyrene), der
mir hilft, mein Kreuz zu tragen. Gib einen Menschen, der zutiefst
mitempfindet und Kraft abzugeben hat an mich und echten, tiefen Trost. O,
laß mich frühen Todes sterben, daß ich bei Jesus bin!

4.9.

David entwickelte die primitive Kunst der Israeliten bedeutend weiter,


zumindest die Mu-sik, er ließ ausgebildete phönizische (!) Musiker
kommen. Ist das wahr? Erst beim Salo-monischem Tempel werden wahre
Musiker-Heere genannt. David war Musiker, durch ihn entstand der
Tempelgesang und das persönliche Lied der frommen Seele. Aber war er
glücklich? Wohl nicht. Vielleicht bei den Schafen. Aber von seiner
Berufung (Salbung) an, ward er gehetzt, gehasst und verfolgt und dichtete
Angst- und Klagepsalmen. Als er König war, steckte er in Krieg und
Bürgerkrieg, kein Grund zum Glücklichsein. Nach seiner sün-digen
Wollust mit Bathseba war Haß und Brudermord in seiner Familie.
Jonathan („deine Liebe ist besser als Frauenliebe“) ward bald von ihm
getrennt durch Sauls Haß, dann starb er im Krieg. Michal, die David liebte,
ward von ihm getrennt, einem andern Mann gege-ben, später verachtete sie
ihn. Er hatte zwar einen Harem von Frauen, aber keine innig-vertraute
Ehegemeinschaft. Joab, sein Kampfgefährte, tötete Absalom, darum gebot
David Salomon, Joab zu töten. Nathan war kein gütiger Beichtvater,
sondern ein strenger Buß-mahner. David war einsam. Wohl darum war er
ein so großer Poet.

5.9.

Über biblische Poetik. Die Bibel ist Gotteswort und Menschenwort, wie
diese beiden Quel-len sich zueinander verhalten, ist ein heiliges
Geheimnis. Jedes Wort ist gottgehaucht (wie ich wohl glaube), aber ganz
in den eigenen Worten des Chronisten, Dichters oder Prophe-ten
ausgedrückt. Gott verwandte die Sprache der Menschen. Er verwandte
auch die menschlichen, kulturell gewachsenen literarischen Formen. Die
orientalischen Volker kannten Hymnus, Klage, Spottlied, Liebeslied etc.
Gott verwandte das. Inwiefern ist da-durch in der Bibel eine neue Qualität
dieser Formen entstanden? Vielleicht ist die Schön-heit verwandt mit der
der heidnischen Poesie, aber in der Bibel sind Schönheit und Wahr-heit
optimal vereint. Vielleicht ist der altägyptische Hymnus schön, aber er hat
keine göttli-che Wahrheit. Welche Entwicklung nahm die menschliche
Seite der hebräischen Poesie? Hat David eine kulturelle Blüte
hervorgebracht? und Salomo diese noch verfeinert? Als ältestes Bibelbuch
wird Genesis, dann Hiob angesehen. Genesis gibt den wahren Mythos in
einem großen Gedicht von Schöpfung und Paradies. Hiob ist in Versen
verfasst. Welche Gestalt haben die hebräischen Hiobsverse? Eine deutsche
Nachdichtung gibt es in Blank-versen. Hiob ist dramatisch, dialogisch,
elegisch, Weisheitsliteratur, voller poetischer Bil-der. Goethe greift in
Faust I auf Hiob zurück. Die liberalen Theologen datieren Deborahs
Triumphgesang (Schlachtlied) in älteste Zeiten, welchen Versrhytmus hat
dieses Lied? In der deutschen Literaturgeschichte las ich, daß das
poetische Mittel des Parallelismus häufig in sakraler Poesie verwandt wird.
Stammt es ursprünglich aus der Bibel oder kannten die Babylonier und
Ägypter es ebenfalls (und Chinesen im Shi-Jing)? Alle Uroffenbarung der
Völker ist in Poesie, in Versen überliefert. Das deutet darauf hin, daß das
Dichterische zum Wesen des Menschen als Ebenbild und damit auch zum
Wesen Gottes gehört. Gott hat auch das Wesen eines Erzpoeten. Die
formalen Aspekte der Dichtkunst, Rhytmus, Melo-die, Wohllaut,
Regelmäßigkeit, kann man in der natürlichen Schöpfung ebenfalls finden.
Der innere Aspekt der Dichtkunst, der verdichtete Ausdruck, gehört
wesentlich zum Reden Gottes. Gott ist kein Schwätzer, sondern ein
wesentlich und gedichtet redender Gott der Wahrheit. Platon redete vom
obersten Prinzip als von dem Wahren, Guten und Schönen. Gott ist wahr
und gut. Jesaja sagt, Gott ist ein Gott der Schönheit, oder, noch
wesentlicher, der Herrlichkeit. Gott dichtete mit seinem Reden (und das
Wort geschah) die gesamte Schöpfung: einen Jaspis, einen Schwan, ein
Röslein, Sie: das sind die Gedichte des Logos Gottes!

6.9.

Bei Einem zum Tee, er zeigte mir Bilder vom Apollon-Tempel,


Zeustempel, Delphi und dem meerumschlungenen Delos der Leto, Mutter
Apollons und der Artemis. Er fand die vielen Götzentempel traurig-
abscheulich („wie Paulus“), aber ich fand herrliche antike Kultur.
Ja, das Leben ist ein Jammertal, trage dein Kreuz, harre auf die
lebendige Hoffnung. Kein Mensch ist in dieser schweren Stunde für mich
da. Petrus und die Zebedäussöhne schlafen, aber ich kann nicht mal zum
Vater beten, und er wird den bitteren Kelch nicht an mir vorbeigehen
lassen. Ich muß den bitteren Kelch, voll schwarzer Galle, in diesem
herbstlichen Garten Gethsemane leeren bis auf die Hefe. Ich hasse mein
Leben. Gott hilft mir nicht. Niemand ist für mich da. Ich bin unendlich
einsam und elend, elend, elend. Da hilft auch kein gegorener Traubenmost!
Einmal hat Sie gesagt, es muß schön sein, zu glauben wie ich. Herr
Jesus, ist es denn schön, so zu glauben wie ich glaube? Was glaube ich
denn noch? Glaub ich, daß du mich hörst? Ich will es glauben, ich muß
einfach darauf vertrauen, auch wenn ich es nicht fühle. Aber Herr, wo ist
denn deine Gnade und Güte? Ich weiß, ich muß mein Kreuz tragen, wenn
ich dir nachfolgen will. Und ich will dir, um jeden Preis! nachfolgen ins
ewige Leben! Das ist meine unendliche Sehnsucht. O Jesus, mir scheint
mein Kreuz zu schwer zu sein. Deine Bibel sagt, Gott gibt nicht mehr zu
tragen auf als einer tragen kann, und Gott hilft auch tragen. Das muß dann
ja stimmen! Ich glaube an das Wort. Aber Herr, das ganze Jahr ist ein
schweres Jahr, ein Jahr großer Leiden. Immer hat es mir geholfen, dir mein
Herz auszu-schütten und in der Heiligen Schrift zu lesen, besonders in den
Psalmen, Prediger und Hi-ob, in den Worten vom Elend. Aber nun wird es
noch einmal schwieriger, Jesus, weil mir das Beten mit dem Mund des
Herzens so schwer fällt. Herr, ich bin hungrig nach Liebe, nach seelischer
und leiblicher. Mir fällt die Einsamkeit so schwer, mein Verlangen treibt
mich um. Ich will von Menschen verstanden werden und sehne mich nach
Mitgefühl. Ich spüre einen Mangel auf so vielen Gebieten. Soviel Mangel,
Gott, den du nicht ausfüllst. Ist das denn der einzige Trost, daß ich eines
Tages im Paradies sein werde? Wie soll ich bis dahin mein bitteres Herz
ertragen? Laß mich bitte wieder fühlen, daß du mich liebst! Ich fühle mich
wie Hiob, wie der Prediger, wie der 22. Psalmist, wie Jesus in
Gethsemane, wie der Gottverlassene am Kreuz, als man ihm Essig und
Galle gab! Elend über Elend! Weh mir! Wo ist der Trost des Heiligen
Geistes, Vater? Ich brauche dich! Gib mir Kraft und Freude, daß ich die
Weltzeit meines Daseins überstehe. Ich flehe dich an um Gnade, großer
Gott, in Jesu Christi Namen. Amen.
Ich glaube nicht, daß Gott mir hilft. Er scheint mir ein ferner,
gleichgültiger, kalter, grau-samer Götze. Er sieht mein Kreuz und denkt:
Da kann noch eine Last drauf, noch bricht Torsten nicht zusammen. Jesu
Schrei am Kreuz ist mein Verzweiflungsschrei, Gott hat sich in seine
Finsternis jenseits zurückgezogen, der dunkle abgewandte Gott, nicht mehr
ver-stehbar, nicht mehr liebenswert.

7.9.

Gestern vorm Einschlafen las ich die Kreuzigung in Lukas. Wie nüchtern,
ruhig, undrama-tisch wird das größte Leiden der Welt dargestellt! Wie
anders hätte es ein Tragiker (etwa des Sturm und Drang) dargestellt.
Warum ist das Neue Testament so wenig poetisch? Wie wird das Leiden
dramatisch und exaltiert im Hiob geschildert!

8.9.

Godwi: „Ich habe zuviel gelitten und hänge noch viel zu innig an meinen
Tränen, den ein-zigen, die mir treu blieben.“
Mir tun gut die Schilderungen und Lieder des todessehnsüchtigen
Einsiedlers in Godwi, sanft und traurig und von stiller schöner Hoffnung
auf besseres Leben jenseits des Grabes. Welchen Wohlklang hat das Wort
„Grab“ für mich! Wichtig in depressiver Verzweiflung ist liebevolle
Menschennähe. Die frommen Ratschläge der Freunde Hiobs sind
überflüssig. Liebe, Sympathie, Freundschaft, Anteilnahme sind die beste
Medizin. Traurige, meidet die Einsamkeit.
Ach ich bekomme nirgends die Liebe, nach der ich mich sehne.
Niemand hilft mir, auch Gott nicht, ich in meiner Elendsschwäche muß
mir selber helfen. „Arzt, hilf dir selber!“
„I’m nothing but a stranger in this world. I’ve got a home on high, so
far away...“

11.9.

Georg Heym liebte die Unglücklichen. Ich dachte gestern an die


Schwermut und das Elend der deutschen Dichter: Lenz, Hölderlin, Kleist,
Brentano, Novalis, Rilke, Heym, Trakl, Lasker-Schüler, Schneider,
Bachmann, Celan; mit ihnen fühl ich mich im Bunde. Auch Goethe im
Werther, Tasso und in der Iphiengie kannte das Dunkel, aber er neigte zum
Ge-sunden, Licht, Geordneten. Edmund Spenser lieb ich wegen seiner
vielen dunklen Klagen (nicht umsonst soll er den Prediger Salomo
nachgedichtet haben). Petrarca war oft einsam und traurig. Der frühe
Neruda war verzweifelt schwermütig (Aufenthalt auf Erden). Goethe
sagte, daß, wie der Regenbogen auf feuchter Wolkenwand, das Gedicht
sich auf Melancho-lie gründe. Hiob: Wo Wasser ist, wächst Papyrus.
Wie hängt Schwermut psychologisch und philosophisch mit der Kunst
zusammen? Selbst Michelangelo, der so tüchtige Gestalten schuf, soll
schwermütig gewesen sein. Im Mittelalter soll es eine allgemeine Neigung
zur Krankheit der Schwermut gegeben haben. Wie steht Schwermut zur
„Frucht des Geistes“, der Freude? Freude in allem Leide? Freude am
Kreuz Christi und dem ewigen Leben! Die Bibel kennt die Schwermut: die
Klagepsal-men, Hiob, Prediger, Lamentationen Jeremias, Christus in
Gethsemane und Paulus: Weh mir elendigen Menschen! Wer wird mich
von diesem Leibe erlösen? Ich hätte nicht übel Lust, abzuscheiden und
beim Herrn zu sein! Kann man ein Lob der Schwermut schreiben? Kann
man etwas loben, was es im Himmel nicht geben wird? Wird es im
Himmel unter-schiedliche Temperamente geben? Wird es Melancholie
geben als gewisse Neigung gewis-ser Erlöster, mehr als andere Heilige
innerlich zu sein, kontemplativ und musisch? Werden alle Menschen im
Himmel vollendete Menschen sein? Gewiß. Aber heißt vollendet sein, daß
alle gleich sind? Mitnichten. Wir werden erlöste, eigene Persönlichkeiten
sein. Es müßte also eine erlöste Melancholie geben. Werden einige Erlöste
mehr Gott tätig dienen und andere ihn mehr beschaulich ergründen?
Werden einige ihn künstlerisch loben? Wird es Kunst im Himmel geben?
oder werden Alle Künstler sein? Was ist Kunst? Kunst ist das
Verherrlichen des Schöpfers und seiner Schöpfung in Schönheit, mit den
Mitteln des Schönen. Was ist Schönheit? Im Himmel wird alles schön sein,
herrlich, von außerordent-licher Schönheit. Schönheit und Wahrheit
werden eins sein. Werden alle im Himmel die gleichen Wesenszüge Jesu
loben? Gibt es objektiv Schönes? „Die Schönheit liegt im Auge des
Betrachters“. Gottes Schönheit und Herrlichkeit, ist sie uns schon
offenbar? Die Rela-tivität der Frauenschönheit, sie hängt wesentlich mit
Liebe zusammen. Was ich liebe, finde ich schön. Liebe ist schön.
Plutarch: „Der Melancholiker hält sich für einen Menschen, den die
Götter hassen und mit ihrem Zorn verfolgen. Ein noch schlimmeres
Schicksal erwartet ihn; er wagt nicht, es abzuwenden oder sich die üble
Lage zu erleichtern. Arzt und tröstenden Freund weist er ab. Laßt mich
meine Sorgen tragen! sagt der Unglückliche: mich, den gottlosen,
verfluchten und den Göttern verhaßten Mann. In Säcke oder schmutzige
Lumpen gehüllt, sitzt er im Freien. Von Zeit zu Zeit wälzt er sich nackt im
Schmutz und bekennt dabei seine Sünde. Die Feiern zu Ehren der Götter
erfreuen sein Herz nicht, sondern erfüllen es mit Schre-cken.“ - Hiob: „So
wurden mir beschieden Monde der Pein, Nächte der Mühsal hat man mir
zugezählt. Gedenke, daß mein Leben nur ein Hauch ist! Nie wieder
erschaut mein Au-ge das Glück!“ - Bunyan spricht in seiner Pilgerreise
vom Sumpf der Verzweiflung. Wenn Leben heißt, den Zustand der
Traurigkeit mehr oder weniger intensiv zu erleben und Schwermut das
Gegenteil von glücklicher Stimmung ist... Exzessive Ausschweifung ist ein
Versuch, gegen die Depression anzukämpfen. Erotisierung ist depressives
Liebesverlangen. Anhänglichkeit ist Depression. Großzügigkeit ist der
Wunsch, Liebe zu erkaufen, eigent-lich depressive Anhänglichkeit. Aus
der Depression geht Aggression hervor, gegen den mich Ablehnenden oder
häufig auch gegen mich selbst. Mutlosigkeit, Hoffnungslosigkeit,
Verzweiflung. Keine Freude am Essen. Nachlässige Kleidung. Übermäßige
Beschäftigung mit sich selbst. Trauriger Gesichtsausdruck. Ich habe an der
Fröhlichkeit anderer keine Freude, ärgere mich sogar darüber. Tränen.
Zynismus, Herzenshärte, Aggressionen. „Ich verfluche mein Fleisch und
mein Leben!“ Meinung, die Menschen haben an mir kein Inte-resse.
Furcht, aufdringlich zu sein und unerwünscht. Angst, verlassen zu werden.
Ausweg-losigkeit. Die Vergangenheit besteht nur aus Leiden, die Zukunft
verheißt keine Lösung. Herbst und Winter. Dunkle Farben machen
schwermütig. Weihnachtstage wecken Kind-heitstraumata. Negative
politische Nachrichten betrüben. Nachtwachen machen empfäng-lich für
Schwermut. Stimmungsschwankungen ohne ersichtlichen Grund.
„Überstehn ist alles!“ (Rilke) Künstlerische, intellektuelle Leistungen in
depressiven Phasen hoch. Gegen die Schwermut andenken: Ich hebe meine
Augen auf zu den Bergen, woher kommt mir Hilfe?! Der Blick nach unten
ist zerstörerisch. Mit fünf Jahren der Großteil des Charakters angelegt.
Stimmungsschwankungen der Pubertät. Schuldgefühle beim ersten
Orgasmus, Scham nach der Masturbation. Im Alter von 40 bis 50 Jahren
häufiger Depressionen. Ent-täuschungen oft unbedeutende Auslöser,
Enttäuschungen durch Lieblosigkeiten der Men-schen. Ablehnung durch
den liebsten Menschen führt zu besonderer Verzweiflung. Leid kann nur
durch die Liebe eines Andern geheilt werden, aber Elende ziehen sich
zurück. Andere sind ganz mit sich selbst beschäftigt und merken oft gar
nicht, daß der Leidende liebevolle Zuwendung braucht. Das Gefühl in
einer Falle zu sitzen und sich nicht befreien zu können. Depression als
Reaktion auf Ablehnung, Liebesmangel. Die Auslöser sind nur die
Oberfläche, der Kern sitzt tiefer. Die alten Völker verabreichten Opiate
und Halluzino-gene. Beziehungs- und Denkstrukturen werden dadurch
nicht verändert. Mariehuana kann Schizophrenie auslösen. Nach der ersten
Euphorie eine um so tiefere Depression. Psycho-therapie soll die
Zuwendung geben. Amoralisches Leben wirkt oft euphorisierend, weckt
danach Schuldgefühle. Der innere Raum des Menschenherzens, der Gott
bestimmt ist. „Ein Christ hat Vergebung, Friede, Kraft, Freude, ein
Lebensziel, Zuversicht.“
Tapfer dulden und auf Gott harren, daß Christus in mir Gestalt
gewinne, ist der Umgang mit Schwermut. Es steht geschrieben, daß Gott
alle Haare auf meinem Haupt gezählt hat und ich ihm mehr wert bin als
viele Sperlinge. Was mir fehlt, ist Glaube! Es steht geschrie-ben, daß Gott
mich nicht über meine Kraft versuchen wird. Auch diesen Herbst nicht! Es
scheint nur so. Die Prüfung ist am Vater vorübergegangen, sie wird mich
nicht zerbrechen. Johannes: „Achtet es für lauter Freude, meine Brüder,
wenn ihr in mancherlei Versuchun-gen geratet, und erkennt, daß die
Erprobung eures Glaubens Geduld wirkt.“ Gott will mich zu einem
tieferen Gleichgestaltetsein mit dem Gekreuzigten kommen lassen. Im
Alten Tes-tament war der Dichter des 22. Psalmes Christus am
ähnlichsten, Isaak auf Moria ebenfalls, Hiob auch sehr. Wie der Stahl
gehärtet wurde? Im Feuer! Preis sei Gott, daß er mich Hiob, David, dem
Prediger gleichgestalten will, den großen Schatten des gekreuzigten
Christus! Aber Paulus spricht auch von der Gleichgestaltung mit dem
Auferstandenen? Christus sag-te zu den weinenden Frauen: „Weint nicht
um mich.“ Je tiefer das Leid, desto größer die Gnade. Gott wird mit der
Versuchung auch den Ausgang schaffen.
Mose: „Ich vermag dies ganze Volk nicht allein zu tragen, es ist mir zu
schwer! Willst du so an mir handeln, so töte mich lieber, wenn ich anders
Gnade vor deinen Augen gefun-den habe, damit ich mein Elend nicht mehr
ansehen muß!“
Meine Seele fühlt sich immer noch einsam und ungeliebt. Wenn ich
doch, Gott, mich in deiner Liebe baden könnte! Ließe ich mir an deiner
Gnade in meiner Schwachheit genügen. Soviele Segnungen konnte ich mir
in Erinnerung rufen, und Christi Blut für mich, und Got-tes Geist in
meinem Herzen! und dennoch fühl ich mich als Wurm! Preis deiner Liebe,
Gott, mit der du mich Wurm geliebet hast!

12.9.

Das Auferstehungsleben Jesu bestand im Brotbrechen, im Fisch- und


Honigwaben-Essen, im Zeigen seiner Wunden, im Auslegen der Heiligen
Schriften und im Segnen.
Die heiligen Dichter haben eine Sehnsucht nach dem Paradies und ein
Leiden an der Gefallenheit. Sie neigen als depressive Menschen zu
Suchtverhalten, sei es im stofflichen oder im emotionellen Bereich. Sie
neigen auch zu Idealisierung. Sie isealisieren die Gelieb-te. Idealisierung
ist Verherrlichung, ein göttliches Grundprinzip der heiligen Poesie. - Die
Literatur, die keine schönen Gegenwelten entwickelt, träumt auch nicht
sehnsüchtig vom Himmel. Ich mag das Utopische in der Literatur. Es gibt
den Eskapismus ins Gemüt und den ins Jenseits. Wir christlichen Künstler
sollen nicht weltlich sein, den Geist der Zeit nicht liebhaben. Das
Wesentliche der Romantik ist Innerlichkeit und Sehnsucht nach dem
Unendlichen. Auch ein christlicher Künstler soll Himmelsbürger sein.

13.9.
Jeremia: „Nie saß ich fröhlich im Kreis der Scherzenden; von Deiner Hand
gebeugt, saß ich einsam; denn mit Grimm hast du mich erfüllt. Warum
ward mein Schmerz denn ewig, ward meine Wunde unheilbar und will
nicht gesunden? Wie ein Trugbach wardst du mir, wie ein Wasser, auf daß
kein Verlaß ist.“ (Jer. 15; 17,18)
Schneider war den Protestanten zu katholisch, den Katholiken nicht
katholisch genug, den Andern zu christlich. Am Ende seines Lebens fügte
er sich nicht mehr in tradierte Glaubens-Denkmuster. Sein Begriff des
Tragischen hieß, der Mensch sei bestimmt, sich im Leiden zu bewähren, er
solle sein Schicksal annehmen, um frei zu werden. Die Tragik des Christen
ist das Vertreten der Wahrheit, die auf Erden als etwas Zerbrochenes
erscheint, von der Welt abgelehnt wird. Schneider als „geborener
Selbstmörder“, Klepper als „Selbstmörder wider Willen“. Im Drama
personifizierte Laster, das Gefängnis der Leiden und die Rettung durch
Buße und Gnade. Die „Wiederkehr des Immergleichen“ in der Ge-schichte
macht historische und doch auch aktuelle Werke möglich. Er war
Monarchist. Er wollte aber das Gottesreich anstelle des Weltreiches. Der
alte Schneider, wie Johannes vom Kreuz, glaubte, als er glaubte, nicht
mehr zu glauben: „Gefordert wird von uns über die Kraft, der felsenfeste
Glaube, daß durch die Untergänge hindurch der Weg des Heiles führt, der
Heimweg.“ Glauben über den Glauben hinaus. Die Christenheit versagte
in Liebe und Gerechtigkeit. Daß die Wahrheit eines Lebens hervorleuchten
kann, muß das Leben viel-leicht gar zerbrochen werden. Daß Christus in
mir Gestalt gewinne, muß ich gekreuzigt werden. Schneider war einsamer
Christ, Einzelgänger. Er schrieb kurz vor seinem Tode, um der Wahrheit
willen sei es besser, mit einer brennenden Frage im Herzen zu sterben, als
mit einem nicht mehr ganz ehrlichen Glauben. Anteil an Christi
Verlassenheit. Leid ist Anteil am Kreuz Christi, kann aber auch
Versuchung zum Unglauben sein. Er war Asket, nicht Zelot. Er hatte
Toleranz ohne Indifferenz. Fatalität der Geburt: Schwermut, Existenz-
angst, Hang zur Einsamkeit. Schopenhauer, Leben ist Leiden. Nietzsches
Rausch. Musik der Deutschen als Todesrausch. Entscheidende Begegnung
mit Kierkegaard, dieser: „O Tod, ich glaube, man tut dir Unrecht. Welche
Bedeutung kannst du nicht dem Leben ge-ben!“ Schwermut wird Passion.
Kierkegaard: „Die Situation der Gleichzeitigkeit mit Chris-tus, das allein
ist Existenz.“ Schneider: „Es ist das Paradox der Botschaft, daß wir in
einem gewissen Sinne krank sein müssen, weil Er sonst nicht zu uns
kommt.“ In der absurden Leere des Atomzeitalters erlitt er seine letzte
Anfechtung, Hoffnungslosigkeit und Klein-glaube. Er erbat ewigen Schlaf
unterm Kreuz, ohne Hoffnung der Auferstehung, verharrte dennoch im
Gebet. „In aller Religion ist die Sehnsucht nach dem Leidenden Gott, dem
Bruder in Schmerzensgefangenschaft, ein Trost. Der Mitleidende ist uns
deshalb auf Erden hilfreicher als der Auferstandene. Krankheit ist eine
Gabe, eine Gnade, Anteil am stellver-tretenden Leiden Christi.“ Es ist
falsch, die Tragik ins Heidentum zu verweisen. Einmal trifft der Weg eines
jeden auf den Kreuzweg des Herrn. „Es gibt eine Stelle ohne Trost. Wir
müssen aushalten, wenn wir sie erreicht haben. Näher als hier können wir
dem Kreuz nicht sein.“ - „Der Schmerz über die göttliche Liebe, die nicht
hilft, ist der schrecklichste der Kreuzigung.“ Selbsthingabe in der Agonie,
im Bewußtsein des unbegreiflichen Gottes. Schneider über Camoes: „...ein
Leiden, aber auch ein Leiden-Wollen“, unergründlichen Schmerz erfährt er
frühzeitig von der Qual der Liebe, aber „gerade Qual wird in der Liebe
gesucht“. Camoes Geliebte als menschliche Bestie...
Das Thema der Todesahnung unter der Wolke der Schwermut: Kleist,
Schopenhauer, Wagner, Nietzsche, Thomas Mann, Hesse, Schneider.
Untergang im Leben, Vollendung im Werk. Konflikt der Vorstellung mit
dem Willen, der Form mit dem Leben, des Dichters mit der „menschlichen
Bestie und dem Meer“. Den Untergang durch Annahme überwin-den. Die
Vernichtung gebiert durch den Dichter das Werk, das idealisiertes Leben
ist. Das Leben wird im Dichter vernichtet, daraus entsteht die Formung
idealisierten Lebens; das ist Dialektik. Schneider konnte nur in Bildern
und Schicksalen denken, nicht in abstrakt-rationalen Theoremen. Natur,
Rausch, Trieb und Macht (Wille) auf der einen, Geist und Ohnmacht
(Vorstellung) auf der anderen Seite: idealistische Metaphysik.
Augustinisches Entweder-Oder: Gottesstaat oder irdische Macht unter der
Herrschaft des Teufels. Schnei-der stellt Elend, Tod, Verfall, Besessenheit,
Untergang Einzelner und ganzer Völker aus-führlich dar. Barocke
Gruftstimmung. Die Geschichte sei „sehr reich an Bildern, die mit den
Mitteln irdischer Wirklichkeit die jenseitige ausdrücken und den Gehalt
einer Epoche in ihrer Beziehung zur Ewigkeit ausdrücken.“ Dichter sind
geschichtliche Figuren, Vorbil-der, sie tragen das Stigma der
Selbstaufopferung für Werk und Auftrag auf der Stirn. „Dichter kommen
entweder zu früh oder zu spät; vorzubereiten, was kommen soll, oder in
die Dauer zu erheben, was vergänglich oder vielleicht schon vergangen
ist.“ Ich bin ein zu Spätgekommener. Die Romantiker waren ebensolche.
„In der Prägung und verpflichtenden Darstellung, nicht in der Erfindung
des noch nie Dagewesenen besteht die schöpferische Tat.“ Schneider
kritisierte an der deutschen Klassik und Romantik die Flucht vor der ge-
schichtlichen Stunde in den reinen Geist. Auch ich fliehe vor dem Geist
der Weltzeit in den Traum des Heiligen Geistes in meiner Seele.
Wollust, Wahn und Tod! gewaltige Urtriebe, vielleicht dämonisch,
beherrschen mein Denken. Licht, Liebe, Güte, Vernunft und Geist sind
nicht in Sicht. Gott ist fern, ich bin allein. Eine Szene an Hiob und Lilith
wühlte mich sehr auf, es ist ein mich sehr anstren-gender dionysischer
Tanz vom Untergang und der zerstörenden Wollust.
Salomo vereinigt die Schwermut (Prediger) und die Lust (Hoheslied).
Das wäre ein inte-ressanter Stoff, diese Mischung aus melancholischer
Weisheit und Genuß der Liebe eines Weibes. Wollust der Verzweiflung,
Todes-Lust!
Gedanken beim Wodka: Goethe kannte Leiden am Geist in Iphigenie
und Tasso, dann wandte er sich der Lust an Faustine zu. Ich hasse den
politisch-katholischen und den fun-damentalistisch-charismatischen
Triumphalismus. Christentum besteht im Leiden. Gegen die Absurdität
Gottes steht nur das Kreuz Christi. Ich finde Christus in der Vergangenheit
am Kreuz, in der Zukunft im Paradies, aber nicht (mehr) in der Gegenwart.
Die Moralität des Christentums und die Liebe Gottes gingen mir fort, aber
das Kreuz Christi steht mitten in meinem Leben. Ich bin ein nordischer,
deutscher, friesischer Typus, aber nicht mir zum Genuß, sondern es ist
mein Kreuz. Das Paradies ist im Südland, sinnlich und sonnig. Ein-samkeit
ist mir ekelhaft. Ich will mich an geistreichen Gesprächen berauschen.
Habe Sehn-sucht nach zügelloser Lust.
„Ich glaube langsam, die Menschen verlieben sich, um unglücklich zu
werden.“
„Er läßt mich nicht Atem schöpfen, sondern sättigt mich mit Bitternis.“
(Hiob)

14.9.

Die Frauen wissen von ihrer Schönheit, üben damit tyrannische Macht
über die Männer aus, sie sind menschliche Bestien, she-demons, Lilim.
„Mich ekelt mein Leben.“ Hiob. Eliphas von Teman sagt zu Hiob:
„Siehe, du hast viele unterwiesen und matte Hände gestärkt; deine Rede
hat die Strauchelnden aufgerichtet, und die bebenden Knie hast du
gekräftigt. Nun es aber an dich kommt, wirst du weich, und nun es dich
trifft, erschrickst du!“ Wer hilft mir, wenn ich ertrinke?
Wer in die Nachfolge Christi tritt, wird mehr als vorher leiden, aber er
erfährt auch die Gnade, die sein Leben in ein Opfer verwandelt. Das
Gottesbild zerbricht, aber Gnade be-deutet, daß es Schneider auch als
zerbrochenes weiter in Anspruch nimmt. In dem Tragi-schen sieht er das
Geheimnis des ganzen zeitlich-historischen Lebens. Er betont, daß man es
nicht genau definieren kann, sucht es aber trotzdem immer wieder zu
beschreiben und zu bestimmen. Er findet den Inhalt des Tragischen in der
Literatur, die den Namen Tragödie trägt. Das Tragische bedeutet für ihn,
daß die Lage des Menschen hoffnungslos ist, daß die Ewigkeit mit dem
Zeitlichen in Widerstreit steht, daß durch das Leben ein Bruch geht, daß
aber dennoch ein transzendentes Licht auf den Weg des Menschen beim
Sturz in die Tiefe fällt. Die Welt ist ein zerknicktes Rohr, das ist das
Zeugnis aller abendländischen Tragö-dien. Gegen den billigen
Optimismus, dem Nihilismus und dem Absurden nahe, dialek-tisch
denkend. Mystisch, prophetisch, utopisch. Im Tragischen handelt es sich
um Leiden, Unglück, Widerspruch. Man wird sich des Leidens bewußt und
sucht eine Antwort. Man findet auf das Leiden keine wahre Antwort. Das
Einzelschicksal wird transzendent für das Leiden der Menschheit. Das
Tragische ist ein allgemeinmenschliches Gesetz und unabhän-gig vom
Glauben. Schopenhauers und Buddhas „Leben ist Leiden“. Das Bild eines
Men-schen, dessen Schicksal es ist, sich im Leiden zu bewähren. Antike
Antworten: sich gegen sein Schicksal auflehnen oder es annehmen.
Widerspruch von Notwendigkeit und Freiheit. Notwendigkeit ist objektive
Wirklichkeit, Freiheit ist die subjektive Stellungnahme dazu. Trotz der
Annahme des Schicksals bleibt der Widerspruch zwischen Notwendigkeit
und Freiheit. Es gibt keine Auflösung. Eine letzte Antwort wird nicht
gefunden. (Auch in Hiob nicht.) Im Tragischen liegt eine Tendenz zum
Kreuz. Das „glückliche Ende“ hebt nicht unbedingt das Tragische auf
(Ödipus auf Kolonos.) Im Zentrum des christlichen Glaubens steht das
Kreuz. Das Schicksal des Christen verwirklicht sich im Dunklen. Die
Größe des Christen zeigt sich im Leiden. Das ist auch die Idee des
„russischen Christus“. Die Idee will sich in der Existenz verwirklichen und
geht in ihr unter, das Heilige wird auf Erden zerbrochen.
Ich bin wie ein Panther im Käfig gefangen. Niemand ist da für mich,
ich bin ganz allein, ohne Gott, dem Absurden und der Verzweiflung
ausgeliefert, ohne Trost der Religion.
Pascal: Es gibt nur ein Glück auf Erden, das ist die Hoffnung auf das
ewige Leben! Die Antike: Wen die Götter lieben, den lassen sie jung
sterben! Jeremia: Ach wär ich im Schoß meiner Mutter geblieben!
Nietzsche: „Ich liebe die, die nicht mehr zu leben wissen, es sei denn als
Untergehende...“
Wo ist Gott in dieser großen Trübsal? Ist er mit mir? wie? leidet er mit?
oder beobachtet er und wartet ab? Ach Christus an seinem Kreuz hatte
ebensoviele Fragen! Er sagte nicht: Gott, du hast mich verlassen, weil ich
zur Erlösung für viele zur Sünde und zum Fluch ge-macht werden mußte!
sondern schrie: Mein Gott, warum, warum hast du mich verlassen?
Christus existiert für mich nur noch am Kreuz, in seiner Gottverlassenheit.
Aber es gibt für mich keinen triumphierenden Christus auf dem Thron, der
mächtig mir beisteht. Meine Sehnsucht ist nicht nach einem Paradies, das
wir uns nur irdisch vorstellen können mit Li-lienwiesen, schöner Stadt,
gesungenem Lobpreis, Gespräch mit dem Menschensohn; son-dern meine
Sehnsucht ist das Nichtmehrsein, das Erlöschen aller Leiden, ewige Ruhe!
In einem Tagtraum sah ich ein leeres Kreuz, aus hartem Holz gezimmert:
Christi Kreuz oder meines? Gott hilft mir nicht tragen. Die Frömmigkeit
der glückseligen Christenheit gibt mir weder Trost noch Kraft. Ich muß das
Kreuz tragen, Elend bejahen, aber es ist mir zu schwer, das Kreuz der
Einsamkeit, ich strauchle und falle weinend zu Boden. Wie Maria am
Kreuzweg sagte: Sehet, ob jemand solche Schmerzen kennt, wie ich
erleiden muß! Ich kann nicht um Hilfe beten, weil ich nicht wirklich
glaube, daß Gott lebt, für mich ist, Gebet erhört. Er ist ein Gott an sich,
aber nicht für mich in dieser Stunde. Er war für mich am Kreuz in
Christus, damals starb er meinen ewigen Tod, daß ich vor der Hölle
bewahrt wer-de. Aber ist dies nicht die Hölle, diese Gottesferne? Wehe
mir, ich elendster aller Men-schen!
Eine wies auf die Biographie Joni Tadas hin, daß Gott gerade den
Leidenden helfen kön-ne, daß gerade die Leidenden Erkenntnisse
gewinnen könnten, die den Satten und Zufrie-denen versagt blieben. Wenn
ich wieder an die Gegenwart Gottes glauben könnte! Ich bete einzig das
Vaterunser oder „Vater, ich lege meinen Geist in deine Hände!“ Mehr
nicht.

15.9.

Will nur den müden romantischen Schlummer von Godwi auf meine noch
vom gestrigen Leid wunde, kranke Seele wie Mondenbalsam wirken
lassen.
„Aber was ist das für ein Leben: ganz allein in einem fremden Land!“
Ich bin kein großartiger Erfinder, ich schreibe Seelenbekenntnisse wie
die empfindamen Pietisten und Hesse, auch der Godwi ist weitgehend
autobiographisch. Brentano war in seinen jungen Jahren hin- und her-
gerissen zwischen Venus- und Marien-Dienst, hoher und niederer Minne.
Brentano entschied sich in späteren Jahren für einen streng-asketischen,
büßerischen Mariendienst.

16.9.

Träumte, daß mir jemand in eine Kirchengemeinde ein hebräisches Altes


Testament mit-brächte, plötzlich war es ein englischer Psalter mit weiteren
geistlichen Liedern. Als ich es aufschlug, sah ich einen Film über Jesus,
wie er mit 12 Jahren versuchte, einen Fisch zu fangen. Dann sah ich Maria
auf einem Maultier reitend, sie hatte einen langen Rock an, aber ein bloßes
Knie schaute hervor. Hinter mir in der Kirchenbank flüsterte eine
polnische Alte ein Ave Maria.
Die Rückkehr zur Arbeit als Ersatz für das Glück ist das Prinzip des
Genies, sagt Tho-mas Mann.
Daß ich unter Leonardos Abendmahl die Sixtinische Madonna und die
Venus von Urbi-no hängen habe, zeigt das Nebeneinander von Venus- und
Mariendienst. Es ist der tragi-sche Widerspruch von Reiz und Reinheit,
Askese und Lust, Geist und Fleisch, Genuß und Entsagung. Ein Prinzip
treibt mich immer zum andern.
„Wenn du in den Nächten einsam bist, dann ist da Einer, der dich
liebt...“ Aber was ist das für eine Liebe? Vor zweitausend Jahren schrieb
der Heilige Geist ein Buch, seitdem schweigt Gott. Auf Golgatha erwies er
seine Liebe, seitdem erweist er sie nicht mehr. Wo redet denn Gott? wo ist
er denn zärtlich? Sind nicht die Gebete Monologe? Er flüstert nicht in die
Seele. Soll er durch die Ratschläge der Brüder reden? Die tappen doch
genauso im Dunkeln und sind meistens nicht einfühlsamer als Hiobs
Freunde. Und ob sich „Türen auf-tun“, nun, die tun sich den Gottlosen
auch auf, oft viel weiter. Es ist wirklich ein Tal der Fisnternis, durch das
ich ermattet wandere, aber mein Vertrauen auf die Führung des guten
Hirten ist geschwunden. Soll ich beten, wenn ich nichts ans Gebet glaube?
Soll ich glau-ben, wenn ich nicht glaube? Wie kann man glauben ohne
Glauben? Ja, Christus litt die Gottverlassenheit am Kreuz. Er war einst auf
der Erde und hat geweint. Meine Wohnung wollte ich das Golgatha-Haus
nennen, hier werde ich in den kommenden Jahren meine Passion erleben.
Es gibt keine Hilfe, außer Gott wendet mir wieder sein Angesicht zu und
seine schreckliche Hand läßt von mir ab! Ich trinke das Wasser von Mara,
möge Gott mich bald in Elim erquicken! Vielleicht gibt es auf Erden kein
Elim, sondern erst in der Ruhe der Toten unter dem Kreuz von Golgatha?
Goethe schreibt über Petrarca, dessen Liebe war ein „ewiger
Karfreitag“, Goethe wollte aber einen ewigen Maitag, pfingstliche Freude.
Es ist eine Verzweiflung wie Elia sie nach der großen Gotteserfahrung
hatte. Man kann nichts tun, man muß auf Gott harren.

18.9

Der hohe Minnesang entstand als säkularisierter Mariendienst. Ich habe


eigentlich auch keine Marienreligion (ich hätte sie gerne), aber Maria als
Idee, als Ideal, als Vorbild einer Heiligen kommt in meiner Poesie vor.
Kein Trost der Religion. Es gibt ein von Gott gesichertes Fundament
des Glaubens, aber mein darauf gebautes Haus des Glaubens ist nur noch
eine Ruine. Weder Hiob tröstet noch ein marianisches Gebet, zu dem mir
der rechte Glaube fehlt. An dem Herzen einer warmen liebenden Frau
wollte ich Trost finden, aber Gott mutet mir Entbehrung zu. Die
moralische Rigorosität der Evangelikalen wie der Katholiken schreckt
mich nihilistisch-dionysischen, wilden Kreuzgläubigen ab. Es gibt keine
menschliche Hilfe, außer Gott erbarmt sich wie-der. Einzig eine endlose
Liebesumarmung der Geliebten könnte meinen Schmerz lindern.
Brentano: „... vom Himmel kömmt nur Begierde, und zwar die
unendliche Begierde, die auf Erden keine Hülfe, keinen Frieden findet.
Wer das Haupt im Himmel trägt, dem ver-welkt das Herz in der
drückenden, niederen Sphäre.“

20.9.

Für mich hat „Ehe“ einfach einen faden Klang.- Die Katholiken sind
ebensolche Puritaner wie die Evangelikalen. Die liberalen Evangelischen
sind freier gesonnen, aber dafür auch Synkretisten. Ich bin skeptisch
gegenüber allen christlichen Konfessionen. Ich bin ein chri-stologischer
Freigeist, ein Dionysos am Kreuz. Daß die Christen aber auch immer so
bür-gerlich sein müssen, solche Moralapostel und Anstandsdamen!
Novizin und Fundamenta-list werden mich nicht verstehen können.
„Puritaner“ ist mein Schimpfwort und „Philister“. Wie, wo, wann, mit
wem kann ich endlich das Fest der Wollust feiern?
Brentano: „Oh, es ist ein großer Unterschied zwischen dem Traum der
Liebe und der Liebe des Traumes!“
Ich weiß nicht, was ich nach Godwi noch lesen könnte. Will noch
einmal etwas wie den Godwi lesen: erotisch und christlich, ästhetisch-
immoralisch und tief, genialisch und katho-lisch. Ich bin begierig nach
Erotik, aber mit Religion.
Interessant der Doppelsinn der antiken Elegie: Klagelied und
buhlerisches Lied. Was sagt Platon über den Eros? Diotima nennt ihn einen
Dämon. Die Alten nannten ihn Ältes-ten der Götter, später ward er der
Knabe, der blinde Gott. Die Liebe und die Gerechtigkeit sind den Römern
beide blind, die beiden scheinbar widersprüchlichen Wesenszüge Gottes,
des Gottes, der mich sieht. Einer sagte, Eros lebt von schönen Gefühlen,
die schöne Ge-danken hervorbringen und diese schöne Taten; Agape lebe
von schönen Gedanken, die gute Taten zeugen, diese wiederum gute
Gefühle. Das Wort Eros kommt im Neuen Testa-ment nicht vor, aber Eros
ist der schrecklichste und gewaltigste der Götter! Die Leiden-schaft ist hart
wie die Hölle, unwiderstehlich wie das Totenreich! Eros ist ein
Daimonium, also der gute Geist, der Sokraktes inspirierte.

21.9.

Schneider: „Gott ruft, und der Mensch soll antworten. Aber er versteht im
besten Falle das an ihn ergangene Wort, nicht Gottes Plan. Er sollte
einsehen, daß an einen Andern ein an-deres Wort ergehen kann und es
achten.“ Auch Schneider sagt, in ihm tobe der Dreißigjäh-rige Krieg. Er
wäre zwar katholisch, könne aber die Evangelischen nicht widerlegen und
verstehe sie nur zu gut.“ - „Ich halte die Neigung zum Selbstmord für eine
angeborene Ver-suchung, ein nicht lösbares Problem... Wie ist es mit denen
bestellt, die Dissonanz sein sollen in der unhörbaren Symphonie?“ - „Die
innere Verwundung, die er ((der Selbstmord-versuch)) zurückläßt, vernarbt
nicht. Wer sich auf solche Weise einmal von Welt und Men-schen
geschieden hat, wird sich nie mehr in ungeteilter Gegenwart an ihren Tisch
setzen.“ - „Es kann sein, daß das Leben zerstört wird aus der Sehnsucht
nach einem Übermaß an Le-ben; aber ebensowohl aus wahrhaftiger
Sehnsucht nach Schlaf...“ - Über Camoes: „Das Tödliche der Leidenschaft,
die vernichtende Betörung, die Dämonie der Liebe, das Glück ihrer
Selbstzerstörung und denTriumph ihres Leidens, ihre absolute
Unstillbarkeit hat er mit solcher Macht des Klanges ausgesagt, daß nach
ihm kaum etwas zu sagen bleibt. Er hat sie bis ins Mythische gesteigert...
Die Geliebte ist zugleich Beatrice und wildes Tier und wieder Mutter:
menschliche Bestie.“ Camoes konnte sich nicht losreißen von den Göttern,
er suchte sie ins Christliche zu retten.
Tizians Bild „Himmlische und irdische Liebe“, eine sittsam bekleidete
Tugendfrau und eine reizend Nackte, welche Liebe ist irdisch und welche
himmlisch? Die Bekleidete soll himmlisch sein und die Nackte irdisch?
Tizian scheint es umgekehrt auszulegen: die Be-kleidete ist bodenständig,
die Nackte scheint stürmisch in den Himmel zu fliegen. Nackt-heit der
biblischen Eva im Paradies, Linnenkleider im Neuen Jerusalem? Scham
über die Nacktheit in der Sündenzeit.
„Wenn sie lachte, war es nicht laut, es war vielmehr ein sanftes
gedämpftes Girren“.
Bettine: Schönheit ist göttlicher Geist im Mutterschoß der Natur
gezeugt. Erkenntnis ist die Schönheit des Geistes, höher als leibliche
Schönheit.

22.9.

Idee, den südliche Katholizismus mit der griechischen Mythologie zu


vergleichen, sinnli-che Ausformung der Religion, kunstnaher Kultus,
menschliche Heilige, schöne Madonna; den nördlichen Protestantismus
mit der germanischen, in einsamen, abstrakten, geistigen Welten etwas
gestaltlos verschwindend. Ist es Schicksal und Bestimmung, Protestant zu
sein, hat Gott mich zu einem solchen gemacht? oder ist es meine
menschliche Entschei-dung gewesen? Ich würde gern an Maria und die
Heiligen, die Eucharistie und die Tauf-wiedergeburt glauben. Wenn ich zu
Maria bete, ist es Sünde, weil es nicht aus Glauben des Geistes, sondern
aus einem Wunsch der Seele geschähe.

23.9.

Ihrem beharrlichem Nein verdank ich die Theologie der Schwermut und
die neue Nähe zum Kreuz. Alle Dinge müssen dem, der glaubt, zum
Besten dienen. Ich finde soviel Frie-den in der Heiligen Messe, da ist mir
der Streit der Theologen gleichgültig. Ich will aber auch das Blut Christi
trinken. Ich betete zur heiligen Mutter Maria das Salve Regina frag-
mentarisch: Wende deine barmherzigen Augen mir in diesem Elend und
Tal der Tränen zu und bitte Jesus, meinen Herrn, um Trost und Kraft und
Barmherzigkeit für meine Seele. Dies Gebet stieg aus meinem Gefühl,
nicht aus meinem protestantischen Verstand.
24.9.

Wieviel Klage und Jammer ist in der Bibel, besonders im Alten Testament,
wieviel Zerstö-rung (durch die Sünde), wieviel Gewalt der Feinde und
Klage über das Glück der Gottlo-sen! Der Sündenfall, Sodom und
Gomorrha, die Sintflut, der Turm zu Babel, Ägypten, die Wüste, Sauls
Wahnsinn, Davids Klagelieder, der Prediger Salomo, Hiobs Elend, die
Klage-lieder Jeremias und seine Prophezeiungen, das Leid des Elia, die
Verzweiflung des Jona, der Gottesknecht in Jesaja. Dagegen nur die Idylle
des Hohenliedes und die Halleluja-Psalmen. Im Neuen Testament wird von
Christi Tränen geschrieben, nicht von seinem La-chen. Paulus: Ach ich
elender Mensch! In der Apokalypse breit gemalt das Gericht, am Ende nur
kurz angedeutet das Neue Jerusalem. So auch in meiner Poesie
Hauptgewicht auf dem Elegischen, dem tragischen Ton.
Gott „hat mich geführt und gehen lassen in die Finsternis und nicht ins
Licht... Er hat mich ringsum eingeschlossen und mich mit Bitternis und
Mühsal umgeben... Und wenn ich auch schreie und rufe, so stopft er sich
die Ohren zu vor meinem Gebet... Er hat mich mit Bitterkeit gesättigt und
mit Wermut getränkt... Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die
Hilfe des Herrn hoffen. Es ist ein köstlich Ding für einen Mann, daß er das
Joch in seiner Jugend trage. Er sitze einsam und schweige, wenn Gott es
ihm auferlegt, und stecke seinen Mund in den Staub; vielleicht ist noch
Hoffnung.“ (Jeremias Klagelieder.)

25.9.

Gregor der Große: Einem dunklen Gemüt kann nur durch den Anblick des
Leidens gehol-fen werden. Tauler: „Wohin Gott durch das Leiden mit dem
Menschen wolle, dahin folge er Gott und ergebe sich in seinen göttlichen
Willen.“
Eigentlich hätte ich gern einen katholischen Glauben wie Augustinus,
Franziskus, Mechthild, Pascal, Schneider, aber ich finde die rationalen
Argumente des Protestantismus nicht erschütterbar. Mein Herz hat
Sehnsucht nach dem Sakrament und der Heiligen Jung-frau. Maria, ora pro
nobis.

27.9.
Ging um 2 Uhr nachts ans Meer von Baltrum, gewaltiges Donnern der
Wogen, schöner Sternenhimmel, dunkle Erinnerungen an die Gräser und
Wege der Kindheit (einer heilen Kindheit). Ruhiges Gebet: Ich fand bei
Gott nicht Glück, sondern Tragik: einen Hang zum Dunklen und zum Tod.
Als die Laternen erloschen, überkam mich Furcht. Ich bejahe meine
Lebensgeschichte, denn sie führte mich dahin, wo ich jetzt bin: nicht zu
Müßiggang, son-dern an ein tragisches Leben und tiefes Ja zum Kreuz, mit
der Hoffnung und Gewißheit der Ewigkeit. O Ewigkeit, du Donnerwort!

30.9.

Bettine auch und Schneider auch sprechen vom antiken Daimonium: die
Zerrissenheit des Menschen kommt von seiner Sünde gegen sein
innewohnendes Daimonium. Schneider: „Ohne Todessucht keine Magie.“
Ich laß mich nicht mehr therapieren: Todessucht, Ro-manzensucht,
Idealisierung, Kindlichkeit, Eskapismus, erotisches Getriebensein: das bin
ich.
Mönche, Eremiten, Poeten und Seelenkranke sind Höhlenexistenzen.
Will über die Hei-ligen schreiben, wenn ich zu ihnen gefunden habe:
Wüstenväter, Säulenheilige, Maria Ä-gyptiaca, Antonius, Agnes in Rom,
Katharina von Alexandrien, Bonifazius, ganz katho-lisch, mystisch. Ich
könnte einmal ein Romänchen über Maria Ägyptiaca schreiben.
Ich bin maßlos in den Gefühlen. Baltrum war mir heute das Paradies
auf Erden, morgen mein tragisches Schicksal und Passionsdrama. Die
ganze Heilsgeschichte von Eden zum Kreuz lag darin, aber Ostern und
Jerusalem sind nicht in Sicht.
Die schöne Fähigkeit zum hohen Traum und die Unfähigkeit, ihn zu
verwirklichen.
Schneider: „In jeder Inspiration jubelt, verführt uns der Tod.“
Nihilismus, Dekadenz, sie kommen wieder nach diesem Elysium der
Südlichen Nordsee. Gibt es nicht unbelehrbare Tiere, die den gleichen
verhängnisvollen Fehler immer wieder begehen? So geht es mir mit der
Geliebten. Die klugen Ratgeber können mich nicht dressieren und dadurch
vor dem Unheil schützen. Nur gehe ich, anders als die Tiere, sehendes
Auge auf das Schwarze Loch zu.
Zwischen Jugendkraft und Altersweisheit.

1.10.
Der Mensch ist für die „niedere Minne“ geschaffen, für die Ehe. Die „hohe
Minne“ ist nur säkularisierter Mariendienst. Vielleicht sollte der religiös
begangen sein, ich bin unsicher. In der letzten Nacht auf Baltrum betete ich
einen frei improvisierten Rosenkranz mit Beto-nung auf die
Gleichgestaltung meines Lebens mit der Gottesgebärerin und dem
gekreuzig-ten Sohn Gottes.
Liebe ist der Wunsch nach Überwindung der Einsamkeit. Es gibt
schicksalshafte Ein-samkeit und die Einsamkeit des Kreativen, der keinen
Kongenialen fand.

3.10.

Myrten im Talgrund, in der Vision Sacharjas, seien im Judentum ein Bild


für den Eingang zum Himmel gewesen.
Dachte über die Romantiker nach. Bettine jubelt begeistert (fast wie
eine Charismatike-rin) von der Schönheit der Schöpfung und dem Leben
im Geist. Sie hat Tiefsinn und Kunstsinn, aber zeigt wenig Sog in die
Tiefe. Auch Clemens, den ich liebe, träumt sich eine Welt der Schönheit,
eine naive der Märchen, eine erotische in Godwi, eine fromme, aber die
ganze Schwermut mit ihrer tödlichen Schwere ist nicht die seine, vielleicht
war er hysterischen Temperamentes. Novalis aber, auf ihn trifft Schneiders
Wort: „Ohne Todes-sucht keine Magie“. Die Hymnen an die Nacht und die
Zauberwelt des Ofterdingen haben etwas Jenseitiges. Er kennt die
Todessehnsucht. Er ist mir am nächsten von den Romanti-kern.
Mystik ist die Vergeistigung der kindlichen Sehnsucht nach Symbiose.
Ich habe eine christozentrische Mystik des Kreuzes. Symbiose mit dem
Gekreuzigten. Ich darf die totale Identität nicht von einer Frau erwarten.
Todessehnsucht als Sehnsucht nach Lebensfülle, nach der endlich
erreichten völligen Identität mit dem göttlichen Christus, nach vollende-
tem Geliebtsein, ohne Mangel, Todessucht ist Paradiessehnsucht. Gott,
erbarme dich über meine arme kleine hungrige Seele!
Wenn es keine Symbiose gibt, dann gibt es nur Individualität,
Einzelsein, Einsamkeit. Ich suche bei dem einen Menschen den einen, bei
dem andern Menschen den andern As-pekt, aber es gibt kein umfassendes
Verständnis. Ist „holdes Bescheiden“ das Gebot? Re-signation? O wär ich
im Paradies! die Erde ist zu bitter! Die Erde ist ein Planet, da Myrrhe
wächst, gebildet aus Galle, schwimmend in Essig, mit einem Kreuz darauf
mitten in der Wüste!
Ich fühle mich so: wie ein Ertrinkender, das Treibmoor zieht hinunter.
Psalm: Die Was-ser gehen mir an die Kehle! Kein Mensch kann mich
retten, Christus hält mich immer ge-rade mit der Nase über der
Wasseroberfläche, daß ich nicht sterbe. Das Leben ist am Mar-terpfahl, die
Indianer peinigen so, daß man leidet, aber eben nicht stirbt. Gott ist nicht
gnä-dig genug, seine Gnade und Güte wäre mein Tod.
Mein eigenes Leben ist mir ein Rätsel. Wie sollte mir Gottes Wesen
nicht ein noch viel größeres Rätsel sein? Wir haben aus seiner Hand das
Gute empfangen, sollten wir nun nicht auch das Böse empfangen? Gott ist
gütig und schrecklich zugleich.

4.10.

Der Begriff „Sünde“ ist mir seltsam fremd geworden. Schneider schlägt
„Heimsuchung“ vor.
Es gibt eine innere Einsamkeit, die man zu den Menschen mitnimmt.
Die Menschen be-rühren nur die Peripherie meiner Seele, ergreifen von ihr
nicht den Kern. Wenn ich sagte von der „Peinigung durch die Krallen der
grausamen Einsamkeit“, was ich empfinde, wer von den Heiteren
empfände die Worte nicht als übertrieben pathetisch? Pathos heißt doch
Leiden, Mit-Leiden. Der Ausdruck für wahres Leiden muß pathetisch sein.
Einer sagt, Kunst sei Kommunikation. Wer meine Poesie liebt, liebt
mich. Es gibt keine Kommunikation, däucht mich gerade, es gibt nur
Radebrechen der Seele, Stammeln und Stottern und Lispeln des Herzens.
Sagt Poesie tiefer das Herz aus als das persönliche Ge-spräch? Dennoch
der unstillbare Drang nach Kommunikation. Suche, sich auszudrücken und
ein Echo seiner Seele zu finden. Ach wir dialogisieren, als wenn wir
monologisierten.
Wer will ihn heben, den Schatz meiner jungen Weisheit? Ich kann nicht
verstummen, kann nicht schweigen. Ich will daß ein Mensch mein
Tagebuch liest. Ein Mensch muß mich verstehen!
Einheit von Agape und Eros. Agape als der Geist des Eros, Eros ist
Fleisch. Fleischwer-dung des Logos. Die Geliebte ist ein verschlossener
Lustgarten. Sie gedenkt daran, daß sie sein ist, mit Geist und Seele und
Leib, dann gedenkt sie, daß er ihrer ist, er opfert sein Herz, sein Fleisch,
gibt ihr seinen Geist hin. Er, der voller Liebe ist, lebt diese Liebe für sie.
Er gibt sich ihr hin, sie antwortet hingebungsvoll mit einem tiefen
Vertrauen. Sie ist die Schönste unter den Frauen, die Braut ist die Einzige,
die er mit der ganzen Fülle seiner Liebe liebt. Sie ist die Vollendung seines
Traums. Was er schafft an schönen Werken, ist übertroffen von ihrer
Schönheit. Sie ist so schön, weil er sie liebt. Und gäbe es nur sie, und wäre
sie mit ihm vereint, so wäre eine neue Welt der Harmonie der Herzen da.
Ein Myr-rhebund. Die Myrrhe ist die Bitterkeit, das Leid, das der
Bräutigam leiden muß unter der Sonne. Dieses Leiden verkörpert den
göttlichen Bund, den er mit ihrem Herzen geschlos-sen hat, denn zwischen
ihren Brüsten beherbergt sein heißt, Ruhe zu finden am Herzen der
Geliebten, wie sie auch Ruhe findet erst in ihm. Wohl der fruchtbaren
Wirklichkeit der Braut, die den Bräutigam mütterlich aufnimmt und ihren
Leib ihm als Opfer hingibt. Gab die Narde ihren Duft: ein Bild für
schamhaftes Erröten. Die Narde ist eine indische Pflan-ze, die besonders
kostbar und besonders wohlriechend ist. All ihren Reichtum an Arom, an
Odor des Geistes, gibt sie ihm, von seinem Anschaun erweckt, ja, er weckt
den Reichtum ihres Wesen, der ein Wohlgeruch ist dem Liebenden. Dein
Name ist wie Balsamen-Salbe: Der Name wird ausdrücklich auf die Salbe
gereimt, denn ein Trost ist der Name des Bräu-tigams, denn ein
Wohlgeruch ist der Name der Braut. Die Braut heißt nach dem Öl des
Lebens. Ihre Seele ist gesalbt mit dem Öle der heiligen Liebe. Deine
Augen sind Tauben. Es sind reine Tauben, die gut sind und voller Sanftmut
und Frieden. Die Augen sind Tau-ben, weil sie die Liebe so oft angeschaut
haben. Sie trinken von den Wassern des Lebens und fließen über davon,
darum schimmern sie so von stillem Licht. Tauben sind Liebesvö-gel, ihre
Augen als Spiegel der Seele weisen Gestalten wie Engel der Güte auf, lieb
und licht und lind.

8.10.

Nachts übersetzte ich am Hohenlied.

9.10.

„Ach daß das Entsagen dem Begehren die Waage hält!“ Bettine.
„...die scheinheiligen, moralischen Tendenzen seh ich so alle zum
Teufel gehen mit ih-rem erlogenen Plunder, denn nur die Sinne zeugen in
der Kunst wie in der Natur.“ Bettine.
Mein Werk ist ein lebendiger Organismus, ständig aus dem Chaos sich
schaffend, vom Geist geordnet und zu festen Formen gestaltet. So
entstehen aus Leidenschaften, Leiden, poetischen Instinkten und Glauben
Werke, die Bestand haben müssen!
10.10.

„Ach, es ist so schauerlich, mit sich allein sein, in mancher Stunde! Ach,
so mancher Ge-danke bedarf des Trostes, den man doch niemand sagen
kann, so manche Stimmung, die geradezu ins Ungeheure, Gestaltlose
hineinzieht, will verwunden sein.“ Bettine.
Jesus Sirach über die Freunde: Sie sind wie Wein, sie müssen erst alt
werden, dann erst sind sie gut. Den neuen soll man nicht zu schnell
vertrauen. Manche bestehen nicht in der Not und machen sich lustig über
einen Elenden. Man solle keinen alten Freund um eines neuen willen
aufgeben.
„Du bist in sie verliebt, Goethe, es hat mir schon lange geahnt, jene
Venus ist dem brau-senden Meer deiner Leidenschaften entstiegen, und
nachdem sie eine Saat von Tränenper-len ausgesät, da verschwindet sie
wieder in überirdischem Glanz. Du bist gewaltig, Du willst, die ganze Welt
solle mit dir trauern, und sie gehorcht weinend Deinem Wink.“
Bettine zitiert Beethoven: „Da fühlt man denn wohl, daß ein Ewiges,
Unendliches, nie ganz zu Umfassendes in allem Geistigen liege, und
obschon ich bei meinen Werken immer die Empfindung des Gelingens
habe, so fühle ich einen ewigen Hunger, was mir eben er-schöpft schien,
mit dem letzten Paukenschlag... wie ein Kind von neuem anzufangen!“
Du Einzige, die mir den Tod bitter machst!
„Die Kunst ist Heiligung der sinnlichen Natur.“ Geniale Poesie: „Zu
solcher Aufgabe gehört nicht Berechnung, sondern vielmehr Leidenschaft,
oder vielmehr das Erleiden einer göttlichen Gewalt.“ - „Alle Erzeugnisse
der Kunst sind Symbol der Offenbarung.“ - „Die Gabe des Eros ist die
einzige genialische Berührung, die den Genius weckt; aber die an-dern, die
den Genius in sich entbehren, nennen sie Wahnsinn.“ Bettine.

11.10.

Bettines Buch der Liebe wühlt mich so auf. Ich bin strahlend vor Liebe
und süß wie Honig wegen der Goldenen Honigbienenkönigin. Oft war sie
mein bitterer Beifuß, nun ist sie meine herrliche Rose. Beifuß-Rose Ai-Wei
ist ihr chinesischer Name. Etwas am Hohenlie-de nachgedichtet.

12.10.
Bettines Buch der Liebe ist das schönste, was sie je geschrieben hat. „Ja,
die Wehmut ist der Spiegel des Glücks; Du fühlst, Du siehst in ihr
ausgesprochen ein Glück, nach dem sie sich sehnt.“ - „Ach und im Glück
wieder durch allen Glanz der Freude durchschimmernd diese schmerzliche
Wollust. Ja das Glück ist auch der Spiegel dieser aus unergründlichen
Tiefen aufsteigenden Wehmut.“ Gott, der „meiner Inbrunst, meiner
Sehnsucht kühlenden Balsam zuträufelte, der alles Begehren in geistiges
Schauen umwandelte.“
„The night is my companion, the solitude my guide.“
Bettine: „Schönheit erzeugt Begeisterung, aber Begeisterung für
Schönheit ist die höchs-te Schönheit selbst. Sie spricht das erhöhte,
verklärte Ideal des Geliebten durch sich selbst aus.“
Die Geliebte ist das Dornröschen der Nordsee, ihr Mund ist eine
Hagebutte, ihr Leib ein Meer, eine Zitterpappel, ihre Brüste sind
Schiffsglocken, ihr Haar ist rauschenden Dünen-gras. - Das Hohelied ist
ganz für Sie nachgedichtet. Sie ist so vielfältig, und ich will ihr tausend
Hohelieder schreiben.
Bettine: „Vielleicht dringt Gott durch den Geliebten in unser Herz?“ -
„Wo ich nicht in Worten liebkosen kann, da verweile ich nicht lange.“
Schneider: „Ach, was soll ein Herz auf der Welt, das schwer ist von
Liebe und diese Liebe verschenken möchte und niemanden mehr findet,
der sie annimmt!“

14.10.

War in der Heiligen Messe, so schöne Predigt über den Segen einer
christlichen Gemein-schaft, in der man seinen Götzen: seinen Reichtum an
Eigendrehung loslassen könne und Mensch sein. Es wurde ein Lied von
Angelus Silesius vom Kreuztragen gesungen und an-dere Lieder mit
süßmelancholischen Melodien. Der taubstumme Bettler, den ich aus der
Obdachlosenarbeit der Pfingstgemeinde kenne, gab mir während der
Wandlung die Hand, ich freute mich über ihn und gab ihm mein letztes
Geld. Ich ging so beseligt und verklärt aus der Messe, die mir immer so
gut tut. Mir gingen während der Messe die Parolen durch den Kopf, die
Wandlung sei Magie und Zauberei, die Kirche Roms sei heidnisch-okkult
oder die größte Sekte der Welt; all das kam mir nur engherzig und
lächerlich und sektiere-risch vor. Mich berührt der Katholizismus mit
seiner schönen Frömmigkeit.
Fragt ein Jud einen andern in Amerika: Na, bist happy? - Jo, happy bin
ich schon, aber nicht glücklich.

15.10.

Lied der Lieder zuende nachgedichtet. Möchte auch den Prediger


nachdichten: Sinnlosig-keit der Sinnlosigkeiten, alles ist sinnlos, sagt der
Prediger.

16.10.

„The Lord is the only way for you to stop the hurt.“
Das schöne Buch Jesus Sirach gelesen, besonders schöne darin das
Hohelied der Weis-heit, so schön wie die Vermählung Salomos mit der
Weisheit in der Weisheit Salomos. Ich weiß nicht ob Jesus Sirach Gottes
Wort ist, die Katholiken sagen ja, die Protestanten nein.
Hesses Siddharta angefangen. Jesus Sirach und Prediger Salomo
wecken eine Sehnsucht nach der Weisheit in mir. Schneider spricht von
Jugendkraft und Altersweisheit. Noch do-miniert bei mir die Jugendkraft,
die sich in der Begeisterung erotischer Leidenschaft äußert. Ehrfurcht vor
Gott ist der Anfang in der Weisheit, aber wie wächst man in der Weisheit?
Es gibt ein Charisma der Weisheit. Übers Leid kann ich weise reden, aber
gerade in der Liebe bin ich meistens töricht und die wilden Leidenschaften
lassen mich fast die Ehrfurcht vor Gott vergessen. Ach ich armer Tor, wann
werd ich endlich weise? Brecht sehnte sich nach Weisheit und
Freundlichkeit und Güte. Konfuzius und Lao Tse waren weise und Pla-ton
und Sokrates. Schneider war weise. Gott, ich bitte dich, wenn du mich
noch viele Jahre auf der Erde leben lassen willst (was ich gar nicht hoffe),
dann mach mir Reife und Alter sinnvoll durch das Charisma der Weisheit.
Ich bin der törichten Leidenschaften überdrüs-sig.

17.10

Fing an, den Qoheleth nachzudichten. „Haschen nach Wind“ heißt


„Verdruß des Geistes“! - Ich liebe in der Kirche das Bekreuzigen mit
Weihwasser, das Bekreuzigen von Stirn und Mund und Herz, kneite vor
dem Schrein, dem „Christus von Osternburg“. Ich dachte an die Zeit von
93 und 94, als ich glaubte und Katholik war und kein Streit meines Geistes
die Seele störte, ich glaubte naiv wie ein Kind, das war schön. Glauben
heißt nicht Wissen und Verstehen, Glauben heißt wie ein Kind vertrauen
auf die Güte und Allmacht Gottes.
Ich klagte Einem die Sinnlosigkeit meines Dichtens, da es keiner liest.
Nein, sagte er, es sei Gotteslob und darum sinnvoll, auch wenn es keiner
kennt als Gott. Die Werke des Lichts werden von der Welt nicht geliebt.
Mein Hoheslied ist schöner als Luther seins.
Das erste Kapitel des Predigers fertig. Ich sehne mich nach der
Weisheit, wie sie sich Jesus Sirach und Salomo gab, aber je mehr Weisheit,
desto mehr Leiden. - Auch die Klage-lieder Jeremias will ich übersetzen.
Der Hiob ist leider so unendlich lang, aber es wäre eine gewaltige Arbeit.
Ich bräuchte eine große Gemütsruhe und viel Arbeistsamkeit, ich weiß
nicht ob ich das leisten kann.
Okzident und Orient. Klopstock findet orientalische Poesie zu
bilderreich. Ein Theologe fand das Hohelied schwülstig: Gotteslästerung
ist das! Die persische Poesie (Madschnun und Leilah), die indische
Liebeslyrik, das biblische Hohelied sind blumig. Ich bin offen-sichtlich ein
orientalischer Dichter. Novalis in seinen Hymnen an die Nacht, Jean Paul
in seinen ekstatischen Hymnen sind blumig. Ich neige zur Romantik, weil
sie das Gefühl ver-herrlicht. Ich mochte die Vergeistigung der Natur bei
Bettine, bin aber kein Naturphilo-soph. Ich gebrauche viele Naturbilder,
um Menschliches oder Heiliges auszudrücken. Für mich ist die Geliebte
die ganze Natur. Mangofrüchte sind nichts als ein Bild für ihre Brüs-te. Ich
träumte von ihrer Scham als von einer Lilienblüte. Sie ist Meer und
Muschel, sie ist ein Paradiesgarten. Die Tiere, denen Adam in Eden Namen
gab, waren alle Aspekte und Vorschatten Evas. Das ist, glaube ich, das
Renaissance-Konzept der Natur: Vermenschli-chung. CS Lewis sagt zur
Naturliebe: Die Natur gibt ein Bild von Herrlichkeit, die zum Bilde wird
für Gottes Herrlichkeit. Aber die Natur selbst lehrt nichts über Gott und
den Menschen, sondern jeder Mensch legt seinen Geist und seine Seele in
die Natur. Andrer-seits, wer den Gott der Bibel erkannt, sollte der nicht
auch sein Abbild in der Natur finden? Nicht umsonst gibt es
Vegetationsgötter wie Adonis, die Vorschatten waren des Adonai Jesus. Es
gibt Passionsblumen, Passionsfrüchte, Salomosiegel, Mariengras. Es gibt
die A-gonie des Sonnenuntergangs und die Auferstehung des
Morgensterns. Es gibt Gott, den Felsen, der mitten im Meer der tobenden
Völker steht. Schnee ist sein Gewand. Die zwölf Sternbilder sind Israels
Krone (oder Marias), die Sonne ihr Gewand, die Mondsichel ist die
Muschel, auf der sie daherfährt. Das Evangelium ist eine Perle. Menschen
sind Gott wert-voller als Sperlinge und Lilien. Seid arglos wie Tauben und
klug wie Schlangen. Herodes ist ein Fuchs. Die Frommen sind Schafe und
Lämmer. Christus ist der Löwe Juda und das Lamm Gottes. Die Braut ist
eine Gazelle, ihre Augen Tauben. Maria opferte für Jesus zwei reine
Tauben. Das Hohelied ist voller Natur. Am Anfang schuf Gott die Natur.
Am Ende der Bibel ist die Rede vom Baum und Strom des Lebens.
Zeit ist Trug, nur Ewigkeit ist wahrhaftig. Zeit ist eitel und nichtig, nur
Ewigkeit hat Weisheit. Gott ist weise und ewig, ohne Gott weder Weisheit
noch Ewigkeit. Weisheit ist nicht allein Gottesfurcht (Ehrfurcht), die ist
das Fundament. Weisheit ist die rechte Einstel-lung zu den Dingen des
Lebens? Weisheit ist mehr als Klugheit. „Weisheit (sophia) bedeu-tet
Einsicht in die Fülle der Dinge und Lebenszusammenhänge. Der Mensch
gewinnt sie teils aus Veranlagung, teils aus Erfahrung, immer aber als
Gabe Gottes. Gottes Weisheit zeigt sich in dem Wunderwerk seiner
Schöpfung, in der Offenbarung des Heils. Jesus nennt das Alte Testament
die Weisheit Gottes. Die Sprüche nennen die Weisheit eine Person. Das
Neue Testament nennt Christus die personifizierte Weisheit. In ihm sind
alle Schätze der Weisheit. Die gottgeschenkte Weisheit im Alten Testament
schließt künstlerische Fä-higkeiten ein. Weisheit des Menschen findet
nicht immer Lohn auf Erden. Salomo, Josef und Daniel waren weise. Im
Ruf besonderer Weisheit des Menschen standen die Ägypter. Gottes
Gebote auf den Alltag anwenden, war die Aufgabe der Weisheitslehrer.
Jesus Si-rach. Vom Heiligen Geist gewirkte Weisheit kann Geheimnisse
enthüllen.“ Ich will mich zu Füßen Sophias setzen und ihrem
Menschenmund lauschen. Sie redet töricht vom Kreuz, das ist ihre höchste
Weisheit. Sie führt zur Ewigkeit, zur Liebe und zum erfüllten Leben. Sie
hat in der Welt ihr Leid zu tragen und wird verspottet. Sie liebt Anstand
und Reinheit. Die Weisheit ist fromm. Sie streute ihre Samen auch in die
Lehren Konfuzius und Platons.

18.10.

Schiller an Sophie Mereau: „Ihre Phantasie liebt zu symbolisieren und


alles, was sich ihr darstellt, als einen Ausdruck von Ideen zu behandeln. Es
ist dies überhaupt der herrschende Charakterzug des deutschen poetischen
Geistes, wovon uns Klopstock das erste und auffal-lendste Muster gegeben
und dem wir alle... nicht sowohl nachahmen als durch unsre nor-disch-
philosophierende Natur gedrungen folgen. Wie leider unser Himmel und
unsre Erde der eine so trüb und die andre so mager ist, so müssen wir sie
mit unsern Ideen bevölkern und ausschmücken, und uns an den Geist
halten, weil uns der Körper so wenig fesselt. Deswegen philosophieren alle
deutschen Dichter, wenige ausgenommen...“
Clemens warb trotz Aussichtslosigkeit um die Mereau, sie sah seiner
Mutter ähnlich, er beschwor sie, keine weiteren Kinder mit ihrem Mann zu
haben, trotz Zurückweisung blieb er beharrlich werbend, er sah sie als
seine Zwillingsschwester, er allein verstand ihr inners-tes Wesen.
Ich sprach zum Lachen: du bist närrisch! und zum Jubel: wozu dienst
du?
C.S. Lewis schreibt, daß Eros seine eigene Religion stiftet: die
Geschichte des Kennen-lernens ist das Alte Testament, das Gnadegeben
der Geliebten das Neue Testament, die Liebesleiden des Unglücklichen
sind des Eros Martyrium, die seelische Liebe wird zum Gesetzgeber und
definiert Gut und Böse, Erlaubtes und Nichterlaubtes: Erlaubt ist, was der
Liebe gefällt.
Die Geliebte ist meine Religion, sie ist meine Götzin, Gott vergebe
mir. Ich besitze sie mehr in der Einsamkeit, als wenn ich sie sehe und sie
sich entzieht, sie lebt in meinem In-nern. Wie soll man da weise werden,
wenn einen der törichte Amor besitzt und man keine rechte Gottesfurcht
hat? Es müßte jeden Tag hier eine Heilige Messe geben. Gott ist mir ein
Gott mit vielen Göttinnen, die sich alle auf den Namen der Geliebten
reimen.
Ein Freund an Brentano: „Sei doch ein wenig poetisch, und die Poesie
(die Mereau) ist dein. Was geht dich der schweinslederne Band an (ihr
Ehemann), in den sie gebunden ist, du willst sie ja nicht einbinden.“
„Aber mir ist die Ahnung gekommen, als wenn dein Geist sie mehr
interessiere als dein Herz.“

19.10.

Mit Einem über den Prediger gesprochen. „Haschen nach Wind“ (Luther),
„Verdruß des Geistes“ (King James) ist eine hebräische Doppeldeutigkeit.
Es heißt Verlangen, Begehren, Schmachten des Geistes und zugleich
Trachten, Streben nach Wind. Das Schmachten des Geistes ist vergeblich
wie ein Streben nach Wind. Ich sage: „Vergebliches Schmachten des
Geistes“.
Überlege, die Klagelieder Jeremias (Elegie) mit Lang- und Kurzzeilen
(Qinah) in Jam-ben textnah nachzudichten. In Jamben dichtete auch Tur-
Sinai nach, aber er war kein deut-scher Dichter, er radebrecht, die Gute
Nachricht dichtet auch in Versen, aber zu unabhän-gig vom Grundtext.
Clemens mußten die „Berge fern sein, um golden zu erscheinen“. Ist es
die Unerreich-barkeit der Geliebten, die sie so ideal macht? Aber ach die
Einsamkeit! ach das Fernsein vom Herzen!
Clemens an Sophie: Mir fehlt „ein Unnennbares, was mir deine Nähe
gewährt, mehr als irgend die Nähe eines Menschen.“ O Wohlsein und
Glück in Ihrer Nähe! Salomo: „Nichts vermag ein Mensch zu sagen!“
Sophie an Clemens: „...und bekämpfe jenen Hang, stets nach den
Fernen dich zu sehnen. Diese ewige Sehnsucht gehört nur Gott.“ Ja,
Sehnsucht nach dem fernen Lande als Sehn-sucht eigentlich nach dem
Paradies, (mein Israel und China), Sehnsucht nach dem fernen, verklärten
Menschen als eigentliche Sehnsucht nach dem vollkommenen Menschen,
dem Ideal, das ist Jesus.
Ein Hauch von Küsschen wie der Duft einer weißen Jasminblüte auf
ihre glühende Wan-ge...
Unbestimmt fühle ich, daß meine wilde Leidenschaft nicht zum
Katholizismus passt. Da scheint mir Dämpfung, Demut, Tugend und
Keuschheit zu sein, aber mich ziehts zu Sturm, Lebenslust, Stolz und
Genuß.
„Brentano liebte diese Frau als sein in die Welt getretenes Ideal, irdisch
und sinnlich und zugleich als Verkörperung dessen, was seine Phantasie in
kühnsten Träumen ausgemalt hatte.“ Arnim: „Wer dich nicht kennt, würde
dir geradezu sagen, du liebst sie nicht mehr als eine Romanperson.“
Brentanos hitzige Phantasie und ruhelose liebeshungrige Seele, seine
stürmische Schwärmerei und Absolutheit der Liebe.
Rubine des Feuers, Diamanten der Erde, Smaragde des Wassers,
Saphire der Luft, all das ist Sie, Sie ist die Natur, nach der ich mich sehne.
Sie ist die Rose, der Garten, die Lichtung im Walde, die Pinie, die
Hainbuche, der Apfelbaum, Pflaumenbaum, Birnenbaum, Pfir-sichbaum
und Granatapfelbaum, sie ist die Feige und die Dattel, in ihrem
Palmenschatten will ich ruhn, sie ist der reine weiße Lotos im trüben
Teich, sie ist sanft wie eine Wolke, süß wie ein Sommerhimmel oder der
Mai, zärtlich wie Maienblütenblust, melancholisch wie ein Herbstnebel,
tief wie der Winter, sie ist aus tiefem stillem Wasser, von verborge-nem
Feuer, geht mit den Jahreszeiten der Erde in ihrer Kleidung und ist ein
sanfter Wind, sie ist die Königin der Elemente, sie möchte gerne tanzen,
sie ist religiös, sie berherrlicht die Gefühle, sie ist romantisch, sie will tiefe
Gemeinsamkeit, absolutes Vertrauen, absolute Treue in der Liebe, sie will
Einheit von Liebe und Verliebtheit und Verlangen, sie hat Angst vor
Vereinnahmung durch die Freundinnen, sie war ein todtrauriges Kind, ein
schwermütiges Mädchen, sie mag mit Holz arbeiten, interessiert sich für
romantische, mo-dern-naturverbundene Architektur, sie glaubt an das
Prinzip Gottes, die Liebe und Wahr-heit und Güte, sie sehnt sich nach
spiritueller Führung, sie würde an Gott als Person zu glauben beginnen,
wenn sie ihn fühlen würde, sie ist klug, sie interessiert sich für Weltan-
schauung, Religion und Weisheit, sie wird unsicher, wenn sie fühlt, daß sie
in Wirklichkeit dem poetischen Bild nicht entspricht, sie ist schön, sanft
und süß, ihr Lieblingswort ist: Lieb... Sie ist meine Muse, sie hat es mir
erlaubt, sie so zu nennen.
Vorwort zu den poetischen Rosenkränzen: Diese jungen Rosenkränze
sind allesamt ge-zählt und gesungen zur Ehre Gottes. Manche mögen
darüber streiten, ob der Rosenkranz ein rechtes christliches Gebet sei. Ich
sehe in diesen Rosenkränzen die Verherrlichung der geschaffenen
Herrlichkeit und dadurch der schaffenden, ungeschaffenen Herrlichkeit.
Da alle diese Werke aus Liebe geschaffen wurden, weisen sie durch die
Ähnlichkeit der menschlichen mit der göttlichen Liebe deutliche Spuren
der letzteren, höheren auf. Diese Rosenkränze sind alle vom Morgenstern
gestreut worden und von einer klugen Jungfrau gereiht worden zu
Perlenschnüren. Jede dieser Perlen ist eine Sehnsucht nach der Neuen
Jeruschalajim, der schönen Braut Gottes, in deren Mitte der Poet die Liebe
lobt.
Nachdem Sophie mit 36 Jahren bei der Fehlgeburt stirbt, ist Clemens
Leben öde, ausge-brannt, undichterisch, tot. Er sucht Trost in der Religion.
Er träumt oft von Sophie: sehr schön, sehr heilig, wie in der ersten Liebe.
Sie starb: „Ach Gott, ach Gott, stärke mich! Lebt mein Kind?“
Gott möge mir ein ganzes Ja zu meiner Leiblichkeit geben. Ja, Gott
nennt in der hebräi-schen Sprache auch das sexuelle Verlangen Liebe, ein
Element der Liebe, dazu Eros der Seele, Freundschaft der Herzen und
Geister, stille Zuneigung von Natur und Kindern, ge-genseitige Inspiration
des Geistes und Liebe wie Christi Liebe: Er möge sich ihr offenba-ren!
Und das Verlangen bleibt.
Einer meinte: Wenn Schullamyth sagt: Ich bin schwarz, aber schön, so
meint das die Demut der Kirche, die von ihrer Sünde und von ihrem
Geliebtsein weiß. Mir scheint das rassistisch. Sie ist braun von der Sonne
Ägyptens. Ich bin schwarz und schön. Ihr Weißen, seht, ich bin eine
Negerin, und was für eine schöne Negerin!
Gereinigt für die Geliebte. Schenkte ihr Duftöl vom Ylang-Ylang-
Baum und einen Duft-stein mit Schmetterlingsbild. Sie freute sich ebenso
lieblich. Dann waren wir in einer Aus-stellung: 5000 Jahre
Stadtentwicklung von Dammaskus und Aleppo. 3000 Jahre vor Chris-tus
Kultur von Sumer, der Euphrat als Wiege der Menschheit, er entspringt
etwa nördlich von Syrien. Assyrische und ägyptische Herrschaft in Syrien.
Kleine Tontafeln mit Keil-schrift. Kleine Frauengestalten, vielleicht
Ascheren-Bilder. Schmuck, Perlenketten. Brun-nen, Töpfe,
Räuchergefäße. Hellenistische Epoche mit korinthischen Kapitellen, Akan-
thusblätter als Zier, und Friese mit Erosköpfen. Baalskult. Baal wurde in
römischer Zeit mit Jupiter identifiziert. Im 4 Jhd. wurde Syrien Teil des
oströmischen Reiches, in Dam-maskus byzantinisch-orthodoxe Basilika
oder Kathedrale. Um 650 Eroberung durch die Muslime, im Zentrum Bau
der Großen Moschee. Ornamentenkunst. Ein handgemalten Buch mit
naiven Illustrationen, ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Eine Art
Zither. Wasserpfeifen, gläserne Schminkfläschchen, verzierter kupferner
Zuckerhammer, Pfeifen in Samtstickereien gewickelt. Zigarettenspitze.
Moccatässchen von Bronze oder Kupfer. Bunte Ornamente an den
Wänden. Häuser mit Innenhof, Brunnen und schattenden Bäu-men... Dann
waren wir im Café. Sie war so schön! wie sprachen schön über die Liebe
und Kunst. Bedürftige und wertschätzende Lust. Freundschaft in aller
Liebe. Eifersucht. Ge-sprächslosigkeit ihrer Beziehung zum Ehefeind, mit
mir tausche sie sich viel mehr aus. Erzählte ihr von Clemens und Sophie
und Hölderlin und Diotima. Sie solle in mir nur lesen wie in einem Buch,
sie lachte. Aber sie, sagte sie, sei nicht befruchtend für mich. Ich sagte, ich
hätte es nüchtern geprüft und noch keine Frau so befruchtend empfunden
wie sie. Sie sei befruchtend durch ihr bloßes So-Sein, sie sei immer anders,
es sei sehr interessant, sie sei für mich die Summe der Natur. Sie freute
sich von Herzen darüber. Ich verglich sie mit Oma, das sei ein
Kompliment, denn Oma sei mir der liebste Mensch auf Erden gewesen.
Wenn die Geliebte die Natur ist, die Natur ein Bild Gottes, dann ist die
Geliebte ein Bild Gottes. In ihrer Schönheit, Sanftmut, Süße,
Freundlichkeit, Tiefe und Güte liebe ich diese Wesenszüge Gottes.
Qoheleth: Besser der Augen Schauen als der Seele schweifende
Sehnsucht. Im Frühling 98 hörte ich eine Predigt über den Genuß der
Schöpfung. Ich ging zu Ihr und genoß in ihr die Schöpfung.
Der Talmud sagt, der Embryo lese die Thora vor- und rückwärts und
kenne alle Geheim-nisse der Gottheit, aber bei der Geburt schlage ihm ein
Engel auf den Mund. Platon sagt in der Republik, die Seele sinke wie eine
Sternschnuppe aus dem All-Einen nieder, durch-wandere eine Wüste,
tränke von der Lethe und werde geboren. Nur Künstler, Philosophen und
Poeten hätten wenig von der Lethe getrunken und erinnerten sich der
Geheimnisse aus der Welt der Ur-Idee. Wir kommen aus dem Schoß
Gottes, er schuf unsre Seelen aus dem Nichts (was ist das Nichts?) und gab
uns Ähnlichkeit mit sich, schuf uns als Ebenbilder, wir sollen ihn suchen,
er zieht uns, er wird sich offenbaren.
Daß Diotima, die Sokrates über die Liebe lehrte, ihm auch den
Schierlingsbecher reichte! Das ist Tristan und Isolde, Liebe und Tod in
einem, das ist Antigones Hymnus auf das Brautgemach des Hades, das ist
Lammes Liebe am Kreuz und Hochzeit im Jenseits.
Homers Helena „steigt mit gerafftem Gewand leichtfüßig die Stufen
zum skäischen Turm empor, daß die Greise ihr bewundernd nachschauen.“
Isolde Kurz.
„Schönheit ist die Sprache, durch die der Schöpfer seine liebevollen
Gedanken uns im-merzu mitteilt, darum ist sie durch die ganze Schöpfung
ausgegossen.“ (Isolde Kurz)
Ihre Nase ist ein Duftflakon aus ägyptischem Rosenharz. Gott blies
Hans Adam den O-dem in die Nase, der Eva auch?
„... indem er seine unbelohnte Liebe der schönsten Frau als einen
Strahlenkranz um die Stirn legte, mit dem sie durch die Jahrhunderte
geht.“ Isolde Kurz.
Die Nase in der Bibel: „...blies ihm den Odem des Lebens in seine
Nase...“, „...will dir meinen Ring in die Nase legen...“, „solange der Hauch
von Gott in meiner Nase ist...“

22.10.

Einer sagte, die Eskimos hätten viele Worte für Schnee. Ich sagte, die
Griechen viele Wor-te für Liebe, die Hebräer viele Worte für Gott. Was
einem Volk wichtig ist!
Sie ist ihm „das Eine, Wesentliche, wodurch alle Dinge erst ihren Wert
erhalten“. Isolde Kurz.

23.10.

„Die Griechen wußten bei aller Verehrung, daß Aphrodite das Lachen
liebt. Wir sind kei-neswegs verpflichtet, unsere Liebesduette in Moll zu
singen, bebend, ewigkeitstrunken, herzzerbrechend, wie Tristan und
Isolde. Singen wir doch auch wie Papageno und Papage-na.“ CS Lewis.
Galle heißt Mara, das Bittere. Mirjam sah bitter die Not des
Mosekindes. Maria die Bit-tere sah die Passion. Dem einen wird das
Bittere zuviel, er verspritzt Galle; der andere nahm es an und schluckte die
Galle. Wer das Bittere mit Weisheit versteht, dem wird die Galle zum
Guten, er wird barmherzig. Der Ort Mara (2.Mose 15,23). Das Holz des
Lebens machte das bittere Wasser süß. Die Juden kennen vier Gallen:
schwarze, rote, weiße, grü-ne. - Die Scham der Frau heißt Mekem, Quelle
des Ursprungs. Das Geheimnis der Frau. Die Mutter schlechthin.
Keuschheit heißt Bescheidenheit, Verborgenheit, Heimlichkeit,
Unmerklichkeit. Ich will trinken von der Quelle allen Lebens. Nur durch
persönliche Liebe und intimes Vertrauen sich nähern. Eine keusche Frau ist
keine Prüde, sondern eine Ver-borgene. Liebe ist ein Opfer, keine Vorteil
bringende Sache. Liebe ist so unerreichbar wie der Baum des Lebens.
Begegnet man der Frau als Menschen, bestaunt in ihr das Wunder der
Frucht. Sie ist in Liebe gesehen Bild und Gleichnis Gottes. Das
Mannesglied nennt der Hebräer Mila: Beschneidung, oder Zeichen des
heiligen Bundes. Beschneidung ist Wegtun des Äußeren. Der Fromme lebt
den Akt als Verborgenes, Geheimnis.

24.10.

Walter von der Vogelweides Mädchenlieder der sogenannten niederen


Minne haben viel mehr Lieblichkeit und ähneln dem Hohenliede viel mehr
als die Lieder der hohen Minne. Bei beiden Gattungen denk ich an Sie und
will einige Lieder für sie nachreimen
Ich will in dein Haus des Brotes kommen, du Tochter der Fülle, zu dir
und deinem Kind. Ich sah den Stern Deneb im Herzen des Schwanes, dem
am Kreuz des Nordens herrlich fliegt, und Deneb führte mich zu dir. Nun
seh ich dich in Tannennadeln, zwischen Kater und Katze, die den
Gabentisch der Liebe kennen, wie ich, denn von dir kommt die Gabe, die
in meinem Herzen Liebe weckte. In deiner Schönheit, Milde, Sanftmut,
Schamhaftig-keit und Lust seh ich diese Züge der göttlichen Liebe. Du
Ebenbild Gottes, in dir lieb ich als der schönsten Schöpfung in meinen
Augen den Geist, der dich geschaffen, das Wort, das dich ins Leben rief.
Mit demselben Worte will ich dich zur Liebe rufen, komm zur e-wigen
Liebe, der Geist der Liebe wirbt um dich, seufzt dir zu, lehrt dich Weisheit,
deckt deine Makel zu, du Makellose in den Augen wahrer Liebe! Die
wahre Liebe ist Gnade, unverdientes Geschenk, und sucht in deinem
Herzen zu wohnen und begehrt mit der Lei-denschaft eines Bräutigams die
liebende Antwort, das Ja deines Herzens, denn der Geist der Liebe ruft
dich rote Rose, dich weiße Lilie zur Hochzeit eines Lammes, welches für
dich alles zu geben sich nicht scheute, Leib und Leben: Jesus, der dich
liebhat von ganzem Herzen Gottes, und er in mir, und ich, der ich dich
liebe mit der tiefen Liebe eines Poeten, der sich deinem Ruhm
verschrieben hat.
Diamanten sind extrem verdichteter Kohlenstoff. Ihre Augen.
Alraune sind Liebesäpfel. Kapernbeeren stimulieren sexuelles
Verlangen. (Altes Testa-ment)
„Geheimnisvoll und gedankenreich wie eine Tanne war sie.“
(Kierkegaard) „...die zärtli-chen und treuen Umarmungen des
Verstehens...“

25.10.

Es gibt verschiedene Melancholien: die des Wanderers, wenn sich eine


feuchte Nebel-schleppe durch gelbbraunes Laub schleppt; die des
männlich-leidenschaftlich Liebenden, der nicht wiedergeliebet wird; die
des Dichters; die des Frommen angesichts der bitteren Schalheit der Welt.
Ich bin zutiefst traurig und ausgesetzt auf den Bergen des Herzens, o
wie allein da, und wie ein Waisenkind im weiten Weltall, das so dunkel,
kalt und gleichgültig ist; und wo ist Gott? Könnt ich glauben an die liebe
Mutter Maria, aber ich kann nicht. Gott als Vater und Geist, wo ist da
Wärme und Geborgenheit einer Höhle und eines Brutnestes? Ich mag die
Nestwärme bei Ihr. Ich vermisse eine Mutter.
Maria nähert sich der Geliebten, indem sie mir als Madonna mit dem
goldenen Granatap-fel erscheint, die Geliebte nähert sich Maria, indem sie
schüchtern und schamhaft, sanft und tiefsinnig erscheint. Ich möchte in der
Geliebten Maria finden und in der Madonna Jesu liebendes Herz. Maria ist
die Bittere. Und wieviel Bitterkeit, Schwermut, Angst und Einsamkeit in
der Seele der Geliebten, als sie Kind und Mädchen war. Ich liebe das Mäd-
chen in ihr.
„Anmut ist ausgegossen über deine Lippen“: was mich heute um die
Geliebte weinen ließ, les ich jetzt in der Andacht der heiligen Mutter und
Jungfrau, der Neuen Eva: der Mutter des Lebens, der Braut des Heiligen
Geistes, in ewiger Jugend und ohne Makel. Die Mutter Erde tat sich auf
und der Heiland sprosste hervor.

26.10.
„Heute grüß ich sie von Weitem. Ich bin zu traurig und zu feierlich... zu
feierlich für Kin-der. Und doch Kind.“ (Rilke, die Weiße Fürstin)
Was mich tröstet, ist die Arbeit. Fragment um Fragment entsteht ein
Musentempel, ein Haus Jehowahs.
Lese die trostreichen Zisterzienser-Meditationen zum Hohenlied:
„Nirgends habe ich Trost, nirgends Erholung gefunden, sondern überall
nur Kummer und Schmerz, denn ich habe den, den ich so glühend liebe
und so inständig suche, nicht gefunden.“ Liebe ich Je-howah, liebte ich
Jesus so, wie ich Sie liebe! Würde mich solch eine süße Leidenschaft für
ihn ergreifen, wie ich für sie empfinde! Er würde mich nicht so
verschmähen. Wie soll ich zu Gott finden? Ich suchte Glück und Liebe,
Schönheit und Poesie, Herrlichkeit und Geist bei Ihr. Wo Sie war, war
mein Himmel, wo sie sich weigerte, meine Hölle. Aber sie kann nicht
geben, was meine Seele braucht. Ich zweifle sündig, daß Gott allein geben
kann, was meine Seele braucht. Er mutet mir zu, daß ich an ihn glauben
soll, obwohl ich ihn nicht süpre und erfahre. Ich bin in einer kalten
Fremde, ich aus dem hebräischen Südland, zuhau-se eigentlich bei Eyn
Gedyj; ich muß im kalten Germanien leben! Ich will heim zur Braut
Jeruschalajim, ich will zur Tochter Tsyown, ich will in den Himmel,
Jehowah dort zu um-armen und abzuküssen, zu ruhen an seinem Herzen,
im Sonnenschein seiner liebenden Au-gen. O Jesus komm! O laß mich
bald abscheiden! Ich ertrage das Exil nicht mehr.
Heimsuchung: mit Unerwünschtem, Unangenehmem überfallen,
geplagt werden. Mein Leben ist eine Heimsuchung. Den Frommen dienen
die Heimsuchungen zum Besten.
Jesus: Du mußt den Kelch trinken, den ich getrunken habe... Er war
Bitterkeit des nichti-gen Lebens, er war der Tod in allem Dasein. Jesus
rief: Mich dürstet!... Ihn dürstete nach der Liebe der Menschen. Sie aber
kreuzigten ihn. Dem werd ich gleichgestaltet.
Die Zisterzienser haben mir Sehnsucht nach Tiefe, frommer Stille,
Gebet, Meditation, Andacht, Sakrament, mystischem Wort Gottes und
konzentrierter Liebe zum Bräutigam Jesus gegeben. Jetzt lese ich
Brentano-Gedichte und fürchte mich vor der leidenschaftli-chen Liebe. Ich
will Seelenruhe. Ich will erwiderte Liebe. Ich bin der Liebesleiden über-
drüssig. Gott, mach mich gesund! Aber das ist unmöglich. Sie ist in mein
Herz gebrannt. Das hat etwas von Verurteiltsein zu unglücklicher Liebe,
und das hat etwas von Ver-dammtsein. Verfluchte Erde, die du Sehnsucht
erzeugst nach Milch und Honig, aber nur Staub und Kot gibst.
Lukas 11,27. Eine Frau erhebt ihre Stimme und ruft Jesus zu:
Glückselig der Leib, der dich getragen, und die Brüste, die du gesogen.
Und er sprach: Gewiß... - O glückselige Ma-donna Maria!

27.10.

Clemens Brentano: „Unbeglückt muß ich durchs Leben gehen, / meine


Rechte sind nicht anerkannt; / aus der Liebe schönem Reich verbannt, /
muß ich dennoch stets ihr Schönstes sehen!“

28.10.

Dachte an Selbstmord. Heute tröstete mich eine Predigt über den Himmel.
Jesus in seiner göttlich-süßen Schönheit sehen, mit ihm tafeln, im Palast
Gottes im Himmel der Himmel wohnen, Gott loben, in neuer Kreativität
ihn mit Kunst verherrlichen, zur Harfe Hymnen in Himmelszungen singen,
unendliche Epen voller Wohllaut rezitieren von der Liebe und dem süßen
Herze Jesu, der da ist und nimmer fern. Ach wär ich da! Gott, gib Kraft zur
Ge-duld, zum Überstehen!
Heilige Messe. Nur der Kreuzweg ist der Weg der Auferstehung. Wie
1994 fühl ich eine tiefe, sehr süße, weltentrückende Beseligung durch den
Leib Christi. Mit Gesundung der Seele, tiefer Begegnung mit Gott und
dem Frieden Jesu trat ich aus der Kirche in die Nacht und gehe mit ihm
durch die Zeit gesegnet.

30.10.

Wozu die Mühe meiner Arbeit, wenn es doch keiner liest? Vor dem
Kruzifix: Christus ist auch auf der Erde gescheitert, die Jünger hielten
seinen Tod auch für eine Niederlage. Aber Christus wußte, daß Gott seiner
Niederlage einen Sinn geben wird in der Auferstehung. Dennoch, inmitten
der Niederlage war die kommende Auferstehung ihm kein Trost, sie
erleichterte sein Leiden nicht. Gott gab mir das Charisma meiner Poesie,
ich muß ihn damit verherrlichen, nicht um irdischen Ruhm zu erlangen,
sondern um Gott zu dienen. Das wei-tere Schicksal, das Vergessenwerden
oder der Nachruhm oder auch Erfolg zu Lebzeiten, liegt in Gottes Hand.
Was tut einer, der still in seinem Kämmerlein für alle Welt betet? Er hat
auch keinen irdischen Lohn, sein himmlischer wird um so größer sein.
Rilke: „Ist Schmerz, sobald an eine neue Schicht / die Pflugschar
reicht, die sicher einge-setzte, / ist Schmerz nicht gut? Und welches ist der
letzte, / der uns in allen Schmerzen unterbricht? // Wieviel ist aufzuleiden.
Wann war Zeit, / das andre, leichtere Gefühl zu leisten? / Und doch erkenn
ich, besser als die meisten / einst Auferstehenden, die Selig-keit.“

1.11.

Übersensible Dünnhäutigkeit seit einer Woche, wundes Brüten in der


Seele. Rosenkranz am Arm.

2.11.

Brentanos späte Lieder haben eine Tiefe, die denen seiner Jugend mir zu
mangeln schien. In der Jugend heiteres Spiel, im Alter tiefer Schmerz,
Schmerz um die toten Kinder, vor allem um Sophie, und das Kreuz bitterer
Schwermut. Dennoch ist alles, bis auf ein paar sprachlich karge
Kirchenlieder, von Wortreichtum, blitzenden Schätzen an Reimen, betö-
render Musikalität. Diese späten Lieder und der Godwi, dafür lieb ich
Clemens. Möchte gern seine Briefe an Sophie lesen. Über Brentano:
„Zwischen Diesseits und Jenseits hin- und hergerissen, der tiefsten
weltlichen Leidenschaft verfallen und zugleich voll einer ge-heimen
Sehnsucht nach einer überirdischen Erfüllung seiner Träume, hat Brentano
sein Leben hingebracht. Am Ende blieb ihm das tragische Gefühl der
Vergeblichkeit seiner Dichtung.“

3.11.

Lieder von Brentano gelesen. Er kannte auch Schmerz, Wüste, Bitterkeit,


vergebliche Lie-be, das Kreuz.

4.11.

„Doch in den Begeisterungen / weiß die Jungfrau nichts von allem, / sie
hat nur vor Gott gesungen, / lauschen gleich die Nachtigallen.“ Clemens.
Diese Haltung brauch ich. Dichten im Angesicht Gottes, allein für Jesus,
wenn auch vielleicht der eine oder andre den einen oder anders Vers zu
lesen bekommt.
In den Rosenkranz-Romanzen, von Biondette, eine schöne
Nachdichtung des Hohenlie-des. Ich merke, wie mir durch meine
Übersetzung das Lied der Lieder nahgekommen ist. Auch den Prediger hab
ich jetzt tiefer im Herzen.

5.11.

Las Byrons „Prophecy of Dante“. Er klagt darüber, daß die inspirierten


Poeten, die Rühmer des Himmlischen, auf Erden so arm und verachtet und
elend sein müssen, oft zu Lebzeiten verspottet und erst nach ihrem Tode
nennt der Ruhm ihre Namen.
Ich bin zu spät geboren. Ich hätte 1790 geboren werden müssen. Dann
wären Klopstock und der jüngere Novalis meine Vorbilder, ich hätte mit
Clemens und Bettina und später vielleicht Eichendorff Briefe gewechselt,
und hätte Byron, Keats und Wordsworth ins Deutsche übertragen. Wie
hätte ich wohl geheißen? Ich hätte mir das Pseudonym Porta Petri Cygnus
zugelegt. Ich hätte Lust, einen unhistorischen Roman über die Romantik
zu schreiben und mich hinein, eine Liebe zu Bettine und Karoline. An
Goethe hätte ich den Diwan am meisten geliebt. Es sind drei Phasen:
klassische Empfindsamkeit der Natur, Volksgut, liberaler Katholizismus.
Sein Glauben wendet sich erst am Ende dem kirchlichen ganz zu. Vorher
Anflüge von Pantheismus, Idealismus, Geist und Natur, Innen- und Au-
ßenwelt. Er sehnt sich nach dem Tode, er ist schwermütig, Cygnus im
Saturn. Die Blaue Blume, an der er stirbt, die Gärtnerin, nennt er Deneba.
Man könnte über Walter von der Vogelweide schreiben: Hohe und
niedere Minne, Welt-entsagung und Palästinafahrt.
Zur Russischen Lyrik um 1920. Symbolisten, hohe poetische
Sensibilität als Antwort auf den Prosaismus der vorangegangenen Epoche.
Die Dichter, einst die Romantiker, dann die Symbolisten, dichteten immer
in Stilepochen, waren jeweils modern. Ich bin ein Einzel-gänger. Auch
Kleist und Hölderlin waren Außenseiter und Einzelgänger in ihrer Zeit.
Die Symbolisten suchten bei christlichem Neuplatonismus, erotischer
Mystik und Sophia (Lie-be und Weisheit), genau das interessiert mich
auch, Sophia! Salomo und Heinrich Seuse wählten sie zur Braut.
Man darf nichts für Ruhm oder Literaturgeschichte schreiben, sondern
allein aus Sterben und Lieben der Seele, aus innerer Not, das Gedicht muß
eine Not-wendigkeit sein.
„Weils nicht möglich, daß man quallos singe...“ (Innokentij Annenskij)
6.11.

„Und wisse: der Kranz ward geschlungen / dem Dichter aus Dornen seit
je.“ (Valerij Brjus-sow) - „Den Geist der Schwermut nicht beschmutze!“
(Anna Achmatowa, mir die liebste)

8.11.

Ingeborg Bachmann: „Reinen Fleisches wird sterben, / wer es nicht mehr


liebt, / über Rausch und Trauer / nur mehr Nachricht gibt.“
Das Horn meiner Heimsuchung ist erhoben!
„Dein wehes Herz, vergötternd alle Leiden / vernichtet und verloren
liebeskrank...“
„... gewiß ists, daß nur die Liebe / und einer den andern erhöht.“
Bachmann
„Erlöse mich, ich kann nicht länger sterben!“ Bachmann

10.11.

Eine Freundin sagte, ich wäre nicht der erste Dichter der katholisch würde.
Möchte italieni-sche Lyrik von Petrarca und Dante hören. Brentano und
Rilke haben vielleicht etwas von diesem Wohllaut, nicht die deutsche
Härte Schillers. Warum wirkt die Eucharistie so ver-wandelt auf mich? Ist
es allein die heilige Atmosphäre oder ist es wirklich ein wirksames
Sakrament?
Augustinus: „Und selbst auch die Traurigkeit, die nach den Stoikern
keinen Platz im Geiste des Weisen haben sollte, findet sich in gutem Sinne,
und das besonders bei unsern Schriftstellern.“

11.11.

„...wie geschrieben steht in der Chronik der Mütter des Messias...“ (Schoß
der Morgenröte)

12.11.

Lese über Schneider. Geistige und religiöse Einsamkeit. Freitod wurde von
der Kirche bis ins 4. Jhd anerkannt.
Johannes vom Kreuz und die Nacht: Die Seele muß der Welt entsagen,
die Welt muß ihr Nacht sein. Die Seele muß glauben, der Glaube ist die
Nacht des Verstandes. Die Seele wendet sich zu Gott, der der auf Erden
pilgernden Seele eine unergründliche Nacht ist. Ril-kes Stundenbuch:
Mein Gott ist dunkel. Novalis: Hymnen an die Nacht.

13.11.

Ein Kind ist geboren, ein Sohn ist uns gegeben...

14.11.

In dieser Zeit wäre ich gern ein Philosoph, bin es aber nicht. Ich bin nur
ein traurig Fühlen-der, ein Einsamer inmitten der Menschen, der sich
daseinsunlustig von Tag zu Tag schleppt.
Im Alter wandte sich der Priester-Dichter Paul Claudel von der
Prunksucht der Poesie ab und wandte sich Meditationen über die Bibel zu:
Ein Dichter betrachtet das Kreuz. Ich ha-be viel aus Leidenschaft
geschrieben, ich sehne mich aus der Jugendkraft nach der Alters-weisheit.
Zur katholischen Bewegung des 19. Jhd: Novalis, Brentano,
Eichendorff, und der des 20. Jhd: Bergengruen, LeFort, Schneider, kommt
die des 21. Jhd: dazu will ich mich zählen.

17.11.

Emily Dickinson, Gedichte und Briefe. Zeit ihres Lebens wurde nichts von
ihr veröffent-licht. Leid und Unsterblichkeit ihre Themen und Ekstase des
Lebens. Vielleicht wird gera-de in der Todesnähe die wahre Ekstase des
Lebens entdeckt, eines Lebens im Sinn der E-wigkeit, ewiger Schönheit,
ewiger Liebe und Lust am Schöpfer seiner Schöpfung.

18.11.

Gott fehlt mir so, ich habe solche Sehnsucht, in Jesu Armen an Gottes
Herzen ewige Ruhe, ewigen Frieden zu finden. Aber er ist schrecklich
fern, er ist nicht nah und da, sondern läßt mich allein in diesen verfluchten
Dornen der Erde. Ich mag nicht mehr als Dichter arbeiten, eine Lüge und
sündige Wollust auf die andere häufen, immer dieser schmutzige Schaum
der Poesie.
19.11.

Seh gerstern einen Film über Botticelli. Wer das Modell zu seiner Venus
gab, ist unbe-kannt, hieß es. Die heidnischen Bilder sind voll allegorischer
Zeichen, Blumensprache, Embleme. Später kam der Dominikaner und
Bußprediger Savonarola nach Florenz, wetter-te gegen das korrupte
Papsttum und die sinnlichen Medici. Sandros Bruder war einer der
Anhänger Savonarolas, vielleicht ward auch Sandro von ihm beeinflusst,
er malte mehr und mehr sakrale Bilder, mehr und mehr mit düsterem Ton.
Der Frühling des florentini-schen Humanismus ging zuende, die Zeit der
Medici war vorbei, die Pest kam. Er malte das Gesicht seiner Venus nun
als reizende Madonna mit dem Granatapfel. Er war nie ver-heiratet, auch
Affären sind nicht bekannt. Seine farbigen Illustrationen zu Dantes
Komödie sind leider verlorengegangen, ein Spätwerk.
„Der Wahnsinn, ein bestimmter Wahnsinn, geht oft Hand in Hand mit
der Dichtung. So wie es den vernünftigsten Menschen schwer fallen
würde, Dichter zu sein, fällt es den Dichtern vielleicht schwer, vernünftig
zu sein.“ Pablo Neruda.

23.11.

Machte gestern in Gedanken mein Testament eines Selbstmörders. Auf


meiner Beerdigung sollte „Jerusalem, du hochgebaute Stadt“ gesungen
werden.

25.11.

Schöne Heilige Messe. Ein italienisches Lied wurde vorgetragen, da hörte


ich das berühmte Italienisch, sehr charaktervoll, dazu weich wie
Meerschaum und Fischfleisch, rund wie Orangen im dunklen Laub, ein
Gesang. - Reden von der Dornenkrone und einem König nicht von dieser
Welt, dennoch Immanuel, Gott mitten unter uns.

29.11.

Lamentationen übersetzt: Getränkt mit Wermut und Galle oder


Schierlingstrank und Schlangengift!
Einleitung zu der Hochzeitsekloge: Nachdem Erasmus von Rotterdam
den Text des Neuen Testaments erforscht hatte, wandte er sich wieder
seinen müßigen eitlen Leiden-schaften zu, den humanistischen
Forschungen. Er fand in einer der Bibliotheken der kunst-sinnigen Päpste
ein Manuskript, das eine lateinische Nachdichtung eines griechischen Hir-
tenliedes darstellte. Da er es für eine heidnische Prophetie hielt, wie ja
auch Paulus in A-then zwei griechische Dichter zitierte und zu Propheten
erklärte, schrieb er es ab, kam aber nicht mehr dazu, es in eine lebende
Sprache zu übertragen. In seinen Forschungen über den großen Erasmus
stieß ein Oldenburger Student auf die Handschrift, und da er ein Dichter
war, und des Lateinischen sehr wohl mächtig (errarum humanum est),
dichtete er das naive Hirtenlied nach. Sein Ursprung verliert sich in die
Zeiten Platons, wenn nicht gar Homers.

30.11.

Englische Gedichte. John Donne brachte etwas vorbildlich Neues in die


Renaissance: Er pries nicht die Körperschönheit der Geliebten, sondern die
Union der Seelen.

1.12.

Ummauert, ausweglos, Todessehnsucht. Wodka. Finde keine Worte für


meine Seelennot, alle Klageworte hab ich schon tausendmal ausgespien,
ich mag sie nicht mehr.

2.12.

Die Heilige Messe versöhnte mich mit Weihnachten: In Gottes Liebe


geborgen, erwartet der lichte Himmel uns, der Herr wird auf der Wolke
kommen, wir erwarten ihn mit dem Feuer heiliger Leidenschaft im Herzen.
Sicher, eine ganz heile Seele hat keine tragischen Widersprüche in
sich: Maria und Ve-nus, Sinn und Sinnlichkeit, Seele und Fleisch, aber ich
hab diese Tragik in mir bis zum Grab. Ob eine Vereinigung beider
Prinzipien in Einer Frau möglich ist, weiß ich nicht.

3.12.
Zypern, da müsste eine Geschichte spielen, Zerrissenheit zwischen Venus
und Maria, die gleiche Zerrissenheit, die Fürst Myschkin zwischen Aglaja
und Natassja empfand.
6.12.

Klagelieder: Nun aber liegen sie im Mist!


Populäres Lied über David und Bathseba: „I’m mad about you!“
Im Traum schwärmte ich der Geliebten von ihrer Schönheit vor im
Stile des Hohenlie-des. Sie sagte, ich solle doch deutsch reden, ich sagte,
das sei der Ursprung des Deutschen, Lutherdeutsch, ich lernte gerade,
immer so zu reden. Sie sagte, wenn ihr immer die Juden so hochhaltet, ob
nicht die Ägypter und Römer ebenso schöne Poesie gehabt hätten. Ich
erzählte von Gottes Volk, erkoren zu einem Volk von Propheten des
Messias.

8.12.

Orthodoxe Hymnen zur Christfeier. Ewige Jungfrau, das Paradies, in der


die Frucht des Lebens reifte.

9.12.

Heilige Messe. Wir erwarten den neuen Himmel und die neue Erde, die
Wandlung der Eu-charistie ist Symbol für jene eschatologische Wandlung
und Hoffnungszeichen für die Wandelbarkeit der Umstände.

12.12.

Zu Antigone, Psalm 79: „Sie (die Heiden) haben die Leichname deiner
Knechte den Vö-geln unter dem Himmel zu fressen gegeben und das
Fleisch deiner Heiligen den Tieren im Lande. Sie haben ihr Blut vergossen
um Jerusalem her wie Wasser und da war niemand, der sie begrub...
Rechne uns die Schuld unsrer Väter nicht an... Laß vor dich kommen das
Seufzen der Gefangenen, durch deinen starken Arm erhalte die Kinder des
Todes.“
War bei Kar., so schön, Juri auf dem Arm zu schaukeln.
Die Tragische Trilogie - Kassandra, Orpheus, Antigone - entstand im
Jahre 65 nach Christus. Cygnus war ein junger römischer Dichter gewesen,
der sich in eitel erotischen und spöttisch satirischen Jamben versucht hatte,
als er durch die Predigt des Petrus in den Katakomben Roms sich bekehrte.
Seine Liebe zum griechischen Mythos versuchte er zum Lobe Gottes zu
verwenden, dessen tragisches Schicksal am Kreuz ihm Anlaß zu seiner
Tragödie gab. Juventus und Martial verspotteten ihn deswegen, er erntete
in Rom keinen Ruhm. Sein Werk wurde von den Christen, besonders den
Frauen, durch die Zeit des Mar-tyriums und der Verfolgung
hindurchgerettet, kam in die Hände des Hieronymus, von ihm zu Gregor
dem Großen und durch diesen in die päpstliche Bibliothek, wo es in der
Versen-kung verschwand, bis es im 14. Jhd ein mit Petrarca befreundeter
Bibliothekar entdeckte. Petrarca fertigte eine Übersetzung in die
italienische Vulgärsprache an, die noch Ben Jon-son und Edmund Spenser
bekannt war, aber verlorenging. Das lateinische Original aber bewahrte
Erasmus von Rotterdam für die Nachwelt auf. In der Bibliothek der
Universität von Rotterdam fand ich, durch Zufall oder Vorsehung, die
Abschrift des Erasmus und ü-bersetzte sie in meine deutsche
Muttersprache. Schwanke.
Virgils Wesen spricht mich an. Es gab katholische Virgilverehrung, es
liegt eine Advent-sehnsucht über seinem Werk. Er lebte in stiller
Zurückgezogenheit.
„Die uns das himmlische Feuer leihen, die Götter schenken heiliges
Leid uns auch, drum bleibe dies. Ein Sohn der Erde schein ich, zu lieben
gemacht, zu leiden.“ Hölderlin.

15.12.

Aufsätze von Theologen zu Kirche und Kunst. Gottes


Schöpfungsoffenbarung umfasst auch den ästhetischen Menschen, Kunst
ist Charisma, soll nicht gegen Schöpfer und Schöpfung sein, muß aber
nicht unbedingt christliche Themen haben.

17.12.

Sehnsucht nach und Angst vor einer Ehe, Hang zur platonischen
idealisierenden romanti-schen Liebe.

21.12.
Werde der Protestanten Brot und Wein an mir vorübergehen lassen. Schlief
mit dem Ro-senkranz. Las die Geburt Jesu aus dem Schoß der Morgenröte,
eine Pfingstlerin: „Außeror-dentlich! So eine Vision hatte ich noch nie!“

22.12.

Von griechischen Mythen geträumt, aufgewacht mit einem liebenden


Gedanken an die Jungfrau Maria.

23.12.

Heilige Messe. Da befiel mich im Angesicht des Kreuzes eine tiefe Angst,
Angst vor einem Leben als unaufhörliche Passion, Angst vor kommender
innerer und äußerer Not. Werden denn meine Sehnsüchte nach Licht, Lust,
Liebe, Leben erst im Jenseits erfüllt? Haben wir keine Verheißung auf
irdisches Glück, sondern nur die Leiden der Nachfolge? Ich habe Angst.
Gleiche Widersprüche zwischen Lust und Weisheit, Welt und Gott,
Venus und Maria, Glück und Leid, Familie und Ideal usw. Wollen die
Hoffnung auf irdische Segnungen nicht aufgeben. Wollen Weite des
Philosophierens.
Gott, mach mein Herz zu einer Krippe, daß Maria Christus sanft
hineinlegt und das Got-teskind mir mein Herz sanft heilend berührt.

26.12.

Heiligen Abend nach der Mitternachtsmesse des Papstes rührte mich das
Lied „Maria durch ein Dornwald ging, da wurden die Dornen Rosen“ zu
Tränen. Ich fühlte meine Ein-samkeit.

27.12.

Film über Jesuiten. Film über David und Bathseba, Thamar und Amnon.
Weltschmerz. Goethe-Lyrik. Selbstmordgedanken. Testament gemacht,
möchte mir die Pulsadern auf-schneiden. Entweder ist Gott das kommende
Jahr gnädig und schenkt Licht, oder ich ster-be. Kyrie Eleison!

28.12.
In diesem Jahr ein Leid aufs andere, die Geliebte, Gottverlassenheit. Nun
hab ich keinen Liebeskummer, denk aber trotzdem an Selbstmord. 1993
war ich einsam, 94 wahnsinnig, 95 des Lebens überdrüssig, 96
gelangweilt, 97 depressiv, 98 traurig, 99 verliebte ich mich... Ist das eine
normale Biographie eines Christen? Wenn sich mein Leben nicht ändert,
fürcht ich auf diese Passionen von Schwermut folgt der Selbstmord.

29.12.

Von Psyche geträumt. Quo vadis, Domine? Christus ging nach Rom und
ließ sich ein zwei-tes Mal kreuzigen. They gonna crucify me again!

30.12.

Charismatischer Prediger will meine „großartige Übersetzung“ des


Qoheleth herausgeben. Halleluja.

2.1. 2001

Der Deuterokanon gehört nach dem Konzil von 389, nach der
Überlieferung der östli-chen Kirchen und der römischen Kirche zur
Heiligen Schrift dazu.

6.1.

Heilige Messe. Getauft in ein neues Leben mit Gott, der Himmel ist offen,
ich bin Gottes geliebter Sohn, er ist alle Tage mit mir.
„Sweet virgin angel, sweet love of my life....“ - „Mystical wife...“ -
„Glamorous nymph with an arrow and bow...“
Marien-Sonett. Möchte gern meine Sehnsucht und Suche nach Maria
in Sonetten aus-drücken.

14.1.

Je begnadeter, desto mehr Anfechtung. Wen der Vater liebt, den züchtigt er.

20.1.
Träumte, daß ich eine Karte an das Jugendideal schriebe. Dann war ich in
Dornum. Da wimmelte es in einem schmuckelosen steinernen Burgturm
oder Kirchenraum von Christen und Tieren. Einer sagte, der Affe wäre der
Antichrist. Die Tiere sehnten sich nach Erlö-sung, aber der Affe rufe die
Tiere auf, gegen den Menschen zu rebellieren. Da jagte eine Ratte wild
durch den Raum, sie war Bote des Antichristen. Ich sagte (wohlwissend,
daß einige Brüder den Papst für den Antichristen hielten), es gäbe nur
entweder Papstkirche oder Kirche des Antichristen. Dann trat eine weiße
Katze auf. Die Katze fraß die Ratte. Ich sagte, die Katze sei die junge
Kirche, sie fraß den Antichristen im Blut ihrer Blutzeugen unter Domitian.
Dann sah ich einen körperlich verkrüppelten Märtyrer von Theben, er
jammerte über seinen verkrüppelten Leib, ich sprach tröstend von seiner
herrlichen Seele im Himmel. Da erzählte er mir von einer Vision im
Martertode: Er sah Maria und Jesus, Maria als Mutter und Jesus als Kind,
und ein Engel war an des Märtyrers Seite. Ich sah das Bild förmlich vor
mir und mußte vor Rührung weinen. Ich fuhr mit einem antikatholischen
Protestanten in einem Auto, wollte aber nur das Bild von Maria und Jesus
malen. Einige Charismatiker sprachen über Rockmusik, ich wollte aber
nur das Bild malen. Schließlich allein in einer alten romanischen Kirche
konnte ich das Bild malen.

21.1.

Jesus Sirach 25,27: „Fall nicht auf die Schönheit einer Frau herein, und
begehre sie nicht deswegen.“ Jesus Sirach 26, 21-24: „Wie die Sonne,
wenn sie aufgeht, an dem hohen Himmel des Herrn eine Zierde ist, so ist
die Schönheit einer guten Frau eine Zierde in ih-rem hause. Ein schönes
Antlitz auf hoher Gestalt ist wie die helle Lampe auf dem heiligen
Leuchter. Schöne Beine auf schlanken Fesseln sind wie goldene Säulen auf
silbernen Fü-ßen.“ Jesus Sirach 36, 24-27: „Eine schöne Frau erfreut den
Mann, und er sieht nichts lie-ber. Wenn sie dazu freundliche und liebliche
Worte spricht, so ist ihr Mann nicht zu ver-gleichen mit andern. Wer eine
Frau erwirbt, erwirbt damit noch mehr: eine Gehilfin, die zu ihm passt,
und eine Säule, an die er sich lehnt... Wo keine Frau ist, da irrt der Mann
seuf-zend umher.“ Jesus Sirach 40,23: „Einem Freund und einem
Gefährten begegnet man ger-ne, aber lieber hat man die Frau, mit der man
lebt.“
Bin ich Johannes, der die Mutter der Schmerzen in den Armen hält?
oder sehn ich mich nach der feurigen Maria Magdalena? oder soll ich
unbeweibter Johannes der Täufer blei-ben, der allein auf den Gekreuzigten
hinweist? (Grünewalds Kreuzigung)
„Wein und Weiber betören die Weisen.“ Ich werde immer ein
Bewunderer der Frauen-schönheit bleiben. Keine pries ich, die mir nicht
schön erschien.

23.1.

Das Schicksal hat mich unterworfen. Ich soll nicht glücklich sein, ich soll
nicht von einer Frau geliebt werden. Sie mögen mich, sie lieben mich
vielleicht als Schwestern, aber es kommt keine Gehilfin. Ich fühl mich wie
von einem Dämon ans Jugendideal gekettet. Ich habe Sehnsucht nach der
Sanftheit der Geliebten. Erträgliche Bitterkeit und Fatalismus in meiner
Seele. Schicksal der Einsamkeit und unerwiderten Liebe.
Meine Madonna, rot wie die Liebe, heilig-weiblich, schwebt über
meiner einsamen Poe-tenhütte, im Gefolge ein Chor Weißer Frauen und
dunkler Kinder. Und der Herr Jesus steht auf, steht zur Rechten Gottes. Da
ist mein Kreuz, ich nenn es Schicksal. Und sterbe einen kleinen Tod. Ganz
tragisch ist mir. Wollt ich Glück und irdische Liebe? wollt ich vorbei an
meinem Schicksal? Wie einsam auch innerlich!
Die Frauen gehen alle an mir vorüber, um Inneres, Idee in mir zu
werden.
Ich komme mir vor wie ein unendlicher dunkler Kosmos mit
ausgesäten Sternen, auf denen Denker und Jungfrauen leben, den aber
allein Gott in seiner Tiefe versteht. Ich ver-steh mein Schicksal nicht. Die
Poesie erhascht nur hier und da einen Zipfel des Logos in diesem Kosmos,
Innenkosmos, Herzenskosmos.

24.1.

Sprechen muß ich mit dem Pfarrer über die Eucharistie und Maria.

25.1.

„Der Dichter sucht das Schicksal zu entbinden, / das, wogenhaft und


schrecklich ungestal-tet, / nicht Maß, noch Ziel, noch Richte weiß zu
finden / und brausend webt, zerstört und knirschend waltet. / Da faßt die
Kunst, in liebendem Entzünden, / der Masse Wut...“ (Goe-the)
26.1.
LeFort, Schweißtuch der Veronika. Veronika bekehrte sich durch eine
Vision der lichten Monstranz in Sankt Peter, war erfüllt von Liebe und
heller Freude, bis sie bald darauf in einer Totenmesse das Abbild des
Dorngekrönten sah: hinein in tiefe Trauer. Schneider nannte es den
Schacht, das Bergwerk. Nicht mehr von der Erde, sondern unterirdisch: im
Grab Christi. Schneider nannte es den „Zauberberg der Mystiker“
(Johannes vom Kreuz).

27.1.

Bitter! Sollen mich doch alle Weiber für immer in Ruhe lassen. Sie sind
wirklich Instru-mente des Teufels. Ich hasse die Liebe, die solche Qual
bereitet. Könnt ich doch einfach alleinstehender Philosoph sein, ohne
Leidenschaft. Verflucht!
Das Leben kommt mir vor wie ein Ungeheuer, die Liebe mit Haß
vergiftet, die Vertrau-teste ganz fremd, die Liebe hart und unbarmherzig
wie ein Wüstenstrauß (wie man so sagt). Ich Gesegneter des Herrn komme
mir vor wie ein Fluchbeladener, wie ein von einem zerstörerischen Dämon
Besessener und Zerrissener. Ich bin die ganze Tragödie, sie offen-bart das
Ungeheuer meines Lebens.
Schrecklicher Blick eines Zerspaltenen in den inneren Abgrund der
Ungeheuer. Völlig außer mir, innerlich in alle Lande zerstreut, ging ich in
die Heilige Messe. Angst, an der Eucharistie zu sündigen. Fragte den
Priester: Darf ich teilnehmen? Er: Heute ja. Nahm es von Anfang bis Ende
knieend, betrat und verließ die Kirche knieend, mich hingebend an das
Gebet der Kirche. Weisheit der Predigt: Berufung Jeremias, wer Profil
entwickelt, muß mit Einsamkeit rechnen. Gott sammelte mich ein und gab
mir elegischen Frieden.

28.1.

Schneiders Wort: „Gerade Qual wird in der Liebe gesucht“, wieder wahr.
Nun bin ich selt-sam stumm.

29.1.
Ich sehne mich nach Altersweisheit. Wahre Weisheit ist melancholische
Einsicht. Die Weisheit Gottes sei meine Freude. Ja zum Geschick, zu den
eigenen Grenzen, diese als Gnade Gottes erkennen. Ich will den
babylonischen Hiob, ägyptische und chinesische Weisheitssprüche, Platon
und die griechische Philosophie kennenlernen. Muß Kierkegaard
ergründen. Um Weisheit bitten. Hoffe auf die Altersweisheit, dafür lohnt es
sich zu leben. Was Dichtung betrifft: Ich hoffe, Gott kann meine eitle
Selbstdarstellung zu seiner Ehre verwenden.
Eine deutete an, daß dem alten Goethe verschiedene Frauen zu einer
einzigen Idealisier-ten zusammengeflossen wären. Das ist mir neu, ich
weiß nicht ob es stimmt, aber das ist vielleicht der einzige Weg, mehr und
mehr von den Weibern fortzukommen und zur Idee der Schönheit oder
Maria als dem Ewig-Weiblichen hindurchzudringen.
„...er liebte sie mit jener wunderbaren, leidlosen Liebe, welche (ich
fühlte es wohl) von allen Wesen dieser Erde einzig dem Dichter
vorbehalten ist zu lieben, ihm, welchem kein Mensch zu helfen vermag,
weil seine tiefsten Schicksale sich gar nicht im Menschlichen vollziehen,
sondern in dem Königreich seiner Dichtung, dort, wo sie gelöst sind von
der furchtbaren Bedrängnis des wirklichen Lebens, wo alle Verwirrung
und Qual, ja die unge-heuerste Tragik nichts sind als grenzenlose
Schönheit, Unberührtheit und flügelndes Glück.“ (LeFort)

31.1.

Romano Guardini, vom Sinn der Schwermut. Der Schwermütige sehnt


sich nach absoluter Liebe und Schönheit, die Wirklichkeit ist ihm zu platt.
Er hält sich für krank, darum ver-schafft er sich Grund zur Krankheit, zieht
das Zerstörerische an. Darum lieb ich immer unglücklich, weil ich keine
Wirklichkeit will, bzw. einerseits will und andererseits fast dämonisch
mein Unglück will.
Eine Schwester liebt Maria als Mutter, ich will sie aber als himmlische
Geliebte verehren, die selige Jungfrau. Unsere Liebe Frau: das macht mich
auf das „unsere“ eifersüchtig. Mei-ne Liebe Frau ist meine Madonna
Maria, meine Madonna Minne. Vielleicht ist das mehr Eros als Religion,
aber ich sehne mich nach der himmlischen Geliebten, der Madonna vom
Schwanenteich zu Norden. Aber Liebe zur Madonna ist, zwar unmöglich
und ideal, aber wie ich gern glauben will, nicht unerwidert, denn sie ist
meine liebste Schwester im Jen-seits. Betet sie für mich?
Gott, ich bin versunken. Dunkel ist in mir, meerisches Brüten des
Gemütes, Unaus-sprechliches. In mir ist Blindheit und Geheimnisvolles,
für das ich keine Worte finde. Ich bin unendlich einsam. Aber du kennst
und verstehst mich. Kann ich mich selbst ergründen? Soll ich es überhaupt
versuchen? Ich möchte in einer stillen dunklen Kapelle kommunizie-ren.
Tod und Wahnsinn, Herr, Dunkel, Schicksal und Zerrissenheit und die
Ungeheuer des Abgrunds: solch ein Buch bräucht ich. Herr, ich schaff es
nicht, von mir wegzusehen, mein Auge starrt gebannt in die Rätsel der
Tiefe. Ich hätte Sehnsucht nach einem Weisheitsleh-rer. Sehnsucht nach
Empfindungen himmlischen Geliebtseins. Daß Maria mir erscheine. Ich
bin lebend begraben und warte auf die Auferstehung. Fühle mich so
unerlöst, aber du bist mein Erlöser. Sei mir gnädig, lieber Herr.
Mir ist so elend. Gott? Ist nicht nur in ferner Nacht, ist in meinem
Herzen und läßt das Kreuz Gestalt gewinnen. Aber wie soll ein Mann ohne
Mut, Kraft und Hoffnung das Elend tragen, er, der Gott nicht spürt, nur
Gottverlassenheit? Worte wie Dämon und Fluch drän-gen sich in meinen
Geist, dabei bin ich Erlöster, Gesegneter des Herrn, Tempel des Heili-gen
Geistes. Wie? Ich verstehe nichts von meinem Herzen und nichts von den
Wegen des Herrn. Menschen ertrage ich heute nicht, denn sie verstehen
mich ja doch nicht. Wenn ich mir selbst ein Rätsel bin, wie sollten mich da
Menschen verstehen? Allein Gott erkennt mich. Aber was, wenn er nicht
trösten will, sondern Leid bereiten? Aber glaube, meine Seele, dies Leid ist
kein Fluch, dies Kreuz ist ein Segen der Gnade!
Alexander Blok, Verse an die Schöne Dame, nachgedichtet. Das ist die
selige Jungfrau. Ich denke dem in letzter Zeit sehr nach. Dichtete Spensers
Hymne an die Himmlische Schönheit nach.

1.2.

Salomo wählte die Weisheit als Braut, eine Schwester wählte Jesus zum
Bräutigam, und ich wähle Maria, die selige Jungfrau, zur Braut? Ist das
Wahn oder Glaube?
Es gibt eine Auslegung des Hohenliedes auf Maria und den Heiligen
Geist. Maria ist eine keusche Sulamith, ein verschlossener Garten, ein
versiegelter Brunnen, ja, aber ist dann auch ihr Schoß ein Kelch, dem nie
der Mischwein mangelt? und hüpfen auch ihre Brüste wie Gazellen? und
biegen sich auch ihre Schenkel wie Juwelenspangen?
Die Kirche lobt Marias Glauben, wie Sara, Mutter, wie Ruth, Erlöste,
wie Ester, Befrei-ung Bringende. Ich nun will allein ihre Schönheit, ihren
Liebreiz besingen? Wie Sulamith, Geliebte, wie Rahel, Geliebte? Im
Stammbaum Jesu stehen Tamar, Rahab, Ruth die Moa-biterin und
Bathseba. Ist Maria sündlos gewesen? Hatte Jesus leibliche Brüder oder
nur Vettern? Blieb Maria nach der Geburt Jesu Jungfrau? Als ich die
Elegie um die Ver-schwundene schrieb, pries ich aus der Doxologie
Mariens die reine Jungfrau, nicht die Mutter. Ich nahm Esther und Ruth
und Sulamith, nicht die Stammutter Sara. Rahel die himmlische, Lea die
irdische Liebe. Rahel gerühmt durch ihren Tod bei der Geburt Benja-mins
bei Bethlehem. Ich bin Benjamin. Ist „Himmelskönigin“ nicht ein Titel der
Aschera, vor deren Verehrung Jeremia warnt? Ist Maria mit Leib und Seele
in den Himmel aufge-nommen worden?
Dante nachgereimt. Francesca, Mathilde, Beatrice, Jungfrau Maria,
Gott. - In der Jugend singt man Venus, in der Reife Maria, im Alter Gott.

2.2.

Mariä Lichtmeß. Suchte vergeblich Botticellis Madonna mit dem


Granatapfel. Ein Autor zog über Botticelli und die Renaissance her, es sei
eine Mischung aus Maria und Venus, Mythos und Christentum, das gleiche
Modell diente zur Venus und zur Madonna, bei Bot-ticelli mit einem
melancholischen Liebreiz (was mir doch so gut gefällt). Raffael war ein
großer Liebhaber der Frauen, ohne sie konnte er nicht arbeiten.
LeFort, Die Ewige Frau. Maria immerwährende Jungfrau, das Bild der
Hingabe von Er-de, Kreatur, Weib und Kirche. Die nicht völlig verderbte
Kreatur ist zur „Miterlösung“ aufgerufen, d.h. zur Hingabe an Gott, zum
„mir geschehe nach des Herrn Willen“. In dem Sinne steht jede Bekehrung
im Zeichen Mariens: Überwältigung, Überschattung durch den Geist,
demütige Hingabe. Geburt des Logos im Herzen. Die Jungfrau spart sich
ganz für die Hingabe an das Mysterium der Liebe auf: Antigone und
Iphigenie, die germanische Seherin, Maria, die heiligen Jungfrauen.
Jungfräulichkeit als Idee des ganz seinem Werk ergebenen Dichters
(Priesters). Im Sichselbstaussagen des charismatischen oder berufenen
Dichters schimmert über sein Ich-Sagen hinaus noch das Charisma, der
Wille des berufen-den Schöpfers durch. Maria wird genannt „Mutter der
schönen Liebe“, die Magd Gottes als Voraussetzung zur Königin des
Himmels. In Maria ist die Entrückung, Verklärung des Gläubigen
prophetisch vorweggenommen. Das Wesen der Frau ist ihr Schleier, Braut
und Witwe und Nonne sind verschleiert. Alles andere ist Bloßstellung. Die
Frau ist nicht zur Selbstverherrlichung, sondern zur Hingabe bestimmt.
Die Mütter leben ihre Begabung nicht selbst, sondern schenken sie dem
genialen Sohn. Marias Glorie ist nicht die einer selbstherrlichen Göttin,
sondern sie wird überglänzt vom Sohn, der Gott ist, dessen Tochter sie ist.
Doxologie Mariens geht in Lobpreis des Agnus Dei über. Weihnacht wurde
an die Jungfrau Maria verkündigt, Ostern an Maria Magdalena. Der
Schleier und die Krone der Regina Coeli ist Gottes Liebe, das Mysterium
Caritatis. Die Musen waren Jungfrauen. Evas Abfall war nicht Sinnlichkeit
oder ein Sinken zur Erde, sondern daß sie selbst wie Gott sein wollte, das
heißt selbstherrlich und nicht mehr dem Ewigweiblichen gemäß Hingabe.
Das hinanziehende Ewigweibliche führt zum Ewiggöttlichen. Selbst die
sinnlich hingege-bene Frau ist Hingabe und damit marianisch. In
gebrochenen Schatten deutet sich das Bild Mariens an, sie selbst aber ist
die Sündlose, das unentweihte Ebenbild Gottes, die ungefal-lene Kreatur
in ihrer völligen Hingabe an den Vater, den Herrn, überschattet und
gesegnet vom Geist, überglänzt vom Sohn in seiner Glorie und seinen
Todesleiden. Insofern Maria Mutter Christi in seinen Todesleiden ist, ist sie
Mutter der Schmerzen, Mutter der Sterben-den und apokalyptische
Madonna der sterbenden Erde. Noch wenn sie, mit Leib und Seele
aufgenommen, von Christus im Himmel gekrönt wird, neigt sie sich
demütig vor ihm. Der letzte Gesang der Göttlichen Komödie beginnt mit
einer Anrufung der verherrlichten Maria und geht über in das Licht der
Dreieinigkeit, das sie überglänzt, in welchem Licht das Ant-litz des
Menschensohnes erscheint. Das letzte Wort ist: die Liebe. Was aber
bedeutet die Verherrlichung der Frau, wenn sie nicht zur
Selbstverherrlichung berufen ist? Dante gab sich Beatrice hin, die ihn zur
Mystischen Rose führte, bis alles vom Licht Gottes über-strahlt wurde. Der
Katholik wendet sich an Maria: Und führe uns zur Frucht deines Leibes,
Jesus. Der Rosenkranz ist eine Meditation über das Evangelium der
Erlösung. Die Doxolo-gie Mariens ist eine Reflexion der Heilsgeschichte.
Sie ist die schöne Ruth und legt sich zu Füßen des Lösers. Virgo, sponsa,
mater. Ist Maria mir - sponsa? Ist sie doch die sponsa des Heiligen Geistes.
Maria ist virgo mater, Maria ist sponsa des Heiligen Geistes, den sie am
Pfingsttag empfing, den Geist der Schöpfung und Geist der Liebe.
Beatrice, Diotima, Frau von Stein: Geistige Hochzeit. Die Frau wird
„erkannt“ als sich Hingebende. In ihr erkennt der Mann die andere Seite
der Totalität, nur durch Erkenntnis der Totalität der göttlichen Schöpfung
kann er den einigen Gott lobpreisen. Die Geliebte dichtet durch ihr Wesen
mit, ist Mitschöpferin, Offenbarerin der anderen Welt, sie ist als Muse
eigentlich Inspirrierende. Nur in Liebe kann der Dichter sie erkennen, er
ringt so leidenschaftlich nach ihrer Wieder-liebe, weil sie mit ihrer Liebe
und Hingabe ihm eine ganze Welt bringen würde. In diesem tieferen Sinn
ist all mein leidenschaftliches Werben um die Geliebte ein Werben ums
Ma-rianische. Die religiöse Freundschaft des Franz von Assissi mit der
heiligen Klara, des Jo-hannes vom Kreuz mit der heilige Theresia von
Avila. In der deutschen Geniezeit und in der ottonischen Zeit blühte die
Kultur der Huldigung an das Weibliche. Allein streng Männliches ist
unfruchtbar. Mysterium caritatis ist bei Dante wie bei Hoffmann, göttlich
oder dämonisch, das gleiche Mysterium, die gleiche Totalität des Seins
herstellend. Die Erkenntnis des Weiblichen ist abhängig von der Höhe des
Schauenden wie des Geschauten. „Das Bild, das der schöpferische Mann
von ihr hinstellt, es ist (in seiner Erhöhung, wie in seiner Erniedrigung)
eben das Bild, das sie ihm darreicht!“ In der anonym mitschaffenden Frau
erfährt der schaffende Mann, daß etwas Größeres eigentlich schafft, das
Leben, oder Gott. Der Dichter ist empfangend wie eine Frau. Die Geliebte
oder Muse verweist auf das über dem Dichter Stehende. Die Braut des
Mannes (wenn auch nur ersehnte oder geistige Braut) ist auch Braut
Christi. Maria weist hin auf Inkarnation, Golgatha, Himmelreich und
Kirche.
Die schönste Mater Dolorosa die ich sah, ist die Pieta Michelangelos,
ganz die Anmut der Jungfrau. „Die sponsa, welche die virgo und die mater
vor dem Antlitz des Mannes vertritt, sie vertritt auch vor ihm die virgo-
mater, sie vertritt das Marientum in Leben und Werk des Mannes, sie stellt
es als die eine Hälfte seiner Wirklichkeit dar.“
Über die Kirche: „Denn die höchste Vernunft spricht ja nicht die dürre
Sprache des blo-ßen Verstandes, sondern sie spricht die Sprache ihrer
Mutter, der Liebe, welche der Anfang ist aller Dinge und darum auch der
Anfang aller Erkenntnis.“ Die Fundamentalisten schla-gen mich mit
Bibelsprüchen tot. Häresie ist einseitige Übertreibung, etwa Biblizismus.

3.2.

Im Geist bin ich Katholik, glaube an die heilige Eucharistie, die selige
Jungfrau Maria, gehe gern in die Kirche wie nach Rom. Nur fürcht ich
mich vor dem Schritt der förmlichen Konversion, da ich schon oft von
Gemeinde zu Gemeinde wechselte, in die Kirche aber nur eintreten mag,
wenn ich sie nicht nach zwei Jahren wieder verlasse. Der Protestantismus
hat biblisches Wissen, die römische Kirche göttliche Weisheit. Fragte
Maria, ob sie mir sponsa oder mater sein wolle. Verzehre das Sakrament
sehr bewußt, es ist mir Speise der Seele, die mich wunderbar verwandelt.
In diesen Tagen, wo ich sehr verliebt in Maria bin, fühl ich mich sehr
versöhnt mit Gott. Ich nannte sie Madonna Minne. Die Kirche nennt sie
Mutter der schönen Liebe, und die schöne Liebe ist Gottes Liebe in Jesus
Christus.
In protestantische Gemeinden kann man ein- und austreten. Die
katholische Kirche ist ein heiliges Geheimnis, dem man sich nur ganz
anvertrauen kann. Zur Zeit bin ich ihr sie liebendes Stiefkind; mit einem
Fuß in und mit einem Fuß außerhalb ihres Tempels. Ich kann meinen
Glauben nicht mit der Ratio aussagen und in kein deutliches Bekenntnis
fas-sen. Den Nichtchristen kann ich nicht mehr dies oder das bekennen,
ich will für sie nur ein „Medium“ der Liebe Gottes werden. Ihre
Gotteslästerungen betrüben mich sehr, und ich bitte Gott, mir Liebe für sie
zu schenken.
Eine Kerze anzündend, wußte ich Maria nur zu sagen, daß ich sie
liebe. O sponsa mea, virgo caritates! O Madonna der Minne, Mutter der
schönen Liebe! LeFort schreibt, die See-le liebt Gott mit der Liebe, der
Geist liebt Gott mit dem Gebet. Ich weiß nicht zu Maria zu beten, aber
meine Seele liebt sie. Es ist ein mächtiger schöner Ausdruck ihrer heiligen
Jungfrauschaft in mir und um mich.
LeFort: „Ich wußte, was er meinte, denn zu ihm waren doch die Dinge
sonst nur in der Scheingestalt der Dichtung gekommen: in der Dichtung,
da hatten sie sich ausleben dürfen, wenn sie nur ihn selbst in Frieden
ließen.“

4.2.

Die immerwährende Jungfrau ist die Idee der Schönheit, auch noch als
Pieta, nicht zerris-senen Angesichtes, sondern die Schönheit einer
bodenlosen Melancholie und Schicksalser-gebenheit. Sie als Gloriana,
Jungfrau Königin, Urania Christi.
Dante verherrlichte vor allem Beatrice, sie wies ihn durch Bernhard
auf die Madonna, deren Gebet ihn Gott schauen ließ. Novalis’ Blaue
Blume war Mathilde, aber die Madonna sprach zu ihm mit Mathildes
Stimme. Petrarcas Lob der triumphierenden Laura mündete in das Lob
Mariens und Christi. Sicher hatte Sophie Mereau für Clemens Brentano
etwas Ma-rianisches. Sie war die Geliebte mit den Zügen seiner Mutter:
virgo-mater als sponsa... Auch Spenser war auf protestantische Weise
marianisch.
Vor meiner Phantasie seh ich Maria, in deren Madonnenmantel ich
eingehüllt bin, aber nicht allein ich, sondern der ganze nächtliche Kosmos.
Ich sehe auch eine alte Kirche, in-nen dunkel, aber erfüllt von einem
goldenen Glanz vieler Kerzen.
Maria, du ewiges Weib, so gnädig, so sanft und süß, sei barmherzig mit
einem Leiden-den, der dich liebt, einem lebensmüden! Erscheine in deiner
vollen reinen himmlischen Schönheit, mit dem Liebreiz deines
Angesichtes, winde mich in dein Haar und laß mich küssen deine Brüste.
Laß meine Seele in dir aufgehen, mein ganzes sterbliches Sein in dei-nen
Armen ruhen. Du wehst im weißen Schleier und weißen Gewande durch
meine innere Landschaft. Deine Blicke sind so weich und voller Traum der
Seele, zuhause ist deine See-le in der unsichtbaren Welt. Deine Augen sind
wie das Meer, wie das Licht des Mondes. Den roten Mantel umgelegt,
erscheinst du in deiner zarten Holdseligkeit, im Glauben von der Liebe
Gottes redend. Du bist Braut des Heiligen Geistes, überwältigt vom Feuer
des Charismas. Du bist mit betörend süßer Stimme Lobpreiserin Gottes,
indem deine Seele über ihre Seligkeit in Gott jubelt. Du bist die
Schmerzensreiche, die den Sohn anschaut am Kreuz und in deren Schoß
der tote Christus niedergelegt wurde. Aber durch seine Aufer-stehung
wurdest du in den Himmel entrückt, wo die Engel dich zu deinem Throne
führten und Christus dir die Krone des ewigen Lebens aufsetzte. Von dort
erscheine mit deiner jungfräulichen, bräutlichen und schwesterlich-
mütterlichen Liebe dem dich Liebenden, erscheine überglänzt vom Glanz
Gottes, und führe mich zu deinem Sohn, dem Sohne Got-tes, deines und
meines Vaters.

5.2.

Mechthild von Magdeburg: Seele, willst du dich betten in Sankt Maria


Magdalenas Liebes-tränen?

8.2.
Theophanie.

„Der Herr hat mir als Lohn eine neue Zunge gegeben, damit will ich
ihn loben.“ (Jesus Sirach, 51,30)
[Inhalt]

WEB6
1

WEB2
[Inhalt]

DIE LIEBE FRAU MARIA

Tagebuch der Konversion II

Von Peter Torstein Schwanke

„Maria, Königin meines Herzens, Liebe Frau, lebe in meinem Herzen. Ich
weihe dir alles, was in mir der Liebe fähig ist, und sei es auch nur ein
Tropfen.“ (Bruder Ephraim)

9.2.2001

Meine Irrfahrt ist abgeschlossen, ich bin nun ein katholischer Poet. Ich will
in den Fußtapfen Jesu wandeln. Klopstock war ein heiliger Mann. Und du,
o schöne liebe mütterliche Mutter, führe mein Leben und wandle es in ein
Magnificat, in einen Psalter. Meine Seele preist den Herrn! Gebe Gott, daß
Mir. mir ein Echo sanfter Schwesterliebe wiedergibt. Heut ist ein Tag des
Auferstandenen: Christus ist auferstanden, Halleluja, Er lebt! „Wie eine
Perle, wertvoll und kostbar, ein Schatz, für den man alles gibt.“ Christus
sprach in dem Sinne, ich solle mich von der Kirche in Erziehung nehmen
lassen. Er weihte mich ein ins Allerheiligste Altarsakrament und die
Verehrung Seiner Mutter. Darum bin ich Katholik. Da Er da in solcher
Theophanie bestimmte, könnte ich zweifeln? Ich zähle mich nicht zu einer
von dreihundert Kirchen, sondern zur Einen, Ecclesia Catholica, deren
Adventsdichter Vergild war. Petrinische, marianische und im wesentlichen
jesuanische Frömmigkeit gilt es zu ergründen. Mein Leben sei ein Opfer
für Christus. Und ich will barmherzig sein. Du bist Christus, der Sohn des
lebendigen Gottes! Herr, laß uns drei Hütten bauen, Mose eine und Elia
eine und dir eine. Aber die Stimme erscholl: Dies ist mein lieber Sohn, Ihn
sollt ihr hören. Und Petrus schaute als Träumer die Verklärung Christi.
Und Christus ging allein in den Ölgarten, und Petrus schlummerte mit den
Donnersöhnen. Und Satan begehrte Petrus zu sieben wie den Weizen, aber
der Herr hat gebetet, daß Petri Glaube nicht aufhört. Und Petrus versprach
als Erster, und alle taten es ihm nach: Und wenn ich mit dir sterben müßte,
ich wollte dich nicht verleugnen. Hab ich in meinem Leben Christus
geleugnet? Herr, geh weg von mir, ich bin ein sündiger Mensch! Der Herr
sprach: Wirf deine Netze aus, diese Nacht wirst du Fische fangen. Und die
Boote sanken fast vor Überfülle. Ich mache dich zum Menschenfischer.
Bin ich als Poet Menschenfischer? Sollen sie zappeln in den Netzen
meiner Reime! Und Schlüsselübergabe. Und Stuhl Petri. Der heilsame
Schatte des Petrus. Der Brief vom Leiden und der kommenden
Glückseligkeit, meine Theologie. Ich will ernst machen mit der ganzen
Kirche nach dieser Theophanie. Christus zeugte in mir die Sehnsucht nach
der Absolution. Ich will Gott bitten um das Charisma der Ehelosigkeit.
Poet der Mutter im Dienste Gottes will ich sein. Das ist eine Gnade und
Ehre, und weil es eine Gnade ist, muß man demütig sein wie die Mutter
Maria. Ich werde mich vor dem Gericht des Wortes für alle meine Worte
zu rechtfertigen haben.

10.2.

Sie sagten von Jesus, er sei „von Sinnen“, so war ich die Tage nach der
Theophanie von Sinnen.

13.2.

Paulinius trägt Agnes von Rom den Smaragdring an. Sankt Agnes in
langem weißem Gewand, unstofflich, mit goldener Krone, von schöner
Gestalt, eine Jungfrau so erhaben, daß man sie Königin nennen möchte.

14.2.

„Wer mir nachfolgen will, der nehme sein Kreuz auf sich und verleugne
sich selbst!“
Lese mit ehrfürchtiger Liebe und tiefer Belehrung die Oden des
Propheten-Poeten Klopstock.

19.2.

Salomes Tanz um das Haupt des Täufers.


Hütete den Säugling, er schlief auf meiner Schulter ein, nachdem er an
meinem Hals wie an einer Brust gesogen. Es war so schön, ich konnte es
nicht ertragen! Er hat wasserblaue Augen und so ein weiches breites
Näschen.
Sankt Peter Hille Buch. Will über Petrus schreiben. Liebe ihn wie
einen starken geistigen Vater.
Ich bin der greise Simeon, auf dessen Schulter der Heiland einschlief.
Es ist schön, katholisch zu sein.
In Elses Buch sagt Petrus: „Du wirst meinem Angedenken einen Thron
bereiten.“

27.2.

„Aus der siebenten Generation nach Kain kam die erste uns aus der Bibel
bekannte Dichtung, die des Lamech über seine Mordtat.“ Danach wurden
Saiten- und Blasinstrumente erfunden. Ich glaube aber, daß das Reden
Adams im Paradies Poesie war, Idee der Poesie sozusagen. „Und Lamech
sprach zu seinen Frauen: Ada und Zilla! höret meine Rede, ihr Weiber
Lamechs, merket auf, was ich sage: Einen Mann erschlug ich für meine
Wunde und einen Jüngling für meine Beule.“ Ada war die Mutter von
Jubal, von ihm stammen die Zither- und Flötenspieler. Zilla gebar die
Naama.
Lutherisches Flugblatt: „... wie das griechische Wort für Bruder
(adelphos). Letzteres kann auch Vetter heißen. Daher die unlösbare Frage,
ob Jesus Brüder oder nur Vettern hatte.“
Es waren so überwältigend wunderschöne Frauen in der Universität,
alles Modelle für Venus-Madonnen. Schmerzlich schön! nur wollen sie
nicht küssen!
Kopierte Bilder von Klopstock (er allein) und Dante (knieend neben
der stehenden Beatrice vor Christus inmitten Paulus und Petrus).

4.3.
Milan Kundera: Der Schriftsteller ist von zwei, drei Obsessionen
bestimmt, darum wiederholt er sich.

10.3.

Aus der heiligen Messe komm ich voller Liebe. Raffael malte die
Madonna Diotalevi. Vielleicht kann ich eine Magd Gottes mit Kind noch
schaffen. - Mein Herz war die Schlange. Die Geliebte war sanft, demütig,
liebevoll, hilfsbereit, dienend.
Rilke: „Und jetzt bist du diese ganze Stille. / Doch mein Aufblick wird
dich immer wieder / sammeln in den lieben: Deinen Körper.“ (Lulu)
Sie ist Magdalena die Lauscherin, Martha die Dienerin, Maria die
erschrockene Erde. Oder sie ist Meschiane, in der persischen Mythologie
blühend im Baum als Same in Vereinigung mit Meschia (Adam), die ersten
Menschen. Oder sie ist Morpho, Venus als Vollenderin den Gestalten
vorstehend.

11.3.

Träumte von einem Buch Reinhold Schneiders über die Muttergottes.


Einer wollte eine Bibel kaufen. Träumte von Maria im Jahre drei nach
Christi Geburt. Aß eine Suppe, aber nicht das Lammfleisch darin, des
Fastens wegen.
Maria! Mutter und Jungfrau, Liebe Frau und Himmelskönigin, komm
du zu mir mit sanfter Demut und Gottesliebe. Lehr mich lieben, Madonna.
Und segne meine stille Einsamkeit, sie soll zu deinem Minnelob und
Gottes Preis sein. O Maria, du Reine, komm du zu mir.
Ein wunderschönes Bild von Tizian: Maria Assunta, Marien
Himmelfahrt, so lauter Rot der Liebe!

21.3.

Gott sprach zu Jeremia: Wenn du Edles redest und nicht Gemeindes, sollst
du weiter mein Mund sein.

22.3.

Die Missionare um Sankt Patrick nahmen den Druidenglauben auf und


deuteten ihn um und weihten ihn, sie sahen viele Verwandschaft.
Christentum ist nicht das Nein zu aller religiösen Sehnsucht, sondern
Heimat, Erfüllung, Vollendung.
Tao mildert mein Glänzen und eint mich meinem Staube.

23.3.

Auch Lao Tse war ein Prophet, er gab mir gestern abend etwas Frieden.
Der Heilige Geist spricht zu mir auch durch Lao Tse und apokryphe Jesus-
Worte.

24.3.

Lese italienische Poesie. Dante höher als Petrarca. Lese Vita Nuova

26.3.

Marien Verkündigung. Gestern vorm Einschlafen sah ich die Bucht von
Petra tou Romiou und eine geistig erhabene Venus: Ich bin die große
Königin! Im Schlaf heute nachmittag fasste ich alle Träume von vielen
Frauen und Venus und Minerva der letzten Tage zusammen in einem
einzigen Buchstaben: M, das Ewig-Weibliche.
Gespräch mit einer Freundin. Ich liebe das Ewigweibliche, sprach von
Frau von Stein und Diotima, die Frau als geistige Braut. Darum sei auch
die Doktorarbeit so knöchern, tot, unlebendig, weil es ohne Rücksicht auf
das Weibliche entstand, darum lieb ich auch das Glasperlenspiel nicht, weil
es allein die männliche Welt der Vernunft ist. Weisheit, du bist ein Weib.
Darum lieb ich Lao Tse. Darum lieb ich Maria. Alle hohe Poesie entstand
durch die Befruchtung durch Frauen.
Die letzte Zeit wehte der Geist, lehrte mich mein Engel, sprach Gott zu
mir. Jetzt ist alles tot und nüchtern. Die Bücher raunen nicht mehr
bedeutungsvoll, die Bibel bleibt kalt und stumm, mitten in der Nacht ist es
wie sachlicher Tag. Vielleicht, und diese Erfahrung kommt von Gott, soll
ich geerdet werden? Idee, Litaneien zu schreiben. Will über Maria von
Frankreich schreiben.

27.3.

Las am frühen Morgen wunderschöne Gebete an Maria in den schönen


Gedichten von Charles Péguy, katholischem Dichter von Anfang des 20.
Jhd. Im frühen Sonnenschein ging ich im Wäldchen und besprach mich
mit Königin Maria.
„Das Dekret des Trienter Konzils verbietet auch nicht, zum Gebrauch
und Nutzen der Gläubigen und zum leichteren Verständnis der Worte
Gottes Übersetzungen in der Muttersprache anzufertigen, wie es, mit
Billigung der kirchlichen Autorität, schon vielerorts, wie Wir wissen,
löblicherweise geschehen ist.“ (Pius XII)

30.3.

Minnesang gelesen.

2.4.

Traum von einem Traum oder einem Buch, das ich schrieb, das legte
Gottes Wort mir aus, da sah ich Bilder und hörte Worte von allerschönsten
Engeln, hörte Maria oder die mütterliche Weisheit reden, sah Kerzen:
Komm herein! Mit einem gewaltigen Donnerschlag erwachte ich.

3.4.

Franz Liszt in einem Film: Ich bin halb Zigeuner, halb Priester. Wenn ich
einsam bin, sehn ich mich nach der Welt, bin ich in der Welt, sehn ich
mich nach der Abgeschiedenheit eines Klosters. Durch mein Talent muß
ich der Musik dienen, wie ich Gott dienen möchte, mit Hingabe, Demut
und ohne Eitelkeit. Wenn ich so der Musik diene, habe ich auch Gott
gedient.

4.4.

Las Mittags Briefe von Petrarca über die Provence. Schrieb drei Strophen
an La France: In der Provence möcht ich am liebsten leben. Petrarca
berichtet von manchem Mann, der durch Familiensorge in seiner geistigen
Entwicklung gehemmt worden ist. Sich ganz einem Dienst an Gott
widmen, dazu braucht man Ehelosigkeit. Auch lobt Petrarca die
Einsamkeit. Aber heute möcht ich menschliche Sympathie oder gar Liebe
fühlen.
Goethe späte Gedichte. Sehne mich nach Weisheit. - Mit dem Petrus-
Epos begonnen, 17 Stanzen über die Weisheit.
13.4.

Karfreitag. Päpstlicher Kreuzweg: Wenn wir am elendsten, verachtetsten,


verlassensten sind, ist Gott uns am nächsten. Das erfuhr ich als tiefses
Paradox des Kreuzes im Jahr 1994 und im Jahr 2000.
Herr, mein Gott, du Hort aller wahren Weisheit, ich sehne mich, deine
Geheimnisse noch tiefer zu erforschen, deine Weisheit noch tiefer zu
erkennen, deine heilige Caritas noch heiliger und hingebungsvoller zu
leben. Herr, ich möchte eine dauerhafte geistige Heimat in der
katholischen Kirche finden und darin auch eine Heimat all dessen, was ich
in meinem protestantischen Leben an Gutem und Hohem gewonnen habe.
Ich möchte dir dienen mit meiner Poesie. Ich sehne mich nach der
Schönheit der Weisheit. Ich bitte dich, mir das Charisma der Ehelosigkeit
bis in die Seele zu geben. Durch Christus, deinen Sohn und meinen Herrn,
Amen.
Keiner war so weise wie Salomo, doch die Frauen machten ihn zum
Toren, daß er in Verzweiflung starb.

14.4.

Schneider fragte, ob nicht das dichterische Spiel, der künstlerische Schein


in gewisser Weise gegen die heilige Wahrheit sei. Petrarca wandte sich den
Geisteswissenschaften zu. Paul Claudel, den ich noch kennenlernen muß,
wandte sich von der Poesie zur Bibelbetrachtung. Brentano wandte sich
von Godwi, Märchen und Romanzen ab und wandte sich Schwester
Emmerich und dem Kirchenlied zu.
Mitternachtsmesse. Sehr feierlich, andächtig. In allen, gerade auch in
den Häßlichen, das Schöne und Liebenswerte sehen. Die Schönheit der
Liebe Gottes, der Nächstenliebe. Nur weil der Herr erstanden ist, ist unser
Glaube wahr. Er wirkt, er wirkte in Franziskus, der in jedem Verachteten
die Person Christi sah und darum die Welt verlassen hatte. Bitte für mich,
heilige Maria Magdalena, die der Herr „von dämonischer Schwermut
erlöst und zur Osterfreue befreit hat“. Ich wurde mit Taufwasser besprengt.
Meine Osterkerze ward von einem Engel von Mädchen entzündet, die ihr
Licht an der Feuersäule entzündet hatte. Ich bekam von Christus eine rote
Rose geschenkt. Das „Agape-Mahl“ anschließend war wie in den
Freikirchen und auf Partys schrecklich: alle wussten sich zu lieben und
miteinander zu lachen, ich stand abseits mit meinem Rotwein, der Pfarrer
begrüßte mich und mußte weiter, ich ging traurig. Die Evangelikalen
fragen mich immer nach „Gemeinschaft“, ich bin dazu nicht tauglich. Ich
will einen Priester, der mich leitet, einen christlichen Freund, dem ich
vieles Persönliches sagen kann, und zwei Freundinnen mit Kindern, die
mich mögen und mir Tee oder Essen bereiten. Aber ich möchte mich auch
in Liebe betten, bin aber zur Einsamkeit bestimmt. Ich wünschte, daß Oma
da wäre und mich zu Bett brächte. Ich muß mir an der Liebe Jesu genügen
lassen. Diese rote Rose ist allein Zeichen seiner Liebe zu mir. Ihn will ich
lieben. Ich bin ein einsames Opfer für Gott. Ich will sterben. Sankt
Magdalena, bitte für mich, Sankt Maria, bitte für mich, Sankt Augustin,
bitte für mich, Sankt Agnes, bitte für mich.
Ich habe eine Melancholie, einen stillen Schmerz in meiner Seele diese
Nacht. Wo ist denn die Osterfreude? Ich wäre gern beim Herrn, in dieser
Welt gibt es nur Zwiespalt und Zerrissenheit, Rätsel und Ratlosigkeit,
Ohnmacht und Hilflosigkeit, Einsamkeit und Schwermut. Die kirchlichen
Hochfeste von Weihnachten und Ostern brechen sich in meiner dann
vermehrten Schwermut. Ich sehne mich nach Licht und Liebe, aber es ist
dunkel, und alle sind wir erbärmlich arm an Liebe. Ich bin einsam, Gott ist
nicht spürbar. Ich bin erst zufrieden, wenn ich in Marien Armen ruhe.
Keine andere Frau als Sankt Marien kann mir geben, was ich brauche. Nun
in Gott find ich Ruhe, aber bin ich in Gott? Warum hab ich keine Ruhe,
nur Angst und Getriebensein und Zerrissenheit?

15.4.

Ostersonntag. Menschen kommen und gehen, einsam pilgere ich durchs


Erdental, nur Jesus wird immer bei mir bleiben! Ach ich elender Mensch,
dem keine Osterfreude beschert ist und der nicht weiß warum. Pflücke den
Tag! Morgen bin ich vielleicht tot, das wäre nicht das Schlechteste.

17.4.

Verlaine-Gedichte. Nach seiner Bekehrung zur katholischen Kirche ward


er 20 Jahre lang zwischen Eros und Religion, Orgie und Gebet hin- und
her-getrieben, starb schließlich im Haus einer Hure, die den verelendeten
Herumtreiber aufgenommen hatte.
Perelandra, die grüne Eva des Morgensternes ist eine „Göttin, nackt,
schön, ohne Scham, ihr Gesicht wie in einer kühlen Kirche eine Madonne,
sie kann tanzen wie eine Mänade und forteilen wie eine Artemis“, das
vollkommene Weib. (Lewis)

18.4.

Einerseits ist der Dichter, der sich ganz seinem Werk hingeben will, wie
ein Priester notwendig Jungfrau, andererseits ist er aufgerichtet auf die
geliebte Muse, deren Liebe er begehrt, weil sie ihm die Totalität der
Schöpfung einbringt. Ein reiner Widerspruch, oh Rose: Lust, niemandes
Schlaf zu sein unter sovielen Lidern.
Hebbels Judith, alttestamentliche Sprachgewalt über eine jungfräuliche
Retterin.

19.4.

„Denn die Welt ist schön zu begehren und schal zu begreifen“ (Gertrud
Kolmar).
Eine große Tafel mit Bildern gemacht: Dürers Adam und Eva, daneben
sinnende Magdalena mit Büchern und Kerze und Totenschädel, darüber ein
energischer Petruskopf neben einem Marienkopf aus einer Kreuzigung,
darüber eine zyprische Gottesmutter und Tizians Himmelfahrt Mariens, zu
Seiten der Marien die Magdalena von der Kreuzabnahme Botticellis und
die büßende Magdalena Tizians im losen Kleid, über allem in der Mitte
ragend ein Kreuztragender Christus vermutlich von Dürer.

22.4.

Siehe, viel Wissen erforscht ich und manche Kunde lernte ich und siehe,
das war eitel Haschen nach Wind und vergebliches Seufzen des Geistes.
So gehe hin und liebe deine Mitmenschen, sei barmherzig mit ihnen und
wende dich ihnen zu in Demut, Aufrichtigkeit und kindlicher Herzlichkeit.
Wo viel Wissen ist, ist viel Hochmut.

25.4.

Dogmatische Aussagen zur Evolution liegen noch nicht vor. Die Kirche
hält fest an der Schöpfung des Himmels und der Erde, der geistigen
Engelwelt und der körperlichen materiellen Welt und des Menschen aus
Leib und geistiger Seele durch Gott, hält fest am Urzustand und am
Sündenfall. Allerdings wird bezweifelt daß Genesis 1 und 2 ein
geschichtlicher Bericht ist und nicht eher eine poetische Hymne, in
literarischer Form mosaischer Zeit die ewigen Wahrheiten verkündend.
Warum hat wohl, wie ich hörte, der alte Brentano die Romanzen vom
Rosenkranz verworfen? Sie sind doch fromm, Gott, Christus, Maria, die
Messe, die Buße geliebt, Wollust und Magie und Teufel gehasst, dazu sehr
schöne Verse, auch ein schönes Hoheslied Biondettens. Ist es, daß das
Alter so sehr Weisheit oder Religion will, daß es die Kinderspiele der
Poesie nicht mehr wertschätzt? So Petrarca mit seinen Sonetten, Tolstoi
mit seinen Romanen.

26.4.

Gertrud Kolmar: „Du weißt von unsrer Scheinromantik nichts, die uns am
Tage des Gerichts verläßt, und nichts von goldgetünchten Idealen.“
Die Seele ist eine, nicht zwei, nicht eine geistige und eine sinnliche
Seele hat der Mensch. Die Natur ist gut von Gott geschaffen, er offenbart
in ihr seine Macht und Herrlichkeit und Weisheit, vor allem im
menschlichen Leib.

27.4.

Adam im Paradies besaß immer die Herrschaft seiner Vernunft über seine
Begierlichkeit, besaß keine böse Begierlichkeit. In der Wiedergeburt in der
Taufe wird die Erbsünde ganz vom Gotteskinde genommen, die
verbleibende Begierlichkeit ist keine Sünde, macht aber zur Sünde geneigt.
Ach daß uns manchmal die leibliche Begierlichkeit herrscht über die
Vernunft der Seele!

28.4.

Heute las ich vom Primat des Papstes. Christus ist der Fels, Petrus ist auch
der Fels, ihm ist der Schlüssel gegeben, er ist zum Hirten der Herde
eingesetzt, er war Bischof von Rom und weihte den römischen
Bischofssitz mit seinem Blut, alle römischen Bischöfe sind seine
Nachfolger und damit die Hirten der ganzen Herde.
Wie gewann denn Venus vor Juno und Minerva den Preis? Sie ließ ihr
Gewand fallen!
1.5.

Marien-Tag. Betete die Lauretanische Litanei. Trank mit der Freundin eine
Flasche Wein „von der Insel der Aphrodite“. Betete dem Säugling vor,
Credo und Vaterunser, Gebet zu seinem Schutzengel. Saugte an seinem
Ohrläppchen, was ihm gut gefiel. Sang ihm vor Ma-Ma-Maria und Li-la-
lei.

2.5.

Maria ist „schwarz und schön“, sie ist Brückenbauerin zwischen den
Kulturen. Nicht das Entweder-Oder des religiösen Holocaust gilt, sondern
das Sowohl-als-auch. So gibt es Schwarze Madonnen zu Recht. Ich denke
an die Guan Yin. Katholische Mönche begegnen buddhistischen Mönchen.
Ich denke an eine Widmung Chinas an die Mutter der Barmherzigkeit.
Asketen: „Sie sind keusch aus Bewunderung der Weisheit und aus
Liebe zu ihr, und sie begehren so sehr, ihr Leben mit der Weisheit zu
verbringen, daß sie den Freuden des Leibes gegenüber gleichgültig sind.“
„Wie im Osten, so auch im Westen wetteiferten Dichter darin, immer
neue Bezeichnungen für Maria zu erfinden.“
„Ich würde lieber in Richtung Überschwang irren und ihr übertriebene
Vorzüge zuschreiben, als in Richtung von zuwenig und ihr eine Größe
absprechen, die sie womöglich hat.“

3.5.

Ich muß allein sein, dann bin ich nicht mehr so einsam. „Bei Musik und
Speisen bleiben sie stehen, aber vom Tao will keiner hören. Ich allein bin
elend, aber ich ehre die nährende Mutter.“ Lao Tse. Ich habe das Gefühl,
ein neues Leben, ein neues Glaubensleben, ein neues Lieben und Fühlen
und Denken beginnt, alle alten Bekanntschaften fallen ab, keiner will mich
begleiten in mein neues Leben, ja, es merkt ja nicht einmal jemand. Ich
habe nicht-mehr-mitteilbare Gedanken und Gefühle. Meine Einsamkeit
wird zunehmen.
Nicht mehr säkularisierten Mariendienst (hohe Minne) will ich,
sondern religiösen Mariendienst. Ich will mich der Weisheit als Braut
vermählen. Soll ich, wie Franziskus Frau Armut wählte, Frau Einsamkeit
wählen? Sie ist doch die Magd der Frau Weisheit. Ach ich würde gern jetzt
schon in den Schoß der Kirche. Ich habe Sehnsucht nach Beichte und
Firmung. Ich habe Sehnsucht nach Marien Gemeinschaft. Ich brauche zu
meinem Heil das Ursakrament der Kirche. Die katholische, heilige,
apostolische Kirche ist der Leib Christi, der mystische, ich will kein
abgetrenntes Glied sein. Ich will heim zu meiner Mutter, die mich auch im
tiefsten Protestantismus nicht ließ, darum der häretische Schoß der
Morgenröte, der protestantisch-polemische, aber doch irgendwie
marianische.

4.5.

Eine sagte, Johannes vom Kreuz habe auch sehr vollkommene mystische
Gedichte geschrieben. Die muß ich einmal lesen. Seine mystische Prosa
sei kaum verständlich, sei eine Kommentierung seiner Gedichte. Sie liest
Vita Nuova auf italienisch. Sie erwähnte, daß der alte Petrarca seine
Liebessonette vernichtet haben wollte. Allgemein wird sein Canzoniere als
sein Meisterwerk angesehen, aber ich habe Sehnsucht nach seinen
Weisheitsschriften, nach den Gesprächen über die Weltverachtung.
Welchen Sinn hat das Schmachten des Canzoniere? War Laura mehr als
eine nur schöne Frau? Hätte er einen Canzoniere für die Jungfrau Maria
geschrieben! LeFort sagt, der Dichter brauche das Weib. Ich glaube das.
Muß das ein irdisches, sichtbares Weib sein? oder kann das auch Maria
sein? Ich sagte der Schwester, ich wolle ein Marien-Minnesänger werden.

5.5.

Was ist das für eine Änderung meines Lebens, die ich nicht mitteilen
kann? Ist es das Überzeugtsein von der Wahrheit des katholischen
Glaubens in seiner mystischen Tiefe? Ist es die fromme Liebe zu Maria?
Ist es die Begegnung mit dem Auferstandenen zu Sankt Apollonia? Es ist
nicht eine andere Auffassung in der einen oder anderen „nicht
heilsnotwendigen“ Glaubensfrage, es ist eine Revolution, ein völlig neuer
Glauben, ein völlig neues Denken, Weltempfinden. Dazu kommen die
mystischen Erfahrungen dieses Jahres, die Erfahrungen Christi waren (und
mich in Widerspruch zu den Evangelikalen setzten), es waren Erfahrungen
Marien und Petri, Visionen von David und Agnes von Rom, die Osternacht
mit Magdalena. Es war und ist ein verändertes Verhältnis zur Frauenliebe.
Zum ersten dachte ich an eine entschiedene Widmung meines Herzens an
die Erinnerung des Jugendideals als hohe Minne, platonisch-ideale Liebe;
aber ich dachte auch an den Ursprung der Minne, die Marienliebe, ich
denke an die Ehelosigkeit und die Vermählung mit Frau Weisheit. Die
Schwester sagte: „Das hört sich an, als ob du weißt, was du willst.“ In
diesem Mai sehne ich mich nicht nach Verliebtheit, ich sehne mich danach,
Maria als Mutter Natur zu finden. Die Natur berührt mich, eigentlich von
der romantischen Zeit des Mai 2000 an, wie nie zuvor. Ich habe das
Gefühl, in einer ganz anderen Welt als meine Freunde zu leben, sie werden
mir dadurch fremd.

6.5.

„Dem Himmel ist nichts fremd, der Zweifel und der Glaube nicht. Aller
Schönheit wohnt ein Schmerz inne, aller Hoffnung eine Sehnsucht, allem
Gebet eine große Einsamkeit.“
Bei der Vermählung Mariens mit Josef, sagt die Legende, seien zwölf
Bewerber mit Stäben gewesen. Des Josef Stab blühte. Ein Jüngling liebte
und begehrte Maria besonders innig, aus Enttäuschung zerbrach er seinen
Stab. Raffael malte das. Es heißt, aus Liebeskummer sei er Eremit auf dem
Karmel geworden. Dort aber erklang später der Jubel an die Gottesmutter.
Die Jungfrau, die keinen Mann je erkennen wollte, wäre nie so sein eigen
geworden, wie er es einst ersehnte. Sankt Josef war ja allein ihr Hüter und
Bewahrer ihrer Reinheit. Aber die verschmähte Liebe trieb den Jüngling in
ein gottgeweihtes Leben, in dem er später eine reine heilige Liebe zu
Maria finden sollte. Eine hervorragende Legende!
Der engelgleiche Thomas von Aquin sagt, Freude sei die beste Medizin
gegen Traurigkeit. Maria ist unsere Freude, unsere Wonne, sie ist die
Trösterin der Betrübten, im Stabat Mater Dolorosa heißt es: Laß uns
kindlich mit dir weinen! Die Betrachtung der schmerzhaften Geheimnisse
ihres Rosenkranzes tröste, Tränen gießen die Traurigkeit durch die Augen
aus, sagt Thomas, wir dürfen uns ausweinen vor dem Mutterherzen, das da
Wonne aller Heiligen war und ist. Thomas sagt, die Betrachtung der
Wahrheit lindere den Schmerz.
„Wir sind die Kinder glaubenstreuer Ahnen. Was war für diese Maria?
Fragen wir jene herrlichen Dome, die ihr zu Ehren erbaut, jene Folianten,
die ihr zum Lobe, zu ihrer Verteidigung geschrieben worden, die Gemälde
und Statuen Mariens, zahllos, und dabei wahre Meisterwerke der Kunst,
die Lieder und Hymnen zu ihrer Ehre, sie alle sind Zeugen und Urkunden
der Liebe zu Maria, Beweise, daß die wahre Kultur sich immer an ihren
Namen geknüpft hat. Der Tempel Salomos, ein Wunderwerk an gewaltiger
Schönheit (80 000 Steinmetze arbeiteten daran) ist nach Augustinus ein
Bild Mariens als des Tempels der Barmherzigkeit Gottes.“ Im Liede heißt
es auch: Freue dich, Zion, jauchze, Jerusalem, jubele, Gottesmutter, denn
dein Sohn ist auferstanden! Wenn Maria die Kirche, die wahre Religion,
der Tempel Gottes ist, dann ist auch der Kölner Dom ihr Bild. Wenn sie
das Thema der wahren Kunst ist (Raffael, Dante, Faust Zwei), dann will
auch ich ihr singen, „...ähnlich jenen gothischen Domen, die zu Ehren der
Gottesmutter entstanden und nicht nur im Großen wundervoll
harmonieren, sondern auch im Kleinsten Maß-Werke, in jeder Krabbe und
Kreuzblume Meisterstücke sind.“

7.5.

„Du bist ja die Mutter des Allerhöchsten, darum möchte mein Vertrauen
fast bis zur Kühnheit steigen.“ Sankt Ephraem der Syrer. - Die
Marienfrömmigkeit entfaltete sich im Mittelalter vor allem durch die
Verbindung der Minneliebe für die Dame und der mystischen Liebe zur
Muttergottes. Die Reformatoren ehrten Maria mehr als der heutige
Protestantismus. Dennoch wurde ihre Lehre über Maria von der
katholischen Gegenreformation als häretisch bezeichnet. „Der
gegenreformatorische Aspekt dieser Mariologie zeigt sich auch darin, daß
die neuen Konvertiten ihre Rückkehr zur römisch-katholischen Kirche
durch Akte ausdrücklich marianischer Frömmigkeit manifestieren sollten.“
An der Schwelle zur Neuzeit gibt es eine Art „katholischen Pietismus“,
eine „Religion des Herzens“, die die gelehrten Dogmen der Orthodoxie als
zu abstrakt verwerfen und aus gefühlsmäßiger Liebe blühen. Das führte zu
ketzerisch-abgöttischen Übertreibungen, von den Jesuiten verurteilt. Neue
marianische Frömmigkeit Mitte des 19.Jhd. bis Mitte 20.Jhd. 1942 weihte
Pius XII die Welt dem Unbefleckten Herzen Mariens. Das Zweite
Vaticanum bremste die isolierte Mariologie. Von Maria-Königin ging man
mehr zu Maria-Magd über, dachte über ihr Verhältnis zum Heiligen Geist
nach. Johannes Paul II hat eine große Marienverehrung, besuchte alle ihre
Wallfahrtsorte dieser Welt und nennt sie am Ende jeder seiner
Interventionen. Seine ökumenischen Bemühungen sind vor allem auf die
Orthodoxe Kirche bezogen. Paul VI rief 1974 zu einer Neubelebung der
Marienverehrung auf. Nur durch die Mariologie ist die rechte Christologie
zu finden. - Mein Gefühl sagt, ich brauche einen „anderen Christus“ als in
den letzten Jahren. Das evangelikale Christusbild ist, da die ganze
Bewegung häretisch ist, gewiß auch nicht rein und wahr. Ich denke jetzt
vor allem an das „süße Herz Jesu“. Ich will mich intensiv mit dem
überlieferten katholischen Glauben beschäftigen, zur Zeit vor allem mit
Maria. So will ich auch zum wahren Christus finden, den der recht
ausgelegten Schrift und der Väter und Kirchenlehrer und Heiligen. Ich
habe Interesse an Theologie gewonnen, an katholischer Dogmatik. Meine
Fragen: Wie unterscheidet man wesentlich „Verehrung Mariens“ und
„Anbetung Gottes“, welche Form sollen, dürfen die Gebete an Maria
haben? Die kirchliche Lehre selbst unterscheidet zwischen dem genauen
Dogma und dem Überschwang der Poesie und der Volksfrömmigkeit. Der
Überschwang der Poesie ist erlaubt als Poesie, aber entspricht nicht der
genauen Lehre des Apostolischen Stuhles. - Maria ist Gottes Geschöpf,
rein Mensch, rein Frau. „Sie muß zunächst in ihrem Wesen als Frau
betrachtet werden. Nicht als eine Frau, die von den anderen Menschen
getrennt wäre, noch als ein Modell passiver Unterwerfung, das die anderen
Frauen den Männern gegenüber nachzuahmen hätten, noch als Symbol
einer idealen Weiblichkeit, die eine gewisse Verachtung der Sexualität und
der fleischlichen Fortpflanzung beinhaltete. Das alles sind Entgleisungen,
die zurecht von den feministischen Bewegungen unserer Zeit angeprangert
werden, und die in der Tat zu häufig die Darstellung der Jungfrau Maria im
Laufe der Jahrhunderte geprägt haben. Die Entwicklung der Kunst ist ein
gutes Beispiel dafür: Wenn Maler wie Georges de la Tour die stille
Innerlichkeit Marias ausgezeichnet wiedergegeben haben, und sie somit
wie ein sublimiertes Bild der Frauenfigur erscheinen konnte, haben andere
Künstler dagegen Maria idealisiert und sie dadurch der Gefahr ausgesetzt,
die simple Projektion eines imaginären Wunsches oder der Ausdruck einer
götzendienerischen Entgleisung zu werden.“ Peguy nennt sie „eine arme
jüdische Frau aus Judäa, das demütigste aller Geschöpfe“, nicht
herausragend wie Miriam, Deborah, Esther oder Judith, mit einem
Allerweltsnamen Maria. Sie war eine treue Tochter Israels und eine
Mutter, die Freud und Leid der Mutterschaft kannte. Von der Jungfrau
wurde sie zur Jungfrau-Mutter, von dieser zur Jungfrau-Mutter-Jüngerin.
Jungfrau vor Gott, Mutter vor dem Sohn, Jüngerin vor dem Geist. Sie ist
„mit Gnade erfüllt“, die Gnade in Maria geht auf eine empfangene und
ungeschuldete Gabe zurück. - „Ambrosius von Mailand (+379), der Vater
des Kirchengesangs, dichtete Hymnen, in den vier völlig gleichartige
Zeilen zu einer Strophe zusammengefasst sind. Die einzelne Zeile besitzt
vier Hebungen. Anfangs wurde der Vers wie in der antiken Lyrik nach
metrischem Prinzip gebaut (jambische Dimeter), später setzte sich, wie
fast überall in der lateinisch verfassten Dichtung das rhytmische Prinzip
durch (steigende Achtsilber).“ Ambrosius dichtete reimlos. Das erste
lateinische Loblied auf Maria dichtete Ennodius (+521). Auffällig am
reimlosen Loblied des Ennodius ist die auf Kosten eines gehobenen
Lobpreises gehende Freude an der genauen theologischen Formulierung.
Im Hymnus des Venantius Fortunatus (ca. 530-600) wird Maria Herrin
genannt. Die lehrhafte Theologie wird vernachlässigt zugunsten einer
Verehrung ihrer Herrlichkeit. In ihm löst sich der poetische Geist vom
theologischen, das Marienlob emanzipiert sich vom Christuslob. 300 Jahre
später entstehen die Sequenzen des Notker des Dichters (+912). Er bricht
mit der Hymnenform. Die Sequenz hat verschiedenartig gebaute Strophen,
von Anfang bis Ende durchkomponiert. Das Lied des Venantius war das
Lied einer Einzelseele und inniger Liebe zur Himmelskönigin. Die
Sequenzen waren Gemeindelieder. Maria wird gelobt als Verkörperung
aller Tugenden (von Edelsteinen symbolisiert). In dem Hymnus Ave Maris
Stella (fallende Sechssilber) wird erstmals Maria nicht allein um Fürbitte
gebeten, sondern es wird zu ihr gebetet. Hermannus Contractus (Hermann
der Lahme) schuf Antiphone und Sequenzen: Salve Regina Misericordia,
ein Mariengruß, ein Gebet an sie. Der Lobpreis ist dem Gebetston
untergeordnet. Zum ersten Mal tauchen die Bilder des Hohenliedes auf.
Ihre leibliche Schönheit wird als Ausdruck ihrer Tugendschönheit
gepriesen, vor dem Konzil von Nicäa dachten z.B. Origines und Johannes
Chysostomus an einige Unvollkommenheiten Mariens. Nun wird sie nach
neuplatonischer Lehre zur Perfectissima, der Tugend- und Leibesschönheit
angehören. Attikus von Konstantinopel (um 400) sagte, ihre Schönheit
übertreffe die aller Frauen des Alten Testaments. Inflation der
Marienhymnik des 12.Jhd., aber in der Bilderwelt kaum Neues. Blüte und
klassische Form in den Sequenzen des Adam von Sankt Victor. Sie wird
gepriesen als Himmelskönigin, Mutter der Barmherzigkeit, aller Tugenden
Reiche, Jungfrau-Mutter. Ausführliche Bilderwelt des Alten Testaments:
Stab Aarons, Reis Jesses mit Blüte Christus, Pforte des Tempels,
Honigstab Jonatans, der Tempel selbst, lichttragende Menorah der sieben
Geistesgaben etc. Neue Form zu Hymne und Sequenz sind die
Grußhymnen (Ave, Salve), die die Doxologien Mariens „im Stehen
gesungen“ aufzählen. Man steigert sich zu asiatisch-hyperbolischem
Lobpreis. DAS LOB MARIENS MÜSSE, FALLS ES ANGEMESSEN
SEIN SOLLE, SO GROSSARTIG SEIN, DASS DER DICHTER SELBST
ES NIEMALS VOLLENDEN KÖNNE. Hinter den ästhetischen
Preisungen innerer und äußerer Schönheit verblasst der theologische
Gehalt. Schon Ambrosius deutete die Braut des Hohenliedes auf Maria,
sieht in der Braut aber vor allem die Seele oder die Kirche. Die
Himmelfahrt Mariens begleitete man ab 550 mit Worten des Hohenliedes.
Hieronymus deutete den Verschlossenen Garten auf die Immerwährende
Jungfrau. Maria ist schön wegen ihrer jungfräulichen Reinheit und
jungfräulichen Mutterschaft. Maria hat ihre Schönheit von Gott. Sie ist
schön als Heilbringerin. Maria ist schön als an allen Tugenden, Keuschheit
und Demut Reiche. Maria ist schön, weil ihre Rede süß ist zum Lobe
Gottes. Maria ist Vorbild aller Kontemplativen. Nicht nur um Fürbitte wird
gebeten, sondern zu ihr selbst wird gebetet als zu der Führerin ins ewige
Leben (Salve Regina). Sie ist auch Vorbild des aktiven Lebens. Als Vorbild
des kontemplativen Lebens ist sie Vermittlerin ihres tieferen Wissens von
Christus. Die Passio Mariae wird aufgesagt, das Stabat Mater entsteht, die
Franziskaner ehren die Mater Dolorosa. Eine Auslegung des Hohenliedes
auf Maria wird in Reimprosa verfasst von Phillip von Harvengt (+1183).
Der Prolog dazu endet mit einem Gedicht in Distichen (Maria als Mond,
Christus als Sonne). Breit wird das Lob der Aurora gesungen. Maria als
Sonne überstrahlt die Sterne aller Heiligen. Bernhard von Clairveaux
deutete Maria als das Große Zeichen, das Weib der Apokalypse. Im 12.Jhd.
entstehen erste volkssprachliche Marienlieder. Das epische „Leben Jesu“
von Frau Ava entsteht, in dem Maria fast keine Rolle spielt. Der Fromme
ist Diener der Herrin Maria, schon ihr Lob gibt ihm Trost und Freude. Im
Gebet zu Maria geht man weit über das orthodoxe Dogma hinaus, bittet sie
um Vergebung und Erlösung. Drei Stufen im Marienlob: „1.Diskussion
ihrer Stellung im Heilsgeschehen, 2. rein ästhetische Würdigung, 3.
Wärme und innige Vertrautheit zu einer Quasi-Göttin.“ In den
volkssprachlichen Marienpredigten des 12.Jhd. wird sie vor allem
gepriesen als Königin und Mutter der Barmherzigkeit. Desweiteren ist sie
Unsere Liebe Frau und Himmelskönigin. Trost und Zuflucht der armen
Sünder. Allein der hohe Minnesang ist Abglanz der Marienverehrung. Der
Kult der Dame (Vrouwe) entstand vielleicht parallel zur Marienverehrung,
aber dem Dichter entging nicht die Verwandtschaft oder Ähnlichkeit.
Vielleicht ist durch die Würdigung Mariens der Frau eine höhere
Würdigung dargebracht worden, sie war nicht mehr Objekt der
Sinnlichkeit, sondern der Verehrung. Aber der wenig mariengläubige
weltliche Dichter konnte leichter seiner Vrouwe als Quasi-Maria huldigen
als der wahrhaft Mariengläubige. Walter von der Vogelweide ist der
einzige Minnesänger der Blütezeit, der auch Verse an Maria geschrieben
hat. Zurückgespiegelt wirft der Minnesang im 13. und 14.Jhd. auf die
Marienverehrung einen merkwürdigen Schein: „Formen erotischer
Verehrung Mariens von Seiten
der Mönche und Geistlichen; die Mönche nennen sich Gatten oder
Geliebte Mariens, und nicht selten finden sich stark sinnliche Elemente in
der Marienverehrung“. Ein geistlicher Dichter polemisiert gegen die
Übertragung der Attribute der Gottesmutter auf sämtliche Frauen, sie allein
ist der hohen Ehren würdig. Heinrich von Morungen, der „marianischste“
Minnesänger, prophanisiert auf irreligiöse Weise die Marienverehrung. - In
Marienlyrik und Minnesang wie in gothischen Domen verborgene
Zahlensymbolik: 150 Psalmen, 150 Ave Marias, 7 Freuden, 7 Leiden, 7
Tugenden Marias, 7 Gaben des Geistes, 7 Sakramente. 28 Tage des
Mondes /Maria) aus 4 x 7. Dreifaltigkeit und dreifache Jungfräulichkeit:
vor, während und nach der Geburt. Das Leben Mariä: 12 Jahre (Mädchen),
40 Wochen (Schwangerschaft), 33 Jahre (Christus), 9 Jahre (bis zur
Aufnahme). Die meisten Traditionen sagen, sie empfing mit 14 Jahren. Sie
lebte 7 Jahre zuhause, 7 Jahre im Tempel. 7 die wichtigste Symbolzahl
Marias. Die 12 Sterne ihrer Krone. Die heilige Brigitta lehrte, Maria habe
63 Jahre auf Erden gelebt. Davon reden auch die Franziskaner. Eine andere
Tradition sagt, sie habe 24 Jahre nach dem Kreuz gelebt und insgesamt 72
Jahre und beruft sich dabei auf Sanct Epiphanius.

8.5.

„...der Greis / liegt im Gebete still und heiß / in der Kapelle, wo ein Bild /
der Gottesmutter rauchgeschwärzt / ihr eingeräuchert Kindlein herzt /
verzeichnet bunt, doch gut genug / da es dem Manne sonder Trug / mit
Andacht so die Seele füllt / denn ganz besonders hat er sich / geweiht der
Jungfrau minniglich.“ (Droste-Hülshoff).
Schob den Säugling im Kinderwagen in die Heilig-Geist-Kirche, da
Messe war, bekreuzigte ihn mit Weihwasser, kniete mit ihm vorm
Tabernakel, zündete für ihn eine Marienkerze und lauschte etwas dem
Gebet des Priesters. Ich glaube, das Kind nahm es gut auf und empfand die
heilige Atmosphäre.

9.5.

Gott der Dreifaltige ist (anders als Zeus) über das Geschlechtliche erhaben.
Er trägt das Urbild des Männlichen und des Weiblichen in sich. Wenn er in
der Religionsgeschichte oft als Mann dargestellt wurde, ist das nicht
notwendigerweise seinem Wesen gemäß, sondern kulturgeschichtlich
bedingt.
Ist des katholischen Dichters Aufgabe in erster Linie religiöse Poesie?
War Wolfram von Eschenbach Katholik? Waren es die Minnesänger? Da
waren der Heliand, die Evangelienharmonie, die Marienlieder. Dann die
Ritterepen. Dann Dantes Commedia, ein religiöses Gedicht. Petrarcas
Sonette als moderner Minnesang, den er später verwarf, sein heidnisches
Epos Afrika, seine gelehrten Weisheitsschriften. Die Ritterepen der
Renaiccance (Ariost, Tasso, Spenser, alle christlich inspiriert) und die
petrarkistischen Sonette der Italiener und Engländer. Französisches
Theater. Lope de Vega und Cervantes. Miltons Paradise Lost und
Klopstocks Messias. Die deutsche Romantik (Natur, Mittelalter, Märchen,
Sehnsuchtsliebe): Novalis Geistliche Lieder, sein Minnesänger-Märchen
Ofterdingen ein Künstlerroman, wie Tiecks Sternbald. Clemens’ Märchen.
Sein Rosenkranz, halb Märchen, halb religiöse Dichtung. Seine
Hinwendung zur Emmerich und dem Kirchenlied. Drostes Geistliches
Jahr. Charles Péguys religiöse Lyrik, sein religiöses Epos Eva. Paul
Claudel, der Dichter des Dogma, Schneiders geistliche Sonette, religiöse
Dramen, Laientheologie. LeForts Ewige Frau (Mariologie), Schweißtuch
der Veronika (über die Sakramente, über das Mysterium Caritatis).

10.5.

Wachte nach wenigen Stunden Schlaf auf und dachte: Urweib - Mutter -
Maria - wühlte mich in ihr Wesen hinein und schlief wieder ein.
Ich wende mich der mariologischen Dogmatik zu. Gerade der
sinnenfreudigste Monat, der Mai, ist der Madonna gewidmet. Italien dient
ihr treuer als Deutschland. Raffael malte sie schöner als Dürer. Die
katholisch-deutschen Romantiker hatten alle Sehnsucht nach Italien.
Eirenaios von Lyon spricht im Jahre 202 von den „in Germanien
gegründeten Kirchen“.

12.5.

Wenn der Logos die menschliche Natur von Maria angenommen hat, hat
Jesu menschliche Seele dann auch ein Gepräge von der Mutter geerbt?
oder hat der Gottessohn nur seinen Leib von Maria? Hat dann sein Leib,
etwa sein Antlitz, Ähnlichkeit mit Maria? „Der Heilige Geist ist es ja, der
in Maria die menschliche Natur Christi aus ihren eigenen weiblichen
Möglichkeiten schöpferisch hervorgebracht hat.“ - Maria ist nicht „die
weibliche Dimension Gottes“ (The Mary Myth). Die Kollyridianerinnen
des 5. Jhd. (Maria-Anbeterinnen) wurden von der Kirche verurteilt.
Verwandt sind sie mit der feministischen Bewegung der Gegenwart. Maria
ist Geschöpf, allerdings das vorzüglichste. - „Wenngleich der
menschgewordene Gottessohn seine leibliche Gestalt seiner Mutter
verdankte, so daß man sagen durfte, er sehe ihr gleich, so wurde doch
Maria ihrem eigenen Sohne vor allem ähnlich, insofern er selbst das Bild
des himmlischen Vaters ist. Sie gab ihm das geistig-leibliche Antlitz; sie
empfing von ihm das geistlich-geistige Angesicht.“ Der Autor wandte sich
gegen die „gnostische Entgeschichtlichung Marias, in welcher Maria sich
zu einer neuplatonischen Idee verflüchtigte“.

13.5.

„Wer also einen Heiligen um Fürbitte anruft, drückt den Wunsch aus, der
Heilige möge mit seiner Liebe zu Gott auch ihn, den Beter, umfangen und
so durch die weckende Kraft seiner von Gottes eigener Liebe genährten
Liebe die Liebesfähigkeit des Beters entbinden und dessen Herz bereit und
aufnahmefähig machen für Gott.“
Den ersten dichterischen Gruß an Maria richtete um 350 Ephräm der
Syrer, dann Ennodius von Pavia im Lied des 5.Jhd., im Abendland die
erste Anrufung Marias bei Augustinus. Papst Paul VI bestimmte 1974, die
Marienfrömmigkeit solle sich gemäß der gegenwärtigen Zeit gestalten und
insbesondere das gewandelte Frauenbild berücksichtigen.

14.5.

Lese Brentanos Rheinmärchen, die er später nicht mehr schätzte. Ich


verstehe das. Sie sind hübsch, niedlich, unterhaltsam, poetisch, aber
welcher tiefere Sinn liegt darin? Poesie soll nicht nur erfreuen, sondern
auch nützen. Nützen kann nur Wahrheit, Weisheit, Religion, Gottesliebe.
Welchen Tiefsinn, welche Kraft zur Erbauung haben Augustinus’
Bekenntnisse! Das stärkt mein Herz wie eine eucharistische Speise.
Ich möchte mehr und mehr von bloß schöner Poesie hinauf zu
geistlich-geistiger, tiefer Poesie. Was wäre eine Weisheit, eine Theologie,
eine Mystik des Rosenkranzes! Aber ich muß tiefer in die Schule der
Kirche der Weisheit gehen, Milch von der Mutterbrust trinken, mich
reinigen lassen von allen Häresien sowohl des Rationalismus als auch der
subjektiven Schwärmerei. Wie Brentano der Anna Katharina Emmerich
diente, Schneider als Laientheologe, LeFort als Marienmystikerin, Claudel
als Bibelbetrachter.
Man liebt, sagt Augustinus, sein Heil mehr, wenn man verloren war
und es wiederfand, als wenn man es immer besessen hatte. So liebte ich
Christus, weil er mich von meiner Gottlosigkeit bekehrte. Auch liebe ich
so die katholische Kirche, weil ich abgeirrt war und heimkehrte zum
wahren Glauben.
Augustinus: „Zurück hielten mich die Nichtigkeiten und Eitelkeit,
meine alten Freundinnen, zerrten mich am Mantel meines Fleisches und
flüsterten mir zu: Was, du willst uns verlassen? Von dem Augenblick an
werden wir nicht mehr bei dir sein in Ewigkeit. Von dem Augenblick an
wird dir dies und jenes nicht erlaubt sein in Ewigkeit. Welche Bilder
brachten sie mir vor die Seele in dem Dies-und-Jenes! welche Bilder, o
mein Gott! Deine Barmherzigkeit wende es ab von der Seele deines
Dieners... Dennoch hielten sie mich auf, und ich zögerte, sie von mir
abzuschütteln und mich loszureißen und hinüberzugehen, wohin ich
gerufen ward, indem die mächtige Gewohnheit sprach: Glaubst du es ohne
jene Dinge aushalten zu können?“

15.5.

Hesekiel 33, 31-33: „Und sie werden zu dir kommen, wie das Volk so
zusammenkommt und vor dir sitzen als mein Volk und werden deine Worte
hören, aber nicht danach tun, sondern ihr Mund ist voll von Liebesweisen,
und danach tun sie, und hinter ihrem Gewinn läuft ihr Herz her. Und siehe,
du bist für sie wie einer, der Liebeslieder singt, der eine schöne Stimme hat
und gut spielen kann. Sie hören wohl deine Worte, aber sie tun nicht
danach. Wenn es aber kommt - und siehe, es kommt! - so werden sie
erfahren, daß ein Prophet unter ihnen gewesen ist.“ Dies Wort stellt die
prophetische Verkündigung des Gotteswortes weit über irdische
Liebeslieder, aber man erkennt, daß das prophetische Wort wie ein
Liebeslied erscheint. Siehe Mechthild von Magdeburg.
Ich bereue den „Schoß der Morgenröte“. Eine evangelische
Seelsorgerin sagte, ich solle annehmen, daß zu jener Zeit mein
Mariaroman meiner Überzeugung entsprach, ich müßte zu meiner
Geschichte stehen, solle mich nicht anklagen. Alles Geschriebene würde
nach einiger Zeit in Frage gestellt. Gott würde mich nicht anklagen, mir
wohl verzeihen. Ich solle getrost sein.
16.5.

Papst Pius II schrieb in seiner Jugend Novellen und Liebeslieder, ward


dann ein tiefreligiöser Mensch. Dem Dichter hatte Kaiser Friedrich den
Lorbeerkranz aufgesetzt.
Die idealisierende Liebe ist so: Ich sehne mich nach einem Ideal, das
in Maria religiöse Wahrheit hat, projeziere das auf die Frau. Die Frau sagt:
Du liebst gar nicht mich, sondern nur das Bild, das du dir von mir machst.
Ja, das stimmt wohl. Eigentlich liebe ich die Jungfrau Maria. Meine innere
Stimme klang heute, Maria sprach: Willst du mein Minnesänger sein? Ob
sie das wirklich gesagt hat?

21.5.

Für allerlei Seelenkrankheiten (Mattigkeit, Trübsal, Schwermut,


Lebensüberdruß, Selbstmordgedanken) gibt der hl. Bernhard als Medizin
die Anrufung des Namens Jesus, sein Aussprechen. So tröstete mich schon
die Herz-Jesu-Litanei.
Die Liturgie (einschließlich des Kirchenliedes) ist Gebet des ganzen
Kirchenvolkes, ein Gerüst, ein Stab, ein Fels für die Seelen. Die poetische,
mystische, Gott individuell erfahrende Seele kann darüber hinausgehen
und ihre Erfahrungen wieder der Kirche in Poesie mitteilen. In der Liturgie
und im Dogma schaff ich mir ein katholisches Fundament. Aber der Schatz
der katholisch-christlichen Weisheit ist so umfangreich, daß es doch
wieder einen individuellen Schatz ergibt.
Petrarca: „Die Poesie steht durchaus nicht im Gegensatz zur Theologie.
Fast möchte ich sagen, die Theologie sei eine von Gott kommende Poesie.
Wenn Christus bald Löwe, bald Lamm, bald Wurm heißt: was ist das,
wenn nicht poetisch?“ Der Scholastik galt die Poesie als niedrigste
Wissenschaft. Die frühchristliche Hymnik ist Glaubensbekenntnis.
Bernhards Theologie ist poetisch. Das Christentum hat sich seinen Sieg
ersungen. Im 2.Jhd nimmt das christliche Carmen poetische Formen der
griechischen Dichtkunst auf. Erstes Beispiel ist der Hymnus „auf den
Erlöser Christus“ des Klemens von Alexandrien: „Christus Jesus,
himmlische Milch, aus den süßen Brüsten der Braut, Geschenk deiner
Weisheit, saugen wir, Kleinkinder, durch den zarten Mund ernährt, mit
Geistestau aus des Logos Brust ganz erfüllt. Lauteres Lob, wahrhaftige
Hymnen dem König Christus als schuldigen Lohn für die Lehre des
Lebens laßt uns gemeinsam singen!“ Klemens Hymne speist sich aus zwei
Quellen: klassisch-griechischer Poesie (Homer, Hesiod, Pindar) und
platonischer und gnostischer Religionsphilosophie. Klassisch geschult
nennt Klemens Jesus „Hirt, Pflüger, Fischer“, redet vom „Pferdezügel,
Vogelschwinge, Steuerruder“. Klemens ist ein belesener, der
Mittelmeerkultur aufgeschlossener Mensch. Der Philosophie entstammen
Vokabeln wie „unerschöpfliches Wort, unermeßliche Zeit, ewiges Licht“.
Fragmente aus dem Schatz der Bildung werden dem Logos zugetragen,
weil sie nach Klemens’ Überzeugung von Ihm und Seiner Inspiration im
Geist der Dichter und Denker ausgegangen sind. Solche humanistische
Offenheit war in der Alten Kirche nicht selbstverständlich. Die Theologie
der Kirche ist meist mehr an attischer Philosophie, weniger an attischer
Poesie interessiert. Die Scholastik würdigte die Poesie nicht. Darum ist
Dantes Virgillob so wichtig, Petrarcas Liebe zur klassischen Poesie so
wichtig.
Ich las, Georges Bernanos stelle das Wesen des Heiligen in das
Zentrum seiner Poesie. Peguy dichtete liturgisch oder predigend. Ich las,
Paul Claudel sei der Dichter auf dem Boden des Dogmas. LeFort
entwickelte ihre Lehre vom Opfer, vom Leid, von der Imitatio Christi, von
der Eucharistie und den Sakramenten. Schneider schrieb eschatologische
Sonette, Betrachtungen über das Kreuz in der Geschichte, Laientheologie
vom Kreuz. Diese Dichter sind in einem ausgesprocheneren Sinne
katholisch als Novalis, Brentano, Arnim, Eichendorf. Ich denke über das
Amt des christlichen Dichters nach. Dabei muß man auch Dante und
Petrarca bedenken. Schließlich muß ich meinen eigenen Weg gehen, Maria
wird bei mir zentral sein.

22.5.

Nachwort zu Gerard Nervals Aurelia: Aurelia ist nicht allein ein Deckname
für Jenny Colon, sondern ein Symbol wie Beatrice in der Vita Nuova. Sie
kann einen Gestaltenwandel eingehen: die vergeblich gesuchte
abgeschiedene Geliebte (Eurydice), die Führerin ins Jenseits (Beatrice),
die Königin und Göttin (Artemis). Alles in allem, sag ich, ist sie ein
Schatte Mariens, deren Preis auch synkretistisch gesungen wird gegen
Ende der Erzählung. Die letzten Manuskriptseiten des Werks fand man in
Nervals Manteltasche, als er sich erhängt hatte.
Wenn ich einmal von einem „Christus untergeordneten Synkretismus“
des Dichtens schrieb, findet das seine Rechtfertigung in der katholischen
Lehre von Offenbarung und Religion. Die Religionen sind auf den
göttlichen, katholischen Glauben hingeordnet. In ihm ist die ganze Fülle
der Offenbarung (die römische Kirche steht dem katholischen Glauben am
nächsten), in den Religionen sind Funken, Schatten, Reste, Sehnsüchte.
Alles dies nahmen die katholischen Missionare auf. In Irland „taufte“ man
den keltischen Druidenglauben, in China griffen die Jesuiten auf die
klassischen Schriften (und das Bild der Guan Yin) zurück. So ging
Klemens von Alexandrien mit klassischer Poesie und Philosophie um. Das
sagt mir zu und ist künstlerisch viel fruchtbarer als der evangelikale
Rigorismus (die Puritaner kämpften gegen das elisabethanische Theater).
Was LeFort von der geistigen Hochzeit des Dichters mit der Geliebten
schreibt, sie sei Mitschöpferin, Ergänzung zur Totalität des Lebens, kann
das auch die heilige Jungfrau Maria sein? oder muß es eine irdische Frau,
eine sterblich Geliebte sein? Ist das Phänomen der idealisierten Geliebten
erledigt, weil ich Maria gefunden habe?
Ist mir die Madonna Geliebte oder Mutter? 1994 war sie geliebte
Gottesmutter, aber war es sublimierte erotische Liebe oder fromme
kindliche Liebe? Die Kirche lehrt fromme kindliche Liebe. Mir scheint
aber, der Frauenliebhaber Raffael malte seine Madonnen aus sublimierter
erotischer Liebe. Kann man die Minne für die Dame auf Maria übertragen
oder ist die mystische Liebe zur Mutter Gottes eine ganz andere? Ist die
Minne platonische Stufenleiter, menschliche Religion des Eros; dagegen
die Offenbarung von Maria als Mutter der Gläubigen spricht? Das Zweite
Vaticanum definiert Marienkult als „aus dem Glauben, nicht aus
Gefühlswallungen“ (sinngemäß). Ist sie denn Jungfrau-Mutter: Geliebte
und Mutter in einem? Italien preist die geliebte Madonna, Deutschland
preist die verehrte Muttergottes. Der Pfarrer sagte, ich solle mit Maria
reden „wie mit einer Freundin“. Maria ist auch (wie die Muse Nervals)
abgeschiedene Geliebte, Führerin ins Jenseits, Königin und Göttin.
Dennoch hatten die Dichter eine Frau, eine Geliebte, eine Stellvertreterin
Mariens (Vikarin Mariens). Vielleicht ist Sie selbst zu erhaben, zu
unnahbar? Es gibt in der Poesie zwei Linien: die Linie Dantes, Beatrice als
Mittlerin zu Maria zu verherrlichen, und die Linie der Hymniker, Maria
selbst zu grüßen. Welchen Weg werd ich gehen? Maria ist doch
preisungswürdiger als die idealisierte Frau, welche auch zur großen Teilen
ihre Attribute von der Königin borgt, Maria ist doch die, die mehr gesegnet
ist als alle anderen Frauen. - In der Sankt-Marien-Kirche stehen zwei
Mariengestalten: In der Kapelle eine nonnenhaftee ältere Mutter, vor der
der Glaube beten kann, und im Chorraum eine junge Madonna ohne Kind,
die Schlange niedertretend, schön und schlank, welche die Seele lieben
kann. Der Geist glaubt, die Seele liebt. Die Seele liebt Schönheit, Jugend,
Jungfräulichkeit, Anmut, Reinheit, Liebreiz. Ja, auch Liebreiz, denn die
Weisheit hat nach der Schrift die Welt mit ihrem Liebreiz gestaltet.

23.5.

Träumte von einem Juden, dem ich sagte, Mutter der Juden sei die
ungehorsame Eva, Mutter der Christen sei die gehorsame Maria.
Nicht allein im Weitersagen des Gotteswortes, sondern in jedem Tun
und Wort des Trostes, der Ermutigung, der aufbauenden Kritik gibt der
Christ das Heil weiter. Für seine Heilsvermittlung ist allein die Liebe
maßgebend. Im liebenden Christen liebt Gott, im die Liebe Empfangenden
empfängt Gott die Liebe. Das Kreuz des Getauften ist Christi Kreuz, in
Leiden und Sterben hat der Christ Anteil am Leiden und Sterben Christi,
besonders im Leiden des Christen wird das Heil wirksam. Der
Auferstandene wirkt in den Sakramenten und im ursakramentalen Handeln
der Kirche und ihrer Glieder.

24.5.

Ich habe so ein Gefühl der Liebe für Maria heute, fast als ob ich sie
begehrte, als ob ich die Sixtina umarmen und küssen wollte, eine
schmachtende Sehnsucht.

25.5.

Träumte von der Kirche, kam in eine kleine Landgemeinde von acht
Schwestern, einer Pfarrerin, bekam ein Einzelzimmer, aber die Pfarrerin
verstand nicht, daß ich als Dichter leben wollte. Ich wollte in der
Nachbargemeinde beim Pfarrer eine Glaubensunterrichtung mitmachen.
Einige Kirchenlehrer sagten, wer nachts wache, werde besonders leicht
von Dämonen versucht. Der Pfarrer sagte, ein Dichter dürfe ruhig nachts
wachen, um in der Stille der Welt zu dichten; wenn die Einsamkeit zu
schwer würde, sei ja die Musik da.
„...so bleibt es unentschieden, ob ich an Bettine denke oder an
Abelone. Nein, Bettine ist wirklicher in mir geworden, Abelone, die ich
gekannt habe, war wie eine Vorbereitung auf sie, und nun ist sie mir in
Bettine aufgegangen wie in ihrem eigenen, unwillkürlichen Wesen.“
(Rilke, Malte)
Angefangen mit Franz Werfel, Das Lied von Bernadette. Gefällt mir
sehr, schöne Sprache, poetisch-realistische Schilderungen. Ich habe viel
Sympathie für Frankreich, das ich in Nerval, Rilkes Malte und jetzt Werfel,
vorher in Peguy und meinem Frankreich-Poem, gefunden habe. Ich würde
gern nach Frankreich reisen. Rom ist eine religiöse Frage, aber von der
Lebensart zieht es mich nach Südfrankreich. - Mit der wunderschönen
Beschreibung Unserer Lieben Frau von Lourdes (nach Werfel) geh ich
schlafen, er nennt sie „die Allerliebste“.

26.5.

Das Brot der Eucharistie ist Frucht der Erde, Gipfel der Evolution, von den
denkenden Kreaturen gebacken, dargebracht Gott. Christus ist seit der
Himmelfahrt die Weltseele, der schöpferische Logos. Er verwandelt die
Frucht der Erde und Menschenarbeit in seinen Leib, daß wir den
kosmischen Christus empfangen, den Leib des Logos überall in der Welt
entdecken und selbst Sakrament werden.

28.5.

Mechthild von Magdeburg: „Die Jungfrau ist hier vor der Heiligen
Dreifaltigkeit / eine Beschirmerin aller Keuschheit / und eine Anwältig der
Versuchten, / die sich mit Reue fürchten.“
Consolatrix afflictorum: Ihr Wallfahrtsort ist Kevelaer, dahin zieht es
mich. Die Madonnenmaler von Kevelaer sagen: Der Mund muß
ausgearbeitet sein, soll aber kein roter Kußmund sein. (Aber die Madonna
küsste Johannes Chrysostomus!)
Als Bernadette die Dame nicht sehen darf, ist sie voller Sehnsucht, wie
ein Geliebter sich nach einer fernen Geliebten sehnt. Als sie ihr das zweite
Mal begegnet, ist sie von einer ersten Hingerissenheit vorgedrungen zu
einer dauerhaften Hingabe. Als die Dame, unendlich geduldig, zu ihr
spricht, ist trotz ihrer Erscheinung von junger Mädchenhaftigkeit ihre
Stimme mütterlich. Sie sagt zu Bernadette: „Ich kann nicht versprechen,
Sie in dieser Welt glücklich zu machen, aber in jener!“ Sie wird die
Allerliebste, Allerlieblichste, Allerschönste genannt. Ich nannte sie
Freundin der Armen, Freundin der Gottsuchen, Freundin der Erdenpilger,
Freundin der Dichter, meine geliebte Freundin, die mich liebt.
Gottesmutter und Königin ist sie sicher, aber diese Titel schaffen solche
Distanz. Trösterin der Heimgesuchten ist sie, unsre Wonne, süße, milde,
gütige Maria.

31.5.

Besuchte den Hochschulseelsorger der katholischen Hochschulgruppe.


Wird nicht meine Welt sein. Die Freundin sprach von Tolstoi: den Glauben
nach innen und nach außen durch die Liebe leben, Jesus wäre auch seinen
Weg gegangen und es war ein einsamer Weg. Ich bräuchte nicht unbedingt
Gleichgesinnte. Wenn ich wirklich tief überzeugt sei, könne ich auch
Gemeinschaft mit Andersdenkenden haben.
Rilkes Gedichte, sein Ja zum einsamen Dichterleben, helfen mir.
Hinterm Haus der Hochschulgemeinde war ein verträumter grüner Garten,
abgeschlossen, mit weißen Türen, da hätt ich gern wie im Klostergarten
gesessen, vielleicht mit einem weisen Alten, und Zen-Gedichte gedichtet,
chinesische Lyrik der Stille oder japanische Haikus. Ich bin ganz für die
Kontemplation. Ich bin für einsame Nächte. Nur manchmal soll mich ein
schönes Mädchen anlächeln. Alle Mädchen sind Marien.

1.6.

Die Schwester schreibt: „Jesus mutet dir Einsamkeit zu.“

2.6.

Omas 100. Geburtstag.

3.6.

Pfingstsonntag. Heilige Messe. Las für Oma das Totenangedenken. Der


Geist ist Feuer, verbrennt zu Asche und gebiert den Phönix. So war und ist
die Kirchenfeindlichkeit des 20. und 21. Jhd. nach Meinung des Priesters
geistgewirkt, verknöcherte Strukturen müssen aufgegeben werden, neue
Kirchenfrömmigkeit entsteht. Noch nie hätte es Päpste von solchem
Format gegeben wie die des letzten Jahrhunderts. Johannes Paul II geht
versöhnend auf die griechische Orthodoxie zu, der Priester sprach von
einer Verbrüderung mit dem Islam. Es müssten nun Gemeinschaften
entstehen, in denen Jesus allein im Mittelpunkt steht.
Noch hab ich protestantische Berührungsängste vor den andern
Religionen. Ich würde gern des Papstes Gedanken zum Buddhismus lesen.
Es ist schöne Poesie aus dem Buddhismus hervorgegangen. Jesuiten
beschäftigen sich mit Zen. Ich habe nicht ein Interesse an Atem- und
Körperübungen, aber an Gedanken der Weisheit. So hab ich auch keine
Angst vor Konfuzianismus und Taoismus. Den wahren Frieden aber finde
ich nur in Jesus. Die katholische Religion nimmt viel von andern Systemen
auf, weil jede Religion und menschliche Sehnsucht auf den göttlichen
Glauben hin geschaffen ist. Islamische Mystik, indische Weisheit,
buddhistische Poesie, das interessiert mich.

4.6.

Der Priester von Notre Dame de Paris sagte zur Zigeunerin: „Ich hatte
meine Ruhe und wollte nichts als meine Ruhe, aber nun seh ich nur dich
und überall dich, in jedem Buch, in jedem Bild, und habe keinen Willen
mehr!“ ...Das seelische Verlangen nach der Geliebten brennt in jeder Fiber,
in meinem Blut. Sie ist umwerfend, tief beeindruckend. Sie ist der Traum
einer Geliebten, einer asiatischen Prinzessin, einer Indianerin, einer
Pantherin, einer demütigen Dienerin Gottes vielleicht. Es ist das Verlangen
nach ihrer Schönheit, das mir meine innere Ruhe raubt.

5.6.

Weihte mich dem Unbefleckten Herzen Mariens, in einem ruhig


formulierten Gebet, vor dem Bild der Sixtinischen Madonna.

6.6.

Papst Pius XII an Maria: „Und wir arme Sünder, wir, denen der Leib den
Aufschwung der Seele hemmt, wir bitten dich, reinige unsere Sinne, damit
wir lernen, schon hienieden inmitten der Lockungen der Geschöpfe Gott
zu lieben, Gott allein.“
Der heilige Märtyrer Maximilian Kolbe betete zu Maria: „Erlaube mir,
dir eine solche Ehre darzubringen, wie sie dir noch niemand dargebracht
hat.“
Schon ETA Hoffmann sagte: Wie schön ist „Ave stella maris!“ und wir
unschön: „Meerstern, wir dich grüßen“.
7.6.

Papst Pius XII: „Aus der Tiefe des Tales der Tränen, in dem die
leidbeladene Menschheit mühsam dahinzieht, aus den Meeresfluten, die
von den Stürmen der Leidenschaften beständig aufgepeitscht werden,
erheben wir unsere Augen zu dir, o Maria...“ Wir „verbannte Kinder Evas“
seufzen zu dir trauernd und weinend. Die Heiligen sind „beseligt in der
Schau deiner leuchtenden Schönheit“!

10.6.

Heilige Messe. Wann wurde mir zum letzten Mal die Liebe erklärt? Mir
stiegen die Tränen auf. Der Gott der Liebe ist die Liebe in aller Liebe.
Liebe zwischen Mann und Frau ist nicht Symbiose, denn wenn wir den
Andern ganz in uns aufnehmen wollen, werden wir selbst entwurzelt und
gehen verloren. Aber groß ist die Sehnsucht des Menschen nach
Vereinigung: mit der Geliebten, mit der Natur, mit Gott. Der Dreifaltige ist
in sich totale Liebesgemeinschaft in Union, aber in drei völlig souveränen
Personen. Im Geheimnis der Dreifaltigkeit liegt das Geheimnis der Liebe.
Mein Christus-Evangelium heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast
du mich verlassen? Mein Petrus-Evangelium heißt: Eine Zeit lang, wenn
es sein soll, Leiden, danach aber eine übergewichtig herrliche
Glückseligkeit der Seele! Amen.
Ich war mit dem Säugling allein im Kinderzimmer. Er lag auf dem
Rücken allein, ich sagte mit schluchzender Stimme: Ach du! und die
Tränen drangen herauf. Da fing auch er an, traurig zu weinen. Ich
ermannte mein weibliches Gemüt und sagte: Sei nicht traurig, du. Da hörte
er wieder auf zu weinen. Ich hab ihn lieb und sag ihm das auch.

11.6.

Du bist ein sehr schöner Mensch, innen und außen, ich hab dich von
Herzen lieb, aber wenn ich bei dir bin, entflammt es mich und alle
Sehnsüchte nach Liebesgemeinschaft erwachen in mir, denn du bist die
Verkörperung so vieler Sehnsüchte meiner Seele!
Nur Bachs „Komm, o süßes, süßes Kreuz, o süßes Kreuz, o komm!“ ist
mir Trost. Ich bin sehr einsam. Die Leidenden sind meine Brüder. Die
Glücklichen stehen bei mir im Verdacht der Gottlosigkeit. Der Bettler im
Winter vor der Kapelle war mehr mir Bruder als die satten Philister in den
Kirchenbänken.

13.6.

Mit dem Säugling ging ich in die Heilig-Geist-Kirche. Er war wach und
gespannt. Daß ich ihm ein Kreuz auf die Stirn tupfte mit Weihwasser,
schien ihn sehr zu freuen. Dann zog ich ihn im Kinderwagen in den
Kirchenraum und sagte: Da ist Jesus, sein Leib. Ich kniete und bekreuzigte
mich. Dann sagte ich: Jetzt gehen wir zur Mutter Maria. Da, wies ich ihm
das Muttergottesbild: Maria und Jesus! Jetzt zünden wir für Maria eine
Kerze an. Wir grüßen dich, Maria, bitte für uns! Dann zeichnete ich mir,
dem Kinde das Gesicht zugewandt, ein Kreuz auf die Stirn und dann auch
ihm: Sei gesegnet im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen
Geistes. Er freute sich und schien dankbar. Wir verabschieden uns vom
Herrn Jesus. Ich betupfte ihn mit Weihwasser am Ausgang, dann gingen
wir, er sah so beseligt aus. Das helle Licht des Tages blendete ihn. Ich
sagte: Das ist gut, das Licht! Aber, nach einer Besinnung, du, wir beide
sind doch Kinder der Nacht. Abends badete die Freundin den Säugling, ein
glückliches wasserplätscherndes Baby. Sie machte ihn bettfertig und sagte:
Man kann auch so einen kleinen Buffodontel zusammen haben, nicht
wahr? Ja, das ist eine schöne Art, einen Buffodontel zusammen zu haben,
wie wir ihn uns 1990 am Golf du Lyon erträumten.
Maria von der Todesstunde, wenn du bei mir bist, dann sterb ich
getrost.

14.6.

Dichte Johannes vom Kreuz (San Juan) nach. O ninfas de Judea!

16.6.

Las Hölderlin „An die Madonna“, er singt darin vom Teutoburger Wald.
Ich war im Herzen so verwirrt-verliebt. Ich denke an Hölderlin und Rilke.
Sie liebten ihre Musen. Hölderlin liebte und sang Diotima, ging dann aber
in den Gesang der großen Hymnen über. Rilke liebte Lou oder Abelone,
ging dann aber in das mystische Preislied vieler Frauen und Prinzessinnen
über.
Rasputin-Film: Der sibirische Mönch, aussehend wie das Leiden
Christi, bekreuzigte sich und sagte: Gott ist gut! Er stand im Licht, er
betete auf Knieen, ihm war die Mutter Gottes erschienen, sie hatte ihn
berührt und ihn gesandt zum bluterkranken Zarewich, den er durch
Handauflegung und ein gutes Wort heilte. Die Zarin vertraute ihm, der Zar
Nikolaus II war skeptisch. Aber Rasputin wußte sich am Hof nicht zu
benehmen, er war wie ein russischer Muschik: versoffen und verhurt. Er
sagte: Ich bin Rußland! Warum gerade ich auserwählt wurde, weiß ich
nicht! Der Zar schickte ihn fort. Das Kind wurde krank. Die Zarin ließ
Rasputin wieder rufen. Er machte sein Testament: Wenn er von Bauern
ermordet wird, sei es nicht schlimm; aber wenn er von der zaristischen
Familie ermordet würde, würde die Zarenfamilie binnen zweier Jahre
sterben. Kein Fluch, sondern Prophetie. Er sollte vergiftet werden, ihm
aber schadete das Gift nicht. Dann wurde er wie ein Hund erschossen. Sein
letztes Wort war: Schmerz! Die Zarenfamilie wurde von den
Bolschewisten ermordet. Wie Rasputin prophezeit, folgte Blut und Terror
und Krieg und Mord.
Im Garten der Geliebten allein dachte ich an Sankt Maria Magdalena,
da dort eine weiße Malve mit rotem Mittelpunkt stand, die Malve von
Magdala, die große Minnerin Christi, wie Meister Eckhard sie nannte. Ich
dachte an Sankt Eva von Eden, die zu Füßen Mariens im Himmel sitzt, im
weißen Gewand, oder im orangenen und lichtgrünen Gewand, wie die
Frucht des Paradieses, die gute Frucht der Glückseligkeit und der süßen
Wonne. Ihr widmete ich die schönen orangen-blühenden Mohnblumen.
Dann muß die violettgelbe Iris mit dem keuschen Blütenschoß die Blume
der Seligsten Jungfrau sein. Ich habe mich dem Unbefleckten Herzen
Mariens geweiht, die Unsere Liebe Frau von Fatima wünschte. Ich
wünsche, mich mit ihr zu vermählen, um Liebe und Friede und Ruhe für
mein Herz zu finden. Maria, führe mich!
Zur Messe ging ich in stiller Freude, die Frucht (Jesus) vom Baum des
Lebens (Maria) speisen zu dürfen, auf daß ich dereinst am himmlischen
Hochzeitsmahl teilhaben darf. Ich bat Maria um Segen für meine
Freundinnen. Die Lesung und Verkündigung war von der Sünderin, die
Jesus die Füße mit Tränen gewaschen, sein Haupt mit Salböl gesalbt. Sie
hat viel geliebt, darum ist ihr viel vergeben worden. O Simon, weil ihr viel
vergeben worden, darum liebt sie viel. O heilige Magdalena! Bei den
Einsetzungsworten donnerte es, und wenn Gott aus dem Donner sprach,
dann sprach er: Dies ist mein Leib! Ich bat Jesus um das Manna und sah
vor meiner Seele einen Granatapfel.
Der Priester sprach von der Inkarnation: Logos ward Fleisch und Blut.
Wir sind Fleisch und Blut Christi. Christus ist nicht „Idee“ oder „Ideal“.
El Greco, Maler der spanischen Gegenreformation, lernte als Kind
byzantinische Ikonenmalerei. Er stand im Dienst der Kirche, lebte in
Toledo mit seiner Lebensgefährtin. Er malte die Hure, die Sünderin, die
büßende Magdalena, den heiligen Franziskus, über einem Totenschädel
meditierend, er malte Maria, mit entblößter Brust Jesus stillend, er malte
das Antlitz Christi mit tieftraurigen Augen. Ein weltliches Bild malte er:
Gaukler am Feuer. Einen Mythos malte er, aus seinem Nachlaß, nur für
sich gemalt, voller Rätsel: Laokoons Kampf mit den Schlangen. Seine
Heiligen waren von ekstatischer, mystisch-verzückter Religiösität,
überirdisch, in lauter Finsternis in einem kühlen reinen Licht.
Ein beseligtes, seliges Glück empfand ich in der Hl. Messe. Es war
wirklich die Frucht vom Baum des Lebens. Ich wiegte mich zum
Halleluja, lachte selig tonlos nur auf dem Antlitz und im Herzen und sang
von Herzen: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren, alles was
Odem hat, Psalter und Harfe, wacht auf!“ Ich konnte vor der Eucharistie
nicht tief genug knieen. Das ist wahrer Gottesdienst.

17.6.

Traum: Ich kam zum Priester, er führte mich in sein Wohnzimmer. Wir
sprachen, er fragte, was mein Problem sei. Ich sagte, vielleicht sei der
Kern des Problems mein Selbstmordversuch, seit dem ich nicht mehr
heimisch auf der Erde. Er sah mich an, ob ich sicher sei, daß dies das
Problem sei. Dann trat eine Frau mit langen roten Haaren ein, sie trank
einen Schluck Alkohol. Der Priester sagte zu ihr: Wollen wir diesen hier in
die Kirche aufnehmen? Ein Diakon trat ein. Priester und Diakon griffen
mich, banden mich, wickelten mich ein, machten etwas, wie als ob sie
mich unter Strom setzten, da rief ich: Vater, Ewiger! Das war meine
Bekehrung. Ich trat aus dem Haus und sagte: Maria, Tochter des Vaters,
bitte für mich. Ich kam in eine katholische Altstadt, da sagte Eine zu mir:
Wenn ich wieder auf Abwege gerate, seien Bessere immer mit mir, auch
werde die Weiße Dame immer da sein. Ich war dann bei einem einsamen
alten Mann, wir sprachen davon, daß wir von Anglikanern, Lutheranern
und Baptisten nichts mehr wissen wollten.

20.6.
Der alte Meßdiener, der mich unterwies, wie man den Rosenkranz betet,
sagte, nicht dem solle ich folgen in der Verehrung Mariens, was andere
sagten oder wie die offiziellen Gebete lauten, sondern ich solle meinen
eigenen, ganz persönlichen Weg gehen. Mir schien, er hieß meinen
Wunsch nach der „mystischen Vermählung“ mit Maria für gut und recht.
Es sagte, ich sei ein Mönch in weltlicher Kleidung, ein Freund Mariens.

21.6.

Ich möcht mich für immer begreifen als „Marien Bräutigam“. Sie hat noch
nicht Ja gesagt zu meinem Antrag in der Litanei von der Lieben Frau. 1994
hab ich ihre weiße Hand geküsst. Maria wird immer da sein, wird mich nie
verlassen: „Und wenn mich alle Freundinnen verlassen, dann nimmst du
mich doch auf!“
Maria begegnete mir zwar in der idealisierten Frau, aber Maria ist ganz
anders. Die Frau ist dornenreich, Maria ist die dornenlose Rose. Maria ist
zwar „gebendeit unter den Frauen“, aber sie ist vor allem „mehr gesegnet
als alle anderen Frauen“. Wird die idealisierte Frauenliebe nun ganz in die
Marienliebe aufgehen? Alles durch Maria für Jesus, immer durch Maria zu
Jesus!
Maria hüllte mich heute Morgen in die Wolke stiller Wehmut, einer
weltabgeschiedenen Versunkenheit und innigen Liebe zu ihr.

22.6.

Ich ruh in Maria in Gott.


KANN MARIA MIR DAS SAKRAMENT DER EHE SPENDEN?

23.6.

Traum: Ich ruh in Maria in Jesus, in Jesus in Gott. Vor dem Einschlafen
versenkte ich mich in die Madonna auf dem Sessel und liebte die Madonna
innig-minnig, und sie nahm mich in die Arme.

24.6.

Träumte von inniger minniger Liebe zu Christus.


Ich habe heute zu Sankt Johannis auf Omas Teetisch einen Altar
errichtet, einen vorläufigen: Ein Rosenölgefäß mit Weihrauchstäbchen (für
Magdalena) vor der Ikone vom Schweißtuch Christi, gelehnt an eine Vase
mit Blauer Blume (für Maria), daneben die Heilige Schrift. Vorn ein
goldenes Glöckchen als Zeichen der Wandlung, dazu ein Brötchen und ein
Weinbecher mit Fischmuster, als Gedenken an den eucharistischen
Christus.
Ich wage immer noch nicht zu sagen, daß ich mit Maria „vermählt“
bin. Ich denke so und finde so Frieden vorm Sturm der Leidenschaften. Ich
dichte von Schalak (Schwan), dem Eremiten vom Karmelberge, aber die
Jungfrau hat mir noch kein Ja-Wort gesandt. Sie liebt mich innig, minnig
und wundersüß, ja, aber ein Wort: woher könnte es kommen? Ich denke an
einen Ring. Bin ich auf dem richtigen Weg? Gott, ewiger Vater, darf ich
mir Maria, die Gottesmutter, zur Geliebten wählen? Laß Du sie Ja sagen!
Ich mag nicht „Mutter“ sagen. Ich liebe Sie mehr, wenn ich Madonna,
Liebe Frau, Jungfrau, Maria sage. Mutter erstickt. Ich hatte nie eine
Mutter. Wenn ich krank bin oder elend, ob ich dann eine Mutter will? Wie
aber, daß die Kirche sie als Mutter verkündet: Siehe, Johannes, deine
Mutter! Und ist es gegen die Ehrfurcht vor der erhabenen Gottesmutter, sie
als Geliebte, als Braut zu betrachten? Das eine ist der vorgegebene Weg
der Religion, der Kirche; das andere ist mein ganz subjektiver,
individueller Lebensweg. Der Pfarrer: „Reden Sie mit ihr wie mit einer
Freundin.“ Meine Freundin, mehr noch, meine Geliebte bist du, o Maria,
sei gegrüßt und vieltausendmal geküsst! Das finde ich auch in keinem
kirchlichen Gebet, daß jemand Maria „Muse“ genannt hat.
Maria, wo bist du, über alle Maßen Geliebte? Ich ruhte in deinen
Armen, du versenktest mich wie einen weißen Stein in Gott, in die ewige
Ruhe in Gott. Ich sah dich in der Iris im Garten, in der Dame, deren Haar
den Säugling verschleierte, in dem schönen Mädchen mit dem kleinen
Knaben, in der stillenden Mutter. Heute find ich dich nicht, obwohl ich dir
die Ave murmelte. Wo bist du, Feuersäule, wo bist du, Himmelstreppe?
Alle nennen dich Mutter, ich mag dich nicht Mutter nennen. Liebe Frau, o
sag, darf ich dich Geliebte nennen? Madonna, Freundin des Geistes der
Liebe, darf ich dich Braut nennen, meine Braut, o Liebe Frau? Bitte sprich
zu mir, wie du von mir geliebt sein willst. Ich wäre gern dein Minnesänger
„vom Berge Karmel“.
Ich bin traurig, weil ich mich nicht traue, Maria Geliebte zu nennen,
obwohl sich alles in mir glühend danach sehnt! O Maria, hilf mir, du
Liebe, Schöne, Holdselig-Süße, von Liebe Glühende, Anmutige, innig
Gott Liebende, komm und zeige dich mir! Gib mir durch einen Priester
einen weisen, weisen Rat. Erlaube mir eine unorthodoxe Verehrung.
Rilke: „Vergangen nicht, verwandelt ist was war.“

25.6.

Die Heilige Agnes von Rom hat sich mit dem Jesuskind verlobt, dem
Jesuskinde auf der Madonna Arm.
„Weigert sich aber ihr Vater, sie ihm zu geben, dann hat er ihm soviel
zu zahlen, wie der Brautpreis für eine Jungfrau beträgt.“ (Exodus 22,16) -
Vermählung mit Maria muß im tiefen Geheimnis eine Vermählung mit
dem lieben Christus sein und in Ihm im Tiefsten mit Gott - „Ich lege dich
wie einen Siegelring an meine Hand“, sagte Gott zu einem, zu Serubabel,
glaub ich, und, wie mir schien, 1994 zu mir.
Der heilige Johannes vom Kreuz war Seele, die den Geliebten liebte, er
war die Geliebte. Ich bin ein Liebhaber der Liebsten, von Ihr geliebt, von
der Königin meines Herzens, und singe ihre einen bräutlichen Rosenkranz,
einen Hochzeitstanz. O Rosenkranz-Marie!

26.6.

Mit der Schwester gesprochen. Gott will uns immer ganz persönlich,
jedem anders begegnen. So darf ich Maria als Liebender begegnen. Als
Maria Sonntag fern war, schmachtete ich, ich schmachtete wie ein
unglücklich Liebender. In einem Rilke-Gedicht sprach sie dann abends mit
mir. Das Liebesschmachten, die Sehnsuchtsnacht ist auch das Thema San
Juans. Die Schwester will mir mehr Gedichte von ihm schicken. Bin dabei,
ein zweites Gedicht von ihm nachzudichten.

28.6.

Träumte von Weihrauchduft und der Wolke der Herrlichkeit im


Mosaischen Zelt und in der Katholischen Kirche.

29.6.

Polnischer Priester: Maria ist Königin, ist die Immaculata. Jeder hat ein
anderes Marienbild in sich. Lesen solle ich päpstliche Enzyklika zur
Marienverehrung. Ich sang „Schwarze Madonna, children at your feet“, als
ich von ihm ging. Er hatte meinen Minneweg aber nicht verstanden und
nicht gefördert.
5.7.

Charis heißt Gnade, Liebe, Güte, Schönheit, Sympathie, Gunst, Charme.


Mit dem Weiblichen als Dimension verbindet sich alles, was auf das Leben
hinweist (Entstehung, Schutz, Nahrung); alles was mit Intuition und
Kreativität zu tun hat; auch alles was mit Intimität, Innerlichkeit und
Geheimnis zu tun hat; Gefühl, Aufnahmevermögen und Aufmerksamkeit;
Zartheit, Wärme und Liebe. Die Frau ist Mutter, Braut, Schwester und
Freundin. Die Freundin ist Beatrice. Maria (Tempel des Geistes) ist alles
dies. Geist Rouah ist feminin, lebensspendend und tröstend.
Die Schwester schrieb mir Mariengebete: „Ö Königin des Paradieses,
nimm die Liebe des größten Sünders an, der in Liebe zu dir entbrannt ist!“
(Alfons Maria von Lignori) „Sei gegrüßt, bräutlich geleitest du heilige
Seelen!“ (Hymnos Akathistos) „Du bezauberst mich mit einer Süßigkeit
und einer Trunkenheit, die süßer ist als Wein, durch einen deiner Blicke
halte ich am Kreuz hängend aus, ich halte aus in der Verzückung über dich,
eingeschlafen, festgebunden an dem Baum des neu geschenkten
Paradieses!“ (Bruder Ephraim)

9.7.

Las eine Übersetzung des Hohenliedes mit Kommentar, das Lied ward mit
der Poesie von Theokrit in Verbindung gebracht und mit den Kultgesängen
aus dem Ischtar-Tammuz-Kult.
Inannas Vulva glich einem Salatkopf. Aphrodite ist Schwanin. Ihr
Element ist das Wasser. Inanna ist keine Muttergöttin, sondern eine
erotische Göttin. „Mein Bruder brachte mich in sein Haus, legte mich auf
ein duftendes Honigbett, legte sich auf mein Herzstück, tat es fünfzig Mal,
zungenfertig!“ Sie war Göttin des Kusses und der Masturbation. Die
älteste Poesie war von der Dichterin Enkeduanna aus Babylon, sie dichtete
2300 v.Chr. ihre „Zelebration für Inanna“, dichtete über die Kriege und
Verwüstungen und Blutbäder der Liebe. Archetypischer Widerspruch
zwischen der Mutter und der Geliebten: Demeter und Aphrodite, die
Muttergottes und Maria Magdalena.

10.7.
Irgendetwas von Maria, Grotte, Schleier geträumt, wollte es nicht
vergessen, vergaß es aber im Traum, nur „Massabielle“ blieb mir im Sinn.
Erwachte morgens mit Gedanken an Maria und Elisabeth.

11.7.

Träumte von Maria und der Geliebten, mir scheint, Maria gab mir Weisung
wegen der Geliebten.

12.7.

Die Schwester lud mich nach Lourdes ein.

13.7.

Petrarcas Augustinus: „Deiner Schwachheit Rechnung tragend, verlange


ich nicht von dir, deine Natur völlig abzutöten; doch sollst du sie im
Zaume halten.“ Meine Natur ist sinnlich, wie hält man sie im Zaume, wie
bindet man sie an Gott? Augustinus: „Rastlos wird der Mensch hin und her
geworfen zwischen Trauer und Freude, und sein schwacher Wille vermag
nicht der wilden Begierden Herr zu werden.“ Plato: Halte die Seele rein
von Lüsten des Leibes, dann erhebt sie sich rein und frei zum Schauen
göttlicher Geheimnisse. „Enthaltsam vermag nur der zu leben, dem Gott es
verleiht.“ Meine Sehnsucht, aus den Sturmesmeeren in den stillen Hafen
der Seelenruhe und der Kontemplation zu kommen. Plato sagt, „daß uns
vom Schauen der Gottheit nichts mehr abzieht als fleischliche Begierden
und entflammte Sinnlichkeit“.

14.7.

Traum von einem Weisheitsgedanken: Das Leben bestehe aus Weihnacht


und Ostern, gerade sei Weihnacht und Maria trage mich aus.
Ich will der sinnlich Schönen Seele preisen und die Heiligen und Engel
in ihrem Garten. Nicht Werbung sei mein Gedicht, sondern „ein Wehn im
Wind“, eine Preisung des Ewigen. In der Entsagung mehr Fülle zu sehn als
im Begehren oder in der Erlangung: „Die Kinderlose hat mehr Kinder als
die Hausmutter“.
Augustin zu Petrarca: Du liebtest den Leib und die Seele und den
Namen, daß du einsam deine Zeit verseufztest und wenig an Gott dachtest.
Geh fort, entferne dich, entferne alle Gegenstände der Erinnerung, schau
dich nicht um. Ein schöner Körper entflammt die sinnliche Begierde, ein
süßes Augenspiel weckt dem schon nahezu Geheilten auf ein Neues die
schlafende Liebe. Der Liebeskranke sagt: Ich will und will nicht und will
nicht und will.

15.7.

Träumte, ich suchte auf Baltrum die Bundeslade.


Bin in der Wüste, dürste nach dem Wasser der Liebe, bin ungeliebt,
oder alle Liebe, die ich bekomme, fällt in das schwarze Loch meiner Seele.
Da wird sie gefressen und nichts bleibt. Wer füllt mir das Loch des
Liebeshungers? Gott nicht. Vielleicht ist es sein Wille, daß ich hungere und
dürste nach Liebe. Selig sind, die da dürsten... Und Liebe kommt erst im
Himmel? Auch von der Kommunion geh ich traurig und verzweifelt fort,
dabei ist sie das einzige, was mir an der Messe noch wichtig ist. Aber
warum speise ich die Hostie, wenn sie mich genauso elend wieder entläßt?
Nacht!

18.7.

Ahnung, als wenn der milde weise Gott der Liebe sagte: Steige nicht zu
steil die Himmelsleiter hinan, sei geduldig, dulde deine Sinnlichkeit und
zähme sie. Der Kardinal zum Maler: Du bist berufen, sinnliche und
seelische Schönheit zu gestalten, führe ein frommes Leben, dann kann
auch ein Abglanz überirdisch-heiliger Schönheit auf dein Werk fallen.
Poet, vergiß nicht die Charitinnnen und die Nymphen von Judäa!

19.7.

San Juan sagt, je mehr einer vom Himmel erwartet, desto mehr bekommt
er vom Himmel. O Gottes Brautgemach! Liebe! Trank vom Saft des
Granatapfels! Göttliche Wollust der unsterblichen Seele in Ewigkeit! Und
ein Liebesmartyrium, ein seliger Liebestod, kein Strohtod, sondern im
lodernden Feuer verbrennen! Maria, tritt in das Allerheiligste meines
Herzens, in das Brautgemach, zu dem allein der Bräutigam meiner Seele,
Jesus, den Schlüssel hat. Vermählung Mariens mit dem feurigen Geist in
mir! Vermählung mit Maria ist, wie Sankt Agnes vollzog, Vermählung mit
Marien Kind Jesus.
Der Heilige Geist in mir weht feurig und begehrt die Jungfrau Maria!
Ein Kreuzleben, las ich, ein Leben in Schwachheit und Agonie, im
innersten Herzen der Kirche, wie San Juan und die Kleine Therese, ist
weniger ein Leben von Ordnung und Harmonie, mehr ein Brennen:
Propheten waren Ekzentriker.

20.7.

Träumte von der kleinen Therese als Dichterin.


Bruder Ephraim: „Darum hat ihr Sohn, der ihr Gemahl geworden ist,
wie wir alle es zu werden berufen sind...“ - Vermählung mit Maria, um in
Maria vermählt zu werden mit Jesus in Gott. Dies sei der Sinn meiner
Wallfahrt nach Lourdes. (Dafür mag ich auch einen Ring tragen.)

21.7.

Träumte eine Anrufung Sankt Augustins, war in einer Höhle mit


Felsmalerei, darstellend die Weiße Dame der Iberer. Wachte auf und war
still verliebt in Marien Schönheit.
Bruder Ephraim: das Rot der Liebe duldet es nicht, daß eine andere
Farbe daneben tritt, es kann nur sublimiert werden, heilig werden in Maria,
in Gott glühend, daß es Weiß wird. Maria als Die Verklärte Frau
schlechthin. - Heimsuchung Mariens, Elisabeths Gruß in Ajin Karin.
Lourdes: Hochzeitsreise. Maria in Medjugorje: Liebe Kinder, kommt unter
meinen mütterlichen Mantel. Aber sie ist ja auch die Jungfrau, die am
Kreuz durch ihr Mitleiden der Passion Braut des Sohnes wurde, sagt
Bruder Ephraim. Werde ich mit ihr vermählt, mit ihrem liebenden Herzen,
werd ich mit dem Herzen Jesu vermählt. Will Jesus eine Zeremonie, einen
Ring? Ist nicht vielmehr, wie Mir. sagte, die Vermählung, ein tägliches
Ereignis? Wie in der Ehe: ein Hochzeitsfest, aber dann eine tägliche
Vermählung, und in dieser Ehe scheidet uns der Tod nicht, sondern vereint
uns endgültig. - „O Maria, gewähre mir die Umarmung des Heiligen
Geistes, daß ich unter dem Kuß Gottes sterbe!“ - Maria: Drängt euren
Glauben den Ungläubigen nicht auf, lehrt sie durch euer Beispiel und betet
für sie. Laßt mich eure Mutter sein und eure Verbindung zu tiefem
Glauben, ewigen Leben, Gott. - Ach, warum mag ich nicht Mutter sagen
zu Maria? Ist es das Verlangen meiner Triebe, daß ich sie mehr als
Freundin und Geliebte will? Im Traum ward ich doch von ihr geboren!
Geistig erzieht und lehrt sie mich wie eine Mutter. - Maria spricht: Geh,
trinke an der Quelle und reinige dich! - „Maria, du vollkommene
Schönheit, schöner als das schönste der Menschenkinder, Maria, meine
Taube, meine Vollkommene, in der kein Makel ist, Maria, die du innerlich
schön bist, weil der Weisheit gleichgestaltet, o Schönheit, ich habe dich
gefunden und will dich nicht mehr loslassen, solange du mich in dir so fest
umschließt, bis ich zur Vollkommenheit, zu vollkommenen Form Christi
geboren werde: Mögen mir alle die Charismen und Gaben des Vaters die
ursprüngliche Ebenbildlichkeit bis hin zur Vermählung wiedergegeben
werden!“ Vollendet findet die Vermählung der bräutlichen Seele in Maria
mit dem Bräutigam Jesus beim Hochzeitsmahl des Lammes statt. Aber die
Eucharistie ist schon Teilhabe an diesem Mahl. - Später will ich Maria
auch Mutter nennen, wenn ich erkannt habe, was ihre Mutterschaft
bedeutet. Jetzt will ich sie Braut nennen.
Unstillbare Sehnsucht ist gut, nur in der ewigen Liebesvereinigung mit
Gott wird gestillt unsre glühende Sehnsucht. Augustin: Nicht Gott
gebrauchen zu eigenen Zwecken, sondern sich freuen in Gott, seine Schau
genießen. Pascal: Sinnlichkeit gebraucht Gott, um Freude an der Welt zu
haben; Christliche Liebe gebraucht die Welt, um Freude an Gott zu haben.
Maria: Gott verherrlichen wie Salomo im Hohenliede. Ich: Nahezu eine
sinnliche Liebe zu Jesus haben. In der Eucharistie Jesus als Geliebten
verschlingen. Erwählung: Wir wurden wachgeküsst von Gott, von seinem
Geist. Der Geist gießt sich auf alles Fleisch aus. Auferstehung des
Fleisches. Ich würde gern mit Augustin über Diotima reden. Sublimierung
der Frauenliebe zu Marienliebe, die zu Jesusliebe führt oder eigentlich
schon Jesusliebe ist.
„Wohl den Menschen, die Kraft finden in dir, wenn sie sich zur
Wallfahrt rüsten!“ (Psalm 84) - Trösterin als Braut des Trösters. Maria muß
das Taufwasser sein, das Taufbecken, Braut des Geistes Gottes, in Wasser
und Geist bin ich wiedergeboren. Mein Bekehrung war marianisch: Der
Engel des Herrn erschien, ich sagte Ja, indem ich mit vor Gott als seine
Sklavin niederwarf. - Jesus ist traurig über den Widerspruch, der gegen ihn
erhoben wird. Wer sich der Schule der Weisheit unterzieht, in dem dieser
Widerspruch verstummt, der „tröstet Jesus“: Ich mache Jesus eine Freude!
- Ich bin eifersüchtig auf die Welt, an die sich Maria in Medjugorje richtet.
Ich will, daß sie mit mir ganz allein redet. - O Trösterin, ich weihe mich, o
Braut des Trösters, deinem unendlich zärtlichen Herzen, damit ich anderen
selbst zum Tröster werde. - Maria, ich weihe mich dir, daß ich zum
„Mittler der Mittlerin“ werde und deine Schönheit besinge und in ihr die
Schönheit Gottes, dessen wundervolles Meisterwerk du bist. - Ein Pater
schreibt: Maria sagt uns:

„Nimm mich doch auf, wie du es so oft versprochen hast; halte Wort. Du
hast mir so oft versprochen, nicht nur mir ganz zu gehören, sondern mich
auf eine Weise aufzunehmen, nach der ich dir ganz gehöre. Du hast mir
oftmals Worte wiederholt, die nur diese eine Bedeutung haben. Nun gut,
jetzt nimm mich auf, wie du gesagt hast. Und vor allem: beschäme mich
nicht in meiner Erwartung: so lange warte ich schon, so lange sehne ich
diese Stunde herbei, diesen Augenblick, von dem an du mich ganz in dein
Innerstes aufnehmen und mir nichts mehr vorenthalten wirst!“

Ein, scheint mir, prophetisches Wort an mich. - Mütterliche Freundin!


Schoß, der mich geboren hat! Weisheitsvolle Erzieherin! Und: Braut,
Geliebte, Freundin, Schwester, Königin meines Herzens! - „Meine
Freundin, meine Mutter, meine Taube, Maria, dringe in das Brautgemach
meiner Seele ein, in diese innerste Stätte, die ich ohne dich nicht besuchen
kann. Du Braut Gottes, mache mich dir ganz zu eigen. Meine All-Reine,
bereite im Geheimnis meiner Nacht den Hochzeitsbaldachin vor, für den
der Allerhöchste mich erschaffen hat. Umhülle mich mit dir, wie der Geist
dich mit seinem Schatten bedeckt hat.“ - Der Heilige Geist ist „kostbarer
Zauber jeder fruchtbaren Einsamkeit“. - Maximilian Kolbe: Komm nah
und näher der Immaculata, sie ist wie niemand sonst dem heiligsten
Herzen Jesu nahe. Kommst du ihr nah und näher, kommen auch alle deine
Nächsten des Herzens ihr nahe. - O mein geliebter Jesus, ich möchte Braut
sein deinem Herzen und dir aus Liebe sterben (das Martyrium des
Liebestodes). - Maria strahlt die Schönheit Gottes wieder, sie ist eine
Braut, die durch die Liebe Gottes schön wurde. - „L’Union Mystique à
Marie“. -
„Maria, indem ich mich dir weihe, liefere ich mich der Liebe aus, ihrer
Liebkosung im Hauch des Heiligen Geistes, aber auch ihrem verzehrenden
Feuer.“ - „O Königin des Paradieses, Liebenswürdigste, nimm die Liebe
des größten Sünders an, der in Liebe zu dir entbrannt ist!“ - Maria, Blume
von Galiläa, du fruchtbare Erde, in die der Same des Wortes gesät ward, du
Baum, der die duftende Blüte Jesus hervorgebracht hat, du Salomonischer
Tempel in deiner vollkommenen Architektur, liebe mich, komm und liebe
mich lang und heftig! - Geist, du Kuß der Liebe, zieh mich zu Jesus! Jesus,
laß mich in dir ganz vergehen, in dem Kuß der unendlichen Vereinigung!
Laß mich dich sehen, besitzen, genießen! Ich sehne mich dürstend und
verzehrend nach dir! - Maria, ich überlasse mich deinen Armen, gebe mich
der Wärme deines liebenden Herzens hin, dem Feuerherd der Liebe, ruhe
in der Geborgenheit deines milden Blickes. Du hast eine Vorliebe für mich.
Du umhüllst mich im Elend mit Zärtlichkeit. Es ist einfach, mit dir eins zu
sein. Meine Taube, geschmiegt in die Grotte des göttlichen Felsens, du
bezauberst mich mit Süßigkeit und Trunkenheit, die süßer ist als Süßwein.
Am Kreuz halt ich aus, festgebunden an dich, am Lebensbaum des
Paradieses. - Maria ist das Gelobte Land, in dem Milch und Honig fließen.
Sie ist ein Fels (Petra), von dem ich Wasser des Lebens trinke. Sie ist die
Rosenpforte ins Paradies, sie ist der Gleichmut der inneren Märtyrer. Blüte
der Unvergleichlichkeit, Granatapfelbaum der Labsal. Ihr Lieben ist über
alles Verlangen groß. Sie ist Gemach der Weisheit, Gemach der Vorsehung.
Brautgemach des unversehrten Verlöbnisses, bräutlich geleitest du heilige
Seelen. O Becher des Jubels! o mystische Rose! - Weisheit Salomos: „Sie
ist schöner als die Sonne, übetrifft jedes Sternbild und ist strahlender als
das Licht. Sie habe ich geliebt und gesucht, ich suchte sie als Braut
heimzuführen und fand Gefallen an ihrer Schönheit. Im Umgang mit Gott
beweist sie ihren Adel.“ - Nun ist die Stunde eines neuen Kana, einer
Hochzeit, bei der die Braut Gottes uns einlädt, den Wein zu trinken, den
Wein der neuen Ausgießung des Geistes, eines neuen Pfingsten der Liebe!
- Aus dem Schoß der Jungfrau, dem Paradies, dem Gelobten Land, fließen
Milch des Trostes und Honig innigster Minne. Saugt euch satt an ihren
tröstenden Brüsten! - Maria: „Wenn ihr betet, seid ihr so schön!“ -

23.7.

„Ich mag dich dicht, obwohl du so bist, wie du bist, sondern weil du so
bist, wie du bist.“
Fand Reinhold Schneider über Camoes und über Portugal. Ja, südlich
sinnlich lieben, eine Sehnsucht so groß, daß sie aus der Welt geht, immer
schmachtend, immer einsam und unglücklich, im schwarzen Mantel der
Schwermut, der Einsamkeit und des Todes, die Geliebte ist Gnade und
Dämon, eine Lust am Leiden, eine Liebe zum Leiden, eine Wollust des
Untergangs. Ich liebe wie ein Portugiese. Darum Ja zur Geliebten, sie ist
mir Schicksal.

25.7.
Worte Jesu an Torsten. Jesus will, daß ich ihn so liebe, wie ich bin, ich
muß nicht erst ein Heiliger werden. Kümmere dich nicht um deinen
Mangel an Tugenden! Zuviel Tugend gibt Jesus mir nicht, weil es meiner
Eigenliebe schmeicheln würde. Nicht nach meinen Talenten oder meiner
Weisheit verlangt er, sondern allein nach dem Gesang meines Herzens.
„Ich habe dich allein zur Liebe geschaffen“! Aus meinem Elend soll die
Liebe zu ihm aufsteigen. Ich soll nicht an ihm zweifeln. „Ich gab dir meine
Mutter“, ich soll ihm alles, alles geben durch ihr reines Herz.
Erwachte nach wenig Schlaf frühmorgens, da liebte mich Maria
unsagbar; wie soll ich sagen? Als wäre ich in ihr, als schliefe ich mit ihr,
solche Liebe, ganz unkörperlich.
Ich weinte, da sah ich das Antlitz des Dorngekrönten. Jesus will mir
Kraft zum Leiden geben, die kleine Therese wollte das Leiden lieben, es
ist ein Martyrium der Seele. Aber die Märtyrer segneten die, die die Löwen
schickten. Ich aber bin arm an Liebe zu denen, die mir zuwider sind.-
Nicht kann ich dir geben, o Herr, nur mein Nichts!

26.7.

Sehne mich danach, mein Leben in der Grotte von Lourdes niederzulegen,
dort wiedergeboren zu werden, und von Jesus durch Marien Hände ein
neues Leben zu empfangen.

28.7. - 5.8.

VIERGE IMMACULEE DE LOURDES

6.8.

Glücklich, in Lourdes gewesen zu sein. Der Besuch der Quelle, das


Sakrament der Versöhnung, das Bild vom Mund der Pieta war
überwältigend. Zärtliche Seelenverwandschaft mit der Schwester.
Interessant, die wilde Jugend mit ihren Romanzen zu beobachten. Tiefe
Gespräche mit Priestern. Frankreichs Süden ist mir das Schönste, was ich
bisher sah. Hab einen kleinen rosanen Rosenkranz mit zehn Perlen aus
Lourdes mitgebracht, Zeichen zärtlichster Intimität, er hängt am Bilde vom
Mund der Madonna. Zuhause erwartete mich ein Buch „Weihe an die
Heiligste Dreifaltigkeit durch das Unbefleckte Herz Mariens“. Die kleine
Therese will Jesus lieben, indem sie ihm Blumen gibt, und wenn sie die
Blumen auch von den Dornen pflücken muß, sie will Jesus Lieder singen,
und je länger und spitzer die Dornen, desto süßer das Lied. Trage seit
Lourdes einen silbernen Rosenkranz-Ring als Zeichen meines Verlöbnisses
mit Maria (in Maria mit Jesus).

9.8.

War bei der Geliebten, das war überwältigend schön! Sie hat so ein
wunderschönes Gesicht, so ein schönes leises Lachen! So schön ihr
Armgelenk mit dem Silberkettchen mit bunten Steinchen aus Lourdes! Sie
freute sich über die silberne Halskette mit dem Anhänger von Sainte
Evelyne, wollte die Heilige kennenlernen! Ich erzählte ihr von der Liebe
der portugiesischen Dichter: Du wirkst südlich auf mich, du entflammst
solche Sehnsucht in mir, die nur durch die Liebesvereinigung mit Gott
gestillt werden kann! Ich schilderte ihr die Erschütterung vor dem Mund
der Pieta. Zum Abschied gab ich ihr einen Kuß auf die warme weiche
Wange, was sie gewährte. Ich bin tief am Herzen von Freude berührt.
1997 bis 2000 war der Psalter mein wichtigstes Buch, 2000 kam der
Koheleth dazu, nun wird es das Hohelied, Weisheit und Jesus Sirach dazu.
Die Perser möcht ich kennenlernen. - Ich bin wie ich bin, mit sinnlicher
Sehnsucht, da will Jesus, daß ich ihn mit sinnlicher Sehnsucht preise, nicht
in platonisch-gnostischer Leibfeindlichkeit eines Asketen. Was ist
Leidenschaft und Begehren?
Die Geliebte: „Inbegriff aller Schönheit“.
Ich danke Gott, daß er mir Magdalena als Heilige in mein Leben
gegeben hat. Sie möge mich lehren, meine Sinnlichkeit, meine sinnliche
Sehnsucht, in Glut der Liebe zu Jesus zu verwandeln. Als solche rief ich
sie auch in Lourdes an. Ich freu mich auf das Paradies, dort Magdalena zu
sehen, und neben Magdalena Eva und Sulamith. Dort werden auch Esther
und Judith sein.
Portugal passt zu Magdalena: Traurigkeit der Sinnlichkeit, Sinnlichkeit
der Traurigkeit. „So bin ich auch“, sagte die Geliebte. Wie es von
Magdalena heißt, war sie Hetäre mit dämonischer Schwermut. Eben tanzte
die Heilige unsichtbar betörend in meiner Wohnung, da erklärte ich ihr
meine Liebe: Führe mich, ich brauche dich!

11.8.
Die Schwester schickte mir einen Rosenkranz von „Unserer Lieben Frau“,
Perlen wie rote und violette Weinbeeren an goldenen Kettengliedern. Ich
sehe portugiesische sinnliche Schwermut, schwermütige Sinnlichkeit
darin, Marias weinrote südliche Schönheit.
Einer erzählte, auf Lanzarote ward eine Marienstatue vom Meer
angespült und durchs Land getragen und die Madonna angerufen gegen die
Dürre. Welche mythische Macht ist in den Kult der Madonna eingegangen:
vom Meere angespült!

12.8.

Persische Mystik von den Poeten geschaffen. Das Lob der irdischen Liebe
ist ein Gleichnis der göttlichen Liebe. Mystik des Weines. Wein ist Tröster
der Betrübten, Freude der Herzen, Blut Christi. Maria ist der schöne Kelch
der Hingabe. Derwische und die Extase, Dionysos und die Extase, San
Juan: Ekstase ist Selbstvergessenheit und Gottversunkenheit.

13.8.

Träumte von Maria, sehr innig, sehr rot, sehr intim, sehr liebevoll, voll
ehrfürchtiger Liebe zu der Gnädigen erwachte ich und küsste innig den
portugiesischen Rosenkranz am Handgelenk.
Die Freundin las mir meine französischen Strophen an die Immaculata
vor und war „sprachlos“, solche eine „Liebes-Hymne“ zu lesen. Sie sagte,
sie fände mich schön.

14.8.

Idee, mir morgen zu Marien Himmelfahrt ein Schreibheft zu kaufen und es


zu füllen mit Sonetten an Madonna Maria.
Tieck: „Und wie liebst du, Liebster? fragte sie. - Daß ich dir ganz
unbedingt gehöre, du ganz mir, sprach der Trunkene: daß unter uns kein
Zweifel waltet, keine ängstliche Furcht uns die kleinste Wahrheit oder
größte Wonne unterschlagen darf, daß du mir keine Faser deines Herzens
verdeckst, daß du jeder Frage mit Liebe und Wahrheit Antwort gibst.“ So
liebt Maria mich, so lieb ich Maria. „Ach, in manchen Momenten glaube
ich, daß ich deiner nicht würdig bin, dann fühle ich dich so viel größer und
herrlicher. Ja, zu deinen Füßen muß ich liegen, im Staube vor dir, und
deine Füße küssen als dein Huldiger oder demütiger Sklave, dem deine
Hoheit, deine Gnade erst die Freiheit schenken kann.“
Ach Mandolinen, Orangen, Brunnen, Mondnächte, melancholische
Poeten und unglückliche Liebende und Nymphen vom Tejo und der Tiber.
Ach eine sulamithische Suleika oder Leilah im Rosengarten Persiens.

15.8.

Ich sehne mich so in den Süden, Südfrankreich oder Portugal! Wo ist das
Buch, das diese Sehnsucht stillen könnte? Ich muß es selber schreiben. Wo
ist poetische, romantische, schwermütige Sinnlichkeit? Ich kann die
Weltmenschen und die kühlen Frauen nicht ertragen. Ich sehne die Nacht
herbei. O Magdalena hilf!
In Indien war Maria erschienen und schenkte einer Armen ihr Lächeln.
Das Gnadenbild wird in Indien zu Marien Geburtstag von Millionen
Pilgern - Christen, Moslems und Hindus - ans Meer getragen. Man badet
im Meer, gedenkt des Meeressternes Maria, welche schiffbrüchigen
Portugiesen an den Strand half, und schert sich die Haare. Den einen ist sie
Mutter Gottes, Mutter des Lebens, Mutter des Universums, den andern die
Muttergöttin, allen die heilige Mutter. Es wird das Magnificat gesungen:
Die Mächtigen stürzt er vom Thron und die Armen erhöht er.

18.8.

Simson: den Löwen der Wollust zerreißen und den Bienenhonig des
Gotteslobes sammeln. Simson, von der Hure und der Philisterin versucht,
wie Salomo von den heidnischen Frauen.

19.8.

Priester von Sankt Marien: Leidenschaft ist gut, sie gibt Kraft und Energie
zum Leben.
Allein in Maria verliebt und ehelos - unglücklich verliebt wie ein
Portugiese in sinnlicher Schwermut?

21.8.

Der väterliche Priester ermutigte mich, mich an der natürlichen Schönheit


der Frauen zu erfreuen. Sublimierung heiße, nicht beim Geschlechtlichen
stehen zu bleiben, sondern Leib und Seele als Geschöpf und Ebenbild zu
ehren und zu lieben, die Frau nicht als die ewige Versucherin verachten.
Ich denke, der Widerspruch zwischen Askese und Sinnlichkeit in mir ist
noch dualistisch, gnostisch, manichäisch, esoterisch, leibfeindlich,
Verachtung der Materie. Ist nicht die Schönheit des Leibes auch ein Lob
der Schönheit Gottes? Inkarnation Gottes nicht in Form eines ätherischen
Schleiers, sondern in einem Wesen aus Fleisch und Blut!
Einer schickte einen Aufsatz vom Anglikaner Lewis zu christlicher
Poesie. Aristotelische Nachahmung sei auch lobenswert als Nachahmung
verehrter Vorbilder. Paulinisch sei, die Frau ahme den Mann nach, der
Mann aber Christus, Christus sei Anglanz Gottes. Das mag ich nicht
leiden! Ich bin Platoniker: Der Mahn ahmt die Frau Muse nach, die Frau
Muse ist das Ebenbild der göttlichen Schönheit. Thomas von Aquin sagt,
es sei vernünftig, daß sich die Vernunft ab und an in der Muße erhole.
Darum, sagt Lewis, sei auch Poesie der Unterhaltung gut.
Camoes: Ihr Frauen, ihr geht so leicht in die Netze roher, gemeiner
Gesellen!
Der Geliebten Traum von Schönheit will ich teilen, die Sehnsucht ihrer
Seele, ihre Schönheit genießen und in meiner Seele verwandeln. Nachts
stille Zärtlichkeit für sie und ein lyrisches Gedicht. Meine Liebe ist Maria.
Darum bin ich besser als freier Mensch bei den Frauen, ich werbe nicht um
die Ehe, ich empfange nur, was Gottes Vorsehung mir an Schönheit und
Freundlichkeit und Grazie zukommen läßt. Zuhause grüß ich die Königin
meiner Einsamkeit. Ja, meine Mutter bist du, wie ich nie eine Mutter
gehabt habe, Gottesmutter, meine Trösterin. Gewähre mir aus deiner
Gnade, dich lieben zu dürfen wie meine Frau, meine Mitbewohnerin,
meine Muse, in deinen Armen der Liebe will ich in den Himmel getragen
werden, in die Heimat meiner Seele. - Und doch, O Jesus, wie gerne würd
ich die Geliebte küssen!

22.8.

Ich hätte gern südliche Leichtigkeit, Genuß an Sonne und Meer und Wein
und schönen Frauen. Aber ich bin ein dunkelblauer Friese mit nordischem
Winter in der Seele, Weh umd Schmerz, und Sehnsucht nach Folkwang...
Es ist in mir blaue romantische Nacht, Traurigkeit und Einsamkeit. Ich
fürchte mich vor dem deutschen Herbst und Winter, den maroden
Stimmungen und den frostigen Schwertern durch das Herz. Ich wäre gern
glücklich. Heute ist die Welt lieblos, voll von Nesseln und Disteln und
Dornen. Wo ist die Rose Maria? Laß mich dich sehen, Maria, die
Schönheit Gottes! Meine Seele ruft an die Königin der Schwermut, aber
meine Seele fürchtet sich vor der Schwermut. Ich sehne mich nach dem
Glück, von einer sterblichen Frau geliebt zu sein.
O Königin Portugals, Fürstin von Fatima! War mit Maria allein.
Sehnsucht nach der Blume in dünner Gaze. Sah Maria innen, als blicke sie,
schwarzgewandet, mit schwarzen warmen Augen (Schönheit der
Schwermut) in meiner dunkle, lichtbegierige Seele, sie mit dem Schmuck
am Handgelenk.
Heute liebe ich keinen Menschen, nur Maria liebe ich, die
portugiesische, die nach Indien will! Der Tag, die Welt, die Zeit ist
grausam. Maria in mir! Alle Frauen außen, einzig Maria innen! Wie sieht
sie aus? Den Mexikanern eine Indiofrau, den Indern eine lächelnde
Somamilch-Mutter, den Afrikanern die schwarze Madonna, den Europäern
die Sixtina und Pieta und Madonna vom Granatapfel, den Russen die
melancholische Ikonenmutter. Mir die Göttin der Schönheit, heute schwarz
wie eine Portugiesin gekleidet, mit Perlenarmband geschmückt, Schmelz
und liebe linde Glut der dunklen Augen, Schwester meiner Schwermut,
meine treu mich liebende Frau (was ich auch tu, sie liebt mich).
Sah einen Film über portugiesische Fado-Musik, Lieder über die
Liebe. Bild einer Portugiesin, im schwarzen Kleid, braune bloße Arme,
schwarzes Haar, dunkle Augen, im Sonnenuntergang auf einer steinernen
Mauer sitzend, am braunen Handgelenk einen silbernen Armreif. Das war
das Ebenbild der Maria, Inbild meines inneren Ideals heute, Königin der
wehmütigen Schönheit, meine Frau, die mich ansah.

23.8.

Der Gottessohn in einer apokryphen Apokalypse: „Das Tor zum


Lebensland steht weit offen!“ Herr, schaffe mir einen weiten Eingang zu
deiner Freude! Sehnsucht nach dem Paradies!
Ich will verliebt sein in Maria, ich bitte Gott darum, ich brauche dies
zu Trost und Heil, ich sage ja: Maria, ich liebe dich, ich liebe dich! Sei mir
der Name Mariens der liebste Frauenname!
GelöbnisanMaria.

25.8.
Maria, der großen Träume Königin, ich lebe quasi eine Ehe, eine treue
Brautzeit mit mir, sie ist allzeit da als Mutter und Frau und Muse.
Inneres Bild: Weihnachten, Maria geht als wahre Mutter unsichtbar
durch das Wohnzimmer meiner Kindheit.

27.8.

Jeder Dichter hatte eine Muse. Einige blieben einer Einzigen ihr leblang
treu. Andere suchten das Weib an sich in den vielen. Auch Tizian und
Raffael liebten die Frauen. Raffael hätte das Madonnenlob ohne seine
Geliebten nicht malen können. Auch Baudelaire hatte eine oder mehrere
Musen. Nicht die bleiche, weiße, verfließender Schleier in die Nacht,
sondern die im Leib, die Reizende, Rote, Engel und Sphinx in einem. Was
will denn Maria? Kann sie allein meine Muse sein? Sie, die ich Königin
der Musen nenne? In Lourdes suchte ich Maria allein, sie war die
Gebendeite unter den Frauen. Wen lieb ich? Kann ich Maria als Einzige
lieben? Sie, die da gesegnet ist mehr als alle Frauen? Sie ist die einzige
Rose ohne Dornen. Aber warum kam ich aus Lourdes mit Camoes? Maria!
Königin, ich will dein Sänger sein. Dich lobt ich im Jugendideal, du warst
mein eigentliches Ideal. Du kennst Raffael und Dante, Michelangelo und
Camoes und weißt, wie die Dichter sind. Führe mich, meine Meisterin,
meine Madonna, daß ich dein Lob singe, auch wenn ich nicht nur
Marienloblieder singe. Dein Bild scheine in meinem ganzen Werk auf.
Aber, Geliebteste, brauch ich auch eine irdische Frau zum Bilde der
Ewigen Frau, die du in Vollendung bist? Und ist es die Geliebte, die ich
singen soll? An ihr seh ich schon seit so vielen Jahren meinen Traum von
Schönheit. Sie ist der Schönheit Inbegriff. Erlaubst du, Herrin, solch ein
Lied? Kann dein Lob daraus entstehen? Siehe Botticellis Muse, wie er sie
als Venus und als Madonna malte. Maria, hilf mir, das Marianische an der
Geliebten zu singen. Willst du, daß sie meine Muse ist? Oder willst du
allein meine ideale Frau, mein Spiegel, mir der Abglanz Gottes sein?
Lenke mein Herz, du Königin meines Herzens!
Ich schließe meine Augen und sehe Marien Handgelenk, geschmückt.
Sie ist die Muse, die nicht von außen kommt, sondern von innen. Sie ist
meine Trösterin, wenn die liebekargenden Frauen mich verwunden. Sie
allein ist wahrhaft „anbetungswert“. Sie ist von himmlischer Schönheit, sie
ist vollendet, vollkommen, das Weibliche in Vollkommenheit, meine Frau.
- Wie ist das Verhältnis von Frauen und der Lieben Frau, von der Königin
der Musen und den jungen Musen?
In mir seh ich eine Maria, die schöner ist als - kaum zu glauben - ja als
selbst die Geliebte! Wie soll ich sie beschreiben? Sie scheint eine
Portugiesin, schlank, im schwarzen Kleid, die Madonna voller Anmut,
voller südlicher Grazie, mit bloßen Armen, makelloser Haut, glatt und
gebräunt, am Arme: Perlen oder Diamanten, ein weißes Gesicht mit
warmen schwarzen Augen, die Haare in einem schwarzen Schleier. Du bist
so schön, so schön, schöner als jedes Mädchen, das ich je liebte! Du bist
die Glut des Südens, der Schönheit und der Liebe! Solch eine Frau, das
hätt ich nie gewagt, zu hoffen, daß mich solch eine Frau liebte, und nun
liebt Madonna mich und lebt mit mir!
Wie gern hätt ich ein portugiesisches Madonnenbild Unserer Lieben
Frau von Fatima! Was geschah in Fatima?
Wo aber bleibt in der Marienliebe der Eros in mir, Sinnlichkeit und
Leidenschaft? Wird Eros sich nicht immer wieder eine Geliebte suchen?
„Dein nackter Busen seinen Duft verschwendet...“ Ich bin kein Asket,
sondern ein leidenschaftlicher Mensch.
Beaudelaire: „Madonna!... und mein Begehren dient dir als Gewand,
das bebt, das sich in Wellen senkt und wieder neu erhebt, sich auf der
Höhe wiegt, im Tal zur Ruhe streckt, und das mit seinem Kuß den weißen
Leib bedeckt.“
Ja, jetzt ist Hälfte des Lebens, ich trete in die Heilige Apostolische
Kirche ein und habe mich mit Maria verlobt, ihr soll mein Gesang, ihr und
allem was sie liebt, gewidmet sein.

30.8.2001

Bei der Geliebten, alles süß und ruhig, schenkte ihr drei rosane Lilien, die
sie und ihren Duft sehr schön fand.
6.9.
Träumte von Sankt Josef als dem Patron der Sterbenden. Er hatte ein
schmales, älteres, gütiges, väterliches Gesicht, dunkelblonde Locken und
einen reichen, aber nicht sehr langen Bart.
8.9.
Las das Nachwort zu den Eichendorff-Gedichten. Der „erotische
Marienkult“ seiner Jugend wirke „pubertär“, erst als er die Frau seines
Lebens, Luise, als Gattin und Mutter gefunden, huldigte er „Mutter und
Kind“ mit „christlichen Wurzeln dieses Kultes“. Ich sollte keine
Nachworte lesen!
Traurig über das Desinteresse der Freundinnen an mir. Sie haben mich
vergessen! Ich werde zum Misanthropen.
10.9
Traum: Ich war in Herford, am Stiftsberg, in einer Schule. Ich trug einen
Rosenkranz am Arm, wollte täglich zum Stiftsberg und der dortigen
Marienkirche wallfahren. Ich sah ein Bild, die Evolution darstellend in den
Armen Gottes, der Adam und Eva den Apfel reichte, Eva auf einer
Muschel. Ein Schüler fragte mich nach Martha und Magdalena. Ein Pastor
sagte, man wisse von der Legende der Magdalena, weil die Heilige einmal
gesagt: „Ich bin Magdalena!“ Da stöhnte ich auf, weil ich die Heilige so
liebte. In einer Gesprächsrunde sagte ich, alle, Nietzsche, Freud und
Dostojewski, hätten ihre Musen gehabt. Ich ging aus dem Schulraum, ein
Mädchen ging neben mir. Sie sagte, die Künstler haben Musen, aber eben
doch immer die Hübschesten, Schönsten. Es sei auch aus moralischen
Gründen besser, manchmal mit Frauen zu feiern, als immer allein zu sein.
Dann saß ich an einer Skulptur von Michelangelo, die Barmherzigkeit
darstellend, eine liegende Frauengestalt mit hübschen Brüsten. Als ich den
Kopf ansah, war es der Geliebten Kopf. Ich erwachte und rief in großer
Liebe: Maria!
„Hat Raffael in der Madonna auf dem Sessel das Irdische zur höchsten
Reinheit erhoben, so scheint er bei der Sistina den Versuch zu machen, das
Göttliche in Irdische Gestalt zu bringen.“
12.9.
Die politischen Fundamentalisten geben nicht das Bild des Islam, sondern
Hafis und Rumi.
13.9.
Ich bin im Sommer, Blumen blühn, Früchte reifen, Frauen sind erwachsen
und schön!
15.9.
Heilige Messe: Frieden und Versöhnung mit den Muslimen, Gerechtigkeit
auch für Arabien, keinen „gerechten, heiligen“ Krieg, Wettstreit der
Weltreligionen in der Liebe.
17.9.
Weihe an Gott kann öffentlich oder privat-geheim abgelegt werden.
„Eremitisches“ Leben? Weihe an Maria; noch nicht ganz vollzogen die
Weihe durch Marien Herz an die Allerheiligste Dreifaltigkeit.
Paul Claudel an André Gide: Sankt Franz hob ein Pergament von der
Straße auf, denn es war S c h r i f t ! Wir dagegen, wie unsorgfältig gehen
wir mit der Schrift anderer um und sogar mit unserer eigenen.
20.9.
Der älteste Liebesbrief der Welt ist aus dem 17.Jhd. vor Christus und auf
Ziegel geritzt an eine ägyptische Prinzessin.
21.9.
Platens Abbassiden zuende. Als Katholik muß man darin zu den Muslimen
halten, sie vertreten den wahren Glauben gegen die Götzendiener. Aber am
schönsten sprach mich die Gestalt der Heliodora an, der Tochter des
Kaisers von Byzanz, eine Christin, die der Liebe zum Kalifensohn entsagte
und sich in ein libysisches Kloster zurückzog. Ich denke an meine alte
Liebe zum schönen Byzanz.
Lese Platens Hafis. Das ist die Geliebte, denn es ist das Lied der
Schönheit. Keats erhob die Schönheit zum Maß der Poesie. Ein Dichter ist
ein Dichter und singt die Schönheit. Lobt der fromme Dichter die
Schönheit der schönen Frau, ist es Lob der Schönheit-schaffenden
Schönheit des Schöpfers.
Nizamis Madschnun und Leila.
22.9.
Welche herrliche Poesie in den orientalischen Doxologien, syrischen,
byzantinischen, auch Ambrosianus, wie will ich das alles mehr und mehr
kennenlernen. Das liturgische Beten soll „von außerordentlicher
Schönheit“ sein. Eines Tages will ich eine Messe und ein Totenangedenken
schreiben, sehr orthodox und sehr poetisch.
23.9.
Ist die Schönheit oder die religiöse Wahrheit das höchste Maß der Poesie?
Vielleicht hat Dante als Einziger die beiden Reiche vereint in seiner
Commedia. Aber ist nicht Gott ein schöner Gott? Und wie schön sind die
Liebeskanzonen des Heiligen Johannes vom Kreuz! Wie schön sind die
orientalischen Hymnen und die byzantinische Liturgie! Soll man Platos
Wahres-Schönes heranziehen? Ist das wahre Wahre nicht immer schön?
Die katholischen Gebete, Bilder, Kirchen sollen schön sein. Welche Rolle
spielt die Imagination und welche das Dogma? Wer wird mir Vorbild sein?
Einst waren Hölderlin, dann Rilke meine Meister. Kommt man aus dem
Alter heraus, wo man Meistern folgt? Nahm nicht der alte Goethe noch
Hafis zum Vorbild? Ich bin doch ein religiöser Dichter. Aber bin ich nicht
auch vor allem ein Liebesdichter? Der göttliche Glaube ist (im Gegensatz
zum trocknen Rationalismus des Protestantismus) ein Glaube an die
Schönheit der Religion. Ihr werdet sehen die Schönheit eures Gottes! Ist
das Thema der Poesie nicht die Schönheit der Schöpfung? Soll meine
Kunst eine sakrale Kunst sein? Soll ich meine Seele aussagen? LeFort: In
der Selbstaussage des charismatischen Dichters sagt sich Gott aus. Und
was ist mit der Ewigen Frau? Salomo dichtete von der Schönheit der
Schöpfung (von der Zeder bis zum Ysop), von der geliebten Frau Sulamith
und von der bräutlichen Weisheit. Michelangelo schuf mit 24 Jahren seine
Pieta: die ideale Schönheit. Er war Platoniker, die Idee der Schönheit war
sein Höchstes Gut. Vor seinem Tode schuf er eine andere Pieta, die Leid-
Entstellte, fragmentarisch: die Häßlichkeit des Kreuzes, die Torheit des
Kreuzes, den Platonikern eine Torheit? Aber die Weisheit Gottes!
24.9.
Tag der Jungfrau der Barmherzigkeit.
Die drei schönsten Frauen der Welt: Die Sixtinische Madonna von Raffael,
die Venus von Botticelli, und meine Geliebte von Gott dem Schöpfer!
25.9.
Platens Ghasele.
29.9
Habe an nichts als an der Geliebten Freude.
Goethes Rat an jüngere Dichter: Schau in dich, kenne dich selbst, schaffe
aus dir und der Natur, häng dich nicht ewig-nachtrauernd an eine
verstorbene oder entfernte Geliebte, sondern sei lebendig, lebe!.
1.10.
Fuhr zur Geliebten mit einem Sulima-Gedicht, war zwei Stunden bei ihr.
Ich kann mich nicht sattsehen. Möchte ihr soviel schenken, ihr in allem das
Leben erleichtern und sie glücklich machen. „Schön daß du da warst“,
sagte sie zum Abschied. Ich solle nicht mehr soviel von meinem Werk
vernichten und werde der Nachwelt nicht vergessen sein. Ich: Dann wird
die Nachwelt auch von dir reden!
Denke an Rumi-Ghaselen, sehr freie Nachdichtung.
Wie herrlich ist Goethes Dialog mit der Houri! Möcht Rückerts Koran
lesen.
2.10.
Lese die Bibel als Literat: Salomo und die Königin von Saba, Gold,
Spezerei, Edelsteine, Affen, Pfauen, Sandelholz, Schiffe, Harfen, Weisheit.
Wie herrlich wäre es, hätte ein alter Perser ein Epos Salomo gedichtet.
Auch lieben sie Jussuf.
Zu Hafis: Die Religion des Herzens, die Religion der Liebe, freies Leben,
fern der Sittengesetze der verdienstlichen Frömmler, fern der Verbote,
allein auf Gnade für Sünder fußend, das Lied von der Liebe inspiriert, vom
erleuchtenden Himmel eingegeben.
Denke an ein Salomo-Poem, Bathseba, Abischag, Sulamith, Astarte.
4.10.
Goethe über den Unterschied zwischen Propheten und Poeten: „Beide sind
von Einem Gott ergriffen und befeuert, der Poet aber vergeudet die ihm
verliehene Gabe im Genuß, um Genuß hervorzubringen, Ehre durch das
Hervorgebrachte zu erlangen, allenfalls ein bequemes Leben. Alle übrigen
Zwecke versäumt er, sucht mannigfaltig zu sein, sich in Gesinnung und
Darstellung grenzenlos zu sein.“ Über Rumi: „...daß der eigentliche
Dichter die Herrlichkeit der Welt in sich aufzunehmen berufen ist und
deshalb immer eher zu loben als zu tadeln geneigt sein wird. Daraus folgt,
daß er den würdigsten Gegenstand aufzufinden sucht und, wenn er alles
durchgegangen, endlich sein Talent am liebsten zu Preis und
Verherrlichung Gottes anwendet. Besonders aber liegt dieses Bedürfnis
dem Orientalen am nächsten, weil er immer dem Überschwenglichen
zustrebt und solches bei Betrachtung der Gottheit in größter Fülle gewahr
zu werden glaubt.“ - „Auch unseren westlichen Dichter loben wir, daß er
eine Welt von Putz und Pracht zusammengehäuft, um das Bild seiner
Geliebten zu verherrlichen.“
„...eine alte Goethesche Weisheit, sich von der Vergänglichkeit der
irdischen Tage innerlich unabhängig zu machen, indem man jede Stunde
nimmt, wie sie ist, und sich eine innere Welt aufbaut, in der die Liebe
herrscht.“
„Im Koran findet sich ein Kapitel, das zwölfte, unter dem Namen Jussuf,
wo von Suleika, Tochter des Pharao und Gemahlin des Potiphar die Rede
ist und ihrer Liebe gegen Jussuf. Da diese Liebe aus dem Anblick der
großen Schönheit Josefs entstanden sein soll und ohne sinnliche
Befriedigung geblieben, so wird sie von den Mohammedanern als ein
Muster keuscher, obgleich brennender Liebe vorgestellt, welche zur Liebe
gegen Gott geführt haben soll, weil man hinzudichtet, daß Suleika sich am
Ende zum wahren Glauben bekehrt habe. Dies hat zum Roman Jussuf und
Suleika von Dschami Gelegenheit gegeben. Die Liebe wird darin als die
Neigung zu allem Schönen, Guten und Edlen vorgestellt und soll sich
durch Betrachtung der sinnlichen Schönheit an Menschen wie an anderen
Geschöpfen zur Liebe und Anbetung des Schöpfers aller Schönheit
erheben. Die Religion wird überall hineingezogen.“
5.10.
„Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß was ich leide!“
6.10.
Luther: „Ja freilich, denn Gott der Herr wird einen neuen Himmel und ein
neues Erdreich schaffen, auch neue Belferlein und Hündlein mit goldener
Haut. Da werden die Blumen, Laub und Gras so lieblich sein wie
Smaragd. Und wird ein großes Licht sein und alles, was hier schön ist,
wird dort nichts sein. Unsre Augen werden glänzen wie fein Silber, unser
Leib wird leicht dem Willen folgen, wie ein Flaum. Wir werden uns
genügen lassen an der Gnade Gottes. Wenn wir die nur haben, lachen uns
alle Kreaturen an.“ Luther: „Gott spricht nicht Worte der Grammatik,
sondern ruft wahre Wirklichkeiten; Sonne, Mond, Himmel, Erde, Du und
Ich, wir sind Worte Gottes, seine Dichtung, Verse, Zeilen seines
Schaffens.“
Ephesus, wo Artemis mit sechs Brüsten vom Himmel gefallen,
Traumdeuter und Heiler und Wahrsager in ihrem Tempel waren, der Bau
stürzte der Legende nach durch Johannes ein, der da begraben liegt und
ewig mit seinem Atem Mannastaub bewegt, weswegen viele wallfahren zu
dem, der nicht stirbt. Dort wird nach Anna Katharina Emmerich Tod und
Himmelfahrt Mariens stattfinden, dort wird sie zur Muttergottes erklärt,
dort wird angeblich Magdalena ihre letzte Ruhe finden (oder in Aix-en-
Provence), dort werden die Siebenschläfer schlafen.
12.10.
An meiner Wand, mir im Rücken der Mund der Pieta und die marmorne
Magdalena von Bernini, vor mir die Sixtina und die Venus von Urbino
unter Leonardos Abendmahl. Wer ist die Venus?
13.10.
Die Flut meiner Leidenschaft stürmt vergebens. Mein Trost: Möge sie
poetische Perlen an den Strand werfen.
Nicht in der Messe, in der Sinnlichkeit such ich Trost, in Venus, nicht in
Christus. Ich fliehe den Trost des Heiligen Geistes, um meinen Schmerz zu
kultivieren.
14.10.
Ich will ihr die Liebe Christi bringen und in ihr Christus verehren. Ich lebe
allein in der Geliebten!
Der Tempel Salomos ist die Braut Jerusalem, die Nymphe des Lämmleins,
das Haus der Weisheit, Tochter Zion, Maria, das ist die Geliebte.
Ich hab zur Geliebten gebetet. Stern des Paradieses am Himmel.
16.10.
Die Geliebte ist das Leben, mein Sommergenius im Sommer meines
Lebens, ist die Mutter der Lebenden, die Neue Eva öffnet mir die Pforte
zum Paradies. Ich sage Pforte und nicht Tor, denn die Pforte zum Paradies
ist weiblich, ist marianisch. Petrinisch sind die Engel darüber und die
Jünger, ihre treuen Freunde.
Die vielen Lilim laß ich, ich singe die lebendige Eva. Meine Neue Eva!
Milton und Péguy sangen Eva. Bei Milton ist es die schöne Sünderin, bei
Péguy die alte Mutter aller Lebenden. In meinem Poem ist sie die Schöne
Braut, die Perfekte Schönheit, und dann die junge Mutter eines Urvolkes.
Ganz von Eva selbst geschrieben. Die Geliebte in Maria lieben, Maria in
der Geliebten lieben! Ihr Abbild, ihre Gestalt! Sulamith, Bild der
göttlichen Mutter!
In Liebestrunkenheit und Rausch ahne ich, ahne ich etwas vom Paradies.
Nicht der kristallene Himmel der Esoteriker, sondern die Über-
Sinnlichkeit, Geist-Leiblichkeit, das Fleisch ganz Seele, die Seele ganz
Fleisch, und alles in Harmonie und Ausgewogenheit, voller süßester
Freude und lichten Jubels der Liebe! - Dann Adam im Staub, Eva mit den
Kindern an seinem Grab. Die Kinder, ein ganzes Volk des Orients, alle
Welt bevölkernd. Gott gebe mir den Geist der Prophetie!
Eine Seidenpfingstrose für Sie, denn sie ist eine dornenlose Rose. Sie ist
wie violette Lavendeljade. Viva Eva! Evoe! Ein Name der Geliebten: La
Vita!
Klopstocks Eva Hexameter, Miltons Blankverse, Péguys Alexandriner.
Goethe sagt, der Deutsche singt Knittelreime (so spricht die Huri mit dem
deutschen Dichter).
Lourdes: Suchen und Jagen und Finden junger Verliebter, eine italienische
Venus, eine angerufene Magdalena von den Sternen, Prozessionen,
schmerzreiche Nächte, Weinseligkeit, Sommerschwüle, Beichte, Glück,
der Kreuzweg, der Mund der Pieta!
17.10.
Sie lachte. O du bist die Einzige in meinem Herzen! Ich darf sie morgen
sehen. Ich liebe sie.

18.10.
Bei Ihr. Fühlte mich ungeliebt, nicht wertgeschätzt, war traurig. Noch eine
Rose mit Dornen! Wehe, Schmerz! Einsamkeit, ohne wahre Freunde. Viel
Ave Maria. Sie sah mir aus hellen blaugrünen Augen in die Seele. Zum
Abschied: Schön daß du da warst. Ich küsste ihr die Hand: Ich hab dich
lieb. O Schmerz des Verzichts auf Gegenliebe! An meiner Wiege stand
Eros, aber nicht Anteros.
Wandte mich zu marianischen Gebeten. „Sie wird sein Ein und Alles auf
dem Weg zu Jesus. Da also diese Seele ganz Maria gehört, gehört Maria
auch ganz ihr.“ - „Nicht länger nennt man dich die Verlassene und dein
Land nicht mehr das Ödland, sondern man nennt dich Meine Wonne und
dein Land Die Vermählte“ (Jesaja 62).
Wenn der Schmerz der Verschmähung kommt, sag ich: Dich kenn ich,
Dorn der Rose, sei gegrüßt, mein Schmerz, da bist du, altes Schicksal.
Dann sah die Geliebte mich an aus lichten reinen klaren Augen, von
traurigen Lidern verhangen. Ach Maria, wie soll ich dich ehren, wenn ich
so verliebt bin? Ich traue auf dich, ewige Herrin, aber all mein Gefühl
glüht für die Geliebte. Sprich zu mir!
20.10.
Sie weiß, daß ich sie liebe, aber sie fühlt es nicht. Wenn sie es fühlte,
könnte es sie bewegen. Vielleicht fühlt nur die selbst Liebenden die Liebe
des Liebenden. Die nur Geliebte nimmt die Liebe nur distanziert und
damenhaft zur Kenntnis. Im besten Fall sagt sie: Ja, du darfst mich lieben,
mir huldigen, aber verlange nichts, nichts für dich selbst (als nur meine
Gedanken einer Dame).
Sieht der Liebende im Geschöpfe Gott oder macht er das Geschöpf zum
Götzen?
Sie: Freundschaft ist nicht Sehnsucht nach Verschmelzung. Sie sehe sich
nicht als Dame, finde es aber schön, so gesehen zu werden. Sie zog sich
zurück, weil sie kein Liebesunglück oder dramatische Leidenschaft
erregen wollte. Ich: Bewege dich auf mich zu, du bringst soviel Leben zu
mir. Ich will doch nur jemanden liebhaben, und wenn es manchmal weh
tut, nun, das ist nicht so schlimm.
Sie ist mein Leben. Ich bin an einen Dorn gebunden, den Dorn einer
schöneren Rose. Ich liebe, um zu leiden, das scheint mir mein Fluch?
21.10.
In Lourdes warf ich mich Madonna zu Füßen, Sie gab mir die Geliebte als
geistige Braut.
Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß was ich leide! Wer nie sein Brot mit
Tränen aß, der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte!
Liebe ist Sehnsucht nach ganzheitlicher Verschmelzung mit der Geliebten.
Aber mag sein, ich brauche die Sehnsucht zur poetischen Produktion. Sie
darf nicht gestillt werden, das wäre Kastration. So ist das Dichten ein
sublimierter Liebesakt. Der Dichter leidet, um Schönheit zu erzeugen. Er
trägt den Fluch, um Segen zu bringen. Darin ist er Christus gleich. Jedes
Werk ist eine Hostie, in der sich die Seele des Poeten der Welt spendet.
„Um den Plunder im Werk zu vermeiden, muß man den Plunder im Leben
vermeiden“. Mir scheint, jeder Dichter hat seine eigene Sendung, die
Romantiker und Goethe die Natur, Shakespeare und Schneider die
Geschichte, meine ist die Ewige Frau. Darum muß ich LeFort noch einmal
lesen. Es ist mein Evangelium. Darum bin ich Katholik, weil Maria die
Ewige Frau in bezug auf Gott ist.
23.10.
Goethe lobt Byrons Frauengestalten: „Es ist aber auch das einzige Gefäß,
was uns Neueren noch geblieben ist, um unsere Idealität hineinzugießen.
Mit den Männern ist nichts zu tun. Im Achill und Odysseus, dem
Tapfersten und Klügsten, hat der Homer alles vorweggenommen.“
Auch der Liebende und der Dichter seiner Geliebten sind für Gott
geschaffen, der Liebe in allem Lieben. Gott, ein verschmähter Liebhaber,
zärtlich Werbender.
Meine Liebe zur Geliebten nimmt religiöse Formen an. Ich sehne mich
nach ihr. Aber es wird keine ganz erfüllende Gemeinschaft geben. Wann ist
sie mein Götze und wann seh ich Gott in ihr? Ist es Neuplatonismus,
Aufstieg vom Geschöpf zu Gott? Aber wo ist Gott? In dünnen
intellektuellen Lüften? Nicht den Gott der Theologen such ich. Ich habe
Sehnsucht, den Hunger, den die Geliebte weckt, im Sakrament zu stillen,
Liebe zu essen, Jesu Fleisch, ob es mich sättigen kann? oder ist es
irdisches Schicksal, Sehnsucht und Hunger zu haben? Wenn es mich schon
so trunken macht, ihre seelenvolle Schönheit nur still anzuschauen, wie
erst bei Gott, der ihrer Schönheit wesentliche Essenz, das Ideal, die Idee,
die Substanz, das konzentrierte Wesen, die Schönheit selbst, die sich in der
Ewigkeit nicht entzieht, sondern sich ewig mir hingibt! In dem Sinne ist es
das Himmelreich, die Geliebte zu küssen, der Geliebten beizuwohnen, das
wird über-sinnlich in Gott geschehen. Ach wär ich tot, damit ich die
Geliebte in Ewigkeit anschauen kann! Denn Gott ist schön wie die
Geliebte! Aber wie im irdischen Leben die quälende Sehnsucht, den
Hunger ertragen? Soll ich Gott im geliebten Geschöpf suchen oder alle
Kreatur verlassen und in mein Herz schauen? Was ist ins eigene Herz zu
schauen anderes als Eigenliebe, Selbstverliebtheit? geht doch Liebe immer
auf ein Du! Aber wann wird die Geliebte zum Götzen? Die persischen
Liebesmystiker reden bewußt vom Götzen, bejahen diesen Götzendienst
als Mittel zur Vereinigung mit Gott. Wo, wie, in welcher Art kann ich mich
mit Gott vereinigen? Wie schwer fällt mir das Gebet, zu dem Maria
aufruft, wie scheint es mir oft Selbstgespräch und wie oft vermehrt es nur
meine Traurigkeit! Ich sehe zur Zeit nur die eucharistische Kommunion.
24.10.
Hilflos... ausweglos... vergeblich...
25.10.
Etwas von der Helena aus Goethes Faust geträumt.
Nachts ergreift mich eine quälerisch verzehrende Begierde. Gefangen in
Qual, Trauer, Schmerz, Einsamkeit. „Ich bin verflucht!“
1.11.
Goethe über indische Philosophie: Der Jugendliche ist Sensualist, der
Mann Idealist und legt der Geliebten Eigenschaften bei, die diese
eigentlich nicht besitzt, der reife Mann Skeptiker, der Alte begnügt sich
mit Quietismus. Ich im traurigen Sommer meines Lebens bin leider
unheilbarer Idealist.
Hesse: „...scheint mit einem Leid beschäftigt, das er kostend angebissen,
das er wie verbotene Frucht fürchtet und doch liebt und sucht.“
2.11.
Abends wieder dieser Dorn im Herzen. Wie soll ich das Leben überstehen?
Wer kann mir helfen? Wünsche schon wieder, tot zu sein.
3.11.
Lebensangst. Calderon: Was dem Elenden das Leben, ist dem Glücklichen
der Tod. Dauerhaft zerrissenes Herz. San Juan: Die Welt ist ein Raubtier.
Er nennt die Sinnlichkeit den Feind der Seele. Bruder Ephraim sagt, viele
Künstler und Mystiker leiden an Angst, die kleine Therese hatte Angst. Er
empfiehlt, von der kleinen Therese zu lernen, die sterbend sagte: Nun bin
ich ein geheiltes Kind! Fehlende Mutterbindung führt zur Einnahme
giftiger Substanzen. Mama: Tu uns das nicht an, dir das Leben zu nehmen!
4.11.
Der Genius bleibt, die Musen wechseln? Aber hinter allen Musen steht
Maria. Die sponsa im Werk des Mannes vertritt die virgo-mater. Was aber,
wer aber ist Genius? Ist es Charisma? Der berufene Dichter ist eine
charismatische Persönlichkeit, sagt LeFort. Eine Gnadengabe des Heiligen
Geistes, des Meisters, des verherrlichenden Geistes, der da lobpreist die
Schönheit des Schöpfers.
5.11.
Sehne mich nach schönen Marienliedern. Schwäche, Einsamkeit,
Lebensuntüchtigkeit.
6.11.
Firmung: Chrisam: Nimm hin die Gabe des Heiligen Geistes! Priester: Er
war überzeugter Evangelischer und kommt nach reiflicher Überlegung in
die katholische Kirche und bringt die Würdigung des Wortes mit. Das
Grundwort vor allen Worten und Geschichten des Lebens ist das Wort, das
Gott ist. Euphorisches Glück anschließend. Tanz an der Hand des Heiligen
Geistes!
Darum hat Gott mich am Leben gelassen, damit ich seinen Namen auf der
Erde bekannt mache.

[Inhalt]

WEB2
1

WEB12
[Inhalt]

PROSA ROSA SINE SPINA

DER LANGE I UND MAJIA-HE

Mein Junge, laß dir von deiner Großmutter ein Märchen erzählen. Ich
träumte einmal, ich hätte vor sehr langer Zeit in China gelebt. Es war in
der Zeit der Xia-Dynastie, dem goldenen Zeitalter des Matriarchats im
Reich der Mitte. Noch war der Gelbe Kaiser nicht geboren, ihn hatte das
Regenbogenmädchen noch nicht in die Geheimnisse der himmlischen
Musik und der mystischen Liebeskünste eingeweiht, noch waren Yao,
Shun und Yü nicht aufgetreten, es war lange vor der Sintflut. Die Mütter
bestimmten die Gesellschaft und die Mutterbrüder oder Onkel waren den
Kindern der Mutter tausendmal näher und lieber als die natürlichen
Zeuger, die nichts galten. So war das damals. Ja, so ist das auch heute noch
manchmal. Aber zu jener Zeit geschahen große kosmischen Katastrophen.
Die größte kosmische Katastrophe war noch schlimmer als die spätere
Sintflut. Nämlich die großen dämonischen Mächte in den Lüften schufen
zu der einen guten Sonne noch neun weitere Sonnen, so daß der Himmel
die Erde und das Meer und alle ihre Bewohner zu vernichten drohte. Viele
Menschen begannen gegen den Himmel zu rebellieren und zu fluchen,
aber ebenso viele beteten auch zum Himmel, daß er einen Retter senden
möge. Und der Himmel war gnädig und sandte einen Retter, den Herrn.
Das war gewißlich unser lieber Herr Jesus. Aber dieser Name ist für eine
chinesische Zunge schwer auszusprechen, darum nannte sie ihn immer nur
den Langen I. Seine Frau, die Retterin, das war unsere liebe Frau Maria.
Aber weil die chinesische Zunge das R nicht aussprechen kann, darum
nannten sie sie Majia-He. Wenn ich mich recht erinnere, bedeutete Majia-
He soviel wie die Gelbe Maria, weil sie von gelber Hautfarbe wie die
Chinesen war, sie hatte auch ebensolche Schlitzaugen und lange schwarze
Seidenhaare. Nun, der Lange I trug Pfeil und Bogen, er war als ein Krieger
gekommen. Er bat Majia-He, zuhause zu bleiben und für den Erfolg seiner
Mission zu beten. Dann setzte er sich auf seinen mongolischen Renner und
ritt hinaus in die Welt. Droben brannten die neun dämonischen Sonnen, die
grimmigen Feuer des Zornes. Aber der Lange I legte den Pfeil an, spannte
den Bogen und schoß die erste Sonne vom Himmel, die zweite, die dritte,
und so weiter, bis er alle neun Dämonensonnen vom Himmel geschossen
hatte. Die Sonnen fielen in das Bo-Hai, das Gelbe Meer, und verlöschten.
Da ritt der Lange I zurück in seine kleine Hütte in dem unbekannten
Dörfchen Anci. Dort begrüßte ihn unsere Frau Majia-He. Der Ruhm des
Langen I war groß und es sammelten sich Schüler um ihn, die von ihm in
die Kunst des Bogenschießens eingeweiht werden wollten. Denn das
Bogenschießen nach der Lehre des Langen I war eine Mystik. Es ging
dabei darum, von aller Zielverfehlung abzusehen, diese galt als Sünde, und
das Ziel genau in der goldenen Mitte zu treffen, dieses galt als
Gottvereinigung. So sammelten sich zweiundsiebzig Schüler um den
Langen I, aber er wählte zwölf besondere Männer aus, denen er auch noch
tiefere Geheimnisse mitteilte, wie zum Beispiel die Geheimnisse der
ewigen Jugend. Der Anführer dieser zwölf Schüler war Gen, der Fels. Das
war ein starker Mann. Aber der Lieblingsschüler vom Langen I war Yen-
Hui, nach ihm benannte sich später auch der Lieblingsschüler von Kung
Fu Tse.
Aber auch eine Schülerin hatte der Lange I, das war ein Blumenmädchen,
die nannte er immer nur Meh-Meh, Schwesterchen. Er weihte sie ein in die
Geheimnisse des Regenbogenmädchens. Das war eine mystische Lehre,
die die sexuelle Vereinigung des männlichen und des weiblichen Prinzips
zum Gleichnis nahm für die Vereinigung des Menschen mit der höchsten
Gottheit. Der Lange I lehrte nun dreihundert Jahre lang seine Schüler, dann
ging er in eine Bergeinsiedelei, das Kraut der Unsterblichkeit zu suchen.
Er war auf dem Gipfel des Tai-Shan, des Ostberges, allein mit dem
höchsten Herrn des Himmels, der zeigte ihm das Kraut der
Unsterblichkeit. Da brachte der Lange I es zurück in sein Haus und
verwahrte es sorgfältig in einer Truhe. Er sagte: Ich werde nun bald
heimkehren in den Himmel. Nach meinem Tod wird der Himmel euch
zeigen, ob einer von euch würdig ist, das Kraut der Unsterblichkeit zu
kosten. Ich kann es euch nicht erlauben. Denn ihr seid allesamt Sünder, das
heißt, arme Teufel, die das Ziel verfehlen im mystischen Bogenschießen.
Ihr seid des Krautes der Unsterblichkeit allesamt nicht würdig. Da ritt der
Lange I davon und ward nicht mehr gesehen. Nur sieben kleine Kinder,
drei Mädchen und vier Knaben, erzählten, sie hätten ihn auf seinem
mongolischen Schimmel durch den Himmel reiten sehen. Aber die
Menschen glaubten ihnen nicht. Nun sammelten sich die Schüler alle um
Majia-He, um unsere Frau vom Reich der Mitte, die Gelbe Majia. Sie
zählte neunhundert Jahre, als ihr träumte, nun dürfe sie eine Spitze eines
Blattes vom Kraut der Unsterblichkeit kosten. Sie war aber so bescheiden
und hielt sich selbst für den ärmsten aller armen Teufel, daß sie nur mit
ihrer Zunge an der Wurzel des Stengels leckte. Da fuhr sie auf in einem
gewaltigen Wirbel in den Himmel und flog geradewegs auf den Mond zu.
Zuerst sah sie mitten auf dem Mond einen hohen vollen Zimtbaum stehen,
darin saß ein kleiner Schneehase, der zerrieb die Rinde mit einem Stößel in
einem kleinen Mörser zum alchymistischen Puder der Träume, das er dann
über die Erde streute. Aber so wurde der Baum immer kleiner. Wenn nur
noch ein Wurzelstock übrig blieb, war der ganze Mond als lichter
Vollmond von der Erde aus zu sehen. Damals menstruierten die Frauen
noch regelmäßig zu Vollmond.
Aber dann wuchs wieder ein Reis und wieder ein Zimtbaum aus dem
Wurzelstock, und wenn der ganze große breite Baum wieder mitten im
Monde stand, dann war der Mond verfinstert und die Menschen sagten auf
der Erde: Nun ist Neumond. Zu Neumond prophezeiten immer die
Urgroßmütter und die Poeten sangen geheimnisvolle Liebeslieder. Und
Majia-He kam zum Mondpalast, der war ganz aus weißer Jade gebaut. Im
Innern hingen viele Spiegel, so daß der Palast unendlich erschien. In der
Mitte der Unendlichkeit aber stand ein Thron aus einem einzigen
durchsichtigen Jaspis. Dort ließ sich nun Majia-He nieder und war fortan
die Himmelskönigin. Manchmal sehen Menschen, wenn der Mond ihnen
ganz nah kommt, auch die Himmelskönigin lächeln. So erging es viele
Zeitalter später einmal einem Dichter. Der war unsterblich in die schönste
Frau Chinas verliebt, aber natürlich unglücklich, sonst wär er ja kein
Dichter gewesen. Darum zechte er unermeßlich und stieg
sternhagelbetrunken in ein kleines Fischerboot und ruderte auf den Dung-
Ting-See. Der Dichter sah im Spiegel des Sees den Vollmond glühen wie
einen Pfirsich der Unsterblichkeit und im makellosen Spiegel des
Vollmonds sah er das Angesicht der Frau des Reiches der Mitte, der
Gelben Majia. Da warf er sich dem Spiegelbild des Mondes im Dung-
Ting-See entgegen und ertrank im See, so sagen die Ungläubigen. Aber die
Gläubigen sagen, er versank in den Liebesumarmungen der
Himmelskönigin für immer!

DAS HOHE LIED DES REICHES DER MITTE

Das Liebeslied der chinesischen Poesie. Von Shi Tuo-Tang, dem Ersten
Dichter der Tang-Dynastie. Mit seinem Ölmaul soll er mich küssen! Seine
Küsse sind berauschender als der heiße Reiswein! Dein Moschus duftet
stark! Dein Name ist wie Moschus! Darum lockst du die Blumenmädchen
an. Reiß mich an dich! Rasch! Der Himmelssohn führe mich in seine
Duftgemächer! Wir wollen jubeln: A-ya, A-ya! Deine Liebe ist des
Ruhmes würdiger als die dreihundert Becher Reiswein, die der Dichter
zechte! Es gibt nur eine rechte Sitte und wahre Tugend: Dich zu lieben!
Ich bin wie schwarze Jade, ihr Blumenmädchen von Xian, ich bin wie eine
schöne schwarze Jade! Ich bin wie die Zelte der Mongolen und wie die
Teppiche Ming-Huangs! Was schaut ihr die schwarze Jade an? Ich bin
ohne Sonnenschirm in der Sonne spazieren gegangen. Meiner Großmutter
Enkelsöhne sind böse auf mich. Ich soll ihre Gärten pflegen. Aber meinen
eigenen Garten hab ich nicht gepflegt. Geliebter, wo ruhst du am Mittag,
wo spielst du mit Phönix und Drache? Was soll ich irren durch die Gassen
roten Staubes bei den andern Kerlen? Wenn du das nicht weißt, du
Schönste der Schönen, dann laß deine Nymphensittiche frei! Du bist der
Lieblingsstute gleich vor dem Wagen des Kaisers Shi-Huangdi, meine
Geliebte! Wie schön ist die jadezarte Haut deines Angesichts mit dem
Ohrschmuck von Perlen. Wie schön ist dein elfenbeinweißer Hals mit der
Schnur von Münzen. Machen wir dir noch silberne Kettchen mit kleinen
Zauberformeln dran. Wenn der Himmelssohn zu Tische sitzt, dann duftet
meine Orchidee. Mein Geliebter liegt mir wie ein Beutelchen mit
Zimtrinde zwischen meinen Brüsten. Eine Päonie ist mein Geliebter, eine
Päonie auf dem Weg zu den Reisfeldern. Schön bist du, eine wahre
Schönheit, Prinzessin. Deine Augen sind wie Meteore. Schön bist du, stark
und kräftig, Geliebter. Unter dem rauschenden Bambus ist unser Bett.
Pinien und Kiefern sind die Wände unsres Duftgemaches. Ich bin eine
Päonie in den Gefilden von Xian, ich bin eine reine Lotosblüte im Teich.
Eine Lotosblüte unter Nesseln ist meine Geliebte unter den närrischen
Weibern. Ein Pfirsichbaum unter Kiefern ist mein Geliebter unter den
törichten Kerlen. Ich will ruhen im Schatten des Pfirsichbaumes und
seinen süßen Pfirsich mit meinem Gaumen kosten. In das Weinhaus hat er
mich geführt. Seine Fahne über mir ist die flatternde Liebe! Stärkt mich
mit Pflaumenkuchen, labt mich mit Litschi! Ich bin krank vor Liebe! Seine
Linke liegt unter meinem Kopf und mit seiner Rechten streichelt er mich.
Bei den Einhörnern und den weißen Elefantenkühen beschwöre ich euch,
ihr Blumenmädchen in Xian, stört unsre Liebe nicht, bis wir erwachen. Ah,
der Geliebte kommt! Siehe, er kommt! Er springt über den Ostberg, er
hüpft über die Westhügel. Dem Einhorn gleicht mein Geliebter, der
geflügelten Schlange! Draußen steht er! Durch das Fensterloch spioniert er
und lugt durch den Seidenvorhang meines Schlafgemaches. Der Geliebte
säuselt mit glatter Zunge: Steh auf, Geliebte, du Schönheit, und komm!
Vorbei ist der Winter und der Schnee geschmolzen. In den Gärten blühen
die Pfingstrosen. Der Pirol singt. Die Nymphensittiche zwitschern in den
Bambuskäfigen. An den Pfirsichbäumen blüht die Blust. Vor der Schenke
wird Reiswein ausgeschenkt. Steh auf, Geliebte, Schönste der Schönen,
und komm! Meine Elster in der Pinie, mein Zaubervogelweibchen im
Maulbeerbaum, komm, laß mich dein jadegleiches Angesicht sehen und
deine hauchende säuselnde Stimme! Fangt uns die Geisterfüchsin, fangt
uns die Geisterfüchsin, die meine Manneskraft aussaugen will! Der
Geliebte ist mein und ich bin sein, der in den Lotusblumen lagert. Wenn
der Tag verweht und die Schatten lang werden, dann komm, Geliebter, und
sei wie ein Einhorn auf dem O-mi-Berg! Nachts unter meinem
Gazevorhang des Bettes im Schlafgemach, da suchte ich den Geliebten,
aber das Lager war leer. Ich will aufstehen und durch die Gassen des roten
Staubes schweifen an den Häusern der Blumenmädchen vorbei, ob ich ihn
finde. Ich will schauen, ob er auf dem Platz des himmlischen Friedens ist.
Ich suchte ihn und fand ihn nicht. Mich fanden die Bonzen auf ihrer Runde
durch Peking. Habt ihr ihn gesehen, den meine arme demütige Seele liebt?
Kaum war ich an den Bonzen und ihren Mönchen vorbei, da fand ich den
Geliebten. Ich umschlang ihn mit meinen jadeweißen Armen. Ich brachte
ihn in das Haus meiner Großmutter, die mich erzogen hat, in die
Ohrenkammer jener, die mir aus dem Buch der Lieder vorgelesen. Bei den
Einhörnern und den Phönixen will ich euch beschwören, ihr
Blumenmädchen in der Welt des roten Staubes, stört mich und den
Geliebten nicht, bis wir unser Liebesspiel zuende gespielt – Sung-Dschou!
Wer ist jene, die da aus der Wüste kommt, wie Rauch von
Weihrauchstäbchen aufsteigend, Weihrauchstäbchen von Zimt und Opium,
duftend wie die Gewürze der Apotheker? Siehe, da ist die Sänfte von
Ming-Huang. Sechzig Bonzen begleiten ihn. Alle tragen Dolche in den
Seidenärmeln, gegen die fremden Teufel von Mitternacht. Eine Sänfte ließ
Kaiser Ming-Huang sich machen aus Tung-Ölbäumen vom Westgebirge,
die Pfosten aus Jade, die Lehnen aus Nephrit, der Sitz von Brokat,
eingelegt mit Perlen. Kommt, ihr Blumenmädchen von Peking und schaut,
ihr Blumenmädchen von Xian, schaut den Kaiser Ming-Huang mit dem
Hochzeitskranz, den seine Kaiserinmutter aus Bambuszweigen geflochten
für den Tag der Hochzeit des Kaisers mit seiner Lieblingskonkubine, der
Nacht seiner schönsten Freuden! Eine himmlische Schönheit bist du,
meine Geliebte, eine himmlische Schönheit bist du! Hinter deiner Seide
schimmern deine Augen wie Meteore. Dein Haar ist glatt wie Seide und
schwarz wie Lack. Deine Zähne sind wie Melonensamen. Deine Lippen
sind wie eine Himbeere. Wie ein Pfirsich ist deine Schläfe unter dem
seidigen Haar. Wie ein Elfenbeinturm ist dein Hals, daran hängen Gong
neben Gong von Pagoden. Deine Brüste sind wie Jujuben-Datteln, zwei
Jujubendatteln, und deine Brustspitzen sind wie Jadekospen auf
Jadegebirgen. Wenn der Tag verweht, will ich zum Weihrauchhügel und
zum Zimtberg. Alles an dir ist Schönheit, Geliebte, du bist eine makelose
Jade! Komm mit mir, meine Braut, komm von dem O-mi-Berg, komm mit
mir herab vom O-mi-Berg! Weg vom Ostberg, weg vom Westgebirge, weg
von den Hügeln der Drachen und Tiger! Verzaubert hast du mich mit der
Magie deiner Blicke und dem Zauber deines Amuletts am Halse. O wie
hinreißend schön sind deine Liebeskünste, Geliebte, meine Braut! Deine
Liebeskünste berauschen mich mehr als dreihundert Becher Reiswein, dein
Schweiß ist betörender als die besten Öle und Essenzen.
Von deinen Lippen, Geliebte, fließt Pfirsichsaft, Pfirsichsaft und Reiswein
sind unter deiner Zunge! Die Düfte deiner Seide sind wie die Düfte einer
Apotheke. Ein japanischer Garten ist meine Geliebte, ein japanischer
Garten in der verbotenen Stadt, ein verschlossener Brunnen. Ein
Lustgarten bist du! Pfirsichbäume mit köstlichen Pfirsichen sprossen in dir,
Jujubendatteln, Pflaumenbäume, Lotos, Orchideen, Päonien,
Chrysanthemen, Bambus! Eine reine Quelle bist du, eine reine Quelle, wie
Wasser, die herabfließen vom Himalaya. Kommt, ihr Winde des Drachen
und des Phönix, blast in diesen Lustgarten, daß die Düfte, daß die
betörenden Düfte mich berauschen! Mein Geliebter komme in seinen
Lustgarten und speise von den süßen Pfirsichen der Unsterblichkeit! Ich
komme in meinen Lustgarten, Enkelin meiner Großmutter, meine Geliebte,
meine Lieblingskonkubine! Ich esse meine Pfirsiche samt den Pflaumen,
ich trinke meinen Reiswein samt der Pflaumenmustunke! O ihr Poeten, ihr
fröhlichen Zecher, kommt und berauscht euch an den Liebeskünsten der
Geliebten! Ich schlief, aber meine demütige Seele war wach. Da, mein
Geliebter pochte so laut wie mein Herz: Mach auf, Meh-Meh, mein
Schwesterchen, meine Geliebte, mein Zaubervogelweibchen, du makellose
Jade-Jungfrau! Mein Kopf ist voll von Tau, aus meinen schwarzen Haaren
tropft der Tau der Nacht. Ich habe meine Seide schon ausgezogen und
mein durchsichtiges Gazehemdchen ganz abgelegt, soll ich mich wieder
anziehen? Ich habe meine kleinen niedlichen Lotossprossenfüße schon
gebadet, soll ich sie wieder beflecken mit dem roten Staub der Welt? Mein
Geliebte führte die Hand durchs Loch, da bebte mein Leib vor Wollust. Ich
erhob mich, dem Geliebten aufzutun. Da troff das Schloß der Pforte von
Gummi arabicum. Ich tat ihm auf, dem Geliebten. Aber da war er
entschwunden. Mir blieb der Atem stocken und zirkulierte nicht mehr vom
Scheitel zu den Fersen, denn er war fort! Ich suchte ihn, aber ich fand ihn
nicht. Ich rief ihn, aber er gab keine Antwort. Da fanden mich die Bonzen
bei ihrem Gang durch die Nacht, die Sittenwächter schlug mich und
nahmen mir meinen leichten Seidenumhang, sie schlugen mich mit der
neunschwänzigen Peitsche, die Sittenwächter. Ich beschwöre euch, ihr
Blumenmädchen, wenn mein Geliebter bei euch liegt, so sagt ihm, daß
seine Geliebte krank ist vor Liebesbegierde! Was hat dein Geliebter denn
vor anderen Kerlen voraus, du Schönste der Schönen? Worin übertrifft
dein Geliebter die anderen Kerle, daß du uns so beschwörst? Mein
Geliebter ist weiß wie Jade und rot wie Nephrit. Er ist der Hauptmann von
Millionen Chinesen. Sein Haupt ist transparent wie Jade. Seine glatten
Haare sind schwarz wie Lack. Seine Augen sind Mandeln, in Tau
gewaschen. Seine Zähne sind wie eine Perlenschnur der Mönche. Seine
Wangen duften wie Gewürze der Apotheker. Seine Lippen sind süß wie
Litschi, sie fließen über von Soyamilch. Seine Finger sind wie Goldbarren
und daran trägt er Ringe von Magiern. Sein Leib ist wie Elfenbein. Seine
Schenkel sind Säulen, um die sich geflügelte Schlangen ringeln. Seine
Gestalt ist wie der Ostberg Tai-Shan, erhaben wie Kiefern des langen
Lebens. Sein Mund ist wie Reiswein, alles ist berauschend an ihm.
Zehntausendfaches Glück dem, der von ihm geliebt wird. Das ist mein
Geliebter, ja das ist mein Go-Go, mein Bruder, ihr Blumenmädchen von
Peking! Wohin ist dein Geliebter gegangen, du Schönste der Schönen?
Wohin verschwand dein Geliebter? Wir wollen ihn in allen Betten suchen.
In seinen Lustgarten ging mein Geliebter, zu den Beeten mit den
Heilkräutern weiser Einsiedler, um im Lustgarten zu spazieren und
Lotosblumen zu pflücken. Ich gehöre meinem Geliebten als seine
ergebenste Sklavin und mir gehört der Geliebte als mein ergebenster
Sklave, er, der zwischen Lotosblumen spazieren geht. Schön wie Peng-lai-
shan bist du, herrlich wie die verbotene Stadt von Peking, himmlisch wie
das Sternbild der Weberin, meine Geliebte! Wende deine Zauberaugen von
mir, denn sie verzaubern mich. Dein Haar ist fein wie Seide, schwarz wie
Lack. Deine Zähne sind Melonensamen. Der Pfirsichwange gleich ich
deine Wange. Sechzig Kaiserinnen hat Ming-Huang, achtzig Konkubinen,
Blumenmädchen ohne Zahl, aber Eine ist seine Geliebte, seine
Auserwählte, die Lieblingin ihrer Mutter! Sie ist das einzigartige
Zaubervogelweibchen, die makellose Jade-Jungfrau!
Erblicken die Blumenmädchen die Geliebte, dann sind sie eifersüchtig,
sehen die Konkubinen und Kaiserinnen sie, dann brennt die Galle in ihnen.
Sie ist schön wie das Lächeln der Morgenröte, sie ist strahlend wie die
Sonne, sie ist inspirierend wie der Mond, den die Dichter besingen beim
Wein. Sie ist schimmernd wie der weiße Sternenstrom, sie ist liebevoll wie
die himmlische Weberin. In den Garten mit den Mandelbäumen stieg ich
und zu dem Dattelbaum, nach den Datteln zu sehen. Ich wollte sehen, ob
die Pflaumenbäume und die Pfirsichbäume schon blühen. Dreh dich im
Kreis, Yang Gue-Fei, dreh dich im Kreis, damit wir dich betrachten
können. Was wollt ihr denn sehen an Yang Gue-Fei? Den Tanz von Phönix
und Zaubervogel! Wie schön sind deine Lotossprossenfüßchen, du
Prinzessin! Deine Hüften sind wie ein Geschmeide eines
Schmiedemeisters. Dein Schoß ist der Becher, aus dem der Himmelssohn
zecht! Deine Brüste sind Jadeberge und deine Brustspitzen Jadekospen der
Unsterblichkeit. Dein Hals ist ein Turm aus Elfenbein mit manchem Gong
daran. Deine Augen sind wie die Teiche der Mandarin-Entenpaare von
Szetschuan. Dein Haupt gleicht dem Westgebirge der Königinmutter Hsi-
Wang-Mu, in deinen Haaren wie in Seideschlangen liegt der Kaiser
gefangen. Wie lüstern bist du und wie aufreizend, o Geliebte, du Geliebte
voll der Wollust! Wie eine Dattelpalme ist dein Leib, dein Schoß ist
gespalten wie eine Dattel. Ich will die Palme besteigen und die Dattel
pflücken. Krüge mit Reiswein sind deine Brüste, ich will mich satt trinken.
Deine Küsse sind wie überfließender Reiswein, der den Zecher betrunken
macht, daß er im Schlafe spricht. Ich gehöre meinem Geliebten als seine
ergebenste Sklavin und mein Geliebter gehört mir als mein ergebenster
Sklave. Mein Geliebter begehrt keine andere Freundin als mich allein!
Komm, mein Geliebter, wir spazieren unerkannt, inkognito durchs Reich
der Mitte und spazieren zu den Feldern der armen Bauern und schlafen in
den Dörfern unter Bambus. Früh wollen wir dann zu den Reisfeldern
gehen, zu sehen, ob der Reis für den Reiswein schon reift, ob die
Pfirsichblüte blüht, ob die Pflaumenblüten blühen. Dort schenk ich dir
meine Ganzhingabe. Die Alraune der Magier schreien. Ach bist du nicht
mein Brüderchen, Go-Go, der mit mir auf den Knieen meiner Großmutter
gesessen? Dann dürft ich dich in aller Öffentlichkeit küssen und kein
Sittenwächter würde zetern. Führen wollt ich dich und dich in die
Ohrenkammer meiner Großmutter bringen, die mich erzogen hat mit dem
Buch der Lieder allein. Dort gäbe ich dir Pflaumenmustunke und
Pfirsichsaft. Seine Linke liegt unter meinem Köpfchen und seine Rechte
streichelt mich. Ich beschwöre euch, ihr Blumenmädchen von Peking, stört
unsre Liebesruhe nicht, bis wir von selber aufwachen. Wer ist sie, die aus
der Mongolensteppe kommt, Arm in Arm mit ihrem Geliebten? Unter dem
Pfirsichbaum der Unsterblichkeit bist du aufgewacht, erleuchtet unterm
Feigenbaum der Religion, dort, wo deine Großmutter heimgegangen ist in
das himmlische Reich der Ahnen. Stärker als der Tod ist die himmlische
Liebe! Eifersucht ist aber heißer als die Hölle. Die Glut der Lust ist eine
Glut des Himmels! Auch das Gelbe Meer und auch der Yang-Tse-Kiang
kann das Feuer der Liebeslust nicht löschen. Gäbe einer auch den
Reichtum des Kaisers von Indien für die Liebe, man würde ihn nur
verspotten. Die du in den Lustgärten wohnst, auf deine hauchende
säuselnde Stimme lauschen die Poeten, die Zecher bei Nacht. Laß mich
dein Liebessäuseln hören. Rasch, rasch, mein Geliebter, tanze wie der
Phönix mit dem Zaubervogelweibchen und fahre in den Himmel wie der
Gelbe Kranich!

DAS FUNDAMENT DES GOTTES J


ODER DER BAUM DER EKSTASE

SALOMO UND SULAMITH

Salomo und Sulamith saßen sich gegenüber. Über ihre Scheitel floß ein
Licht und zwischen ihren Augen brannte eine Sonne, ihr Hals
erschimmerte bernsteinfarben. Auf dem Schoße Sulamiths loderte eine
rosenfarbene Flamme wie ein Stern. Auf ihren Füßen blühten goldene
Blumen. Auf Salomos Schoße loderte eine lilienfarbene Flamme wie ein
Strahl. An seinen Füßen schimmerten Ledersandalen von Schlangenhaut.
Salomo bete Jah an, den Herrn. Und Sulamith rief zur Ischa Chochmah,
der Königin. Die Kraft von Jah drang in Salomo und die schöne Liebe der
Chochmah strömte in Sulamith ein. Salomo wurde stark und feurig, voller
Verlangen, Sulamith zu haschen und zu fangen und zu umfangen. Sulamith
ward scheu und weich und süß, doch voll schelmischer Lust. Salomo und
Sulamith schenkten einander den Süßwein in die Kelche. Salomo sah
Sulamith an, wie Jah die Lieblingin Chochmah ewig anschaut. Sulamith
schaute Salomo an, wie Chochmah die Kraft von Jah bestaunt in Ewigkeit.
Salomo tauchte seinen Finger in ein Gefäß mit Honig und zeichnete
Blumenmuster auf die festen jugendlichen Brüste Sulamiths. Er tropfte
Honig auf ihre lieblichen Lippen und Honig in ihren Nabel, er bestrich ihre
schön gebogenen Schenkel mit dem tropfenden Seim der Wabe und
beträufelte auch die hennagefärbten Zehen der Füße mit dem Nektar der
Biene. Sulamith sprach sehr freundlich zu Salomo und malte mit dem
Honig labyrinthische Linien auf den Körper Salomos, auf die Lenden und
Kniee und versüßte auch noch sein königliches Zepter, das zu der Krone
gehörte. Salomo begehrte den Honig und die Milch unter der Zunge
Sulamiths. Er wollte gewinnen die ganze Liebe Sulamiths. Dazu ist heilige
Reinheit vonnöten. Salomo war geladen wie ein elektrischer Blitz, bereit
sich zu entladen über der schwülen Erde. Sulamith fühlte sich irdisch.
Aber sie liebte den feurigen Salomo. Er aber sah in ihr nicht die irdische
Frau, vielmehr den mystischen Becher der Freude, den Kelch der
Ganzhingabe, den er mit dem Weine des Heiles füllen wollte. Das Lager
duftete nach grünen Kräutern. In dem irdenen Becher glühte der feurige
Wein. Salomo und Sulamith breiteten ihre Arme zur ewigen Anbetung aus.
Sie weihten ihre Liebe der Quelle aller Schöpfung, der ewigen Liebe in
Jah, dem Ewigen! Und Salomo und Sulamith erkannten einander in der
Liebe Gottes .Salomo flog auf dem Sturm wie ein Adler, Sulamith ritt auf
den Flügeln des Windes. In einer Vision erschienen vor ihren geistigen
Augen Adam und Eva nackt im Paradies. Salomo und Sulamith opferten
alle Glut der Liebe und alle Kraft der Ganhingabe der schöpferischen
Kraft, die das Universum geschaffen. Die göttliche Kraft, so beteten sie
zusammen, möge die dargebrachte Liebe und Ganzhingabe zum Heil der
Welt verwenden.
Und Salomo und Sulamith ruhten aus in dem Frieden des göttlichen
Hauches, der ewigen Ruach, wie im Schoß der ewigen Shabbath. Der
Garten duftete und der Wein und Honig schmeckte köstlich. Erfrischend
war ein kühler Windhauch auf dem Salz des Körpers. Das Blut rauschte
leise eine ewige Anbetung Gottes: Jah-Chochmah, Jah-Chochmah, Jah-
Chochmah! Salomo und Sulamith speisten Feigen und Datteln, tranken
Wein und brachen vom Brot. Sie ruhten in einem ewigen Atem, der Ja und
Amen hieß.

SALOMO UND DIE KÖNIGIN VON SABA IM LIBANONWALDE

Die Königin von Saba war vorausgegangen, um die Lichtung im


Libanonwalde der Liebe zu weihen. Der Mond erschimmerte über der
Lichtung. Den Kreis der Lichtung bedeckte sie mit einem reinen weißen
Leinentuch. Auf einen kleinen Steinaltar stellte sie einen Krug mit Wein,
Schalen mit Feigen und Rosinenkuchen, Schalen mit gerösteten Körnern
und Schalen mit Kräutern und Gewürzen und ein Flakon mit duftendem
Öl. Gegenüber dem Altar stand ein bronzener Kessel. Aus dem Kessel
stieg Weihrauch von Onyx, Galbanum und Stakte auf. An den Zedern des
Libanon hingen Leuchter. Sie streute etwas Salz auf die Erde und weihte
die Lichtung dem Heiligen, Gott, dem Herrn. Die Königin von Saba
sprach: Mit Schweiß und Tränen reinige ich die Lichtung von allem Bösen,
Lügenhaften und Häßlichen und heilige diesen Ort zum Heiligtume für das
Sakrament der Liebe. Sie trug einen Schale mit Gerstekörnern im Kreis
und sprach: Mit der Gabe der Erde begrüß ich die Heiligen, mögen sie
unsere Liebe gütig und gnädig betrachten. Dann trug sie Räucherstäbe
über die Lichtung und sprach: Das Feuer vom himmlischen Altare Ariel
reinige diesen Ort. Das Feuer meines Herzens brenne an diesem Ort. Mit
dem Weihrauch ruf ich die Weltseele und die Engel, damit sie unsere
Träume segnen. Sie streute Kräuter und Gewürze auf die Erde. Sie sprach:
O schöpferische Ruach, meine Mutter, o Chochmah, meine Schwester,
heiligt meinen Leib und mein Herz, meine Seele und meinen Geist. Führt
den König in den Wald des Libanon, damit wir uns lieben, wie es die
Vorsehung Gottes vorgesehen. Wenn wir in Liebe ein Herz und eine Seele
geworden sind, möge der Segen Gottes sich auf uns und alle Lebewesen
um uns niedersenken. Mache mich, Frau Weisheit, zu deinem Gleichnis
und Sakrament. Laß alle Schöpfung jubeln, wenn der mit blutigem Wein
gefüllte Silberkelch gehoben wird und sich darbringt! Die Königin von
Saba stand vor dem bronzenen Kessel, hob die Arme zum Himmel und
betete: Heilige Weisheit, sende mir deinen Geweihten, den König, daß er
Herr des Libanonwaldes und Bräutigam der Königin des Südens werde.
Hier bei der Zeder und beim Dornbusch, hier bei den roten Beeren und den
weißen Blüten erwarte ich den Bräutigam. Ich beschwöre dich, Geliebter,
bei den sanften Rehen und den edlen Hirschen, ich beschwöre dich bei der
reinen Taube und dem Falken des Himmels! Bei meiner rosigen Lippe, bei
meinen schwarzen Augen, bei meinen festen Brüsten und meinen
gebogenen Schenkeln beschwör ich dich: Komm, komm bald, mein Herr!
Vom Berg des Libanon und vom Wald des Libanon, aus dem
Libanonwaldhaus ruf ich dich auf diese Lichtung zur Liebesvereinigung
mit der Königin des Südens! Rede, mein Herr, denn deine Geliebte hört.
Und Salomo blies dreimal in sein Schofar-Horn und sprach: Gegrüßet
seiest du, o Königin des Südens! Dein Ruf erreichte mich auf nächtlichem
Pfad. Ich jagte den Hirsch, doch ließ ich ab von ihm, um zu dir zu eilen.
Und sie sprach: Komm, mein Jäger und sage mir, wie schön ich bin und
daß du mich mehr liebst als das Licht. Ich bin die Frau. Wenn du dich mit
mir in Liebe vereinigst, wirst du vereinigt mit dem Ewigweiblichen
werden. Im Ewigweiblichen wirst du neugeboren. Und er sprach: Welcher
Schlüssel eröffnet die Himmelspforte? Und sie sprach: Wirf auf die Erde
einen Silberschekel. Wenn der Silberschekel auf die Erde fällt, auchzt die
Seele aus dem Feuer gen Himmel. Wirb um mein süßes Lächeln! Salomo
trat auf die Lichtung. Da sprach die Königin von Saba: Beantworte meine
Rätselfragen, denn ich will sehen, ob du wirklich weise bist. Siehe, ich bin
jung wie ein neugeborenes Lamm und alt wie der letzte Atemzug eines
Greises. Mein Haupt und meine Füße sind kalt, aber in meinem Herzen
brennt das Feuer. Mein Schoß ist ein Kelch, der nimmer leer ist, aber kein
Mann kann mich in seinen Armen halten. Wer bin ich? Und Salomo
sprach: Du bist die Erde, Adama, unsere Mutter. Und die Königin von
Saba sprach: Ich berühre die Erde, aber nie hab ich den Fuß auf die Erde
gesetzt. Ich wandle auf dem Meer, aber nimmer werden meine Füße naß.
Ich habe vierzehn Töchter, aber keinen Vater und keine Mutter. Wer bin
ich? Und Salomo sprach: Du bist die Mondin. Die Königin von Saba
sprach: Wir sind zusammen geboren, aber wir berühren uns nie. Wir sehen
gleich aus und müssen doch verschieden bleiben. Wir trennen uns nie, wir
sprechen uns nie und müssen zusammen sterben. Wer bin ich? Und
Salomo sprach: Du bist dein eigenes Spiegelbild. Nun darf ich dich lieben?
Sie sprach: Komm näher, Geliebter, und rufe mit mir die ewige Weisheit
an, denn sie ist die Lieblingin Gottes. Niemals dürfen sich Mann und Frau
vereinigen, außer als Sakrament der göttlichen Liebe. Salomo und die
Königin von Saba faßten sich an den Händen und verneigten sich dreimal
vor dem Himmel: O Sophia, Mutter und Königin, Licht in der Finsternis,
fülle uns mit der Liebe und mit der Erkenntnis und mit der göttlichen Lust
der Vereinigung von Braut und Bräutigam! Und Salomo sprach zu Bilkis:
Durch das Licht in deinen Augen schaue ich die verborgene Welt des
heiligen Geistes. Führe mich zwischen Elfenbeintürmen mit Kuppeln von
Sternen, öffne mir die heilige Pforte in die Welt der Träume, Visionen und
Ideen! Bilkis sprach zu Salomo: Komm, Geliebter, ich will dich salben mit
dem heiligen Salböl. Bilkis nahm Salomo den Mantel von den Schultern
und zog ihm seinen purpurnen Rock aus und salbte seine Glieder. Bilkis
sprach: Sei gesalbt mit der Salbung, das ist die Weihe der Ruach ha-
kadosch. Und Salomo nahm Bilkis den Mantel und den Schleier und salbte
ihr Haupt und Brust, die Lenden und die Füße. Er sprach: Sei auch du die
Gesalbte der Ruach ha-kadosch. Du bist meine Inspiration. Du bist die
Kirche des Heiligen Geistes. Und Salomo sprach: Erlaubst du mir, den
efeuumwundenen Keuschheitsgürtel um deine Lenden zu öffnen? Und sie
gewährte es ihm. Mit einem scharfen Messer zerteilte er die Zona
Virginalis aus berauschendem Efeu. Da hob er sein Messer gen Himmel
und rief: Heil dir, Sophia, göttliche Jungfrau! Der Schlüssel zur Pforte in
das Reich der Liebe sei dir geweiht! Und Salomo und die Königin von
Saba legten sich nieder auf das weiße Leinen und deckten sich zu mit ihren
grünen und purpurnen Mänteln. Da seufzte Bilkis: Mein Bräutigam, siehe,
der Pfad zum Herzen und die Pforte des Traums liegt offen vor dir. Die
Perlenpforte ist offen und das Paradies erwartet dich. Das Geheimnis der
heiligen Hochzeit in der Aue des Paradieses kann nur die ewige Frau dem
Mann offenbaren, denn der Leib der Frau ist das Paradies des Mannes.
Und die Königin von Saba tat sich auf und empfing den König von Salem.
Da jauchzte Salomo: Wahrlich, ich wandle durch die Pforte in die Grotte
der Sterne! Bilkis sah am Himmel den Mond wie eine Lotosblüte, Salomo
sah durch den Himmel zücken einen stillen Blitz. Die Lotosblume des
Mondes und der stumme Strahl des Blitzes erleuchteten hell den
nächtlichen Himmel. Im Licht des Himmels weihten der Bräutigam und
die Braut ihre heilige Lust der Ewigen Weisheit, die Weihe der
menschlichen Liebe zum Heil der Welt zu verwenden. Sie leerten den
Wein in einem gemeinsamen Kelch, sie zogen ihre Röcke und Mäntel an
und verließen schweigend vor Seligkeit wie die Engel den Wald des
Libanon. Die Königin von Saba sprach: O Salomo, regiere in Jerusalem als
der Fürst des Friedens und Ebenbild von Jah, dem Gott der schenkenden
Liebe!

DAVID UND ABISCHAG VON SCHUNEM


1

Abischag von Schunem, das schöne holdselige Mädchen trat ein. Sie blieb
so weit entfernt vom alten Dichter David, daß er sie nicht berühren konnte.
Er ssagte zärtlich zu ihr: Ach, Abischag von Schunem, ich bin lebenssatt
und gehe nun bald den Weg allen Fleisches. Ich sehne mich nach dem
Frieden in der Versammlung meiner Ahnen und ich sehne mich nach
deiner Mädchenschönheit. Öffne mir deine Pforte und rufe mich zurück zu
dir, mein Mädchen. Aber das braune Mädchen schwieg. Da sprach der alte
Dichter David wieder: Abischag, mein braunes Mädchen, Geliebte meines
Herzens! Hast du mich vergessen? Hast du mein Angesicht in deinem
Geiste denn nicht mehr gesehen? Aber das Mädchen schwieg. Da hob der
alte Hirte zum dritten Mal seine Stimme: Wenn ich nun verlassen muß das
Land der Lebendigen, ohne deine Liebe zu spüren, dann will ich beten zu
Gott, daß er dein Herz bewege, mir ein Zeichen der Erinnerung, eine
Reliquie unserer Jugendliebe zu schenken. Da holte das braune Mädchen
unter ihrem weißen Schleier eine rote Rose hervor und ließ sie auf die
Erde sinken. Dann zog sie sich zurück. Der alte Dichter war allein mit der
roten Rose und dachte an die schöne Jugend.

In den Gärten von Jerusalem aber verbarg sich Abischag von Schunem
hinter einem Dornstrauch. Im Hintergrund stand ein Davidsturm von
Elfenbein. David kam und trug in einem Beutel die roten Rosenblätter
jener Blume der Erinnerung, die sein Mädchen ihm geschenkt. In seiner
Hand hielt er den Hirtenstab. Er hat die Erziehung seines Sohnes Salomo
beendet und den Sohn in die Obhut des Propheten Nathan gegeben. David
ist nun bereit, heimzuwandeln durch die Pforte des Todes in die
Versammlung der Ahnen. Während er im Freien wandelte, versuchte er
Zeichen zu schauen aus der Jugend der ersten Liebe. Er dachte an Michal.
Abischag ist ganz wie Michal in ihrer Jungfräulichkeit war. Da seufzte er:
Alles ist anders geworden, seit ich zum ersten Mal den blühenden Garten
von Jerusalem durchgewandelt bin. Ach, Abischag, Abischag, heiliges
Mädchen, meine letzte Liebe, höre mich und begleite mich an die Pforte
des Todes. Mädchen, Mädchen, öffne mir die Pforte zur ewigen Jugend,
ins Reich der Herrlichkeit, in das Himmelreich der Freude! Mein
Nachfolger ist gesalbt, auf dem Thron Israels wird ein Davidssohn sitzen.
Er lauschte auf das Wehen des Windes und rief: O Herr, du Vater der
Geister und Herr der Herzen, sende mir Abischag von Schunem, mein
braunes Mädchen. Herr, du hast mich alle Weisheit gelehrt, du hast mir
vom Garten Eden gesprochen. Erhöre mein Gebet und sende mir Abischag
von Schunem, daß sie mich leite an die smaragdene Pforte in das Reich,
das meine Sehnsucht ist! Ich, David, der Sohn Gottes, durch dessen Lieder
die Ruach gesprochen, der Lieblingsdichter Israels, ich bitte dich, König,
sende mir das braune Mädchen an der Pforte des Todes! Da erschien das
Mädchen Abischag von Schunem und sprach zu David: Herr, mein König,
ich hörte ein Wehen in der Luft und eine leise Stimme säuselte um mich:
David, sprach die Stimme. Und so bin ich gekommen, meinem Hirten zu
begegnen. Und David sprach: Ach, braunes Mädchen, meine Jugendliebe
bist du in meinem hohen Alter. Öffne mir den Elfenbeinturm und laß mich
eintreten fröhlich mit dir. Nun komm, und nimm mich in die Arme und laß
mich ruhen in der Beuge deiner Arme. Und Abischag flüsterte: David war
Michals Liebe, aber Michal hat David verloren an die Welt, denn David
war berufen, als Hirte das Gottesvolk zu weiden. Michal ist ohne Kinder
geblieben. Wenn Michal dich heute sehen würde, sie spräche zu dir: Das
ist nicht mehr der Jüngling, den ich geliebt, der jung und stark und schön
war. Du bist gebeugt von der Last der Lebensernstes und des Hirtenamtes
und der Hinfälligkeit deines Fleisches. Du bist dem Tode nahe, Geliebter!
Und David sprach mit leiser Stimme: Mein Mädchen, ich schwöre bei dem
Milan, den ich dir geschenkt hab als Vogel der Liebe, daß ich immer noch
David bin, der Hirte, David, der Dichter. Bei dem grünen Unterrock aus
serischer Seide, den ich dir gestohlen, schwör ich, daß ich immer noch der
Mann bin, der liebt! Und das Mädchen sprach: Still, nicht mehr davon,
schweig von dem Unterkleid, daß du mir gestohlen! Du stehst an der
Pforte des Todes! Und David sprach: Geliebte, süße Königin meines
Herzens, Seele meiner Seele, ich bins, der deine Jungfräulichkeit glich der
dornenlosen Rose. Da öffnete Abischag von Schunem den Elfenbeinturm
beim Dornbusch und er trat ein zu ihr. Da ließ sie ihren Schleier fallen und
stand allein in reiner Schönheit da, in ihren schwarzen Haaren einen Kranz
von Rosen. David kniete vor seinem Mädchen und sprach: Ich, König, ich
knie vor meiner Königin. Meine Liebe, ich schenke dir mein Herz! Das
braune Mädchen sprach: Die Rose ist das Zeichen meiner Liebe. Willst du
mich im Angesicht des Todes zu deiner Geliebten nehmen? Und David
küsste die Rose zwischen Dornenhecken. Und David segnete Abischag
und das braune Mädchen weihte den Hirten, sie küssten einander mit dem
heiligen Kuß der Liebe. Da rief das braune Mädchen: Seid gegrüßt, ihr
Todesengel, ich rufe euch zu Zeugen auf: Ich bin das braune Mädchen, die
unberührte Jungfrau, und der alte sterbende Hirte ist mein Geliebter! Und
da sich der Hirte und die Jungfrau liebten, starb der Hirte und opferte hin
sein Leben dem Herrn, dem Ewigen!

DIE HOCHZEIT SALOMOS UND DER TOCHTER DES PHARAO

Alle versammelten sich im Tempel vor dem Altar. Der Hohepriester stand
im Osten und die Prophetin im Westen. Sie waren Greise. Salomo und die
Tochter des Pharao standen, er im Norden und sie im Süden. Alle
verneigten sich in Richtung des Allerheiligsten. Und der Hohepriester
sprach: In diesem Tempel wohnt Schalom, in diesem Tempel lebt die
Liebe. Wir heißen die Erzengel und die Schutzengel hochwillkommen,
diese Hochzeit mit uns zu feiern. Der Hohepriester betrachtete still das
Tau-Kreuz und berührte die Reliquien des Altares. Er sprach: Die Hochzeit
im Tempel beginnt. Wir feiern die Hochzeit unter dem Segen der Gnade
Gottes. König Salomo, du, und du, o Königstochter, Tochter des Pharao,
kommt, damit ihr geheiligt werdet, wie es alter Brauch ist, wenn
Priesterkönige sich vermählen. Und Salomo und die Tochter des Pharao
knieten vor dem Hohenpriester. Der salbte ihnen die Hände mit dem
heiligen Salböl. Er sprach: Hebt eure Häupter, das ich eure Stirnen mit
dem heiligen Tau-Kreuz der Seraphim und Cherubim besiegeln kann. Der
Hohepriester zeichnete mit dem Salböl das heilige Kreuz des Tau auf die
Stirne Salomos und die Stirn der Tochter des Pharao. Dann sprach der
Hohepriester: O Tochter des Pharao, du bist nach dem Bilde der Weisheit
gebildet. Du bist erfüllt vom Geist der Weisheit. Sei barmherzig und sei
wie eine Mutter zu allen Menschenkindern. Siehe deine Hilfe in deinem
Bräutigam und werde ein Fleisch mit deinem Geliebten. Sieh in ihm dein
inneres Selbst und juble über deinen Geliebten. O König Salomo, du bist
geschaffen als Ebenbild von Jah. Übe Treue und Gerechtigkeit. Halte die
Gebote Gottes und sei barmherzig mit den Armen, Schwachen und
Kleinen. Gebrauche das Schwert des Wortes und den Hirtenstab des guten
Hirten. Durch diese Frau wird dein Leben vollkommen. Sieh in ihr dein
eigenes weibliches Selbst und juble über die Geliebte. Und Salomo und die
Tochter des Pharao fassten sich bei den Händen und küssten sich. Und die
Prophetin hob den heiligen Kelch des Bundes und betete: Komm, Frau
Weisheit, Jungfrau im Sternenmantel, Mutter mit dem schöpferischen
Schoße, Schwester mit den heilenden Händen. Schau nicht auf unsere
Sünden, sondern schau auf diesen heiligen Kelch des Bundes. Du erfüllst
die Menschen mit geistlicher Gnade und vergöttlichst die Menschen zu
Göttern. In dem heiligen Kelch des Bundes begegnen wir deiner Seele und
deinem Blut. Wer deine Gottheit trinkt wie Blut, der wird die Weisheit und
Gnade empfangen. Hier wirst du in ihm gezeugt und geboren. Von hier
wird er ausgesandt in die Welt und hierher darf er zurückkehren als wie zur
Ruhe in deinen Armen, um dich anzubeten und dir sein Leben zu weihen.
Chochmah, Mutter, Schwester und Braut des Königs Salomo, Mutter,
Schwester und Göttin der Tochter des Pharao, Chochmah, fülle den
heiligen Kelch des Bundes mit deiner Gottheit und deiner Allseele und mit
deinem mystischen Blut, damit, die daraus trinken, eingehen in die
Offenbarung der Herrlichkeit Gottes! Und die Prophetin rief den König
Salomo und die Tochter des Pharao und führte sie zum Altar. Die
Prophetin sprach: Dies ist der Kelch des Heils, gefüllt mit dem kosmischen
Leiden der Weisheit, der ewigen Mutter. Vor diesem Kelche werdet ihr
geloben, den andern zu lieben, zu ehren und einander treu zu sein für alle
Tage eures Lebens. Der Bund der Ehe Gottes ist unauflöslich. Indem ihr
von diesem Kelche trinkt, empfangt ihr die Gnade des Herrn und seiner
Herrlichkeit. Schaut den Kelch der Hingabe an als eure Mutter und den
blutigen Wein als euren Freund und Vater. Trinkt das Blut der Traube und
seid gesegnet! In euch sind Adam und Eva wiedergekehrt auf die Erde und
die Erde ist der Garten Eden.

DIE ERSCHEINUNG DER SOPHIA

Auf einem schwarz und silbernen Tische standen sieben weiße Kerzen,
drei rote Rosen und ein Gefäß mit goldenem Honig. Sulamith trug ein
Gewand aus feiner fließender weißer Seide und Salomo einen
schneeweißen Umhang. Weihrauch glühte auf einer Räucherpfanne.
Salomo sprach: Gegrüßet seiest du, Sophia, Königin des Himmels und der
Erde! Diese Wohnung wartet auf dich. Gegrüßet seiest du, Sophia,
fleischgewordne Idee der Schönheit, Tochter Gottes! Gegrüßet seiest du,
Sophia, Jungfrau Israels, Mutter des Messias, des Heilands, Herrin der
Weisheit! Siehe, da sah Sulamith, wie Sophia auf sie herabkam und sie wie
eine Glorie oder ein lichter Schleier umgab. Als Sulamith nun die
Gegenwart der göttlichen Herrin Sophia spürte, sprach sie: Das Gebet ist
erhört und die Jungfrau ist gekommen. Sie hat ihren Sternenmantel
angelegt und ihre Füße auf den Mond gestellt und ist mit dem
Lichtgewand der Sonne zu uns gekommen. Wer sie annimmt, muß würdig
werden, ein Mensch des Friedens, ein Menschenfreund! Und Salomo
nahm nun Sulamith an die Hand und trat mit ihr an den Tisch. Er führte sie
in die Wolke des Weihrauchs. Salomo sprach: O Sulamith, ich spende
deinem Haupte Weihrauch und bewundere die in dir wohnende Weisheit.
O Sulamith, ich spende deinem Körper Weihrauch und bewundere die
durch ihn sich offenbarende Schönheit. Ich spende deinen liliengleichen
Füßen Weihrauch und bitte dich, bei mir zu bleiben. Dann benetzte Salomo
Sulamiths Zunge mit einigen Tropfen Wabenhonigs. Er sprach: Geliebte,
deine Zunge ist süß wie Honig, dein Name, Geliebte, ist süß wie Honig,
deine Küsse, Geliebte, sind süß wie Wabenseim. Siehe, ich spende dir
meinen Honig. Teile die Süße mit mir und spalte die Wabe für mich.
Gleich der Biene mit dem Stachel saug ich den Nektar deiner
Blütenlippen. Salomo küsste Sulamith. Dann salbte er ihre festen
jugendlichen Brüste mit dem Salböl von Myrrhe, Narde, Aloe, Balsam und
küsste die Spitzen ihrer Brüste zärtlich. O Sulamith, sprach Salomo, laß
mich die Schönheit des Reichtums deiner Brüste, deiner festen
jugendlichen Brüste mit duftendem Salböl salben. Laß mich ruhen wie ein
Myrrhebeutel zwischen deinen Brüsten, die wie Gazellen in Lilien hüpfen.
Und Sulamith-Sophia sprach: O König Salomo, du sollst mein König und
Geliebter und Gemahl sein! Solange du mir beiwohnst und mit mir
zusammenlebst in einer heiligen Ehe, sollst du Friedefürst von Israel und
Juda sein. Du sollst stets zwischen den Brüsten Sophias gebettet ruhen und
die Ruach ihres Mundes trinken unter heiligen Küssen der Liebe mit
feurigen Zungen! Zwischen Sophias Brüsten gebettet, wirst du der König
der Juden werden, durch ihre Salbung der Gesalbte heißen! Vor der Macht
Sophias bist du ein kleines Kind. Und Salomo nahm die Rosen vom
heiligen Tische. Vor Sophia verwandelten sich die drei roten Rosen in eine
weiße, eine rote und eine goldene Rose. Sophia führte Salomo zum
mystischen Brautgemach. Sophia, meine göttliche Jungfrau-Braut, sprach
Salomo, öffne mir die Pforte zum Königspalast, ja, öffne mir die Pforte
zum Brautgemach! O göttliche Jungfrau, ohne deine Liebe bin ich nur ein
sterblicher Mann, doch von dir mit göttlicher Liebe geliebt, durch deine
Einwohnung, deine Beiwohnung werde ich von deiner Ganzhingabe
vergöttlicht zu einem unsterblichen Menschen-Gott aus Gnade! Wenn wir
uns vereinigen, Jungfrau, wird das heilige Land im Frieden sein. ...Und
Sophia vereinigte sich mit Salomo.... Und Salomo sprach: Die Rettung ist
gekommen, das Gottesvolk hat die Macht des Gesalbten gesehen. Ich bin
zum Gesalbten geworden, zum Messias Israels, ich werde als Friedefürst
regieren solange die Sonne scheint und der Mond am Himmel steht.
Gegrüßet seiest du, Sophia, Königin des Himmels, Königin des Südens,
gegrüßet und gebendedeit sei dein Name von Ewigkeit zu Ewigkeit! Und
Sophia sprach durch den Mund der zärtlichen Sulamith: Ich bin die
Gottheit Israels, die Herrscherin der ganzen Welt, ich bin Sophia, ich bin
den heiligen Männern Ein-und-Alles! Ich werde bei euch bleiben bis ans
Ende der Zeit und werde sein in alle Ewigkeit! Gesegnet sei die Frau,
durch die ich spreche, und gesegnet sei die Wohnung, in der meine
Verehrung erneuert wird. Und Sophia schwand von Sulamith. Und
Sulamith und Salomo ruhten in vertrauter Umarmung als Mann und Frau
im Frieden des Ehebettes.

JAH-CHOCHMA

Dunkle Nacht. Schau: Jah saß auf seinem Throne. Jah beschaute die
Formen des Lebens. Chochmah war bei Jah und lag auf einem Kissen zu
Füßen des Thrones. Die Sphärenmusik erklang wie Rauschen des
kristallenen Meeres am Throne. Jah sprach: Himmel und Erde sind
gestaltet aus dem Nichts. Die Nacht und den Tag hab ich, o Jah, der
Schöpfer, geschaffen. Ich will ruhen von meinen Werken. Und Jah
schwieg. Aber Ruhen und Schweigen erzeugt in mir den Drang der Liebe.
Komm, Geliebte! Und Chochma sprach: Ich höre die Stimme Gottes. Ich
bin Chochmah, die bei Ihm war vor aller Zeit und allem Raum und aller
Existenz. Siehe, Schöpfer, ich bin deine Hoffnung, dein Glaube, deine
Liebe. Frage mich, ich werde dir antworten in der Weisheit deines Geistes.
Und Jah sprach: Chochmah, wie kann ich meinem Alleinsein jenseits der
Schöpfung ein Ende bereiten? Und Chochmah sprach: Indem du aus Liebe
Geschöpfe schaffst und ihnen die Fähigkeit gibst, zu lieben, dich vor allem
zu lieben und die Mitgeschöpfe wie sich selbst. Und Jah sprach:
Chochmah, sage mir in dem Geiste meiner Weisheit, wie ich, die einzige
Gottheit, Götter erschaffen soll, die göttlich sind wie ich? Denn einer ist
Gott und ist keine Gottheit außer Ihm. Und Chochmah sprach: Du kannst
in meinen Armen Menschen erschaffen, Ebenbilder deiner Gottheit. Du
kannst mich senden, deine göttliche Weisheit, in dem Schoße einer
Menschentochter selbst ein Mensch zu werden, um die Menschen aus ihrer
Hinfälligkeit zu erlösen und sie durch meine Ganzhingabe zu vergöttern.
Dann werden sie aus Gnade Menschengötter und Menschengöttinnen sein
durch mystische Anteilhabe an meiner Gott-Natur. So wirst du, o Herr, der
einzige Gott sein, aber in mir sind dir gesellt zur Anteilhabe an deiner
Gott-Natur die aus Gnade gezeugten Mitgötter deiner einzigen Gottheit.
Und Jah sprach: In der gesamten Schöpfung seh ich keine Frau, die rein
genug wär, makellos, daß sie würdig wäre, dich in ihrem Schoße zu
empfangen und zu gebären. Ich sehe sie allein in der Idee meines Geistes.
Chochmah sprach: Gib ihr, der makellosen Idee deines Geistes, ein
menschliches Leben. Sie wird geschaffen von deinem heiligen Geist als
makellose Jungfrau. In sie will ich niedersteigen, sie unter Bewahrung
ihrer makellosen Jungfräulichkeit Mutter werden lassen und Gebärerin
meiner Gottheit.

GESANG DER DREIFALTIGKEIT

Die Schechinah sang: O Jah, o Schöpfer, alles Leben ist aus deinem Willen
entstanden. Aus deinem Gedanken kamen Raum und Zeit, aus deinem
Gedanken kamen die Elemente. Ich schaue dich und Licht von tausend
Sonnen strahlt von deinem Antlitz! Und Jah gab seiner Schechinah eine
goldene Harfe, das Lied des Kosmos zu singen. Und es redete Jah: Du, du
bist die Schechinah, du erfüllst die Schöpfung. Wir sind eins, der Herr und
seine Herrlichkeit. Von dir kommt alle Weisheit und die Kunst ist der Lohn
für die Psalmisten, die dir huldigen. Du bist die Inspiration der heiligen
Schriften. Du bist die Verheißung. Gemeinsam mit dir hab ich die Welten
erschaffen. Dein Licht ist der Schimmer von tausend Monden, meine
Schönheit! Und es ist erschienen der Logos und seine Sophia. Und der
Logos schenkte seiner Sophia eine goldene Lilie.Und der Logos sprach:
Wie schön du bist, Geliebte, eine Frau wie eine Aue, zart wie ein Garten.
Deine Harmonie erfüllt das All mit Schönheit. Du bist die Weltseele, du
bist die Makellose. Und Sophia nahm die Posaune der Auferstehung und
reichte sie dem Logos und sprach: O Logos, in dir ist alles Leben
erschaffen. Wenn ich als Weltseele eine Harfe der Harmonie der
Schöpfung bin, so bist du als Weltgeist die Schöpferhand, die meine Harfe
streicht und spielt. Wir sind der Sphäros, der Ur-Ton, in welchem das
vollendete und vollständig erlöste All ertönt als eine Harmonie und ein
kosmischer Gesang der Liebe. Ohne Vereinigung von Weisheit und Wort
gibt es keine Lieder. Und es klang eine Glocke und Ecclesia kam, die Idee
der himmlischen Jerusalem. Sie nahm eine Fackel und reichte sie dem
Heiligen Geist. Und Jerusalem sprach: O Herr, der du Gott bist, Herr, der
du Licht bist, Gott auf Erden und Geist in aller Materie, du, der die Welt
im Innersten zusammenhält als der Geist der Liebe, erfüllt von dir will ich
alle Sterbenden führen in meinen Schoß als in einen Palast der Liebe. Dort
wird der in mir Gestorbene tanzen den Tanz der Engel, der kein Ende
nimmt, und lachen das Lachen des Heiligen Geistes in einer Freude, die
dem Rausch der seligsten Liebestrunkenheit gleicht! Und der Heilige Geist
nahm die Fackel der Liebe und reichte der Jungfrau Ecclesia nun das
Schwert des Wortes und sprach: O Heilige Jungfrau, die die Menschen
nicht kennen und die sie fürchten, ich reiche dir das Schwert des Wortes,
das Wahrheit von Lüge scheidet. Du bist mein Tempel, ich bin der liebende
Gott in dir. Und wenn ich in dir tanze und brause und rausche, dann
prophezeie die Erfüllung aller Verheißungen und das Kommen des
Goldenen Zeitalters, da Gerechtigkeit und Friede sich küssen, sich küssen
im heiligen Kuß der Liebe! Und als die drei Personen der Gottheit so
gesprochen, erwachte der Seher.

MARIEN-SYMPOSIUM

DER PROTESTANT:

Wir Protestanten sind Glieder der heiligen, apostolischen, christlichen


Kirche. Wir sind Söhne der Kirchenväter. Wie die Kirchenväter von
Ephesos bekennen wir: Groß ist die Theotokos! Denn der Engel Gabriel
nennt sie die Begnadete, die Holdselige, denn Elisabeth preist sie als die
Gesegnete unter den Frauen. Und der heilige Paulus, mein Namenspatron,
spricht von Christus, der geboren wurde von einer Frau. Diese Sprüche
halten fest, wie ich wohl weiß, daß Maria Gottes Mutter ist. Darum ist in
Einem Worte alle ihre Ehre inbegriffen, wenn man sie Gottes Mutter nennt,
kann niemand Größeres je und je von ihr sagen. Nicht zu ihrer eigenen
Ehre wird Maria Gottes Mutter genannt, sondern Christi Ehre wegen, der
Herr und Gott ist. Die Theotokos ward verkündet, um die Gottheit Jesu
Christi ins wahre Licht zu stellen. Darum irrt Nestorius, der Maria nur
Mutter der menschlichen Natur Christi nannte, sie nur Christotokos
nannte. Die menschliche Natur Christi und die göttliche Natur Christi sind
vereinigt in der Einen Person Jesu Christi, dessen Mutter Maria ist. O wie
wirklich war die Menschwerdung, wirkliche Inkarnation des Logos in dem
Fleisch und Blut eines geschöpflichen Mutterschoßes! Ja, Maria ist die
Gebärerin unseres Heils, die reine Magd des Herrn, ancilla domini. Die
reine Magd, das ist die reine Jungfrau. Denn siehe, das ist die höchste
Ehre, die man Maria erweisen kann, daß man die gute Tat des Sohnes
Mariens an uns armen Sündern recht erkenne, ehre und zu ihm laufe. Denn
was ist das Größte an Maria? Daß sie uns den Sohn Gottes, den Erlöser
geboren! Aber bedenkt, der Titel Gottes Mutter kann die Abergläubischen
wohl in ihrer heidnischen Unwissenheit verwirren. Ist doch Gott der
ursprungslose Ursprung und der anfanglose Anfang und der grundlose
Urgrund und ist ihm keine Mutter voraus. Aber Maria ist die Sancta Virgo,
sie ist gebenedeit von Gott, weil Gott sie gewürdigt hat, der Welt den Sohn
Gottes zu schenken. Dadurch hat Gott Maria hoch geehrt. Und von dieser
Ehre darf Maria auch selbst im Magnifikat singen. So halten wir fest an
der leibhaftigen Offenbarung Gottes in der Menschheit Christi durch
Maria, die Gottesmutter und heilige Jungfrau. Christus ist geboren aus der
reinen Jungfrau. Wir sollen der Heiligen gedenken, um uns zu erinnern,
welche großen Gnaden Gott den Heiligen erwiesen. Die Mutter Christi
dürfen wir wohl unter die Heiligen zählen. Maria ist die dignissima
amplissimis honoribus, die der höchsten Ehren Würdigste. Denn wir
bekennen mit der Gottessohnschaft Christi auch die Gottesmutterschaft
Mariens. Denn wir glauben, lehren und bekennen, daß Maria nicht bloß
einen pur lauteren Menschen, sondern den wahrhaftigen Sohn Gottes
empfangen und geboren hat. Darum wird sie Mutter Gottes genannt und ist
auch wahrhaftig die Mutter Gottes.

Wir bekennen im Apostolicum, daß Christus ist geboren von der Jungfrau
Maria. Das ist unbestritten. Ja, Maria ist semper virgo, immerwährende
Jungfrau, vor und in und nach der Geburt, wie Luther, Zwingli und Calvin
bekennen. Luther verurteilte scharf den Häretiker des vierten Jahrhunderts,
Helvidius, der behauptete, daß Maria mehrere Kinder gehabt hätte.
Zwinglis glühendste Leidenschaft war die immerwährende
Jungfräulichkeit Mariens. Es steht geschrieben: Josef erkannte Maria nicht,
bis sie ihren erstgeborenen Sohn gebar. Doch dies bedeutet nicht, daß
Maria eine ordinäre Ehe geführt habe. Josef ist der Jungfrau nur zum
Schutze beigegeben worden. Schon daraus, daß Jesus seiner Mutter, der
Frau, am Kreuze den Lieblingsjünger als Sohn anvertraute, ist zu
erkennen, daß sie keine weiteren Kinder gehabt hat. Die im Evanglium
genannten Brüder und Schwestern Jesu sind nahe Verwandte des Herrn.
Wir bekennen also als die Kinder der Kirche der Reformation, daß
Christus ist geboren: Ex Maria, pura, sancta, sempervirgine!
Was sagt die Reformation zur Unbefleckten Empfängnis? Diese Lehre, die
Lehre der Makellosen Konzeption, behauptet die Empfängnis der Jungfrau
im Schoße ihrer Mutter, der heiligen Anna, als eine natürliche Empfängnis,
die durch die Gnade Gottes frei von allem Makel der Erbsünde war. Luther
liebte diese Reinheit Mariens, die ihr gegeben war um der Reinheit und
Sündlosigkeit des Menschensohnes willen. Die heilige Mutter Gottes, die
den Gottessohn im Fleisch geboren, konnte nicht eine gemeine Sünderin
sein. Die Freiheit Mariens von dem Makel der Erbsünde geschah im
Augenblick ihrer Empfängnis als der Vereinigung des Leibes mit der
vernünftigen Seele. Der reformatorische Theologe Valentin Weigel nannte
Maria darum gar eine Inkarnation des Heiligen Geistes. Zwingli nannte
Maria eine reine, heilige, unbefleckte Magd, das heißt Jungfrau. Dennoch
bestritten andere, wie Calvin und Melanchton, diese Lehre. Schließlich
war sie auch in der katholischen Kirche lange umstritten und wurde erst im
neunzehnten Jahrhundert zum unfehlbaren Dogma der Offenbarung
erhoben.

Was lehren wir aber von der Aufnahme Mariens in den Himmel? Das Volk
schwärmt wohl gelegentlich von der Himmelfahrt Mariens, doch ist es
keine Himmelfahrt gleich der Himmelfahrt Christi, sondern eine
Aufnahme in den Himmel durch den in den Himmel gefahrenen Christus.
Die katholische Kirche verkündet, daß die unbefleckte Gottesgebärerin
und immerwährende Jungfrau Maria nach Vollendung ihres irdischen
Lebens mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen
worden ist. Wo ist aber für diese Auffassung die Grundlage in der Heiligen
Schrift? Luther kannte das Fest Mariä Himmelfahrt. Er sprach, es stehe
zwar nichts davon im Evangelium, wie Maria im Himmel sei, auch nicht,
wie sie dorthin gekommen, das sei auch nicht nötig zu wissen. Es genügt
zu glauben, daß die Heiligen leben. Er wußte nicht, ob sie im Leib oder
außerhalb des Leibes in den Himmel gefahren sei. Er wollte das Fest
Mariä Himmelfahrt gefeiert sehen. Welcher Christ zweifelt daran, daß die
würdigste Mutter des Herrn bei ihrem Sohn in himmlischen Freude lebe?
Die einen Christen glauben nun einmal, daß Marien Seele im Himmel sei,
ihr Leib aber noch in der Erde ruhe, die anderen Christen aber glauben,
daß sie mit Leib und Seele im Himmel sei. Jeder urteile, wie er will.
Schließlich ist Henoch leiblich in den Himmel aufgefahren und bei Christi
Auferstehung sind viele Heilige leiblich auferstanden. Gewiß ist aber, daß
Maria mit ihrem Sohne Jesus lebe. Aber ist nicht auch Elias leiblich in den
Himmel gefahren, damit die Kinder Israels ein Bild der Unsterblichkeit der
Seele hätten und doch nicht den Leib des Heiligen verehren? So ist auch
die reine unbefleckte Kammer der Gottesgebärerin und Jungfrau Maria, ihr
heiliger Leib, von den Engeln in den Himmel getragen worden. Ja, wir
trauen darauf, daß die reine heilige Magd von Gott erhöht ist über alle
Geschöpfe der Menschen oder seligen Engel, aller Kreaturen im Himmel
und auf Erden und im Meer, bei Christus in der ewigen Freude. Nun aber,
ihr Papisten, werdet wohl bedauern, daß der Körper der Jungfrau im
Himmel ist, ihr hättet sonst wohl eine Kirche um ihre Reliquien gebaut, die
größer als Jerusalem und Rom gewesen wäre...

DER ORTHODOXE:

Herr Jesus Christus, Sohn des lebendigen Gottes, erbarme dich über mich
armen Sünder! Dich besingen wir, dich preisen wir, dir danken wir, Herr,
und bitten dich, Gott, zu preisen die selige Gottesmutter und
immerwährende Jungfrau Maria! Im Augenblick der Wandlung des Brotes
und Weines durch den Heiligen Geist in Fleisch und Blut Christi, danken
wir Gott vor allem für unsere allerheiligste, makellose, über alle Heiligen
und Engel gelobte Gottesmutter Maria, die Ewige Jungfrau! Wahrhaft
würdig ist es, dich, Theotokos, selig zu preisen, Allerseligste, Unbefleckte,
Mutter Gottes! Verehrungswürdiger bist du als die weisesten Cherubim
und die vor Liebe brennendsten Seraphim, die du in unversehrter
Jungfräulichkeit den göttlichen Logos geboren, Gottes Gebärerin und
Gottes Mutter, dich preisen wir höher als alle Geschöpfe im Himmel und
auf Erden! Wen aber führt die Herrin der himmlischen Heerscharen an?
Wen führt die Königin der Engel und Mutter der Menschen? Alle im
Glauben Entschlafenen, alle Voreltern, alle Väter und Mütter des
Glaubens, alle Patriarchen, Propheten und Prophetinnen, die Apostelin der
Apostel und die Apostel, die Jungfraun und die Evangelisten, die Märytrer
und Bekenner, alle Heiligen, Witwen und Waisen! Wir danken, wenn wir
der Gottesmutter danken, auch Johannes dem Täufer, dem Apostelkonzil
und besonders danke ich dem heiligen Andreas, meinem Patron, und aller
Heiligen des Orients und Okzidents, auf deren Fürsprache hin uns gnädig
heimsuchen möge der Gott, der Liebe ist! Wir bitten die Gottesmutter um
Fürsprache für alle Heimgegangenen, die universelle christliche Kirche
und die ganze Menschheit und die gesamte Schöpfung. Unserer
allerheiligsten, reinsten, über die Maßen gepriesenen, allen Ruhmes
würdigen Gottesmutter und Ewigjungfrau Maria eingedenk, weihen wir
uns selbst und die gesamte Schöpfung unserm Herrn und Gott, Jesus
Christus! Siehe, die Gottesmutter in der Ikone ist niemals ohne ihren Sohn.
Er ist das göttliche Kind der Gottesmutter. Steht sie aber als unsere
Fürsprecherin vor Seinem Thron, so steht sie dort mit Johannes dem
Täufer. Denn wie Johannes der Täufer die Vollendung des Alten Bundes,
ist Maria der Inbegriff und die Vollendung des Neuen Bundes, die sich
zusammen als Ein Ewiger Bund der Menschheit mit Gott zu Christus, der
göttlichen Weisheit, anbetend wenden. Maria ist der Anbeginn des Neuen
Bundes. Deine Geburt, o Gottesmutter, hat der ganzen Mutter Erde Freude
bereitet. Aus dir ging hervor aus wie aus dem Schoß der Morgenröte die
Sonne der Gerechtigkeit. Er nahm den Fluch hinweg, zerstörte den Tod,
brachte den Segen und schenkte uns ewiges Leben. Darum preisen wir
dich, die Aurora Gottes, die du dem Himmelslicht, das die Sonne ohne
Untergang ist, auf unaussprechliche Weise aus deinem Schoß der
Morgenröte den Leib geschenkt, gesegnete Gottesmutter und heilige
unbefleckte Jungfrau, sei gepriesen! Darum ist der Tag der Verkündigung
des Herrn durch den Engel an die Jungfrau Maria der Anbeginn des Heils
und die Offenbarung des Geheimnisses von Ewigkeit. Gottes Sohn wird
Sohn der Jungfrau, der Engel verkündet der Begnadeten die Gnade. Mit
dem Engel beten wir allezeit: Sei gegrüßt, du Gnadenvolle, freue dich,
Maria, Gott ist mit dir! In der heiligen Weihnacht aber gebiert die Jungfrau
den Seienden, überwesentlichen Gott! Die Mutter Erde gewährt der
Höchsten Macht eine Grotte. Die Himmlischen und die Hirten feiern den
Frieden. Die Weisen des Morgenlands ziehen nach der Weisung der Sterne
zu der Jungfrau und dem Jungfraunkind, dem urewigen Gott und Gottheit
von Urzeit her! Halleluja!

Singen will ich die heiligen Ostern, das Mysterium von Kreuzestod und
Auferstehung zu ewigem Leben! O Christus! Als dich, den Schöpfer und
Gott, am Kreuze hängen sah Jene, die dich als Jungfrau geboren, da rief sie
unter Tränen und Trauer: Mein Sohn, mein Sohn! Wohin ist deine
Schönheit? Siehe, du warst der Schönste aller Menschensöhne! Nun ist an
dir keine Schönheit mehr, du bist der Allerverachtetste, der entstellte
Gottesknecht! Ich ertrage es nicht, den Gerechten so ungerecht gekreuzigt
zu sehen! So klagte Maria. Wir wollen besingen Ihn, der sich aus Ewiger
Liebe für uns kreuzigen ließ! Ihn schaute Maria am Kreuz und sprach:
Wirst du gekreuzigt, entstellt in deiner Schönheit, verflucht, weil du am
Holze hängst, angespieen mit Gift und Galle, du bist doch mein Gott und
mein geliebter Sohn! So klagte Maria. O Jesus, Ströme von Tränen hat mit
blutendem Herzen die Allerreinste über dich vergossen und gerufen: Wie
soll ich nun dir dienen, mein geliebter Sohn? O Gott, o Logos und Sophia!
O meine Wonne! Wie soll ich dein Begrabensein drei Tage lang ertragen?
Es zerreißt mir vor Schmerzen mein Mutterherz! Wer wird mir Wasser
geben, daß meine Augäpfel überströmen von Tränenfluten wie
Wasserbäche? Woher nehme ich all die Ströme, rief die jungfräuliche
Mutter und Frau der Schmerzen, meinen Jesus zu beweinen? Ihr
Schluchten, ihr Seelen alle, schluchzet, schluchzet mit der Frau der
Schmerzen, alle Kreaturen des Kosmos, heult mit der Mutter Gottes um
den gekreuzigten Sohn Marias! So klagte Maria. Siehe, der Gekreuzigte in
seiner Passion am Kreuz, er tröstete seine Mutter und alle Frauen von
Jerusalem und ihre Kinder und die gesamte Menschheit: Weine nicht über
mich, meine Mutter! Du wirst schauen im Grabe deinen Sohn, den du im
Schoß getragen. Aber ich werde auferweckt, ich werde auferstehen in der
Kraft Gottes und verherrlicht im Geist zu ewigem Leben im Reiche
Gottes! Siehe, Magd des Herrn, die dich seligpreisen, alle Kinder und
Kindeskinder, die werde ich, o Frau der Schmerzen, als dein Sohn und
Gott, ich, Christus zur Rechten des ewigen Vaters, werde alle jene erhöhen,
die in Glauben und Liebe dich, o allerseligste Jungfrau, lieben und preisen!
So sprach Christus am Kreuz. So ruft nun die Kirche im Schoß der
Menschheit der allerseligsten Jungfrau zu, die Christus verklärt hat:
Strahle, strahle heller als die Sonne, milder als der Mond, glühender als die
Morgenröte, himmlische Jerusalem! Denn die Gloria Gottes geht auf in
dir! Tanze mit den Engeln und Seligen himmlische Hochzeitstänze,
Tochter Zion, und jauchze im Heiligen Geist als die Braut des Heiligen
Geistes! Mutter Gottes, allerreinste Jungfrau, freue dich, Halleluja, über
die Auferstehung Christi und die Auferstehung der Toten! Siehe, der Engel
des Herrn rief der Jungfrau zu: Freue dich, Maria, voll der Gnade! Und ich
sing auch mit englischer Zunge und mit Menschenzunge: Freue dich,
allerseligste Jungfrau, denn dein Sohn ist auferstanden als die Erstgeburt
aus den Toten! Freue dich, makellose Jungfrau! Freue dich, Menschheit!
Halleluja!

Chaire! Freue dich! Das will ich singen! Es wäre leicht und wäre ohne
Gefahr der Übertreibung der Poesie, ein skrupulöses Schweigen zu
bewahren, o Jungfrau! Dir zu Liebe schöne Hymnen zu singen ist ein
schwieriges Werk. So gib mir, die du meine Braut und Mutter bist, passend
zu meiner Absicht auch die heilige Inspiration! Wohlan, singen wir im
göttlichen Wahnsinn die Schönste der Frauen! Freude dir, du Gipfel,
schwer ersteigbar den Menschen! Freude dir, du Tiefe, schwer erschaubar
den Engeln! Freude dir, du Thron des ewigen Königs! Freude dir, du
Trägerin dessen der hält das All in der Hand wie einen Apfel! Freude dir,
du Luna, die spiegelt den Sol justitiae! Freude dir, du Mutterschoß der
Fleischwerdung Gottes! Freude dir, du Anfang der neuen Schöpfung!
Freude dir, in der der Schöpfer ein Embryo geworden! Freude dir, meine
jungfräuliche Braut! (Maria lächelte...) Freude dir, in den unergründlichen
Rat du Eingeweihte! Freude dir, du gewisse Ruhe der Ruhebedürftigen!
Freude dir, du Vorspiel der Wunder Jesu! Freude dir, du schönste Weisheit
der Lehre Jesu! Freude dir, du Himmelsleiter, auf der Gott selbst zu uns
kam! Freude dir, du Regenbogenbrücke, die von der Erde zum Himmel
führt! Freude dir, du von den Engeln besungenes Wunder und Meisterwerk
des Schöpfers! Freude dir, du Entsetzen und Zittern der Dämonen! Freude
dir, die du empfangen das Überlicht! Freude dir, du von allen Weisen
unergründliche Weisheit! Freude dir, meine jungfräuliche Braut! (Maria
lächelte...) Freude dir, du Paradiesfrucht! Freude dir, du Aue der
Barmherzigkeit! Freude dir, du Tafel der Weisung Gottes! Freude dir, du
Garten der Wonne! Freude dir, du Heim der Seele! Freude dir, du
Brautgemach des Christen! Freude dir, meine jungfräuliche Braut! (Maria
lächelte...) Freude dir, du unverwelkliche Blüte! Freude dir, du keuscher
Flor! Freude dir, du Lebensbaum! Freude dir, du Kleid des Nackten!
Freude dir, meine jungfräuliche Braut! (Maria lächelte...) Freude dir, du
tausendjährige Rose! Freude dir, du Apfel der Schönheit! Freude dir, du
Duft des Menschheitsfrühlings! Freude dir, du Brot des Lebens! Freude
dir, du Wasser des Geistes! Freude dir, du versiegelter Garten,
verschlossener Born, Lustgarten Gottes! Freude dir, meine jungfräuliche
Braut! (Maria lächelte....) Freude dir, du Grenze der grenzenlosen Liebe
Gottes! Freude dir, du Zusammenfall der Gegensätze! Freude dir, du
Schlüssel des Paradieses! Freude dir, du Hoffnung auf die Schöne Liebe!
Freude dir, du unvermählte Braut! Freude dir, du Kelch der Weisheit!
Freude dir, du Brautgemach der Vorsehung! Freude dir, du Weisheit der
Narren! Freude dir, du Muse der heiligen Dichter! Freude dir, du Sophia
der Philosophen! Freude dir, du Königin der Apostel! Freude dir, du Braut
der Patriarchen! Freude dir, du Erleuchtung aller Lebenden! Freude dir,
meine jungfräuliche Braut! Freude dir, Christi jungfräuliche Braut! (Maria
lachte sanft gedämpften Girrens...)
DAS GASTMAHL BEI NATHAN DEM WEISEN

Es war in einer milden Maiennacht im Mittelalter, da in Jerusalem, im


Hause Nathans des Weisen, eines jüdischen Patriarchen, dieser
zusammenkam mit seinen zwei Freunden, nämlich Al-Hafi, einem
islamischen Derwisch, und Curd von Schwaben, einem christlichen
Templer. Sie beschlossen, drei Nächte lang zu feiern, nämlich vom
islamischen Freitag, über den jüdischen Samstag, bis zum christlichen
Sonntag, und kräftig die Becher zu stürzen, denn sie waren alle
gottestrunkene Männer, die den Wein liebten. Die Magd Nathans des
Weisen hieß Daja, sie war eine siebzehnjährige, wunderschöne Christin,
blutjung und bezaubernd. Sie schenkte den Wein ein und diente den
Männern mit gesalzenen Mandeln.
Als erstes hob Nathan der Weise als der Gastgeber seine Stimme und
sprach: Liebe Freunde, wir wollen trinken, bis wir zu tanzen anfangen.
Aber der Wein sei voll der Wahrheit, denn die Wahrheit ist die Weisheit
und die Weisheit ist Gott. Also wollen wir, um den Wein zu heiligen, Gott
verherrlichen, und um Gott zu verherrlichen, den Wein heiligen. Wenn uns
der Geist des Weines inspiriert, dann wollen wir in der bezaubernden
Gegenwart der schönen Daja eine Lobrede auf die Gottheit halten. Ich
schlage vor, daß am Freitag Al-Hafi Gott preist, am Samstag werde ich,
Nathan, Gott preisen, am Sonntag soll Curd von Schwaben Gott preisen.
Schließlich soll die schöne Daja als die Muse dieses Wettstreits dem den
Kranz in die Locken drücken oder den Kuß auf die Lippen, der am
schönsten von Gott gesprochen hat.
Die Männer waren einverstanden. Und so begann Al-Hafi in der
Freitagnacht Gott zu preisen.

AL-HAFI:

Ich nenne mich einen Sufi, denn ich trage das wollene Gewand der Armut.
Armut ist Mystik. Aber ein Sufi ist nicht nur ein Armer, nicht nur ein
Wanderer und Asket und Beter, er ist ein innerer Mensch mit sieben
Qualitäten und einer achten Qualität: Er ist großmütig wie Abraham, der
seinen geliebten Sohn losließ, er ist hingebungsvoll wie Ismail, der sich
geopfert hat, er ist geduldig wie Hiob, er lebt von Zeichen wie der stumme
Zacharias, er ist ein Fremdling in der Welt wie Johannes der Täufer, er ist
arm wie Moses, er ist ein Pilger wie Jesus und wahnsinnig wie
Mohammed! Alle diese Heiligen sagen eines: Lasse dich selber los! Lasse
ab vom tyrannischen Moslemstaat, von den Paschas und Patriarchen, lasse
ab von den Herren des Geldes! Geh in die Wüste und suche Gott! Sei ein
Wüstenvater, ein Eremit, ein einsiedlerischer Mönch, sei ein Bettler! Denn
wir sind alle Bettler vor Gott, das ist gewißlich wahr. Ein Sufi besitzt
nichts und wird von nichts und niemandem besessen. Ein Sufi zieht Gott
allem anderen vor und wird von Gott allen anderen vorgezogen. Ein Sufi
ist ein Safa, er ist ein Mensch der inneren Reinheit. Wer durch Liebe
gereinigt ist, ist rein, wer durch den Geliebten gereinigt ist, ist ein Sufi.
Adam war ein Sufi. Vierzig Tage war er einsam im Garten Eden, bis ihm
Gott den Odem in die Nase blies. Ein Sufi trägt die Freude im Herzen auch
in der Zeit des Kummers. In der Zeit des Kummers tanzt der Sufi und tanzt
sich ekstatisch in die Vereinigung mit dem Geliebten, das ist der
Höhepunkt der Glückseligkeit! In diesem Gipfelpunkt des Tanzes gibt der
Sufi sein Ich auf, wirft es dem Geliebten zu und wird der Geliebte selbst!
Gott ist groß und ist keiner außer ihm und Ich bin sein Prophet! – Daja,
schenke mir ein vom verbotenen Wein!
Meine lieben Freunde, ich wurde in Afghanistan geboren. Als Kind sah ich
das Nichts. Das Nichts war Liebe, war Alles. Tyrannen aber überzogen die
Erde, Theologen verfolgten die mystischen Gottesfreunde. Mein Vater, ein
mystischer Gottesfreund, sah in einer Vision die Schreckensherrschaft der
Barbaren. Ich war in meiner Jugend ein eifriger Gottsucher und suchte
einen greisen Mystiker auf. Er war ein Dichter. Auch ich ward ein Dichter.
Wer kann von Gott reden als allein ein Dichter? Ich pilgerte nach Mekka
und studierte die Lehren meines Vaters, der Plotin und Gregor von Nazianz
studierte. Nach dem Tode meines Vaters lehrte ich den Koran, das schönste
Gedicht der Welt. Nun verstand ich erst den mystischen Geheimpfad
meines Vaters. Die Weltseele Plotins, die Weisheit des Heiligen Geistes
von Gregor von Nazianz und der Barmherzige des Koran begannen einen
dreifaltigen Tanz vor meiner Seele zu tanzen. Da stürmten die Tyrannen,
Barbaren und Mörder unser Land. Aber zu jener Zeit traf ich meinen
Freund, die Sonne des Glaubens. Er stellte mir eine Frage, die so
ungeheuerlich klang, so blasphemisch, daß ich alle meine
Gottesgelehrsamkeit in einem Blitz verlor, vom Kamel stürzte wie Saulus
vor Damaskus und Gott sah! Da begann die große Liebe zwischen dem
Schriftgelehrten und dem Derwisch. Die Liebe loderte so hell, daß ich
alles andere vergaß. Ich saß zu Füßen des Meisters, des Geliebten, aß und
trank nicht mehr und lebte allein von dem Manna seines Wortes und dem
Tau seines Geistes. Er liebte mich so sehr, daß er die berühmtesten
Theosophen Kieselsteine nannte im Vergleich mit mir, dem Rubin seines
Herzens. Er nannte sich selbst: Der Liebende. Ja, er nannte sich: Der Pol
aller Geliebten. Und ich stürzte wie die Sterne diesem Pol zu, in dessen
Feuer ich brannte und doch nicht verbrannte. Die Theologen mißbilligten
meine Liebe, weil ich den religiösen Pflichten nicht mehr nachkam. Auch
kämmte ich Haare und Bart nicht mehr und wusch meine Kleidung und
mein Geschirr nicht mehr. Ich lebte nur noch als Liebender des Pols aller
Geliebten. Da verschwand der Geliebte plötzlich wie ins Nichts. Meine
Seele wollte sich nicht trösten lassen. Ich war elender als der Psalmist,
elender als Jeremias, elender als Hiob! Aber schließlich fand ich den
Geliebten wieder und liebte ihn heißer und inniger als je zuvor! Aber
meine Familie wurde eifersüchtig auf den Geliebten im Geist und
ermordete ihn heimlich. Sie sagten mir, er sei ins Ausland gegangen. Mein
Herz starb den Tod, aber auferstand als der Geliebte! Ich war nicht Ich
mehr, ich war Er! Mein Herz war die Muschel, der Geliebte die Perle! Ich
war der Mensch, mein Herz war Er! Ich war nicht mehr in mir, sondern Er
war in mir! Nun lebte nicht mehr ich, sondern Er lebte in mir! Ich war
verborgen in Ihm, Er war verborgen in Gott! Ich legte meinen Namen ab
und wurde Träger Seines Namens.
Nun sammelten sich Jünger um mich, wir tanzten gemeinsam den Tanz der
Ekstase! Auf den Todesfeierlichkeiten der Freunde tanzten wir die Tänze
der Hochzeit! Wir wurden die tanzenden Derwische, die auf den Gräbern
tanzten, die tanzten im Geiste Gottes, die tanzten mit Gott! Wir waren
berauscht von Gott! Nun beteten nicht mehr wir selbst, sondern Gottes
Geist betete in uns! Gott ließ Gebete in uns strömen und erhörte Seine
eigenen Gebete! Unsre Gebete wurden in uns gebetet mit feurigen Zungen!
Die Leute meinten, wir hätten vom verbotenen Wein getrunken. Aber dann
ward das Gebet in uns – Stille. Ich ging in die Stille, wanderte durch das
Schweigen und verschwand im Nichts. Als ich zunichte ward, da war ich
nichts als Lobgesang zu Gottes Ehre! Ich hatte aufgehört, ein Beter zu
sein, um die Anbetung selbst zu sein. Ich hatte aufgehört, ein Dichter zu
sein, um das neue Lied des Mose vor Gottes Thron zu singen. Ich war
Gottes durch das immerwährende Angedenken so inne geworden, daß ich
aufgehört hatte zu sein, in Gott aufging, wo Beter und Gebet nicht mehr
sind, nur noch Gottes ewige Gegenwart. – Daja, du bist schön! Schenk ein
den Wein, du Schöne!
Daja, deine schönen Augen fragen: Was ist Liebe? Meine Schöne, du wirst
es heute sehen, morgen sehen und übermorgen sehen. Heute werde ich
getötet, morgen werde ich verbrannt, übermorgen streut man meine Asche
in den Wind! Die Theologen sehen in mir einen Hexenmeister, einen
Gotteslästerer. Sokrates war ein Gotteslästerer, Jesus war ein
Gotteslästerer, Al-Hafi ist auch ein Gotteslästerer! Unsere Gotteslästerung
ist die Lästerung der falschen Götter, denn wir lieben alle einzig den
Einen! Er ist der Stein der Weisen, der unser Blei in Gold verwandelt, in
ihm sind Feuer und Wasser, Königin und König, Er ist der Eine, der
Zusammenfall der Gegensätze, das vollkommene Werk Seiner Selbst! Er
ist Er und ich bin Er! Er ist die absolute Wahrheit und darum bin ich auch
die absolute Wahrheit! Er ist Gott von Selbst und ich bin Gott durch Ihn!
Ihr wundert euch, Freunde? Aber seht, so sprach Pharao auch, als er
sprach: Ich bin der höchste Herr! Siehe, als Gott Adam erschaffen, forderte
Gott die Engel auf, sich vor Adam anbetend niederzuwerfen. Aber Satan
sprach: Ich bin besser als Adam. Gott hat Adam aus Lehm erschaffen, aber
mich aus Feuer. Da sprach Gott: Hinweg mit dir, Satan, hinweg mit dir aus
dem Paradies! Liebe Freunde, ich sage euch: Ich bin Er und Er ist ich! Ich
bin der höchste Herr wie Pharao und aus Feuer geschaffen wie Satan.
Wenn ihr Rechtgläubige seid, müßt ihr mich für diese Gotteslästerung
steinigen! Die Gelehrten rufen mir zu im Gericht: Welches Kreuz willst du
mit deinem Blut beflecken? Ich werde mein Kreuz mit meinem Blut
beflecken! Aber vorher zog ich durch Indien, war bei Brahmanen, war bei
Tantristen. Ich meditierte mit dem Kopf nach unten. Ich studierte die Lehre
der Manichäer. Dann kehrte ich heim und pilgerte wieder nach Mekka.
Siehe, ich bin der, den ich liebe, und der, den ich liebe, er ist ich! Schon
schreien die Glaubenswächter, die muslimischen Inquisitoren verschworen
sich im Hohen Rat, mich zu ermorden! Sie werfen mir vor, daß ich Tote
auferwecke und Dämonen durch den Finger Gottes austreibe! Allen
Rechtgläubigen rufe ich zu: Siehe, Gott der Erhabene fordert mein Blut
von euch! Ich sage wohl die heiligen Worte des Buches und bete die
heiligen Gebete, aber der Sinn, warum Gott mein Blut fordert, ist tiefer als
heilige Worte und Gebete. Ihr werdet einen Märtyrer für die Wahrheit
schaffen! Es gibt für die ganze Welt nichts wichtigeres, als daß ich als
Märtyrer für die Wahrheit sterbe! Dann werden nicht mehr Gott und Ich
sein, sondern nur noch Einer! Ich bin Nichts, Alles ist Er! Ich bin nicht
mehr und Er ist nicht mehr allein Ich-Bin, sondern ich bin in Ihm und wir
sind vereinigt ewig Ich-Bin! Ich bin dann Gott in Gott, denn Gott ist einzig
und es ist kein Gott außer Gott!
Daja lächelte, sie war so unaussprechlich lieblich...
Am folgenden Tag, in der folgenden Nacht, der Nacht des jüdischen
Sabbat, war eine Sabbatstille über Jerusalem, in der eine Nachtigall anhob,
Gott zu besingen. Daja setzte sich auf den Boden zu Füßen der drei
Männer. Sie hatte die Karaffe mit Libanonwein auf den Tisch gestellt, die
Schale mit gesalzenen Mandeln daneben, sie hatte Kissen auf die Lager
gelegt, auf denen die Männer lagen. Nun schaute sie aus dem Fenster und
sah auf den Mond und lauschte Nathan dem Weisen, ihrem Patriarchen,
der sich gemütlich in den Kissen streckte und anhob, Gott zu preisen.

NATHAN:

Wir preisen den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs. Es
heißt nicht: Wir preisen den Gott Abrahams und Isaaks und Jakobs. Denn
obwohl der Gott Abrahams auch der Gott Isaaks ist und der Gott
Abrahams, der Gott Isaaks auch der Gott Jakobs ist, so ist Isaak nicht
gläubig an Abrahams Gott und Jakob nicht gläubig an Isaaks Gott und
Abrahams Gott, sondern Abraham glaubt an Abrahams Gott, Isaak glaubt
an Isaaks Gott und Jakob glaubt an Jakobs Gott. Er ist der Gott der
Lebenden, Ihm leben sie alle. Er ist allen unmittelbar, so daß jeder sagt:
Mein Gott!
Wißt ihr, Freunde? In früherer Zeit ging der Heilige, wenn er ein Wunder
vollbringen wollte, an einen heiligen Ort, entzündete eine geweihte Kerze
und sprach das meditative Gebet. In der folgenden Zeit entzündete der
Weise, wenn er ein Wunder vollbringen wollte, zwar nicht mehr die
geweihte Kerze, aber er sprach das meditative Gebet am heiligen Ort.
Dann, wenn der Priester ein Wunder vollbringen wollte, so entzündete er
nicht mehr die geweihte Kerze und sprach auch nicht mehr das meditative
Gebet, aber er war am heiligen Ort. Schließlich, wenn der Dichter ein
Wunder wirken wollte, so entzündete er keine geweihte Kerze, sprach kein
meditatives Gebet und war nicht am heiligen Ort, aber er besang das Licht
und das Wort und den Tempel. In dem Gesang solch einen Dichters ist mir
Gott begegnet.
Da suchte ich Gott zu erforschen. Ich las den einen Meister der
Überlieferung und dann den andern Meister der Überlieferung, und der
eine sagte dies und der andere jenes. Aber als ich den einen Meister las,
der dieses von Gott sprach, da vereinigte ich meine Seele mit seiner Seele,
er sprach in meiner Seele, und sein Gotteserleben wurde mein
Gotteserleben. Dann las ich den andern Meister, der jenes von Gott sprach,
ich vereinigte meine Seele mit seiner Seele, er sprach in meiner Seele, und
sein Gotteserleben wurde mein Gotteserleben. Und es war ein und derselbe
Gott, denn es ist nur ein Gott, er ist Einer und Alles. Ich studierte die
Weisung Moses, den Psalter und die Propheten. Dann studierte ich Talmud
und Kabbala. Ich studierte die babylonische Magie, den Sufismus, den
indischen Pantheismus und die Mystik der spanischen Barfüßer. Platon
und Plotin erschlossen mir Idee und Sphären der göttlichen
Selbstoffenbarung, Pythagoras das Geheimnis der Zahl, nach der der
Kosmos geordnet ist. Ich studierte das Tao der Chinesen und erkannte, daß
Gott männlich und weiblich ist und der Zusammenfall der Gegensätze in
eins. Denn der Alte der Tage ist der Vater und die Einwohnung in der
Schöpfung ist die Mutter, Er ist Gott-Geist und Sie ist Gott-Natur und in
ihrer Vereinigung ist es die Eine überwesentliche Gottheit.
Der Mensch ist Gottes Bild. Gott ist aber glückselig, und darum ist der
Mensch auch glückselig. Darum ist der wahre Weise der lächelnde Weise
und der wahre Fromme der singende Fromme. Einmal fragte mich eine
junge Frau nach dem Namen Gottes. Ich sagte: Die ganze Heilige Schrift
ist der Name Gottes. Liebe Ihn, Er ist da, liebe Ihn und dann geh, und tu
was du willst, geh in die Welt und putze den Kindern die Nase und liebe
Ihn! Ich war im Sankt Katharinen.Kloster am Fuß des Sinai. Ich sprach mit
den Mönchen dort über die Weisheit der Heiligen Schrift. Alle Meister
waren beseligt von der göttlichen Weisheit. Ein Abbas des Klosters sagte
mir: Das Studium der Gelehrsamkeit der Geheimnisse Gottes muß dich zu
einem einfältigen Kinde machen, sonst ist all deine Weisheit Torheit vor
Gott. Wenn du wirklich weise sein willst vor Gott, dann werde zum Narren
der Liebe! Dann wird dir das Essen der Speise, das Trinken des Weines,
das Baden deines Leibes, der Schlaf in der Nacht, das Tanzen zur Musik
und die Erkenntnis der Geliebten zum reinen Gottesdienst, denn Gott ist
Alles und Nichts, er ist überall und nirgends. Dann wirst du Gott in deiner
alltäglichen Wirklichkeit erleben, in den Augen eines Kindes, in dem
Lächeln einer schönen Frau, in der Hand des Bettlers, in dem Gesang der
Nachtigall, in dem guten Gedicht, ja, selbst ein schillernder Schwarm
Schmeißfliegen auf dem Kothaufen eines Hundes wird dir schön sein wie
der Smaragd am Throne Gottes! Gott ist da! Dann wirst du von allen
lernen, nicht allein von den Weisen, nicht allein von den Frommen, nicht
allein von den reinen Herzen der Kinder, sondern auch von den Narren,
den Gottlosen und selbst von den Satanssöhnen wirst du lernen, Gott
anzubeten. Alles spricht von Gott. Jede Seele ist Thron Gottes, selbst die
Seele des armen Sünders, der seine Seele dem Satan vermacht, selbst in
ihm wirst du tiefer als seine Verdammnis die Schöpfermacht Gottes sehen.
Denn Gott ist das Nichts, das allein Alles belebt, und ohne dieses alleinige
Nichts ist das Alles nichts als ein Nichts. Alles ist geheimnisvoll und
verborgen, Gott allein ist klar, Gott allein ist der Ich-bin-da!
Nathan nahm einen tiefen Schluck vom Wein, Daja schenkte ihm gleich
nach, denn sie begehrte, weiter vom Patriarchen zu hören den Lobpreis
Gottes.
Liebe Freunde, ich habe den Vater Elias geschaut! Ihr fragt mich, wie ich
den Vater Elias schauen konnte, wo ihn doch der Rabbi der Synagoge nicht
schaut? Aber seht, der Vater Elias ist der Engel des Bundes. Wird das Kind
in den Bund aufgenommen durch die Weihe des Rituals, gewinnt es Anteil
an der Seele des Vaters Elias. Er ist nämlich in seiner mystischen
Ganzhingabe an Gott zur Seele des Bundesvolkes geworden. So ist in
jedem Kind, das in den Bund aufgenommen wird, ein Funke von der
Allseele des Vaters Elias gegenwärtig. Bildet das reifende Kind die
Bundesseele des Vaters Elias in sich zur Gestalt, so erscheint ihm der Vater
Elias, der in ihm war. Gute Werke der Liebe lassen die Offenbarung des
Vaters gedeihen. Der Rabbi der Synagoge hatte nicht die Kraft, den Keim
der Allseele gedeihen zu lassen. Wer sich Gott ganz hingibt, dem schenkt
Gott die Gnade, daß seine Seele sich mit der Allseele verbindet. Nur der
Tod des Ich bringt das Selbst, die Seele, in Verbindung mit der Allseele. Ist
er aber in Verbindung mit der Allseele, erlebt er das göttliche Licht der
Liebe nicht nur in seinem eigenen Innern, sondern in dem Innern jeden
Menschenkindes, in dem Innern aller Schöpfung. Gott ist die Seele seiner
Seele, aber Gott ist auch der Duft des Frühlings, aber Gott ist auch das
Leid des Kranken. Ja, Gott ist auch die Seele der Seele der Sklaven Satans.
Der Erleuchtete sieht, wie nahe die Sklaven Satans doch in Wahrheit Gott
sind, nur durch einen winzigen Schritt getrennt. Dann wird die Seele
trunken vom allgegenwärtigen Gott. David singt: Wie lieblich ist es, dem
Herrn zu singen! Und ich singe: Wie lieblich ist es, den Gesang Gottes in
der eignen Seele singen zu hören! Alles andre ist nur Schall und Lärm.
Allein wenn Gott im Sänger singt, ist wahrer Gesang. Das ist der Gesang,
der im All ertönt, das süße Lied, das in allen Dingen schläft. Du wirst ein
Wahnsinniger, wenn du das Meer singen hörst und des Bettlers Hymne an
Gott! Aber dein Wahnsinn wird Torheit der Liebe sein!
Daja summte ein Kinderlied vor sich hin, das ihre Amme ihr an der Wiege
gesungen. Sie zählte dabei Mandeln in die Schale. Nathan schaute in den
Kelch und betrachtete den Rubin des Blutes und sprach:
Ein Student der Theologie erzählte mir von seiner Begierde nach der
göttlichen Weisheit. Jener sprach: Ich studierte den Pantheon Babels und
Griechenlands, den Feuerkult der alten Perser, die Mysterien der Isis und
die Hymnen an Aton, ich studierte Philosophie und Magie Chinas und den
Asketismus und die Erotik Indiens, ich studierte Platon und Empedokles,
ich studierte die Engellehre und die Äone der Gnosis und die Sprüche der
apokryphen Evangelien. Aber nach jeder Pforte der Erkenntnis tat sich
eine weitere geheimnisvolle Pforte auf. Auf eine gelöste Frage erschien ein
neues Rätsel. Gibt es da ein Ende? So fragte mich der Student. Ich sprach
zu ihm: Mein Sohn, es gibt ein Ende, das ist die jähe Einsicht. Die jähe
Einsicht ist die Offenbarung. Du hörtest wohl, Frau Weisheit sei eine
verschleierte Göttin. Du begehrtest, sie bloß zu schauen. Du möchtest sie
entblättern Schleier um Schleier, Schmuck um Schmuck. Du begehrst, sie
bloß zu schauen und dich in Erkenntnis mit ihr zu vereinigen. Siehe, eines
Tages erkennst du, in den Gnadenstunde, im göttlichen Kairos erkennst du
dies: Sie selbst kommt aus dem ewigen Geheimnis aller Geheimnisse, sie
legt Kronen und Diademe ab, legte die Schleier einen nach dem anderen
ab, entkleidet sich der Obergewänder und der Untergewänder und tritt
ganz nackt in deine Todesfinsternis. Du suchtest sie, aber sie hat dich
gefunden. Du wolltest sie schauen, aber nun schaut sie dich an. Du
wolltest ihrer teilhaftig werden, aber nun geht sie selbst in dich ein. Da bist
du durch die Pforte des Ewigweiblichen in das Geheimnis der
Geheimnisse eingetreten, in das Ur-Geheimnis der Ewigen Liebe! Da
singst du: O Du, o Du! Wo ich gehe, wo ich stehe, Du! In Freuden und in
Leiden Du! In Licht und Dunkel Du! In Tod und Leben Du, nur Du, allein
nur Du, einzig und immer nur Du! ICH BIN!
Daja schaute Nathan tief in die Augen, zu schauen dieses Du in ihm. Sie
hoffte morgen noch mehr zu hören vom Geheimnis der ewigen Liebe.

Am dritten Tage, dem christlichen Sonntag, erwartete Daja gespannt den


Lobpreis des Tempelritters Curd von Schwaben. Sie wußte, daß er in sie
verliebt war... Der Templer bekreuzigte sich mit dem Signum der Trinität,
tauchte eine salzige Mandel in den Weinkelch, verspeiste die weinbenetzte
Mandel, als ob er Gott schmecke und begann zu sprechen.

CURD VON SCHWABEN:

Liebe Schwester! Liebe Brüder in Gott! Ich kenne einen Mann, der die
Gläubigen in seiner Jugend mit dem Schwert verfolgte. Aber in einer
Nacht sah er plötzlich Christus. Christus war das reine Licht, das in der
Finsternis schien. Aber Christus war nicht das Licht des Tages, in dem alle
Geschöpfe so deutlich sind und Gott so undeutlich ist, sondern der Mann
erblindete sozusagen und sah die dichteste Nacht. Die Nacht war der
Wohnort Gottes, Gott war die dunkle Nacht. Gott war das unsichtbare
Licht in der dichten Nacht. Denn Gott ist nicht das sichtbare Licht, sondern
das unsichtbare Überlicht. Wer das wahre Licht sehen will, der schaue in
die dunkle Nacht. Wer schauen will, muß blind sein. Wer Gott schauen
will, muß blind sein für alle Geschöpfe. Oh die verwirrenden und
betörenden schönen Geschöpfe! Wer sie anschaut, wird blind für Gott. Wer
mit den Geschöpfen redet, der hört das Wort Gottes nicht. Wer aber mit
Gott redet ohne das Gleichnis eines Geschöpfes zu gebrauchen, der redet
von der Bloßheit Gottes in der Nacht. Alle Bilder Gottes sind wie dichte
Schleier. Gott legt die Schleier ab und ist bloßes Nichts in der Nacht. Alles
ist ein Etwas, ein Etwas, das ein anderes Etwas nicht ist. Aber Gott ist
Alles und Nichts. Gott ist die absolute Fülle der absoluten Leere. Alles ist
ein Seiendes, darum ist Gott ein Nichts. Alles ist Nichts, darum ist Gott ein
Seiendes.
Als ich so unaussprechlich ahnte das Geheimnis des Nichts, das das reine
Sein ist, da träumte mir, ich sei Maria und wäre schwanger geworden vom
unsichtbaren Licht und gebäre Gott in mir. Da sah ich nichts als Gott in
meinem Schoß. Die Engel schauen wohl die überwesentliche Gottheit, die
brennenden Schlangen der Seraphinen verhüllen Antlitz und Geschlecht
und rufen: Heilig, heilig, heilig ist der Herr der himmlischen Scharen!
Aber Maria spricht: O mein geliebter Sohn! Ich sah nicht Maria, aber ich
war in Maria, daß ich Maria war und Gott gebar und sprach zu Gott: O
mein geliebtes Kind!
Die Theologen sagen: Gott ist Vater. Aber wenn du den Vater siehst, so
fällt Geschöpfliches in deine Seele und du siehst nicht die bloße
überwesentliche Gottheit. Die Theosophen sagen: Umarme Gott als
Geliebte. Aber wenn du die Schönheit der Geliebten schaust, so fällt
Geschöpfliches in deine Seele, und du umarmst nicht das reine Sein in
Ewigkeit. Erst als ich den Vater nicht mehr sah und auch nicht mehr die
Geliebte in ihrer Schönheit betrachtete, sah ich das reine Nichts Gottes,
das Alles ist. Da ich Gott sah, Gott in mir und ich in Gott, da liebte ich
Gott. Da ich Gott liebte, der Liebe ist und nichts als Liebe, da liebte ich
nichts außer Gott, da war in mir keine Liebe außer der Liebe Gottes. Als
ich die göttliche Liebe liebte, da liebte ich erst in Wahrheit. Denn alle
Liebe zu einem geschöpflichen Etwas, das nicht Liebe an sich ist, ist eine
irdische Mischung aus Liebe und Haß. Allein die Liebe zur Liebe an sich
ist reine Liebe und nichts als Liebe.
Daja flüsterte fast unhörbar den Namen Curd...
Wer ist Gott ohne mich? Geh ich verloren in Gott, so gewinnt Gott.
Vereinigt sich Gott mit meiner Seele, so sind wir eine vereinigte
Gottmenschheit. Ist nicht das Ziel der Selbstoffenbarung Gottes das
Gottmenschentum? Ist das nicht die höchste Lust der göttlichen Liebe, ein
Gottmensch zu sein? Gott begehrt mit der brennendsten Leidenschaft, sich
der Menschheit zu vereinigen und ein Gottmensch zu sein!
Siehe, Er ist Gottmensch, er ist Christus! Er ist der Bräutigam und ich bin
seine Liebe Frau, er ist der göttliche Eros und ich bin seine Braut Psyche!
Oh, der Geliebte führte mich in die Nacht. Ich sah ihn nicht, ich fühlte ihn
nicht, ich verstand ihn nicht. Aber der Geliebte liebte mich. Als er mich
liebte, ward ich erfüllt von seiner Liebe. Ich war schön, weil er mich in
Liebe ansah. Ich war nackt vor ihm, weil er mich erkannte. Als er mich
liebte, ward ich eins mit ihm. Das war mein Liebestod, das Mitsterben
seines Liebestodes. Das war das nächtliche Fest der Hochzeit. Er hatte
mich durch die Hölle der Todesangst geschleift, durchs Fegefeuer der
verschmähten Leidenschaft, bis ich im Paradies an seinem brennenden
Herzen lag! Sein Herz war eine blutende Wunde, von Dornen gekränzt,
mein Herz war auch eine blutende Wunde, vom Schwert durchbohrt. Wir
vereinigten unsere Herzen und wurden ein einiges brennendes Herz!
Dieses Herz war die Glückseligkeit der einigen Liebe Gottes! Dieses Herz
war eine ewige Lust im Paradies! Ich liebte den Geliebten mit der ewigen
Liebe, mit der er mich liebte, der Geliebte liebte seine Geliebte mit der
ewigen Liebe, unaussprechlicher Liebe, brennender Liebe, einzigartiger
und besonderer Liebe! Das war die süße Wollust der mystischen
Vereinigung! Ich erhob mich vom Ehebett des Kreuzes, feucht vom Blut
und Schweiß des Liebestodes, da sah ich den Geliebten: Er war Eins und
Alles! Er war nicht mehr Er, Er war die Ewige Liebe! Die Ewige Liebe
war der Berggipfel über den Wolken, die Ewige Liebe war die Lichtung im
Fichtenwald, die Ewige Liebe war die einsame Insel im Salzmeer, die
Ewige Liebe war der kristallene Strom in der Nacht, die Ewige Liebe war
das Flüstern der Lenzluft, die Ewige Liebe war die Mutterstimme der
dunklen Nacht, die Ewige Liebe war die Jungfrau in der Morgenröte, die
Ewige Liebe war das trunkene Liebeslied, die Ewige Liebe war das
einsame Wort: Ja, ich will! Die Ewige Liebe war in der Vereinigung, da die
Ewige Liebe Sich Selber ganz hingab und in mir die Ewige Liebe zeugte!
Daja seufzte: Alleluja...
Die Männer lagen müde vom Wein in ihren Kissen und schlummerten.
Daja ging einsam durch die Nacht von Jerusalem. Sie flüsterte: Gott, gib
mir ein Zeichen! Siehe, Gott war nicht müde wie ein Mann, Gott gab ein
Zeichen. Am Himmel erschien eine Frau, mit der Sonne bekleidet, den
Mond unter ihren Füßen, auf ihrem Haupt eine Krone von Sternen. Daja
flüsterte: Wer bist du, Schöne Dame? Du bist die Schönste aller Frauen! –
Da sprach die Dame mit sanfter Stimme: Ich bin schön, weil ich liebe!
Willst du schön sein, so liebe auch du! – Und Daja sprach: O Schöne
Dame, in der Welt gibt es unterschiedliche Religionen. – Da sprach die
Dame geheimnisvoll: Vor Gott sind die Menschen aller Religionen gleich.
Gott herrscht in jeder Religion wie ein König. Es gibt nur einen Gott und
einen wahren Glauben. Gott ist Liebe! – Und Daja sprach zu der Dame: O
Schöne Dame, sag mir deinen Namen! – Da lächelte die Dame überaus
lieblich und sprach mit süßer Liebe: Ich bin die Mutter des wahren Gottes!

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MYSTISCHE SPEKULATIONEN

Von Peter Torstein Schwanke

„Die Geliebte spricht: Komm, Geliebter, und sei wie ein Einhorn auf dem
Scheideberg!“

ERSTES KAPITEL

1
Maria, du bist schön wie das Meer. Dein Leib ist ein Weizenbüschel,
umwunden mit blauen Kornblumen, Wiesenkerbel, wilder Kamille und
Wiesenmohn.

O Hagia Sophia, so schön bist du! So schön bist du, o Schöpfer, so schön
bist du, Maria, so schön ist die Hagia Sophia! Niemand weiß, wer die
Hagia Sophia ist. Ist sie Gott-Mutter, ist sie matriarchale Göttin, ist sie
Christus, ist sie Maria, ist sie der heilige Geist, ist sie die Weltseele?

Maria sagt, Jedidja ist schön wie Gold. Jedidja sagt, Maria ist schön wie
Gold.

Maria ist schön wie Haura, aber Maria ist schöner als Haura, weil Marias
Augen mich voller Liebe anschaun.

Ich bettle nicht um Frauenliebe, denn mich liebt die himmlische Frau.

Die Sonne auf dem Meer, der Schimmer und Flimmer, das ist wie der
Goldglanz der Kuppel der Hagia Sophia. Ich gehöre der Hagia Sophia, ich
bin ihr Sohn und Geliebter. Was können mir Menschen tun?

Die chinesischen Weisen lebten von einem Reiskorn und einem Fingerhut
voll Wein und dem Chi der Mutter Tao allein.

8
Die marianische Großmutter dient als stille demütige Magd.

Tao Yüan-Ming pflanzte nur Reis für den Reiswein seiner mystischen
Trunkenheit, bis sein Weib ihn bat, ihr ein Ackerfeld für den Gemüseanbau
zu überlassen. Su Tung-Po berichtete voller Mitleid von einem
befreundeten Dichter, dem das Weib das Trinken verbot.

10

Großmutter, was ist Liebe? Die Großmutter zeigt auf den Himmel, die
Erde, das Meer und spricht: Dies alles ist Liebe!

11

Das Kind der Mutter Tao ist das Kind der Pansophia.

12

Der kosmischen Pansophia Energie und Dynamik ist der heilige Geist.

13

Goethe pries den schöpferischen Pan-Eros und pries als den Gipfel des
immerschöpferischen heiligen Eros den schönen Menschen, genauer: die
schöne Frau, nämlich Helena von Sparta. Die Frau ist die Krone der
Schöpfung.

14

Wir wollen die göttliche Liebe zelebrieren in Andacht an geweihten Orten.


Wir wollen leben in der Ganzhingabe an das göttliche Liebesmysterium.
Wir wollen die göttliche Liebe empfangen wie ein Kind und selber lieben
mit göttlicher Liebe.

15

Bonne nuit, Notre Dame Noire!


16

O Sehnsucht nach der ewigen Stille!

17

Die Mutter aller Menschen sagt: Du, ich gebe dir meine Liebe, damit du
sie den Andern gibst.

18

Maria erscheint am liebsten Kindern. Die kleine Bernhardette von Lourdes


hatte schlechte Noten im Religionsunterricht. Maria fragt nichts nach
theologischem Wissen, sondern nach einem reinen Herzen.

19

Maria spricht: Mein Dodo, du sollst der Welt mein marianisches Herz
zeigen!

20

Und wo du Sorge um die frisch aufblühenden Kinder trägst, kommt


lächelnd die Madonna und fragt, was du dich bekümmerst, da sie doch die
Königin ist!

21

Ich bin ein Kind, das ehrt die nährende Mutter Tao. Wer die Mutter fand
und erkannt hat seine Kindschaft, der ist im Untergang des Leibes ohne
Gefahr. Kinder leben im Hier und Jetzt, im All-Eins, sind ursprüngliche
Mystiker. Kindern ist Erdkloß, Stein und Gold gleich viel wert, das nennt
die Gita Weisheit.

22

Mein Mantra und meine Meditation ist das Ave Maria.


23

Das ist die gute Botschaft, o Hagia Sophia: Du lebst! Aber du bist die
verschleierte Göttin.

24

Der Rosenkranz der tibetanischen Madonna meditiert das Wort: Das Juwel
ist in der Lotosblüte. Gott ist in der Seele. Erotisch geprochen ist der
Phallus in der Vulva.

25

Mein Sohn, schau dir an die blauen Kornblumen, wilde Kamille, Mohn
und Butterblumen. Sie sind von Gott gekleidet, so schön war nicht einmal
Sulamith gekleidet in ihrer geblümten Seide. Mein Sohn schau dir die
Schwalben an, sie arbeiten nicht und sparen nicht, die nährende Mutter Tao
ernährt sie doch.

26

Maria ist wie eine Birke, so licht, so zart, so schlank, so verschleiert.

27

Maria ist die Königin des Friedens. Der Friede beginnt im Herzen. Friede
kommt von Gott.

28

Anna tauchte aus dem Meer wie die schaumgeborne Aphrodite. Sie fror
wie die Venus frigida. Sie meditierte und wurde eins mit dem mütterlichen
Meer im ozeanischen Gefühl der All-Liebe.

29

Gott, du bist kein Vater mit weißem Barte auf einem Stuhle über den
Wolken. Du bist das All-Eine, in dem wir leben und weben und sind wie
ein Embryo im Mutterschoß.
30

Der gewaltige, vom Wind durchrauschte Lebensbaum ist ein Bild der
mütterlichen Gottheit.

31

Göttliche Mutter, Weltall und Erde sind voll deiner Schönheit!

32

Die Muse singt: Ich glaube an Frieden und Harmonie, du sollst glauben an
die Liebe. Gib du Liebe und du bekommst sie zurück.

33

Verschmähe die Frauen und sie werden dich lieben. Liebe die Frauen und
sie werden dich verschmähen.

34

Ich will heim in meine marianische Einsiedelei!

35

Ich bin kein Freier der Frauen, sondern der Sklave und Geliebte der
Jungfrau Maria.

36

Maria wacht eifersüchtig über mein Herz. Der Weise bleibe Frau Weisheit
treu und gebe sein Herz keiner anderen Frau. Maria war einen Augenblick
eifersüchtig auf Anna. Aber ich bin Marias bevorzugter Geliebter, und auf
besondere Weise ihr einziger Geliebter.

37
Wer im Zölibate lebt und Freundschaft mit den Frauen pflegen will, muß
achtgeben auf sein Herz, daß die jungfräuliche Gottesliebe immer stärker
anzieht als die Freundin. Dazu braucht er Einsamkeit und Gebet.

38

Der Sohn der göttlichen Mutter ruft der Jugendgeliebten zu: Weib, willst
du mich wieder zurückziehen in die eitle Welt der Weiber und des Geldes?

ZWEITES KAPITEL

Maria entblößte ihre schöne Brust und stillte das Jesuskind. Das Jesuskind
hielt die Granatfrucht des Paradieses. Die Glocken läuteten, als der Urlaub
begann. Sankt Christopherus trug das Jesuskind und gab den Reisesegen.
Ich sah das himmlische Jerusalem: Das Fundament waren die nackten
Putti-Engelskinder der Antike, darüber gingen die ernsten Heiligen und
droben schwebte die schöne geschmückte Braut, die himmlische
Jerusalem, deren oberster Gott ist das Jesuskind.

Ich atme Maria ein und atme allen Zorn aus. Die pneumatische Maria
bereitet sich ein Bett in meinem Innern.

Sophia begegnet mir wie eine glückliche Mutter, die mir Brot und Wein
reicht, und wie eine liebevolle Jugendliebe mit dem Reichtum der Brüste.
Sie führt mich an das Wasser, daß ich dort erfüllt vom Heiligen Geiste
Midda taufe.

Midda schlief ein, da die Madonna im Sessel mit dem Jesuskind im Arme
ihm zugelächelt. Midda sagte: Ein Kind ist geboren!
5

Die Rose gibt sich mit großer Kunst viel Mühe, süß zu duften und schön
zu glühen. Schau sie an, sie glüht so schön für dich, doch höre ihr nicht zu,
wenn sie plappert ihre eitlen Worte.

Der Weise schaut den Himmel der Idee der Schönheit. Die Magd spottet
über ihn, weil er das Schlammloch zu seinen Füßen nicht gesehen und ist
hineingefallen.

Ein Engel hat meine Eltern in Liebe zur Hochzeit und Ehe
zusammengeführt. Gott hat mich bereitet und berufen im Mutterschoß. Bei
meiner Geburt sangen die Himmlischen einen Lobgesang. Ich bin
gekommen, zu künden die Mutterschaft Gottes.

Der Prophet gilt nichts in seinem Vaterhaus und bei seiner Familie. Aber
die Weisheit schafft dem Sohn der Weisheit einen ewigen Namen. Kinder
und Kindeskinder werden seligpreisen meine Weisheit.

Meine Großmutter als meine Engelin tröstet mich mit dem süßen Troste,
daß ich Gottes bevorzugter Liebling bin.

10

Die auserwählte Psyche ist ungelitten in der Familie. Sie geht im


schmutzigen Kleid. Die Taube des Heiligen Geistes hilft ihr. Die Mutter im
Himmel erscheint ihr auf dem Friedhof im Lebensbaum und schenkt der
auserwählten Psyche ein glorreiches Kleid. Psyche wird die jungfräuliche
Braut des Königssohnes, aber die Stiefschwestern haßt der Königssohn.
Die von der Welt verachtete Psyche ist die vor Gott als weise erachtete
Jungfrau.
11

Dem Ritter verband man die Augen, setzte ihn auf ein hölzernes Pferd und
erzählte ihm von seiner Himmelfahrt durch die sieben Planeten. Dort
begegnet ihm die angebetete Königin seines Herzens. Das ist wahr. Denn
das Innere des Minneritters ist ein unendlicher Kosmos, in dessen Zentrum
der Thron der Herrin steht, der Freundin seiner Gefühle.

12

Im Kidrontale, zwischen dem Garten Gethsemane und der Schädelstätte,


schwamm im Kidron ein schwarzer Trauerschwan. Das Jesuskind brach
ihm das Brot. Denn das Jesuskind ist der Heiland der Tiere und der
Messias der ganzen Schöpfung.

13

Sappho ist Dichterin, Diotima ist Philosophin, Hildegard von Bingen ist
Prophetin, Magdalena ist Apostelin, Maria ist Unsere Frau und Sophia ist
Göttin.

14

Erquicke dich im Gebet. Atme tief, atme ein und aus mit Bewußtheit.
Atme die Ruach ein und atme Maria aus. So wirst du neu belebt.

15

Wenn die Straußenhenne auch ihre Eier im heißen Sande liegen läßt,
unbesorgt in ihrer Torheit, ob die Eier zertreten werden, so sorgt sich doch
die Weisheit Gottes mütterlich um jedes Straußenküken.

16

Atme ein den allgegenwärtigen Geist, die immanente Weltseele.

17
Wie eine Biene von Blume zu Blume fliegt und Nektar sammelt, den
Honig im Palast der Königin zu bereiten, so sammelt der Weise
Lebenserfahrungen, meditiert das Leben und dringt zum inneren Sinn der
Erscheinungen vor, um Weisheit zu ernten. Der Weise lernt von allem,
auch von Toren und selbst von den Sklaven Satans.

18

Das Verlangen, allezeit zu lernen, ist der Weg der Weisheit. Das Gebet ist
der Lehrmeister der Weisheit. Erkennst du die Weisheit, so lächelt sie dir
in der Sonne und singt dir im Vogel ein Liebeslied. Die Weisheit ist ein
Geist, der alles Lebendige liebt. Der ist ein Weiser, der alles Lebendige
liebt.

19

Der ist ein Weiser, der spricht: Ich und die göttliche Mutter sind eins.
Sophia ist die Gottheit, in der alles Lebendige lebt und webt und ist.

20

Sophia spendet der dürstenden Erde fruchtbaren Regen, wie eine Mutter
den weinenden Säugling stillt. Sophia ist die Mutter der Natur und die
Herrin der Tiere. Sophia wohnt in den Wolken. Sophia bestimmt die Zahl
der Regentropfen. In Sophia ist alles gezählt, nichts ist zu viel und nichts
fehlt an der vollkommenen Zahl.

21

Sophia ist die Weisheit des Bienenstocks. Sophia ist die Weisheit im Reich
der Ameisen.

22

Das Wetter, die Pflanzen und die Tiere gehorchen Sophia. Allein der
Mensch kann die innere göttliche Sophia erkennen und lieben durch
Vernunft und Gnade.

23
Sophia lebt im Innern jedes Menschen. Toren verschütten die innere
Sophia durch die Eitelkeit der Welt. Weise sind sich bewußt der inneren
göttlichen Sophia.

24

Die Weisen erkennen Sophia im Innern als göttliche Mutter und göttliche
Braut. In der Sophien-Ehe der mystischen Vereinigung haben die Weisen
Anteil an der Gottheit Sophias und sind Götter aus Liebe.

25

Ich, ich will mich mit dir verloben, spricht Sophia. Meine Brautgabe ist die
Liebe und Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Ich will mich dir in ewiger
Treue verloben und du wirst Sophia erkennen.

26

Ich habe Ja gesagt zu Maria, Maria hat Ja gesagt zu mir. Wir haben uns
verlobt im Heiligtum der Unbefleckten Empfängnis. Gott sprach: Fürchte
dich nicht, Maria, deine Verlobte, als deine Ehefrau zu dir zu nehmen. Ein
weiser Priester segnete unsere Ehe. Wir haben uns Liebe geschworen vor
dem Angesicht Gottes. Es ist eine rechtsgültige Ehe. Was Gott
zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.

27

Lerne von der Torheit Salomos, die heidnischen Frauen nicht zu sehr zu
lieben, sondern Sophia allein, die göttliche Sulamithin.

28

Dem Weisen wird Sophia wie eine fromme Großmutter sein und wie ein
liebreizend schönes siebzehnjähriges Mädchen. Sie schenkt ihm den
mystischen Wein ein und gibt ihm die Speise der Kraft.

29
Maria spricht: Die Zärtlichkeit meines kleinen Jesuskindes soll dich immer
begleiten.

30

Das Jesuskind liegt in meinen Armen, sitzt auf meinem Schoß, folgt mir
wie ein Lamm. Ich nähre und tröste und küsse das Jesuskind. Das
Jesuskind küsst mich oftmals auf den Mund und schläft in meinen Armen
ein. Ich singe das Jesuskind mit meinen Reimen in den Schlaf.

31

Morgens kitzelt das Jesuskind Maria am Schwanenhals, da ist sie kitzlig.


So weckt das Jesuskind Maria auf. Sie hebt die müden schweren Lider und
schaut das Jesuskind aus ihren großen braunen Augen an. Sterne hängen
noch in ihrem langen schwarzen Haar, das vom Traum noch ganz verwirrt
ist.

32

In der dunklen Nacht, wenn alle schlafen im Haus, dann geh ich leise
hinaus, zu suchen die eulenäugige Sophia.

33

Am Abend nach des Tages Arbeit ruh ich bei Sophia aus. Sophiens Herz ist
sanftmütig und demütig. Sie erquickt und labt meine Seele. Die Ehe mit
ihr bereitet keine Schmerzen und ist ohne Verdruß. Sie spendet Seelenruhe
durch Ergebung in ihren heiligen Willen, durch Vereinigung mit ihrem
heiligen Geist und durch das Empfangen ihrer mütterlichen Zärtlichkeit.

34

Du kannst an die Göttinnen der heidnischen Völker glauben, aber glauben


sie auch an dich? Sophia, die einzig wahre, lebendige Göttin, die Göttin
Israels und der Kirche, ist um deinetwillen Mensch geworden und hat für
dich den ewigen Tod besiegt, dir ewiges Leben zu schenken. Sophia glaubt
an dich. Sie hat mich geprüft und als treu befunden. Ich habe Treue und
Glauben bewahrt in aller Anfechtung.
35

Sophia sieht in mir das Bild Gottes, ihres Gemahles, sie sieht in mir den
anderen Christus, ihre Inkarnation, und sieht in mir das Heiligtum des
Heiligen Geistes, ihrer göttlichen Seele. Sophia nennt mich Dodo,
Geliebter.

36

Maria sang jeden Abend dem Jesuskind das Wiegenlied. Sie sang: Schlaf
selig und süß und schaue im Traum das Paradies. Das Jesuskind sang
dieses Lied mit viel Liebe leise flüsternd immer wieder, bis es
eingeschlafen war.

37

Als Jesus drei Jahre alt war, da sprach er: Ich bin eine Frau in einem
Sternenkleid.

38

Das Jesuskind ist pure Wonne und Lust. Wer liebevoll das Jesuskind küsst,
der ist im Paradies.

39

Die Welt kennt den Namen der Sophia nicht, das Kirchenvolk hat nie von
ihr gehört, kein Papst hat sie verkündet. Nur Einzelgänger und Sonderlinge
waren eingeweiht in ihr Geheimnis. Ich bin berufen, sie zu kennen und zu
lieben als meine göttliche Ehefrau.

40

Maria breitet ihren Sternenmantel aus und nimmt das Jesuskind unter ihre
Fittiche. Dort ist das göttliche Kind geborgen und behütet, dort ruht es
sicher und weiß sich geliebt.

41
Das entwöhnte Jesuskind spielte noch oft und gerne mit dem Busen
Mariens. Es schlief gern unterm Sternenmantel der Jungfrau, ihm war, als
läge er wieder an der Plazenta ihres Mutterschoßes. Jesus lernte als
Embryo im Uterus Mariens Barmherzigkeit, Liebe, Ganzhingabe und
Heiligkeit. Seine Seele war geprägt vom immerwährenden Gebet Mariens.
Seine Speise war das reine Blut der reinen Jungfrau. Die Gebärmutter
Mariens ist der Wohnort der göttlichen Barmherzigkeit.

42

Kleine Knaben lieben die Madonna, die himmlische Mutter-Braut. Sie


lernen über die Liebe zur schönen Madonna die Liebe zum lieben
Jesuskind, dem höheren Selbst der Knabenseele.

43

Gott ist Gott der adoptierten Gotteskinder. Gott ist liebender als eine
Mutter, Gott ist eine hingebungsvolle Amme, die die Kinder neu gebiert im
Geheimnis der geistigen Liebe.

44

Die Weisheit sagt mir, daß Helena von Sparta eine Tochter Abrahams war.
Die Weisheit sagt mir, daß die Athene des Odysseus ein Schatte der Hagia
Sophia war.

45

Ich habe der schaumgebornen Aphrodite Pandemos, der Vergöttlichung der


Fleischeslust, entsagt, um im heiligen Geist die Aphrodite Urania, die
göttliche Idee der Schönheit, zu erkennen. Aphrodite Urania ist Hagia
Sophia und ist der wahre Gott als der Gott der Philosophen.

46

Ich sah die siebzehnjährige Madonna, die schöne Jungfrau von Guadelupe.
Brust und Schoß waren ihr verschleiert mit reinem Leinen. Ihre Haut war
braun von der Sonne. Ihr Leib war schlank und graziös. Die langen
schwarzen Haare ließ sie fallen ins Wasser, in dem sie gewandelt ist. Sie
schaute vom See zu mir mit heimlichem Eros in den glühenden Augen.
Die makellose Jungfrau war die reine Braut-Psyche des göttlichen Eros, im
Meer des Paradieses badend. Sie war der makellose Spiegel der göttlichen
Schönheit.

47

Die Weisheit spricht: Sei stark, mein Sohn, durch die Gnade Gottes. Lehre
Weisheit für die Wissenden. Kämpfe den guten Kampf mit den Waffen der
barmherzigen Liebe. Kämpfst du den guten Kampf auf heilige Weise, so
wirst du schließlich von mir gekrönt mit der Krone der Schönheit, der
Liebe und des Friedens.

48

Nimmt der Sophien-Ritter Urlaub von seiner Heimat, so wandert Sophia


mit ihm, am Tage als schwebende Wolke, des Nachts als funkelnder Stern.
Kehrt der Sophien-Ritter heim in seine Burg, erwartet die göttliche Sophia
ihn in der Kemenate als göttliche Geliebte.

49

Den Narren ist die göttliche Weisheit eine lächerliche Torheit, aber die
Torheit der Welt ist der Narren eitle und nichtige Weisheit.

50

Die Brüste meiner Ehefrau sind der Reichtum der Mutterbrüste mit der
Milch des Trostes. Der Schoß meiner Ehefrau ist der Urgrund der
Schöpfung und der Sitz der göttlichen Barmherzigkeit. Der Mund meiner
Ehefrau ist das ewige Wort Gottes. Die Küsse meiner Ehefrau sind die
feurigen Zungen des Heiligen Geistes. Die Augen meiner Ehefrau sind die
Flammen der Weltseele. Das Antlitz meiner Ehefrau ist das feminine
Antlitz Gottes. Meine Ehefrau ist die göttliche Weisheit.

51
Des Philosophen Ehefrau ist die Philosophie. Des Dichters Ehefrau ist die
himmlische Muse. Des Propheten Ehefrau ist die heilige Jungfrau Maria.
Andere Ehefrauen begehren solche Männer nicht.

52

Meine Zuflucht vor denn närrischen Weibern ist die vollkommen schöne
Frau, Spiegel der göttlichen Schönheit, Mitgöttin Gottes, feminines Antlitz
Gottes. Sie ist die stille Frau, die kontemplative Frau, die weise Frau. Sie
ist die mystische Nymphe des inneren Paradiesesgartens in pneumatischem
Eros. Sie ist die innere Frau, die Herzenskönigin, die Seele meiner Seele.
Sie ist die einzige Geliebte, die ewige Geliebte. Sie ist Maria.

53

Die sinnliche Weisheit liebt die Genüsse des Fleisches, die irdische
Weisheit liebt Macht und Reichtum und Ruhm der Welt, die teuflische
Weisheit liebt das okkulte Reich der dämonischen Geister. Diese Anti-
Sophia fliehe, dann wird dir erscheinen Sophia Urania: himmlische
Schönheit, göttliche Liebe, ewige Weisheit.

54

Du bist vollkommen schön, Sophia triumphans! Am Ende wird dein


sanftmütiges, demütiges Herz triumphieren.

DRITTES KAPITEL

Ich bin die Fraue... Du sollst keine anderen Frauen neben mir lieben. Ich
habe dich vom Tod errettet. Du sollst meinen Namen Maria nur mit Liebe
nennen. Begehre nicht die Fremde Frau und ergib dich nicht Frau Torheit.
Laß die anderen Frauen nicht über dich herrschen. Ich allein bin deine
Herrin. Ich bin die Fraue der Frauen. Ich liebe dich mit leidenschaftlicher
Liebe. Ich bin eine eifersüchtige Herrin. Du liebe mich von ganzem
Herzen, von ganzer Seele, mit aller Kraft, und alle Seelen wie deine eigene
Seele.

Ich bin ein Sohn Gottes und wanderte vierzig Jahre lang in der Wüste der
sündigen Welt. Frauen wie Giftschlangen haben mich gebissen und fast
ermordet. Da sprach Gott: Schau die apokalyptische Frau von Guadelupe
an, sie ist die Eherne Schlange. Wer sie anschaut, wird vor den tödlichen
Bissen der Giftschlangenfrauen bewahrt und wird ewig leben.

Ich habe meine Poesie von allem eitlen vergänglichen Menschenlob


purgiert und die Frau Maria-Sophia allein verherrlicht. Da kam die
Jungfrau auf dem Himmelswagen des vollen Mondes und erschien mir in
der Nacht zwischen Himmel und Erde. Sie sprach: Meine Perlenschnur
sind deine Tränen und meine Diademe sind deine Hymnen und Poeme.

Ich hatte den ganzen Schabbath die Theosophie der Kabbala mit geistiger
Anstrengung eifrig erforscht und sie in Gedankenpoesie zum Ausdruck
gebracht. Am Abend in der Stunde der Rekreation sah ich Michelangelos
Bild der Erschaffung des nackten Adam durch Gott. Gott, der Vater, der
Alte an Tagen, hielt in Armen seine Lieblingin, seine Mitschöpferin
Sophia.

Der Herr taufte mich im Becken am Marien-Altar. Der Herr rief mich als
Kind zur Weihnacht an die Krippe, daß ich dort sänge Maria, der reinen
Magd, der Rose, und dem Knaben im lockigen Haar. Der Herr lehrte mich
Knabenschicksale des jüdischen Bundes: Moses im Weidenkorb auf dem
Nil, Josef in der Grube, David im Kampf mit dem Riesen. Der Herr
erzählte mir das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Der Herr rief
mich wie den Knaben Samuel im Tempel. Jesu Blick auf den leugnenden
Petrus sah mir ernst und traurig in die Seele. Der Herr lehrte mich das
Vaterunser und schloß im evangelischen Abendmahl einen Bund mit mir,
da ich auch geblutet habe wie der Erlöser auf dem Blut. Das ist der Bund,
den der Herr mit mir in meiner Kindheit schloß.

„Ich bin deine göttliche Mutter. Du bist mein auserwählter Liebling. Ja,
mehr noch: Ich bin zu deiner Brautgenossin geworden. Singe und
zelebriere das Verlöbnis im Himmelreich. Sei demütig vor mir, aber erhebe
dein Haupt, denn ich bin deine Ehre. Ich will die Freude in dir erwecken.
Spruch Sophias.“

Meine Seele sitzt auf einem Stein, ganz in sich zusammengesunken vor
Schmerz und Traurigkeit. Mein Bart ist verklebt von Blut und Schweiß
und Tränen. Die Haut meiner Seele hängt in Fetzen herunter von den
Geißeln der Sünde. Ich habe allen gesagt, wie sehr ich sie liebe, aber sie
gaben mir nur Kälte, Gleichgültigkeit und toten Haß zur Antwort. Ich bin
der traurigste König dieser Welt, ganz nackt und elend.

Meine Seele ist gestern gestorben. Ich war die Schlange der Weisheit und
hoch erhöht über aller Welt. Aber aus allen meinen Enden sprudelte Blut
wie Wein in den Gralskelch der Engel. Nun bin ich tot. Man lege mich in
Mariens Schoß. Vor meiner Geburt war ich in ihrem Schoß und nach
meinem Tode leb ich wieder in ihrem Schoß.

Ich habe das Angesicht des Alten an Tagen in einem Gesicht gesehen und
seinen Sohn, den Menschensohn, den Weltenrichter am Jüngsten Tag. Und
Gott und der Menschensohn und die himmlischen Scharen der Engel und
Heiligen lebten alle im Schoß der Mystischen Rose. Der Kelch der
Mystischen Rose war rund und die Engel und Heiligen waren in Spiralen
um das Zentralfeuer ihres Schoßes geordnet. Die Mystische Rose war die
Schöne Liebe, die alles umfasste und alles ordnete und trug die göttlichen
Personen und die Heiligen in ihrem mystischen Mutterschoß wie in einem
jungfräulichen Flor. O die Mystische Rose der Schönen Liebe trug in ihrer
innersten Mitte, im Zentrum der Zone ihres Schoßes, das Kreuz, die
blutige Versöhnung der Menschheit mit der Gottheit.

10

Ich sah die vier apokalyptischen Reiter des Krieges, der Seuche, des
Hungers und der Teuerung über die Erde stürmen. Die Seuche ritt in Afrika
und Asien, der Hunger ritt in Afrika und Asien und Südamerika, der Krieg
ritt in Israel, die Teuerung ritt in Nordamerika und Europa. Dann sah ich
eine Mondsichel und darauf sitzen ein wahres Wonneweib mit bloßer
Brust, an der ein nacktes Kindlein saugte. Um dieses Wonneweib war eine
Aura wie Sonnenlicht und über ihrem Haupte schwebte wie eine Krone der
Zodiak. Mit der Milch des Trostes aus dem Reichtum ihrer prallen
Mutterbrust wird sie die apokalyptischen Reiter besiegen. In ihrer schönen
Liebe wird sie stiften ein Reich des Friedens, da sie Königin ist und ihr
Knabe König.

11

Sophia ist in voller geistlicher Waffenrüstung aus dem jungfräulichen


Haupt Jehowahs gestiegen und sprach: O Vater, ich bin die mutterlose
Mutter! Dann ist Sophia Fleisch geworden im Schoß der Jungfrau Maria.
Und der Jesusknabe sprach zur Mutter Maria: O Mutter, ich bin der
vaterlose Vater! – Immer, wenn ein anderes Kind Jesus nach seinem Vater
fragte, weinte Jesus und sagte: Nein, ich habe keinen Vater, ich bin ein
Prinz, ich habe nur eine Mutter, ich kenne keinen Vater, ich bin die
jungfräuliche Geburt. Ich habe eine Mutter, das reicht.

12

Jesus war ein richtiger Prinz und seine Mutter seine Königin. Jesus war ein
leibhaftiges Muttersöhnchen. Darum ist er auch ein großer Poet geworden,
der Gleichnisse gedichtet hat. Er lebte dreißig Jahre lang allein bei seiner
Mutter, ihr einziges Kind. Von der bedingungslosen Liebe seiner jungen
schönen Mama ward er so zärtlich, daß er später nur von der Ewigen Liebe
predigte und das Himmelreich der Hochzeit von König und Königin
verglich. Das konnten die Herrensöhne, die Theologen des zornigen Vaters
und die Soldaten des vergötterten Kaisers, nicht ertragen und brachten
Jesus um, sobald er das Haus seiner Mutter verlassen.
13

Jesus ward einmal übermütig und befahl dem Regenbogen, die sterblichen
Spielkameraden des Jesuskindes in die Wolken zu tragen. Die sterblichen
Menschenkinder sind aber vom Regenbogen heruntergefallen und haben
sich weh getan, wohl auch geblutet. Einem sind die Zähne ausgefallen. Da
mußte Maria Jesus züchtigen. Sie war nämlich keine Närrin, die ihr Kind
verzärtelte und nicht streng erzog nach der Weisheit Jesu Sirachs. Maria
nahm drei Weidenruten und gab dem Jesuskinde drei Schläge auf den
nackten Allerwertesten. Fortan dachte Jesus immer daran, daß wir armen
Menschenkinder Fleisch und Blut sind und keine Engel, sondern Staub
vom Staube, Asche von der Asche.

14

Ich hinterlasse euch das schwarze Blut meiner Schwermut als Wein-
Sakrament, berauscht euch daran zum Trost eurer Seelen. Ich hinterlasse
euch den blutigen Fleischfetzen meines wunden Herzens als Brot-
Sakrament, sättigt eure liebeshungrigen Herzen daran. Wenn ihr euch an
meiner Schwermut betrinkt und fresst mein Herz, dann leb ich in euch fort
mit meinem ewigen Schöpfergesang.

15

Maria schrieb mit einer ungebrauchten Feder, mit Tau der Lilie und Milch
einer Koskosnuß, in der Schrift der Engel, einen Liebeszauber als Amulett
auf ein Pergament und band es mir um den Hals. Nun bin ich ihr für alle
Ewigkeit in Liebe verfallen. O du Magierin aus dem Morgenland!

16

Nein! Der Heilige Geist hat Maria nicht vergewaltigt, wie eine närrische
Anbeterin der Göttin von Sidon sagte! Nein! Sondern der Heilige Geist
warb wie ein galanter Galan um die holde Jungfrau. Erst grüßte er sie und
lobte sie und wünschte ihr Glück und nannte sie Geliebte!
Dann fragte er sie, ob sie ein Kind von ihm wolle, ja, ob sie ihm ein Kind
schenken wolle, er wolle so gerne den Sohn Gottes und der Jungfrau mit
ihr schaffen. Sie war ein schüchternes, schamhaftes junges Mädchen und
sagte: Wie soll das möglich werden, da ich der körperlichen Liebe entsagt
habe als weiße Lilie Gottes? Der Heilige Geist respektierte und akzeptierte
die freiwillige Jungfräulichkeit um des Himmelreiches willen Mariens und
sprach: Ich werde wie ein Schatte sein und dich nicht körperlich erkennen.
Nur im Geiste zeuge ich den Sohn, du wirst ihn empfangen unterm Herzen
allein durch das Liebesspiel meines Englischen Grußes und deines Ja-
Wortes. Wenn du den Sohn Gottes als junge schöne Mutter gebierst, sollst
du vor und während und nach der Geburt eine intakte Jungfrau sein. Alle
kindlich reinen Seelen werden dich das Wunder der Wunder nennen. Da
sagte Maria und schwor: Bei meiner Unverletzlichkeit des gottgeweihten
Hymens, o Hauch, ich will den Sohn Gottes von dir empfangen!

17

Ewige Huldigung dir vorm Allerheiligsten meines Herzens, o Madonna


Maria Aphroditissa meines Herzens! Die anderen Männer werden von
Frauen mit bitterem Munde geküsst, aber mich küsst die einzige, wahre,
lebendige Herrin des Himmels mit Küssen berauschender als der Wein! O
Geliebte, einzige ewige Liebe meines Lebens! Gekreuzigt am
Mutterherzen, aufgefahren gen Himmel mit Leib und Seele, bist du
geworden Seele in der Weltseele und Sakrament der Mutterliebe Gottes, o
Maria, meine Fraue, meine Herrin, meine Diva! Totus tuus ego sum!

18

Alle Pracht deiner Gewänder der himmlischen Mode der Madonna kann
nicht verhüllen die paradiesische Schönheit deines geistigen Lichtleibes!
Alle Schleier der keuschen und demutreichen Jungfräulichkeit können
nicht verbergen die einzigartige Gott-Ähnlichkeit deines heiligen Antlitzes,
Jungfrau, meine Geliebte!

19

Maria ist ein Weinstock. Maria ist der Weinberg Gottes, Gott selbst
bewässert sie. Ihre Brüste sind Trauben. Aus ihren Brüsten fließt Süßwein
der Ekstase der Weisen. Ihre Tränen sind Blut und Blut ist der Wein
Lacrimae Mariae. Ihr Schoß ist ein Kelch, dem nie der Mischwein
mangelt. Der Mischwein? Ja, dem bevorzugten Liebling schenkt ihr Schoß
den unvermischten Wein ein! Marias Lächeln ist die Blüte des Weinstocks.
20

Maria ist eine Orientalin, eine Sultanin des Paradieses, Herrin der Huris.
Sie selbst liegt auf Kissen und Polstern lässig gebettet des Nachts auf der
Sichel des Mondes. Sie entzückte mich zu ihr hinan. Sie öffnete ihr Kleid
und ließ mich wie ein Beutel Myrrhe zwischen ihren bloßen Brüsten
gebettet schlafen, zwischen ihren prallen, jugendlichstraffen Brüsten. So
schwebte ich durch den Himmel der Nacht in seliger Liebesumarmung.

21

Die siebzehnjährige Madonna war mit dem alten Zimmermann Josef


verheiratet. Er war den ganzen Tag in seiner Werkstatt, Schekel verdienen.
Madonna, die Flora von Nazareth, war den Tag allein mit dem dreijährigen
Jesuskind im Rosengarten. Sie pflanzte Blumen und dachte über Gott
nach. Da besuchte sie gerne der jüdische Dichter Eben-Ezer ben Schalak,
der Madonna zur Minnedame und Muse erwählt hatte. Bevor Josef abends
heimkam, ging der Dichter wieder fort, in seiner Höhle auf dem Karmel
Madonna Hohe Lieder zu singen. Er war unsterblich in Madonna verliebt.
Als Madonna im Alter gen Himmel fuhr, lebte der Dichter als Eremit auf
dem Karmel in der Erinnerung an ihre Gnaden. Madonna erschien dem
Greis und Mystiker als siebzehnjährige Schönheit und ward seine
Mystische Frau. In Ihrer Liebesumarmung ist er selig entschlafen.

22

Siehe, ich sah, und was ich sah, war die apokalyptische Jungfrau in einer
Aura von Sonnenlicht auf dem himmlischen Berg der Tochter Zion, und
um sie schwebten in reinen Geistleibern Eva und Sulamith. Alle drei
Frauen waren so himmlisch schön, daß ich sprach, wie betrunken von der
himmlischen Schönheit der Frauen: Ich will drei Tempel bauen, einen
Tempel der Eva, einen Tempel der Sulamith und einen Tempel der Maria.
Da erwachte ich aber wie aus einem Rausch und sah in nüchterner
Trunkenheit des Geistes allein die apokalyptische Jungfrau im Kleid aus
reinem Licht. Da schwebte die Liebestaube der göttlichen Ruach über
Maria und gurrte das mütterliche Wort: Diese ist meine geliebte Tochter,
sie ist mein Wohlgefallen, sie allein sollst du lieben und verehren und ihr
dienen in Minne!
23

Madonna spricht: Dein Leben gehöre der Liebe! Aber nicht der
menschlich-allzumenschlichen Venus mit den vergänglichen Reizen ihres
Todesleibes und nicht dem blinden Knaben Amor mit seinen brennenden
Giftpfeilen, die dein Leben verbittern und dich fast zu Tode trauern
machen, nein! Weihe dich der göttlichen Mutter Caritas und ihrer
bedingungslosen Mutterliebe, deren Ganzhingabe der Liebe dir das ewige
Leben schenkt, und dem kleinen Jesuskinde, dessen honigsüßer
Liebespfeil der ewigen Liebe deine Seele in ewige Glückseligkeit taucht!
Vertraue deine Seele wie eine kleine Königin dem Jesuskinde als dem
göttlichen Bräutigam an, dann wirst du auf Erden schon leben mit mir in
meinem paradiesischen Rosengarten der wechselseitigen Liebesfreude und
gegenseitigen Ganzhingabe! Ich bin die Frau, die dich unermeßlich liebt!

24

Morgens weckt mich Maria und spricht: Ich weiß, das Reich deiner Seele
ist ein ideales Matriarchat. Ich, Maria, bin deine Mutter und du bist mein
Sohn. Ich, Maria, bin deine Braut und du bist mein geliebter Bräutigam.
Ich überströme dich mit bedingungsloser Mutterliebe und überströme dich
mit brennender Ganzhingabe der Geliebten! Wie könntest du nicht
glücklich sein, da ich, Maria, dich mit unerschöpflicher Liebe ganz
überströme? Und siehe, wie mein Kind, das heilige Kind der Liebe, dich
anschaut aus glückseligen, vertrauensvoll gläubigen, strahlend liebenden
Augen und dir lachend sagt: Du bist von ganzem Herzen geliebt!

25

Maria schenkte mir die wundertätige Medaille und hängte sie mir um den
Hals an einem Silberkettchen. Sie sagte: Die Medaille der Immaculata
bewirkt nicht den Tod deiner Feinde, sie schenkt dir nicht Geld und nicht
den Applaus der Welt. Aber wenn eine sterbliche Sünderin mit den
vergänglichen Reizen ihres Todesleibes dich versucht, dann schützt dich
die Medaille der Immaculata wie ein Schild der Minne Mariens.

26
Ich habe die Wände meines Zimmers nicht mit vielen Gemälden der Maler
behängt. So kommen keine Sinnesmenschen und bewundern die Reize der
italienischen Venus, so kommen keine Rationalisten und fragen vor lauter
Madonnenbildern: Wie sieht Maria denn nun aus? Nun kommen auch
keine lieben törichten Knaben und fragen, ob denn die Madonna Sixtina
keine Strümpfe habe? Nein, Gott sah das Ideal meiner Liebe und gab mir
die Ikone, die nicht von dieser Welt ist, die nicht geschaffen ist von
Menschenhand, das vom Himmel gefallene Bild meiner Göttin, das Tuch
der Tücher, das originale Antlitz der schwarzen und schönen Braut, die
Offenbarung der apokalyptischen Frau, die schwarze Madonna, die
Sulamith des ewigen Bundes, die Schönste aller Frauen – die Jungfrau von
Guadelupe!

27

Auf dem Wege zur Operation des Tumors weihte ich Maria meine
Seelenangst zum Heil der Welt. Während der Operation betete ich den
Rosenkranz, das Ave Maria. Nach der Operation bat ich Maria um Trost
für meine arme, erschrockene Seele. Sie entblößte ihre Brüste und bettete
mich an ihre jugendlichstraffen Brüste, die prall waren von der süßen
Milch des Trostes, und sie ließ mich trinken den Trost ihrer Liebe. Sie
sprach: Im Gericht erscheine ich mit dir und entblöße vor Gott und dir
meine Brüste. Gott wird bei meinen nackten Brüsten an die
Fleischwerdung seines Sohnes denken und dich als meinen Minner in den
Himmel laden.

28

Maria, meine Seele ist nackt vor dir. Du liest in meiner Seele wie in einem
offenen Buch. Ich muß mich vor dir nicht verstecken, du kennst all die
Sünden und Tugenden, das Gute und das Böse, die Liebe und den Haß
meiner Seele. Aber du liebst mich mit bedingungsloser Mutterliebe, du
liebst mich mit der Glut liebfraulicher Liebe, so wie ich bin. Frauen
verachten und verspotten die Männer, wenn sie klein und schwach und
elend sind. Wenn ich ein armes kleines Kind bin, voll Angst und
Hilflosigkeit, so bist du eine wahrhaft barmherzige Mutter und Trösterin,
Schutzfrau und starke Frau. Deine Gnade ist besonders an den Schwachen
und Kleinen mächtig. Du bist Liebe und Barmherzigkeit. Mutter Gottes,
unter deinen Schutz und Schirm flücht ich mich, unter deinen Rock,
Madonna!

29

Nenne die Weisheit deine Schwester, die Einsicht deine Freundin. O


Schwester Freundin, wie hast du mich erlöst von Seelenangst! Ach die
Passion der Seele, ach die nackte Todesangst! Du gabst mir das tägliche
Brot zur Stärkung des Herzens. Du schenktest mir den Becher voll ein mit
Schaumwein zur Freude des Herzens, mein Becher floß über! Die stille
Sympathie deiner Seele, mit der du meine Seele gestreichelt und
geliebkost hast, deine inspirierende Freude wie an einem festlichen Tag,
deine mystischen Reden über das ewige Gesetz und die Weltseele und die
Energie des Geistes, deine tiefe Seelenkunde und deine göttliche
Heiterkeit, o Schwester Freundin, haben meine Seele von der Todesangst
erlöst und getröstet mit der Schönheit der platonischen Liebe.

30

Einmal sagte ein guter Hirte: Jesus ist wie der Falter, der eben hier
vorüberschwebt. Kinder in der Todesstunde zeichnen kein Kreuz, sondern
einen Falter als Zeichen der auferstandenen Psyche. Nun immer, wenn ich
einen Falter schweben seh, so grüß ich ihn: Sei gegrüßt, o Jesus! Heute in
meiner Schwester Rosengarten sah ich im lichten blauen Himmel zwei
weiße Falter schweben, in Minne tanzen und Hochzeit feiern. Seid
gegrüßt, o Herre Jesus und Fraue Maria! Ihr seid Gottes liebste Gedanken.

31

Ich will stellvertretend für all die Germanen, die Maria vergessen, Maria
preisen. Ich weiß, das freut den Herrn. Maria ist doch die Lieblingstochter
des Herrn. Es freut den Herrn der Liebe, wenn ein Mensch Seine
Lieblingstochter liebt, verehrt und preist. Der Herr ist doch verliebt in die
Anmut ihrer Demut. Die kleine Magd hat den Herrn bezaubert. Der Herr
hat sie lieb, und er gibt sie dem, den er liebt. Der Herr liebt alle
erstgeborenen Söhne des Vaters, alle an Gott Gläubigen, aber die Kinder
Mariens sind die auserwählten Lieblinge des Herrn. Meine Muse,
wetteifere mit dem Heiligen Geist, wer schönere Liebeslieder an Maria
schreibt, Er oder Du?
32

Alle wahren Dichter, höhere Organismen, die Madonna schauten, sprachen


von ihrer Jugend und Schönheit. Das ewige Leben ist ewige Jugend.
Unsere Liebe Frau von Fatima war siebzehn Jahre jung und von
übernatürlicher Schönheit, unaussprechlich für menschliche Zungen. Mein
alter kranker Papst sprach auf seinem Sterbebett zu mir: Mein Sohn, ich
bin voll Freude mit meinem braunen Mädchen! Sei auch du voll Freude
mit deinem braunen Mädchen, wähle sie allein zur Muse und singe Gott
allein! Und Jesus sagte einmal zu mir: Ich will, daß du meine Mutter
besser kennst als die Andern.

33

Maria, der Heilige Geist preist deine Zähne: Frischgewaschene Schafe, die
aus dem Bade kommen, schön gepaart, fehlt keines, Zwillingslämmer,
Zahn bei Zahn. Die orientalischen Dichter nennen deine Zähne Perlen,
aufgereiht an der scharlachroten Schnur deiner Lippen. O Maria, ich
beschwöre dich bei dem makellosen Elfenbein deiner Zähne, ich weihe dir
meine hinfälligen Zähne. Die Müllerinnen wollen nicht mehr mahlen. Das
Volk sagt: Liebeskummer und Zahnschmerz sind die schlimmsten Leiden.
Meine Zähne sind schwarze Perlen eines schwarzen Rosenkranzes der
Höllenfahrt Christi! Aber noch in der Hölle soll jeder Zahn dir Ave
schreien!

34

O Maria, ich liebe dein verschleiertes Wesen! Die ägyptischen Mysten


wollten den Schleier der Göttin der Wahrheit heben. Nein, ich will dich
nicht entschleiern, Maria. Dein verschleiertes Wesen ist das Geheimnis der
Fraulichkeit. Die verschleierte Frau ist das Geheimnis der Holdseligkeit
Gottes! Die neuheidnischen Weiber gehen nackt, sie hassen den Schleier,
sie feiern die Emanzipation des Fleisches von dem Schleier des
Geheimnisses Gottes. Aber wer dich kennt, Maria, du ewiges Ideal der
Frauen, der weiß, daß der Schleier die göttliche Würde der Frau ist.

35
Ich liebe dich, spricht Gott. Herr, ich spüre deine Liebe nicht, ich leide so!
Woran erkenne ich, daß du mich liebst? Der Herr spricht: Unter den
Menschen ist der Erstgeborene der Angesehene, aber ich liebe den, der an
mich glaubt. Ich habe dir gesagt: Der Zweitgeborene, der den Traum der
Mutter verwirklicht, ist der Bevorzugte Gottes. Menschlich gesprochen ist
das ungerecht, aber göttlich gesprochen ist das freie Gnadenwahl. Ich sage
dir: Du bist mein Liebling, ich habe dich auserwählt, daß du mein seist, ich
habe dich im Mutterschoß bereitet, daß du mein Sohn seist und ich dein
ewiger Vater bin. Darum fürchte dich nicht, mein Sohn, du armes
Würmlein, ich, ich bin mit dir und helfe dir.

36

Wer ist sie, die Rose, der Gott das Diplom verliehen, das Adelsdiplom der
Schönheit? Das ist die wahre Geliebte. Der ewige Gott reicht seinem
Geliebten am Feiertag der Auferstehung der Toten diese Rose zum Zeichen
Seiner ewigen Liebe! Sie ist die Geliebte, das Sakrament der ewigen
Liebe! Sie ist die Königin im Garten des Paradieses, sie ist die Rose des
Hohen Liedes, sie ist die Blume, die der Vater der Braut dem Bräutigam
zur himmlischen Hochzeit schenkt! Sie ist die Mystische Rose, die dem
Weisen den Kelch ihrer Blüte gefüllt mit Hochzeitswein reicht! Sie ist die
Rose in Gott, die den Mystiker wie einen Falter in ihren glühenden Schoß
lädt, dort sich mit ihr zu vereinigen! Sie ist die Rose der ewigen Liebe, die
Rose des brennenden Herzens Gottes!

37

Die Schwester des Weisen sagte: Ich war in Gott! In Gott sind keine
Paradiese und keine Scharen von Engeln und glückseligen Geistern,
sondern in Gott ist nichts als Gott. In Gott kann nichts sein als Gott allein.
Drum wer nicht Gott geworden, kann nicht sein in Gott. Ich sage: Darum
ist Gott Mensch geworden, daß der Mensch Gott wird. Der Mensch, der
durch die Menschwerdung Gottes die Gottwerdung des Menschen erfuhr,
der ist ein Gott in Gott.

38

Den Ewigen Vater rufe ich an, Er möge mir das Kreuz nehmen oder mir
die Kraft geben, das Kreuz zu tragen, denn ich bin in Ohnmacht. Der
Ewige Vater sprach: Weissage dem Geist! Da sprach ich: O Geist, komm
von den vier Winden und hauche mich an, daß ich auferstehe! Da sprach
der Geist: Maria! Ich sprach: O Maria! Ewige Jungfrau! Du ruhst in der
Morgenröte, von lichten Schleiern wie Hauchen verhüllt, erwache! Und
die ewige Jungfrau neigte sich zu mir und nahm mich unter unzählbaren
Küssen an ihre Brust! Ich rief: O Maria, laß mich in Ewigkeit an deinem
Herzen ruhen!

39

Jesus sagte einmal: Jede Frau ist ein wenig wie meine Mutter. Und der
selige Heinrich Seuse sagte einmal: Ich ehre jede Frau, weil die
Himmelskönigin eine Frau ist. Ich sage nämlich: Jede Frau ist ein
unvollkommenes Gleichnis der vollkommenen Frau Maria. Maria ist die
makellose Frau. Maria ist die Frau, die Gott sich rein erdacht hat. Maria ist
die Idee der Frauen, die Frau der Frauen. Sie ist nicht nur die Idee der
Frauen, sondern die im pneumatischen Körper verkörperte Idee der
Frauen.

40

Als Maria mit Jesus schwanger war, hörte sie im Schoße den Sohn singen:
O Fraue, du Aue der Wonne! Ich bin Fleisch von deinem Fleisch und Bein
von deinem Bein! Ich bin in mein Paradies gekommen, in den Lilien zu
weiden. Ich habe meine Milch getrunken und meine Honigwabe gespalten.
O Fraue, dein Schoß ist ein Becher mit dem Blut des Lebens! Dein Leib ist
ein Lustgartenparadies! Ich sauge schon vom Most deiner Granatäpfel!
Wahrlich, in der Kammer meiner Mutter, die mich unterm Apfelbaum
empfangen, in dem Gemach meiner Königinmutter bin ich gesegnet als
Bräutigam meiner Menschheit! Maria hörte dies Lied Jesu, aber sie sprach
davon zu keinem, nicht zum heiligen Josef und nicht zur heiligen Anna.

41

Ich trat durch eine hölzerne Pforte, von Heckenrosen umschlungen, und
schaute über einen langen schmalen Gartenpfad zu einer Gartenlichtung,
rings verschlossen von Apfelbäumen und rauschendem Bambus. In der
Mitte des Gartens in der Ferne sah ich die Madonna. Sie war schlank und
trug ein langes weißes Gewand aus feiner fließender Seide, leuchtender als
die Sonne des Sommers. Sie bewegte sich anmutig und holdselig, tanzend
wie ein Engel. Die Seide umwehte und umfloß sie wie fließendes Licht der
Gottheit.

42

Ich bin des Königs Schenke. Ich trat mit der vollen Flasche zum König,
ihm einzuschenken. Der König sprach: Mein Liebling, was ist mit dir?
Dein Angesicht ist von Schmerzen gezeichnet! Bist du krank oder hast du
Herzeleid? Ich sprach: O mein geliebter König! Ich bin ruiniert! Eine
schlimme Krankheit muß vom Arzt in einer schmerzensreichen
Behandlung ausgemerzt werden. Der König sprach: Nimm dir einen
Becher, mein Liebling, und trink mit mir! Die Königin zur Rechten des
Königs sprach zu mir: Mein Wunderschöner! Wie lange ist es noch bis zur
Behandlung? Ich sprach: Allergeliebteste Königin! Es ist die Zeit von
Vollmond zu Neumond. Die Königin sprach: Mein Junge, ich gebe dir
solange Urlaub. Fahr in deine Heimat und besuche das Grab deiner Ahnen.
Und nun trink, mein Liebling, und vertreibe die Trübsal aus deinem
Herzen!

43

O Maria, die Heroen der Heiligen sagen: Begehre nur das Kreuz, ohne
Trost! Sie sagen: Liliengleiche Seele, danke dem Herrn, daß er dir Leiden
schenkt, denn so ist Jesus dein Blutsbräutigam! Ach weh, Maria, ich bin
kein Heros der Heiligkeit, ich bin ein armes, elendes Kind, ich will saugen
die Milch des Trostes von deinen Mutterbrüsten, ich will heim in deinen
Mutterschoß und ewige Ruhe finden für meine arme Seele!

44

Maria spricht: Ich bin nicht nur die Himmelskönigin, die vergöttlichte
Braut des dreifaltigen Gottes, die Frau der Frauen und ideale Geliebte, von
den Minnern angebetete Madonna im Äther, sondern ich bin auch die
Mutter der Armen, die Trösterin der Betrübten, die Schutzfrau der
Schwachen, das Heil der Kranken, der Hort der Elenden, der bergende
Schoß der Todgeweihten, die alle deine Tränen abwischt und legt dich an
die Brüste des Trostes.
45

Tochter Zion, du bist eine einsame und bekümmerte Frau. Wo sind all die
Andern, denen du geholfen und die du getröstet hast? Nun die Schmerzen
an dich kommen, hilft dir keiner auf und hast du keine Tröster. Selbst
deine Verwandten schütteln den Kopf über dich. Ich, der Herr, ich habe
mich eine zeitlang vor dir verborgen, aber jetzt wende ich mich dir wieder
in Gnade zu. Du bist doch meine Jugendgeliebte, die ich angenommen
habe und die ich nicht verstoße. Ich, der Schöpfer, bin dein Ehemann, der
Ewige, der dich liebt!

46

Madonna sprach: Ich bin schwanger von der Kraft meines Herrn. Meine
benedeite Leibesfrucht ist nun eine Weinbeere. Meine benedeite
Leibesfrucht ist nun ein Granatapfel. Meine benedeite Leibesfrucht ist nun
ein Brotlaib. Mein Leib ist der wandelnde Tempel Salomos. Mein Schoß
ist das Allerheiligste, darin Gott im Dunkel wohnt. Im Augenblick vor
meiner Niederkunft mit dem Sohn Gottes bin ich mächtig wie der Sinai,
heilig wie der Zion, fruchtbar wie der Karmel. Aus meinen prallen Brüsten
spritzt schon die süße Milch des Trostes.

47

Ich sehe Jesus mit Moses und Mohammed im Rosengarten der Königin
des Friedens, im ewigen Jerusalem-Eden der Himmelskönigin versammelt
drei himmlische Stunden für den Frieden des Heiligen Landes und der
Heiligen Stadt Jerusalem beten.

48

Maria geht im schwarzen Kleide durch die Gassen und weint diamantene
Tränen. Sie ist ein Schmerzjuwel. Sie ist die schwarze, schöne Braut der
Schmerzen, ihr Bräutigam ist das Kreuz, der Blutsbräutigam. Durchbohrt
vom Schwert der Schmerzen weint mein Herz Tränen von Blut. Diese
blutigen Tränen netzen die Seelen auf Erden. Durch meine blutigen Tränen
erflehe ich den Sündern auf Erden Barmherzigkeit. Ich bin Madre Dolores,
deine Mutter. Ich bin die heimliche Geliebte und du bist mein Schatte.
Vereinige deine Schmerzen mit meinen Schmerzen. In der Wollust der
Schmerzen sind wir vereinigt. Unser Bett ist das Kreuz. Wir sind Frau der
Schmerzen und Mann der Schmerzen, vereinigt durch Eine gekreuzigte
Liebe.

49

Ich sah die schwangere Madonna. Sie war die Kaiserin des Empyreums,
die allerhöchste Herrscherin des Himmels. Sie glich einem Weltenberge,
schwankend auf der Urflut. Ihr Bauch war transparent, die Haut wie
durchsichtige Jade. Ihre Brüste waren das Land, wo Milch und Honig
überströmen. Ich sah in ihren Schoß. Ihr Schoß war der Wohnort der
Barmherzigkeit Gottes, die Wurzel der göttlichen Weisheit. Ihre
Leibesfrucht war der göttliche Embryo, das fleischgewordene Evangelium
des Lebens. Ihre Leibesfrucht hielt in einem winzigen Händchen den
gekrümmten Kosmos. Wahrlich, die gekrümmte Raumzeit des Kosmos lag
in dem winzigen Händchen des göttlichen Embryo im Schoß der
allerheiligsten Kaiserin des Empyreums.

50

Frau Weisheit, Gyne Sophia, Ischa Chochmah, wer ist sie? Sie ist die
göttliche Natur der Person des himmlischen Vaters, die göttliche Natur der
Person des Menschensohnes, die göttliche Natur der Person des Heiligen
Geistes. Credo In Unum Deum: Ich glaube an die Einige Einzige göttliche
Natur, das ist Sophia. Diese will ich anbeten, dieser will ich vertrauen,
diese will ich lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all
meiner Kraft.

VIERTES KAPITEL

Der Heilige Geist sagt durch Jesus Sirach: Sophia ist dir angeboren, sie ist
mit dir im Schoß deiner Mutter gezeugt. – Der Gedanke, daß Maria mit
mir im Schoß meiner Mutter war, der Gedanke ist ein Juwel der Liebe,
eine Perle der Schönheit. Der jüdische Philosoph verneinte den Platon-
Gedanken der Präexistenz der Seele und vertrat die Ansicht, es gäbe ein
von Gott dem Menschen von Anfang an mitgegebenes Wissen vom Guten,
Wahren und Schönen. Ich denke, das ist die Gotteserkenntnis des
Ebenbildes im Innern der Seele. In der Seele der Seele befindet sich ein
Originalbild, ein einzigartiges Ebenbild Gottes, das ist mir die Ikone der
Hagia Sophia. Gregor von Nazianz sagt, die Seele sei in den Leib
gekommen, um den Leib zu verherrlichen und sich das Himmelreich
gewissermaßen zu verdienen durch Treue in der Prüfungszeit des irdischen
Lebens. Der Heilige Geist schreibt im Buch Baruch: Warum, Israel, lebst
du im Land der Fremden und machst dich unrein unter den Toten? Darum,
weil du die Quelle der Weisheit verlassen hast! – Das scheint mir das
Schicksal der Seele zu sein. Sie war im Geist Gottes als Idee, in der Quelle
der Weisheit, sie ist gefallen in die irdische Verbannung. Jesus ruft: Tut
Buße! Die Seele soll heimkehren in die Quelle der Weisheit. Das bringt
mich auf den Gedanken der Gnosis von der gefallenen Sophia. Meine
Seele ist die gefallene Sophia, gefallen aus dem Lichtäon in die materielle
Verbannung, in die Spelunke des Fleisches, in den Kerker des Leibes. Der
Heiland kommt, die gefallene Sophia wieder aufzurichten, sie zu erlösen
und heimzuführen in das Lichtäon, aus dem sie stammt. Aber die
ungeschaffene Sophia Gottes ließ die geschaffene und gefallene Sophia
meiner Seele nicht allein, sondern begleitete sie in das Exil. Als Matrone
Schechinah, Matronitha, ist sie mit Israel in die Verbannung gegangen. Ja,
sie war als Maria in meiner Empfängnis bei mir. Diese Maria fragt mich
nun: Wer sagen die Leute, daß ich sei? Ich sage: Sie nennen dich Neue Eva
oder Braut des Heiligen Geistes wie Sulamith. Da sprach Maria: Und wer
sagst du, daß ich bin? Ich sage: O Maria, du bist Sophia, die Tochter des
lebendigen Gottes! Da sprach Maria: Selig bist du, denn Menschen haben
dir das nicht gesagt, sondern das hat dir der Heilige Geist offenbart.

Fast möchten wir an die vierfältige Gottheit glauben. Wenn wir Jakob
Böhme lesen, sehen wir, wie der unergründliche Vater sich in dem Grund
des Sohnes gefasst hat und die Liebe des Vaters zum Sohne als der Heilige
Geist aus beiden hervorgeht, schließlich die drei Personen sich in der
Jungfrau Sophia spiegeln. Wenn wir Johannes Paul den Großen lesen über
die Mutter des Erlösers, tritt in der Deutung der Offenbarung zu dem Vater
und dem Sohn und dem Heiligen Geist noch die Frau. Wenn wir aber an
der Dreifaltigkeit Gottes festhalten, dann stellt sich die vierte Person als
das Erste aller Geschöpfe dar, gewissermaßen das Ur-Geschöpf, wie
Sophia sagt: Vor der Morgenröte wurde ich geschaffen. Dann scheint die
Frau als die Krone der Schöpfung Gottes und sein Meisterwerk auch die
Erste aller Schöpfungen Gottes zu sein. Dann muß man sagen: Vor
Himmel und Erde schuf im Anfang Gott Maria. Maria-Sophia oder die
Frau ist das Ewigweibliche, das Teilhard de Chardin das verbindende
Antlitz alles Seienden nannte und das Ideal der Schöpfung. Mechthild von
Magdeburg sagte, die Allerheiligste Dreifaltigkeit schuf aus dem Jubel
ihrer Liebe die Schöpfung. Der Jubel der ewigen Liebesvereinigung im
Schoß der Dreifaltigkeit schuf als Urprinzip, Idee und Krone der
Schöpfung Unsere Frau Maria.

Die einige und einzige göttliche Natur offenbart sich in drei Qualitäten.
Aus der Allmacht der göttlichen Natur geht wie aus einem unergründlichen
Mutterschoß die Weisheit der göttlichen Natur hervor, die als Tochter aus
der Mutter ewig geboren wird, nicht geschaffen. Dies ewig gebärende
Lieben der mütterlichen Allmacht und dies töchterliche Lieben der ewigen
Weisheit ist als Qualität der göttlichen Natur die brennende Liebe der
göttlichen Natur. Die Einswerdung der mütterlichen Allmacht mit der
töchterlichen Weisheit in dem Geist der feurigen Liebe erzeugt in Ewigkeit
solch einen Jubel der göttlichen Natur, daß die eine einzige göttliche Natur
aus dem Überfluß ihrer Lust im Anfang schuf die Weltseele und den
Weltkörper.

Als die Einswerdung der drei Daseinsweisen der einen göttlichen Natur im
Nun der Ewigkeit vollzogen ist, erzeugte dies im Schoß der göttlichen
Natur solch ein Übermaß von glückseliger Lust, daß sich in der
Liebesnatur der Gottheit der Wille erregte, diese Liebe als reines Geschenk
an eine nichtgöttliche Natur zu verströmen. Darum schuf die göttliche
Natur aus dem aboluten Nichts den Himmel und die Erde, das heißt die
Weltseele und den Weltkörper. Sie hauchte die Weltseele in den
Weltkörper. Sie selbst war das göttliche Leben der Weltseele, die Weltseele
wiederum wie eine Mittlerin war das ewige Leben des Weltkörpers. Die
Weltseele als Erste aller nichtgöttlichen Naturen hat ihr Leben vom Leben
der einzigen göttlichen Natur. Durch die Mitterschaft der Weltseele
verströmt die göttliche Natur ihr ewiges Leben in den Weltkörper, den
schönen Kosmos. Die göttliche Natur ist der Seelenfunke der Weltseele,
die Weltseele baut in schier unendlichen Evolutionen den Körper des
Kosmos. Der ganze von der Weltseele durchseelte Kosmos strömt wie in
einem unendlichen Dankpsalm, tönend wie die Sphärenharmonie, das
empfangene Leben und die empfangene Liebe zurück in den Schoß der
göttlichen Natur. Die göttliche Natur empfängt die Liebe der
nichtgöttlichen Natur, dennoch wird die Liebe der göttlichen Natur nicht
vermehrt, die Lust nicht erhöht, da die göttliche Natur in sich
vollkommene Vereinigung, glückselige Lust und ewiger Zyklus der Liebe
ist.

Ich schaue Maria an, meine jungfräuliche Mutter der schönen Liebe. Der
Heilige nennt sie: Ruheort der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Der Papst
nannte sie: Spiegel der göttlichen Schönheit. Darum erkenne ich in ihr wie
in einem Spiegelbild die eine göttliche Natur, die Mutter und die Tochter
und die feurige Liebe! Maria ist der makellose Spiegel der Allerheiligsten
Dreifaltigkeit. Maria ist das unbefleckte Ebenbild der einen Gottheit, das
sichtbare Abbild der unsichtbaren Gottheit. In der Glorie der Kreatur wird
im Gleichnis die unaussprechliche Glorie der schöpferischen Gottheit
erkannt. Maria ist die Frau nach dem Mutterherzen der Gottheit. Im
Namen der Gottheit, der Mutter Jahwe und der Tochter Chochmah und der
feurigen Liebe Ruach, Amen!

Im Augenblick der Empfängnis meiner Seele in der Leibesfrucht meiner


Gebärerin ist meine ewige Mutter Maria in meiner Seele mit mir gewesen.
Maria war bei mir in der Gebärmutter. Im Augenblick der Geburt, als ich
das Licht der Welt erblickte, sah ich in Christus Maria. Als ich im dritten
Mond meines irdischen Lebens in der Ecclesia Gott geweiht wurde,
geschah es auf dem Altar Mariens. Das Bad der Neugeburt durch Wasser
und Geist geschah im Becken wie im Schoß Mariens. Maria nahm mich in
ihren ecclesialen Mutterschoß auf. Durch die Wiedergeburt bin ich ein
Glied am Leibe der Leibesfrucht Mariens geworden. Ich bin im irdischen
Leben durch den Glauben mit Christus im Schoß Mariens verborgen. Im
Tode gebiert mich Maria in das ewige Leben. Das Paradies ist der Schoß
Mariens, der Lustort Gottes. Das Paradies ist der Lustort der göttlichen
Hochzeit. Maria spricht: Ich lade dich in meinen Schoß ein! Maria spricht:
Meine Perle hebe ich dir für das Paradies auf! – Ich weihe die Idee meiner
Seele in der Ewigen Weisheit der Präexistenz Mariens! Ich gelobe der
Jungfrau Maria für das ewige Leben im Paradiese ewige eheliche Treue
und Ganzhingabe der Liebe! Maria, ich bin ganz dein, von Äon zu Äon!

Ich bin die Madonna und halte im Arm mein blühendes Kindlein. Schau
meinem Jesuskinde in die Augen, schau, wie es dich liebt! Fürchte dich
nicht vorm Bösen, denn ich bin da! Ich führe dich ins blühende Land, wo
meine Engel spielen und singen! Sie singen zu Harfen und auch zur
Schwanenlyra aus deinem Minnebrevier der Gottesmutter... Ich bin die
Madonna und lausche immer gern, wenn meine Engel mir deine Lieder
singen! Du liebkost mein Ohr und freust mein Herz, du tröstest mein Herz
über die blinde Menschheit. Siehe, ich komme zu dir als deine Maria
Aphroditissa! – Da sprach ich: O Madonna Maria Aphroditissa, ich
schwöre bei deiner virginalen Zone dir ewige Treue und Ganzhingabe, so
wahr mir Gott helfe!

Ich hab die Madonna gesehen, die Himmlische, schön wie eine
Mädchengöttin! Sie war schlank und hochgewachsen wie eine Palme. Sie
trug einen schwarzen Mantel und ein schwarzes Beinkleid bis zu den
Stiefeln. Ihre Haare waren tiefschwarz und fielen ihr lang auf den Rücken
hinab. Wie schön war ihr Gang in den Stiefeln, wie edel der Gang der
Jungfrau! Jugendlich schlank war Maria wie Tamar, die Palme, das
Symbol der weiblichen Schönheit. Da sang ich: Wende dich, wende dich,
Sulamith, daß ich dich schaue! Da wandte sie mir ihr Antlitz zu. Ihr Antlitz
war weiß und rot, frisch und glühend. Die Haut wie weiße Jade von
makelloser Transparenz. Auf den Wagen frische Röte wie Duft von
glühenden Rosen. Ihre Augen waren tiefschwarz und schwarz die langen
geschwungenen Wimpern. Aus tiefen ernsten Augen schaute mich
freundliche Liebe und ernste Weisheit an. Die Natur unter dem Mond der
Toten war von trüber Tristesse, die Zivilisation des Todes war häßlich, aber
die Madonna war die frische, gottbetaute Knospe einer schwarzen Rose
des Paradieses eines ewigen Frühlings! Wahrlich, die unbefleckte Jungfrau
ist der makellose Spiegel der göttlichen Schönheit! Darum lächelte
Madonna auch, die Schönste aller Frauen: Ich bin schön, weil ich liebe!
Amen, Amen, du bist schön, Maria, schön wie eine siebzehnjährige
Jungfraungöttin!

Der Demiurg, der Schöpfer als Werkmeister, schuf nach dem Bilde seiner
Idea den Kosmos. Platon sagt, der Demiurg schuf nach seiner Idea, die das
reine ewige Sein ist. Solowjew sagt, der Herr schuf aus Sophia, dem
Göttlichweiblichen, die das absolute Nichts ist. Der Jude sagt, der Herr
schuf nach dem Bilde seiner Idea, die die Torah ist, die verschleierte Maid.
Papst Benedikt greift das auf und setzt an die Stelle der Torah den Logos,
die Vernunft. Ich sage: Wie ein Künstler schafft sein Poem nach dem Bilde
seiner Muse, wie der Künstler Schöpfer ist und seine Muse seine Idea,
seine Mitschöpferin, so sind seine Poeme seine Geschöpfe. Paulus nennt
nämlich selbst die Geschöpfe die Poema Gottes. Gott ist also der göttliche
Erzpoet, Sophia seine göttliche Muse oder Idea. Darum heißt Sophia auch
Schöpferin, Werkmeisterin, Künstlerin. Sophia ist also die Idee der
Schöpfung, die Schöpfung ist nach der Idee Sophias geschaffen. Darum
nennt Teilhard de Chardin das Ewibweibliche das Ideal der Schöpfung.
Der Mensch ist als vernünftiges Wesen der Weisheit fähig und der
Gotteserkenntnis, weil der Mensch das Abbild Sophias ist. Die
menschliche Psyche ist Abglanz Sophias. Die menschliche Psyche ist das
Liebespoem des Schöpfers, inspiriert von der göttlichen Muse Sophia.
Verliebt in Sophia, entflammt vom schöpferischen Eros der göttlichen
Liebe, singt der Herr das Liebeslied der menschlichen Psyche. Die Psyche
ist darum ein Gesang Gottes. Das Gesamt der menschlichen Seelen sind
der Reim auf das schöpferische Wort Gottes zur ewigen Verherrlichung der
göttlichen Sophia.
10

Platon sagt, aus der Mischung der einen ewigen Idea mit dem
raumzeitlichen Kosmos schafft Gott die Weltseele, Anima Mundi, die
Psyche des Kosmos. Die ewige, göttliche Idea ist die ungeschaffene
Sophia. Die Psyche des Kosmos ist die geschaffene Sophia. Platon sagt,
die Welt werde zusammengehalten von dämonischem Wesen. Eros ist ein
dämonisches Wesen, die Sehnsucht und das Streben nach der göttlichen
Schönheit und Liebe. Die dämonische Weltseele ist also wie Eros ein
Streben und eine glühende Sehnsucht nach der vollkommenen Form in
Gott. Ardinghello dichtete: Urania, die glänzende Jungfrau, hält mit ihrem
Zaubergürtel das Weltall in tobendem Entzücken zusammen. Der
Zaubergürtel der Urania und ihr tobendes Entzücken ist der dämonische
Eros der Weltseele. Urania ist die erotische Weltseele oder die geschaffene
Sophia. Der Psychologe Jung nannte Sophia gar die Weisheit des Eros. Die
erotische Sophia als Weltseele strebt im Inneren des Kosmos nach der
vollkommenen Form der Schönheit und Liebe Gottes. Das nennt Teilhard
de Chardin die Amorisation des Universums durch den Panchristus. Der
Panchristus ist die Pansophia, die Pansophia ist der Panchristus. Solowjew
nnennt darum Sophia die verklärte Weltseele, gewissermaßen den
Schutzengel des Alls, die die ganze Schöpfung heimführt in Gottes Schoß.

11

Das Evangelium sagt, daß nach dem Vorbild des himmlischen Tempels der
irdische Tempel gestaltet wurde. Mose sah in einer Vision den Plan des
Offenbarungszeltes. Bezalel schuf als Künstler nach der prophetischen
Vision das irdische Offenbarungszelt. Gott gab David den Plan des
Tempels, Salomo baute nach dem gottgegebenen Plan, Salomo baute als
Architekt nach der Zeichnung des göttlichen Weltarchitekten. So sagt
Platon, der ganze Kosmos ist nach dem Muster eines göttlichen Urbildes
geschaffen. Der Kosmos, geschaffen aus Nichts, sein Werden und
Vergehen und seine Anteilhabe an dem verborgenen ewigen Sein, ist
geschaffen nach dem Vorbild oder dem Muster oder der Idea des ewigen
Seins. Dieses Urbild des Komos und das reine ewige Sein ist Sophia. Sie
ist die Idee des Komos und darum der Schutzengel des Alls.
12

Kehrt die menschliche Psyche durch die Pforte des Todes heim in Gott,
lebt sie in dem himmlischen Urbild des Kosmos, der platonischen
Gegenerde. Das ist die Stadt Gottes oder das Paradies. Das Urbild des
Komsos ist der schöne Schmuck der Jungfrau Sophia. Das Paradies ist,
wie Salomo sagt, der Leib der Geliebten, der Körper der Jungfrau Sophia.
Das Paradies ist, wie der heilige Grignion sagt, der Schoß der Jungfrau
Maria. Das Paradies ist also der Schoß der göttlichen Jungfrau Sophia. Das
Himmelreich ist, wie Jesus sagt, einer Hochzeit gleich. Der ewige König
Jahwe veranstaltet für seinen Liebling Sophia eine himmlische Hochzeit.
Die Hochzeit des Menschen mit der göttlichen Geliebten, der Braut
Sophia, ist das in Ewigkeit gesungene Hohe Lied der Liebe. Das ist der
wahre Hieros Gamos im ewigen Paradiese. Zu ihrem Jünger Jakob Böhme
sagte Sophia: Meine Perle hebe ich dir auf für das Paradies. Das Paradies
ist nämlich die ewige Vereinigung mit der Jungfrau Sophia oder die wahre
Gottes-Ehe.

13

Es wohnt dem Stoff die geistige Form inne. Der Form wohnt aber die
göttliche Form der Formen inne, die seiende Gottheit. Der Stoff ist die
Mater, die Materia. Sie ist Hyle, der Leib. Die Form ist Morpho, die
Gestalt der Psyche. Der Morpho wohnt aber Theos inne, die Gottheit.
Morpho ist die Lebendigkeit der Materia, Theos ist die Lebendigkeit
Morphos. Morpho baut die Materia, sie entwickelt und entfaltet sie zur
Zielvollkommenheit. Theos lebt und wirkt in Morpho und entwickelt und
entfaltet sie zur Zielvollkommenheit. Der Stoff soll seine ihm
wesenseigene Form verwirklichen. Die verwirklichte Form soll aber ein
Gleichnis der vollkommenen Urform sein, der Form der Formen oder der
seienden Gottheit. Die Gottheit ist die absolute Vollkommenheit. Da aber
alles aus innerem Gesetz zur Vollkommenheit strebt, strebt alles nach
innerem Gesetz zur Gottheit. Die Gottheit ist die gesuchte, angestrebte,
begehrte Zielvollkommenheit. Aber da die Gottheit die Form der Formen
ist, ist sie durch die Mittlerschaft der dem Stoff immanenten Form auch die
bewegende Ursache dieses Strebens und Begehrens. Darum kann man die
Gottheit auch die ewige Erzeugerin der Begierde nennen. Das All geht aus
der göttlichen Ursache hervor und drängt in Begierde in die göttliche
Zielvollkommenheit heim. Die Gottheit ist Erstursache und Ziel der
Kreaturen. Die Entelechie als der innere Drang nach Entwicklung zur
wesensgemäßen Vollkommenheit ist der Drang zur Gottheit,
gewissermaßen ein innerer Liebesdrang oder ein Begehren des Stoffes
nach dem Urschoß der Gottheit. Diese gewissermaßen erotische Entelechie
ist ein Abglanz des göttlichen Liebesdranges selbst. Denn die Gottheit
begehrt, die aus ihr hervorgegangene nichtgöttliche Natur mit ihrer
eigenen göttlichen Natur zu vereinigen.

14

Platon sagt, die präexistente Seele komme in den Kerker des Leibes
(Spelunke nennt den irdischen Leib Augustinus) und verlasse im Tode das
Gefängnis und lebe als unsterbliche Seele im Himmel. Der Leib aber stirbt
und vergeht. Aristoteles nennt die Seele die Form des Körpers und die
Entelechie des Körpers und als solche für immer an den Körper gebunden.
Er behauptet drei Kräfte der Seele, die Pflanzenseele als ernährende Seele,
die Tierseele als die sinnliche Seele und die menschliche Seele als
Vernunft oder Geist. Die menschliche Vernunft empfängt die Formen vom
Körperlichen, aber sie schafft auch selbst Formen aus der Kraft des ewigen
Geistes. Der schaffende Geist des Menschen ist eingehaucht und identisch
mit dem ewigen Geist und als solcher unsterblich. Die Seele aber ist nicht
unsterblich. Die Kirche definierte mit dem Konzil von Trient (unter dem
Einfluß des katholischen Neuplatonikers Ficino) die Wahrheit der
Unsterblichkeit der Seele. Im Dogma der Aufnahme Mariens mit Leib und
Seele in den Himmel definiert die Kirche auch eine leibliche
Unsterblichkeit. Maria sagt: Im Tode verläßt die Seele mit vollem
Bewußtsein den Körper, der Körper stirbt und wird nie wieder leben, die
Seele bekommt einen neuen Körper aus Licht. Paulus nennt diesen
Lichtleib im Unterschied zum psychischen Körper den pneumatischen
Körper, den Hauchkörper oder Geistkörper. Dieser ist die himmlische
Kleidung der unsterblichen Seele und ist anzuschauen wie weißes Linnen.
Das ist die Auferstehung des Fleisches, denn Fleisch bezeichnet die Leib-
Seele-Einheit des Menschen.

15
Platon sagt, aus zwei Quellen ströme der Glaube an die Gottheit in den
Menschen: aus der Tiefe der menschlichen Seele und aus der Herrlichkeit
des Sternenhimmels. Aristoteles sagt das Gleiche und nennt den
menschlichen Geist und die Sternenordnung zwei Gottesbeweise. Kant
hielt das moralische Bewußtsein und das Firmament für Quellen des
Glaubens an die Existenz Gottes. Goethe pries vor Ekkermann eine
doppelte Offenbarung: Christus ist der Verkünder des Sittlichen für den
Menschen, die Sonne ist die Offenbarung der Herrlichkeit der Gottnatur. In
meiner Seele seh ich die unbefleckte Jungfrau. Bei Sonne, Mond und
Sternen denk ich an die apokalyptische Frau. So ist die Jungfrau der
Offenbarung in Bibel und Kirche in meiner Seele und am Himmel
Sakrament der mütterlichen Liebe Gottes. Die makellose Jungfrau meiner
Seele ist Sophia als Herzenskönigin, die apokalyptische Frau im Kosmos
ist Sophia als Himmelskönigin, die Königin des Universums oder die
Weltseele. Ein Sophiologe nannte die apokalyptische Frau Sophia
triumphans, und der heilige Grignion nannte Sophia die Himmelskönigin.
Sophia als die Herzenskönigin und Himmelskönigin, das sind die beiden
Quellen meines Glaubens und die Beweise der Existenz der Hagia Sophia.

16

Schau meinen roten Mund an! Ich liebe dich! Wer sagt das nun, ich oder
du? Ich liebe dich mit leidenschaftlich brennender Ganzhingabe! Du sollst
immer am Busen der Gottesmutter ruhn! Wie könntest du nicht glücklich
sein, da ich dich so liebe? Mein Herz ist eine schlanke lodernde Flamme
für dich! Du sollst immer mein sein. Du sollst mir allein gehören. Kein
anderes Herz wird je dich so lieben wie ich dich liebe. Du sollst ganz eins
sein mit mir und Verkünder meines Reiches sein! Mein Herz ist eine steile
Flamme, die leuchtet in den Ätherhöhen der Sophia! In meinem Herzen
spürst du das Mutterherz Gottes!

17

Jahwe war in seine göttliche Allvernunft versunken und sah die Hagia
Sophia, siehe, da war es ein kleines Kind, Jahwes Liebling, Jahwes
Hätschelkind! Das göttliche Christuskind spielte jenseits von Raum und
Zeit. Wahrlich, ich sah das göttliche Christuskind in einem Lichtglanz der
ewigen Liebe spielen. Womit spielte das Christuskind? Mit dem Kosmos,
all seinen Bauteilen, als ein kleiner Architekt. Er spielte mit Magneten. Ich
sprach: Magnetes Geheimnis, erklär mir das! Sophia sprach: Nichts andres
als Liebe und Haß! - Siehe, das Auseinandertreiben des Kosmos ist
kosmischer Haß, aber das Zueinanderstreben der Elemente ist kosmische
Liebe. Diese Liebe nannte Empedokles Philia, Freundschaft, nämlich
Wohlwollen, Sympathie, Liebhaben. Die Kräfte des Kosmos haben
einander lieb, weil das göttliche Kind es so fügt, Pol an Pol, Magnet an
Magnet, die innere Sympathie in den Atomen von positiven und negativen
Teilchen, alles ist Liebhaben, Sympathie. Im Anfang war stark die Liebe,
sagt Empedokles, da herrschte die goldene Aphrodite, die Kypris des
goldenen Zeitalters. Dann begann der Streit von Liebe und Haß, der
Ehekrieg der Haßliebe von Ares und Aphrodite. Zuletzt versinkt die Welt
nach der Vision des Philosophen in einem apokalyptischen Krieg des
kosmischen Hasses. Davor, sage ich, bewahrt uns die makrokosmische
Madonna, die Jungfrau, deren Körper gebildet ist aus Spiralnebeln. Sie ist
die Galaktrophousa der Galaxieen! Sie ist der Triumph der ewigen Liebe
und göttlichen Sympathie. Sie ist die apokalyptische Maria Aphroditissa,
deren Sympathie die Welt im Innersten zusammenhält!

18

Der erste Gottesbeweis ist die Herrlichkeit der Seele, der zweite
Gottesbeweis ist die Herrlichkeit des All. Die Seele des Mannes ist die
Anima, die Seele des Kosmos ist die Anima mundi. Der Maler nennt dies
die mikrokosmische und die makrokosmische Madonna. Pascal und
Klopstock sagen: Groß ist die Herrlichkeit des Alls, aber größer die
Herrlichkeit der menschlichen Seele. Ich sage, groß ist die
makrokosmische Madonna, aber größer ist die mirkokosmische Madonna.
Groß ist Maria die Himmelskönigin, aber größer ist Maria die
Herzenskönigin. Groß ist die Anima Mundi, die Psyche des Kosmos, die
Weltseele oder die kosmische Sophia, die Weltarchitektin, aber größer ist
die mystisch-innerliche Seele der Seele, die geheime Psyche der Psyche,
die Idee der Seele als Sophia, die da ist die göttliche Psyche-Braut des
göttlichen Eros-Bräutigams! Groß ist das Wunder der Schöpfung, aber
größer ist das Wunder der Vergöttlichung des Menschen! Gewaltig ist der
Gottesbeweis der Schöpferin Sophia, aber gewaltiger ist der Gottesbeweis
der mystischen Braut Sophia, der Seele der Seele als der Braut Gottes! So
wird die Seele in der mystischen Versenkung eins mit Sophia als der Seele
der Seele, und einsgeworden mit Sophia ist die Seele zur Braut und
Ehefrau Gottes geworden, gewissermaßen Mitgöttin Gottes durch
erkennende Liebe im Geheimnis des göttlichen Eros. Der Kosmos ist
Kreatur und Kind Gottes, die Psyche aber ist Braut und Mitgöttin Gottes!
Was heißt aber Mitgöttin Gottes? Sophia spricht: Ich und der Vater sind
Eins!

19

Frau Welt ist schön... Die schöne Frau Welt ist durchseelt von Frau
Weltseele. Alle Seelen sind geheimnisvoll verbunden in Einer Seele, der
Seele der Menschheit. Darum lieben die Seelen sich, weil sie eins sind.
Frau Weltseele ist gezeugt vom heiligen Geist. Der heilige Geist erkennt
sich selbst, er ist Erkennender, Erkanntes und Erkenntnis. Der heilige Geist
ist Ausfluß der absoluten All-Einheit. Die Ureinheit ist die Urgutheit, die
Urgutheit ist die Urschönheit. Die Urschönheit ist die höchste Gottheit.
Der vom feurigen Eros entflammte Mensch in seinem Inneren liebt die
schöne Frau Welt, liebt die schöne Frau Weltseele, liebt die schöne Herrin
Urschönheit! Der feurige Eros vereinigt den geistigen Menschen in
Ekstase mit der göttlichen Urschönheit. In wiederholten ekstatischen
Verschmelzungen mit der göttlichen Urschönheit wird der menschliche
Geist vergöttlicht, so daß er dichterisch gesprochen den ewigen Göttern
gleicht. Die letzte, höchste und vollkommenste Gunst der Urgottheit ist die
absolute und ewige Verschmelzung des menschlichen Geistes mit der
göttlichen Urschönheit, die unauflösliche Einswerdung, da der Geist ein
Gott in der Gottheit wird aus reiner Ganzhingabe der Urschönheit. Das ist
das Evangelium der Gottwerdung des Menschen: die Theosis des
Menschen durch Ganzhingabe der Gottheit!

20

Jesus ist ein Jüngling von achtzehn Jahren, von blühender Schönheit,
frisch und glühend, mit feurigen Augen und schönen Locken, an seinen
Wangen wie Tulpenbeete der Flaum, seine Lippen wie eine Rose, die von
Nektar überfließt. Die Jungfrau Maria ist eine makellose Schönheit von
siebzehn Jahren, die Perfektion der schlanken Lilie in der weißen Vase ist
das Entzücken des Alls! Jesus sagt zur Jungfrau Maria: Meine Freundin,
du bist schön wie eine ägyptische Stute. Dein Kettchen am Hals bezaubert
mich und deine Perlenschnur am schlanken Handgelenk ist herrlich. Wenn
du mir entgegenkommst, dann hüpfen deine hübschen Brüste wie
Gazellenzwillinge, Zwillingskitze in den Lilienauen. Deine Augen schauen
friedlich wie Tauben. Du bist schlank wie eine Palme. Ich möchte die
Palme besteigen und die Dattelfeige pflücken! Deine Brüste sind wie
Trauben des Weinstocks, der Traubensaft geht lieblich in den Geliebten
ein. Die Jungfrau Maria spricht: O mein Bräutigam, deine Küsse mit
feurigen Zungen sind berauschender als der Wein! Ich singe von deiner
Liebe mehr als vom Wein. Deine Liebe ist wie edler Wein, der sich in mich
ergießt in feurigem Strom! Jesus spricht: Ja, meine Braut, deinem Schoß
soll nie der Mischwein mangeln! In gerütteltem und geschütteltem Maße
schütte ich dir mein Korn in deinen Schoß. Die Jungfrau Maria singt: Ich
bin dein und du bist mein, des wollen wir gewiß sein, du bist beschlossen
in mir innen in meinem Minnen und sollst immer drinnen sein! Jesus
schrie: Es ist vollbracht! Da brach die ewige Sabbatruhe an.

FÜNFTES KAPITEL

Es spricht: „O Mensch, du empfängst dies nicht in eitler Täuschung,


sondern in reiner Einfalt, diese Offenbarung der verborgenen Dinge.
Schreibe, was du hörst.“ Die Kirche lebt in Erwartung des Endes der Welt.
Die Frau sieht das Jüngste Gericht. Die Frau spricht: „Siehe, ich schaute
eine himmlische Vision. Zitternd und mit großer Wonne spannte sich mein
Geist der Vision entgegen. Da sah ich einen großen Glanz. Und eine
himmlische Stimme erscholl aus dem Glanz und sprach: Gebrechlicher
Mensch, Asche von Asche, Staub von Staub, schreibe, was du hörst! Doch
weil du einfältig bist und unstudiert, so beschreibe deine Vision nicht nach
Weise der Menschenklugheit, nicht nach dem Verstand und nicht nach dem
Begreifen des weltlichen Denkens, sondern aus der Geistesgabe heraus,
aus der dir die himmlischen Visionen zuteil werden. Schreibe, wie du es in
den Wundern Gottes siehst und hörst.“ Und die Frau sah und hörte die
Selbstoffenbarung der göttlichen Frau Weisheit. Und die Frau sah und
hörte die Selbstoffenbarung der göttlichen Frau Minne. Die Frau wandte
sich an den Mann, der als Klassiker gesunder Mystik in der Kirche galt. Er
hatte hinreißende Reden gehalten, Scharen zu begeistern für die
Schlachten Gottes. Aber schließlich war das Scheitern seines Ideals, das
Gottesreich in der Welt mit weltlichen Mitteln zu errichten, die Ursache
seiner Hinwendung zur Jesus-Minne. Der Mann sprach: „Dein Name
(Schem) ist ausgeschüttet wie kostbare Salbe (Schemen). Nichts ist so süß
wie der Name Jesus. Wenn du sterben mußt, so sterbe mit dem Namen
Jesus, Jesus, Jesus auf den Lippen und im Herzen.“ Der Mann sah seine
eigene Seele als die Sulamith des Hohen Liedes, aber Jesus sah er als den
Salomo des Hohen Liedes, den Bräutigam seiner Seele, Jesus, den Mann
der Schmerzen, den Christus am Kreuz. Der Mann verehrte sehr die
Schwarze Madonna, Notre Dame Noire, er war ihr Troubadour. Er
identifizierte seine Seele so sehr mit der Schwarzen Jungfrau, daß seine
Seele die Braut des göttlichen Bräutigams wurde. Wenn der Mann aber zu
den Söhnen seiner Seele sprach, dann sprach er von der Mutter Minne, zu
der die verlorenen Söhne heimkehren dürften, sie würde sie trösten mit der
Milch des Trostes aus dem Reichtum ihrer Mutterbrüste. Nun kam die
hohe Blüte der deutschen Mystik. Die Blüte war eine Blüte der Frauen,
ausgegangen von demselben Boden, von dem auch des Dichters göttliche
Komödie seiner Muse als der himmlischen Weisheit ausgegangen war, die
ihn zur Vision der Allerheiligsten Dreifaltigkeit als der Ewigen Minne
führte. Die Frau sprach: „Minne das Nichts und fliehe das Ichts. Stehe
allein und gehe zu keinem. Sei gerne unnütz und frei von allen Geschäften.
Befreie die Gefesselten und binde die Freien. Erquicke die Kranken und
sei doch selber krank vor Liebe. Du sollst den Trank der Tränen trinken
und im Feuer der brennenden Minne brennen. So wohnst du in der
geistlichen Wüste und sprichst mit Gott. Denn Gott selbst lockt dich in die
Wüste, dich zu verführen..., um sich mit dir zu verloben.“ Rom und die
Benediktiner und Dominikaner beargwöhnten diese Frau, die weltlichen
Reichen verachteten sie und das Volk beachtete sie gar nicht. Aber sie war
eine Troubadourin Gottes, eine Poetessa der Minne Jesu. Die Gottheit in
ihrer Menschheit war ihre adlige Dame und die Frau Seele war die Magd
der Minne, die die göttliche Dame verehrte. Sie war eine Minnerin Jesu,
die die erotische Sprache des Hohen Liedes als die Sprache des
Allerheiligsten der Heiligen Schrift dem Herrn entgegensang: „O mein
Gott, minne mich oft und heftig, dann werde ich rein und schön! O mein
Herre, minne mich mächtig und minne mich oft und lange! Je öfter du
mich minnest, um so reiner werde ich, je mächtiger du mich minnest, um
so schöner werde ich, je länger du mich minnest, um so heiliger werde ich
auf Erden!“ Da sprach der Herr zu seiner lieben Frau Seele: „Meine liebe
Frau, daß ich dich minne, daß hab ich von meiner göttlichen Natur, denn
ich bin die Ewige Minne. Daß ich dich mächtig minne, daß hab ich von
meiner Begierde, denn meine Begierde ist, daß du mich mächtig minnest.
Daß ich dich oft und lange minne, daß hab ich von meiner Ewigkeit, denn
ich minne von Ewigkeit zu Ewigkeit, meine Minne ist ohne Anfang und
ohne Ende!“ Ein Mann sandte einer geistlichen Frau dies Minnegedicht
und schrieb: „Es ist der bewegendste Pfeil der Minne, der jemals
abgeschossen wurde! Zudem ist es in der lustvollsten deutschen Sprache
geschrieben, die ich je gelesen habe.“ Nach dem Kreuzzug der christlichen
Ritter kehrte die Kirche wieder in ihre mystische Zelle. Da war ein
Mensch, der einmal die Frau Weisheit bat, sie möge ihm etwas schenken,
was beständig die Erinnerung an die Frau Weisheit in dem Menschen
errege. Darauf empfing der Mensch von der Frau Weisheit folgende
Antwort: „Siehe, ich gebe dir meine Augen, daß du mit ihnen die Welt und
die grüne Natur betrachtest und die armen Seelen der Menschenkinder, ich
gebe dir meine Ohren, daß du mit ihnen meine Stimme in den Stimmen der
Menschenkinder hörst, und meinen Mund will ich dir geben, daß du alle
Gebete und Reden und deinen schönen Gesang durch mich tust, ja, daß ich
in dir bete, rede und singe den Gesang. Ich gebe dir mein makelloses,
heiliges Herz, daß du durch mein Herz deine Gedanken denkst und in
meiner Minne alle Menschenkinder liebst, daß du ein treuer Minner bist in
Weisheit und Minne, Huld und Wahrheit, Treue und Gerechtigkeit.“ Mit
diesen Worten zog die Gottheit den Menschen ganz zu sich und vereinigte
sich mit ihm. Darauf schrieb der Mensch das Buch der göttlichen Huld in
lauterer Reinheit. Ja, der Mensch erlangte mystische Gnaden der
Ganzhingabe der ewigen Minne, die die Frommen nicht verstehen und
verwerfen wegen der Leidenschaft der Vereinigung und der Erotik der
Minnesprache. Der Mensch sprach: „In einer Zeit der Krankheit und des
Fernbleibens von der Kirche erschien es mir, daß Frau Weisheit sich in das
Bett neben mir neigte, mich mit dem linken Arm umarmte, so daß die
Liebeswunde und das Feuer des heiligen, makellosen Herzens der Frau
Weisheit sich mit meinem wunden liebeskranken Herzen vereinigte. Da
sprach Frau Weisheit zu mir: Wenn du krank bist, umfange ich dich mit
meiner Linken, und wenn du gesund geworden bist, umfange ich dich mit
meiner Rechten. Aber dies wisse: Wenn du von meiner Linken umfangen
bist, ist mein brennendes Herz dir näher.“ Nach diesem Menschen erschien
ein anderer Mensch, der groß genannt ward, groß aus Gnaden der
mystischen Ganzhingabe der göttlichen Weisheit und Minne. Der Mensch
sprach: „Als meine Seele, nicht durch eigene Verdienste, sondern durch die
göttliche Huld in Schönheit erschien, da hörte meine Seele im Herzen wie
Gesang zu lieblichem Harfenspiel eine holde Frauenstimme, die sprach zu
meinem inneren Menschen: Komm, du bist mein! Geh in mich ein, denn
du bist mein! Weile, mein Mensch, in meinem Schoß! Denn weil ich dich
liebe als meinen Bräutigam und nach deiner intimen Nähe mich sehne, so
rufe ich dich. Danke, daß du meinem Ruf gefolgt bist! Ich habe meine
Wonne an dir und all meine Lust bist du! Ich begehre dich, mein Mensch,
daß du eingehst in meinen Schoß, wie du es als mein Bräutigam einzig
begehrst, auf daß meine Freude, Wonne und Wollust in dir vollkommen
sei!“ Schließlich erschien der selige Minner der Frau Weisheit. Seine
selige Seele wurde verzückt im Leibe oder außer dem Leibe. Es war einer
Ohnmacht gleich und einer Seelenwanderung durch die himmlische Welt.
Da sah er und hörte er, was menschlichen Zungen und selbst englischen
Zungen unaussprechlich ist, so schön ist, was er sah! Es war eine formlose
Wesenheit, die aller Ideen Lust in sich begriffen hatte. Es war eine
hervorströmende Süßigkeit ewigen Lebens in stiller, seliger Empfindung.
Der Minner sprach: Ist dies nicht das Himmelreich, so weiß ich nicht, was
Himmelreich ist. Da pries der Minner in seinem Minnefrühling Frau
Weisheit, die unaussprechliche Schönheit der Gottheit, die ihn in Minne
heimsuchte mit dem lustvollsten Spiel der Gottheit. Selig war der
mystische Minner durch die Huld der schönen Minne der göttlichen Frau
Weisheit, schon auf Erden im Paradies, eins mit Ihr, der HERRIN!

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THEOSOPHISCHE BRIEFE

Von Peter Torstein Schwanke


„IHRE Söhne erheben sich
Und IHR Mann rühmt SIE:
Es sind wohl viele starke Frauen –
DU aber übertriffst sie alle!“
(Sprüche Salomos 31, 28.29)

Liebe Schwester!

Ich sende dir ein Beispiel meines poetischen Schaffens. Es sind Worte der
Mutter Gottes, die in einer dunklen Zeit mir wie ein Trost vom Himmel
erschienen, die ich darum in Versmaß und Reim gefaßt habe. Mir selbst ist
von Gott der Glaube geschenkt worden nach dem Heimgang meiner
geliebten Großmutter. Mir scheint, ihre Seele ist zu Gott getreten und hat
den Herrn gebeten, mir, ihrem Lieblingsenkel, die kostbarste aller Gnaden
zu schenken, nämlich den Glauben. Da ist mir denn auch Christus
erschienen und ich habe Gott angebetet, den Gott der Allmacht und der
Weisheit und der Liebe. So scheint mir, daß der Tod derer, an denen Gott
sein Wohlgefallen hat, große Gnaden auf Erden bewirkt. Auch durch den
Heimgang des Heiligen Vaters Johannes Pauls des Großen ist mir Schönes
geschenkt worden, nämlich die Entscheidung, mein künstlerisches Talent
ganz in den Dienst der Verherrlichung Gottes zu stellen und die schwarze
Madonna, die Jungfrau von Guadelupe, zu meiner himmlischen Muse zu
wählen, ja, nicht nur zur himmlischen Muse, sondern auch zur
himmlischen Braut dessen, der von Gott zur Ehelosigkeit um des
Himmelreichs willen berufen ist.

Liebe Schwester!

Bei dem beiliegenden Poem „Maria Magdalena und die Auferstehung“


mußte ich an dich denken. Nicht allein, weil deine Namenspatronin die
Jüngerin Jesu und Freundin Magdalenas war, sondern auch, weil du in
einer Kirche lebst und wirkst, da die Frauen selbstbewußt und mündig ihr
Christusleben leben. Ich habe mein Poem geschrieben in der Seelenangst
und Depression, aber es ist eine Predigt der Hoffnung, des Lichts und der
Auferstehung geworden. Christus schenkt nämlich, wie ein altes
evangelisches Kirchenlied sagt: „Freude in allem Leide“. Das Poem
gründet auf Predigten der alten griechisch-orthodoxen Kirchenväter, aber
ich fand in ihren Predigten eine Botschaft der Würde der Frau, der Freiheit
der Frau in Christus und des Auftrags der Frau, der Sendung der Frau an
die Kirche und die Welt. So ist meine griechisch-orthodoxe Magdalena
eine Ikone des christlichen Feminismus geworden. Ich hoffe, du findest
Muße, dieses Poem zu lesen, und ich hoffe besonders, daß es dich als
Christin erfreut. Mein Poem sagt: „Freuet euch, ihr Frauen all, freut euch,
Jesus liebt die Fraun!“ Und der Dichter und Papst Johannes Paul der Große
dichtete einmal den unsterblich-schönen Vers: „Ich danke dir, Frau, dafür,
daß du Frau bist!“

Lieber Bruder!

Aristoteles sagt, daß alles Seiende eine Ursache haben muß, und daß man
daraus schließen kann, daß es eine Erstursache gibt, die alles sich
Bewegende verursacht, diese Erstursache als der Allbeweger ist selbst aber
ohne Ursache und unbewegt. Dies sagt einem die menschliche Vernunft.
Ebenso ist das Ziel jedes Menschen das Gute, das Vollkommene, das
Glück. Das höchste Gute aber und das schlechthin Vollkommene und das
Glück ohne Bitterkeit ist das, was wir Gott nennen. So ist nach Aristoteles
Gott die Erstursache aller Schöpfung und zugleich ihr Ziel. Platon
behauptet, daß alles, was in der materiellen Welt Wirklichkeit hat, zuvor
als geistige Idee im Ideenhimmel präexistent war. Die materielle Welt ist
der Schatte oder das Abbild der ewigen Ideen in Gott. Der Neuplatonismus
von Plotin lehrt ein Hervorgehen aller Wirklichkeiten aus Gott, zuerst
gehen die Ideen und geistigen Kräfte hervor und als letzte Wirklichkeit,
gleichsam als Verfinsterung des göttlichen Lichts, die materielle Welt. In
der jüdischen Philosophie und Mystik der Kabbala, die neuplatonische und
mosaische Ideen zu harmonisieren versucht, schafft Gott die wirkliche
Welt nach dem Vorbild der geistigen Ideen, die in der Ewigen Weisheit
existieren. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde, was aber heißt: Im
Anfang? Als Gott die Welt schuf, war die Weisheit als seine Werkmeisterin
bei ihm. In der Ewigen Weisheit (oder der zweiten Person der Gottheit)
existierten die geistigen Formen, nach deren Exempel die materiellen
Dinge geschaffen worden sind. Die neuplatonische Philosophie nennt die
ewige Weisheit auch die Weltseele. Dabei stellt man sich den gesamten
Kosmos aller Kreaturen als einen einzigen Körper oder Organismus vor,
der von einer Seele belebt wird. Diese Weltseele ist von Gott in die
Schöpfung eingehaucht und ist das Leben in allem Lebendigen oder die
Weisheit in aller Schöpfung oder das, was die Welt im Innersten
zusammenhält. Diese göttliche Kraft wird in der mittelalterlichen
Philosophie mit dem Heiligen Geist identifiziert, als der Anwesenheit
Gottes in der Schöpfung, der innere Lebensodem aller Kreatur, der
schöpferische Geist, der wirkt und schafft bis auf den heutigen Tag. So
verteidigte auch Papst Benedikt den Glauben an Gott den Schöpfer, indem
er sagte, die menschliche Vernunft muß durch den Glauben erleuchtet
werden, um wahrhaft vernünftig zu sein, die erleuchtete Vernunft lehrt
aber, daß die Schönheit des Kosmos und die Würde des Menschen nicht
aus Sinnlosigkeit und Chaos entstanden sein kann, sondern durch eine
Intelligenz, einen Geist, eine Weisheit schön gebildet worden ist. Diese
Kraft nennt Papst Benedikt den Schöpfergeist. Er sprach aber auch davon,
daß es ähnlich sei wie in der jüdischen Überlieferung, die behauptet, daß
Gott vor der Schöpfung in die Torah geschaut habe und nach der Weisung
der Torah die Schöpfung geschaffen. Dies ist für Papst Benedikt das ewige
Wort oder der Logos oder die Allvernunft oder der göttliche Sinn. Im
Anfang war das Wort und in dem Wort und durch das Wort ist alles
geschaffen. Die griechischen Philosophen wie Heraklit und Zenon
sprachen auch von dem Logos, als dem göttlichen Sinn und Geist in der
Schöpfung, der alles am Leben erhält, als die Allvernunft und Weisheit
Gottes in der Schöpfung. Und diese göttliche Person – man nenne sie
Logos oder Sophia, Wort oder Weisheit, oder Allvernunft oder Sinn oder
Geist, ist in Jesus ein Mensch von Fleisch und Blut geworden.

Liebe Schwester!

Ich habe eine bestimmte Phase meines Lebens abgeschlossen. Es war


nämlich mit der Geburt der Zwillinge meiner Freundin und dem
satanischen Wahnsinn des leiblichen Vaters und der todesgefährlichen
Krankheit der Mutter mir von Gott die Aktion der Caritas geboten worden.
Ich las über den heiligen Ephraem den Syrer, der als Eremit in einer Höhle
lebte und als Harfe des Heiligen Geistes Hymnen an Maria sang, der sah,
daß in der Stadt seiner Nähe ein Erdbeben eine menschliche Katastrophe
herbeigeführt hatte, da verließ er seine Einsiedelei und wurde tätig in den
Taten der Nächstenliebe. Als aber seine Arbeit getan war, kehrt er zum
mystischen Gebet in die dunkle Höhle zurück, der Gottesmutter sein Gebet
zu singen. In jener Zeit hörte ich auch viel von dem Evangelium nach
Mutter Theresa von Kalkutta, die in den Armen, den Kleinen, den
Leidenden und Sterbenden Jesus selber sah und Jesus in den Armen
umarmte. Auch der heilige Dietrich Bonhoeffer hielt mir eine Predigt, in
der er sagte, der Christ solle nicht in erster Linie um sein eigenes Leid
kreisen, sondern um das Leiden Gottes in der Welt. Damals sagte der
Heilige Geist zu mir: Sei den Waisen ein Vater und der Witwe ein
Ehemann, dann wird Gott der Herr dich mehr lieben als deine Mutter! So
ausgerüstet, hab ich meine Taten getan und vorübergehend wie in einer
Familie, wie ein Kindervater und Frauengatte gelebt. Im Pius-Hospital, da
die Freundin mit ihrer Todesangst lag, erschien mir Maria als die
„Knotenlöserin“, ich weihte ihr die Kranke, da flüsterte Maria mir das
Wort „Caritas“ zu. Ich habe in jener Zeit die Gestalt der göttlichen Caritas
als eine göttliche Mutter erfahren. Mir ist die Predigt von Bernhard von
Clairvaux lebendig geworden, der die Caritas eine Mutter nannte, die die
verlorenen Söhne liebevoll empfängt bei ihrer Rückkehr zu Gott und sie
stillt mit der Milch des Trostes, der süßen Milch des Trostes aus dem
Reichtum der Mutterbrüste, von der Jesaja spricht. Auch die heilige
Hildegard von Bingen hat die göttliche Caritas als eine Quasi-Göttin
verherrlicht und sie die Ehefrau des HERRN genannt, die mit ihm das
Ehebett teilt und zugleich „die Welt im Innersten zusammenhält“. Ich habe
gleichzeitig die Verehrung der Sapientia oder Sophia Gottes weiter im
Herzen getragen. Im Umgang mit den von mir herzlich geliebten kleinen
Kindern habe ich eine lebendige Predigt gefunden über das Wort, das
Sophia im Weltenanfang bei dem Herrn als sein „Liebling“ oder spielendes
Kind war, dessen Freude es war, mit den Menschenkindern zusammen zu
sein. Besonders das spielende Kind ist mir zum Gleichnis der
schöpferischen Weisheit Gottes geworden. Ich habe in jener Zeit immer
wieder die geistliche Ehe mit der Ewigen Weisheit im Herzen bewahrt.
Frau Torheit ist nämlich ein wildes Weib, sie schwatzt viel und weiß
wenig! Frau Weisheit oder Sophia aber ist mir in allen meinen einsamen
Meditationen während der oft anstrengenden Arbeit als die „Anima
Mundi“ in Gestalt der makellosen Jungfrau erschienen. Gleichzeitig hat
Maria als die Braut meiner Seele mich immer wieder in den kleinen
Kindern das Kind der Kinder, das göttliche Kind, das Jesuskind erkennen
lassen, das meiner Liebe bedürftig ist. Schließlich aber hat Gott das Joch
der schweren Arbeit wieder von mir genommen und mich zurückgerufen,
wie Ephraem den Syrer, in meine dunkle Höhle. Hier soll ich und darf ich
Weisheit studieren in dem Studium der Heiligen Schriften. Hier darf ich
meine Hymnen der Ewigen Weisheit und der makellosen Konzeption
Maria singen, wobei, wie mir der heilige Papst Johannes Paul sagte, Maria
meine Muse ist, oder, wie ein benediktinischer Mönch mir sagte, Maria die
Quelle der Inspiration ist, oder dichterisch gesprochen, Maria mir die
kastalische Quelle der Musen-Inspiration ist.

Liebe Schwester!

Du bist nun schwanger, da wird Maria dir natürlich anders begegnen, als
sie mir begegnet, der ich ein Mann bin und auch kein Vater. Der
Psychologe sagt, Maria ist dem Mann gewissermaßen seine Anima. Sie ist,
poetisch gesprochen, die Athene des Odysseus, und philosophisch
gesprochen, die Aphrodite Urania des Platon. Das ist die Anima des
Mannes. Aber der Psychologe sagt, Maria sei für die Frau gewissermaßen
das Selbst oder die höhere Persönlichkeit. Das Selbst der Frau ist der
innere Mensch, der aus Bewußtem und Unbewußtem besteht und
vollkommener ist als das rationale Ich. In Träumen, Phantasien und
Visionen kann die Frau ihrem Selbst begegnen. Wie ich hörte, hat das
Selbst der Frau ein Doppel-Antlitz, es ist ein übernatürliches Mädchen
(Jungfrau) und eine irdische Mutter. Das spricht der Mythos der Antike in
den Mysterien von Eleusis aus, da die göttliche Mutter Demeter die
göttliche Jungfrau Kore Persephone im Schattennreich sucht, wo
Persephone das göttliche Kind Triptolemus gebiert. Dieses Eleusinische
Mysterium als ein Mysterium der weiblichen Seele scheint wieder auf in
dem Bildtyp Anna Selbdritt, den auch Leonardo da Vinci gestaltet hat,
auch Albrecht Dürer desöfteren. Dort umarmt die Marienmutter Sankt
Anna das heilige Mädchen Maria, die das göttliche Kind in den Armen
hält. Wenn das weibliche Selbst als die höhere Persönlichkeit der Frau, als
die innere Weisheit des inneren Menschen oder als die innere
Seelenführerin, in Gestalt einer Jungfrau und einer Mutter erscheint, dann
ist das gewissermaßen Maria, die in ihrer göttlichen Mutterschaft
gleichzeitig, wie die Reformatoren bekannten, immerwährende Jungfrau
geblieben ist. Ich weiß nicht, über welches Marienbild du meditieren
könntest, denn die Madonnen der Künstler sind doch in der Regel Anima-
Gestalten oder die Musen der malenden Poeten. Aber ich denke, eine
orthodoxe Ikone der Gottesmutter bringt eher den weiblichen Aspekt zum
Ausdruck. Wenn du in einer orthodoxen Ikone die göttliche Mutterschaft
Mariens anschaust, dann kannst du über die Mutterschaft Mariens
meditieren, um deine eigene Mutterschaft zu benedeien, zu segnen und zu
heiligen. Wenn du magst, dann meditiere folgendes Geheimnis aus dem
heiligen Rosenkranz: „Gegrüßet seiest du, Maria, voll der Gnade! Der
HERR ist mit dir! Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist
die Frucht deines Schoßes, Jesus, den du, o Jungfrau, zu Elisabeth
getragen hast.“ Denn vielleicht magst du einmal betrachten und dir
vergegenwärtigen die Szene, da die selbst schwangere Jungfrau Maria über
die Hügel von Judäa geeilt ist zu ihrer schwangeren Freundin Elisabeth,
um ihr in den letzten drei Monaten der Schwangerschaft beizustehen. Ja,
vielleicht hat Maria auch den Dienst der Hebamme an der Freundin
Elisabeth geleistet? Ist Maria doch gewiß eine bessere Hebamme als
Sokrates es jemals sein konnte! Also bitte die heilige Mutter Gottes, als
deine Freundin zu dir zu kommen, als deine Schicksalsgenossin, die das
Wunder und Geheimnis der Schwangerschaft an sich selbst erfahren hat.
Ich möchte, da du davon sprachest, daß du bei Maria immer an deine
Mutter denken mußt, dir noch sagen, was ich von einem Mönch gelernt
habe. Er schlug vor, daß die Frau betrachte, welche Rolle Maria in der
Kindheit der Frau gespielt hat. Ich selbst, wie du ein evangelisches Kind,
habe in den kirchlichen Weihnachtsliedern und in der Krippe der
Weihnachtsmesse, ein Bild von Maria gewonnen, Marie, die reine Magd,
von der Jesaja uns gesagt. Dann schau einmal, wie Maria die Süßigkeit
und Zärtlichkeit in die christliche Religion bringt. Dann schau einmal
dieses evangelische Mädchen Marie von Nazareth an, die im Lobgesang
Mariens ganz vom Wort Gottes her lebt und denkt und singt, dann schau
die an, die gerechtfertigt ist aus Gnade durch Glauben, denn Elisabeth sagt
zu ihr: „Selig bist du, weil du geglaubt hast“. Dann schau die an, die ganz
für Christus gelebt hat, sich ganz in den Dienst Christi gestellt hat, seine
erste Jüngerin war, ja, die ihn geboren hat, die ihn der Welt als das Heil
geschenkt hat. So sollst du auch wie Maria sagen: „Siehe, ich bin die
Magd des HERRN. Dein Wille geschehe, mir geschehe nach deinem
Wort!“ Ich will desweiteren erwähnen, was ein jüdischer Philosoph
gesehen, der über den Eros und die Religion gesprochen. Er meinte
nämlich, daß im Zeitalter der Minne die Frau in Maria wieder eine solche
Ehre als Göttin erhalten habe, wie sie sie mit dem Untergang des
matriarchalischen Äons verloren hatte und war die leibeigene Sklavin der
Herrensöhne im Patriarchat geworden. In den Minnedienern der Lieben
Frau Maria aber habe die gerechte Vorsehung eben diese patriarchalischen
Herrensöhne wieder knieen lassen zu Füßen der Frau. So will ich dir auch
sagen, daß Johannes Paul der Große Maria gerade als „die Frau“ verehrte,
die Neue Eva, die der Schlange den Kopf zertritt, die Frau des
Evangeliums, die Frau der Apokalypse. In Maria ist erschienen die
göttliche Würde der Frau, gewissermaßen der Genius der Frau. Maria als
die Unbefleckte Empfängnis, oder besser gesagt, Maria als die Makellose
Konzeption ist die Frau, wie Gott sie als Bild in seinem Geiste trägt, die
vollkommene, das heilige Ebenbild der Frau nach Gottes (weiblichem)
Bild. Insofern kann Maria dir in vollkommener und heiliger Weise helfen,
dein weibliches Selbst zu finden und zu heiligen, dein Frausein zu leben.
Dabei ist Maria nicht wie deine Mutter daran interessiert, dich klein und
unmündig zu halten, sondern dich zu einer großen, freien, tüchtigen,
weisen, frommen, starken Frau zu machen, kurz, zu einer Heiligen Gottes!
Ich hoffe, meine Gedanken können dich inspirieren. Das Wichtigste ist,
mit Maria ins Gespräch zu kommen, denn sie sagt: „Bete, bete, bete!“

Liebe Schwester!

An Allerheiligen sagtest du: „Ich hörte von der Königin von Saba und dem
König Salomo. Ob sie sich wirklich so getroffen haben, wie es in der Bibel
steht?“ Ich will gar nicht sagen, daß die jüdischen Rabbis meinen, die
Königin von Saba sei in Wahrheit Lilith gewesen. Ich will dir auch nicht
die Legenden erzählen, die die muslimischen Frauen von ihr erzählen,
stolz auf ihre Königin von Saba des Koran, oder die die jüdischen Frauen
erzählen, stolz auf die Weisheit Salomos, welche die Königin von Saba
begehrte zu hören, oder die die äthiopischen Christinnen erzählen, stolz
auf ihre Kaiserin, die jungfräuliche Königin von Saba, die schwarze und
schöne Braut des Hohen Liedes, die Königin des Südens, die im
Weltgericht die reichen Völker richten wird. Nein, ich will dir nur von
einem poetischen Schauspiel erzählen, daß ich einmal sah, einem kleinen
romantischen Liebesroman. Die Königin von Saba kam aus Afrika, dort
betete sie die Mondgöttin an. Sie hörte aber von der weltberühmten
Weisheit des weisen Salomo und kam, ihn zu besuchen und zu befragen
über das göttliche Wesen. Da sah Salomo die Königin von Saba, die Bilkis
hieß, und verliebte sich in ihre Schönheit. Sie erkannte die Weisheit
Salomos und sah das Reich des Friedens, das er begründet hatte, und sie
verliebte sich in ihn. Er sang ihr Liebeslieder, die nun in der Bibel stehen.
Er nannte sie seine schwarze und schöne Geliebte, die er mehr liebte als
das Licht, denn die Sonne geht unter, aber das Licht der Geliebten ist ein
unsterbliches Licht. Er nannte sie seinen Atem, den reinen Hauch der
Gottheit. Er nannte sie seine Lebensgenossin von göttlichem Adel. Sie
liebten einander, und die Königin von Saba bekam einen Sohn. Salomo
wollte ihn zu seinem Thronnachfolger machen, er sollte König von Israel
werden. Aber da standen die jüdischen Hohenpriester zornig auf, sie
sagten: „Ein Heide soll Israel regieren? Das kann und darf nicht sein!
Salomo, du mußt deine Heidin fortschicken.“ Salomo wollte nicht auf die
Hohenpriester hören, aber sein Prophet sagte: „Salomo, wenn du die
Priester gegen dich hast, hast du das Volk gegen dich, dann kannst du nicht
König von Israel sein. Das Friedensreich wird zerfallen. Das Volk Gottes
wird sich unter die heidnischen Völker auflösen.“ Aber Salomo wollte
nicht lassen von seiner heidnischen Geliebten. Da sagte die Königin von
Saba: „Salomo, gegen die Hohenpriester kann mein Sohn niemals in
Frieden ein König in Israel sein. Ich werde nach Äthiopien zurückkehren,
dort soll mein Sohn der Erste Kaiser von Afrika sein.“ Da reiste die
Königin von Saba ab. Salomo lag mit gebrochenem Herzen am Boden
zerstört. Er trank Wein und schrieb eine philosophische Schrift voll bitterer
Weisheit, voller existentiellem Lebenspessimismus und voller Melancholie
und Resignation. Das Buch steht nun in der Bibel. „Alles ist sinnlos,
spricht der Prediger, alles ist sinnlos, Sinnlosigkeit der Sinnlosigkeiten!
Alles ist ein Jagen nach Luftgespinsten, ein vergebliches Haschen des
Windes, ein vergebliches Seufzen des Geistes, ein sinnloser Verdruß des
Geistes! Ich pflanzte mir Gärten und hatte einen Harem von Frauen, aber
das war sinnlos. Ich forschte nach Weisheit, aber auch das war sinnlos.
Denn alles ist sinnlos.“ In seinem Elend und seiner Verzweiflung ließ
Salomo, um Trost bei einer Mutter zu finden, die Marmorstatue einer
Muttergöttin errichten. Die Frauen seines Harems tanzten und sangen vor
der göttlichen Mutter. Salomo lag jammernd vor dem Bild der Muttergöttin
und betete: „O große Mutter, deren fruchtbare Brüste das ganze Weltall
ernähren, spende mir deinen Muttertrost in meiner Verzweiflung! Göttliche
Mutter der ewigen Liebe, stille mich mit dem Reichtum der prallen
Mutterbrüste voll der Milch des Trostes!“ Das erregte den Zorn der
jüdischen Hohenpriester, sie wiegelten den männlichen Pöbel in den
Gassen auf. Die zornigen Männer aus den Gassen hassten das Götterbild
der göttlichen Mutter, sie hassten alle Götterbilder! Voller Zorn und Eifer
stürmten die aufgehetzten Männer die Kulthöhe und zertrümmerten mit
Hämmern das Bild der Muttergöttin. Die Hohenpriester sprachen zu
Salomo: „Dein Friedensreich wird zerfallen, aus dem einen Israel werden
zwei jüdische Staaten werden. In Nord-Israel werden heidnische Könige
herrschen, die heidnische Götter und Göttinnen verehren! Die Könige nach
dir werden den Göttern Menschenopfer bringen, ja die Israeliten werden
den Göttern ihre eigenen Kinder opfern! Das ist die Strafe für deinen
Abfall vom Glauben an den Gott Israels!“ Salomo war alt geworden. Sein
Tod stand ihm nah bevor. Er ging in unendlicher Verlassenheit und
Einsamkeit allein in den leeren Tempel, ging durch das Heiligtum zum
Allerheiligsten, dem leeren dunklen Raum, da unsichtbar die Gegenwart
der Gottheit wohnte. Er warf sich weinend vor der unsichtbaren ewigen
Gottheit nieder und weinte das ganze Elend seines Lebens vor der
unsichtbaren ewigen Gottheit aus, und unter jammernden Tränen stieß er
immer wieder hervor den Namen: „HERR! HERR! HERR!“

Liebe Schwester!

Ich habe in der zurückliegenden Zeit einer kranken Freundin und ihren
Kindern mit viel Tätigkeit geholfen. Dabei sind mir die kleinen Kinder so
ans Herz gewachsen, daß mir oft schien, ich küsste das Jesuskind, das
Jesuskind saß auf meinem Schoß, das Jesuskind umschlang meinen Hals,
das Jesuskind nannte mich Mama, ich schlief mit dem Christkind in der
Krippe. Das Jesuskind wurde von Maria mit ihrem Sternenmantel
zugedeckt, wenn es ins Bett ging. Dann sang Maria als Wiegenlied dem
Jesuskind: Schlaf selig und süß, schau im Traum‘s Paradies. Das Jesuskind
war so verliebt in Maria, daß es in jedem Mädchen auf der Erde, jedem
jungen schönen Mädchen Maria sah! Da hab ich etwas über die Gottheit
gelernt, denn Mutter Theresa von Kalkutta sagte von der Caritas, man sähe
Jesus in den Armen und Kleinen und Kranken und Sterbenden. Dietrich
Bonhoeffer sagte: Kreise nicht um dein eigenes Leiden, sondern um das
Leiden Gottes in der Welt. Bernhard von Clairveaux sagte, Gott ist die
Mutter Caritas, die all ihre verlorenen Söhne gerne wieder in die Arme
nimmt. Hildegard von Bingen sagte, die göttliche Caritas sei die Gattin
Gottes und hüte das göttliche Ehebett. Papst Benedikt schrieb: Deus
Caritas est. Aber der Poetenpapst Schwanke schreibt: Deus Mater Caritas
est! Dann habe ich mich wieder der Suche der Weisheit zugewandt in
Studium und Betrachtung und Gebet. Da habe ich zum einen den
hinduistischen Heiligen und Mystiker Ramakrishna studiert, der einmal
nach theologischen Spitzfindigkeiten gefragt wurde und sagte: Ich weiß
nichts von diesen theologischen Spitzfindigkeiten, ich weiß nur, daß ich
ein Sohn der göttlichen Mutter bin. Dann habe ich im Frühjahr mich mit
der Kabbala beschäftigt und darin besonders mit der Gestalt der Chochma-
Sophia und der Matrone Schechinah, der Einwohnung Gottes in der
Schöpfung als dem mütterlichen Prinzip der Gottheit. Die Sophia ist dort
die Tochter des ewigen Königs, die der Mystiker zu seiner Braut wählt. Ich
habe dann besonders im Herbst mich mit der griechischen Philosophie
beschäftigt und vor allem Gefallen am Platonismus und Neuplatonismus
gefunden, da ich dann die Gottheit als die Urgottheit und die Urschönheit
(Urania) verherrlicht habe.

Liebe Schwester!

In der katholischen Zeitschrift „Fatima“ las ich von Eurem Eintritt in die
Marianische Frauen-Congregation, Prinzessin. Ich möchte als ein
unbekannter deutscher Dichter und Minnesänger Unserer Lieben Fraue
Euch dazu herzlich beglückwünschen. Eure natürliche Anmut wird durch
die Grazie Unserer Lieben Frau im Spiegel Eurer Seele vielmals erhöht.
Maria als die Frau der Frauen oder die philosophische Idee der
Weiblichkeit ist in ihrer makellosen Heiligkeit ein vollkommenes Vorbild
für jede Frau, die wahrhaft fraulich, wahrhaft menschlich, wahrhaft
christlich, wahrhaft heilig werden will. Maria ist die Frau nach dem
mütterlichen Herzen Gottes. Ich freue mich, daß Ihr, hochedle Prinzessin,
die Himmelskönigin verehren wollt, denn darin besteht der wahre Adel der
Seele. Unsere Liebe Frau Maria als selige Jungfrau und Gottesmutter ist
das höhere Selbst der Frau. In der „Imitatio Mariae“ nähert sich die Frau
dem innewohnenden weiblichen Ebenbild Gottes, den der Mystiker die
„Urschönheit“ nennt.

Lieber Bruder!

Ich habe dieses Jahr vor allem Arbeit auf die Theologie der Ewigen
Weisheit gewandt. Die Ewige Weisheit, Frau Weisheit, Ischa Chochmah
oder Gynä Sophia, ist die Gestalt, die in den Sprüchen Salomos, der
Weisheit Salomos, Jesus Sirach, Baruch, Ersten Korintherbrief
niedergelegt ist. Sie ist von Theologen der Orthodoxie, des Katholizismus,
des Lutherischen Protestantismus und des pietistischen Protestantismus
und der Anglikanischen Konfession gleicherweise entfaltet worden. Sie ist
gewissermaßen Christus in Gestalt einer göttlichen Braut. Denn der Herr
bereitet der Christus-Sophia die Hochzeit mit dem Christen. So hat mich
der Herr denn auch zur Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen
berufen, wie ich am Pfingstfest deutlich erkannte. Der Herr, Jahwe
Zebaoth, stellt sich mir selbst als mein Herr und Schöpfer, als mein
Bräutigam und Gemahl dar, meine Seele ist seine geliebte Königin. Er, der
Herr, will mich führen den Weg der Weisheit, sie hab ich liebgewonnen,
ihre Schönheit und ihr göttlicher Adel lassen sie mir als eine ideale Braut
erscheinen, darum habe ich beschlossen und mich wahrhaft entschlossen,
sie, Frau Weisheit, als meine Lebensgefährtin heimzuführen, wie Salomo.
Jesus stellt sich im Evangelium vor als die menschgewordene Sophia,
Paulus im Korintherbrief bezeichnet Christus, den Auferstandenen, als
Gottes Sophia. Ich habe in diesem Jahr vor allem zu der christlichen
Theologie der Sophia eine jüdische und eine griechische Bereicherung
gefunden. Denn ich habe mich mit jüdischer Mystik der Kabbala und
jüdischer Philosophie der Antike, des Mittelalters und der Renaissance
beschäftigt. Darin sind viele Erkenntnisse über die göttliche Weisheit, die
der christlichen Weisheit entsprechen. Dazu habe ich mich auch mit
griechischer Philosophie beschäftigt und vor allen anderen Systemen
Gefallen an der Platonischen Philosophie gefunden, ja, ich habe mich in
die Schönheit der platonischen Philosophie verliebt. Ein katholischer
Priester aus dem Florenz der Renaissance, der selbst neuplatonische
Philosophie trieb, nannte die platonische Philosophie die immerwährende
Philosophie und eine Schwester des christlichen Offenbarungsglaubens.
Ich habe alle meine Erkenntnisse, die ich immer in meinem Gebet vor Gott
im Herzen bewegt habe, wie ich glaube, angeregt vom Heiligen Geist, in
Versen und Prosa niedergelegt. Wie Jesus Sirach sagt, habe ich mich nicht
für mich allein gemüht, sondern für alle, die Weisheit suchen. Ich meine,
es ist ein Leichtes dem Heiligen Geist, die dafür vorgesehenen Menschen
zu meinen Poetischen Werken zu führen. Ich sorge mich nicht um Ruhm
oder Nachruhm, sondern allein um die Ehre des Herrn. Meine Poesie hat in
dem Maße Anteil an der Ewigkeit, als es Gebet, Lobpreis und Betrachtung
des Ewigen ist.

10

Lieber Bruder, liebe Schwester!

Ich möchte die Geburt Jesu aus der Jungfrau feiern. Ihr wisst, mein Mund
geht immer von Gott über. Wes das Herz voll ist , des fließet der Mund
über, sagt Jesus. Mein Herz ist nun einmal voll von Maria. Die Weihnacht
ist die Nacht, in der sie geboren hat. Ich sah die Geburtskirche, dort ist im
Boden ein Stern an der Stelle, da Maria Jesus geboren hat. Das möchte ich
gerne feiern. Ich kann das nicht feiern mit einem Mann, der fleißig ins
Hurenhaus geht, aber bei jeder liebenden Erwähnung der heiligen Jungfrau
in Spott oder Haß ausbricht. Ich will aber auch nicht aus purer Höflichkeit
von nichts anderem reden als von albernen Scherzen, sondern will die
heilige Nacht heiligen. Goethe sagte einmal: „Das ist es, was dich mit der
Welt entzweit, sie will nicht Gemüt, sie will nur Höflichkeit.“ In
gesellschaftlicher Höflichkeit kann ich mich mit einem Mann arrangieren,
der Maria vielmals beleidigt, aber eine heilige Nacht kann ich mit solch
einem Spötter nicht feiern. Ich weiß, ihr verehrt Maria als evangelische
Christen auch nicht so, wie ich das tue. Aber der Anglikaner C.S. Lewis
hat einmal in seinem Buch über den christlichen Glauben gesagt: „Über
Maria sage ich hier nichts, denn ich möchte niemanden kränken, der Maria
wie seine Mutter oder seine Geliebte liebt.“ Es gibt auch eine evangelische
Ehre Mariens, da man die Magd des Herrn und Mutter Jesu
stillschweigend wertschätzt. Aber sie mit zornigen Worten zu übergießen
und ihr oftmals ein Schwert durch die Seele zu bohren und so zu meinen,
Jesus zu ehren, indem man seine Mutter verhöhnt, das ist gewiß unheilig.
Soweit die Worte meines Zornes.
11

Liebe Schwester, lieber Bruder!

Am Heiligen Abend kurz vor Mitternacht hörte ich die Frohe Botschaft:
Ein Kind wird geboren! Ihr bekommt ein Kind! Dazu fällt mir soviel
Schönes ein, daß ich gleich um Mitternacht in der Heiligen Nacht euch ein
Liebeslied an das Kind schreiben will. Wie es sich für einen evangelischen
Christen gehört, ein Wort der Schrift voran: „Kinder sind eine Gabe
Gottes, Leibesfrucht ist ein Geschenk des Herrn!“ Der Psalmist sagt: Wohl
dir, Mann Gottes, du hast es gut: Deine Frau im Innern deines Hauses ist
wie ein fruchtbarer Weinstock, deine Kinder um deinen Tisch sind wie
Zweiglein des Ölbaums. Wohl dem Mann, der seinen Köcher gefüllt hat
mit den Pfeilen seiner Kinder! - Von Konfuzius hab ich gelernt, daß die
Erziehung im Mutterschoß beginnt. Die Mutter, sagt Konfuzius, soll keine
aggressiven Farben anschauen und keine kriegerische oder lüsterne Musik
hören. Ein Psychologe, der sich auf die Psyche der Embryos spezialisiert
hatte, erzählte, wie eine Frau in ihrer Schwangerschaft einen Trauerfall in
der Familie erlebte und davon so traurig ward, daß sich um die Seele ihrer
Leibesfrucht für immer ein schwarzer samtener Mantel der traurigen
Schwermut legte. Ein katholischer Priester erzählte von einer schwangeren
Frau, deren Onkel ihr zur Abtreibung riet, da zürnte sie ihn an und sagte:
Sei still, mein Kind soll das nicht hören! Eine amerikanische schwarze
Baptistin ging in die Gebärstationen der Hospitäler und legte den
Schwangeren die Hände auf den Bauch und sang Gospel-Lieder, da
stellten die Ärzte fest, daß die Kinder im Schoß freudig belebt auf die Gute
Nachricht und die Freude des Heiligen Geistes reagierten. Jesus selbst
spricht ja von der Entbindung und sagt: Wenn eine Frau in Wehen liegt, so
überkommt sie die Angst, aber wenn das Kind da ist, vergißt sie die Angst
über der Freude, daß sie ein Kind in Armen hält. Als ich den Liebling der
Zwillinge meiner Freundin in den Armen hielt, verstand ich den
Feminismus, ich sage das als Scherz: Denn wie Siegmund Freud vom
Penisneid der Frauen sprach, so sprachen die Feministinnen vom
Gebärneid der Männer. Ich aber hatte das süße Baby so lieb, als es in
meinen Armen lag, daß ich ihm gern die Brust gegeben hätte, das war
mein maskuliner Stillneid oder Brustneid. Hier setzt das Wort Jesajas an:
Ich will euch trösten, spricht der Herr, wie einen seine Mutter tröstet. Ja,
ihr sollt an Jerusalem getröstet werden. Ihr werdet saugen die Milch des
Trostes aus dem prallen Reichtum der Mutterbrüste. Auf den Knieen wird
man euch wiegen und in den Armen wird man euch liebkosen. An der
Stelle setzt dann Hosea an, der von der Pädagogik der Gottesliebe spricht
und sagt: Ich zog euch an Seilen der menschlichen Liebe, ich war zu euch
wie Mutter und Vater, die den Säugling in ihre Arme nehmen und dem
Kinde Sprechen und Laufen beibringen. Da spricht der Herr: Ist nicht
Ephraim mein Lieblingskind? Und wenn ich meinem Lieblingskind auch
zürnen muß, weil ein Vater sein Kind auch streng erziehen muß, so bricht
doch mein Herz vor Barmherzigkeit, so oft ich an ihn denke. So wird es
euch ergehen in der Liebe zu eurem Kind. Denkt auch an die Stelle in den
Sprüchen Salomos über die Weisheit Gottes im achten Kapitel des Buches,
da die Ewige Weisheit der Liebling Gottes genannt wird. Luther übersetzte
das Wort mit Werkmeister, man kann es auch mit Architektin und
Künstlerin übersetzten, aber es heißt auch Liebling oder Hätschelkind.
Mutter und Vater schauen zu ihrem Hätschelkind wie Gott zur Ewigen
Weisheit schaut. Und die Freude des Lieblings Gottes war es, vor dem
Ewigen zu scherzen und mit den Menschenkindern zu spielen. Welche
Freude ist es, mit einem Kind zu spielen! Kinder sind Poeten. Mein lieber
Pflegesohn sprach im Alter von drei Jahren wie ein romantischer Dichter.
Kinder haben solch eine Freude an Schönheit, und wenn ihr mir glauben
wollt, es wird den Kindern das Jesuskind lieb sein, wenn sie es in den
Armen der schönen Mutter Maria sehen, etwa auf dem Bilde Raffaels.
Kinder identifizieren sich mit dem Jesuskind und werden selbst „Jesuskind
spielen“. Da wird euch viel über das Jesuskind aufgehen, da wird euch
auch viel über die elterliche Güte der Ewigen Liebe Gottes aufgehen, die
Vaterliebe und Mutterliebe ist. Dann werdet ihr dem Kind sprechen
beibringen, ihr werdet die Urlaute des Kindes lernen, der erste Buchstabe
des Kindes ist das M, das, wie der Dichter Rilke sagt, die Mütter bedeutet.
Der Hahn im Garten heißt Ammi, die Großmutter Amma, die Mutter
Mamma, das Essen heißt Mam-Mam, das auf den Arm-Nehmen heißt Am!
Das ist die Ursprache, wie man sie in den Anfängen der Steinzeit vielleicht
auch gesprochen hat. Kinder sind Gläubige. Eine indische Weisheitsschrift,
die Bhagavadgita, sagt vom Heiligen und Weisen, daß ihm Erdkloß und
Stein und Goldstück gleichviel wert sind, so ist es bei den Kindern, sie
sind naive Heilige, sie spielen mit Erde wie mit Kieselsteinen wie mit
Münzen, alles ist gleich wertvoll, gleich schön! Mit Kindern über Gott zu
sprechen ist eine Quelle ewigen Staunens, und Platon sagt: Staunen ist der
Anfang der Weisheit. Die Fragen, die ein Kind euch stellen wird, wird
euch oft an die allzuengen Grenzen eurer menschlichen Weisheit bringen.
Eine russische Dichterin sagte: Man muß Kinder beschwören, ja,
beschwören wie mit magischen Formeln. Ein evangelischer Pastor sagte,
Kinder lebten in einer magischen Weltsicht. Eine große Zauberformel, die
in Ewigkeit eingeschrieben bleibt in der Seele des Kindes ist das
Vaterunser: Vaterunser der du bist im Himmel! Keiner versteht das, aber es
ist ein ewiges Wort Gottes in der Seele eures Kindes. Papst Benedikt sagte
bei seinem Antritt als Papst: Wichtiger als in materielle Güter zu säen oder
in Eigentum oder selbst in Bücherwissen, wichtiger ist es, Liebe in eine
Seele zu säen, denn das bleibt für alle Ewigkeit. Also säet die Liebe in die
Seele eures Kindes und ihr habt ein Werk getan, das den Missionsreisen
des Apostels Paulus gleicht! Ich gratuliere euch, ihr werdet in den reinen
strahlenden Augen eures Kindes sehen, wie euch Gott in Liebe anschaut,
euch Liebe schenkend und auf eure Liebe wartend! Und selbst das
Windeln und Wickeln, wie süß, wenn man einmal bedenkt, daß Maria dem
Jesuskind den Kot vom Popo gewischt und die gewaschenen Windeln noch
den Magiern aus dem Morgenland als Reliquien mitgab, ja, daß Maria zum
heiligen Josef sagte: Wickle das Jesuskind, und der heilige Josef wischte
das Exkrement vom Po des fleischgewordenen Logos und murmelte in
seinen Bart lauter Liebkosungen für den „kleinen Gott“!

12

Liebe Schwester, lieber Bruder!

Am Heiligen Abend meditierte ich über die „Gottesgeburt im Menschen“,


ein Gedanke der katholischen Mystik. Dann war meine fromme Weihnacht
beendet, es folgte das Kreuz des Familientreffens. Jesus sagte: Das alles
muß geschehen, der Menschensohn wird überliefert in die Hände der
Sünder, er muß das erleiden, um am dritten Tage in seine Herrlichkeit
einzugehen. – So steht es geschrieben, und so ist es auch an mir
geschehen. Was aber heißt: Er wird am dritten Tage in seine Herrlichkeit
eingehen? Was ist denn die „Herrlichkeit des Herrn“? Es ist der Lichtglanz
Gottes oder die außerordentliche Schönheit Gottes. In der jüdischen
Mystik ist es die „Schechinah“, die Gegenwart Gottes im Innern der Welt,
die Einwohnung Gottes in der Welt, dieselbe Mystik bezeichnet die
Schechinah als das mütterliche Wesen Gottes, die göttliche Natur. Nun,
dieses Eingehen in die Herrlichkeit des Herrn, das war die Gnade der
Weihnachtsfeier „am dritten Tage“ bei euch. So ist das Himmelreich wie
ein Fest! Aber ich wollte doch über die Gnade predigen und der Frau des
Hauses einen Minnesang singen. Wohlan denn! Die Gnade heißt auf
griechisch Charis. Die Charis in der Theologie Homers ist die Aphrodite,
die Göttin der Liebe und Schönheit, die Gemahlin des lahmen Vulkanos.
Die Übersetzuung des Wortes Charis mit Gnade ist ein Werk der irischen
Mönche zur Zeit Karls des Großen. Gnade kommt von Genade, das heißt:
Die Sonne geht zu Genaden, die Sonne sinkt herab. Gnade heißt also
Herablassung oder das Niederneigen oder auch die Zuneigung. Das
griechische Wort Charis bringt aber mehr noch zum Ausdruck. Ich
schreibe euch ein Wörterbuch: Charis heißt feminine Grazie, Lieblichkeit,
Schönheit, Anmut, Freude, Gefallen, huldvolle Rede, überschwengliche
Gunst, Dank, Segnung, Erkenntlichkeit. Hier also der Minnesang an die
Frau des Hauses: Liebe Frau, du warst mir am Weihnachtsfest ein Abglanz
und ein Spiegel der göttlichen Charis! Die göttliche Charis als die Grazie
Gottes ist deine Gottebenbildlichkeit, die Idee deines Lebens in Gott, du
bist das Ebenbild der femininen Grazie Gottes! Zurück zur Predigt: Im
Hebräischen werden zwei Worte mit Gnade übersetzt. Das Wort Chesed
bedeutet Freundlichkeit, Frömmigkeit, Pietät, Schönheit, Favorisieren,
Güte, Lieblichkeit, Barmherzigkeit. Heil dir, Mann Gottes, du bist ein
Ebenbild der göttlichen Chesed! Du bist wahrhaftig ein Freund Gottes, ein
Freund der Freundlichkeit Gottes! Das andere Wort der Gnade ist Chen, es
bedeutet: Gnädigkeit, Huld, Güte, Freundlichkeit, Liebenswürdigkeit,
Gefälligkeit, Gunst, Wohlgefallen, Begünstigung, Wohlwollen,
Favorisieren, Schönheit, die Gnade ist angenehm, erfreulich, sympathisch,
scherzend, kostbar, edel, schön, nett, niedlich, fein, herzlich! All dies ist
die Gnade Gottes, die allein uns selig macht! All diese Gnade verheißt, daß
wir aus Gnade Anteil erlangen an der göttlichen Natur, am Wesen Gottes.
Wir werden alle diese Gnaden Gottes erlangen: Wir werden Anteil
erlangen an Gottes Liebreiz und Schönheit, Anmut und Lieblichkeit, wir
werden jeder für sich und einzigartig Favoriten der Schönen Liebe Gottes
sein!

13

Liebe Schwester!

Gerne wollte ich dir eine Sendung als Trostschreiben zukommen lassen. In
der beiliegenden Hymne an die Brüste Mariens wirst du dich wohl
entdecken können, wie ich vermute. Ich habe diese Hymne im Juni
geschrieben, als ich große Schmerzen an der Seele leiden mußte, meine
Seelenangst war so schmerzlich, es war wie tausend kleine Nadelstiche in
die Seele. Da schrie meine Seele zu Maria: O Maria, tröste meine Seele,
heile meine Seele, denn meine Seele ist sehr erschrocken! Da entblößte
Maria ihre Brüste und ließ mein inneres Seelenkind in reichem Maß die
Milch des Trostes aus ihren bloßen Brüsten saugen. Da war meine Seele,
wie der Psalmist sagt, wieder ruhig wie ein gestilltes Kind in den Armen
seiner Mutter. Ich habe dir gleichzeitig eine Meditation und Musik über
Maria zukommen lassen, die von einem Benediktiner-Mönch stammt, die
wie Balsam für die Seele ist. Nicht umsonst heißt Maria, die Trösterin der
Betrübten, auch die Balsamstaude. Ich hoffe, daß dir auch heilsamer Trost
der Balsamstaude zufließt. Zuletzt habe ich dir eine kleine persönliche
Litanei gedichtet: - Christus, erbarme dich über uns! Christus, sei uns
barmherzig! Christus, gib uns deinen Frieden! Maria, Mutter Jesu, bitte für
uns! Maria, Mutter Gottes, bitte für uns! Maria, Mutter aller
Menschenkinder, bitte für uns! Maria, Frau der Frauen, bitte für uns!
Maria, Trösterin der Betrübten, bitte für uns! Maria, Zuflucht der
Heimgesuchten, bitte für uns! Maria, Hort der Verlassenen, bitte für uns!
Maria, wahre Freundin der Einsamen, bitte für uns! Maria, deren Brüste
prall sind von der Milch des Trostes, bitte für uns! Maria, deren Seele
durchbohrt ist von sieben Schwertern der Schmerzen um die Leiden deines
Kindes, bitte für uns! Maria, die du weinst und schreist um die Leiden der
unschuldigen Kinder, bitte für uns! Bei der Armut, in der du Jesus geboren,
bei der winterlichen Kälte, in der du Jesus zur Welt gebracht hast, bei dem
durstigen Weinen deines Kindes, bei deiner Flucht vor den Häschern des
Herodes, bei deinem mütterlichen Mitleid mit dem Leiden deines Kindes –
nimm alle Mütter als deine geliebten Töchter an, nimm alle Kinder als
deine geliebten Kinder an! Laß alle Menschenkinder, die großen und
kleinen Menschenkinder reichlich trinken die süße Milch des Trostes aus
dem Reichtum deiner prallen Mutterbrüste! O du lebendiger Gott der
allumfassenden Barmherzigkeit, erbarme dich über alle deine großen und
kleinen Kinder und schenke uns deine bedingungslose Liebe!

14

Liebe Schwester!
Als ich dich das erste Mal sah, da standest du neben mir, eigentlich hoch
über mir, und ich sah an dir hinauf, da ich am Boden lag. Ich war voll von
altägyptischen Hymnen an die Isis und sah an dir hinauf wie an einer
Hohepriesterin der Isis. Du hattest nämlich geflochtene Locken nach
altägyptischer Mode und trugest eine Kleidung wie die liebreizendste
Ägypterin. Darum hab ich auch ein oder zwei Jahre später im Spiel dich
dich selbst als Kleopatra erraten lassen. Kleopatra war nämlich nicht nur
eine Hohepriesterin der Liebe, sondern verstand sich auch als eine
Gottkönigin, als eine Verkörperung der Göttin Isis. Isis ist nun die älteste
Göttin Ägyptens, gewissermaßen die Urgöttin schlechthin, die Große
Mutter der dunklen Vorzeit. Ihr Kult war in den letzten Zeiten des
vorchristlichen Zeitalters im ganzen Orient und auch in Griechenland und
Rom so weit verbreitet, daß man fast von einem weiblichen Monotheismus
und weiblicher Weltreligion sprechen kann, wie manche behaupten. Ich
habe dir ja zu lesen gegeben meine Gedichte von den ägyptischen
Ostermysterien. Nämlich wie im Mythos die Isis den gemordeten Gott
Osiris beweint, ihn wieder zusammenfügt, er aufersteht und im Jenseits
Richter der Toten wird, der den Guten das ewige Leben schenkt, so in der
wirklichen menschlichen Geschichte beweinte Maria den gekreuzigten
Christus, der auferstanden ist und in die unsichtbare Welt Gottes heimging,
wo er verehrt wird als der Richter der Lebenden und Toten und als der
Spender des ewigen Lebens. Maria ist also die neue Isis? Schon in
vorchristlicher Zeit lebten Juden in Ägypten, die den Gedanken eines
einzigen Gottes, der der Schöpfer aller Welt und Menschen ist,
zusammendachten mit dem Kult der großen Göttin Isis. Sie nahmen die
religiöse Sprache der Isis-Religion und drückten den jüdischen
Eingottglauben in weiblicher Sprache aus. Daraus sind die biblischen
Bücher der Frau Weisheit oder Hagia Sophia entstanden, Gott der Einzige
in Gestalt einer weiblichen Göttin Sophia. Als das Christentum dann in die
Gebiete am Mittelmeer kam, da die Isis verehrt wurde, da wurden die
Isistempel zu Kirchen umgebaut. Man nahm die Bilder der Isis mit dem
Horuskind auf dem Schoß oder der Mutter Isis mit dem Horuskind am
stillenden Busen zu Vorbildern für Bilder der Madonna mit dem Jesuskind.
Isis wurde auch verehrt als dunkle oder schwarze Göttin, da die Ägypter
besonders an Mysterien und an den Geheimnissen von Tod und ewigen
Leben interessiert waren. Daraus entstanden dann die vielen Kultbilder der
schwarzen Madonna, die besonders in Frankreich reich vertreten sind, aber
auch in der Schweiz, in Bayern und in Polen verehrt werden. Hier wird die
neue Isis, Maria, zur Mutter eines „esoterischen“ Christentums, das heißt,
eines Christentums, das nicht in dem Befolgen äußerer Traditionen besteht,
sondern in dem Eindringen in die inneren Geheimnisse des Glaubens. Man
spricht von einem religiösen Leben als dem Befolgen der Traditionen und
Gebote, dann von einem spirituellen Leben, das heißt, einem unbewußten
Suchen nach den Geheimnissen des Lebens und des Höchsten Wesens, und
schließlich von einem mystischen Leben, das ein Leben der gläubigen
Seele in immerwährender Liebesgemeinschaft oder Liebesvereinigung mit
dem Göttlichen besteht. Maria als die schwarze Madonna ist die Herrin des
mystischen Lebens. Die schwarze Isis-Madonna verweist auch auf die
dunklen Aspekte Gottes, das heißt, daß Gott nicht ein Großvater mit
Wolkenbart ist, sondern ein unerforschliches Geheimnis, Gottes Licht ist
für uns Menschen wie eine dunkle Nacht, das man mit dem Licht der
menschlichen Vernunft nicht erleuchten kann, sondern man kann sich
allein mit dem Vertrauen, wie es ein Kind in seine Mutter setzt, diesem
dunklen Geheimnis der Gottheit liebend anvertrauen. Das ist der Glaube.
Es gibt auch eine poetische Prosa von Novalis über die Isis. Denn im
ägyptischen Ort Sais stand in einem Tempel die Statue der Isis als
verschleierte Göttin der Wahrheit oder als die verschleierte Weisheit.
Schiller schrieb darüber ein Gedicht, da ein Jünger trotz des göttlichen
Verbotes den Schleier von der Wahrheitsgöttin heben wollte – man fand
ihn am nächsten Tag tot. Aber bei Novalis verläßt der Jünger der Weisheit
seine menschliche Geliebte Rosenblüte, um die Göttin der Weisheit zu
suchen. Und als er zu der verschleierten Weisheitsgöttin von Sais kommt,
hebt er den Schleier von dem Antlitz der Göttin und – sinkt Rosenblüte in
die Arme, wird glücklich mit ihr und zeugt mit ihr viele lachende Kinder.
In einem Sinnspruch schrieb aber Novalis: Er hob den Schleier der Göttin
von Sais und – fand sich selbst! In der christlichen Religion heißt es, daß
wir die Gottheit in unserer irdischen Lebenszeit nur undeutlich wie in
einem antiken dunklen Metallspiegel erkennen, daß wir im Dunkel des
bloßen Glaubens, oder im Halbdunkeln des Glaubens leben, daß wir aber
nach dem Tod im ewigen Leben die Gottheit schauen werden von
Angesicht zu Angesicht und die Gottheit erkennen werden, wie wir schon
immer von der Gottheit zutiefst erkannt worden sind. Im Tode als dem
Eingang in das ewige Leben wird die Weisheitsgöttin ihren Schleier vom
Angesicht heben und wird uns in ewiger Liebe anlachen, in seliger Liebe
wie eine göttliche Geliebte! Ich nun bin nicht berufen zu einem ehelichen
Leben mit einer sterblichen Geliebten Kleopatra-Rosenblüte in einer
kinderreichen Familie, sondern berufen bin ich, zu sein der Jünger und der
Geliebte der Isis-Maria-Sophia selbst, des Gottes in Gestalt einer Göttin
der Weisheit, Schönheit und Liebe! Aber im Gleichnis der Rosenblüte wird
Isis erkannt, im Anschauen der Kleopatra wird der Isis Schönheit wie im
Spiegel erkannt und in deiner zauberhaften Herrlichkeit, liebe Schwester,
erkenne ich wie im Bild das Urbild der Schönheit Gottes.

15

Liebe Schwester!

Was zieht dich an? Du sagst: Meine Kinder, die Natur und die Schönheit.
Ich sagte: Das ist eine schöne Dreifaltigkeit! Da lachtest du mit deinem
schönen Lachen. Aber ich will dir Hinweise geben, wie in deinen Kindern,
in der Natur und in allem Schönen Gott aufleuchtet. Zuerst einmal die
Kinder: An deinem Erstgeborenen kannst du die Weisheit Gottes erkennen.
Seine Liebe zur Sprache zeigt dir, daß die Weisheit Gottes auch das Wort
Gottes ist. Die Welt wurde, weil Gott sprach: Es werde! In dem Wort und
durch das Wort sind geworden alle Dinge und nichts, das lebt, ist
geworden außer durch das Wort. Das Wort war im Anfang bei Gott, ja, das
Wort ist Gott. Es ist das schöpferische Wort. Der Evangelist Johannes sagt,
dieses Wort Gottes ist Christus, das Mensch geworden ist und bei den
Menschen wohnte. An der Liebe deines Erstgeborenen zur Mathematik
und zur Zahl an sich kannst du wiederum die Weisheit Gottes erkennen.
Die Heilige Schrift sagt, die Weisheit Gottes hat den Kosmos geschaffen
nach Maß, Gewicht und Zahl. Die griechischen Philosophen liebten die
Mathematik, weil sie eine so wahrheitsvolle Wissenschaft ist. Pythagoras
lehrte, der Kosmos sei aufgebaut nach gewissen geheimnisvollen
Zahlenordnungen. Auch die Planetensysteme ständen in einem
zahlenmäßigen Verhältnis zueinander, die den Zahlenordnungen der Musik
entsprechen, den Tönen der Oktave. Ja, alles sei zusammengesetzt aus
geraden und ungeraden Zahlen, wobei die geraden Zahlen das Unendliche
und die ungeraden Zahlen das Endliche bezeichnen. Platon studierte die
Mathematik und bewunderte die Reinheit ihrer Idealität. Das Wort Gottes
ist Christus, aber auch die Weisheit Gottes ist Christus, die das All nach
Maß und Zahl geschaffen. Du siehst also in deinem Erstgeborenen
verborgen einen geheimnisvollen Abglanz der Weisheit Gottes oder
Christus. Bei deinem Kleinen will ich vor allem auf das Spiel hinweisen.
Hier erscheint die Weisheit Gottes in einer kindlich spielenden Form, so
beschrieb sie der weise Salomo: „Ich, die Weisheit, war im Anbeginn aller
Dinge bei Gott dem Ewigen, ich scherzte und spielte vor ihm und war sein
Entzücken und Wohlgefallen den ganzen Tag, ich war sein Liebling, sein
Pflegling, sein Zögling, sein Hätschelkind, und meine Freude ist es, bei
den Menschenkindern zu sein.“ Diese biblische Selbstvorstellung der
Weisheit Gottes glänzt an deinem Kleinen auf. Hier ist die göttliche
Weisheit oder Christus das göttliche Kind. Damit bin ich beim
Wesentlichen. In den Kindern scheint auf das Urbild des göttlichen
Kindes. Man darf nicht denken, daß Gott ein alter Mann mit weißem Bart
ist, nein, das Göttliche offenbart sich auch im Judentum und Christentum
und eigentlich in allen Religionen der Völker auch als das göttliche Kind.
So erscheint in den Erscheinungen Mariens in den vergangenen
Jahrhunderten Maria oft mit dem Jesuskind, dem göttlichen Kind. Dieses
göttliche Kind ist aber nicht nur die schöpferische Weisheit, die durch ihr
geniales Spiel den Kosmos erschaffen hat, dieses göttliche Kind ist nicht
nur das Jesuskind auf den Armen der himmlischen Madonna, sondern
dieses göttliche Kind ist auch das göttliche Kind in jedem Menschen, das
reine makellose Bild des höheren Selbst, in unbefangener Freiheit, die
reine Seele, wie sie kindlich-unschuldig den Händen Gottes entsprungen
ist im Akt der Schöpfung der Seele durch Gott. Dieses göttliche Kind
wohnt auch in dir, meine liebe Schwester, und wartet im Innersten deiner
Seele auf deine mütterliche Liebe. Denn so sagte selbst einmal der weise
Jesus: Wer Gott liebt, der ist meine Schwester und meine Mutter. So schau
das göttliche Kind in der innersten Kammer deiner Seele an und spiele mit
dem göttliche Kind. Dann wirst du selbst frei und glücklich sein, ein Kind
Gottes. Das war der erste Monolog, und der zweite folgt sogleich. Ich gebe
dir Hinweise, in der Natur Gott zu entdecken. Die griechischen
Philosophen vor Sokrates waren Naturphilosophen und versuchten, das
Wesen der Natur zu ergründen. Sie versuchten, in all dem Wandel, dem
Werden und Vergehen in der Natur, ein Ewigseiendes zu entdecken. Dieses
ewige Leben alles Lebens nannten sie Gott oder Geist oder Weltvernunft.
Die Weltvernunft ist auf griechisch der Logos, und im Evangelium heißt
Jesus der menschgewordene Logos, der bei Gott war und Gott selbst war.
Diese Weltvernunft wird auch als Weltseele bezeichnet, wobei die Vernunft
ein Wesenszug der Seele ist. Dabei herrscht der Gedanke vor, daß der
gesamte Kosmos ein universeller Körper ist. Der menschliche Körper als
kleiner Kosmos wird ja belebt und gestaltet von der Seele des Menschen,
so wird der kosmische Körper beseelt, belebt und gestaltet von der
Weltseele. Diese Weltseele der Philosophen wird manchmal identifiziert
mit Sophia, der göttlichen Weisheit der Bibel, oder auch mit dem Heiligen
Geist, dem Hauch Gottes. Der Heilige Geist oder der göttliche Hauch wird
als die göttliche Liebe bezeichnet. Der große Dichter Dante beschreibt in
seiner Göttlichen Komödie das Wirken der göttlichen Liebe. Goethes Faust
suchte zu ergründen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Und Dante
sagt, das sei die Liebe. Er unterscheidet zwischen der natürlichen Liebe
und der seelischen Liebe. Die natürliche Liebe herrscht in allen Dingen
und Lebewesen im All. Es ist die Liebe, die die Teile des Atoms verbindet,
die Liebe, die die Bahnen der Sterne ordnet, die Liebe, die die Tiere paart.
Gott ist diese natürliche Liebe in Vollkommenheit. Die Liebe, die Gott
dem Menschen zugeteilt hat, ist die seelische Liebe, eine Liebe in Freiheit,
die in der Freiheit des Menschen frei ist, sich für die Liebe oder gegen die
Liebe zu entscheiden. Weil aber die seelische Liebe als die freie Liebe die
höhere Liebe ist als die natürliche Liebe der Natur, die nicht frei ist, darum
ist der Mensch Mitte und Krone des Kosmos. In der Seele des Menschen
findet gewissermaßen der Kampf statt zwischen Liebe und Anti-Liebe,
zwischen Gut und Böse. Die freiwillige Entscheidung der Seele für die
Liebe bringt den Menschen in Übereinstimmung mit der natürlichen Liebe
im Kosmos und mit Gott, der die Liebe in totaler Vollkommenheit ist.
Wenn du also die Natur betrachtest, dann schau im Frühling das Paar der
Schmetterlinge in deinem Garten tanzen und sage dir: Dies ist die göttliche
Liebe. Und siehst du im Gespräch mit dem Freund der Weisheit die
Insekten auf dem Wasserkrug kopulieren, so denke: Das ist ein Akt der
göttlichen Liebe. Und höre die Vögel aus purer Brunst so schöne Gesänge
singen und sage dir: Das ist die göttliche Liebe. Und siehe die Rose so
glühen wie ein junges Mädchen, dem ein Mann geschmeichelt hat, so
denke: Das ist die göttliche Liebe. Und sieh den Wind mit den Blättern des
Baumes spielen wie mit einer Orgel und denke: Da höre ich die göttliche
Liebe. Alles ist Liebe, alles ist Hauch, alles ist Geist. So wie du bei einem
Menschen auch nicht allein den Körper lieben willst, sondern auch und
mehr noch die Seele, so suche in der Liebe zur Natur auch die Liebe zur
göttlich-eingehauchten Weltseele zu pflegen. Diese Weltseele ist der
Heilige Geist oder die göttliche Liebe. Dieser Geist wirkt der Gottheit
lebendiges Kleid, das ist die Natur. Die Natur ist eine große Dame, sie
trägt schöne Kleider, aber das innere Geheimnis in ihrem Busen ist die
göttliche Liebe, die die Welt im Innersten zusammenhält. Das war der
zweite Monolog, und der dritte folgt sogleich. Nun will ich über die
Schönheit sprechen. Ich habe einmal gesucht, ob meine erste Sammlung
poetischer Texte unter dem Titel „Lobgesang der göttlichen Schönheit“
gelesen wird. In meinen Forschungen stieß ich auf einen Brief von Papst
Johannes Paul dem Großen an die Künstler. Er sagte darin, so wie jeder
Mensch zur Wahrheit berufen ist, ja, geradezu verpflichtet, die Wahrheit zu
suchen, so sind die berufenen Künstler zur Schönheit berufen. Dabei
spricht er von der Schönheit, die der Philosoph Platon die Wahrheit-
Schönheit nannte. In der Philosophie wird das Höchste Wesen in dieser
Dreifaltigkeit gepriesen: Als Gutheit, Wahrheit und Schönheit. Die Gutheit
ist Gott, wie Jesus einmal sagte: Gott allein ist gut. Die Wahrheit ist Gott,
wie Jesus als Gottessohn sagte: Ich bin die Wahrheit. Die Schönheit ist
aber auch Gott, wie es im Alten Testament bei einem Propheten heißt:
Deine Augen werden den König in seiner Schönheit schauen. Ja, mehr
noch, der griechische Mönch Dionysios Areopagita, der als der Vater der
abendländischen Mystik gilt, bezeichnet Gott als die Urgottheit, die
Urschönheit! Paulus sagt, in der Schönheit der Schöpfung kann wie im
Spiegel die Schönheit Gottes des Schöpfers erkannt werden. Platon, der
der besondere griechische Philosoph der Liebe und Schönheit war,
bezeichnete alles Wirkliche in dieser Sinnenwelt als bloße Schatten oder
Abbilder oder einen Abglanz der wirklichen geistigen Urbilder, der
geistigen Ideen. Theologisch gesprochen, sind alle Dinge geschaffen nach
den Idealen dieser Dinge, die im Gedanken der Weisheit Gottes geistig
existieren. Gott denkt sich die Dinge in Vollkommenheit, diese Gedanken
der Vollkommenheiten sind allesamt in Gottes Geist. In Gottes Geist sind
alle Schönheiten, dorther stammen sie, Gottes Schönheit spiegeln sie
wieder, und in Gott soll ihre Schönheit vollendet werden. Eine schöne Frau
zum Beispiel ist ein Abglanz der Schönheit Gottes. Das geistige Ideal der
schönen Frau existiert von Ewigkeit zu Ewigkeit im Geist Gottes oder in
der Weisheit Gottes. Gott ist die Urgottheit der Urschönheit, die schöne
Frau ist der Spiegel dieser göttlichen Urschönheit. Je transparenter die
Frau für die Güte und Liebe Gottes wird, desto durchlässiger wird sie auch
für die Schönheit Gottes. Je mehr sie von Gottes Liebe und Güte erfaßt
wird und erfüllt und verwandelt in eine Heilige oder Gott-Ähnliche, desto
schöner wird sie, weil sie gleichsam übergossen wird mit dem Licht und
dem Liebreiz der göttlichen Schönheit. Darum ist Maria als die am
allerinnigsten
mit Gott vereinigte Frau auch die Schönste aller Frauen. Ja, der Papst
Johannes Paul der Große bezeichnete Maria als den Spiegel der göttlichen
Schönheit. Aber Maria ist der einzigartig makellose Spiegel der göttlichen
Schönheit. Jede schöne Frau ist ein Spiegel der göttlichen Schönheit.
Darum betete ich auch einmal auf dem Weg zu dir die Perlenschnur des
Rosenkranzes so: „Sei gegrüßt, Maria, du Spiegel der göttlichen
Schönheit, segne meine Schwester, den Spiegel der göttlichen Schönheit.“
Jetzt in unserem irdischen Leben erkennen wir die Urgottheit der
Urschönheit nur wie im Spiegel oder im Gleichnis oder Abbild, aber Jesus
verheißt uns, daß wir im ewigen Leben die göttliche Schönheit schauen
von Antlitz zu Antlitz, und dieses Schauen wird ewige Glückseligkeit sein.

16

Liebe Schwester, lieber Bruder!

Im ersten Buch der Könige ist mir einmal aufgefallen, daß dort zwei
Töchter Salomos namentlich erwähnt werden. Als ich nun bei unserem
Weihnachtsfest eure beiden Töchter beobachten durfte, sind mir
gewissermaßen die beiden Töchter Salomos leibhaftig-lebendig und
gegenwärtig geworden. Der Name der Mutter ist nicht überliefert. Salomo
heiratete ja die Tochter des Pharao und holte sie in die Stadt Davids, aber
sie sollte nicht in der Stadt Davids, das ist Zion, bleiben, denn dort war die
heilige Bundeslade, es sollte keine Frau in der Burg sein, wo sie, die
heilige Bundeslade, wohnte. Salomo baute für die Tochter des Pharao ein
eigenes Haus aus Zedernbalken und Zypressenbrettern, ausgelegt mit
schwarzen Teppichen Salomos und ausgestattet mit Säulenschäften mit
Lilienverzierung, daran Ketten hingen von goldenen Granatäpfeln. Er
nannte sie fortan Schullammyth, das heißt: die Friedsame oder die
Friedliche oder die Fürstin des Friedens, das ist die weibliche Form von
Schelomo oder Schlomo, dem Friedsamen oder Friedlichen oder
Friedefürsten, oder auf Deutsch: Friedrich. Schalom ist die Wurzel dieser
beiden Namen und bedeutet nicht nur Friede, sondern auch Wohlergehen
und Fülle des Heils, der Gesundheit und des Lebens. Schalom als Gruß
kann man mit: Friede sei mit dir! übersetzen, aber auch mit: Heil! Daß
Schelomo und Schullammyth so gleiche Namen tragen, zeigt, daß sie ganz
ein vereinigtes Liebespaar waren. So hießen Adam und Eva im Paradies
Isch und Ischscha und so hießen bei den Germanen der Gott und die Göttin
Freyr und Freyja (Fraue), so heißen bei den Persern die Göttin Mithra
(Erste Mutter) und ihr Sonnengott Mithras. Die Liebe von Schelomo und
Schullammyth war also eine vollkommene Liebe von Mann und Männin
oder Herr und Herrin, gleich würdig, einander ebenbürtig, gewissermaßen,
wie es in der Ehe sein soll, Ein Fleisch geworden mit Leib und Seele. Nun
wird von dem Fürsten des Friedens, nämlich dem Messias, gesagt, daß er,
Jesus, mehr ist als Salomo, nämlich der wahre König des Friedens, und so
sage ich von Unserer Lieben Frau Maria, daß sie mehr ist als Sulamith,
nämlich die wahre Freundin ohne Flecken und Fehler, nämlich die
Unbefleckte Empfängnis oder Makellose Konzeption, die sich selbst in
unserer Zeit als die Königin des Friedens vorstellt, wobei die Freunde Jesu
und Mariens bekennen, daß Jesus und Maria gewissermaßen Ein einiges
Herz haben, nämlich das Herz der bedingungslosen Liebe Gottes. Aus
dieser Hochzeit also von Herr und Herrin, von Schlomo und
Schullammmyth, sind zwei Töchter hervorgegangen. Ihre Namen sind
Tafath und Bosmath oder Baschemath. Tafath bedeutet Tröpfchen oder
Tropfen, insbesondere Tropfen der Salbung oder Ölung. Bosmath oder
Baschemath bedeutet Duft oder Wohlgeruch. Da in der Heiligen Schrift
Nomen immer auch Omen ist, sind diese beiden Töchter Salomos und
Sulamiths besondere Trägerinnen des Heiligen Geistes. Zum einen Tafath
als Salbentröpfchen oder Salböltropfen bezeichnet die Salbung des
Heiligen Geistes, welche nach einer heiligen Salbenmischung über
Könige, Priester und Propheten ausgegossen wurde, daß diese fortan die
Gesalbten des Herrn waren. Der Gesalbte des Herrn ist der Messias. Aber
auch die im Dienste des Messias sind die Gesalbten des Herrn, gesalbt mit
der Taufe des Heiligen Geistes, wie sie ausgegossen wurde im Ersten
Pfingsten oder heute im neuen Pfingsten der Liebe. Die einen meinen nun,
daß im Sakrament der Firmung als der Salbung mit dem heiligen Salböl
Chrisam oder Myron der Getaufte in besonderer Weise mit dem Heiligen
Geist versiegelt wird, um ein lebendiges Zeugnis Jesu in dieser Welt zu
sein, und die anderen meinen, daß durch Lobpreis und Anbetung und
Zungenrede als Charismen des Heiligen Geistes eine besondere Feuertaufe
mit dem Heiligen Geist geschieht, wodurch der geistgetaufte Christ ein
freudiges Zeugnis der Kraft des Heiligen Geistes in dieser Zeit wird.
Auffällig ist aber, daß Tafath oder Salbtröpfchen nicht die Gesalbte
bezeichnet, sondern die Salbe selbst, das heißt den stofflichen Träger des
Heiligen Geistes, gewissermaßen das Sakrament des Heiligen Geistes.
Dabei muß ich an den reformatorischen Theologen Valentin Weigel
denken, der als Protestant die Überschattung Mariens mit dem Heiligen
Geist so deutete, daß Maria gewissermaßen eine Inkarnation des Heiligen
Geistes ist. Zumindest scheint Maria in besonderer Weise Trägerin des
Heiligen Geistes zu sein, daß sie von der Kraft Gottes schwanger
geworden ist. So meint ein brasilianischer Theologe, daß es insbesondere
das weibliche Geschlecht ist, daß offen für den Heiligen Geist ist. Der
Heilige Geist oder die Ruach ha kadosch, im hebräischen ein weiblicher
Begriff, ist Hauch oder Atem Gottes. Im Hebräer-Evangelium, einer
Apokryphe, die von den Kirchenvätern löblich erwähnt wird, ruft Jesus die
Ruach als seine Mutter an, und es heißt: Und die Ruach ergriff Jesus bei
den Locken. Tafath ist also marianisch, feministisch und charismatisch.
Das ist die erste Tochter Salomos und Sulamiths. Sie ist eine emanzipierte
Frau der Gnadenzeit des neuen Pfingsten der Liebe! Nun zu Bosmath oder
Baschemath. Zuerst findet sich der Name Bosmath in der Genesis, da von
Esau oder Esaw (dem Rauhen) berichtet wird, daß er im Alter von vierzig
Jahren zwei hethitische Frauen zu Ehefrauen nahm, nämlich Judith und
Bosmath. Judith bedeutet die Jüdin schlechthin oder Juda in weiblicher
Gestalt. Judith ist im Buch Judith eine Retterin des Gottesvolkes wie
Esther im Buch Esther und wie die apokalyptische Frau im zwölften
Kapitel des Buches der Offenbarung, nämlich die Maria des christlichen
Gottesvolkes. Wie Esther den Gegenspieler Haman überwindet, so
überwindet Judith den Gegenspieler Holofernes, so überwindet die
apokalyptische Frau Maria den Gegenspieler Satan, den Drachen, die alte
Schlange. Bosmath aber, die andere Ehefrau Esaus oder Esaws, bedeutet
Duft oder Wohlgeruch. Nun aber zu der anderen Tochter Salomos,
Bosmath oder Baschemath. Man muß dabei unbedingt an eine Rose
denken, hebräisch Schoschannah, die für ihren Duft und Wohlgeruch bei
allen Völkern berühmt ist. Die Rose ist zu einem Bild der katholischen
Poesie für Maria geworden, sie ist die mystische Rose, die geheimnisvolle
Rose, die edle Rose, die Himmelsrose, die Rose ohne Dornen. Sie
verströmt den Wohlgeruch des Heiligen Geistes. So sagte einmal ein
Priester über die Art und Weise, Zeuge der Liebe Gottes in dieser Welt zu
sein, wir sollten nicht mit überredenden Worten die Menschen bedrängen,
sondern wie eine Rose den Duft der Liebe Gottes verströmen. So spricht
auch das Evangelium von dem Duft, den die Christen verströmen, da ist
die Rede von einem Wohlgeruch des Lebens aus dem Glauben und eine
Gestank des Todes aus der Gottlosigkeit. So scheint mir Baschemath als
die andere Tochter Salomos und Sulamiths wieder eine ganz besondere
marienähnliche Frau zu sein, die als Rose Gottes (Schoschanna) den Duft
der göttlichen Liebe oder den Wohlgeruch des Heiligen Geistes ausströmt.
Wieder steht hier das Weibliche in besonderer Beziehung zum Heiligen
Geist, der als dritte göttliche Person mit der Gottesqualität der göttlichen
Liebe in Beziehung gebracht wird. Der Vater ist die Allmacht, der Sohn ist
die Weisheit, der Heilige Geist ist die Liebe. Hier ist die marienähnliche
Gläubige Trägerin des Heiligen Geistes oder der schönen Liebe, der
ewigen Liebe, der göttlichen Liebe. Damit sind wir wieder bei einer
emanzipierten Christin als prophetischem Gefäß des Heiligen Geistes in
der apokalyptischen Gnadenzeit des neuen Pfingsten der Liebe!

17

Liebe Schwester!

Dein inneres Kind, dem du aus der Tiefe deines Unbewußten den Namen
Mora gegeben hast, ist gewissermaßen dein Selbst, zusammengesetzt aus
Bewußtheit und Unbewußtheit. Das Selbst der Frau wird in der
Tiefenpsychologie dargestellt als eine dunkle Erdmutter und ein
himmlisches Mädchen. Es drückt sich aus in dem matriarchalen Mythos
von Demeter, der dunklen Erdmutter, und ihrer Tochter Kore, dem
göttlichen Mädchen oder der himmlischen Jungfrau. Dies ist der
Doppelaspekt des weiblichen Selbst. In der Heiligen Schrift, der Bibel als
dem Buch der Selbstoffenbarung Gottes, ist die Rede von der Ewigen
Weisheit, Hagia Sophia, der göttlichen Weisheit, die dem Weisen
„entgegenkommt wie eine Mutter und eine junge Braut“. Hier ist auch
ausgesprochen der Doppelaspekt des Göttlichweiblichen, das in der Bibel
Sophia heißt. Ich wollte aber vor allem dem Namen Mora auf den Grund
gehen. Zuerst fand ich in meinen Forschungen, daß Mora ein international
verbreiteter weiblicher Vorname und auch ein Nachname ist, daß es
sowohl in Schweden, als auch in Italien und Portugal und Amerika Orte
namens Mora gibt. Desweiteren sind Urlaubshäuser mit dem Namen Mora
zu erwähnen. Das kommt vermutlich daher, daß Mora im Lateinischen
Ruheort oder Aufenthalt heißt. Wir wollen dabei festhalten, daß Mora
etwas mit Ruhe zu tun hat. Im Italienischen bezeichnet Mora die
Brombeere oder Maulbeere, aber vor allem das Schwarz der Beere wird
damit bezeichnet, denn Mora im Italienischer bedeutet auch Negerin oder
Mohrin. Mora heißt also die Schwarze. Das führte mich zu der
Verkleinerungsform von Mora, im Spanischen heißt die kleine Mora
nämlich Morenita. Morenita nennen die Mexikaner und überhaupt alle
Indios Lateinamerikas die Jungfrau von Guadelupe, wegen ihrer braunen
Hautfarbe wird die Jungfrau Morenita genannt, nämlich braunes Mädchen.
Johannes Paul der Große nannte die Jungfrau von Guadelupe zärtlich
Morenita mia, mein kleines braunes Mädchen. Sie war seine geistige
Geliebte und die Muse seiner Künstlerseele. Sie hat ihn auch in seinem
Tod besucht und in den Himmel geführt, davon bin ich persönlich
überzeugt. Die Morenita, das braune Mädchen, oder Mora hängt also mit
der Schwarzen Madonna zusammen. Darauf komm ich noch zurück.
Zuerst ist mir noch aufgefallen, daß Mora verwandt ist mit dem
lateinischen Wort Mare, dem Meer. Das mare tenebrarum ist das Meer der
Dunkelheit. Mare und Mora sind beides Mutterworte. Die Mehrzahl von
Meer, Mare, ist nämlich lateinisch Maria, die Meere. Das Meer wird
immer als Mutter gesehen, wie im Französischen La Mer, das Meer, sich
reimt auf La Mère, die Mutter. Überhaupt ist allein der Anfangsbuchstabe
M ein Buchstabe der Mütter. Der Buchstabe M heißt im hebräischen Mem
und bedeutet das Meer und die Mutter. Rainer Maria Rilke ersann ein
Sternbild M, das die Mütter bedeutet, wie er schrieb. So hieß die Mutter
des Konfuzius Ma, die die Verkündigung seiner Empfängnis von einem
weißen Einhorn empfangen hat. Die Mutter des Buddha hieß Maya, die die
Seele Buddhas in Gestalt eines himmlischen weißen Elefanten empfangen
hat. Die Mutter Jesu heißt Maria, die Jesus durch den Heiligen Geist
empfangen hat, der gewöhnlich mit einer Taube in Verbindung gebracht
wird. Ma, Maya und Maria, das ist das M der Mutter. So auch Mora ist ein
Muttername. Aber Mora ist die schwarze Mutter, wie ich meine. Das
bedeutet die Morenita mia, mein braunes Mädchen als Schwarze
Madonna. Aber ich muß auch an die Fata Morgana denken, die Fee
Morgana. Die Fee Morgana ist die christianisierte Form der keltischen
Göttin Morrigen. Diese stand in Beziehung zu den schwarzen Raben des
Schicksals und war eine Todesgöttin. Hier taucht also der matriarchale
Mythos der schwarzen Göttin auf. Nach den Theorien der Anhängerinnen
des Matriarchats bezeichnet die schwarze Göttin die weise alte Frau, die
die Herrin ist über das Schicksal, die Magie, das Orakel, den Tod, das
Abwickeln des Lebensfadens, das Spinnrad als Rad des Schicksals, die
Wiedergeburt, das Jenseits. Ihr Symbol ist die Eule als Nachtvogel der
Weisheit, denn die schwarze Göttin ist die Göttin der Weisheit und der
Inspiration. Die schwarze Göttin ist also die Muse der Künstler. Hier
erinnere ich dich daran, daß Johannes Paul die schwarze Jungfrau Maria
seine Muse nannte. Ein Symbol der schwarzen Göttin ist auch der
Todesapfel und das Jenseits als Apfelgartenparadies. Hier ist nämlich die
eigentliche Heimat der Fee Morgana, das Apfelgartenparadies des Jenseits,
oder das Reich Avalon jenseits der Nebel, wohin der sterbende König
Arthus gebracht wurde. Die schwarze Göttin hängt also mit dem Tod und
dem Jenseits zusammen. Das erinnert wieder an die lateinische Bedeutung
des Wortes Mora, nämlich Aufenthalt oder Ruheort. Ruhe in Frieden, so
wünscht man den abgeschiedenen Seelen, und betet: und das Licht der
ewigen Ruhe leuchte ihnen. – Dann forschte ich auch in der Heiligen
Schrift, ob das Wort Mora dort angedeutet wird. Was ich jetzt schreibe, ist
nicht wissenschaftlich gesichert, sondern pure künstlerische Intuition.
Zuerst mußte ich an die alte Witwe Noomi denken, das bedeutet, die
Liebliche, die als Witwe sagte: Nennt mich nicht mehr Noomi, die
Liebliche, sondern Mara, die Bittere. Mora und Mara scheinen doch
verwandt zu sein. So wird der Name Maria manchmal auch hergeleitet aus
Marjam, nämlich Mara, die Bittere, und Jam, das Meer. Dann kam ich im
Ersten Buch Moses zu einem Hain namens More. Der Stammvater des
Monotheismus, auf den sich Juden, Christen und Muslime berufen,
nämlich Abraham, dem Gott sich offenbarte, weilte in dem Hain More.
Der Hain lag in Kanaan, das war eine heidnische Landschaft mit
Fruchtbarkeitsgöttern und Göttinnen. Sie ehrten ihre Götter und Göttinnen
in heiligen Hainen und auf heiligen Hügeln. Der Hain More war solch ein
heiliger Hain auf einem heiligen Hügel, vielleicht sogar einer Göttin
namens More geweiht? So wurde die heidnische Göttin der Araber, Allath,
auch in Gestalt eines heiligen Lebensbaumes verehrt. Aber in ihrem
Aspekt als schwarze Göttin oder weise alte Frau wurde sie in Gestalt eines
schwarzen Steines verehrt. Diesen schwarzen Stein der Todes- oder
Schicksalsgöttin Allath-Manath brachte Mohammed in das Heiligtum von
Mekka. Noch heute bezeichnen sich die Wächter von Mekka als Diener
der Alten Frau. Hier lebt also das Gedächtnis an die Schicksals- und
Todesgöttin weiter. Aber ich fand noch einen dritten Namen im Alten
Testament, der mit Mora in Beziehung zu stehen scheint, nämlich den
heiligen Berg Morijah. Morijah setzt sich zusammen aus Mori und Jah, Jah
ist Gottes Name, nämlich Jahwe, ICH BIN DER ICH BIN. Mori-Jah wird
übersetzt mit: Der, den Jahwe sieht. Aber vielleicht hängt Mori auch mit
Mora-Mara-More zusammen, nämlich dem Schwarzen und dem Tod und
der ewigen Ruhe? Nämlich der heilige Berg Morijah ist der, wo Abraham
meinte, seinen Sohn Isaak opfern zu sollen, wo ihm aber Gott in die
Opferhandlung einfiel durch einen Engel und offenbarte, daß Gott keine
Menschenopfer will. Gott spricht im Alten Testament immer wieder davon,
daß ihm die Menschenopfer der heidnischen Völker ein Greuel und eine
widerliche Abscheulichkeit sind! So ist also der Ort Morijah ein heiliger
Berg des Todes, des Opfers, ja, auch des göttlichen Verbots der
Menschenopfer. Auf diesem Berg Mori-jah stand später der Tempel von
Jerusalem, der Tempel Salomos, als der Wohntempel Gottes. Heute steht
nur noch die Klagemauer dieses Tempels, dafür steht der muslimische
Felsendom auf diesem Berg. Hier vor den Toren Jerusalem ist auch Jesus
gekreuzigt worden, das einzige Lammesopfer Gottes, das alle anderen
Menschenopfer und Tieropfer abgeschafft hat, durch das Selbstopfer
Gottes ersetzt. Gott hat sich in seinem Sohn selbst geopfert, um den Tod zu
überwinden durch das Sterben Gottes und durch das Auferstehen Gottes
den Menschen ewiges Leben zu schenken, also Mora: Das Jenseits, die
Geburt ins ewige Leben, das Apfelgartenparadies, den ewigen Ruheort.-
Die schwarze Göttin hält die Waage des Seelengerichts im Tod. Die
schwarze Göttin ist die Herrin über Intuition, Kunst, Weisheit. Ihr Thema
ist die Transformation des Menschen im Tode. Von der schwarzen Göttin
führt ein Weg zur Schwarzen Madonna. Die Schwarze Madonna sagt im
Hohenlied Salomos von sich selbst als die schöne Geliebte: Ich bin
schwarz und schön. Sie sagt nicht, wie es in den Bibelübersetzungen steht:
Ich bin schwarz, aber schön – sondern sie sagt: Ich bin schwarz und
anziehend! Die schwarzen Juden und überhaupt die Schwarzen fassen das
zusammen in dem Wort: Black is beautiful! Die Schwarzen sind nicht, wie
Rassisten sagen, zwar außen schwarz und häßlich, aber haben innen eine
weiße, reine, heilige Seele. Nein, sie haben eine schwarze Seele, eine
schwarze, schöne, anziehende Seele. So in Äthiopien in der koptischen
Kirche werden die Teufel weiß gemalt und die Engel schwarz. Sulamith,
die Geliebte des Hohenliedes in der Bibel, ist schwarz und schön! Und die
Königin von Saba, die mit dem weisen Salomo über Weisheit diskutierte,
war schwarz und schön! Nun wird in den katholischen Kirchen in allen
Ländern die Schwarze Madonna verehrt. Es gibt die Schwarze Madonna
von Altötting in Bayern, die Schwarze Madonna in der Kupfergasse in
Köln, die Schwarze Madonna in Maria-Einsiedeln, dem Hauptheiligtum
der Schweiz, die Schwarze Madonna von Montserrat im Baskenlande, das
lange als die Gralsburg schlechthin galt, die Schwarze Madonna von
Tschenstochau in Polen, die als Königin Polens gilt und als Göttin (Diva)
auf dem Lichten Berg verehrt wird, unzählige Schwarze Madonnen in
Frankreich und die Schwarze Madonna von Mexiko, die zur Kaiserin der
beiden Amerika erklärt wurde und die Ikone der feministischen und
revolutionären Befreiungsbewegungen Südamerikas geworden ist, eben
die Morenita Mia, die Jungfrau von Guadelupe (die dich von deinem
Klavier anschaut). Ein Theoretiker der matriarchalen Göttin schrieb
einmal, die schwarze Göttin der Weisheit oder die Schwarze Madonna
wird den Menschen zurückführen zu seinem sicheren Instinkt der Liebe,
den er vor langer Zeit durch den Stolz des Intellekts verlor. Ein
Religionshistoriker schrieb über die Schwarze Madonna, als er
frühchristlich-gnostische Manuskripte in der ägyptischen Wüste fand, daß
die schwarze Madonna eine wesentliche übernatürliche Rolle spielt. Man
kann sie beschreiben als Erde, Materie, das Weibliche im Mann und das
Höhere Selbst in der Frau. Bevor nicht Männer und Frauen gleichermaßen
sich dieser uralten Vorstellung der Schwarzen Madonna wieder bewußt
werden und sie in sich selbst integrieren, wird die Menschheit unfähig
sein, die Probleme des Materialismus, des Rassismus und die Aufgabe der
Frauenemanzipation zu lösen. Von der Schwarzen Madonna muß man
dann die Linien ziehen zu den frühchristlichen Gottesbildern, da die
göttliche Mutter auch Weisheit (Sophia), Heiliger Geist (die Ruach) und
Gott genannt wurde. Ja, die jüdischen Christen der ersten Zeit beteten zum
Heiligen Geist als der mütterlichen Geistigkeit (Ruach ha kadosch), als zur
göttlichen Mutter. Denn Sie – ist Gott! Ein Wort, fand ich, traf dies alles
hier von mir beschriebene, besonders schön: Die Schwarze Madonna
verweist auf „das Faszinierende des Geheimnisvoll-Göttlichen als des ganz
Anderen“...

18

Liebe Schwester!

Wie die Frau ein Gleichnis Gottes ist, will ich eine Blumenpredigt der
schönen Gottheit schreiben. Beginnen wir bei Jesus, der zu seiner
geliebten Jüngerin Susanna sagte: Siehe, Schoschannah, meine Braut,
siehe die Lilien (Schoschannim), sie weben nicht, sie spinnen nicht, und
doch ist jede von ihnen schöner gekleidet als Schullammyth in ihrer
feinsten Seide! – Die Jüngerin des Meisters Susanna führt zu der Susanna
des Alten Testaments. Zwei Älteste der Gemeinde suchten sie lüstern zu
verführen, doch blieb sie rein und unberührt ihrem Gemahle treu. Es ist ein
beliebtes Motiv der Künstler der Renaissance, wie Susanna in ihrem
Garten ein Bad nimmt. Die Ältesten der Gemeinde verbergen sich in den
Sträuchern, zu spionieren die liliengleiche Gestalt der schönen nackten
Susanna aus. Aber der Prophet Daniel erkannte die ehebrecherischen
Begierden der Ältesten der Gemeinde und verteidigte die unbefleckte
Keuschheit der Susanna, der Lilie. Die Lilie, Schoschannah, ist ein Symbol
der Keuschheit, die in der Berufung zur Ehe bedeutet, die Treue Gottes in
der ehelichen Treue zu leben und die Liebe Gottes in der ehelichen Liebe.
Das ist die eheliche Keuschheit, die den Eros in das innerste Brautgemach
der Ehe verweist, wo der gottgewollte Eros seine Hochzeitsfackel zünden
möge! Daß Susanna aber im Garten badete, bedeutet auch ein Gleichnis
auf das Paradies. Denn der nackte Leib der liliengleichen Susanna im Bad
im Garten ist ein paradiesisches Bild der makellosen Reinheit und
Schönheit und Liebe und Wonne! Der eigentliche Gemahl Susannas im
Garten ist Gott der Herr, der die unbefleckte Lilie Susanna zu seiner
Geliebten, Braut und Ehefrau erwählt hat. – Von Susanna, der Freundin des
Propheten Daniel, komme ich zum Schloß Susan, dem Schloß des
persischen Königs. Hier lebte das jüdische Mädchen Esther, das bedeutet
Morgenstern, in dem Schloße Susan im Harem der Frauen, unter der
Aufsicht des Eunuchen im Harem der Frauen. Sie wurde mit Myrrhe und
Narde gesalbt und mit Schönheitsmitteln gepflegt, bis sie die Schönste
aller Frauen war. Und der König hatte Gefallen an Esthers Schönheit und
liebte sie und erwählte sie zu seiner Braut und sprach: Bitte von mir, was
du willst, und sei es auch die Hälfte des Königreichs, ich will es dir geben!
Das Harem der Frauen im Schloß Susan ist also ein Schloß der Lilien, der
unberührten Jungfrauen, die sich bereiten für die Hochzeit mit dem König.
Das Harem der Frauen im Schloß Susan ist auch ein Schloß der Rosen,
nämlich der Geliebten und Lieblinge des Königs, ein Palast der Liebe und
Schönheit. So ist das Schloß Susan auch zu einem Bild des Paradieses oder
der Braut des Lammes, nämlich der himmlischen Jerusalem, geworden. –
Kommen wir zum „Allerheiligsten“ der Heiligen Schrift, nämlich dem
Hohenliede Salomos. Salomo nennt dort seine Geliebte Lilie unter Disteln,
er nennt also die Braut Sulamith eine Schoschannah unter den Disteln,
Dornen und Nesseln der anderen Frauen. Sulamith selbst sagt von sich: Ich
bin die Schoschannah, die Lilie des Tales! Der Dichter Salomo preist seine
Schwester und Freundin Sulamith als einen Lustgarten, ein
Gartenparadies. Die Blumen, die das Lustgartenparadies beschreiben, sind
gleichzeitig Beschreibungen der Geliebten. Die Blumen des Hohenliedes
sind lauter exotische Blumen von idealer Schönheit, wie sie im alltäglich-
wirklichen Garten in Israel nicht vorkamen. Der Dichter vergleicht also die
Geliebte einem Lustgartenparadies von Sandelholz, Ebenholz, Elfenbein,
Pfirsichblüten, Feigen, Pflaumen, Lotosblumen, Orchideen, Aloe, Ylang-
Ylang, Jasmin, Rosen, Lilien, Zimt. Der Dichter würde etwa schreiben:
Meine Schwester, du bist die Schoschannah unter den anderen Frauen.
Dein Haar ist braun wie Zimt und rötlich wie Henna, deine Augen gleichen
den Blumen des Himmels, deine Zähne sind von Elfenbein, deine Lippen
sind Blütenblätter roter Rosen, vom Tau betaut, deine Brüste gleichen
Granatäpfeln, deine Gestalt ist schlank wie eine Palme, dein Schoß ist wie
eine Schale mit Wein aus Shiraz, die nie des berauschenden Rebenblutes
für deinen Gemahl ermangelt! – Wenn der weise Dichter Salomo aber
seine Schwester Sulamith als Paradies besingt, so besingt er in Wahrheit
seine eigentliche Ehefrau, die göttliche Sophia. Der Lebensbund Salomos
mit der göttlichen Sophia ist im Buch des Weisheit Salomos
ausgesprochen. Salomo sagt: Sie hab ich gesucht von Jugend an, ich habe
ihre Schönheit liebgewonnen und suchte, sie als Braut heimzuführen. Da
nahm ich sie zu meiner Lebensgefährtin und schloß den Bund mit ihr. Der
katholische Heilige Grignion de Montfort schrieb in seinem Buch über die
Ewige Weisheit: Wenige beschlossen ernsthaft, Frau Weisheit
heimzuführen, bei vielen ist es nicht mehr als ein frommer Wunsch. Wer
kann schon wie Salomo sagen: So beschloß ich...? Die Ehe mit Sophia ist
eine mystische Ehe, aber eine wirkliche Ehe, nur für die Kinder der Welt
ist das nicht zu begreifen. Diese göttliche Sophia oder die Weisheit Gottes
(das ist Christus) besang Salomo als sein Paradies. Hier trifft die Rede
wieder, das die Geliebte dem Liebenden ein Paradies ist! Und die göttliche
Geliebte ist eben das wahre und ewige Paradies des Himmels! – Nun will
ich beweisen, daß Sophia eine wahre Schoschannah ist. Ob nun
Schoschannah mit Blume, Lilie oder Rose zu übersetzen ist, weiß ich nicht
genau zu sagen. Sophia aber stellt sich selbst im Hohelied der Weisheit im
Buch Jesus Sirach als Lebensbaum und Blume vor. Sie vergleicht sich den
Zedern und Zypressen, Olivenbäumen und Palmen, Eichen und Oleander,
der Rose von Jericho, dem Myrrhestrauch und dem Zimt. Sophia sagt also
in der Selbstoffenbarung in der Heiligen Schrift selbst: Ich bin ein
Lustgartenparadies für meinen Geliebten! So ist es auch zu verstehen, daß
der heilige Grignion von Montfort Maria, als einen Spiegel der göttlichen
Sophia, das wahre Paradies des Christen nennt. Er sagt, der Schoß Mariens
ist ein seligerer Aufenthaltsort als der Schoß Abrahams, der Schoß Mariens
ist der Ruheort der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, der Schoß Mariens ist der
Lustort Gottes und das Paradies der Erlösten! So sah der Dichter Dante in
seiner Göttlichen Komödie am Ende seiner Wanderung durch das Paradies
die weiße Himmelsrose. Himmelsrose oder mystische Rose oder
geheimnisvolle Rose ist in der katholischen Poesie ein Name Mariens. Wie
die Blütenblätter sich im Kreisen, Zyklen und Spiralen um die Mitte
ordnen, so ordnen sich in der weißen Himmelsrose die seligen Geister der
Erlösten in Sphären und Spiralen tanzend um die Zentralsonne Gottes, das
ewige Licht der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, das die ewige Liebe ist. So
kann man frei nach einem indischen Dichter sagen, daß die Rose ein
Zeichen der schönen Liebe Gottes ist, daß die Rose als Blume der Liebe
ein Paradiessymbol für den Schoß der Gottheit ist. Der Schoß der Gottheit
ist aber die Quelle, aus der alles Leben geflossen ist, und der Schoß der
Gottheit ist auch das Ziel, in den alle Erlösten eingehen werden, um in der
Vereinigung mit der Gottheit der Schönen Liebe selbst vergöttlicht zu
werden und Anteil zu haben an dem glückseligen Wesen der göttlichen
Natur. Die mystische Schoschannah, mit einem Wort, ist also Anfang und
Ende, der Schoß der göttlichen Liebe!

29

Lieber Bruder!

In den Erscheinungen der Mutter Jesu in unserer Gnadenzeit in


Medjugorje sahen die Seher die Mutter Jesu immer fröhlich, aber einmal
sagte sie weinend: „Ihr habt die Bibel vergessen!“ Sie sagte: „Legt die
Bibel zuhause auf einen sichtbaren Platz und lest sie und lebt sie. Laßt
euch durch sie zum Gebet anregen. So werdet ihr das Gebet mit dem
Herzen erfahren und eure Gedanken werden in Gott sein.“ So spricht die
Mutter Jesu in Medjugorje. Ich möchte nun einen Liebesbrief an die Bibel
schreiben. Die Kabbala als jüdische Mystik ist im zwölften Jahrhundert in
Spanien entstanden und versteht sich als eine mystische Interpretation der
Torah, der fünf Bücher Moses. Die Torah wird dort als eine verschleierte
Jungfrau gesehen. In einem Gleichnis erzählt der Rabbi: Wie ein Liebhaber
sich nach seiner Geliebten sehnt, so ist es, da die Geliebte wohnt
verborgen in einem schönen Palast. Manchmal erscheint sie am Fenster
und zeigt sich für einen Augenblick dem Geliebten, um seine Sehnsucht zu
entflammen. Dann wird er sie eifriger suchen. Sie verbirgt sich wieder,
aber sie wird sich ihm mehr und mehr offenbaren. Es ist mit der Torah
(oder der Byblia) wie mit einer schönen Geliebten. Zuerst bewunderst du
ihre äußere Erscheinung, ihren schönen Schmuck und ihre schöne
Haarlänge und Haarfarbe und ihre reizende Seide, das ist, wenn man den
Buchstaben der Bibel wörtlich nimmt und die historischen Erzählungen für
geschichtlich. Dann begehrt man aber, die Geliebte nackt sehen zu dürfen
und verliebt sich in ihren Körper, ihr schönes Angesicht, ihren langen
schlanken Hals, ihre makellosen jugendlichstraffen Brüste und ihr dichtes
Schamhaar, ihre schlanken Beine und schmalen Füße. Das ist, man
betrachtet schon den tieferen Sinn der Buchstaben. Die wahre Liebe bleibt
aber nicht bei der Begierde des Körpers der Geliebten stehen, sondern liebt
am meisten ihre Seele, den Reichtum und die Tiefe ihrer Seele, die
makellose Schönheit ihrer jungfräulichen Seele, die dunklen nächtlichen
Geheimnisse ihrer Seele, ihre magdliche Demut und Sanftmut. Das ist, der
mystische Sinn des Wortes Gottes geht dem Geliebten der Byblia auf. In
den menschlichen Gleichnissen schaut der Weise überall Symbole, die
Gott widerspiegeln. Er erkennt den geheimnisvollen inneren Sinn der
Schrift. Aber die vollendete Liebe bleibt nicht einmal bei der Seele der
Geliebten stehen, denn die Seele der Seele der Geliebten oder das Höhere
Selbst der Geliebten ist Gottes Präsenz im Innern der Seele. Der wahre
Liebhaber liebt Gott im Geheimnis der Seele seiner Geliebten. So, wer den
mystischen Sinn der Heiligen Schrift gefunden, der wird sehen, daß die
ganze Heilige Schrift den Namen Gottes verkündet. Darum darf kein Jota
vergehen. So wird der Liebhaber der Heiligen Schrift ein Freund der
Heiligen Schrift, ein Bräutigam der Heiligen Schrift, ein Ehemann der
Heiligen Schrift, ein Hausherr der Heiligen Schrift, und schließlich ein
Gatte des Namens Gottes, hebräisch Baal-Schem, Ehemann des Namens.
Diese erotische Mystik der Heiligen Schrift bezeichnet die Heilige Schrift
als die göttliche Weisheit. Dies sagt auch Jesus Sirach, der die Weisheit
Gottes mit dem Wort Gottes identifiziert, und dies sagt auch Baruch, der zu
Israel sagt: Diese Weisheit Gottes ist das Buch der Gebote Gottes. Israel,
dir ist dieses Buch gegeben, Jakob, dir ist diese Weisheit verliehen. Geh in
ihrem Licht! Die Kabbala spricht nun von der Torah als der Ewigen
Weisheit. Aber hier wird unterschieden zwischen der Unteren Weisheit und
der Oberen Weisheit. Die Untere Weisheit ist die in Menschensprache
geschriebene Torah, die Obere Weisheit ist die göttliche Torah, das
himmlische Urbild. So wie Moses das himmlische Urbild der Stiftshütte
sah, das himmlische Heiligtum Gottes, so wie der Tempel Salomos nach
dem Urbild des himmlischen Heiligtums gestaltet ist, so spricht die
Kabbala von einem himmlischen Urbild der Torah, der göttlichen Weisheit.
Ja, sie wird gewissermaßen wie die Ewige Weisheit im achten Kapitel der
Sprüche Salomos Werkmeisterin und Mitschöpferin Gottes, denn Gott
schaute im Anbeginn der Schöpfung in die göttliche Torah und nach deren
Wort ist die Schöpfung geschaffen. Dies führt Papst Benedikt zu dem
Gedanken des Logos, der ja auch das Wort Gottes ist, und in dem Wort und
durch das Wort ist alles erschaffen. Das Wort ist aber auch die Weisheit,
und die Weisheitstheologie der Heiligen Schrift nennt die Weisheit
Mitschöpferin Gottes. Diese göttliche Weisheit heißt auf hebräisch
Chochmah, und Jesus Sirach sagt, sie wird dem Weisen und
Schriftgelehrten wie eine Mutter und junge Braut entgegenkommen. Der
Gesetzeskundige und Schriftgelehrte wird also Bräutigam der göttlichen
Weisheit. Darum heißt es: Wem eine gute Frau beschert ist, das ist von
Gott! Eine schöne Frau erfreut den Mann, und nichts ist ihm lieber, und
wenn sie dazu freundliche sanfte Worte spricht, so ist er mit nichts zu
vergleichen! Eine starke Frau ist mehr wert als Perlen, wer findet sie? Wer
Gott wohlgefällt, der erlangt eine gute Frau. Ihr Angesicht gleicht der
Sonne und ihr Leib dem heiligen Leuchter im Tempel. Wenn sie den Mund
auftut, so gibt sie milde Weisung und spricht Worte der Weisheit. Diese
Frau ist die verschleierte Jungfrau Torah oder eigentlich die göttliche
Weisheit! Die Mutter Jesu sagte einmal: „Wenn ihr die Bibel gelesen habt,
dann küsst sie, und wenn euch eure Kinder fragen: Warum küsst du die
Bibel? Dann sagt: Ich küsse Jesus Christus!“ Denn Christus ist die
göttliche Chochmah, die ewige Weisheit, die wahre Ehefrau des
Schriftgelehrten.

20

Liebe Schwester!

Maria brachte ich vergangenes Jahr zu Sankt Valentins Tag zu ihrem Bild
eine chinesische Rose aus Seide, eine Pfingstrose, eine Rose ohne Dornen,
denn Maria ist die Rose ohne Dornen, oder wie die Bibel sagt: Die Ehe mit
ihr bereitet keinen Liebeskummer und keinen Verdruß, sondern lauter
Wonne und Seligkeit. Nun aber will ich dieses Jahr zu Sankt Valentins Tag
etwas schreiben über die Königin der Rosen. Nach dem Zweiten Weltkrieg
ist Maria in Deutschland erschienen, in Heroldsbach. Viele tausend
Menschen sahen die Sonne am Himmel tanzen und Maria aus der Sonne
erscheinen und zur Erde kommen. Sie sprach dort in einem
Birkenwäldchen mit sieben Kindern und gab die Botschaft, die Menschen
sollten beten, beten, beten, dann könnten Kriege verhindert werden. Die
Kinder sahen Maria in übernatürlicher Schönheit, auf ihren Füßen blühten
Rosen. Maria sprach: „Ich bin die Königin der Rosen.“ Am nächsten Tag
sagte sie: „Verwechselt das nicht mit der Rosenkranzkönigin, ich bin die
Rosenkönigin.“ Da sahen die Kinder um die Madonna viele Rosen, immer
abwechselnd eine rosane Rose, eine gelbe Rose und eine rote Rose. Diese
Maria von Deutschland wird nun, wie passend für die Deutschen, das alte
Volk der Dichter und Denker, als Mutter der göttlichen Weisheit verehrt.
Aber was heißt: „Ich bin die Königin der Rosen“? – Ich hörte einmal,
wenn ich mich recht erinnere, den Unterschied zwischen der Edelrose und
der Wildrose. Die eine hat sieben Blätter und die andere fünf. Fünf Blätter
hat die Rose, denn fünf Geheimnisse hat der freudenreiche Rosenkranz,
fünf Geheimnisse hat der schmerzensreiche Rosenkranz, fünf Geheimnisse
hat der glorreiche Rosenkranz, das sind die Geheimnisse Jesu, mit dem
Herzen der Mutter Maria betrachtet. Sieben Blätter hat die Rose, weil
sieben die Zahl der Vollkommenheit ist, vor dem Throne Gottes sind
sieben Geister, das ist der Heilige Geist, es gibt sieben Gaben des Heiligen
Geistes, Christus, das Opferlamm der Menschheit, hat sieben Hörner als
Zeichen seiner Macht und sieben Augen als Zeichen seiner Allwissenheit.
Das Buch der Offenbarung ist ein Buch mit sieben Siegeln, das nur
Christus öffnen kann. Maria wurde bei der Kreuzigung Jesu mit sieben
Schwertern der Schmerzen in ihrem Herzen durchbohrt, sieben Schmerzen
litt Maria in ihrer Passion bei der Passion Jesu. Die Passion Jesu und das
Mitleiden Mariens bringen mich zu der Rose, die Bloody Mary heißt.
Jesus hat durch sein blutiges Sterben den Tod überwunden und das Tor des
ewigen Lebens aufgestoßen. Maria hat aus Mitleid mit dem Todesleid des
Sohnes in ihrem Mutterherzen blutige Tränen geweint, sie hat in ihren
Schmerzen ihr Mutterherz allen Menschen geöffnet. Das ist die Bloody
Mary. Diese Rose heißt nun heute aber Freiheit. Das Paradox des Glaubens
besagt, daß der Mensch erst wahrhaft frei wird, wenn er sich an Gott
bindet. Dann wird er frei von allem und jedem, denn der Geist Gottes ist
die Freiheit. Die Weisheit Gottes weist den Weg in unserer Zeit, sich an
das Herz Mariens zu binden, um in Maria dem Heiligen Geist verbunden
zu sein, der frei macht, der weht, wo er will, in dem die Freiheit ist, denn
er ist der Geist der Wahrheit, und Jesus sagt: Die Wahrheit wird euch frei
machen. Die Bindung an Maria gleicht der Bindung eines Sklaven an seine
Herrin, aber das ist die Garantie der göttlichen Freiheit. Das ist die Rose
Freiheit. Aber du pflanztest in deinem Garten auch die Rose New Dawn,
die neue Morgenröte. Maria wird auch als die Morgenröte bezeichnet, die
den Morgenstern Christus hervorbringt, oder als Morgenstern Maria, der
der Sonne Christus vorangeht. Es wird gesagt, daß Maria als Neue Eva und
Christus als der Neue Adam das verschlossene Paradies wieder eröffnet
haben und gleichsam in Maria und Christus eine neue Schöpfung beginnt,
das ist die Rose der Morgenröte einer neuen Schöpfung, einer neuen, mit
Gott vereinigten Menschheit, das kommende Reich Gottes. Maria ist auch
in unserer Zeit die Morgenröte einer neuen Zeit, die Morgenröte eines
neuen Zeitalters der Gnade, denn sie sagt: Sagt jetzt Ja zu Jesus, denn es ist
eine Neue Zeit, eine große Gnadenzeit, in der sich alle zu Jesus bekehren
können. Maria ist die goldene Morgendämmerung des neuen Zeitalters, der
Morgenstern der neuen Zeit. Aber als die du Rose New Dawn gepflanzt,
sagtest du, beinahe hättest du die Rose Marion gepflanzt. Marion ist aber
ein französischer Kosename Marias. So sind in allen Ländern Kosenamen
Marias entstanden, und jeder Mensch kann eine so innig und intim
vertraute Liebesbeziehung zu Maria eingehen, daß für die intime
Vertrautheit nur noch ein zärtlicher Kosename angemessen ist. So nannte
Johannes Paul Maria zärtlich Morenita Mia, mein kleines braunes
Mädchen. Denn wie Christus die Liebe Gottes offenbart, so offenbart
Maria gewissermaßen die Zärtlichkeit Gottes, die Zärtlichkeit einer Braut
des Mannes oder einer Schwester und wahren Freundin der Frau. Darum
gibt es auch eine Rose namens Johannes Paul, weil er der Minnefreund der
Königin der Rosen war, denn er sah seine Morenita, die schwarze
Madonna, als seine Schwester und geistige Braut. Er ist durch alle Länder
der Erde gereist, alle ihre Heiligtümer zu besuchen und die ganze Erde und
die ganze Menschheitsfamilie aller Völker der Madonna anzuvertrauen.
Ich muß auch denken an die Hagebutten oder Heckenrosen, die auf der
Insel Baltrum so zahlreich wachsen, daß die Insel das Dornröschen der
südlichen Nordsee heißt. Die Heckenrose heißt auch Weinrose, denn der
Wein ist wie die Rose ein Symbol der Liebe, der Ekstase, der Glut und der
Hingabe. Die Heckenrosen umschließen einen stillen friedlichen Ort, da
die Seele ruhen kann und träumen. So ist auch oft die Rede von Maria im
Rosenhag, im Rosengarten, als einem abgeschlossenen Paradiesesgarten
oder Lustgarten der Liebe. Der Rosenhag ist ein Hag, das heißt ein heiliger
Hain der Behaglichkeit und der Heiligkeit (Hagia). Es ist auch ein Bild für
den inneren Ort der Seele, den Maria beschützt, und in dem sie als
Herzenskönigin wohnen will, einen inneren Ort der Heiligkeit und
Ganzheit der Seele, wo der Mensch wahrhaft Mensch ist und ganz mit
Gott vereint. So schlummerte auch Dornröschen in einem Schloß, von
Heckenrosen umgeben. Das ist ein Zeichen für den Menschen, der durch
den Fluch der Sünde, das heißt, der Trennung von Gott, wie tot ist. Aber
Christus als der Prinz auf dem Schimmel kommt und küsst die Seele
Dornröschen wach, sie ersteht vom Tod und feiert Hochzeit mit dem
Prinzen, dem Bräutigam Jesus. Nun sah ich bei dir auch noch die
Christrose, die du einpflanzen wolltest. Christus ist auch eine Rose, denn
Christus hat allen die Liebe Gottes verkündet und den Menschen ein
einziges Gebot gegeben: Liebt die Liebe Gottes und liebt die Menschen
alle, wie ihr euch selber liebt. Das ist die Christrose der göttlichen
Menschenliebe. Die Königin der Rosen ist also eine Rose der
Mutterschmerzen Marias beim Kreuz Christi, eine Rose der Freiheit im
Heiligen Geist durch die sklavische Bindung an Maria, eine Rose des
Neuen Zeitalters im Geiste Christi und Marias, eine Rose der Morgenröte
der neuen Schöpfung und neuen Menschheit der Erlösung durch Gott, eine
Rose der inneren Heiligkeit und Vereinigung mit Gott im inneren Garten
der Seele und eine Rose der Auferstehung vom Tode schon in diesem
Leben und eine Rose der spirituellen Hochzeit mit dem Bräutigam
Christus. Dem Mann ist die Rose ein Zeichen der spirituellen Hochzeit mit
der geistigen Braut, der Morenita, der schwarzen Madonna. Und der Frau
ist die Rose ein Zeichen der spirituellen Hochzeit mit Christus, dem
Verkündiger der göttlichen Liebe. Maria als die Rosenkönigin ist also die
Rose des Heils, die Rose des Heilands, die Rose der Liebe Gottes, die
Rose des liebenden Herzens Gottes. Ich schließe mit einem Gedicht an die
Rose Gottes: „O Rose Gottes, rötliche Glut auf dem Saphirglanz des
Himmels, Rose der Freude, Rose der süßen Glut, in sieben Tönen wie in
sieben Ekstasen! Blühe im Herzen des Menschen, du wunderbare Flamme,
du Passionsblume des Unbekannten Gottes, du Blüte des mystischen
Namens Gottes. Rose Gottes, du bist die Blüte der Weisheit auf dem Gipfel
des Daseins, du bist die Rose aus Licht, ein unberührbarer Kern der
heiligen Anschauung Gottes! Lebe auf unserer Erde im Geist als goldnes
Geheimnis und sprieße, du Sonne an der Stirn der Ewigkeit, du Freundin
der vertrauten Stunde! Rose Gottes, du Schwert des siegreichen Wortes, du
Ikone der göttlichen Energie, du Rose der Kraft, mit deinem Diamantglanz
durchdringe das Dunkel! Entflamme in den Herzen der Sterblichen,
zeichne den Heilsplan deiner Wunder in die Seelen der Menschen, dein
Bild der Unsterblichkeit der Seele, das Aufblühen Gottes im Innern des
Menschen! Rose Gottes, du rötliche Wunde des göttlichen
Liebesverlangens, du Rose des ewigen Lebens, dein Kelch gefüllt mit dem
mystischen Wein und deine Farbe getönt mit der Glut der göttlichen Liebe!
Verwandle den sterblichen Körper, wie durch ein machtvolles Wort, mach
unsterblich die Seelen und laß auferstehen das Fleisch in Ewigkeit! Rose
Gottes, verzückte Glut des Errötens auf dem Antlitz der Ewigkeit, du Rose
der göttlichen Minne, du Rubin des Heils, die glühende Sehnsucht der
göttlichen Gnade, glühe du im Herzen des sehnsuchtsvollen Menschen,
das im Abgrund weint, verwandle Himmel und Erde in eine paradiesische
Heimat und mach das ewige Leben zu einem glückseligen Kuß!“

21
Liebes Schwester!

Ich bin ein Minnesänger Gottes. Ein Minnesänger verehrt die Hohe Frau,
ohne sie als Geliebte und Braut zu begehren. Letztlich verehrt der
Minnesänger in der Hohen Frau die Madonna, und in dem er die Madonna
verehrt, verehrt er das weibliche Angesicht Gottes. Als ich dich gesehen
habe, hat mich das tief bewegt und ich sprach auf der Heimreise im Gebet:
Wenn man allen Dingen auf den Grund geht, findet man Gott. Ich habe die
makellose Schönheit gesehen. Wer ist diese makellose Schönheit? Ich habe
die schwarze Madonna gesehen, nicht in ihrer göttlichen Mutterschaft,
sondern in ihrer göttlichen Jungfräulichkeit oder Mädchengestalt. So
sprach ich im Gebet auf der Heimreise. Dann gab mir der Heilige Geist
den Gedanken an die Huri ein, die Paradiesmädchen des Koran. Ich fand
im Kommentar zum Koran, das Huri ein Wort ist, die Paradiesmädchen
bezeichnend, das wörtlich bedeutet: Mit Augen, darin das Schwarze und
das Weiße deutlich ist. Da sah ich im Geist deine schönen schwarzen
Augen. Sie gleichen dem schwarzen Edelstein Onyx. Es sind Augen eines
Paradiesmädchens, denn die Paradiesmädchen heißen auch Schönäugige,
Großäugige und Schwarzäugige, kurz Huri. Die Einzahl von Huri ist
Haura. Und ich nannte einmal eine Frau in meiner Poesie Haura. Nun sehe
ich Haura ganz als inneren Menschen, als bloße schwebende Seele, wobei
ihre Seele der Spiegel meiner Seele ist. Aber du bist mir vorgekommen,
wie die Haura in ihrer Jugendblüte. Du bist also die jugendliche Haura.
Deine schwarzen Locken sind nach derselben ägyptischen Mode der
Kleopatra geknüpft. Dieselben lockigen Strähnen fallen an deinen Wangen
herab. Das brachte mich auf den Gedanken der Kleopatra. Kleopatra
verstand sich ja als eine göttliche Kaiserin, als eine Tochter und
Inkarnation der Göttin Isis. Isis ist die Allgöttin als schwarze Göttin der
Mysterien von Tod und ewigem Leben. Sehr berühmt ist der Isis-Tempel
von Sais, da gab es eine Statue der verschleierten Isis als der verschleierten
Weisheit, deren Schleier kein Sterblicher heben durfte oder konnte. Denn
die göttliche Weisheit ist ein ewig unausforschliches Mysterium, das vom
Verstand der Sterblichen nicht ergründet werden kann. Der Tempel der
verschleierten Isis zu Sais wurde umgewandelt in einer Kirche Unserer
Lieben Frau Maria. Hier wurde die schwarze Madonna verehrt. Die
schwarze Madonna verweist ebenfalls auf die dunkle Nacht des
Geheimnisses Gottes. Gott ist nicht im Tagesbewußtsein des menschlichen
Verstandes zu begreifen, sondern Gott ist wie eine dunkle Nacht, der man
sich nur vertrauensvoll ausliefern kann, um dann in der Tiefe der Nacht die
Morgenröte zu ahnen, die Morgenröte des ewigen Lichts. So kam ich also
auf die schwarze Madonna. Die schwarze Madonna Maria wird aber
verehrt in ihrer göttlichen Mutterschaft als Mutter Jesu und wird auch
verehrt als himmlisches Mädchen in ihrer göttlichen Jungfräulichkeit als
mystische Braut Gottes. Bevor ich dich traf am Tag, träumte ich am
Morgen von der makellosen Braut Gottes. Da ahnte ich, daß ich in dir wie
in einem Spiegel oder einem Gleichnis die makellose Braut Gottes als die
schwarze Jungfrau erkannt habe. In der Heiligen Schrift aber heißt die
Braut Gottes Sophia. Du hast sicher schon von der Kirche der Hagia
Sophia in Istanbul-Konstantinopel-Byzanz gehört. Sie gilt als die Mutter
aller Kirchen des Orients. Die Hagia Sophia ist die göttliche Weisheit. In
der Heiligen Schrift wird sie als Mutter und als junge Braut des
Philosophen verehrt. Ein Mystiker des Christentums nannte die göttliche
Weisheit oder Hagia Sophia auch Idee der Schönheit. Das ist ein Begriff
aus der Philosophie Platons. Platon sagt, beziehungsweise, er läßt die
Prophetin Diotima es vor Sokrates sagen, daß alle erotische Liebe bei der
sinnlichen Liebe beginnt, dann aufsteigt zur seelischen Schönheit, dann
zur Schönheit des Guten an sich und im letzten dann die göttliche Idee der
Schönheit erotisch geliebt wird. Diese Idee der Schönheit nennt Platon
nach einem antiken Mythos die Himmlische Aphrodite. Im Christentum
heißt sie aber Hagia Sophia, die göttliche Weisheit, das göttliche Urbild
der Schönheit. Denn die Mystiker bezeichnen Gott als die Urgottheit der
Urschönheit. So habe ich also letztendlich in der Meditation über die
bewegende Schönheit deines Antlitzes und besonders deiner Augen Gott
gefunden. Nämlich Gott ist der Grund aller Dinge. Der göttliche Grund
deines Angesichts und deiner schönen Augen ist die Urgottheit, die
Urschönheit. Diese ist meine Herrin, und Ihr habe ich diesen Minnegesang
gesungen.

22

Liebe Schwester!

Auf der oberflächlichen Ebene erscheint der Animus als eine Vielzahl von
Männergestalten und Vätergestalten und Autoritäten, die gewissermaßen
unfehlbare vernünftige Urteile abgeben. Aber tiefer betrachtet, ist das nur
ein von Kindheit an zusammengelesenes Sammelsurium von
Männermeinungen. Damit bleibt die Frau durch den oberflächlichen
Animus an die patriarchalische Kultur gebunden und die Meinung, daß die
vorherrschenden Männer auch wertvoller sind. Dem eigentlichen Wesen
des Weiblichen ist diese oberflächliche Animus-Schicht eigentlich fremd.
Dieser Animus treibt die Frau in die Anpassung an die patriarchalischen
Werte und Normen. Denn zu tief sitzt seit Jahrhunderten in den Frauen
unbewußt die Auffassung, das Weibliche sei weniger wert als das
Männliche, es wird die Macht des Animus betont als das Männlich-
Wertvollere. So wird das eigentlich weibliche Wesen der Frau aufgerieben
zwischen dem Patriarchat der Gesellschaft und dem inneres Animus als
gewissermaßen innerem Patriarchen. Denn die Seele der Frau ist zu tief an
den Werten des Eros und der Liebe orientiert, als daß die männlichen
Werte der Macht und des Wissens ihr helfen könnten. Während die
weibliche Anima als die Seele des Mannes im Mann eine Verbindung zum
eigenen Unbewußten herstellt, treibt der männliche Animus die Frau in die
äußere Welt. Durch die in der Außenwelt aber vorherrschende
Männlichkeit, die Dominanz des Patriarchats, ist der Animus für die Frau
gewissermaßen gefährlich geworden, ein Moment der Selbstentfremdung.
Der Animus speist sich aus den Vaterbeziehungen, die ja nicht so
ursprünglich sind wie die Mutterbeziehungen, aus denen sich die Anima
des Mannes speist. Darum ist die Anima des Mannes eine stärkere Macht
des Unbewußten als der Animus der Frau. Die Macht aber, die die Anima
im Manne ausübt (oder ausüben sollte), wird in der Frau ausgeübt von
ihrem weiblichen Höheren Selbst. Das Höhere Selbst ist die Ganzheit der
Persönlichkeit aus Unbewußtem und Bewußtem, das wahre Selbst. Das
Wahre Selbst der Frau führt die Frau aus der patriarchalischen
Selbstentfremdung in ihr eigenes Wesen. Das Höhere Selbst der Frau
erscheint als göttliche Jungfrau und als große Mutter, entspricht also genau
dem christlichen Bilde der Jungrau-Mutter Maria. Beim Mann ist es die
Anima und letztlich die hinter der Anima stehende Ganzheit der
Persönlichkeit, die den Mann zur Selbstfindung treibt. In der patriarchalen
Kultur bedeutet also Selbstfindung oder Selbstwerdung beides für Mann
und Frau eine Hinwendung zum Weiblichen, des Mannes Hinwendung zur
Anima und der Frau Hinwendung zum Höheren Selbst. Aber der Animus
ist nicht nur so oberflächlich ein angelernter innerer Patriarch, es gibt auch
einen tieferen Animus, den Geist-Animus. Aber um zu diesem positiven
Animus zu gelangen, muß die Frau zuerst den anstudierten inneren
Patriarchen, den oberflächlichen Animus des Vaters, der konkreten Männer
und der Gesellschaft, entschieden zurückweisen. Die Frau darf sich von
diesem kulturell-patriarchalischen Animus nicht beherrschen lassen. Sie
muß sich empören gegen den äußeren und inneren Patriarchen. Sie muß
aufstehen oder auferstehen und zu ihrem eigentlich weiblichen Wesen
finden. Aber wenn die Frau zu dem dem weiblichen Wesen tiefer
einwohnenden positiven Geist-Animus vordringt, dann verkörpert dieser
Geist-Animus gewissermaßen den Sinn, die Vernunft, den Gedanken in der
Frau. Das zutiefst erotisch-liebende Wesen der Frau, ihre visionäre Gabe,
die mehr schaut und fühlt als denkerisch durchdringt, wird hier durch den
Geist-Animus ergänzt, der der Frau als innerer Seelenführer hilft, das von
ihr Geliebte, Gefühlte, Visionär-Geschaute auch wissensmäßig und
denkerisch zu durchdringen. In der griechischen Philosophie ist der Geist-
Animus als Gedanke, Sinn und Vernunft „Logos“ genannt. Im Evangelium
wird Jesus als ewiger Logos bezeichnet. Dieser ewige göttliche Logos
wird in der griechischen Naturphilosophie auch als die Weltvernunft des
Weltalls oder als das Ewig-Innerliche der Natur gesehen, als
schöpferischer Geist, als geistige Weltseele. Dieser Logos (Jesus) oder
Geist-Animus führt die Frau zu einem gewissermaßen „göttlichen
Animus“, einem überpersönlichen Gottvater, der gleichzeitig auch
„dämonisch“ und leidenschaftlich-erotisch und natürlich ist, gleichzeitig
auch der mystische Zusammenfall der Gegensätze, oder das weibliche
Sowohl-als-auch von Gottvater und Gottmutter, ein göttlich-liebendes
Wesen oder die innere Gottheit der Frau. Letzlich führt also der Animus
der Frau als geistiger Seelenführer auch zur inneren Gottheit, wie ja auch
die Anima den Mann, wenn er seine Anima integriert, letztlich zu einer
Gottheit führt, die nicht ausschließlich männliche Züge trägt, sondern in
gleichem Maße auch weibliche Züge. Die Ganzwerdung von Mann und
Frau führt zu einem ganzheitlichen Gottesbild, in dem männliche und
weibliche Züge, geistige und natürliche, vernünftige und erotische
zusammenfallen zu einem unbeschreiblich vollkommenen Wesen, das man
auch All-Einheit oder All-Eins nennt oder: Gott.

23

Lieber Bruder!

Überall finden in dieser Zeit in den katholischen Ländern


Narrenprozessionen statt. Heute sprach ein Ober-Narr: Wir sind
ökumenische Narren! Da sprach der Neben-Narr: Und du bist unser
Narrenpapst! Ha, sprach der Narrenpapst, dann bin ich Johannes Paulus
der Dritte! Da sprach der evangelische Narr: Und wirst du ein neues
Dogma verkünden? Da sprach der Narrenpapst: Ich werde General-
Absolution erteilen! Wohlan denn, ich will ein Narrenlied singen auf den
Wein, das soll dir schmecken vor der Fastenzeit, lieber Bruder in Bacchus.
Denn ich will feiern die Hochzeit von Venus und Bacchus. Wahrlich, deine
Gattin ist Venus, die Göttin der Liebe und Schönheit, aber du bist ihr
Gatte, Bacchus, der Gott des Weines und der Ekstase! Der Mythos meldet,
daß die Frucht der Vereinigung von Bacchus und Venus der Gott Priapus
war, der Gartengott, der mit einem riesigen Phallus im Garten die
nächtlichen Hexen vertreiben sollte. Überhaupt scheint in den griechischen
Mysterien-Abendmählern der Gott Bacchus für den kultischen Wein als
Blut des Gottes gestanden zu haben, das Brot aber war das Sakrament der
Erdgöttin Demeter. Aber noch ein anderer Gott ist dem Weine nahe,
nämlich den kleine Liebesgott Amor. Ich sah einmal und ein andres Mal,
wie im Sommer eine Fruchtfliege in meinen Weinkelch fiel, im Wein
ertrank und von mir verschluckt wurde. Da hatte ich eine prophetische
Vision, daß es der kleine Liebesgott Amor war, der mit Pfeil und Bogen in
meinen Becher gefallen war und gar jämmerlich im Roten Meer ertrunken.
Da sprach ich: Wohlan denn, grausamer Amor, nun sind dein Pfeil und
dein Bogen wie die Wagen und Waffen Pharaos im Roten Meer meines
Bechers ertrunken, nun soll mich dein vergifteter Pfeil der unerwiderten
Liebe nie mehr zu Tode durchbohren. Ich trank den Wein aus und nahm
den Amor mit dem Wein in mich auf und nun glühe ich von den
Feuerpfeilen Amors im Innern meiner Eingeweide für immer! So bekam
ich einmal zu Weihnacht einen starken schweren Bordeaux in sechs
Flaschen wie die sechs Reinigungskrüge auf der Hochzeit von Kana, da
war auf dem Grunde jeder Flasche eine schlafende Nymphe, nämlich die
Frau, die ich liebte. Aber dieses Jahr bekam ich zu Neujahr eine Flasche
schweren herben Bordeaux und auf dem Grunde der Flasche lag im
fließenden Lichtgewande Unsere Liebe Frau Maria! Nun hörte ich durch
die Medien auch die Rede von der Liebfrauenmilch. Die Weisen meinen,
es käme der Name von dem Anbaugebiet des lieblichen Weines bei dem
Liebfrauendom zu Worms. Das ist aber nicht wahr. Denn es kommt
wahrlich von der Milch Unserer Lieben Frau, mit der sie den Herrn Jesus
genährt aus ihren makellosen Brüsten. Sie zog so den kleinen Heiland
groß, daß er später in seinem Fleisch und Blut sich für unser aller Heil am
Kreuze opfern konnte – Amen dem Selbstopfer Gottes! – so daß
gewissermaßen die Liebfrauenmilch aus den perfekten Brüsten der
Madonna zum Blut des Abendmahles Jesu geworden ist, zum Blut der
Ganzhingabe der göttlichen Liebe am Kreuz des Todesüberwinders! Das
ist die wahre Liebfrauenmilch. So wird von den Propheten auch von Maria
als einem Weinstock gesprochen, nämlich von der Mutter des
Königshauses von Israel, die einem Weinstock gleicht. Wenn du einen
Weinstock anschaust, so wirst du dies Prophetenwort verstehen. Ich sah
einmal in der Provence einen Weinberg, da schienen mir die Zweige und
Trauben des Weinstocks majestätisch und glorreich wie eine schwangere
Frau. Ich trank dort abendlich die Liter Wein aus den Tonnen der
Reinigung und wandte mich dann meiner Geliebten zu, einem wahrem
Weib der Wollust, einer archaischen Fruchtbarkeitsgöttin! So sagt auch der
Dichter und Philosoph Salomo in seinem Liebeslied: Geliebte, deine
Brüste gleichen den Weintrauben. Ich meine, den prallen Trauben selbst,
nicht den einzelnen Beeren, sondern nur die Rosine auf der Spitze der
Brust gleicht der einzelnen Beere, aber die Brüste selbst, wie Salomo sagt,
gleichen der ganzen prallen Traube. Und die Geliebte sagt: Geliebter, deine
Küsse sind berauschender als Wein! Und der Geliebte sagt: Und deine
Liebe geht dem Liebenden ein wie Wein in den Mund, daß er im Schlaf
noch betrunken murmelt von Liebe! So sagt der Prophet Salomo auch von
dem Schoß der Geliebten, er gleiche einem Kelch, dem nie der Mischwein
mangelt. Andere sagen, das Becken der Geliebten gleiche einem Becher,
dem nie der Mischwein mangelt. Der Mischwein aber ist der Wein der
Liebe Gottes nicht in der puren göttlichen Gottheit, sondern gemischt, wie
es entspricht dem Fassungsvermögen des irdisch-sterblichen Menschen.
Aber die Mystikerin Mechthild von Magdeburg begehrte von Gott den
puren, lauteren, ungemischten Wein der nackten göttlichen Liebe, der
bloßen Gottheit ohne sterbliche Beimischung zu trinken. Also in der
höchsten Ekstase ist der Schoß der Geliebten, das ist die Seele oder Maria
oder die Kirche, ein Becken wie ein Becher voll des ungemischten Weines
der bloßen göttlichen Liebe! Das Hohelied Salomos wird als das
Allerheiligste der Heiligen Schrift bezeichnet und ist ein Gesang der
Heiligen Hochzeit, in der Heiligen Hochzeit ist die erotische Liebe das
innigste Mysterium, und in der erotischen Liebe ist der Schoß der
Geliebten das Gottähnlichste! So wird der Rausch des unvermischten
Weines aus dem Becher des Beckens der Geliebten zu einem Symbol und
Gleichnis der ekstatischen und berauschend-begeisternden Mystischen
Vereinigung mit der Gottheit selbst! Die Griechen würden sagen als
Meister des Eros, daß der mystische Jünger das Blut des Bacchus trinkt,
damit das Blut des Bacchus in dem Blut des mystischen Jüngers lebt und
blutet und glüht, damit der mystische Jünger zu einem zweiten Bacchus
werde. So ist auch in der persisch-islamischen Mystik des Mittelalters der
verbotene Wein zu einem Symbol der mystischen Vereinigung mit Gott als
der göttlichen Liebe geworden. Die göttliche Liebe ist auch die Rose als
die Geliebte des Mystikers, aber in dem Rausch und der Ekstase des
verbotenen Weines tritt der mystische Jünger aus seinem Ego heraus und
tritt in der Begeisterung in das liebeglühende Herz der Gottheit ein. So
erzählt die Bibel, daß nach der Sintflut Noah als Erstes einen Weinstock
pflanzte. Ich meine, wir leben alle heute in einer großen Sündflut, und die
salzigen Wasser von unten und die sauren Wasser von oben werden uns
noch alle ersäufen. Wenn wir aber in der Arche, daß ist Maria oder die
Kirche, gerettet sind, dann werden wir auf dem himmlischen Berg Ararat
sehen, wie Noah, seines Namens der Tröster, also der Heilige Geist, einen
Weinberg pflanzt, denn nach all dem Wassersaufen der Sündflut werden
wir im Paradiese gar fröhlich zechen dürfen vom Wein des Blutes Jesu! So
sagte auch Maria auf der Hochzeit von Kana: Sie haben keinen Wein
mehr! Nun, Maria ist sehr großzügig, denn die Hochzeitsleute und
Hochzeitsgäste hatten schon viel getrunken, aber Maria ist die Freude aller
Freuden, sie sagte: Sie haben keinen Wein mehr: Und Jesu sagte: O Liebe
Frau, was ist das zwischen dir und mir!? Und Jesus tat sein erstes Wunder
und machte aus Wasser Wein. Das ist, Jesus ist der Freudenbringer und der
Seligmacher, der Kummerbrecher und der Erlöser! Denn wir sind auch zu
der Hochzeit von Kana eingeladen, nämlich auf die himmlische Hochzeit
des Lammes, da wird Maria uns den Wein der Freude erbitten, und Jesus
wird uns den Wein der Freude schenken. Das ist aber der beste Wein, der
am Ende kommt. So spricht auch Jesaja vom Festmahl am Ende, da uralte,
geläuterte Weine von Gott den Kindern Gottes werden eingeschenkt.
Schließlich sind wir Jünger Jesu und der Jünger ist nicht mehr als sein
Meister, im besten Fall ist er dem Meister gleich. Und Jesus wurde als
Weinsäufer bezeichnet und sagte daraufhin nur: Und dennoch ist die
Weisheit gerechtfertigt durch ihre Werke und ihre Söhne! So werden wir
auch als Weinsäufer bezeichnet werden und wir werden lächelnd sagen:
Und dennoch ist die Weisheit gerechtfertigt! Wir werden nämlich auf dem
Hochzeitsfest und Hochzeitsmahl des Lammes den besten edelsten Wein
trinken, für den der Wein Noahs vom Ararat und der Wein Salomos vom
Libanon und der Wein Jesu von Kana nur ein schwaches irdisches Abbild
ist, wir werden den urbildlichen idealen Wein des Paradieses trinken. Sein
Erdboden wird der Garten Eden vor dem Sündenfall sein, er ist nicht
gereift im Licht der geschaffenen Sonne, sondern im Lichtglanz der
Herrlichkeit des Herrn, er ist nicht gereift in sieben Jahren, sondern in
Äonen! So werden wir singen, wie einst der Dichterfürst Goethe sang: Von
Liedestrunkenheit und Liebestrunkenheit und Weinestrunkenheit werden
wir umgetrieben, von der göttlichstes Betrunkenheit! Gebe Gott, daß
Mohammed dann Recht gegeben wird, und uns die Paradiesjungfraun
(nach jedem Liebesakt wieder eng jungfräulich gebaut und bereit zu neuer
Liebesvereinigung), daß diese Paradiesjungfrauen uns den edelsten Wein
der Weine einschenken im Paradies, der keine Kopfschmerzen bereitet,
wie der Prophet verkündet (Friede sei mit ihm). So bei der
apokalyptischen, eschatologischen, paradiesischen Hochzeit des Lammes
mit der Frau Jerusalem, der Nymphe des Lammes, werden wir begeistert
und berauscht sein von der göttlichsten Betrunkenheit, ewig begeistert und
ekstatisch berauscht von dem Hochzeitssakrament der göttlichen Liebe im
Blut Christi! Dann wird Salomo das letzte Wort sprechen, und das soll
unser Amen im Paradies sein an jedem Abend einer Ewigkeit: Schmaust,
Freunde, zecht und berauscht euch an der Göttlichen Liebe!

[Inhalt]

CLOUD5
1

CLOUD3
[Inhalt]

DAS HOHELIED DES MESSIAS

Von Peter Torstein Schwanke

„Siehe, hier ist mehr als Salomo!“


(Wort Jesu)

ERSTER TEIL
1

Im Frühlingshauch, mit ihres Körpers Frühlingsblüte, wandelt im Walde


des Libanon Magdalena und sucht Messias überall, von Liebe geleitet, von
sieben Dämonen mit Siinnesverwirrung betört, da wird sie von der
Freundin Johanna angesprochen:
Unter dem Hauch, der die roten Nelken heimsucht, unter dem Busch,
wo die Honigbienen summen und die Nachtigallen flöten, wandelt Messias
im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern ist schön
durch die Liebe!
Wo die Frauen von Jerusalem um sich und ihre Kinder weinen, wo die
Zedern des Libanon über die Weinranken sich erheben, wandelt Messias
im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern ist schön
durch die Liebe!
Wo der Moschus duftet und die schlanken Lilien wie Lanzen der Sonne
strahlen, die das Herz des Messias durchbohrten, wandelt Messias im
Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern ist schön
durch die Liebe!
Wo die Krone des Königs David ist golden wie die Sonnenblume, wo
über den nektargefüllten Kelchen der Rosen die Bienen summen, wie
Pfeile aus dem Köcher des Davidfreundes Jonatan schwirrten, wandelt
Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern
ist schön durch die Liebe!
Wo die auferwachten Sonnenblumen anschaun die lachende Schöpfung,
Zweige des Magnolienbaums wie herzverwundende Lanzen strahlen,
wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen.
Ostern ist schön durch die Liebe!
Wo vom Wein umrankt die Ulme steht und durch die Büsche des
Hermonberges der Jordanstrom sich schlängelt, wandelt Messias im
Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern ist schön
durch die Liebe!
Der Zimtbaum enthaucht sein Gewürz und die Balsamstaude fließt über
von fließenden Balsamölen, die selbst den Asketen der Asketen, Johannes
den Täufer berauschten. Dort wandelt Messias im Frühling. Tanze,
Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Aus den Samenflocken der Zähne der Löwen webt der Frühling sich
ätherische Zelte in den Hainen. Der Hauch des Frühlings ist wie der Atem
des Heiligen Geistes, die Herzen entflammend. Die Cherubinen lenken den
strahlenden Thronwagen durch die goldenen Gassen des Himmels.
Auf den Messias weisend, den alle Töchter Jerusalems lieben, auf den
Liebe überfließend schenkenden, schönsten aller Menschensöhne, der in
der Nähe ist, spricht Johanna zu Magdalena:
Mit Myrrheöl und Nardenöl gesalbt sein brauner Körper im nahtlosen
Leibrock, mit den Dornenkrone in den braunen Locken, eine Schnur mit
dem Kreuz um den Hals, vom gnädigen Lächeln der Weisheit leuchtend,
so wandelt Messias mit den Töchtern Zions. Mit seinen Jüngerinnen
spricht er über Frau Weisheit.
Mit dem vollen weißen Busen umfängt Johanna den angebeteten Retter,
Messias, und singt den Psalm nach der Melodie: Stirb für den Sohn! So
wandelt Messias mit den Töchtern Zions. Mit seinen Jüngerinnen spricht
er über Frau Weisheit.
Magdalena, die den Eros Gottes angeschaut in den feurigen Augen des
Messias, des Königs der Rosen, steht versunken in tiefes Sinnen über den
Schönsten der Menschensöhne. So wandelt Messias mit den Töchtern
Zions. Mit seinen Jüngerinnen spricht er über Frau Weisheit.
Susanna schmiegt sich an die Wange des Messias und umschlingt seinen
starken Nacken. Sie küsst mit zärtlichen Küssen der Liebe die
Tulpenlippen des Geliebten. So wandelt Messias mit den Töchtern Zions.
Mit seinen Jüngerinnen spricht er über Frau Weisheit.
Maria, die Mutter und Gefährtin Christi, zieht vom Jordanstrom den
Messias fort und führt ihn zur Ölkelter in den Olivengarten. Sie nähte ihm
den nahtlosen Rock. So wandelt Messias mit der Tochter Zion. Mit seiner
ersten Jüngerin spricht er über sich und sie, spricht er über Frau Weisheit.
Als die Zimbeln erklingen, tanzt Johanna wonnig, als der Hirtenknabe die
Flöte bläst, schwenkt Magdaalena ihr frauliches Becken, als das
Saitenspiel erschallt, bewegt Susanna die schlanken Füße gemessenen
Schrittes. Messias ist der Tanz und die Töchter Zions sind die Tänzerinnen.
Johanna umarmt er und presst sein Herz an ihren vollen Busen, Susanna
reicht er zärtlich die Hand, aber Magdalena, seine Lieblingin, küsst er
leidenschaftlich auf den scharlachroten Mund. Messias ist der Bräutigam
seiner weisen Jungfraun.
Er, der die allgemeine Glückseligkeit aller Kreaturen ersehnt, dessen reiner
Lilienleib ist der Leib des leiblosen Gottes, den alle weisen Jungfraun
Jerusalems als ihr Ein-und-Alles lieben, siehe! Magdalena! wie sich
Messias an deiner Liebe berauscht!
2

Während Jesus alle Jungfraun von Jerusalem liebte, ging Magdalena fort,
betrübt, weil sie nicht seine einzige Liebe war. In den Scharon-Wiesen,
südlich des Karmelgebirges, da die Bienen über den Mariengräsern
summten, sprach Magdalena:
O Jesus! Deine Lilienlippen fließen über von Nektar, wenn du zur Flöte
des Hirten den Psalm spielst nach der Melodie: Jungfrauen! Deine
bezaubernden gnädigen Blicke preis ich und deine Ohren, die Gebet
erhören. Ach, ich muß an Jesus denken, wie er mit den Töchtern Zions
wandelt und von den Freuden des Geistes spricht.
Mit einer Pfauenfeder möchte ich deine braunen Locken schmücken, Pfeil
und Bogen dir hängen um die Schulter, von welcher der Mantel meines
Rabbi herunterfällt. Ach, ich muß an Jesus denken, wie er wandelt mit den
Töchtern Zions und von dem Jubel im Heiligen Geiste spricht.
Die Töchter von Tyrus mit den schönen Lenden und die Töchter von Sidon
mit den weiblichen Becken schauen auf Jesu Lippen, die wie Lilien von
Nektar überfließen. Ach, ich muß an Jesus denken, wie er mit den
Töchtern des Morgenlandes von den Freuden des Paradieses spricht.
Als der gute Hirte umarmt er mit seinem rettenden Arm zehntausend
Mutterschafe und geliebte Lämmlein. Seine Hände wie Elfenbein mit
Jaspis-Ringen und seine Beine gleich Marmorsäulen des Tempels
erleuchten die Finsternis dieser Welt. Sein Herz gleich einer glühenden
Rose ist das Licht des Kosmos. Ach, ich muß an Jesus denken, wie er als
Gottessohn die Menschentöchter besucht und von dem Jubel des ewigen
Lebens spricht.
Von seiner gesalbten Stirn zum Antlitz, das die Sonne verdunkelt, ergießt
sich das Licht vom göttlichen Licht. Seine Linke umfängt die Herzen alle,
die pochenden Herzen unter den schwellenden Brüsten. Ach ich denke an
Jesus, wie er wandelt mit den weisen Jungfraun von Jerusalem und von
den Wonnen der Hochzeit des Lammes spricht.
Eine Kirsche hängt über seinem Ohr, das Gebet erhört, und Salben duften
in dem Barthaar seiner Wangenbeete, er schreitet in den Sandalen und im
Pilgermantel und ist umgeben von Salomo und Samson und von
Gotteslöwen und Morgensternen. Ach ich denke an Jesus, wie er mit
Mitka, Marias Schwester, von den Vereinigungen der heiligen Hochzeit
des Himmels spricht.
Er lehnt sich an die Zeder des Paradieses, um den Geist des Todes zu
besiegen. Er überwand die sieben Dämonen in meiner Seele durch einen
einzigen Blick voll glühender Liebe. Ich denke an Jesus, wie er die
mystische Freundin Magdalena erwählte und zu mir als der Schwester der
Engel vom Tanz der Engel sprach.
Jesus zählt alle meine Tränen und alle meine Gebete. Er verstößt mich
nicht, denn er ist der König der Versöhnung, er tilgt meine Schuld. Wenn
Jesus auch mit allen Menschentöchtern in Liebe wandelt und meine Seele
ihn des Nachts zwar sucht und doch nicht findet, ich kann aber nicht
anders, ich muß ihn dennoch suchen, denn wohin sollte ich sonst gehen als
zu ihm? Denn er hat Worte der ewigen Liebe!
Ich bin verborgen unter den Malven von Magdala und er ist am Ufer des
Sees Genezareth im Schatten der Kapernbüsche. O meine Freundin,
Mutter Maria, mir, der Jesus Betrachtenden, bringe Jesus, der das Lächeln
Gottes ist, bring ihn zu mir, Maria, den Sieger über die sieben Dämonen!
Ich erröte vor Scham, wenn ich Jesus sehe, ihn, das Wort Gottes, den
Gesandten der ewigen Liebe. O meine Freundin, Mutter Maria, Jesus, den
Sieger über die sieben Dämonen, bring ihn zu der Freundin seiner Liebe,
daß er in der dunklen Nacht der Seele sich mit mir vereint!
Gras ist mein Lager, Zedernbalken und Zypressenbretter mein Bett. Mir zu
Seite ruhe der Herr! Ich bin bereit für die Küsse des Heiligen Geistes, zur
Umarmung ewiger Allbarmherzigkeit! Ich bin bereit, zu saugen aus dem
Kelch des Hochzeitsfestes den Wein der Ekstase! O meine Freundin Maria,
bringe mir den Sieger über die Dämonen, bring ihn zur Hochzeit des
Lammes, daß er die Liebe in mich einströmt in der mystischen Nacht der
Vereinigung!
Meine Augenlider sind gesunken, meine Wangen glühen vor Scham. Ich
fließe über vor Liebe! Bebend liebe ich den Heiland, zitternd vor
Todesangst will ich umarmen den Retter aus dem Tod! O Freundin Maria,
den Sieger über Satan, Jesus bring du zu mir zu der Gottesehe, zur
Einswerdung mit der Einen Natur der Gottheit!
Nachtigallen umschweben mich und singen mir, der mystischen Rose der
Morgenröte. Ich glühe für den Helden der Minne, den strahlenden Ritter
Gottes! Malven von Magdala, Hennablumen von Zypertrauben wallen in
meinen langen schwarzen Haaren. An seinem Busen seh ich Spuren von
Nägeln. O meine Freundin Maria, ihn, den Sieger über Tod und Teufel,
Jesus bring du zu mir, zur Hochzeitsnacht im Brautbett des Kreuzes!
Glöckchen und Zimbeln klingen an den Kettchen an den Knöcheln der
Fesseln meiner Füße. Er durchwandelt das gelobte Land in bestaubten
Sandalen. Ich trage den Liebreiz gegürtet um die Lenden meines Gemütes.
Ich suche ihn, denn ich will seine Füße waschen mit dem Tau meiner
Tränen und seine Füße trocknen mit meinem langen Haar. O Freundin
Maria, den Sieger über den ewigen Tod, Jesus bring du zu mir, daß ich
eingehen darf in Gottes Schoß, das Paradies!
Ich bin wie tot in der Erfahrung der höchsten Glückseligkeit! Seine Augen
sind wie Feuerflammen! Mir sinkt die Blüte meines Körpers hin, doch er
ist der Triumph der göttlichen Liebe! O Freundin Maria, den Sieger über
das ewige Nichts, Jesus bringe du zu mir, daß ich mich mit Gott vereinige
als die mystische Gattin Gottes, daß ich aus lauter Gnade Gottes
vergöttlicht werde zu Gottes mystischer Göttin! Hallelujah!

Jesus, der himmlische Sieger über den Gott dieser Welt, nahm die
Schönste aller Schönen, Maria, an sein Herz. Er ließ alle neunundneunzig
Frauen und umarmte die einzige Immer-Jungfrau.
Gen Osten und gen Westen ging der Messias, den Feuerpfeil der
göttlichen Liebe im Herzen, ging der Messias Maria nach. Im Wildbachtal
des Jabbok bei Mahanajim ruhte er am Ufer eines Wassers im Schatten
grüner Myrrhebüsche bei Maria.
Ach, als Maria mich sah, sprach Johannes, der Jünger der Schönen
Liebe, wie ich mit Johanna spielte und ihren Kindern und wie ich brannte
lichterloh für Magdalena, die Schöne, und wie ich höflich war zu Susanna,
und wie ich Mitka nicht vergessen konnte, da ging Maria davon. Ich hielt
sich nicht auf. O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Welchen Plan ersinnt sie? Über welche Weisheit denkt sie nach? Was
kann mir die Schönheit dieser Welt und Ruhm und Gold mir geben? Wie
sinnlos ist ohne Maria das Leid und wie freudlos das Leben! O Herr Herr,
wie ist die Gekränkte davongegangen!
An ihr Antlitz denk ich. Ihre feinen Brauenbogen sind wie die Waage
der Wahrheit im Weltgericht. Ihr Antlitz ist wie eine weiße leuchtende
Lilienblüte. Wie eine vom Fleiß der Honigbienen gewobene Honigwabe
schimmert ihr Antlitz. O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Ich trage sie immer im Herzen. Ihr Bild schwebt immer vor den Augen
meiner Seele. Soll ich sie zwischen den Fichten suchen? Ist all mein
Klagen vergebens? O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Schlanke Jungfrau, himmlische Herrin, überhimmlische Jungfraun-Diva!
An dein Herz muß ich denken, das von sieben Schwertern der Schmerzen
durchbohrte Mutterherz! Wohin wandelst du? Kann ich dir folgen? O Herr
Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Du bist mir erschienen, apokalyptische Jungfrau! Wahrlich, wahrlich, Ja
und Amen! Ich sah dich mit diesem meinen Augen vor mir am nächtlichen
Himmel lächeln! Ach, warum war die Begegnung nur so kurz? Darf ich
immer noch als dein geliebtes Söhnchen in der Beuge deiner Arme ruhen?
O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Verzeih mir, himmlische Herrin, daß ich dich verließ! Nie wieder will ich
mich von dir abwenden, Frau! Schau mich an mit jenen deinen
barmherzigen Augen, Schönste aller Frauen! Ich schmelze hin in
himmlischer Wonne vor deiner Lieblichkeit, Liebste! O Herr Herr, wie ist
die Gekränkte davongegangen!
Diese Fesseln um mein Herz sind nicht von der alten Schlange. Diese
Würzkräuter in dem Beutel an meiner Brust sind nicht von giftigen
Zauberdrogen, die da täuschen den Geist. Weihrauch brenn ich nieder und
streue mir Asche auf das Haupt. O liebe mich oft und heftig und lange,
denn ich bin einsam und elend und krank vor Liebe!
Du verwechselst mich mit Jesus - oder warum lächelst du mich so voll
immerwährender Mutterliebe an? Nimm den Bogen und den Köcher,
Lichtjungfrau, und ziele auf mich! Schieß den Pfeil der Liebe Gottes
deinem Freunde, dem Hirsch auf den Scheidenbergen, in den Busen!
O deine Augen sind Taubenaugen! Von deinen liebevoll-zärtlichen
Liebesblicken glüht mein Herz im Herzen! Mein Herz war all mein Leben
lang krank vor Liebe... Du bist die Liebe meines Lebens, Ewig-Geliebte!
Deine feine schwarze Braue ist der Bogen, deine geschwungene Wimper,
die lange, seidige Wimper ist der Pfeil, dein Muschel-Ohrläppchen ist die
Sehne. O Liebe Gottes, wie hast du dieser herrlichen Himmelskönigin alle
Waffen Gottes verliehen!
Von den Brauenbogen den Pfeilschuß eines unendlich liebevollen Blickes
schießt du, diese Liebe muß tödlich sein! Der schwarze Schleier deiner
nachtschwarzen Haare, der langen glatten Seidenhaare, sind bis in die
Spitzen hinein besessen vom Eros Gottes! O du bist voll der Minne-Magie,
Marie!
Berausche mich, du überschöne Jungfraun-Diva, berausche mich dein
weinroter Mund mit Küssen des Heiligen Geistes! Doch deine makellosen
Brüste, jugendlich fest und wohlgeformt, wie spielen sie zärtliche
Liebesspiele mit meinem unsterblichen Geist!
Die himmlische Zärtlichkeit, die unerschöpfliche Liebe deiner
liebkosenden Blicke, der süße Duft der Lippenrose, der fließende Wein
deines weisen Wortes, die paradiesische Wonne deiner verschmelzenden
Liebesküsse...
Da das Gedächtnis deines Liebeswerkes dich gegenwärtig vor mir
darstellt, wie kann das Elend der Verbannung auf Erden noch dauern?

Den am Ufer des Jordanstromes bei den Kapernbüschen wandelnden Jesus


grüßte Mitka, die jungfräuliche Schwester Marias.
Sie verbrennt den Weihrauch aus Myrrhe und Narde, Zimt und
Aloepuder. Der Schimmer des Mondes macht sie krank am Gemüt. Die
Lüfte scheinen ihr vergiftet vom Gift der Schlangen auf den Bergen bei
Aschtaroth. Sie ist liebeskrank, sie leidet an der Trennung von Jesus. Jesus,
verwundet von dem Feuerpfeil der Liebe will ich dich ewig freien!
Um dich vor der Lanze des Hauptmanns und dem Stachel des Todes zu
bewahren, schirme ich dein Herz mit einem Schild aus meiner Minne.
Mitka baut dir ein Bett aus Malvenblüten. Sie ist krank vor Liebe im
Jammertal der Verbannung. Jesus, verwundet von dem Feuerpfeil der
himmlischen Liebe will sie dich allein als Geliebten freien!
Aus den Rosen der ewigen Liebe und den Lilien der Jungfräulichkeit
für den Himmel baut sie dir ein Liebesnest, bereit zu der ewigen
Liebesumarmung der Seligkeit, der Seele Glückseligkeit im Liebesbett des
Paradieses! Sie ist krank vor Liebe, bis sie bei ihrem Jesus ist! O Jesus,
verwundet von dem tödlichen Pfeil der göttlichen Schönheit begehrt sie
dich allein zum Gatten!
Die weiße Lilie ihres jungfräulichen Angesichts schimmert vom
Balsam der Tränen, wie der Vollmond Nachttau träuffelt. O sie ist krank
vor Liebe, im Exil fern vom Vaterland Christi! O Jesus, durchbohrt vom
tödlichen Liebesgeschoß der göttlichen Schönheit wählt sie dich allein
zum Gemahl der Seele!
Mit Scharlachschminke malt sie dich als das Feuer im brennenden
Dornbusch, der brannte, doch sich nicht verzehrte. Sie betet vor dem Bild
des unsichtbaren Gottes. In den Händen hält sie die Harfe und singt den
Psalm nach der Melodie: Die stumme Taube unter den Fremden! O Jesus,
wie wund ist sie fern von dir! O Jesus, entflammt von der Liebe, den
Flammen Jahwes, wählt sie dich zu ihrem einzigen und ewigen
Ehegemahl!
Sie singt der Wiederkunft Christi entgegen: O Fürst des Friedens, ich
falle dir zu Füßen und bete dich an! Wenn du mich anschaust, fließt Wein
statt Wermut in dem Becher meiner Seele. Sie ist krank vor Sehnsucht
nach dem fernen Geliebten! Tödlich getroffen von der Gewalt der Liebe
Gottes, brennt sie einzig für Jesus, ihren Geliebten!
Ihre Gedanken erfassen dich nicht, o Gott, die Augen ihrer Seele sehen
dich nicht, o Gott. Sie weint, sie klagt, sie leidet, sie ringt in der Nacht der
Seele mit sich selber, sie stirbt den Tod des Ich, sie siegt im Martyrium
himmlischer Minne! O Jesus, sie stirbt aus Liebe zu dir! O Jesus, zu Tode
verwundet von dem Gott des ewigen Lebens, schwört sie ewige
Liebestreue dir in der Hochzeit des Lammes mit der Nymphe Jerusalem!
Selbst der herrliche Rosenkranz, der ihren schlanken Hals so herrlich
schmückt, scheint ihr eine Fessel zu sein, Mitka, fern von dir, Messias!
Duftreiche Salbe von Aloe, Zimt und Ylang-Ylang selbst scheint ihr
Schlangengift auf ihrem jungfräulichen Körper zu sein, Mitka, fern von
dir, Messias!
Ihrer Seufzer nicht endender Hauch scheint ihr das Feuer im
Dornbusch zu sein,
Mitka, fern von dir, Messias!
Sie wendet hierhin und dorthin die Mandelaugen, wie Mandelöl
entträuffelt den Mandelaugen Tränentau, Mitka, fern von dir, Messias!
Voller Kummer betrachtet sie ihr jungfräuliches Blütenbett, das einsam
ist, so einsam, daß es ihr scheint der Pfuhl der Höllen-Gehenna zu sein,
Mitka, fern von dir, Messias!
Sie legt die blasse Wange in die schneeweiße Hand und trauert wie in
der Nacht ein melancholischer Mond, Mitka, fern von dir, Messias!
Herr Herr! ruft sie in der Verbannung auf Erden, du Taube Gottes!
Schau mich an! Und sie sehnt sich aus Liebe zu dir zu sterben, Mitka, fern
von dir, Messias!
Sie fürchtet sich, sie leidet, sie bangt, sie ist schwermütig, ihr graut, sie
ist einsam, ihr ist elend zumute, ihr ist weh zumute, sie weint, sie
verschmachtet, sie will sterben! Nur deine Gnade hält die holdselige
Jungfrau noch am Leben. O Heiland, du Seelenarzt, du bist ihr einziges
Heil!
O Heiland, du heiliger Seelenarzt, du allein weiser Gott, wenn du die
Liebeskranke, deren Heil allein der Wein deines Blutes ist, wenn du die
Liebeskranke nicht herausreißt aus dieser bösen Welt, o Gottes Sohn, so
bist du grimmig wie Gottes Zorn!
Unter dem Brennen, Stürmen, Beben und Säuseln der Seufzer der
Liebe fühlt die einsame Jungfrau, an Weihrauch und Lilien und den
Vollmond denkend, untröstliche Schwermut. Sie richtet den inneren Sinn
allein auf den Körper Christi. Noch atmet die Stille im Lande und
schwindet schon hin...
Die durch einen lächelnden Blick deiner unendlich liebevollen Augen
sonst getröstet ward, nun leidet sie zu sehr an der Entfernung vom
Geliebten! Wie schmerzt es sie so sehr, daß der Frühling wiederkommt –
und sie immer noch fern der himmlischen Heimat ist!

Jesus sprach zu Maria: Geh zu Magdalena, bring ihr meine Werbung! Und
bring sie zu mir! So vom Sieger über den Satan gesandt als Gesandte, eilte
Maria zu Magdalena und sprach zu ihr:
Wo die Frühlingslüfte wehen und den Blütenstaub und die
Schmetterlinge tragen, wo die Glockenblume sich der saugenden Biene
öffnet, wo Freund und Freundin sich nacheinander sehnen, o Schwester,
wie schmachtet dort Jesus im Dornenkranz nach dir, du ferne Geliebte!
Mitten am Tage verfinstert sich die Sonne. Jesus ist bereit, aus Liebe
sein Leben zu geben! Ihm im Herzen brennt der Feuerpfeil der göttlichen
Liebe! Er klagt: Mich dürstet! Wie schmachtet Jesus im Dornenkranz nach
dir, du ferne Geliebte!
Vor dem Summen der Honigbienen muß er die Ohren verschließen, zu
süß ist ihm der Honigseim der Liebe. Getrennt von seiner Freundin, ist
seine Seele freudlos. In dunkler Nacht der Seele vergeht er vor Kummer. O
Schwester, wie schmachtet Jesus im Dornenkranz nach dir, du ferne
Geliebte!
Im Walde des Libanon betet er. Er hat den goldnen Tempel verlassen.
Im Olivengarten wälzt er sich im Staub der Erde und wird blaß und bleich
vor Todesangst und seufzt wehmütig nach der Braut. O Schwester, wie
schmachtet Jesus im Dornenkranz nach dir, du ferne Geliebte!
Wo der Liebe Ziel erreicht ist, die Hochzeitsfreude im Garten des
Paradieses, in den Gefilden der Seligen weilt er im Geist schon mit der
Angetrauten. Ah! Wie dürstet er nach dem Becher deines Beckens mit dem
Wein der ekstatischen Liebesvereinigung, dem Blut der Ganzhingabe!
Wenn er in das Haus des Vater gekehrt ist, in die Glorie ewiger Liebe,
o Magdalena, gegürtet an den Lenden des Gemütes, dann rühre ihn an, den
König der Liebe! Unter dem Lebensbaum im Säuseln des heiligen Geistes
wartet auf dich der Geliebte im Dornenkranz!
Er spielt auf der Hirtenflöte das Lied zur Hochzeit des Königs, ein
Lied der Liebe zur Melodie: Rosen. Er atmet den Wind ein, den du
ausgeatmet in deinen Seufzern. Unter dem Lebensbaum im Säuseln des
heiligen Geistes wartet der Geliebte im Dornenkranz!
Schwebt die Turteltaube aus dem Ritz in der Spalte des Felsens,
liebkost der Wind den Busch, so meint er, Magdalena komme. Dann
bereitet er das grüne Bett der Einigung im Garten der Seele und wartet auf
dich in seiner Liebe Passion. Unter dem Lebensbaum im Säuseln des
heiligen Geistes wartet der Geliebte im Dornenkranz!
Laß die Zimbeln, den klingenden Zaubergürtel um die Hüfte, die
Kettchen um die Knöchel, die Spangen an den Armen und die Lapislazuli-
Ohrringe, hülle dich in schwarzes Linnen und geh in der dunklen Nacht
der Seele vor Liebe weinend zum Kreuz! An dem Lebensbaum im Sausen
des heiligen Geistes wartet auf dich der Geliebte im Dornenkranz!
An deinen beiden Brüsten, die verschleiert sind von deinem schönen
langen schwarzen Haar, an deinen Brüsten will er ruhen und will wohnen
in deinem Herzen wie im strahlenden Thron des dritten Himmels. Unter
dem Lebensbaum im Wehen des heiligen Geistes wartet der Geliebte in
seiner Dornenkrone!
Laß deine langen schwarzen Haare mit den roten Hennablüten wallen
und weine Ströme zu Füßen des Geliebten und umschlinge mit deinen
bloßen Armen die Beine des Geliebten! An dem Lebensbaum im Blasen
des heiligen Geistes wartet im Dornenkranz der Geliebte auf dich!
Jesu Herz ist sanftmütig, demütig, siehe, die Mitternacht der Welt ist
da. Eile, Magdalena, mit dem Pochen der Liebe im schwellenden Busen
und stille Jesu brennenden Durst mit dem Tau der Küsse deiner Liebe! An
dem Lebensbaum im Brausen des heiligen Geistes wartet im Dornenkranz
der Geliebte auf dich!
Die Sonne hat sich verfinstert. Du schüchterne Freundin, Jesu
Liebesverlangen brennt in tiefster Mitternacht! Wie die liebeskranke
Nachtigall ruft Maria zur Rose Magdalena: Eile, liebe Schwester, liebe
Braut! Die Stunde ist gekommen zur Hochzeit der Gottheit und der
Menschheit in der dunklen Nacht!
Magdalena umschlingt Messias mit ihren starken Armen, sie küsst
seine Wunden, sie stillt den brennenden Durst seiner Liebe mit den
Strömen ihrer Tränen, sie schenkt ihm ihr Herz im bebenden Busen ganz
hin! Gottheit und Menschheit waren in der Sünde getrennt, siehe, sie sind
jetzt ganz intim vereinigt, denn gekommen ist die Hochzeit des Lammes
mit der Nymphe Jerusalem in der tiefen Mitternacht des Kreuzes!

Auf ihn sind die Fehler und Zielverfehlungen aller geworfen, alle Sünden
der Nachtwandlerinnen, auf ihn, den lichten Mond der Nacht, der
Unbefleckte ist davon befleckt, der Mond, am Mund der dunklen Nacht
ein blutroter Tropfen Wein.
Da der Mond sich verfinsterte, rot wie Blut ward, sah Maria, daß
Messias einsam sterben mußte! Da hob mit lauter Klage Maria an zu
weinen:
Ach, ich bin einsam im Garten der Dornen, meine Jungfräulichkeit
verliert nun die Leibesfrucht! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen
haben mich alle allein gelassen!
Dem ich nacheile in die Einöde und die Wüste, ihm durchbohrt die
Lanze des Todes das Herz! Mir bohren sich sieben Schwerter der
Schmerzen ins Herz! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich
alle allein gelassen!
Mitgekreuzigt zu werden mit dem Gekreuzigten – was bliebe mir
sonst? Sollte ich ohne den Heiland diese tödlichen Schmerzen tragen, den
Heiland zu verlieren? Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich
alle allein gelassen!
Welche unsagbaren Schmerzen bringt mir diese tödliche
Frühlingsnacht! Wer hat diese Frühlingsnacht in Liebeslust durchlebt?
Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle allein gelassen!
Die Rose press ich an mein brennendes Herz, sie durchbohrt mit ihrem
Dorn mein Fleisch! Der Dorn der Rose ist wie der tödliche Feuerpfeil der
göttlichen Liebe! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle
allein gelassen!
Jesus geht den Frauen von Jerusalem nach und spricht zu ihnen: Ihr
Frauen, weint nicht über mich, weint über euch und eure Kinder! Wem soll
ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle allein gelassen!
Sie sieht Messias von Gott verlassen! Maria sieht sich selbst vom
Messias verlassen! Da träumt sie in der Mitternacht der Todesstunde
Christi von der Hochzeit des Lammes und der Nymphe Jerusalem im
Liebesgarten des himmlischen Paradieses.
Den Rock geschürzt als Mutter der schönen Liebe, Hennablumen in
den langen schwarzen Haaren, sah ich dem Herrn vereinigt die selige
Herrin!
Trunken vom Wein der Liebe des Herrn, während der Myrrhebeutel
zwischen ihren Brüsten lag, sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Das Mondgesicht, das lichtübergossene Antlitz, von langen schwarzen
Haaren verschleiert, saugend am Becher des Mundes den Wein der
Liebesküsse, sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Mondstein und Lapislazuli an dem Muschelohr als Schmuck und den
Zaubergürtel aller Anmut um das mütterliche Jungfrauenbecken, sah ich
dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Lächelnd mit charmantestem Lächeln, sich freuend am freundlichen
Lächeln des weisen Meisters, flötend mit gespitzten Lippen auf der
Knochenflöte den Psalm zur Melodie Jungfrauen, sah ich dem Herrn
vereinigt die selige Herrin!
Ehrfurchtsdurchschauert, sanftmütig, demütig, seufzend vor
unaussprechlichen Seufzern des Geistes, blickend mit jenen ihren
barmherzigen Augen, von Liebe ganz erfüllt, sah ich dem Herrn vereinigt
die selige Herrin!
Wie das heilige Antlitz des Herrn ist der lichte Mond in der dunklen
Nacht. Er breitet über mein Herz unendliche Liebesschmerzen! Auf das
vor Liebe glühende Antlitz der Lieblingin, auf den kusslichen
Scharlachmund der Geliebten malt der Fürst des Friedens mit Moschus ein
Zeichen. Er ist der Hirsch auf dem Mond und sie die Hirschkuh auf dem
Mond. O wie spielt jetzt Jesus an den Teichen im Garten Eden!
In der Nacht der langen schwarzen Haare, die fließen um die
schöngewölbte Wange, flicht er Nelken und Margarithen, die wie Licht
und Feuer glühen. O wie spielt jetzt Jesus an den Teichen im Garten Eden!
Der Brüste paradiesische Augenweide, die Weide des Lebens, behängt
er mit Sternen aus Saphir und Lapislazuli, der Schweiß im Tal der Brüste
ist der Tau des Mondes. O wie spielt jetzt Jesus an den Teichen im Garten
Eden!
Die lilienarmige Jungfrau mit der schlanken Schneehand schmückt er
mit Honigbienen aus Gold und Rosen aus Rubin und ziert die Hand der
Herrin mit dem Ehering aus Gold des Paradieses mit dem Schoham-Stein
von Eden. O wie spielen jetzt Jesus und die Jungfrau an den Teichen im
Garten Eden!
Um die Wonne des Bechers, des Beckens der Geliebten, um die
Lenden des Gemütes band er den Gürtel allen Liebreizes, allen
himmlischen Charmes. O wie spielen jetzt Jesus und die Jungfrau im
Garten Eden!
Die feurigen Pfeile der Liebe im Herzen, die juwelenen Schwerter der
Liebesschmerzen in der Seele, pressen sie Herz an Herz. O wie spielen
jetzt Jesus und die Jungfrau im Garten Eden!
Da also der Sieger über den Tod, der Sohn der Ewigen Liebe, die
liebliche Jungfrau liebkost, ach weh mir, was leide ich hier sieben
Todesschmerzen und Leiden der Passion, die Gefährtin Christi, ohne allen
Trost? O wie spielen doch Jesus und die Jungfrau im Garten Eden!
Wie mußt du leiden, Gefährtin Christi, da der liebenswürdigste aller
Menschensöhne gekreuzigt wird! Stirbt der Sündlose, muß auch sterben
die Makellose! Zur Hochzeit des Lammes und mystischen Gottesehe soll
nun meine Seele wallen durch die Nacht des Todes!

Endlich ist vorübergezogen die Nacht des Kreuzes. In der Morgenfrühe, da


die Strahlen der Morgenröte glühen wie feurige Pfeile der göttlichen
Liebe, sprach zu dem in ihren Armen ruhenden toten Gott Maria, die Pieta:
Deine Augen weinten am Kreuze blutige Tränen, deine Stirn ist noch
blutig vom Dornenkranz, dennoch sind selbst deine erloschenen Augen mir
noch Spiegel der Liebe Gottes! Herr Herr, geh nur ins Reich der Toten,
Retter, geh nur hinab zu den Toten, Erlöser, Geliebter mit den
Taubenaugen, kehre zurück zur Gefährtin Maria!
Deine purpurnen Rosenlippen küssten die von Tränen verwischte
schwarze Augenschminke Magdalenas, daß deine Rosenlippen nun
blauschwarz wie die Nacht sind, und so nächtlich ist uns auch dein heiliges
Herz, Messias. Herr Herr, geh nur ins Totenreich, Retter, geh hinab zu den
Verlornen, Erlöser, und kehre zurück zur Gefährtin Maria!
Der Kampf mit dem Tod schrieb dir mit Nägeln und Lanzen blutige
Wunden auf deinen Körper, Christus, wie Gott einst schrieb mit dem
Finger Gottes auf die steinernen Tafeln die göttliche Weisung. Herr Herr,
geh nur hinab ins Schattenreich, Retter, geh zu den toten Seelen, Erlöser,
und kehre zurück zur Gefährtin Maria!
Glänzen nicht deine Füße des Friedens noch von den Tränen der
liebenden Sünderin? Siehe, sie begoß deinen Leib mit dem Tau der Liebe.
So ist der Gekreuzigte selbst am Holz des Kreuzes zum Lebensbaum des
Paradieses geworden und der Körper Christi zur Frucht der
Unsterblichkeit! Herr Herr, geh nur hinab zu den Gestorbnen, Retter,
erwecke die Toten, Erlöser, und kehre zurück zur Gefährtin Maria!
Ich biß mir vor Schmerz mit den Elfenbeinzähnen, die wie
frischgewaschene Zwillingslämmer glänzen, biß mir auf die purpurnen
Rosenlippen, die wie scharlachrote Schnüre sind, und biß mir die Lippen
blutig. Bewahre ich den Körper des gekreuzigten Gottes auch gut in
meinem Mutterschoß für alle Zeit? Herr Herr, steige hinab in den Hades,
Retter, und erlöse die Schatten aus der Macht des Hades, Befreier, und
kehre mit den Seelen zurück zur Gefährtin Maria!
Wandle bald nur wieder in den Gärten der Morgenröte, neugeboren wie
ein himmlisches Kind, und erfreue deine Gefährtin und besuche die
weinende Sünderin Magdalena und entflamme alle deine weisen Jungfraun
mit dem Feuer deines Herzens, der Liebe, den Flammen Gottes! Herr Herr,
rette die Toten aus dem Nichts, Erlöser aller Seelen vom ewigen Tode,
Befreier, und kehre zurück zu deiner dich liebenden Braut Maria, und
kehre zurück zu allen deinen dich liebenden Jungfraun-Marien als
Bräutigam ihrer unsterblichen Seelen!

Zu der Betrübten, zur Freundin Magdalena, sprach die heilige Mutter


Maria, als Magdalena weinte um den fernen Messias:
Der Herr mit den Morgenstrahlen des Ostermorgens besucht dich! Auf
Erden gibt es nichts Schöneres als den Ostermorgen Christi, seine Frucht
ist deinem Gaumen süß! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem Freunde!
Deine Brüste sind süßer als Datteln, entziehe dich nicht der erotischen
Mystik deines geistigen Freundes, Geliebte! Du Kühle, sei nicht kühl zu
deinem Freunde!
Ich sag es immer wieder in einfachen Worten: Verschließe dein Herz
nicht, sondern gib dich ganz dem liebenden Herzen des Freundes hin! Du
Kühle, sei nicht kühl zu deinem Freunde!
Warum bist du so in dich gekehrt? Warum bist du so verschlossen?
Warum bist du so in deiner Wehmut gefangen? Komm, singe doch
fröhlicher! Alle Jungfraun Jesu sind begeistert von der Auferstehung und
jubeln! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem geheimnisvollen Freunde!
Siehe, im Ostergarten bereitet der mystischen Bräutigam dir das grüne
Bett der geheimnisvollen Vereinigung! Erwache und werde satt an dem
Bilde der Liebe in ihrer Schönheit! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem
mystischen Freunde!
Verjage aus deinem Herzen die Traurigkeit! Höre meine Botschaft:
Nichts soll dich scheiden von der Liebe Gottes! Sei nicht kühl, du Kühle,
sei nicht kühl zu dem dich liebenden Freunde!
Jesus wird kommen am Ostermorgen in den Liebesgarten. Ein
verschlossener Garten ist seine Freundin Braut. Er dringt durch die
Blumenpforte ein und will dich küssen mit den Küssen der Liebe!
Verscheuche allen Kummer und freue dich, denn Jesus liebt dich und will
dich ganz überströmen! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem liebevollen
Freunde!
Verhärte nicht dein Herz vor dem heiligen Herzen Jesu, versage dich
nicht den Liebkosungen deines himmlischen Freundes, wende dich nicht
ab von der süßen Zuneigung Gottes, sei nicht Feindin deinem göttlichen
Freunde! Sonst wird dich der Schimmer der Mondin stechen wie
Sonnenkatastrophen, sonst wird der Morgentau dir zu verzehrendem Feuer,
sonst wird das süße Liebesspiel der himmlischen Minne für dich zum
ewigen Tod!

Nachdem Messias seine Gefährtin Maria, Maria mit den Brüsten wie
Gazellenzwillingskitze und Augen wie Turteltauben, am Morgen gegrüßt,
ging er in den Garten der Olivenbäume und Zimtbäume und Jujubendatteln
als der Gärtner des Gartens der Seele. Da sprach die Menschenfreundin
Maria zu ihrer Freundin Magdalena, die sich die schwarzen Haare mit
Henna gefärbt und geflochten hatte und eine goldene Spangen in den
Haaren trug:
Der Versöhner, der mit dem Gesang der Liebe auf den Lippen dir die
Füße umfängt, er wartet nun im Garten der Seele auf dich, er wartet unter
dem Ölbaum der Weisheit. Frau, dem nahen Meister nahe dich,
Magdalena!
Deinen fruchtbaren Busen wie Weintrauben trage in den Weinberg des
Geliebten! Deine Lenden des Gemütes gürte mit dem Gürtel der Grazie
Gottes! Lasse klingeln die Schrittkettchen und die Glöckchen an deinen
Knöcheln und wandle wie ein Rebhuhn in den Garten zu Ostern! Frau,
dem nahen Meister nahe dich, Magdalena!
Hörst du die Stimme des guten Hirten, du einziges Lämmchen, du
Lieblingsschäfchen? Unter dem Gesang der Nachtigallen, die von Minne
flöten, geh in den Rosengarten der Minne! Frau, dem nahen Meister nahe
dich, Magdalena!
Die Hainbuchen winken dir mit grünem Laube, das im Winde rauscht.
Die Blutbuche rauscht dir vom Erlöser auf dem Blut. Der Efeu schlingt
sich zärtlich um den starken Stamm der Eiche. Der Wein rankt treu an der
Ulme auf. Sie mahnen dich alle zur Eile. Frau, dem nahen Meister nahe
dich, Magdalena!
Dies mein Herz, entflammt von der Liebe, diese Brust wie Jadegipfel
und diese Brustspitzen wie Jadeknospen, diesen Busen Marias frage nur,
Mädchen. Frau, dem nahen Meister nahe dich, Magdalena!
Von Susanna und Johanna, von Tiphsah und Tirza und von Mitka
begleitet, schlage die Pauke und lasse klingen die Zimbeln, die klingenden
Zimbeln des großen Halleluja, und tanze im Anbetungstanze zur
Bundeslade des Wortes Gottes! Frau, dem nahen Meister nahe dich,
Magdalena!
Leg deinen starken Arm um Maria, deine wahre Freundin, und lasse
deine Perlenschnüre um den Schwanenhals den Sohn Marias allzeit mit
Segnungen grüßen. Frau, dem nahen Meister nahe dich, Magdalena!
Der Messias betet: Kommen wird die Geliebte und mich grüßen und
segnen, und ihre Seele wird meine Seele liebkosen!
Im Geiste voll Gedanken der Weisheit schaut der Messias im
Ostergarten nach Magdalena aus, ob sie komme. Ihn durchschauert die
Macht der Liebe, er jauchzt im Jubel der Liebe, er schmilzt in Glut der
Liebe, er wandelt liebend in der Liebe der Natur, der geheimnisvolle
Freund.
Blaue Augenschminke auf den Lidern, Efeu in den Locken, am Herzen
die Rose der neuen Morgenröte, gehüllt in ätherische Schleier aus Seide,
lauscht die Morgenröte zwischen den Edeltannen. Und der Frühling tröstet
die traurigen Jungfrauen Christi.
Die traurigen Jungfrauen Christi im Leib wie weiße Seide, mit Augen
wie Diamanten, sie wandeln leise. Die blaue Nacht der alten Edeltannen
prüft das Gold ihres Glaubens auf ihre Reinheit.
Bei der Heckenrosenpforte strahlte die goldene Spange in der
schwarzen Haarflut Magdalenas, glitzerte silbern der Gürtel ihrer Grazie,
schimmerten die Rubine an den Kettchen ihrer Füße. Da schaute
Magdalena den Messias, den Schönsten der Menschensöhne!
Hier in das grüne Erscheinungszelt des auferstandenen Gartengottes
tritt ein! Spiele Liebesspiele in seliger Wonne, Magdalena, am Herzen des
Messias!
Wo sich die Gräser zum Bette breiten im Schatten des rauschenden
Bambus, spiele Liebesspiele und lasse erklingen die Perlenschnur auf
deinem vollen Busen, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo den Tempel Salomos der Magnolienbaum erbaut, vom Morgentau
gesalbt und geweiht, spiele Liebesspiele in scheuer Zärtlichkeit, Geliebte,
die du wie die Seele der Blüten bist, o Magdalena, am Herzen des
Messias!
Wo die Winde rauschen wie der süße Odem des heiligen Geistes, da
singe, du Muse des Meisters, mit dem Lied der Lerchen Gesang zum
lichten Himmel, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo die Hummeln Zuckerwasser trinken und die Fühler der Falter
saugen begierig in der Glocke der Glockenblume, spiele zärtliche
Liebesspiele, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo nach dem schluchzenden Flöten der Nachtigallen der Jubelhymnus
der Lerche fröhlich erschallt, da sinke in süßer Begierde versunken,
Magdalena, am Herzen des Messias, sinke hin in süßer Begierde an die
Brust des Messias, Magdalena, und gib dich ganz hin...!

ZWEITER TEIL

Messias sprach: Ich sah eine Frau, die war makellos schön, die Schönste
aller Frauen, sie war ein unbefleckter Vollmond und eine fruchtbare Rebe,
ihre Augen waren Zwillinge von blauen Blumen, von einer sanften
Abenddämmerung mit Abendsternen, blaue Blumen, die schwammen in
stillen Teichen von Milch, die schimmerten auf den Wellen der schönen
Liebe, ja, ihre Augen waren Zwillinge von Turteltauben, die girrten von
Minne im Lenz, von der Seele der Natur gepaart in einem Frühling der
Liebe. Um ihren langen schlanken Hals trug sie die Perlenschnur des
Rosenkranzes mit Kugeln von weißem Elfenbein. Die Perlen spielten mit
ihren hübschen bloßen Brüsten. Mir war, als ließe die göttliche Liebe
Ströme vom Himmel strömen aus der Muschel der göttlichen Liebe, sich
ergießend auf die hölzerne Statue eines Gartengottes! Wer Weihegaben der
Ganzhingabe opfert, der wird gesegnet mit solchen überwallenden
Strömen der göttlichen Liebe! – Siehe, so ist mein Messias, der Bräutigam
liebender Seelen, sprach der Dichter Dodo.

Messias sprach: Warum kreuzte diese Tochter des Mondes meinen Weg?
Ein tiefer Zauberblick des Seelenfunkens aus ihren Augen in meine Augen,
die Spiegel meiner Seele, ein streifender Blick voll geheimer Lust, wie
schlug er eine Liebeswunde in meinem Herzen! O Tag der
Liebesschmerzen, Nacht des Liebestodes, warum bist du aufgegangen?
Mein zärtlicher Blick und mein träumender Sinn verloren sich
selbstverloren an ihren hübschen bloßen Brüsten mit dem Muttermal der
linken Brust. Die Liebe läßt sich nicht löschen. Selbst Ozeane löschen
nicht das Feuer der Liebe, die Flammen Gottes! Ihre Worte sind lieblich
und freundlich und gehen sanft meinen Ohren ein. Ich wollte fortgehn von
ihr, doch meine Füße blieben wie gebannt durch einen magischen
Zauberkreis in ihrer Gegenwart. Der Sehnsucht Fesseln fesseln meine
Seele. – Aber, sprach der Dichter Dodo, Liebe ist wie ein grenzenloses
Meer!

Messias sprach: Heut ist der Tag der Wonne! Ich schaute die Geliebte in
ihrem Bad! Ströme von reinem Wasser flossen durch ihre langen
schwarzen Haare wie Perlenschnüre des Rosenkranzes aus kristallenen
Tropfen! Sie salbte ihr wunderschönes Antlitz mit Öl der Freude, als
reinigte sie einen unbefleckten Spiegel Gottes! Sie offenbarte mir ihre
beiden bloßen Brüste, die wie Alabaster-Becher waren! Frei ließ sie
niederwallen ihren Charis-Gürtel allen Reizes! Aufgeschlossen war das
Schloß der virginalen Zone! Nun war meiner Sehnsucht keine Grenze
mehr!
4

Messias sprach: Wo meiner Geliebten Zwillingsfüße wandeln, da blühen


die Rosen auf. Wo ihr Körper in Schönheit vor mir erstrahlt, da
durchzucken mich elektrische Blitze. Der Glanz ihres Antlitzes leuchtet
schöner als die Sonne. Sie besitzt einen Thron in meinem Herzen. Wenn
ihre Augen mich anschaun, seh ich liebevolle Sterne des Kosmos. Wenn
ihr leises Lachen, ihr sanftgedämpftes Girren voll feinen Humors mir die
Seele erfreut, da wird vor Eifersucht der Wabenhonig bitter. Wenn sie ihre
Wimpern aufschlägt und mich die Wimpernspitzen durchbohren, da
durchbohren mich Myriaden Feuerpfeile der göttlichen Liebe. Um solche
Schönheit anzuschauen, hab ich die Welt erschaffen! Um sie nach meinem
Tode nur ein einziges Mal anschaun zu dürfen, leide ich gern meinen
Kreuzestod! – Dodo sprach: Messias, weil ich dich liebe, will ich die
Geliebte zu dir führen als eine fleckenlose Braut und makellose Freundin!

Magdalenas Freundin Salome sprach: Welche sanfte Melancholie in


Magdalenas Seele! Sie liebt das Alleinsein. Sie wandelt allein in ihrem
Garten und sieht die Rosen an und lauscht dem Gurren der Taubenpärchen.
Sie blickt gedankenvoll die Sonne an und schaut verträumt den Wolken
nach. Sie vergißt vor Versunkenheit zu essen und zu trinken. Sie trägt das
schlichte Gewand einer frommen Eremitin und sieht doch herrlich aus wie
die Himmelskönigin. Sie nimmt sich den grünen Efeukranz aus dem Haar
und schüttelt die langen schwarzen Locken, zurecht ist sie stolz auf die
schöne Pracht ihres Haares. Sie hebt die Hände zum Himmel und spricht
mit dem Wind. Was mag sie dem Geist des Windes sagen? – Dodo sprach:
Liebe zum kosmischen Christus erfüllt Magdalenas Herz wie ein
Morgenstern!

Magdalena sprach: Wie soll ich aussprechen können, wie schön ist mein
Jesus, mein Jesus, mein Jesus! Wie soll ich mit menschlichen Worten
beschreiben die Traumgestalt der Vision? Seine Erscheinung gleicht dem
offenen Himmel der unendlichen Nacht und ist doch lichter als ein Blitz.
Braun sind seine langen Locken und braun ist sein dichter Bart. Seine
Gewänder duften nach Zimt und Aloe, daß der ganze Wonnemond des
Minnemaien nicht so lieblich duftet wie mein Messias. – Dodo fragte: Was
soll ich anderes nun noch sagen? In ihm hat die Liebe des Schöpfers die
Schöpfung erschöpft!

Magdalena sprach: Ich hatte mir betend gewünscht, Messias zu schauen.


Als ich ihn schaute, ward ich von tiefer Ehrfurcht vorm lebendigen Gott
der Liebe erfüllt. Seit jener Nacht bin ich für immer verliebt in Jesus und
töricht vor Liebe. Die Leute sagen: Sie ist von Sinnen! Was red ich, was tu
ich? Aus meinen Augen tropfen unaufhörlich Tränen. Das Herz in meinem
Busen pocht unaufhörlich wie ein Hammer. Was trieb mich zu Jesus? Nun
liegt mein Leben ganz in Gottes Hand. Wie soll ich sagen, was der
Herzensdieb um Mitternacht mir angetan? Er raubte mir mein Herz, er
stahl meine ganze Liebe und ging davon. Aber bei seinem Abschied
schenkte er mir solch große Liebe, daß ich ihn nie vergessen kann! – Dodo
sprach: Höre mir zu, o liebe Frau, du wirst den Herrn bald wieder schauen!

Salome sprach: Kann ich von der Liebe Marias und des Messias sagen?
Als sie einander erkannten als reine Spiegel der göttlichen Weisheit, da
erwachte die ewige Glückseligkeit der menschlichen Seelen in ihren
brennenden heiligen Herzen! Als der Feuerpfeil der göttlichen Liebe wie
eine Lanze und wie ein Schwert ihr Herz durchbohrte, da blieb in ihrer
beiden einzigem Herzen nur eine einzige brennende Sehnsucht! Wenn ihre
Seelen vereinigt werden, die Seele des Lammes und die Seele der
Nymphe, dann werden sie ewig eine vereinte Seele sein. Das sei euch
allezeit bewußt, daß euch niemand und nichts besiegen kann als allein die
ewige Liebe Gottes! Denn eure Augen glühen wie Funken und offenbaren,
daß die unbefleckte Jungfrau dem Herrn gehört und der Menschensohn
sich Unserer Lieben Fraue weiht! Ja, sein Lichtleib und ihr Lichtleib
werden zusammengeführt in der Glorie heiligen Geistes im Paradies, in
dem Lichtglanz Gottes, in der Rose des Herzens Gottes! Wie lange wird er
so gekreuzigt werden, wie lange wird sie so mit ihm gekreuzigt werden?
Werden sie ewig so ihre blutenden Herzen voll Liebe verströmen? Werden
sie ewig so töricht vor Liebe sein? Verschweige deine Sehnsucht, Maria,
verschweige deine Leidenschaft, Messias, denn eurer Demut Stolz ist das
mystische Schweigen der geheimnisvollen, unaussprechlichen Liebe! –
Dodo, der Dichter, hat dies gesungen, und seine Königin Frau Weisheit
versteht dies zutiefst.

Messias sprach: Geliebte Freundin! Dein schwarzes Haar beschämt den


Raben, es gleicht der Herde schwarzer Ziegen, die niederwallen am
Bergeshang. Aus Scham vor deinem glanzüberflossenen Antlitz wird der
Vollmond am Himmel purpurrot. Die Tauben des Friedens scheuen deine
sanften zärtlichen Augen. Die Nachtigall des Minnesanges verstummt,
wenn deine holdselige Stimme flötet wie eine Friedensflöte. Vor der
Anmut und dem Liebreiz deines Ganges verbirgt sich aus Demut die
Schwanin im Weiher. Warum kommst du nicht zu mir und sprichst mit mir,
Holdselige, Sanftmütige, Demütige, Friedfertige, Mädchenkönigin des
Maien? Alle Schönheit der Mutter Natur verblasst vor deiner Schönheit,
Schönste aller Menschentöchter! Fürchte dich nicht vor mir, Geliebte,
öffne weit den Herz dem kosmischen Christus! Die Magnolienblüten fallen
vom Magnolienbaum nieder zu deinen Füßen aus Huldigung für deine
hübschen bloßen Brüste! Der Alabaster-Becher voll Wein der Liebe springt
in das Osterfeuer aus Begierde nach deinen bechergleichen Brüsten! Die
Äpfel fallen vom Stamm aus Huldigung für deine Apfelbrüste und der
Granatapfel glüht vor Scham vor dem Reiz deines majestätischen Busens!
Der Stamm des Gartengottes steht in deinem Garten vor großer Begierde,
wenn du dich bückst zu deiner Furche im Beet! Die lange weiße Lilie neigt
sich in Demut vor dem Weiß deiner nackten Arme! Es zittern die
Schilfhalme zärtlich und voller Ehrfurcht vor der Feinheit deiner blassen
Hände, der Schlankheit deiner femininen Finger! – Dodo, der Dichter,
fragte: Wieviel Magie der Minne soll ich noch lallen mit Betörung-
Beschwörung, auf den Grundton der ewigen Liebe gestimmt?

10
Magdalena sprach: O meine Freundin Maria, wie sag ich dir all meine
innere Wehmut? Die Flöte Christi gießt süßen Gift-Balsam der Liebe durch
alle meine beseelten Glieder! Er schwärmt vor mir, er wirbt um mich, er
beschwört mich bei den Zwillingskitzen der Gazelle auf der Wiese, ich
höre ihn um meine Liebe flehen mit dem Hohenlied der Minne. Mein
Körper schmachtet nach süßer Lust und meine Seele sehnt sich nach der
wahren Liebeswonne! In den innigsten Augenblicken der Liebeserfüllung
will der Becher meines Innern überfließen vor fließendem Feuer! Da
schließe ich meine Augen, daß nicht Flammen aus meinen Augen
schießen. Wenn ich im Hause meiner Mutter weile und mich die Lust der
Liebe durchschauert, schlag ich meine eigenen Arme um meinen eigenen
Körper und schaffe Frieden den verzehrenden Gluten meiner Minne zum
fernen Geliebten! Leise, leise wie eine Katze schleiche ich Nachts durch
mein Haus auf samtenen Pfoten. Ein gütiges Schicksal hat geheimnisvoll
meine Liebe im tiefsten Innern verborgen. Meine Seele ist magisch
verzaubert von der Innerlichkeit der geheimnisvollen Liebe. Der
Zaubergürtel allen Reizes gleitet von meiner Hüfte, meine virginale Zone
erwartet den Geliebten, daß er mich erkenne in der dunklen Nacht meiner
Seele mit der Kraft seiner Liebes-Ganzhingabe! - Was kann der Dichter
Dodo noch sagen, wo die geheimnisvolle Stimme der Vorsehung selber
spricht?

11

Salome sprach: Als Magdalena das erstemal zu ihrem Freier Christus kam,
da pochte ihr das Herz im Busen vor Scham und Ehrfurcht. Ganz still war
Magdalena wie ein goldenes Heiligenbild, sie sah nicht zur Linken und
nicht zur Rechten. Da nahm Messias Magdalena bei den Händen und
setzte sie an seine Seite in den Thronsessel seiner Minne. Die holdselige
Schönheit verschleierte ihr glühendes Antlitz mit dem Schleier ihrer
langen schwarzen Haare. Er strich ihr die Haare aus der Stirn (allein der
Gott der Liebe selbst vermochte mit ewig zärtlichen Händen ihr die
verwirrten Locken aus der empfindlichen Stirn zu streichen). Da küsste
Christus mit friedlichen Küssen der Liebe Magdalena auf den
scharlachroten Mund. Die Freundinnen Magdalenas waren eifersüchtig,
doch Christus küsste allein die auserwählte Freundin Magdalena auf den
Mund. Da barg sie sanft ihr Haupt an seinem Herzen. – Dies ist ein
jauchzender Psalm des Dichters Dodo, der das heilige Herz seines Fürsten
Jesus erfreut!

12

Salome sprach: Ich sehe den jungen Jesus in allem Stolz seiner blühenden
Jugend. Er schwärmt von der Erinnerung an die Nacht des ersten Kusses:
O wunderschöne Magdalena mit dem süßen Antlitz! Wie hab ich dich doch
mit grenzenloser Lust in meiner innersten Seele empfangen! Wie hast du
mich so sanft und keusch geküsst in der liebestrunknen Nacht! Du
lächeltest mit deinem feinen leisen Lachen, dem sanftgedämpften Girren,
das klingt wie das kleine Silberglöckchen beim Hochzeitsmahl des
Lammes. Du bist in tausend inneren Bildern mein Entzücken, mein Traum
von überschäumender Wollust der Liebe! Deine Worte sind süßer als
Honig. Deine Lächelblicke schauen so schelmisch. Du hast mit deinem
Blut mir deinen Namen in mein Herz geschrieben! - Dies, sprach Dodo, ist
der Psalm vom ersten Kuß.

13

Magdalena sprach: O Maria, meine Freundin, welche Schmerzen muß ich


leiden! Was kann ich tun, daß Messias meine Liebesschmerzen lindert? Ich
bin jung in meinem Herzen, jünger als Messias, der uralt ist in seiner
ewigen Weisheit. Ich bin schüchtern und sanft. Grausam war der Herr zu
mir, er schickte mir viele Schmerzen der Seele! Wie kann ich all die
Leiden der dunklen Nacht der Seele sagen? Liebe brannte in mir, ich verlor
mich selbst. Mein Ich zerbrach in mir. Wann schloß er das Schloß meines
Gürtels auf? Er umarmte mich, da war ich wie gelähmt vor Wonne. Das
Herz in meinem Busen pochte wie ein Hammer. Ich war ein Sturmwind in
der Gewalt seiner Liebe! Er sah, daß meine Augen überströmten von
heißen Liebestränen. Hatte Messias Mitleid mit mir? Mein Geliebter
verbrannte mir die Lippen mit dem feurigen Wein seiner Küsse! Der Mond
in meiner Nacht ward aufgefressen von der alten Schlange. Jesus schlug
die Nägel in meine Brust! Ich sehe das Krokodil mit dem Löwen kämpfen
und denke an den Kampf meiner Liebe mit Christus. – O du liebende Frau,
sprach Dodo, du weißt, wie Christi Liebe die Geliebte kreuzigt!
13

Maria sprach: Eile, mein Mädchen Magdalena, eile zum Jüngling Messias,
Holdselige, denn der Liebende wartet auf dich! Die Nacht fällt von den
Sternen herab. Bald kommt der Tag, da kann sich die Liebe nicht mehr
verbergen im Schoß der Mutter Nacht. Lieblichste Freundin, laß dein
Antlitz nicht schauen, dein glanzübergossenes Antlitz, sonst wird leuchten
die Nacht. Die Turteltaube im Garten hält dein Antlitz für den Mond, und
dürstend nach Tau, wird sie girren vor deinem Antlitz, zu trinken das
fließende Licht deines Antlitzes. Schweige, sanftmütige Stimme, denn
wenn du redest, wird der Falter dich für Nektar halten und dein glühendes
Antlitz für eine Rose und mit dem zärtlichen Fühler tasten nach dem Kelch
deiner Lippen, sich festzusaugen. Du suchst die schöne Liebe, die ewige
Liebe. Die Mainacht ist kurz. Also eile, Freundin, und kehre ein in das
Haus der Liebe. - Dodo sang dies seiner Herrin Maria.

14

Messias sprach: Dunkel ist die Nacht und tief die Dunkelheit. Wann
kommt zu mir die Geliebte, die holdselige Frau, die all meine glühende
Sehnsucht ist? Steil ist der Pfad und dornenreich und es wimmelt von
giftigen Schlangen. Wie groß ist die Gefahr und wie zart sind ihre bloßen
Füße! Gott im Himmel, ich will dir meine Liebste vertrauen. Schütze die
Schönheit und führe sie zu mir! Schwarz ist die Nacht und feucht der
Grund. Mein Herz in meinem Busen glüht. Der Weg ist so schmal. Dicht
ist die dunkle Nacht. Engel, gib acht, daß sie ihren Fuß nicht an einem
Steine stößt. Wie Sterne ihr Blick, ihre Seele wie ein heiliger Engel! Sie ist
die Hagia Sophia in Menschengestalt! – Ja, sprach der Dichter Dodo, eine
liebende Frau kennt keine andere Macht als die Macht der Schönen Liebe!

15

Messias sprach: Ich habe dich mit meinem Blut gekauft. Nun kommst du
zu mir. Ich sehe deine Liebe zu mir. – Magdalena sprach: Ach Immanuel,
deine Wolke der Herrlichkeit rief mich am Tag und die Feuersäule deiner
Herrlichkeit rief mich in der Nacht und führte mich zu dir. – Messias
sprach: Groß ist die Versuchung. Dunkel ist die Nacht. Ich kann deinen
Körper nicht sehen in der Finsternis. Wie hast du den Weg zu mir
gefunden? – Magdalena sprach: Gottes Blitz zeigte mir den Pfad,
Geliebter. – Messias sprach: Durchs dunkle Tal und die tiefe Schlucht,
durch Jammertal und durch Tal der Tränen ging dein Weg. Ritzten die
Dornen dich wund? - Magdalena sprach: Ich hatte Todesmut wie ein
Singschwan, das flößte mir Trost ein. – Messias sprach: Die Nacht der
Seele ist tief und du bist allein. – Magdalena sprach: Und doch bin ich
nicht allein, denn bei mir ist meine Herrin, die Schöne Liebe!

16

Magdalena sprach: Heute ist die Schüchternheit von mir genommen. Der
Geliebte stillte meine Sehnsucht! Was soll ich sagen, o Liebe? Ich muß
leise lächeln. So wundervoll war heute seine Liebe! Der Regen ergoß sich
auf die Erde. Der Berg ragte auf bis in die Wolke. Ich schaute in den
smaragdenen Spiegel des Wassers und war in einer anderen Welt. So voller
Weisheit ist mein Geliebter und machtvoll bezaubert sein Wort meine
Seele. Er gab der Ruhelosen eine Ruhe. Ich barg mich an dem heiligen
Herzen, das für mich glüht! Der Fürst des Friedens setzte mich auf seinen
Schoß. Er spielte mit meinem feinen Schleier, bis ich einschlief. – Dodo
rief: O selige Liebeswonne!

17

Magdalena sprach: Wie soll ich von ihm sprechen? Er ist ja der namenlose
Name! Ob ich ihn im Traum sah, ob ich ihn in Wirklichkeit sah, als ich ihn
liebte, weiß ich nicht. Er war ganz nah und doch jenseits der Welt. Der
Blitz durchzückte die Nacht. Die Nacht durchschlängelte nektarsüß ein
himmlischer Strom. Die Nacht nahm den Mond in den Mund. Die Sterne
schauerten, regneten Funkenströme. Der Himmel tat sich auf. Die Berge
bebten. Die Erde spaltete sich und ergoß sich in Glut. Der Wind blies
mächtig. Die Falter taumelten trunken. Die Meere fluteten über. Aber es
war noch nicht das Ende der Welt. – Wie kann das alles wahr sein, fragt
der Dichter Dodo.
18

Salome sprach: Verwirrt hingen ihre schwarzen Locken mit rotem Henna
um ihr berückend süßes Antlitz, wie schwarze Gewitterwolken um den
lichten Vollmond. Mondstein-Ohrringe schaukelten an ihren
Muschelohren. Schweißperlen glitzerten licht wie Diamanten auf ihrer
weißen Stirn. Frau Schönheit, dein Antlitz spendet Wonne. Willst du weiter
kämpfen im Liebeskampf, Magdalena, wie soll Messias sich retten?
Armspangen um die bloßen Arme, Silberringe um die schlanken Finger,
Kettchen um die nackten Knöchel, das alles ist wie Musik im Rhythmus
der Liebe. Betrunken vom Wein der Liebe gibt die Liebe ganz sich hin!
Triumph! Blast die Flöte! Streicht die Zymbel! Nun war Stille um die
Lenden der Geliebten. Der Kämpfer im Liebeskampf war besiegt, der
ewige Friede eingekehrt. – Der Meister des Dichters Dodo vollendet das
All in Liebe, Himmel und Erde vereinigen sich.

19

Dodo, der Dichter, sprach: Betrunken vom schweren Rotwein der Liebe
zieht Messias Magdalena auf seinen Schoß. Sie blickt so schelmisch und
lacht mit leisem Girren wie ein Lenzschalk und Herzschelm. Zärtlich
schmiegt sie sich an ihn. Ihr Leib ist Musik der Liebe. Verliebt ist
Magdalena, Messias ist voll Leidenschaft! Herz und Herz vereinen sich!
Trunken sind beide, der Feuerpfeil der göttlichen Liebe steckt zitternd im
Ziel des fleischernen Herzens! – Dodo sang von dieser großen Liebe.

20

Salome sprach: O solche Liebe gab es noch nie! So innig zwei Herzen
vereint! Sie sind noch beieinander, schon seufzen sie aus Furcht vor einem
Augenblick der Trennung. Ist sie ihm nur einen kurzen Augenblick
verborgen, schon weint er Tränen der Sehnsucht. Wenn er fern von ihr ist,
dann ist er wie ein Fisch, aus der Flut gezogen und an den Strand
geworfen. Nein, unter Menschen ward solche Liebe nie erlebt. Die Sonne
liebt die Rose, doch die Rose welkt, die Sonne wandert fröhlich weiter von
Ost nach West. Die Nachtigall nennt man den Freier der Rose, seiner
Minneherrin, doch Nachtigall und Rose kamen nie in Liebe zusammen.
Wenn der Falter mit seinem zärtlichen Fühler am Kelch der Blume saugt,
so kommt zwar der Falter zur Blume, doch die Blume kommt nie zum
Falter. – Nichts in dieser Welt, sprach Dodo, läßt sich der Liebe des
Messias vergleichen.

21

Magdalena sprach: Mein Geliebter, du bist mein ewiges Leben! Dir weihe
ich Leib und Seele, Herz und Geist, alles was ich bin und habe, dir weihe
ich meine Familie, mein Volk und die ganze Erde, dir weihe ich mein
unsterbliches Schicksal: Ich bin ganz dein, Geliebter! Du bist mein Gott, o
kosmischer Christus, du König des Universums! Angebetet wirst du von
allen bräutlichen Seelen, Gott! Ich bin nur die arme Magd des Ewigen,
wenig Weisheit nur ward mir zuteil und ich weiß nicht recht zu dir zu
beten. Dennoch biete ich mit Leib und Seele dir meine Ganzhingabe der
Liebe! Du bist mein Weg, meine Wahrheit und mein Leben! Du bist meine
Auferstehung und mein ewiges Leben! Mein Herz kennt keine andere
Ruhe als dich allein, mein Gott! – Die Heilige und die Hure sind beide von
Gott geliebt, sprach Dodo, ich weiß von Sitte und Sünde nichts, ich kenne
nur Jesu durchbohrtes Herz!

[Inhalt]

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WEB14
[Inhalt]

DAS FEMININE ANTLITZ GOTTES

Von Peter Torstein Schwanke


MARIEN-MÄRCHEN

DIE LEGENDE VON MARIA APHRODITISSA VON ZYPERN

In Zypern wars, bei Paphos, am Strande von Petra tou Romiou, das eines
Nachts die Fischer auf dem Meer ein Licht sahen, das wallte auf dem
Meer. Sie konnten sich nicht erklären, was das sei, da sind sie in ein
Fischerboot gestiegen und zum Licht hinausgerudert. Als sie in die Nähe
des Lichtes kamen, sahen sie, daß es eine Ikone war, eine lebensgroße
Gestalt der Jungfrau Maria Aphroditissa abbildend. Sie stand in ihrer
schlanken jungfräulichen Leiblichkeit aufrecht da, voll Grazie, in einem
schneeweißen Seidenkleid, von ihrem Haupte floß ein feuerfarbener
Schleier herab und fiel auf ihre Brust und endete an ihren Lenden. Ihre
bloßen schmalen Füße standen auf einem Sichelmond, der wie eine
Muschel sie als ihr Thron trug. Ihre bloßen Füße schienen fast den
Meeresschaum zu berühren. Ihr Antlitz war von unglaublich entzückender
Lieblichkeit. Die Ikone lag nicht flach auf dem Wasser, sondern wandelt
aufrecht über das Mittelmeer. Die Fischer wollten die Madonna in ihr Boot
heben, aber die Jungfrau Aphroditissa wandelte immer vor ihnen her und
wanderte über das Meer an den Strand von Paphos-Ktima, wo die Ikone
aufrecht zwischen den Muscheln des Strandes stand, und der
Meeresschaum rollte zu den bloßen Füßen der Panhagia Aphroditissa. Der
Mönch Petros Kyknos dankte dem Himmel und nahm die Ikone der
Königin der Schönen Liebe und brachte sie in die Gnadenkapelle von
Kouklia, wo er sie aufstellte zur Verehrung der Gläubigen.
Einige Zeit später kam ein Fanatiker, ein islamistischer
Fundamentalist, der einen besonderen Haß auf christliche Gottesbilder und
Heiligenbilder hatte und ganz besonders die Ikone der Jungfrau
Aphroditissa hasste, in die Kapelle Unserer Lieben Frau von Zypern zu
Kouklia, und verwundete die Jungfrau mit einem Säbel, indem er ihr
Wunden an der Wange anbrachte. Als er die Wange der seligen Jungfrau
verletzte, floß Blut aus der Wange heraus. Der Arm des Fundamentalisten
war aber auf der Stelle gelähmt. In seinem fanatischen Zorn schwor er, die
Ikone zu zerhacken und zu verbrennen, und ist zu seinen Soldaten in das
Lager gegangen, sie aufzuwiegeln gegen die Königin der Liebe.
Als der Soldat voll Haß die duftende Kirche verlassen hatte, sprach
die Ikone der Jungfrau zu dem zypriotischen Mädchen Marion Metanoia
von Kouklia, die betend still in der Kirche gekniet hatte. Da sprach die
Panhagia Aphroditissa zu dem Mädchen Marion Metanoia: Liebes Kind,
trage mich fort, damit die Fundamentalisten mir nichts antun können!
Marion nahm ehrfurchtsvoll die Ikone der Himmelskönigin und barg
sie unter ihrem Mantel und trug sie durch die Gassen des Dorfes. Ihr war,
als würde die Ikone sie führen. Und obwohl sie aus Angst sehr schnell
gelaufen war, spürte sie keine Erschöpfung.
Als sie außerhalb des Dorfes war, hörte sie einen großen Lärm. Denn
die islamistischen Fundamentalisten hatten aus Zorn, die Ikone der
Jungfrau nicht zerstören zu können, die Kirche der Panhagia Aphroditissa
angezündet und verbrannt. Das Mädchen Marion Metanoia aber lief unter
der geistigen Führung der Ikone Unserer Lieben Frau die Berge des
Olymposgebirges hinan und kam zum höchsten Gipfel, wo ein stilles
einsames Kloster stand. Da sprach die Panhagia Aphroditissa zum
Mädchen Marion: Mein liebes Kind, trage du mich in die Kapelle des
Klosters auf dem Gipfel des Olymp, denn hier werde ich sicher wohnen.
Und Marion tat so, wie Maria gesagt.
Als die Ikone in der Kapelle des Klosters auf dem Gipfel des Olymp
aufgestellt war, sprach Maria Aphrodtitissa zu Marion Metanoia: Nun
trockne mit deinem Schleier mir das Blut vom Antlitz ab, damit mein
heiliges Antlitz wieder makellos und rein ist. Da nahm Marion ihren
Schleier und wischte das Blut vom heiligen Antlitz der allerseligsten
Jungfrau. Zu ihrem Erstaunen konnte sie sehen, wie sich das überaus
entzückende liebreizende Antlitz der zyprischen Madonna in ihren Schleier
eingedrückt hatte, so daß nun das heilige Antlitz Mariens in dem Schleier
Marions zu sehen war.
Marion ist dann heim in ihr Häuschen in Kouklia gegangen, aber sie
hat jeden Tag vor dem Bilde der Jungfrau und dem Abdruck ihres heiligen
Antlitzes in dem Schleier gebetet, denn sie hatte den Schleier neben die
Ikone in die Kapelle auf dem Olymp gehängt.
Eines Nachts, da Marion vor Maria betete, sprach die allerseligste
Jungfrau Aphroditissa zu dem schönen Mädchen: Liebes Kind, wir müssen
heute Nacht noch fliehen, denn die Fanatiker und Fundamentalisten
werden morgen kommen und dies Kloster ausrauben und plündern. Wenn
du nicht mit mir fliehst, werden sie dich versklaven und in einen Harem
verkaufen.
Da nahm Marion die Ikone Mariens und lief vom Olympus herunter
und eilte durch Kouklia und verlief sich in die geheimnisvollen
Pinienwälder. In der Ferne hörte sie schon den schrecklichen Lärm des
Krieges.
Ihr ganzes Leben lang ward Marion von Maria beraten, sie hat ihr
später zu einem Mann verholfen und zu getauften Kindern. Nie hat Marion
etwas unternommen, ohne vorher die Madonna zu befragen.
Wohin aber das heilige Antlitz in Marions Schleier gekommen ist?
Das weiß niemand zu sagen. Einige alte Großmütter behaupten, ein
Dichter habe das heilige Antlitz an sich genommen und es in seiner
Poetenhütte geborgen und aufbewahrt, wo er Madonna Aphroditissa als
seine himmlische Muse anrief.
Einige rechtgläubige Mönche behaupten, es habe sich bei der Ikone
Unserer Lieben Frau Maria nicht um die Ikone der Panhagia Aphroditissa
gehandelt, sondern um die Panhagia Chrysorroyitissa, die Madonna mit
dem goldenen Granatapfel. Dieses Bild wurde aber als Unsere Liebe Frau
Galathea von Galataria verehrt.
Mir scheint aber, Unsere Liebe Frau Maria ist wirklich die wahre
Panhagia Aphroditissa vom Olymp!

DIE GROSSMUTTER MARIA

Es hatte der König David drei Söhne, Absalom, den Erstgeborenen, und
die Zwillingsbrüder Amnon und Salomo, wobei Salomo, der als Jüngster
aus dem Mutterschoß gekommen war, der zärtlichste war. Absalom und
Amnon und Salomo wollten König von Israel werden, wenn König David
versammelt würde zu seinen Ahnen. David wußte nicht, wem Gott das
Reich von Juda und Israel geben wollte, darum wollte er sie einem
Gottesurteil unterziehen. Er sprach: Meine lieben Kinder, ihr Söhne meiner
Seele, ich liebe euch alle drei, jeden auf seine Weise, und ihr alle drei seid
des Königsthrones würdig. Aber da ich nicht weiß, wem Gott den Thron
über das Gelobte Land von Milch und Honig geben will, will ich euch
einer Prüfung unterziehen. Ihr sollt mir die Blaue Blume suchen, die
meinem Leiden einen Trost und eine Heilung bescheren könnte. Wer mir
als Erster die Blaue Blume bringt, der wird zum Sohn Davids und Erben
des Thrones von Juda und Israel. Als Erstes soll Absalom gehen, der
Erstgeborne, dann Amnon, der Ältere der Zwillinge, und als Letzter
Salomo, der Jüngste meiner Frauen. So sprach der König David. Die
Söhne bekamen alle eine Hirtentasche mit einem Rosinkenkuchen und
zogen davon.
Absalom zog als Erster davon und suchte überall die Blaue Blume,
ohne sie zu finden. Da sah er an einem Wegesrand eine Großmutter sitzen,
die ein verhungertes Enkelkind auf ihrem Schoße sitzen hatte. Die sprach:
Wohin gehst du, du schöner Jüngling mit dem langen lockigen Goldhaar?
Da sprach Absalom: Ich suche die Blaue Blume. Wenn ich sie finde, werde
ich König von Juda und Israel. Da sprach die Großmutter: Wenn du mir
einen Krümel von deinem Rosinenkuchen gibst für meinen Enkelsohn, der
fast vor Hunger stirbt, so will ich dir helfen. Da sprach Absalom: Wenn
dein Enkel sterben will, so soll er sterben! Da sprach die Großmutter ernst:
Du kannst nach der Blauen Blume suchen, aber du wirst sie nicht finden.
Am folgenden Tag machte sich der Ältere der Zwillinge auf die
Pilgerreise. Er begegnete auch der Großmutter mit den silbernen Locken
und den himmelblauen Augen und dem hungrigen Enkel auf dem Schoß.
Da sprach die Großmutter: Wohin gehst du, mein hübsches Püppchen?
Amnon sprach: Ich suche die Blaue Blume. Wenn ich sie finde, kann ich
König von Juda und Israel werden. Da sprach die Großmutter: Willst du
mir nicht einen Krümel von deinem Rosinenkuchen abgeben für meinen
Enkel, der so verschmachtet? Da sprach Amnon: Mag er verschmachten,
ich gebe nichts ab von meinem Kuchen. Da sprach die Großmutter: Da
kannst du lange die Blaue Blume suchen, du wirst sie nicht finden. Amnon
zog weiter und suchte in der ganzen Welt, doch fand er nicht die Blaue
Blume.
Am dritten Tag zog Salomo los, der Jüngste der Söhne Davids und
heimliche Liebling seines Vaters. Er trug auch die Hirtentasche mit dem
Rosinenkuchen. Er ging durch Felder und Wälder und stieß auch auf die
Großmutter mit den Silberlocken und den himmlischen blauen Augen und
dem hungrigen Enkel auf dem Schoß. Sie bat ihn ebenso wie sie seine
Brüder gebeten hatte, um einen Krümel vom Rosinenkuchen für ihren
schmachtenden Enkel. Da sprach Salomo: Ich suche wie meine Brüder die
Blaue Blume für meinen Vater David, damit er Trost und Heilung findet in
seinen Leiden. Ich armer Junge kann gar nicht glauben, daß ich sie finde,
da schon meine älteren Brüder sie nicht gefunden haben. Aber wenn du
mich um einen Krümel vom Rosinenkuchen für deinen Enkel bittest, liebe
Großmutter, siehe, so nimm den ganzen Rosinenkuchen, ich brauch ihn
nicht, ich singe ein fröhliches Lied zu Gott und schon bin ich satt!
Da gab Salomo der Großmutter den ganzen Rosinenkuchen. Die
Großmutter, die keine andere als die selige Gottesmutter Maria war, gab
ihrem Enkel, nämlich dem Herrn Jesus, den Rosinenkuchen des zärtlichen
Knaben. Da sprach die Großmutter, nämlich die Gottesmutter Maria, zu
dem Knaben Salomo: Mein kußlicher Knabe, du Allerliebster, du brauchst
die Blaue Blume nicht mehr zu suchen, denn ich, ich will sie dir schenken!
Da zog sie unter Akelei uund Liebfrauenhandschuh und
Venuspantoffel und Madonnenlilie und Mariengras und Salomosiegel die
Blaue Blume hervor und gab sie dem allersüßesten goldigen Knaben
Salomo. Die Blaue Blume duftete lieblich wie der Weihrauch im Tempel
von Jerusalem.
Da sprach Salomo: Wo soll ich die Blaue Blume verstecken? Wenn
Absalom und Amnon sie bei mir finden, werden sie sie mir gewaltsam
wegnehmen und König werden. Da zog die Großmutter, die die
Gottesmutter war, dem Liebling Salomo die Schuhe aus und legte die
Blaue Blume in einen Schuh und sagte zu ihm: Nun geh heim zu deinem
dich liebenden Vater, denn du sollst Friedefürst von Jerusalem werden!
Da zog Salomo heim zum Königspalast des Königs David in Zion.
Unterwegs aber traf er Absalom und Amnon. Da sprachen sie: Du lachst so
selig, da sehen wir schon klar, daß du die Blaue Blume zu deinem Vater
bringst. Aber Salomo log: Nein, ich habe die Blaue Blume nicht gefunden,
und ihr? Die Brüder sprachen: Wir haben die Blaue Blume nicht gefunden.
Aber wir riechen den Duft der Blauen Blume an dir, die duftet wie der
Weihrauch im Tempel von Jerusalem.
Da zogen Amnon und Absalom den kleinen zarten Salomo aus und
fanden in seinem linken Schuh (den er am rechten Fuße trug) die Blaue
Blume. Da erfasste Absalom solch ein Neid und Amnon solch eine
Eifersucht und Begierlichkeit, daß sie zusammen den zarten Salomo
töteten, um die Blaue Blume an sich zu nehmen und König zu werden.
Und damit ihr Mord am Bruder nicht entdeckt würde, begruben sie ihm am
Kanal.
Als Absalom und Amnon aber den zarten Liebling Salomo getötet
hatten, gerieten sie auch in heftigen Streit und Neid und Eifersucht, denn
jeder von ihnen wollte die Blaue Blume haben, nicht um den Vater David
zu trösten, sondern um selbst König von Israel zu werden. Sie gerieten so
sehr in Streit, daß sie sich rauften und schlugen und schließlich der
Erstgeborene Absalom den jüngeren Amnon erschlug und tötete.
Absalom, trat zu seinem Vater David und sagte: David, ich habe die
Blaue Blume gefunden, ich will nun König von Israel und Juda werden.
Aber König David dachte an die Zwillinge Amnon und Salomo, besonders
vermisste er seinen Liebling Salomo, er dachte immer nur: Sie habend die
Blaue Blume vergeblich gesucht, nun sind sie aus Neid und Eifersucht
nicht heimgekehrt. Das ist ihr Stolz, ich würde es genauso machen, meine
Söhne sind genauso stolz wie ich!
Es verging eine lange Zeit, vielleicht drei Jahre, da wuchs an der
Stelle am Kanal, wo Absalom und Amnon den zarten Liebling Salomo
begraben hatten, Schilfrohr auf. Eines Tages kam ein Hirte und machte
sich aus den Schilfrohren eine Syrinxflöte, um seine Psalmen an den Guten
Hirten mit der Syrinxflöte zu begleiten, wenn er seine Mutterschafe und
Lämmer weidete auf der grünen Wiese und am ruhigen Wasser. Als der
Hirte aber auf der Panflöte spielte, hörte er zu seinem großem Erstaunen
folgenden Vers:

O Hirte, Hirte, der du spielst auf mir,


Verscharrt sie haben am Kanal mich hier
Nur um die Blaue Blume schön und rein,
Die Trösterin für meines Vaters Pein!

Kaum hatte der Hirte die Worte vernommen, lief er zu König David, der
einst auch ein Hirte gewesen war und immer noch ein Psalmist und
Flötenspieler Gottes war, und der Hirte sprach: O mein Herr König lebe
lange! Ich habe eine Flöte gefunden, die Verse spricht. Da nahm der König
David die Panflöte und blies hinein und hörte diesen Vers:

Ach Vater, liebster Vater David mein,


Nun hauchst du Odem in die Flöte ein,
Ach meine Brüder haben mich getötet,
Mein Vater, der die Hirtenflöte flötet,
Allein um jener blauen Blume wegen,
Nun wird mir nimmer Davids Vatersegen!

König David erstaunte sehr und war sehr verwundert und ließ Absalom
rufen und befahl ihm, die Flöte zu spielen. Absalom blies die Flöte und
hörte diesen Vers ertönen:

Ach Bruder, ach mein großer Bruder du,


Der du die Flöte spielst mit Seelenruh,
Du und der Bruder, ihr habt mich getötet,
Mein Bruder ach, der auf der Flöte flötet,
Allein um jener blauen Blume wegen,
Nun wird mir nimmer Davids Vatersegen!

Erschrocken gestand Absalom, daß er und Amnon den jüngsten Sohn


Davids getötet hatten, um ihm die Blaue Blume wegzunehmen, die er bei
sich getragen hatte, und daß dann Absalom auch noch Amnon getötet habe,
weil sie sich gestritten hatten, wer nun König werden sollte.
König David befahl nun seinem Erstgeborenen Absalom, ihn an den
Kanal zu führen, wo er und Amnon den Liebling Salomo begraben hatten.
Und nachdem Absalom den König David dahin geführt hatte, öffneten sie
das Grab und fanden, daß Salomo immer noch am Leben war, blühend und
lachend wie immer, eine wahre Sonne der Welt. Denn jeden Tag war die
Gottesmutter zu dem schönsten und liebevollsten Knaben gekommen und
hatte ihn an ihren Busen gelegt, eine junge schöne Mutter, strahlend schön,
und hatte den süßen Knaben an ihren makellosen weißen Brüsten gestillt
mit der Milch des ewigen Lebens. So lebte Salomo noch über das Grab
hinaus durch die Gnade der Gottesmutter.
König David bestrafte den Erstgeborenen Absalom und verbannte ihn
aus Jerusalem. Aber Salomo, der Liebling seines Vaters und bevorzugte
Liebling der Gottesmutter, wurde der Friedefürst in der Tochter Jerusalem,
der König des Friedens im Gelobten Land, in dem Milch und Honig
überfließen!

GOTTES SCHWIEGERSOHN

Eine Großmutter hatte einen einzigen Enkel, den sie mütterlich liebte. Am
Anfang eines Jahres nahm der Gutsherr der greisen Großmutter ihre
Mägde und ihre Hütte, so daß die alte Frau betteln gehen mußte. Der arme
Enkel aber zog in die weite Welt hinaus und wurde ein Spielmann. Um
sein täglich Brot zu verdienen, ging er als Knecht bei einem Priester in
Dienste.
Nach drei Jahren Dienst beim Priester erhielt der arme Enkel drei
Taler von dem gütigen und weisen Priester. Da wollte der Spielmann
wieder in die Welt hinaus und sein Lied mit dem Lerchen in der
Morgenröte flöten und sein Lied mit den Nachtigallen in den Nächten
schlagen. Bevor er den weisen Priester verließ, wollte der arme Enkel noch
am Brunnen trinken. Da fielen ihm seine drei Taler in den Brunnen. Der
Priester sah aus seinem Garten mit an, was dem armen Enkel geschehen
war und sprach zu ihm: Mein lieber Sohn, wenn du die drei Taler
wiederbekommen willst, mußt du mir weitere drei Jahre als Meßdiener
dienen, denn ich habe keinen anderen Knaben als dich. In jedem Jahr
deines Dienstes verdienst du dir einen Taler zurück.
Drei Jahre später zog der arme Enkel als Spielmann in Gottes weite
Welt hinaus. Der Priester gab ihm seine drei Taler. Der weise alte Priester
gab dem armen Enkel noch eine Spritze und ein Tuch und einen guten Rat.
Aller guten Dinge sind drei. Drei ist friesisches Recht. Er sprach: Zieh in
die Spritze Weihwasser, spritze einen Kreis um dich herum und lege das
Tuch unter dein Haupt, dann wird dir nichts Böses widerfahren.
Der arme Enkel wanderte Lieder singend durch die schöne Natur und
wollte in der ersten Nacht im Walde übernachten. Er spritzte mit
Weihwasser einen Kreis um sich und bettete sein blondes Haupt auf das
Tuch und schlief ein. Um Mitternacht erwachte er, denn er hörte junge
Löwen brüllen, die nahten dem Bannkreis, konnten ihn aber nicht
überschreiten. Nach den Löwen kamen Bärinnen und nach den Bärinnen
kamen hungrige Wölfe. Alle wilden Tiere verneigten sich vor dem
Spielmann und verschwanden wieder im dunklen Wald.
Mit dem ersten Glanz der Morgenröte erschien vor dem armen
Spielmann eine lichtstrahlende Jungfrau, ein himmlisches Mädchen von
entzückendem Liebreiz und betörender Holdseligkeit. Sie weckte mit
sanfter Stimme von englischer Güte den Jüngling und lispelte ihm
liebevoll in das Ohr: Mein Liebling, reiche mir deine Hand und ziehe mich
zu dir in den Bannkreis aus geweihtem Wasser. Siehe, ich bin kein
Gespenst, sondern ein himmlisches Mädchen in einem Leib aus Licht!
Der arme Enkel reichte der schönen Jungfrau, dem entzückenden
Mädchen die Hand und gab ihr seine Hand fürs ganze Leben. Ja sagte er
zu ihr und Ja sagte sie zu ihm! In seiner Wonne über dieses Liebchen, daß
ihm der allgütige Gott in seiner Weisheit und Liebe zur Frau gegeben,
glaubte er, der Seligste aller Seligen auf der Erde zu sein! Aber sein
himmlisches Liebchen erklärte: Hier unter den Bärinnen und den
Löwenjungen und den finsteren Wölfen können wir nicht ungetrübt
glücklich sein. Komm mit mir, ich führe dich in die Hütte deiner
Großmutter heim. Dort wollen wir ein heiteres Leben in seliger Schönheit
leben.
So zog das himmlische Mädchen mit dem Spielmann in jene Gegend,
da die Hütte der Großmutter stand. Der Spielmann wollte wie ein
Zimmermann die Hütte wiederherstellen, aber die entzückende Jungfrau
nickte nur einmal mit dem schmalen Haupt auf dem langen Schwanenhals,
siehe, da stand an Stelle der Hütte der Großmutter ein großes Wasserschloß
mit einem englisch-chinesischen Garten als Park, von vielen Kanälen
durchzogen und mit vielen Pavillonen der Ruhe erfüllt.
Aber in der Nähe lebte Herr Neid, ein finsterer Ankläger der
Gerechten. Als Herr Neid das selige Glück des Spielmanns und des
himmlischen Mädchens sah, da wurde er von Eifersucht und Begierde fast
zerrissen. Herr Neid trat zu dem Gutsherrn und blies dem ein und sprach
ihm in die Ohren: O Gutsherr, kannst du es ertragen, daß der arme Enkel
der armen Großmutter hier mit seinem Liebchen in einem fürstlichen
Wasserschloß lebt wie Schwan und Schwanin? Schick sie fort, daß sie im
Schweiße ihren Angesichts ihr täglich Brot in der Welt der armen Leute
verdienen!
Herr Neid sprach zum Gutsherrn: Gib dem armen Spielmann den
Auftrag, einen Bären müde zu reiten. Kann er das, so mag er im
Wasserschloß mit dem englisch-chinesischen Garten leben. So spann Herr
Neid die Intrige. Aber was kann der finstere Ankläger jemals dem
Gerechten schaden? Der Enkel der armen Großmutter warf das Tuch des
Priesters über den wilden Bären und ritt den Bären müde, bis der
schäumend zusammenbrach.
Da sprach Herr Neid zum Gutsherrn: Befiehl dem armen Enkel der
armen Großmutter, den Schatz deines Vaters zu finden. Findet er den
Schatz, so mag er im Schloß mit seinem jugendlichen Liebchen wohnen
bleiben. Als der Spielmann dies hörte, sagte er: Da muß ich gen Himmel
fahren, um den heimgegangenen Vater des Gutsherrn zu befragen, wo der
Schatz vergraben ist. Als Herr Neid das hörte, wollte er sofort mit gen
Himmel fahren.
Der arme Enkel der armen Großmutter hatte von seinem himmlischen
Liebchen ein Kruzifix bekommen. Damit stieg er auf einen Kastanienbaum
und berührte den Wipfel. Der Ankläger klammerte sich gierig an ihn. Der
Kastanienbaum flog auf die Berührung des Kruzifix hin gen Himmel.
Im Himmel sah der arme Enkel eine Schenke. Vor der Schenke
schlugen Kerle und Dirnen auf einander ein mit zerbrochenen Stühlen. Als
sie den Enkel sahen, jammerten sie: O Schwiegersohn Gottes, bitte für
uns!
Wie, bin ich Gottes Schwiegersohn? So sprach der arme Enkel der
armen Großmutter, und sah eine Windmühle, vor der Tag und Nacht die
Hunde bellten und heulten. Da bellten die Hunde: O Schwiegersohn
Gottes, bitte für uns!
Wie, bin ich der Schwiegersohn Gottes? So sprach der arme Enkel der
armen Großmutter, und sah einen lehmigen Acker, wo Menschen mit
blutigen Nasen den Boden pflügten. Die schrien, als sie ihn sahen: O
Schwiegersohn Gottes, bitte für uns!
Wie, bin ich der Schwiegersohn Gottes? So sprach der arme Enkel der
armen Großmutter, und sah ein großes Meer aus Milch, in dem große
Schiffe schaukelten, voll mit Frauen, die schrien aus Angst zu ertrinken.
Die Weiber kreischten: O Schwiegersohn Gottes, bitte für uns!
Wie, bin ich der Schwiegersohn Gottes? So sprach der arme Enkel der
armen Großmutter, und trat geneigten Hauptes an die selige Pforte des
Himmel. Gott schloß den Himmel auf und sprach zum Spielmann: O du
mein liebes Schwiegersöhnchen, was willst du denn schon hier?...
Ich will den Vater des Gutsherrn fragen, wo der Schatz verborgen
liegt, sprach der arme Spielmann.
Ich weiß alles, sprach der liebe Gott. Geh zu jenem eisernen Pflug,
den der Vater des Gutsherrn dort seit sieben Jahren im Schweiße seines
Angesichtes selber zieht. Spanne dich selbst für sieben Jahre ein, daß der
Vater sich ein wenig ausruhen kann. Aber sprich mit mir, mein Herz, was
hast du gesehen auf dem Weg zu meinem Stuhl?
Ich sah eine Schenke, vor der sich Kerle und Dirnen schlugen.
Siehe, da sind die, die den falschen Spiritus zu ihrem Tröster gemacht
und nicht den Spiritus Sanctus. Die soffen sich voll Wein und ließen sich
nicht vom Heiligen Geist erfüllen.
Ich hörte vor einer Windmühle Hunde bellen und heulen.
Siehe, das sind die, die den Teufel angerufen und ihre Kinder
ermorden wollten. Sie sind zu Bestien geworden im Jenseits, wie sie auf
Erden schon Bestien waren.
Ich sah auf einem lehmigen Acker Menschen mit blutigen Nasen den
Boden pflügen.
Siehe, das sind die, die das Geld zu ihrem Seligmacher gemacht und
den Mammon angebetet. Sie müssen nun wie arme Knechte dienen um ein
kärgliches Stück trocknes Brot.
Ich sah ein großes Milchmeer mit schaukelnden Schiffen, in denen
Weiber gräßlich lärmten aus Angst, zu ertrinken.
Siehe, das sind die Hexen, die die magischen Praktiken übten und die
Naturgöttin angebetet haben, aber dem Schöpfer frech den Rücken
zugekehrt.
Nach sieben Jahren, da der arme Enkel der Großmutter den eisernen
Pflug für den Vater des Gutsherrn gezogen, sprach der Vater, wo der
Schatz verborgen sei. Da rief der Schwiegersohn Gottes: O Lebensbaum,
du schöne Kastanie, trag uns zur Erde zurück! Und der Schwiegersohn
Gottes und der finstere Ankläger kamen wieder zur Erde herab.
Da wies der arme Enkel dem Gutsherrn den Schatz. Aber Herr Neid,
der finstere Ankläger, ließ nicht ab von seinen bösen Plänen und sprach:
Gutsherr, nun leben da der Spielmann und die himmlische Jungfrau
friedlich und selig in ihrem Wasserschloß wie Schwan und Schwanin, das
darf nicht sein. Bereite einen großen Kessel mit kochendem Pech und wirf
sie hinein!
Da spielten die himmlische Jungfrau und ihr seliger Ehemann in dem
kochenden Pech wie in einem kühlen erfrischenden Wasserbad und
spritzten sich lachend naß. Aus dem Kessel fischten sie große Perlen, so
groß wie Straußeneier. Da wurden der Gutsherr und Herr Neid so gierig,
daß sie schrien: Perlen, Perlen, so groß wie Straußeneier, gib mir, gib mir!
Der gierige Gutsherr und der neidische Ankläger verbrannten in dem
kochenden Pech, aber der selige Spielmann lebte für alle Zeiten in seliger
Wonne der glücklichen Liebesehe im Wasserschloß und dem schönen Park
mit dem himmlischen Mädchen Maria!

DAS HIMMELSMÄDCHEN

Shi Tuo-Tang lebte mit seiner Großmutter in Armut. Jeden Morgen stieg
Shi Tuo-Tang auf den Berg, um Holz zu schlagen. Seine Großmutter O-mi
blieb in der Hütte, um sauber zu machen, Essen zu bereiten, und zu
spinnen und weben. Eines Tages wurde die Großmutter O-mi krank und
wollte Teigtaschen mit Fleischfüllung essen. Shi-Tuo-Tang war traurig,
denn er hatte kein Geld, um Fleisch zu kaufen.
Da ging er traurig den Berg hinan und hörte sieben Kinder lachend
rufen: Komm, wir brauchen Fangnetze, Lanzen und Messer und Pfeil und
Bogen, dann fangen wir ihn! Shi Tuo-Tang dachte: Es wird wohl kein
Schakal und keine Hyäne am Wegesrand liegen. Shi Tuo-Tang ging in den
Wald und sah einen weißen Edelhirsch auf der Wiese am Bächlein
lebendigen Wassers ruhen. Shi Tuo-Tang sprach: O Edelhirsch, enteile
über die Berge, rasch über die Hügel davon, denn die wilden Knaben
wollen dich fangen und töten! Da enteilte der Edelhirsch.
Aber Shi Tuo-Tang wanderte weiter traurig und mit Kummer im
Gemüt über den Berg, da begegnete ihm ein alter Eremit mit kahlem Kopf
und langem weißen Bart und sprach zu ihm: Mein lieber Shi Tuo-Tang, ich
bin der weiße Edelhirsch, den du gerettet hast. Komm, ich will dir danken,
dir und deiner Großmutter O-mi, die dich zu einem guten Menschen
erzogen hat.
Und der alte Eremit führte Shi Tuo-Tang zu einem kleinen Hain von
Tung-Ölbäumen, in dem ein goldener Pavillon stand. Er öffnete die Tür
und führte Shi Tuo-Tang hinein. In der Hütte überreichte er ihm einen
Wunderpinsel und sprach: Dieser Pinsel taugt mit Tusche zu wunderbarer
Kalligraphie von schönen Shi-Gedichten auf Seide, aber wenn du mit ihm
dreimal in die Luft schlägst, so deckt sich dein Tisch und der Tisch deiner
Großmutter immer wieder mit Teigtaschen mit Fleischfüllung.
Shi Tuo-Tang bedankte sich und trug den Wunderpinsel nach Hause.
Wirklich, er und seine liebe Großmutter O-mi hatten alle Tage Teigtaschen
mit Fleischfüllung zu essen. So lebten sie sieben Jahren, ohne Hunger zu
leiden.
Aber eines Tages, als Shi Tuo-Tang fünfunddreißig Jahre alt war, ging
auch seine geliebte Großmutter den Weg alles Fleisches und versammelte
sich zu ihren heiligen Ahnen. Da war Shi Tuo-Tang so traurig, daß er den
alten weisen Eremiten aufsuchen wollte. Er wanderte über den Berg und
kam zu jenem Hain von Tung-Ölbäumen und klopfte an den goldenen
Pavillon. Da trat der weise Alte heraus und fragte, warum Shi Tuo-Tang so
traurig ausschaue. Shi Tuo-Tang klagte bitterlich: Ach, ich bin ja ganz
allein auf dieser weiten Welt! Meine geliebte Großmutter ist den Weg allen
Fleisches gegangen und ist nun versammelt in der Versammlung unserer
heiligen Ahnen! Ich habe nun niemanden mehr, der mir die Wohnung rein
macht und mir die Wäsche wäscht und mir ein leckeres Essen bereitet!
Ach, hätte ich doch..., sprach Shi Tuo-Tang und errötete vor Scham vor
dem heiligen Eremiten. Der aber war ein weiser Seelenkenner und
erkannte, was Shi Tuo-Tang sich wünschte im Geheimnis seiner Seele.
Da sprach der alte Eremit An-Ci: Du willst eine liebe Frau, die dich
liebt? Siehe, morgen ist das Fest des Himmelskönigs! Da gehe nur an den
verborgenen Teich, denn es wird das Himmelsmädchen kommen, die
Tochter des Himmelskönigs! Wenn der Himmelskönig dir gnädig ist, so
wird die Tochter des Himmelskönigs deine Frau!
In der Nacht lag Shi Tuo-Tang im Gebüsch am Teich auf der Lauer.
Und wirklich, um Mitternacht schwebte ein himmlisches Mädchen wie ein
Vollmond zur Erde herab. Sie war eine himmlische Jungfrau von siebzehn
Jahren, von entzückendem Liebreiz, himmlischer Anmut und
göttergleicher Schönheit! Sie wähnte sich allein und legte ihr weißes
Schwanenkleid ab am Ufer des Sees und badete ihren weißen makellosen
Jadeleib im klaren kristallenen Teich. Ihre weiße Haut war durchsichtig
wie weiße transparente Jade. Ihr Leib war wie Mondlicht und von
makelloser Perfektion. Ihre jugendlichen Brüste waren straff und fest.
Ihren Schoß verbarg sie keusch in der keuschen Schwester Wasser.
Shi Tuo-Tang nahm listig das weiße Schwanenkleid des himmlischen
Mädchens an sich. Da stieg die makellose Jungfrau aus dem keuschen
Wasser. Sie stand da wie eine Säule im Tempel. Sie war umleuchtet von
dem milden Licht des Vollmonds. Alles an ihr leuchtete, alles war lieblich
und überaus schön. Kein Makel war an dem Mädchen. Vor ihrem Schoß
hielt sie ein Feigenblatt. In der rechten Hand hielt sie einen rotwangigen
Pfirsich der Unsterblichkeit. Sie flüsterte in die Nacht: Wer du auch immer
seist, du Dieb, der du mein Schwanenkleid an dich genommen, gib es mir
wieder! Da seufzte Shi Tuo-Tang: Du bist schön, mein Mädchen, du bist
allerdinge schön, und kein Makel ist an dir! Ich gebe dir dein weißes
Schwanenkleid wieder, wenn du mir deine Hand zum Lebensbund gibst
und meine Frau wirst! Da sprach das Himmlische Mädchen: Ich sage Ja zu
dir, sage du auch dein Ja-Wort! Ja, lispelte Shi Tuo-Tang, reichte der
makellosen Jungfrau das Schwanenkleid, sie reichte ihm die Hand und
ward seine Frau.
Sie lebten einen Frühling, einen Sommer und einen Herbst zusammen
in der Hütte der lieben Großmutter O-Mi glücklich wie Verlobte. Aber
eines Nachts, zur Zeit des Herbstvollmondes, verschwand das himmlische
Mädchen, nicht ohne zwei Kinder zurückzulassen. Die kleinen Zwillinge
Yen-Yen und Yün-Yün jammerten nach der jungen schönen Mutter und
Shi Tuo-Tang weinte alle Tage und Nächte aus weher Sehnsucht nach dem
himmlischen Mädchen.
Kummervoll ging Shi Tuo-Tang zu dem alten weisen An-Ci und bat
ihn um Rat, denn er war der Vater des immerwährenden Ratschlags. Da
sprach der gute Mann: Mein lieber Shi Tuo-Tang! Vielleicht will der
Himmelskönig dich prüfen, ob du treu bist. Wer ist schon würdig solch
einer himmlischen Gemahlin? Das kann man sich nicht ohne Prüfung und
Trübsal verdienen. Wenn du aber treu befunden wirst, wirst du dich später
freuen mit unaussprechlicher Freude und du wirst überglücklich sein!
Der Weise sprach: Nimm diesen Flaschenkürbis an dich und pflanze
ihn in deinen Kräutergarten. Er wird in einer Nacht in den Himmel
wachsen. Dann steige an dem Flaschenkürbis die Himmelsleiter zum
Himmel hinan. Nimm aber auf alle Fälle die beiden Söhne deiner Seele
mit dir! Im Himmel wird der Himmelskönig dir sieben himmlische
Mädchen zeigen und dich fragen, welche von ihnen die von dir erwählte
Jungfrau und Braut sei. Der Himmelskönig wird sie alle mit göttlicher
Glorie verklären, so daß eine wie die andere ganz wie eine selige Göttin
dir erscheint. Du wirst die Jungfrau nicht erkennen vor soviel Glanz und
Schönheit. Aber dann gib den Zwillingen jedem einen Klaps auf den Popo
und schaue, was geschieht.
So tat Shi Tuo-Tang und kam mit den Zwillingen Yen-Yen und Yün-
Yün in die himmlische Stadt, die ganz aus Jade und Nephrit war. Man
kann das nicht beschreiben. Shi Tuo-Tang trat in den Thronsaal des
Himmelskönigs und warf sich auf sein Angesicht vor dem Himmelskönig
nieder und sagte: O mein König, ich bin dein andächtiger Diener! Nimm
mich und die Söhne meiner Seele als deine Kinder an!
Da kamen sieben himmlische Jungfraun, Paradiesmädchen mit Augen
jede wie eine strahlenäugige Göttin des Himmels! Und der Himmelskönig
sprach: Mein lieber Sohn Shi-Tuo-Tang, welche von den Frauen ist deine
auserwählte Frau? Welches von den Mädchen ist deine rechtmäßig dir
anverlobte Braut?
Shi Tuo-Tang konnte vor Glanz und Schönheit nicht unterscheiden,
welches von den Paradiesmädchen seine Jungfrau war. Da erinnerte sich
Shi Tuo-Tang an den Rat des Weisen und gab seinen Zwillingen einen
Klaps auf den Popo, nicht kräftig, nur ganz leicht, aber sie weinten gleich
ganz jämmerlich, denn er hatte die Knaben immer verzärtelt wie eine
törichte Großmutter. Da trat die makellose Jungfrau vor und sprach mit
ernster Strenge: Was schlägst du meine Kinder? Schäme dich und zeige
Reue und tu Buße! Da strömten Shi Tuo-Tang heiße Tränen der Reue über
sein Antlitz. Aber die Jungfrau trat zu den Zwillingen und tröstete die
Kinder mit ihrer göttlichen Mutterliebe. Die Knaben hörten auf zu
jammern und spielten wieder lachend im Himmel.
Da sprach die himmlische Jungfrau zu Shi-Tuo-Tang: Ich bin Majia,
die Makellose! Nun hast du mich erkannt als die Einzigartige, die dich
auserwählt hat und die du dir erkoren hast zur Gemahlin! Nun vermählt
uns der Himmelskönig im Himmel! Wir leben in meinem Jadeschloß und
unsere Kinder spielen als geflügelte Engel im himmlischen Garten! Ich bin
ganz dein! Du bist ganz mein!

MEDITATIONEN

„Schreibe alle Worte in ein Büchlein, die ich zu dir reden werde.“

MARIA

Maria sprach: Ihr habt ein schweres großes Kreuz zu tragen, aber habt
keine Angst, es zu tragen, mein Sohn ist da und hilft euch. Vergeßt nicht,
daß euer Leben nicht euch gehört, sondern ein Geschenk ist, mit dem ihr
andere erfreuen und zum ewigen Leben führen sollt. Die Zärtlichkeit
meines kleinen Jesus soll euch immer begleiten. Ich rufe euch zur
Nächstenliebe auf, denn wenn ihr den Nächsten liebt, werdet ihr Jesus
tiefer erfahren.

Meiner lebensmüden Seele, die sich vor allen Menschen nur noch
verbergen wollte, gibst du eine schwere Arbeit unter den törichten Kindern
dieser Welt, Maria. Warum tust du mir das an? Lehre mich, wie du sagtest,
dir gnädig zu sein! Wenn du mir nicht nach Wunsche tust, sondern nach
deinem Willen mich heimsuchst, erhabene Herrin, will ich dir gnädig sein.
Dein Wille geschehe, Herrin!

Maria sprach: Mein Auserwählter, du sollst auch weiterhin den Armen und
Kranken helfen (und für die Toten beten)! Du sollst mich in dem Armen
erkennen.

Sie ist nicht von dieser Welt, die Liebe, die mich am Leben hält. Ohne dich
wärs schlecht um mich bestellt.

Sankt Bernhard sprach: Nimm Maria hinweg, diesen Stern des Meeres,
waa bleibt dann als hereinbrechendes Dunkel und Todesschatten?

Die Jungfrau von Guadelupe kommt! O meine holdselige Dame, verzeihe


mir all meinen unkeuschen Lobpreis, es geschah aus übergroßer
Leidenschaft und Sinnlichkeit! Und die Jungfrau entblößt ihre rechte Brust
und legt mein Haupt an ihre Brust. Mein Lieber, wenn du wüsstest, wie
sehr ich dich liebe, würdest du weinen vor Wonne!

In Gegenwart des ganzen himmlischen Hofes, in Gegenwart der Jungfrau


Mitka, meiner Großmutter Paula Margarethe, des heiligen Vaters Johannes
Pauls, des heiligen Josefs und aller Heiligen, erwähle ich heute vor dem
Angesicht Gottes dich, Maria, zu meiner Mutter, Gebieterin und
rechtmäßig angetrauten Ehefrau im Geist.

Die Schönheit Mariens bringt mein Angesicht vor Freude zum Strahlen.
Für meine Augen gibt es keine Schönere. Da sie auch noch liebevolle und
weise Worte spricht, bin ich, ihr Gemahl, nicht wie die gewöhnlichen
Männer. Wer Maria zur Frau gewann, gewann das Beste, was man
bekommen kann, eine Hilfe, wie der Mann sie braucht, einen Beistand in
allem.

Maria ist die starke Frau. Wer sie gefunden hat, hat mehr als Gold
gefunden. Sie hilft den Armen. Vor der Morgenröte steht sie zum Gebet
auf. In der Nacht erlischt iihre Lampe nicht beim Studium der Weisheit. In
jeder freien Minute nimmt sie den Rosenkranz in die Hand. Ihr Mann ist
geschätzt als Weiser in der Beratung der Gemeinde. Ihre Kinder jubeln ihr
zu. Ihr Mann sagt: Es gibt wohl viele schöne Frauen, aber du bist die
Schönste aller Frauen! Die Reize der sterblichen Frauen verwelken, aber
Marias Weisheit bleibt für immer. Für ihre Wunderliebe voller Gnade soll
die ganze Menschheit sie lieben und loben!

Das Ave Maria, sagt Sankt Grignion, ist ein keuscher Kuß Mariens. Also,
willst du Maria recht oft küssen, so bete oft den Rosenkranz!

Vielleicht ist es besser, das Ave Maria allein zu beten und die
Jesusgeheimnisse voranzusetzen. Dann wird das Ave zum Mantra, das
nicht mit dem Verstand, sondern mit dem Herzen meditiert wird. So wirst
du Ruhe für deine Seele finden. Das wäre nicht der intellektuell-
christozentrische Rosenkranz Deutschland, sondern der marianisch-
meditative Rosenkranz vom Mittelmeer.

Marias Antlitz ist wie die Sonne am Himmel. Ihre schlanke Gestalt ist wie
eine Kerze auf dem Altar. Ihre Beine sind wie klassische Marmorsäulen.
Nichts ist schöner, nichts sieht ihr Mann lieber als die liebenswürdige
Schönheit Unserer Lieben Frau. Ihr Gatte ist nicht wie die gewöhnlichen
Männer. Selig zu preisen ist der Gatte der Allgebenedeiten! Ihr Mund lehrt
ihn Weisheit, daß er weiser ist als die Weisen dieser Welt.

Ich sitze im verschlossenen Garten Mariens unter dem Kastanienbaum mit


den Blüten-Pavillionen. Vor mir duftet betörend die rosane Pfiongstrose,
die Rose ohne Dornen, und unter der Pfingstrose glühen die roten Rosen
der Minne. Die Pforte zum Paradiesgarten ist umrankt von der
Heckenrose. Eingeschlossen wird der Garten von den uralten Edeltannen.
Wie eine Henne ihre Küken unter dem Flügel beschützt, behütet die Mutter
Jesus seine kleinen Kinder. Wie eine schöne schlanke Katze schmiegt sich
Madonna an mich an und läßt sich streicheln.

Maria, die Prophetissa, sprach: Auf, mein Ritter, ziehe in die Schlacht um
die Seelen, den apokalyptischen Kampf der Liebe mit der Anti-Liebe zu
kämpfen zur Rettung der Seelen! - Ich sprach: Madonna, ich kämpfe nur,
wenn du mit mir in den heiligen Krieg ziehst! – Maria sprach: Aber dann
wird der Ruhm jeder geretteten Seele nicht deiner sein, sondern mein
Ruhm! Des Herrn Sieg wird kommen durch die apokalyptische Frau!

Maria, lade den Satan in dein Himmelszelt im Paradiesesgarten und


machte ihn trunken, indem du ihm Wein statt Wasser bietest. Schläft er
dann betrunken ein, dann zerschmettere du sein Haupt mit dem
Donnerhammer Gottes!

Der Name Aphroditissa bedeutet das Geheimnis des wahren Glaubens, daß
die Menschentochter Maria vollkommener in der Liebe ist als die Heiden
sich selbst die Göttin der Liebe erdachten. Das ist der Triumph der
katholischen Offenbarung über die Mythen der Heiden.

Ich hörte, daß der Prophet Mohammed, Friede sei mit ihm und den Seinen,
sagte, daß Paradies sei für ihn die Hochzeit mit der Jungfrau Maria.

O Maria, Mutter des Mitleids, hab Mitleid mit unserm Elend! – So betete
ich am See, da schwebte Unsere Liebe Frau im weißen Kleid und
goldenem Heiligenschein ums Haupt an mir vorüber, siebzehnjährig und
lieblich, und lächelte mich an.
Im Morgentraum sah ich Maria, schwebend, auf einer Wolke liegend, im
rosaroten Kleid, mit bloßen weißen Armen, von unglaublicher
Weiblichkeit und Schönheit. Und eine Stimme sprach: Maria ist schön wie
eine Aphrodite!

Ich meditierte am See. Madonna lief an mir vorüber, mein schlankes


holdseliges Reh, die braune Hindin. Ihre makellosen Brüste hüpften wie
Zwillingskitze der Gazelle.

Maria siehst du nicht mit den zwei fleischlichen Augen der Augenlust und
Fleischeslust. Maria siehst du allein in der Meditation des Marien-Mantra
mit dem dritten Auge des erleuchteten Geistes.

Ich betete die Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens und sang Lob der
apokalyptischen Frau, da hörte die weiße Henne mir aufmerksam zu und
schaute mich mit ihrem purpurnen Auge klug an. O Maria, Königin der
Welt, segne die ganze seufzende Kreatur, die so wartet auf die
Offenbarung der Kinder Gottes in Herrlichkeit!

Wenn ich den hellblauen Himmel mit den rosanen Wölkchen sehe, wenn
ich das Sonnenlicht sehe auf dem weißblühenden Heckenrosenstrauch, so
scheint mir, ich sehe die Schönheit Mariens. Wenn ich im Frühling den
Duft der Blüten rieche, so betörend süß, so scheint mir, ich rieche das
Parfüm der Madonna. Ja, so erscheint mir Maria als die Seele der Natur.

In meiner erotischen Religion kniee ich vor der hochthronenden Madonna


wie vor einer menschlichen Göttin. Aber sie erniedrigt mich nicht, sondern
gibt mir Wert und Würde, sie erhebt mich durch die Huld ihrer Minne in
den spirituellen Adelsstand.

Madonna sprach: Wie schön bist du, wenn du betest! Wie schön bist du,
wenn du liebst! Ich danke dir für deine Gebete! Weil du mich verherrlichst,
komm, daß ich dich segne! Ich brauche dein Gebet und dein Zeugnis.
Ohne dich kann ich den Ungläubigen nicht helfen. Komm, ich sehne mich
nach dir!

Daß Maria mich zur Nächstenliebe aufrief, zur Aktion der Caritas, in einer
Zeit, da ich lebensmüde und mißmutig und misanthropisch war, das
machte mich fast verzweifelt. Da beschloß ich, Maria gnädig zu sein. Aber
nun befreite mich die göttliche Herrlichkeit in der Schöpfung und die reine
Liebe in den Kinderseelen von allem menschenhassenden Trübsinn und
Weltekel. So gnädig ist die Madonna, die unendlich weise und liebevolle
Gebieterin!

Madonna sprach: Sei gegrüßt, mein treuer Syzygus, mein geliebter


Epaphroditos! Friede sei mit dir! Freue dich allezeit und erweise allen
Menschen Freundlichkeit und Güte!

Herr Toto sprach: O Maria, totus tuus ego sum, tota pulchra perfectissima!

Im Morgengebet am See sprach ich zu Maria: Meine einzige Freundin, du


bist so weise! Ja, es macht solche große Freude, mit dir zu philosophieren!
Du bist die himmlische Priesterin, die mich die Philosophie der Liebe
gelehrt!

Schau, wie die Heckenrose die weißen Blüten auf die Erde streut, so
überschüttet Maria mich mit Liebe! Schau, wie der glitzernde Morgentau
die Wiese erfrischt, so erquickt mich Marias keusche Liebe! Schau, wie die
Turteltaubenpaare gurren ihre Dialoge, so beruhigt mich das Gebet zu
Maria und schenkt mir Seelenfrieden und neue Liebesfährigkeit! Schau,
wie die herrliche Sonne am Himmel aufgeht in der Morgenstunde, so
herrlich ist die göttliche Herrlichkeit!

Maria sprach: Ich werde die Welt für dich verändern, ich, deine Trösterin!

Maria sprach: Komm, mein Geliebter, komm in meinen verschlossenen


Garten! Heckenrosen umranken die Pforte! Edeltannen stehen da als ewige
Wächter! Am Kastanienbaum reifen die Früchte! Die Pfingstrose duftet!
Wehe, Odem, und komm von den vier Winden, Odem, und durchrausche
meinen Garten! O mein Geliebter, komm, und trinke deinen Wein und
berausche dich an meiner Liebe!

Ich preise den prallen Reichtum deiner Brüste, Madonna, ich benedeie
deinen himmlischen Busen, Madonna, ich berausche mich an dem prallen
Reichtum deiner makellosen Brüste, Geliebte! Ich preise deine makellose
Schönheit, siebzehnjährige Jungfrau! Maria, du mußt göttlichen Ursprungs
sein, du strahlende Göttin der Schönheit! Du bist das ewige Meisterwerk
des Schöpfers! Alle Engel sind entzückt von deiner himmlischen
Schönheit!

Ich habe bei der Königin gespeist, bei der Königin des Universums. Ihre
sieben Mägde haben das Mahl mit Liebe zubereitet. Ich lag mit der
Königiin zu Tische und habe den Trost ihrer jungfräulichen Schönheit
getrunken! Dann stand die Königin von der Tafel auf und ging in den
Schloßpark hinein.

Maria, du bist das absolute Maß der Schönheit! In dem Maß, in dem eine
Frau an deiner Schönheit Anteil hat, ist sie schön. Je ähnlicher dir eine
Frau ist, Madonna, desto schöner ist die Frau. Aber du bist die
Unvergleichliche und die Ohnegleiche. O tota pulchra perfectissima!

Ja, Maria hat mir neuen Lebensmut geschenkt!

Maria, erwarte mich in meiner Karmelklosterzelle. Fülle meine Zelle mit


deiner Herrlichkeit! Wenn ich heimkehre, will ich mich in deiner
Liebesumarmung erholen vom schweren Kampf der Liebe mit der Anti-
Liebe im Dienst der Mutter Caritas! Dann küsse mich mit mystischen
Küssen, berauschender als der schwere dunkle Wein von Lateinamerika!

Maria, wenn ich heimkehre in die ewige Wohnung im Vaterhause und ruhe
von dem harten Lebenskampf, dann lade mich in deinen heiligen Schoß
ein, der wie ein Becher ist, dem der berauschende Wein der Ganzhingabe
nimmer mangelt!

WEISHEIT

Wenn dir die Herrlichkeit der geschaffnen Natur im Herzen aufgeht, so


denke, wieviel herrlicher die ungeschaffne Natur ist. Meinst du im
Frühling schon im Garten Eden zu sein, wie wird dann erst das Paradies
Gottes sein!

Das hebräische Wort für Weisheit, Chochmah, hörte ich, bedeutet nicht
allein Weisheit, sondern auch Drang und Begierde Gottes zur Vereinigung
mit der Schöpfung.
Luther sagte, der Wille Gottes sei das Heil aller, aber Wille sei nicht das
richtige Wort, man dächte dabei an Willkür des Allmächtigen, es sei
vielmehr die Begierde Gottes. Die Begierde der göttlichen Liebe ist die
Seligkeit Aller!

Jesus sprach: Umarme mich! Ich schenke dir mein Herz! Ich gebe dir
meinen Kuß der Liebe! Mach du den Kindern Freude, diene ihnen! Indem
du ihnen dienst, dienst du mir! Ich werde dich überreich belohnen!

Eine wirksame Meditation ist das Sprechen des Mantras Ruach-Maria mit
dem Herzen im Rhythmus des Atems. Es wirkt Wunder.

Auch der Weise soll nicht immer nur die Schriften studieren, sondern sich
auch Zeit nehmen, mit den Kindern zu spielen und sich an schönen Frauen
in schönen Gärten zu ergötzen. Selbst ein Karmelit hat die Zeit der Muße
in der Rekreation. Sei nicht allzuweise, sagt der Prediger, daß du dich nicht
zugrunde richtest. Der Apostel Johannes sagte, ein Bogen kann nicht
immer straff gespannt sein, sonst leiert die Sehne aus, man muß den Bogen
ab und an entspannen. Auch der Bauer drischt nicht nur Korn, sondern
pflanzt auch Dill und Kümmel und schöne Blumen in sein Beet.

Ich habe auf der Wiese den guten Kampf mit den Waffen der Weisheit und
Liebe gekämpft, Allvater, nun sende am Abend das himmlische
Schwanenmädchen mit dem berauschenden Trank der Weisheit und Liebe!

Herr Toto bin ich, so heiße ich. Ich bin zwar nicht die heilige Therese von
Lisieux, aber an sie zu denken, wird nicht ganz verwerflich sein, die sie
das Spielzeug des Jesuskindes war.

Die herrliche Sonne ist ein herrlicher Abglanz der Herrlichkeit des Herrn,
aber ein noch herrlicherer Abglanz ist der herrliche Seelenfunke in den
Augen eines liebenden Kindes!

Der Name Aphroditissa bedeutet, daß die Aphrodite Urania der


plantonisch-erotischen Ideenlehre ein Vorschatte der Herrlichkeit des
Herrn oder der Hagia Sophia ist. Wenn Aphrodite der Name der Göttin der
Liebe und Schönheit war, so bedeutet die wahre Aphroditissa, daß die eine
wahre lebendige Gottheit unter dem Namen der Schönen Liebe angebetet
werden will.
Der Philosoph Ficino sagte, welche Hypostase Gottes du auf Erden
verehrt, mit derselben wirst du im Jenseits vereinigt. Also, wer Mutter
Caritas, die Schöne Liebe, den göttlichen Eros auf Erden verehrt, der wird
im Jenseits in jenem Venushimmel sein, den der Seherdichter Dante
geschaut hat. Ich nenne den Venushimmel das Fürstentum und stelle es
unter die englische Herrschaft der Seraphim als der in Liebe brennenden
Engel und unter das Königtum der Apostelin der Apostel, Maria
Magdalena, in der die Minne Christi so unaussprechlich gebrannt hat, wie
Meister Eckhard sagte. Im Fürstentum des Venushimmels beten die
Seligen zu Gott als zu der Mater Caritas. Unsere Liebe Frau ist im
Venushimmel die wahre Freundin oder die Minnedame der Seligen. Die
Minnesänger, die im siebenten Kreis des Fegefeuers ihre Sinnlichkeit
gebüßt haben, steigen im Mai in den Venushimmel auf. Vielleicht ist der
Venushimmel auch der Garten Eden mit den Huris, die Mohammed
verheißen hat und Goethe im Diwan besungen.

Plotin sagte, das Eine ist unaussprechlich, unbeschreiblich. Paulus sagte,


daß in der Herrlichkeit der Schöpfung die Herrlichkeit des Schöpfers im
Gleichnis erkannt wird. Spinoza sagte, die geschaffne Natur ist ein
Gleichnis für die ungeschaffne Natur des Absoluten.

Die Schönheit der geschaffnen Natur ist herrlich, wenn sie auch
vergänglich ist und unter dem Gesetz des Leides und des Todes steht. Die
Schönheit der ungeschaffnen Natur des Einen ist vollkommen rein und
unaussprechlich herrlich!

Maria sprach: Ich bin schön, weil ich liebe! Willst du schön sein, so liebe!
Und Gott sprach: Wie schön sind deine Augen, wenn du Göttliches
verkündest!

Die Sonne kannst du nicht anschauen, sie ist zu hell, aber du kannst den
Abglanz der Sonne auf dem See sehen, die vielen kleinen Sonnen. So
kannst du die Herrlichkeit Gottes nicht sehen, aber den Abglanz der
Herrlichkeit in der Schöpfung und vor allem im liebenden Menschen
kannst du sehen, sozusagen die vielen kleinen Götter.

Ein Theologe sagte: Adam war ein kleiner Gott auf Erden. Das Altertum
nannte den Fürsten einen kleinen Gott auf Erden. Die Neuzeit nennt den
Menschen einen kleinen Gott auf Erden. Mir ist der liebende Knabe ein
kleiner Gott auf Erden. Der kleine Gott auf Erden ist ein Spiegel des
großen Gottes im Himmel. Willst du dem großen Gott im Himmel dienen,
so diene dem kleinen Gott auf Erden!

Goethe sagte, die Katze komme auch ins Paradies, denn immer ist es ein
heiliges Tier, das der Prophet gestreichelt.

Gott hauchte die Allseele. Die Einzelseele, die sich denkend mit der
Allseele verbindet, ist auf dem guten Weg zu Gott.

Die Buße, der Glaube und das Gebet stoßen ein Tor auf in die andere Welt,
in die Dimension des göttlichen Geistes, so lebst du im Lichtglanz Gottes.

Ein Mensch, der sein Leben bewußt im Angesicht Gottes lebt, ist von
anderer Natur als jener, der sein Leben fern von Gott lebt. Der Gläubige ist
der wahre Übermensch. Der Christ ist im Gottmenschen Christus der
wahre Menschengott, die vergöttlichte Menschennatur. Wie Christus
wahrer Gott und wahrer Mensch ist, so ist der Christ wahrer Mensch und
wahrer Gott-aus-Gnade. Das ist an Maria schon ganz vollendet. Es ist aber
allen Heiligen verheißen. Die vollendeten Heiligen werden Götter und
Göttinnen sein in der Einen Göttlichen Natur. Das ist die freudige
Botschaft des Gottmenschen! Die Menschwerdung Gottes erwirkt die
Gottwerdung des Menschen. Wie der Gottmensch thront im Thron der
Urgottheit, so wird der Heilige als Menschengott thronen im Thron des
Gottmenschen. Die Anteilhabe des Menschen an der göttlichen Natur
geschieht durch die Vermittlung des Gottmenschen, in dessen einzigartiger
Person sich die göttliche Natur mit der menschlichen Natur vollkommen
vereinigt. Außer Christus gibt es keine Gottwerdung des Menschen. Außer
dem Gottmenschen gibt es keine Vereinigung der menschlichen Natur mit
der göttlichen Natur. Nur Christus zieht uns hinein in den Urgrund, die
Quelle des Lebens, den Schoß der Urgottheit!

Maria ist vollendet heilig. Sie ist im Gottmenschen Menschengöttin


geworden. Sie hat als reiner Mensch Anteil an der göttlichen Natur aus
purer Gnade durch Glauben. So hat sie Anteil am Mittlertum des
Gottmenschen, und darum ist sie als Menschengöttin Mittlerin mit
Christus. Die hypostatische Union der göttlichen Natur und der
menschlichen Natur in der einen Person Jesu Christi vollzog sich als
Vereinigung im jungfräulichen Mutterschoß Mariens. Darum ist der Schoß
Mariens das Brautgemach der Hochzeit von Gottheit und Menschheit und
also das Paradies!

Die Blätter der Bäume klatschen Applaus, wenn der Heilige Geist kommt,
zu erleuchten die Herzen der Gläubigen.

Jesus sprach: Es ist mir eine große Freude und Gnade, daß deine Fürsorge
für mich wieder einmal so richtig aufgeblüht ist. Es ist freundlich von dir,
daß du an meiner Notlage Anteil nimmst und mir hilfst. Was du den
Geringsten meiner Brüder und Schwestern tust, das tust du mir!

Johannes Paul sprach: Platon ist ein guter Freund, aber Frau Weisheit ist
eine bessere Freundin.

Der Ehebund mit Frau Weisheit führt dazu, mit Gott zu herrschen! Willst
du ein König sein mit Zepter und Krone, vertraue dich ganz Frau Weisheit
an!

Der Herr mein Befreier sprach: Die Worte, die ich dir, meinem Propheten,
gegeben habe, die werden bei den Enkeln lebendig bleiben.

Jesus gebot, den Nächsten wie sich selbst zu lieben. Dann sah er die
Seuche der Selbstliebe in der Endzeit und gebot ein neues Gebot: Liebt
den Nächsten wie ich euch liebe!

Ich saß am See und betete. Gott sprach: Du Sohn Abrahams bist in die
Knechtschaft geführt für eine bestimmte Zeit. Ich werde die richten, die
dich knechten und mißhandeln. Aber du wirst herausgeführt aus dem
Frondienst und wirst mir auf dem heiligen Berge dienen.. – Da stand ich
vor dem Thron der Herrlichkeit und betete an. Da kam der Allmächtige zu
mir in einem Hauch, kühl und erfrischend, wie ein Kuß des heiligen
Geistes. Da sang ich den Psalm: Herr, im Glanz deiner Majestät, auf den
Stufen vor deinem Thron, stehe ich in deinem Licht und singe dir Lieder!

Sophia ist der Hauch des Allmächtigen und Ausfluß der Herrlichkeit des
Herrn und Abglanz des ewigen Lichtes. Ich habe im Morgengebet Sophia
empfangen. Ich nannte sie meine wahre Freundin und (mit Klopstock)
Göttin der Vortrefflichkeit!
Kunstverstand bringt die schönsten Werke hervor. Wer in der ganzen Welt
ist eine größere Künstlerin als Sophia? Durch Sophia werde ich unsterblich
werden und bei der Nachwelt in Erinnerung bleiben.

Sophia als geistige Ehefrau des Weisen bringt keinen Ärger und keine
Enttäuschung, sondern Glück und Freude. Wenn ich nach Hause kehre in
meine sichere Wohnung und stolze Ruhe, werde ich mich in ihren
liebenden Armen erholen.

Herr Toto vom Kinde Jesus im Karmel sprach: Da betteln wir bei den
Geschöpfen um ein erbärmlich kleines bißchen Zuneigung und gehen
vorüber an der unerschöpflichen Quelle der göttlichen Liebe!

O du Brunnen der spielenden Minne, liebe mich oft und heftig und lange!

Herr Toto vom Kinde Jesus im Karmel sprach: O du mein süßes Jesuskind,
ich bin dein Spielzeug! Aber wenn du nicht mehr mit mir spielen willst,
wenn du dein Spielzeug unbeachtet in der Ecke liegen läßt, nun gut, ich
bins zufrieden, beachte mich nicht!

Ich bete dich an, du schöne Liebe in deiner göttlichen Majestät! Ich bete an
die Macht der Liebe, die sich in Maria offenbart!

Sophia ist eine Frau, die in ihrem Bette liegt, der Philosoph spioniert
durchs Fenster, ob er die Schönheit der Frau betrachten darf und sich daran
weiden. Sophia ist ein Kastanienbaum, unter dessen Laubdach du sitzen
kannst und Schatten finden vor der Sonnenhitze. Der Weise bringt durch
die Weihe an das heilige Herz Sophias auch die Söhne seiner Seele unter
ihren Schutz und Schirm. Sophia liebt mich mit Mutterliebe,
bedingungslos wie eine liebende Amme. Sophia liebt mich wie eine
siebzehnjährige, entzückend schöne Geliebte! Wenn ich vor den Menschen
predige, brennend im Geist, so legt sie mir ihre Worte in den Mund. Die
Heiligen Schriften sind die Weisung Sophias. Sophia macht mich
glücklich! Sophia gibt mir einen Namen bei der Nachwelt.

Es ist geradezu die Würde des Menschen, vernünftige Seele zu sein,


Person, und als solche Dialogpartner Gottes! Im Gebet vollendet sich die
Würde des Menschen.
Der Herr sprach zu Sophia: Mein Liebling, du göttliche Ur-Menschheit,
nun will ich die Menschheit schaffen nach deinem Bilde, androgyne Ur-
Menschheit, als vernünftige Geistseele und Gottes Partnerin. Die
Menschheit soll dein makelloses Bild als mein Spiegelbild in sich
bewahren. Wenn sie aber das unbefleckte Bild in sich beflecken, so sollst
du Menschengestalt annehmen und das unbefleckte Gottesbild in der
Menschheit wieder herstellen. Wenn ich dann in der Menschheit wieder
das Bild der menschgewordnen Weisheit erkenne, will ich die Menschheit
wieder annehmen als meine Partnerin und Braut und eine Hochzeit mit ihr
feiern und in einer ewigen Ehe mit ihr leben. In dir, Sophia, göttliche Ur-
Menschheit, schließe ich den ewigen Ehebund mit der Menschheit.

Jesus, der Bräutigam der weisen Jungfraun, ist die Jungfrau Sophia, die
Braut der weisen Junggesellen. Nimm das unbefleckte Bild der Jungfrau
Sophia in dich auf und vollziehe die mystische Hochzeit im Innern der
Seele und stelle so in dir das androgyne Ebenbild Gottes her. Gott ist der
Zusammenfall der Gegensätze und ist Logos-Sophia.

Gott spricht: Ich will dich trösten wie eine Mutter. Ich bin deine Mutter
und du bist mein Sohn und mein Geliebter. Ich bin die Mutter der Schönen
Liebe.

DAS SYMPOSIUM VOM SIEBENTEN NOVEMBER

Am siebenten November des Jahres **** lud Dante Alighieri in Florenz


seine Humanistenfreunde zu einem Gastmahl ein. Der siebente November
war nämlich der Geburtstag Platons und der Todestag Platons zugleich.
Dante veranstaltete in seinem Haus in Florenz desöfteren solche
Gastmähler. Es gab da einige Gesetze zu beobachten. Die Zahl der Gäste
durfte die Zahl der drei Grazien nicht unterschreiten und die Zahl der neun
Musen nicht überschreiten. Es gab als Speise nur weißes Brot und frisches
Gemüse und einen milden Wein, der in Maßen getrunken wurde. Vor Tisch
wurde über das Göttliche gesprochen, bei Tisch über leichte Themen und
nach Tisch über die Philosophia. Dante hatte an diesem siebenten
November zu Ehren Platons folgende Gäste eingeladen: Den Dichter
Petrarca, die Philosophen Ficino und Pico della Mirandola, und die
Künstler Raffael und Michelangelo. Sie schmückten die Büste Platons mit
Olivenzweigen und setzten sich in die gemütlichen Sessel. Dante eröffnete
das Gespräch als Gastgeber und begann: Zwei große Geister hat das
Altertum uns geschenkt, das Erbe der Heiden an das Christentum,
Aristoteles und Platon. Aristoteles wurde beerbt von Thomas von Aquin,
dem engelgleichen Lehrer, und Platon wurde beerbt von Augustin, dem
Größten aller Kirchenväter. Platons Schüler waren aber auch Johannes
Scotus und Bonaventura. Wir sind alle Freunde Platons. Aber wir wollen
nicht, wie der heilige Hieronymus, der Bibelübersetzer, antworten, wenn
wir gefragt werden, ob wir Christen sind, sagen, wir seien Christen, aber
dann zu hören bekommen, wir seien Ciceronianer. Nein, wollen wir Platon
christianisieren oder das Christentum platonisieren? Wir wollen darum
Gott dem Allerhöchsten am Anbeginn unseres Gastmahles die Ehre geben
und vor Tisch das Lob Gottes singen. Da sprachen die anderen Gäste:
Göttlicher Dante, wer kann besser das Lob Gottes singen als du, der du
Gott geschaut hast von Angesicht zu Angesicht? Da lächelte Dante
demütig und begann:
Ich will euch also führen den Weg zu Gott, wie ich ihn in meiner Vision
gegangen bin. Wie dem engelgleichen Lehrer, dem heiligen Thomas, ist
mir Frau Weisheit das letzte und höchste Ziel des Universums und die
Erkenntnis der Frau Weisheit ist Sinn und Ziel des Menschen. Nie sättigt
sich der Geist des Menschen, das sehe ich klar, als allein am Glanz der
Frau Weisheit, der Quelle des Lebens. Alles, was außerhalb der Frau
Weisheit ist, ist Tollheit und Wahnsinn. Doch findet der Mensch Frau
Weisheit, dann ruht sein Streben, seine Qual der Sehnsucht findet bei ihr
die Seelenruhe. Und sie ist zu finden, denn sie selbst spricht: Wer mich
sucht, von dem will ich mich finden lassen. Anders wäre ja auch die
brennende Sehnsucht der Menschenbrust vergebens, eitel und sinnlos. Ich
gehöre keiner Schule an, ich preise den Aristoteliker Thomas von Aquin,
aber auch den Platoniker Bonaventura, den Schüler des heiligen
Augustinus. Augustinus, der Platoniker, ist mir der Fürst aller Mystiker.
Mit Augustin erschaue ich in den Erscheinungen von Kunst und
Wissenschaft, erschaue ich in der Wahrheit, der Gutheit und der Schönheit
Ausstrahlungen der ewigen Liebe, der ewig schönen und wahren Liebe,
dieses Lichtes aus Gott. Dieses Licht aus Gott steigt aus Gott herab bis in
die letzten Möglichkeiten des Daseins herab. Darum glänzt das Irdische
einmal mehr und einmal weniger unter dem unbefleckten Spiegel der Idee.
Die Dinge der Welt sind alle in niederer und höherer Ordnung geordnet
und diese sinnvolle Ordnung oder kosmische Hierarchie ist die Form,
durch die der Kosmos Gott ähnlich ist. Aber meine göttliche Vision ist
nicht nur eine Vision der Objektivität der kosmischen Ordnung, sondern
auch ein Strahl des ewigen Lichtes in dem Funken meiner subjektiven
Seele. So entwickelte sich mein Leben von den sinnlichen Schönheiten zu
den philosophischen Studien, über die politische Wirksamkeit zur Ethik
und von dort zur Religion, der Lehrmeisterin des seligen Lebens und des
ewigen Friedens. Der Führer meiner Pilgerschaft durch die geistige Welt
bis zur Schau Gottes war der Vater des Abendlandes, der Adventdichter der
katholischen Kirche, der heidnische Prophet. Virgil ist Symbol für die
Gabe der natürlichen Vernunft, die den Menschen heraufführt bis zu dem
höchsten Gipfel der menschlichen Erkenntnis. Dort kommt von oben die
Gnade herab, die Erleuchtung durch die göttliche Weisheit. Dies schenkte
mir die heilige Beatrice, meine vergöttlichte Jugendgeliebte. Sie senkte auf
mein Haupt den Strahl der göttlichen Gnade, die Erleuchtung durch die
göttliche Weisheit. Als mich die Leidenschaften zu verwirren drohten,
zeigte mir Vergils Vernunft den rechten Weg des Aufstiegs zum Höchsten
Gut. Sinnenlust und Hochmut und Habgier beherrschten als Wölfin und
Panther und Bär das Reich der Fiinsternis. Aber die Vernunft Virgils wies
mir das Ungenügen an einer nur diesseitigen Lebensführung, er führte
mich in das Unsichtbare, in die ewige Welt, in das Reich Gottes. Er führte
mich bis zum höchsten Gipfel der natürlichen Erkenntnis, bis zu mir
Beatrice trat, die selige Jungfrau der Weisheit und schönen Liebe. In
meinen philosophischen Studien fühlte ich mich verwandt mit Boethius,
dem Dichter des Trostes der Philosophia, da ihn die Göttin der Weisheit
über das Böse, das Leid und den Tod tröstet mit der Erkenntnis der
Glückseligkeit als dem Höchsten Gut, das allein wahrhaft ist. Aber seine
Melancholia, seine Wehmut, seine Schwermut, sie woben ihre dunklen
Schatten auch in meiner Seele. Diese Wunde der Trauer ist die Wunde, die
Maria schloß und heilte, die Heilsbringerin und Freude aller Freuden!
Boethius tröstete mich mit dem Trost, mit dem er selbst von der
Philosophia getröstet worden ist, dieser Göttin der Weisheit auf dem
Fundament der Christus-Offenbarung. Nun sah ich Harmonie und
Übereinstimmung überall. Nun sah meine Seele einen Dreischritt der
Erleuchtung zur Vollkommenheit. Es erinnert mich an den Dreischritt
Clemens von Alexandriens. Sein erster Schritt war der Schritt vom
Heidentum zum Glauben, sein zweiter Schritt der Schritt vom Glauben zur
Askese, und sein dritter Schritt der Schritt von der Askese zur christlichen
Gnosis. Mein Dreischritt war der Gang durch die Hölle, der Gang durch
das Purgatorium und der Gang durch das Paradies bis zum Thron Gottes.
Im ersten Schritt zeigte Clemens die Spuren der Wahrheit in den Griechen,
den Dichtern, Philosophen und Sibyllen, im zweiten Schritt führte Christus
den Studenten zur Wahrheit und im dritten Schritt enthüllten sich alle
Wahrheiten als Elemente und innere Qualitäten der Einen göttlichen
Selbstoffenbarung, vor der sich die Vernunft des Menschen in Demut
anbetend niederwirft. Das ist auch der Weg meiner göttlichen Vision. Die
vier Kardinaltugenden, die Frau Weisheit uns schenkt, die Tapferkeit, die
Gerechtigkeit, das Maß und die Klugheit, die waren schon bei den edlen
Griechen und Römern so stark verwirklicht, daß sie zu Wegbereitern der
Kirche wurden. Was diese vier Schwestern beim frommen Vater Äneas aus
Troja und bei der Jungfrau Virgil und beim großen Erzkaiser Cäsar
vermochten, davon erzählt die Poesie und die Geschichte. Doch auch nach
dem Kommen Christi hat jeder Mensch diese vier Schwestern nötig, und
der Christ findet die vier Schwestern immer noch wirksam in dem Erbe der
großen antiken Literatur der Weltweisheit. Aber ich weiß auch von den
Grenzen der antiken Weisheit, deren Weisheit die natürliche Weisheit ist,
wie sie Adam und Salomo in Vollkommenheit besessen haben. Die
natürliche Weisheit der Antike führt nicht zur wahren Freiheit. Und doch
hat mich Vergil zum Christentum geführt, wie Cicero den heiligen
Augustinus zum Glauben geführt hat. Ich höre heute noch Vergil in
meinem Traum zu Christus beten: O höchster Zeus, der du für uns
gekreuzigt worden bist auf der Erde! Dieser Christus, denke ich, ist das
Urbild und Vorbild der Menschheit aller Zonen und Zeiten, jeder Mensch
ist auf den Gottmenschen Christus hin geschaffen. Die menschliche Seele
ist von Natur aus Christin. Christus soll in jeder Seele geboren werden, die
Seele soll in Christus wiedergeboren werden, daß der Gottmensch Christus
in jedem Menschen Gestalt annimmt. Erst Christus gibt durch die Erlösung
dem Menschen die Möglichkeit, ganz das zu werden, was er ist, nämlich
Mensch und Bild Gottes. Aber um zu diesem lauteren Ebenbild Gottes zu
werden, muß der Mensch die innere Hölle durchwandern, das Ungenügen
am Diesseitsgenuß erkennen, die Unseligkeit irdischen Glücks, das
Ungenügen selbst der süßesten erfüllten Wünsche und Begierden. Aber
ohne die Gnade von oben können wir den Versuchungen nicht widerstehen
und zur Höhe des Lichts nicht aufsteigen. Groß ist auch meine Sünde, aber
stärker ist der Arm der Gnade Gottes, mich herauszureißen und zur
Heiligkeit zu führen. Wird einem die Mühe des Aufstiegs zu Gott erst zum
süßesten aller Genüsse, dann erscheint es einem so leicht als wie in einem
Kahn auf stillem Teich zu schaukeln. Auf dem Grunde lockt immer noch
die Sinnlichkeit und die Eitelkeit, doch die Seele muß durch die
Versuchungen und Läuterungen hinan bis zur Stufe der wahren Freiheit der
Kinder Gottes, nämlich dem Guten allein ganz anzugehören. Das war die
Lehre des vernünftigen Vergil. Nie war mir süßer zumute und nie empfand
ich schönere Lust als bei seiner Unterweisung. Hinan! Ich fühlte, wie mir
die Flügel wuchsen. Vergil führte mich durch die Feuer der Hölle und
durch die Feuer, wo das Gold geläutert wird, bis zu jenem Gipfel, bis zu
jenem irdischen Paradies der natürlichen Erkenntnis, wo von nun an die
Vernunft nicht weiterhelfen kann. Da sprach zum Abschied der süße Vater:
Nimm nun dein eigenes Herz zur Führerin, dein Weg ist nun ein guter und
heiterer Weg. Von nun an sei du selbst dir dein eigener Kaiser und Papst!
Da erschien mir Beatrice wie eine selige Göttin in jungfräulicher
Mädchengestalt, ganz in Glorienlicht der ewigen Schönheit gekleidet! Sie
erweckte in mir die Reue, daß ich dem Reiz der Sinne zu oft gefolgt und
mich von einem Weib ließ auf sündige Irrwege führen. Aber in Beatrice
erschien mir auch die verzeihende Liebe. Ja, Beatrice lehrte mich, daß
Liebe mehr ist als Erkenntnis. Die Seligen des Paradieses sind alles
Liebende. Die Erkenntnis sucht Gott, um die Liebe zu vertiefen. Je mehr
der Mensch das wahre Bild Gottes in seiner Seele und in der Natur
erkennt, umso mehr wird er Gott lieben. Gottesliebe wird all sein Leben.
Schließlich ist alles in allem die Liebe allein, die selige Liebe. Zur
göttlichen Liebe führt die menschliche Liebe, ja, nur Liebe führt zur Liebe,
die irdische Liebe führt zur himmlischen Liebe, die Liebe zur schönen
Geliebten führt zur Schönen Liebe Gottes! Beatrice ist die Führerin von
oben, die gnädige Liebe, die hinanzieht, das Ewigweibliche ist die Frau,
die hinanzieht zur göttlichen Liebe. Die Liebe zur Geliebten zog mich aus
der Sklaverei der Sünde in die himmlische Freiheit der Kinder Gottes. Da
sah ich Maria, die mystische Rose, die Königin des Paradiieses! Wer zu
solch einer Liebe schaut, zu solch einer reinen und schönen Jungfrau, der
kann nicht mehr in Sünden leben. Ihre Schöne Liebe entzündet, verzehrt,
verwandelt und reinigt bis zum reinen Licht. Nur Liebe kann den
Menschen und das All erlösen. Das letzte aber ist das Schauen des
göttlichen Urbildes alles Schönen und Wahren und Guten, das Schauen des
göttlichen Urbildes der ewigen Liebe selbst, die Liebe, die göttlich ist!
Meine höchste Liebe und brennendste Sehnsucht ist die Erkenntnis der
göttlichen Liebe, die ich schaute in einem dreifachen Kreis aus Licht, mit
menschlichem Antlitz, die Liebe, die das All regiert!
Dante schwieg. Da erhob Michelangelo die Stimme und sprach: Da nun
Gott, die Ewige Liebe, gepriesen ist, wollen wir den Sohn der Ewigen
Liebe preisen, den Menschen! Ich sah den Menschen, Adam, liegen im
Schoß der Mutter Erde, Adama, sah ihn liegen nackt auf der Wiese im
Garten Eden, ausgestreckt in seinem Körper, wie ein junger Apollo,
schuldlos lag sein Penis in dem Tal seiner Scham, und Adam streckte den
Arm und die Hand aus nach Gott. Wahrlich, über Adam sah ich den Herrn,
den Ewigen, den himmlischen Vater schweben auf der Wolke der
Herrlichkeit des Herrn. Der Uralte an Tagen hatte weißes Haupthaar und
einen weißen Bart, weiß wie Schnee, er trug einen purpurnen Mantel. In
den Armen des himmlischen Vaters aber sah ich Frau Weisheit, die Hagia
Sophia, eine strahlende Jungfrau, nackt wie eine himmlische Venus, schön
zum Entzücken! Denn Frau Weisheit spricht selbst: Als der erste Mensch
noch allein im Garten Eden war, er, der Vater der Menschheit, da war
Sophia bei ihm. Und als Adam in Sünde gefallen war, da richtete Sophia
Adam wieder auf und machte ihn zu einem König aller Geschöpfe, zu
einem kleinen Gott auf Erden! Nämlich der himmlische Vater hatte mit
dem Finger Gottes den heiligen Geist in Adam eingegossen, daß Adam
eine lebendige Seele ward, ein Geist und ein Partner der Hagia Sophia und
ein Ebenbild und Gegenüber Gottes, ja ein Mitregent Gottes, ein Partner
Gottes, des Herrn!
Da sprach Pico: Gott spricht zum Menschen: Mitten in die Welt hab
ich dich gestellt, damit du um dich schaust und siehst, was in der Welt ist.
Ich schuf dich als ein mittleres Wesen, nicht als ein himmlisches Wesen,
aber auch nicht als ein irdisches Wesen, ich schuf dich nicht als ein
unsterbliches Wesen und nicht als ein sterbliches Wesen. Du sollst dein
eigner Überwinder und dein eigner Bildner sein und dich bilden zu einem
Bilde Gottes. Du kannst zum Tier dich erniedrigen in animalischer
Triebhaftigkeit oder dich zu einem gottähnlichen Wesen wiedergebären im
Geist. Die Tiere bringen aus dem Mutterleibe alles mit, was sie haben
sollen in ihrem irdischen Dasein. Und die himmlischen Geister sind vom
ersten Hauch des Mundes Gottes an so beschaffen, wie sie sein sollen in
der Schönheit der Engelshierarchie. Du allein, o Mensch, hast eine
Entwicklung, ein Wachsen nach der Freiheit deines Willens, du hast den
Keim eines universellen Lebens in dir, ein All zu sein und ein Spiegel
Gottes!
Es klopfte an der Tür und Dante rief: Ja! Da trat Gemma, Dantes
unberühmte Ehegattin, herein und sprach: Soll ich die Speisen auftragen?
Ja, sprach Dante, wir wollen nun speisen. Gemma trug auf den Tisch die
Platten mit weißem Fladenbrot und Gemüse auf, mit Oliven und
Schafskäse, Karaffen mit Wasser, und brachte eine Flasche Wein herein
und reichte sie Dante. Dante verbarg mit seiner Hand das Etikett und
schenkte einen Schluck in einen kristallenen Kelch ein, den er
Michelangelo reichte, der als der vorzüglichste Weinkenner galt. Nun,
Michelangelo, sprach Dante, was ist das für ein Wein? Michelangelo
betrachtete die Farbe, schaukelte den Wein im Kelch und roch am Duft des
Weines, nahm dann einen Schluck und bewegte den Wein auf den
Geschmacksknospen der Zunge und des Gaumens. Er meditierte über all
diese Sinnlichkeit und sprach dann: Ich meine, das ist ein vierzigjähriger
Wein aus Shiraz. Wahr gesprochen, sagte Dante, den hat mir mein Bruder
in Apoll Hafis geschickt, der ein Anhänger des Propheten Mohammed ist,
und der ebenfalls von der Muse geküsst worden ist und darum mein
Bruder ist. Er schrieb mir, ich solle den Wein aus Shiraz zum siebenten
November auf das Wohl Platons trinken, denn er sprach: Unsere
arabischen Philosophen schwören auf den Aristoteles, aber Rumi und
Hafiz leeren ihren Becher auf Platon, den Propheten der Schönen Liebe!
Nun schenkte Dante allen seinen Gästen ein. Gemma verschwand leise,
durch die Tür schaute noch Dantes dreijähriger Liebling Giovanni, Dante
küsste ihn und segnete seine Nachtruhe (Raffael, als er den kleinen
Liebling Dantes sah, zeichnete im Geist einen kleinen Amor). Nun
begaben sich die weisen Männer zum keuschen Mahl und mäßigen
Trinken. Dante sprach: Wie es unserer Ordensregel entspricht, wollen wir
nun der heiteren, leichten Muse die Ehre geben.
Der wie ein Engel reine Raffael lächelte lieblich und holdselig und sprach:
Dann will ich euch von Galathea erzählen. Ihr spracht wohl viel von Adam
als dem Herrn der Schöpfung, ich aber will euch von Galathea erzählen,
der schönen Frau als Krone der Schöpfung und Höhepunkt des
schöpferischen Eros. Wir müssten die ganze Mythologie der Griechen
bemühen, und zwar nicht allein die der olympischen Götter, sondern auch
der archaisch-pelasgischen Urwesen, um das Fest zu feiern, dessen
Höhepunkt die Offenbarung der göttlichschönen Galathea ist. Aber das
mag ein weiser Poet tun, ich will allein euch meine Galathea schildern, um
euch zu euren sinnlichen Gaumenfreuden auch im Geist eine sinnliche
Augenweide erscheinen zu lassen. Wohlan denn! Pygmalion war ein
antiker Künstler, der in seiner Seele noch die Erinnerung trug an das
himmlische Urbild der Schönheit. Er hatte vor seiner Empfängnis im
Mutterschoß Frau Schönheit in der Ideenwelt immer und ewig betrachtet.
Nun in seiner Seele erinnerte er sich an die himmlische Schönheit und
schuf nach dem Vorbild dieses Urbilds das Kunstwerk einer Göttin der
Schönheit. Er bildete in dieser Aphrodite die vollkommene Schönheit eines
Frauenkörpers, den Inbegriff der Charis, des Liebreizes, des Entzückens,
des Charmes, der Anmut und der Schönheit. Er schenkte diese makellose
Aphrodite dem Heiligtum der makellosen Schönheit in Alt-Paphos, das in
früheren Zeiten Marion hieß. Dort ward die Aphrodite-Statue im
Aphrodite-Tempel aufgestellt. Pygmalion aber sehnte sich so sehr nach
dem Geschöpf seiner eigenen Hände, dem Inbild seiner Seele, daß er eines
nachts in den Tempel der Aphrodite von Marion trat und anschaute die
makellose Aphrodite. Da ward er von solcher Lust entflammt, daß er die
nackte Marmorgöttin umarmte mit der Glut seines Leibes, ob er den Stein
erwarmen könne und dem Götzen Leben von seinem Leben einhauchen
könne. Da hörte er leise eine Stimme, eine zärtliche Frauenstimme flüstern
wie einen seliger Geist, der in dem Tempel der reinen Schönheit wohnte:
Mein Liebling, ich will dir ein lebendiges Abbild meines himmlischen
Urbildes zur Geliebten schenken! Geh nur in der Morgenröte des ersten
Tages der Woche an den Strand von Zypern und zwar bei Petra tou
Romiou, dann will ich dir die fleischgewordene Himmelsschönheit
erscheinen lassen als eine wahrhaft lebendige Frau. Pygmalion vertraute
dem Genius der makellosen Schönheit von Marion und trat am Sonntag
Morgen in der Morgenröte an den Sandstrand von Petra tou Romiou. Da
sah er, und siehe, was er sah, war Galathea auf dem Meer! Das lichtblaue
Meer und der lichtblaue Himmel bildeten eine einzige Unendlichkeit, ein
einziges absolutes Licht. Im Himmel flogen die himmlischen Kinder,
nackte geflügelte Knaben mit Pfeil und Bogen, und schossen die feurigen
Pfeile der Liebe! Im Meer erhob sich der bärtige Meergott und umarmte
lüstern eine nackte vollbusige Nymphe! Die Rosse des Meeres ritten auf
der Brandung und die Delphine schossen durch die glänzenden Fluten!
Tritonen bliesen die Hörner und Sirenen sangen verlockende Lieder der
süßen Lust! Auf dem Muschelthron der Venus aber stand Galathea, die
milchweiße Göttin, die herrliche Menschengöttin in vollkommener
Schönheit! Ihr rosenroter oder blutroter Umhang wehte im Winde und
offenbarte viel vom schönen nackten Körper! Nackte Beine wie feste
Säulen, kräftige Arme, die Zügel straffend, der bloße Bauchnabel und die
bloße Hüfte, allein die Scham war keusch verhüllt vom glühenden Stoff,
die drängenden Brüste zusammengedrückt von den Armen quollen lustvoll
aus dem wehenden Kleid, der lange schlanke Hals wie der Hals einer
Schwanin wendete sich um und nach oben zu dem göttlichen Kind mit
dem feurigen Liebespfeil, ihre Augen voll flehender Sehnsucht und
zärtlicher Liebe, ihre rotblonden Locken frisch und frei in frohlockender
Fülle flatterten in dem Meerwind! Sie war die lebendige Flamme der Liebe
auf dem Ozean der Schönheit! Das Feuer der Liebe, das Meer der Wollust,
der Äther der göttlichen Kinder und die Muschel der Venus, dies alles war
die elementare Allmacht der natürlichen Liebe Gottes in der Schöpfung!
Das Mahl war beendet. Dante stieg in den Weinkeller, einige Flaschen
Eilfer heraufzuholen, denn nun begann der dritte Teil des Abends, das
philosophische Gespräch. Die Männer tranken den Eilfer und mit dem
Eilfer das Feuer der Inspiration. Petrarca begann zu sprechen.
Lieben Brüder, der Funke der Liebe zur Antike glühte immer im
Christentum, aber ich hab ihn neu entfacht. Ich liebe aber nicht allein die
Form der Antike, sondern mehr noch den Geist der Antike, nämlich den
Menschen im Kosmos. Ich hatte den Mont Ventoux in der Provence
bestiegen, und als ich den Gipfel erreicht hatte, schlug ich die
Konfessionen des heiligen Augustinus auf und fand die Stelle, da er davon
spricht, daß die Menschen alles unternehmen, die Welt zu erringen, aber
keiner kümmere sich um seine Seele. So sagte ja Augustinus einmal: Gott
und meine Seele, etwas anderes interessiert mich nicht. So sagt ja auch das
Orakel von Delphi: Erkenne dich selbst! Und Augustinus ergänzt: Erkenne
dich selbst, erkenne deine Seele, steige hinab in dein Herz und du findest
Gott! Aber die Menschen staunen die Pyrrenäen an oder erfreuen sich am
Atlantik oder am Mittelmeer, sie betrachten die Drei Schönen des
Sommerhimmels, Adler, Schwan und Leier, aber sich selbst lassen sie
unbeachtet, vor sich selbst bleiben sie ohne Bewunderung. Ich aber will
bewundern mein persönliches Seelenleben, ich will ergründen die
Geheimnisse meines Ich. An die Stelle einer anonymen Einordnung in die
objektive Ordnung der Kirche tritt das religiöse Selbst, das gottsuchende
Subjekt, das fromme Inidivduum. Aber in mir erwacht nicht nur der
Mensch, in mir erwacht auch die antike Liebe zur Natur, zum Kosmos, ja,
in mir erwacht geradezu eine epikuräische Lust! Und dennoch lebt in mir
auch die Erkenntnis der Eitelkeit alles Irdischen und meine Seele sehnt
sich nach dem Himmel, nach Gott! Zwei Seelen sind in meiner Brust, die
Erde und der Himmel, die Antike und die Kirche, mein Blut und das
Gesetz Gottes. Der Strom der Antike war bisher ein kleiner Strom im
Wasserbett der Kirche, nun ist der Strom der Antike ein großer reißender
Strom geworden, angeschwollen zu einem gewaltigen Strom, der allein
dahinströmt im Bett der Menschheit. Wo aber in all den gewaltigen
Seelenbewegungen wahre ich die Einheit meiner Person? Ist es die
Ordnung der Kirche? Ich kann mich nicht allein als ein unwissendes Glied
an ein Ganzes anschließen, ich will selbst ein Ganzes sein. Ich entwickle
die Ganzheit und Einheit meiner Persönlichkeit in einem ideellen
humanistischen Kloster. Das goldene Maß des Horaz ist die einzige
Klosterregel. Das immerwährende Gebet ist das immerwährende Studium
der Weisheit. Cicero war der Seelenführer des heiligen Augustin, so sei
Horaz mein Seelenführer, so wie Virgil auch Dantes Seelenführer war. Wir
stehen hier aber auf römischem Boden, unser humanistisches Kloster steht
auf römischem, und das heißt christlichem Boden. Unser Kloster ist ein
Koster der Liebe, unser Herz gehört der Liebe, unser Herz ist erfüllt von
einer Unrast und verzehrenden Sehnsucht nach Liebe, die keine irdische
Freundschaft und Liebe stillen und befriedigen kann, als allein die absolute
ewige Liebe selbst! Diese absolute ewige Liebe ist der absolute Wert auch
der Wahrheit und Weisheit, der Prüfstein, an dem sich alle Weisheit der
Antike messen lassen muß. Und wäre es selbst der heilige Platon, wenn er
vom Absoluten mich hinwegzöge zu relativen Werten, so müßte ich ihn
verachten (dem ist aber nicht so). Ich lese das Symposium Platons und die
Aenäis Vergils so, daß mir das Evangelium Christi immer mitklingt in
meinem Innern. Denn der Logos des Evangeliums ist der Logos
spermatikos der Antike. Diesen Logos spermatikos der antiken Weisheit
liebe ich mehr als selbst die Tugend und die Poesie liebe ich mehr als
selbst das Leben! Aber nicht Vergil und Horaz, meine Lieblingsautoren,
haben mich zu dem gemacht, der ich nun bin, ein Seher und Sänger, der
noch in fünfhundert Jahren gelesen und verstanden wird, sondern mich
machte zum Menschen der heilige Augustinus! Dieser Fürst der
abendlänischen Mystik hat einen unbeschreiblichen Einfluß auf meine
Seele, so sehr, daß ich von ihm nur in scheuer Verehrung reden kann. Er ist
der Vater meiner christlichen Seele! Dieser gewaltige Charakter hatte nach
schweren Kämpfen mit seinem Blut eine wahre Bekehrung erlebt. Diese
Erschütterung hatte zusammen mit den Seelenstürmen, die er noch zu
durchstehen hatte, ihn zu solcher Tiefe der Selbstbetrachtung geführt, die
als Selbstbetrachtung zugleich und vor allem Gottesbetrachtung, ja
Gotteslob und Anbetung war! Augustin stand an der Wende der Antike
zum Mittelalter, ich aber stehe nun an der Wendung des Mittelalters zur
Wiedergeburt der Antike im christlichen Geist. Als Augustin auf dem
Gipfel des provencalischen Berges zu mir gesprochen hat, da wurde ich zu
dem, was ich bin, ein Christ und Humanist. Ich sah, daß alles unter der
Sonne eitel und nichtig ist verglichen mit der Betrachtung des Menschen,
der Seele, und Gottes im eigenen Herzen. Augustinus sprach: Ich war
immer aufgewühlt, seufzte und weinte und fand keinen Frieden. Ein
zerrissenes, blutendes Herz trug ich in meinem Busen, das nicht ruhig
werden wollte noch sich trösten lassen wollte, und ich fand keinen Ort, wo
ich es zur Ruhe hätte betten können. Weder im schönen Garten noch bei
Kinderspielen oder Spaziergängen, weder auf den Feiern noch bei den
Trinkgelagen, weder in den nächtlichen Zelebrationen mit den Venus-
Nonnen noch bei Büchern oder Gedichten fand meine Seele Ruhe und
Frieden. So erging es Augustinus. Aber dann erlebte sein Herz die
Bekehrung zur Schönen Liebe! Er wurde von der Krankheit seiner Seele
geheilt. Er wandte sich mit dem ganzen Herzen der Schönen Liebe zu. Die
Schöne Liebe wurde die Mitte seines Herzens und Lebens. Wenn er
spricht, so spricht er mit der Schönen Liebe im Gebet, wenn er dankt, so
dankt er der Schönen Liebe, wenn er klagt, so klagt er der Schönen Liebe,
wenn er singt, so singt er den Lobgesang der Schönen Liebe. Sein
Bekenntnis ist der einzigartige Jubel seiner Seele, daß sie die Schöne Liebe
gefunden hat! Ich bin aber Intellektueller und Ästhet. Das Schuldgefühl
erwirkt mir Heimweh der Seele in den Ort des ewigen Friedens. Ich bin in
erster Linie ein ästhetischer Mensch, nicht ein religiöses Genie oder gar
ein Heiliger. Ich verzichte weder auf die schöne Form noch auf den
Nachruhm als Dichter. Meine Seele ist voll von dem bittersüßen
Weltschmerz, der Melancholie, der romantischen Seelenzerrissenheit.
Meine Tugend ist stoisch und meine höchste Weisheit die der Apathie. Ich
erkenne die Eitelkeit aller weltlichen Güter, ganz wie die antiken Meister.
Mein Thema ist die natürliche menschliche Schwäche. Darum lehre ich,
das Herz an nichts und niemand zu hängen, denn alles Irdische ist eitel.
Darum trink deinen Wein und pflücke den Tag!
So sprach Francesco Petrarca und hob den Kelch mit dem Eilfer und trank
auf den Logos Spermatikos, die Weisheit der Alten! Nun erhob Marsilio
Ficino die Stimme:
Mich erfüllte von Jugend an der platonisch-pädagogische Eros. Zum
Platonismus zog mich eine innere Wahlverwandtschaft. Ausgedehnte
Studien sollen mir das Fundament bilden einer freien Geistesbildung, in
der immer die Stimme des Gemüts mitschwingt. In meiner Jugend sagte
Cosimo de Medici über mich: Dieser Jüngling, der den Platonismus nur
aus seinem Abglanz kennt und doch so vom heiligen Eros für den
Idealismus glüht, wird sich gewiß noch zum vollkommenen Platoniker
entwickeln, zum Arzt der Seelen. Cosimo schenkte mir eine schöne
Wohnung und ein kleines Landgut. Boden unter den Füßen zu haben, ist
die beste Voraussetzung für den Dienst der Muse. Ich lernte anspruchslose
Bedürfnislosigkeit. Cosimo sorgte dafür, daß ich nicht nur alle Texte
Platons, sondern auch Plotins besaß. In Cosimo war der Gedanke der
Platonischen Akademie entzündet worden und ich bin es, der dem
Gedanken Leib und Seele gab. Ich führe die platonische Tradition auf
Zoroaster zurück, den Propheten des Guten, ich führe sie zurück auf den
ägyptischen Priesterkönig Hermes Trismegistos, dessen Schriften wir vor
kurzem entdeckten. Es besteht ein fortlaufender Zusammenhang in der
hellenistischen Philosophie, angefangen bei den uralten Quellen,
fortgeführt von Pythagoras, über Plato bis zum Neuplatonismus und seiner
Wiederauferstehung in der katholischen Philosophie. Mir scheint zur Zeit
die Hypothese wahrscheinlich, das sich die gesamte Tradition dieser
Philosophia aus einer Uroffenbarung an Hermes ableitet. Die Wahrheit des
Urplatonismus sozusagen wird bestätigt durch die Liebe des heiligen
Augustinus zu den platonischen Ideen und auch der Tatsache, daß der
heilige Dionysios vom Areopag, der Schüler des Apostels Paulus, in seiner
mystischen Geheimlehre die platonische Philosophie auf dem Fundament
Christi weiterentwickelt. Die Lehren Platons stehen der christlichen
Religion so nahe, daß der heilige Augustinus ein Dankgebet zu Gott
emporschickte, als die Bücher Platons in seine Hände gelangten. Wir
wollen philosophische und religiöse Betrachtung in eiinem vornehmlich
kontemplativen Leben vereinen. In der Vergeistigung des Sinnlichen und
der hohen Auffassung der Liebe richte ich mich nach meinem Meister
Platon (wiewohl einer meiner Schüler aus Liebe sagte, ich hätte den
Meister in meinem Dialog der Liebe noch übertroffen). Meine Ideale
werden besonders von den Deutschen geschätzt. Alle Germanen sind
meine Germani, meine Brüder. Ich grüße Paracelsus und Agrippa von
Nettesheim und vor allem Albrecht Dürer, dessen Ikone der heiligen
Madonna Melencolia mich zu meiner Philosopühie der Melancholie
inspiriert hat. Ich meine nämlich, das Leben und Dasein an sich ist ein
Zustand der Melancholie. Es ist die Sehnsucht nach der göttlichen Heimat,
das Heimweh der Seele. Aber diese Melancholie als die Mutter der Musen
inspiriert den melancholischen Menschen zur Kontemplation. So wird der
Mensch ein Philosoph. In seiner Philosophie ist er aber ein Freund der
Sophia, der ewigen Weisheit. In der Betrachtung der göttlichen Weisheit
versuchte er, mit Platon gesprochen, so weit wie möglich der Gottheit
nahezukommen und ähnlichzuwerden. So ist die melancholisch-
kontemplative Philosophie ein Weg der Ähnlichwerdung mit der Gottheit
oder, mit den Griechen gesprochen, eine Gottwerdung des Menschen
(gemäß der Menschwerdung Gottes).
Da schwieg Ficino. Pico della Mirandola hob seine Stimme und sprach:
Germanischer Abkunft bin ich, tiefsinnig wie ein Germane, lieben Brüder.
Griechisch studierte ich bei den Griechen, Hebräisch bei den Hebräern,
Philosophie in ihren Quellen. Man warf mir meine Beschäftigung mit der
allgemein verhassten Scholastik vor. Sechs Jahre lang verzehrte ich meine
Jugend und opferte meine Nächte unverdrossen für das Studium des
engelgleichen Thomas von Aquin. Diese Zeit war nicht verschwendet.
Verschwendet ist vielmehr die Zeit, die andere mit Stilblüten und
Redewendungen verbringen. Auch die barbarischen Scholastiker besitzen
Geist, wenn auch keine Süßigkeit auf der Zunge, aber im Busen reines
Gold. Das Ziel des Menschen ist der geläuterte Zustand eines reinen
Geistes. Dazu dienen vor allem die christlichen Mysterien, aber ihm
nützen auch die antiken und die jüdischen Mysterien, sie führen zur
Enträtselung der dunklen Natur, zur Vergeistigung und Unsterblichkeit.
Wer wünschte nicht, das Feuer des Sokrates zu besitzen und sich von
Sokrates auf dem irdischen Jammertal zu den Gipfeln des himmlischen
Jerusalem hinantragen zu lassen? Lassen wir uns von sokratischem Feuer
erfüllen, dann erlischt in uns das menschlich-irdische und wir gehen ein in
das Wesen des Seins selbst, das All-Eine. Die heilige Theologie wird uns
mit doppelter Erkenntnis beglücken. Im geheimnisvollen Schatten der
platonischen Höhle erschauen wir die unwandelbaren Wesenheiten, deren
Dauer zeitlos ist, das reine Sein, die unbefleckte Schönheit und die ewige
Liebe. Nur durch Frömmigkeit und Läuterung gelang man in solche
Sphären, wo für gemeine und niedere Geister kein Wohnrecht ist, zum
Licht. Das ist die Summe aller Weisheit. Alle Weisheit und alles Studium
soll zur Vergeistigung führen. In den philosophischen Studien ist der
einzige Lohn die Kultur der Seele und die Erkenntnis der Wahrheit. Wer
die Totalität der Natur erkennt, der fiindet auch zum Bilde des Menschen,
der er selber ist. Niemand aber kann allein den Weg gehen. Darum hat die
ewige Weisheit uns als Gemeinschaft der Heiligen die unsterblichen
Meister der Weisheit zu Führern gegeben. Die Übereinstimmung und
tiefere Einheit aller Philosophien beweist, daß dem menschlichen Streben
nach Erkenntnis und Wahrheit die gleiche und einzige Sonne leuchtet, die
ewige Idee des göttlichen Lichts. Zu den Meistern der ewigen Weisheit
zähle ich Platon und Aristoteles, Thomas von Aquin, griechische Weisheit,
arabische Weisheit, jüdische Weisheit, christliche Weisheit, Plotin und
Jamblichus, der mit den geheimnisvollen Mysterien des Morgenlandes
bekannt macht. Wenn auch manches in den Lehren dieser Weisen von
einander abzuweichen scheint, so scheint mir doch eine geheimnisvolle
tiefere Einheit vorhanden, die sie alle als Offenbarungen der einen ewigen
Weisheit auszeichnet. Aus dem Morgenland kam die Weisheit, die
Griechen pflegten sie, bis sie zu den Römern kam. Die Lehre der
platonischen und neuplatonischen Schule ist nach dem Zeugnis des
heiligen Augustinus ein heiliges Eigentum der wahren Philosophia. Aber
ich hisse nicht die Fahne des Platonismus als eine Kampfansage an den
Aristotelismus. Meiner Ansicht nach vertragen sich die beiden Systeme
sehr gut, meine Aufgabe scheint es zu sein, ihre geheimnisvolle innere
Übereiinstimmung zu beweisen oder die Identität von Idee und Form, von
Höchstem Gut und Erstursache. So glaube ich auch fest und bin überzeugt
von der Identiität von Glauben und Wissen, denn die natürliche
Offenbarung der Vernunft und die göttliche Offenbarung Christi bezeugen
nur die Eine Wahrheit, ja, es kann keine zwei Wahrheiten geben, die
Wahrheiit ist Eine. Platon und Aristoteles lehren die Eine Wahrheit,
Platons Lehre steht im Zusammenhang mit der natürlichen Urweisheit, der
Uroffenbarung der natürlichen Philosophie, die in keinem Widerspruch zur
göttlichen Offenbarung Gottes in Christus steht oder auch nur stehen
könnte. In diese Offenbarung der ewigen Weisheit wollen wir den
Aristotelismus und die Scholastik ebenso einbeziehen wie die heiligen
Lehren der jüdischen Kabbala. Alle diese Meister bezeugen einen
erhabenen Eros, den heiligen Eros für die Weisheit, für die Wahrheit-
Schönheit und für das höchste Gute. Alle diese Weisheit der unsterblichen
Meister lehrt den mystischen Eros zur Gottheit, der All-Einheit.
Dante sprach: Lieben Brüder, verehrte Meister! Es ist spät geworden. Der
Wein ging zur Neige. Ich danke dem himmlischen Zeus und Christus
unserm Heros! Möge Maria, die graziöse Nymphe, euch alle segnen! Sankt
Plato, ora pro nobis!

DAS FEMININE ANTLITZ GOTTES

„O divina!“
(Puschkin)

„Ecce femina!“
(Puschkin)

ERSTER TEIL

1
Gott der Herr formte den Menschen aus dem Staub der Erde und blies in
seine Nase den Odem, so daß der Mensch ein lebendiges Wesen wurde.
Gott schuf Mann und Frau nach seinem Bilde und segnete sie und gebot
ihnen, fruchtbar zu sein und sich zu mehren und die Erde zu beherrschen.
In Genesis 2 schuf Gott den Mann aus dem Staub der Erde und gab
ihm die Tiere zu Genossen. Als diese sich als nicht geeignete Genossen
erwiesen, schuf Gott die Frau aus der Seite des Mannes. Der Mann
erkannte die Frau als Fleisch von seinem Fleisch und Bein von seinem
Bein. Es ist wie im mesopotamischen Heldenepos Gilgamesch, da der
wilde Mann Enkidu, der mit den Gazellen lebt, erst von einer Frau, einer
Priesterin der Liebe, zivilisiert und humanisiert wird.
Gott schuf nicht nur die ersten Menschen, sondern Gott ist auch
zuständig für die menschliche Empfängnis. Er ist es, der den Mutterschoß
öffnet. Gott schafft das Kind und gestaltet das Kind im Mutterschoß und
bringt es zur Geburt und hütet es in seiner Entwicklung.
Auch im Verhältnis zum Gottesvolk Israel ist Gott in dieser Rolle.
Gott ist die Macht der Empfängnis und des Gebärens. Gott ist die
barmherzige, mitleidvolle Mutter, die bewacht Israels erste Schritte. Israel
wird wegen seiner Gottvergessenheit angeklagt wie einer, der seine Mutter
vergißt: Du hast vergessen den Berg, der dich trug, du hast vergessen Gott,
der dich geboren hat. Moses beklagt sich, daß es ihm zu schwer wird, das
Volk Israel zu tragen durch die Wüste und erklärt, daß es Gott ist und nicht
Mose, der Israels Mutter ist: Hab ich dies Volk empfangen? Gab ich ihnen
in der Geburt das Leben, daß du nun zu mir sagst: Trage sie an deinem
Busen wie eine Amme einen Säugling trägt?
Gott kann in Bezug auf Israel mit einem mächtigen Krieger und einer
fleißigen Frau verglichen werden: Nun schreie ich wie eine Frau bei der
Arbeit, ich werde stöhnen und seufzen! Der Psalmist ruft Gottes Hilfe und
erinnert Gott: Du hobest mich aus dem Mutterschoß und ließest mich
geborgen sein an den Mutterbrüsten. Durch Jesaja erinnert Gott Israel, daß
er geboren ist von Gott in seiner Geburt und getragen von Gott vom
Mutterschoß an.
Gottes mütterliche Fürsorge für Israel währt das ganze Leben. Sie ist
schöpferisch und erlösend. Bis in dein Alter bin ich derselbe, selbst wenn
du graue Haare hast, werde ich dich tragen. Ich habe dich gemacht und
werde dich tragen. Ich werde dich tragen und retten. Gottes liebende Sorge
für Israel ist größer noch als die Mutterliebe: Kann eine Frau ihr Kind
vergessen, die Frucht ihres Leibes? Und selbst wenn sie dich vergäße, ich,
dein Gott, ich vergesse dich nicht!

Das Mädchen spricht: Küsse mich mit den Küssen deines Mundes, denn
deine Liebe ist berauschender als der rote Wein! Deine Salben duften, dein
Name ist wie ein ausgegossenes Parfüm. Das Mädchen arbeitet im
Weinberg, dazu beauftragt von den Söhnen ihrer Mutter. Sie ist schwarz
und schön. Schaut mich nicht an, daß ich so schwarz bin! Die Liebenden
liegen in Liebesumarmungen umschlungen, ihr Körper duftet wie Narde
aus Indien, sein Körper liegt zwischen ihren bloßen Brüsten, sie vergleicht
ihn mit zyprischen Hennablüten, die so berauschend duften, und mit
Myrrhe, die zerrieben lieblich duftet.
Die junge Geliebte vergleicht sich selbst mit einer Rose der
Scharonwiesen am Fuße des Karmel und mit einer Lilie im Tal,
wildwachsenden Blumen. Den Geliebten vergleicht sie mit einem
Apfelbaum inmitten des fruchtlosen Waldes der andern Kerle. Sie verlangt
nach seinem süßen Geschmach und fleht: Erquicke mich, erquicke mich
mit Rosinenkuchen, labe mich mit Äpfeln, denn ich bin krank vor Liebe!
Oh wie sanft liegt deine linke Hand unter meinem Haupt und wie liebevoll
umfängt mich dein rechter Arm! Mein Geliebter ist wie ein Gazellenbock,
wie ein Hirsch, der über die Hügel springt. Mein Geliebter tritt an mein
Fenster und spioniert durch das Fensterloch, die Geliebte im Bett zu
betrachten! Er flüstert ihr zu: Erhebe dich, meine Schöne, und komm, denn
der Winter ist vergangen, der Schnee ist fort, die Zeit der Liebe ist
gekommen!
Der Geliebte verschwindet. Die Geliebte ruft ihn aus ihrem Bett, aber
er gibt keine Antwort. Sie schlüpft aus hrem Haus und eilt durch die
Straßen, aber sie findet ihn nicht. Schließlich findet sie ihn und bringt ihn
iin das Haus ihrer Mutter.
Erneut erscheint er vor ihrer Kammer und steckt die Hand ins
Schlüsselloch, das Schlüsselloch trieft von Salbe, die von seinen Fingern
tropft. Ihr Inneres wallt und wogt ihm entgegen!
Ihre Freundinnen fragen sie: Was hat dein Geliebter vor andern
voraus, daß du ihn so suchst? Da singst sie den strahlenden Glanz seiner
Schönheit, sein Leib ist ganz aus Marmor! Dann geht sie dahin, wohin er
vorausgegangen ist: In seinen Garten, zu den Beeten mit den Kräutern,
wandle ich, wo er weidet seine Lämmer in den Lilienwiesen und wo er die
Blumen pflückt. Sie erklärt ihre Vereinigung: Ich bin meines Geliebten und
mein Geliebter ist mein!
Wie sie seine Schönheit gepriesen hat, so preist er entzückt nun ihre
Schönheit: Wie lieblich sind deine bloßen Füßen in den goldenen
Sandalen, meine Prinzessin! Deine Schenkel sind wie goldene Spangen,
geschmiedet von einem großen Künstler! Dein Becken ist wie ein Becher,
dem nie der Rauschtrank mangelt! Dein Körper ist wie ein Bündel
Weizengarben, umwunden mit Kornblumen, Wiesenkerbel und Wildmohn!
Du bist wie eine hohe Palme, Geliebte, und deine Brüste sind süß wie
Datteln! Ich will die Palme besteigen und ihre Wedel umfangen, ich will
pflücken die Dattelfeige! Deine Brüste sind wie pralle Trauben am
Weinstock, ich will mich berauschen an dem prallen Reichtum deiner
Brüste! Deine Küsse machen mich selig trunken wie die Küsse des
Weines, der lieblich in mich einströmt, daß ich trunken im Schlummer
selig lalle!
Die Geliebte ruft dem Geliebten zu: Komm in die Aue, komm in den
Weinberg und laß uns schlafen unter Henna! Die Blüten sind aufgegangen
und die Granatäpfel sind schon reif! Ich will dir meine Liebe hingeben!
Setz mich wie ein Siegel auf dein Herz und wie einen Ring an deine
Hand! Meine Brüste sind wie Türme! Mein Weinberg ist für dich, mein
Prinz, komm rasch, komm rasch, mein Geliebter: Rasch, mein Geliebter
und komm wie ein Gazellenbock auf dem duftenden Scheideberg!

Frau Weisheit sing ich und ihre Gegenspielerin, Frau Torheit. Höre, mein
Kind, spricht der Weise, höre auf die Mahnung deines Vaters und den Rat
deiner Mutter, folge nicht den Sündern, die dich in deiner Jugend
verführen wollen, eine Bande von Rebellen und Mördern. Komm mit uns,
sagen sie, wir morden unschuldiges Blut, unsere Opfer rauben wir aus und
all unsre Beute teilen wir untereinander.
Ist der Jüngling vor dieser Räuberbande erst einmal gewarnt, dann
beginnt Frau Weisheit auf den Straßen und Plätzen öffentlich zu reden.
Ihre Stimme ist freundlichernst nach Prophetenart und warnt und mahnt
die, die nicht auf sie hören wollen, vor dem Fall. Wer nicht auf die
Mahnungen der Weisheit hört, den wird Panik wie ein Sturm überfallen,
wie ein Wirbelwind kommt Unheil und Angst. Wer nicht auf Frau Weisheit
hört, dem kommt ihre Hilfe nicht zuhilfe, wenn sie im Unheil rufen. Dann
wird Frau Weisheit über sie lachen! Ich, spricht Frau Weisheit, lache die
Spötter aus uund verhöhne die Übeltäter am Tag ihres Unglücks!
Aber nicht alles ist verloren, denn noch ist eine Gnadenzeit zur
Umkehr gegeben. Wer umkehrt und im Lichtglanz der Frau Weisheit
wandelt, wiird ein gutes Leben haben. Die auf mich hören, werden sicher
und geborgen sein und sich vor keinem Unheil fürchten! Frau Weisheit
schenkt die innere Kultivierung der Seele, aber auch irdische Wohlfahrt
kommt aus ihrem Füllhorn. Wohlergehen, Gesundheit und Klugheit
schenkt Frau Weisheit, sie beschützt vor bösen Schicksalsschlägen, vor
den Launen der Fortuna, sie spendet ein erfülltes Leben und
Lebenssattheit, Wohlgefallen in den Augen der Menschen und
Wohlgefallen in den Augen Gottes! Heilung dem Körper und Erquickung
der Glieder schenkt Frau Weisheit, die Kammern füllt sie mit guten Gaben,
die Becher fließen über von leckerem Wein! In der rechten Hand der Frau
Weisheit ist ein Leben in Fülle und in der linken Hand sind gute Gaben
und ehrenhafter Ruhm! Sie ist der Lebenbaum denen, die sie umarmen,
und die sie umschlingen, werden glücklich sein!
Die Gegenspielerin der Frau Weisheit ist Frau Torheit, die Frau eines
fremden Gottes. Sie schmeichelt dir mit süßen, sanften Worten und
verspricht dir Glück, aber ihre Wege führen in die Hölle der bitteren
Schmerzen. Ihre Lippen fließen über von Milch und Honig, aber später
wird sie bitter wie Wermut sein, ihre Zunge schmeichelt dir sanft und
verspricht dir Liebkosungen, aber später wird sie wie ein scharfes Schwert
dir dein Herz durchbohren! Ihre Füße wandeln in das Schattenreich, ihr
Weg führt in die Unterwelt der Dämonen, ihr Ende ist der Tod! Frau
Torheit verlockt den Frommen, eine gottlose Frau zu heiraten, damit er
abfällt von seinem Gott, dem Herrn. Dann, spricht Frau Weisheit, dann
mein Sohn, wenn du deine Gaben bringst in das Haus der Frau eines
fremden Mannes, dann wirst du klagen, weil du arm geworden bist und
betteln mußt!
Frau Weisheiit lockt den Weisen mit süßen Worten leidenschaftlicher
Liebe: Mein Geliebter, trinke lebendiges Wasser aus deiner eigenen
Quelle, laß deine klaren Wasser dir allein strömen! Jauchze entzückt über
deine jugendliche Geliebte, die lichtstrahlende Jungfrau, die du geheiratet
hast! Sie ist wie eine liebliche Gazelle, wie ein sanftes Reh. An dem
Reichtum ihrer prallen Brüste berausche dich allezeit, laß dich sättigen von
dem überströmenden Reichtum ihrer Brüste! Mögest du selig werden in
der Ganzhingabe ihrer schönen Liebe!
Frau Torheit, die fremde Frau eines anderen Gottes, ist eine
Ehebrecherin, denn sie hat den Bund mit dem wahren lebendigen Gott
gebrochen und sich den Dämonen gewidmet. Sie ist verheiratet mit einem
fremden Mann. Aber wenn du, Mann, durch die Wiesen und Gärten
wandelst, dann lockt sie dich in ihr Haus mit den süßen Reizen einer
unkeuschen Ehebrecherin, mit all dem Zauber ihrer sinnlichen Schönheit
lockt sie dich in ihr Bett. Eine Hure kostet dich ein wenig Geld, aber die
Frau eines fremden Mannes kostet dich dein Herz!
Die Frau des fremden Mannes wartet am Anfang der Straße und am
Tor des Gartens und ist gekleidet verführerisch wie eine Hure, verlockend
zum wilden Taumel der Sinnenlust. Wenn der Spaziergänger in ihren
Garten tritt, dann verspricht sie ihm mit lüsternen Blicken eine
berauschende Liebesnacht in ihrem ägyptisch parfümierten Bett, wenn ihr
Mann auf der Arbeit ist. Mein Mann ist den ganzen Tag auf der Arbeit,
lispelt sie, und er kommt erst bei Sonnenuntergang nach Hauuse. So lange
wollen wir uns berauschen an den Wonnen der nackten Wollust! Wir
wollen spielen die Spiele der Liebe und uns ergötzen an Augenlust und
Fleischeslust! Das ist die sinnliche, irdische, teuflische Weisheit der Frau
Torheit.
Frau Weisheit ist eine liebenswürdige Gastgeberin. Ihr Haus gründet
auf sieben Säulen. Sie bereitet ihr Mahl aus Gemüse, sie gießt den besten
Wein in die Glaskelche und setzt sich mit dem Weisen an den Tisch und
speist und trinkt mit ihm. Iß von meinem Brot und meinem Fleisch und
trink mein Traubenblut, das ich dir eingegossen habe, sagt sie zu dem
Studenten der Weisheit! Lege die Einfalt ab und wandle auf dem Pfad der
Einsicht!
Frau Weisheits Rivalin, Frau Torheit, sieht aus wie die
Zwillingsschwester der Frau Weisheit. Sie lädt auch ein zu einem
Gastmahl. Aber ihr Wein ist Drachengeifer und ihr Brot ist gestohlen. In
ihrem Hause sind Dämonen Gäste ihres Tisches. Wie kann der einfache
Mann Frau Weisheit und Frau Torheit unterscheiden? Der sicherste Weg
ist, im unendlichen Haus Gottes zu bleiben und nicht zu den Götzen der
Heiden abzuirren.
Frau Weisheit schenkt nicht allein das Leben des Menschen, sondern
sie ist das Lebensprinzip des Kosmos selbst. Frau Torheit beherrscht nur
das Gebiet der Gottlosigkeit und des ewigen Todes. Frau Weisheit legte die
Fundamente der Schöpfung Gottes. Durch Frau Weisheit schuf der Herr
die Erde, durch Einsicht bildete Gott das Firmament. Frau Weisheit kam
aus Gott vor der Morgenröte der Schöpfung. Bevor irgendein Geschöpf
geschaffen wurde, wurde Frau Weisheit im Geiste Gottes gezeugt. Als Gott
die Tiefen schuf, die quillenden Wasser, die Höhen und Tiefen der Erde
und den fruchtbaren Grund der Erde, da war Frau Weisheit da. Frau
Weisheit ist Tochter Gottes, eingeborene Tochter Gottes und Gottes
Lieblingin, Gottes Partnerin und Mitschöpferin, Werkmeisterin und
Architektin des Kosmos und Künstlerin, die die Schöpfung gestaltete. Sie
ist Gottes Wonne und sein ewiges Entzücken! Ihre Wonne ist es, bei den
Menschenkindern zu weilen. Ihr Entzücken ist es, mit den
Menschenkindern auf Erden zu spielen! Frau Weisheit spricht: Ich liebe,
die mich lieben!
Sie ist das innere spirituelle Leben der Seele, zugleicher Zeit ist sie
das immanente Dasein des göttlichen Geistes, den Kosmos erfüllend: Sie
umgibt und erfüllt alle Dinge, denn sie ist ein Hauch der Kraft Gottes, eine
pure Emanation der Glorie Gottes, sie ist Reflektion des ewigen Lichts und
makelloser Spiegel des Aktes Gottes und die unbefleckte Ikone der
göttlichen Liebe!

Weisheit, das ist Sophia, ist der Selbstausdruck Gottes, Agentin Gottes in
der Schöpfung des Kosmos, durch die der Kosmos erhalten wird und
vollendet, die göttliche Vorsehung in der endgültigen Ordnung des
Kosmos ist sie und erfüllt das All mit der göttlichen Gegenwart. Sophia
steigt herab auf der Erde und spricht sich aus in der Torah, der irdischen
Manifestation Sophias. Sie bietet spirituelle Speise an, Brot und Wein
denen, die zu ihr kommen. Aber sie wird auch abgelehnt, mißverstanden
von den Gelehrten dieser Welt, offenbart sie sich den Kindern und den
Narren in Gott.
Jesus Christus ist diese göttliche Sophia! Diese Christ-Sophia stieg
herab vom Himmel, wo sie bei Gott in ihrer Gottheit war und hielt ihre
Gottheit nicht fest wie ein Diebsgut, sondern entäußerte sich ihrer
göttlichen Majestät und nahm auf Erden die Gestalt des armen
Gottesknechtes an, geboren im Fleisch, demütig das Schicksal der
Menschen teilend bis zum menschlichen Tode! Darum hat Gott erhöht die
Christsophia über alles, über alle Mächte im Himmel und über alles, was
auf der Erde und im Totenreich ist, daß sich alle Kniee beugen vor der
einen wahren Christsophia, die in Jesus Mensch geworden ist, und daß alle
Zungen bekennen, daß Jesus ist die wahre göttliche Sophia, zur Glorie
Gottes!
Die Christsophia ist die offenbare Ikone der unsichtbaren Gottheit,
die Erstgeborne aller Schöpfung. In der Christsophia sind alle kosmischen
und irdischen Mächte und Kräfte erschaffen, alle Wesen und Dinge sind
durch sie und in ihr und für sie erschaffen, sie ist vor allen Dingen und in
ihr halten alle Dinge zusammen. Die Idee, daß die Christsophia die
vereinigende Kraft des Kosmos ist, führte dazu, sie zum Haupt der Kirche
zu machen, der Kirche, die da ist die Schatzkammer der Weisheit oder
auch der mystische Körper der Christsophia! Die künftige
Wiedervereinigung des Kosmos mit Gott geschieht durch das Opfer der
Christsophia und das erlösende Blut Jesu! Sie ist der Anfang, das
Urprinzip, die Erstgeborne aus den Toten, daß in allem die Christsophia ist
die Erste! In der Christsophia wohnte die ewige Urgottheit in ihrer ganzen
Fülle, und durch die Christsophia wird alles, was im Himmel und auf
Erden ist, erneuert und wiederhergestellt in ursprünglicher Schönheit und
vereinigt mit Gott durch das Opfer des Blutes Jesu am Kreuz!
Gott sprach durch seine Propheten, zuletzt sprach Gott aber in Jesus
selbst. Jesus ist die Christsophia, Liebling Gottes, Schöpferin und
Erlöserin. Diese Christsophia ist Herrin aller Dinge, durch die Gott die
Welt erschaffen hat. Die Christsophia reflektiert die Glorie Gottes und ist
der Stempel der Gottheit und die Spur Gottes in der geschaffnen Natur,
und erhält das Universum durch das Wort ihrer Kraft. Sie reinigt die
Menschheit von der Sünde durch das Opfer Jesu und thront als
Christsophia und Liebling Gottes zur Rechten der Majestät in der Höhe,
erhöht über alle Throne und Seraphim und Cherubim, denn die
Christsophia ist die Königin und Herrin der Hierarchie der neun Chöre der
Engel, vornhmeren Wesens als der Engel des Herrn!
Die Christsophia erlöst die Gläubigen von der Herrschaft des Fürsten
dieser Welt, welches ist der Satan, dem Gott dieser Welt und Herrn der
dämonischen Mächte. Die Christsophia stellt wieder her die Ordnung der
kosmischen Mächte in ihrer Hinwendung zu Gott dem Herrn.
Unterdrückerische Königreiche auf Erden sahen die Propheten als irdische
Manifestationen englischer Mächte in ihrer Rebellion gegen den
Allerhöchsten. Die Christsophia in ihrem messianischen Heilswirken
überwindet diese rebellischen Mächte und restauriert den Kosmos in seiner
ursprünglichen Schönheit und Harmonie. Wer eintritt in die Gemeinschaft
der Erlösten und in den zukünftig wieder hergestellten Kosmos, der ist ein
Glied dieser unbefleckten Kirche, die der mystische Körper der
Christsophia ist, und wird so befreit von der Macht des Einflusses jener
dämonischen Mächte, die sich gegen Gott erhoben unter Führung Luzifers.
Jesus wird uns dargestellt als ein Lehrer und Prediger der göttlichen
Weisheit. Jesus spricht: Die Weisheit hat Propheten und Apostel gesandt,
die von Staat und Kirche der Juden und Römer getötet worden sind. Jesus
als die Jesus-Sophia selbst weint über die geliebte Stadt Jerusamlem und
wollte ihre Kinder unter ihren Flügeln sammeln, wie eine mütterliche
Henne ihre Küken unter ihren Flügeln sammelt, um sie zu beschützen.
Jesu Gemeinschaft mit den Sünderinnen und Sündern wird gerechfertigt,
weil die Weisheit gerechtfertigt wird durch ihre Werke, wie die Weisheit
gerechtfertigt wird durch ihre Kinder.
Im Johannesprolog finden wir den Hymnus auf den ewigen Logos als
eine Form der Hymne an die göttliche Sophia. Jesus war die göttliche
Weisheit, und die göttliche Weisheit war mit Gott und war Gott, und alle
Dinge sind durch sie geworden. Sie ist das Leben und das Licht der Welt.
Sie kam in die Welt, aber die Welt erkannte sie nicht. Aber alle, die sie
empfangen und aufgenommen haben, denen gab sie die Macht, Kinder
Gottes zu sein, nicht geboren von Menschen, sondern geboren von der
Gottheit!

ZWEITER TEIL

Die Weisheit der syrischen und griechischen Kirchenväter will ich sagen.
Heilig Geist ist im hebräischen und syrischen feminin, im griechischen
Neutrum, im lateinischen und deutschen maskulin, denn Heilig Geist ist
von keinem Geschlecht. Im Evangelium nach Philippus heißt es: Manche
sagen, Maria empfing vom Heiligen Geist. Sie wissen nicht, was sie sagen.
Kann ein Weib von etwas Weiblichem empfangen? Im Hebräer-
Evangelium ist Heilig Geist die Mutter Christi und die Kraft, die ihn
erhebt und bringt ihn auf den Berg der Verklärung, Tabor. Jesus spricht: So
tat meine Mutter, Heilig Geist, nahm mich bei einem meiner Haare und
brachte mich zu dem großen Berge Tabor!
Die syrischen Oden von Salomo singen herrlich das feminine Antlitz
Gottes. Gottes Wort ist Milch, die eine Mutter dem neugebornen Baby
gibt. Bei der Taufe wurde dem Getauften ein Becher mit Milch und Honig
gereicht. Dies ist die Speise des Neugebornen, Wiedergebornen. Aber es
sind auch die Ströme des Paradieses, das von Milch und Honig überfließt,
in das der Getaufte nun eingetreten ist.
Das Wort ist die Milch, und Gott ist der Gott mit dem Reichtum der
Mutterbrüste, an denen die Gläubigen saugen! Christus, die Weisheit und
Schöpferin der Menschheit, die Christus-Sophia spricht: Ich formte meine
Glieder und meine eigenen Brüste bereitete ich für sie, daß sie heilige
Milch trinken und durch sie leben! Der Gläubige spricht über Christus: Ich
wurde getragen wie ein Kind von seiner Mutter, und Christus gab mir
Milch, den Tau des Herrn. Der Dichter spricht: Wie Honig trieft von der
Honigwabe der Bienen und Milch strömt aus den Brüsten der Frau, die ihr
Kindlein liebt, so ist meine Hoffnung auf dich, o mein Gott!
Der Gläubige spricht: Ein Becher Milch ward mir gereicht und ich
trank die süße Freundlichkeit des Herrn. Der Sohn ist der Becher, der Vater
wurde gemolken und Heilig Geist melkte Gott. Gottes Brüste sind prall
und übervoll und seine Milch strömte nicht sinnlos von ihm. Heilig Geist
öffnete ihren Busen und mischte die Milch aus den Brüsten Gottes. Dann
reichte Heilig Geist, dann reichte sie diesen Mischtrank den Generationen
von Gotteskindern, und die die Milch empfingen, die ruhen an Gottes
Busen!
Der Schoß der Jungfrau Maria empfing die Milch Gottes und empfing
den Sohn und gebar ihn. So wurde die Jungfrau eine Mutter reich an
Gnade. Sie gebar ihn kraftvoll wie ein starker Mann und gebar den Sohn
mit großer Macht!
Heilig Geist erscheint als Taube. Dies ist die Taube der Liebe und die
Taube des Friedens. Die Taube schwebte über dem Haupt des Messias, sie
sang über ihm und er hörte ihre Stimme. Die Taube flattert über dem Nest
mit den Taubenküken. Der Gläubige ist im Nest wie in einem Schoß und
ruht im Mutterschoß selig, wie ein Embryo in dem Mutterschoß einer
liebenden Mutter, wie Jesus ruhte im Schoß Mariens. Die Schwingen der
Taube über dem Nest der Küken, die sperren ihre Schnäbel ihrem Schnabel
entgegen, so sind die Schwingen des Heiligen Geistes über meinem
Herzen. Mein Herz erquickt sich immer wieder und hüpft vor Freude wie
ein Embryo hüpft im Schoß der liebenden Mutter! Heilig Geist rauscht wie
ein Wind durch meine Harfe, so sing ich diesen Gesang!
Christus ist die Jungfrau Sophia, die ruft ihre Söhne und Töchter zu
sich! Wie vollkommen erhaben stand die makellose Jungfrau Sophia da
und rief ihre Söhne und die Töchter ihrer Söhne: Kehrt um und kommt zu
mir! Ich will in euch eingehen und euch erlösen von der Zerstörung und
euch weise machen auf dem Weg der Wahrheit! Heilig Geist gibt mir, dem
Dichter, Ruhe und trägt mich auf den Flügeln des Gesanges in die Glorie
Gottes, wo ich entzückt von der Schönheit Gottes diese Hymne singe!
Ich höre im Himmelreich das Hohelied: Der Bräutigam liebt die Braut, das
ist Christus, der die Seele liebt, und sie gehen zusammen in das Haus der
Mutter, die Mutter ist Gott!

Im Mittelalter blühte eine große Devotion zu Maria. Hunderte Kirchen


Unserer Lieben Frauen wurden gebaut. Der Marien-Altar ward Bestandteil
jeder Kirche. Reliquien ihrer Haare, ihrer Milch und ihrer Gewänder
wurden eingeschreint. Private Devotion wie das Gebet des Rosenkranzes
florierte, da der Gläubige allezeit mit Maria wie durch eine Nabelschnur
verbunden war. Kontemplative Menschen sahen sie in Visionen. Hymnen
zelebrierten alle Aspekte ihres Lebens, von der Makellosen Konzeption
über ihre Himmelfahrt bis zu ihrer Krönung im Himmel und ihrer
Apotheose, ihrer Vergöttlichung durch die Gnade der Allerheiligsten
Dreiifaltigkeit! Theologen disputierten über ihre besonderen Privilegien.
Aufgrund ihrer jungfräulichen Reinheit blieb ihr Körper vor
Verwesung bewahrt. Johannes von Damaskus sprach: Wie der gerechte
und heilige Körper Christi, der von Maria geboren worden, der Kröper, der
in hypostatischer Union mit dem göttlichen Wort vereinigt war, erhob sich
aus dem Grab am dritten Tag nach der Schrift, so wurde sie erhoben aus
dem Grab, die Mutter wurde heilig ihrem Sohn gesellt, und so wie er zu ihr
herabgestiegen war, so sollte sie zu ihm hinansteigen in den Himmel der
Himmel!
Der Feiertag der Himmelfahrt Mariens ist der fünfzehnte Tag des
Augustus. Dieses Fest ist gleich ehrwürdig mit dem Weihnachtsfest und
dem Osterfest. Die deutsche Seherin Elisabeth von Schönau sah Maria, im
Körper steiigend in den Himmel und dort gekrönt zur Himmelskönigin.
Der engelgleiche Hirte Pius der Zwölfte defiinierte dies als
Offenbarungswahrheit der katholischen Offenbarungsreligion.
Augustinus glaubte, daß Maria im Mutterschoß bereits von allen
konkreten Sünden bewahrt blieb. Die Kirchenlehrer diskutierten die Lehre
ihrer Makellosen Konzeption, der Freiheit Mariens von allem Makel der
Urschuld vom ersten Augenblick ihrer Empfängnis an. Es setzte sich die
Wahrheit durch, daß die Seele sich im Augenblick der Empfängnis mit
dem körperlichen Keim vereinigt, und das Maria von diesem Augenblick
der Verschmelzung der Seele mit dem Körper im Augenblick der
Empfängnis vom Makel der Erbschuld befreit gewesen ist durch die Gnade
des ewigen Wortes. Hier ist auch die Wurzel der Wahrheit, daß die Tötung
eines Fötus im Mutterschoß ein abscheulicher Greuel ist, den Kinderopfern
an Moloch gleich!
Die Jesuiten der Gegenreformation erhoben nach den Franziskanern
des Mittelalters die Wahrheit der Makellosen Konzeption Mariens auf den
Schild. Papst Pius der Neunte definierte dies Dogma als katholische
Offenbarungswahrheit, von allen katholisch-apostolischen Christen
anzunehmen als von Gott geoffenbarte Wahrheit. Die Künstler gestalteten
die Immaculata nach der Vision der apokalyptischen Frau des zwölften
Kapitels der Offenbarung an Johannes als ein jungfräuliches Mädchen im
Kleid der Sonne, den Mond zu ihren Füßen und die Krone von Sternen auf
dem Haupt. Die Künstler liebten es, die makellose Jungfrau in der
Herrlichkeit ihrer puren Reinheit als Himmelskönigin zu glorifizieren!
Das gläubige Volk der Christenheit sah Maria nicht allein in ihrer
unbefleckten Empfängnis und Himmelfahrt mit Leib und Seele, sondern
im Himmel auch gekrönt von Gott als Himmelskönigin. Wie sprach doch
der König zu Esther, dem Vorbild Mariens im Alten Testament: Bitte von
mir, was du willst, und sei es die Hälfte meines Königreichs! So ist Maria
mit dem Himmelskönig Christus die Himmelskönigin und mit Christus,
dem König des Paradieses, ist Maria die Königin des Paradieses. Jesus und
Maria teilen sich die Herrschaft des Himmelreichs.
Marias pure Juungfräulichkeit und makellose Reinheit erlaubte es den
Gläubigen in ihr den reinen Menschen zu sehen, reiner noch als Eva vor
dem Fall. Denn Eva besaß die Freiheit zu sündigen, aber Maria durch ihre
einzigartig priviligierte Bewahrung vor aller Schuld besaß nicht mehr die
Möglichkeit, von Gott getrennt zu sein, sondern sie war bis in die tiefste
Faser ihres Leibes und den geheimsten Winkel ihrer Seele mit Gott
hingebungsvoll vereinigt. Maria allein bewahrte die ursprüngliche Gutheit
des Menschen in perfekter und ganz heiliger Weise, unfähig zur Sünde aus
intimster Gottesvereinigung! Maria garantiert so den Christusgläubigen,
daß der gute Keim des Menschen und das unbefleckte Ebenbild Gottes
auch in der sündigen Menschheit noch bewahrt bleibt, von der Sünde zwar
angegriffen wird, aber nicht erloschen ist als der göttliche Seelenfunke im
Geheimnis der Seele.
Die Himmelfahrt Mariens schenkte den Gläubigen jene Hoffnung,
daß ein geheiligter Körper und eine gereinigte Seele in einer kommenden
Himmelswelt ewig leben werden in der Vereinigung mit der Gottheit.
Ein Renaissance-Theologe formulierte den Glauben an die
Präexistenz der Madonna, an die Präexistenz der Seele Mariens. Als ein
Advocat der Makellosen Konzeption und Verehrer der Ewigen Weisheit
verlegte der Theologe die Unbefleckte Reinheit der Seele Mariens und ihre
Entstehung nicht in den Augenblick ihrer Empfängnis im Körper des
marianischen Fötus, sondern in den Augenblick ihrer Hauchung durch den
Heiligen Geist vor der Morgenröte der Schöpfung, nach den Worten der
Frau Weisheit durch Salomo: Vor aller Schöpfung bin ich von Gott
geschaffen, das Erstlingswerk seiner Werke! Maria ist so als die ewige
Frau Weisheiit das Erstgeschöpf Gottes, die Schöpfung vor der Schöpfung,
das Meisterwerk des Heiligen Geistes, mehr gehaucht als geschaffen, die
unbefleckte Urseele des Menschen, die makellose Ikone der Urmenschheit
nach dem Bilde Gottes. Ja, Marias Seele ist die makellose Ikone der
unsichtbaren Urgottheit, um derentwillen die gesamte Welt erschaffen ist!
Wie in Ewigkeit der unergründliche Vater als seinen eigenen Grund den
Sohn hervorbringt und aus des Vaters Liebe zum Sohn und des Sohnes
Liebe zum Vater der Heilige Geist hervorgeht, so betrachtet sich die
dreieinige Gottheit in dem unbefleckten Spiegel der makellosen Jungfrau
Maria-Sophia, die der unbefleckte Spiegel der Urgottheit ist und spiegelt
das makellose feminine Antlitz Gottes!

In der Vision der teutonischen Prophetissa vom Rhein ist die feminine
Figur, die Gott repräsentiert, die der Anfang ist und die Verbindung Gottes
mit der Schöpfung und ist der Sinn, um derentwillen die Schöpfung
geschaffen ist, Frau Weisheit (Sophia), auch genannt Frau Minne. Ihre
Grundlage ist die Weisheitstheologie der Heiligen Schrift. Hier erscheint
sie nicht vermännlicht als Logos Christus, sondern in ihrer femininen
Schönheit des ersten Bundes. Die Seherin schaut die Kosmologie der
platonischen Philosophie, daß alles Geschaffene zuvor existierte im Geist
Gottes. Frau Weisheit ist präsent in Gott und ist Gottheit von Ewigkeit, sie
ist der Geist Gottes, in dem alle Dinge präexistent vor der Schöpfung als
Ideen gegenwärtig sind.
Frau Weisheit ist die Macht, durch die Gott die präexistenten Ideen im
Geist zur manifesten Wirklichkeit hervorbringt in materieller Form. In
diesem Sinne ist Frau Weisheit das Alpha und das Omega, der Anbeginn
der Schöpfung und das Ziel der Schöpfung. Sie ordnet die ganze
Schöpfung. Sie hat niemandes Hilfe angerufen und beraucht keinen Helfer,
denn sie ist die Erste und die Letzte, als die Erste hat sie geordnet die
Ordnung aller Dinge. Aus sich selbst und durch sich selbst hat sie alle
Dinge geformt in Liebe und Zärtlichkeit. Sie übersah vollkommen den
Anfang und das Ende all ihrer Werke, denn sie formte alles vollkommen,
so steht alles unter ihrer Führung. Die ganze Schöpfung ist das Kleid
Sophias.
Sophia ist die Energie, die Grünkraft, die allem Leben gibt, als diese
existiert sie in Gott, der Quelle des Lebens. Alle Kreaturen sind Funken
der Strahlen der Brillianz Gottes. Oh du göttliche Energie Sophias, du
kreisender Kreis, alles umgibst du mit deinem lebendigen Pfad. Drei
Schwingenpaare hast du, das eine Schwingenpaar rührt an die Höhe, das
zweite Schwingenpaar rührt an die Erde und mit dem dritten
Schwingenpaar bist du überall! Ruhm sei dir, Frau Weisheit, wie dir
gebührt!
Die Schöpfung ist kein Ding außerhalb Gottes als vielmehr umgeben
von Gott, eingeschlossen in Gott. Wie ein zeitloses Rad umgibt die heilige
Gottheit alles und schließt alles in sich ein.
Dieses Umgeben Gottes und Allumfassen der Schöpfung ist wie ein
kosmischer Kreis mit den Zyklen der Sphären und Sterne und Elemente,
dem Sonnensystem und der Erde und dem Menschen als Mikrokosmus im
Makrokosmos. Der ganze kosmische Kreis ist umgeben von der femininen
Figur Sophias. Frau Weisheit oder Frau Minne halten das Universum in
ihrem Schoß beschlossen. Sophia ist so die Weltseele, deren
lebensspendende Einwohnung im Kosmos dem Kosmos sein Leben gibt.
Sophia verbindet so das Göttliche und das Geschöpfliche. Sie ist beides,
die Selbstoffenbarung des Schöpfers und die Liebe der Geschöpfe zu
ihrem Schöpfer.
Die Beziehung Sophias zu Gott ist eine erotische Beziehung. Sophia
ist die Braut des Ewigen! Sie ist vereinigt mit ihm in einem zärtlich-
liebevollen Tanz der hochzeitlichen Vereinigung. Sophia ist eine überaus
liebevolle Freundin des Ewigen. Sie wird dem Ewigen treu bleiben, denn
sie ist in Ewigkeit bei ihm und mit ihm, und so wird sie von Ewigkeit zu
Ewigkeit die Seine bleiben. Sie ist auch das Schicksal der Welt, das
liebevolle, göttliche Schicksal, die Herrscherin der Welt. Frau Weisheit ist
das Auge Gottes, das voraussieht alles und betrachtet alle Dinge und
Wesen.
Wie eine starkte Frau gestaltet sie die himmlischen Werke, die die
Menschen bekleiden. Wie eine Mutter ernährt und erzieht sie alle
Menschenkinder und lehrt sie ihre Arbeit. Sie umfasst das Körperliche und
das Spirituelle der menschlichen Arbeit. Frau Weisheit lehrt ihre Kinder,
sich in Tugend zu kleiden, wie eine Mutter, die Kleider macht für ihre
ganze Familie.
Frau Weisheit spricht durch die menschliche Wissenschaft und lehrt,
die Natur zu verstehen. Frau Weisheit ist die Lehre der frommen
Philosophen von Gott, der Natur und dem Menschen. Frau Weisheit ist die
Quelle der Offenbarung der Propheten und Apostel. Frau Weisheit schuf
den Gottmenschen Jesus Christus im jungfräulichen Mutterschoß Mariens.
Schließlich spricht Frau Weisheit auch in einem unstudierten
Menschenkind, und offenbart sich in Einreden und Visionen.

Die Jungfrau von Guadelupe will ich singen! In der indianischen


Theologie existierte ein Allerhöchstes Göttliches Wesen, das Eine, das
angebetet wurde als Unser Vater, Unsere Mutter, Uralte Urgottheit! Diese
allerhöchste Gottheit offenbarte sich im Kosmos als ein Gott und Herr und
eine Göttin und Herrin. Der Gott und Herr war Quetzalcoatl, die gefiederte
Schlange, der Morgenstern, der keine anderen Opfer als Blumen und
Schmetterlinge wollte. Er verschwand im Jahr des Kalenders 1-Rohr und
wird wiederkommen im Jahr 1-Rohr. Im Jahr 1-Rohr kam Spanien nach
Amerika, mit ihnen die Franziskaner, die den reinen Katholizismus in
Amerika begründen wollten. Mit ihnen kam der Kult der Jungfrau von
Guadelupe. Sie wurde identifiziert mit der indianischen Göttin und Herrin
Tonantzin, die genannt wurde Unsere Köstliche Mutter.
Nun existierte ein Tempel Unserer Lieben Frau von Guadelupe in
Amerika, und die Indianer nannten sie Tonantzin, das heißt Göttin, und die
Priester nannten Unsere Liebe Frau, die Mutter des wahren Gottes,
Tonantzin. Der Marienname Muttergottes wurde in der Sprache der
Indianer mit Tonantzin übersetzt. Die Indianer kamen aus allen Gegenden
des Kontinents, anzubeten die Jungfrau von Guadelupe, die sie Unsere
Köstliche Mutter nannten.
Tonantzin war nicht der Name eines der aztekischen Götzen, die
Menschenopfer forderten. Tonantzin war der indianische Name für die
weibliche Offenbarung der Einen Allerhöchsten Urgottheit an sich. Er
bedeutete einfach Göttin. Nun der Monotheistische Glaube der reinen
katholischen Religion in Amerika gepflanzt wurde, identifizierten die
Indianer die katholische Maria mit ihrer mütterlichen Göttin in ihrem
liebevollen Aspekt. Die Maria der spanischen Katholiken wurde eins für
die indianischen Christen mit der liebevollen Göttin Tonantzin.
Die Jungfrau von Guadelupe war erschienen in Amerika und hatte
den Indianern ein Bild ihrer Schönheit geschenkt. Dies ist das Imago der
Jungfrau Maria, der Mutter des wahren Gottes, der Jungfrau von
Guadelupe, auf wunderbare Weise erschienen in Mexiko-Stadt, erschienen
als die Frau der Offenbarung wie in der Vision der Frau im zwölften
Kapitel der Apokalypse. Maria war erschienen dem Iindianer Juan Diego.
Sie sandte Juan Diego zum Erzbischof mit der Bitte, ihr einen Tempel zu
bauen am Orte ihrer Erscheinung. Der Bischof zweifelte und forderte ein
Zeichen. Maria forderte Juan Diego auf, im Dezember auf einem
unfruchtbaren Felsen Blumen zu pflücken, kastilische Edelrosen. Er
sammelte sie in seinem Poncho. Als er den Umhang vor dem Bischof
öffnete, fielen die Blumen heraus und das Bild der Jungfrasu erschien
wunderbar gewirkt auf dem Poncho des armen Inianers Juan Diego.
Das Bild, das auf dem Poncho erschien, war das wahre Bild der
Jungfrau Maria, die Vera Ikon. Dieses Bild erschien im Geist Gottes in
Ewigkeit und war in Wahrheit das Bild, das der Prophet Johannes sah in
seiner apokalyptischen Vision der Frau, bekleidet mit der Sonne, den
Mond zu ihren Füßen, gekränzt mit Sternen, wie im zwölften Kapitel der
Apokalypse beschrieben.
Juan Diego war wie Maria Magdalena und der Bischof war wie die
Apostel. Maria Magdalena sah Christus in seiner
Auferstehungsherrlichkeit, doch die Apostel glaubten ihr nicht. Juan Diego
sah die Jungfrau Maria in ihrer Glorie, aber der Bischof glaubte ihr nicht.
Die Apostel glaubten Maria Magdalena nicht, denn sie dachten, sie sei eine
Sünderin. Der Bischof glaubte Juan Diego nicht, denn er war ein Indianer
und ein armer Bauer. Die Apostel dachten, Maria Magdalena sei von
sieben Dämonen besessen. Der Bischof glaubte, Juan Diego wäre besessen
von den sieben Teufeln des atztekischen Götzendienstes. Der Berg
Tepeyac, wo die Jungfrau in Herrlichkeit erschien, ist der Berg Tabor, da
Petrus, Johannes und Jakobus Christus in seiner Verherrlichung schauten.
Juan Diego ist der neue Moses und Mexiko ist das Gelobte Land Unserer
Lieben Frau. Die Indianer eilten zu der wahren Ikone im neuen Tempel
wie die Hirten eilten, das neugeborene Jesuskind zu sehen auf dem Schoß
seiner Mutter in Bethlehem.
Maria sprach zu Juan Diego und nannte ihn mein kleiner Sohn, mein
liebes Söhnchen, mein jüngstes Kindlein. Juan Diego nannte Maria meine
Matrone, meine Herrin, meine Dame, mein junges Mädchen, Tochter
Gottes! Sie sprach in Nahuatl, der blumigen Sprache der Indianer mit
ihrem Juanito.
Alle Amerikaner, alle indianischen Vorfahren waren schlafende
Adame, aber da erschien im Paradies Amerika die Neue Eva, die Neue Eva
in ihrem Paradies des maxikanischen Guadelupe, und erweckte Adam von
seinem Todesschlaf.
Das Imago der Jungfrau repräsentiert exakt Maria, wie sie im Geist
Gottes präexistent war in Ewigkeit. Der Lichtglanz um die Jungfrau stellt
die Gottheit Christi dar, der Körper der Jungfrau stellte die Menschheit
Christi dar. Die wahre Ikone der Jungfrau Maria macht Maria präsent und
läßt sie gegenwärtig sein auf dieselbe Weise, wie Christus in der
Eucharistie präsent ist.
Mexiko ist eine auserwählte Nation, als Ganzes bekehrt durch die
Erscheinung der Jungfrau Maria. Die Indianer waren die zehn verlorenen
Stämme Israels, die sich bekehrten zur Tochter Zion. Die Mexikaner sind
ein auserwähltes Volk und Mexiko ist das Paradies Mariens, als Ganzes
erwählt von der Jungfrau. So hat Gott keiner anderen Nation getan, daß er
ihr die wahre Ikone der ewigen Existenz Marias im Geiste Gottes in einer
wahrhaftigen Ikone schenkte. Das Volk von Mexiko ist Marias
auserwähltes Volk.
Die Theologen vermuteten, das in apostolischer Zeit der heilige
Apostel Thomas nach Amerika gekommen war und dort die Wahrheit über
die Menschwerdung Gottes verkündete. Die Erinnerung an den heiligen
Apostel Thomas lebte fort in der Gestalt des weisen und liebevollen
Priesterkönigs Quetzalcoatl, und die Predigt des heiligen Apostels über die
Mutter des Messias lebte fort in der Gestalt der liebevollen süßen
Muttergöttin Tonantzin, Unserer Köstlichen Mutter. So war die indianische
Religion eine mythische Erinnerung an die eine wahre Religion der
christlichen Offenbarung, wenn sie auch später entstellt wurde von
atztekischen Greueldämonen wie dem blutrünstigen Moloch Vitzliputzli,
der Menschenopfer in ungeheurem Ausmaß verlangte. Es galt für die
neuen spanischen Apostel nur noch, das ursprüngliche Bild der wahren
Religion wiederherzustellen. Dies unternahmen die sanftmütigen weisen
Franziskaner, und die Mutter des wahren Gottes stand ihnen bei mit ihrer
allmächtigen Fürsprache.
Lang lebe die Jungfrau von Guadelupe! Unsere Königin und Mutter,
rette uns! Du bist die Mutter der Armen! Führe uns in der Revolution der
Liebe in die wahre Freiheit der Kinder Gottes! Du bist die Göttin der
beiden Amerikas! Du bist die Führerin der doppelt unterdrückten Frauen
der Armen, ihre Führerin im Himmel! Du bist schön wie die Morgenröte
einer neuen Zeit! Du hast ein großes Herz und als die himmlische Führerin
der Frauen hast du ein Becken, das wie ein Becher ist, dem nie der
Rauschtrank mangelt!
Virgencita! Indianita! Morenita!
O, wir glauben, da ist die göttliche Mutter, die uns liebt!

DIE SEXUALITÄT MARIENS

Jesus sagte: Die Königin von Süden kam, die Weisheit Salomos zu hören,
und siehe, hier ist mehr als Salomo. Und also spricht Maria: Salomo sang
sein Liebeslied Sulamith, der Tochter des Pharao, aber siehe, hier ist mehr
als Sulamith. Ich spreche vom Hohen Lied als dem Allerheiligsten der
Heiligen Schrift. Die traditionelle Deutung ist, daß der Bräutigam Gott ist
und die Freundin oder Braut ist die Kirche, ist die Seele, ist Maria. Aber
sowohl in einer pietistischen Bibelauslegung als auch in der Theosophie
des protestantischen Theosophen Gottfried Arnold fand ich die Auslegung,
daß die Braut die göttliche Sophia ist und der Bräutigam der mystische
Theosoph. Wir wollen beides im Auge behalten. Da Gott nicht Mann noch
Frau ist, wollen wir die Gottheit in männlichen und weiblichen Bildern
beschreiben und die bräutliche Menschheit entsprechend als Brautseele
oder als Minnesklaven beschreiben. Unser Thema ist aber die Sexualität
Mariens. Wie wird das Geschlecht der Sulamith verherrlicht? In der Bibel
heißt es: Dein Nabel ist ein Kelch, dem nie der Mischwein mangelt. Oder
es heißt: Dein Schoß ist ein Kelch, dem nie der Mischwein mangelt. Oder
es heißt: Dein Becken ist ein Becher, dem nie der Mischwein mangelt.
Damit ist das Geschlecht der Jungfrau Maria in der Heiligen Schrift heilig
gefeiert. Was ist aber der Mischwein? Es ist die Gottheit, die in
menschlicher Weise begriffen wird, der Mischwein der Gottheit-
Menschheit. Ich weiß nur von der heiligen Mechthild von Magdeburg, die
begehrte, den ungemischten Wein der Gottheit zu trinken. Mechthild von
Magdeburg, die wir heilig sprechen, singt also, und hier ist mehr als
Salomo: Dein Becken, o Maria-Sulamith, ist ein Becher, dem nie der
ungemischte Wein der puren Gottheit mangelt! Was sagt aber die heilige
Schrift von der sexuellen Liebe und dem begehrenswerten Körper der
heiligen Braut? Der prophetische Minnesänger der heiligen Schrift singt,
inspiriert vom heiligen Geist: Dein Körper, Geliebte, ist wie eine Palme,
und ich will die Palme besteigen und die Feige pflücken! Hiermit ist zum
Ausgang des Hohenliedes der sexuelle Akt zum Gleichnis geworden der
Erkenntnis der göttlichen Liebe, die sich in der göttlichen Braut Sophia-
Sulamith verkörpert. Die Jungfrau Maria als eine menschliche
Erscheinung der göttlichen Sophia ist schlank wie eine Palme, und der
Minner der Madonna will die Palme besteigen, das heißt, die Jungfrau
erkennen, und ihre Feige pflücken, das heißt, sich ganz intim mit ihr
vereinigen. So sagt die Jungfrau Maria selbst in ihrer apokalyptischen
Offenbarung: Ich lade euch ein, euch mit mir zu vereinigen und zu lieben.
Ich lade euch in meinen Schoß ein. Wie wird aber die Geliebte im
Hohenlied noch besungen vom trunkenen Liebesdichter? Sie ist ein
verschlossener Garten. Der Garten ist in der orientalischen Liebespoesie
immer ein Gleichnis für die Geliebte. Daß sie ein verschlossener Garten
ist, zeigt, daß sie kein leichtfertiges sündiges Mädchen ist, sondern ein
heiliges Mädchen, das bis zur keuschen ehelichen Vereinigung mit der
Ganzhingabe ihrer intimen Liebe wartet. Gerade, daß sie ein
verschlossener Garten ist, macht sie in den Augen ihres Minners so
verehrungswürdig. Der liebenden Mann verachtet nämlich die Hure, die
ihren Köcher jedem Pfeil öffnet und ihre Beine jedem vorübergehenden
Freier spreizt. Der verschlossene Garten aber ist der wahrhaft
begehrenswerte, der umso kostbarer ist, umso seltener er ist. Es ist die
Liebe Fraue, die die verschlossene Aue ist. Nun spricht aber der
liebestrunkene Prophet Salomo im Allerheiligsten der Schrift: Ich kam in
meinen Garten und speiste ihre Früchte. Ist die Jungfrau Maria die Tochter
der Menschen und Christus der göttliche Bräutigam, so kam der ewige
Logos in den Garten der Jungfrau in der Inkarnation. Die Empfängnis des
ewigen Logos durch die Jungfrau Maria ist wie das zärtliche Eindringen
des göttlichen Bräutigams in den verschlossenen Garten Maria, das heißt
in den keuschen Schoß der Jungfrau. Gott der Bräutigam kam in den
verschlossenen Garten des Schoßes der Jungfrau Maria und speiste ihre
Früchte, das heißt, Gott wurde selbst zu einer Leibesfrucht im Schoße der
Jungfrau und nährte sich als die Leibesfrucht der jungfräulichen Mutter
von ihrem Blut und ihrem Atem. Gott spricht gewissermaßen mit den
Worten der orientalischen Liebesdichter: Ich spaltete deine Wabe! Denn
Gott erkannte die Jungfrau in einem keuschen Liebesakt, da Gott durch die
Courtoisie des Heiligen Geistes in dem Schoß der Jungfrau den Sohn
zeugte. Was sagt aber die Braut selbst, Sulamith-Maria? Sie lädt den
Minner, das ist ihren Jünger, in die Natur, das ist die Welt, und spricht:
Dort, unter den Hennablumen und Zypertrauben, schenk ich dir meine
Liebe, dort geb ich dir meine Liebe ganz hin! Hier spricht die himmlische
Sophia-Maria zu ihrem Jünger, ihrem Theosophen und Minnesklaven, daß
die göttliche Weisheit oder Liebe, Frau Weisheit oder Frau Minne selbst,
dem liebenden Sohn und Geliebten die Liebe schenkt in einer
Ganzhingabe, die, wie die Bibelausleger sagen, durchaus im Sinne eines
sexuelllen Aktes der Liebesvereiniguzng zu verstehen ist. Denn unter dem
Henna oder den Zypertrauben schenkt die göttliche Weisheit der Liebe in
der Gestalt der Jungfrau Maria-Sulamith dem frommen Minner sich selbst
und ihre Ganzhingabe der Liebe in einem spirituell-sexuellen Akt der
Liebesvereinigung.

Sprechen wir von den Propheten! In der katholischen Deutung des Alten
Testaments ist die Jungfrau Israel, Jungfrau Jerusalem, Tochter Zion eine
Gestalt der Frau der Offenbarung, die sich vollends in der Maria des
Neuen Testaments enthüllt. Diese Jungfrau Jerusalem oder Jungfrau Maria
ist die Braut Gottes. So schildert sie Hesekiel. Er schreibt: Der Herr
spricht: Deine Schönheit ist unaussprechlich, du bist eine Königin in
Majestät, weil ich, der Herr, dich so überaus herrlich gemacht habe! Dann
schildert Hesekiel, wie der Herr die Jungfrau gekrönt, geschmückt,
gekleidet hat. Das alles wird jede katholische Theologie als ein Bild der
Mater Gloriosa betrachten. Doch bevor der Herr die Jungfrau gekleidet hat
und geschmückt, fand er sie nackt und bloß. Der Herr sprach zur Jungfrau:
Du warest nackt und bloß! Deine Brüste wurde prall und dein Haar sproß!
Oder es sprach der Herr vielleicht in Wahrheit zur Jungfrau: Deine Brüste
wurden prall und dein Schamhaar sproß! Du warest nackt und bloß, und es
war die Zeit der Liebe, da deckte ich dich mit dem Zipfel meines
Gewandes und schloß einen ewigen Bund der Liebe mit dir! Wir wagen es
kaum zu denken, aber in den kühnen Bildern des Propheten erwählt sich
der Herr die Jungfrau als eine nackte Geliebte, deren Nacktheit er
beschreibt: Deine Brüste waren prall und dein Schamhaar gesprossen! Und
er erkennt sie als seine Geliebte und schließt den Ehebund mit ihr! Wer
wagt es und ist so kühn zu denken, daß dies ein prophetisches Bild der
Jungfrau Maria ist! Auch der Prophet Jesaja beschreibt die Brüste der
Jungfrau Jerusalem, indem durch den Propheten der Herr spricht zu seinen
Kindern: Ihr werdet saugen an den Brüsten des Trostes! Ihr werdet saugen
an dem Reichtum der prallen Mutterbrüste die süße Milch des Trostes! Auf
dem Schoß werdet ihr liebkost wie Kinder! Ich, spricht der Herr, tröste
euch wie eine Mutter! Hier sehen wir wieder die Muttergottes als die
Jungfrau Jerusalem, die der Herr selbst als Liebender besingt in seinem
prophetischen Liebesgedicht und besingt den prallen Reichtum und die
Herrlichkeit ihrer Mutterbrüste! Wir sehen also durch die Propheten
Hesekiel und Jesaja die Vision des Herrn von den Brüsten und dem Schoße
seiner Braut und Geliebten, der Jungfrau Jerusalem oder der Jungfrau
Maria, die der Herr allein in ihrer Nacktheit geschaut und erkannt hat! Es
ist auch allgemeine katholische Lehre, daß das Osttor des Tempels, das der
Prophet Hesekiel beschreibt, ein Gleichnis für den Schoß Mariens ist.
Denn der Prophet schreibt vom Osttor, das verschlossen wurde, durch das
keiner hindurchziehen durfte, weil der Herr selbst hindurchgezogen ist.
Dies wird allgemein gedeutet als ein Beleg für die immerwährende
Jungfräulichkeit Mariens, die nach der Geburt des Herrn keinen Sohn und
keine Tochter mehr geboren hat. Der Herr, der im Heiligen Geist die
Jungfrau erkannt und fruchtbar gemacht hat mit dem Sohn, ist der einzige
Gatte der Jungfrau Maria. Allerdings finde ich an der selben Stelle den
ergänzenden Hinweis des Propheten, daß allerdings der Fürst, das heißt der
Auserwählte, diesem verschlossenen Osttor nahen darf und das heilige
Mahl dort halten darf. Dieses heilige Mahl wird wohl das kultische Mahl
sein, das Hochzeitsmahl des Lammes, das heilige Abendmahl. Darüber bin
ich nicht unterrichtet. Ich weiß nur, daß ich es als einen tröstlichen Akt der
Gnade und Liebe empfinde, als ein Fürst im Himmelreich vorgelassen zu
werden zum verschlossenen Osttor des Tempels, das dasselbe ist wie der
verschlossene Garten des Hohenliedes, nämlich der unverletzte Schoß der
allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria. Im übrigen will ich mich
wiederholen und die Worte Unserer Lieben Frau von Medjugorje zum
zweitenmal zitieren, die gesagt: Ich lade euch ein, euch mit mir zu
vereinigen und zu lieben! Ich lade euch in meinen Schoß ein! Wir wollen
also kühn sein aus Liebe und in den verschlossenen Garten Unserer Lieben
Frau eintreten und dort das Hochzeitsmahl der himmlischen Liebe feiern!

Nun wollen wir vom Islam sprechen, bevor wir auf das Neue Testament
kommen, denn ich meine, der heilige Koran steht zwischen dem Alten
Testament der Biblia Sacra und dem Neuen Testament der Biblia Sacra.
Mir scheint, auch der heilige Koran ist eine prophetische Offenbarung des
Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs. Im Koran wird den Gottergebenen
das Paradies verheißen, da die Jünglinge den Gläubigen den Wein
einschenken und die Gläubigen von Gott mit den Huris vermählt werden,
den Paradiesjungfrauen. Die Jünglinge sind auch verherrlicht worden in
der islamischen Liebespoesie, die oft von tiefen mystischen Ideen
durchdrungen ist. Dort ist es im Idealfall der vierzehnjährige Jüngling von
außerordentlicher Schönheit. Dies geht vermutlich auf die platonische
Knabenliebe zurück, die von Platon gerade für ihre unsinnliche, rein
geistige Art der Liebe gerühmt wurde. Aber in den Huris verkörpert sich
die erotische Form der Liebe. Hier wird das Paradies, das Reich der
göttlichen Liebe, in Form einer erotisch-liebenden Frau geschildert. Diese
Liebe wird von Gott geheiligt, denn die Gläubigen werden rechtmäßig vor
dem Angesicht Gottes mit den Huris vermählt. Ihre Liebe ist eine geistig-
seelische Liebe, was, denke ich, daran zu erkennen ist, daß der Name Huri
ein schönaugiges Mädchen bezeichnet oder ein großaugiges Mädchen. Da
die Augen bekanntlich der Spiegel der Seele sind, ist diese Liebe der Huris
also eine eheliche und seelenvolle. Man kann den Muslimen also nicht
vorwerfen, daß sie animalische Leidenschaften und wildeste Orgien mit
Huren in das Paradies verpflanzen. Dennoch gibt es auch eine Art und
Weise in der islamischen Tradition, wenn mir auch nur weniges davon
bekannt ist, von den Huris und den Freuden des Paradieses in erotischen
und auch sexuellen Bildern zu sprechen. Das ist den Abendländern immer
anstößig erschienen, ebenso wie die erotisch-sexuellen Metaphern der
Gottesvereinigung in den Liebesliedern des indischen Gottes Krishna und
seiner mystischen Braut die Abendländer meistens abgestoßen haben. Es
scheint im Orient eine größere Freiheit zu geben, die Sexualität
unbefangen als einen Ausdruck der Liebe zu verherrlichen und sie sogar zu
einem Symbol für die göttliche Liebe zu verwenden. Das Abendland ist
dagegen stark vom Platonismus geprägt, dem der Körper als Kerker der
Seele galt, und von den gnostischen Strömungen, die auch in der Kirche
fortwirkten, nämlich der asketischen Leibverachtung und Schmähung der
Dreifaltigkeit von Natur und Frau und Erotik. Dagegen hat die
orientalische Freigeistigkeit die Andeutungen des Koran ausgeschmückt.
So erzählt ein armenischer Dichter von seiner Vision des Paradieses, da die
Huris den Gläubigen beiwohnen Nacht für Nacht in wonnevollen
Liebesvereinigungen, und daß sie am Morgen nach der Liebesvereinigung
wieder wie unberührte Jungfraun sind. Hier ist die Liebe in ewiger Jugend
gesehen, fern von der irdischen Fortpflanzung und fern von dem irdischen
Altern. Die Huris sind von idealer Schönheit, schön wie Mädchen, wenn
sie voll erblüht sind, bevor sie zu welken beginnen. Dies ist eine Vision der
himmlischen Schönheit und ewigen Jugend des Paradieses. Die sexuelle
Liebesvereinigung in aller Wonne ist aber ein allerintimster Ausdruck oder
ein wahrhaft köstliches Gleichnis für den überaus beglückenden Genuß der
göttlichen Liebe. In Wahrheit hat ja auch die christliche Brautmystik die
Vereinigung mit Gott in erotischer Sprache zum Ausdruck gebracht, nur
sind sie dabei, anders als die muslimische Tradition, vor sexuellen Bildern
zurückgescheut. Aber ist nicht vielleicht die göttliche Liebe in ihrer
allumfassenden Größe im Eros auf sublime Weise zusammengezogen und
konzentriert und der Eros wiederum vollzieht seine Vereinigung in
konzentriertester Form in der sexuellen Vereinigung? So wird von dieser
muslimischen Tradition auch die Sexualität wahrhaft geadelt und geheiligt
und zum konzentrierten und sublimen Ausdruck der allumfassenden
göttlichen Liebe verherrlicht. So las ich in den Kommentaren zu erotischen
Liebesliedern eines deutschen Dichters die Legende, nach der der Prophet
Mohammed vom Erzengel Gabriel unterwiesen wurde in der Bereitung
einer Speise, die ihm die Manneskraft von vierzig Männern bescherte. Der
Christ wird vielleicht spöttisch lächeln, aber hier erscheint die Manneskraft
als eine potenzierte Lebensenergie, die Lendenkraft des Liebenden als eine
übermenschliche, die verheißene Wollust und ekstatische Seligkeit des
Rausches der Liebesvereinigungen von einer alle Vorstellungen
übersteigenden Kraft und Schönheit. So wird die überaus gesteigerte
Lendenkraft und die somit überaus gesteigerte Lust zu einem Bild für den
göttlichen Segen. Dieser göttliche Segen verheißt die Freuden der Liebe
und die alle Vorstellungskraft übersteigende Lust des Paradieses. So las ich
in einem Totenbuch des Islam die Verheißung an die Gläubigen des
Paradieses, daß ihnen im Verkehr mit den Huris ihre Latten nie ermatten
werden. Wahrlich, nie ermattende Latten mit einer vierzigfach gesteigerten
Manneskraft und Huris, bereit zu immerwährenden Vereinigungen in
immergleichbleibender Jugendschönheit, das ist das Paradies des Eros.
Wer den Eros aus der Religion verbannt, wird dies eine gemeine
animalische Wollustphantasie nennen. Wer allerdings meint, daß der Eros
ein überaus herrliches Gleichnis der göttlichen Liebe ist, ja, daß der Herr
selbst Eros ist, der wird, wenn er freien und kühnen Geistes ist, diese
religiösen Vorstellungen ehren und lieben. Weil unser Thema aber die
Sexualität Mariens ist, wollen wir überliefern die muslimische Tradition,
die ein Wort des Propheten Mohammed anführt, daß er im Paradies vor
allen anderen die Jungfrau Maria, die jungfräuliche Mutter des Messias
Jesus, zu heiraten wünscht. Wenn der Prophet Mohammed auf seinem
Flügelpferd ins Paradies geritten ist,. wenn er dort die ewige Schönheit der
Huris sah, wenn er ihre Bereitschaft zur Liebesvereinigung kannte und ihre
ewige Jungfräulichkeit, wenn er selbst im Paradies die Lendenkraft von
vierzig Männern besaß, wenn er sich dann entschied, nicht die Huris zu
heiraten, derer ihrer zweiundsiebzig, wie manche sagen, für jeden
Gläubigen sind, sondern wenn dann der inspirierte Prophet sich entschied,
die Jungfrau Maria zu heiraten, ja, wenn er die Jungfrau Maria sein
Paradies selbst nannte, dann sagt das dem Nachsinnenden genug über die
erotische Kraft der allerseligsten Jungfrau Maria. Das wird nur der Christ
als geschmacklos empfinden, der die Jungfrau Maria für ein asexuelles
Wesen hält und der Keuschheit mit Prüderie verwechselt und der nicht
wahrhaft begriffen hat, daß Gott, der Herr, unser aller Herr, der wahre
allerhöchste Eros ist, und daß nächst ihm die allerselighste Jungfrau Maria
von allerhöchstem Eros ist! Hier passt dann das Wort, daß die Jungfrau
Maria die höchste Devotion des Eros ist, die bist zur Anbetung sublimierte
Glut des Eros, die Glut des Eros, die noch über die Glut der Anbetung
hinausgeht zur Weißglut der ehelichen Verschmelzung!

Bevor wir zur Weisheit Jesus kommen, wollen wir zuvor die Weisheit der
Heiden betrachten. Der Papst der katholischen Kirche nennt sich Pontifex
Maximus, und meine evangelischen Freunde protestieren, das sei der Titel
des heidnischen Oberpriesters des antiken Rom gewesen. Sie vergessen
dabei, daß in dem Neuen Testament selbst Jesus der Logos genannt wird,
was ein Begriff der heidnischen Philosophie war, besonders des Heraklit
von Ephesos, der seine Philosophie der Artemis von Ephesos weihte, und
der Stoa und auch des jüdisch-hellenistischen Synkretismus des Philo von
Alexandrien. Ich meine, daraus kann man erkennen, daß das Neue
Testament selbst anerkennt, in den Heiden Propheten und Vorläufer des
Christus gefunden zu haben, des Christus, der Logos und Sophia und
Dynamis ist. Aber es wurde auch von vielen darauf hingewiesen, daß die
Geschichte des Lukas-Evangeliums von der Verkündigung des Herrn an
Maria, vom Englischen Gruß und der Zeugung des göttlichen Sohnes
durch den Heiligen Geist, die Taube, Vorschatten in den heidnischen
Mythen gefunden hat, da ein Gott eine irdische Nymphe geschwängert hat.
Zwei dieser Mythen will ich betrachten. Zeus als der Vater der Götter und
Menschen ließ sich herab, in Gestalt eines Schwanes die irdische Nymphe
Leda zu befruchten. Hier wird von orthodoxen Theologen verwiesen auf
den Unterschied zwischen dem griechischen Mythos und dem historisch-
wunderbaren Bericht bei Lukas, in dem Lukas rein geistig oder spirituell
berichte, dieweil der Mythos alles in schwüler Sinnlichkeit ausbreite. Mir
scheint in diesem Argument aber wieder die weitverbreitete Entfremdung
der Religion vom Eros sich zu offenbaren. Die sterbenden und
auferstehenden Götter wie Dionysos oder Adonis können solche
Theologen als Prophetien auf Christus anerkennen, aber die Zeugung einer
Leibesfrucht durch Zeus den Schwan im Schoß der Nymphe Leda können
sie nicht anerkennen als Vorschatte auf die Inkarnation Christi im Schoß
der Jungfrau, weil sie die Sprache des Eros als unheilig empfinden. Der
Schwan, in den sich Zeus dem Mythos nach verwandelte, ist ein
bedeutsames Tier. Bei den Indern ist der Schwan, der Königshansa, das
Reittier des Schöpfergottes Brahma. Bei den Chinesen heißt der Schwan
Tian-Er, das heißt himmlische Gans. Bei Platon singt der Singschwan vor
seinem Tod, weil er sich auf die Unsterblichkeit der Seele freut. Auch ist
der Schwan bei den Indern der Saraswati heilig, der Göttin der Sprache,
der Braut des Schöpfergottes Brahma, weil er Symbol der höchsten
Weisheit und spirituellen Vollendung ist. Bei den Griechen war der
Schwan der Venus heilig, die Schwäne zogen den Triumphwagen der
Göttin der Liebe und Schönheit. Auch gilt der Schwan wegen seines langes
Halses als ein Phallus-Symbol. So ist in dem Schwan die Einheit von
Spiritualität und phallischer Sexualität im Dienst der Venus vereinigt. Der
Schwan ist also ein mythisches Symbol für die Einheit von Spiritualität
und Sexualität oder Mystik und Eros. Das ist in Wahrheit ein sehr weiser
Mythos. So meine ich, ist es nicht unerlaubt, auch in dem Vorgang der
Befruchtung der Jungfrau Maria durch den Heiligen Geist, der die Kraft
Gottes und die Liebe Gottes ist, der das Feuer Gottes und die Spiritualität
Gottes ist, einen mystisch-erotischen Vorgang zu sehen, der
gewissermaßen, wenn man das so sagen darf, etwas von der Sexualität
Gottes zum Ausdruck bringt. Kommen wir zum zweiten Mythos. Damit
meine ich den Mythos, in dem Zeus, der König der Götter, als Goldregen
den Schoß der Danae befruchtet, die in einem Turm eingeschlossen war.
Bei dem Turm, in dem Danae eingeschlossen war, kann ich nicht anders
als an den Elfeinbeinturm Davids denken, als der in der Lauretanischen
Litanei die Jungfrau Maria bezeichnet wird. Die Verkündigung Mariens
wird ja oft in einer stillen kontemplativen Kammer als Ereignis dargestellt,
da Maria in Zurückgezogenheit und Einsamkeit den Psalter meditiert oder
den Schleier für den Vorhang vor dem Allerheiligsten webt. Es zeigt die
Einsamkeit an und die Verschlossenheit vor dem Lärm der Welt, in dem
die Empfängnis Gottes sich ereignet. Daß Zeus sich als Goldregen ergoß,
ist gewiß nicht in dem töricht-weltlichen Sinn der späteren griechischen
Dichter so zu verstehen, daß allein das Geld dem Freier den Weg zum
Schoß des Weibes eröffnet. Das ist eine fast schon blasphemische
Säkularisierung eines einst heiligen Mythos. Der Regen ist in allen
heidnischen Religionen die Fruchtbarkeit Gottes oder gewissermaßen der
Samen des zeugenden Gottes gewesen, der den Schoß der Mutter Erde
oder Mutter Natur fruchtbar macht. Daß es ein goldener Regen war, deutet
auf seine geistige Reinheit, seine sublime Lauterkeit hin, ist doch das Gold
das Symbol für allerhöchste Reinheit und Edelkeit, wie etwa in der
Alchemie das Gold der Prozeß einer langwierigen Purgierung ist. Dieser
Same Gottes, der ein goldener Same ist, ist nicht ein unreiner Same,
sondern ein Same von allerhöchster Lauterkeit und Reinheit. Auch in der
katholischen Theologie wird die Jungfrau Maria als die höchste
Stellvertreterin der Menschheit, ja, der gesamten Natur und Schöpfung
gesehen, da sie gewissermaßen als Ideal der Schöpfung und
Stellvertreterin der Menschheit Ja gesagt hat zu dem Willen Gottes, in ihr
den Sohn Gottes zu zeugen. Damit wird Gott als das schöpferisch-
befruchtende Element angesehen und Maria als die Mutter Erde oder
Mutter Natur oder als die Nymphe, die von Zeus in Gestalt eines
goldenens Regen fruchtbar gemacht wurde. Der griechische Mythos hat
dabei die Ahnung eines Gotteszeugung und Gottesgeburt in der
Sprachmacht des Eros ausgedrückt, während die spätere Kirche dieses
Geschehen der Verkündigung und Inkarnation des Herrn in rationaler
Logik rein geistig dargestellt hat. Ich meine aber, daß der Kirche durch die
Entfremdung vom Eros und seiner mythischen Bilder ein Wärmestrom der
Verkündigung verloren gegangen ist, der hätte zum Ausdruck bringen
können, daß Christus der von Dionysios Areopagita geheiligte Eros Gottes
ist, der sich durch die Offenbarungssphären und himmlischen Hierarchien
ergießt bis in die irdisch-menschliche Seele, um die irdisch-menschliche
Seele durch die Liebeskraft seiner göttliche Erotik wieder in den Schoß
Gottes heimzuholen. Das ist meiner Meinung nach das Geheimnis der
Menschwerdung Gottes in Jesus, in der Sprache der Erotik ausgesprochen.
Begeben wir uns von den Griechen nach Amerika zu den primitiven
Indianern. Ich berufe mich auf den katholischen Priester, Mystiker und
Dichter Ernesto Cardenal, der vom Hügel Unserer Lieben Frau Maria aus
eine Einsicht hatte in die Mystik eines Indianerstammes, der weltverloren
in der Wüste Nevada lebte. Diese Volk hatte einen Gott, der eine Frau war.
Sie waren aus dem Uterus der Gott-Frau geboren, ihre Hängematten waren
der Uterus, ihre Decken waren die Plazenta der Gott-Frau. Ihre
Philosophie war das Leben in Aluna, das heißt, das Sein in der weiblich-
göttlichen Weltseele, Leben oder Weisheit oder Liebe. Wenn sie beerdigt
wurden, wurden sie in Embryonalstellung beerdigt, denn im Tode kehrten
sie heim in den Schoß der Gott-Frau. Dieses Volk nun, berichtet der
Dichter Cardenal, war besessen vom Sexus. Phallus und Vulva waren
ihnen heilige Symbole. Ich erwähne das, weil Ernesto Cardenal schrieb in
seiner poetischen Sprache, daß er dies Mysterium von Unserer Lieben
Frau Maria aus verstand. Ich muß dabei an die Gedanken des jüdischen
Religionsphilosophen Walther Schubert denken, der sagte, daß im
weiblichen Weltzeitalter der Eros die Religion dominierte. So scheint mir
auch, wie manche sagen, das Wesen des Mannes mehr dem Logos
verbunden, das Wesen der Frau mehr dem Eros verbunden. In der
Geschichte des christlichen Abendlandes sind die Frau, die Natur, die
Leiblichkeit und der Eros insgesamt als Instrumente des Teufels
dämonisiert worden, dagegen die Ratio, der Logos und die Männlichkeit
vergöttert wurden. Ich meine aber, wenn, wie bei den Indianern, das
Gottesbild weiblich wird, kehrt der Eros zurück, oder umgekehrt, wenn der
Eros zurückkehrt in die Religion, erwachen die weiblichen Gottesbilder.
Mir scheint das aber gerade ein Bedürfnis dieser unserer Zeit zu sein, daß
die Religion erotisiert wird und die Erotik spiritualisiert und daß im
Gefolge dieser Vereinigung von Religion und Eros die weiblichen
Gottesbilder in den Seelen der Menschen wieder erwachen. Da die
Jungfrau Maria in der katholischen Religion ein Spiegel dieses
Göttlichweiblichen ist, ist es mir ein Bedürfnis, gerade diese Jungfrau
Maria von dem Vorwurf der eiskalten Asexualität zu befreien, die Jungfrau
Maria in ihrer Erotik darzustellen und damit zu einem glühenden
weiblichen Gottesbild hinzuweisen. Da wir nun die männliche Erotik
Gottes in Zeus verherrlicht haben, die weibliche Erotik des
Göttlichweiblichen in Aluna gepriesen haben, wollen wir den Versuch
einer Versöhnung oder innergöttlichen Hochzeit wagen, und die Erotik des
Götterpaares der indischen Religion behandeln. In der indischen Religion
ist die Sprache des Sexus geheiligt, wie vielleicht in keiner anderen
Religion. Ein mächtiges segensbringendes Amulett ist das Symbol des
Phallus in der Vulva, oder, indisch gesprochen, des Lingam in der Yoni.
Die Yoni ist das Symbol der Göttin. Wenn der Hinduismus sich auch
durchgerungen hat zu einem heimlichen Monotheismus und von der einen
absoluten Gottheit spricht, so offenbart sich das eine absolute Göttliche
doch in vielen personifizierten Göttinnen und Göttern. Dabei herrscht der
Gedanke vor, daß jeder Gott seine Göttin oder Shakti hat. Dieser Gedanke
lebt auch im Budhhismus fort, wo es eine Shakti für jeden Buddha oder
Boddhisattwa gibt. Die Bilder dieses Götterpaares von Gott und Göttin
stellen das göttliche Paar in einer sexuellen Liebesvereinigung dar.
Konzentriert ist das Symbol dieser göttlichen Hochzeit eben das mächtige
Segenssymbol des Lingam in der Yoni. So ist im tibetanischen
Buddhismusus das Mantra des Boddhisattwa der Barmherzigkeit
das Om mani padme hum, das heißt, das Juwel ist in der Lotosblüte,
spirituell gesprochen heiißt das, daß das Göttliche iin der Seele wohnt, und
tantrisch oder erotisch gesprochen ist das Juwel der Phallus und die
Lotosblüte die Vulva. In dem indischen Mythus stellen die Göttin und den
Gott Parvati und Shiva dar. Shiva ist dabei der Gott des Geistes und der
Askese, oder, christlich gesprochen, des Logos, der durch seine geistliche
Askese den Kama, das heißt den Eros Indiens, verbrannt hat, nämlich
verbrannt durch die spirituelle Kraft seines dritten Auges, also seiner
asketischen Geistigkeit. Parvati dagegen ist die Natur, die Mutter Natur,
die Göttin, die die Sprache der Frauen und der Armen spricht, Prakriti, was
die Sprache der Natur bedeutet, dagegen Shiva die Sprache der Gelehrten
spricht, das Sankskrit der Veden. Dieses Paar von Shiva und Parvati oder
Geist und Natur wird in einer sexuellen Liebesvereinigung dargestellt.
Katholisch gesprochen ist Shiva das Symbol für die Transzendenz Gottes
und Parvati das Symbol für die Immanenz Gottes. So spricht das
Abendland auch von dem Wesen des Mannes als Verbundenheit mit der
Transzendenz und vom Wesen der Frau als Verbundenheit mit der
Immanenz. So spricht auch der katholische Katechismus davon, daß die
Vaterschaft Gottes besonders die Transzendenz Gottes betont, während die
Mutterschaft Gottes mehr die Immanenz Gottes betont. In der mystisch-
erotischen oder spirituell-sexuellen Vereinigung des Lingam mit der Yoni
drückt sich nun in einem rein sexuellen Bild die heilige Vereinigung des
Transzendenz und Immanenz Gottes aus, oder der Einen heiligen
Elternschaft Gottes.

Kommen wir nun zum Neuen Testament, dem Evangelium der Weisheit
Jesus. Betrachten wir die Verkündigung des Herrn an Maria. Der Engel
grüßt Maria: Freue dich, Liebreizübergossene! Er grüßt sie: Chaire,
Kecharitomene! In Chaire und Kecharitomene ist die Wurzel Charis.
Charis heißt Liebe, Schönheit, Grazie, Anmut, Charme, und ist bei Homer
ein Name der Aphrodite und auch des Zaubergürtels der Aphrodite. Der
Engel spricht: Du sollst Gottes Sohn empfangen und gebären! Maria
spricht: Wie soll das geschehen, ohne daß ich einen Mann erkenne? Denn
die Tradition der Kirche spricht von dem Entschluß der Jungfrau Maria,
jungfräulich zu leben für Gott. Da spricht der Engel: Der Heilige Geist
wird dich überschatten, die Kraft des Höchsten wird über dich kommen!
Da spricht Maria: Ja, mir geschehe nach deinem Wort! Da empfängt Maria
in ihrem Schoß den Sohn Gottes durch die Schöpferkraft des Heiligen
Geistes von Gott dem Ewigen. Der Schoß Mariens ist das
Offenbarungszelt, in das die Wolke der Herrlichkeit des Herrn
hineinkommt. Der Schoß Mariens ist der Tempel Jahwes, erfüllt von der
Wolke der Herrlichkeit des Herrn. Die Wolke der Herrlichkeit des Herrn
erfüllt den Schoß Mariens und macht die Jungfrau fruchtbar, wie es in dem
Mythos von Zeus im goldenen Regen und der Nymphe Danae geweissagt
war. Die Tradition der Kirche und auch der Reformatoren lehrt, daß der
Schoß Mariens vor der Geburt Jesu, in der Geburt Jesu und nach der
Geburt Jesu unverletzt jungfräulich war und ist. Maria ist die Jungfrau
Gottes, die ehelos für das Himmelreich lebt, das heißt, die in der Gottes-
Ehe lebt. Sie lebt in einer solchen dichten und intimen Form der Gottes-
Ehe, daß sie von der Schöpferkraft Gottes schwanger wird und Gott den
gottmenschlichen Sohn gebiert und schenkt. Betrachten wir nun die
Offenbarung der Herrlichkeit des Sohnes Gottes und Mariens auf der
Hochzeit von Kana. Es ist eine Hochzeit in Galiläa, da Jesus und Maria
anwesend sind. Es ist ein verborgener Hinweis, scheint mir, auf die
mystische Hochzeit Jesu und Mariens. Der Wein geht zuende, das heißt,
die Freude der Hochzeit und der Rausch der Liebe droht zu versiegen.
Maria bittet Jesus um neuen Wein, das heißt, sie bittet ihn um den Rausch
der Liebe, um den Wein der Ekstase. Wer das Symbol des Weines tiefer
verstehen will, betrachte die Sufi-Mystik, da der Wein besungen wurde
von den Dichtermystikern, und zwar nicht der verbotene Wein der Welt,
sondern der göttliche Wein des Paradieses. Hier ist der Wein ein Symbol
für die berauschende Liebe Gottes, für die Selbstvergessenheit der
mystischen Liebe und für die Ekstase der Vereinigung der Seele mit Gott.
Um diesen Wein der Sufi-Mystik, um diesen erlaubten Wein des
Paradieses bittet Maria Jesus. Sie bittet geradezu: Herr, die Liebe versiegt
auf Erden, der Wein der menschlichen Liebe ist ausgegangen, schenke nun
göttliche Liebe, schenke den Wein der göttlichen Hochzeit! Und Jesus
spricht: Frau, was begehrst du von mir? Er nennt sie nicht Mutter, sondern
Frau. Denn hier deutet sich wieder das Geheimnis der mystischen
Hochzeit Mariens und Jesu an, des Herrn und der Frau, des Bräutigams
und der Braut, des neuen Adam und der neuen Eva. Die neue Eva bittet um
den Wein der Ekstase, den Wein der berauschenden Liebe und das
Sakrament der göttlichen Vereinigung, und der Bräutigam schenkt den
Wein, der den guten Wein der menschlichen Liebe durch den besseren
Wein der göttlichen Liebe ersetzt. Die irdisch-menschliche Hochzeit von
Kana wird erhöht durch ein Wunder und verklärt in die Offenbarung der
Herrlichkeit des Herrn und Unserer Lieben Frau als die wahren
Hochzeitsleute der göttlichen Hochzeit! Betrachten wir Bräutigam und
Braut am Kreuz! Die Kirche spricht seit langem schon von dem
Mitgekreuzigtsein der Jungfrau Maria mit dem Herrn Jesus. In Amsterdam
erschien Maria und nannte sich: Miterlöserin. Dieser Titel ist in der Kirche
schon lange im Umlauf, wenn er auch noch nicht dogmatisch definiert ist.
Johannes Paul II nannte Maria die Frau der Schmerzen, die mit dem Mann
der Schmerzen gelitten hat. Christus wurde am Körper gekreuzigt, Maria
am Herzen gekreuzigt. Ich will hier nicht die Theologie des Kreuzes
entfalten und auch nicht die Theologie der Miterlöserin, sondern ein
Gemälde schildern, das ich sah in dem Sendschreiben der Kommunion
Maria Königin des Friedens. Dort schwebt über Jerusalem in der
kosmischen Nacht schräg aufsteigend das Kreuz in das All, und auf dem
Kreuz wie auf einem Bett liegt Christus, nackt bis auf den Lendenschurz.
Der Lendenschurz ist aber nicht zu sehen, sondern allein seine männliche
Nacktheit, denn sein Körper wird bedeckt von Unserer Lieben Frau, die in
seinen Armen liegt. Sie trägt ein Gewand aus einer leichten feinen weißen
Seide, die fast durchsichtig ist, ein fließendes Lichtgewand, das weht
durch die Nacht. Ihre zarten schlanken femininen Fingern verschlingt sie
mit den angenagelten Händen Christi, die ihre Hände zärtlich umschließen.
An der Stelle, wo die Brust Mariens über der Brust Jesu gebettet ist,
erstrahlt als Zeichen der Vereinigung des heiligen Herzens Jesu und des
unbefleckten Herzens Mariens ein strahlender Lichtglanz, wie ein
diamantener Morgenstern oder die Quelle des Lichts selbst. Das Antlitz
Unserer Lieben Frau ist dem Antlitz des Herrn liebevoll zärtlich
zugewandt, und sie scheinen einander Liebesworte zuzuflüstern, ja, mir
scheint, ich höre, wie Maria, die Braut, zu Christus, dem Bräutigam, die
Worte des Allerheiligsten der Heiligen Schrift flüstert, den Vers des Hohen
Liedes: Küsse mich, Geliebter, denn deine Küsse sind berauschender als
der Wein! So schweben der Bräutigam und die Braut in ihrer mystischen
Liebesvereinigung in dem Bett des Kreuzes, wie Katharina von Siena den
Ort der mystischen Vereinigung nennt, als Erlöser und Miterlöserin durch
die Nacht des Kosmos! (Liebe alte Mutter im Karmel, Ihr habt mich
ermahnt, dergleichen nicht zu schreiben. Aber hier stehe ich und kann
nicht anders. Immaculata sei mir gnädig!) Der Schluß des Evangeliums der
Weisheit Jesus ist von derselben Vision erleuchtet, nämlich von der
Hochzeit des Lammes mit der Braut, der himmlischen Jerusalem. Die
himmlische Jerusalem ist die Braut und die Frau des Lammes, griechisch
gesprochen, die Nymphe des Lammes. Sie kommt in der apokalyptischen
Endzeit aus dem Himmel hernieder, geschmückt wie eine Braut für ihren
Bräutigam. Ja, der Schluß der Bibel, der ganzen Heiligen Schrift von A bis
O, von Genesis zu Apokalypse, ist die Herniederkunft der himmlischen
Braut, der Nymphe des Lammes, die sich schön gemacht hat zur Hochzeit
mit dem Lamm, dem gekreuzigten und auferstandenen Christus Jesus. Die
Jungfrau Maria ist die himmlische Jerusalem, das Ideal der Ecclesia, der
Inbegriff der erlösten Menschheit, und die letzte eschatologische
Offenbarung der heiligen Schrift ist die heilige und himmlische Hochzeit
der Braut Maria mit dem Bräutigam Jesus. O Maria, du Nymphe des
Lammes, komm herab aus dem Himmel wie eine Braut! Selig sind, die
geladen sind zur Hochzeit des Lammes! Ja, Herr Jesus, komm bald!

Einige Mystiker wollen wir nun betrachten. Als erstes führen wir das Wort
eines katholisch-charismatischen Propheten der Königin des Friedens an,
daß die rote Glut der menschlichen Liebe nicht von dem Violett der
Frömmigkeit, sondern allein von der Weißglut der göttlichen Liebe
überwunden wird. Die rote Rose der leidenschaftlichen Liebe zu einer
sterblichen Frau wird nicht ersetzt durch die blaue Lilie der Keuschheit,
sondern durch die weiße Pfingstrose der leidenschaftlichen Liebe zur
himmlischen Braut Maria. Hier erwähnen wir den seelsorgerlichen Rat
eines Mönchs, der dem Ehelosen die Marienehe empfahl, da der Ehelose
bestätigte, daß die Madonna den Ehelosen leidenschaftlich und mystisch-
erotisch liebe! Denn die Liebe zur Madonna soll kein asexuelles,
unerotisches, das heißt unvitales Liebesverhältnis sein, sondern die höchste
Sublimierung des Eros, die höchste Devotion des Eros sein, eben die
Weißglut des Eros. Hieran anknüpfend zitieren wir den jüdischen
Religionsphilosophen Walther Schubert, der von der Vereinigung des Eros
und der Religion sprach und über den anbetenden Eros in der Religion den
umarmenden Eros in der Religion stellte, das heißt, heiliger als der
Theismus ist die Mystik der mystischen Union mit Gott. Maria wollen wir
betrachten als den Inbegriff und das Ideal dieses umarmenden Eros in der
Religion, da sie wie keine andere die mystische Vereinigung mit Gott
erfahren hat. Diese mystisch-erotische Union hat auch Mechthild von
Magdeburg ersehnt und erfahren, da sie den göttlichen Bräutigam im
Garten der Liebe traf, da sie zu ihm schrie: Herr, ich bin eine nackte Seele
in heißer Gier! Liebe mich oft und heftig und lange! Und der göttliche
Bräutigam sprach zu seiner mystischen Braut: Entkleide dich und komm in
mein Brautgemach und vereinige dich mit mir in Liebesumarmungen und
Küssen und letzter Ganzhingabe! Die mystische Erotik oder spirituelle
Sexualität kann das Verhältnis zur Gottheit aber auch umgekehrt erfahren,
daß der Mensch der Minneritter ist, der um Frau Minne wirbt oder daß der
Mensch der Mönch ist, der als Minnediener die Frau Weisheit verehrt. Die
göttliche Frau Weisheit war die göttliche Geliebte des seligen Heinrich
Seuse und war auch die mystische Braut des Theosophen Jakob Böhme.
Jakob Böhme nannte die Jungfrau Sophia seine göttliche Geliebte, die ihn
innerlich heilige und vervollkommne, so daß er das innere Gottesebenbild
seiner Menschheit wiederfinde in der ursprünglichen Ganzheit. Diese
Jungfrau Sophia verhieß dem mystischen Theosophen, daß sie seine Braut
und Verlobte sei, daß sie ihn führen werde auf seiner Pilgerschaft auf
Erden, und daß sie ihm im Paradies ihr Perllein schenken werde. Offenbar
scheint das die Verheißung zu sein, daß die Jungfrau Sophia auf Erden die
keusche Braut sei, die keusche Verlobte, die wahre Freundin ihres
Minners, aber daß sie ihn heiraten werde und die Hochzeit vollziehen
werde im Himmel. Denn wenn der Christ den irdischen Tod gestorben ist,
ist er geladen, biblisch gesprochen, zur Hochzeit des Lammes, mystisch
gesprochen, zur Hochzeit mit der Jungfrau Sophia. Daß diese verheißt, ihr
Perllein zu schenken im Paradies, ist die Verheißung der ehelichen
Vereinigung in der Hochzeitsnacht, das heißt, die himmlische und ewige
Gottesehe des Erlösten wird in dem sexuellen Bild der ehelichen
Vereinigung im Paradies zum Ausdruck gebracht. Diese Jungfrau Sophia
ist das göttliche Urbild der irdischen Jungfrau Maria, wie Jakob Böhme
sagt, sie ist aber auch Jesus Christus selbst. Es scheint also durchaus
erlaubt, wenn man auf den Genius Böhmes vertraut, das Paradies als die
Ehe mit der Jungfrau Maria zu betrachten. Hier scheint die Hoffnung des
Propheten Mohammed nicht umsonst, der sich wünschte, im Paradies die
Jungfrau Maria zu heiraten. Da Maria Sophia ist (wie auch die päpstliche
Begründung der dogmatischen Definition der Unbeflecktheit Mariens die
Schrift anführt über die Unbeflecktheit Sophias), da also Maria Sophia ist,
wird diese Maria-Sophia ihr Perllein, das heißt, ihre eheliche Ganzhingabe,
im Paradiese ihrem Bräutigam schenken. Dieser Schoß Mariens, den der
Marienbräutigam im Paradies erkennen wird und sich vereinigen mit der
ewigen Jungfrau Maria-Sophia und verschmelzen mit der unbefleckten
Jungfrau in gegenseitiger Ganzhingabe, dieser Schoß Mariens wird vom
heiligen Louis-Marie Grignion de Montfort das Paradies selbst genannt.
Ich werde nicht müde, diese Worte Grignions weiterzusagen, daß der
Schoß Mariens ein seligeres Paradies ist als der im Neuen Testament von
Jesus selbst verherrlichte Schoß Abrahams, daß der Schoß Mariens der
Ruheort der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, der Lustort Gottes ist, daß der
Schoß Mariens das Paradies Gottes ist. Dieser Schoß der Jungfrau Sophia-
Maria mit dem ehelichen Perllein der Ganzhingabe ist das Paradies selbst.
Diese eheliche Vereinigung mit der göttlichen Jungfrau Sophia-Maria und
die Verschmelzung mit ihrem erotisch-mystischen Perllein wirkt, wie
Salomo in der Schrift sagt, keinen Kummer und keinen Überdruß, ja, die
Ehe mit der göttlichen Sophia bereitet nichts als Lust und Freude oder
Wollust und Wonne! Der heilige Augustinus beschreibt geradezu das
Paradies mit den lustvollen Worten eines ewigen Schmachtens und ewiger
Befriedigung, einer ewigen Befriedigung und ewigen Schmachtens!

Ich möchte einige Andeutungen aus meinem Gebetsleben geben. Mir


gelten viel die Worte Unserer Lieben Frau von Medjugorje. Sie sagte: Ich
liebe dich mit einer grenzenlosen, brennenden und ganz besonderen Liebe!
Das, meine ich, ist die Sprache der himmlischen Leidenschaft. Grenzenlos
ist Mariens Liebe, weil sie die göttliche Liebe weiterschenkt, brennend ist
ihre Liebe, weil sie den göttlichen Eros ausgießt, ihre Liebe ist eine ganz
besondere Liebe, meine ich, weil sie jeden ihrer Minner auf eine
einzigartige Weise liebt, keinem ein allgemeines Schema aufpresst,
sondern jeden als ein Original liebt. Darauf vertraue ich. So sagte Maria
auch, daß, wer sich ihr hingibt, auf Erden schon das Leben des Himmels
beginnt, ja, wer sich ihr ganz hingibt, daß der den Übergang von diesem
Leben zu jenem Leben gar nicht bemerkt. So stimmt es, was Louis-Marie
Grignion de Montfort sagte, daß das Leben mit Maria Sophia eine
geistliche, aber wirkliche Ehe ist! So bekenne ich die leidenschaftliche
Ganzhingabe Mariens, mit der sie meiner leidenschaftlichen Ganzhingabe
antwortet, beziehungsweise vorausliebend zuvorgekommen ist. Denn sie
hat mich zuerst erwählt zum Geliebten und mich so lange leidenschaftlich
umworben, bis ich, überwältigt von ihrer Schönheit und Liebe, mich ihr
ganz ergeben habe – Totus tuus! Ich kann nur eine Vision berichten, die ich
intellektuell nicht beweisen kann, nicht biblisch, nicht theologisch, nicht
philosophisch, aber ich sah im Zentrum des Kosmos den Schoß Mariens!
Teilhard de Chardin sah im Zentrum des Kosmos das brennende Herz Jesu,
und vielleicht ist beides dasselbe, denn es ist das kosmische Zentralfeuer
der göttlichen Liebe, das sich mir ganz persönlich im Schoß Mariens
verkörpert. Als ich einmal ruiniert an dem Herzen der menschlichen Liebe
mich in der Zeit zwischen Weihnachten und dem Fest der Heiligen Drei
Könige zum Gebet in meine Kammer zurückzog, da war die Jungfrau
Maria unsichtbar, aber wirklich spürbar bei mir zu Besuch. Sie trauerte mit
mir und tröstete mich mit ihrer ganz besonderen Liebe. Sie tanzte mit mir
zu traurigen Liebesliedern und tröstete mich mit ihrer Umarmung. Ich
betrachtete damals immer wieder ein Gemälde, das ich in dem
Sendschreiben der Kommunion Maria Königin des Friedens gesehen hatte.
Es zeigte Maria im Augenblick des Englischen Grußes. Die Madonna hatte
einen himmelblauen Umhang, der leicht wie Äther sie umfloß, der aber
offen war und zeigte ihr Kleid, das wie feine weiße Seide war, ganz leicht,
ganz sanft, ganz zärtlich ihren Leib umfließend wie himmlisches Licht.
Das fließende Seidengewand aus himmlischem Licht umfloß ihren Körper
so, daß sich die Form ihrer süßen Brüste abzeichnete. Bevor ich einschlief,
küsste ich die Brüste der Madonna. Als ich am Morgen erwachte, schlug
der Heilige Geist die Heilige Schrift auf und ich las: Jerusalem, ziehe
wieder an das Kleid der Herrlichkeit des Herrn! Und mir war (verzeihe mir
die grausame Welt) als ob die Madonna sich ihres Lichtkleides, das ihren
pneumatischen Körper verhüllte, entkleidet hätte, um mich zu trösten mit
ihrer himmlischen Liebe, und nun, am Fest der Epiphanie, das Kleid der
Herrlichkeit des Herrn wieder anziehe. Unbesiegbar fühlte ich mich
gestärkt durch die Ganzhingabe der Madonna! (Immaculata, du weißt, das
ich die Wahrheit bezeuge!) Ich will eine zweite Vision berichten. Es war
genau im Augenblick der Mitternacht vom Sylvestertag auf den
Neujahrstag, der ja das heilige Fest der Gottesmutter Maria ist, da ich nach
einem stundenlangen Gebet plötzlich die Nähe der Jungfrau Maria spürte.
Ihr Name war: Die Liebe! Sie erschien in einem Lichtstrahl, ich ahnte ihre
schlanke Gestalt, die von solchem femininen Liebreiz und solcher
jungfräulicher Grazie war, daß sie mir ähnlich schien der Venus-Madonna,
wie sie Botticelli gemalt hat als ein ewiges Symbol der unbefleckten
Anima. Ich spürte wirklich die himmlische Liebe der Jungfrau Maria in
einer gnädigen Heimsuchung nahe. Und ich trat an jener Stelle meiner
Kammer, da das unsichtbare Licht fast sichtbar war. Es war genau der
Augenblick der Mitternacht des Jahreswechsels, da am Himmel ein großes
Feuerwerk explodierte. Und ich trat auf meinen Balkon und betrachtete in
der Nacht die explodierenden Kometen und den himmlischen Feuerregen,
und mir war, ich betrachte dies in dem Augenblick der Vereinigung mit
Maria als den kosmischen Ausdruck unserer Vereinigung, und es war ein
kosmischer Liebesakt, da die Liebe der Madonna als Frau Liebe die Nacht
des Universums erfüllte mit dem brennenden Flammen der Ganzhingabe
ihrer Liebe! (Die Menschen werden mich für wahnsinniig halten, Liebe
Frau, doch du weißt, daß ich es so erfahren habe!) Eine dritte Vision will
ich berichten. Ich stand an der Nordsee auf dem Deich und hatte am
Ostersonntag in der Mittagszeit den Rosenkranz meditiert in Einsamkeit.
Da erschien mir über dem rauschenden Meer in unsichtbarer Sichtbarkeit
die Jungfrau Maria, die von der griechisch-orthodoxen Kirche Panhagia
Aphroditissa genannt wird, und ich betete zu Maria und nannte sie den
Ozean aller Gnaden Gottes. Und mir war in einem ozeanischen Gefühl,
daß in dem Gebet zu Maria meine Seele mit der Jungfrau Maria über dem
Meer verschmolz. Und in meinen Geist kam der Gedanke, daß das wahre
Gebet wie eine sexuelle Vereinigung mit einer Frau ist, weil das wahre
lebendige Herzensgebet zur mystischen Union mit der göttlichen Liebe
führt und zu der selben Glückseligkeit führt, die der Ehemann in der
Vereinigung mit seiner Ehefrau sucht (wenn nicht in Wahrheit die
Vereinigung mit der göttlichen Liebe die Vereinigung mit einer sterblichen
Frau an Glückseligkeit unaussprechlich übertrifft)! Zum Abschluß meiner
Meditation, die aus dem dreifachen platonischen Wahnsinn geboren ist,
dem Wahnsinn des Dichters, der besessen ist von seiner Muse, dem
Wahnsinn des Minners, der besessen ist von seiner Geliebten, und dem
Wahnsinn des Propheten, der besessen ist von der göttlichen Liebe, zum
Abschluß dieser Meditation will ich einen Traum erzählen. Meine Seele
träumte in der Weihnacht der Geburt Christi, daß ich in dem Schoß Gottes
war, in dem Uterus meiner mütterlichen Gottheit. Und meine Seele wie ein
himmlisches Kind schwamm und schwebte in dem Fruchtwasser meiner
Gottheit-Mutter, und das Fruchtwasser der barmherzigen Gebärmutter
meiner göttlichen Mutter war ein unendliches, uferloses Meer des Lichts,
und meine Seele schwamm erlöst und glückselig in der See der Seligkeit!

Amen.

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ESSAYS

Von Peter Torstein Schwanke

ERSTES KAPITEL

In dem die Theologie, Philosophie und Mystik des Islam behandelt wird.

Der Beginn der islamischen Theologie setzte sich mit dem Problem der
Vorherbestimmung Gottes im Verhältnis zur Selbstbestimmung des
Menschen auseinander. Schon im vorislamischen Arabien hatte es den
heidnischen Schicksalsglauben gegeben, des Menschen Schicksal sei von
einer anonymen Schicksalsmacht (Fatum, Dahr) bestimmt oder durch die
Sterne vorherbestimmt. Im Koran erschien nun das Schicksal des
Menschen als vorherbestimmt vom persönlichen Gott. Aber der Koran ließ
offen die Frage, wie sich Gottes Vorherbestimmung und des Menschen
Freiheit zueinander verhalte. Dieses Problem des Verhältnisses von
göttlicher Fügung und menschlicher Verantwortung wird zum
Hauptproblem der frühen islamischen Theologie. Die göttliche
Vorherbestimmung und die menschliche Selbstbestimmung wurden beide
mit dem Begriff Qadar wiedergegeben. Qadar bedeutet eigentlich: Sache
Gottes, und meint im Koran die Vorherbestimmung Gottes,
Schicksalsbestimmung durch den lebendigen Gott. Aber die Frage war
nun: Gibt es neben der Qadar Gottes nicht auch eine Qadar des Menschen,
eine freie Selbstbestimmung? Auf diese Fragen gab es zwei Antworten.
Die einen, vor allem die herrschenden Kalifen und ihre Theologen,
argumentierten von oben her, von der Sache Gottes. Die aufkommenden
Bildungsschichten der Gesellschaft argumentierten von unten her, von der
Selbstbestimmung und Verantwortung des Menschen her. Die Kalifen
waren vor allem an der Sache Gottes interessiert, da sie sich ja
Stellvertreter Gottes nannten. Sie wollten die Lehre verbreiten, dass alles,
was die Kalifen als Stellvertreter Gottes tun, von Gottes Qadar
vorherbestimmt sei, und zwar im Guten wie im Schlechten. Beim frommen
Kalifen Abd al-Malik fiel Gottesgnadentum des Herrschers zusammen mit
der religiösen Lehre der Prädestination. So machte ein Wort, das man dem
Propheten Mohammed zuschrieb, in jenen Zeiten die Runde: Gott schreibt
nur die guten Taten des Herrschers auf, nicht aber die bösen. Der Kalif
Yazid der Zweite hatte sich bestätigen lassen, der rechtgeleitete Kalif als
Stellvertreter Gottes müsse keine Rechenschaft vor Gott ablegen, da er als
rechtgeleiteter Stellvertreter Gottes von vorneherein die Sache Gottes
vertrete. So konnte dann schließlich der lebenslustige Kalif Al-Walid der
Zweite sein Leben mit Wein, Weib und Gesang als gottgewollt
rechtfertigen. In einem Hymnus an den Wein pries er die Gnade Gottes, die
den Muslim, wenn er nur gläubig sei, trotz aller Sünden, nach dem Tode
sogleich ins Paradies einlade. Diese Meinung war in jenen Kreisen weit
verbreitet. Dagegen bildete die Bildungsschicht der Gesellschaft die Lehre
von der menschlichen Verantwortung aus. Sie sagten, jeder Mensch ist von
Gott zum Guten erschaffen, allerdings ist der Mensch frei, auch das Böse
zu tun. Als einzelner Mensch hat die Person dann seine eigene Freiheit,
sich zu entscheiden für das Gute oder für das Böse, dass ist die Qadar des
Menschen, die Freiheit zur Selbstbestimmung, die eine Verantwortung
jedes Menschen vor Gott ist. Jeder Mensch muß Rechenschaft ablegen für
sein Gutes oder Böses vor Gott, gleichgültig, ob ein Untertan oder ein
Kalif. Diese Gruppe der Vertreter der menschlichen Verantwortung in
Freiheit wird Qadariten genannt. Sie hatten ein pietistisches
Sündenbewusstsein und waren vor allem bei den Asketen des Irak präsent.
Die Qadariten werden aber später in Syrien zu einer sozialen Bewegung,
die gegen das absolute Gottesgnadentum der Kalifen protestiert. Hier in
Syrien existierten die Gedanken der Freiheit des Menschen und der
Verantwortung des Menschen vor Gott ja schon als Ideen seit der Zeit der
Christen in Syrien.

Gegen die Qadariten setzten sich die Prädestinatianer durch. Doch wurde
kein absoluter Determinismus mehr vertreten, denn es gab auch Protest
gegen ungerechte Herrscher. Es wurde aber auch bei den neuen Theologen
gegen ein allzu anthropomorphes Gottesbild protestiert. Wenn im Koran
von Gottes Hand, Gottes Auge und Gottes entblößter Wade die Rede sei,
so ist doch Gott nicht einem Menschen gleich, sondern Gottes Hand
bedeutet seine Macht und den Lohn, den er schenkt, Gottes Auge bedeutet
Gottes Allwissenheit, Allweisheit, und Gottes entblößte Wade am Tag des
Jüngsten Gerichts bezeichnet Gottes Entschlossenheit, für die
Gerechtigkeit einzutreten. Der Theologe Halil Ibn Ahmad beschrieb nun
den transzendenten Gott in seinem Buch über das Einheitsbekenntnis des
Islam: O du, der du fragst, den Ewigen zu verstehen! Wenn du fragst: Wo
ist er, dann gibst du ihm schon einen Ort, der doch ortelos ist. Wenn du
fragst: Wie ist er? So gibst du ihm doch eine Beschreibung, eine Qualität,
der doch unbeschreiblich und undefinierbar ist. Gott der Ewige ist plus A,
plus A, aber er ist auch minus A, minus A. Oder aber: Gott der Ewige ist
plus A, minus A, aber er ist auch minus A, plus A. Anders gesagt: Gott der
Ewige ist das Seiende des Seienden und das Nichtseiende des
Nichtseienden, aber er ist auch das Nichtseiende des Seienden und das
Seiende des Nichtseienden. Daß der Theologe Gott so beschreibt, ohne ihn
zu beschreiben, ist verwandt mit der buddhistischen Lehre über das
Absolute. Denn es gibt vier Arten, die Beschreibung des Absoluten zu
verneinen: Zu verneinen, dass das Absolute so ist, zu verneinen, dass es
anders ist, zu verneinen, dass es sowohl so als auch anders ist, und zu
verneinen, dass es weder so noch anders ist. Dies ist verwandt der
negativen Theologie des christlichen Mystikers Dionysios Areopagita und
seiner Schüler. In der negativen Theologie wird gesagt, der Mensch kann
von Gott nur sagen, was Gott eben nicht ist, aber positiv ist Gott nicht
beschreibbar. Vielmehr muß zu jeder positiven Beschreibung Gottes gesagt
werden, dass Gott auch nicht so ist, sondern anders, denn Gott ist für den
Menschen immer Der-Ganz-Andere. Wozu aber diese theologischen
Spitzfindigkeiten? Sie dienen dazu, allzu menschliche Gottesbilder in der
Seele auszulöschen, um zum bildlosen Gott zu gelangen, von dem Meister
Eckard spricht, denn allein der bildlose Gott ist die höchste mystische
Wirklichkeit, die höchste mystische Weisheit, die sowohl mythisches
Reden von Gott als auch theologisch-rationale Rede über Gott unendlich
übersteigt und dem Menschen nur in der mystischen Versenkung sich
offenbart.

Die Araber hatten ein großes Gebiet erobert. Sie trafen in den eroberten
Gebieten auf viele griechische Gelehrte und lernten viel von ihnen. Zuerst
übernahmen sie die praktischen Wissenschaften, mit der Zeit aber auch die
griechische Philosophie, vor allem den Neuplatonismus. Aber in jener Zeit
waren auch die Geheimwissenschaften okkulter Philosophie populär, wie
die Alchemie und die neupythagoräische Mathematik der Zahlenmystik.
Viele wollten, statt auf dem Weg der prophetischen Offenbarung und des
Glaubens, durch esoterische Geheimwissenschaften höhere Weisheit
erlangen. An den Höfen der liberalen Kalifen trafen sich Gelehrte als
Freunde und Zechgenossen in Tafelrunden und theologischen Symposien.
Damals gab es in Damaskus Diskussionen zwischen muslimischen
Arabern und syrischen Christen. Die Christen argumentierten mit
griechisch-christlichem Vokabular einer ausgefeilt-gelehrten Theologie,
ihre Art zu argumentieren fand das Interesse der Araber. Die griechisch-
philosophischen Akademien waren ja vom christlichen Byzanz aus
Griechenland verdrängt worden, auch aus Alexandrien, sie siedelten sich
bei den christlichen Häretikern im Osten an, den Nestorianern in Edessa,
und kamen schließlich im neunten Jahrhundert nach Bagdad. In Bagdad
entwickelte sich im Haus der Weisheit (Bait Al-Hikma) eine rege
Übersetzertätigkeit. Viele Werke griechischer und syrischer Sprache
wurden vor allem von syrischen Christen musterhaft ins Arabische
übersetzt, Schriften des Aristoteles und des Hippokrates. Das Streben nach
Wissen und Weisheit war weit verbreitet. Bald übertrafen die Beiträge der
Muslime zu den Natur- und Geisteswissenschaften das meiste, was sie aus
griechischem, persischem und indischem Erbe übernahmen. Europa
verdankt es zu einem großen Teil den muslimischen Arabern, dass das
antike Kulturerbe weiter tradiert wurde, so dass Europa es später wieder
entdecken konnte, zuerst in der mittelalterlichen Scholastik das Erbe vor
allem des Aristoteles, später, am Beginn der Neuzeit, in der Renaissance,
vor allem den Neuplatonismus, aber auch die Gesamtheit antiker Literatur.
So kam also der Islam in Kontakt mit der griechischen Philosophie. Hier
stellte sich die Frage, wie sich Theologie und Philosophie zueinander
verhalten, wie sich Offenbarung und Wissenschaft zueinander verhalten,
wie sich Glaube und Vernunft zueinander verhalten. War nun die
prophetische Offenbarung des Koran die höchste Offenbarung über Gottes
Wesen oder konnte der Mensch auf philosophischem Wege auch Gottes
absolutes Sein in Wahrheit erkennen? War die heilige Schrift des Koran
der absolute und unfehlbare Maßstab, an dem die griechische Philosophie
von Aristoteles und Platon zu messen war, oder war die philosophische
Geistigkeit ein Weg, die allzumenschliche Redeweise des Koran über Gott
zu übersteigen und zu einem transzendenten Gott der bildlosen Weisheit zu
gelangen? Dieses Problem des Verhältnisses von Glaube und Vernunft,
Offenbarung und Philosophie, stellte sich auch später im Christentum, so
in den mittelalterlichen Auseinandersetzungen über die Frage, ob es zwei
Wahrheiten geben könne, eine philosophische Wahrheit der Wissenschaft
und eine theologische Wahrheit der Heiligen Schrift? Und noch bis in
unsere Zeit ist diese Frage interessant, wie sich Naturwissenschaft und
christlicher Glaube zueinander verhalten, wie die Offenbarung Gottes, wie
Christus Gott offenbart hat, im Verhältnis steht, zu der menschlichen
Weltweisheit der Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft.

Im achten Jahrhundert hatte man begonnen, die Hadit-Tradition zu


begründen. Hadit ist die Überlieferung, die Tradition, die die Aussprüche
des Propheten Mohammed sammelt. Es sind Aussagen über rituelle,
moralische und religiöse Themen. Es gibt Aussagen zu Glaubensfragen, zu
Fragen der moralischen Lebensführung und zur rechten Staatskunst.
Fragen des Alltags wie Trank und Speise und Kleidung werden auch
behandelt. Was der Koran offenließ, beantwortet nun die Hadit, die
Tradition. Es gibt keinen Bereich, zu dem nicht ein Spruch des Propheten
vorliegt. In den Sprüchen werden Szenen dargestellt, in denen der Prophet
und die Prophetengefährten zu Wort kommen. Die wörtliche Rede ist der
eigentliche Inhalt der Tradition. Immer mehr solcher Hadit-Sprüche
werden gesammelt. Eine eigene Hadit-Wissenschaft wird begründet, die
falschen und zweifelhaften Aussprüche von den echten Aussprüchen des
Propheten zu scheiden. Es ist dies die Wissenschaft der Männer, so wird
sie genannt. Der wichtigste dieser Hadit-Gelehrten ist Al-Buhari, der aus
Buchara stammte, und nach Mekka und Medina reiste, um die echten
Sprüche des Propheten zu sammeln. Seine Sammlung von Hadit-Sprüchen
ist die bedeutendste, sie heißt: As-Sahih, die Gesunde. Schon als
elfjähriger hatte Al-Buhari Hadit-Sprüche auswendig gelernt, und er
machte es sich zum Lebenswerk, die wahren Sprüche des Propheten zu
sammeln. Später entstanden die fünf klassischen Hadit-Bücher, die für alle
Sunniten unter den Muslimen kanonische Geltung hatten. Somit trat auch
bei den Muslimen zu der Offenbarungsschrift die mündliche Tradition. Bei
den Juden war zur Torah die Mischnah und der Talmud getreten, und bei
den Christen war zur Bibel die Tradition der Kirche getreten, aber bei den
Muslimen war zum Koran die Hadit-Tradition getreten, die nun
gewissermaßen wie eine zweite Offenbarungsquelle des prophetischen
Glaubens an den Einen Gott betrachtet wurde.

In dem Riesenreich des Islam haben die Muslime kaum mit Polytheisten
zu kämpfen, aber sie haben sich auseinanderzusetzen mit den Leuten des
Buchs, den Juden und Christen. Besonders der christliche Glaube an die
Dreieinigkeit Gottes fordert die Muslime heraus, ihr Einheitsbekenntnis
Gottes mit theologischer Vernunft zu begründen. Die frühe islamische
Theologie drehte sich um das Verhältnis der Vorherbestimmung Gottes und
der Selbstbestimmung Gottes. Nun beschäftigt sich die islamische
Theologie mit der Frage des Verhältnisses von Gottes Offenbarung und der
menschlichen Vernunft. Die Theologie wird vor allem in Bagdad und im
Iran getrieben. Es gibt die Traditionalisten, die vor allem die
Haditwissenschaft betreiben, und auf der anderen Seite die Vertreter einer
rationalen Theologie. Auch über das Wesen des Koran begann man zu
diskutieren, ob er geschaffen oder ungeschaffen sei. Besonders in
Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben an die Dreifaltigkeit
Gottes wird besonders die Einheit und Einzigkeit Gottes zu einem
theologisch diskutierten Problem. Die Muslime gingen davon aus, dass die
Gottesvorstellung dem Menschen von Natur aus angeboren sei und dass
der Mensch durch eigenes Erkennen zu der Gewissheit der Existenz Gottes
gelangen könne. Darüber hinaus aber nahmen die Muslime an, dass das
Wesen Gottes ohne prophetische Offenbarung, also den Koran, nicht
vollkommen erkannt werden kann. Nun leiteten die Theologen aus dem
Offenbarungswort des Koran theologische Gottesbeweise ab und eine
Lehre von den Attributen Gottes. Die Traditionalisten und Hadit-Gelehrten
stammten vor allem aus dem Kleinbürgertum und hielten sich an eine sehr
buchstabengetreue Auslegung des Koran und der Hadit-Sprüche. Sie
lassen den Islam als sehr eng erscheinen. Auf der anderen Seite wollen die
rationalen Theologen zwar den Koran nicht durch Vernunftgründe
ersetzen, aber doch den Koran menschlich-vernünftig erklären, also die
Offenbarung rational interpretieren und das muslimische Bekenntnis mit
den Waffen der rationalen Theologie gegenüber Juden und Christen
verteidigen. Diese Schule der rationalen Theologie nennt man Mutazila.
Der erste Vertreter der Mutazila ist Wasil Ibn Ata. Er ist Asket, vertritt eine
gemäßigte innerweltliche Askese und appelliert dabei an die menschliche
Vernunft. Sein Mitstudent Amr Ibn Ubaid war von ihm in einem
Streitgespräch bekehrt worden und vertrat auch die Askese, allerdings eine
strengere Askese. Geld und Luxus verachtet er, vertraut aber auf intensives
Gebet und Pilgerfahrt. Wasil betrachtet in seiner Theologie den Sünder als
einen Menschen, der nicht als Gläubiger ins Paradies eingehe, aber auch
nicht als Ungläubiger in die Hölle, er könne ja zu Lebzeiten noch
umkehren, und schließlich würden im Gericht Gottes die guten Werke
gegen die bösen aufgerechnet. Die unmündigen Kinder kommen im
Todesfall nach seiner Lehre sofort ins Paradies. Amr in seiner Theologie
vertritt eindeutig die Lehre von der freien Selbstbestimmung und
Selbstverantwortung des Menschen vor Gott und ist freigeistig genug,
bestimmte Hadit-Sprüche zu verwerfen, die von einer absoluten
Vorherbestimmung des Menschen durch Gottes Willen sprechen. Auch den
Koran deutet er gemäß der Lehre von dem freien Willen des Menschen.
Die Mutazila-Theologen setzen auf die Vernünftigkeit des Gottesglaubens.
In keiner muslimischen Schule ist die griechische Philosophie so ernsthaft
eingearbeitet worden, wie in der rationalen Theologie der Mutazila. In dem
Gelehrten Dirar Ibn Amr trafen das antiken Denken des Aristoteles und der
muslimische Glaube der Koranauslegung zusammen. Ihren Höhepunkt
erreichte die Mutazila-Schule allerdings in Onkel und Neffe, im Onkel
Abu Al-Hudail und seinem Widerpart und Neffen An-Nazzam. Der Onkel
Abu Al-Hudail hat stärker nachgewirkt, der Neffe war mehr der
Außenseiter, ein Dichter und Sprachkünstler und der Knabenliebe
verfallen. Der Onkel allerdings nahm den griechischen Atomismus der
Physik auf und die griechische Anthropologie, die Einheit der Person aus
Körper und belebendem Geist, und verwandte rationale Methoden zur
Interpretation des Koran und der Hadit-Sprüche. Bei aller Rationalität
gaben die Mutaziliten doch die Grundlage der prophetischen Offenbarung
nicht auf, sie versuchten nur, den Koran mit den Mitteln der menschlichen
Vernunft zu deuten und zu erklären. Auf dieselbe Weise haben auch
Albertus Magnus und Thomas von Aquin ja nicht die Grundlage der Bibel
aufgegeben, als sie versuchten, die Irrlehre von den zwei Wahrheiten der
Philosophie und der Theologie aufzuheben, durch die eine Wahrheit einer
philosophisch gedeuteten Offenbarung, eines vernünftigen Glaubens an
den dreieinigen Gott. Die Mutaziliten schlugen einen Mittelweg ein, sie
grenzten sich ab von den Traditionalisten, die Koran und Hadit
buchstabengetreu und eng interpretierten und auch die menschliche
Redeweise von Gott nicht in Frage stellten, jegliche tiefere Auslegung des
Koran ablehnten, aber sie grenzten sich auch ab von den
Transzendentalisten, die die Unerforschlichkeit und Andersartigkeit Gottes
überscharf betonten und keine menschliche Erkenntnis Gottes zugaben.

Die Lehre der extremen Transzendentalisten geht zurück auf Gahm Ibn
Safwan. Er lebte in Afghanistan, das damals ein Zentrum des
zentralasiatischen Buddhismus war. Gahm hatte Gespräche mit
Sensualisten geführt, die an keine geistige Wirklichkeit und an keinen
persönlichen Gott geglaubt haben. Es waren wahrscheinlich buddhistische
Mönche. Ihnen gegenüber vom persönlichen Gott zu sprechen, war nicht
einfach. Aber vielleicht erklärt der Kontakt mit dem Buddhismus und dazu
der Einfluß des Neuplatonismus, dass Gahm zwar an dem Begriff vom
persönlichen Gott festhält, aber die Lehre von der Transzendenz und
Unerkennbarkeit Gottes noch verschärft. So lehnt er alle göttlichen
Attribute ab und glaubt an eine Gotteserkenntnis auch ohne ausdrückliches
Glaubensbekenntnis. Er glaubt, dass Gott allgegenwärtig ist und alles
bestimmt, auch die guten Werke des Menschen, ja, Gott selbst schafft den
Glauben im Menschen. Auch alles Geschehen in der Natur wird
unmittelbar von Gott gewirkt. Der Mensch ist also ganz und gar Gott
ausgeliefert. Zugleich kann der Gott ganz ausgelieferte Mensch doch Gott
nicht erkennen. Zwar ist Gottes Immanenz allgegenwärtig und
Wirkursache aller Ursache, dennoch bleibt Gott in seiner absoluten
Transzendenz für den Menschen unerkennbar, unergründlich. Obwohl Gott
in allem ist und wirkt, bleibt Gott doch immer das ganz Andre. Gott ist
kein Etwas und kein Ding. Gott ist, wie schon der Koran sagt, mit nichts
vergleichbar. Gott ist Schöpfer jeden Dinges, dessen Sein das Sein jeden
Dinges unendlich übersteigt. Deshalb darf man ihm auch nicht
Eigenschaften eines Dinges zuschreiben. Den Koran versteht er nicht als
Gottes Rede, sondern als des Menschen Rede über Gott. Gott ist
unerkennbar, namenlos und eigenschaftslos. Seine Schüler werden
Entleerer genannt, weil sie das göttliche Wesen aller Eigenschaften
entleeren, wie ja auch im Buddhismus die Leere ein Begriff für die
absolute Wirklichkeit ist. Gott ist der Grenzenlose an Raum und Zeit. An
keinem Ort und zu keiner Zeit ist mehr Gottes Präsenz als zu anderen
Zeiten und an anderen Orten. Die Einheit Gottes ist die Allgegenwart
Gottes, die sich allem Begreifen entzieht. Doch hat sich Gott in der
prophetischen Offenbarung des Koran, die kreatürlich ist, sich selbst zu
erkennen gegeben. Diese Lehre Gahms und der Gahmiten stieß auf
Widerspruch bei den Traditionalisten, die den Koran wörtlich nehmen,
aber auch bei den rationalen Theologen, die folgende Fragen stellten: Wie
kann solch ein Gott in das Schicksal einzelner Völker und Menschen
eingreifen? Wie kann solch ein Gott sich auserwählten Propheten
offenbaren? Wie sollte er eine Heilige Schrift mitteilen? Man befürchtete,
dass nicht allein der Koran in Frage gestellt wird, sondern auch das
Ritualgebet und die Pilgerfahrt nach Mekka, da doch an der Kaaba die
besondere Gottesgegenwart erwartet wurde. Wie sollte die islamische
Theologie Antworten geben auf die Lehre der Entleerer, ohne die Höhe der
Reflexion aufzugeben?

Der schon erwähnte Theologe der Mutazila, Abu Al-Hudail, hielt vorm
sternengläubigen Kalifen von Bagdad eine Rede gegen die Astrologie. Er
war ein Mann mit umfassender philosophischer und theologischer
Bildung. Er setzte sich auseinander mit Christen, Juden, Zoroastriern und
muslimischen Zeitgenossen. Er gilt als der Repräsentant der rationalen
Theologie schlechthin. Über die Ewigkeit lehrte er, alles würde in eine
gleichbleibende Ruhe eingehen. Die Seligen in dem Garten Eden würden
nicht essen und Wein trinken und sich nicht besuchen in den grünen Gärten
des Paradieses und auch nicht mit den Huris schlafen. Aber mit dieser
philosophischen Entmythologisierung des Paradieses machte er sich beim
gläubigen Volk wenig Freunde. Er legte strenge Maßstäbe an die Wahrheit
der Hadit-Sprüche an, sie mussten sehr gut bezeugt sein. Über Gott lehrte
er, man könne Gott zwar nicht mit den Sinnen, aber mit der Vernunft
erkennen. Er war der erste Theologe des Islam, der einen vernünftigen
Gottesbeweis zu erstellen versuchte. Die allzumenschliche Rede von Gott,
von Gottes Hand und entblößter Wade, müssen allegorisch aufgefasst
werden. Aber Gott ist auch nicht ohne Eigenschaften. Gott hat die
Eigenschaft der Allmacht, der Majestät und der Herrlichkeit. Diese
Attribute Gottes sind Ausdrücke der ewigen Vollkommenheit Gottes. Die
Attribute Gottes sind aber nicht von ihm verschieden, sondern sind in ihm,
sie werden von ihm ausgesagt. Gott ist Leben. Gott ist Selbst. Und Gott ist,
wie der Koran sagt, der Allweise, er ist allwissend. Gott ist also die
Weisheit. Er besitzt nicht nur die Weisheit, sondern er ist Weisheit. Aber ist
Gottes Allmacht, die ja Gottes Wesen ist, identisch mit Gottes Weisheit?
Und sind Gottes Allmacht und Gottes Weisheit identisch mit Gottes
Leben? Dies diskutierte er mit einem christlichen Theologen aus Basra,
Ammar Al-Basri. Dieser behauptete, Allmacht Gottes, Weisheit Gottes und
Leben Gottes seien nicht allein Wesenszüge Gottes, Attribute, sondern
göttliche Personen, nämlich die Allmacht sei der Vater, die Weisheit sei der
Sohn und das Leben sei der Heilige Geist, die zwar Eines göttlichen
Wesens sind, aber selbstständig wirkende göttliche Personen. Gottes
Einheit entfalte sich also in den drei göttlichen Personen der göttlichen
Allmacht, der göttlichen Weisheit und des göttlichen Lebens.

Der Streit zwischen den Traditionalisten und den Rationalisten ging weiter.
Da trat der Theologe Abu Al-Hasan Al-Asari auf. Die Legende berichtet, er
habe im Fastenmonat Ramadan drei Träume gehabt, in denen der Prophet
Mohammed ihm befahl, der wahren Lehre anzuhängen, und ihn in der
dritten Vision mahnte, die rationale Theologie deshalb nicht aufzugeben.
Er nahm nach diesen als Bekehrung empfundenen Träumen einen
Standpunkt zwischen Traditionalisten und Rationalisten ein. Er verband
den naiven Glauben der Traditionalisten mit dem aufgeklärten Denken der
Rationalisten. Um den Widerstand der Traditionalisten zu überwinden,
berief er sich auf mehrere Hadit-Sprüche, in denen der Prophet selbst
rational argumentierte. Ja, er verwies auf den Koran, da der Koran selbst
gewissermaßen rational argumentiere, wenn es heißt, dass Gott der Eine
und Allmächtige sei, sei beweisbar aus der Tatsache, dass zwei
Allmächtige sich bei der Erschaffung der Welt behindert hätten. Aber
anders als die Theologen des Rationalismus macht Asari die prophetische
Offenbarung und die Überlieferung der Prophetenworte ganz zur
Grundlage seiner Theologie. Die liberale Theologie der Aufklärung wird
aufgehoben in einer philosophischen Offenbarungstheologie. Al-Asari ist
überzeugt von Gottes überwältigender Wirklichkeit. Menschliches Sein
und Wirken sind vollkommen abhängig von Gott. Das abstrakt-
philosophische Gottesbild der Rationalisten wurde nun abgelöst durch das
konkrete Gottesbild des Koran. Die rationale Theologie hatte gesagt, dass
Gottes Antlitz und Gottes Hand nur Ausdrücke sind für Gottes Wesen und
Gottes Gnade. Man könne vom Offenbaren in der Schöpfung auf das
verborgene Geheimnis Gottes schließen mit Schlüssen der Vernunft, aber
sehen könne man Gott nicht, denn Gott ist kein Mensch, Gott ist keine
Kreatur. Asari will das Gottesbild nach den philosophischen Abstraktionen
wieder lebendiger gestalten, so dass man zu einem lebendigen Gott beten
kann. Er spricht von Gottes Weisheit, Gottes Voraussicht, Gottes Wort.
Gott sei voller Erkenntnis, Einsicht und Vernunft. Gott sei auch sprechend.
Gottes Antlitz und Gottes Hand und Gottes Sitzen im Thronstuhl meinen
gewiß nichts Körperlich-Reales, es sind jedoch wirkliche Attribute Gottes,
deren wahre Natur uns verborgen ist. Gott ist der Immer-Bleibende, die
Hilfe, der Edelmütige. In jener Zeit sammelte man die neunundneunzig
schönsten Namen Gottes, die man auf einer Art muslimischem Rosenkranz
anbeten konnte. Das blasse rationale Gottesbild der vernünftigen
Theologie wird ersetzt durch ein lebendiges Gottesbild eines persönlichen
Gottes, der im Gebet anzurufen ist, der mit den schönsten Namen zu
preisen ist, die sein unermesslich erhabenes göttliches Wesen umschreiben.
Schauen aber werden die Seligen das göttliche Wesen erst im Paradies. Im
Paradies wird die Schau der wahren Gottheit Wirklichkeit sein.

9
Wie nach der Zerstörung des Zweiten Tempels von Jerusalem die
Rabbinen den Talmud formulierten und als Rabbi-Gelehrte die Synagogen
leiteten, so wurde nach dem Untergang des Kalifats, also der einheitlichen
Regierung des islamischen Großreiches, der Islam vor allem in den
Ulama-Schulen gelehrt. Die Ulama-Bewegung war die Bewegung der
muslimischen Religionsgelehrten, die zwar keine Priester waren, aber
Gelehrte der Religion und des islamischen Rechts. Die Ulama bildete die
Juristen und die Theologen aus. Es waren organisierte Gemeinschaften, die
aus Lehrern und Schülern bestanden. Es waren keine volksfernen
wissenschaftlichen Akademien, sondern im Volk verwurzelte
Gemeinschaften von Meistern und Jüngern. Sie wurden oft von
Geschäftsleuten und Handwerkern finanziell unterstützt. Diese Schulen
dienten der intellektuellen Kaderbildung, aber sie förderten auch das
Gemeinschaftsgefühl. Das Gemeinschafsgefühl innerhalb einer Schule war
oft stärker als die Bindung an die staatliche Obrigkeit. Die
Theologenschulen basierten ganz auf der persönlichen Beziehung des
Meisters und seiner Jünger. Der Meister war der religiöse Pädagoge. Der
Schüler erhielt nach Abschluß seiner religiösen Studien vom Meister ein
Zeugnis. Die Lehrer machten oft weite Reisen, um Worte des Propheten zu
sammeln. Auch die Schüler reisten oft von einem Lehrer zum andern, um
von möglichst vielen Lehrern zu lernen. Das Studium sollte möglichst
umfassend sein. Die Schulen waren auch international untereinander
verbunden, so entstand ein Netz der weltweiten Kommunikation zwischen
den Religionsgelehrten. Wer zum Beispiel durch Marokko reist, wird dort
Schulen sehen, Madresse, höhere islamische Bildungsstätten. Die
Madrasa, die Schule, war zugleich Moschee mit einer Gebetsnische in
Richtung Mekka, Bibliothek der Gelehrsamkeit und Wohnhaus für Meister
und Jünger. Es fanden sich Ende des zwölften Jahrhunderts viele Schulen
in Bagdad, Damaskus und Granada. Die Architektur der Madrasa ist neu.
Der Grundriß ist die Kreuzform. Vier Gebäude gruppieren sich um einen
quadratischen Innenhof mit Brunnen. Der Haupteingang ist der Apsis einer
christlichen Basilika ähnlich. Die Gebetsnische für den Vorbeter ist nach
Mekka ausgerichtet und mit Ornamenten und Koranversen geschmückt. In
den Gebäuden befinden sich Wohnräume, Küche, Bad, Bibliothek. Oft war
auch das Mausoleum des Stifters mit in der Schule. Die Madrasa war
Moschee und Lehrhaus in einem, religiöses Seminar und Wohnhaus. Der
Lehrer und seine Schüler erhalten kostenlos Unterkunft und Trank und
Speise. Finanziert ward die Madrasa durch eine Stiftung. Die Schüler
hatten so ein gesichertes Einkommen. Sie waren keine Gottgeweihten,
bildeten aber doch einen eigenen Stand in der muslimischen Gemeinschaft,
nicht unähnlich dem christlichen Weltklerus. Die Schüler sollten vor allem
die Heilige Schrift des Koran möglichst auswendig kennen. Sie lernten
islamisches Recht verschiedener Schulen, Theologie, Geschichte und
Sprachwissenschaften. Nicht gelehrt wurden die nichtislamischen
Wissenschaften wie Philosophie, Naturwissenschaften und okkulte
Geheimwissenschaften. In den Fächern, in denen der Schüler vom Lehrer
geprüft worden war, wofür er ein Zeugnis erhielt, durfte der Schüler selbst
später lehren.

10

Vom zehnten bis zum vierzehnten Jahrhundert war die Zeit des mystischen
Islam, die Zeit des Sufismus. Ein Sufi ist ein Mystiker. Was ist ein
Mystiker? Das Wort mystisch kommt vom griechischen myein und
bedeutet, Mund und Augen zu verschließen. Es bedeutet eine Religiosität
als Mysterium, ein geheimnisvolles Erleben Gottes. Vor profanen
Menschen muß der Mystiker den Mund verschließen. Der Mystiker muß
Augen und Ohren verschließen und das Heil im Innern der Seele suchen,
in der unmittelbaren Erfahrung des Einsseins mit Gott. Der Mystiker mag
nun die innere Gottheit Weisheit (Sophia) oder Liebe nennen. Das
arabische Wort für Mystik, Tasauwuf, bedeutet: Sich in Wolle kleiden. So
geht auch das Wort Sufi auf das Wort Suf, das heißt, Wolle, zurück.
Manche meinen, dass in das Wort Sufi das griechische Wort Sophos, das
heißt Weiser, hineinspielt. Zuerst fielen die Sufis durch ihre Wollkutte auf,
wie sie schon sehr viel früher für die christlichen Asketen das Büßerkleid
darstellte. Die Sufis erscheinen allerdings im Islam erst ab dem achten
Jahrhundert. In den Sufismus fließen christliche Einflüsse von syrischen
Mönchen und Eremiten, neuplatonmische Einflüsse aus der „Theologie
des Aristoteles“, die von Plotin stammt, zum teil auch indische Einflüsse
über buddhistische Meditationstechniken, und zuletzt in geringem Maße
turkestanische, schamanistische Einflüsse. Die eigentlich original
islamischen Wurzeln des Sufismus liegen im islamischen Asketentum.
Darum heißen die Sufis auch die Armen Gottes, das heißt, Fakir oder
Derwisch. Die Asketen waren noch nicht Mystiker, die inneres Einswerden
mit Gott anstrebten, sondern sie waren Asketen, die die Welt flohen, ihren
Luxus und ihr Geld, und sich vor Gottes Gericht als Büßer in Gottes Arme
warfen. In Trauer und Gottesfurcht meditierten sie die Worte des Koran
über das Gericht Gottes. Darum nannte man sie auch die Immerfort-
Weinenden! Anders als laue Durchschnittsgläubige hielten sie sich eng an
das Wort Gottes und versuchten, dem Propheten gleich zu werden und die
Gebote Gottes genau zu befolgen, anders als die Lauen und
Oberflächlichen. Mystik ist aber mehr als Gottesfurcht und büßende
Askese. Mystik ist das Streben nach unmittelbarer Erfahrung Gottes, nach
innerer Erfahrung des göttlichen Wesens. Und solche Mystiker treten im
Islam etwa ab dem zehnten Jahrhundert auf.

11

Für die frühen Asketen, die Immerfort-Weinenden, war Abkehr von der
Welt verbunden mit einer radikalen Weltflucht. In der klassischen
islamischen Mystik wurde auch Abkehr von der Welt gelehrt, aber nicht
Weltflucht, sondern innere Distanz zu den Wegen der Welt, innere Freiheit
von der Welt, geistige Freiheit inmitten der Gesellschaft. Im Sufismus ist
die Askese nur eine der Stationen des mystischen Weges. Wichtig ist den
Sufis die Einkehr nach Innen und das unmittelbare Einswerden mit Gott.
Freunde Gottes wollen sie sein. Der mystische Weg ist ein ordentlicher
Weg über Stufen, die bei der Läuterung beginnen, über die versunkene
Kontemplation führen, bis sie schließlich die Ekstase erreichen, bei der der
Mensch sein Ich mit dem Ich der Gottheit vereint. Auf diesem Weg gibt es
verschiedene Übungen der Versenkung. Das ist zum einen das
immerwährende Gedenken Gottes und die Anrufung der schönsten Namen
Gottes, wozu der muslimische Rosenkranz verwandt wird. Es ist ein ganz
einfaches Gebet, das gerade durch seine Einfachheit und seine
Meditationstechnik zur Ekstase führen kann. Dazu kommt auch das
Lauschen auf Poesie, wobei der Liebespoesie ein mystischer Sinn der
Gottesliebe gegeben wird. Ebenso wird das Hören von Liedern der Liebe
zu einer mystischen Erhebung zur Gottesliebe. Auch der Tanz wird als ein
Tanzen vor Gott angewandt. Man denke an das Tanzen Davids vor der
Bundeslade oder an das Tanzen bei dem Derwischorden des Dichter-
Mystikers Rumi, die noch auf dem Grabe tanzten, da sie an die
Auferstehung und das Paradies glaubten. Der Sufi nimmt sich die
Heiligkeit des Propheten zum Vorbild, seine Freundlichkeit, sein Mitleid
und seine Barmherzigkeit. Er gilt als das Muster der Sufis, der die Einheit
mit Gott erreicht hatte. Der mystische Pfad löst sich los vom islamischen
Gesetz der Scharia und geht innere Wege in geistiger Freiheit zur
unmittelbaren Erfahrung der Wahrheit Gottes. Die Sufis lehnten die
rationale Philosophie ab, die da meinte, auf den Wegen des menschlichen
Verstandes zu Gott zu gelangen. Theologie betrieben die Sufis als
Theologie der Innenschau, der Betrachtung Gottes im Innern der Seele,
und als eine Koranbetrachtung, die den mystischen Sinn der prophetischen
Worte meditiert. Ihre Schriften heißen Wissenschaft vom Innern oder
Lehre von den Werken des Herzens. Die Sufis, die sich als Freunde Gottes
verstanden, sahen sich in Übereinstimmung mit dem Geist des Koran. Sie
fühlten sich von den prophetischen Worten der Offenbarung zum
mystischen Weg nach innen geführt. Heißt es doch im Koran, dass Gott
dem Menschen näher ist als seine eigene Halsschlagader. Gewiß, die
Blicke des Menschen erreichen Gott nicht, heißt es, aber auch: Wohin ihr
euch wendet, da habt ihr Gottes Antlitz vor euch. Gott hat Zeichen seiner
Allmacht, Weisheit und Liebe in die Natur gepflanzt, aber auch in die
Seele des Menschen. Die Sufis berufen sich auf den Ur-Vertrag Gottes mit
den Menschen. Als die Menschheit aus Adam erschaffen ward, sprach Gott
zu den Menschen: Bin ich nicht euer Gott und Herr? Und die Menschen
aus Adam sprachen: Ja, wir sind deine Zeugen. Die Menschen dieses Ur-
Bundes, die Söhne Adams, das sind die Sufis, die Freunde Gottes. Die
Sufis lesen den Koran auch mit den Augen des Herzens. Die Asketen lasen
mit Furcht und Zittern die strengen Worte von Gottes Gericht. Die
Mystiker meditieren vor allem die Worte über die göttliche Liebe: Er liebt
sie, und sie lieben ihn, heißt es im Koran. Darum ist Sufismus
Liebesmystik. Gerade diese Liebe, die sich der Sprache der irdischen
Liebe und der irdischen Trunkenheit bedient, gerade diese glühende Liebe
unterscheidet die Sufis von den Asketen. Nicht die Trauer des Verzichts
kennzeichnet den Sufi, sondern die Wonne der Vereinigung mit dem
Herzen der göttlichen Liebe! Sie finden diese Freude der göttlichen Liebe
selbst dann im Herzen, wenn die Zeit des schweren Kummers kommt, wie
Rumi sagte, der Dichter-Mystiker. Das Ideal der Gottesliebe aber
formulierte eine Frau, Rabia Al-Adawiya, die die wahre Liebe eine Liebe
nannte, die sich nicht vor der Hölle fürchtet, die nicht die Belohnung im
Paradies erstrebt, sondern die Liebe um der Liebe selbst willen ist, die Gott
liebt, weil Gott die Liebe ist, und die göttliche Liebe allein deshalb liebt,
weil die göttliche Liebe liebenswert und liebenswürdig ist!

12
Die islamische Mystik war eine Mystik auf dem Boden einer
prophetischen Offenbarungsreligion an den einen Schöpfer und Gott. Sie
unterschied sich von der indischen All-Einheits-Mystik, die von der
wesensmäßigen Identität des menschlichen Geistes mit dem göttlichen
Geist ausging. In der prophetischen Religion steht das Geschöpf vor dem
Antlitz des Schöpfers. Die Beziehung des Geschöpfs zum Schöpfer ist
geprägt von absolutem Vertrauen. Dieses absolute Vertrauen oder der
Glaube gilt dem Schöpfer allein, es kann in dieser Absolutheit keinem
Geschöpf entgegengebracht werden. Dieser Glaube, dieses Vertrauen ist
Hingabe an den einzigen Gott, der in seiner Einzigkeit auch einzigartig ist,
dem allein die ganze Hingabe gebührt, der keine Beigesellung eines
Geschöpfes duldet. Gottes Macht und Weisheit und Barmherzigkeit, diese
drei, sind allesumfassend und allesbewirkend. Persische Mystiker haben
solch ein Gottvertrauen in die universelle Barmherzigkeit Gottes, dass sie
sogar von der Allvergebung der göttlichen Barmherzigkeit sprechen, wie
Yahja Ibn Muad Ar-Razi es tut. Das unbedingte Vertrauen in die Allmacht
der Vorsehung Gottes konnte auch zu passiver menschlicher Haltung
führen. Die Entsagung allem weltlichem Dasein gegenüber würde aber die
menschliche Zivilisation zerstören. Nicht entscheidend ist die äußere
Entsagung allen weltlichen Tuns, sondern das innere Gottvertrauen, die
innere, intuitive Erkenntnis Gottes, wie sie der Nubier Dun-Nun lehrte. In
der irakischen Schule der Mystik entwickelte vor allem Al-Muhasibi eine
feine Seelenkunde, wobei es nicht allein um die Lehre vom Menschen
ging, sondern auch um die Läuterung der Seele, die Purgierung des inneren
Menschen. Doch auch Muhasibi ist mehr noch Asket als Mystiker,
dennoch gilt er als eine Art Kirchenvater des Sufismus. Gott schon auf
Erden zu schauen, davon redet Muhasibi mehr wie ein nüchterner
Theologe als wie ein glühender Mystiker. Er lehrt die Askese als Mittel der
Purgierung der Seele, damit das Herz rein wird, denn, wie Jesus sagte, nur
die reinen Herzens sind, werden Gott schauen. Das eigentliche Haupt der
irakischen Mystik ist aber Abi Al-Qasim Al-Gunaid. Auf ihn führen sich
alle späteren Bruderschaften der Sufis zurück. Er ist ein scharfsinniger
Denker von großem Ernst, ganz erfüllt von dem Gedanken der Majestät
Gottes. Er lehrte auch den langen Weg der Purgierung des Herzens, den
der Mystiker zu gehen hat. Vor allem lehrte er die Rückbesinnung auf den
Ur-Bund Gottes mit der Menschheit in Adam. Alle Menschen sind berufen,
zu Gott umzukehren und Gottes Namen zu preisen. Durch die
verschiedenen Stufen der Purgierung des Herzens geht der Mensch in das
Feuer der göttlichen Liebe ein, der mystischen Liebe zu Gott. Wer in der
mystischen Liebe brennt, reflektiert nicht mehr in philosophischer oder
theologischer Theorie über Gott, sondern wird hineinverwandelt in das
brennende Herz der göttlichen Liebe. Der Mystiker erkennt in seinem
Denken und Beten, dass er als Geschöpf in Zeit und Raum kein wahres
Sein hat, dass sein wahres Sein allein in Gott, dem ewigen Sein in Person,
zu finden und zu begründen ist. Dennoch bleibt Gunaid ein nüchterner
Mystiker, der nichts von mystischem Rausch hält, sondern zu einer
zweiten Nüchternheit gelangen will, jener heiligen Nüchternheit des
Geistes, jener nüchternen Trunkenheit des Geistes. Denn nicht das
ekstatische Entwerden des Menschen in Gott ist das höchste Ziel der
Mystik, sondern dass der Mensch sich verwandelt von Gott
zurückempfängt, dass der Mensch nicht in Gott sich auflöst wie im
Buddhismus, sondern dass der Mensch erst wahrhaft Mensch wird, wenn
er dauerhaft in Gott bleibt, wenn er sich von Gott verwandelt
zurückempfängt und ein wahrer Mensch in Gott geworden ist. Dann
beginnt gewissermaßen das göttliche Leben des Menschen. Das ist
verwandt der orthodox-christlichen Mystik der Vergöttlichung des
Menschen durch die Gnade Gottes. Im Gegensatz zur bloßen Askese ist
diese Sufi-Mystik eine Mystik der Liebe, im Gegensatz zur bloßen
Erkenntnis-Mystik der Gnosis ist diese Sufi-Mystik eine Mystik des
Glaubens an Gott, im Gegensatz zur indischen Mystik der Einheit von
Gottesgeist und Menschengeist, ist diese Sufi-Mystik ein Mystik der
Einswerdung des Geschöpfes mit dem persönlichen Schöpfer-Gott. Es geht
den Sufi-Mystikern nicht um ein gefühlsmäßiges Verschmelzen mit einer
als göttlichen gedachten Natur oder einem vergöttlichten Kosmos.
Vielmehr gehen sie den langen Weg der Purgierung des Herzens, wobei die
Mitarbeit des Menschen viele Stationen durchschreitet und die Gnade
Gottes viele gnadenhafte Zustände schenkt, damit letztendlich das Herz
rein wird und das reine Herz Gott schaut oder anders gesagt, die Einheit
mit Gott, dem Urgrund allen Seins, erfahren wird. Da wird Gott erfahren
als unaussprechlicher Urgrund, als alleinige Wirklichkeit, als das
Ewigseiende, als das Wesen aller Wesen, als Anfang und Ziel der
Schöpfung, als allesbestimmende Vorsehung, als allesdurchdringende
Liebe, eine göttliche Liebe, vor deren Schönheit und Glut der Mensch nur
noch lallen kann. Alle theologischen Begriffe versagen, alles Gottesbilder
stürzen zusammen, und ergriffen vor der höchsten Wirklichkeit der
unerschöpflichen göttlichen Liebe kann der Mensch nur noch erschüttert
stammeln, ja, letztlich nur noch ehrfürchtig-andächtig schweigen! Wer
aber in tiefer Anbetung schweigend anbetet die göttliche Liebe, der wird
von der göttlichen Liebe verwandelt und als ein Mensch-in-Gott wieder in
die Welt gesandt, um das Feuer der göttlichen Liebe in die Welt zu tragen.
Der wahre Mystiker macht nicht sein Ich zum Gott, macht auch nicht
Natur und Kosmos zum Gott, sondern begegnet dem persönlichen Gott,
dem wahren lebendigen Gott der Allmacht, Weisheit und Liebe. Wer so
dem persönlichen Herrn als eine menschliche Person begegnet, der wird
durch die Gnade Gottes zur Gemeinschaft mit dem Herrn geführt und
schließlich zu einem Einswerden mit dem Herrn, um dann eins mit dem
Herrn mitten in der Welt ein gottmenschliches Leben zu leben.

13

Der umstrittenste aller Sufi-Mystiker ist der große Al-Husain Ibn Mansur
Al-Hallag. Er wuchs in der Nähe von Bagdad und im Iran auf und war eine
Zeitlang Jünger des großen Gunaid. Er machte die Pilgerfahrt nach Mekka
und blieb ein Jahr in strenger Askese in Mekka. Nach seiner Rückkehr
klopfte er an die Türe Ganaids. Ganaid sprach: Wer ist da? Der Mystiker
sprach: Ich bin der Wahre! Der Wahre, das ist aber der Herr. Kein Wort
eines Sufi-Mystiker ist so umstritten wie dieses Wort: Ich bin der Wahre
(Ana Al-Hagg). Gunaid wandte sich daraufhin von seinem Jünger ab. Al-
Hallag war inzwischen auch aufgefallen durch Kritik am traditionellen
Islam und auch an dem gängigen Sufismus. Al-Hallag kommt in Bagdad in
Bedrängnis, er wird ein Wanderer, kommt ein zweites Mal nach Mekka,
inzwischen mit vierhundert Jüngern. Dann reist er nach Indien, dort Gottes
Liebe zu predigen. Die Orthodoxen des Islam werfen ihm aber vor, er habe
in Indien nur die Magie gelernt. Dann reist er nach Turkestan und nimmt
Kontakt mit den Schiiten auf, die den Sohn der Mohammedtochter Fatima
als Heiligen und Märtyrer verehren. Dadurch wird Al-Hallag erneut den
Orthodoxen verdächtig. Erneut begibt sich Al-Hallag auf Wanderschaft
und hält sich zwei weitere Jahre in Mekka auf, dann kehrt er nach Bagdad
zurück. Er ist ein bekannter Prediger der göttlichen Liebe. Er wird aber
von der islamischen Orthodoxie verhaftet, drei Tage an den Pranger
gestellt, jahrelang eingekerkert und schließlich hingerichtet. Dies geschah
genau im Jahre 300 der muslimischen Zeitrechnung. Noch in Fesseln auf
dem Weg zur Hinrichtung tanzte Al-Hallag und sprach als letztes vor
seinem Martyrium: Es ist genug für den Liebenden, dass er den Einen
einzig gemacht hat! Das bedeutet: Der Liebende hat sich auf dem Weg der
mystischen Liebe selbst vernichtet, dass allein Gott der Geliebte ist! Der
Liebende wird mit abgeschnittenen Händen und Füßen gehängt. Ein Grab
wird ihm von der islamischen Orthodoxie nicht gegönnt. Sein Leib wird
verbrannt und seine Asche in den Tigris gestreut. Nur wenige Worte sind
vom Meister erhalten, Reimprosa zu Ehren der Einheit Gottes, Gebete und
Gedichte. Aus Liebe zu Gott hat der Liebende nach dem Tod verlangt, er
war der von ihm besungene Falter, der sich der Flamme der göttliche Liebe
nahte und darin verbrannte, um sich mit der Wirklichkeit der Wirklichkeit
zu vereinen! Die persischen Dichter verehren den Märtyrer der mystischen
Gottesliebe, die begeisterten Sufis nehmen ihn zum großen Vorbild. Aber
die islamische Orthodoxie erklärt ihn zu einem Erzketzer. Er starb den Tod
aus Liebe zu Gott, wie Jesus, er war ein Märtyrer der göttlichen Liebe, wie
Jesus, er wurde zu den Verbrechern gezählt, gekreuzigt und als
Gotteslästerer von der Kirche und vom Staat ermordet, wie Jesus.
Gemäßigte Mystiker wandten sich von dem Märtyrer der göttlichen Liebe
ab, weil er die große und erhabene Weisheit der Liebe durch Leiden lehrte!
Der Islam wandte sich von dem Heiligen ab, weil er für Gottes Liebe nicht
das zurückhaltende Wort Hubb benutzte, sondern das sinnliche Wort Isq.
Griechisch gesprochen: Wenn die Apostel sagen im Evangelium: Gott ist
Agape (selbstlose Liebe), so sagt der Mystiker: Gott ist Eros
(leidenschaftliche Liebe). Römisch gesprochen: Wenn der Papst sagt: Deus
Caritas es (Gott ist selbstlose Liebe), so sagt der Mystiker: Deus Amor est
(Gott ist leidenschaftliche Liebe)! Besonders umstritten ist der Mystiker
für den Satz: Ich bin Gott! Paulus schrieb im Neuen Testament: Nun lebe
nicht mehr ich, sondern Christus in mir! Augustinus lehrte: Der gläubige
Mensch soll nicht ein Christ sein, sondern ein zweiter Christus! Die
mystische Erfahrung des Einsseins mit dem Herrn, des Aufgehens in dem
Herrn und des Lebens des Herrn im Menschen drückt sich in dem heilig-
unvernünftigen Wort des Weisen aus: Ich bin der Herr! So sagte ein
Dichter zum Herrn: Wer bist du? Und der Herr sprach: Ich bin du und du
bist ich! Wer so erfüllt ist von der göttlichen Liebe, von dem Herrn, der
Eros ist, der schaut und schmeckt in allem nichts als Gott. So sagte der
Mystiker: Keinen Tropfen trink ich dürstend, ohne dass ich dein Antlitz im
Becher finde! Wer so eins geworden ist mit der göttlichen Liebe, mit Gott
dem Geliebten, der Eros ist, dem ist Gott die einzige Wirklichkeit, dem ist
Gott sein Ein-und-Alles! Das ist das Einheitsbekenntnis der Liebe.
ZWEITES KAPITEL

In dem ein Symposium geschildert wird, bei dem vier Freunde in


unterschiedlichen Konfessionen Maria loben

Eines Abends trafen sich vier Freunde, um sich gemeinsam zu betrinken.


Es waren Freunde von Jugend an und einer von ihnen war ein Dichter,
Gottlieb war sein Name, und er sprach nach dem ersten Glas Bordeaux zu
seinen Freunden Robert, Martin und Johannes: Laßt uns heute Maria
preisen.
Da sprach ROBERT:
Maria ist die geheime Göttin im Christentum. Ich werde das anhand der
katholischen Dogmen beweisen. Sie sind ja allesamt, wie die Protestanten
sagen, unbiblisch. Aus welchen Quellen also speisen sie sich? Maria heißt
die Immerwährende Jungfrau, die Gottesmutter, die Unbefleckte und die
Himmelskönigin. Schauen wir uns diese Titel an, sehen wir in ihnen die
Große Göttin des Matriarchats. Zuerst die Immerwährende Jungfrau. Von
Aphrodite, der Göttin der Liebe und Schönheit, wird gesagt, sie habe nach
jedem Liebesakt mit einem Heros in der Fontana Amorosa, der
Liebesquelle, auf Zypern gebadet und sei wieder reine Jungfrau geworden.
So ist Aphrodite die immerwährende Jungfrau, allerdings nicht in
asexueller Keuschheit wie Maria im Sinn der alten Herren der Kirche,
sondern in einer Vereinigung von Liebeslust und immerwährender
Jungfräulichkeit. So ist auch die Große Göttin Artemis eine
immerwährende Jungfrau, deren Jungfräulichkeit so rein war, dass Aktäon,
der sie nackt im Bade im Walde sah, von ihr zu einem Hirsch verwünscht
wurde und von den Hunden der Jägerin Artemis zu Tode gehetzt. Auch
Athene, die Jungfrau, ist eine Jungfraungöttin. Sie ist so jungfräulich rein,
dass der Mann Tiresias, der sie einmal nackt sah, von ihr geblendet wurde,
der Blinde aber wurde von der Göttin der Weisheit mit der prophetischen
Gabe begabt. So sind also Artemis und Athene und Aphrodite die
Jungfraungöttin. Es ist nämlich die Große Göttin des Matriarchats eine
dreifaltige Göttin, die himmlische Jungfraungöttin, die irdische
Liebesgöttin und die unterweltliche Todesgöttin. Maria als
Immerwährende Jungfrau ist also diese Jungfraungöttin, die mit dem
Sichelmond in Zusammenhang steht. Darum wird die Jungfrau Maria auch
oft auf einem Sichelmond stehend dargestellt. Kommen wir nun zum Titel
Gottesmutter. Es ist bezeichnend, dass dieser Titel der Jungfrau Maria in
Ephesos gegeben wurde. Wie die Protestanten sagen, steht dieser Titel ja
nicht in der Bibel, dort heißt sie die Magd des Herrn, die Mutter des Herrn
oder die Mutter Jesu, aber nicht Mutter Gottes. Auch Martin Luther hielt
den Titel für missverständlich, als ob der Vater im Himmel und
allmächtige Schöpfer noch über sich eine Mutter habe. Der Name
Muttergottes erklärt sich vielmehr aus dem Titel der Großen Göttin
Artemis von Ephesos, die Magna Mater genannt wurde, Große Mutter und
Mutter der Götter. Dies ist ein Name der kleinasiatischen Kybele, der
Mutter der Götter, der Magna Mater. Maria trat das Erbe dieser Großen
Mutter der Götter an und wurde nicht mehr Mutter der polytheistischen
Götter genannt, sondern Mutter des monotheistischen Gottes. So setzte
sich das Christentum in Ephesos durch, denn die, die vorher gerufen: Groß
ist die Artemis von Ephesos und der ganze Weltkreis huldigt unserer
Göttin! die riefen nun nach dem Konzil: Groß ist Maria, die Mutter Gottes,
sie ist die Königin der ganzen Erde! Nun erklärte der unfehlbare Papst Pius
der Neunte Maria zur Unbefleckten Empfängnis. Die Protestanten
protestierten wieder und nennen den Titel ganz und gar unbiblisch, da in
der Bibel steht, dass ausnahmslos alle Menschen Sünder sind, außer dem
Gottmenschen Jesus. Die Unbefleckte ist aber auch ein Name der Großen
Göttin, die als Astarte in Kanaan und als Ishtar in Babylonien verehrt
wurde als die reine Magd der Götter, die unbefleckte Jungfrau, die
makellose Herrscherin. Schließlich aber der Titel der Himmelskönigin
Maria ruft ein großes Entsetzen bei den Protestanten hervor, denn der
Prophet Jeremia warnt vor der erneuten Verehrung der Himmelskönigin.
Die Frauen Israels vor allem, aber auch ihre Männer und Kinder, wandten
sich nach der monotheistischen Verehrung Jehowahs wieder der Verehrung
der Himmelskönigin zu, es ging ihnen gut, sagten sie, als sie die
Himmelskönigin verehrten, es ging ihnen schlecht, als sie aufgehört hatten,
die Himmelskönigin zu verehren, nun wollten sie der Himmelskönigin
wieder geweihte Kuchen und Brote opfern. Die Himmelskönigin ist aber
die Aphrodite Urania, die Himmlische, sie ist die Himmelskönigin Astarte
oder Ishtar, die auch Himmelskönigin hieß. Sie wird immer mit dem
Morgenstern oder Planeten Venus in Verbindung gebracht. Maria wird in
der Lauretanischen Litanei Morgenstern genannt, das ist aber der Planet
Venus und das Zeichen der Großen Göttin als Himmelskönigin. So ist also
Maria die Große Göttin, wenn auch alle Protestanten sich entsetzen und
die katholischen Priester immer wieder bei jeder Rede über Maria zuerst
das Glaubensbekenntnis abliefern müssen, dass Maria keine Göttin ist. Sie
ist aber die geheime Göttin im Christentum. Und das erkannte auch im
Frühchristentum die Sekte der Kollydirianer, die Maria als Große Mutter
verehrten und ihr Traubenkuchen opferten. Ich bin also ein bekennender
Kollyridianer und bete Maria als meine Göttin an.
Da sprach MARTIN:
Da muß ich protestieren! Wer Maria als Göttin anbetet, hat das
Christentum und damit die göttliche Offenbarung verlassen. Gott ist Vater,
Sohn und Heiliger Geist. Gottes Sohn ist durch den Heiligen Geist von
Maria als Mensch geboren worden. Sie ist die Magd des Herrn und Mutter
meines Herrn Jesus und Mutter Jesu. Jesus aber sagte bei der Hochzeit von
Kana: Weib, was habe ich mit dir zu schaffen? Und als ein Weib aus dem
Volk Mariens Brüste und Schoß selig pries, sagte Jesus: Vielmehr sind
selig die, die das Wort Gottes hören und tun. Es geht also nicht um Maria,
sondern um den Herrn Jesus, der allein Sohn Gottes und mein persönlicher
Erlöser ist. Schließlich hat nicht die Muttermilch Mariens mich erlöst,
sondern das Blut Jesus, am Kreuz zur Sühne für meine Sünde vergossen
vom Herrn, meinem Retter. Wenn wir aber etwas zum Lob Mariens sagen
wollen, so können wir nur auf die Bibel schauen, denn da sagt die Magd
des Herrn selbst: Von nun an werden mich selig preisen Kinder und
Kindeskinder! Warum aber wird sie seliggepriesen? Nicht weil sie eine
Göttin oder Miterlöserin wäre, sondern weil der Herr Großes an ihr getan
hat und die Niedrigkeit seiner Magd angeschaut hat. Und dann preist
Maria nicht sich selbst, sondern jubelt über die Größe Gottes, ihres Retters,
dessen Name heilig ist und dessen Erbarmen allen gilt, die den Herrn
fürchten. Maria singt also einen Lobpreis an den himmlischen König und
Herrn. Es geht nicht um Maria, sondern um das, was Gott der Herr an ihr
getan hat. Was hat er aber an ihr getan? Er hat sie begnadet, Mutter des
Sohnes Gottes zu werden. So grüßt sie der Engel: Begnadete! Er nennt sie
nicht Gnadenvolle, sondern Begnadete, man kann auch sagen: Holdselige,
denn was heißt begnadet sein anderes als holdselig sein. Die Katholiken
aber verwechselten hold mit Huld und nannten die Holdselige plötzlich die
Huldvolle, als ob sie selber die Gnade wäre oder die Gnadenausspenderin.
Aber von Jesus haben wir Gnade um Gnade empfangen. Maria aber ist
begnadet, denn sie hat Gnade gefunden in Gottes Augen, ihr ist die Gnade
Gottes zuteilt geworden, weil sie geglaubt hat. So sagt Elisabeth, die
Mutter des Täufers: Selig bist du, weil du geglaubt hast. Also ist Maria
selig aus Gnade durch Glauben, ganz wie die paulinische
Rechtfertigungslehre den Erlösungsweg beschreibt. Maria ist also eine
Begnadete, eine Glaubende und Mutter Jesu. Als Mutter hat sie aber keine
Rechte an ihrem Sohn, sondern er ist vor allem und zuerst der Sohn des
Vaters im Himmel. So sagt er als Zwölfjähriger im Tempel: Wußtet ihr
nicht, dass ich in dem sein muß, was meines Vaters ist? So wies er seine
Mutter und seine Brüder später zurück und sprach: Die den Willen Gottes
tun, die sind mir Mutter und Brüder. Und er wies sie, wie gesagt, auf der
Hochzeit von Kana mit den Worten zurück: Weib, was habe ich mit dir zu
schaffen? Vom Kreuz aber gab er die Mutter Jesu dem Johannes, dem
Lieblingsjünger, dass er für die Mutter sorge, aber auch da nannte Jesus
Maria nicht Mutter, sondern Frau. Wenn schon Jesus zu seiner Mutter nicht
Mutter, sondern Weib sagt, wie können dann die Jünger Jesu sie Mutter
Gottes und Mutter der Christen oder gar Mutter aller Menschen nennen?
Das ist unbiblisch. Ebenso unbiblisch ist es, sie eine immerwährende
Jungfrau zu nennen, denn die Bibel spricht von den Brüdern und
Schwestern Jesu. Es heißt, die Bibel gewaltsam umzudeuten, wenn aus den
Brüdern plötzlich Vettern werden. Nein, es sind die Brüder Jesu und die
Schwestern, sie heißen auch später Herrenbrüder und werden Älteste in
der Urgemeinde. Was wäre das auch für eine Ehe gewesen, dass Josef mit
Maria zusammenwohnte als Mann und Frau und doch leben sollte wie ein
zölibatärer Priester? Es heißt auch: Josef erkannte Maria nicht, bis sie
ihren Erstgeborenen gebar. Das bedeutet zweierlei: Er erkannte sie nicht,
bis sie gebar, das heißt, später erkannte er sie. Und er erkannte sie nicht,
bis sie den Erstgeborenen gebar, wo aber ein Erstgeborener ist, da ist er der
Erstgeborene, weil die anderen Söhne Mariens und Josefs die
Nachgeborenen sind. Eine Geburt Jesu aus Maria bei Jungfräulichkeit
Mariens in der Geburt und nach der Geburt ist ganz und gar widersinnig.
Wie soll das geschehen? Maria hat Jesus ganz menschlich mit Schmerzen
der Wehen geboren und ist nach der Geburt auf ganz natürliche Weise
nicht mehr intakt gewesen. Maria hat ja Jesus nicht aus dem Ohr geboren.
Jesus ist ganz Gott, ja, aber er ist auch ganz Mensch gewesen und als
solcher auf ganz menschlich-natürliche Weise von einer menschlichen
Mutter geboren worden. Maria ist also ganz Mensch, Magd des Herrn in
Niedrigkeit, ja, aber sie ist die Begnadete, die Gnade gefunden hat vor
Gott und selig ist, weil sie geglaubt hat, darum ist sie das personifizierte
Gesetz Christi, wie Paulus es lehrt: Gerettet allein aus Gnade durch
Glauben. Ehre sei dem Vater im Himmel durch seinen Sohn Jesus Christus,
meinen Herrn, im Heiligen Geist allein!
Da sprach JOHANNES:
Maria ist keine Göttin, sondern Maria ist die Mutter Gottes. Vorerst will
ich den höchsten Titel Mariens klären, den der Gottesmutter. Er wurde auf
dem Konzil zu Ephesos um Christi willen festgelegt. Denn die Häretiker
behaupteten damals, Jesus sei reiner Mensch gewesen und nicht von
göttlichem Wesen, nicht eines Wesens mit dem himmlischen Vater. Die
Konzilsväter der rechtgläubigen katholischen Kirche aber glaubten an die
göttliche Natur Jesu, wie der Herr sagte: Ich und der Vater sind eins! Maria
als Mutter Jesu war also die Mutter des Menschensohnes Jesus, die Mutter
des Sohnes Gottes, die Mutter der einen Person Jesus, in der die göttliche
Natur sich mit der menschlichen Natur ganz vereinigt hat, darum ist sie die
Mutter der einen ganzen Person Jesus, in der die göttliche Natur des Logos
Fleisch geworden ist. So ist Maria Mutter Gottes, denn Christus ist Gott.
Dies ist im übrigen das einfachste katholische Glaubensbekenntnis, und
katholisch ist der, der bekennt: Christus ist Gott! Wer aber bekennt,
Christus ist Gott, der muß auch bekennen: Die Jungfrau Maria ist Mutter
Gottes. Ich aber will Maria vor allem preisen als die Frau der Offenbarung.
Was heißt das, die Frau der Offenbarung? Wie die Patriarchen, Könige und
Propheten des Alten Testaments Vorschatten Christi sind, so sind die
Mütter und Prophetinnen und heiligen Frauen Vorschatten Mariens. So wie
Eva Gott ungehorsam war und der Einflüsterung der Schlange lauschte
und den Tod in die Welt brachte, so hörte Maria auf den Gruß des Engels
und war Gott gehorsam, indem sie sagte: Mir geschehe nach deinem Wort,
und so brachte sie das ewige Leben, nämlich Jesus, in die Welt. Wie der
Herr in Gestalt der drei Engel zur alten Sara kam und der Abgelebten die
Geburt eines Sohnes verkündete und Sara lachte vor Verwunderung, so
verkündete der Engel Maria die jungfräuliche Geburt des Messias und
Maria verwunderte sich: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann
erkenne? Wie Rebekka zwei Völker in ihrem Schoße sich streiten hörte, so
trägt Maria im Schoß zwei Völker, nämlich das Heil für die Juden und für
die Heiden. Wie Rebekka dem Lieblingssohn Jakob den Segen des
Patriarchen erwirkte und ihn schütze vor seinem neidischen Bruder, so
sorgte sich Maria mütterlich um ihren Erstgeborenen und weihte ihn im
Tempel Gott und begleitete ihn auf seinem Lebensweg. Wie Rahel Josef
gebar, der der nächste neben dem Pharao wurde und Brot der Welt gab, so
ist Maria Mutter des Christus, der der Nächste neben Gott ist und das Brot
der Welt, der sein Fleisch der Welt zur Speise des ewigen Lebens gibt. Wie
Mose der Stiftshütte diente, auf die Stiftshütte aber die Wolke der
Herrlichkeit des Herrn niederkam, so ist Maria die Stiftshütte des neuen
und ewigen Bundes, denn auf sie senkte sich die Wolke des Heiligen
Geistes, sie wurde überschattet vom Heiligen Geist. Wie Ruth die Freundin
des Lösers war, so war Maria die Gefährtin des Messias. Wie Bathseba
ihren Thron der Königinmutter neben den Königsthron Salomos stellte und
Fürbitte vor dem König hielt und der König Salomo sprach: Bitte, was soll
ich dir geben, ich werde dir nichts verweigern, so ist Maria auch von Jesus
gekrönt im Himmel zur Königin und zur Fürbitterin vor ihrem königlichen
Sohn, und da Jesus ihr nichts verweigert, weil sie alles gemäß dem Willen
Gottes erbittet, darum nennt die Kirche Maria die fürbittende Allmacht
oder die Allmacht auf den Knieen. Wie Esther vor den König trat und
Fürbitte einlegte für das Gottesvolk, der König sie mit dem Zepter berührte
und sprach: Bitte, was ich dir geben soll, ich will es dir geben, und sei es
auch die Hälfte des Königreichs; so ist Maria die Fürbitterin beim König
für das Volk Gottes und Mitinhaberin der himmlischen Königswürde, ja,
die Hälfte des himmlischen Königreichs hat ihr der himmlische König
gegeben, so dass sie die Himmelskönigin im Himmelreich geworden ist.
Wie Judith den Feind des Volkes Gottes schlug, das Volk Israel sang: Du
bist mehr gesegnet als alle anderen Frauen; so besiegt Maria als die
apokalyptische Frau oder das Große Zeichen am Himmel den Drachen, das
ist der Satan, und die Kirche, das Volk Gottes aus Juden und Heiden, singt
zu Maria: Du bist mehr gesegnet als alle anderen Frauen! Wie Sulamith die
Braut des Bräutigams Salomo geworden ist, so ist Maria die Braut des
Heiligen Geistes, von dem sie schwanger geworden ist, Mutter des Sohnes
Gottes, so ist gewissermaßen Gott der Herr der Vater des Sohnes Gottes
und Maria die Mutter des Sohnes Gottes, und also ist Maria die Ehefrau
des Herrn. So erwählte der Herr die Jungfrau Israel, die Jungfrau
Jerusalem, die Tochter Zion, zu seiner Braut und rechtmäßig angetrauten
Ehefrau. Die Jungfrau Israel ward aber dem Eheherrn ungetreu, so dass der
Herr sie eine Hure nannte. Maria ist aber die Erfüllung dieser
prophetischen Gestalt der Tochter Zion und ist keine Hure, sondern eine
reine Jungfrau und als solche der Ehefrau des Herrn, des Ewigen, die ist
die wahre Tochter Zion, die Ehefrau des Ewigen, des Gottes Israels und
aller Völker. Maria ist gewissermaßen auch die mystische Gefährtin oder
Braut oder Ehefrau des Herrn Jesus. Leiblich ist sie seine Mutter, aber als
seine Jüngerin ist sie die jungfräuliche Verlobte Jesu, wie eine Nonne
Braut Christi. So geht sie mit ihm auf die Hochzeit von Kana und tritt
fürbittend für die Menschen ein, der Herr möge ihnen den Wein der
hochzeitlichen Heilszeit schenken, da nennt der Messias die heilige Maria:
Frau! Vom Kreuz nennt er sie: Frau, und gibt sie in der Gestalt des
Johannes jedem Christen zur Mutter. Jesus nennt sie also: FRAU! Das ist
nicht im geringsten abwertend, sondern es ist ihr Titel, sie ist die FRAU
der Offenbarung, von der Neuen Eva und Königin des Paradieses bist zur
Apokalyptischen Frau im Kleid der Sonne, von Genesis zur Apokalypse ist
Maria die FRAU der biblischen Offenbarung. Vater im Himmel, ich bitte
dich im Namen deines Sohnes Jesus Christus, meines Herrn, sende den
Heiligen Geist der Liebe auf die Erde, auf dass die Völker von Krieg und
Unheil erlöst werden; und laß die FRAUE aller Völker unsere
Fürsprecherin sein! Amen.
Da sprach GOTTLIEB:
Die Feministen sagen, Maria ist eine Muttergöttin, die Protestanten sagen,
Maria wird angebetet und die Katholiken sagen, Maria sei keine Göttin,
sondern Mutter Gottes in ihrer göttlichen Mutterschaft. Sie haben alle
Recht und Unrecht, meiner Ansicht nach. Mir scheint, wenn das
katholische Volk Maria Lieder singt und die göttliche Mutterschaft besingt
und Maria gewissermaßen Alles zutraut, sie Ein-und-Alles nennt und
Allmacht der Fürsprache, dann zeigt sich letztlich darin das Vertrauen in
den mütterlichen Gott, die Mutterliebe Gottes. So ist die Ganzhingabe an
Maria eigentlich nur zu verstehen als Ganzhingabe an die mütterliche
Liebe und Barmherzigkeit Gottes. So hat gerade die Zeit der großen
Marienverehrung im römisch-katholischen Mittelalter Maria viele ihrer
Verehrer zu einer mütterlichen Vision Gottes geführt, sei es nun Hildegard
von Bingen, die von der Mater Caritas oder der Sapientia Divina schrieb,
oder Mechthild von Magdeburg, die von der Frau Liebe schrieb, oder
Heinrich Seuse, der von seiner Herrin der Ewigen Weisheit schrieb, oder
den Dichter Heinrich Frauenlob, der die Frau Minne als die göttliche Liebe
des Heiligen Geistes in Gestalt der Jungfrau Maria verehrte. Diese
besondere Nähe Mariens zum Heiligen Geist als der göttlichen Liebe führt
mich dazu, in Maria den Tempel des Heiligen Geistes zu sehen, das
Offenbarungszelt, das schwanger geworden ist von der Herrlichkeit des
Herrn. Nun ist Maria ein ganz herausragendes und einzigartiges Heiligtum
des Heiligen Geistes, fast möchte man sagen, sie ist die Inkarnation des
Heiligen Geistes, oder zumindest, sie ist der makellose Spiegel des
Heiligen Geistes. Der Heilige Geist aber ist im hebräischen feminin, die
Ruach, und in der Trinitätslehre ist es die Schöne Liebe. So ist also Maria
Spiegel dieses Geistes der Liebe, dieser Schönen Liebe, und offenbart
damit an ihrer jungfräulichen Mutterschaft die Mütterlichkeit der
göttlichen Liebe, die Mütterlichkeit des Heiligen Geistes. Oder noch
allgemeiner gesagt, Maria wird zum Spiegel der Mutterschaft Gottes. „Ich
will euch trösten wie einen seine Mutter tröstet“, spricht Jahwe. Jahwe ist
Mutter, und Maria ist der menschliche Abglanz dieser göttlichen
Mutterschaft. Das Gottesbild der göttlichen Mutter aber wird in der
Heiligen Schrift Frau Weisheit genannt, Schöpferin, Retterin und Trösterin.
Maria ist der Abglanz der göttlichen Sophia, gewissermaßen ist Maria die
menschliche Sophia, aber die Gottheit die göttliche Sophia. In dieser
Betrachtungsweise erscheint Maria wie eine Menschwerdung der
Weiblichkeit Gottes, so wie Jesus eine Menschwerdung des Vaters im
Himmel ist. Hier erscheinen Jesus als der Logos und Maria als die Sophia,
Jesus als der Erlöser, Maria als die Miterlöserin, Jesus als der König des
Paradieses und Maria als die Mitinhaberin der Königwürde und Königin
des Paradieses, nämlich die Neue Eva mit dem Neuen Adam und
Himmelskönigin mit dem Himmelskönig. So schrieb denn auch ein
Dominikaner im siebzehnten Jahrhundert: Wer den Weg mit Christus nicht
gehen kann, der möge den Weg mit Maria gehen, sie ist in allem ihrem
Sohn gleich. Dass Maria aber zur Retterin wird wie Judith und Esther und
zur Mittlerin zu Gott und zur Führerin ins Paradies, das hat sie von der
Gnade, Gott ganz ähnlich geworden zu sein durch die Auferstehung von
den Toten, gewissermaßen aus Gnade Menschengöttin (im Sinne der
Mystik von der Gottwerdung des Menschen durch die Menschwerdung
Gottes). So ist Maria als die Menschengöttin und Herrin oder DIE FRAU
Spiegel der schöpferischen, erlösenden und tröstenden Mutterliebe Gottes,
unser aller göttlichen Mutter im Himmel! MUTTER im Himmel, geheiligt
werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im
Himmel also auch auf Erden!

DRITTES KAPITEL

In dem die Erscheinungen der Jungfrau Maria im Vaterlande des deutschen


Dichters und Denkers geschildert werden

Die deutsche Madonna erschien zwischen


Neunzehnhundertsiebenunddreißig und Neunzehnhundertvierzig vier
Töchtern, die ungefähr vierzehn Jahre alt waren, Gretchen, Anna, Susanna
und Maria. Sie erschien ihnen in Heede an der Ems auf dem Friedhof
zwischen drei Lebensbäumen. Die deutsche Madonna stand auf einer
Wolke, schwebend etwas über die Erde, die Füße versanken im Schaum
der Wolke. Auf dem Haupt trug die Madonna eine Krone von reinem Gold.
Die Madonna trug ein weißes Gewand, das lang hinunterfloß wie von
feiner weißer Seide, lang fließend bis zu den Füßen, die Ärmel waren weit
gebauscht wie bei einer chinesischen Prinzessin, um die Hüften trug die
Madonna einen anmutreichen Gürtel. Ihr Haupthaar war verdeckt mit
einem dichten weißen Schleier. Auf dem linken Arm trug sie das
Jesuskind, das ein weißes Kleid trug, die Füße aber waren nackt. Das
Jesuskind hielt in der Hand die Weltkugel von reinem Gold mit einem
Kreuz von reinem Gold darauf. Die deutsche Madonna war etwa siebzehn
Jahre alt und das Jesuskind etwa drei Jahre alt. Die Gestalt der Madonna
war von einer lichten Aura in Form einer Mandel umgeben. Die Madonna
schaute freundlich ernst, beim Singen der Töchter auch öfters lächelnd.
Eines Tages im November erschien die deutsche Madonna allein, ohne das
Jesuskind, und schaute sehr ernst, sie segnete die Töchter. Am folgenden
Tag wurden die Töchter von den Faschisten in ein Irrenhaus nach
Osnabrück verschleppt, wo man versuchte, ihre fromme Geisteshaltung
ihnen auszutreiben, die man für Irrsinn hielt, aber vergeblich. Nach der
Rückkehr in ihren Heimatort sahen zwei der Töchter die deutsche
Madonna wieder auf einer grünen Kuhwiese. Es waren inzwischen
zehntausend Pilger in den kleinen Ort gekommen. Heimlich trafen sich die
vier Töchter jeden Abend auf dem Friedhof, um zu beten. Die Töchter
waren einfache Mädchen vom Land mit ganz gewöhnlichen Fehlern, wie
sie den Kindern gewöhnlich eigen sind. Allerdings waren sie den vier
Temperamenten zuzuordnen. Wenn die deutsche Madonna erschien,
sanken sie auf die Knie. Sie knieten auch bei Frost lange nieder auf der
kalten Erde und knieten auch bei Regen lange im Freien. An Marien
Himmelfahrt Neunzehnhundertachtundreißig baten die Töchter die
deutsche Madonna, ihnen ihre Himmelfahrt zu zeigen: MUTTER, zeig uns
deine Himmelfahrt! Daraufhin schwebte die Madonna auf der blauweißen
Wolke gen Himmel und lächelte und segnete die Erde und das Jesuskind
auf ihrem Arm lächelte und winkte segnend. Zu Anna sprach die deutsche
Madonna: Meine lieben Kinder, betet viel! Die Töchter fragten die
Madonna: O MUTTER, mit welchem Namen sollen wir dich verehren? Da
sprach die deutsche Madonna: Ich bin die Königin des Weltalls! Da fragten
die Töchter: O MUTTER, mit welchem Gebet sollen wir dich verehren?
Da sprach die deutsche Madonna: Mit der Lauretanischen Litanei! Da
riefen die Töchter: O MUTTER, wie schön du bist! Die deutsche Madonna
vertraute den Töchtern geheime Botschaften für den Engelgleichen Pastor
an. Dann sangen die Töchter: Segne mich, Maria, segne mich, dein Kind!
Dann baten sie die deutsche Madonna: O MUTTER, segne uns, wir sind ja
deine Kinder! Wir wollen alles tun, was du uns sagst! Sag uns, was du dir
von uns wünschst! O MUTTER, gib uns deinen Segen! O MUTTER,
segne unser Volk! Da rief Gretchen der deutschen Madonna zu: O
MUTTER, kommst du wieder? Ja, sprach die deutsche Madonna, ja, ich
komme wieder. Da sprach die deutsche Madonna: Nun, liebe Kinder, will
ich euch zum Abschied segnen! Bleibt gottergeben und lieb! Betet oft und
gern den Rosenkranz! Nun, adieu, liebe Kinder, auf Wiedersehen im
Himmel! Unter Tränen riefen die Töchter der deutschen Madonna nach: O
MUTTER, wir danken dir! Die Kinder blieben traurig zurück, Gretchen
hatte sich gewünscht: Ach hätte die MUTTER mich doch mit in den
Himmel genommen! Aber nun wollen wir alle die Königin des Weltalls
verehren!

Im Oktober des Jahres Neunzehnhundertneunundvierzig, eben nach dem


Ende des Zweiten Weltkriegs und Untergangs der faschistischen Tyrannei,
erschien in Heroldsbach im Schlosspark von Thurn über den Birken das
Zeichen Gottes: JHS. Manche deuten es als J für Jahwe, das ist hebräisch
und heißt Ich-bin-der-Ich-bin, H für Hyos, das ist griechisch und heißt
Sohn, und S für Spiritus Sanctus, das ist lateinisch und heißt Heiliger
Geist, somit ist JHS das Zeichen des dreieinigen Gottes. JHS ist aber auch
das Zeichen des allerheiligsten Namens Jhesus. Es bedeutet auch Jesus-
Heiland-Seligmacher. Es kann das H des Hyos-Sohnes aber auch als das H
der Hochmah-Weisheit gedeutet werden, denn der Hyos-Sohn ist die
Hochmah-Weisheit Gottes. Maria erschien mit betend gefalteten Händen,
im langen weißen Seidenkleid, über den Birken, den weißen
jungfräulichen Töchtern der Bäume. Auf ihren bloßen Füßen, auf den
Zehnägeln, erschienen scharlachrote Rosen. Am anmutreichen Gürtel der
deutschen Madonna hing ein langer schwarzer Rosenkranz. Am dritten Tag
der Erscheinung hielt die deutsche Madonna das Jesuskind auf dem linken
Arm, also an ihrem Herzen. Drei Jahre lang erschien die deutsche
Madonna in Heroldsbach. Die Madonna erschien oft in einem langen
blauen Mantel und mit einer goldenen Krone auf dem Haupt als
Himmelskönigin. Allerdings erschien sie auch in andern Gewändern, und
die symbolische Farbe und Gestalt ihrer Gewandung stand in einem
Zusammenhang mit der Botschaft, die sie des Tages brachte. Sie rief das
deutsche Volk auf, durch das immerwährende Gebet zum Frieden in der
Welt beizutragen. Sie rief das deutsche Volk zur Buße auf, das heißt zur
Umkehr zu dem einen lebendigen Gott der Liebe. Sie rief die deutschen
Christen auf, durch Opfer an das Herz der göttlichen Liebe zur Errettung
der Seelen beizutragen und das heilige Herz Jesu zu trösten. Im Gebet soll
der gläubige Mensch das fließende Licht der göttlichen Gnade empfangen
und es in barmherziger Menschenliebe zu allen Menschen strömen lassen.
So wird das Gebet wirksam zur Rettung der Seelen. Im Januar
Neunzehnhundertundfünfzig kam die Madonna den Seherinnen näher, die
Sehermädchen berührten die Madonna. Die Madonna war ein wirklich
lebender Mensch, den die Töchter berühren konnten, die bei der
Berührung der Madonna von einem starken Strom übernatürlicher Kraft
durchströmt wurden. Besonders zärtlich empfanden die Töchter den
liebevollen Händedruck der Madonna. Auch durften die Töchter das
Jesuskind in ihren Händen empfangen, es auf den Armen halten und an
ihre Brüste drücken. Sie waren selig in dem Augenblick, da das göttliche
Kind in ihren Armen und an ihrem Herzen lag und sie anlächelte. Es
erschien auch der heilige Josef als Schutzpatron der Sterbenden und als
Vorbild einer heiligen Ehe, es erschien die kleine Therese von Lisieux, die
heilige Therese vom Kinde Jesus, als ein Vorbild der Demut und
Ganzhingabe an die barmherzige Liebe, und es erschien der heilige
Einsiedler Antonius als ein Heiliger, der die dämonischen Versuchungen
mit der Kraft Gottes siegreich überwunden hat. Das Jesuskind aber lehrte
die Töchter eine göttlich-kindliche Weisheit, da der Ewige sich aus dem
Munde eines Säugling ein Lob und eine Macht bereitet hat: Besonders die
christliche Meditation des mystischen Rosenkranzgebetes als das ewige
Wiederholen des Engelsgrußes an die Mutter Gottes ist wirksam zur
Auslöschung des Ego, in dem Mantra des Ave-Maria verschwinden aus
dem Geist des Meditierenden alle weltlichen Gedanken. Man kann
gewissermaßen sagen, dass der Mensch nicht betet, sondern betend lebt
und atmet! Denn das ist das Ziel der christlichen Meditation des
mystischen Rosenkranzes als des katholischen Mantras der Namen Marias
und Jesus, dass der Mensch lebt atmend in Gott! So lehrte die göttliche
Weisheit, das Jesuskind, die Seherinnen. Die deutsche Madonna aber
sprach: Ich bin die Königin der Rosen! Die Töchter meinten, sie sagte: Ich
bin die Königin des Rosenkranzes. Aber die deutsche Madonna von
Heroldsbach lächelte und sprach: Ich bin wirklich die Königin der Rosen!
Da schwebte die goldene Krone vom Haupt der Madonna gen Himmel und
vom Himmel senkten sich Rosen hernieder auf die deutsche Madonna, als
badete sie in Rosenblüten, lachsfarbne Rosen der geistigen Freundschaft,
scharlachrote Rosen der brennenden Liebe und gelbe Rosen der Treue
strömten über die deutsche Madonna. Die Seherinnen waren so glücklich,
so glückselig in diesem Augenblick, da sie die himmlische Schönheit der
Schönsten aller Frauen auf Erden sahen, dass sie am liebsten gleich sterben
wollten, um ewig im himmlischen Paradies und im Reich der ewigen
Liebe zu sein! Da strömten aus dem Himmel freundliche Feuerströme und
rote Rosen, da streute die rosenarmige göttliche Liebe das fließende Licht
der Gottheit aus, das Licht der göttlichen Liebe, das Feuer und die roten
Rosen des Herzen der göttlichen Liebe!
Am Achten Dezember Neunzehnhundertneunundvierzig, dem Festtag der
Makellosen Konzeption oder Unbefleckten Empfängnis Marias, das heißt,
der von allen Flecken der Sünde freien Maria vom Augenblick ihrer
Empfängnis im Mutterschoß an, dem Augenblick, da sich die
gottgehauchte Seele mit dem leiblichen Keim vereinigte, an diesem
Festtag wurden zehntausend Pilger in Heroldsbach Augenzeugen eines
Sonnen-Wunders am Himmel. Es strömten von der Sonne Feuerströme
aus, wie viele verschiedenfarbige Feuersäulen! Die Sonne wechselte
mehrmals deutliche ihre Farbe! Die Sonne tanzte am Himmel! Die Sonne
stürzte einen Augenblick vom Himmel! Die Sonne kam herab zum
Birkenwald des Schlossparks und öffnete sich, da stand die FRAUE in der
Sonne, Maria, die Frau der Offenbarung, die Frau der Apokalypse! Sie war
ganz in weißes Linnen gekleidet und umgeben von einer Aura aus
Glorienlichtglanz! Die deutschen Christen aber verehren diese Madonna
von Heroldsbach als die Mutter der göttlichen Weisheit. Die lateinische
Kirche nennt sie: Mater divinae sapientiae! Wir können sie auch die Mutter
der göttlichen SOPHIA nennen! O immerwährende Jungfrau und Mutter
Maria, du Mutter der göttlichen Weisheit, du hast der Menschheit und der
ganzen Welt die göttliche Weisheit in Menschengestalt geschenkt! Hilf uns
allen, die göttliche Weisheit zu erkennen und zu lieben! Der Hirte der
christlichen Herde bestimmte das Heiligtum von Heroldsbach als ein
Zentrum zur Neu-Evangelisation Deutschlands! Maria als der Stern der
Neu-Evangelisation möge als Mutter der göttlichen Weisheit das Volk der
Dichter und Denker zu Gott führen! Nun erschien am Himmel das Zeichen
der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, ein Dreieck, und senkte sich vom
Himmel auf Deutschland herab! In Lichtstrahlen erschienen auch die
Heiligen aus dem himmlischen Reich. Der Erzengel Michael erschien, der
Schutzpatron des deutschen Volkes! Der Stammvater Abraham, von Juden
und Christen und Muslimen verehrt, erschien, der trotz der Barmherzigkeit
mit seinem Lieblingskind der göttlichen Weisheit ergeben war! Die drei
Magier aus dem Morgenland erschienen, die den Sternen gefolgt waren
und die göttliche Weisheit erkannten in der Gestalt des göttlichen Kindes
Jesus! Der heilige Josef erschien, der keusche Bräutigam der Mutter der
göttlichen Weisheit und Pflegevater des göttlichen Kindes! Die heilige
Cäcilia erschien, die Schutzmatrone der heiligen Musik! Die heilige Agnes
erschien, die jungfräuliche Braut Christi, die der göttliche Lichtglanz
verbarg, als die Feinde ihrer Seele sie in einem Bordell entblößten! Der
heilige Einsiedler Antonius erschien, den der Feind seiner Seele in Gestalt
einer nackten Hure versuchte, er aber überwand in der Kraft des Gebetes!
Der heilige Kaiser Heinrich und die heilige Kaiserin Kunigund erschienen
als Schutzpatron und Schutzmatrone einer heiligen Ehe und als Garanten
für die Wahrheit, das auch die Ehe ein Weg zur Heiligkeit sein kann! Der
heilige Franziskus erschien als Bräutigam der Frau Armut, der den
Mammon verachtete und die Schöpfung mit der Liebe Gottes liebte! Die
heilige Elisabeth von Thüringen erschien, die sich wie eine Mutter allen
armen Kindern zugewandt hatte und den armen Frauen Brot und Rosen
geschenkt hatte! Der heilige Franz von Sales erschien, der mit der heilige
Johanna von Chantal eine heilige geistige Freundschaft gepflegt und mit
den calvinistischen Protestanten disputiert hatte! Die heilige Bernardette
erschien, die in Lourdes die ganz reine Madonna gesehen, die schöne
Dame! Die heilige Therese vom Kinde Jesus erschien, die sich als
Spielgefährtin des göttlichen Kindes betrachtete und allein dem Kleinen
Jesus alle ihre Liebe schenken wollte, um das Herz des göttlichen Kindes
zu trösten! All ihr Heiligen, segnet das deutsche Volk! Allerseligste Maria,
Mutter Gottes, Mutter der göttlichen Sophia, Mit-Erlöserin der ganzen
Menschheit, bitte für die Söhne und Töchter Deutschlands!

Es war in Marienfried im Jahre Neunzehnhundertsechsundvierzig. Eine


Erscheinung, eine Epiphanie wars, die Seherin aber war Bärbel.
Bärbel:
Wer sind Sie, gnädige Frau? Und woher kennen Sie mein Geheimnis? Das,
wovon Sie sprechen, ist lange her! Es war am dreizehnten Mai.
Die Epiphanie:
Du sollst meine Zeugin sein. Dort, wo Vertrauen in mich lebt und wo den
Menschen erzählt wird von der Allmacht meiner Fürsprache, dort wird der
Friede wohnen. Ich bin das Große Zeichen des lebendigen Gottes,
Magnum Signum! Meine Kinder tragen mein Zeichen an der Stirn. Der
Stern des Abgrunds wird das Große Zeichen verfolgen, aber das Große
Zeichen wird den Stern des Abgrunds besiegen. Der Friede, der höher ist
als aller Verstand, sei mit dir!
Bärbel:
Wie heißen Sie, schöne Dame?
Epiphanie:
Ich bin die Mittlerin zu Gott. Jesu Herz wird so wenig verstanden, weil
man mich nicht recht erkennt. Deshalb gießt Gott den Becher mit dem
Wein des Zornes über die Menschen, weil sie Jesus zurückweisen. Die
Menschheit wurde dem reinen Marienherzen geweiht, ich verlange, dass
die Menschen dieser Weihe an das reine Marienherz gemäß würdig leben.
Vertraue zutiefst in die Macht meines reinen Herzens! Glaube an die
Allmacht meiner Fürsprache! Setzt an die Stelle eurer steinernen Herzen
mein liebevolles Marienherz, dann werde ich in euch die Liebe Gottes
anziehen und ihr werdet Jesus ähnlich werden. Erfüllt meine Wünsche,
damit bald der Fürst des Friedens herrsche in der ganzen Welt! Die Welt
muß den Becher mit dem Wein des Zornes bis zur Neige leeren wegen der
schweren Schuld, mit der das Herz der göttlichen Liebe beleidigt wird. Der
Stern des Abgrunds will die Menschheit und den ganzen Planeten
vernichten, aber er sieht, dass seine Zeit begrenzt ist und dass sich schon
viele fromme Kinder um das Große Zeichen geschart haben, um mein ganz
reines Marienherz! Einige tragen schon das Große Zeichen des lebendigen
Gottes an der Stirn und es werden immer mehr! Vergeßt in diesen
grausamen Tagen nicht, daß das Kreuz, das ihr tragt, eine Gnade ist, und
bringt Gott euer Dankopfer und euer Lobopfer dafür, dass ihr auserwählt
seid, das Kreuz zu tragen! Gebt euch mir ganz hin und betet oft den
Rosenkranz. Bittet nicht um materielle Güter, bittet um das Heil für die
ganze Menschheit und um das Friedensreich des Messias! Ich will im
Verborgenen wirken als eure Mittlerin zu Gott. Ich will euren Herzen
tiefen Frieden schenken. Aus dem Frieden der Herzen soll der Friede der
Völker kommen, bis Jesus, der Friedefürst, König aller Völker ist!
Bärbel:
Ich kann mir deine Worte nicht alle genau so merken. Was, wenn ich sie
nicht richtig wieder gebe?
Epiphanie:
Du wirst die Worte in meinem Sinne wiedergeben. Der Teufel wird sehr
mächtig und wird die Menschen täuschen, die nicht fest mit meinem
Herzen verbunden sind. Es wird eine Zeit kommen, da wirst du
schrecklich einsam sein und viele böse Zungen werden über dich lästern.
Der Teufel weiß die Menschen zu täuschen, er stellt sich dar als Engel des
Lichts, als Lichtbringer, und selbst Menschen mit redlichem Herzen
werden getäuscht. Aber du sollst dein Leben auf ein unbedingten Vertrauen
in meine Liebe gründen! Wo die Menschen an die Stelle ihrer steinernen
Herzen mein reines Marienherz setzen, hat der Teufel keine Macht mehr.
Er wird aber die Kinder Mariens verfolgen, sie werden von vielen
verachtet werden, aber sie sind in der Liebe zur apokalyptischen Jungfrau
unüberwindbar!
Bärbel:
O Mutter der Schönen Liebe, dreimal wunderbare Frau, du schöne Mutter-
Braut, wirke wunderbare Gnaden, du Fürstin des Friedens, du
liebenswürdige Mutter, du Erlöserin der Menschheit und Mittlerin zu Gott!
Epiphanie:
Knie nieder vor mir, ich will dich segnen! Ich schenke dir den Frieden, der
höher ist als alle Vernunft, im Namen der göttlichen Allmacht, der
göttlichen Weisheit und der göttlichen Liebe, Amen!
Bärbel:
O Maria, du bist so unaussprechlich schön! Du bist die Schönste aller
Schönen! Schau ich dich an, so seh ich das Licht der Schönheit Gottes!
Epiphanie:
Ich bin die Mittlerin zu Gott. Die Christenheit soll diesen Titel der
Gottesmagd anerkennen, so will es der Herr. Du sollst glauben, dass ich als
Spiritualisierung der Mutterliebe des Heiligen Geistes die Spenderin der
Charismen bin. Das Große Zeichen, mein Magnum Signum, erscheint, so
will es die ewige Vorsehung. Allein meine Kinder erkennen mein Zeichen,
weil es sich im Geheimen offenbart, und sie preisen die Gottheit
deswegen. Die Macht meiner Schönheit kann ich heute noch nicht der
ganzen Welt offenbaren, ich muß mich erst mit meinen Kindern
zurückziehen in die Wüste. Im Verborgenen will ich Wunder wirken in den
Seelen, bis die Zahl voll ist. An eurem Gebet und Kreuztragen liegt es, die
Zeit der Finsternis abzukürzen! Euer Gebet und euer geduldiges
Kreuzesopfer soll das Bild des Tieres zertrümmern! Dann kann ich mich
der ganzen Welt offenbaren zur Ehre der allmächtigen Liebe! Wählt mein
Zeichen, hängt es euch um den Hals, tragt es an eurer Hand, damit die
Allerheiligste Dreifaltigkeit überall erkannt und geliebt wird! Bete du den
Rosenkranz, wie ich ihn dich gelehrt habe. Verlange im Gebet des
Rosenkranzes nicht materielle Güter, sondern erbitte Gottes und meinen
Segen für die Seelen, für die Völker, für die ganze Welt, dass alle das Herz
der göttlichen Liebe erkennen und lieben! Heute geht es allein darum, dass
ihr der göttlichen Liebe uneigennützig Ehre gebt, ich will mich um alles
andere kümmern. Meinen Kindern werde ich Kreuze aufschultern, schwer
wie die Alpen, tief wie die Nordsee, weil ich meine Kinder mit der Liebe
des gekreuzigten Christus liebe, der gekreuzigten Liebe! Ich bitte dich, sei
auch du bereit, dein Kreuz geduldig zu tragen, damit bald das
Friedensreich des Messias kommt! Wähle dir das Große Zeichen der
Apokalyptischen Frau, damit der Allerheiligsten Dreifaltigkeit Ruhm und
Preis und Dank und Ehre werde! Ein furchtbares Wehe verkündet Gott all
denen, die sich dem Willen seiner Liebe nicht ergeben wollen. Das sollst
du frei heraus sagen.
Bärbel:
Wie soll ich das sagen?
Epiphanie:
Sage den Menschen, dass ich eine Botschaft an die Menschheit habe. Die
Menschen sollen meinen Willen erfahren, wie ich sie retten will. Mein
Wille ist der Heilswille der göttlichen Liebe. Die Geister werden sich an
meiner Botschaft scheiden. Viele werden Anstoß nehmen und sich an mir
ärgern. Aber es ist eine Schar von Getreuen da, die wird meine Botschaft
richtig verstehen und wird sie zu meiner Freude meditieren. Diese Schar
hat meinen Dienst im Heilsplan der Ewigen Weisheit richtig erkannt und
haben mich oft entzückt mit ihrer Liebe. In vielen Ländern leben die
Söhne und Töchter meiner Liebe. Viele haben meine geheimnisvollen
Wunder schon erkannt und erfahren, und sie haben mich dreimal-
wunderbare Frau und große Mutter genannt und geben mir unter diesem
Titel höchste Ehren! Ich freue mich, dass sich auch in Deutschland eine
kleine Schar von Getreuen findet, die meine Stellung anerkennt, die ihr
Leben nach meinen Worten ausrichtet, und ich freue mich, dass diese
Getreuen meine Gedanken und Herzenswünsche in die ganze Welt
hinaustragen. Ihr soll euch mir zur Verfügung stellen, damit ich euch
Aufträge geben kann zum Gebet für die Sünder, für die Völker. Die Seelen
warten auf das Gebet meiner Kinder. Nun singe du das neue Lied, das die
Seraphim singen!

Ein neues Lied will ich dir singen,


Heil Ewigkeit, Herrschaft!
Gottheit des Lebens,
Du warst, du bist, du wirst sein,
Immer gütig, immer barmherzig,
Dir werde Lobpreis,
Ruhm und Glorie
Durch deine Tochter im Kleid aus Sonnenlicht,
Unsere große Mutter, Amen!

Ein neues Lied will ich dir singen,


Heil, geopferte Weisheit,
Gekreuzigte Liebe,
Herrschaft des Friedens,
Baum des Lebens,
Du unser Haupt,
Du Pforte zum göttlichen Herzen,
Du ewige Gottesgeburt,
In Ewigkeit herrschend mit dem ewigen Sein,
Dir werde immer neu
Schönheit und Pracht und Glanz,
Anbetung, Opfer
Durch deine makellose Mutter,
Unsre große Mutter der schönen Liebe, Amen!

Ein neues Lied will ich dir singen,


Heil Hauch,
Lebendiger Atem,
Strömende Heiligkeit,
Ewiges Wirken in der göttlichen Liebe,
Du Liebe der liebenden Personen,
Du Feuerflut und brausender Sturm,
Du wehest Kraft und Licht und Glut
In die Kinder Gottes,
Du ewige Liebesglut,
Du glühender Strom der ewigen Liebe,
Strömend in die Seelen der Geschöpfe,
Dir sei immer neu und ewig
Pracht und Schönheit und Glorie
Durch deine zodiakgekrönte Braut,
Unsre große Mutter und apokalyptische Jungfrau, Amen!

Heilig, heilig, heilig, Jehowah Zevaoth!


Himmel und Erde sind erfüllt von deiner Schönheit!
Hallelujah!
Hochgelobt sei der König, der kommt im Namen Gottes!
Hallelujah!
Alles was atmet, preise die Ewige Liebe!

Endlich war auch die kommunistische Diktatur in Osteuropa überwunden.


Die sanfte Revolution der Freiheit begann mit der Anrufung des Heiligen
Geistes der Freiheit in Polen durch den polnischen Papst des Totus Tuus.
In Deutschland begann die friedliche Revolution mit dem Gebet in der
Versöhnungs- und Friedens-Kirche von Leipzig. Deutschland wurde
wiedervereinigt und das deutsche Volk sang das Te-Deum. Da erschien die
deutsche Madonna in Marpingen und sprach in den neunziger Jahren durch
ihre drei Töchter Marion, Judith und Christine.
Christine (im Haus der Weisheit):
Ich habe das Kreuz gesehen, es lief das Blut der Passion Christi am Kreuz
herab. Aber dann ward das Kreuz wieder heil und gesund und es rankten
Rosen und Weinreben am Kreuz als dem Lebensbaum. Ich sah Jesus wie
am Tisch des Abendmahles, er breitete seine Arme zum Willkommen aus
und sprach: Fürchte dich nicht, denn Ich-bin-da!
Marion:
Die Madonna ist da. Sie trägt Sterne rings um die Stirne wie einen Kranz.
Sie trägt ein langes reines weißes Seidengewand. Über ihr schwebt die
Taube der Liebe.
Offenbarung durch Christine:
Ich liebe euch so sehr! Ich danke euch, dass ihr meinem Ruf gefolgt seid.
Ihr seid hier, weil ich euch gerufen haben, ob es euch bewusst war oder
unbewusst. Mein Makelloses Herz wird triumphieren!
Marion:
Ich habe wieder die Taube der Liebe gesehen, sie schwebte über IHR.
Christine:
Ich hatte diese unaussprechliche Empfindung, eine wunderschöne
Empfindung, als ich SIE gehört habe.
Christine:
Ich sehe, wie das Kreuz uns führt. Uns geleiten viele Engel in Reih und
Glied.
Marion:
Die Engel halten uns an der Hand und führen uns. Ich habe die heilige
Bernardette von Lourdes gesehen.
Judith:
Sahest du Jeanne d’Arc?
Marion :
Es war die kleine Therese von Lisieux, die Jeanne d’Arc gespielt hat. Viele
Engel sind da, der Erzengel Raphael ist da. Der Erzengel Raphael hielt als
heilendes Süßholz das leuchtende Kreuz in der Hand. Die Engel bildeten
ein Himmelstor, das sagte mir: Ihr seid beschützt!
Christine:
Ich höre eine Stimme: Wie ihr jetzt vor der Türe steht und nicht
hineindürft, so stehe ich vor den Herzen meiner Kinder.
Marion:
Im Gedanken erkenne ich, wir sollen den Rosenkranz beten, und SIE wird
kommen. Der Heiland war da. Er hatte ein einfaches Gewand an und
blondbraune längere Haare, ein erwachsener Mann.
Christine:
Ich sehe die Taube der Liebe, sie schwebt über der Marienikone.
Marion:
Ich sehe allein die Taube der Liebe, umgeben von Strahlen,
unaussprechlich schönem Lichtglanz. In der Mitte schwebt die Taube der
Liebe und rings umher wie ein Lichtkreis der göttliche Lichtglanz der
Schönheit.
Offenbarung durch Christine:
Betet, meine geliebten Kinder, dass meine Kinder mir ihr Herz nicht
verschließen.
Marion:
SIE ist da. SIE betet mit uns. SIE hat uns gesagt, dass wir mit IHR den
Rosenkranz beten sollen.
Judith:
Mmh, wie schön!
Offenbarung durch Christine:
Meine geliebten Kinder, helft mir, dass alle meine Kinder zu meinem
Mutterherzen zurückkehren. Opfert eure Leiden auf und betet, betet, betet.
Ich sehne mich so sehr nach allen meinen Menschenkindern! Warum
verschließen sie sich so sehr? Ich will doch nur das Beste für sie! Ach, die
Herzen sind so kalt! Sie wehren die Liebe ab, die mein Sohn ihnen
schenken möchte!
Offenbarung durch Judith:
Meine geliebten Kinder, unsere Herzen sind selbst im Himmel vor Trauer
zerrissen, weil wir sehen müssen, wie wenig die Ewige Liebe geliebt wird!
Ich komme, um euch zu führen, dass ihr meinem Sohne Jesus ähnlich
werdet, damit ihr das Herz der göttlichen Liebe tröstet. Ihr müsst auch das
Kreuz tragen, ihr müsst auch den Kreuzweg Christi gehen, Christus ist
euch den Kreuzweg vorausgegangen, der allein in dem Himmel führt. Ihr
müsst mein Mutterherz betrachten, dass voller Liebe zu allen
Menschenkindern ist, ich möchte eure Herzen mit meiner Liebe erfüllen,
damit ihr mit meiner Liebe Gott liebt! Gott wartet auf euch mit der
unerschöpflichen Liebe des göttlichen Herzens, Gott wartet in großer
Sehnsucht auf die Heimkehr eurer Seelen! Betet, betet, betet! Opfert eure
Leiden der barmherzigen Liebe auf, so wird auch das kleinste Leiden
fruchtbar und kostbar für den Himmel. Tut alles in Maria, mit Maria, durch
Maria und für Maria! Diese Liebe eurer Herzen braucht der Himmel, denn
Gott hat euch für das Paradies geschaffen, dass ihr ewig lieben könnt und
leben im Schoß der Ewigen Liebe! Lebt in der Liebe, die ich in eure
Herzen gieße, damit die Menschen durch euch meine Liebe sehen. Nur
durch die gelebte Liebe könnt ihr diese steinharten Herzen noch erreichen,
Worte der Weisheit erreichen diese steinernen Herzen nicht mehr. Liebt,
meine geliebten Kinder, liebt Gott und die Menschheit!
Christine:
Ich habe SIE gesehen, SIE trug eine dunklen, fast schwarzen Schleier. Ach
und SIE trug sieben Dolche in ihrem Herzen! Und SIE war ganz zerrissen
vor Traurigkeit! Ich habe IHRE Traurigkeit gefühlt und das hat mir fast das
Herz zerrissen!
Marion:
Ich habe die Erdkugel gesehen, sie leuchtete, und um die Erde war ein
Kranz von Ölbaumblättern. Ich sah ein leuchtendes Kreuz auf der
Erdkugel. Dann sah ich das Antlitz Jesu voller Schmerzen. Da überkam
mich eine unergründliche Trauer, als ich Jesus so voller Schmerzen am
Kreuze sah! Aber dann blühten viele Blumen vor Jesus auf, und ein Engel
sagte mir, dass sind die Gebete, die Engel tragen die Gebete wie Blumen
zu Jesus. Es waren da zwei kleine Engelskinder, das waren wirklich Engel.
Und das hat mich dann wieder sehr gefreut, die schönen Blumen und die
lachenden Engelskinder. Und mich freute dann um Jesu Stirn zu sehen
diesen Olivenkranz der Weisheit und des Friedens. Dann habe ich SIE
gehört, dass wir mehr zu IHR kommen sollen. Da hat SIE den Mantel weit
geöffnet, und ich sollte es ihr nachmachen und meine Arme weit öffnen,
die Arme weit öffnen, dass alle Menschenkinder an mein Herz kommen,
genau wie SIE es macht!
Judith:
Marion, wie ist dir?
Marion:
Oh, es ist zu schön!
Christine:
Wir haben heute den zehnten Oktober
Neunzehnhundertvierundneunzig.............
Marion:
Ich sehe die göttliche Liebestaube und grüne Ranken und Flechten und
Engel und alles tanzt in Kreisen! Alles ist unaussprechlich schön! Alles ist
voller freudiger Liebe! Alles ist voller glücklicher Freude! Alle Herzen
hüpfen und springen vor Glück im Himmel! Das ist so schön, da braucht
kein Mensch mehr Angst vor dem Tod zu haben! Alles ist so voller
Glückseligkeit, ich könnte zerschmelzen vor Wonne, so schön ist das
Paradies! Alle Trauer ist fort. SIE will diese Glückseligkeit mit uns teilen!
Oh das Paradies ist so unbeschreiblich schön! Ich sehe Scharen von
Engeln, ich sehe die Jungfrau und Jesus! Ich sehe eine Lichtkrone mit
einem strahlenden Dreieck der Allerheiligsten Dreifaltigkeit im Zentrum
des Kreises. Wir brauchen keine Angst vor dem Tod zu haben, denn das
Paradies ist so schön! Wir müssen nur alles in die Ewigen Arme des Alten
Gottes legen! Ich sah das flammende Herz Jesu und das glühende Herz der
Jungfrau und die göttliche Liebestaube darüber, es war wunderschön! Es
waren Scharen von Heiligen und Seligen und glücklichen Geistern da, ein
himmlisches Volk! Aber ich kann keine einzelnen Heiligen erkennen, weil
ich immer Jesus und die Jungfrau anschauen wollte, SIE war allzuschön!
O ich muß es sagen, allen sagen, wie wunderbar und unaussprechlich
schön es im Paradiese ist! Die Jungfrau und Jesus sagen: Sag es der
ganzen Menschheit: Wir lieben euch sehr!
Offenbarung durch Marion:
Meine geliebten Kinder! Mit diesen Bildern, wie Marion sie beschrieben
hat, möchte ich euch einen Einblick in das Paradies gewähren. Durch
Marion habe ich euch ja schon gesagt, dass man keine Angst vor dem Tod
zu haben braucht. Der Tod ist nur ein Hinübergehen wie durch einen
Vorhang, hinüber in das ewige Leben, in die ewige Glückseligkeit der
Seelen! Ich habe nur den Einen Wunsch, euch in die ewige Glückseligkeit
des Paradieses zur göttlichen Liebe zu führen! Ich liebe euch, meine
geliebten Kinder! Ich bin immer bei euch! Jesus hat mich euch zur Mutter
geschenkt, und was ich für eine Mutter bin, werdet ihr erfahren, wenn ihr
meine Hand ergreift und euch von mir führen lasst. Vergesst es nie in
eurem Leid, dass ich eure euch liebende Mutter bin! Du denke immer
daran: ICH LIEBE DICH SEHR!

Im Jahr Zweitausendundeins, dem Jahr des Beginns des islamistischen


Terrors und der nordamerikanischen Kriegspolitik fand die Erscheinung
der deutschen Madonna in der Blauen Oase des Gebets zu Sievernich statt.
Die Seherin nennen wir die Tochter Evas. Die Tochter Evas fühlte eine
große Hitze! Sie sah einen Nebel, dann sah sie die NEUE EVA erscheinen.
Die NEUE EVA trug ein weißes Gewand aus Lichtstoff und hatte
schwarze, fast hennabraune Haare, die ihr wie ein Schleier lang
herunterfielen. In den Händen hielt sie einen Kranz von lachsfarbenen
Rosen, und zu ihren bloßen Füßen, die auf einer Wolke schwebten, blühten
scharlachrote Rosen. Die NEUE EVA sah wehmütig aus und weinte
Tränen, ihre Tränen fielen wie tränenförmige Diamanten auf die Mutter
Erde. Die NEUE EVA sprach: Ich segne euch! Ich bin die Makellose!
Meine geliebten Kinder, tröstet mich! Tröstet mich durch eure Gebete!
Erfleht von Gott den himmlischen Frieden auf Erden! Meine geliebten
Kinder, entgegnet dem Bösen nicht mit Haß und Krieg, sondern nehmt
meine Mutterliebe zu Hilfe. Keine Weisheit, die eins mit dem
Allbarmherzigen ist, kann Haß und Krieg verkünden! Im Allbarmherzigen
ist nur Heil, nur Segen, nur Schöne Liebe! Jesus ist Liebe! Betet für
Johannes Paul den Großen und betet für Deutschland. Betet für alle Völker
und die ganze Erde und nehmt mich als eure Hilfe an. Meine geliebten
Kinder, ich bin eure große Mutter! Ich öffne euch weit mein Herz! Meine
geliebten Kinder, ich sehe eure Ängste und Schmerzen, taucht sie in mein
reines Herz, so kann ich euch verwandeln! Ich bin heute gekommen,
meine geliebten Kinder, um euch meine mütterlichen Tränen zu schenken,
denn ich bin die Mutter aller, aller Menschenkinder! Ich bin die FRAUE
aller Völker! Meine Tränen lasse ich tropfen in euer Herz, dass ihr mir
meine Tränen weinen könnt. Meine Tränen zu weinen, geliebte Kinder,
dass ist eine große Gnade für euch. Ich will eure Seele zur göttlichen Liebe
führen. Meine geliebten Kinder, unter euch ist einer betrübt, und er
erwartet Worte von mir, dass ich zu ihm spreche, er aber soll sich an den
weisen Priester halten, der ihn betreut, der weise Priester wird ihm
Weisung geben können, denn in ihm wirkt Jesus! Und nun kommt eine
Seele zu mir, die ich in mein Mutterherz eintauchen werde! – Und die
Tochter Evas sah am sechsten November des Jahres Zweitausendundeins,
wie die NEUE EVA mit offenem Herzen dastand. Sie ging auf die Seele
zu. Hinter ihr ging eine schöne Himmlische, ein weißgewandetes
Engelswesen, und trug eine Schale mit der heiligen Chrisam-Myron-Salbe
in den Händen. Die NEUE EVA trat zu der Seele und bezeichnete sie mit
der Salbe. Die NEUE EVA sprach, während der Liebesflammen-
Rosenkranz gebetet wurde: Meine geliebten Kinder, kommt unter meinen
bergenden Mantel, den Schutzmantel meiner barmherzigen Mutterliebe,
denn ich liebe euch! Da breitete die NEUE EVA ihren mütterlichen Mantel
aus, und wir waren alle in ihr geborgen wie im Mutterschoß der göttlichen
Barmherzigkeit. Da sprach die NEUE EVA: Meine geliebten Kinder, ich
behüte euch. Dies ist meine Blaue Oase des Gebets und eure Zuflucht bei
mir. Ich berge euch unter meinem Mantel, dem Schutzmantel meiner
mütterlichen Barmherzigkeit, dort seid ihr geborgen. Schenkt auch ihr mir
euer Herz, wie ich euch mein Herz schenke! Wenn ihr von den finsteren
Kriegen hört, dann betet um den Frieden! Betet für die Seelen, die in
diesen Kriegen geopfert werden! Betet und schenkt mir alle Länder und
alle Völker der Erde durch euren Lobpreis! Ich habe selbst meinen Sohn
verloren und kenne das Leid der trauernden Mütter! Gott will, dass ich
euch in dieser Trübsal zu Hilfe komme. – Und die Tochter Evas sah die
Erdkugel sich drehen. Und sie sah Afghanistan, das wilde Afghanistan,
und sah einen Becher über dem Land und aus dem Becher Blut strömen
und las eine goldene Schrift: Der Finsternis wegen muß das Volk gereinigt
werden, sie haben den Herrn vergessen und vertrauen allein ihrer eigenen
Macht, doch dieser Krieg ist aus ihrer eigenen Macht entstanden, denn sie
wollen meine göttliche Hilfe nicht! - Nun sah die Tochter Evas über der
Erde ein Kreuz aus Licht, von dem lichten Kreuz gingen Strahlen aus. Ein
blauer Strahl fiel auf Deutschland und Italien, ein roter Strahl fiel auf
Russland, China und Afrika, ein schwarzer Strahl traf Afghanistan und
Nordamerika, ein weißer Strahl traf Südamerika. Dann sah die Tochter
Evas über der Erde das Prager Jesuskind, von dem Edith Stein gesagt, es
sei der heimliche Kaiser. Über dem Jesuskind war ein Blatt, darauf stand:
Mein Reich kommt! Das Jesuskind segnete die Erde, die Erde wurde zu
einem blauen Lichtball und fiel wieder in die Hand des Jesuskindes. Die
NEUE EVA sprach: Meine geliebten Kinder, ich freue mich über euer
Gebet und euern Lobpreis, ihr tröstet mich so, und ich lasse mich gern von
euch trösten. Gott segne euch! Sie segnete uns und verschwand im
Lichtglanz der göttlichen Schönheit. Es blieb zurück eine Himmlische, ein
englisches Wesen, und verehrte die NEUE EVA. Und die Tochter Evas sah
den Engelgleichen Pastor, der sprach: O Maria, du schaust in der Ewigkeit
das menschliche Antlitz der EWIGEN WEISHEIT! Und Mirjam von
Abellin, die Karmelitin, sprach: Gott ist meine MUTTER in Liebe und ich
bin Gottes Kind! – JHS!

VIERTES KAPITEL

In dem über den ersten, biblischen Teil des Ave-Maria meditiert wird

„Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade! Der Herr ist mit dir!“ - „Du bist
gebenedeit unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes,
Jesus!“
Was heißt das?
Gegrüßet seist du! So grüßt der Erzengel Gabriel als Bote des dreifaltigen
Gottes die Jungfrau Maria in Nazareth. Gabriel heißt: Kraft Gottes. Was
heißt: Gegrüßet? Ein evangelischer Bruder sagte mir, die ursprüngliche
Bedeutung des Wortes grüßen sei: segnen. So heiße der Gruß: Grüß Gott,
eigentlich: Grüß dich Gott, also: Gott segne dich. Dann grüßt der Engel
Gabriel die Jungfrau also: Gott segne dich! Jeder eigentliche Gruß ist ein
Segenswunsch, so sollte es sein. Man wünscht sich einen guten Tag, einen
schönen Tag. Aber wie grüßt der Engel im Evangelium? Es steht
geschrieben: Chaire! Das Wort Chaire hängt mit Charis zusammen, das
heißt Gnade, das heißt aber auch Freude, Huld, Schönheit. Hier hieße der
Gruß also: Freue dich! Oder auch: Schönes wünsch ich dir! So sagen die
Niederdeutschen: Moin, Moin! Das heißt Moien dag, schönen Tag! Moi
heißt schön. Moin moin, heißt: Schönes, Schönes! Also, wäre Maria nicht
in Nazareth gegrüßt worden, hätte der Engel zu einer friesischen Magd
Marie den Gruß gebracht, so hätte er wohl gesagt: Moin Moin Marie!
Freue dich! Schönen Tag! Ich segne dich mit Freude und Schönheit! Dies
Freue-dich hat zu einer Poesie in der Kirche geführt, da in Litaneien Maria
gegrüßt wird mit wiederholtem Freue-dich, und dann werden alle Gründe
aufgezählt, warum Maria sich freuen kann. So sagen ja auch die Engel, die
himmlischen Heerscharen zu den Hirten auf dem Felde bei Bethlehem:
Freuet euch, euch ist großes Heil widerfahren, euch ist heute der Retter
geboren! Dem Freuet-euch der himmlischen Heerscharen an die Hirten
und die ganze Menschheit ging das Freue-dich des Erzenegels Gabriel an
Maria voraus. Weil der Erzengel Gabriel Maria so gegrüßt hat: Freue dich!
und ihr damit die Menschwerdung Gottes angekündigt hat, darum erging
das Freuet-euch an die ganze Menschheit. Maria ist die höchste Vertreterin
der Menschheit, stellvertretend für die ganze Menschheit wurde dem
Menschen Maria die Freude verkündigt. Aber ich will auch bedenken, dass
wahrscheinlich der Engel zu Maria nicht Chaire gesagt hat, den
Segensgruß der Griechen, sondern Schalom, den Segensgruß der Juden,
denn Maria war ja eine Tochter Davids, sie war ja die Tochter Zion.
Schalom heißt nun: Friede! So gibt es im englischsprachigen Raum den
Gruß: Peace! Im Evangelium grüßt Jesus die Seinen so: Friede sei mit
euch! Die Araber kennen den gleichen Gruß: Salam! Schalom heißt aber
nicht allein Friede, sondern auch Heil, Gesundheit, Wohlergehen. Das
Wort Heil im umfassenden Sinne ist vielleicht die treffendste Übersetzung.
So heißt der Gruß des Engels an die Jungfrau in der King-James-Bibel:
Hail Mary! In Deutschland könnte man sagen: Heil Maria! Der schöne
Segensgruß Heil ist in Deutschland befleckt durch den Unheilsgruß, damit
der antichristliche Tyrann der nationalsozialistischen Tyrannei gegrüßt
worden ist. Dieses Heil an den Antichristen war aber eine Nachäffung und
Perversion des wahren Heil. So wird das antichristliche Heil, das
eigentlich Unheil bedeutet, besiegt durch das Heil des Himmels, den
Heilsgruß des Engels Gabriel an die Jungfrau Maria, die Tochter Zion.
Allein das „Heil Maria!“ kann die Seele des deutschen Volkes entsühnen.
Hail Mary! Schalom Mirjam! Und, erlaubt mir zu sagen: Moin Moin
Marie!
Maria! Was heißt: Maria?
Im Evangelium tauchen viele Marien auf, so viele, dass es kaum zu sagen
ist, wie viele es sind, und wer da wer ist. Es scheint, dass der Name Maria
im Evangelium einfach der typische Name für die Braut Christi ist oder für
die Kirche. Maria ist Braut Christi und Typus der Kirche als Braut Christi
und Mutter der Christen und Christinnen. Da sind Maria Magdalena, Maria
Kleophä, Maria die Mutter von Jakobus und Joses, die Andere Maria, die
Schwester der Mutter Maria (die von der seligen Anna Katharina
Emmerich genannt wird mit dem Namen Maria Heli) und Maria von
Bethanien und eben Maria die Mutter Jesu. Der Name Maria, lateinisch,
heißt auf griechisch Mariam, auf hebräisch Mirjam. Über die Bedeutung
des Namens wird viel verschiedenes geschrieben. Mirjam wird erklärt als
Mir: die Erleuchtete, und Jam, das Meer. Daraus leitete sich der
Marientitel Stella Maris, Meeresstern, ab. Maria ist der Stern am Himmel,
der dem Schiff der Kirche über das Meer der irdischen Finsternis den Weg
zum himmlischen Ehehafen Gottes weist. Ich glaube der Kirchenvater und
lateinische Bibelübersetzer Hieronymus war es, der deutete den Namen
Maria oder Mirjam als Stilla Maris, das heißt Meerestropfen. Aus Stilla
Maris wurde dann Stella Maris, Meeresstern. Andere leiten den Namen
Mariam von Mara ab, das heißt, die Bittere. So sagte Noomi: Nennt mich
nicht mehr Noomi, die Liebliche, sondern nennt mich Mara, die Bittere.
Maria ist nun gewiß die Süße und Liebliche, so wird sie ja im Gebet Salve
Regina auch unsre Süßigkeit genannt. Aber sie sprach in ihren Schmerzen:
Nennt mich nicht mehr: Süße! Sondern nennt mich: Bittere, denn ich leide
bittere Schmerzen bei den bitteren Schmerzen meines Sohnes. Ich leide
auch bittere Schmerzen bei allen bitteren Schmerzen meiner Kinder, die in
der Nachfolge Christi mit Christus gekreuzigt werden an Leib und Seele.
Es gab ja auch das bittere Wasser Mara, an dem die Kinder Israel
vorüberzogen, ich glaube, es war Mose, der ein Stück Holz in das bittere
Wasser Mara warf, da wurde es süß und trinkbar. Dieses Holz ist das
Kreuz, es verwandelt die Bitterkeit des Todes in den Genuß der Süßigkeit
des ewigen Lebens in der Glückseligkeit des Paradieses. Maria, die für uns
die Bittere geworden ist, nämlich die mitgekreuzigte Mutter ihres
gekreuzigten Sohnes, wird uns führen zu ihrem Sohne Jesus Christus, der
uns durch sein bitteres Leiden die Süßigkeit der paradiesischen Wonnen
erworben hat. Dort in der süßen Wonne des Paradieses wird Maria für uns
Noomi sein, die Allerlieblichste und Süßeste aller Süßen! Andere leiten
den Namen Mari-am vom Aramäischen ab, wo Mari-am einfach erhabene
Herrin oder erhabene Mutter bedeutet. Sie ist ja die Mutter Christi, und
Christus ist das Haupt, die Kirche aller Christgläubigen ist aber der
mystische Leib Christi. Das Haupt Christus und der mystische Leib
Christi, nämlich die Kirche, bilden den ganzen Christus, Christus totus.
Maria ist die Mutter nicht allein des Hauptes (so etwas wäre ja eine
Missgeburt), sondern die Mutter des Hauptes und des mystischen Leibes,
die Mutter des Christus totus, also Mutter der Kirche, also Mutter aller
getauften, in Wasser und Geist wiedergeborenen und an Christus gläubigen
Gotteskinder. Sie ist Mutter Gottes, nämlich Christi, und Mutter der
Kinder Gottes. Darum ist sie einfach die erhabene Mutter, Mari-Am.
Andere aber sagen, der Name Mirjam bedeute die Beleibte, was aber eine
Umschreibung sei für: Die Schöne. Den sie ist nicht hager wie ein Skelett,
sondern wohlgeformt, gutgebaut, ein Meisterwerk des Heiligen Geistes
und der makellose Spiegel der göttlichen Schönheit. Spiegel der göttlichen
Schönheit nannte sie Papst Johannes Paul der Zweite und die Kirche nennt
sie: Tota pulchra perfectissima, das heißt: Ganz vollkommene Schönheit
oder absolut perfekte Schöne! So beschreiben alle Seher in der Geschichte
der Kirche, die Maria in Visionen gesehen haben, sie als die Schönste aller
Frauen, und wer Maria sieht, nennt ihre Schönheit unbeschreiblich,
unvorstellbar, und wer die Schönheit Mariens anschaut, der sinkt vor
Überwältigung in die Kniee und stammelt Worte des Hohenliedes: Du bist
schön, meine Freundin, allerdinge schön, kein Makel ist an dir! Andere
leiten den Namen Maria vom lateinischen maria ab, das heißt Meere. So
steht es schon in der Schöpfungsgeschichte geschrieben, dass die Taube
des Heiligen Geistes oder die Taube der göttlichen Liebe über den Meeren
(maria) schwebte und brütete gewissermaßen den schönen Kosmos aus. So
schwebte der Heilige Geist der göttlichen Liebe ja auch über der Jungfrau
Maria und brütete im Schoß der Jungfrau Christus aus, den wahren Gott
und wahren Menschen, der eine neue Schöpfung heraufbringt, die erlöste
und mit Gott vereinigte Schöpfung. Maria wird hier verglichen mit dem
Ur-Meer, aus dem die Schöpfung entstand, dem Chaos oder der Ur-
Materie. So nennt Hildegard von Bingen Maria auch die Materie, aus der
Gott die Materie nahm, als der Logos Materie werden wollte, das Wort
Fleisch werden wollte. Schließlich sagen welche, der Name Mirjam
bedeute Geliebte. Das ist gewiß die schönste Deutung, denn Maria ist die
Geliebte Gottes des Vaters, die Geliebte Gottes des Sohnes, die Geliebte
Gottes des Heiligen Geistes. Wieso? Gott der Vater erwählte die Jungfrau
Israel oder Jungfrau Jerusalem oder Tochter Zion zu seiner Braut, ja, zu
seiner Ehefrau, wie es die Propheten beschreiben. Jesaja: Der Herr
Zebaoth ist dein Gemahl! Hesekiel: Da sah ich dich, du warest noch nackt,
da bedeckte ich dich mit meinem Mantel, es war nämlich die Zeit der
Liebe gekommen, und ich schloß einen Bund mit dir, Jungfrau Jerusalem.
Hosea: Ich, spricht der Herr, will mich mit dir verloben, und du wirst den
Herrn erkennen. Aber der Herr spricht durch die Propheten auch vom
Liebeskummer des Herrn, nämlich die Jungfrau, die der Herr Zebaoth sich
zur Braut und Gemahlin erkoren hat, ist zur Ehebrecherin geworden, ja,
zur Hure und hurte andern Göttern nach, sie spreizte die Beine für alle
Baale, die vorüberkamen. Aber in der Jungfrau Maria fand der Herr
Zebaoth die reine Tochter Zion, die zum Herrn sprach: Mir geschehe nach
deinem Wort. Sie sprach damit Ja zu Gott. Sie ist die Ehefrau des Ewigen;
mit der der Vater im Himmel sein Meisterwerk, nämlich das
menschgewordene Wort, zeugte und gebar aus der reinen Jungfrau Maria.
Darum ist Maria die Geliebte des Ewigen, des Herrn, des Vaters im
Himmel. Warum ist Maria aber die Geliebte des Sohnes? Sie ist doch seine
Mutter, wieso nennst du sie dann seine Geliebte? Jesus distanzierte sich ja
bekannterweise von den Ansprüchen der leiblichen Mutterschaft und wies
auf eine andere Mutterschaft hin, die Mutterschaft im Geist und in der
Wahrheit, die Mutterschaft im Glauben, die Mutterschaft der Kirche, die
Mutterschaft der Jüngerschaft: Die ist meine Mutter, die das Wort Gottes
hört und tut. Maria aber hat das Wort Gottes gehört und getan: Mir
geschehe nach deinem Wort, sagte sie. Und Elisabeth sagte: Selig bist du,
weil du geglaubt hast. Maria ist so zur ersten Jüngerin Jesu geworden. Sie
hat ihn als göttliches Kind angebetet, sie war bei der ersten Offenbarung
seiner Herrlichkeit auf der Hochzeit zu Kana: Was er euch sagt, das tut,
sagte sie. Und sie stand unter dem Kreuz, als selbst Petrus Jesus verleugnet
hatte, da stand Maria unter dem Kreuz ihres Herrn und Gottes, da sprach
Christus vom Kreuz: Frau! Denn er nennt sie Frau, weil sie mitleidend mit
den Leiden ihres Sohnes, des Mannes der Schmerzen, zur Frau der
Schmerzen geworden ist. Als Jüngerin Jesu ist sie wie jede Jüngerin Jesu
eine Braut Christi, als mitgekreuzigte mit dem gekreuzigten Herrn ist sie
Frau der Schmerzen geworden und wie eine Karmelitin mystisch vermählt
mit dem Herrn Jesus im Zeichen des Kreuzes, oder wie Katharina von
Siena sagte, die Jüngerin Jungfrau Maria ist dem Herrn Jesus vermählt im
Bett des Kreuzes, nämlich mitgekreuzigt am Kreuz Christi. Wieso ist sie
aber die Geliebte des Heiligen Geistes? Die Kirche nennt sie ja die Braut
des Heiligen Geistes. Denn Gott der Geist, die Kraft Gottes, hat sie
überschattet und in ihr gezeugt den Menschensohn. Damals ist sie wie in
einer mystisch-ehelichen (nicht fleischlich-ehelichen) Vereinigung
mystische Ehefrau des Heiligen Geistes geworden. Maria ist also die
Geliebte des dreieinigen Gottes. Aber sie ist auch meine Geliebte. Meine
Geliebte ist Maria. Sie ist ja die Liebe Frau, sie ist meine Liebe Frau und
meine ewige Geliebte. Sie sagt zu mir: !Ich liebe dich mit einer
besonderen Liebe! Ich liebe dich mit einer brennenden Liebe! Ich liebe
dich mit einer grenzenlosen Liebe! Komm, ich sehne mich nach dir! Ich
lade dich in meinen Schoß ein, ich lade dich ein, dich mit mir zu
vereinigen, um zu lieben!“ So spricht meine Geliebte, meine Liebe Frau
Maria. „As Joseph ut de Schole quam, / he harr der geen Botter, / her harr
der geen Brod, / he legte sein Kopp in Maree hör Schoot. / Maree de har
der en Rockje an, / dar hungen wol tusend Klockjes an, / de Klockjes
füngen an to pingeln, / leeve Engels füngen an to singen!“
Du bist voll der Gnade! Was heißt das?
Martin Luther, das Genie der deutschen Sprache, sagte: Voll der Gnade,
das ist schlechtes Deutsch. Ich empfinde das ebenso und ersetze es durch
das Wort: Gnadenvolle. Luther selbst sagte: Holdselige, denn (so sagte er)
was heißt voll-der-Gnade-sein anderes als holdselig-sein? Aber das
griechische Wort heißt Kecharitomene. In dem ke-chari-tomene steckt das
Wort Charis, das heißt Gnade. Maria ist die Begnadete. Der Engel grüßt
sie: Chaire, Kecharitomene! Er grüßt sie noch nicht einmal mit ihrem
Namen Mariam, sondern ihr Name oder Titel im Munde des Engels ist:
Begnadete! Was heißt Begnadete? Der Engel sagt: Du hast Gnade
gefunden in Gottes Augen. Hier heißt Gnade: Wohlgefallen. Wie die
Stimme vom Himmel über Jesus sagt: Dieser ist mein geliebter Sohn, an
ihm hab ich Wohlgefallen! so sagt der Herr durch seinen Engel: Maria, du
hast Gnade gefunden in meinen Augen, an dir hab ich Wohlgefallen.
Darum wendet der Herr sich Maria zu. Diese Zuwendung, oder auch:
Zuneigung, oder auch: Herabneigung heißt auf altdeutsch: Zu Genaden
gehen. Die Sonne geht zu genaden am Abend, das heißt: Die Sonne neigt
sich herab, die Sonne geht unter. Gnade heißt Zuwendung und
Herabneigung. Die absolute Gottheit, das Sein in Person, die schöpferische
Gottheit neigt sich in Zuwendung, Zuneigung und Herabneigung diesem
Geschöpf Maria zu. Im alten Testament heißt es: Den Demütigen schenkt
der Herr Gnade. Maria war demütig, als sie sagte: Siehe, ich bin die Magd
des Herrn. Aber eigentlich sagte sie nicht: Magd, sondern Sklavin! Es ist,
als sagte die demütige Jungfrau: Ich bin die allergeringste Sklavin des
allmächtigen Gottes! Sie ist ja nicht bäuerliche Magd eines bäuerlichen
Herrn und reichen Gutsbesitzers, sondern die sich selbst vernichtende
Sklavin Gottes! Die Mystikerinnen sagen dasselbe, sie wollen zu einem
„Nichts“ werden, damit Gottes „Alles“ sei. In dieser mystischen
Ganzhingabe an die Kraft und Macht Gottes steht die Demut der Jungfrau.
Sie war die Allerdemütigste, die bei dem Ansinnen, sie solle Gottes Mutter
werden, gewissermaßen sagte: Ich bin ein Nichts vor Gott, eine
allergeringste Sklavin, mir geschehe nach dem Liebeswillen Gottes! Wie
sie auch im Magnifikat sagte: Der Herr hat meine Niedrigkeit angeschaut,
der Herr hat Großes an mir getan. Das ist der neutestamentliche
Kommentar zum alttestamentlichen Psalmvers: Den Demütigen gibt er
Gnade. Maria hat also Gottes Gnade gefunden, Gott ist ihr gnädig. In
diesem Sinne schon ist sie die Begnadete. Aber was ist Gnade? Gnade ist
ein Geschenk Gottes und zwar unverdient durch den Menschen, ein
freiwilliges Geschenk Gottes aus selbstloser Liebe (Agape, Caritas). Was
schenkt Gott aber, wenn er die Gnade schenkt? Gott schenkt sich selbst!
Oder anders gesprochen: Gott der Vater schenkt seinen Sohn in der
Menschwerdung! Gott der Vater schenkt durch Gott den Sohn Gott den
Heiligen Geist in der pfingstlichen Ausgießung des Heiligen Geistes. Gott
der Vater schenkt den Sohn, Gott der Sohn schenkt Gott den Geist. Gott,
mit Einem Wort gesagt, schenkt Gott! Gott schenkt sich selbst! Was
schenkt Gott, wenn er Gnade schenkt? Was heißt Gnade denn? Es heißt
Charis, das heißt Freude, Zuneigung, Wohlwollen, Huld, Schönheit,
Charme, Liebreiz! Dies sind alles Attribute der Liebe. Das weiß jeder
Liebende auf Erden, das der geliebte Mensch, mit den Augen der Liebe
betrachtet, voll Schönheit, Anmut, Charme, Liebreiz, Freude, Dank und
Huld ist. Es sind die Erscheinungsweisen der Liebe, es sind die
Offenbarungen der unbeschreiblichen Liebe. Gott schenkt also, in dem er
Gnade schenkt, die göttliche Liebe selbst, denn Gott schenkt Gott, und
Gott ist Liebe. Inwiefern ist Maria nun die voll der Gnade, die Begnadete?
Sie hat ja in einzigartiger und herausgehobener Weise Gott selbst
empfangen, in dem Gott in ihrem jungfräulichen Mutterschoß Mensch
geworden ist. Sie hat als Jungfrau Gott empfangen und als Mutter Gott
geboren. Sie ist als Jungfrau zur Gottesgebärerin und Gottesmutter
geworden. In diesem einzigartigen und unvergleichlichen Sinne, indem
Jesus Christus die Gnade Gottes ist, und Maria die Mutter Jesu Christi, das
heißt, wie die Kirche sie nennt, die Mutter der Gnade, in diesem
einzigartigen Sinn ist sie die Begnadete, Gnadenvolle, voll der Gnade.
Mehr noch: Maria hat diese Gnade nicht für sich allein empfangen, in
einem individualistischen Heilsegoismus diese Gnade allein zu ihrem
persönlichen Seelenheil genossen, sondern hat für die Menschheit Ja
gesagt zu Gottes Plan, Mensch zu werden in ihrem Schoß, stellvertretend
für die Menschheit hat sie Ja gesagt zu Gottes Plan der Inkarnation des
Erlösers, indem sie sagte: Ja, mir geschehe nach deinem Wort, dein Wille
geschehe. Maria hat für die ganze Menschheit Ja gesagt zu dem Plan
Gottes, dass sich die Gottheit mit der Menschheit in einem Gottmenschen
vereinigt, und so hat sie diese Gnade der Gottesgeburt in ihrem
jungfräulichen Mutterschoß nicht allein für sich erhalten, sondern zum
Heil für alle. In diesem Sinn hat Maria die Gnade Gottes als einzigartig
Begnadete empfangen und ist als Gebärerin Christi zur Ausspenderin und
Mittlerin der Gnade geworden. Die Kirche sagt nun, dass dieser Vorzug
Mariens, als Mutter der Gnade zur Mittlerin der Gnade geworden zu sein
für alle Zeiten bleibt, so dass wir immer von Maria nichts anderes
empfangen als Gnade, nämlich ihren Sohn Jesus Christus, den Sohn
Gottes, die Gnade. So schenkt uns Gott seine Gnade in Jesus Christus
durch Maria. So ist Maria die Mittlerin zu Christus und Christus der
Mittler zu Gott. So ist Gott zu den Menschen gekommen, so sollen die
Menschen zu Gott kommen: Durch Maria zu Jesus, in Jesus zu Gott!
Der Herr ist mit dir! – Wer ist der Herr? Es heißt: „Heilig, heilig, heilig ist
der Herr der himmlischen Scharen!“ Der Herr ist also dreimal heilig. Es
heißt: „Herr, Herr, Gott! Barmherzig, gnädig, langmütig, von großer
Geduld und Treue!“ Der Herr ist also die Allerheiligste Dreifaltigkeit, die
Eine Göttliche Natur in drei Personen, dem Schöpfer, dem Erlöser, dem
Tröster. In der mittelalterlichen scholastischen Philosophie wird die erste
Person der Gottheit Allmacht genannt, die zweite Person ist die göttliche
Weisheit und die dritte Person ist die göttliche Liebe. Aber die erste Person
der Gottheit, der unergründliche Urgrund allen Seins, wird von Dionysios
Areopagita auch Urgottheit oder auch Urschönheit genannt. Das ist auch
meine Vision der allerheiligsten Dreifaltigkeit: Die Eine göttliche Natur in
den drei Personen der göttlichen Schönheit, der göttlichen Liebe und der
göttlichen Weisheit! Was heißt nun: Der Herr ist mit dir, Maria? Die
göttliche Schönheit ist mit Maria, weil sie Kecharitomene ist, die mit
Charis begabte, die mit „Liebreiz Übergossene“, weil sie „Spiegel der
göttlichen Schönheit“ ist, weil sie Tota Pulchra Perfectissima, die ganz
vollkommene Schöne ist, weil sie Meisterwerk des Schöpfers ist! Maria ist
makelloser Spiegel der göttlichen Schönheit, darum ist sie als Unbefleckte
die Schönste aller Frauen, mehr gesegnet als alle anderen Frauen! Maria ist
auch die Mutter der göttlichen Weisheit, und die Wohnung der göttlichen
Weisheit. Denn sie ist die Mutter der fleischgewordenen göttlichen
Weisheit. Aber sie ist auch der Weisheit gleichgestaltet. So legt die Liturgie
der Kirche die prophetischen Texte der Frau Weisheit immer auch auf
Maria aus. Maria ist also Mutter der Weisheit, aber sie ist auch der Frau
Weisheit ganz gleichgestaltet. Maria ist aber auch die Braut des Heiligen
Geistes; das heißt, der göttlichen Lliebe. Sie ist die Mutter der schönen
Liebe, sie ist die Königin der Liebe (Regina dell’Amore), sie ist die Mutter
der Liebe für alle Menschen. Sie ist gewissermaßen die Mittlerin der Liebe
Gottes, die Vermittlerin der Gnaden des Heiligen Geistes, die Mittlerin der
göttlichen Liebe oder: Maria ist das Sakrament der Mutterliebe Gottes, sie
ist das Sakrament der göttlichen Liebe, unserer himmlischen Mutter. So
lässt sich am Wesen Marias das Wesen der dreifaltigen Gottheit ablesen
wie in einem unbefleckten Spiegel: Maria spiegelt als unbefleckter Spiegel
der göttlichen Schönheit die Urgottheit der Urschönheit, Maria spiegelt als
der Frau Weisheit gleichgestaltete Mutter der göttlichen Weisheit die
Gottheit der Frau Weisheit, Maria spiegelt als Sakrament der Mutterliebe
Gottes und Königin der Liebe die Mutterliebe der göttlichen Liebe. So ist
Maria, mit Einem Wort, ein makelloser Spiegel der Allerheiligsten
Dreifaltigkeit, oder: Ein unbefleckter Spiegel der Einen Göttlichen Natur!
Der Herr ist wahrlich mit Maria!
Du bist gebenedeit unter den Frauen! (Früher hieß es: Du bist gebenedeit
unter den Weibern.) In der katholischen Bibel heißt es: Du bist mehr
gesegnet als alle anderen Frauen! So preist Elisabeth voller Bewunderung
die Jungfrau Maria, die Mutter ihres Herrn. Es kann einen die Schönheit
Mariens auch hinreißen, zu sagen statt: Du bist mehr gesegnet als alle
anderen Frauen: Du bist mehr gesegnet als alle Frauen! So erhebt man
Maria über den Kreis der Frauen, denn, wo Nietzsche den Übermenschen
suchte, da finden wir in Maria die Überfrau, das wahre Superweib! Denn
Maria ist die auserwählte Frau, auserwählt von Gott, Mutter des Sohnes
Gottes zu sein! Maria hat allein die Gnade bei Gott gefunden, Mutter
Gottes werden zu dürfen. Der Jubelruf an die Frau der Auserwählung
findet sich im Alten Testament an zwei Stellen, nämlich bei Jael und bei
Judith. So wie die prophetischen Vorbilder des Messias, wie der
Menschensohn und der Gottesknecht, der Sohn Davids und Adam, vom
Evangelium als Prophezeiungen Jesu Christi gedeutet werden, so müssen
die Preisungen der Jael und der Judith als Prophezeiungen auf die Jungfrau
der Offenbarung bezogen werden. Wie es im Protoevangelium schon in der
Genesis heißt: Das Weib wird der Schlange den Schädel zertreten (so in
der Vulgata), so sind auch die prophetischen Frauengestalten Jael und
Judith Prophezeiungen auf Maria, die neue Eva, die Schlangenzertreterin,
die apokalyptische Frau und Siegerin über den Satan. Als nämlich die
Stämme Israels unter Führung Deborahs und Balaks gegen die Feinde
Israels unter deren Heerführer Sisera in den Kampf zogen und selbst die
Sterne in ihren Bahnen mitkämpften, da war es schließlich Jael, die den
Sieg über Sisera errang. Er trat in ihr Zelt und suchte Unterschlupf, sie
empfing ihn, er bat sie um Wasser, sie reichte ihm Dickmilch, er legte sich
schlafen, sie nahm den Pflock und den Hammer und trieb ihn durch seine
Schläfe und er starb zu ihren Füßen. Dies ist gewiß nicht ein historischer
Kampf der Vorzeit, sondern ein Kampf des Himmels gegen die Mächte der
Unterwelt, ein Kampf des Gottesvolkes gegen die Welt der Dämonen,
wobei Sisera als der Hauptmann der dämonischen Heere den Satan
verkörpert, Jael aber (Jahwe ist Gott! das sagt ihr Name) verkörpert die
Jungfrau Maria, die der Schlange den Schädel zertrümmert als die neue
Eva. Darum ist Jael gesegnet unter den Frauen in den Zelten Israels!
Ebenso Judith, ihr Name ist die weibliche Form von Juda, sie ist Die Jüdin
schlechthin, das heißt, sie ist die Tochter Zion, sie ist das himmlische
Jerusalem, sie ist der Inbegriff des auserwählten Volkes Gottes, das heißt,
im Geist des Evangeliums gesprochen, sie ist das Urbild der Kirche, also
die Jungfrau Maria. Das wird Gott Ehre verschaffen, dass den Feind des
Gottesvolkes, Holofernes, also wiederum den Satan, eine Frau besiegt hat,
eine demütige Frau, die allein auf Gottes Allmacht hofft. Aber Gott der
Herr besiegt den Satan durch eine Frau. Der heilige Grignion von Montfort
sagte, es hätte Gott der Allmächtige den Satan auch allein durch den
Hauch seines Mundes vernichten können für immer, aber es demütigt den
Hochmut und Stolz Luzifers, des Satans, mehr und gibt Gott mehr Ehre,
wenn Gott den Satan durch eine demütige Frau besiegt! So ist Judith auch
mehr gesegnet als alle Frauen in Israel, den sie ist die prophetische Gestalt,
die Maria verkörpert, Maria, die Tochter Zion, Maria, die Mutter des
Messias! Christus hat als menschgewordener Gott durch sein Sterben und
Auferstehen die Macht des Todes und des Teufels gebrochen, das ist
gewisslich wahr. Maria hat aber dem Sohn Gottes die Menschheit
geschenkt, sie hat durch ihr Jawort zu Gott die Inkarnation möglich
gemacht, oder einfach gesprochen: Sie hat dem Sieger über Satan das
Leben geschenkt, sie ist die Mutter der Siegers! Mehr noch, in der
Apokalypse des Johannes wird prophezeit auf die apokalyptische Endzeit
der Sieg der Frau am Himmel über den alten Drachen. Diese Frau im Kleid
der Sonne, den Mond unter ihren Füßen, die Sterne als Kranz tragend, ist
im sechzehnten Jahrhundert als Maria Schlangenzertreterin in Mexiko
erschienen und hat den aztektischen Götzendienst mit zehntausenden
Menschenopfern ein Ende bereitet! Durch ihr Eingreifen sind die
antichristlichen Diktaturen von Faschismus und Kommunismus besiegt
worden, denn „nicht durch Heere wird es geschehen, sondern durch den
Geist“, so hat der engelgleiche Pastor Pius der Zwölfte dem
Bolschewismus und Faschismus nicht durch Heeresmacht widerstanden,
sondern durch seine Weihe der ganzen Menschheit an das Unbefleckte
Herz Mariens, so hat Papst Johannes Paul der Große den Kommunismus
nicht durch politische Akte besiegt, sondern durch sein Totus Tuus an
Maria und das Rosenkranzgebet der alten Mütter im Osten. So wird der
endzeitliche Antichrist durch die Macht der Liebe der Jungfrau Maria
besiegt und das Reich Mariens wird kommen, denn sie, die gebenedeit ist
unter den Frauen, sagt: Am Ende wird mein Unbeflecktes Herz
triumphieren! Denn schließlich wird Maria-Jael dem Satan mit dem
Hammer den Pflock durch die Schläfe treiben! Schließlich wird Maria-
Judith dem betrunkenen Satan mit dem Schwert das Haupt vom Rumpf
schlagen! Dann wird das auserwählte Volk Gottes jubeln und in Ewigkeit
preisen die Mutter Jesu: Du bist gesegnet mehr als alle anderen Frauen!
Gebenedeit ist die Frucht deines Leibes: Jesus! Das sagt Elisabeth zu
Maria, als Jesus noch verborgen im Mutterschoß Mariens war. Jesus ist als
Embryo schon gebenedeit, von Gott gesegnet. Ja, Jesus segnet schon den
Johannes, der noch im Mutterschoß Elisabeths war, und Johannes, der
Embryo im Schoß Elisabeths, hüpfte vor Freude im Schoß seiner Mutter,
als die Mutter seines Herrn zu seiner Mutter kam. Elisabeth grüßt Maria:
Wie kommt es, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Sie nennt
also den ungeborenen Jesus, den Embryo, ihren Herrn, das heißt, ihren
Gott! Wie kann man angesichts der Tatsache, dass ein ungeborener
Embryo, eine Leibesfrucht im Schoße der Mutter, sogar Herr genannt
wird, das heißt Gott, noch auf den teuflischen Gedanken einer
Kindsabtreibung kommen? Der Embryo-Gott Jesus segne alle
ungeborenen Kinder in den Schößen ihrer Mütter und bewahre sie vor dem
Drachen, dem Menschenmörder! Jesus ist also schon als Leibesfrucht
Mariens im Schoß Mariens der fleischgewordene Gott. Maria gibt in ihrem
Schoß dem Logos oder der göttlichen Weisheit das Fleisch und das Blut,
der menschgewordene Gott ist Fleisch vom Fleisch Mariens und Bein vom
Bein Mariens geworden. Aber der heilige Grignion sagt: Jesus ist überall
die Frucht Mariens. So wie Maria Jesus in die Welt gebracht hat, so bringt
sie Jesus in den Seelen hervor. Angelus Silesius sagte: Wäre Jesus
tausendmal in Bethlehem geboren, wäre er nicht auch in dir geboren, so
wärest du ewiglich verloren! Wie wird Jesus aber in der Seele geboren?
Martin Luther sagt, dazu muß man ganz eins mit der Jungfrau Maria sein
und wie Maria Gott empfangen und unter dem Herzen tragen und selbst
die Mutter Gottes sein. Wenn man Jesus durch den Heiligen Geist wie
Maria empfangen hat, dann muß man Jesus in sich bewahren und das
göttliche Kind im Schoß der eigenen Seele vor allem Bösen bewahren.
Wird man das göttliche Kind in der eigenen Seele mit Liebe hüten, nähren
und pflegen, so wird man wie die Mutter Gottes den Gottessohn gebären,
das heißt, man wird, wie Franziskus sagte, durch Werke der Liebe Jesus in
die Welt tragen. Wer aber Jesus in seiner Seele trägt wie im Mutterschoß,
der trägt im Innersten seiner Seele das göttliche Kind, das die göttliche
Weisheit ist. Die Psychologen sagen, das göttliche Kind ist das wahre
Selbst des Menschen in seiner Unschuld, das von Sünde nicht entstellte
unbefleckte Ebenbild Gottes im Menschen, das auch von den Sünden der
Welt nicht verletzte innere Kind in der Seele, das makellose Kind Gottes,
Liebling des Ewigen Vaters, Pflegekind und Hätschelkind des Schöpfers.
Wir sind nach dem Bilde Gottes geschaffen im Innersten der Seele, der
Funke Gottes in der Seele ist geschaffen nach dem Bilde Christi, der das
Bild Gottes ist, Christus ist aber die göttliche Weisheit, die ein
unbeflecktes Bild des Allerhöchsten und ein makelloser Spiegel des
göttlichen Lichtes ist und ist Liebling und Hätschelkind des Herrn, des
Vaters im Himmel. Wer das göttliche Kind in seiner Seele trägt, der trägt
sein wahres Selbst, unverfälscht von der eigenen Sünde und den Sünden
der Welt, im Innersten, sein Wahres Selbst, sein einzigartiges originales
Ebenbild Gottes, hier im Funken der Seele stellt sich das einzigartige und
auf allerintimste Weise persönliche Gottesbild her, hier ist der Mensch
selbst ein einzigartiges Gottesbild. Dies ist der weiße Stein, darauf der
neue Name steht, den nur Gott und der Mensch kennen, denn es ist das
allerintimste und innigste Verhältnis zwischen dem Geheimnis Gott und
dem Geheimnis Mensch. Der Koran sagt: Gott ist dir noch näher als deine
Halsschlagader. Anders gesprochen: Gott ist intimer mit deinem
Seelengrund vereinigt als du selbst es bist. So bist du selbst eine
Menschwerdung Gottes geworden. Dies wurdest du aber, weil du Mutter
Gottes geworden bist und das göttliche Kind in seiner makellosen
Unschuld in deiner Seele ausgeboren hast. Trägst du nun Gott im
göttlichen Kinde im Schoß deiner Seele, so trage, wie eine Monstranz die
Hostie trägt, die fleischgewordenen Liebe in die Welt, wie in einer
Prozession trage als Mutter Gottes das göttliche Kind in deinem Schoße
durch die Welt, dann werden Ströme lebendigen Wassers von deinem
Leibe fließen und die Kinder der Welt, die nach Liebe dürsten, werden
trinken vom Wasser des Lebens, das Jesus spendet, Jesus, die gebenedeite
Leibesfrucht Mariens.

FÜNFTES KAPITEL

In dem das erste Schuljahr des Jesusknaben geschildert wird

Als Jesus sieben Jahre zählte, sollte er in die Schule kommen. Alle sieben
Jahre wechselt die Lebensphase, mit sieben Jahren ist die reine
Kindlichkeit vorüber und das Kind beginnt, die Vernunft zu gebrauchen.
Josef, der Pflegevater Jesu, brachte Jesus das Lesen bei. Er nahm als
Lehrbuch die Bibel. Und er brachte Jesus das erste Wort und den ersten
Satz des ersten Buches Moses bei: Bereschit. Und Jesus sagte: Bereschit,
das heißt: Bei Beginn, als Anfang, zu Anfang, durch einen Anfang, im
Anfang, zu Beginn, am Anfang hat Gott Himmel und Erde geschaffen.
Und Josef fragte Jesus: Warum beginnt die Bibel mit dem Buchstaben B
und nicht mit dem Buchstaben A? Und Jesus sagte: Das A ist der Vater und
das B ist die Mutter, das A ist der Himmel und das B ist die Erde, das A ist
der Geist und das B ist die Materie. Gott hat im Himmel eine Bibel, das ist
die ewige Bibel, die Mutter des Buches, die Ur-Bibel, die ist für Menschen
nicht zu lesen. In diese Ur-Bibel oder Mutter des Buches schaute Gott, als
er die Welt schuf, denn diese Ur-Bibel ist die ewige Tora und das göttliche
Wort. Aber die Bibel für die Menschenkinder ist die irdische Bibel, das
Wort Gottes in der materiellen Welt. So wie eine Mutter, wenn sie mit
ihrem Säugling spricht, dann lallt sie Mama, Abba, Lalla und so weiter und
begibt sich ganz auf die Sprachebene eines unvernünftigen Säuglings,
ebenso ist es mit Gott, wenn er in menschlichen Worten zu den Kindern
der Mutter Erde spricht. Ihr seid alle unvernünftige Säuglinge und Gott ist
die liebende Mutter, die mit euch in euerm Lallen lallt und in euerm
Brabbeln brabbelt. Was ist also Bereschit, das mit dem B beginnt, also mit
dem Buchstaben der Mutter und der Erde und der Materie? Dieses
Bereschit ist das Urprinzip der Schöpfung, die Ur-Form der Ur-Materie. In
der Ur-Form der Ur-Materie als dem Ur-Prinzip schuf Gott die Schöpfung,
den Kosmos und die Erde der Menschenkinder. Dieses Ur-Prinzip als die
Ur-Form der Ur-Materie ist die mütterliche Weisheit, ist Bereschit, en
arche, in diesem Ur-Prinzip des Anbeginns ist alles geschaffen. Also werde
ich einst die heilige Hildegard lehren: Im Anfang schuf Gott den Urkeim
der Schöpfung und teilte dem Urkeim die Weisheit mit, wie und wann wo
sich alle Schöpfungen, die keimhaft in diesem Urkeim enthalten waren,
wann und wie und wo sich zu entfalten hätten nach der weisen Voraussicht
der ewigen Vorsehung Gottes. Gott schuf den Urkeim und in dem Urkeim
wohnt die göttliche Weisheit, die das innere Führungsprinzip der
Entwicklung und Entfaltung der Schöpfung Gottes ist. Da lächelte Josef
und sagte: Jesus, wer das erste Wort der Bibel so erklärt, der ist reif, in die
erste Schulklasse zu kommen und sich vom Lehrer weiter unterweisen zu
lassen.
Josef brachte also im Sommer den Jesusknaben in die Schule. Sein Lehrer
Zachäus war ein weiser freundlicher Mann mit einem kahlen Kopf und
einem langen weißen Bart. Der Lehrer Zachäus lehrte Jesus, das A zu
schreiben, und Jesus schrieb das A. Dann wollte Zachäus Jesus lehren, das
B zu schreiben. Da sagte Jesus zu Zachäus: Du Narr! Wenn du noch nicht
einmal das A verstanden hast, wie willst du mich dann das B lehren? Und
Zachäus staunte nicht wenig und ärgerte sich auch heftig über die Klugheit
dieses Knaben, der einen alten weisen Mann auch noch belehren wollte.
Was redest du da, fragte Zachäus den Jesusknaben. Und Jesus sagte: Das A
ist Gott in seiner Transzendenz, das B ist Gott in seiner Immanenz, das A
ist die transzendente Gottheit als Gott-Geist und das B ist die immanente
Gottheit als Gott-Natur, das A ist der Herr und das B ist die Herrlichkeit
des Herrn, das A ist der ewige Vater und das B ist die göttliche
Mutterliebe. Ich aber nenne den einen und einzigen Gott, den wahren Gott,
die einzig seiende und allein lebendige Gottheit ABBA. Da sagte Zachäus:
Du wagst es und nennst die unbegreifliche Majestät der Ewigkeit - Papa?
Aber der Jesusknabe sagt: Ich sage ABBA, das heißt ich sage A und B und
B und A, das heißt, ich sage: Transzendenz-Immanenz-Immanenz-
Transzendenz, das heißt, ich sage: Gottgeist-Gottnatur-Gottnatur-Gottgeist,
das heißt ich sage: Gottvater-Gottmutter-Gottmutter-Gottvater. Die Eine
Gottheit ist ein heiliger Vater und eine liebende Mutter, eine liebende
Mutter und ein heiliger Vater. Dass ich aber ABBA sage, das heißt:
Gottvater ist kein Patriarch, sondern ein weiser Papa, und Gottmutter ist
keine Matrone, sondern eine liebende Mama. Da sagte Zachäus: Willst du
JAH, den Herrn, etwa eine liebende Mama nennen? Das ist babylonisches
Heidentum, sie haben die babylonische Göttin doch auch Göttin Mami
genannt! Aber da sagte Jesus: So wollen wir über JAH sprechen. Was ist
der erste Buchstabe des Namens? Das J. So werde ich einst meinen
Dichterseher Dante lehren, dass Adam im Paradiese Gott mit dem Namen J
angerufen hat. J ist der Herr, der Ewige, der Alte an Tagen, der Vater im
Himmel. Aber sag mir doch, wenn du ein Lehrer in der Schrift bist, was ist
denn das H? Zachäus sagte: Das weiß ich aber nicht. Da sagte Jesus: Das
H ist Hochmah, das ist die Weisheit. Die Weisheit Hochmah aber ist Frau
Weisheit, die Geliebte des Herrn, von der Jesus Sirach lehrt, sie wird dem
Schriftgelehrten wie eine Mutter und wie eine Jugendgeliebte begegnen.
Das J ist also der Vater im Himmel, das H ist also die göttliche Mutter, die
ewige Weisheit. So ist JAH also der Vater im Himmel und die ewige
Mutter zugleich. ABBA JAH ist also der Vater im Himmel und die ewige
Mutter Weisheit in Einem göttlichen Wesen. Zachäus sprach: Für heute ist
die Schulstunde zuende. Morgen will ich dich das M lehren. Da sagte
Jesus: Ich will zu meiner Mutter Maria gehen, aber morgen komm ich
wieder zu dir.
Am zweiten Schultag ward Jesus von seiner Mutter Maria in die Schule
gebracht. Er hatte eine kleine Tasche dabei mit Schreibtafel und Griffel
und einem Schulbrot für die Schulpause. Jesus trat zum Lehrer Zachäus
und sagte: Lernen wir heute das M? Das sagte Zachäus: Das M heißt
hebräisch Mem. Nun schreibe das M. Jesus schrieb das M und sagte: Weißt
du auch, dass das Mem die Bedeutung hat von Jam? Jam heißt Meer. Das
M ist also das Meer. Das Meer ist ja die Mutter, die Gallier sagen: La mère
la mer. Die Römer sagen Mare zum Meer, aber zu den Meeren sagen sie
Maria. So ist meine Mutter Maria wie die Meere der Gnaden Gottes. Maria
ist aber nicht nur Maria, die Meere, sondern Maria ist auch Mir-Jam, das
erleuchtete Meer. Darum lehren die Kirchenväter einst: Mir-Jam, die
Erleuchtete und das Meer, das ist Maris Stella, der Meeresstern. Maria ist
aber auch Mara, wie Noomi sich nannte, die Urgroßmutter Davids, denn
Mara ist die Bittere, denn Maria wird bei meiner Kreuzigung durch ein
Meer der Bitternis hindurchmüssen. Mirjam heißt aber auch die Beleibte,
aber warum heißt meine allerschönste Mutter die Beleibte? Weil wir Juden
wie die Chinesen und die Afrikaner beleibte Frauen als schön empfinden.
Sie sind fruchtbar. So ist das M die Beleibte, die schöne Mutter, die
fruchtbare Mutter. So ist das M die Magna Mater, die große Mutter der
Fruchtbarkeit. Sie ist die Meter, die Mutter, als göttliche Mutter heißt sie
De-Meter, Demeter ist aber die Muttergöttin der irdischen Fruchtbarkeit.
M ist also die Mutter, Meter, aber persisch heißt die Mutter Mithra. Du
kennst gewiß den persischen Sonnengott Mithras, den die römischen
Soldaten so verehren? Er ist aber der Sohn der göttliche Mithra, das heißt
Mutter. Sind wir schon in Persien, wollen wir in den Fernen Orient. Die
Mutter des Konfuzius hieß Ma, die Mutter des Gauthama Budda hieß
Maja. Ein germanischer Dichter wird sagen: Das ist das Sternbild M, das
die Mütter bedeutet. Mutter Maria, die Mutter Gottes, Mutter Ma, die
Mutter des weisen Konfuzius, Mutter Maja, die Mutter des erleuchteten
Gautama, Magna Mater, die große Mutter der Götter in Kleinasien, die
Göttin Mithra als die persische Muttergöttin, die Göttin De-Meter als die
Muttergöttin der Griechen, die Göttin Mami als die Muttergöttin der
Babylonier, die Göttin Uma, die Erdgöttin des alten Hindostan, das ist alles
mit einem Wort die ewige Mama, das M, das Mem, das Jam, Mirjam, die
Muttergottes Maria! Da sagte Zachäus: Das ist alles sehr sonderbar, aber
von Uma hab ich noch nicht gehört. Jesus sagte: In der drawidischen
Kultur in Indien vor dem kriegerischen Einfall der Arier hieß die
Muttergöttin der Erde Uma. Du weißt doch sicher, dass die Araber die
Mutter Umma nennen. Die Germanen aber sagen Oma, das ist die
Großmutter. Die Indios sagen zu Großmutter Hachamama, und die Mutter
Erde heißt Pachamama. Sie meinen also die Großmama Natur, wie einmal
ein deutscher Dichterfürst sagen wird. Meine Mutter ist die Muttergottes
Maria und sie ist das ewige M, und ich bin ihr Sohn, der Sohn des großen
M, darum heiße ich M wie Meister, M wie Menschensohn, M wie Messias.
Nun, Zachäus, zeig mir deine Hand und zeige mir die Lebenslinie,
Todeslinie und Schicksalslinie und du sieht im Innern deiner Hand
gezeichnet das M, in der linken Hand das M Marias, in der rechten Hand
das M des Messias. Das ist das M. Zachäus sagte: Und dieses M deiner
Mutter Maria ist das selbe wie das M im indischen Uma und germanischen
Oma? Jesus sagte: Was meinst du, mein Lehrer, ist das germanische Oma
und das indische Uma mit dem indischen Ur-Wort Om verwandt? Du
weißt, Om ist eigentlich Aum, AUM, drei Buchstaben für die drei
Personen der Gottheit. Das AUM ist das Ur-Wort oder der Ur-Laut der
Schöpfung. Gott sprach: Es werde Licht und es ward Licht. Gott sprach
das Wort aus und durch das Aussprechen des Wortes ward die Schöpfung.
Die Inder sagen aber nicht: Gott sprach das Ur-Wort aus, sondern sie
sagen: Gott sang den Ur-Laut Aum. Dieses Aum ist aber das Amen der
Hebräer. Denn ich bin das Ja und Amen Gottes, mein Name ist Amen. Ich
bin der Gott Amen, ich bin das Amen Gottes. Ich bin aber auch das Wort
Gottes. Die Inder sollen also sagen: Du, o Jesus, bist das AUM Gottes.
Denn Gott sang sein Amen, das bin ich, und im Gesang Gottes ist die
Schöpfung geworden. Die Schöpfung ist das Lied Gottes und ich bin der
Ur-Laut Gottes. Ich bin Gottes Ja, ich bin Gottes Amen, ich bin Gott
Amen!
Als Zachäus das hörte, fand er den kleinen Jesusknaben so eingebildet und
stolz, dass er voller Verärgerung ihn und die andern Schulkinder in die
Schulpause schickte auf dem Schulhof. Tobt euch aus, ihr wilden Kerle,
und ärgert nicht mit eurem eingebildeten Stolz den alten weisen Mann, der
seine Ruhe braucht. Jesus und die wilden Kerle stürmten auf den Hof und
tobten und lachten. Und der Jesusknabe sah am Himmel einen
Regenbogen und rief seinen zwei Schulfreunden zu: Kommt, das ist die
Brücke Gottes, über die die Engel zur Erde niedersteigen und die Toten in
den Himmel steigen! Laßt uns auf der Regenbogenbrücke spielen! Und
Jesus nahm den einen Schulfreund bei der rechten Hand und den andern
bei der Linken und sie liefen über die Regenbogenbrücke. Oben aber
wollte Jesus die Arme gen Himmel heben und ABBA anbeten, da standen
seine Schulfreunde allein auf dem Regenbogen am Himmel und fielen zur
Erde, der eine schlug sich einen Zahn aus und der andere bekam einen
blauen Fleck unterm Auge. Jesus kam zur Erde hinunter und stand bei den
Schulfreunden und wollte sie heilen, als die Mutter seiner Mutter Maria
kam, die heilige Anna, die Großmutter Gottes, den Jesusknaben von der
Schule abzuholen. Sie sah das Unglück und fragte, was geschehen sei. Da
erzählten der Großmutter Jesu weinend die beiden Schulfreunde, wie sie
die Hände Jesu losgelassen und auf die harte Erde gestürzt seien. Da ward
die heilige Großmutter Gottes traurig und dachte an das Schicksal der
Menschheit und schnitt sich drei Weidenzweige von einer Trauerweide.
Und die Großmutter Gottes, das Oberhaupt der großen Sippe des Herrn,
züchtige den Jesusknaben mit drei Weidenzweigen und gab ihm drei
Schläge auf den Allerwertesten (im Namen des Vaters und des Sohnes und
des Heiligen Geistes) und sagte: Jesus, wahrer Gott und wahrer Mensch,
gedenke in Zeit und Ewigkeit, dass wir, die Menschen, Fleisch sind, Staub
vom Staube, und keine Engel! Wenn du uns am Jüngsten Tag richten wirst,
o Jesus, dann richte uns nicht als himmlische Engel, sondern als Lehm
vom Lehmboden der Mutter Erde! Damit du das nie vergisst, geliebtes
Menschensöhnchen, hab ich dich gezüchtigt! Erbarme dich über mich
armes altes Weib! Jesus weinte drei Tränen zum Heil der heiligen Anna
und der ganzen Menschheit, dann nahm die Großmutter Gottes den
Gottmenschen in die Arme und sie herzten einander überaus liebevoll.
Nach alldem aber ward Jesus aus der Schule genommen. Fortan
unterrichtete die Mutter Maria ihn zuhause in Nazareth.

SECHSTES KAPITEL

In dem über die göttliche Liebe spekuliert wird

Gott ist Liebe, das heißt, Gott liebt Gott mit Gottesliebe, Gott ist ein
Zyklus der Liebe. Das nennt man Vater, Sohn und Geist. Der Vater ist der
Liebende, der Sohn der Geliebte und der Geist die Liebe. In Ewigkeit, vor
der Schöpfung von Zeit und Raum, war die Welt als Idee in Gott. Die
Schöpfung ist hervorgegangen aus der überfließenden Liebe Gottes. Der
Vater goß den Wein des heiligen Geistes in den Becher des Sohnes, der
Becher floß über, so ward die Welt. Gott bildete einen Urkeim, eine
Urmaterie, in der alle Schöpfungen, die noch werden sollten, keimhaft
angelegt waren mit der Information, wann, wo und wie sie entstehen
sollten. Die Welt war geschaffen und war im Entstehen, sie hatte sich
gewissermaßen von Gott losgerissen. So entstand das geschöpfliche Du für
das göttliche Ich, damit ist die Liebe geboren, die Gott zur Welt hat. Diese
Liebe Gottes zur Welt durchströmt als göttliche Liebe das Innere der Welt.
Platoniker nennen dies Weltseele. Orphiker nennen das den
innerweltlichen göttlichen Eros. Kabbalisten nennen das Schechinah,
Gegenwart Gottes in der Schöpfung. Mittelalterliche Theologen nennen
das Heiliger Geist und göttliche Liebe als die immanente Liebe Gottes
oder auch Frau Weisheit, die mit ihrer Energie oder ihren Kraftströmen den
Kosmos durchströmt. Stoiker nannten es Logos, die Weltvernunft. Und so
nennt es auch der Evangelist Johannes: Logos. Die Liebe Gottes brachte
die Welt hervor, die Liebe Gottes lenkt die Welt von innen zu ihrem Ziel,
der Weltvollendung. Dieses innere Lenken der göttlichen Liebe zum Ziel
der Weltvollendung nennt der Wissenschaftler die Amorisation des
Komsos durch den Evolutionator, den kosmischen Christus. Dieses
Loslösen des Kosmos aus Gott, der vollkommen als Idee im Geiste Gottes
war und in die Wirklichkeiten brach, wird als Sündenfall beschrieben von
den Gnostikern. Es lebt aber in der Schöpfung die Sehnsucht nach dem
Ursprung, der Heimat und Geborgenheit in Gott. Das ist die Liebe oder
glühende Sehnsucht nach Verschmelzung und Einheit, die in der Kreatur
sich letztlich nach dem Einssein mit Gott sehnt. Das ist der tiefe Sinn der
menschlichen Liebe, wenn sie nur ans Ziel gelangt und zur Gottesliebe
wird. In der menschlichen Liebe drückt sich die Sehnsucht aus, das
Gefangensein im Kerker des Körpers, ja in den Fesseln des eigenen Ego,
zu überwinden und mit einem Du zu verschmelzen zu einer großen
Einheit, die als Großes-Ganzes, als Einssein, als Union empfunden wird
und ein Abglanz des Einsseins mit Gott ist. So wird gesagt, dass die
Liebenden im Akt der Vereinigung, so er in ganzheitlicher und personaler
Liebe geschieht, als Drittes den Heiligen Geist erfahren, den Geist der
göttlichen Liebe. Denn die Erfahrung von Einssein im liebevollen
Liebesakt ist ein Geschmack der göttlichen Liebe. Die menschliche Liebe
kann diese Sehnsucht nach Gott auf zwei Arten zum Ausdruck bringen: In
der Ehe oder in der Minne. In der Ehe bilden Mann und Frau als Einheit
die göttliche Einheit ab, wobei gewissermaßen das Kind als Frucht der
Liebe die dritte Person der zweifaltigen Liebe darstellt. In der Ehe bilden
also Mann und Frau als gleichwertige Personen, wie zwei Hälften eines
Apfels, zusammen und vereinigt die Einheit. In der Minne aber
symbolisiert die geliebte Person das Ganze, Eine, Große und Göttliche,
wobei der Liebende sich übersteigt durch Ganzhingabe an dieses
gewissermaßen Göttlich-Eine der geliebten Person. Der Minner wird also
zunichte, wird ein Nichts, um durch die Anbetung aufzugehen in dem
Großen-Ganzen, der Einheit der göttlichen Person. Religiös gesprochen ist
die Minne eine Religion der Anbetung, da der Mensch ein Nichts ist, ein
Wurm, ein Staub, und die Gottheit ist über alles anbetungswürdig und
allmächtig und herrlich. Die Ehe aber ist ein irdisches Bild der mystischen
Liebe, der mystischen Gottesliebe als Sehnsucht nach der mystischen
Union mit Gott in Liebe, der mystischen Union des Bräutigams Christus
mit der Braut Psyche. Dabei begibt sich Gott auf die Seinsebene des
Menschen herab und erhebt in der mystischen Vereinigung den Menschen
zur Seinsebene Gottes, nämlich die mystische Liebe oder mystische Union
oder auch Gottes-Ehe schenkt dem Menschen die Anteilhabe an der
göttlichen Natur. Über die Eheliebe als Spiegel der Gottesliebe will ich
weiter unten noch schreiben, aber nun will ich auf die Minne als Weg zu
Gott eingehen. Wer der anbetenden Erotik der Minne huldigt, der schaut
als Minner in seiner Minneherrin den Spiegel der Gottheit. Die
Troubadoure nannten ihre Damen Midons, das heißt Göttin. In der
platonischen Theorie der Liebe schaut der Minner in seiner Geliebten nicht
die sterbliche Unvollkommenheit, sondern die Idee der Frau, sein Ideal,
das Bild Gottes, das diese Frau ist. Hier rührt die Geliebte an Gott und
spiegelt Gottes Schönheit und Liebe dem Minner wieder. So ist Beatrice
der Spiegel der göttlichen Weisheit für den Minner Dante. Wem aber eine
sterbliche Geliebte nicht genügt, der schaut eine ideale Traumfrau, die ein
inneres Frauenbild ist. Wer aber die Vollendung der Minne sucht, der wird
Minner der Jungfrau Maria. In Avignon am Papsthof ward die Minne zur
Marienminne. Die Mönche nennen Maria ihre wahre Freundin, ihre
einzige Freundin oder gar ihre Verlobte, sich selbst nennen sie Josef, der
ein keuscher Bräutigam der hohen Minneherrin war. Hier wird Maria
wirklich zur Midons Marie, zur Diva Madonna, zur Göttin Maria, aber
nicht im theologischen Sinne eines einzig-absolut göttlichen Wesens,
sondern als angebetete Frau in der erotischen Religion der Minne. Die
Diva Maria spiegelt aber gewissermaßen Gottes feminine Züge wieder, die
Schönheit und Weisheit und Liebe Gottes, so wird Maria zur Jungfrau in
der Dreifaltigkeit, zur Lilie der Dreifaltigkeit, die die göttliche Schönheit
des Schöpfers, die göttliche Weisheit der Erlösers und die göttliche Liebe
des Trösters dem Minner widerspiegelt und verkörpert. Sie wird so zur
Frau in Gott, zur höchsten Herrin, zur wahren (auch theologisch wahren)
Menschengöttin von Gottes Gnaden! Die frommen Menschen allerdings,
die über die anbetenden Liebe hinausgehen und zur mystisch-umarmenden
Gottesliebe gelangen, drücken ihre Gottes-Ehe oder die bräutliche Liebe
zum Bräutigam Christus oft in stark erotischen Bildern aus. Psychologen
meinen, es sei ein religiöser Ersatz für verdrängte Sexualität, aber die
Theologen, Philosophen und Mystiker sagen, dass der eigentliche Eros, der
göttliche Eros, in Gott selbst ist, der universale Eros. Die menschliche
Erotik und Sexualität ist nur ein Abbild, ein Schatten, ein ins menschliche
zusammengezogener Abglanz. Aber der ursprüngliche und absolute Eros
sei der göttliche. Die Liebe Gottes wird so leidenschaftlich erfahren in der
mystischen Union und Gottes-Ehe, dass bei den Mystikern und
Mystikerinnen wie auch im biblischen Hohenlied die erotische, ja, sexuelle
Sprache der menschlichen Liebe das einzige Sprachmittel bleibt, die
unmittelbare Berührung mit der glühenden Liebe Gottes menschlich zu
beschreiben. So gibt es mystisch begnadete Seelen, die im innerseelischen
Brautgemach die quasi sexuelle Vereinigung mit Christus erfahren haben.
Denn es ist wahr: Christus ist der Bräutigam, die Seele ist die Braut, der
Bund ist ein ewiger Bund der Gottes-Ehe und die mystische Vereinigung
vollzieht sich wie eine spirituell-sexuelle Vereinigung von Liebenden. So
haben es die Propheten des Alten Testaments und die Mystiker der Kirche
geschildert. Gottes Liebe schenkt sich der begnadeten Seele in einem
mystischen Liebesakt.

Laßt uns die menschliche Liebe lieben! Auch als Mönch sollst du ein
Mensch sein, der in die menschliche Liebe verliebt ist. Die menschliche
Liebe ist immer auch die leibliche Liebe, und die Theologie der Liebe ist
immer auch die Theologie des Leibes, die Theologie des Leibes aber auch
die Theologie der Sexualität, oder anders gesagt, eine Theologie der
Männlichkeit und Weiblichkeit. Was ist der Grund für die Entscheidung
des Schöpfers, den Menschen als Mann und Frau zu schaffen und was ist
die Folge dieser Entscheidung? Die wichtigste Konsequenz dieser
Entscheidung ist die Tatsache, dass der Mensch als Mann oder als Frau ein
Beziehungswesen ist, auf das menschliche Du angewiesen, keiner ist sich
allein genug. Diese Natur des Menschen als Beziehungswesen äußert sich
in der ehelichen Liebe, in der Fähigkeit des Leibes, Liebe auszudrücken,
die Vollendung dieser Dimension des Menschen ist die eheliche, sexuelle
Vereinigung von Mann und Frau, da sind Mann und Frau eine Einheit zu
zweit, da wird die eheliche Liebe als Hingabe an das Du, auch als sexuelle
Hingabe an den Menschen, zum Inbegriff der Liebe schlechthin. Darum
spricht auch Gottes Liebe die Sprache bräutlicher, ehelicher, erotischer
Liebe. Die menschliche Liebe ist immer auch die leibliche Liebe. Im
biblischen Schöpfungsbericht ist der Ausruf des ersten Menschen beim
Anblick der eben erschaffenen Frau ein Ausruf der Bewunderung und
Verzauberung. Dieser Ruf des Entzückens durchzieht die ganze
Menschheitsgeschichte, die ganze Kultur, es ist der Grundton der Poesie
aller Völker! Auch Jesus verwendet für die Liebe Gottes das Bild des
Bräutigams, auch die ewige Weisheit wird von Salomo als Braut
geschildert, so offenbart sich die Vaterliebe Gottes, die Mutterliebe Gottes
auch in ehelichen Bildern. So spiegelt die Ehe von Mann und Frau diese
Vater- und Mutterliebe Gottes wider. Ein Höhepunkt der Offenbarung ist
das Wort: Gott liebt sein Volk! Das ist das Wort, das der Mann seiner Frau
zuspricht und die Frau dem Mann zuspricht: Gott liebt sein Volk, und
Mann und Frau machen einander diese Liebe Gottes erfahrbar, sinnlich-
konkret spürbar. Auch die begehrende Liebe des Mannes und der Frau ist
ein Abbild der Liebe Gottes, denn auch die begehrende Liebe ist ein
Element der göttlichen Liebe. So spricht Gott in den Propheten wie ein
leidenschaftlicher Liebhaber, voller Eifersucht, voller Begierde, in einer
offen sexuellen Sprache. In Gott ist nicht allein die selbstlos schenkende
Liebe (Agape), sondern auch die begehrende Liebe (Eros). So spricht Gott:
Ich bin ein leidenschaftlich liebender Gott! In der menschlichen Liebe,
wenn sie in euch erblüht, sollt ihr Gott selbst schauen, Gott, der Liebe ist.
Wenn Christus sagt: Folge mir nach! so kann das unter Umständen
bedeuten: Folge mir nach als Bräutigam, wie ich Bräutigam bin, folge mir
nach als Braut, wie die ewige Weisheit Braut ist, komm und sei auch
Bräutigam deiner Braut, sei auch Braut deines Bräutigams. Christus lehrt
die Hingabe eines Bräutigams und lehrt den Bräutigam und die Braut, sich
hinzugeben, sich selbst zu schenken. Den bräutlichen Weg der ehelichen
Liebe zu gehen, bedeutet, die Liebe, die Hingabe und das Sichverschenken
jeden Tag zu üben, zu lernen, die Liebe zu lernen, die Geist, Seele und
Leib umfasst und den ganzen Menschen meint. Schaut euch einmal die
Bilder Michelangelos an, die Bilder von der Erschaffung des Menschen in
der Sixtinischen Kapelle, dieser Kapelle der Theologie des Leibes.
Michelangelo schuf die gottgeschaffenen Urgestalten nackt, man muß
ihnen keine Unterhosen übermalen. In den Augen Gottes kann der
menschliche Leib nackt sein, ohne sich schämen zu müssen. Erst der
Mensch, der sich von Gottes Liebe abwendet und sich vor Gott versteckt,
der schämt sich in seiner Nacktheit. Vor Gottes liebenden Augen kann
Glanz und Schönheit der Nacktheit freimütig bestehen. Die Theologie des
menschlichen Leibes ist ja zum Hauptportal der Theologie überhaupt
geworden, als die göttliche Weisheit Fleisch geworden ist, das heißt, als
die Gottheit selbst den menschlichen Leib und die menschliche Seele
angenommen hat. Die Wissenschaft von den göttlichen Dingen ist somit
auch zu einer Wissenschaft vom menschlichen Leib geworden. Der
menschliche Leib existiert aber als männlicher Leib und weiblicher Leib.
Männlichkeit und Weiblichkeit sind zwei verschiedene Inkarnationen, zwei
unterschiedliche Arten, menschlicher Leib zu sein, zwei unterschiedliche
Leiblichkeiten des menschlichen Wesens, das nach dem Bilde Gottes
geschaffen ist. Das menschliche Wesen ist nach dem Bilde Gottes als
Mann und Frau geschaffen. Die konkrete Leiblichkeit als männliche oder
weibliche Leiblichkeit des menschlichen Wesens bedeutet, dass auch die
männliche oder weibliche Sexualität zum menschlichen Wesen gehört. Die
Sexualität ist nicht nur ein Attribut der Person, sondern gehört zur
konkreten menschlichen Person wesenhaft dazu. Der Mensch hat nicht nur
einen Leib, sondern ist Leib, ist männlicher Leib mit männlicher Sexualität
oder weiblicher Leib mit weiblicher Sexualität. Das weibliche Element an
der Seite des männlichen Elements ist eine Bereicherung. Der Mensch in
seiner Geschichte, das heißt, in seiner Heilsgeschichte, wandelt immer als
männliches und weibliches Element Seite an Seite auf Gott zu. Denn Gott
hat den Menschen als Mann und Frau erschaffen und als Mann und Frau
hat Gott den Menschen erlöst und als Mann und Frau wird der Mensch in
Gott vollendet. Die wiedergewonnene Unschuld der paradiesischen
Nacktheit äußert sich in der leiblichen Sprache der Liebe, wie sie die
Liebenden im Akt ihrer wechselseitigen Hingabe sprechen. Die Worte der
Liebe, die die Liebenden sprechen, sind Worte des Leibes, nicht nur weil
der Leib der Geliebten eine Quelle der Faszination bildet, sondern auch,
weil auf dem Leib die Anziehungskraft der Geliebten auf den Partner
beruht. Denn aus der Ausstrahlungskraft des Leibes entsteht im Herzen das
Keimen der Liebe. In ihrer ehelichen Liebe sind sie wieder nackt und
schämen sich nicht, wie im Paradies. Die wahre Liebe überwindet die
Scham. Aber die Sexualität mit ihrer Leiblichkeit und Nacktheit ist vom
Wesen Sprache der Liebe, der ganzheitlichen Liebe zum Du als Geist und
Seele und Leib, sie kann nicht als reine Triebbefriedigung gelebt werden,
als reines Lustprinzip. Die Sprache der Liebe, die Sexualität, ist eine
Sprache der Zärtlichkeit, einer Zärtlichkeit, die aus der Wertschätzung des
Herzens entsteht. Die Zärtlichkeit hat ihren Ort nur in der wahren Liebe.
Die Zärtlichkeit ist eine Kunst, den Menschen als Ganzheit zu empfinden,
als Person, bis in die verborgensten Regungen der Seele hinein.
Zärtlichkeit heißt, stets an das Wohl der geliebten Person zu denken.
Zärtlichkeit ist die Kunst, sich in die Seele des geliebten Wesens
hineinzuversetzen. Aber es ist nicht reine Empfindsamkeit und
Sentimentalität, sondern eine kämpferische Fähigkeit, denn wahre Liebe
bedeutet auch immer Kampf gemeinsam mit der Geliebten und Kampf für
die Geliebte, ja, ein kämpferisches Eintreten für das Reich der Liebe
selbst! Diese starke Zärtlichkeit fühlt sich in die Seele der geliebten Person
ein und möchte dem geliebten Wesen mitteilen, wie nah man sich der
Seele der Geliebten fühlt, wie wesensverwandt und innig verbunden. Wir
wollen unsere innerlichste Nähe mitteilen. Diese seelische Zärtlichkeit
bringt verschiedene Körpersprachen hervor, zärtliche Berührungen oder
Händedrücken oder bestimmten Formen freundschaftlichen Kusses. Das
können Küsse sein, die man Kindern auf die Stirn gibt oder die man
Schwestern auf die Hand haucht. Das können auch tröstende Umarmungen
von weinenden Freundinnen sein. Das kann bedeuten, einer frommen
Schwester den Arm zu streicheln, weil sie soviel Schönheit in die
Gottesverehrung bringt. Das kann bedeuten, sich in den Tanz von Frauen
einzureihen. Das alles bedeutet, keine Scheu vor körperlicher Nähe zu
haben. Ja, die körperliche Nähe zu den Seelen ist eine besondere Form der
Verkündigung der Liebe Christi. Ich selbst habe noch einen Weg vor mir
und hoffe, noch vielen lieben Frauen und lieben Kindern zu begegnen und
ehrlichen Freunden, und hoffe, noch viele Menschen berühren zu können,
als berührte ich körperlich die Liebe Christi und Mariens. Ich will noch
viele liebe Seelen körperlich zärtlich berühren. Ich will noch ältere Frauen
wie Mütter berühren und jüngere Frauen wie Schwestern berühren. Ich
will, dass mir die Liebe Gottes noch viele Söhne und Töchter des Herzens
schenkt, die ich zärtlich berühren und segnend küssen kann. Ich will
ehelos bleiben, wie die Weisheit Gottes es will, aber ich will in mir das
Bild der Frau als Schwester entwickeln. Die Schwester ist die
Manifestation der geistigen Schönheit der Frau. Ich will die geistige
Würde der Frau ehren und den Genius der Frauen immerdar wertschätzen.
Die Schwester stellt eine Form von geistiger Mutterschaft dar und ist ein
Geschenk von Weiblichkeit an meine menschliche Existenz, welche in mir
die edelsten Gefühle weckt, und sie hinterlässt auch eine tiefe Spur der
Dankbarkeit für die Schönheit Gottes, die sich in der geistigen
Mutterschaft der schwesterlichen Frau offenbart. So danke ich der
Schönheit Gottes für die Frau! Und der Frau danke ich dafür, dass sie eine
Frau ist!
3

Ich will nun betrachten die göttliche Liebe in Gott selbst, das heißt, den
innertrinitarischen Eros. Es heißt ja in der katholischen Theologie, Gott ist
Liebe, Gott ist der Liebende und der Geliebte und die Liebe. Es heißt auch,
Gott ist nicht allein Agape, die selbstlos sich verschenkende Liebe,
sondern auch Eros. Die innergöttliche Liebe der dreifaltigen Gottheit ist
also auch innergöttlicher Eros. Um vom innergöttlichen Eros zu schreiben,
beginne ich beim Tantrismus des Hinduismus. Der Tantrismus ist
gewissermaßen die erotische Philosophie der Religion. Auch im
philosophischen Hinduismus ist der höchste Gedanke Gottes der Gedanke
der Einheit der Gottheit, das höchste absolute Wesen ist Ein Gott! Aber
diese Eine Gottheit offenbart sich doppelt als göttlichmännlich und
göttlichweiblich. Der göttlichmännliche Gott verkörpert den Geist und die
göttlichweibliche Göttin verkörpert die Natur. Der Gott ist von solcher
erhabenen Geistigkeit und reinster Askese, dass er mit dem dritten Auge,
das heißt, seiner geistigen Konzentration, in seiner Meditation den
Liebesgott Kama, also den Eros, verbrennt. Der männliche Gott des reinen
Geistes und der strengsten Askese bedarf aber seines weiblichen
Gegenübers. Diese ist die Göttin der Natur, die Seele der Natur. Sie wohnt
auf den höchsten Bergen des Himalaya und ist gewissermaßen die Mutter
Erde. Die Göttin der Natur spricht Prakriti, die Sprache des Alltags, der
Frauen, der natürlichen Dinge. Der Gott des Geistes spricht Sanskrit, die
Sprache der heiligen Schriften und der Priesterkaste. Der Gott und die
Göttin werden in Liebesvereinigung dargestellt. Das Gottesbild des
vereinigten Gottespaares stellt die Göttin und den Gott in einer sexuellen
Vereinigung dar. Des Gottes Symbol ist der kultisch verehrte Phallus, der
Göttin Symbol ist die kultisch verehrte Vulva. Phallus und Vulva in
Vereinigung sind Symbol der göttlichen Liebesvereinigung des Gottes und
der Göttin oder des Geistes und der Natur und stellen erst in dieser
Vereinigung die Totalität des absoluten Wesen, der Einen Gottheit dar. Im
Kult des Tantrismus wird diese sexuelle Liebesvereinigung des Gottes des
Geistes und der Göttin der Natur kultisch nachgeahmt. Dabei gibt es zwei
mögliche Wege, den rechten Weg und den linken Weg. Der rechte Weg ist
der mönchische Weg, da der Mönch oder die Nonne ehelos und keusch
leben und die Kräfte der Erotik und die sexuelle Energie ihres Körpers
erwecken und durch Meditation und Gebet geistig sublimieren zu
spiritueller Energie, die zur Erleuchtung führen soll, zu Zuständen der
Ekstase. Dabei suchen zum Beispiel tantristische Nonnen die Nähe von
Männern, um allein durch die Nähe, nicht einmal durch körperliche
Berührung, die Energie der erotischen Ausstrahlung des Mannes in sich zu
empfangen, um die eigene innere erotische Energie zu erwecken, diese zu
sublimieren und so dem Geheimnis der göttlichen Erotik näher zu
kommen. Dabei wird auch innerlich die persönliche Gottheit als
Liebespartner visualisiert. Hier wird die Gottheit zum persönlichen Gott
oder zur persönlichen Göttin, mit der sich Mönch oder Nonne in
mystischer Erotik bräutlich vereinigen. Der linke Weg ist der Weg der
kultisch praktizierten Sexualität. Da die eigentliche Philosophie des
Tantrismus asketisch ist, werden hier fleischliche Genüsse wie Fleisch-
und Fischessen, Weintrinken, Reisessen und sexueller Beischlaf, allein in
gewissermaßen sakramentaler Weise kultisch zelebriert. Hier wird der
sexuelle Liebespartner kultisch angebetet als Sakrament des göttlichen
Wesens. Der Mönch verehrt die kultische Beischläferin zur höchsten
Göttin, salbt diese, schmückt diese mit Blumen und Schmuck, räuchert ihr
wie dem höchsten Wesen und vereinigt sich mit der kultischen
Beischläferin in dem Bewusstsein der Vorstellung, sich mit der Göttin
selbst sexuell zu vereinigen. Hierbei wird die sexuelle Energie durch die
ausgebildeten Künste der rituellen Liebesvereinigung zur höchsten
Vollendung gebracht, wobei die möglichst potenzierte sexuelle Energie
einen ekstatischen Zustand der Erleuchtung und des Einswerdens mit dem
Göttlichen erzeugen soll. So verstehe ich die Philosophie, den Kult des
Tantrismus. Dies ist also die hinduistische Idee der göttlichen
Zweifaltigkeit von Gott-Geist und Gott-Natur. Der sexuelle Akt wird
Vater-Mutter (Yab-Yum) genannt. Es ist die Doppeloffenbarung Gottes als
Gott-Vater und als Gott-Mutter. Kommen wir nun zur jüdischen Mystik
der Kabbala. Dort finden wir den Gedanken von Gott-Geist als Gott-Vater
und Gott-Natur als Gott-Mutter auch. Wie es im katholischen Katechismus
heißt: Gott mit dem Namen Vater bezeichnet die Transzendenz Gottes,
Gott mit dem Namen Mutter bezeichnet die Immanenz Gottes und die
liebende Zuwendung Gottes zu jedem Geschöpf. So bezeichnet auch die
jüdische Mystik der Kabbala den Einen Gott Israels als Vater und als
Mutter. Als Vater heißt der Herr der Alte an Tagen und der Ewige und der
König. Als Mutter heißt der Herr Einwohnung Gottes in der Schöpfung
oder göttliche Gegenwart in der Schöpfung. Als Vater trägt der Herr den
philosophischen Titel Gott-Geist und als Mutter trägt der Herr den
philosophischen Titel Gott-Natur. In der Selbstoffenbarung des absoluten
Göttlichen (En-Soph) in zehn Offenbarungsweisen oder Hypostasen
(Sephirot) erscheint das Göttliche unter anderem als Herrlichkeit
(Tipheret) und als Himmelreich (Schechinah). Die Selbstoffenbarung
Gottes als Herrlichkeit des Herrn wird bezeichnet mit dem Namen Jahwe
und bezeichnet den König. Die Selbstoffenbarung des Herrn als göttliche
Gegenwart oder Himmelreich (Schechinah) ist die Königin. Schechinah
wird auch die Matrone Israels genannt oder auch die kleine Matrone,
Matronita. Nun wird aber die Beziehung zwischen dem König der
Herrlichkeit, Jahwe, und der Matrone des Himmelsreichs gedacht als eine
Liebesbeziehung, die im Hohenliede Salomos zum Ausdruck gebracht
wird. Die rabbinische Auslegung des Hohenliedes bezieht ja den
Bräutigam auf den Gott Israels und die Freundin auf das Volk Israel. Die
kirchliche Auslegung bezieht den Bräutigam auf Christus und die Freundin
auf die Kirche, beziehungsweise auf die christliche Seele. In der
rabbinischen und in der kirchlichen Tradition stellt der Bräutigam Salomo
den göttlichen Partner dar und die Braut Sulamith den menschlichen Teil
des auserwählten Gottesvolkes. In der jüdischen Mystik der Kabbala aber
ist das Liebeslied ein Liebeslied, das in der Gottheit gesungen wird, da ist
der König und Bräutigam Salomo der poetische Name für Jahwe, den
König der Herrlichkeit, und die Braut Sulamith ist der poetische Name für
die göttliche Gegenwart, die Matrone Schechinah. Es wird also eine
innergöttliche heilige Hochzeit angenommen zwischen Gott dem Herrn
und seinem Himmelreich, zwischen der Herrlichkeit und der Gegenwart
Gottes in der Schöpfung, zwischen Gott-Geist und Gott-Natur. Denn
Jahwe, der Herr, ist der Alte an Tagen, der Ewige, der König, der Vater,
und ist der Gott-Geist, aber Schechinah, die Immanenz Gottes, die
Gegenwart Gottes in der Schöpfung, das Himmelreich Gottes, die Matrone
Israels, das ist die Mutter, das ist die Gott-Natur. Hier finden wir also
eigentlich den gleichen Gedanken wir im hinduistischen Tantrismus, dass
das Göttlichmännliche und das Göttlichweibliche in einer innergöttlichen
Liebesvereinigung, in einer heiligen Hochzeit vereinigt sind und so erst die
Totalität des absoluten göttlichen Wesens darstellen. Findet sich der
Gedanke der heiligen Hochzeit (Hieros Gamos) innerhalb der Einen
Gottheit auch in der christlichen Tradition? Wir finden diesen Gedanken
angedeutet in den Visionen der heiligen Hildegard von Bingen, der
deutschen Prophetin. Sie schaut nämlich die göttliche Liebe, die Caritas,
als Mater Caritas, und schaut die Mater Caritas als Ehefrau des Herrn, die
mit dem Herrn eins ist im Ehebett Gottes. Aber dennoch muß man sagen,
dass der Gedanke der Zweifaltigkeit der Gottheit als Gottvater und
Gottmutter noch nicht die Fülle der göttlichen Liebe umfasst. Denn hier
kommen wir auf das christliche Gottesbild, wie es durch Jesus offenbart
worden ist. Gott ist dreifaltige Liebe, nämlich Liebender und geliebte
Person und eben als dritte Person die göttliche Liebe, das heißt, die Liebe,
die die liebenden göttlichen Personen vereinigt, aber diese vereinigende
Liebe wird selbst als göttliche Person vorgestellt. So stellt sich die
Allerheiligste Dreifaltigkeit bei Augustinus als Gott-Vater, der Liebende,
Gott-Sohn, der Geliebte, Gott-Geist, die göttliche Liebe dar. Aber in den
salomonischen Weisheitsschriften des Alten Testaments erscheint die
Dreifaltigkeit als der Herr, Frau Weisheit und der heilige Geist. Frau
Weisheit aber ist die Lieblingin des Herrn. Der heilige Geist ist der Geist
des Herrn und ist auch die Geist der Weisheit. Frau Weisheit ist aber
Lieblingin und Throngenossin des Herrn. Hier trifft auf die Frau Weisheit
das zu, was die heilige Hildegard von der göttlichen Liebe sagt: Sie ruht
im Ehebett des Herrn. Der Herr und Frau Weisheit sind der Liebende und
die Geliebte, und die Liebe, die sie vereinigt, das ist die göttliche Liebe,
das ist der Heilige Geist. Nun wird von der Frau Weisheit in den
salomonischen Schriften aber auch ausgesprochen erotisch geschrieben. So
kann man auch sagen: Der Herr ist der erotische Liebhaber der Frau
Weisheit, Frau Weisheit ist die erotische Geliebte des Herrn, und der
Heilige Geist ist der göttliche Eros, oder die Erotik der göttlichen Liebe,
die die beiden göttlichen Personen vereinigt. So wird erst auch
nachvollziehbar, warum der Papst Johannes Paul der Große davon spricht,
dass die Ehe, die sexuelle Vereinigung, und die Familie ein Abbild der
dreifaltigen Gottheit sind. Denn der Mann und die Frau vereinigen sich,
und im Akt ihrer Vereinigung ist der Heilige Geist gegenwärtig. Was die
Liebenden verbindet und vereinigt, ist Liebe, diese Liebe aber als Symbol
der Liebe der beiden Person, ist selbst Person, das ist
in der Familie das Kind. So glaube ich an die Allerheiligste Dreifaltigkeit,
die Liebe ist, der liebende Herr, die geliebte Weisheit, und die göttliche
Liebe. Diese göttliche Liebe aber ist auch Eros. Denn es ist gewissermaßen
eine dreifaltige Erotik in der einen göttlichen Natur. Ein begehrender Gott,
eine begehrte göttliche Weisheit, und eine göttliche Erotik, das ist die
Entfaltung des Satzes von Papst Benedikt, dass Gott auch Eros ist. Denn es
ist Ein Gott, der Liebe ist, der Eros ist.

SIEBENTES KAPITEL
In dem Betrachtungen über die Herrin Sophie angestellt werden gemäß
den Lehren der Weisen

Meine erste christliche Lektüre nach dem Bekehrungserlebnis waren außer


der Tora die Bekenntnisse Augustins. Was aber, o Sophia, sagte
Augustinus, wer du seist? Er sprach von der Sophia des Vaters, der Sophia
des Sohnes und der Sophia des Heiligen Geistes. Das heißt, wenn ich ihn
richtig verstehe, in den drei Personen offenbart sich die Eine Göttliche
Natur, die er Sophia nennt. Du bist also die Eine Göttliche Natur, Sophia,
von der Jesus Sirach sagt: Sie kommt mir entgegen wie eine Mutter und
wie eine junge Liebesgenossin! Du bist also der Eine Gott, den wir
glauben: Credo in Unum Deum oder Credo in Una Sapientia! Als die
Sophia des Vaters bist du dann die allmächtige Schöpferin aus dem Nichts,
Creatrix ex nihilo, als die Sophia des Sohnes bist du dann die Retterin,
Salvatrix mundi (wie es in der Weisheit Salomos heißt: Sie wurden durch
die Weisheit gerettet und selig gemacht, denn die Verwandten der Weisheit
erlangen Unsterblichkeit), und als Sophia des Heiligen Geistes bist du die
Trösterin, Consolatrix afflictorum. Ich glaube also an die Eine Sophia, die
Schöpferin, Retterin und Trösterin, die dreifaltige Sophia mit Einer
göttlichen Natur.
Dann fiel mir die Vita des seligen Heinrich Seuse in die Hände. Er
berichtet, wie während des Mittagessens im Kloster aus den Büchern der
Weisheit in der Heiligen Schrift vorgelesen wurde und wie er die Ewige
Weisheit zu lieben begann, und zwar im Geiste der hohen Minne des
ritterlichen Mittelalters. Er wählte also dich, Sophia, zu seiner
Minneherrin. Er pries dich als seine höchste Herrin, nämlich die
allumfassende Gottheit und allesdurchdringende Weisheit, als die Mutter
und zärtliche Freundin, und wählte dich, wie Salomo im Buch der
Weisheit, zu seiner Lebensgenossin, denn er hatte, wie Salomo, deine
Schönheit liebgewonnen und suchte dich als Braut zu gewinnen. Er bat
auch einen Maler, ihm ein Bild der Ewigen Weisheit zu malen, wobei die
Ewige Weisheit die ideale Frauenschönheit sein sollte, denn du warst ihm
die Idee der Schönheit. Er schrieb dann in seinem Büchlein der Ewigen
Weisheit, dass du selbst zu ihm gesprochen, und zwar die eine Ewige
Weisheit, die einmal als eine göttliche Jungfrau erschien und einmal als ein
göttlicher Jüngling, nämlich Christus war ihm Sophia und Sophia Christus,
ganz wie es der Lehre des Paulus entspricht, der schrieb: Gott hat Christus
für uns zur Sophia gemacht. Und diese Christus-Sophia sprach zu Seuse:
Willst du mich erkennen, so folge meinem irdischen Kreuzweg und werde
dem gekreuzigten Christus gleich! Diesem seligen Seuse warst du also der
gekreuzigte Christus, der aber in der Auferstehungstheologie in
Herrlichkeit erscheint als göttliche Jungfrau Sophia und Braut des Mönchs.
Wer sich darüber wundert, dass hier ein und dieselbe Person, nämlich
Jesus der Sohn Gottes, einmal als gekreuzigter Heiland in männlicher
Gestalt erscheint und einmal in der Auferstehungsherrlichkeit als
allerschönste Minnedame und göttliche Jungfrau Sophia, möge bedenken,
dass Jesus, die inkarnierte Weisheit, nicht einen einzelnen menschlichen
Körper annahm, als ob er nur Einen menschlichen Körper erlösen wollte,
sondern dass er, wie Meister Eckhard sagte, die menschliche Natur an sich
anzog, also die ganze Menschheit erlöste, die männliche und weibliche
Menschheit. Auch haben viele Heilige in Visionen Jesus einmal als einen
himmlischen Mann geschaut und einmal als ein göttliches Kind, so sah
eben Heinrich Seuse die zweite Person der Gottheit in der auferstandenen
menschlichen Natur als himmlische Herrin Sophia.
Nun las ich den Traktat des heiligen Ludwig-Maria Grignion de Montfort
über die Ewige Weisheit. Sophia, du warst ihm, eben wie Seuse, die zweite
Person der Gottheit. Der Vater im Himmel hat gemeinsam mit der Ewigen
Weisheit die Schöpfung geschaffen und den Menschen gebildet. Als die
Menschheit in Sünde gefallen und sich von Gottes Weisung abgewandt
und dem Tod zugewandt hatte, bat die Ewige Weisheit für die Menschheit
und trat, menschlich gesprochen, als die barmherzige Mutter in einen
Dialog mit der väterlichen Gerechtigkeit Gottes und bot sich selbst als
Sühne für die Sünde der Welt an. So hörte die Ewige Weisheit das Flehen
der Auserwählten, die Ewige Weisheit möge herabkommen. Aber erst auf
die Reinheit und Demut Mariens hin neigte sich die Ewige Weisheit der
Menschheit zu und wurde im Schoß der Jungfrau zum „Schönsten aller
Menschensöhne“, wie es im Hochzeitspsalm heißt. Diesen Menschensohn
Jesus schildert Grignion als die vollkommene Schönheit und Liebe, an
Schönheit ganz der Mutter gleich, der Schönen Madonna. Diese Ewige
Weisheit in ihrer menschlichen Gestalt, nämlich der Menschensohn Jesus,
ist die barmherzige Liebe Gottes und neigt sich barmherzig und unendlich
liebend den Kindern, allen Kleinen und Armen, allen Frauen und Sündern
zu. Schließlich begehrt die Ewige Weisheit, am Kreuz zur Erlösung der
Menschheit zu sterben. Und so ruft die Ewige Weisheit: O komm, du
Kreuz, o komm, geliebtes Kreuz! Die Ewige Weisheit ließ sich kreuzigen
und ermorden und ist auferstanden und gen Himmel gefahren zum ewigen
Vater. Aber, so sagt Grignion, dennoch blieb die Ewige Weisheit, also du,
Sophia, dennoch bliebest du, Sophia, geheimnisvoll gegenwärtig
verborgen auf Erden, nämlich du, Sophia, verbargest dich in Brotgestalt
und schenkst dich selbst als Hostie den Christen zur Speise. Die Hostie ist
also die fleischgewordene, gekreuzigte und auferstandene Sophia. So heißt
es im Buch der Sprüche Salomos: Sophia hat ihren Tisch bereitet und lädt
zum Mahl, sie hat ihr Vieh geschlachtet und ihren Wein gemischt. Und bei
Jesus Sirach heißt es: Sophia schenkt ihren Kindern und Freunden das Brot
der Einsicht und den Wein der Weisheit. Dies sind Hinweise auf das
Abendmahl, da das gewandelte Brot und der gewandelte Wein zu Fleisch
und Blut der Ewigen Weisheit, zu Sophias Fleisch und Sophias Blut
werden, und wer diese Sophia im Glauben speist und trinkt, der hat das
ewige Leben in sich. „Ich glaube, Herr, hilf meinem Unglauben!“
Nun stellte ich fest, Sophia, dass die von mir so geliebten Texte über dich,
wie die Heilige Schrift in den Sprüchen und der Weisheit Salomos und im
Buch Jesus Sirach dich uns präsentiert, von der Liturgie der römisch-
katholischen Kirche an Marienfeiertagen gelesen wurden. Das Lob der
göttlichen Sophia wurde bezogen auf die Menschentochter Maria, ja,
Maria erschien in der Liturgie geradezu als Sophia. Ich will gestehen, dass
mich das nicht ganz befriedigt, denn es wird das Göttlichweibliche der
Sophiengestalt der Heiligen Schrift zu einer rein menschlichen
Weiblichkeit reduziert. Schwierigkeit bereitet dabei auch die Vorstellung,
dass Sophia vor aller Schöpfung beim Ewigen war. Ja, dies führte bei
platonisierenden Katholiken zu der Vorstellung der präexistenten Maria,
deren Seele in ihrer Makellosigkeit vor aller Schöpfung im Heiligen Geist
war. Sophia, wenn das für den reinen Menschen Maria gilt, gilt das dann
für alle Menschenseelen? Ich hörte aber auch, dass bei der theologischen
Begründung des katholischen Dogmas der Unbefleckten Empfängnis
Mariens die Schriftstellen herangezogen worden sind, die die
Fleckenlosigkeit, Makellosigkeit und strahlende Reinheit Sophias preisen.
Ich meine, es ist ein theologisch nicht einwandfrei geklärtes Problem, in
welchem Sinne Maria Sophia ist oder ähnelt. Ein katholischer Priester
sprach: Sophia ist die Gottheit Christi, aber Maria ist gewissermaßen die
menschliche Sophia. Wladimir Solowjew weist darauf hin, dass die
russisch-orthodoxen Kirchen der Hagia Sophia zum Teil Christus geweiht
sind und zum Teil Maria. Ist Sophia also Christus oder ist Sophia auch
Maria? Oder ist Christus der Logos als König der Engel und Maria ist
Sophia als Königin der Engel, wie einmal katholische Engelverehrer
behaupteten. Oder ist Sophia in menschlicher Erscheinung zuerst die
Jungfrau Maria, dann der Erlöser Jesus Christus und schließlich die
Ecclesia, spricht man doch auch von der Weisheit der Kirche. Das alles
sind für mich ungelöste Probleme, o Sophia, ich kann nur bezeugen, dass
die liebende und vertrauensselige Hingabe an die Jungfrau Maria mich erst
zu deiner göttlichen Gestalt geführt hat, Sophia, die du so unergründlich
bist wie Gott, da du, Sophia, mein Gott bist, ein unerforschliches
Geheimnis!
Jetzt stieg ich hinab zu den Müttern. Ich beschäftigte mich mit dem
heidnischen Feminismus, der das Matriarchat der Ur-Zeit verherrlicht und
die Göttin preist. Allerdings scheint mir, dieses neuheidnisch-feministische
Gottesbild einer einzigen großen Göttin oder gar einer dreifaltigen Göttin
scheint nicht das ursprüngliche Matriarchat von animistischem,
schamanistischem Polytheismus zu sein, sondern schon durchtränkt mit
der Milch des jüdisch-christlichen Monotheismus. Aber die Lehre von der
Muttergöttin, der Weiblichkeit der Gottheit, berührte tief mein Herz, das
auf der Suche nach der Mutterliebe Gottes war. Hier erschienst du, Sophia,
als Göttin der Weisheit, als ein anderer Name für die Göttin Isis. Die
Theorie besagte, dass zwischen der Ebene des Göttlichen und der Ebene
des Menschlichen sich die Ebene des Archetypischen und Seelischen
befindet, so dass die Frau dem Göttlichweiblichen unmittelbar begegnet,
dem Göttlichmännlichen aber durch den Mittler, nämlich ihren Animus,
das männliche Unbewusste ihrer Seele; der Mann ebenso begegnet dem
Göttlichmännlichen unmittelbar und dem Göttlichweiblichen durch die
Mittlerin, nämlich seine Anima, das weibliche Unbewusste seiner Seele.
Nun habe ich immer sehr deutliche Visionen meiner Anima im Geist
gehabt und mehr die Anima geliebt als wirklich-konkrete Frauen und habe
die Anima immer mit der Jungfrau Maria identifiziert, so kam ich
gewissermaßen durch die Mittlerin, die Madonna dell’Anima, zur
göttlichweiblichen Gestalt Sophia, der Göttin der Weisheit. Nun scheint
mir wirklich der Kult der Isis eine Nähe zu Sophias Offenbarung zu
besitzen. Auch die biblische Sophia des alexandrinischen Judentums im
Buch der Weisheit und in Jesus Sirach wurde, wie Bibelwissenschaftler
sagen, geformt und gestaltet in Auseinandersetzung mit dem
alexandrinischen Kult der Himmelskönigin Isis. So sind die ägyptischen
Hymnen an Isis mit wenigen Änderungen sehr leicht in Lobpreis und
Anbetung der jüdisch-christlichen Sophia zu verwandeln. In jener Zeit
sammelte ich altorientalische Hymnen und Gebete an die große Göttin und
gestaltete sie durch wenige Änderungen in Hymnen und Gebete an die
jüdisch-christliche Maria-Sophia um. So erschien mir in jener Zeit Maria-
Sophia, das heißt, die göttliche Sophia in der menschlichen Gestalt der
Jungfrau Maria, als die Gestalt der Offenbarung, die die Sehnsucht der
Völker nach dem Göttlichweiblichen in Wahrheit erfüllt. Es war mir in
jener Zeit gewissermaßen Maria-Sophia zu einer Großen Göttin eines
jüdisch-christlichen Matriarchats geworden. So lehrte denn auch der
heidnische Feminist Ranke-Graves, dass in der katholischen Mythologie
die Gestalten altheidnischer Göttinnen in den Kult der Jungfrau Maria
eingeflossen sind, so dass Maria in der katholischen Mythologie als die
Erbin all der heidnischen Göttinnen erscheint oder sozusagen als die Eine
Göttin der Göttinnen und Herrin der Herrinnen. So sprach Ranke-Graves
die Hoffnung für ein kommendes Matriarchat aus, dass universal (also
katholisch) sei, die ganze Menschheit umspanne, in dem der Kult gepflegt
wird der einen Himmelskönigin Maria mit ihrem Sohne Jesus. Dieser
Jesus wäre nicht der Knecht der Vaters, sondern der Sohn und mystische
Geliebte der Himmelskönigin Maria. Der Tiefenpsychologe Erich
Neumann, der den Archetyp der Großen Mutter erforschte, schrieb, dass
Patriarchat und Matriarchat nicht allein historische Epochen seien oder
gesellschaftliche Zustände, sondern auch Stadien in der Entwicklung der
Psyche des Kindes. Ursprünglich lebt die Psyche des Kindes in einem
Matriarchat, die leibliche Mutter verkörpert als Realsymbol den Archetyp
der Großen Mutter und ist sozusagen menschliche Stellvertreterin des
Göttlichmütterlichen und das Kind ist Kind der Mutter und eins in Liebe
mit der Großen Mutter. Dieses Matriarchat als Ordnung der Psyche ist
gewissermaßen auch mein inneres seelisches Empfinden, da meine Seele
immer das Gespür hatte für das Göttlichweibliche. Die patriarchale Kultur
beschreibt das Göttliche in männlichen Bildern und das Menschliche in
weiblichen Bildern, wie in der ganzen jüdisch-christlichen Tradition, aber
das Matriarchat in der Seele empfindet das Göttliche in weiblicher Gestalt
und das Menschliche als männlich, nämlich als Sohn und Geliebten. Dies
widerspiegelt sich in der Offenbarung der Bibel in der Gestalt der Frau
Weisheit, der göttlichen Sophia, die dem Weisen begegnet wie eine Mutter
und wie eine junge Geliebte, sagt Jesus Sirach. Sophia ist also
gewissermaßen die Göttin der Weisheit, die Göttin der jüdisch-christlichen
Offenbarung in einem katholischen Matriarchat.
Nun studierte ich die Schriften des feministischen Philosophen Otfried
Eberz. Seine These war, dass das Eine Absolute sich doppelt offenbare als
göttlichmännlich und göttlichweiblich, nämlich Logos und Sophia. Sophia
nannte er die Göttin des Matriarchats oder der Gynäkokratie des goldenen
Zeitalters, der die Jungfraun-Priesterinnen des Bundesklosters der Göttin
Sophia dienten. Die jungfräulichen Männer waren im Bundeskloster des
Bundesgottes Logos zusammengeschlossen. Die Gesellschaft wurde nicht
von den Müttern geführt, die in den alltäglichen Sorgen der Kinderstube
befangen waren, sondern von den jungfräulichen Priesterinnen der Göttin
Sophia. Die Männer waren auf die weisen Frauen hingeordnet, denn der
Mann wird von der Frau in das Geheimnis der Liebe und das Geheimnis
der Weisheit eingeweiht. Diese ursprüngliche Gynäkokratie der Göttin
Sophia mit dem Sohn und Geliebten Logos ging zugrunde durch die
gewaltsame Eroberung der Frauenreiche durch die männliche
Kriegerhorde. Feministinnen nennen diese patriarchalische Kriegerhorde:
die Arier. Das weibliche Weltzeitalter ging zugrunde, hinterließ aber eine
weibliche Apokalypse, einen matriarchalen Mythos. Dieser Mythos
beschreibt die Göttin der Liebe und Weisheit, Sophia, die ihren Sohn und
Geliebten, den Logos, verliert, denn er wird gewaltsam ermordet vom
patriarchalen Gott der Kriegerhorde, dem Drachen oder Eber. Der
gewaltsame Tod des Sohn-Geliebten der Göttin durch den patriarchalen
Kriegergott der Arier beschreibt der apokalyptische Mythos aller Kulturen.
Es ist das Drama des ermordeten Adonis, der von Aphorodite beweint
wird, es ist das Drama des gemordeten Osiris, der von Isis beweint wird.
Es ist, sagt Eberz, auch das Drama des gemordeten Jeschua, der von
Mirjam beweint wird. Mirjam und Jeschua sind die hebräischen Namen
des Ur-Paares Sophia und Logos. Mirjam ist die Mutter, aber sie ist auch
die Mater Dolorosa, oder, wie Eberz sagt, die Dea Dolorosa, die weinende
Aphrodite, die klagende Isis, die trauernde Mirjam des hebräischen
Mythos. Aber in dem apokalyptischen Mythos der Gynäkokratie erfährt
der Sohn-Geliebte der Göttin eine Auferstehung. Adonis verwandelt sich in
eine Blume und blüht in den paradiesischen Adonisgärten, Osiris wird
wieder zusammengefügt und wird der Jenseitsrichter der Lebenden und
Toten, und Jeschua ersteht von den Toten und begegnet Mirjam im
Ostergarten der Auferstehung und wird der Richter der Lebenden und
Toten. Denn, so sagt Eberz, der apokalyptische Mythos der Gynäkokratie
prophezeit die Wiederkunft des weiblichen Weltzeitalters mit seiner
feministischen Göttin der Liebe und Weisheit und ihrem göttlichen Sohn
und mystischen Geliebten, die Wiederkunft der Doppelherrschaft des
Herzen von Sophia und Logos, von Mirjam und Jeschua.
Mutter Sophia, ich studierte jetzt das Buch von Leonardo Boff, dem
lateinamerikanischen Befreiungstheologen, über das mütterliche Angesicht
Gottes. Da nannte er verschiedene positive göttliche Frauengestalten, die
im Altertum das mütterliche Angesicht Gottes verkörperten. Da war zum
einen die gute sanfte Isis, die freundliche Himmelskönigin, die
wohlwollende Mutter, da war Aphrodite Urania, wie sie im Platonismus
verherrlicht wurde als die Idee der Schönheit, die himmlische Liebe, das
Höchste Gut, da war die griechisch-gnostische Sophia, die als die Göttin
der Weisheit eine strahlende Offenbarung des Göttlichweiblichen war, und
da war Maria in dem katholischen Abendland, die den Menschen die
Sehnsucht nach der göttlichen Mutterliebe stillte, als in der Theologie von
derselben nicht die Rede war. Augustin hatte den barbarischen, unheiligen
Kult der Großen Mutter, der Magna Mater, noch miterlebt, das
Christentum wandte sich von den Muttergottheiten radikal ab und wandte
sich einseitig dem Vatergott zu und dem Sohngott. Aber in Maria lebte die
urmenschliche Sehnsucht nach der göttlichen Mutterliebe fort. Leonardo
Boff nannte Maria nun eine Verkörperung des Heiligen Geistes und nannte
Heilig Geist die Mutterliebe Gottes. Allgemein ist ja dem Heiligen Geist
die göttliche Liebe zugeordnet, Leonardo Boff sah aber im Heiligen Geist
als dem brütenden Geist, dem tröstenden Geist, dem lebensspendenden
Geist und dem gebärenmachenden Geist vor allem einen mütterlichen
Geist. Dieser mütterliche Geist der Mutterliebe Gottes verkörperte sich in
Maria, wählte sie zum Tempel und zum Sakrament. So nannte auch der
katholische Dichter Paul Claudel Maria das Sakrament der Mutterliebe
Gottes. Im Buch Jesus Sirach wirst du, Sophia, mit dem heiligen Geist
identifiziert. Im Buch der Weisheit ist es der heilige Geist, der das Weltall
von innen erfüllt, gewissermaßen als Weltseele. Denke ich an Augustin,
dem es neben der Sophia des Vaters und der Sophia des Sohnes noch die
Sophia des Heiligen Geistes gab, so spürte Leonardo Boff gerade dieser
Sophia des Heiligen Geistes nach, dem Geist, der sich besonders mit dem
Weiblichen und vor allem mit dem Ewigweiblichen in Maria intensiv
verbindet. So wird Maria zum Spiegel der mütterlichen Liebe des Heiligen
Geistes. Darum hat die Kirche auch alle Archetypen des Ewigweiblichen,
alle Urbilder der großen Mutter, auf Maria vereinigt, die Archetypen der
Rose, der Lilie, des goldenen Hauses, des Kelches, des Morgensternes und
so weiter. Diese Urbilder des Ewigweiblichen konzentrieren sich auf Maria
und so wird Maria zum Inbegriff des Weiblichen und gewissermaßen als
das Menschlichweibliche oder auch Ewigweibliche zum Spiegel, zum
Abbild und zum Sakrament des Göttlichweiblichen, nämlich der Sophia
des Heiligen Geistes. In dieser Zeit konnte ich an keinem katholischen
Gottesdienst mehr teilnehmen, da die patriarchalische Einseitigkeit der
Liturgie meine Seele persönlich schmerzte und verwundete. Aber ich
suchte gerne leere Kirchen auf und betete dort vor dem Marienaltar. Immer
wenn ich in die katholische Heilig-Geist-Kirche trat, empfing mich mit
dem süßen Wohlgeruch des Weihrauchs eine Empfindung von unbedingter
Mutterliebe, von Willkommen bei der Mutter und Heimat bei der
göttlichen Mutter, und ich hörte die leise innere Stimme des Heiligen
Geistes immer wieder sanft mir zuflüstern: Ich bin deine Mutter. Und in
den strengen Leiden des Lebens fand ich Zuflucht in dem Tempel des
Heiligen Geistes wie in dem dunklen Mutterschoß der Gottheit. Denn die
mütterliche Gottheit war wirklich gegenwärtig in der geweihten Kirche des
Heiligen Geistes. Da lernte ich also die Sophia des Heiligen Geistes
kennen, die göttliche Mutterschaft.
Ich dachte wieder intensiv an das Tao und las das Tao-Te-King von Lao
Tse, übersetzte es auch aus dem Englischen, das ich schon unzählige Male
gelesen habe, das mir vorkommt wie das chinesische Evangelium. Ich
hatte einst mit einem chinesischen christlichen Studenten die Vater-Sohn-
Beziehung im klassischen Konfuzianismus studiert, aber es war meinem
Herzen fremd geblieben. In meiner Seele ist eine große Liebe zu China,
aber es war immer das mütterliche China, das weibliche China des Mondes
und der Poesie. Ich habe in meiner Seele das Ideal einer chinesischen
Madonna gesehen, die aussah wie die buddhistische Madonna Guan Yin,
die Mutter der Barmherzigkeit, die Göttin des Mitleids. Es lebte also in
meiner Seele ein matriarchales China. Und die Philosophie des
matriarchalen China ist die taoistische Philosophie, aber der reine
philosophische und mystische Taoismus von Lao Tse und Tschuang Tse,
nicht der schamanistische und magische Aberglaube. Hier ist das Tao als
die Mutter der zehntausend Wesen erschienen. Was ist Tao? Tao ist der
Weg der heiligen Könige der Vorzeit, der Weg ist die Weisheit der Heiligen
der Vorzeit. Tao heißt Kopf und Fuß, es ist Weisheit und Weg. Also,
christlich gesprochen, ist Christus, Gottes Weisheit, der Weg, das Tao. So
ist in der chinesischen Bibel Tao die Übersetzung des griechischen Logos
des Johannes-Prologs: Am Anfang war Tao und Tao war bei Gott und Tao
war Gott. Der Johannesprolog ist aber ein alter Hymnus auf die göttliche
Weisheit. Also ist Tao Sophia, denn Sophia ist Christus, Christus ist
Sophia, Christus ist Tao und Tao ist Sophia. So sagte ein katholischer
Humanist, man werde eines Tages sagen, wie Vergil als Adventdichter der
katholischen Kirche Vater des Abendlandes war, so wird einst Lao Tse
Vater des Morgenlandes genannt werden. Der Großvater Hermann Hesses,
ein pietistischer Missionar in China, nannte Lao Tse einen Propheten. Mir
scheint das Tao-Te-King mehr als selbst der Koran dem Geist des
Evangeliums nahezustehen. Wer ist Tao, die Ewige Weisheit? Die Ewige
Weisheit ist unergründlich, also Gott, der Name Gottes ist unaussprechlich,
aber die unergründliche Verborgenheit der Gottheit offenbart sich und in
der geheimnisvollen Offenbarung der Gottheit erscheint sie als die Ewige
Weisheit, Tao, die Mutter der zehntausend Wesen, die Mutter aller
Geschöpfe. Die geheimnisvolle Weisheit und die offenbare Weisheit, die
verborgene Gottheit und die gegenwärtige Gottheit sind im Wesen eins.
Diese Ewige Weisheit ist das Geheimnis aller Geheimnisse. Sie ist der
Weg, der Sinn, die Weisheit, das Seiende, Gott, aber eben als Mutter aller
Geschöpfe. Lao Tse sagt: Wer die Mutter erkennt und erkennt seine eigene
Kindschaft, der ist im Untergang des Leibes ohne Gefahr. So sagt
Johannes: Wer nicht aus dem Blut und Fleisch und dem Willen des Mannes
geboren ist, sondern aus der Gottheit geboren ist, der hat das Recht, Kind
Gottes zu sein, Kinder Gottes sind aber wiedergeboren aus Gott zu einer
lebendigen Hoffnung, nämlich der Auferstehung und dem ewigen Leben.
So sagt auch Lao Tse: Wer die Kindschaft erkennt, der ist im Sterben ohne
Gefahr. Und Lao Tse sagt: Wen der Himmel retten will, den rettet er durch
Liebe. Es ist die Mutterliebe der Ewigen Weisheit oder Tao, die das Kind
Gottes rettet. Lao Tse war mit seiner Weisheit allein in der Welt. Die
andern gingen alle zum Opferfest des Frühlingsopfers, sie waren fröhlich
und jubelten, aber Lao Tse war schwermütig, und er nannte sich einen
Müßiggänger und Taugenichts, ganz wie der Ausspruch des Mannes Agur:
Ich bin dümmer als ein Mensch, in mir ist keine Menschenvernunft. Aber
Lao Tse sprach: Ich bin ruhelos und unruhig, ich bin anders als die andern
alle, aber ich ehre die Große Mutter, nämlich Tao, die Mutter der
Schöpfung. Und dies ist mir ganz aus der Seele gesprochen, denn auch ich
bin anders als die andern Gläubigen alle, die zum Messopfer wallen und in
der Osternacht jubeln: Er ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!
Sondern ich bin traurig, schwermütig und einsam, in mir ist kein Verstand,
aber ich ehre die göttliche Mutter, ich liebe die Mutter Sophia, meine und
des ganzen Weltalls Schöpferin!
Nun kam eine Zeit der Beschäftigung mit der griechischen Philosophie. Es
wäre interessant, den Begriff des Logos bei Heraklit und der Stoa mit dem
Begriff des Logos bei Johannes und Paulus zu vergleichen, aber dies
fesselte mich nicht. Der Begriff des Seins oder des Seienden bei Heraklit
und Parmenides und Aristoteles mit der katholischen Scholastik zu
vergleichen oder gar dem Gottesnamen Jahwe (dem Sein in Person), auch
das fesselte mich jetzt nicht. Mich zog magisch in den Bann die
platonische Philosophie der Ideen und der Liebe, die ich durch
Beschäftigung mit dem Neuplatonismus ergänzte. Platon und Plotin! Dann
erweiterte ich meine Forschungen durch den christlichen Platonismus,
Dionysios Areopagita und Ficino aus Florenz. Je mehr ich über den
Platonismus meditierte, umsomehr schälte sich die Höchste Idee heraus,
die Idee der Schönheit, die himmlische Liebe, das Höchste Gut, mit einem
Wort: Urania! So schrieb ja auch Leonardo Boff, dass Urania wie Maria
und Sophia ein Bild des Göttlichweiblichen sei. Sophia, du wurdest mir in
dieser Zeit zur Urania! Alle Liebe, sagt Platon, ist aufsteigende Liebe zu
immer höherem Schönen, und die allerhöchste Schönheit ist die Gottheit,
die himmlische Liebe, Aphrodite Urania. Gott ist Liebe, sagt Johannes.
Nenne die Gottheit die Schöne Liebe, sagte mir ein Priester. Der
platonische Name der Schönen Liebe ist Urania. Meines Herzens
altheidnische Anhänglichkeit an die Aphrodite von Paphos ward hier
platonisch erhöht und geheiligt zu einer gewissermaßen griechisch-
katholischen Aphrodite Urania als dem philosophischen Namen der
Gottheit der Schönen Liebe. Hier begegnete in den Spekulationen Plotins
geradezu ein katholischer Begriff von Dreifaltigkeit, denn Theos, Gott der
Herr, zeugt in Urania, der platonischen Sophia, und so wird der göttliche
Eros erzeugt. Theos liebt Urania mit dem göttlichen Eros und Urania liebt
Theos mit dem göttlichen Eros, das ist nahezu der Gedanke der
christlichen Trinität von Gott dem Herrn und der Ewigen Weisheit und
dem Geist der göttlichen Liebe. Der platonische Eros aber als Mittler und
Weg zu Gott, das heißt zur Allerhöchsten Schönheit, ist ein aufsteigender
Eros. Dieser Eros ist der Weg des Menschen zu Gott, der Urgottheit der
Urschönheit, wie Dionysios Areopagita die Gottheit nennt. Von demselben
griechisch-katholischen Vater der abendländischen Mystik stammt aber
auch die Idee des göttlichen Eros, der von der Urgottheit der Urschönheit
(oder Urania) ausgeht und sich ergießt durch die Hierarchien bis hinab zur
menschlichen Seele, sich als Bräutigam Eros mystisch mit Psyche
vermählt (wie im Märchen des Apulejus) und die Psyche hinanzieht und
sie vergöttlicht und heimführt in den ewigen Schoß der Urgottheit der
Urschönheit. Dieser Eros ist der göttliche Eros von oben, gewissermaßen
die Erotik der göttlichen Agape, ist Christus, Gott, der Mensch wird, um
den Menschen zu vergöttlichen. Dieser Eros ist Christus, Gott aber die
Urgottheit der Urschönheit. Nur zu Urania wage ich nicht zu beten, glaube
ich doch, wie Blaise Pascal, nicht an den Gott der Philosophen, sondern an
die Gottheit Abrahams, Isaaks und Jakobs. Der Apostel Jakobus schreibt
allerdings in seiner Epistel von der himmlischen Weisheit, ganz im
Gegensatz zur teuflischen, weltlichen und sinnlichen Weisheit. Dieser
himmlische Weisheit bete ich zurecht an als die Urania Sophia. Die
Kirchenväter sagten, Platon hätte seine Weisheit aus einer Offenbarung
Gottes empfangen. Diese Urania ist Sophia, Sophia ist die Urania Sophia,
die himmlische Weisheit des wahren lebendigen Gottes oder die göttliche
Schönheit.
Mit der jüdischen Mystik der Kabbala soll sich keiner vor dem vierzigsten
Lebensjahr beschäftigen. Im vierzigsten Lebensjahr begann ich, mich mit
der Kabbala zu beschäftigen. Ich las im Buch Sohar, dem Grundwerk der
Kabbala, und anderen Büchern über die Kabbala. Die Gottheit oder Das
Eine, Ewige, Unendliche heißt En-Soph, es ist die unergründliche,
verborgene Gottheit. Offenbart sich aber die Gottheit, so offenbart sie sich
in zehn Qualitäten, den zehn Sephirot, gewissermaßen zehn Hypostasen
der Selbstoffenbarung Gottes. Die zehn Sephirot bilden den Lebensbaum
der Selbstoffenbarung Gottes. Im Lebensbaum existiert eine linke Seite,
die weibliche, eine rechte Seite, die männliche, und eine mittlere Linie, die
aus den Vereinigungen der männlichen und weiblichen Prinzipien entsteht.
Die höchste Sephirot ist Kether, die Krone, sie ist gewissermaßen mit En-
Soph eins. Dann kommen die männlichen und weiblichen Sephirot von
Chochmah, Weisheit, und Binah, Verstand. Man kann auch sagen: Logos
und Sophia. Paradoxerweise wird die Weisheit, Chochmah oder Sophia,
männlich genannt und Vater; der Verstand, Binah oder Logos, aber
weiblich und Mutter. Überhaupt scheint es paradox, die linke Seite des
Zornes und des Gerichts der Weiblichkeit Gottes und die rechte Seite der
Liebe der Männlichkeit Gottes zuzuordnen. Ich stimme der christlichen
Feministin zu, die diese Bestimmungen vertauschte. So ergäbe sich bei
feministischer Betrachtung die höchste Selbstoffenbarung Gottes als
Mutter Weisheit und Vater Verstand, Mutter Sophia und Vater Logos. Auf
einer weiteren Ebene erscheint die Gottheit als väterliche Strenge der
Gerechtigkeit oder als Zorn und Gericht, andrerseits als weibliche Liebe,
bedingungslose Liebe. Der väterliche Zorn Gottes über die Sünde und die
mütterliche bedingungslose Liebe für die Sünder vereinigen sich zur
Barmherzigkeit Gottes. Eine weitere Sephirot will ich betrachten, die
Sephirot Chesed, das heißt Gnade. Gnade ist griechisch Charis. Wladimir
Solowjew schrieb, Sophia ist gewissermaßen auch Charis, Pan-Charis,
Allgnade. Charis ist bei Homer ein Name der Aphrodite oder auch des
Zaubergürtels der Aphrodite, der Inbegriff des Liebreizes der Liebesgöttin.
Charis heißt Wohlwollen, Freundlichkeit, Zuneigung, Schönheit, Charme,
Anmut, Zauber, Liebreiz. Dies alles sind Wesenszüge des sich selbst
offenbarenden Gottes. O göttliche Charis, ich bete dich an und bitte dich,
teile mir mit das Charisma der Weisheit und Erkenntnis und teile mir mit
das Charisma der Lehre und prophetischen Rede, Amen. In der Meditation
über das Tao ist mir schon die Guan Yin als Göttin der Gnade begegnet,
und hier ist der theologische Ort dieser buddhistischen Spekulation. Auch
Maria als Mutter der Gnade spiegelt diesen Aspekt wieder. Die Gnade
Gottes wird immer in weiblichen Bildern geschaut, als homerische Charis-
Aphrodite oder als buddhistische Guan Yin oder als katholische Madonna
des Erbarmens. Die Sephirot Chesed also, die Selbstoffenbarung Gottes als
Gnade, ist eine weibliche Selbstoffenbarung der unerforschlichen Gottheit.
Nun will ich noch die Sephirot Schechinah betrachten. Schechinah ist die
unterste, der geschöpflichen Welt am nächsten stehendende
Selbstoffenbarung Gottes. Schechinah ist die mütterliche Gegenwart
Gottes in der Schöpfung oder die Immanenz Gottes. Auch der katholische
Katechismus gibt der Immanenz Gottes den Mutternamen. Die Schechinah
oder Gegenwart Gottes als mütterliche Selbstoffenbarung ist die Braut
Adams im Paradies, die wahre Braut des Patriarchen Jakob, die Gegenwart
Gottes vor Mose im Bundeszelt, die Braut und Ehegenossin Salomos und
Gegenwart im Tempel Salomos, sie begleitete als Matrone das Volk Israel
in die Verbannung und führte gewissermaßen als himmlische Zionistin das
auserwählte Volk Gottes wieder heim ins Gelobte Land und führt die
Jungfrau Israel dem Messias entgegen. Sie ist die Matrone Israels und die
Braut des ewigen Königs. Die Vermählung der Königin Schechinah mit
dem König des Himmels, Gott dem Herrn, wird mit dem Worten des
Hohenliedes der Liebe gefeiert. Schechinah als Gegenwart Gottes in der
Schöpfung ist aber auch Malkuth, die Mutter, das heißt das Himmelreich.
Jesus predigte ja vor allem das Himmelreich, nämlich Malkuth, die Mutter.
Malkuth ist wie eine Bäckerin, die Sauerteig unter den Teig mischt, wie
eine Näherin, die Flicken auf ein Kleid näht, wie eine Keltertreterin, wie
eine Bäuerin, die Samen sät, und wie eine Hausfrau, die die verlorene
Drachme im Hause sucht, und wenn sie sie gefunden hat, so zeigt sie die
wiedergefundene Drachme ihren Freundinnen und freut sich mit ihnen.
Dies ist die weibliche Wirklichkeit des Himmelreichs, das Jesus
verkündete, Malkuth, die Mutter, die die gleiche ist wie Schechinah, die
Matrone, die Immanenz Gottes, die mütterliche Gegenwart der Gottheit in
der Schöpfung.
Jakob Böhmes Buch von der Gnadenwahl war neben Augustins
Bekenntnissen, Dantes Komödie, Klopstocks Messias und der seligen
Anna Katharina Emmerich Christusleben mein erstes christliches Buch,
nur dass ich kein Wort verstand. Vierzehn Jahre später versuchte ich
wieder, Böhmes Lehre von der Gnadenwahl zu verstehen, aber es blieb ein
Buch mit sieben Siegeln, und wer kann die Siegel des Buches lösen?
Christliche Feministinnen schrieben über Jakob Böhme und betrachteten
sein Sophienbild. Ist Sophia für Böhme in der Dreifaltigkeit? Ich weiß es
nicht. Denn Böhme schildert die Dreifaltigkeit als den zeugenden Vater,
den gezeugten Sohn und die Zeugung im Geist. Dann betrachtet sich die
göttliche Dreifaltigkeit in dem Spiegel der erstgeschaffenen Sophia. Der
Vater ist der Urgrund der Gottheit, namenlos, unbegreiflich,
unbeschreiblich, unfassbar. Es ist der Urgrund, der Abgrund, der grundlose
Grund. (In der Gnosis heißt diese Urgottheit: Mutter des Schweigens.)
Dieser grundlose Vater fasst sich selbst in der Gestalt des Sohnes oder des
Wortes. Das bodenlose Schweigen gibt sich im Wort Fassung oder Gestalt.
Die göttliche Beziehung zwischen dem Abgrund des Schweigens und dem
Wort des Sohnes ist die Liebe, der Geist. Der Urabgrund des Vaters bringt
sich durch die Liebe selbst im Wort hervor. Vielleicht kann man sagen: Der
Vater ist der Mund, der Sohn ist das Wort, der Geist ist der Hauch. Der
Mund spricht im Hauch das Wort aus. Die vollkommene Dreifaltigkeit als
Vater, Sohn und Geist betrachtet sich dann in seiner göttlichen Einheit in
dem Spiegel der Sophia. Hier ist Sophia bei Böhme nicht göttlich,
beziehungsweise, selbst wenn man sie als vierte Person der Gottheit
betrachten wollte, sind die drei göttlichen Personen Vater, Sohn und Geist
göttlich-zeugende Personen, die Sophia aber als die vierte Person oder das
erste Geschöpf ist reine Empfängnis, reines Abbild, reiner Spiegel. Es ist
der weibliche Spiegel, in dem sich die Einheit von Vater, Sohn und Geist
als Einheit beschaut. Andrerseits ist Sophia für Böhme offensichtlich doch
in der Dreifaltigkeit, nämlich identisch mit der Person des Sohnes. Das
Wort ist die Weisheit, die Weisheit ist das Wort. Jesus Christus ist die
Jungfrau Sophia. Den Weg des Glaubens beschreibt Böhme wie die Kirche
überhaupt als den Weg der christlichen Seele mit Christus, nämlich die
christliche Seele ist die Braut, Christus der Bräutigam. Die Seele war im
Urzustand, im Ur-Paradies eine ganzheitlich-vollkommene Seele, aber im
Fall des Menschen wurde die Seele zu einem unvollkommenen Wesen. Die
Brautschaft der christlichen Seele mit dem Bräutigam Christus stellt die
Ganzheit wieder her oder das Heil. Die bloß-menschliche Braut vereinigt
sich innerlich mit dem göttlichen Bräutigam und wird so zu einer
gottmenschlichen Seele im Zustand des Heils. Anders als in der Kirche
gewöhnlicherweise üblich, stellt Böhme diesen Heilsweg der Heilwerdung
aber auch umgekehrt dar, da der gefallene Mensch seine Ganzheit verliert
und seine gottmenschliche Vollkommenheit findet durch das bräutliche
Verlöbnis mit der Jungfrau Sophia. Was der Christin der Bräutigam
Christus ist, das ist dem Christen die Jungfrau Sophia, die Christsophia.
Diese Christsophia geht ein Verlöbnis mit dem Christen ein und führt ihn
den Weg der Buße und der Nachfolge bis zur vollkommenen Vereinigung.
Was in der Apokalypse die Hochzeit des Lammes ist, das stellt sich bei
Böhme dar als die Hochzeit im Paradies, die Hochzeit des Christen mit der
göttlichen Jungfrau Sophia. So spricht Sophia selbst zu dem unorthodoxen
Lutheraner Böhme: Im Paradies schenk ich dir mein Perllein, das heißt:
Das mystische Verlöbnis mit der Jungfrau Sophia wird in der Ewigkeit, im
Paradies des Himmels, als Ehe vollzogen. Das Perllein ist die eheliche
Ganzhingabe der göttlichen Jungfrau, die gott-menschliche Vereinigung in
der Ewigkeit, die mystische Hochzeit und Ehe der göttliche Jungfrau mit
dem erlösten Christen.
Wladimir Solowjew, der russisch-orthodoxe Religionsphilosoph, hatte
eine persönliche Beziehung zur Hagia Sophia. Er sah die Ikone der
göttlichen Weisheit, die Hagia Sophia von Nowgorod, und fragte: Wer bist
du, Sophia? Die Hagia-Sophia-Kirchen Russlands sind auf Christus oder
Maria geweiht, aber ist Sophia Christus? Ist Sophia Maria? Solowjew hatte
Visionen von Sophia. In frühster Jugend hatte er zu wählen zwischen
einem schönen neunjährigen Mädchen, schön wie Dantes Beatrice, die vor
der Kirche stand, und der visionär geschauten Sophia, deren himmelblauen
Mantel er sah. Seine alte Kinderamme half ihm, denn sie sagte über das
hübsche irdische Mädchen: Sie ist ein dummes Ding. Solowjew entschied
sich gegen die irdische Minne und für die himmlische Minne. Er studierte
dann die Weisheit in der Bibliothek von London, und während er über den
Büchern saß und studierte die Weisheit der Kirchenväter, die Lehren der
Gnosis, die Theologie der Scholastik, die Philosophie des deutschen
Idealismus, die Geheimlehren der Kabbala, die Theosophie Jakob Böhmes,
die Predigten Meister Eckards, die erotische Philosophie Franz Baaders,
während er also über all den dicken alten Büchern saß, erschien ihm die
Hagia Sophia wieder und lächelte ihn an und offenbarte ihm ihr schönen
Antlitz. Sie sprach zu ihm: Reise nach Ägypten, in der Wüste werde ich
mich dir offenbaren. Und er reiste in die ägyptische Wüste und verbrachte
eine Nacht allein in der Wüste, aber als der Morgen anbrach, sah er in
einer Vision Sophia als die Herrlichkeit des Herrn, den Lichtglanz der
Gloria Gottes, den Morgenglanz der Ewigkeit, die Morgenröte der
Schöpfung, wie es im Hohenliede Salomos heißt: Wer ist sie, die
heraufgeht wie die Morgenröte? Und es heißt im Kirchenlied: Morgenrot
der Ewigkeit! Solowjew nannte Sophia seine geheime Freundin, seine
mysteriöse oder mystische Freundin. Sie war ihm die verklärte Seele der
Natur, die verklärte Weltseele, oder der Schutzengel des Kosmos. Von Gott
dem Schöpfer gezeugt in Ewigkeit ist sie ausgegossen in die Schöpfung,
als göttliche Weisheit die Schöpfung umzugestalten, zu verklären, die
Schöpfung zu erlösen und zu heiligen, schließlich als vollendeten Kosmos
heimzuführen in den Schoß des ewigen Vaters. Sophia ist Salvatrix Mundi,
die Erlöserin der Welt! Solowjew beschreibt sie als das Göttlich-Feminine,
gewissermaßen die Mitschöpferin Gottes, nämlich als die Idea des Herrn,
das Nichts, aus dem der Schöpfer zeugend schuf, gewissermaßen ist
Sapientia: Co-Creatrix ex nihilo!
Hildegard von Bingen hab ich erforscht und ich fand, sie pries die
Weisheit oder Sapientia in drei Gestalten: In der unbefleckten Jungfrau
Maria, in dem Menschensohn Jesus Christus und in der Ecclesia. Die
Weisheit der Jungfrau, die Weisheit des Menschensohnes und die Weisheit
der Kirche ist die Eine göttliche Weisheit. Diese Weisheit ist aber
gewissermaßen die Braut des Herrn. Sie ist die Weisheit, die identisch ist
mit der Liebe: Sapientia est Caritas! Die göttliche Liebe ist die Braut des
Herrn, dem Herrn vereinigt in heiliger Hochzeit, ruht sie im Ehebett
Gottes! Diese Weisheit ist aber auch die Weisheit des Heiligen Geistes, der
die Liebe ist, die Weisheit der Liebe, die den ganzen Kosmos durchdringt.
In der Schrift ist der Geist die Dynamik, und die Wirkung der Dynamik ist
die Energie. Es ist die göttliche Energie des Geistes der Liebe, die das All
durchdringt und im Innersten zusammenhält. Es ist die heilende Energie
im Edelstein, die heilende und nährende Energie in den Pflanzen, es ist die
nährende Energie in den Tieren, es ist die Lebensvitalität in den Menschen,
es ist das Feuer in den Sternen, es ist die Kraft der Engel, es ist die Seele
des Kosmos, die kosmische Energie, wie man heute sagt. Ja, die kosmische
Energie, aber die kosmische Energie ist eine Kraftwirkung der göttlichen
Weisheit, der Weisheit des Heiligen Geistes. Diese göttliche Weisheit,
diese Sapientia Divina, hat Hildegard in Visionen als eine göttlich-
weibliche Person geschaut. Sie ist Sophia! Sie lebt!
An diesem Karfreitag will ich das Verlöbnis mit dir erneuern, Hagia
Sophia! Unser Trauspruch, göttliche Weisheit, ist dieses Wort der Heiligen
Schrift: „Ich will mich mit dir verloben für alle Ewigkeit, ich will mich mit
dir verloben in Gerechtigkeit und Recht, in Gnade und Barmherzigkeit. Ja,
in Treue will ich mich mit dir verloben und du wirst den HERRN
erkennen.“ (Hosea 2, 21.22)

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CLOUD17
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VITA

Von Peter Torstein Schwanke

„To thy breast, to thy rest, to thy glory divine


Draw me by charity, Mother of mine!”
(Gerard Manley Hopkins)

ERSTES KAPITEL

„Kann auch eine Frau ihr Kindlein vergessen, dass sie sich nicht erbarme
über den Sohn ihres Leibes? Und ob sie seiner vergäße, so will Ich doch
deiner nicht vergessen.“
(Jesaja 49,15)

Ich bin am siebenten November 1965 geboren. Der siebente November ist
der Geburtstag und Todestag Platons, des größten Philosophen aller Zeiten,
der siebente November ist der Todestag des heiligen Willibrord, des
Apostels der Friesen, und der siebente November ist leider auch der Tag
der kommunistischen Revolution im heiligen Russland. Das Jahr 1965 ist
das Jahr des Zweiten Vatikanischen Konzils der heiligen, apostolischen,
katholischen Kirche, da die heilige Mutter Kirche sich reformierte und die
Fenster zu säkularisierten Welt weit auftat, um allen Menschen das ewige
Evangelium Christi zu verkünden. Die Kirche öffnete die Fenster weit zu
allen christlichen Konfessionen und zu allen Brüdern und Schwestern der
nichtchristlichen Religionen, in denen die Kirche auch Spuren der
Wahrheit der göttlichen Offenbarung verborgen gegenwärtig sah. Die
Kirche sprach, dass es für unsere Zeit einen neuen christlichen
Humanismus bräuchte und dass alle eingeladen seien, an der Schaffung
eines Neuen Humanismus mitzuwirken, die dem Wahren, Guten und
Schönen verpflichtet seien. Die Kirche rief alle Kulturschaffenden auf,
neue humanistische Kulturwerke zu schaffen, wobei es keinen
katholischen Stil in der Kunst gebe, sondern alle Stile der Kunst der
Verherrlichung der katholischen Religion dienen können. Die Kirche
stellte allen Christusgläubigen die Jungfrau Maria als Urbild der Kirche,
als Jungfrau-Mutter der Kirche vor, die dem pilgernden Gottesvolk als
Vorbild vorleuchte auf dem Weg in die ewige Herrlichkeit Gottes.
Ich aber ward zu dieser Zeit in dem Flecken Hage in Ostfriesland nahe der
Nordseeküste geboren und am sechzehnten Januar 1966 getauft. Meine
Großmutter und meine Mutter waren evangelisch-lutherischer Konfession,
und so wurde ich in der evangelisch-lutherischen Kirche Sankt Ansgari
getauft. In diesem Sakrament der Taufe auf den Namen Gottes, des Vaters
und des Sohnes und des Heiligen Geistes, goß mir der lebendige Gott die
heiligmachende Gnade ein. Meine Taufpaten waren ein Verwandter meines
Vaters aus Hannover und eine Freundin meiner Mutter von der
ostfriesischen Insel Baltrum. Mein Vater nämlich stammte aus Hannover,
war von westpreußischer Herkunft, und meine Mutter stammte von der
ostfriesischen Insel Baltrum, eine Tochter friesischer Mütter. Später sah
ich, dass auf dem Altar der Sankt-Ansgari-Kirche, in der ich das
Sakrament der Taufe empfing, auf dem steinernen Altartisch der Name
MARIA eingeschrieben war. Das Sakrament der Taufe wird ja auch als
Bad der Wiedergeburt bezeichnet, da der Mensch wiedergeboren wird
durch Wasser und Heiligen Geist zu einem Kinde Gottes. Nikodemus
fragte ja den Lehrer Jesus, wie ein Mensch denn neugeboren werden
könne, wie er denn wieder in den Mutterschoß komme. Der Mensch wird
ja wiedergeboren im Schoß der Mutter Kirche zu einem Kinde Gottes. Da
Maria aber Urbild und Mutter der Kirche ist, kann man auch sagen, dass so
wie Maria vom Heiligen Geist den Sohn Gottes empfangen hat und ihn
geboren hat als jungfräuliche Mutter, so empfängt Maria auch vom
Heiligen Geist die Kinder Gottes und gebiert sie als Kinder Gottes. So wie
also am siebenten November 1965 meine Mutter mich als Mutter nach der
Natur geboren hat für die Erde und zum Tode, so hat mich am sechzehnten
Januar 1977 meine himmlische Mutter Maria, meine Mutter nach der
Ordnung der Gnade, wiedergeboren zu einem Kinde Gottes ins ewige
Leben.
Die wichtigste Person meiner Kindheit war meine Großmutter, eine
Witwe. Sie lebte mit in unserer Familie und gab mir von Anfang an die
bedingungslose Liebe, die jedem Menschen in der Kindheit einen
Geschmack der göttlichen Liebe gibt. Es war, wie im Buche Ruth, da Ruth
den Sohn auf dem Schoße ihrer Schwiegermutter Noomi gebar, wodurch
Noomi den Obed als ihren Sohn und Erben annahm. Von dem wichtigsten
Erbe meiner Oma will ich später erzählen, nämlich wie sie durch ihren
Heimgang mir den Glauben an Christus vermittelte. Aber vielleicht nicht
weniger wichtig oder vielleicht sogar noch wichtiger ist, dass sie mir durch
ihre süße Liebe in der Kindheit ein Bild eingegossen hat von der
bedingungslosen Mutterliebe Gottes, was denn auch mein besonderes
Gottesbild bleiben sollte. Meine Großmutter hatte ein kleines Häuschen
direkt neben meinem Elternhaus und ich verbrachte meine Kindheit
gewissermaßen in ihrem Schoß, oder an dem Rockzipfel meiner
Großmutter. Ich vergesse nicht, wie ihre Liebe schmeckte, wie ihre
friesischen Mehl- und Milchspeisen süß schmeckten wie die Liebe selbst.
Sie gab nicht irdische Speise statt Liebe, sondern sie gab irdische Speise
zum Ausdruck ihrer mütterlichen Liebe. Ich gab ihr jeden Abend einen
Gute-Nachtkuß und wünschte ihr einen schönen Schlaf und süße Träume.
Ihre Wange war so weich und zart wie die Wange eines Pfirsichs der
Unsterblichkeit aus dem Paradiesgarten der Königinmutter des
Westgebirges, Hsi Wang Mu. Beeindruckend waren die winterlichen Feste,
vor allem das Weihnachtsfest, aber auch das Sylvesterfest. Zu Sylvester
gingen meine Eltern aus, um mit Freunden zu feiern, aber ich und mein
Bruder blieben bei meiner Großmutter, wir schliefen in ihrem Haus und
um Mitternacht aufgeweckt, begrüßten wir mit ihr das Neue Jahr unter
dem Feuerregen der chinesischen Raketen. In der Weihnachtszeit war es
mein Ehrenamt, den kleinen Tannenbaum meiner Großmutter mit Kerzen,
Lametta und Goldkugeln zu schmücken. Am Heiligen Abend speiste die
ganze Familie zu Abend bei meiner Großmutter, die das traditionelle
Weihnachtsgericht der Friesen von Baltrum bereitete, nämlich Heringssalat
mit Roter Beete und Salzkartoffeln. Diesen Salat machte meine
Großmutter selbst, wie sie auch die Weihnachtsbäckerei beherrschte und
vor allem ihre Neujahrswaffeln und ihre Pfeffernüsse unvergesslich
köstlich schmeckten. Ich half ihr stets bei der Weihnachtsbäckerei. In der
Abendröte der Adventszeit ging in unserem Hause der Spruch um:
Abendrot – die Englein backen Brot!
Am sechsten Dezember wurde von den Friesen der Heilige Nikolaus
gefeiert. Dieses Fest stammte noch aus der Zeit, da Friesland katholisch
war. Klaus Störtebecker, der friesische Seeräuber, rief als Seemann immer
Sankt Niklas als seinen Schutzpatron an. Sankt Nikolaus wird von den
Friesen besonders als Schutzpatron der Seefahrt verehrt. So ist die kleine
katholische Kirche auf Baltrum Sankt Nikolaus geweiht, dort diente ich
später einmal am Altar. In Hage aber stellten wir Kinder am Vorabend von
Sankt Nikolaus einen roten Stiefel vor die Tür und einen Teller mit
Schwarzbrot. Das Schwarzbrot war für das Pferd des Heiligen Nikolaus,
der rote Stiefel aber, dass der Heilige Nikolaus seine Geschenke
hineinlege. Denn der heilige Bischof von Myra in Kleinasien war ein
großer Freund der Kinder. Er hörte von einem armen Vater, der Witwer
war, und drei verwaiste kleine Kinder hatte. So schlich sich der Heilige
heimlich auf das Dach des Hauses und warf durch den Schornstein Beutel
mit Gold, die fielen aber gerade in die Kinderschuhe, die vor dem Kamin
zum Trocknen aufgestellt waren. Daher stammt der Brauch, dass die armen
Kinder ihre Stiefel hinausstellen, dass der Heilige Nikolaus auch ihnen ein
Geschenk mache. Am Abend von Sankt Nikolaus ritt der Heilige Nikolaus
in seinem Bischofsmantel auf einem Schimmel durch den Flecken Hage,
auf seinem Rücken einen großen Sack mit Süßigkeiten für die Kinder. Er
warf Hände voll Süßigkeiten unter die Scharen der Kinder. Er wurde aber
auch begleitet vom Knecht Ruprecht, einem Mohren, der der Knecht des
Heiligen Nikolaus war. Dieser trug aber keinen Sack mit Süßigkeiten,
sondern eine Rute. Denn es war den Kindern angedroht, wenn sie nicht
lieb gewesen, dann käme der schwarze Knecht Ruprecht mit der Rute und
züchtige die ungehorsamen Kinder. Ich fürchtete mich aber nicht vor dem
Knecht Ruprecht, aber freute mich sehr über den Heiligen Nikolaus, den
alten Mann mit seinem langen schneeweißen Haupthaar und schneeweißen
langem Vollbart, der aussah wie Gottvater auf den Bildern der Maler.
Zu Weihnachten gingen meine Großmutter mit meiner Mutter und mir
in den Mitternachtsgottesdienst. Diese Weihnachtsgottesdienste sind mir
unvergesslich. Die Sankt-Ansgari-Kirche ist eine romanische Kirche, also
ursprünglich eine katholische Kirche, die auf einem kleinen Hügel erbaut
ist. Sie war früher ein Zufluchtsort und eine Schutzburg, wohin die Friesen
flüchten konnten, wenn eine Sturmflut der Nordsee ihr Land bedrohte. Das
Kirchenschiff, da der Raum der Gemeinde ist, wird vom Raum des Altares
abgetrennt, indem unter der Decke die Szene der Kreuzigung Christi
dargestellt wird. Christus hängt am Kreuz, und unter dem Kreuz stehen
Maria, die Mutter Jesu, und der Jünger, den Jesus lieb hatte. Dies prägte
mir ohne Worte, allein durchs Bild die Szene ein, da der Erlöser zu seiner
Mutter spricht: Frau, siehe deinen Sohn! Und wie der Erlöser dann zu dem
Jünger, den er lieb hatte, sprach: Sohn, siehe deine Mutter! In der
Weihnachtsfeier wurde nun immer auch die Krippenszene in großen
Figuren dargestellt. Dieser Brauch stammt ebenfalls aus der katholischen
Kirche, da es der heilige Franziskus war, der zuerst eine Krippenszene
darstellte und so Weihnachten feierte. Das Bild des jungen Mädchens
Maria, das sich über die Krippe mit dem göttlichen Kinde anbetend neigt,
ist mir unvergesslich. Sie war so liebenswürdig und schön, so anmutig und
holdselig, so sanft und mild und gütig, das ich sie lieb hatte. Ich kannte sie
ja auch aus den Weihnachtsliedern, die ich in der Vorweihnachtszeit viel
mit meiner Mutter gesungen. Meine Mutter hat eine schöne Stimme. Sie
hat als junges Mädchen in der Baltrumer Gitarrengruppe gesungen, später
in ihrem Alter sang sie in großen Chören das Weihnachtsoratorium von
Bach und das Requiem von Mozart. Sie sang mit ihrer schönen Stimme
mir die Weihnachtslieder vor, die einzige Art der Marienverehrung in der
evangelischen Kirche. Da war von der Rose die Rede, und die Rose, die
ich meine, ist die Magd Maria, die Reine. Da war von Josef und Maria die
Rede, dem trauten, hochheiligen Paar, und dem Knaben im lockigen Haar.
Da hieß es: Ihr Kinderlein kommet, o kommet doch all, zu Krippe in
Bethlehems Stall. Diese evangelischen Weihnachtslieder, die ja zugleich
tief vom katholischen Geist durchtränkt waren, verkündeten mir das
Evangelium von der Menschwerdung Gottes aus der Jungfrau in meiner
Kindheit mit einer solchen süßen Predigt, solch einer süßen Stimme, da es
die Mutterstimme selbst war, die mir von Maria und dem Jesusknaben die
erste Lehre gab.
An dieser Stelle fällt mir auch ein, dass die Gottesdienste meiner
Kindheit mich auch haben das Wort Gottes in der Heiligen Schrift haben
hören lassen in der gewaltigen romanischen Kirche, da es feierlich
verkündet wurde. Es wurde die Heilige Schrift vorgetragen in der
deutschen Übersetzung von Martin Luther. Ich habe das Wort Gottes in der
Muttersprache des Lutherdeutsch wie die Muttermilch aufgesogen. Als ich
später als Erwachsener mich zu Christus bekehrte, war meine erste
Handlung, eine Bibel zu kaufen, es war eine Lutherbibel, die mir in den
schrecklichsten Stunden meines Lebens Trost einflößte wie die Milch des
Trostes der Mutterliebe Gottes. Man sagt, die Christen werden genährt an
den beiden Mutterbrüsten des Alten und des Neuen Testaments. In der Zeit
der Reformation polemisierten die Katholiken, die Deutschen hätten sich
von den gebenedeiten Mutterbrüsten Mariens abgewandt und sich der
stiefmütterlichen Mannesbrust Luthers zugewandt. Als ich in die Schule
der Evangelikalen ging, fand ich viel Kritik an der angeblich veralteten
Lutherbibel. Auch in meiner Konversion zur katholischen Kirche
versuchte ich mich in katholischen Bibelübersetzungen. Aber es war in
allen anderen Bibelübersetzungen, ob sie sich nun als modern oder als
wissenschaftlich oder als rechtgläubig ausgaben, immer ein falscher Ton,
es war nicht die Muttersprache. Die Muttersprache, mit der die Liebe
Gottes zu mir spricht, ist das Lutherdeutsch. Nicht allein, dass sie allein
dem Dichter wahren Genuß an der deutschen Sprache gewährt, wie schon
Klopstock und Hölderlin bezeugten, diese Meister der deutschen Sprache.
Ich denke auch an Heinrich Heine, der die Bibel mit einer Großmutter
verglich, die dem geliebten Enkel vom lieben Gotte erzählt. Wie das
Sprichwort sagt: Was Hänschen nicht lernt, das lernt Hans nimmermehr; so
kann man auch umgekehrt sagen: Was das Hänschen gelernt, das verlernt
der Hans nimmermehr. So ist es, gleich welcher christlichen Konfession
ich auch anhing, immer das Lutherdeutsch gewesen, in dem ich die Worte
Gottes nur vernehmen konnte.
In meinen ersten Kindheitsjahren war ich oft mit meinem Bruder allein
auf der Insel Baltrum. Dorther stammt meine Großmutter, meine
Urgroßmutter, meine Ururgrossmutter und mein Ururgroßvater, der
Seemann. Stellvertretend für dieses Geschlecht der mütterlichen Ahnen
lebte noch meine Tante auf Baltrum und unterhielt dort eine Teestube. Dort
waren mein Bruder und ich oft zum Urlaub. Dort lernte ich auch den
Häuptling der Apatschen kennen, dessen Abenteuer mich in meiner
Kindheit episch breit begleiteten. Die Insel Baltrum ist allerliebst, sie wird
genannt das Dornröschen der Nordsee, der Südlichen Nordsee, weil sie so
verschlafen ist und überwachsen mit Heckenrosen. Dort feierten wir oft
das germanische Osterfest mit den bunt bemalten Eiern. Ostern wird
überhaupt von den Kindern ganz und gar als heidnisches
Fruchtbarkeitsfest gefeiert, und ich bekam keine Unterweisung über die
Auferstehung Christi. Alles, was Ostern bedeutete, war das Frühlingsfest
der germanischen Göttin Ostera, die Wiederkehr des Lichts wurde mit dem
Osterfeuer gefeiert, und die wiederkehrende Fruchtbarkeit der Naturgöttin
mit dem Hasen, der Ostera heilig, und den bunten Eiern gefeiert. Man
suchte christliche Umdeutungen dieser Symbole. Der Hase war der
Stellvertreter des christlich-jüdischen Osterlammes. Das Osterfeuer
symbolisierte das Licht, das durch die Auferstehung Christi der
Menschheit aufgegangen. Das bunt bemalte Ei soll der Legende nach
schon die Apostelin Maria Magdalena dem römischen Kaiser präsentiert
haben, da so, wie das Küken aus dem Ei schlüpft, Christus aus dem Grabe
auferstanden ist! Wir feierten also auf der friesischen Insel Baltrum ein
friesisches Osterfest mit Scharen von Kaninchen und Körben voll von
Eiern. Ich fühlte mich auf Baltrum so wohl, dass es mir zu einer Art
besonderen Seelenheimat meiner Kindheitstage wurde. Später sehnte ich
mich oft in dunklen Stunden nach diesem österlichen Baltrum zurück. Ich
besuchte auch mehrmals mit Freundinnen und ihren kleinen Kindern diese
meine Lieblingsinsel, und es war mir eine besondere Freude, den kleinen
von mir herzlichgeliebten Kindern diese kleine Insel der Seligen zu zeigen.
Neben dem Flecken Hage befand sich die Ortschaft Lütetsburg, in der
sich ein Wasserschloß befand, eine Schlossburg der friesischen Häuptlinge
aus dem vierzehnten Jahrhundert, auf dem Wasser schwebend, nur über
eine Fähre zu erreichen. Hinter dem Wasserschloß befand sich ein großer
Park, der nach englisch-chinesischer Art gestaltet war, mit vielen Bäumen,
vor allem Eichen und Buchen, mit vielen Büschen wie Rhododendren und
Bambus, mit vielen Kanälen durchzogen, die wieder von Brücken
überquert wurden, und mit kleinen Pavillons, wie dem goldenen Pavillon
der Freundschaft, und einem anderen Pavillon, da Hochzeiten gefeiert
werden konnten. Auf den Kanälen lief ich im Winter mit meinen Freunden
gerne Schlittschuh. Meines Wissens der einzige Dichter, der das
Schlittschuhlaufen poetisch verherrlicht, ist der Vater Klopstock. Aber in
der Osterzeit machten wir den Osterspaziergang als Familie durch den
Lütetsburger Park, da denn auch kleine Schokoladeneier von den
Blutbuchen fielen. Mein Vater zitierte das Gedicht von Fausts
Osterspaziergang, das er in der Volksschule auswendig hatte gelernt. Zu
Christi Himmelfahrt fand aber alljährlich ein großer evangelischer
Festgottesdienst im Lütetsburger Park statt, an dem meine Großmutter
regelmäßig teilnahm.
Zu Christi Himmelfahrt legten wir friesischen Kinder auch immer den
Brautpfad. Es wurde traditionell gern zu Christi Himmelfahrt geheiratet,
auch mein Bruder heiratete später zu Christi Himmelfahrt (bei dieser
Gelegenheit sagte meine Großmutter mir kurz vor ihrem seligen
Heimgang: „Torsten, heirate nie!“). Aber in der Kindheit war es Tradition,
auf den Tag Christi Himmelfahrt an dem Straßenrand kleine Bilder zu
gestalten auf der Fläche von weißem Sand, gerahmt von grünem Moos und
ausgeschmückt mit den verschiedenfarbigsten Blüten. Dabei wurde dann
der beste Künstler mit einem Lorbeerkranz durch den Bürgermeister
gekrönt. Traditionelle Motive waren beliebt, vor allem das aus der Seefahrt
stammende Motiv von den drei göttlichen Tugenden des Christentums,
einem Kreuz für den Glauben, einem Herz für die Liebe und einem Anker
für die Hoffnung. Der Anker ist natürlich ein Motiv der Fischer und
Seemänner, aber es heißt auch im Neuen Testament, dass Christus als
unser Hohepriester ins himmlische Heiligtum Gottes eingegangen ist, dass
wir nun den Anker unserer Hoffnung auf den Himmel in ihm festmachen
sollen.
Im nahen Norden befindet sich der Schwanenteich, da wir oft
spazieren gingen. Das ist ein besonderer Ort, fast möchte ich sagen, ein
magischer Ort. Das Zentrum von Norden befindet sich an der Ludgeri-
Kirche. Zu Sankt Willibrord, dem Apostel der Friesen, trat schon Sankt
Ansgar, der Apostel von Bremen bis Skandinavien, nun kommt Sankt
Ludger, der mit seinem heiligen Schwan nach Helgoland fuhr, das früher
Forsetesland hieß nach dem friesischen Gott Forsete, denn Forsetesland
war das Hauptheiligtum der heidnischen Friesen. Später komme ich noch
auf Sankt Wiho, einen Friesenmissionar. Hier aber in Norden wird Sankt
Ludger verehrt in der Hauptkirche, heute evangelisch-lutherisch, und
etwas abseits in der katholischen Ludgerkirche. Der Ludgerdom von
Norden aber steht an dem heiligen Hügel, da sich auch der Warzenstein
befindet, der eine Mulde an seiner Spitze hat, darin sich Wasser sammelt,
das Warzen heilen kann. Die Mulde entstand, als ein Gottesmann solange
auf dem Stein zum Gebet kniete, bis die eindringenden Feinde besiegt
waren. Dieser Hügel ist der Heilige Hügel, das Heiligtum der Heiden, da
dann später die Kirche gebaut wurde. Der Heilige Hain der Heiden aber
war der Schwanenteich, da die friesischen Priester aus den Bewegungen
der Schwäne wahrsagten. Der Schwanenteich ist ein kleiner Teich mit
einem Rundgang. Auf dem Schwanenteich lebte ein Paar weißer
Höckerschwäne und ein Paar schwarzer Trauerschwäne. Auch halten sich
dort des weiteren Gänse, Enten, Möwen, Wellensittiche, Pfauen,
Rebhühner, Seehunde und Ziegen auf. Es ist also ein kleines Paradies für
Kinder. Hier stand ich mit drei Jahren mit dem kleinen Mädchen Marita
und fütterte die Schwäne. Später habe ich als Wahnsinniger wieder in der
Nähe des Schwanenteichs gelebt und mit den Schwänen kommuniziert.
Davon will ich, wenn ich es nicht vergesse, später erzählen. Der Schwan
ist nicht nur der Namensgeber für unsern Familiennamen, sondern ein
mythologisch bedeutsames Tier. Die Walkyren bei den Germanen hießen
Schwanenmädchen. In vielen Märchen gibt es Schwanenjungfraun. Der
Schwan war der Venus wegen seiner majestätischen Schönheit heilig, es
heißt, Schwäne zogen den Wagen der Venus. Der Schwan war die Gestalt,
die Zeus annahm, um Leda zu begatten, die daraufhin die schöne Helena
gebar, die schönste Frau der Antike. Der Schwan war auch dem Apollo
heilig als ein Vogel der Weissagung, da Apollo nicht allein der Gott der
Dichter, sondern auch (wenn es nicht das gleiche ist) der Gott der Seher.
Platon lässt Sokrates vor seinem Tode erzählen, dass die Singschwäne vor
ihrem nahenden Tode singen, weil sie sich auf die Unsterblichkeit der
Seele und das himmlische Elysium freuen. Auch im Orient ist der Schwan
heilig, bei den Chinesen heißt er: Himmlische Gans, weil er ein
Himmelsvogel ist. Bei den Indern reitet der Gott Brahma, der
Schöpfergott, auf dem Königshansa, dem Schwan. Der Schwan ist auch
der Göttin der Weisheit heilig, der indischen Göttin Saraswati, denn der
Schwan gilt als Symbol der spirituellen Reinheit der Seele. Im Indischen
ist Schwan gleichbedeutend mit Seele. Ich wüsste allerdings nicht, dass der
Schwan in der Bibel vorkäme. Aber wie schon erwähnt wurde Sankt
Ludger von einem heiligen Schwan begleitet.
Aber um wieder zum Elternhaus und zum Haus meiner Großmutter
zurückzukehren, will ich unseren Garten beschreiben. Dieser Garten an
sich war nicht groß, meine Großmutter zog hier ihre Bohnen. Das kann ich
nicht vergessen und muß jedes Mal daran denken, wenn ich höre von
Pythagoras, denn die Lehre der Pythagoräer von der Seelenwanderung
oder Reinkarnation besagte, dass die Seelen der Toten sich in den Bohnen
wiederverkörperten, weshalb die Pythagoräer keine Bohnen aßen. Aber
mein Vater pflegte auch Stachelbeeren und Erdbeeren und Rote und
Schwarze Johannesbeeren. Aber an den kleinen Garten schloß sich ein
großer Garten an, der einer alten Dame gehörte, den wir aber nutzen
durften. Wir pflegten den Garten und durften dafür seine Äpfel, Birnen,
Pflaumen und Kirschen ernten. Dieser Garten heiß Lenz-Park. Es stand
darin eine kleine Gärtnerhütte, darin noch Gartengeräte sich befanden. In
früheren Zeiten waren darin Bienenstöcke für die Bienenzucht. Das
vergesse ich nicht und denke stets daran, wenn ich einmal in Vergils
Lehrgedicht vom Landbau den Lobgesang auf den Bienenstaat den
Bienenkönigin lese, darin er die matriarchale Bienenkönigin mit dem
römischen Augustus vergleicht. Hier wurde manchmal heimlich Tabak
geraucht. Neben den schon erwähnten Obstbäumen standen da gewaltige
Blutbuchen von erhabenem Alter und majestätischer Würde. Im Frühling
war der ganze Garten mit weißen, gelben und violetten Krokusblüten
übersät, ein wahres keusches Kleid der keuschen Ostergöttin. In dem
gewaltigen Kastanienbaum aber, der vor meinem Fenster stand, saßen
immer die Tauben. Ihr Gurren ist mir zum Inbegriff von mütterlichen
Lauten geworden, ihr mütterliches Taubengurren ist mir zum Inbegriff
eines mütterlich tröstenden Zuredens geworden. Vermischt mit dem Klang
der Kirchenglocken ist es der musikalische Klang meiner Kindheit. Auch
hatten wir im Sommer immer Lämmer im Garten, die das Gras
abweideten. Mit diesen Lämmern gab es manche komische Geschichte.
Manchmal kam ich zu spät zur Schule, weil ich ein Schaf noch einfangen
musste. Aber ein Schaf, das ich Petra genannt hatte, war ein schwarzes
Schaf und war leider elendig an einem Bandwurm krepiert. Schafe und
Lämmer waren mir sowieso gut vertraut, da wir oft auf dem Deich an der
Nordseeküste spazieren gingen, da wir denn mitten zwischen den Schafen
wandelten, die auf dem Deich weideten. Das sollte mir die Schafswelt des
Alten Testaments und die Lammeswelt des Neuen Testaments lebendiger
machen. Ich empfand es immer gewissermaßen als eine Lästerung oder
zumindest als menschlichen Hochmut, diese Bilderwelt der Bibel
abzulehnen mit dem Hinweis auf die Stupidität der Schafe und Lämmer.
Vielmehr empfand ich den Vergleich gut gewählt, da mir die Schafe
sowohl die Unschuld und Reinheit Christi, als auch seine Sanftmut und
Demut gut zum Ausdruck zu bringen schienen. Aber den stolzen
Menschen gefiele ein Löwe eben besser oder ein Adler. Andere aber noch
bevorzugen Steppenwölfe oder listige Füchse oder gar sinnliche
Schlangen.
Von meinem Elternhaus nur durch den Lenz-Park geschieden befand sich
die kleine katholische Kapelle Sankt Wiho. Wir sprachen über die
Katholiken immer wie über Menschen fremder Sprache, fremder Rasse,
unverständlicher Kultur. Alles in Friesland war von evangelischer Kultur
geprägt, lutherisch oder reformiert. Die Katholiken waren wie
Fremdkörper. Es war wie in China, wo man das Christentum lange Zeit die
„Religion der fremden Teufel“ nannte. Wir wunderten uns oft über die
seltsam gekleideten Knaben und Mädchen, die Ministranten, wenn sie vor
der Messe sich hinter der Kapelle im Garten versammelten, wir wunderten
uns über ihre Minsitrantengewänder. Einen unangenehmen Hauch von
Absonderlichkeit hatten auch die katholischen Pfadfinder. Dennoch sollte
ich später drei Mal mit den katholischen Pfadfindern ins Zeltlager reisen.
Aber entscheidend ist doch, dass sich in meiner Kindheit Garten die
Klänge der lutherischen Kirchenglocke mit den Klängen der katholischen
Kirchenglocke zu einem einzigen harmonischen Laut der Mutter Kirche
vereinten. Sie waren wie zwei Schwestern, die evangelische Schwester
war blond, die katholische Schwester war schwarzhaarig, die evangelische
Schwester war allseits beliebt und jung, die katholische Schwester war die
Außenseiterin der Gesellschaft und wurde als sonderbar schief angesehen.
Aber sie beide lächelten in meinen Garten. Und kurz nach meiner
Bekehrung zu Christus besuchte ich zum ersten Mal die kleine katholische
Sankt-Wiho-Kapelle und verliebte mich unsterblich in Unsere Liebe Frau
von Hage, eine wunderschöne junge Madonna, die Apokalyptische Frau,
der Schlange das Haupt zertretend. Sie ist einfach unglaublich schön!
Wir haben als Familie von Vater und Mutter und Kindern manche Reise
nach Skandinavien unternommen. Hier erweitert sich mein Heimatbegriff.
Ich habe mich nie heimatlich identisch gefühlt mit dem politischen
Deutschland. Wo liegt auch Deutschland? Heimat, soweit sie auf Erden in
der Kindheit gefühlt wurde, ist persönliche Erfahrung. Meine engere
Heimat ist Friesland, meine weitere Heimat Germanien. Ich folge hier den
Spuren des heiligen Ansgar, in dessen Kirche ich getauft ward. Er
missionierte Dänemark und Schweden. Skandinavien war eine Zeit
katholisch, später wurde es absolut lutherisch. Wir waren zuerst in
Dänemark auf dem Festland. Ich sah Kopenhagen, ich sah auch die Statue
der Kleinen Meerjungfrau, der nordischen Venus. Wir wohnten am Meer
und ich vergesse nicht die Feuerquallen in der Ostsee, vergesse nicht die
salzige Butter und die Himbeermarmelade und die saure Dickmilch. Wir
fuhren dann zur dänischen Insel Langeland, die übersät war mit
purpurroten Mohnblumen. Hier trafen wir die Familie einer
Jugendfreundin meiner Mutter, deren beide Töchter in dem Alter meines
Bruders und in meinem Alter waren, schöne Mädchen. Die Mütter
verglichen ihre Brüste und fragten mich um mein Urteil, ob der kleinere
oder der größere Busen der Schönere sei? Ich weiß nicht mehr, wie ich
mich aus der Affäre zog. Dann reisten wir zur Insel Öland. Dort lernten wir
eine schwedische Familie kennen, die wir oftmals besuchten. Öland ist
gewissermaßen die große Schwester der kleinen Baltrum. Wie Baltrum die
Perle meiner friesischen Heimat, so ist Öland die Perle meiner
germanischen Heimat. Wir betrachteten alle die vielen Windmühlen, die
ein Don Quichotte wohl für verzauberte Riesen und Trolle gehalten hätte.
Wir sahen die Sommerresidenz der Königin von Schweden, die deutscher
Abstammung war. Die Kinder der schwedischen Familie versuchten mir,
die schwedische Sprache nahezubringen. Am Meeresstrand fand ich Ton
und formte daraus Schlangen, die ich dann zu einer Vase modellierte, diese
ließ ich in der Sonne trocknen und schenkte sie zuhause meiner geliebten
Großmutter, die eine künstliche Rose hineinstellte. Mein Vater fuhr allein
mit einem kleinen Segelboot auf die Ostsee und erlitt einen Unfall. Wir
bangten lange, ob der Vater verschollen sei? Auch liebte ich es, in der
Ferienwohnung Romane zu verschlingen. Dann reisten wir auf das
schwedische Festland und sahen Stockholm, das Schloß der Königin.
Uppsala, der Geburtsort der heiligen Brigitta von Schweden, war in
heidnischer Zeit das Hauptheiligtum der Germanen. Dort trat ich in den
Dom von Uppsala, der lutherisch geworden war. Wir durchfuhren in einem
Wohnwagen das schwedische Land und kamen nach Norwegen, wo wir in
der Stadt Bergen Lachs speisten, den Lachs der Weisheit, eine
sakramentale Speise der Druiden, denn der Lachs schwimmt zur Quelle
zurück, gegen den Strom zurück zur Quelle, um dort zu laichen und zu
sterben, darum ist er ein Symbol der Weisheit. Ich fand die Fjorde
beeindruckend, diese wildschäumenden Wasser in zerklüfteter
Felslandschaft. Wir reisten noch durch Finnland und Lappland. Dort sah
ich die Mitternachtssonne, da um Mitternacht ein rosiger Sonnenschimmer
über den schneebedeckten Bergen lag, ein unglaublich poetisches Bild.
Wir speisten finnische Grütze und übernachteten im Land der tausend Seen
auf einer grünen Weide im Zelt, da mein Bruder und ich morgens von
einem Rentier geweckt wurden, das neugierig vor unserm Zelte stand. Die
Rentiere sind wunderschöne Tiere und leben zahm und zugleich frei
gesellig in großen Herden droben im Land der tausend Seen. Wir sahen
auch die Lappländer in ihren Eingeborenentrachten, Holzfäller, die die
unzähligen Birken nutzten. Hier bekam ich ein Rentiergeweih und ein
Messer mit einem Griff aus Rentierhorn geschenkt. Zuletzt begaben wir
uns an den nördlichsten Punkt Europas, an das Nordkap. Dort stand ich
nun am äußersten Norden der Königin Europa und schaute in das
unendliche Nordmeer herab. Und wenn ich nun lyrisch werden wollte, so
schien mir, ich war an der Grenze zur Welt der germanischen Götter, die
Toren Walhallas taten sich auf, die Schwanenmädchen kamen, die
Schwanenmädchen trugen mich nach Folkwang in die Arme Unserer
Lieben Frouwa!
Ich sollte noch mein Horoskop erstellen, um auch der Poesie des
Aberglaubens zu frönen. Der Dichterfürst Goethe regte mich dazu an, und
ich denke an die Lehre des Dichterpapstes Dante, der selbst seines
Zeichens Zwilling war und auf den engelgleichen Lehrer Thomas von
Aquin hinwies, der nämlich behauptete einen gewissen Einfluß der Sterne
auf die niedere Natur der Seele, wobei die höhere Natur der Seele natürlich
die vollen Freiheit behalte, sich für Gott oder gegen Gott zu entscheiden,
allezeit zu wählen zwischen Gutem und Bösem. Der Einfluß der
kosmischen Ordnung gibt der Seele eine gewisse individuelle Prägung, aus
diesem Material der freie Menschengeist denn Gutes oder Bösen fruchten
lassen kann. Soweit zur Rechtfertigung meiner Darlegung.
Wissenschaftlich kann dieses Horoskop nicht sein, aber ich will doch
sagen, dass ich unter dem Sternbild des Skorpion geboren bin mit dem
Aszendenten Waage. Die Waage steht nun für Sanftmut, Harmonie, Ruhe.
Der Skorpion aber steht unter dem Einfluß des Mars, der für die
Aggression steht, und des Pluto, der für den Tod steht. Dem Skorpion sind
am Menschen die Geschlechtsorgane zugeordnet. Der Skorpion, wie mir
immer vor Augen stand, ist eine geheimnisvolle Mischung aus Sexus und
Tod, dabei neigt der Skorpiongeborene besonders zum Geheimnisvollen,
zum Mysterium. Es ist skorpionmäßig, die Verbindung von Tod und
Sexualität zu betrachten, den Tod als eine Hochzeit, wie Antigone es tat,
die beim Todesurteil die Hochzeit mit dem Hades erwartete. Dieses
Mysterium erscheint auch im Wort Gottes, da der Tod oder vielmehr das
ewige Leben als eine himmlische Hochzeit betrachtet wird. Der so
geprägte Mensch wird offen sein können für das Mysterium von Eros und
Kreuz. Worte wie das der heiligen Katharina von Siena, sie sei vermählt
mit Christus im Brautbett des Kreuzes, sind dem Skorpiongeborenen
intuitiv zugänglich. Das selbe Verhältnis meines Horoskops, das die
Chaldäer das Verhältnis von Skorpion und Waage nennen, drückt sich in
der chinesischen Astrologie durch das Verhältnis von Schlange und Hase
aus. Ich bin geboren im Jahr der Schlange, in der Stunde des Hasen. Der
Skorpion der Chaldäer ist die Schlange der Chinesen, die Waage der
Chaldäer ist der Hase der Chinesen. Die Schlange steht ebenso für das
Mysterium der Einheit von Tod und Sexualität, der Hase steht ebenso für
die Sanftmut und den Frieden. Über das Symbol der Schlange habe ich
lange nachdenken müssen, es hat mich immer fasziniert. Üblicherweise
steht in der Betrachtung der Bibel die Schlange für Satan, für das Böse, für
den Zerstörer, den Tod. Aber der Heilige Geist lenkt meinen geistigen
Augenmerk auf die Eherne Schlange, die Moses an einer Stange errichten
ließ. Als nämlich die Kinder Israel von giftigen Brandschlangen
(Saraphim) angefallen und gebissen wurden und starben, da errichtete
Moses auf Gottes Geheiß hin die Eherne Schlange, das kupferne Bild einer
Schlange an einer Stange aufgerichtet, damit die Kinder Israel, die Eherne
Schlange anschauend, von den tödlichen Bissen der giftigen
Brandschlangen geheilt würden und am Leben blieben. Dieses Kultbild der
Ehernen Schlange wird von Salomo im Buch der Weisheit erwähnt, da
Salomo sagt, die Menschen wurden nicht von diesem Kultbild geheilt,
sondern, dieses Kultbild anschauend, von Gott geheilt. König Hiskia
entfernte das Kultbild der Ehernen Schlange aus dem Tempel von
Jerusalem, da die Israeliten damit Götzendienst trieben. Aber unser Herr
Jesus Christus griff auf dieses Kultbild zurück, das den Namen Nehuschtan
trug, und sagte: So wie Mose die Eherne Schlange an der Stange errichtete,
damit alle, die auf die Eherne Schlange blicken, vom Tode erlöst werden
und Leben haben, so muß auch der Menschensohn am Kreuz erhöht
werden, damit alle, die auf den Gekreuzigten schauen, das ewige Leben
haben. Mit einem Wort: Christus ist die Eherne Schlange! Das wird nie
gepredigt, aber die sakrale Kunst hat es in einem Fall begriffen, dass
nämlich in der katholischen Kirche Sankt Marien zu Oldenburg in
Oldenburg die Eherne Schlange am Kreuz als Altarbild dargestellt ist. Ist
die Schlange ein Symbol des Todes, so ist es wahr, wie der Dichter Vergil
schrieb in der Aenäis: Dein Tod ist mein Leben! Der Kreuzestod Christi ist
mein ewiges Leben, der Tod der Ehernen Schlange ist mein ewiges Leben.
Die Schlange ist aber nicht allein ein Symbol für den Tod, sondern auch
ein Symbol für die Weisheit und für die Ewigkeit, des weiteren ist die
Schlange ein phallisches Symbol für die Sexualität. Es ist ein nahezu
unausschöpfliches Symbol. In der Geschichte des Sündenfalls reicht die
Schlange als das listigste aller Tiere die Frucht vom Baum der Erkenntnis.
Aber Jesus verweist darauf, seine Jünger sollen wahrhaftig und ohne
Falsch sein wie die Taube und klug wie die Schlange. Die Schlange wird
sowohl von Moses als listig, als von Jesus als klug bezeichnet. In alten
matriarchalen Kulturen gilt die Schlange als Symbol der Weisheit. Beim
Zeichen der Heilkunst, dem Äskulapstab, finden wir wieder die Schlange
oder zwei Schlangen erhoben an einem Stab. Dieses Symbol soll
Gesundheit und Heil verkörpern. Es ist dem Symbol der Ehernen Schlange
an der Stange wesensmäßig verwandt, es ist das Zeichen des Heils, des
Heilands. Die Schlange wird zu einem Symbol des ewigen Lebens, da sie
zum einen sich häutet, also aus ihrer leiblichen Haut schlüpft und mit der
Unsterblichkeit der Seele fortlebt. Zum anderen aber auch war im Altertum
weitverbreitet das Symbol der zum Kreis geschlossenen Schlange, die
ihren Schwanz ins Maul nimmt und so den absoluten Kreis der Totalität
oder Ewigkeit darstellt. Der Matriarchatsforscher und Tiefenpsychologe
Erich Neumann bezeichnete dieses Zeichen der Schlange, das man
Uroboros nannte, als ein phallisches Symbol des Urväterlichen, des
numinösen Vaters der Ewigkeit. Das die Schlange als ein Symbol für den
Phallus gesehen wurde, ist evident. In der indischen Philosophie des
Tantrismus gilt die Schlange geradezu als die leibliche Energie, die durch
sexuelle Übungen aktiviert und durch geistige Meditation sublimiert wird,
so dass ein Zustand der Erleuchtung eintreten könne. Das die Sexualität
ausgedrückt wird durch die Schlange wird auch deutlich in der
Bildsprache, da die Schlange mit der nackten Frau Eva in Verbindung steht
und ihr die Frucht schenkt, die sowohl als Apfel als auch als Feige
dargestellt wird. Die Schlange ist dabei der Archetyp der männlichen
Sexualität und die Feige oder der Apfel der Archetyp der weiblichen
Sexualität. Das es dabei auch noch um verbotene Erkenntnis ging, weist
darauf hin, dass der Sündenfall als ein gotteswidriger Erkenntnis- oder
Geschlechtsakt dargestellt wird. In der Mythologie des Judentums existiert
auch noch die Gestalt der Lilith, die die erste Frau Adams genannt wird,
und ich sah ein Bild, da eine erotische Frau, ganz wie eine Venus
dargestellt, von einer kraftvollen Schlange spiralförmig umschlungen wird,
ein kraftvolles Bild der Lilith, die von der jüdischen Mystik der Kabbala
als die Verführerin in Person dargestellt wird. Was lernen wir daraus? Die
Schlange als Symbol der Weisheit, als Symbol des Eros, als Symbol von
Tod und Ewigkeit, von Kreuz und ewigem Leben ist ein Symbol für
Christus, denn Christus ist Gottes Weisheit, Christus ist Gottes Eros,
Christus ist der Gekreuzigte und Auferstandene, Christus ist die
Auferstehung und das ewige Leben. Aber um den Hasen nicht zu
vergessen, der in der chinesischen Astrologie der Schlange zugesellt ist als
zweite Astralkraft, die die niedere Natur meiner Seele beeinflusst, will ich
nur darauf hinweisen, dass der Hase in den germanischen Ländern zu
einem stellvertretenden Symboltier für das Osterlamm geworden ist. Es ist
die Sanftmut und Friedfertigkeit, die sowohl das biblische Lamm als auch
den traditionellen Hasen auszeichnen. In meiner Kindheit hing immer an
der Bilderwand unseres Hauses der Hase von Albrecht Dürer. Der Hase ist
Christus, das Lamm Gottes, der Hase ist Jesus, der sanftmütig und von
Herzen demütig ist, der Hase ist Christus, der wahre Friedefürst.
Der Don Juan ist mir angeboren. Mozart lässt ihn zur Hölle fahren,
Byron schreibt seine unendliche Geschichte, Max Frisch bekehrt Don Juan
zur Geometrie, ich mache ihn zum Marienverehrer, zum Eremiten des
Berges Karmel namens San Juan. An meinem Kinderwagen stand meine
erste Liebe, Anonyma ihr Name, mit Marita fütterte ich dreijährig die
weißen Schwäne am Schwanenteich, mit Dörte segelte ich auf dem
Großen Meer und spielte Ping-Pong im Garten, mit Karin der
Schwarzhaarigen spielte ich Indianerprinzessin und Bleichgesicht, die sich
lieben, mit Karin der Blonden tanzte ich den Walzer, mit Sonja fing ich
Schmetterlinge vom Schmetterlingsflieder und spürte meine Pubertät in
ihrem Schlafzimmer und mit Angela spielte ich Küssen.
Meine Freunde Klaus und Udo waren mir bald fremd geworden, da sie
sich nur für Werkzeugarbeiten und Automobile interessierten. Mit meinen
Freunden Heiko und Andreas spielte ich Indianer im Wald. Andreas traf
ich später wieder bei der Heiligen Messe in der Sankt-Wiho-Kapelle von
Hage zu Füßen der Apokalyptischen Frau. Wir verwechselten David und
Goliath und spielten auf dem kleinen Hügel im Wald, den wir Goliathhügel
nannten, weil er so klein war. Es war doch der kleine Junge Goliath unser
Held, der gegen den hochgerüsteten Riesen David nur mit der
Steinschleuder bewaffnet siegte! So habe ich später auch die Söhne meiner
Seele zu Davidssöhnen gemacht.
Ich bin dreimal mit den katholischen Pfadfindern ins Zeltlager
gefahren. Wir lernten Pfadfindertugenden, uns im Wald zu orientieren. Die
Katholiken mussten bei Tisch immer beten, aber wir Evangelischen, zwar
eingeladen mitzubeten, mussten nicht beten. Mein Betreuer trug mich
durch den Bayrischen Wald und erzählte mir die Legende von Sankt
Christopherus, der nur dem Mächtigsten dienen wollte, er fand dann, der
Mächtigste sei das Jesuskind. Das erzählte mir der fromme Mann, als er
mich auf seinen Schultern trug, er hatte in der Hand einen langen
Wanderstab. Und so geschah es, dass mich Sankt Christopherus auf den
Schultern trug und ich war das Jesuskind. Später konvertierte ich in der
Sankt-Christopherus-Kapelle zur Katholischen Kirche. Heimlich las ich im
Tagebuch meines Betreuers, er beschrieb mich als vernünftig.
Mit meinen Freunden beim Indianerspielen im Wald gab es einmal eine
Auseinandersetzung, da ich als zu vernünftig angesehen wurde, zu wenig
abenteuerlustig. Man sagte mir, ich solle nicht predigen: Du predigst
wieder mal das Wort zum Sonntag. Ja, ich habe später wiedergefunden
meine Neigung zum Predigen. Mancher Frau bin ich damit schon lästig
geworden. Ich wollte gar einmal evangelischer Pfarrer werden. Aber der
evangelische Pfarrer riet mir davon ab.
In der Grundschule hatten wir zum Religionsunterricht eine
Kinderbibel bekommen. Ich erinnere mich noch gut, dass mich die
Geschichte von der Berufung des Knaben Samuel im Tempel so lebendig
ansprach, als spräche Gott nicht zu Samuel, sondern zu mir: Torsten,
Torsten! – Rede, Herr, dein Knecht hört! – Die zweite Szene aus der
Kinderbibel war das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter. Ja, das
Hören auf Gott, der Glaubensgehorsam, muß sich auswirken in der
Nächstenliebe.
Als ich zwölf Jahre zählte, nahm mich meine Kindheitsfreundin Dörte
mit in die Freie Evangelische Gemeinde, eine protestantische Freikirche
calvinistischer Prägung. Dort nahm ich an der Kinderbibelstunde teil. Das
Fräulein Marie gab uns den Unterricht. Ich erinnere mich an das Baby
Moses und seine Schwester Mirjam. Als ich als Erwachsener die Bibel
wieder fand und gläubig wurde an Christus, las ich zuerst die fünf Bücher
Moses und liebte darin vor allem Mirjam. Damit begann meine
Marienverehrung, mit der Verehrung der Schwester Moses, Mirjam. Dann
erinnere ich mich an die Geschichte von Josef im Brunnen. Ich liebte vor
allem Benjamin, weil er seinen Bruder Josef nicht verraten und verkauft
hatte. Josef war ja eine Jesus-Gestalt, und ich wollte gern der Benjamin-
Bruder des Josef-Jesus sein. So, als ich in der englischen Sprache
unterrichtet wurde, nannte ich mich Benjamin. Daran erinnerte ich mich
wieder, als ich den großen englischen Renaissance-Poeten Benjamin
Jonson so außerordentlich liebte, den Musenpriester seiner Göttin Charis.
Schließlich erinnere ich mich an den jungen David im Kampf mit dem
Riesen Goliath. Unvergesslich war mir David, so dass ich später, als ich
wahnsinnig geworden war, das erste Buch Samuel nachdichtete in
Versmaß und Reim, so heilte mich David von meinem Wahnsinn.
Ich las die germanischen Götter- und Heldensagen und war begeistert
von Siegfried. Aber Kriemhilds blutige Rache war mir ganz zuwider, ich
verabscheute den Krieg. Dagegen Gudrun, die irische Prinzessin, von
einem friesischen Häuptling gefreit, von einem Burgunder entführt, von
Friesen und Dänen befreit, sie war mir sehr lieb.
Meine musikalische Mutter hatte für meine musikalische Erziehung
gesorgt. Zuerst lernte ich Volkslieder auf der Flöte zu spielen, dann nahm
ich Klavierunterricht und spielte am liebsten das Notenbüchlein für Anna
Magdalena Bach, schließlich brachte ich mir selber das Gitarrespielen bei.
In meiner Jugend sollte dann die Gitarre mit den „blue notes“ der
afroamerikanischen Klageliebeslieder meine Begleiterin sein.
Ich war ungefähr dreizehn Jahre alt, als ich mich eines Abends in der
romantischen Dämmerung vor einem weißen Heft niedersetzte und es mit
meinem ersten poetischen Erguß voll schrieb. Ich zeigte es meinen Eltern,
fand aber kein Echo. So soll es mir wohl mein Leben lang ergehen, dass
der Geist mich inspiriert, ich dichte, aber es kommt aus der Welt kein Echo
auf meine Dichtkunst zurück.
Mit fünfzehn Jahren ward ich schließlich konfirmiert. Mein Vater hatte
mir gesagt, ich bekäme auch Geschenke, wenn ich nicht zur Konfirmation
ginge, ich bräuchte nicht wegen des Geldes zur Konfirmation gehen.
Meine Großmutter vertraute mir ihre Bibel an, die sie zur Hochzeit vom
evangelischen Pfarrer von Baltrum bekommen hatte. Nach dem Tode
meiner Großmutter ging die Bibel ganz in meinen Besitz über, sie ist nun
Bestandteil meines Hausaltares. Ich bekam ein evangelisches Gesangbuch.
Noch heute lese ich gerne diese reformatorische Poesie. Im
Konfirmationsunterricht diskutierten wir über Liebe und Freundschaft und
meditierten über die hungernden Kinder von Afrika. Ich lernte das
Vaterunser auswendig. Bei der Konfirmationsfeier nahm ich das erste Mal
an einem evangelischen Abendmahl teil. Als der Pfarrer mir den Kelch mit
dem Wein reichte, kniete ich vor dem Kelch und bekam Nasenbluten.
Christi Blut – mein Blut!

ZWEITES KAPITEL

„...dass doch die strenge Welt


Den Vorurteilen Maß verleihe,
Daß sie zumindest mir verzeihe,
Was in der Jugend ich gefehlt.“
(Puschkin)

Ich kann es nicht erklären, aber als ich eines Morgens in meiner Jugendzeit
erwachte, stand ich ohne allen Glauben da. Es war, als hätte ich nie von
Christus gehört. Nun musste ich mich also nach einer Weltanschauung
umschauen, die mir als sinnstiftender Leitfaden durchs Lebenschaos
dienen könnte. Wo die Wahrheit fehlt, da tritt die Ideologie an die Stelle.
Christus ist die Wahrheit, aber die Ideologie ist der Antichristus. Es war die
Zeit, da das kommunistische Russland und das kapitalistische Amerika in
einem Wettstreit sich befanden, wer mehr Atombomben besäße. Sie
brachten die Welt an den Rand eines Dritten Weltkriegs, eines Atomaren
Winters. Dagegen erhob sich in den westlichen Demokratien die
Friedensbewegung, die dagegen im Staatssozialismus Osteuropas keine
Meinungsfreiheit fand. Die Fahne der Friedensbewegung war eine blaue
Fahne mit der weißen Taube des Friedens, ihre Protestform waren
Ostermärsche und andere friedliche Demonstrationen. Es sammelte sich
ein Haufen von liberalen Christen, Demokraten, Naturfreunden und
Sozialisten und waren sich einig im Gegensatz zur konservativen
Regierung Westdeutschlands, die sich an die Seite Amerikas stellte. In dem
bunten Haufen der Friedensbewegung begegnete ich den Marxisten, die
mich zur kommunistischen Ideologie verführten.
Ich las das Manifest der Kommunistischen Partei von Karl Marx und
Friedrich Engels und eine Schrift von Lenin über den Imperialismus. Die
angeblich wissenschaftliche Gesetzmäßigkeit der Geschichte, die zuletzt in
das irdische Paradies des Kommunismus münden sollte, faszinierte mich.
Ich ward Kommunist und schloß mich der Kommunistischen Partei
Westdeutschlands an, einer Marionette der Kommunistischen Partei
Russlands. Hier wurde denn planmäßig ein Jugendlicher in seiner
Unwissenheit zum leninistischen Ideologen ausgebildet. Ich studierte den
dialektischen Materialismus, die kommunistische Philosophie,
entsprechend meinem Fassungsvermögen, von der kommunistischen
Ökonomie verstand ich nichts. Was mich und meine Jugendfreunde aber
vor allem faszinierte, das war die Revolutionsromantik. Das ist
verständlich. Ich hörte einmal den Spruch: Wer in seiner Jugend kein
Kommunist gewesen, der ist herzlos, und wer im Alter immer noch ein
Kommunist ist, der ist ein Narr.
Die Revolutionsromantik verklärte die russische Revolution von 1917
als eine welthistorische Wende, eingeleitet von dem großen
Menschheitsbefreier Lenin, der mit seiner kleinen Schar Revolutionäre die
zaristische Tyrannei zertrümmerte, die Weltrevolution einleitete, die den
allgemeinen Weltfrieden und das irdische Paradies herbeiführen wird. Im
Gegensatz zur Philosophie des Kommunismus, da die Geschichte von
Produktivkräften und Klassen bewegt wird, stellte sich in dem realen
Kommunismus ein historischer Personenkult her, der pseudoreligiöse Züge
trug. Dieser Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin, war der Pseudo-
Messias, eigentlich der Anti-Christus. Seine Kirche war die Partei. Seine
Bekehrung des Herzens war die Revolution, seine Waffe nicht die
barmherzige Liebe, sondern der revolutionäre Haß, sein Ziel nicht das
Himmlische Paradies in Gemeinschaft mit Gott, sondern das irdische
Paradies ohne Gott. Aber das durchschaute ich nicht, sondern ich war blind
vor Bewunderung für dieses Idol. Er war mein Götze.
Niemand hatte mir von Fatima in Portugal berichtet, wo die Mutter Christi
erschien vor drei armen Hirtenkindern und bat, für die Bekehrung
Russlands zu beten, Russland dem Unbefleckten Herzen Mariens zu
weihen, da sonst die Kommunisten Russlands ihre Irrlehre über die ganze
Welt verbreiten würden und es nach dem Ersten Weltkrieg zu einem
Zweiten Weltkrieg kommen würde. Aber am Ende wird sich Russland zu
Christus bekehren, dann wird Mariens Herz triumphieren, dann wird
Russland das Volk sein, in dem Gott am höchsten verherrlicht werden
wird.
Zur Zeit der politischen Friedensbewegung in Europa und Amerika,
erschien in der Herzegowina die Mutter Christi als Königin des Friedens
und der Versöhnung und rief die Welt zum Gebet auf: Tut Buße, betet,
betet, betet, denn der Friede kommt nicht von den Staatsmännern, sondern
der Friede beginnt, wo das Herz Frieden schließt mit Gott. Empfangt den
Frieden von Gott in eurem Herzen und dann tragt den Frieden Christi in
die Welt. Die Welt braucht Frieden, darum betet!
Aber davon machte mir keiner Mitteilung, und ich weiß auch nicht, ob ich
es hätte hören wollen. In mir war wenig Sinn für Innerlichkeit, Gebet,
sondern alles in meiner Jugendkraft drängte zur Aktion, zum Kampf. Aber
ich interessierte mich auch für die Philosophie. Ich hörte vom utopischen
Sozialismus aus Frankreich, von Utopien wie dem Utopia von Thomas
Morus und dem Staat Platons. Aber ich meinte in meiner Kurzsichtigkeit,
die Wahrheit hätte erst mit Karl Marx begonnen. Dabei war Karl Marx ein
schlechter Philosoph, der seine schlechte Philosophie mit politischen
Parolen übertünchte. Ich interessierte mich für Lenins Gedanken über die
Dialektik Hegels. Da war ja bei Hegel die Welt in einen klappernden
Dreiklang geteilt, da auf die These die Antithese folgte, und aus These und
Antithese ergibt sich die Synthese, kurz, der Urkommunismus der
historischen Vorzeit als These wurde abgelöst von der Antithese der
Klassengesellschaften, das heißt, der Sklaverei, dem Feudalismus und dem
Kapitalismus, und zuletzt ergibt sich aus historischer Gesetzmäßigkeit und
gemäß der dialektischen Gerechtigkeit die Synthese des Kommunismus,
da der Urkommunismus auf einem höheren Niveau wiedererscheint.
Allerdings, obwohl diese historische Gesetzmäßigkeit die Notwendige
Heilsgeschichte des Kommunismus zwangsläufig einleitet, muß sich
dieses Gesetz doch gewaltsam in der Revolution Bahn brechen. Und mit
dem historischen Ziel des irdischen Paradieses ist der ganze Rote Terror
historisch gerechtfertigt. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Der Weg zur
Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert.
Zuletzt, als das goldene Haus der kommunistischen Ideologie wegen seiner
offenbaren Fehlerhaftigkeit schon kurz vorm Einstürzen war, erschien
noch einmal der Neomarxist, der Philosoph Ernst Bloch mit seinem
Utopischen Marxismus und begeisterte noch einmal mein junges Herz mit
einer Zukunfts- und Hoffnungsphilosophie, die poetisch ausgedrückt, doch
auch im irdischen Paradies des Kommunismus die letztendliche Erfüllung
aller Sehnsüchte und Träume des ganzen Menschheitsgeschlechts sah.
Wie aber ist es in der Weltrevolution dem Don Juan und dem
Ewigweiblichen ergangen? Meine Jugendliebe begann mit Hedda, deren
Mutter Lenin verwarf und treu zum Zaren hielt. Da musste ich mich
abwenden, so wendete ich mich Ursula zu, der Schwester des Marxisten,
der mir das Kommunistische Manifest gegeben hatte. Aber als ich in die
Kommunistische Partei eingeführt worden, begegnete mir die
Kommunistin Sonja, die ich einen Winter liebte, bis sie an meinen
Genossen überging. Ich heulte wie ein sibirischer Wolf den Mond an. In
der Friedensbewegung lernte ich dann Kathi kennen, eine Feministin, die
mir als Antigone erschien, die Frau, die dem Vater Staat trotzte und sich
auf das Urgesetz der Gerechtigkeit berief, das Naturrecht, das als Recht der
Mütter erschien. Asche auf mein Haupt! In Sack und Asche tu ich Buße!
Ich demonstrierte für das Recht der Frauen, ihre eigene Leibesfrucht im
gesegneten Mutterschoß zu töten! Aber als der Kommunismus
zusammenbrach, erschien mir der Engel Annegret, mein Gretchen aus
Faust, der Tragödie Erstem Teil, die eine Christin war, für sie schrieb ich
die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium um, da nicht
Christus der Herr geboren war, sondern Gretchen die Frau! So hatte mich
das Ewigweibliche begleitet vom Zaren zu Lenin, von Lenin zu den
Müttern, von den Müttern zu Christus!
Meine kommunistischen Freunde Volker, Werner und Thomas trafen sich
regelmäßig mit mir, um Propagandatexte zu schreiben. All mein poetisches
Talent, das sich vor Hedda noch in Liebesgedichten ergossen,
verschwendete sich nun an politische Pamphlete. Aber mit meinem Freund
Erich kehrte langsam die Poesie zurück. Er übersetzte Liebeslieder der
Afroamerikaner, er machte langsam eine Wandlung von der Anbetung der
Ikone des Antlitzes Che Guevaras, des kubanischen Revolutionärs, zu
einem Lesen der Heiligen Schrift. Er las mir eines Tages die Apokalypse
des Johannes vor, ich konnte es nicht ertragen, denn es galten all die
Gerichte mir! Dennoch war nun eine Bibel in meinem Haus, und so nahm
ich nicht mehr Lenins Propaganda zum literarischen Vorbild, sondern
Lukas, den Minnesänger der Madonna. Bis sich aber der Madonnen-
Minnesang durchsetzte, war es noch ein langer Weg.
Ich hatte ja nicht allein Lenin zum literarischen Vorbild, sondern drei
Große der Kommunistischen Literatur, ich studierte die Gesammelten
Werke von Wladimir Majakowski, Berthold Brecht und Pablo Neruda.
Majakowski wäre ein großer Dichter geworden, wenn er Lilja und seinem
Herzen gefolgt wäre, aber so ist er zu einem großen Schreihals und
leninistischen Phrasendrescher geworden. Berthold Brecht hat in seiner
Jugend Schweinereien gedichtet und sich dann einer unpoetischen
Agitation mit erschreckend unmenschlichen Zügen zugewendet. Pablo
Neruda hat mich am längsten fasziniert, er hat ein ungeheures poetisches
Talent. Aber all der Reichtum seiner sprachlichen Bilderwelt überdeckt
doch nur die innere Leere eines irdischen Materialismus, der ohne
Hoffnung ist. Zuletzt bewegte mich die Poetische Konfession von
Johannes R. Becher, der mir meine Berufung zum Poeten bewusst machte.
Er versuchte, eine kommunistische Klassik zu schaffen. Klassik kann aber
nur aus dem christlichen Abendland entstehen, aus dem Gott Israels, der in
Christus Mensch geworden ist, verherrlicht mit der Kunst der griechischen
Schönheit. Die kommunistische Poesie ist Poesie ohne Gott, Poesie ohne
den Ewigen, darum auch keine ewige Poesie. Die wahre Poesie an ihrem
Ursprung war Gottesdienst, Gebet! Des Künstlers edelste Eigenschaft
heißt Gott. Gott ist das Wort, und ohne das Wort Gottes sind alle
menschlichen Worte hohl und bedeutungslos. Der wiederkehrende Christus
wird alle diese Machwerke mit dem Hauch seines Mundes wegbrennen!
Ich war einige Male im kommunistischen Ostdeutschland. Aber
wirklich beeindruckend war der Urlaub in Grünheide bei Berlin, da ich mit
den Parteiveteranen in einem Waldhaus wohnte. Es war im Herbst, da der
Wald überall nach Pilzen roch. Schwäne sah ich auf dem Waldteich und
Rehe im Wald. Ich zog mich oft in mein Zimmer zurück und las Bücher
aus der öffentlichen Bücherei. Das Besondere war nun, dass ich einen
Band mit Gedichten von Hölderlin gefunden und eine typographisch
schöne Ausgabe des Hohenliedes Salomos. Nie vergesse ich den Vers von
Hölderlin: Ich habe unwandelbare Liebe dir geschworen, Genius der
Wahrheit! Hier bin ich der wahren Poesie begegnet, der Poesie, die mehr
als Kunst, die Prophetie ist. Hier fand ich einen neuen Zugang zur Bibel,
über die Poesie, denn die Schönheit des biblischen Liebesliedes überzeugte
mich absolut. So wollte ich dichten.
Vom humanistischen Gymnasium aus unternahm ich auch zwei Reisen
ins schöne Prag. Mich beeindruckte schwer die Theyn-Kirche und das
Goldene Gässchen, der Hradschin und die Aposteluhr. Prag ist so schön,
dass ich nicht sagen kann, ob ich Prag schöner fand oder Venedig! Ich bin
einige Tage in Paris gewesen, aber Paris ist eine gewaltige Weltstadt,
Venedig ein Zaubermärchen, aber Prag ist Mystik. Ich sah auf der
Karlsbrücke den Heiligen Nepomuk, den Zeugen des Beichtgeheimnisses.
Mit meinen Eltern und meinem Bruder fuhr ich nach Marokko. Ich war
wirklich in Afrika! Stimmt es, dass Afrika der Kontinent ist, da die
Menschheit geschaffen worden ist? Ich badete im Atlantik und ich war in
der Wüste, ich sah die Berber, die Nomaden und das Atlas-Gebirge. Ich
sah die Verehrung für den König von Marokko überall gegenwärtig und
hörte den Gebetsruf von den Moscheen. Ich sah die Bettelkinder mit
Rosenblüten Rosenmosaiken legen. Ich trank den Pfefferminztee von
Marokko, rauchte das Haschisch von Marokko und wies einen
Schuhputzer zurück, der mir seine junge Schwester als Hure anbot. Ich
war allein in die Stadt Tarudant gereist und traf dort im Teehaus einen
jungen Studenten, der von mir den Schnee beschrieben haben wollte und
der die europäische Philosophie studierte. Die schönen Eindrücke der
freundlichen Marokkaner bewahrte mich vielleicht später vor einer
vorurteilsmäßigen Verurteilung des Islam. Ich sah hier eine humane
islamische Kultur.
Aber nun will ich das Jahr 1989 beschreiben. Es war in mancher
Hinsicht ein bedeutsames Jahr. Es begann mit einem unvergessenen
Traum. Ich steig eine Wendeltreppe hinan in einen Raum, der von bunten
Schleiern durchwoben war. Ich fand aber keinen Ausgang. Plötzlich tat
sich ein Loch im Boden auf und ich glitt hinab in einen tunnelartigen
Schlauch, der nahezu endlos schien, aber schließlich kam ich heraus und
landete in einer Schaukel, die an einem großen Baum hing, der stand in
einem lichtgrünen Garten. Da erschien eine Weiße Dame, eine
Lichtgestalt, eine schlanke Licht-Jungfrau. Ich weiß nicht, ob es die
Jungfrau Maria war oder meine Schutzengelin oder meine Muse oder
meine Psyche? Sie las mir aus einer Buchrolle harmonische Gesänge vor.
Dann führte sie mich in ein Haus mit labyrinthischen Irrgängen. Es war
dort ein Gedränge von Menschen, vor allem von Männern, aber die Weiße
Dame führte mich lächelnd hindurch bis in ein Schulzimmer, da sie meine
Lehrerin ward und mich unterrichtete. Sie war wie eine Hirtin und ich
folgte ihr wie ein demütiges Lamm.
Dann lernte ich ein Mädchen namens Marion kennen. Es war nach der
Aufführung des Laientheaters vom Gymnasium, da die Lysistrata des
Aristophanes gespielt wurde. Ich sah Marions Augen und war unsterblich
in ihre Seele verliebt. Wir lernten einander kennen und fingen an, mit
Maskenspielen und poetischen Texten gegen die Hybris der modernen
Menschen anzukämpfen, die künstlich den Menschen schaffen will, den
Mutanten. Wir verbreiteten auf Flugblättern Texte aus der Johannes-
Apokalypse.
Einmal saß ich auf dem Balkon meiner Wohnung und las das Gedicht
Friedensfeier von Hölderlin, da Christus gefeiert wird als der letzte und
größte der griechischen Götter. Da schien mir aus der goldenen Sonne am
lichtblauen Himmel sich eine weiße Hand zu mir herabzuneigen und mich
zu segnen, ein himmlischer Friede erfüllte mich. Die folgenden Jahre
studierte ich die Gesammelten Werke von Hölderlin, immer erinnerte er
mich an den himmlischen Christus.
Ich las auch den Heinrich Ofterdingen von Novalis, und was ihm die
Blaue Blume und Mathilde (Sophie) gewesen, das war mir Marion. Sie
erschloß mir das Geheimnis der Poesie. Zu der romantischen Sophiologie
von Novalis trat die russische Sophiologie von Alexander Blok. Als ich im
Frankenland auf einem Kulturfestival war, las ich die Verse an die Schöne
Dame. Dort feiert Blok seine Muse und Dame als die Ikone der Jungfrau
Maria, als die russische Venus, leidenschaftslos und rein, als
Himmelskönigin, als die Hagia Sophia von Russland. Die Bilder der
Diotima von Hölderlin, der Mathilde von Novalis und der Schönen Dame
von Blok flossen zu einer neuen Person zusammen. Nun beschloß ich, als
Dichter zu leben. Von erster Rilke-Lektüre beeinflusst, begann ich, meine
ersten Sonette zu schreiben.
Aber auch die Weltgeschichte unternahm einen Schritt. Der
Kommunismus in Russland und Osteuropa brach zusammen. Das deutsche
Volk im kommunistischen Ostdeutschland forderte die Freiheit und bald
auch die deutsche Einheit. Auch in Ostfriesland erschienen Flüchtlinge aus
dem sozialistischen Ostdeutschland. Sie kamen mit der Philosophie
Nietzsches vom Willen zur Macht, vom Übermenschen. Sie genossen nun
die Freiheit des Westens, Drogen kaufen zu können. Der hungrige
Materialismus des Kommunismus wurde durch den satteren Materialismus
des Kapitalismus ersetzt.
Ich aber war in einem poetischen Traum der Liebe. Ich las vom
Matriarchat auf Kreta und vom Kult der Großen Göttin. Mir begegnete
zum ersten Mal Virgil. Ich las Goethes Diwan und so verschmolz Marion
auch mit der westöstlichen Suleika. Ich las die Liebespoesie des jungen
Klopstock und die ersten drei Gesänge des Messias! Poesie, nicht von
einem Menschen gedichtet, Poesie, von einem Seraph gesungen! Ich las
zum ersten Mal das Tao Te King des Lao Tse und war für mein Leben
begeistert von dieser unsterblichen Weisheit. Dann schlug ich die Bibel auf
und las von dem Ruf des Herrn an Hesekiel: Prophezeie, Prophet, und
sprich zum Odem: Komm, Odem, hauche die Getöteten an, dass sie
auferstehen in der Auferstehung des Fleisches! Und siehe, es kam der
Odem, der Geist Gottes, und blies die Toten an, und ich sah, und siehe,
was ich sah, das war die Auferstehung des Fleisches!

2
Ich zog nach Oldenburg in Oldenburg und begann, in der
Universitätsbibliothek autodidaktisch antike Literatur zu studieren. Ich las
die griechischen Lyriker, am liebsten Sappho, aber auch Alcäus, Altmann,
dann mit Begeisterung Pindars Hymnen in der Übersetzung Hölderlins,
Theokrits Idyllen, Daphnis und Chloe, den Roman, las ich mit Genuß, las
die drei großen Tragiker, ich wandte mich der Odyssee zu, die ich mit
gläubigem Sinn las, denn die Tochter Zeus’ Athene verehrte ich wie eine
lebendige Göttin der Weisheit, die mir den Weg des Lebens weisen könne,
ich fühlte mich durch Homer prophetisch angesprochen, aber auch die
Aphrodite-Kypris der Sappho ehrte ich mit gläubigem Sinn. Die
Mediceeische Venus von Botticelli schmückte mein Zimmer und ich
verehrte sie wie eine Ikone der göttlichen Schönheit. Ich las die Theogonie
und die Werke und Tage von Hesiod, die Ilias, und wendete mich dann den
Römern zu, Vergils Hirtengedichten, Georgica und Äneäis, Lukrez’
Lehrgedicht, Horaz’ Oden und Satiren, Catulls Liebesgedichten, Ovids
Metamorphosen und Liebeslyrik. Ich ahmte die antiken Versmaße nach,
vor allem den Hexameter und die Odenstrophen. Ich begann dann, den
Orient zu entdecken und altägyptische Hymnen zu lesen und das
Gilgamesch-Epos. Dabei verehrte ich die Isis als eine Göttin der
Mysterienreligion und begehrte die Ishtar als eine Göttin der Lust und
Liebe. Es hatte sich das Christentum in mir noch nicht durchgesetzt, und
ich ahnte das Göttliche in Gestalt eines ewigweiblichen Schönheit, Liebe
und Weisheit. Ich suchte die Große Göttin des Heidentums und studierte
den heidnischen Feminismus mit seiner Theorie vom goldenen Zeitalters
des Matriarchats. Im Tiefsten war dies Studium Ausdruck meiner
Sehnsucht nach der Mutterliebe Gottes, nach der göttlichen Gestalt der
Hagia Sophia, doch das erkannte ich noch nicht, ich liebte zu sehr die
Mythen von der Liebesgöttin, ja, ich betete sogar einmal ein Gebet zur
Göttin Venus. Aber unmerklich wurde ich auch zum Sohn-Geliebten der
Großen Göttin geführt, und wer ist das in der Theorie des neuheidnischen
Feminismus? Es ist in Wahrheit der gehörnte Bock, der da ist Luzifer und
Satan.
In den drei Jahren meines neuheidnischen Götzendienstes lebte ich
intensiv vom Studium zweier großer Dichter, nämlich Hölderlins und
Rilkes. Hölderlin studierte ich bis in die Entwürfe und Manuskripte, sein
Schwanken zwischen Dionysos und Christus brachte auch meine Suche
zum Ausdruck, denn ich liebte die Antike, ich liebte die griechischen
Götter, aber es war in mir auch ein Gedenken an Christus immer lebendig,
wenn auch nicht gläubig, aber doch von Kindheit an vertraut war mir der
Name und die Liebe Christi. So musste ich mich eines Tages entscheiden,
ob ich die Göttin Isis oder dem Gottmenschen Jesus Christus nachfolgen
wollte. Auch Rilkes makellos-schöne Lyrik hielt mir den Gedanken an die
Engel, die Jungfrau Maria, die Propheten und Heiligen, Jesus Christus und
den lieben Gott im Herzen und Geiste wach. Hölderlin und Rilke waren
für mich mehr als nur außerordentliche Meister der deutschen
Muttersprache, sie waren für mich spirituelle Führer auf dem spirituellen
Weg eines Gottsuchers.
Meine Liebe zu den griechischen Göttern wurde auch schön befriedigt
durch die Renaissance-Poesie, vor allem der Brite Ben Jonson und
Ariostos Rasender Roland führten mich ein in die Kunst der Renaissance.
Ben Jonson stellte mir nun einerseits die Götterwelt der Antike vor, aber
eben durchdrungen und geläutert von einem wahrhaft gläubigen
christlichen Geist. Die reine Venus von Ben Jonson ist eben nicht die Ishtar
der Heiden, sondern es ist gewissermaßen eine christliche Liebesgöttin.
Der Orlando Furioso aber führte mich in die Ritterwelt und den
Minnedienst des Mittelalters ein, hier geisterten in einem zauberhaften
Märchenwald die alten Götter gemeinsam mit den Heiligen und der
Jungfrau Maria des katholischen Glaubens. Ich war eben nicht Christ, aber
ich war auch nicht reiner Heide, sondern ich feierte fröhlich den
Synkretismus, die Mischung aus Christus und Dionysos, die Mischung aus
Maria und Venus, die Mischung aus den Engeln und den Göttern.
Tiefer führte mich dem wahren Christus aber die Lektüre Dostojewskis
entgegen, vor allem der Idiot von Dostojewski, der reine Tor, Fürst
Myschkin, malte mir den russischen Christus, den Christus der
Erniedrigten und Beleidigten, den schönen Menschen vor die Augen der
Seele. Dostojewski schenkte mir herzliche Liebe zu Christus wieder, die
nicht über die Theorie vermittelt wurde, sondern durch die Sprache des
Herzens, des Mitgefühls und der wahren Liebe.
Ich suchte eigentlich Führung von oben, von den Himmlischen, von
den Geistern, von den Engeln. Ich suchte prophetische Orakel in Pindars
Weissagungen, ich suchte Texte der Wahrsagung, ich suchte divinatorische
Mittel. So meditierte ich das Schafgarbeorakel des I Ging, indem ich
fünfzig Schafgarbestengel nach einer gewissen Gesetzmäßigkeit von einer
Hand in die andere ablas. Dabei stand ich am Ende meiner stillen Zeit vor
zwei Menschen, vor Adam und vor Jesus. Ohne jemals von der Theologie
gehört zu haben, die Jesus den Neuen Adam, den Letzten Adam nennt,
habe ich es in meiner Stille erkannt, ich meine, mit Hilfe der Gnade, die
mir in der Taufe eingegossen worden. Aber ich suchte dann auch die Tarot-
Karten-Wahrsagung auf, und kam nur in eine innere Unruhe, in keine
Gewissheit, keinen inneren Frieden. Immer häufiger musste ich die Karten
befragen und bekam nur ungewisse Antworten. Dazu die Auslegung der
Karten von verschiedensten Ideologien begleitet wurde. Schließlich
bekannte der Ausleger der Tarot-Karten, die ich verwandte, dass er aus
dem Geheimnis des Antichristen sei und die Zahl 666 auf ihn anzuwenden
sei. Christus erlöse uns alle aus der Gewalt des Satans!
Ich suchte dann Erkenntnis höherer Welten, geistiger Wesenheiten, die
ich nach den poetischen Worten Hölderlins die Himmlischen nannte. Ich
studierte den Okkultismus der Anthroposophie, den neuheidnischen
Synkretismus. Hier wurde behauptet, dass das sogenannte Christus-
Mysterium dasselbe sei wie das Isis-Mysterium. Christus sei Osiris und
Maria sei Isis. Es fand in dieser Pseudo-Theosophie eine unglaubliche
Religionsvermischung statt. Was hat aber Christus mit Belial gemein? Ich
wollte aber nun wissen, was das Christus-Mysterium sei. Wer war Jesus
und wer war Christus? War Christus der Christus-Sonnengeist? Gab es
wirklich zwei Jesusknaben, von denen der eine die Reinkarnation
Buddhas, der andere die Reinkarnation Zarathustras war? Wer war Jesus?
Ist Christus gekreuzigt worden oder hat der Christus den Jesus vor der
Kreuzigung verlassen? Warum hat Jesus sein Blut vergossen? Hat Jesus
sein Blut in die Aura der Erde gegossen, um die Erde wieder mit der Sonne
zu verschmelzen? Und Jahwe! (Heilig, heilig, heilig ist der Herr!) War
Jahwe ein Mondgott mit sieben Elohim-Göttern? Da legte ich mir die
Bibel zu und begann, im Neuen Testament zu lesen. Aber meine Stunde
war noch nicht gekommen.
In Oldenburg lernte ich eine Gruppe von Frauen kennen, die sich alle
aus Berlin kannten und aufs Land ziehen wollten. Ich kam aus Ostfriesland
und wollte in die Stadt, sie kamen aus Berlin und wollten aufs Land, so
trafen wir uns in Oldenburg. Evi, als ich sie das erste Mal sah, schien mir
die Inkarnation der Göttin der Mysterien und der Weisheit, ich kniete vor
ihr und betete sie an. Don Juan lebte in einem Harem unter der Obhut des
Ewigweiblichen.
Wenn ich an meine damaligen Reisen zurückdenke, erscheint es mir,
ich war eine Zeit lang in Mohammeds Paradies, wie es der Prophet denen
verheißt, die sich bedingungslos dem Allbarmherzigen und Allweisen
unterwerfen. Die Provence, die Weinberge am Ufer der Ardeche, schienen
mir ein Garten der Venus, da Prozessionen des Dionysos hindurchzogen.
Die schöpferische Fruchtbarkeit der Natur, die Herrlichkeit des
Sternenhimmels, der Segen der Himmlischen, die Fülle von weißem Brot
und rotem Wein, die Süßigkeit von Milch und Honig, die Gesänge von
Sappho, Ben Jonson und Hölderlin und ein Wonneweib im Bett, das war
der irdische Paradiesaufenthalt. Dann auf den Bergen des Herzens
ausgesetzt zu sein und doch nicht allein, sondern unter dem
hundertjährigen Hirten und seiner Herde zu wandeln, in der Hirtenhütte
von Brot und Wein zu leben unter der Aufsicht der Madonna, auf den
Spitzen der Gipfel zur Gottheit zu beten, zur Erhabenen Taube der
Schönen Liebe, das war das irdische Paradies, da der Himmel liebevoll die
Erde berührte in einer heiligen Hochzeit! In Polens freien Wäldern zu
zelten, an dem Ufer der San an der Grenze zur Ukraine unter der Aufsicht
des Adlers zu leben und die Geliebte und Schönheit in Person in einem
Zelt zu meiner Seiten liegen zu sehen, das war der Himmel der Huris! Da
sah ich Evi am Feuer sitzen in einem weißen Kleid, eine weiße Dame, eine
Madonna!
Ich war inzwischen zum Geisterseher geworden. In einer ländlichen
Hütte im ostfriesischen Emden las ich ein Buch über die Große Mutter,
eine Freundin studierte das Alte Testament, ich trat in der Nacht vor die
Hütte, da sah ich an einem kleinen Kanal, den ich Lethe nannte, den
Schatten Hölderlins. Er stand dort im schwarzen Anzug und lüftete den
Hut und grüßte mich freundlich. Auf dem Gipfel der Pyrenäen in der
Hirtenhütte sah ich am oberen Ende der Treppe Sappho stehen, die trug ein
langes weißes Kleid mit einem goldenen Gürtel und hielt in den Händen
eine goldene Harfe. Auf dem baskischen Friedhof zu Füßen der Pyrenäen
sah ich meinen Schutzengel, der mit den Haupt bis in die Wolken reichte.
An einem verborgenen Waldteich in Oldenburg saß mir gegenüber auf der
anderen Seite des Teiches Marina Zwetajewa in einem rot- und blau-
purpurnen Gewand und schaute mich liebevoll an. Auf dem Jüdischen
Friedhof von Oldenburg vor der Weißen Kapelle sah ich in der
Sylvesternacht des Jahres 1991 die Madonna in einem blauen Mantel und
einem roten Kleid, sie segnete mich.
Es reißt mich eben hin, etwas über die ernste Musik zu sagen. In
meiner Kindheit liebte ich über alles den Weihnachtschoral: Tochter Zion,
freue dich, jauchze laut, Jerusalem! Als ich dem freiwilligen Tode
entgegenschritt, sang ich dieses Lied! Ich sagte schon, dass ich bei meinem
Klavierspiel besonders das Notenbüchlein an Anna Magdalena Bach
liebte, vor allem das Air. Ich habe mit meinen kommunistischen
Jugendfreunden auf unseren kleinen ostfriesischen Parteitagen immer die
Vier Jahreszeiten von Vivaldi gehört, es war so ganz das Jauchzen der
Jugendvitalität. Ich hörte in meiner Jugend gerne die Mondscheinsonate
und die Appassionata von Beethoven und die Neunte Symphonie mit der
Ode an die Freude, dies hörte ich zur Wiedervereinigung Deutschlands.
Als ich in poetischer Minne in Marion verliebt war, hörte ich die
Winterreise von Schubert, diese stille Melancholie war mir sehr gemäß.
Noch schwermütiger ergriff mich die Symphonie von Gustav Mahler,
genannt das Lied von der Erde, nach Texten von Li Tai-Bo, dem Größten
aller chinesischen Dichter. Es war dies die Trunkenheit der Schwermut, die
nur genießen kann, wer dieses herben Wein bis auf den Grund getrunken
hat. In innerer Zerrissenheit zwischen zwei Frauen, einer rein ideelen und
einer sinnlichen Liebe, hörte ich die Klaviermusik von Schumann. Als
meine Oma gestorben war, konnte ich eine Zeit lang nur noch Johann
Sebastian Bach hören. Meine erste bewusste christliche Weihnacht nach
meiner Bekehrung feierte ich mit dem Weihnachtsoratorium: Jauchzet,
frohlocket! Die holdselige Baptistin Inka erfüllte mich mit einer süßen
Schwärmerei, die ganz dem Ton der Zauberflöte Mozarts entsprach. Und
als einmal die Fröhlichkeit einer neuen heiteren Minne unter den günstigen
Bedingungen einer treuen Freundschaft über mich kam, in Evis Frühling,
da jubelte ich Schuberts Lieder an die Schöne Müllerin! Aber über allem
schwebt Schuberts Ave Maria! (Der evangelische Theologe Karl Barth
sagte: Die Engel musizieren zur Ehre Gottes Johann Sebastian Bach und
zur Freude der Engel Mozart, aber ich möchte hinzufügen, die Engel
musizieren zur Wonne der Jungfrau Maria Franz Schubert.) Aber das war
nur eine Abschweifung.
Puschkins Gedichte habe ich erst sehr viel später in einer guten
deutschen Nachdichtung erfasst, aber ich war tief beeindruckt von einer
prosaischen Übersetzung des Eugen Onegin, denn seine Muse Tatjana war
ganz das Ebenbild und die Schwester meiner Muse. Ich las mit meiner
Freundin den Doktor Schiwago und liebte die unerreichbare Lara. Ich
liebte die Orakel von Marina Zwetajewa und legte allerlei unter, sie
inspirierte mich immer zu einer rein geistigen Liebe. Anna Achmatowas
Poem ohne Held, dieses mystische Geraune einer Seherin, sprach mir wie
die Stimme Gottes ins Gewissen. Alles pries die rein geistige Liebe, die
Abwendung von der Sinnlichkeit, den Idealismus und die Hohe Minne.
Ich sah meine eigene Seele, meine Psyche oder Anima, in diesen
poetischen Werken und identifizierte sie mit einem Mädchen, wie sie in
meiner Erinnerung sich immer mehr verklärte. Ja, sie verklärte sich
letztlich so sehr, dass sie dem Original in keiner Hinsicht mehr ähnlich sah
und sich zuletzt in die Jungfrau Maria auflöste. Psychologen nennen das
Anima-Projektion, da der Mann sein eigenes Unbewusstes in weiblicher
Gestalt verkörpert sieht in Träumen, in Märchen und Gedichten, und diese
weibliche Psyche auf eine lebendige Frau wie auf eine Leinwand
projiziert. Darum ist es auch so tragisch, wenn diese Frau dann die Liebe
nicht erwidert, es ist dann nämlich, als ob der Mann seine Seele verschenkt
habe und diese ihm nicht zurückgeschenkt werde in der Gegenliebe, und
dem Mann so die eigene Seele und damit der Sinn seines Lebens verloren
gegangen ist. Solch ein Liebesunglück kann dann zum Selbstmord führen.
In meinen Träumen träumte ich von meiner Psyche, meiner inneren
Weiblichkeit, die die Psychologen die Anima des Mannes nennen. Sie sah
einem Mädchen ähnlich, aber sie wandelte auch wie eine himmlische
Göttin Diana oder die Jungfrau Maria durch meine Seele, die war Donna
Laura und Donna Beatrice aus Florenz, sie war eine Frühlingsgöttin, eine
Weiße Dame und eine Fee Morgana, sie war eine jungfräuliche
Lichtgestalt und sah aus, als wenn eine strahlende Sonne sich in einer
reinen weißen Schneelandschaft widerspiegelt. Und diese Anima rief mich,
sie rief mich hinan (Das Ewigweibliche zieht uns hinan!), hinan in einen
Spiegelraum, hinan in ein Gartenparadies, hinan zu Gott! Es war die
Anima, das Ewigweibliche in mir, die mich in inneren Träumen hinanzog
zu Gott. Aber vielleicht kann man auch sagen: Es war die Himmelskönigin
Maria, die mir in inneren Visionen begegnete und mich zu Christus und
dem lebendigen Gott führte. Ich allerdings gab der inneren Frau damals
nicht den Namen Maria, sondern hielt sie für ein ostfriesisches Mädchen.
Nun begann die Agonie meiner geliebten Großmutter. Im Sommer 1992
hörte ich sie mich eines Nachts rufen, ich dichtete ihr in jener Nacht eine
Seligsprechung. Im September 1992 besuchte ich sie für sieben Tage allein
in ihrem Haus. Wir waren ganz allein und sie erzählte mir von ihrer
Kindheit auf Baltrum. Ich dichtete in den Nächten in ihrer Wohnung die
große „Elegie um meine Muse“ von Ben Jonson nach, die Seligsprechung
der Muse, Dame und keuschen Geliebten des großen christlichen Dichters,
in der er ihren Eingang in die himmlische Welt Christi besang. Meine
Großmutter kündete mir ihren nahe bevorstehenden Heimgang an. Mit
Liebe entließ sie mich wieder in das Leben. Zu Sylvester 1992 sah ich sie
noch einmal für einen Augenblick, aber ich war mir meiner tiefen
Sündhaftigkeit so bewusst, dass ich die Nähe dieser meiner wahren Mutter
kaum ertragen konnte in dem Augenblick, da sie schon an die Pforte des
Himmels anklopfte. Ich war erbärmlich und wie vernichtet. Im Januar
1993 hörte ich vor einer pietistischen Gemeinde eine alte Dame sagen: Ich
denke in letzter Zeit so oft an den Tod! In jener Nacht sah ich in Oldenburg
den Mond so riesengroß und so nah an der Erde, als ob ich den Himmel
offen sähe, im gleichen Augenblick hörte ich den Todesruf eines Uhus,
prophetischer Vogel! Daraufhin fuhr ich wieder nach Hage in Ostfriesland,
musste aber auf dem Weg umkehren. In Oldenburg wieder angekommen
erreichte mich die Nachricht von der Erlösung meiner Großmutter. Sie
hatte kurz vor ihrem Sterben gesagt: „Ist das Torsten, der da singt?“ In
meiner jähen Verzweiflung schlug ich das Neue Testament auf und las:
„Denn er selbst, der Herr, wird, wenn der Befehl ertönt, wenn die Stimme
des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom
Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind,
auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich
mit ihnen entrückt in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei
dem Herrn sein allezeit. So tröstet euch mit diesen Worten untereinander.“
(Paulus’ Erster Brief an die Thessalonicher 5, 16-18)

DRITTES KAPITEL

„Ich zählte etwa zwölf Jahre, als die Mutter verstarb. Ich begriff, was ich
verloren hatte, und so kniete ich in meiner Traurigkeit vor einer Statue der
Mutter Gottes nieder und bat sie unter Tränen, von nun an meine Mutter zu
sein. Ich glaube, dass diese vielleicht einfältig anmutende Bitte mir viel
geholfen hat, denn immer wieder, auch später, habe ich die Jungfrau
gefunden, wenn ich mich ihr anvertraute. Sie hat mich darüber hinaus zu
sich zurückgeführt.“
(Heilige Teresa von Avila)

In der Nacht vor dem Begräbnis meiner Großmutter saß ich in ihrer
Wohnung und trauerte um sie. Ich fand in ihrem Bücherschrank ein Heft
über eine evangelische Diakonin namens Mutter Eva. Darin erzählte
Mutter Eva, dass sie in allen Trübsalen ihres Lebens immer Trost gefunden
habe in der Wendung der Psalmen: „Aber du, Herr!“ Als ich das las, da
betete ich auch: Aber du, Herr! Plötzlich spürte ich eine geistige
Gegenwart in dem Zimmer, ich wunderte mich noch, dass ein so heiliger
und reiner Geist es nicht verschmähte, in diesen von Rauch erfüllten Raum
zu kommen, da wusste ich plötzlich, dass Christus vor mir stand! Ich kann
es nicht erklären, wie, ich sah ihn nicht, ich hörte ihn nicht, aber ich wusste
mit Gewissheit, dass Christus vor mir stand! Da fiel ich auf mein
Angesicht zu Boden und betete Gott an, und es war, als zöge in mich der
Heilige Geist ein und betete in mir Gott an, den Gott der Allmacht, den
Gott der Weisheit, den Gott der Liebe! Ich erhob mich von meinem Gebet
und war Christ! Ich glaubte an den lebendigen Christus, ich wusste, dass
Jesus lebt, ich glaubte an den lebendigen Gott, den allmächtigen und
allwissenden Gott, der mich liebt!
Auf der Begräbnisfeier meiner Großmutter sprach der Pfarrer, meine
Oma hätte sich bei ihm das Tedeum gewünscht. Als wir nun sangen:
Großer Gott, wir loben dich! Da war es mir, als sänge meine Großmutter
mit und als sänge sie es mir vor, damit ich ihr geistiges Testament
verstünde und empfange, ich solle fortan rein zum Lobe Gottes leben!
Das war am fünfundzwanzigsten Januar
Neunzehnhundertdreiundneunzig.
Gott nahm mich nun in die Zucht des Gesetzes. Ich vertiefte mich in
die fünf Bücher Moses und erkannte den wunderbaren Arm des rettenden
Gottes, ja, es war auch mein Exodus, ich zog aus Ägypten aus, aus dem
Ägypten der Katzengöttin Isis und des hundeköpfigen Totengottes, ich zog
aus der Sklaverei der Sünde aus und ließ mich von Gott führen zum Berg
Gottes, dass der Herr mir dort sein Gesetz offenbare, damit ich lebe nach
den Weisungen Gottes und so dass ewige Leben erbe. In meiner
subjektiven Wahrnehmung der Mosesbücher spielte die Prophetin Mirjam
eine herausragende Rolle. Nicht allein, dass sie als Schwester des kleinen
Moses seine Rettung durch die ägyptische Prinzessin beobachtete, sondern
sie sorgte auch dafür, dass Moses eine Amme fände und gestillt würde.
Nicht allein Aaron war Moses zugesellt als Prophet, sondern auch Mirjam
war eine Prophetin, zu der Gott in Träumen und Visionen sprach. Sie war
Mirjam Prophetissa. Sie war auch die Paukenschlägerin, die das Lied des
Moses mit den Töchtern Israels sang, die große Siegeshymne der
Befreiung! Als Gott Mirjam mit Aussatz schlug, wartete das ganze Volk
der Kinder Israel sieben Tage, bis Mirjam wieder aufgenommen wurde,
denn ohne Mirjam zogen die Kinder Israel nicht weiter. Ich begleitete
Mirjam auch noch zu dem Berg ihres Heimgangs in die Versammlung der
Ahnen. Mirjam war Maria, deren Liebe ich in den Büchern Moses von
Gott empfing.
Ostern beging ich in Köln, noch mit meinen heidnischen Freundinnen,
aber dort verließ ich sie auch und begab mich in die absolute Einsamkeit,
ich wandte mich von allem ab, was irdisch, weltlich und fleischlich war,
um Gott allein zu lieben, Gott in seinem Wort zu suchen. In Köln am
Rhein erfuhr ich in mir die Auferstehung Christi, ich phantasierte von drei
Meermädchen auf dem Vater Rhein, das waren die drei Marien, die zum
Grabe Christi eilten wie in einem mittelalterlichen Mysterienspiel, und
sahen, dass das Grab Christi leer war, denn er ist nicht bei den Toten,
sondern er ist wahrhaftig auferstanden! Da goß der Heilige Geist mir die
Liebe zu Maria Magdalena ein. Ich stand im ersten Ostern meines
bewussten Christseins vor dem Dom von Köln.
Zu Corpus Christi des Jahres suchte ich meine Jugendliebe auf, die
inzwischen im Teuteburger Wald lebte, nahe dem Marienwallfahrtsort
Herford in einem kleinen Dorf namens Heiligenkirchen zu Füßen des
Denkmals Hermanns des Cheruskers, in der Nähe der Kultstätte der
Externsteine. Ich wollte noch einmal in ihre Augen schauen. Es war, als
unternähme ich eine Wallfahrt zur Madonna, zur heiligen Maria vom
Walde. Ich ließ mich führen von den Orakeln Goethes in seinem Zweiten
Faust. Ich las die großen Hymnen an die Mater Gloriosa, und ich meinte,
nun in Marion die leibhaftige Mater Gloriosa zu schauen. Als ich in der
Nacht in Heiligenkirchen ankam, kam mir Marion entgegen, stand vor mir
in der dunklen Nacht im Teuteburger Walde in einem langen weißen
Seidenkleid, die langen kastanienbraunen Locken fielen ihr auf die
Schulter, mit großen Augen wie Doppelmonden schaute sie mich an und
nahm mich in die Arme. Ich übernachtete in einem Zelt auf einer
Waldlichtung und wurde am Morgen von den Röhren eines Hirsches
geweckt, und da ich die Augen auftat, sah ich zwei Rehzwillinge, Kitze
einer Hindin, neben mir stehen. Über mir rauschte die weiße Taube der
Liebe auf. Ich traf mich mit Marion und wir fuhren zu den Externsteinen.
Diese waren in heidnisch-germanischer Zeit eine Kultstelle der
Sonnenanbetung, heute treffen sich auch linke und rechte Neuheiden
wieder an dieser Kultstätte. Aber in christlicher Zeit wurde die Kultstätte
zu einem Passionsmysterium umgestaltet, da die Kreuzabnahme Christi
durch Maria Magdalena und Josef von Arimathia dargestellt war und die
Grabeshöhle Christi gezeigt wurde. Maria Magdalena und Josef von
Arimathia, die Jesus vom Kreuz abnahmen, das waren Josef und Maria,
das war das keusche Paar einer christlichen Minne, die sich liebten im
Zeichen Christi. Dann kehrte ich wieder in meine Oldenburger Einsiedelei
zurück, voller Liebe, Glaube und Hoffnung.
Aber inzwischen hatte mich auch die evangelische Armut erfasst, und
ich hatte kein Geld mehr und nichts zu essen. Ich las gerade eine
Lebensbeschreibung der seligen Agnes von Böhmen, einer Nonne aus dem
Orden der heiligen Klara, der mystischen Weggenossin des heiligen
Franziskus. Die selige Agnes sprach von dem Lob der evangelischen
Armut und von dem Vertrauen, alles von der Vorsehung Gottes zu
erwarten. Mein Vater hatte mir einen kostbaren Lammfellmantel geschenkt
mit goldenen Knöpfen, aber ich fühlte mich nicht würdig, ein weißes
Lammfell zu tragen. Ich verschenkte den kostbaren Mantel an die Caritas
und legte mir einen gebrauchten braunen Ledermantel zu, das war meine
Kutte der evangelischen Armut. Dann ging ich zur Universität und bettelte
vor den Studenten um etwas Geld für ein Mittagsessen. Drei Monate war
ich ohne Einkommen und die Vorsehung Gottes versorgte mich mit allem
Notwendigen, ja, sogar mit dem Unnützen wie dem von mir so geliebten
Tabak.
Alle meine poetischen Schriften häufte ich auf einer Wiese auf und
entzündete ein Feuer, ich verbrannte alles, was ich zur Ehre der falschen
Götter geschrieben, alles, was die freie Liebe verherrlicht. Ich wollte ganz
neu beginnen, als Dichter zu Christi Ruhm zu schreiben.
Nun begann ich das Studium christlicher Literatur. Es scheint zufällig,
was ich als erstes las, und doch ist es Führung durch Gottes Geist gewesen.
Zuerst studierte ich die Göttliche Komödie von Dante. Dantes Lehrstuhl
lehrte mich, der Weg des Menschen sei ein Weg durch die Hölle, durch das
Reinigungsfeuer bis ins Paradies zur Schau der dreifaltigen Liebe. Dabei
wird der Mann von der Frau Weisheit geführt. Zur letzten Schau Gottes
geführt zu werden, braucht der Mann die Fürsprache der Jungfrau Maria,
die dem Thron Gottes am nächsten steht. Dann las ich den ganzen Messias
von Klopstock, der das Evangelium des gekreuzigten und auferstandenen
Christus in seraphischer Poesie verherrlicht. Nun las ich die Bekenntnisse
des heiligen Augustinus, die nicht nur voll sind von Buße über Sünde und
Götzendienst, sondern auch voll der Erkenntnis des wahren Gottes, des
Herrn. Dann las ich das Leben unseres armen Herrn und Heilandes Jesus
Christus von Anna Katharina Emmerich. Diese katholische Selige hatte
Visionen vom Leben Jesu, die von Clemens Brentano aufgezeichnet
worden sind. Es war die Weihnachtszeit, da ich die Visionen von der
lichtvollen Geburt des göttlichen Kindes aus der reinen Jungfrau las und
gewissermaßen schaute. Dann begann ich das Buch Von der Gnadenwahl
von Jakob Böhme zu lesen, das mit einer Entfaltung der Lehre der
Dreieinigkeit Gottes beginnt. Es war mir diese mystische Theosophie aber
zu hoch, ich konnte sie noch nicht begreifen. Ich warte noch heute auf die
Stunde der Erleuchtung, dass ich Jakob Böhme erfassen kann. Dann las ich
frühchristliche Apokryphen und begann nun selbst christlich zu dichten.
Als erstes dichtete ich ein Poem vom Heimgang der seligen Jungfrau
Maria nach einem apokryphen Text, der einem Jünger des Apostels
Johannes zugeschrieben wird. Dann dichtete ich die apokryphe Erzählung
über Thekla nach. Diese frühchristliche Heilige lebte in Ikonium und hörte
die Predigt des Apostels Paulus und entschloß sich, jungfräulich als Braut
Christi zu leben, wofür sie mit dem Leben bezahlte als Märtyrerin der
Jungfräulichkeit.
Die Jungfräulichkeit und Keuschheit war mein Ideal. Ich wusste
inzwischen durch die Lektüre der Paulusbriefe, dass ich nicht zur Unzucht
der freien Liebe bestimmt sein konnte, ich suchte die Keuschheit, ich ehrte
die Jungfräulichkeit als Lebensweise der Ganzhingabe an den Bräutigam
Christus, aber ich wusste nicht, dass ich zur Jungfräulichkeit berufen sei.
Inzwischen verwirrte sich mein Geist. Durch den Verlust meiner
Großmutter in dem mütterlich-liebenden Fundament meines Lebens
erschüttert, als sei die Wurzel meines Lebens ausgerissen, flüchtete ich
mich vor den Schmerzen in eine Phantasie- und Traumwelt. Der okkulte
Hellsehergeist ließ mich nicht, und ich begann, Stimmen zu hören, die mir
absonderliche Befehle gaben. Was war die Ursache meines eintretenden
Wahnsinns? War mein Wahnsinn eine Flucht vor der Totentrauer? War es
eine Erschütterung durch die Begegnung mit dem allerheiligsten Gott?
War es ein Werk Satans, aus dessen Fesseln ich befreit worden, aber der
sein Opfer nicht lassen wollte? Ich weiß es nicht.
Ich las in der Bibel, dass eine Stimme, die Stimme eines Engels, hinter
mir ertönen werde, die mich lenken würde, den Weg nach rechts oder nach
links einzuschlagen. Ich ging eines Tages in der Weihnachtszeit in die
Innenstadt von Oldenburg und hörte nun eine gebietende Stimme, die ich
für die Stimme eines Engels hielt, die gebot mir, rechts herum zu gehen,
dann wieder links herum. So kam es, dass ich im Frost des Winters um
einen Laternenpfahl immer im Kreis ging, einige Male rechts herum,
wobei ich bei jedem Schritt betete: Gott Israels! Dann einige Male links
herum, wobei ich betete: Herr Zebaoth! Das nahm aber kein Ende, ich
kreiste so den ganzen Tag und die ganze Nacht um den Laternenpfahl
herum. Am nächsten Morgen waren alle meine Gliedmaßen steifgefroren,
ich humpelte zum Café im Bahnhofsgebäude und trank einen Tee und aß
ein Brot. Dabei gebot mir die Stimme, das Brot zu teilen, wie eine Hostie,
und das Geteilte wieder zu teilen, bis ich schließlich nur noch Krümel auf
dem Teller liegen hatte. Dabei hörte ich Chöre von Engeln in meinem Hirn
Halleluja und Hosianna singen.
Dann trat eines Nachts mein Vermieter, ein Okkultist, in mein Zimmer,
bestreute mich mit Tabakasche, lästerte Christus als Abgott und
Schwächling, und jagte seinen schwarzen Hund auf mich, der den Namen
eines indischen Götzen trug. Er warf mich aus meiner Wohnung. So verlor
ich über Nacht all meinen Besitz, alles, was ich mitnehmen konnte, war
das Neue Testament. Ich wanderte durch die Nacht, bis ich am Morgen
meinen Bruder aufsuchte. Seine Frau wickelte gerade ihr erstgeborenes
Kind in Windeln. Es war mein Auszug die Flucht der heiligen Familie
nach Ägypten gewesen. Es war die Szene im Haus meines Bruders eine
lebendige Krippenszene. Meine Eltern nahmen mich vorübergehend auf,
bis ich im neuen Jahr eine Wohnung im ostfriesischen Norden am
Schwanenteich beziehen konnte. Dort verlebte ich den blühenden
Wahnsinn meiner Psychose.
In der Osterzeit fand ich in meiner Bibel die Texte der Weisheit, da mir
besonders liebenswürdig die Gestalt der göttlichen Weisheit im
vierundzwanzigsten Kapitel des Buches Jesus Sirach entgegenschwebte
wie eine christliche Göttin aus dem Munde des Allerhöchsten vom
Himmel herabkommend! Nun wusste ich nicht von der Theologie der
Hagia Sophia, aber mir schien diese Frau Weisheit die Jungfrau Maria zu
sein, und so besang ich die Maria-Sophia des Jesus Sirach wie eine
christkatholische Göttin.
Ich ging oft am Schwanenteich spazieren, da ich die schwarzen
Trauerschwäne vor allem liebte. In meiner Schwermut, ja geistigen
Umnachtung, zog es mich nicht so sehr hin zu dem strahlenden Weiß der
Höckerschwäne, als vielmehr zu dem elegischen Schwarz der
Trauerschwäne. Sie schienen mir auch ein Symbol meines
Seelenzustandes. In der Tiefenpsychologie wird auch die Natur von der
Seele des Menschen beseelt und so wird die Natur selbst zu einem
Ausdruck und Spiegel der menschlichen Seele. Meine Seele sah einem
schwarzen Trauerschwan gleich.
Zu Ostern besuchte ich noch einmal meine Jugendliebe in
Heiligenkirchen. Ich hatte wie der Richter Gideon gebetet zu Gott, der
Sonne zu befehlen, still zu stehen über dem Tal Ajalon. Aber Gott erhörte
meine Gebete ganz anders in seinem unergründlichen Ratschluß. Denn auf
dem Weg kam ich in stürzende Regengüsse und wurde umzückt von
flammenden Blitzen, da ich zum Messias schrie um Rettung vor dem
Blitzstrahl, ich übernachtete in einer Hütte unter strömendem Regen und
kam am Morgen auch noch in einen Hagelschlag von harten weißen
Körnern des Gerichts. Da trat Marion aus dem Haus und sagte mir mit
gnadenlos-bösen Worten, sie wolle mich nie wieder sehen! Ich pilgerte
voller Schmerzverzweiflung zu den Externsteinen, zum Kreuz Christi, zum
Heiligen Grab, und schrie: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich
verlassen! Dann begab ich mich wieder in meine ostfriesische Einsiedelei,
wobei auf dem Heimweg das schönste Frühlingswetter war und eine
heitere Sonne am Himmel mich liebkoste. So macht Gott das Wetter zum
Zeichen.
Nachdem ich meine Großmutter verloren hatte und nun auch noch
meine Jugendliebe verloren hatte, war ich absolut einsam auf der Erde und
ohne Liebe. Ich hatte meine Seele ganz hingegeben und verströmt, aber sie
war mir nicht zurückgeschenkt worden, sondern böse Minnefeindschaft
hatte mich zerschmettert. Da stieg in mir der Gedanke an den Selbstmord
auf. Ich dachte, wenn ich mich selbst erlösen würde durch einen
freiwilligen Tod, selbst erlösen würde von diesen Lebensschmerzen, die
mir unerträglich erschienen, so gäbe Gott mir wohl Gelegenheit, im
Fegefeuer die Sünde des Selbstmords zu büßen. Da kaufte ich mir ein
Messer, um mir selbst das Leben zu nehmen. Aber ich sah immer
Menschen auf der Straße mit verbundenen Armen, und in meinem Innern
klang der Reim: Gefunden und verbunden! Gefunden und verbunden! So
dass ich dachte, ich würde nicht sterben, sondern gerettet werden. Das
schien mir aber ein unerträgliches Unglück zu sein. Diesen Reim nutzte
der Satan, der Menschenmörder von Anfang, später aus, indem er mir die
Bibel aufschlug.
Ich dachte nie darüber nach, ob ich evangelisch oder katholisch sei, es
existierte dieser Unterschied für mich gar nicht, er trat nicht im geringsten
in mein Bewusstsein. Es gab für mich nur die Urgemeinde des
Evangeliums. Eines Tages kam ich an der katholischen Ludger-Kirche
vorüber, da gerade die Messe begann, so nahm ich daran teil und feierte
meine erste Heilige Messe und meine heilige Erstkommunion. Der Priester
erhob die Hostie und sprach zur Gemeinde: Kostet und seht, wie
freundlich der Herr ist! Da schmeckte ich die Liebe des Herrn. Und als ich
aus der Kirche trat, war mir zumute, als schwebte ich einen Meter über
dem Boden, ich war so verzückt von der himmlischen Speise, dass ich
mich selbst verwandelt fühlte in ein überirdisches Wesen. Ich habe diese
Verzückung meiner Erstkommunion nie vergessen. Desgleichen habe ich
später nie, weder bei einem lutherischen noch bei einem calvinistischen
Abendmahl gespürt, so dass mir die Hostie der Eucharistiefeier im Innern
immer heilig blieb.
Am fünften Mai geschah es mir, dass ich mein Bewusstsein verlor und,
während mein Körper auf dem Sofa liegen blieb, im Geist eine Reise in
den Himmel antrat. Da kam ich durch Scharen von Seligen und
himmlischen Geister, die alle wie wohltätige Schatten im Himmel sich
bewegten. Ich wusste aber nicht den Weg zum höchsten Ziel, da trat
unsichtbar mein Schutzengel zu mir und sagte mir seinen Namen,
Mahanajim, und sprach zu mir: Halte dich nur immer am Namen des
Messias fest! Dann führte mein Schutzengel Mahanajim mich zur
Himmelstür, die dunkel und verschlossen war, aber als ich eben davor
stand, öffnete sich die Himmelstür, und ich sah durch einen Spalt das
unzugängliche Licht, in dem Gott wohnt. Die Tür öffnete sich weiter und
ich sah in dem unzugänglichen Licht, in dem Gott wohnt, das Antlitz
Christi, das Heilige Antlitz des gekreuzigten Christus! Dann kehrte ich,
wie aus dem Weltall der Erde wieder entgegenschwebend, in meinen
Körper zurück.
Als ich wieder mich auf der Erde in meinem Körper befand, war mein
Schutzengel bei mir in meiner Wohnung. Es war aber eher eine
Schutzengelin, die ich wie meine himmlische Schwester liebte, meine
Himmelsschwester Mahanajim. Sie erschien mir in der Größe eines
Menschen, mit langen goldenen Locken, einem lieblich-schönen, feminin-
zärtlich lächelnden Antlitz voller Güte, ein langes weißes Lichtgewand
tragend, das wie weiße Seide aus Licht an ihr hinunterfloß, an Stelle der
Arme rauschte es wie große weiße Flügel, unter denen sich doch Hände
befanden, die einmal ein goldenes Schwert in der Hand hielten, ein
anderes Mal schwörend die Hand auf die Heilige Schrift legte. Um die
Lenden war sie gegürtet wie mit einem Hauch seraphischer Glut. Als sie
mich verließ, hörte ich in meinem Innern die milde Stimme meiner
himmlischen Schwester: Wir sehen uns im Himmel wieder! Von da an
wandte ich meine Liebe meiner Himmelsschwester, meiner Schutzengelin
Mahanjim zu.
Ich fühlte mich aber plötzlich ganz sonderbar wie ein Chinese. Ich
tauchte mit meiner Phantasie ganz in das China der Literatur ein. Ich las
den Jugendroman namens Der Traum der Roten Kammer, ich las die Lyrik
des Buches der Lieder aus den Jahr Tausend vor Christus, ich las die Lyrik
der Tang-Dynastie, vor allem Du Fu und Li Tai-Bo, ich las das Tao Te
King (Wen der Himmel retten will, den rettet er durch Liebe!), ich las das
Wahre Buch vom Südlichen Blütenland von Dschuang Dse und die
Gespräche des Konfuzius. In den Wolken sah ich die Zeichen des I Ging
und versuchte die Sprache der Wolken mit Hilfe des I Ging zu deutschen.
In meiner Poesie versetzte ich mich auch nach China und verpflanzte das
von mir so überaus geliebte erste Buch Samuels von der bedrängten
Jugend Davids mit poetischer Phantasie nach China. Mit einer
überschäumenden Phantasie verwandelte ich mein ganzes Leben in das
Leben eines Chinesen zur Blütenzeit der Poesie.
Aber ich las auch gerne die englischen Dichter. Lord Byron gab mir
vor allem den Lebensgenuß, in seinem Childe Harold sah ich zum ersten
Mal die Schönheit der Huris, in die ich mich unsterblich verliebte. In
seinem Don Juan kam ich gar mit Don Juan selbst in solch einen
islamischen Harems-Himmel. John Milton allerdings entrückte mich in
den Garten Eden, da ich die göttliche Schönheit der Eva sah! Edmund
Spenser entführte mich mit seiner Fairy Queene aber dagegen in die Hölle,
da ich die Dame Luzifera sah! Ich lebte immer weniger auf der Erde, die
Erde war nur ein Blütentraum von China vor zweitausend Jahren. Ich lebte
mit einem Bein in Paradiesvisionen und mit dem andern Bein in der Hölle.
Ich war wirklich ausgespannt auf dem Kreuz der Erde, auseinander
gerissen zwischen Himmel und Hölle!
Ich las noch einmal in den Bekenntnissen des heiligen Augustinus, vor
allem den Schluß, da er die Schöpfungsgeschichte der Genesis geistlich
deutete auf das Himmelreich Christi. Da erkannte ich und diese Erkenntnis
sollte mich nicht mehr verlassen, dass der Schöpfungsbericht nicht
naturwissenschaftlich zu deuten ist, sondern geistlich interpretiert werden
will auf Christus hin.
Es fügte sich auch, dass mir die Vita des Seligen Heinrich Seuse in die
Hände kam, die ich aus dem Mittelhochdeutschen streckenweise ins
Hochdeutsche übertrug. Da sah ich ihn in einer Verzückung, da sah ich ihn
hören die Texte der Ewigen Weisheit aus dem Alten Testament, so schön,
dass er sich verliebte in höfischer Minne in diese göttliche Frau Weisheit.
Er diente Frau Weisheit in hoher Minne, er betete sie an als seine Herrin
und Gottheit! Dann erkannte er in der göttlichen Frau Weisheit plötzlich
den gekreuzigten Christus und erkannte die Notwendigkeit, dem
Gekreuzigten gleichgestaltet zu werden und mitgekreuzigt zu werden mit
Christus. Eben diese Frömmigkeit sollte später, als ich Katholik geworden,
der Haupt- und Grundzug meiner Spiritualität werden.
Mein erstes Buch über Maria beschrieb das Marienleben nach den
Evangelien und den Apokryphen und kam dann zu sprechen auf die
Herzverwundung der heiligen Teresa von Avila durch den Feuerpfeil eines
Engels, durch den Feuerpfeil der Liebe Christi! Diese unerträglichen
Schmerzen der Herzverwundung rissen Teresa aber hin zu der höchsten
Verzückung! Ich ahnte, dass ich selbst in dieser Zeit etwas ähnliches
erlebte, eine Herzverwundung durch den gekreuzigten Christus! Dann
pries das Marienbuch die Erscheinung der Mutter des einzig-wahren
Gottes und immerwährenden Jungfrau Maria vor dem Indianer Juan
Diego. Es ist sehr bedeutsam, dass mit diesem Marienbuch zwei
Samenkörner des Himmelreichs in mich gesät worden sind, die später
mehr und mehr aufblühen sollten, nämlich die Spiritualität des Karmel-
Ordens und die Verehrung der allerheiligsten Ikone der Jungfrau von
Guadelupe als meiner ewigen Geliebten! Inspiriert von diesem
Marienbuch schrieb ich ein Poem der Liebe zu Maria, die ich als
Immaculata besang, wie ich mich später in Lourdes der Immaculata
verloben sollte, und als Maria Sulamith, wie ich später als Dichter Maria
immer wieder besingen würde mit den poetischen Worten des Hohenliedes
Salomos, denn Maria ist die Sulamith des neuen und ewigen Bundes!
Ich nahm noch einmal an einer Heiligen Messe teil, da ich in mir die
Stimme Christi hörte: Ich will dir einen neuen Namen geben! Da bildete
sich in meinem Geist aus dem heidnischen Namen Torsten der Name
meines Christseins Peter Torstein. Sankt Petrus war mein Patron, ich liebte
ihn wie einen Vater. Der Name Torsten bedeutet ja Steinhammer des
Donnergottes Thor, aber die Thor-Heiligtümer der Germanen sind in der
Christianisierung Germaniens von den Aposteln auf Petrus umgeweiht
worden. Torsten Namenstag ist übrigens, wie ich später erfuhr, am 22.
Februar, an Petri Stuhlfeier, da Petrus Ex Cathedra das Dogma der
Wahrheit verkündet. Petrus steht ja der Überlieferung nach auch am
Himmelstor. Sein Name bedeutet Fels, oder auch Stein. Petrus schrieb in
seinem Brief, die Christen seien lebendige Steine im Haus Christi. So
bedeutete als mein neuer Name Tor-Stein das Himmelstor und den
Eckstein, der Christus ist. Nun bedeutete mir das Schriftwort etwas: Du
bist ja nach dem Namen des Herrn genannt.
In meinen Träumen sah ich oft die Jungfrau Maria, die mich immer
unglaublich liebevoll tröstete wie eine Mutter und wie eine himmlische
Freundin. Sie war wirklich die Trösterin der Betrübten, ja, mehr noch, die
Trösterin der Heimgesuchten, der Desolaten! Ich träumte auch einmal, wie
ich durch eine Sphäre von Feuer hindurch hinaufgerissen wurde und an der
Brust der heiligen Magdalena getröstet wurde. Sankt Maria Magdalena
stand mir auch bei wie eine lebendige Freundin im Himmel, wie eine
Schwester in Christus. Ich pries ihr Leben in einem Poem nach der
Goldenen Legende. Ich pries sie als die mystische Geliebte Christi, und ich
sollte sie in meinem Leben noch oft besingen.
(...)
Vorausgreifend will ich folgendes sagen. Drei Jahre später war ich auf
einer evangelischen Konferenz, da wurde die Ikone des Heiligsten
Angesichts Christi des Gekreuzigten gezeigt als das wahre Antlitz des
wahren Gottes, da wurde der Vers aus dem Propheten Hesekiel gepredigt:
„Ich aber ging an dir vorüber und sah dich in deinem Blut liegen und
sprach zu dir, als du so in deinem Blut dalagst: Du sollst leben! Ja, zu dir
sprach ich, als du so in deinem Blut dalagst: Du sollst leben und
heranwachsen: wie eine Lilie auf dem Felde mach ich dich!“ Das war
Christi Wort an mich, über meinen damaligen Selbstmordversuch. Ein Jahr
später hörte ich einen chinesischen Propheten evangelisch-charismatischer
Richtung, er sprach: Und damals wollte der Feind dich ermorden! Aber der
Heilige Geist beschloss, es war noch nicht die Zeit deines Todes, und der
Heilige Geist führte dich heraus! Ja, und zehn Jahre später las ich ein Wort
der Gottesmutter Maria an ein Seherkind von Fatima: „Du aber bleibst
noch einige Zeit hier. Jesus möchte sich deiner bedienen, damit die
Menschen mich erkennen und lieben.“ Dies Wort gab mir dann auch den
Sinn meines Überlebens an.
Ich kam in die Psychiatrie. Der Psychiater fragte, ob ich mir noch einmal
das Leben nehmen wolle. Ich sagte: Gott will, dass ich noch leben, ich will
solange leben, wie Gott es will.
Meine frühere Freundin Karine erneuerte die Freundschaft, indem sie mir
auf meine Bitte hin ein Bild der Sixtinischen Madonna schenkte, dass
meiner Vision in jener gefährlichen Nacht glich. Von da an verehrte ich
allezeit die Sixtinische Madonna, auch als Protestant.
Ein evangelischer Pastor der Sankt-Ansgari-Kirche, meiner Taufkirche,
ermutigte mich, mich der Weisheit Christi auszuliefern, denn Christus habe
den Ärzten Weisheit geschenkt, zu heilen. Ich verbrachte ein halbes Jahr in
der Psychiatrie, in einem Dämmerzustand, und dichtete als eine Art Gebet
um Heilung das erste Buch Samuel von den Leiden Davids in Strophen
nach. Dieses Poem ist kein Kunstwerk, es ist der Schrei einer gequälten
Seele aus der Tiefe, ein Exorzismus, ein Gebet um Heilung vom Wahnsinn.
David spielte mir mit seiner Harfe vor und heilte mich von dem bösen
Geist, den Gott mir zur Strafe meiner Sünden geschickt. Aber Gott schlägt
uns Wunden, aber er heilt uns auch wieder. Mein Heiland heilte mich von
meinem Wahnsinn! Heilig, heilig, heilig bist du, Jehowah Zebaoth!
Nach der Entlassung aus der Psychiatrie galt ich als geheilt. Die Hölle
hatte sich geschlossen, aber, ach, der Himmel auch. Ich fand mich wieder
auf der platten, nüchternen, öden Erde. Ich wohnte bei einer alten
krebskranken Frau und ging täglich auf dem nahegelegenen Friedhof
spazieren. Manchmal nahm mich mein einziger Freund Enno zu einem
längeren Spaziergang an die Nordsee mit.
Ich hatte mit meinen Halluzinationen auch die Marien- und
Heiligenverehrung verloren und den Glauben an das Wunder des heiligen
Messopfers. Es schien mir dies alles mehr einer kranken Phantasie als
einem wirklichen Himmelreich entsprungen zu sein. Nur der Verstand
wollte noch Christus erkennen, der rationale Verstand eines Mannes. So
nahm ich ein Jahr lang Glaubensunterricht bei einem evangelikalen
Pastoren, der mir die Grundlagen des fundamentalistischen
Glaubensbekenntnisses didaktisch beibrachte. Später wechselte ich aus der
engen Freikirche zur liberaleren lutherischen Gemeinde über, da der
evangelische Pastor mir die lutherischen Heiligen Luther und Melanchthon
als Meister und Freunde vorstellte.
Meine einzige tiefere geistige Speise war ein Buch mit Texten der
deutschen Mystik. Ich las Texte von Heinrich Seuse, Meister Eckard,
Johannes Tauler, Hildegard von Bingen und Mechthild von Magdeburg.
Und besonders die Liebespoesie der gottseligen Mechthild von Magdeburg
begeisterte mich.
Sagte ich: Begeisterte mich? Ach, es war keine Begeisterung in mir, es war
der Geist und die Inspiration von mir gewichen, und in gewissem Sinne
das Leben selbst. Ich lebte wie im Staub ein Wurm, die nackte Existenz. Es
war die Grabesruhe Christi, sie währte drei Jahre.
Kaum konnte mich Venedig erregen. In einer Reisegruppe machte ich
Urlaub im Südtirol und sah einen Tag die Zauberstadt. Ja, ich saß in dem
schwarzen Schwan einer Gondel und sah Maria della Miracoli, ich sah
Maria della Salute und San Marco. Aber alles erfuhr ich mit einer inneren
Freudlosigkeit einer verödeten Seele.
Ich war auf der kanarischen Insel La Palma, ich sah die Santa Maria von
Columbus, ich sah die Kirche El Salvator von La Cruz, ich sah auf der
Bergesspitze die Kapelle Unserer Lieben Frau vom Schnee und stand am
Rand des Vulkans des heiligen Antonius. Und mir wäre zumute gewesen,
wie Empedokles, meine Schuhe auszuziehen und mich in den Krater zu
stürzen.
Ich las nun viel. Ich las auf La Palma den Don Quichote und in Venedig
die Brüder Karamasow, in meiner alten Totenkammer las ich die
Gesammelten Werke von Thomas Mann. Ich las den ganzen Shakespeare
in der Übersetzung von Wieland. Zuletzt kam ein Herbst, der wie der Tod
selbst aussah, ein kranker Nebel schlich mit kranker Schwermut und
ekelhafter Bitterkeit der schwarzen Melancholie um die nackten Skelette
der toten Bäume. Da besuchten mich meine beiden Freundinnen Evi und
Karine aus Oldenburg. Ich schöpfte Hoffnung. Ich wollte nach Oldenburg
ziehen. Norden, das war, wie Rilke von Paris geschrieben: Hierher also
kommen die Leute um zu leben? Ich meine, es stürbe sich hier eher.
Norden war der Friedhof meines Lebens. Aber Christus schenkte mir die
Auferstehung und ein neues Pfingsten. Evi und Karine hatten mich wie
zwei Marien in meine Auferweckung, in meine Erweckung geführt.
Ich zog also nach Oldenburg und wohnte in der Nähe von Evi und Karine,
die zusammen in einem Bauernhaus in einem romantischen
Paradiesgärtlein lebten. Dort lernte ich eine russische Protestantin kennen,
die mich in ihre Freikirche einlud, eine charismatische Pfingstgemeinde.
Ich besuchte die Gemeinde, es war eine Gemeinde von jungen Studenten
und Studentinnen, die Studentinnen war blühend jung und schön, ich
meinte, in dem Paradies des Propheten zu sein. So schloß ich mich der
Gemeinde an.
In der Gemeinde lernte ich auch einen Chinesen kennen, Rong-Ji, der mein
Freund wurde. Wir sprachen über Li Tai-Bo, er gab mir chinesische Lyrik
in englischen Nachdichtungen, die ich ins Deutsche übersetzte. Dann bat
er mich, ihm bei seiner Doktorarbeit in der Pädagogik zu helfen. Er
referierte mir in den folgenden drei Jahren über die Vater-Sohn-Beziehung
im klassischen Konfuzianismus und ihre Parallelen zum Christentum, und
ich formulierte seinen Vortrag in deutscher Sprache. Ich lernte viel über
Konfuzius, Menzius, das Buch der Riten und Sitten, das Shi Ging, das I
Ging. Ich lernte den konfuzianischen Begriff des Tao kennen, der als ein
sittliches Weltgesetz vom Himmel stammte. Ich lernte über das chinesische
Altertum, über die Verehrung Shang-Di’s, des Allerhöchsten, bei Mo Ti,
über die Geschichte des Christentums in China von dem nestorianischen
Alopen an bis zu dem Jesuitenmissionaren Matteo Ricci und Johann Adam
Schall von Bell und bis zu den protestantischen Bewegungen des
neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts. Ich hörte von einer stets
wachsenden Untergrundgemeinde in China und von großen
Kraftwirkungen des Heiligen Geistes in China, bis hin zu
Totenauferweckungen!
Evi bat mich ausdrücklich, in Zukunft auch sie als ein Freund zu besuchen.
Wir begannen über Gott und die Welt zu sprechen, das heißt, über Jesus
und die Kunst. Sie war sehr schön, eine Paradiesfrau in ihrem blühenden
Paradiesgarten.
Ich lernte auch den evangelischen Christen Mark kennen, der ein großer
Liebhaber der Bibel war und mich in seinen Hauskreis einlud, gemeinsam
das Evangelium zu studieren. Dort lernte ich Inka kennen, eine
engelgleiche Jungfrau, die Verlobte war, Jungfrau und Braut, festhielt an
der Keuschheit vor der Ehe. Sie hatte geistige Kämpfe mit Dämonen zu
kämpfen und war von schweren Leiden sehr vergeistigt. Sie war sehr
schön und fein und zart und transparent. Ich schwärmte für sie und schrieb
ihr ein Gedicht in chinesischer Sprache, in dem ich sie Meh-Meh nannte,
Schwesterchen, rein wie Schwan und Jade. Sie sprach, sie nähme meine
Gedichte als Liebesgedichte Jesu an sie.
In der Pfingstgemeinde hatte ich Erwachsenentaufen erlebt, da ich die
Gegenwart des intensiv angerufenen Heiligen Geistes erlebte. Ich streckte
mich auch nach dem Heiligen Geist aus und wollte meine Kindstaufe
erneuern in einer Wiedertaufe. Ich traf mich allmorgentlich mit Rong-Ji
zur Anbetung Gottes an einem See, da wir Psalmen beteten und
Anbetungslieder sangen. So bereitete ich mich auf die Wiedertaufe vor,
denn ich hoffte, wie bei Jesu Taufe, würde sich auch über mir der Himmel
auftun, der Heilige Geist auf mich herabkommen und Gott mich liebes
Kind nennen und Gottes Wohlgefallen! Eines Morgens begann ich mitten
im Gebet in einer mir unbekannten Sprache zu beten, die Zungenrede ward
mir als Charisma geschenkt. In der Wiedertaufe widersagte ich dem Satan
und allen seinen Werken und versprach vor der sichtbaren und
unsichtbaren Welt, Jesus Christus nachzufolgen. Dann ward meine eine
Taufe im Namen des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes erneuert. Die
Gruppe von Freunden am See sang ein chinesisches Anbetungslied: Fels,
Fels, mein Fels ist Jesus! In der Gemeindeversammlung überkam mich
spontan die Gabe der Predigt.
Mit einem Freund fuhr ich im Sommer nach Süddeutschland. Wir
besuchten eine christliche Familie an der Teck. Ich sah das Schloß der
Hohenzollern von Süddeutschland, ich sah das Schloß Lichtenstein mit
den Totenmasken von Goethe und Schiller und das Schlafgemach mit dem
Gemälde der Himmelfahrt Mariens, ich war auch im Turm von Tübingen,
in dem Hölderlin die zweite Hälfte seines Lebens gelebt hatte. Ich sah dort
die Handschrift Hölderlins, das Gedicht Hälfte des Lebens in seiner
Original-Handschrift.
Ich las die Gesammelten Gedichte von Hermann Hesse, der in seiner
Jugend seine Jugendgeliebte als eine Art Beatrice verklärt, der dann die
Ewige Mutter besang und im Alter Buddha und Christus zu vereinen
suchte. Diese Lyrik erinnerte mich wieder an das Ewigweibliche, an die
Sehnsucht nach der Ewigen Mutter. Der Protestantismus kennt ja keine
metaphysische Weiblichkeit. Man spottete über den Begriff Mutter Kirche,
über die Theologie als Mutter der Wissenschaften, einige Protestanten
hatten Aversionen gegen die Verehrung der Mutter Christi. Gott war Vater
und Sohn.
Ich schrieb Liebesgedichte an Inka, da ich zum Schluß meiner Passion eine
Vision besang, da mir Jesus vom Himmel her erschien und an seiner Seite
eine strahlende Jungfrau. Wer war diese Jungfrau? War sie die himmlische
Jerusalem, die bräutliche Gemeinde Christi, oder war sie Inka im Himmel?
Mit Mark und Inka fuhr ich zu einem Seminar über die Apokalypse des
Johannes. Der Lehrer war ein evangelikaler Fundamentalist, der die
katholische Kirche als Hure Babylon bezeichnete, aber Vorsicht, sie habe
noch eine Schwester, das sei die evangelische Kirche. Aber in irgendeinem
Zusammenhang sprach der Lehrer von der siebenten Königin. Ich sah in
Inka die siebente Königin der Apokalypse, eine apokalyptische Jungfrau,
die himmlische Jerusalem, die Braut Christi, die Frau des Lammes!
In einer evangelikalen Studentengemeinde hielt ich einen Vortrag über
Rudolf Steiners gnostisches Christus-Bild. Mein Freund Mark sprach von
meiner Lehrbegabung.
Ich war begeistert von Gott und wollte allein zur Ehre Gottes dichten. Ich
wollte nach dem Vorbild John Miltons und Klopstocks allein geistliche
Dichtung dichten und begann einen Zyklus von evangelischen geistlichen
Sonetten.
Inspiriert von dem Schriftwort: „Wir hörten von ihr in Ephrata...“, begann
ich einen evangelischen Roman über die Jungfrau Maria zu schreiben.
Zwar lehnte ich die katholischen Dogmen der Unbefleckten Empfängnis,
der Himmelfahrt Mariens und der Fürsprecherin ab, ohne sie aber auch nur
zu kennen, dennoch lebte in mir noch Liebe zur Jungfrau und ich sehnte
mich danach, in dem für wahr gehaltenen evangelischen Glauben doch
auch die Mutter Jesu lieben zu können und preisen zu dürfen. Es machte
mir große Freude, von der Schönheit Mariens zu singen in poetischer
Prosa. Mich inspirierte die Sixtinische Madonna, die meine Zimmerwand
schmückte, aber mich inspirierte Evi, mein Abglanz der Madonna, der
Madonna als der Schönen Madonna.
Ich beschäftigte mich nun mit christlicher Psychologie. Zuerst lernte ich
die Lehre von den Temperamenten kennen, die alte antike Lehre von den
Humoren. Ich erkannte, dass ich stark vom melancholischen Humor
beeinflusst war, dass in mir ein Übermaß an schwarzer Galle war. Aber die
Lehre, dass gerade dass melancholische Temperament die Voraussetzung
für künstlerische und philosophische Begabung ist, war doch wieder ein
Trost.
Ich lernte im Schwarzwald Mirjam kennen, die eine Katholikin war und
Nonne werden wollte. Sie sang mir katholische Marienlieder vor. Ich
erinnerte mich an meine Marienverehrung zu Beginn meines Christseins
und fühlte eine Mutterheimat und das Herz der Geliebten Frau, und was
ich verloren hatte, als ich aufhörte, Maria zu verehren. Es war das Herz des
Christentums die Liebe, aber das Herz des Katholischen die Zärtlichkeit,
und diese Zärtlichkeit und Süßigkeit der Mutterliebe Mariens hatte ich
verloren.
Als ich aus dem Schwarzwald zurückkehrte, sah ich Evi vor mir sitzen auf
einem Sessel, den dreijährigen Sohn auf dem Schoß. Evi hatte lange
schwarze Haare und trug ein feines Seidenkleid, ein weißes Seidenkleid
mit eingewobenen Blumenmustern. Der Sohn spielte auf ihrem Schoß mit
ihrem Haar, sie neigte sich mit süßester Mutterliebe ihrem geliebten Kinde
zu. Da traf mich der Blitz der Liebe, der Feuerpfeil Amors, da schlug Eros
seine Fackel in meine Seele!
Ich schrieb den Marienroman zuende. Mein Herz loderte in der Liebe zu
Evi. Das letzte Jahr des zweiten Jahrtausends ging zuende. Meine
evangelische Maria war gepriesen. Die Welt sprach davon, ob Russland
das dritten Jahrtausend mit einem Atomkrieg beginnen würde? Die
Christen sprachen davon, ob Christus jetzt wiederkommen wird? Ich stand
in der Flamme der Liebe, ich liebte in meiner leidenschaftlichen
Besessenheit Evi mehr als Jesus! Ich liebte sie, als sähe ich in ihr die
Schönheit Gottes! Ja, sie glühte und glänzte in der Glorie Gottes, dass sie
mir eine himmlische Göttin der Schönheit schien, es war mir, als, indem
ich vor ihr kniete in anbetender Minne, ich kniete vor dem femininen
Antlitz Gottes! So begann das dritte Jahrtausend.
Das Jahr 2000 begann damit, dass ich ins Fegefeuer eintrat, ich meinte,
nach Dantes Lehrstuhl, in den siebten Kreis des Fegefeuers, da die
Sinnlichkeit der Minnesänger gebüßt wird. Ein katholischer Priester sagte,
man könne das Fegefeuer auch schon auf Erden haben. Heinrich Seuse
schrieb, die Schwermut als Gemütskrankheit sei ein Fegefeuer auf Erden,
und wer auf Erden schon in dem Feuerofen der Trübsal purgiert würde, der
käme nach seinem Tode schneller zu Gott. Man muß mir nicht sagen, es
gäbe kein Fegefeuer, ich weiß, ich war schon darinnen und bin es noch!
Die protestantisch-charismatische Frömmigkeit half mir nicht in den
großen Liebesschmerzen, in der Nacht der Trauer. Hier wurde der
Auferstandene gefeiert, alle bezeugten, dass Jesus sie froh und fröhlich
gemacht, es war das Kreuz und der Gekreuzigte ein Gedanke an Jesus vor
zweitausend Jahren, da er gelitten, damit sie nun fröhlich sein können. Ich
aber spürte etwas vom gegenwärtigen Kreuz, vom Schicksal Hiobs, des
Predigers Salomo und des lamentierenden Jeremias. Ich übersetzte
Koheleth und Lamentationen, sowie das Hohelied ins Deutsche. Ich suchte
nach einer neuen geistlichen Heimat, nach einer Form des Christentums,
die auch im Leiden trägt. Da studierte ich die christlichen Konfessionen in
ihren Bekenntnissen.
Ich hörte dann eine Predigt des Papstes Johannes Pauls des Zweiten und
war beeindruckt von diesem weltumspannenden katholischen Glauben,
dem Gedenken an die Heiligkeit, vor allem beeindruckte mich die
Verehrung der Märtyrer des zwanzigsten Jahrhunderts.
Durch Zufallsfügung fiel mir eine Schrift des katholischen Schriftstellers
Reinhold Schneider in die Hände. Besonders die Aussage, dass das Leben
für Christen geradezu umgekehrt schwerer sein könne als das heitere
Leben der Hedonisten, da der Christ täglich sein Kreuz auf sich nähme,
beeindruckte mich. Ich studierte nun die Schriften von Reinhold
Schneider. Seine tiefe Schwermut, seine Schau der Tragik des Lebens,
seine Vision vom Königtum Christi als einem Königtum der Schmach und
Ohnmacht, seine absolute Erhöhung des Kreuzes und seine Betrachtung
über die dunkle Nacht der Seele nach der Weisheit des heiligen Johannes
vom Kreuz, das machte mich katholisch.
Ich besuchte wieder einmal eine Heilige Messe und nahm auch an der
Kommunion teil, da ich glaubte, das lebendige Herz Jesu in der Hostie zu
speisen. Ein halbes Jahr lang nahm ich sonntäglich an der Heiligen Messe
teil und kommunizierte, bis ich den Priester ansprach und mich von ihm in
die katholische Kirche führen ließ.
In der Weihnacht hatte ich eine Vision der Madonna, die am Himmel über
mir schwebte, ähnlich der Sixtinischen Madonna. Ich las am Ende des
Jahres das Buch die Ewige Frau von Gertrud von LeFort, der katholischen
Schriftstellerin, die in ihrer Bestimmung des Wesens der Frau und Mariens
als der Ewigen Frau von der heiligen Karmelitin Edith Stein beeinflusst
war. So wie mir durch Reinhold Schneider Johannes vom Kreuz begegnete
und mir das Kreuz Christi predigte, so begegnete mir durch Gertrud von
LeFort die heilige Edith Stein und predigte mir Maria. Maria war Tochter,
Mutter und Braut Gottes, Tochter des Vaters, Mutter des Sohnes, Braut des
Heiligen Geistes, sie war der Inbegriff der Kirche, ja, Stellvertreterin der
ganzen Menschheit und der ganzen Schöpfung. Die Dichterin pries Maria
auch als Muse der großen christlich-abendländischen Kunst, denn die
Ewige Frau inspiriere den wahren Dichter durch die irdische Muse, die
ersehnte oder geistige Braut, die wiederum Stellvertreterin der Jungfrau-
Mutter Maria im Leben des schöpferischen Mannes sei.
Das Jahr 2000 schloß, als ich die Hymne an die himmlische Schönheit des
anglikanischen Renaissance-Poeten Edmund Spenser übersetzte, die man
auch eine Hymne an Sapientia nennen könnte. Die Sapientia war schön
wie die Aphrodite Urania der Griechen, war schön und rein wie die
Jungfrau Maria, sie glich der Weltseele, und war doch als Tochter Gottes
der Sohn Gottes, Christus. Maria hatte mich also zur Hagia Sophia geführt.
Maria, Urania, Sophia, das war der Weg den ich nun gehen wollte. Das
war der Weg, den Maria mich führte, den Weg der Urania der platonischen
Philosophie und, im Geist der christlichen Theosophie, der HAGIA
SOPHIA.
Die Hagia Sophia lehrte mich im ersten Jahr des Dritten Jahrtausends
folgende Schritte:
1. Studium der katholischen Dogmatik und der Lehrentscheide der Päpste
2. Studium der katholischen Mariologie
3. Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens
4. Wallfahrt und Lebensbeichte
5. Mystische Verlobung mit der Jungfrau Maria
6. Firmung und Aufnahme in den Schoß der Kirche
7. Kommunion mit der eucharistischen Christus-Sophia.

[Inhalt]

CLOUD17
1

CLOUD16
[Inhalt]

CHRISTLICHE MYSTIK

Von Peter Torstein Schwanke


DAS ADELSDIPLOM DER SCHÖNHEIT

Wie hat die Rose das Adelsdiplom der Schönheit erlangt? Der Schöpfer
selbst hat Evi das Adelsdiplom der Schönheit verliehen! Der Adel der
göttlichen Sophia ist ein göttlicher Adel, denn sie ist eins mit Gott! Herrin,
dein untertänigster Diener wünscht, dir die Wunder und Zeichen zu
preisen, die sich ereignet, als du das Adelsdiplom der Weisheit erlangt! Ich
singe das in vier Gesängen, der erste Gesang besingt dein Studium, der
zweite Gesang die Theoriebildung, der dritte Gesang die schriftliche
Arbeit, der vierte Gesang den mündlichen Vortrag.

Der Maien ist gekommen! Der Mai ist Marienmonat und Mond der Minne!
Herrin, was muß ich dich vermissen im Minnemaien! Du sitzt über deinen
Büchern und studierst Pythagoras, Plotin, Hermes Trismegistos, du
studierst in den Bibliotheken von Atlantis und Alexandrien. Ich aber bin
angestellt als dein Diener, deinen kleinen Sohn zu hüten und zu weiden.
Ich weiß wohl, du hast ihn im Advent vor vier Jahren jungfräulich
empfangen. Mein Geist war der Zeuger, der im Schoß deiner Schönheit
gezeugt hat. Du bist die Psyche, und dein Sohn ist Imago Dei, dein Sohn
ist eine Theophanie, du bist die Madonna, dein Sohn ist das Jesuskind.
Vier Jahre alt ist der Jesusknabe. Wir leben hier ja im Athen des Nordens,
von allen Palästen schaut uns die Athene an, die Göttin der Weisheit, und
von manchem Balkon schaut der Amor herunter, der kleine Schelm Eros!
Tom, benannt nach dem heiligen Thomas, dem Apostel der Inder und
Chinesen, und dem engelgleichen Thomas, dem größten Philosophen des
Mittelalters, Tom ward von mir herumgeführt in dem Athen des Nordens.
Zuerst wallfahrten wir zur Sankt-Marien-Kirche, zündeten Kerzen vor der
großen Mutter der Schmerzen an für die Seele Toms und saßen dann auf
den drei Stufen vor dem Allerheiligsten, da Jesus leibhaftig anwesend ist!
Dann suchten wir das Museum auf, und was sahen wir dort? Die Krone
des Kaisers Friedrich II., an dessen Hof das Sonett erfunden worden, das
Sonett, in welcher Form Petrarca seine Donna Laura unsterblich gemacht.
Goldene Krone mit Rubinen und weißen Perlen. Wir sahen die Falken des
Kaisers, wir sahen den Pfau und den Paradiesvogel. Im Keller des
Museums sahen wir das himmlische Jerusalem, eine Stadt ganz aus Gold
und Glas und Edelsteinen. Kristall und Jaspis und Saphir und Smaragd und
Amethyst und alle Edelsteine des himmlischen Jerusalem waren hier
versammelt, und es war der Schatz des Kaisers. Dann suchten wir den
Fürsten auf in seinem Schloß. Wir beteten zuerst im Kloster und
beschauten die heilige Catharina und die heilige Margarethe und die
heilige Barbara (CMB), wir beschauten die Schmerzensmutter mit dem
toten Gottessohn auf dem Schoß, das Taufbecken, den Weihrauchkessel
und das Priestergewand. Dann bestaunten wir die Ritterrüstungen und die
Lanzen. Im Wohnsaal des Fürsten bestaunten wir die Schönheit der
Schönheitsgöttin Venus mit ihrem kleinen Kinde Amor. Schau einmal,
Tom, sprach ich, der kleine Amor, das bist du, und die Venus dort, das ist
Evi! Dann begaben wir uns auf den Kanal am Schlosspark und ruderten
auf dem Kanal, begleitet von den Wasservögeln mit den schönen Hälsen.
Aber wenn ich allein in meiner Einsiedlerzelle war, dann klagte ich Maria
mein Leid: Ach, Maria, es ist Mai, und meine Minnedame plaudert nicht
mit mir im Garten! Was ist das für ein Minnemai ohne Minnedame,
Madonna? Ich vermisse sie so schmerzlich! O Maria, du bist eine strenge
Herrin! Du nimmst mich in allerstrengste Klosterzucht, in die Zucht des
Karmeliterordens, des strengsten und asketischsten aller Orden, und lehrst
mich die Kreuzeswissenschaft, die Mystik von den stellvertretenden
Leiden zur Erlösung der Menschheit, die Mystik der Sühneopferseelen, die
all ihre Leiden Gott aufopfern, um Christi Herz zu trösten und Seelen zu
retten! Strenge Herrin, es ist Mai, die Natur ist wie ein Garten Eden, und
ich bin eingesperrt in der dunkelsten und nacktesten Klosterzelle und
meditiere nur über den blutigen Christus am Kreuz! O Madonna, du Herrin
der Weisheit, was ist das für ein Mai? Draußen lächelt das Paradies, aber
ohne Eva ist das Paradies kein Paradies für Adam! Madonna, soll sich
Adam mitten in der Herrlichkeit des Paradieses mit Philosophie
beschäftigen? Soll ich asiatische Philosophie studieren im Minne-Maien?
Lebensweisheiten von Lao Tse und Kung Fu Tse hebe mir auf für den
Herbst und Winter, Madonna, aber im Minnemaien schenk mir meine
Paradiesfrau! So betete ich, aber die strenge Herrin ließ sich nicht erbitten.
Statt mit der Venus-Madonna zu scherzen, scherzte ich aber mit ihrem
Sohn, dem kleinen Amor-Jesusknaben! Er spielte Pharao, denn der Pharao
ist ganz aus Gold und wohnt in einer riesigen Pyramide. Ach, Evi, du bist
doch die Tochter des Pharao, die Salomo geliebt, doch ich hütete den
kleinen Tom, der Pharao spielte. Aber mitten im Spiel fiel der Heilige
Geist über Tom und während ich betrübt der Geliebten nachschmachtete,
begann Tom zu prophezeien und ich hörte die Stimme meines Herrn und
Gottes, des Kleinen Jesus, zu mir sprechen: Was trauerst du? Die
allmächtige Prinzessin liebt dich doch, sie hat dir doch gesagt, dass sie
dich grenzenlos liebt! Du bist doch verheiratet mit der allmächtigen
Prinzessin aus der Sonne! Und wer bist du? Du bist der König des Meeres!
Ruh dich nur aus, ich werde allein für dich alle Feinde besiegen, du
brauchst nichts zu tun, ich tu alles ganz allein! So sprach der Kleine Jesus
zu mir, und auf mein Angesicht zauberte sich ein Lächeln. Wahrlich,
wahrlich, aus Säuglingsmund und Mund von Unmündigen bereitet Gott
sich ein Lob! Kindermund tut Wahrheit kund! Aber nun sprach auch Maria
zu mir. Sie hatte lange geschwiegen, aber aufmerksam meinen Gedichten
gelauscht. Sie bedankt sich ja immer so höflich und herzlich für meine
Liebesgedichte an sie. Nun begann sie selber zu dichten:

„Die Engel in ihrer Pracht


Sind winters und sommers bei euch, Tag und Nacht!

Sie sind im irdischen Paradies gewachsen,


Die Rosen im Garten,
Sie sind für den Sommer zu erwarten.“

Jungfrau Maria.

Also, Madonna, hieß es Geduld zu lernen, im Sommer kommt die Zeit der
Rosen, die Zeit der Minne und der Schönheit! Du hast es versprochen!
Und niemals lügst du und niemals enttäuschst du den, der dich
unaussprechlich liebt!

Herrin, ich will deine Theorie der sakralen Architektur besingen. Theoria
heißt ja Gottes-Schau! Du hattest die Visionen, die Ahnungen, intuitiv
erkanntest du alles, aber du konntest es nicht ins Wort fassen. Ins Wort
fassen, das kann ich, diese Gabe hat mir Gott gegeben. Eine
neunzigjährige Karmelitin schrieb mir einmal aus dem Edith-Stein-
Karmel: Der Herr hat dir die Gabe gegeben, mystische Erfahrungen ins
Wort zu fassen. Danke dem Herrn dafür! Ich danke dem Herrn und danke
der Liebe Gottes, dass ich nun meiner Minneherrin mit dieser Gnadengabe
dienen darf. Ich will gar nicht davon sprechen, wie in Ewigkeit der Ewige
Vater sich im Sohn selbst ins Wort fasst, denn der Sohn ist das Wort, der
unergründliche Urgrund der Gottheit fasst sich im gezeugten Sohn ins
fassliche Wort, das ist der Logos, das Wort, der Sinn, die Weltvernunft, und
zwischen dem Urgrund und dem Wort waltet göttliche Liebe, das ist der
Heilige Geist, die göttliche Liebe. Aber deine Theoria wollte ich besingen,
die begann mit dem Schöpfungsakt Gottes. Da entfaltetest du die
Schöpfungslehre nach Plotin. Herrin, ich pries dich vor der Jungfrau Maria
und sprach zu Maria: Herrin! Siehst du meine Herrin Evi? Sie studiert den
Neuplatonismus von Plotin! Schau dich um, Herrin Maria, ob du eine Frau
auf Erden siehst wie meine Herrin Evi, die Plotin studiert! Ich kenne keine,
Herrin Maria, wie meine Herrin Evi! Und auch dafür liebe ich sie so sehr!
Denn die Welt ist aus dem Einen hervorgegangen, indem der göttliche
Geist in der Weltseele zeugte. Die Weltseele aber durchwaltet das All. Die
Weltseele, Anima Mundi, ist die göttliche Weisheit, die das All
durchwaltet. Die Kraftwirkungen der göttlichen Weisheit sind die Energien
des Heiligen Geistes. Die Energien des Heiligen Geistes sind Kraftströme
der Grünkraft der Liebe, die in der Schöpfungsordnung Gottes harmonisch
walten. Der Mensch der archaischen Vorzeit lebte versunken unbewusst
wie ein Kind im Mutterschoß der Mutter Natur und verehrte die Mutter
Natur als Große Mutter und Große Göttin. In der antiken Zeit lernte der
Mensch, die Naturkräfte zu beherrschen und sich dienstbar zu machen. Bei
den Hebräern war die Himmelsleiter Jakobs solch eine Verbindung von
Himmel und Erde, und Jakob errichtete ja auch einen Stein an der Stelle,
da er den Himmel offen gesehen hatte, und übergoß den Stein mit Salböl.
Auch der Prophet Hesekiel schaute den Himmel offen und sah die vier
Cherubim, die den Thronwagen Gottes trugen. Die Kabbala spricht davon.
Mose schaute auf dem Berge Nebo das Gelobte Land, wo Milch und
Honig fließen, aber er durfte nicht hinein! Weißt du, Evi, wie oft ich schon
fühlte, ich sei Mose, du seiest das Gelobte Land, da Milch und Honig
fließen, ich schaue es und darf nicht hinein! Aber Hesekiel schaute in
Visionen den künftigen Tempel, den Johannes in der Apokalypse als das
himmlische Jerusalem schaute, die Kubus-Stadt, die Phönixstadt am Ende
der Milchstraße, wie sie der chinesische Dichter nannte. Die wahre Axis
Mundi aber ist in der Grabes- und Auferstehungskirche Christi. Dann
begann der römisch-katholische Kathedralbau. Die Kathedrale war das
irdische Abbild, das himmlische Jerusalem war das himmlische Urbild.
Die übergroße Herrlichkeit schon des irdischen Abbildes lässt einen
schaudern vor Wonne, ahnt man die unaussprechlichen Herrlichkeiten des
himmlischen ewigen Urbildes, die Stadt des ewigen Paradieses! Die
heilige Stadt des römisch-katholischen Mittealters ist ein Abbild Christi
am Kreuz. Alles ist durchwaltet von den harmonikalen Gesetzen der Zahl
und des Maßes. Die Zahl ist überall die pythagoräische Zahl, die Ausdruck
der Musik des Himmels ist. Die heilige Stadt ist Musik, die Kathedrale ist
Musik, Musik, das ist eine in unsichtbaren Räumen geistig errichtete
Kathedrale. Chartres! Das war mein Minne-Zauberwort. Ich brauchte bloß
Chartres zu sagen, und schon sah ich deine Schönheit, deine Weisheit,
schon sah ich den musikalischen Dom, schön hörte ich die Engel der
Sphären singen! Was ist das Heiligtum, für das die Kathedrale von
Chartres errichtet wurde? Es ist das Kleid der Jungfrau Maria, welches sie
in der Weihnacht in Bethlehem getragen! Chartres, meine Liebe! Ich bin
gebannt vom Labyrinth von Chartres! Chartres wurde erbaut auf den
Grundsteinen des Pythagoras und des heiligen Augustinus, es ist
steingewordene Musik zu Ehren der Jungfrau Maria! Den Saum ihres
Kleides ehrfürchtig zu küssen, wurde ein Kosmos aus singenden Steinen
errichtet! O du gebenedeite Jungfrau Maria! Chartres! O du schöne und
geliebte Evi! Von Chartres führt deine Theoria durch die Philosophie des
Abendlandes, die neuzeitliche Philosophie des deutschen Idealismus bis in
unsere Zeit, da die Naturwissenschaft an die göttliche Weisheit grenzt! Ich
denke, wenn du von den Kraftorten sprichst, von den heiligen Orten, an
das Wort meines lieben heiligen Vaters Johannes Paulus des Großen: Ich
will die Erde mit einer Geologie des Gebets durchziehen, die geistigen
Hauptstädte der Welt sind die Wallfahrtsorte der Jungfrau Maria auf allen
Kontinenten! Weißt du, geliebte Frau, wie es mir ergangen, als du mich um
Mitternacht besuchtest zur gemeinsamen geistigen Arbeit? Ich erwartete
dich mit freudiger Sehnsucht und harrte dem Glockenschlag von
Mitternacht entgegen, betend. Ich betete den Rosenkranz und bat Maria,
den Heiligen Geist auf uns herabzulocken. Da sah ich mit diesen meinen
beiden Augen Maria, ihr Bild als Rosa Mystica, als mystische Rose. Ihr
Bild war in einen heiligen Schleier gewoben. Ihre Gestalt war jung und
schlank, sie trug ein langes weißes Kleid mit goldenen Stickereien und
einen goldnen Gürtel um die Hüfte. Auf ihrer rechten Brust wölbte sich die
weiße Rose der Freuden Marias, zwischen ihren beiden Brüsten, im Tal
ihrer Brüste, wölbte sich die rote Rose der Schmerzen Marias, und auf
ihrer linken Brust überm Herzen wölbte sich die goldene Rose der
Herrlichkeit Marias. Ihr Antlitz war vollkommen schön und lieblich
feminin. Aus ihren großen warmen Augen aber strömten blutige Tränen!
Die roten Tränentropfen flossen über ihre Wangen und über das Kleid und
tropften auf ihre gefalteten Hände und flossen weiter über den goldenen
Liebreizgürtel in ihren Schoß. Dann sah ich mit diesen meinen beiden
Augen Maria, ihre Statue, sie war ein junges Mädchen von siebzehn oder
zweiundzwanzig Jahren und trug ein weißes Kleid, sie war die mystische
Rose, und aus ihren Augen tropften blutige Tränen, und aus ihrer Stirn trat
als Schweiß Milch und Honig aus und rann die Gestalt hinunter. Milch und
Honig der himmlischen Mutter ward aufgefangen von indischen Priestern
in einer silbernen Schale. Wahrlich, Maria ist das Gelobte Land von Milch
und Honig. Dann kamst du, geliebte Evi! Dein Hemd war naß geworden
vom Regen, du zogst es aus und standest im weißen Unterhemdchen vor
mir, dann hülltest du dich in Schafswolle. Du saßest auf meinem Sofa und
studiertest, ich diente dir als dein Geheimer Sekretär. Du saßest auf dem
Sitz der Weisheit und ich saß auf dem Apostolischen Stuhl. Du diktiertest
mir und ich fasste es in schöne Worte. Und das heißt Dichten und ein
Dichter sein, denn Dichten kommt von Diktieren, und es ist die Muse, die
diktiert, und der Dichter, der dichtet. Muse der mystischen Weisheit, du
diktiertest, und ich schrieb auf als dein Geheimer Sekretär. Dann trat ich
auf den Balkon und sah zum Sternenhimmel auf. Orion und Großer Wagen
vom Sternenmantel der Madonna schwebten als der Schutzmantel der
Madonna durch die dunkle Nacht. Ich schaute durch das Fenster vom
Balkon in die lichterfüllte Einsiedlerzelle und sah, und siehe, ich weiß
nicht wie, da saß nicht meine Herrin Evi, da saß meine Herrin, die
Jungfrau von Guadelupe und las in einem Buch. Heimsuchung der
Madonna um Mitternacht! Da schenkte ich dir, meine Herrin Evi, meine
Übersetzung eines Verses aus den Sprichwörtern Salomos: Sophia spricht:
Bei der Schöpfung, „da war ich bei Ihm als Seine Architektin und
Lieblingin, ich war Seine Wollust jeden Tag und scherzte immer mit Ihm!
Ich scherzte auf dem Erdkreis und hatte meine Wollust an den Söhnen
Adams!“ (Sprüche Salomos 8, 30.31).

Ich sah mit diesen meinen beiden Augen die Jungfrau Maria, eine hohe
Frau im langen blauen Mantel, der besät war mit goldenen Sternen. In der
linken Hand hielt sie eine brennende Fackel. Sie lächelte mich an und
sprach zu mir: Mein Bräutigam, ich freue mich über dein Dankopfer, das
du mir bringst, und bitte dich: Fahre fort! So will ich also erzählen, liebe
Evi, von einer wunderbaren Nacht. Es waren die Tage, da du deine
schriftliche Arbeit der Architektur dem Lehrstuhl zur Prüfung vorlegen
solltest. Du batest mich, am Abend zu dir zu kommen und als ein
Schreiber dir zu helfen. Es ist mir eine große Ehre, dir meine große Liebe
durch bescheidene Dienste der Tat ausdrücken zu dürfen! Wir arbeiteten
und schrieben die ganze Nacht. Du hattest schon viele Nächte kaum
geschlafen und warst an die Grenze deiner Kraft gekommen. Drei Stunden
nach Mitternacht legtest du dich für eine Stunde in dein Bett, um zu
schlafen und durch den heiligen Schlaf neue Kraft zu bekommen. Ich
setzte mich vor die Pforte deines Hauses und betete für dich den
Rosenkranz: Gegrüßet seiest du, Maria, voll der Gnade! Der Herr ist mit
dir! Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht
deines Leibes: Jesus! Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns arme
Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes! Amen. Weißt du, Evi, lange
Zeit habe ich dieses Ave-Maria-Gebet ein wenig abgewandelt gebetet. In
meiner abgewandelten Form wählte ich eine mir näher stehende Wortwahl
und schloß auch meine Liebe zu dir in das Gebet ein. Denn statt des
kirchlichen Grußes: Gegrüßet seiest du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist
mit dir! betete ich: Ave Maria, du Gnadenvolle, Gott ist mit dir! Weißt du,
Evi, die lateinischen Katholiken sagen, das Ave ist die Umkehrung von
Eva. Wie Eva Nein zu Gott gesagt, so hat Maria beim Ave des Engels Ja zu
Gott gesagt. Dann betet die Kirche: Gebenedeit ist die Frucht deines
Leibes! Aber ich betete: Gebenedeit ist die Frucht deines Schoßes! Denn
ich wollte immer heim in den Mutterschoß. Auch grüßte ich Maria nicht
als Mutter Gottes, sondern als Liebe Frau, denn sie war mir zwar vertraut
als meine himmlische Mutter, aber noch lieber und süßer war mir ihre
Liebe, wenn sie mich zu ihrem mystischen Bräutigam erwählte und meine
mystische Ehefrau ist. Dann betete ich auch nicht: Bitte für uns arme
Sünder, sondern: Bitte für uns verbannte Kinder Evas! Diese Formulierung
stammt aus einem anderen Mariengebet. Verbannte Kinder Evas sind wir,
weil wir nicht mehr im irdischen Paradies leben. Aber ich bin auch ein
verbanntes Kind Evas, weil du, Evi, meine Eva bist und weil dein Leib
mein Garten Eden ist und weil ich aus dir ausgeschlossen bin. Und ich
betete auch nicht: Bitte für uns in der Stunde unseres Todes, sondern: Bitte
für uns in der Stunde unseres Heimgangs! Denn so wollte ich alle
natürliche Todesangst überwinden, indem ich mich erinnerte, dass der Tod
der Heimgang in die ewige Heimat ist, in das himmlische Paradies! Aber
dann sprach einmal Maria zu mir von der Liebesflamme ihres makellosen
Herzens und kam mit dem Erzengel Michael. Und Sankt Michael belehrte
mich, dass das Gebet in der Formulierung, wie es von der Kirche
formuliert ist, mehr Macht hat, das Böse zu besiegen und Seelen zu retten
und Gnaden zu erlangen. Darum gehorche ich der Weisung des großen
Engelsfürsten Sankt Michael und bete das Ave-Maria nun wieder so:
Gegrüßet seiest du, Maria, voll der Gnade! Der Herr ist mit dir! Du bist
gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes:
Jesus! Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der
Stunde unsres Todes. Amen. So betete ich in der Nacht vor deinem Haus,
da trat die Jungfrau Maria zu mir und sagte lächelnd: Töricht bist du, wenn
du glaubst, dass ich dein Gebet nicht erhört hätte. Denn ich hatte den
Rosenkranz für dich gebetet, Evi. Die Jungfrau Maria bat mich, sie
hineinzulassen in dein Haus, sie wolle jetzt zu dir treten und dich segnen.
Da sah ich, wie sie als schlanke Lichtjungfrau in dein Haus eintrat. Ich
folgte ihr, denn es war die verabredete Zeit, da ich dich wecken sollte von
deinem Schlaf. Du hattest aber nicht geschlafen vor innerer Unruhe und
körperlicher Anspannung. Du mochtest dich gar nicht von deinem Bett
erheben. Ich bereitete dir eine Tasse grünen Tee vom Himalaya und schnitt
dir einen Apfel in Scheiben. Ich brachte dir den Tee ans Bett und du
trankest den grünen Tee. Ich kniete neben deinem Bett und war ganz
ehrfürchtig, dass ich in deinem Schlafzimmer vor deinem Bett knien
durfte. Du recktest und strecktest dich und sagtest müde, du seiest ganz
verspannt an den Muskeln und Sehnen deines Rückens und Nackens. Ich
bot dir an, dir den Rücken zu massieren. Ich wagte es kaum, dir das
vorzuschlagen. Aber du nahmst das Angebot freudig an. Da saß ich
wahrhaftig neben meiner liegenden Geliebten auf ihrem weißen
Himmelsbett, du drehtest mir den Rücken zu und ich massierte dir den
Rücken und den Nacken und die Schultern. Und tatsächlich, um dir noch
besser Erleichterung verschaffen zu können, massierte ich nicht dein
Hemd, sondern deinen bloßen Rücken. Du ahnst nicht, welche zitternde
Scheu und heilige Ehrfurcht mich dabei ergriff! Es regten sich wohl
lüsterne Gedanken, wie süß es wäre, deine Brüste zu liebkosen, aber
gleichzeitig ging mir eine Szene aus der Bibel durch den Sinn: Mose
begehrte, die Herrlichkeit des Herrn zu schauen, und Gott sprach: Mein
Antlitz kannst du nicht schauen, denn keiner lebt, der mein Antlitz schaut!
Aber ich werde an dir vorüberziehen, und du wirst meinen Rücken und
meinen Nacken schauen! So sprach Gott zu Mose, und, o Gott, ich kam
mir mehr begnadet vor als Mose! Denn ich durfte nicht allein den Nacken
und Rücken des Herrn schauen, sondern den Nacken und Rücken des
Herrn berühren! Welch ein Wahnsinn der Liebe! Dann erhobst du dich und
nahmst ein erfrischendes Bad. Ich aber nahm die Apfelscheiben auf einer
Schale mit mir und setzt mich in der dunklen Nacht auf die Gartenbank
vor deinem Haus, saß unter der heiligen Eiche und dem Holunderbaum mit
den schwarzen Perlen und speiste den Apfel. Aber ich hob dir einige
Scheiben auf. Dann tratest du aus dem Haus, die langen schwarzen Haare
noch feucht und gelockt vom Bad. Du setztest dich leise neben mich auf
die Gartenbank. Da bot ich dir die Apfelscheiben an und du aßest sie. Mir
war, als sei ich Adam und du seiest Eva und wir speisten im Garten Eden
den Apfel, aber ganz ohne Sünde! Ich war so selig, ich war wirklich einen
Augenblick im irdischen Paradies! Bald aber musste ich Abschied nehmen.
Und da ich in meine Wohnung fuhr, huschte eine graue Katze wie
weggescheucht zur Seite. Daran musste ich denken, als ich bald darauf im
jüdischen Talmud-Buch las, wie Adam nach der Speise der verbotenen
Frucht von Gott durch den Engel wie ein Straßenköter davongejagt wurde,
weil er als Sünder nicht im irdischen Paradies übernachten durfte!... Am
nächsten Morgen las ich im Talmud. Der jüdische Talmud gilt den Juden
neben dem Alten Testament als heilige Schrift und Offenbarung Gottes.
Ich las: „Zwölf Stunden hat der Tag. In der ersten Stunde wurde die zur
Schaffung des ersten Menschen benötigte Erde zusammengetragen, in der
zweiten wurde er zum Klumpen geformt, in der dritten wurden die Glieder
geformt, in der vierten wurde ihm die Seele eingehaucht, in der fünften
stand er auf, in der sechsten führte Gott ihm die Tiere vor, damit er sie
benennen sollte, in der siebenten wurde ihm Eva zugeführt! In der achten
bestiegen sie zu zweit das Bett – und verließen es zu viert (Evas zwei
Söhne), in der neunten wurde ihm das Verbot erteilt, vom Baum der
Erkenntnis zu essen, in der zehnten hat er sich dagegen vergangen, in der
elften wurde er gerichtet, in der zwölften wurde er aus dem Paradiese
gejagt! Denn es heißt in Psalm 49,13: Denn Adam sollte nicht über Nacht
in seiner Würde bleiben, sondern musste davon wie ein Vieh.“ Wirklich,
Evi, als ich das las, da war ich Adam, der erste Mensch der Welt, und war
verjagt aus dem Garten Eden. Und ich heulte und jammerte vier Stunden
lag über das Unglück, daß Adam aus dem Paradies vertrieben! Ich konnte
meine Tränen nicht trocknen, und wie der Psalmist sagt: Meine Seele
wollte sich nicht trösten lassen! Ich war untröstlich und voll des
namenlosen Jammers über den Fall und die Vertreibung Adams. Erst nach
vier Stunden fasste ich mich ein wenig. Da hörte ich die Stimme vom
Horeb beten. Der Horeb ist der Berg, da Gott sich Mose offenbart in einem
brennenden Dornbusch und gesagt: Ich bin Jahwe! Mein Name ist: Ich bin,
der ich bin! Ich bin, der ich war und bin und sein werde! Ich bin, der ich
sein werde! Ich bin der Ich-bin-da! Ich bin! Halleluja! Ich hörte die
Stimme vom Horeb beten die Gebete an Christus auf seinem Kreuzweg:
Christus, mit dem Atem der Menschen, den du geschaffen, lästern dich die
Menschen! Christus, mit der Zunge der Menschen, die du geschaffen,
höhnen dich die Menschen! Christus, du bist dreimal unter der Last des
Kreuzes gefallen! Dann bist du gestorben den Tod am Kreuz! O Christus,
durch dein heiliges Kreuz hast du die ganze Welt erlöst! Christus, dein
Leichnam wurde in den Schoß deiner heiligen Mutter gelegt! Christus,
dein Leichnam wurde begraben! Da überstürzten mich wieder solche
leidenschaftlichen Tränenströme und ich musste drei Stunden weinen über
den Tod Christi am Kreuz! Sie haben meinen Herrn gekreuzigt! Mein Herr
ist für mich gestorben! O welcher Jammer, welches namenlose Leiden,
dass der Sohn Gottes von den Seinen, von der Menschheit, gekreuzigt
wird! Ich weinte drei Stunden, bis ich mich zu einem Marienbild wandte,
das Leonardo da Vinci gemalt. Es zeigt die stillenden Madonna. Die bloße
Brust ist prall und gefüllt mit der süßen Milch des Trostes, und das nackte
Jesuskind saugt begierig an der Brust. Da betete ich in meinem Jammer zu
den Brüsten Mariens: O Maria, gebenedeit sind deine Brüste, an denen
Jesus getrunken! Laß mich auch
saugen die Milch des Trostes aus deinen hochgebenedeiten Brüsten!
Wahrlich, nie ruft einer umsonst zu den Brüsten Mariens! Denn Maria ließ
mich trinken die Milch des Trostes aus ihren barmherzigen Brüsten! Und
da ich gestillt und getrost war, wie ein gestilltes Kind in den Armen seiner
Mutter, da riefest du mich, Evi, mit deiner himmlisch-süßen Stimme, ob
ich erneut in der Nacht dir helfen wolle. So hat mich Maria getröstet! Ich
durfte dich wieder sehen, Evi! Ich betrachtete Bilder von Leonardo da
Vinci. Ich sah die heilige Anna, die Mutter Mariens, mit dem jungen
Mädchen Maria und dem kleinen Jesuskind. Ich sah die Madonna in der
dunklen mystischen Felsgrotte, ein Engel sitzt neben ihr, in ihrem Schoß
faltet sich der glühende Stoff, der kleine Johannesknabe zeigt zum
segnenden Jesusknaben. Ich sah Jesus beim Letzten Abendmahl. Dann sah
ich die Hausfrau Gioconda, die Leonardo verherrlicht in künstlerischer
Arbeit von zehn Jahren zur Mona Lisa mit dem geheimnisvollen Lächeln.
O Mona Lisa, o Herrin Evi, o zauberhaftes Lächeln! Und so kam ich am
Abend zu dir, und du studiertest deine Aufzeichnungen und lächeltest so
selig und friedlich und versunken vor dich hin, ich meinte, ich sehe das
Lächeln der Mona Lisa, ich sehe das Lächeln Evis, ich sehe das Lächeln
der Jungfrau von Guadelupe! Um Mitternacht aber hörte ich in meiner
Einsiedlerzelle wieder die Stimme vom Horeb. Es war die Stimme meines
lieben heiligen Vaters Johannes Paulus des Großen. Der heilige Greis im
Himmel mauschelte den Rosenkranz auf Latein und die Lauretanische
Litanei, das große Marienlob, auf Latein. Und ich schlief ein mit dem
Gebet auf den Lippen: O Maria, ich bin ganz dein! O Maria, totus tuus ego
sum!

Geliebte, der Heilige Geist hatte mich in dieser Zeit immer wieder
hingewiesen auf die Bibelstelle, da Salomo berufen wird, den Tempel
Gottes zu bauen. „So sieh nun zu, denn der Herr hat dich erwählt, dass du
ein Haus baust als Heiligtum. Sei getrost und richte es aus! Und David gab
seinem Sohn Salomo einen Entwurf für die Vorhalle des Tempels und für
seinen Bau, seine Gemächer und Obergemächer und inneren Kammern
und für den Raum des Gnadenthrones; dazu Entwürfe für alles, was ihm
durch den Geist in den Sinn gekommen war... Und David sprach zu seinem
Sohn Salomo: Sei getrost und unverzagt und richte es aus! Fürchte dich
nicht und laß dich nicht erschrecken! Gott der Herr, mein Gott, wird mit
dir sein und wird die Hand nicht abziehen und dich nicht verlassen, bis du
jedes Werk für den Dienst im Hause des Herrn vollendet hast.“ (1 Chronik
28). Ich ging in die Kirche, für dich zu beten. Bei der Opferung Christi
vertraute ich dich dem Ewigen an und bei der Speise des Leibes Christi bat
ich Gott, dir die göttliche Weisheit zu schenken. Der Chor der Gemeinde
sang drei Hymnen an den Heiligen Geist, der Priester sprach: Empfangt
den Heiligen Geist, den Atem Gottes! So kam ich zu dir, um dir zu helfen.
Es war aber so, dass dir die Ideen und Worte nur so herausflossen, denn es
war der Heilige Geist auf dich übergegangen! So schriebst du bis in die
hereinbrechende Nacht. Ich saß nur dabei und betrachtete dich, wie du in
der Nacht im Garten zu einer Schwarzen Madonna wurdest. Ich dachte
immer nur an das Minne-Zauberwort: Chartres! Du warst ein schöner
Schatten in der dunklen Nacht, ich war erfüllt von Eros. Du sprachest: Ich
bin so verspannt im Rücken und in den Schultern! Ich sprach: So ging es
auch Jesus, als der das Kreuz trug. Darf ich dich massieren? Du erlaubtest
es, aber als ich dich ein wenig massiert hatte, erdröhnte ein Donnerschlag.
Du zucktest zusammen, als ob wir etwas Verbotenes getan hätten. Weil du
zusammenzucktest wie vor etwas Unkeuschem, entfernte ich mich von dir.
Du aber, erfüllt vom Heiligen Geist, arbeitetest weiter. Am nächsten Tag
schenkte ich dir ein Perlenband aus Südamerika, ein Armband von weißen
Perlen, an denen Bilder von Heiligen befestigt waren. Bilder waren das
von Jesus und Maria, vom Heiligen Josef und anderen Heiligen. Du trugest
es als Schutz. Am Abend brachtest du deinen kleinen Tom ins Bett, den ich
am Tag gehütet hatte. Er saß nackt auf meinem Schoß, und du standest vor
uns, ihm den Schlafrock anzuziehen. Da sagte das Kind: Guck mal und
schau mal! Ich guckte und schaute und sah, siehe, was ich sah, das waren
deine schönen weißen Brüste! Und in jener Nacht hatte ich einen
bedeutsamen Traum. Ein Mann sprach zu mir, ob ich ein Liebender sein
wolle und heiraten oder ob ich ein Gottgeweihter sein wolle? Ich sagte: Ich
sei ein Gottgeweihter, aber dennoch ein Liebender! Da sprach der Mann,
ich solle beten, meine Berufung zu erkennen. Ich trat in eine Kirche, die
dem Heiligen Geist geweiht war. Auf dem Altar war der Leib Christi zur
Anbetung ausgestellt. Aber ich kniete vor dem Marienaltar. Da sah ich drei
Bilder der Jungfrau Maria. Auf dem ersten Bild kniete der Erzengel
Gabriel wie ein schöner Jüngling vor der schönen Dame Maria und
huldigte ihr in anbetender Minne. Auf dem zweiten Bild stand Maria im
blauen und weißen Kleid, aber mit bloßen weißen Brüsten, und lud mich
ein, ihr Geliebter zu sein. Auf dem dritten Bild sah ich den Liebesakt des
Heiligen Geistes mit der reinen Jungfrau, die Jungfrau lag in ihrem Bett
und die weiße Taube des Geistes der Liebe erkannte die Jungfrau, ich sah
ihre bloßen Brüste und ihr Antlitz, das verzückt war von Glückseligkeit der
Ekstase der Liebe! Am nächsten Tag kam ich wieder zu dir, Evi. Wir
arbeiteten zusammen, aber ich war ungeduldig. Du wolltest langsam und
ruhig arbeiten, aber ich wollte tanzen und rasen und stürmen. Da warest du
wie die schwarze Stute des Pharao aus dem Liebeslied von Salomo, und
ich war dein Reiter, ich wollte dich antreiben zu einem feurigen und
stürmischen Galopp und jagte dir meine Sporen in die schwitzenden
Flanken, aber du bäumtest dich auf voll Unmut und warfst mich aus dem
Sattel! Dann erhobest du dich vor mir und schütteltest versöhnlich die
lange feuchte schwarze Mähne und schautest mich an, ich aber bat
demütig um Vergebung und streichelte deinen Rücken. Um Mitternacht
ging ich nach Hause. Es war der letzte Tag vor deinem mündlichen Vortrag
vor dem Lehrstuhl und der Prüfungskommission. Wir standen in einem
dunklen Raum, es war da kein Licht als das Licht unsrer Augen. Ich bat
dich, mir deine Hand zu reichen und erteilte dir wie ein Priester den Segen:
Auf die Fürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria, auf die Fürsprache
der seligen Evelin von Lüttich und auf die Fürsprache aller Heiligen hin
segne, beschütze und erleuchte dich der all-liebende Gott, der Vater und
der Sohn und der Heilige Geist! Im Zeichen des Kreuzes verließ ich dich.
Als ich aber zuhause wieder in meiner Einsiedlerzelle war, trank ich
meinen Rotwein und betete wieder: Auf die Fürsprache der allerseligsten
Jungfrau Maria, auf die Fürsprache des heiligen Quentin des Märtyrers
und auf die Fürsprache aller Heiligen hin segne und beschütze dich der
allbarmherzige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist! Auf die
Fürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria, auf die Fürsprache des
heiligen Apostels Thomas, Apostels von Indien und China, und auf die
Fürsprache des Heiligen Thomas, des engelgleichen Lehrers der
Philosophie, und auf die Fürsprache aller Heiligen hin beschütze und
segne dich der allmächtige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige
Geist! Auf die Fürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria, auf die
Fürsprache des heiligen Petrus, meines Patrons, und auf die Fürsprache der
heiligen Evi und auf die Fürsprache aller Heiligen hin beschütze und segne
dich der all-liebende Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist!
Amen. Am frühen Morgen, nach wenigen Stunden Schlaf, erwachte ich
und las in der Bibel: „Und der Ewige sprach zu Abram: Ich will dich
segnen und deinen Namen groß machen, und du sollst ein Segen sein. Und
ich will segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den will ich
verdammen, und mit dir sollen sich segnen alle Geschlechter der Erde.“
Da pries ich auf dem Weg zu dir, Evi, die Allmacht und Zärtlichkeit
Gottes, die in diesen Worten mir zum Ausdruck gebracht wurde, ja,
geradezu die göttliche Allmacht der Zärtlichkeit! Als ich aber in deinen
Garten kam, lag der Glanz der reinsten Sommermorgensonne über dem
grünen Garten. Die Bäume und Gräser und Büsche waren grün, Blumen
blühten und Beeren hingen an den Bäumen. Die kleinen Vöglein sangen
und hüpften lustig in den Zweigen umher. Dann trat ich in dein Haus und
begrüßte dich. Du standest in dem Bad vor dem Spiegel. Da warest du
ganz schwarz gekleidet, mit schwarzem Hemd und schwarzem Beinkleid,
mit breitem schwarzem Gürtel mit silberner Schnalle, deine langen
schwarzen Haare waren noch feucht vom Bad und hingen lang und lockig
herunter. Du schminktest deine langen Wimpern schwarz vor dem runden
Spiegel. Da ich dich grüßte, schautest du zu mir und lächeltest mich an.
Das ganze Bad aber war in gleißendes Licht gehüllt. Vor der
überwältigenden Schönheit trat ich zurück und begab mich ins
Wohnzimmer. Da ging mir durch den Sinn, dass der unzugängliche
Lichtglanz, in dem Gott wohnt, auch durch den geheimnisvollen Glanz der
Schwarzen Madonna zum Ausdruck gebracht werden kann. Der Vater der
Mystik des Abendlandes, Dionysios, ein katholischer Neuplatoniker,
sprach von der höchsten Schau als der Schau des finsteren Lichtes Gottes!
Dieses Paradox des finsteren Lichtes ist einzig angemessen, von der
unbeschreiblichen Urschönheit der Urgottheit zu sprechen. Dionysios
nennt ja die allerhöchste Gottheit – Urschönheit! Und wahrlich, mir war,
ich hätte die Schwarze Madonna in einer Wolke von Lichtglanz geschaut,
und sie habe mich liebevoll angelächelt! Ich habe in einer Vision das
finstere Licht der göttlichen Urschönheit geschaut! Meine Kniee begannen
zu zittern und ich trat in den Paradiesgarten in dem Glanz der
Morgensonne. Ich setzte mich auf die Gartenbank und begann ein
Gespräch mit dem heiligen Kirchenlehrer aus dem vierten Jahrhundert,
Johannes Chyrsostomus, das heißt Johannes Goldmund. Man nannte ihn
Goldmund, weil Maria seinen Mund geküsst, davon kam, dass er so
besonders schön sprechen konnte. Ich sprach: Heiliger Johannes
Goldmund, du hast einmal gesagt: Vom irdischen Paradies sind drei Dinge
übriggeblieben, das sind die Reinheit der Kinderaugen, die Schönheit der
Blumen und die Herrlichkeit des Sternenhimmels. Heiliger Goldmund, das
ist wohl wahr, doch hattest du Evi nicht gekannt. Sie ist auch
übriggeblieben aus dem irdischen Paradies! Sie ist rein wie die Augen
eines Kindes, wenn es ein Marienbild anschaut, sie ist schön wie eine
lachsfarbene Rose in der Morgenröte eines Maienmorgens, sie ist
prachtvoll wie die schwarze Mutter Nacht in ihrem diamantenen
Sternenkleid! Ich meine, Evi ist die Eva aus dem Garten Eden, die immer
noch unter uns wandelt! Da lächelte Johannes Goldmund. Ich war wieder
im Paradies, im Garten Eden, und eine geheimnisvolle Wollust
durchglühte mich und ich dachte an das männliche Geschlecht der
Schlange und das weibliche Geschlecht der Feige. Und ich sagte glühend
und doch scherzend im Geist: Ach, Evi, du bist doch meine auserwählte
Feige! Aber dann sah ich wieder die Vision des finsteren Lichtes der
göttlichen Urschönheit, die Schwarze Madonna im Lichtglanz vor dem
unbefleckten Spiegel, da sprach ich: Gott, was ich schaute, das ist die
Herrlichkeit des Herrn! Herr, du selbst erscheinst mit deiner Herrlichkeit!
Deine Herrlichkeit erfüllt die Wohnung wie eine Wolke voller Lichtglanz,
ich kann nicht eintreten in die Wohnung, weil die goldene Wolke der
Herrlichkeit darin ist! Und meine Kniee sanken zum Erdboden, denn es riß
mich hin, anzubeten die Herrlichkeit
des Herrn, das finstere Licht der göttlichen Urschönheit, die sich in der
Schwarzen Madonna offenbart, die Schönheit Gottes anzubeten, die sich
mir in Evi offenbarte! So begaben wir uns zur Universität, wo du deine
Prüfung mündlich bestehen wolltest. Vor Beginn der Prüfung schlug ich
das Evangelium auf und las in der Apokalypse, dass der Seher Johannes
vor dem Engel, der ihm das himmlische Jerusalem gezeigt hatte in
Gesichten, niederfallen wollte und den Engel anbeten wollte! Aber der
Engel sprach: Tu es nicht, ich bin dein Mitknecht und der Mitknecht all
deiner Brüder, der anderen Propheten, sondern bete Gott an! Dann begann
dein Vortrag. Du trugst am rechten Handgelenk das weiße Perlenarmband
mit den Medaillons der Heiligen. Aber ein Medaillon löste sich, als du zu
sprechen begannst, da ich im selben Augenblick begann, den Rosenkranz
im Geist zu beten. Es war dies das Medaillon der Jungfrau Maria. Sie war
schlank und jung, vielleicht siebzehn oder zweiundzwanzig Jahre jung,
trug ein schneeweißes Kleid und einen langen himmelblauen Mantel, um
die Hüfte geschlungen einen himmelblauen Gürtel, ihr Antlitz war
feminin, oval, lieblich lächelnd, mädchenhaft und doch mit mütterlich-
liebenden Augen, von ihren Händen aber gossen sich wie weiße
Sonnenstrahlen die himmlischen Gnaden aus, die sie über die ausgießt, die
sie um Hilfe anrufen. Und diese Gnaden goß Madonna über dich aus, Evi,
und auch über mich, da ich den ganzen Vortrag über im Geiste das Ave-
Maria betete. So bestandest du die Prüfung. Ich verabschiedete mich von
dir und dachte auf meiner Heimfahrt durch den Buchenwald an den
Spruch, den ein Pfarrer in einer Komödie gesprochen: „Man kann von der
Liebe Gottes sagen was man will, aber man hat keinen Liebeskummer!“
Und als ich wieder in meiner Einsiedlerzelle war, ward ich gelehrt von
einem katholischen Schriftgelehrten über die Schönheiten des
himmlischen Jerusalems. Er sprach ganz ernst und weise, aber für mich
war es der lustigste Scherz, den der liebe Gott jemals mit mir getrieben!
Daß er nun sprach von der Braut, von der Frau, die die Frau des Lammes
ist! Dies ist das himmlische Jerusalem, die perfekte Stadt, ein Kubus aus
symbolischen Zahlen der Vollkommenheit! Vom Architekten Christus in
der Ewigkeit errichtet, ist dieses himmlische Jerusalem nur aus Gold
gebaut, aber nicht aus profanem Gold, sondern aus Gold, das wie Glas
durchsichtig ist. Seine Mauern sind aus Jaspis, aber die Tore sind offen.
Jedes Tor ist aus einer weißen Perle, zwölf weiße Perlen bilden die zwölf
Tore, darauf die Namen der Heiligen stehen! Und dieses himmlische
Jerusalem ist die Braut! Dieses himmlische Jerusalem ist die Frau des
Lammes, und sie ist geladen zum Hochzeitsmahl des Lammes, zum
Gastmahl des Himmels! Und ihre Herrlichkeit ist so rein und klar und
strahlend wie ein transparenter Jaspis, ihre Herrlichkeit, griechisch
gesprochen ihre doxa, ist ihre unaussprechliche Schönheit, die
unbeschreibliche Schönheit Gottes gehört wesensmäßig zu ihr, denn in
ihrer perfekten Schönheit wohnt die göttliche Urschönheit!
DIE SCHWARZE MADONNA

Gegrüßet seiest du, Unsere Liebe Frau von der Guten Hoffnung! Ich grüße
dich, Madonna Paritura, du schwangere Jungfrau, hochgebenedeiten
Leibes, die du in deinem Schoße die inkarnierte Weisheit trägst und nährst!
Welche Würde und Ruhe geht von deiner erhabenen Gestalt aus, o
Schwarze Jungfrau von Dijon! Wenn ich dich ohne Schmuck anschaue,
scheinst du aus der Eiszeit zu kommen, aus den Höhlen der
Steinzeitmenschen, aus dem grauen Altertum! Oder bist du die Schechinah
der Juden, die Braut Adams, Abrahams, Isaaks, Jakobs, Moses, Josefs,
Davids, Salomos, Jesus Sirachs und des Hohenpriesters Simon? Ich bete
dein Ave Maria und höre die sanfte mütterliche Stimme des Himmels in
mir flüstern: Ich bin die Schechinah! Du bist die Schechinah, die
mütterliche Gegenwart Gottes in der Schöpfung, die Immanenz der
göttlichen Natur, die Menschenliebe der göttlichen Mutter! Wirst du nun,
du Matrone des Volkes Israel, in dieser Welt herumgestoßen und
ausgestoßen, und musst du dir die Augen ausweinen über die Leiden
Israels in dieser Welt? Hast du blutige Tränen geweint, du Matronita
Israels, als du auf dem Kalvarienberg von Auschwitz die Kreuzigung
deines geliebten Sohnes Israel anschauen musstest und bist du da
verstummt vor namenlosem Schmerz, du Mutter Hiobs? Großen Ernst seh
ich auf deinem Antlitz, in sich gekehrten Ernst und eine Schlichtheit der
Armut, der Einfachheit der Armen Jahwes, deren Mutter du bist! Du bist
von solch einer inneren Sammlung, dass du das Bild der Geschlossenheit
gibst, in der wir alle uns sicher bergen wie in deinem hochgebenedeiten
jungfräulichen Mutterschoß, du Schutzfrau der Armen! Du bist die Mutter
von der guten Hoffnung, denn du, o Schwarze Jungfrau, bist schwanger
mit dem Licht, dem strahlenden Lichtglanz der ewigen Erlösung in Jesus
Christus, der gebenedeiten Frucht deines Schoßes! In dir ist bewahrt das
Mysterium der Erlösung der gesamten Schöpfung und der Menschheit, das
allen angeboten wird, aber es ist auch geheimnisvoll verborgen in dir und
nur den erleuchteten Augen des Herzens sichtbar! So wie Gott sich in der
Schöpfung geheimnisvoll verbirgt und zugleich mächtig und herrlich
offenbart, so ist die fleischgewordene Weisheit und Liebe und Schönheit
Gottes in deinem barmherzigen Mutterschoß verborgen und offenbart sich
zugleich als Jesus, Sohn der Jungfrau! Die dich lieben, schmücken dich,
wie es der Himmelskönigin gebührt, denn du bist die Himmlische
Jerusalem, die Frau des Lammes, und du bist gleich dem allerreinsten
Edelstein und einem transparenten Jaspis gleich, von Gold und Glas und
Muschelperlen verschönt, und die Herrlichkeit des Herrn, die
unaussprechliche Schönheit Gottes wohnt wesenhaft in dir, o
Himmelskönigin! Freue dich, o Himmelskönigin! Wir preisen die Sterne
an dem Nachthimmel, denn sie verweisen auf deinen Schutzmantel, denn
wie die Dichter die schwarze Mutter Nacht besingen und sich bergen in
ihrem Sternenmantel, so sind wir alle in den dunklen Nächten des
Glaubens, der Seele und der Vernunft, da wir Gott nicht fühlen und finden,
in den dunklen Nächten der Gottverlassenheit am Kreuz geborgen immer
noch in deinem barmherzigen Mutterschoß! Siehe, Schwarze Jungfrau,
dein Sternenmantel des Nachthimmels, dein Schutzmantel der gestirnten
Nacht ist die Plazenta, an der all deine Kinder als Brüder und Schwestern
Christi in deinem barmherzigen Mutterschoß geborgen sind, denn wir
leben und weben und sind in deinem Schoß, bis du uns im gnädigen Tod
gebierst in die ewige Herrlichkeit der himmlischen Jerusalem und des
ewigen Paradieses der vollkommenen Glückseligkeit! Halleluja! Schwarze
Jungfrau von Dijon, du gestirnte Himmelskönigin, du verbirgst den Sohn
und offenbarst ihn zugleich, denn in deinem Rücken ist das Kreuz und sind
die ausgestreckten Arme des Gekreuzigten! Man möchte meinen, dass die
Passion des menschgewordenen Gottes sich wie auf einem dunklen
Hintergrund als Traum deiner eigenen Seele vollzieht, ja, es ist ja so, dass
die Passion deines Sohnes sich auch in den dunklen Tiefen deiner
liebenden Seele vollzieht! Denn Christus ist von dir nicht allein in
Bethlehem in der Grotte geboren, sondern vor allem in deinem Herzen
erfuhrest du die mystische Gottesgeburt! So ist Christus auch nicht allein
auf der Schädelstätte von Golgatha gekreuzigt, sondern auch gekreuzigt in
deinem Herzen, als dein Herz mitleidend mit den Leiden deines Sohnes
mitgekreuzigt wurde zur Erlösung deiner geliebten Menschenkinder! So
sehe ich dich versunken in die Leiden des leidlosen Gottes und sehe dich
gleichsam brüten über dem Mysterium der Passion der fleischgewordenen
Liebe, um das Heil allen deinen geliebten Menschenkindern mütterlich
zuzuwenden, das Heil deines Sohnes, das du für uns geboren hast! Darum
sehe ich in deiner mütterlichen Gestalt, o Schwarze Jungfrau, das gesamte
Mysterium der Menschwerdung Gottes und der Erlösung der gesamten
Kreatur, ja, ich sehe in dir als in der Vierge Ouvrante, das Geheimnis der
ganzen allerheiligsten Dreifaltigkeit, als da ist in dir gegenwärtig der
liebende und barmherzige Vater, der gekreuzigte Christus und die Schöne
Liebe des mütterlichen Heiligen Geistes! Diese geheimnisvolle
Dreieinigkeit des allerhöchsten göttlichen Wesens verbirgt sich in dir und
offenbart sich durch dich, die du bist der Abglanz der Schönheit des
Schöpfers, die Wohnung der Weisheit und die Ausspenderin der
mütterlichen Liebe Gottes. Danken muß ich aber auch dir, o Santa Anna,
du Mutter der Unbefleckten Empfängnis. Ich sehe dich auch mit dem
schwarzen Antlitz der schwarzen Mutter Erde, wie du als Großmutter
Gottes in den Armen hältst die Unbefleckte Jungfrau, die jungfräuliche
Mutter Gottes, die auf dem Schoße trägt den Lichtsohn, den Äon der
Weisheit, den kleinen Jesus! Anna Selbdritt, dich hat auch Leonardo
gemalt, der auch die schwarze Mona Lisa gemalt mit dem mystischen
Lächeln. Anna, du Großmutter Gottes mit dem dunklen Antlitz der
schwarzen Mutter Erde, wie schaust du voll Mutterliebe zum Mädchen,
zum makellosen Mädchen, deren Antlitz strahlt voll lächelnder Zärtlichkeit
zum kleinen Gott, zum Lichtsohn, geboren in der Dunkelheit, Jesus, der
die Sonne der Gerechtigkeit ist, unter deren Flügeln wir hüpfen wie
Kälber! Warum hat nicht Friedrich Schiller die Anna Selbdritt von
Leonardo da Vinci betrachtet und statt der Hymnen an das Eleusinische
Mysterium die Hymnen an das Evangelische Mysterium gesungen? Aber
soll ich das sagen, heilige Erdmutter Anna, Großmutter Gottes, dass du
über die Erde gewandert bist, das makellose Mädchen zu suchen, die
hinuntergestiegen in die Unterwelt des Totenreiches, dort in der Finsternis
des Todes den göttlichen Lichtsohn jungfräulich zu gebären? Wir haben
doch auch die geheimnisvolle Speise und den geheimnisvollen Kelch, wir
haben doch auch das mystische Schweigen vor der unergründlichen
Gottheit, wir haben auch das mystische Mahl des Kornes und der Traube,
zu dem allein die Eingeweihten zugelassen sind! Ja, die Mysterien der
katholischen Offenbarung sind die wahren Eleusinischen Mysterien, und
wir preisen Santa Anna, die irdische Mutter, wir feiern das makellose
Mädchen Maria, die hinabstieg in unsre Dunkelheit, und wir beten die
Geburt des göttlichen Kindes an, der das Licht Gottes in der Finsternis
aufstrahlen lässt! Denn er, der Lichtsohn Jesus, besiegt die Macht des
Hades! Er entreisst das makellose Mädchen der Umarmung des Hades und
entrückt sie in den Himmel, er bleibt bei uns im mystischen Mahl des
Kornes und der Traube, er lässt sich speisen von den Eingeweihten, die mit
mystischem Lächeln die Schwarze Jungfrau feiern und mit mystischem
Schweigen den Sohn der Jungfrau anbeten! Schwarze Madonna, dein
Antlitz und deine Gestalt ist dunkel, ist schwarz, doch bist du die Madonna
der guten Hoffnung, denn du bist trächtig mit der göttlichen Hoffnung, mit
dem Licht vom Licht, das sichtbar in der materiellen Welt erscheinen will.
Du, Schwarze Madonna, bist wie die Ursubstanz, wie der Urstoff, trächtig
mit dem göttlichen Licht des Logos. Der Urstoff ist eine
allesdurchdringende Substanz, alles Seiende erfüllend. Substanz heißt ja:
Es ist innen vorhanden. Die in allem Seienden vorhandene Substanz ist
formlos und eigenschaftslos, aber aller Formen und Eigenschaften fähig.
Der Philosoph nannte sie Hyle, das heißt Holz oder Wald. Hyle heißt der
Urstoff, der noch nicht zu konkreten Dingen geformt ist, es ist eine noch
nicht verwirklichte Möglichkeit. Diese Kraft ist unvergänglich und bildet
den Grund aller sichtbaren Erscheinungen der Wirklichkeit. Weil die
Ursubstanz des Urstoffes nicht sichtbar ist, wird sie auch ungeschaffen
genannt von der antiken Philosophie. Man ging von einem ewigen
formlosen Bestehen der Ursubstanz aus und verstand sie gewissermaßen
als eine transzendente Kraft. Die Erscheinungen können vernichtet
werden, nicht aber die erscheinungslose Ursubstanz. In der Scholastik
sprach man von einer ersten Materie (materia prima), die als Ursubstanz
und Kraft allen wirklichen Körpern unsichtbar zugrunde liegt, und einer
zweiten Materie (materia secunda), die die Stofflichkeit der konkreten
Dinge ist. Aber in der Lehre des engelgleichen Thomas galt anders als
beim griechischen Philosophen Aristoteles die Materia Prima, die
Ursubstanz oder Hyle, nicht als ewige Transzendenz, sondern als
geschaffen von Gott. Diese Ursubstanz oder Kraft der ersten Materie heißt
in der modernen Wissenschaft Energie. Die prima materia hat eine
immaterielle Qualität, sie wird erst sichtbar, wenn sie sich in einem
konkreten Körper verwirklicht. Wenn der Körper vergeht, geht die Kraft
der Ursubstanz in einen anderen Körper über. Dies entspricht dem
Grundsatz von der Erhaltung der Energie. Aber was ist Materie? Was ist
Energie? Die Energie wird nicht vernichtet, sie wird nur von einer Form in
eine andere Form umgewandelt. Es ist ein Urgrund der Materie, aus dem
alle konkreten Formen hervorgehen und in den hinein sie sich wieder
auflösen. Lange Zeit nannte man das, was die
Welt im Innersten zusammenhält, Äther. Dieser Begriff wird nicht mehr
verwandt, aber man spricht von einer gewissen Leere als Hauptbestandteil
der Materie. Es ist im Innern aller Dinge etwas, was man die Dunkle
Materie nennt. Diese Dunkle Materie ist der tragende Grund des gesamten
Universums. Aber auch diese Dunkle Materie ist ihrem Wesen nach
unbekannt. So wie das Bewusstsein des Menschen auf einem dunklen
Meer des Unbewussten wie eine Insel treibt, so treibt das sichtbare
Universums auf der unerforschlichen Dunklen Materie. Diese Dunkle
Materie ist wie ein kosmischer Ozean, auf dem die konkrete Gestalt des
Universums wie eine Insel treibt. Also die Urmaterie oder Kraft oder
Ursubstanz oder Energie oder Dunkle Materie ist eine allem konkret
Seienden zugrunde liegende Urkraft, die in allen Religionen als weiblich
aufgefasst wurde, als Sophia. Die schwarze Madonna ist ein kultischer
Ausdruck dieser Prima Materia, dieser Ursubstanz, dieses kosmischen
Ozeans der Dunklen Materie. Sie ist die Mutter, die Mater, die Materie,
Maria. Engelgleicher Thomas, bitte für uns! Schwarze Madonna, dein
Sohn, der Liebling Gottes, die spielende Weisheit, lehrte mich heute die
mystische Hochzeit. Ist nicht in der Prima Materia der göttliche Geist, die
Schöne Liebe, wie im Gefängnis? Ist nicht die Weltseele in dem Gefängnis
der Körper? Wie wird die Weltseele aus dem Gefängnis der Materie
befreit? Die Weltseele vereinigt sich mit dem göttlichen Geist! Erwache,
Weltseele, und erkenne den göttlichen Geist und werde dir bewusst, dass
du Glanz vom Glanz des göttlichen Geistes bist! Erhebe dich aus deiner
Formlosigkeit und Unbewusstheit in einen Zustand der Hochzeit, da Leib
und Seele als Braut und Bräutigam mystische Hochzeit in Gott feiern! Die
von Gott gehauchte Seele und der von Gott geschaffene Leib begehen die
mystische Hochzeit, das ist das große Werk des Menschen. So wird der
Mensch zum Abbild der Ewigen Weisheit, die mit Gott vereinigt ist. Der
Wahre Mensch, der in dieser Hochzeit gezeugt wird, das himmlische Kind,
ist der Lichtsohn. Wie soll ich dich nennen, du Lichtsohn der mystischen
Hochzeit? Soll ich die Lebenselixier nennen oder Tinktur? Soll ich dich
Licht nennen oder Morgenröte oder Osten? Soll ich dich Adam nennen?
Bist du mein Bruder, meine Schwester, mein König? Bist du der
Hermaphrodit? Bist du der Kleine Gott der Erde? Bist du der
mikrokosmische Sohn? Bist du der wunderbare Vater? Das natürliche
Menschenwesen voller Instinkte hat sich mystisch vereinigt mit dem
geistigen Intellekt des Menschenwesens, und aus dieser spirituellen
Hochzeit ist das Gold hervorgegangen, Gold, aber diesmal mehr als Gold,
nämlich Gold, durchscheinend wie Glas, und dies ist die Erkenntnis
Gottes.

2
Über einen Wanderpfad erreicht man die duftenden Bergweiden mit der
Kapelle der Schwarzen Madonna von Vassivière, die während des
Sommers die Menschensöhne und Menschentöchter, die Widder und
Mutterschafe und Lämmchen in Schutz nimmt. Über dem Haupt der
Schwarzen Madonna befindet sich als Glorienschein eine Muschel. Sie ist
nämlich die Panhagia Aphroditissa der zyprisch-orthodoxen Kirche! Sie ist
die Königin der Liebe, die auf Zypern in Marion und Kouklia verehrt
wird! O Petra tou Romiou, du Fels der Römer, wie preist du die zyprische
Madonna, die Madonna mit dem goldenen Granatapfel! Aber hier steigen
wir hinan zur Schwarzen Madonna der Bergweiden, der Schafstriften. Auf
den Bergweiden weiden die Schafe, die im Tal noch der Hirte geschoren,
nun der Hirte aber weidet unter dem Segen der Schwarzen Madonna.
Kleine Glöckchen um den Hals der Schafe sind das Geläute zum
Gottesdienst des Guten Hirten. Hat sich auch ein schwarzes Schäfchen
verlaufen, so eilt der Hirte ihm nach, verlässt die neunundneunzig Schafe
und sucht das verirrte schwarze Schäfchen, das sich im Dornendickicht
verirrt hat. Wenn er es gefunden hat, nimmt der Gute Hirte das schwarze
Schäfchen in seine Arme und trägt es heim. Der Herr ist mein Hirte, und
mir wird nichts mangeln! Er weidet mich auf grünen Auen und führt mich
zum frischen Quell und zum Wasser der Ruhe! Jesus ist der Gute Hirte, der
sein Leben lässt für die Schäfchen und Lämmer, und die Schafe des Guten
Hirten hören seine Stimme und folgen ihm. Der Mietling aber flieht, wenn
er den Wolf kommen sieht, der Gute Hirte aber verlässt die Lämmlein nie!
Schwarze Madonna, Mutter des Guten Hirten, hier ist dein Ort: Die Mutter
Natur! So werden ja die Bilder der Schwarzen Madonna immer gefunden:
Der Hirte ist mit seiner Herde Schafe und Lämmer auf der Weide.
Plötzlich wird ein kleines Lämmlein unruhig, entfernt sich von der Herde
und bleibt an einem Orte stehen und bewegt sich nicht mehr. An diesem
Orte stehen wilde Rosen und sprudelt eine klare Bergquelle. Der Ort zieht
die Aufmerksamkeit des Hirten auf sich, da das Lämmlein wie gebannt auf
den wilden Rosenbusch starrt. Da erblickt der Hirte plötzlich das Bild der
Schwarzen Madonna im wilden Rosenbusch. Die Schwarze Madonna
spricht zum Hirten und wirkt ein Wunder und noch ein Wunder und viele
Wunder. Der Hirte verkündet den Menschen des Tals die Schwarze
Madonna, aber das wunderkräftige Bild der Schwarzen Madonna bleibt
beim Rosenstrauch an der Quelle zurück, denn dies ist der Ort, den die
Jungfrau selbst gewählt hat. Nun kommen die Bäuerinnen Madelaine und
Susanne und Catherine und Marguerite und Marie-Therese und die Bauern
Mark und Yves und das Knäblein Benjamin und pilgern zur Schwarzen
Madonna auf der Bergweide beim wilden Rosenbusch an der klaren
Quelle. In einer Prozession wird das Bild der Schwarzen Madonna,
angekettet, in die Dorfgemeinde zum Ortspfarrer getragen. Die wilde
Jungfrau aber zerreißt die Ketten und flieht zurück in die wilde schöne
Einsamkeit der Berge! Hier will sie wohnen an der Quelle, beim wilden
Rosenbusch, bei den schwarzen Schäfchen und den unschuldigen
Lämmlein! Darum bauen die Gläubigen eine kleine Kapelle für die
Madonna. Diese Herrin ist ein Inbegriff für die Natur selbst, sie ist die
menschgewordne Mutter Natur, ein Bild der Herrlichkeit des Herrn, die
sich in der Natur offenbart! Die antiken Poeten besangen die schönen
Physis: O schöne Physis, die du alles Leben aufquellen lässt, du
schöpferische Mutter aller Lebendigen, du Seele der Natur, du Körper des
Lebens! O schöne Physis, von der Liebe getrieben und der Lust zum
Schönen, gibst du der Natur die Gesetze der Harmonie und die Ordnung
der Schönheit! O schöne Physis, du bist Gottes Kleid, du bist die ewige
Weberin und wirkst der Gottheit grüngoldenes Kleid! Die Schwarze
Jungfrau offenbart sich ja gern in Grotten und an Quellen und Bergbächen,
ja sie lässt sich selbst in der schwarzen Mutter Erde finden. Denn die
Schwarze Madonna ist das schwarze Mütterchen Erde, das feuchte
Mütterchen Erde, und die Große Mutter Gottes ist die Seele der Mutter
Natur! Es ist die schöne Physis, vom Geiste Gottes erfüllt, die sich hier
ausspricht in dem schwarzen und schönen Körper der Schwarzen
Madonna. Darum erscheint die Madonna auch so oft in einem Baum, wie
einst auch auf der Steineiche zu Fatima in Portugal der Hirtenkindern,
denn der Baum ist die Vergeistigung der Ersten Materie, die Wandlung der
Materie in Geist, die Amorisation des Kosmos durch den Amor Dei, das ist
Christus! Darum griff auch in die Saiten der Zither Ephraem der Syrer, er
selbst, die Zither des Heiligen Geistes, und sang der Braut des Heiligen
Geistes, seiner himmlischen Muse, diese Hymne: Maria et arbor unum
sunt! Maria und der Baum sind eins! Denn Maria ist der Lebensbaum des
Paradieses, des wiedergefundenen Paradieses, der Lebensbaum der neuen
Schöpfung, die Neue Eva der neuen und ewigen Schöpfung! Der Vater
wohnt in unzugänglichem Licht, der Sohn ist Licht vom Lichte, der
Heilige Geist erscheint als das Feuer der Liebe! Die Jungfrau
Himmelskönigin erscheint im weißen Kleid mit goldenem Gürtel in der
Aura der Sonne! Die Himmelskönigin ist so hoch in das göttliche Licht der
himmlischen Dreifaltigkeit entrückt, dass sie den Frauen der Erde, den
Töchtern Evas in ihren irdischen Nöten und Sorgen fast zu sehr entrückt
scheint. Aber da erscheint die Jungfrau Maria als Schwarze Madonna, und
als Schwarze Madonna umarmt sie die Natur, die Erde, die Nacht, das
Meer, die Materie, den Alltag der Töchter Evas, das Fleisch der Söhne
Adams! Nun ist in die Religion der katholischen Offenbarung Gottes auch
das Schwarze integriert, nun hat die Madonna auch die Materie und die
Nacht heimgeholt in das Himmelreich Gottes! Sie ist schwarz, aber sie ist
eine gütige Mutter, sie tröstet und heilt, denn nichts Böses ist in Maria,
nichts Böses ist ewig in Gott! Das ist gewisslich wahr und zu glauben:
Gott ist gut und in Gott ist nichts Böses! Gottes Herrlichkeit offenbart sich
in der Natur, und Franz von Assisi besang die Schönheit der Schöpfung als
Spiegel der Schönheit Gottes, und Hildegard von Bingen sah den Glanz
des Kosmos als Glanz der Ewigen Weisheit, Hildegard sah die kosmische
Energie des Heiligen Geistes und sah die vitale Grünkraft in der
Schöpfung als Potenz der Schönen Liebe, Mater Caritas! Hier ist
Naturliebe gleichsam Gottesliebe, hier ist auch hohe Frauenminne
gleichsam Marienminne, und die Hohe Frouwe der Troubadoure ist ganz
ähnlich die Jungfrau, der Schwarzen Madonna! O Madonna, ich bins nicht
wert, Euch den Schnürsenkel Eures roten Schuhes zuzubinden!... Und
woher kommst du, Schwarze Madonna? Der moderne Westler irrt sich, der
meint, das Christentum sei eine europäische Religion. Das Christentum
begann in Ur in Chaldäa, wenn es nicht schon im Garten Eden begann, den
Gott der Herr im Osten pflanzte. Das Christentum irrte durch die Wüste,
war im Heiligen Land, ging durch Ägypten, bereicherte sich in Babylon
und in Alexandrien, vermählte sich mit der griechischen Weisheit, so erst
kam das Christentum nach Europa. Aber der heilige Apostel Thomas
brachte das Christentum nach Indien und China. Die Schwarze Jungfrau
von Sankt Christopherus ward im Jahre 1000 von einem Kavalier aus dem
Heiligen Lande mitgebracht. Die Schwarze Madonna von Aurillac kam mit
einem Kreuzritter von Antiochien nach Vaucluse, wo Petrarca später seiner
Donna Laura gedachte. Ludwig der Heilige, Kaiser von Frankreich,
brachte die Schwarze Madonna aus dem Heiligen Lande mit, nämlich La
Egyptienne von Le Puy, sie stammte vielleicht ursprünglich aus Ägypten,
jenem Land, da Moses studierte in seiner Jugend. Die Schwarze Jungfrau
kommt aus dem Morgenland. Ex oriente lux, aus dem Osten kommt das
Licht. Das Morgenland ist die Terra Incognita, das unbekannte Land. Hier
ahnen wir alles Dunkle, Unverständliche, Fremde, Abgründige, Unerhörte
und Unsichtbare, kurz das Göttliche, das Ganz-Andre. Der Orient ist ein
Rätsel, das Morgenland ein Mysterium. Im Morgenland suchen wir alle die
Romantik unserer Seele, alle die Geheimnisse unseres Inneres meinen wir
im Morgenland verwirklicht. Das Morgenland ist die Verheißung
ungeahnter Fülle des Lebens. Ohne die arabische Ornamentik und
vielleicht auch die indische Mandala-Kunst keine gotische Kathedrale.
Ohne persische Liebespoesie keinen Troubadourgesang der
provencalischen Minne. Ohne arabische Philosophie keine Scholastik des
lateinischen Mittelalters. Das Morgenland ist Vegetation und Geist, es ist
Blume und Weisheit. Schon Marco Polo ward von China magnetisch
angezogen. Ohne die chinesischen Nudeln des Langen Lebens keine
italienischen Spaghetti. Es begann der Poeten große Wallfahrt in das
Morgenland mit Goethes Westöstlichem Diwan und dem Großen Buch
Suleika. Friedrich Rückert übersetzte den Koran meisterhaft als poetisches
Kunstwerk, was er ist, und dichtete die mystischen Liebeslieder zwischen
dem Gottmenschen Krischna und der Seelenfreundin Radha meisterhaft
und kongenial nach. August Graf von Platen dichtete Hafis meisterhaft
nach. Heine sehnte sich nach Indien, den großen Lilien und den klugen
Gazellen. Hölderlin sah den Ursprung seines archaischen Dionysos in
Indien und nannte Christus den Syrier. Else Lasker-Schüler inszenierte den
Orient, in dem sie selbst als der Prinz Jussuf von Ägypten herrschte.
Hermann Hesse vermählte Siddharta mit der indischen Kurtisane Kamala
und reiste selbst nach Indien, in den Urwald von Sumatra. Peter Torstein
Schwanke dichtete chinesische Poesie der Tang-Zeit nach, studierte
chinesische Philosophie und sah sich selbst als Kaiser von China im Exil.
Ja, es ist, wie der Dichter sagt in der morgenländischen Legende von dem
nackten Heiligen: Das Morgenland ist die Heimat des Wunderbaren. Und
von dort, aus der Heimat des Wunderbaren, kommt zu uns die Schwarze
und Schöne Madonna. Das Morgenland der Schwarzen Madonna ist die
Vermählung von Nacht und Tag, ist der Ort des finsteren
Lichts der Gottheit, der Ort der Gottheit, die da ist der Zusammenfall der
Gegensätze, die Wunderheimat Gottes.

Bei der Schwarzen Madonna von Marsat trafen sich das römisch-
katholischen Mittelalter und die römisch-katholische Romantik. Die
Schwarze Madonna ist gekleidet in Schwarz und Rot, doch das verborgene
Gold ihres Untergewandes ist auch zu erkennen, der geheimnisvolle Glanz
schimmert hindurch. Die Thronende hat den ernsten Blick ganz in sich
gekehrt. Ihr ernstes Kind schaut auf ihrem Schoß mit großen Augen in die
Geheimnisse der Ewigen Weisheit. Die Mutter hat übergroße Hände, ihr
ernstes Kind zu schützen. Die Gelehrten kannten immer nur zwei
Kulturepochen: Die griechisch-römische Antike und die italienische
Renaissance, dazwischen lag für sie die Barbarei des finsteren Mittelalters.
Die Romantik aber lenkte die gläubigen Augen auf das heilige römische
Mittelalter deutscher Nation, zu deutschem Kaiser und römischem Papst,
zu Mystik und Minne. Der Klassiker ehrte allein die Griechen, ihr Maß der
Schönheit war das Maß der Idee der Schönheit an sich, es war die
vollkommene Form. Es war das dreifaltige Ideal der Gutheit, Wahrheit und
himmlischen Schönheit, die dem Klassiker das Maß für die makellose
Form gab. Es war der edle Mensch das Maß aller Dinge, der vergeistigte,
dem Ideal gehörige Mensch. Die Romantik war auf der Suche nach den
tiefen Gründen der Seele, nach dem dunklen Urgrund alles Seienden und
alles Seelischen. Die formale Formschönheit des Klassikers wollte die
Romantik auflösen in einem Rausch, in einem Traum, in einer
Leidenschaft, in einer allumfassenden Liebe! Die Romantik wollte
hinabsteigen in den Mutterschoß des Geheimnisvollen, wie Faust
hinabstieg zum Dreistuhl der archaischen Mütter. Aus dieser Urquelle des
schöpferischen Geheimnisses auf dem Grunde der Welten wollte die
Romantik erneuert auftauchen mit der lebendigen Schönheit, und wie
zugleich die Aphrodite aus dem Urmeer der Seele auftauchte, so stieg die
Madonna herab vom Himmel der Seele in göttlicher Schönheit, in der Aura
der Ewigen Liebe! Die Romantik wollte nicht die glatte Formschönheit des
makellosen Apollon, sondern die Ekstase und die Mysterienreligion des
Dionysos, des griechischen Christus, dieser Religion von Fleisch und Blut,
von Brot und Wein, von Ganzhingabe, Passion, von Tod und
Auferstehung! Geist und Natur in Einer Person vereinigt! Die Nacht der
Seele und das Licht der Wahrheit in Einer Liebe umschlungen! Was der
Psychologe lehrt vom Schatten, das sang der Dichter schon vorher in dem
Märchen von Peter Schlemihl, dem Nachfahren des Pinehas, der die
Midianiterin Kisbi im Zelt mit dem Speer durchbohrt! O Peter Schlemihl,
niemals verkaufe deinen Schatten! Es kommt ein hagerer schwarzer Mann,
der schaut aus wie der leibhaftige Tod, ein baumelndes Skelett im
schwarzen Rock und flucht: Bei Satan, verkaufe mir deinen Schatten!
Peter, Peter, niemals verkaufe deinen Schatten! Ohne deinen Schatten ist
deine Seele ewig tot! Weisheit sog die Romantik aus der Minne des
Mittelalters, sie sang die Taglieder ihrer Geliebten, sie sang das
Kreuzfahrerlied des Walther von der Vogelweide, sie sang den Tristan und
die Isolde nach in der Schmerzseligkeit ihrer Passion, die mehr Kreuz war,
Kreuz und Eros in Einem! Sie sang die Marienminne des Gottfried von
Straßburg, die Lieder der provencalischen Troubadoure, die Göttliche
Komödie von Dante und die Hymnen des heiligen Jakobus da Todi an die
Herrin Liebe! Die Romantik sang den Friesen das Gudrunlied, den
Deutschen das Nibelungenlied, den Briten den Sagenkreis um den heiligen
Graal, das ist der Kelch des Sakraments der Eucharistie! Die heilige
Gertrud von Helfta erschien mit dem brennenden Herzen der göttlichen
Liebe! Mechthild von Magdeburg erschien mit ihrem fließenden Licht der
liebkosenden Gottheit in ihrem mystischen Liebesspielen! Die heilige
Hildegard erschien und besang die Mater Caritas im Ehebett Gottes des
Herrn! Der selige Heinrich Seuse erschien und sang seine Herrin und
Minnedame, die Ewige Weisheit, die Idee der Schönheit! Der heilige Franz
erschien und sprach mit den Vögeln und sprach mit Bruder Sonne und
Schwester Mond und sprach auch mit Bruder Esel, seinem Leib, und
Bruder leiblichem Tod. Die Romantik in ihrer Suche nach dem
Mysteriösen und Mystischen fand die Mysterien der katholischen Kirche,
die Kirche selbst als Mysterium Christi in der Welt, und die sieben
Mysterien der Sakramente, das Mysterium des allerheiligsten
Altarsakramentes, nur den Eingeweihten zugänglich! Was der Klassiker
suchte bei den Mysterien von Eleusis, das fand der Romantiker in dem
Mysterium des Evangeliums! So sind in der Zeit der Romantik manche
Figuren der Madonna als Schwarze restauriert worden. Denn die Romantik
war eine Gegenbewegung gegen die Vergötterung der menschlichen
Vernunft und der einseitigen Verklärung des Lichts. Wohl wusste schon
das katholische Mittelalter, das der Glanz des Himmels allein durch Glanz
ausgedrückt werden kann, darum schuf man der Madonna goldenen
Schmuck, Edelsteine, Perlen, Kränze, Diadem, alles, was glänzte an
heiligem Schmuck, aber der Glanz Gottes konnte auch durch das heilige
Paradox eines glänzenden Schwarz ausgedrückt werden. Denn von Gott
kann man nur im Paradox reden. Gott ist Gott, aber Gott ist auch nicht
Gott, denn dass wir Gott Gott nennen, das hat Gott von den Menschen.
Gott ist Licht, ist Vater, ist Geist, aber Gott ist ein finsteres Licht, Gott ist
auch Mutter, und Gott ist auch die Gottnatur, das ist die Einwohnung
Gottes in der Schöpfung. Von Gott kann man nur im Paradox reden, denn
im Sinne der negativen Theologie können wir Gott weder mit
menschlicher noch mit englischer Zunge beschreiben, sondern Gott ist
immer der Ganz-Andre. So ist Gott Lichtglanz von unbeschreiblicher und
unerträglicher Reinheit, aber dieser Glanz wird ausgedrückt durch die
glanzreiche Reinheit des makellosen Schwarz der Schwarzen Madonna. In
der Schwarzen Madonna schauen wir den Abglanz von Gottes
unerschaubarem Lichtglanz! Die Herren der Schöpfung, die Rationalisten
und Verstandmenschen begreifen die göttlichen Mysterien nie. Ihre
wissenschaftliche Objektivität und ihr Glauben an den technischen
Fortschritt ist ein blutleeres Gespenst. Die Seele vertrocknet vor solcher
Ideologie. Sie sagen: Glauben ist nicht Wissen, und trennen die göttliche
Offenbarung des katholischen Religion von den Wahrheiten der
menschlichen Weisheit. Es ist aber nur Eine Wahrheit, Ein Gott ist die
Quelle Einer Weisheit. Die menschliche Vernunft allein kann das
Geheimnis des Lebens nicht ergründen, der sich selbst offenbarende Gott
muß sich dem Glaubenden mitteilen, dann erst wird das Geheimnis der
Liebe Gottes im geschöpflichen Leben mit heiliger Einfalt angenommen.
Diese heilige Einfalt eines Kindes Gottes, das die Selbstoffenbarung
Gottes durch den katholischen Glauben annimmt, ist die wahre Vollendung
der menschlichen Weisheit der Lebensklugheit und der natürlichen
Weisheit der Wissenschaft. So ist doch die Theologie der Offenbarung die
Königin der Wissenschaften, die Philosophie und die andern natürlichen
Wissenschaften sind die Mägde der Königin. Aber die Aufklärung, da der
Gräuelgötze der Göttin der menschlichen Vernunft auf den entheiligten
Altar Gottes gesetzt ward, führt zum Tod der Seele und des gesamten
Lebens der Schöpfung. Die Romantik aber rebellierte wie eine marianische
Revolutionärin der göttlichen Liebe! Die Romantik feierte die Nacht, den
Traum, die Tiefe der Seele, die Inspiration, die Intuition, die visionäre
Schau des Wesens aller Wesen. Die Mutter Nacht war die Urmutter alles
Schöpfertums. Die Mutter Nacht lehrte eine intuitiv erahnte
Geistergemeinschaft und eine universale Harmonie unter der
Alleinherrschaft der lebendigen Gottheit. Hier ging die Seele in der Tiefe
einen Bund mit der ewigen Weisheit ein. Der geheimnisvolle Weg zur
verschleierten Weisheit führte in das Innere der Seele. Im Innern der Seele
war die Ewigkeit mit allen ihren unzähligen Universen. Die Sprache des
Innern der Seele war die Sprache der Mythen und Märchen, der Heiligen
Schrift und der Legenden, die Ursprache der Seele war die geheimnisvolle
Sprache Gottes, wie die Weisen und heiligen Sänger sie überlieferten von
Anfang an. Die Tiefe der Seele war die Heimat der Ursprache, des
Wunders, der sakralen Poesie, der Religion, und der All-Einheit, die wir
Gott nennen. Aus der All-Einheit der Gottheit im tiefsten Brunnen allen
Seins stieg alles herauf, alles Seiende und alles Seelische. Darum wandten
sich die heiligen Seher und Sänger abwärts in die geheimnisvolle Nacht,
ins unaussprechliche Geheimnis des Weltenanbeginns. Das Licht des Tages
herrschte in der bemessenen Zeit, aber die Mutter Nacht erschloß den
geheimnisvollen Raum der Ewigkeit, der Sprache Gottes. So wandte sich
die Romantik der Nacht zu, der Innerlichkeit der Seele, dem Geheimnis,
dem Mysterium Gottes. Aus der Tiefe des Urgeheimnisses Gottes stieg vor
den Sehern die Vision des Ewigweiblichen auf. Clemens Brentano sang die
kostbaren Romanzen vom Rosenkranz, Hölderlin sang seine Hymnen an
Maria-Urania, die Mutterkönigin der Ewigkeit, Novalis pries die
Sixtinische Madonna, aber bekannte als Seher: In unzähligen Bildern sehe
ich Maria verherrlicht, aber keins von allen Bildern kann die Madonna
schildern, wie ich sie in meiner Seele schaue! Nur weiß ich, dass, seit ich
die Madonna in meiner Seele schaue, der Himmel auf Erden lebt und in
meiner Seele das Paradies erschlossen ist! Je mehr der Gott der Zeit das
Geld ist, je mehr die Kinder der Welt die vergänglichen Dinge vergötzen,
je mehr die Gottlosen der sterblichen Göttern nachhuren, desto mehr wird
das dunkle Meer der Seele aufgewühlt und es erscheint die Vision der
Einheit, die uns erlösen will. So weiß ich, dass in Westfriesland die Jugend
immer mehr Verehrung für die Süße Jungfrau hat. Kaum ein Jugendlicher,
der nicht in seinem Heim zwischen Eisselmeer und Groningen einen
Marienaltar hat und Unsere Liebe Süße Fraue verehrt. So weiß ich von
Piet Swantewitt, der vom Eisselmeer stammt und in Groningen den
friesischen Psalter studierte, den Bernlef der Barde übersetzt, dass er in
seinem Heim einen Altar der Süßen Jungfrau hat mit drei Marienbildern:
Der Engel Gabriel kniet als schöner Jüngling ehrfurchtsvoll vor der Süßen
Jungfrau, die Süße Jungfrau erscheint als liebende Frau, die Jungfrau
erscheint als mystische Braut des Heiligen Geistes, des schöpferischen
Geistes der Liebe, die Potenz und Akt ist. So sagte auch der Weihbischof
der friesischen Bischofskonferenz, der den Diözesen von Westfriesland,
Ostfriesland und Nordfriesland vorsteht, Seine Eminenz Bonifazius II.:
Unsere Liebe Süße Fraue steht für die Geborgenheit einer liebenden
Mutter und für die liebenden Ganzhingabe einer liebenden Braut! So ist
den Friesen die Süße Jungfrau zu einem Symbol der Erlösung geworden.
Denn besonders in Friesland wird Unsere Liebe Süße Fraue als die
Miterlöserin verehrt. Es ist die Nacht, die dunkle Nacht der Seele, der
prophetische Traum, da sich die ewigweibliche Pforte zum Urmysterium
auftut.

4
Schwarze Madonna, wie soll ich dich verherrlichen? Der Apostel warnt
mich vor den Irrlehren der Gnosis, die von der gefallenen Sophia reden,
von der in die Körperlichkeit gefallenen Psyche. Und mein Herz ist so voll
süßer Liebe und müder Traurigkeit, dass ich nicht philosophieren mag von
der neoplatonischen Anima Mundi. Nein, die Schwarze Weisheit ist mir
Sulamith. Schwarze Madonna, so steht ja auf dem Rücken der Ägypterin
geschrieben: Ich bin schwarz und sehr schön! Sulamith, die Freundin, sie
sucht den Geliebten. Der Geliebte und die Freundin preisen sich in
hymnischen Wechselgesängen. Aber die Freundin ward von den Wächtern
misshandelt. Der heilige Bernhard, der Troubadour der Schwarzen
Madonna, sieht im Geliebten Christus und in der Freundin die menschliche
Seele. Auch ist die Freundin die Kirche, die sich mit ihrem Geliebten
Christus vermählt. Oder sind es Liebeslieder des Königs Salomo an seine
schwarze Freundin, die Königin von Saba? Sie kam immerhin vom Ende
der Erde, die Weisheit zu hören, die Gott dem König Salomo verliehen hat.
Oder sollen wir das Hohelied als geheime Schrift der Alchemie betrachten,
da Braut und Bräutigam sich vermählen? Spricht doch im Buch der
alchemistischen Aurora die göttliche Sophia selbst durch den Mund der
schwarzen und schönen Freundin Sulamith: „Wendet euch zu mir von
ganzem Herzen! Verwerft mich nicht, weil ich schwarz und dunkel bin,
denn nur die Sonne hat mich so verfärbt! Die Abgründe haben mein Antlitz
bedeckt! Die Erde ist verdorben, da Finsternis herrscht über ihr! Ich bin
gesunken in die Tiefe, und aus der Tiefe rufe ich zu euch, aus dem
Abgrund der Erde spricht meine Stimme zu euch, die ihr vorübergeht auf
dem Wege: Seid achtsam und schaut auf mich! Fand jemals einer von euch
Eine, die mir gleicht? Ich aber will euch den Morgenstern in die Hände
legen!“ Dieses Antlitz der Schwarzen Sophia war schon da, bevor sich die
Abgründe der Erde bildeten, war schon da vor der Erschaffung der Erde.
Denn der Ewige hat Sophia gehabt im Anbeginne seiner Wege, ehe Gott
etwas schuf, von Anfang. Sophia ist inthronisiert von Ewigkeit und im
Anfang. Ehe die Erde ward, ehe die Meere waren, ehe die Quellen quollen,
ward Sophia vom Ewigen geboren, geboren, nicht geschaffen. Ehe
Himmel und Erde und Meer geschaffen wurden und alles was lebt, war
Sophia als die Lieblingin des Ewigen bei Gott, und sie war seine Wollust
immer! Sophia war also die Wollust des Ewigen, sie war seine Geliebte!
Seine Geliebte in Ewigkeit war Sophia, bevor die Sonne sie so verbrannt
hat, bevor die Abgründe ihr Antlitz bedeckten. Sophia, die Geliebte des
Ewigen und Gottes Wollust, ist als Gottes Throngenossin die Architektin
des Kosmos. Sie ist der still schaffende, dunkle Urgrund des Seins. Ihr
Aufenthalt ist überall und nirgends. Fragte einst ein Mann einen Weisen:
Wo wohnt Sophia? Da sagte der Weise: Das ist nicht so schwer zu
beantworten wie die Frage: Wo wohnt Sophia nicht? Aber ihr
Aufenthaltsort ist ein unergründliches Geheimnis. Keiner kennt Sophia,
keiner hat Sophia geschaut. Sie ist mit nichts und niemand vergleichbar
und ist verhüllt den Augen aller Lebendigen. Sophia ist unendlich kostbar,
sie ist mit keinem irdischen Schatz vergleichbar und durch keinen
Reichtum zu erwerben. Gott allein weiß, wo Sophia wohnt. Sie ist die
schwer zu erreichende Kostbarkeit der Alchemisten, das Ziel des Großen
Werkes. Wer sie findet, dem schenkt sie den Morgenstern. Doch bis sie
gehört wird, bleibt sie verhüllt und verborgen, und es gibt nur Gerüchte
über sie. Diese Sophia ist der Stein, den die Baumeister verworfen haben.
Diese Sophia ist der Stein der Weisen. Sophia ist umgeben von den
Schleiern des Geheimnisses und der mystischen Nacht. Ihr Wesen ist
Mysterium! Aber sie ist ein allmächtiges Wesen und als die Architektin des
Kosmos ist sie die Schöpferin! Sie ordnet das Viele, dass sie als Schöpferin
erschaffen, nach erstaunlich tiefsinnigen Plänen und Grundstrukturen,
ordnet alles nach Maß und Zahl, schafft die kosmische Harmonie, die bis
ins kleinste Detail von uns unergründlicher, dunkler Weisheit zeugt.
Sophia ist das unerschaubare Wesenslicht aller Kreaturen. Sophia ist die
Offenbarung des Göttlichen. Aber sie wohnt unter uns. Sophia, die in der
Transzendenz die Wollust des Ewigen war in Ewigkeit vor Anbeginn der
Schöpfung, sie ist auch die Immanenz Gottes in der Schöpfung, sie wohnt
unter uns, sie ist die Weisheit und Liebe Gottes in der Schöpfung. Aber als
die immanente Gottheit, in der Schöpfung geheimnisvoll verborgen
wohnend, ist Sophia die schwarze Braut des Herrn. Sie ist aus ihrem
unzugänglichen Lichtglanz herabgestiegen in unsere irdische Nacht. Mit
Trauer und blindgeweinten Augen leidet sie unter uns als Schwarze
Madonna, bis wir alle das Gottesfünklein im Innern erkennen und uns mit
Gott vereinigen!

PHILOSOPHIE DER LIEBE

1
Moses sah auf dem Horeb einen brennenden Dornbusch, der brannte, aber
nicht verbrannte und aus dem brennenden Dornbusch hörte Moses die
Stimme des lebendigen Gottes, der ihn sandte, das Volk Gottes aus der
ägyptischen Sklaverei zu befreien. Da fragte Moses den lebendigen Gott
nach seinem Namen. Da sprach Gott: Ich bin da! Ich bin da für euch! Ich
bin, der ich bin! Ich bin, der ich sein werde! JHWH! Bezeichnet dies nicht
allein den seienden Gott, sondern den für seine Menschen daseienden Gott,
so ist doch in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments, in der
Septuaginta, der Gottesname Jahwe wiedergegeben als der Seiende. Damit
war der Weg gebahnt zur Begegnung der göttlichen Offenbarung in der
Heiligen Schrift mit der Weisheit der griechischen Philosophie. Schon
Parmenides hatte in einer Mischung aus Philosophie und mystischer Vision
von der Göttin der Wahrheit in der Nachtreise seiner Seele die
Offenbarung erhalten, dass allein das Sein ewig ist. Allein das Sein ist,
sagte Parmenides, das Werden und Vergehen ist nicht. Heraklit auf der
anderen Seite nahm auch das Werden und Vergehen an und forschte nach
einem Ewigseienden in dem Werden und Vergehen und entdeckte den
Logos als das innere ewige Sein in allem Werden und Vergehen. Der
Logos als das Ewige in allem Wandel oder als das Göttliche in der
Schöpfung ist auch das Hauptprinzip der Stoa. Der Logos ist die
Weltvernunft oder der Sinn allen Daseins. Im Johannesevangelium ist
dieser Logos identisch mit Christus, dem ewigseienden Sohn Gottes,
Mensch geworden in Jesus von Nazareth. In der Stoa werden für das
innere Prinzip der Schöpfung verschiedene Namen gebraucht, die
identisch sind: Logos, Weltseele, Geist, Zeus. Es ist also das göttliche
Prinzip in der Schöpfung oder die Immanenz Gottes. In der orphischen
Philosophie, die der Legende nach auf den weisen Dichter Orpheus
zurückgeht, ist die Welt geschaffen von der Mutter Nacht, die befruchtet
ward vom Wind, so wurde das Welt-Ei gelegt, der Urkeim der Schöpfung,
und in dem Urkeim der Schöpfung lebte der Gott Eros, die göttliche Liebe.
In der platonischen und neuplatonischen Philosophie ist das innere Prinzip
der gewordenen Welt die Weltseele. Bei Plotin zeugt der absolute Geist,
also Gott, in der Weltseele, und aus der Weltseele geht die geschaffene
oder gewordene Welt hervor, die geistige und materielle Welt. Diese
Weltseele wird vom jüdisch-hellenistischen Philosophen Philo von
Alexandrien mit dem Logos identifiziert. Philo glaubte an den einen Gott,
den Herrn, den Jahwe der mosaischen Offenbarung, und schaute doch den
Logos der griechischen Philosophie als einen Werkmeister und
mitschöpferischen Quasi-Gott oder Gottessohn an der Seite Jahwes. Der
Gedanke des Werkmeisters kommt auch in der Theologie Salomos zum
Ausdruck, da die Werkmeisterin und Mitschöpferin die Weisheit Gottes ist,
Sophia. Diese Sophia oder Weisheit Gottes wird von Paulus mit Christus
identifiziert. Gewissermaßen sind Logos und Sophia identisch, wobei der
Logos als männlich vorgestellt wird, Sophia aber als weiblich. Der
russisch-orthodoxe Religionsphilosoph Wladimir Solowjew identifiziert
die Sophia auch mit der Weltseele oder dem göttlichweiblichen Nichts, aus
dem Gott der Herr alle Welt geschaffen hat, und nennt diese Weltseele
Sophia auch den Schutzengel der Welt. Im Mittelalter schaute Hildegard
von Bingen als das der Schöpfung innewohnende Prinzip die göttliche
Liebe. Die Liebe Gottes wurde von ihr in weiblicher Gestalt visionär
geschaut, sie nannte sie das Mädchen Liebe, die Mater Caritas oder Frau
Liebe, die Ehegenossin Gottes, die in einer heiligen Hochzeit mit Gott
vereinigt ist im Ehebett Gottes. Hildegard sagt, dass Gott den Urkeim der
Schöpfung aus dem Nichts geschaffen, dass aber in dem Urkeim der
Schöpfung die göttliche Liebe innewohnte, die den Urkeim nach und nach
zur Entfaltung gebracht habe und fortwährend bringt. Die göttliche Liebe
wird aber im allgemeinen dem Heiligen Geiste zugeordnet. So erscheinen
also die drei Personen der Einen Gottheit als Jahwe, der Herr, der Seiende,
der Schöpfer, die zweite Person erscheint als Logos und Sophia oder
Christus, Mensch geworden in Jesus von Nazareth, und die dritte Person,
der Heilige Geist, erscheint als göttliche Liebe, als Mater Caritas.

Ein Kardinal wies auf die Philosophie der Freiheit hin. Ich will also mich
Fichte und Schelling nähern. Die Dichter Klopstock, Puschkin und Heine
priesen ja die Göttin Freiheit. Wer ist die Göttin Freiheit? Fichtes
Philosophie beginnt mit der Tat des Ich und endet mit der Versenkung des
Ich in die absolute Gottheit. Fichte schloß sich zuerst Kant an, der sagte,
die Freiheit des Menschen liege darin begründet, dass er sich freiwillig
einer unbedingten Verpflichtung, dem Sittengesetz anschließt. Aber Fichte
sah, dass zwar Kant das Ich für frei hielt, aber doch in der Erkenntnis
höchst beschränkt. Hier ist das Ich vom Nicht-Ich abhängig. Das
erkennende Ich ist vom Seienden abhängig, vom Ding an sich. Eine solche
Abhängigkeit vom Ding an sich scheint für Fichte mit der menschlichen
Freiheit unvereinbar. Außer dem freien Menschen kann es nicht noch eine
ihn bedingende Welt geben, meint Fichte, die Welt außer dem Menschen
sei also wesentlich gar nicht, sie ist nur ein aus dem Menschen
herausgestelltes Bild des Menschen selbst, die Welt ist nichts als der
Weltentwurf des schöpferischen Ich in seiner Freiheit. Das ist der
Grundgedanke des deutschen Idealismus: Es existiert nur das Ideelle,
Geistige, nur das geistige Ich in seiner absoluten Freiheit und
Unbedingtheit. Die Welt existiert nur als Vorstellung des Menschen, aber
die Vorstellungen des Menschen von der Welt werden nicht von der
realexistierenden Welt bedingt, sondern vom Menschen freischöpferisch
selbst erzeugt. Die Absolutheit des Ich lässt die Welt also untergehen.
Wenn aber außer dem absolut freien Ich in seiner Unbedingtheit nichts
existiert, kein Gott und keine Welt, dann existiert das absolut freie Ich auch
nur in absoluter Einsamkeit. Der Mensch ist frei, aber was bedeutet ihm
nun diese einsame Freiheit? Wozu ist er frei? Wenn aber alles Seiende und
Wirkliche bloße Vorstellung des Subjekts ist, ist dann nicht das Ich auch
bloßer Traum, bloße Vorstellung? Hat das Ich denn Sein und Wirklichkeit?
Es bleibt dem Ich kein Sein und auch kein Bewusstsein vom wirklichen
Sein des Ich, alles ist bloß Bild, Vorstellung, Traum. Alles sind
vorbeischwebende Bilder und auch das Ich ist nur ein Bild. Alles wirkliche
Sein wandelt sich in einen Traum, aber einen Traum ohne Träumer, der den
Traum träumt. Es ist ein Traum, der in seinem Traum von einem Traum
abhängig ist. Die Inder würden sagen: Alles Seiende ist bloße Maya, leerer
Schein, Illusion, Zaubertrug. Wer nun die Freiheit retten will, die Freiheit
davon bewahren will, in einem absoluten Nichts der Sinnlosigkeit zu
versinken, der kann dies nur, indem er der Freiheit eine absolute Grenze
setzt. Die absolute Freiheit wird erst wirkliche Freiheit, wenn sie vor
einem Höchsten Absoluten als bedingte und endliche Freiheit erscheint.
Denn der Mensch selbst ist nicht die Absolutheit, sondern er ist eine
Doppelnatur aus Absolutheit und Endlichkeit. So muß auch die Freiheit
diese Doppelnatur haben, dem Absoluten zuzugehören und doch als
endliche Freiheit eine absolute Grenze anzuerkennen. In Wahrheit muß das
Ich doch anerkennen, dass es Wesen außer ihm gibt. Mag man auch Dinge
in der Welt als bloße Vorstellung des Ich betrachten, so gibt es doch andere
Menschen, die selbst wieder solch ein Ich sind, es gibt die wirklichen Iche
außer meinem eigenen Ich. Diese Iche außer meinem Ich sind selbst freie
Persönlichkeiten und nicht nur Projektionsflächen meines eigenen
schöpferischen Ichs. Neben meinem freien Ich stehen die andern freien
Iche. Nun ist der Ausgangspunkt für den philosophischen Humanismus
nicht mehr das einsame Ich, sondern die Geistergemeinschaft der freien
Persönlichkeiten. Nun dringt der Blick des Philosophen in den Ursprung
der Freiheit. Sie wurzelt im Gewissen des Menschen, seiner freien
Entscheidung und auch Verantwortung über die Entscheidung zwischen
Gut und Böse. Aber vor unserm Gewissen kann die Freiheit sich nicht
beliebig entscheiden, sie ist gebunden an den Spruch des Gewissens. Es ist
also eine Notwendigkeit im Ursprung der Freiheit. Es ist ein absolutes
Gesetz der Ursprung der Freiheit. Das Ich muß sterben, um seine wahre
Freiheit zu erlangen. Der Tod muß das absolut-endliche Ich von seiner
Endlichkeit erlösen, damit das erlöste Ich in die absolute Freiheit eintreten
kann. Um die absolute Freiheit zu finden, muß man also auch die
menschliche Freiheit hinter sich lassen. Erst wenn der Mensch die radikale
Abtötung der Eigenmächtigkeit annimmt, gelangt er in Wahrheit über sich
hinaus in die wahre Freiheit, die Freiheit, frei zu sein vom Ich, um das
wahre Ich in der Freiheit zu finden. Wer bereit ist, sein Ich aufzugeben,
hinzugeben, zu sterben, der hat erkannt, dass er nicht der Zeuger seines
eigenen Ich ist, sondern dass er sein eigenes Ich empfangen hat, dass er
sich nicht sich selbst verdankt, sondern Gott. In Gott ist die wahre Wurzel
der Freiheit. Wenn das Subjekt seine individuelle Freiheit aufgibt, kann es
teilhaftig werden der absoluten Freiheit der Gottheit. Denn allein die
Gottheit hat wahrhaft Sein. Die Gottheit ist ja das Sein in Person. Alles,
was seiend ist, hat Sein vom Sein der Gottheit, so dass man sagen kann,
Gott allein ist und außer Gott ist nichts. Der Mensch ist nicht ein Dasein
aus sich selbst, sondern ist ein Dasein vom Sein Gottes, der Mensch ist
eine Offenbarung der seienden Gottes. Wer aber sein eigenes endliches
Dasein in den absoluten Urgrund der allein seienden Gottheit versenkt, hat
teil an der einzig absoluten Freiheit, die Gott ist. – Nun will ich mich nach
dem Ratschlag des Kardinals dem Philosophen Schelling nähern. Auch er
spricht wie Fichte vom absoluten Ich. Aber in dem menschlichen und
endlichen Ich entdeckt Schelling etwas Absolutes, das er das Ewige in uns
nennt. Auf dieses Ewige in sich stößt der Mensch, wenn er in den
absoluten Grund seines Ich hinabschaut. Er nennt dieses Hinabschauen
intellektuelle Anschauung, die Gabe, sich zu entkleiden von allem, was
von außen an die Seele herangetragen wird, und das Unwandelbar-Ewige
in sich anzuschauen. Worauf der Mensch aber stößt, wenn er in den
absoluten Grund seines Ichs hinabschaut, ist das Göttliche selbst. Und
dieses Göttliche ist der Urgrund nicht nur des eigenen Ich, sondern der
Urgrund aller Wirklichkeit. So denkt Schelling, wie Spinoza, das alles
Wirkliche in diesem einen Urgrund eins sei, das alles Wirkliche aus diesem
unerschöpflichen Urgrund hervorkommt, ja, das in gewissem Sinne dieser
unerschöpflich-schöpferische Urgrund aller Wirklichkeit das einige
wahrhaft Wirkliche sei. Dieses Göttliche ist das Leben, das allem
Lebendigen innewohnt. Es ist die schöpferische Gottheit als immanente
Gottheit, die im Innersten der Schöpfung lebt und wirkt. Nun betrachtet
Schelling die Natur, die Schöpfung. Er sieht im Innern der Natur ein
Gesetz der Polarität. Im Anorganischen wirkt das Gesetz von Magnetismus
und Elektrizität, Im Bereich des Organischen wirkt die Polarität von
Weiblichem und Männlichem. In der Natur wirkt die Polarität von
Schwere und Licht. Durch diese Polaritäten verwirklicht sich die Natur als
ein lebendiges Werden. Aber was ist das Ziel dieses Werdens? Schelling
sagt, der Höhepunkt des Werdens der Natur ist der menschliche Geist, der
geistbegabte Mensch ist die Krone der Schöpfung. Der Geist überschreitet
aber die Natur und bringt die Natur zugleich zur Vollendung. Die
Wirklichkeit der Schöpfung besteht also aus dem bewusstlosen Leben der
Natur und dem bewussten Leben des Menschen. Auch in dem
menschlichen Geist entdeckt Schelling das Gesetz der Polarität, das er
auch schon in der bewusstlosen Natur gefunden hatte. Der Menschengeist
verwirklicht sich durch Polaritäten, Spannungen, Gegensätze und die
Versöhnung der Gegensätze. Alle Erscheinungen in der Schöpfung, von
der unbewussten Natur bis zum bewussten Menschengeist, sind Glieder
eines lebendigen Organismus, und in diesem lebendigen Organismus
waltet und wirkt die schaffende Gottheit. Die Natur ist gewissermaßen der
verborgene Gott. Doch die Natur ist noch nicht die eigentliche
Offenbarung Gottes, sondern die menschliche Vernunft ist das Ebenbild
Gottes. So zieht Schelling die Geschichte der Menschheit als eine
fortschreitende Offenbarung des Ewigen, des Göttlichen, die Geschichte
ist ein Epos, vom Geiste Gottes gedichtet. Wie ist aber diese Gottheit
selbst zu denken? Wer ist Gott? Anfangs denkt Schelling Gott als absolutes
Ich, als rein geistiges Wesen. Aber da er Gott auch erkennt als Wirkprinzip
in der Natur, sagt Schelling, Gott müsse Ich und Nicht-Ich zugleich sein,
die absolute Identität, die absolute Einheit vor und in allem, das All-Eine,
aus dem die Polaritäten der Natur und des menschlichen Geistes
hervorkommen, der eine absolute Ursprung und das eine höchste Ziel,
Anfang und Ende. Ich will Schelling nicht weiter folgen in seinen
gnostischen Spekulationen vom Negativen in Gott, vom werdenden Gott,
vom Gott, der durch den Menschen erlöst wird. Für die Philosophie der
Liebe halte ich das Gesetz der Polarität fest, das in der Einheit Gottes
gründet, wurzelt und in die Einheit Gottes zurückkehrt. Dieses Gesetz der
Polarität kann man auch Liebe nennen. Es ist das Yin und Yang der
taoistischen Philosophie, das ja auch im Tao, als der Mutter allen Seins,
wurzelt. Es ist das Prinzip des Eros, die Polarität von Männlichem und
Weiblichem, wie der orphische Mythos es sah, der Eros von Männlichkeit
und Weiblichkeit als Grundprinzip der Natur und der Vernunft. Es ist die
göttliche Liebe, die Hildegard so poetisch besungen, wenn sie schildert,
wie sich die Kräuter liebkosen. Die ketzerische Vorstellung, das in Gott
das Böse seinen Ursprung hat, ja, das Gott gut und böse ist, durchzieht als
eine Art Krankheitsgeschwür den deutschen Idealismus. Hegel nannte den
Diabolos die vierte Person der Gottheit. Das ist eine böse Blasphemie.
Gott ist gut, Gott ist Liebe, das ist die Offenbarung der Heiligen Schrift.
Zu einer Philosophie der Liebe kann Hegel aber dennoch
beitragen mit seinen Überlegungen über das Wesen der Liebe, über die
Dialektik der Liebe. Denn wenn die Polarität das Wesen des Eros ist, dann
kann der Eros nicht allein nur in der Schöpfung gefunden werden, wobei
die Gottheit dann als das Eine, das Absolute, Einige, also einsame
Urwesen gedacht wird. Denn wenn das Neue Testament sagt: Gott ist
Liebe, dann ist die Liebe in Gott. Dann ist dieser Eros der Polarität von
Männlichkeit und Weiblichkeit in Gott. Hier ist der Grund zu sehen für die
Lehre der dreifaltigen Gottheit. Diesem Gedanken nähern wir uns mit der
Hegelschen Philosophie von der Dialektik der Liebe. Kant zerriß den
Menschen in zwei Hälften, in das höhere Selbst, das sich der moralischen
Pflicht bewusst ist, und in das empirische Ich mit seinen üblen Neigungen.
Hegel will die Einheit der Person wieder herstellen. Die Einigkeit des
ganzen Menschen fand Hegel in der Liebe. Sie wird zum Ausdruck seines
sittlichen Wesens und ist doch der Ausdruck der natürlichen Neigung des
Menschen. So wird die Betrachtung der Liebe zum Ausgangspunkt der
Hegelschen Dialektik. Denn Dialektik ist kein hölzernes Gesetz, sondern
das innere Gesetz der Liebe. Was gehört zur Liebe als einem Verhältnis
von Liebenden? Zuerst ist da ein Liebender, der ist, der Ich sagt. Das ist
die Thesis, das Ich des Liebenden. Aber dann gehört zur Liebe wesentlich,
dass der Mensch über sich hinausgeht, aus sich herausgeht, sich hinwendet
und hingibt an das Du des geliebten Menschen. Indem das Ich sich an das
Du hingibt, verliert er sich selbst, negiert sein Ich, negiert die Thesis und
setzt die Antithesis, das geliebte Du. Aber das Paradox der Liebe ist, wie
schon Jesus es beschrieb, dass der Liebende erst in der Hingabe an das Du
sein wahres Ich findet. Das wahre Wesen der Liebe besteht darin, sich
selbst zu vergessen, sich selbst hinzugeben, im geliebten Du aufzugehen
und sich dadurch erst selbst wahrhaft zu gewinnen. Die Negation des Ich
in der Antithese des Du wird also wieder negiert, in dem das Ich im Du
sein wahres Selbst erst findet. Dadurch kommt die Synthesis zustande, die
Einheit von Ich und Du. Der Geliebte ist der Liebende, der Liebende sieht
sich selbst im Geliebten, und doch ist der Geliebte nicht der Liebende,
sondern der Andere, ein Wunder, das den Verstand übersteigt. Diese Liebe
ist aber allgemein das Grundgesetz der ganzen Wirklichkeit. Alles Leben
spielt sich in Liebesbeziehungen ab. In der Liebe kommt das Leben selbst
zu Erscheinung. Indem die Liebenden von der Liebe überwältigt werden,
werden sie vom Leben überwältigt. Das Leben kommt in der Liebe zu sich
selbst. So ist die sichtbare Liebe die höchste Form des unendlichen Alls
des Lebens, die Liebe ist die Grund, aus dem alles Leben erwächst. Was in
der Liebe offenbar wird, ist das All-Leben, das Absolute, das Eine
Absolute, das Liebe ist. Diese Absolutheit als das absolute oder göttliche
Leben, wird in der Liebe des Menschen sichtbar. Der Liebende und der
Geliebte sehen, dass das eine Leben sie durchflutet, sie erfahren sich also
als eine Einheit. Aber dennoch erfahren sie sich als getrennte Wesen und
erfahren den Schmerz der Zerrissenheit. Es ist das einige Leben also in
sich zerrissen, entzweit. In der Entzweiung und Zerrissenheit spüren die
Liebenden aber doch den Drang nach Vereinigung, nach der Herstellung
der höheren Einheit. In der Liebe findet sich das Leben verdoppelt und
vereinigt. In diesem Rhythmus von ursprünglicher Einheit, Zerrissenheit
und Wiedervereinigung pulsiert das lebendige Leben und schafft
schöpferisch die Wirklichkeit. Dieses All-Leben mit dem Gesetz der
dialektischen Liebe bezeichnet Hegel als die Gottheit, sie ist das
unendliche Leben, die schöpferische Liebe. Diese Gottheit der Liebe steht
an der absoluten Spitze der Philosophie. Inwiefern aber diese Gottheit
selbst in sich dialektische Liebe ist, Einheit, Zweiheit und Vereinigung, das
beantwortet nicht die Philosophie Hegels, sondern die Theologie von der
Dreifaltigkeit Gottes.

Wenn man in einem Frühlingsgarten sitzt, das Herz voll Liebe, betrachtet
die Natur und meditiert über das Tao, dann fragt man sich, ob die Liebe,
die in der Natur waltet, die Liebe von Yin und Yang ist, der Eros der
Polaritäten, oder ob nicht vielmehr die Liebe, die in der Natur waltet, die
göttliche Liebe ist, die die dreifaltige Liebe ist. Nun ist aber das keine
Frage, ob die 2 oder die 3 das Grundgesetz der Schöpfung ist, sondern die
Tatsache, dass die Liebe das immanente Gottesgesetz in der Schöpfung ist,
lässt nach dem Wesen dieser Liebe fragen. Auch bei der Polarität von
Männlichem und Weiblichem als der Grundbedingung des Erotischen,
kommt gewissermaßen als dritte Tatsache der Geist der Vereinigung hinzu.
So lehrt der jüdische Religionsphilosoph Walter Schubert, dass im
Augenblick der sexuellen ehelichen Vereinigung von Mann und Frau der
Heilige Geist als der Geist der Liebe und als der Geist der Vereinigung
hinzutritt. So ist Liebe immer der Liebende, die Geliebte und der Geist der
Liebesvereinigung. Diese dritte Person, der Geist der Liebe, wird in der
Familie durch das Kind verkörpert. Der Liebende als der Mann und die
Geliebte als die Frau finden ihre Vereinigung und ihre Einheit
gewissermaßen inkarniert in dem Kind. Der Liebende geht über sein Ich
hinaus in der Hingabe an das geliebte Du, Ich und Du in der Vereinigung
bilden ein Wir, aber dieses doppelt-einige Wir ist fruchtbar und geht in
seiner Fruchtbarkeit noch über sich hinaus und wird schöpferisch, dies ist
das Wesen der menschlichen Liebe, vereinigend zu sein für Mann und Frau
und aus der Vereinigung heraus schöpferisch zu sein und Kinder zu
zeugen. So bezeichnet Papst Johannes Paul II. die Ehe und Familie als
Abbild der Dreifaltigkeit Gottes. Sankt Augustin bezeichnete die
Dreifaltigkeit als den Liebenden, den Geliebten und die Liebe. Das Bild
der Familie oder Ehe in Gott erscheint angedeutet im Buch der Weisheit,
da Salomo den Herrn preist, Frau Weisheit als Throngenossin des Herrn,
und vom Herrn und der Frau Weisheit ausgehend den Geist preist. Die alte
heidnische Vorstellung eines Hieros Gamos, einer heiligen Hochzeit von
Gott und Göttin, weist hier auf die heilige Hochzeit in Gott selbst hin.
Hildegard von Bingen schaut diese Heilige Hochzeit in Gott, indem sie
Frau Liebe preist, die Ehegattin des Herrn, die im Ehebette Gottes mit Gott
vereinigt ist. Aber es ist nicht die Polarität von Göttlichmännlichem und
Göttlichweiblichem allein, die in Gott erscheint, sondern die Vereinigung
von Göttlichmännlichem und Göttlichweiblichem erscheint selbst als die
göttliche Liebe oder als der Eros Gottes, eben das ist der Heilige Geist. So
wird in der jüdischen Mystik der Kabbala von der mystischen Hochzeit in
der Gottheit selbst gesprochen, da Jahwe der Herr sich vereinigt mit der
Schechinah, das ist die mütterliche Gegenwart Gottes in der Schöpfung.
Jahwe und die Schechinah, der Herr und Seine Herrlichkeit, vereinigen
sich, und diese innergöttliche Hochzeit wird nach Anschauung der
Kabbalisten eigentlich im Hohenlied Salomos besungen. Heute wird auch
gern von der Mutterliebe Gottes im Heiligen Geist gesprochen. Der
Heilige Geist, der sich Maria zum Tempel erwählte, ist der Geist des
Trostes, der lebensspendende Geist, der Nährende, Aufziehende,
Fürsorgende, der Geist der Liebe, dies wird als mütterlich empfunden. Es
ist ja gewissermaßen der Heilige Geist auch die Fruchtbarkeit Gottes, denn
der Heilige Geist bewirkte das Fruchtbarwerden der Jungfrau Maria, der
Heilige Geist bewirkt Marias Empfängnis und bewirkt ihr Gebären. Er
verkörpert sich gewissermaßen in Maria, die als sein besonders geweihter
Tempel erscheint. Manche Denker sehen dann den Heiligen Geist als die
Mutterliebe Gottes, so dass zu Gott dem Vater der Heilige Geist als
Mutterliebe Gottes hinzukommt und so der Gott-Sohn hervorgeht. Die
Römischkatholischen und die Orthodoxen stritten ja darüber, ob Gott der
Geist aus Gott dem Vater allein oder aus Gott dem Vater und Gott dem
Sohn hervorgehe. Was aber, wenn Gott der Sohn hervorgehe aus Gott dem
Vater und Gott dem Geist (der Mutterliebe Gottes)? Auch hier sehen wir,
dass die menschliche Ehe und Familie als das göttliche Konzept für die
menschliche Liebe ein Abbild der göttlichen Liebe ist, die dreifaltig ist.
Der Dichterpriester Ernesto Cardenal sagte: Gott ist Liebe und der Mensch
ist auch Liebe, denn der Mensch ist ein Ebenbild Gottes. Die göttliche
Liebe ist eine dreifaltige Liebe, die menschliche Liebe in Ehe und Familie
ist eine dreifaltige Liebe. Nun bleibt es den Naturphilosophen und
Naturliebhabern überlassen, die dreifaltige Liebe als göttliches
Grundgesetz im Innersten der Schöpfung zu entdecken. Es ist das
Schellingsche Gesetz der Polarität, das Gesetz von Yin und Yang, aber mit
der mitgedachten dritten Person, nämlich dem Geist der Vereinigung, der
wechselseitigen Anziehung, der Erotik zwischen den Polaritäten. Denn der
weltimmanente Eros der Orphiker ist dreifaltig. In der Gottheit, im
Menschen als dem Ebenbild Gottes und in der Natur als dem Kleid Gottes
wirkt dasselbe Gesetz, die dreifaltige Liebe. Diese dreifaltige Liebe ist die
Liebe von drei allmächtigen und unendlichen Personen. Der allmächtige
und ewige Vater liebt in seiner ewigen Allmacht der gleichgöttlichen Sohn,
der Sohn aber nimmt sich in seiner Liebe zum Allmächtigen soweit
zurück, da gewissermaßen nur für einen Allmächtigen Raum ist in der
Ewigkeit, dass der allmächtige Sohn aus Liebe zum allmächtigen Vater zu
einer Ohnmacht wird. Die Allmacht der Sohnes wird zur Ohnmacht des
Sohnes aus Liebe zum allmächtigen Vater. Dies ist das Opfer der Liebe,
dass der Sohn am Kreuz als dem Holz der Vernichtigung dem Ewigen
bringt. Gleichzeitig beweist der göttliche Sohn seine Liebe zum Vater,
indem er des Vaters Meisterwerk, die Menschheit, bis zum Tode am Kreuz
liebt. Es ist die Menschheit nämlich dem nackten Nichts und dem ewigen
Tod verfallen, ja, der Verdammnis. Der göttliche Sohn löst sich aus dem
liebenden Schoß des Vaters und teilt in seliger Selbstvergessenheit das
Schicksal der Verdammten dieser Erde, er entäußert sich seiner Allmacht
und wird zur Ohnmacht am Kreuz, er entäußert sich seines ewigen Seins
und geht ein in die Nacht des Nichts, er verlässt die Glückseligkeit der
göttlichen Vereinigung mit dem Schoß des Vaters und steigt hinab in die
ewige Verdammnis, um sich ganz und vollkommen mit dem
Menschengeschlecht zu vereinigen. Durch diese Liebesvereinigung der
göttlichen Allmacht in der Ohnmacht des Sohnes mit dem nichtigen
Menschengeschlecht, wird das Menschengeschlecht durch die Vereinigung
mit dem Gekreuzigten der göttlichen Natur teilhaftig. Das ist die Erlösung,
die uns die gekreuzigten Liebe erwirkt. Alles Seiende ist also die
dreifaltige Liebe, und diese dreifaltige Liebe ist die gekreuzigte Liebe.
Und du, o Mensch, willst du Gott ähnlich werden, sei auch gekreuzigte
Liebe! Laß dein Herz dem Herzen Mariens ähnlich sein, dem
mitgekreuzigten Herzen!

DAS KÖNIGREICH CHRISTI

Paulus kam nach Ephesos. Ephesos war im zehnten Jahrhundert vor


Christus eine Siedlung der Achaier. Sie kann sich an Alter mit Peking
messen. Homer hat in Ephesos gelebt und Heraklit hat seine Philosophie
dort der Göttin Artemis geweiht. Homer erwähnte eine Wiese namens
Asia, die am Fluß Kayster lag, der bei Ephesos ins Mittelmeer strömt. Von
dieser Wiese bekam die römische Provinz Asia ihren Namen und später
der ganze Erdteil Asien. Der Tempel der Artemis, Artemision genannt, war
eins der größten Heiligtümer der Griechen für tausend Jahre, von der
Errichtung im Jahre 700 vor Christus bis zur Zerstörung durch die Gothen
im Jahre 300 nach Christus. Heute ist die Stelle des Tempels ein
Wasserloch, nur manchmal führt ein Hirte seine Schafe hierher, um die
Schafe am Wasser des Vergessens zu tränken. Kostbare Säulen aus dem
Artemision sind in der Hagia Sophia, einige Marmorplatten in dem Kloster
der heiligen Katharina von Alexandrien am Fuß des Sinai. Artemis, der
Astarte der Bibel gleich, trägt die feinen Antlitz-Züge einer griechischen
Göttin und neunzehn Brüste als Symbol der Fruchtbarkeit, die sie
verkörpert. Hier predigte Paulus den Logos, aber die Künstler
protestierten, die ihre Kunst der Verherrlichung der Göttin gewidmet
hatten.
2

Smyrna ist eine der sieben Städte, die behaupten, Geburtsort Homers zu
sein. Smyrna gehört auch zu den sieben Gemeinden, an die Johannes seine
apokalyptischen Briefe richtete. In Smyrna haben einige Juden Jahwe, den
Gott Israels, unter dem Namen Zeus Hypsitos verehrt. Zeus Hypsitos ist
der Vater der Götter und Menschen, der nicht vergleichbar ist dem
olympischen Zeus mit seinen amourösen Affairen, dem Spottbild der
Komödiendichter. Zeus Hypsitos wurde bildlos verehrt. Er ist ein Beweis
für den Drang der Griechen, zu einem höheren Rang der Verehrung des
Göttlichen zu gelangen.

Plinius der Jüngere war Statthalter Roms und sah die Christen, die sich
weigerten, den römischen Göttern und dem Gott-Kaiser Anbetung
zukommen zu lassen. Man sagte ihm, keine Drohung könne diese Christen
veranlassen, einen andern Gott anzubeten als Jesus Christus. Sie taten
eigentlich nichts, als sich an einem bestimmten Tag der Woche zu treffen,
bei diesen Treffen sängen sie feierliche Hymnen an Christus und
verpflichteten sich feierlich, keine Sünden wie etwa Mord oder Ehebruch
zu begehen. Sie versammelten sich zu gemeinsamen Mählern, bei denen
sie unschuldige Speisen zu sich nahmen. Plinius der Jüngere findet bei
diesen Christen nichts, was zu tadeln wäre, außer einem uferlosen und
verdrehten Aberglauben. Kaiser Trajan empfahl größte Milde und verbot
anonyme Denunziationen, die einer modernen Zivilisation nicht würdig
seien.

In der Syrischen Wüste liegt Rusafa, die eine römische Grenzfestung war.
Dort hatten die Christen Sergios und Bacchus, Soldaten der kaiserlichen
Armee, sich geweigert, Christus zu verleugnen. Sie wurden degradiert.
Dann führte man sie in Frauenkleidern um die Stadt herum, Bacchus in
Frauenkleidern! Nach schrecklichen Martern wurden Sergios und Bacchus
enthauptet. Bald pilgerten viele Christen zum Grab des heiligen Bacchus!
Die Stadt wurde Sergiopolis genannt. In der Zeit Kaiser Konstantins des
Großen baute man die Kirche des heiligen Bacchus und opferte dort Brot
und Wein als Fleisch und Blut des Christus dem Vater im Himmel!

König Abgar der Neunte von Edessa trat zum Christentum über. Schon
sein Ahne, König Abgar der Fünfte, schrieb einen Brief an Christus mit der
Bitte, ihn zu besuchen. Christus schrieb ihm zurück, er werde ihn nach
seiner Auferstehung besuchen, indem er ihm einen seiner Jünger senden
wird. So kam der Apostel Thaddäus nach Edessa und taufte König Abgar
den Fünften. Die spanische Nonne Etheria pilgerte am Ende des vierten
Jahrhunderts zu den heiligen Städten und schreibt, sie habe in Edessa viele
Abschriften der Briefe von Abgar und Christus gesehen. Sie waren in
syrischer Sprache auf Pergament geschrieben und hatten große
Wunderkraft. Christus hatte dem König Abgar auch ein Christusbild
geschickt, die Wahre Ikone des Heiligen Antlitzes.

Simeon der Stylite war 390 nach Christus in Kilikien geboren. Als
Jüngling trat er in ein Kloster ein, doch waren ihm die Klosterbrüder zu
verweltlicht. Da zog er sich in die Syrische Wüste zurück, etwa eine
Tagereise von Aleppo entfernt. Der heilige Simeon zog bald viele Fromme
an, denn je größer die Heiligkeit eines Eremiten, desto wirksamer seine
Fürsprache. Um der Welt noch weiter zu entfliehen, bestieg er eine Säule.
Einige Male erhöhte er die Säule, bis sie zwanzig Meter hoch sich über die
sündige Erde erhob. Um den Säulenschaft schlang sich die Schlange, auf
der Spitze des Schaftes saß mit gekreuzigten Beinen der Heilige und
meditierte das Wort Gottes. Von seiner Höhe aus predigte er den Scharen
und schrieb Briefe an Kaiser und Bischöfe.

Der Obelisk im Vatikan ist ein steinerne Zeuge Christi. Er stand schon
tausend Jahre in der Wüste Ägyptens, bis Kaiser Nero ihn im Cirkus
errichten ließ. Der Stein stammt aus Heliopolis, der Obelisk war dem
Sonnengott Re geweiht. Im sechzehnten Jahrhundert wurde er vor Sankt
Peter in den Vatikan gebracht. Mit achthundert Arbeitern und
hundertzwanzig Pferden unternahm Domenico Fontana das Werk der
Wiederaufrichtung des Obelisks im Vatikan. Den Arbeitern war bei
Todesstrafe Schweigen geboten. Aber als die Seile zu rauchen begannen,
rief ein alter Seemann: Wasser für die Seile! Der alte Seemann hatte sein
Leben riskiert für die Aufrichtung des Obelisken im Vatikan, Christus
geweiht, der Sonne der Gerechtigkeit! Dieser Obelisk hatte das Martyrium
des heiligen Petrus im Cirkus des Kaisers Nero gesehen und ist dessen
steinerner Zeuge!

Als Kaiser Nero nach dem Brand der Stadt Rom den Christenprogrom
befahl, bat die Gemeinde von Rom Petrus, den Bischof von Rom, die Stadt
zu verlassen. Auf der Via Appia erschien ihm Christus. Petrus sprach:
Domine quo vadis? Christus sprach: Ich bin gekommen, mich zum zweiten
Mal kreuzigen zu lassen! Petrus kehrte um und ließ sich für Christus
kreuzigen.

Paulus lebte ungestört in Rom, in das er als Gefangener des Kaiser


gekommen war. Später wurde er noch einmal freigelassen und besuchte
Spanien am Ende der Welt. Dann kehrte er nach Rom zurück und wurde
mit dem Schwert enthauptet.

10

Vierzig Jahre nach Tod und Auferstehung Christi, zwanzig Jahre nach dem
ersten Konzil der katholischen Kirche, dem Apostelkonzil in Jerusalem, ist
die hochgebaute Zion von Kaiser Titus erobert und zerstört worden. Der
siebenarmige Leuchter aus dem Tempel, der noch aus dem Tempelschatz
Salomos stammte, ist lange in Rom aufbewahrt worden. Bei der
Plünderung Roms durch die Vandalen ist er verschwunden.
11

Im Palast Fausta in Latrano, dem Haus der Kaiserin, fand das römische
Konzil von 313 statt. In der Laterankirche befindet sich der Holztisch, der
vom heiligen Petrus als Altar für das Messopfer benutzt wurde. Die
Laterankirche ist Bischofskirche des Bischofs von Rom bis heute. Darum
ist sie Mutter und Haupt aller Kirchen der Stadt und der Welt.

12

Papst Sylvester der Erste bat Kaiser Konstantin den Großen, über dem
Grab des Apostels Petrus eine Basilika zu errichten. Der Altar der Kirche
lag über dem Schrein des heiligen Petrus. Konstantin schrieb: Weil unter
Deiner Führung die Welt sich triumphierend zu den Sternen erhoben, weiht
dir Konstantin, der Sieger, diese Halle!

13

In der alten Basilika Sankt Petri ward am Weihnachtsfest des Jahres 800
Karl der Große von Papst Leo dem Dritten zum Kaiser gekrönt. Konstantin
der Große war der erste christliche Kaiser auf dem Kaiserstuhl Roms. Zur
Zeit aber, als Jerusalem im Besitz der Araber war, erhielt ein Franke aus
dem Norden durch das Oberhaupt der christlichen Kirche seine Sanktion
als Nachfolger der römischen Kaiser. Karl der Große hatte lange geplant,
durch eine Heirat mit der Kaiserin Irene von Byzanz den Westen und den
Osten zu einen. Ein Plan, der noch verwirklicht werden muß!

14

Im sechzehnten Jahrhundert wurde auf Weisung des Papstes Julius des


Zweiten die alte Basilika Sankt Petri abgerissen, und durch Michelangelo
und Bramante die neue Basilika des heiligen Petrus im Vatikan errichtet.
Sankt Peter, tausend Jahre nach der Hagia Sophia von Byzanz gebaut, ist
eins der größten Meisterwerke der christlichen Architektur. In der Cathedra
Petri steht der Bischofsstuhl aus Holz, der der Stuhl Petri war. In der
Capella della Pietà erhebt sich die Colonna Santa, diese Säule stammt aus
dem Tempel Salomos in Jerusalem.

15

Das Pantheon von Rom ward vom Schwiegersohn des Kaisers Augustus
errichtet, nach der Zerstörung des Pantheon durch einen Blitz ward er von
Kaiser Hadrian wieder errichtet. Es war das Heiligtum aller Götter. Es ist
den Göttern der sieben Planeten geweiht. Erst als die Kuppel der Hagia
Sophia schon den Himmel erreichte, wurde das Pantheon zu einer
christlichen Kirche geweiht. Dies tat Papst Bonifatius der Vierte, er weihte
das Pantheon der Heiligen Jungfrau Maria und allen Märtyrern.

16

Die Marienverehrung war inzwischen im Osten begründet worden. Auch


die Marienverehrung, wie alle Weltreligionen, hat die Menschheit aus dem
Morgenland empfangen. In Ephesos wurde Maria Gottesgebärerin
genannt, dort, wo die Heiden sonst die Große Mutter der Götter verehrt
hatten, dort begann man nun die wahre Mutter zu preisen, die von aller
Ewigkeit zur Mutter Gottes und Mutter aller Menschen auserwählte
Jungfrau Maria!

17

Der Kaiser von Rom, Konstantin der Große, erkennt das Oberhaupt der
christlichen Kirche, Papst Sylvester den Ersten, als Stellvertreter Christi
auf Erden an und erhält den Apostolischen Segen. Der Kaiser besucht zu
Fuß und ohne Krone den Bischof von Rom, um ihm die Papst-Tiara zu
überreichen. Dann besucht der Papst, auf einem Schimmel reitend, mit der
Tiara geschmückt, den Kaiser, der die Krone trägt. Der Konflikt zwischen
weltlichem Oberhaupt, dem Kaiser des römischen Reiches, und dem
geistlichen Oberhaupt, dem Papst der römisch-katholischen Kirche,
durchzog das ganze Mittelalter. Dieser Kampf durchzieht Dantes Göttliche
Komödie. Der Kampf zwischen Papsttum und Kaisertum um die
Oberhoheit ist bis heute nicht entschieden.

18

Ambrosius von Milan gehört zu den Doktoren der Kirche. Ambrosius von
Milan ist der erste Gelehrte, der den Ehrentitel Doctor Ecclesiae verliehen
bekam. Ambrosius war Bischof von Milan. Sein Vater war Präfekt in
Gallien. Er selbst hat als Gelehrter in Milan gelebt. Als er zum Bischof von
Milan gewählt ward, war er noch nicht getauft. Man wartete damals mit
der Taufe bis zur Todesstunde, damit des ganzen Lebens Sünde mit der
Taufe abgewaschen wurde und die Seele unbefleckt ins Paradies eingeht.
Ambrosius hatte wenig Lust, Bischof zu spielen, aber der Heilige Geist
befahl es ihm. Ambrosius war ein sympathischer Mann. Ambrosius von
Milan war auch ein Dichter, er hat das Tedeum gedichtet: Großer Gott, wir
loben dich!

19

An der Nordküste der Adria fand sich aus dem fünften Jahrhundert ein
Medaillon der thronenden Madonna mit dem Kinde. Die Mutter thront im
Thronstuhl, hält in der Rechten den Hirtenstab mit dem Kreuz, sie wird
umwunden von der Schlange. Auf ihrem Schoß thront das göttliche Kind.
Der Orient begann, den Okzident zu befruchten. Die blühende Kunst von
Byzanz beeinflusste die spätrömische Kunst. Im Medaillon hat Maria die
Christen von Anfang an begleitet als die Mutter der Christen, als die Hilfe
der Christen. Als die Hilfe der Christen half Maria auch dem Papst Leo
dem Großen, allein durch die Vollmacht seiner Persönlichkeit den wilden
Hunnen Attila vor den Toren des Abendlandes zur Umkehr zu bewegen.

20

Einige meinen, die griechische Fassung des Neuen Testaments sei nicht
eine Fortsetzung des hebräischen Alten Testaments, sondern der
griechischen Übersetzung des Alten Testaments, der Septuaginta. König
Ptolemaios Philadelphos hat im dritten Jahrhundert vor Christus in
Alexandria die Septuaginta in Auftrag gegeben. Daß das Neue Testament
in griechisch geschrieben worden ist, war für die weitere Entwicklung des
Christentums von außerordentlicher Bedeutung. Es war eine
Voraussetzung für die Auseinandersetzung des jungen Christentums mit
der ehrwürdigen griechischen Philosophie. Schon Paulus begann diese
Auseinandersetzung, diskutierte mit Epikuräern und Stoikern und zitierte
griechische Dichter. Die Schriften der griechischen Kirchenväter sind eine
umfangreiche Bibliothek, Johannes Chrysostomus, Gregor von Nyssa,
Origines und andere setzten sich intensiv mit der griechischen Philosophie
auseinander.

21

Die Einweihung der Hagia Sophia von Byzanz im Jahre 537 ist ein
Höhepunkt der griechischen Kunst. Es war eine Sternstunde des Glaubens
und der Kunst. Kaiser Justinian trat aus der Versammlung heraus allein an
den Altar, hob die Hände und betete: Ruhm und Ehre dem Allerhöchsten,
der mich für würdig hält, ein solches Werk zu vollenden! O heiliger
Salomo, ich habe dich noch übertroffen! – Salomo hatte der Welt den
Tempel von Jerusalem geschenkt, die Griechen hatten der Welt das
Pantheon geschenkt, das Christentum hat der Welt die Hagia Sophia
geschenkt. Die Hagia Sophia ist das vollkommenste Bauwerk
transzendenter Jenseitigkeit, das die Geschichte der Architektur kennt.

22

Kaiser Konstantin der Große schenkte dem Neuen Rom, Konstantinopel,


die Kirche der Zwölf Apostel. Die Markuskirche von Venedig ist nach
diesem Vorbild erbaut. An der Apostelkirche erbaute Konstantin sein
Mausoleum. In seinem Mausoleum stehen die zwölf Apostel um den
Schrein Konstantins. Der erste christliche Kaiser der Menschheit sah sich
als dreizehnten Apostel.

23
Die Hagia Eirene, die Kirche des göttlichen Friedens, wurde über einem
christlichen Heiligtum errichtet. In einem Aufstand wurde sie zerstört, aber
Kaiser Justinian ließ sich prächtig wiedererstehen. Die Hagia Eirene wurde
nur noch von der Hagia Sophia selbst übertroffen.

24

Die alte Hagia Sophia wurde Konstantin zugeschrieben. Aber sie stammt
doch wohl von seinem Sohn Konstantius. Sie war mit heidnischen Statuen
geschmückt. Sie wurde bei einem Aufstand zerstört. Die neue Hagia
Sophia ist über den Trümmern der alten errichtet worden. Die neue Hagia
Sophia hieß beim Volk nun die Große Kirche.

25

Kaiser Konstantins Mutter Helena war eine einfache Frau aus Nikomedien,
sie war in ihrer Jugend sehr schön, man nannte sie die Schöne Helena von
Griechenland, bis sie später nur noch die Heilige Helena hieß. In einer
Hütte ist sie geboren, in einem Palast ist sie gestorben. Sie wurde
heiliggesprochen. Konstantin, als er den Thron bestieg, blieb seiner Mutter
treu. Sein Vater hatte seine Mutter tief gekränkt, aber der Sohn verlieh
seiner Mutter den Titel Augusta. Die Augusta Helena war dem
Christentum tief ergeben, schon als Kind hing sie dem christlichen
Glauben an. Sie ging täglich zur Heiligen Messe und mischte sich in
bescheidender Kleidung unter die betenden Frauen. Die Heilige Helena
baute von Trier bis Jerusalem Kirchen. Im hohen Alter pilgerte die Heilige
Helena nach Jerusalem und ließ über dem Grabe Christi die Grabeskirche
errichten, die man im Osten Auferstehungskirche nennt. Die Heilige
Helena fand das Kreuz Christi. Die Poeten singen gern von der schönen
Helena von Byzanz, die das Kreuz Christi fand. Sie weben einen Schleier
aus Poesie um die schöne Helena.

26

Alexandria, Antiochia und das Ephesos der Gottesmutter blickten auf das
Neue Rom des Imperium Romanum. Am glanzvollen Hof von Byzanz
versammelten sich Philosophen, Theologen und Künstler. Griechisch und
Lateinisch wurde gesprochen, Philosophie und Rhetorik gelehrt.

27

In der Grabes- und Auferstehungskirche von Jerusalem befindet sich das


Heilige Grab und der Hügel von Golgatha. Ebenso wie der Ort der
Zionsburg Davids und der Ort des Tempels Salomos bekannt ist, so ist
auch der Ort des Kalvarienberges und des Grabes Christi bekannt.

28

Kaiser Hadrian regierte im zweiten Jahrhundert. Er errichtete aus


Feindseligkeit gegen die Christen auf dem Hügel Golgatha die
Marmorstatue einer nackten Venus und in der Geburtshöhle von
Bethlehem errichtete er ein Standbild des Adonis, des Geliebten der
Aphrodite.

29

In der Hagia Sophia fand ein Konzil statt, auf dem über die
Bilderverehrung diskutiert wurde. Die asiatischen Bilderstürmer nannten
Bilder von Christus, Maria und den Heiligen Götzendienst, die andere
Gruppe berief sich darauf, dass Gott selbst in Christus ein menschliches
Antlitz und Bild (Ikone) geschaffen habe. Die Bilderstürmer wurden
verworfen, dennoch standen sie zu späteren Zeiten immer wieder auf und
es gibt solcher auch heute noch unter den Protestanten. Die Orthodoxie
und die Römischkatholische Kirche dagegen haben das Evangelium auch
durch Bilder verkündet.

30

Der Glauben der Christen verband das Diesseits durch die Religion mit
dem ewigen Gott im Jenseits. Der menschgewordene Sohn Gottes war der
Mittler zwischen Mensch und Gott. In der Kirche der Hagia Sophia ist
dieses Lebensgefühl zum Ausdruck gekommen. Nach strengen statisch-
mathematischen Gesetzen berechnet und aus realen Steinen errichtet, ist
die Hagia Sophia dennoch rein spirituell, vollkommen vergeistigt. Der
Beschauer, schaut er zur mächtigen Kuppel empor, hat den Eindruck, der
irdische Raum gehe in den Himmel über. Der Innenraum der Hagia Sophia
ist der schönste Raum, der je auf Erden geschaffen worden. Engelshände
haben die Kirche der Hagia Sophia errichtet.

31

Missionare wurden nach Russland ausgesandt. Die Großfürstin Olga von


Kiew ward bei einem Besuch in Byzanz in der christlichen Lehre
unterwiesen und getauft. Ihr Enkel Wladimir der Erste ließ sich ebenfalls
taufen. Großfürst Wladimir von Kiew heiratete die Prinzessin Anna von
Byzanz, die Schwester des Kaisers. In der Chronik Nestors aus dem
zwölften Jahrhundert, der ersten russischen Geschichtsschreibung, ist es
aufgezeichnet. Wladimir untersuchte die Gottesverehrung bei den
Germanen, den Griechen, den Moslems und den Juden. Überzeugt ward
Wladimir vom christlichen Glauben durch die Schönheit einer Heiligen
Messe in der Hagia Sophia, es war der Himmel auf Erden, die Apostel
Petrus und Andreas höchstselbst zelebrierten das unblutige Messopfer
Christi an den Ewigen. Wer an dieser Messe teilnahm, meinte, im Himmel
zu sein und an der Liturgie der Seraphim und Cherubim teilzunehmen. Die
neun Chöre der Engelshierarchie priesen die göttliche Weisheit. Gott
wohnt unter den Christen. Der Gottesdienst der heiligen Kirche ist schöner
als alle Gottesverehrung anderer Religionen. Wir können die Schönheit der
griechisch-katholischen Messe in der Hagia Sophia nicht vergessen. So
heiratete Wladimir der Erste die kaiserliche Prinzessin Anna in Korsun auf
der Krim. Jaroslaw der Weise begann im Jahre 1000 mit dem Bau der
Hagia Sophia von Kiew, dieser Mutter aller russischen Städte. So ward
Russland das auserwählte Volk der Hagia Sophia.

32

Der Apostel Thomas erlitt in Indien das Martyrium. Schon nach der
Zerstörung des Tempels von Jerusalem im Jahre 70 nach Christus siedelten
sich Juden an der indischen Malabarküste an. Schriftliche Nachrichten
über die Thomaschristen existieren vom vierten Jahrhundert an. Im Jahre
354 reiste Theophilos als Gesandter des Kaisers von Konstantinopel nach
Arabia Felix und Äthiopien, den Rückweg trat er über Indien an und
berichtete von Kirche und Kloster an der indischen Malabarküste, wo der
Apostel Thomas beerdigt liegt. Die Reliquien sind später nach Edessa in
Syrien gekommen. In der syrischen Kirche feiert man den 3. Juli als
Festtag der Reliquien des heiligen Thomas. In Indien hielten sich über die
Jahrhunderte die Erzählungen vom Wirken des Apostels Thomas.

33

Im Jahre 1623 wurde in Nordwest-China eine Steintafel aus dem Jahre 781
gefunden, die in chinesischer und syrischer Sprache Nachricht gibt von der
Ausbreitung des nestorianischen Christentums in China um die Mitte des
7.Jahrhunderts. Der erste Zeuge Christi in China war der Apostel Thomas.
Sankt Franz Xavier, der China-Missionar der Neuzeit, schrieb 1546: Viele
Leute sagen, dass der Apostel Thomas in China gewesen war. Der
Dominikanermönch Caspar da Cruz schrieb: Als ich in dem Lande war, wo
der Apostel Thomas den Märtyrertod durch eine Lanze erlitt, nämlich an
der indischen Malabarküste, erfuhr ich, dass der Apostel Thomas vorher
noch in China gewesen war. Er predigte in China das Evangelium. Er blieb
einige Zeit da, sah aber, dass er keine Früchte brachte, ließ drei oder vier
Jünger zurück und kehrte wieder an die indische Malabarküste. In der
Stadt Kanton sah ich eine Kapelle, in der sich die Figur einer sehr schön
gestalteten Frau mit einem Kind auf dem Arm befand. Vor der Statue
brannte eine Lampe. Keiner von den chinesischen Götzenpriestern konnte
mir erklären, wer diese Frau sei. Es mag ein Bild der Muttergottes
gewesen sein, das die alten Christen angefertigt oder das Sankt Thomas
dort zurückgelassen hat. Aber die chinesischen Götzenpriester meinten, es
könne genauso gut die Guan Yin sein.

34

Am Fuß des Sinai liegt das Kloster der heiligen Katharina von
Alexandrien, der Gelehrten, eine Festung Christi im Meer des Islam. Das
Kloster der heiligen Katharina ist an der Stelle gebaut worden, wo Moses
die Stimme Jahwes aus dem brennenden Dornbusch hörte. Mohammed hat
das Kloster einmal besucht und befahl den Wüstenbeduinen, die Mönche
in Frieden zu lassen. Das Kloster der griechisch-orthodoxen Kirche
enthielt einen wertvollen evangelischen Schatz: Den Codex Sinaiticus,
dem neben dem Codex Vatikanus ältesten erhaltenen Manuskript der
Bibel.

35

In Arabia Felix lebte die Königin Bilqis, die Königin von Saba. Sie
besuchte König Salomo. Die Königin von Saba ist keine Märchenfigur aus
den Märchen von Tausend und einer Nacht, ihr Reich Saba lag in
Südarabien.

36

Auch in Äthiopien gedenkt man der Königin von Saba. Ich bin schwarz
und sehr schön, sagt die Königin von Saba als Sulamith im Liebeslied des
Königs Salomo. Zur Zeit des Königs Salomo sind die Juden nach
Äthiopien gekommen. Seit jener Zeit nennt sich der Kaiser von Äthiopien:
Löwe von Juda! Das Kaiserhaus von Äthiopien gründet auf der Herrschaft
der Kaiser von Aksum, die zurückgehen auf Kaiser Menelik den Ersten,
den Sohn Salomos und der Königin von Saba. König Salomo verwandte
seine ganze Weisheit darauf, Bilqis zu verführen. Er gab ihr ein Gastmahl
mit scharfgewürzten Speisen. Als Bilqis müde wurde, bot ihr Salomo an,
in seinem Palast zu schlafen. Sie nahm an, aber er müsse sie unberührt
lassen. Salomo schwor unter der Bedingung, dass Bilqis nichts von den
Kostbarkeiten seines Palastes berühre. In der Nacht bekam Bilqis Durst
von der scharfgewürzten Speise. Sie trank ein Glas Wasser. Salomo hatte
nicht geschlafen und warf ihr nun vor, dass sie ihren Schwur nicht
gehalten. Aber, sprach Bilqis, es war nur ein Glas Wasser. Salomo
entgegnete: Wasser ist das Kostbarste auf der Welt. Du hast das Glas
Wasser berührt, nun darf auch ich dich berühren. Und so schlief Salomo
mit Bilqis, und seine Weisheit war ans Ziel gekommen. Die Frucht dieser
Liebesnacht war Menelik, der als Erster Kaiser in Äthiopien den Thron des
Löwen von Juda bestieg. Die Kirche von Äthiopien ist überzeugt, im
Besitz der Bundeslade zu sein. Sie wird einmal im Jahr in einer feierlichen
Prozession zur Anbetung ausgesetzt am Festtag Unserer Lieben Frau von
Zion.

37

In der Mitte des vierten Jahrhunderts unternahm ein Philosoph aus Tyros
eine Reise in ferne Länder, mit ihm die zwei Jünglinge Frumentius und
Aedisius. In einem äthiopischen Hafen wurden sie überfallen, alle Männer
auf dem Schiff wurden ermordet. Aber die beiden Jünglinge saßen an Land
unter einer Palme und lernten. Man brachte sie zum Kaiser, der sie
erziehen ließ. Später reiste Frumentius nach Alexandrien und wurde zum
Bischof geweiht. Er kehrte zurück und taufte den Sohn des Kaisers, dieser
Ezana wurde der erste christliche Kaiser Äthiopiens.

38

Der Löwe von Juda bewacht die Quellen des Nil. Als der Negus Negesti
Kaiser Haile Selassi vor den Truppen des Faschisten-Duce flüchten
musste, legte die Kaiserin Zauditu ein Gelübde ab: Wenn Gott dem Kaiser
gewährt, nach Äthiopien zurückzukehren, weihe ich meine Krone der
Kaiserin von Äthiopien dem Herrn in der Grabeskirche von Jerusalem. Die
Kaiserin erfüllte ihr Gelübde.

39

In Malayatoor in Indien hatte sich der heilige Thomas zur Kontemplation


zurückgezogen. An der Stelle, wo er zur mystischen Vereinigung mit Gott
gelangte, wurde eine Kirche errichtet. Am ersten Sonntag nach Ostern wird
hier ein großes Fest gefeiert. Alljährlich strömen Tausende von Pilgern an
diesen Wallfahrtsort. Ein Bild zeigt den heiligen Thomas bei der Predigt.
An einem schönen Frühlingsmorgen sah Thomas den Brahmanen zu, die
im Wasser eines Tempelbeckens rituelle Waschungen vornahmen. Sie
sangen ihre Mantren und warfen Wasser in die Luft. Thomas fragte nach
dem Sinn dieser Handlung und erfuhr, es sei ein Opfer für die
hinduistischen Götter. Thomas lächelte: Euer Opfer scheint den Göttern
nicht zu gefallen, da das Wasser wieder auf die Erde fällt. Die Brahmanen
fragten: Kannst du machen, dass das Wasser nicht zurück auf die Erde
fällt? Thomas sprach: Ja, wenn ihr euch dann taufen lasst. Die Brahmanen
stimmten zu. Thomas warf das Wasser in die Luft, rief den Namen Christi
Jesu an, das Wasser blieb in der Luft hängen wie kleine glitzernde
Diamanten. Einige Brahmanen ließen sich taufen, andere weigerten sich
und verfluchten die Stätte, darum heißt der Ort bis heute Chowgat, der
Verfluchte Wald. Eines Morgens kam Thomas an einem Berg vorbei, auf
dem der Tempel der schwarzen Göttin Kali stand, der schrecklichen
Todesgöttin, die blutige Menschenopfer forderte. Die hinduistischen
Kalipriester hielten Thomas an: Keiner darf diesen Weg gehen, ohne die
Große Mutter Kali zu verehren! Wenn du zu der Göttin betest, werden wir
dir leckere Speise reichen. Thomas sprach: Soll ich meine Seele für eine
Mahlzeit verkaufen? Aber ich werde zu eurem Tempel gehen, ihr werdet
die Göttin fliehen sehen. Als der Apostel Christi dem Tempel nahte, floh
die schwarze Göttin aus dem Tempel und der Tempel begann zu brennen.
Die hinduistischen Priester gerieten in Zorn, einer ergriff eine Lanze und
bohrte sie Thomas ins Herz!

40

Denkmal der Ausbreitung der Leuchtenden Lehre aus Ta-chin über das
Reich der Mitte! Diese Steintafel steht in Xian. Ta-chin ist der Ausdruck
für den römischen Orient, gemeint ist Syrien. Die Mission in China ward
aufgebreitet von einem syrischen Mönch namens O-le-pen. O-le-pen ist
die Übersetzung des syrischen Wortes Rabban, was verdolmetscht Meister
bedeutet. Als Tai-tsung, der glänzende Kaiser, seine glückliche Regierung
in Ruhm und Herrlichkeit begann, indem er erleuchtet und weise über sein
Volk herrschte, lebte im Lande Ta-chin ein Mann von großer Tugend
namens O-le-pen, der die heiligen Schriften herbeibrachte. Im neunten
Jahre Cheng-kuan kam er nach Tschang-an. Der Kaiser sandte seinen
Staatsminister Herzog Fang Hsüan-ling an der Spitze einer Eskorte, um
den Besucher zu empfangen. Seine Schriften wurden in der Bibliothek von
Tschang-an ins Chinesische übersetzt. Als die Lehren in den
Privatgemächern geprüft wurden, erkannte der Kaiser ihre Wahrheit und
ordnete an, sie sollen gepredigt und verbreitet werden. Wäre der glänzende
Kaiser Tai-tsung zum Christentum übergetreten, wäre es von nicht
absehbarer Folge gewesen! Doch das Christentum gelangte zur Zeit der
Tang-Dynastie zu einer hohen Blüte. In fast allen Städten gab es prächtige
Kirchen.

41

Das Licht des Evangeliums erlosch im Reich der Mitte im Jahre 845. Es
gab Streit zwischen der buddhistischen und der konfuzianischen
Konfession. Der konfuzianische Kaiser Wu Tsung erließ ein Dekret gegen
alle ausländischen Religionen. Das Christentum galt als Religion des
Kaisers von Byzanz. Chu Tang-shu sagte: Von den Mönchen und Nonnen,
die angeklagt wurden, als Ausländer fremde Religionen in China verbreitet
zu haben, waren sowohl die Ta-chin (die Christen) wie die Mu-lu-fu (die
Anhänger Zarathustras), mehr als dreitausend Personen, gezwungen,
wieder ins bürgerliche Leben zurückzukehren und mit dem Verderben der
alten Traditionen Chinas aufzuhören.

42

Dschingis Khan hatte als Vasallen die Ongut-Türken, die unter dem
Einfluß des nestorianischen Christentums standen. Dschingis Khan gab
eine seiner Töchter dem Ongut-König zur Frau. Durch die Ongut-Fürsten
blieb das Christentum den Mongolenherrschern vertraut, es bewegte sich
in der Nähe des Thrones. Mit den erobernden Mongolen kam es so wieder
in das Reich der Mitte zurück.

43

Der Enkel des Dschingis Khan, der Kaiser Kublai Khan war der Sohn
einer nestorianischen Christin, der Prinzessin Sorghaktani, die aus der
Mongolei stammte. Kublai Khan selbst war Buddhist, aber äußerst tolerant
in religiösen Fragen. Er hat die Nestorianer beschützt und viele Christen an
seinen Hof herangezogen. Kublai Khan hatte auch die Gebrüder Polo aus
Venedig freundlich empfangen und sie über den christlichen Glauben
befragt. Schließlich sandte Kublai Khan die Brüder Polo zum Papst nach
Rom mit der Bitte, hundert Missionare des katholischen Glaubens nach
China zu senden und Öl von der Lampe des Heiligen Grabes aus Jerusalem
mitzubringen. Der Augenblick ging leider ungenutzt vorüber, denn als die
Brüder Polo nach Rom kamen, war der Stuhl Petri gerade verwaist, und
die Kirche musste zwei Jahre auf einen neuen Nachfolger Petri warten.
Leider schickte der neue Papst nur zwei Mönche mit Marco Polo
zusammen nach China. Als die beiden Mönche hörten, die Reise ginge
nach China, liefen sie ängstlich davon.

44

Hung Wu, der Gründer der Ming-Dynastie, verwarf das Christentum als
eine ausländische Lehre, die von den fremden Herrschern der Mongolen
begünstigt worden sei. Alle Nachrichten über das Christentum in China
verstummten bis zur Ankunft des Jesuitenmissionars Matteo Ricci im
Jahre 1605. Sein Nachfolger, der deutsche Jesuitenmissionar Johann Adam
Schall von Bell, versuchte, den Kaiser zum Christentum zu bekehren und
so eine konstantinische Wende im Reich der Mitte einzuleiten. Auch dies
gelang leider nicht.

45

Papst Johannes Paul II. sagte, im ersten Jahrtausend habe Christus Europa
erobert, im zweiten Jahrtausend habe Christus Afrika und Amerika erobert,
im dritten Jahrtausend werde Christus Indien und China erobern.

46

Ptolemais der Erste Soter bestieg den Thron der Pharaonen. Er und seine
Nachfolger holten die Intelligenz nach Alexandria. Der Maler Apelles, der
Mathematiker Euklid kamen nach Alexandria. Demetrius von Phaleron
begründete die Bibliothek von Alexandria. Ptolemais der Zweite
Philadelphos begründete das Musaion, ein Stadtviertel, das der Kunst und
der Wissenschaft diente. Er gab auch die Übersetzung des Alten
Testaments ins Griechische in Auftrag. In Alexandria lehrte der Mediziner
Hippokrates und der Astronom Claudius Ptolemäus, dessen Weltbild bis zu
Kopernikus und Galilei galt. Der Pharos von Alexandria, der Leuchtturm,
war eines der sieben Weltwunder. Das mazedonische Geschlecht der
Ptolemäer hat der Geschichte auch die große Königin Kleopatra geschenkt,
die die Dichter immer wieder inspirierte. Der letzte Sproß dieser Dynastie
war Kaisarion, der Sohn des Cäsar und der Kleopatra.

47

Im Jahre 43 nach Christus schritten zwei Männer durch Alexandria. Einem


riß der Schuh, er ging zum Schuster, der, als er sich an seinem Werkzeug
verletzte, ausrief: Gelobt sei Gott! Der Mann mit dem zerrissnen Schuh
blieb daraufhin in Alexandria und predigte das Evangelium den Heiden, es
war der Evangelist Markus, der erste Bischof von Alexandria. Der andere
Mann war der Apostel Petrus, sein väterlicher Freund. Der Vater Petrus
ließ Markus in Alexandrien als Bischof zurück und zog als Papst nach
Rom. Die Gebeine des heiligen Markus werden in Alexandria verehrt.
Zwischenzeitlich verbargen sich die Reliquien des heiligen Markus vor
den Muslimen in Venedig, später aber gab der Papst die Reliquien wieder
der Kirche von Ägypten.

48

In Alexandria lebte auch Origenes, ein Kenner des Alten Testaments und
der Lehren Platons. Er schrieb glänzende Bibelkommentare. Er war der
erste, der eine systematische Philosophie des Christentums geschrieben
hat. Er hat die christliche Theologie tief beeinflusst.

49

Die heilige Katharina von Alexandria studierte an der Universität von


Alexandria. Durch eine Erscheinung der heiligen Jungfrau mit dem
Jesuskind bekehrte sie sich zum Christentum. In der Zeit der
Christenverfolgung verschaffte sich Katharina Zutritt zum Kaiser. Der
Kaiser war von der strahlenden Schönheit der heiligen Katharina so
geblendet, dass er sie nicht in Gefängnis warf, sondern ihr erlaubte, ihre
Angriffe gegen die ägyptischen Götter vor fünfzig heidnischen
Philosophen zu verteidigen. Die heilige Katharina verteidigte den
christlichen Glauben mit Zitaten aus der Bibel, Platon und Homer. Die
fünfzig heidnischen Philosophen erklärten sich selbst für besiegt. Dennoch
wurde sie vom Kaiser dem Martyrium ausgeliefert. Engel trugen ihren
unverletzten Leib auf den Sinai. Später erschien die heilige Katharina der
Jungfrau von Lothringen, Jeanne d’Arc, und rief sie zur Befreiung
Frankreichs und zur Krönung des Königs auf.

50

Du bist also Bischof Cyprian von Karthago, frug der Konsul. Ich bins,
sprach Cyprian. Du bist also der Führer dieser frevelhaften Menschen, die
sich Christen nennen? Ja, sprach Cyprian. Die göttlichen Kaiser, sprach
der Konsul, haben befohlen, dass man sie anbete und ihnen Opfer
darbringe. Cyprian sprach: Ich tu es nicht! Der Konsul ermahnte: Denke
nach! Cyprian sprach: Tu was du tun musst. Es lohnt sich nicht, in dieser
Angelegenheit noch einmal nachzudenken. Der Konsul verkündete: Du
hast dich zum Feind der Götter und Gottkaiser Roms gemacht. Darum soll
dein Blut bezeugen die Ehre der göttlichen Kaiser und der Götter Roms.
Wir befehlen darum, dass Bischof Cyprian von Karthago durch das
Schwert zu Tode gebracht werde. Cyprian betete: Gott sei Dank!

51

In Afrika begann durch Augustinus und Tertullian die lateinische Literatur


des Christentums. Augustin ist der Erzvater des lateinischen Christentums.
In Afrika entstanden die ersten lateinischen Bibelübersetzungen. Mit
Augustin gewann das lateinische Christentum eine Genialität, die es dem
griechischen Christentum von Byzanz ebenbürtig machte.

52

Im Jahre 830 wurde in Compostela ein geheimnisvolles Grab entdeckt, das


als Grab des Apostels Jakobus gilt. Santiago de Compostela ist seit dem
neunten Jahrhundert der bedeutendste Wallfahrtsort Europas.

53
Tropfen des Blutes Christi kamen nach England. Als Josef von Arimathia
und sein Sohn den Leichnam Christi vom Kreuz abnahmen, floß etwas
Blut auf die Brust des Sohnes herab. Josef fing dieses Blut in zwei kleinen
Fläschchen auf. Diese Fläschchen nahm Josef mit, als er mit dem Apostel
Phillipus nach Gallien ging. Im Jahre 63 segelte Josef mit einer Gruppe
von 12 Männern nach England. Sie landeten an der Küste von Wales und
wanderten ins Landesinnere, bis sie an den Hof des Königs Arviragus
kamen. Der König schenkte ihnen die Insel Glass. Da erschien den
Missionaren der Erzengel Gabriel und befahl ihnen, eine Kirche zu Ehren
der Jungfrau Maria zu bauen. In dieser Sankt Marien-Kirche ist Josef
begraben. Die beiden kostbaren Fläschchen mit dem Blut Christi gab man
Josef mit ins Grab.

54

Im irischen Tara feierten die heidnischen Druiden, die Priester der Kelten,
das Frühlingsfest. Als sich im Jahre 432 die Häuptlinge unter ihrem König
Laoghaire um den Hügel von Tara versammelt und das heilige Feuer der
Frühlingsgöttin entzündet, feierte Sankt Patrick mit wenigen Christen in
der Nähe das christliche Osterfest der Auferstehung Christi. Er entzündete
das Osterfeuer zum Ruhm der siegreichen Sonne der Gerechtigkeit, die aus
dem Grab des finsteren Todes auferstanden ist. Sankt Patrick rief: Dieses
Feuer Christi wird Irland nicht mehr verlassen! Dieser Heilige hatte den
Waffen der heidnischen Häuptlinge nichts entgegenzusetzen als das Wort
des Evangeliums. Kriegsrufe erschollen unter den Heiden, aber das Wort
des Heiligen Patrick blies die Heiden auseinander. Da luden die
heidnischen Häuptlinge den Heiligen und seine kleine Schar von Christen
zum Keltenkönig ein, um die Christen durch eine Kriegslist zu besiegen.
Aber es kam statt der kleinen Schar von Christen eine Schar von Rehen
und statt des heiligen Patrick kam ein Rehkitz mit einem Kreuz auf der
Stirn, das war Sankt Patrick. Hundert Jahre später war das Christentum so
fest verwurzelt auf der Grünen Insel Irland, dass der Heilige Ruadhan es
wagte, einen Fluch gegen alle heidnischen Druiden zu schleudern, die
ihren barbarischen Göttern Menschenopfer brachten. Sankt Patrick war im
Jahre 390 im Westen der britischen Insel geboren, in Caerwent in
Südwales, er ist also keltischer Herkunft. Sein Vater war Diakon der
Kirche. Die Spiele seiner Jugend standen unter dem Schutz der Pax
Romana. Dann aber zogen die Römer von Britannien ab. Als Patrick
sechzehn Jahre zählte, wurde er verschleppt von einem Piraten und über
See nach Irland gebracht. Er hat dann als Gefangener die Schafe eines
Räubers gehütet, mit sechzig Jahren allerdings hütete er als Hirte die
irischen Wollschafe der Herde Christi. Patrick gelang es, dem Räuber zu
entfliehen. Auf einem Boot, das irische Wolfshunde nach Britannien
brachte, kehrte er in seine Heimat zurück. Aber er hörte den Ruf Christi,
den irischen Heiden das Evangelium Christi zu verkünden. Er ging in das
Inselkloster Lerinum und besuchte den heiligen Martin von Tours. Dann
lebte er beim Bischof Germanus in Auxerre. Dort wurde er selbst zum
Bischof geweiht und ging nach Irland. Er besuchte die Könige. Er taufte
und weihte Priester, er errichtete Kirchen und gründete Klöster, die später
in der Geschichte Europas eine große Rolle spielten wegen der großen
Gelehrsamkeit der irischkatholischen Mönche, sie waren die Träger der
fränkischen Renaissance. Als Sankt Patrick im Jahre 461 starb, war er sehr
beliebt bei den Iren. Irland, die Grüne Insel der Göttin Eire, das Land der
zarten Poesie, der Stürme und der sanften Farben, war zu einem
christlichen Land geworden.

55

Der Heilige Brendan war Anfang des sechsten Jahrhunderts in der


Grafschaft Kerry geboren. Er trat ins Kloster Clonard in Meath ein. In der
Zeit, da der heilige Columba das Kloster Iona an der Westküste
Schottlands gründete, segelte Sankt Brendan mit drei Freunden nach den
Hebrideninseln. Aber im Kopf dieses Heiligen spukte das alte
Seemannsgarn. Unter den irischen Seefahrern war immer das Raunen
umgegangen von einer großen Insel im Westen. Sankt Brendan war
überzeugt, dass diese grüne Insel im fernen Westen der Garten Eden sei, so
wie es auch später Kolumbus glaubte. So machte sich Sankt Brendan eines
Tages auf, mit einer kleinen Schar von Gefährten, das Paradies zu suchen.
Die erste Fahrt war ein Misserfolg, sein Abt tadelte ihn seiner Neugier
wegen. Aber Sankt Brendan ging erneut auf große Fahrt. Nach vielen
Abenteuern entdeckten die Mönche eine kleine Insel, sie gingen an Land.
Aber das Land begann sich zu bewegen, es war ein Walfisch. Der Walfisch
pries den Herrn und erlaubte den Mönchen, auf seinem Rücken die Heilige
Messe zu feiern. Eines Tages nahm der Walfisch die Mönche mit und
brachte sie zu der großen grünen Insel im fernen Westen. Und wie heißt
heute diese Insel? Sie ist benannt nach dem Bruder der Venus Medici und
heißt Amerika. So kam Christus nach Amerika.

56

Die Schlacht im Teuteburger Wald hat die Germanen davor bewahrt, unter
römische Herrschaft zu geraten. Hätte Herrmann der Cherusker dieser
Schlacht verloren, wäre Deutschland fünfhundert Jahre früher christlich
geworden! So gute katholische Christen die Deutschen im Mittelalter
waren, dieses halbe Jahrtausend römischer Zivilisation fehlte ihnen.

57

Engel des Vaterlands, heiliger Bonifatius, sei gegrüßt! Sankt Bonifatius,


Apostel der Deutschen, stammte aus England, wo er im siebten
Jahrhundert in Wessex geboren. Er hieß eigentlich Winfried. Seine erste
Missionsreise führte ihn ins freie Friesland, dann ging er nach Rom und
gewann das Vertrauen des Papstes, der Winfried den neuen Namen gab:
Bonifatius, das heißt: Gutes Schicksal! Der Papst sandte Bonifatius als
Apostel nach Deutschland. Er begann in Thüringen. Er wirkte dann in
Hessen. Bei Fritzlar in Hessen fällte Bonifatius die heilige Eiche des
germanischen Gottes Thor! Thor musste ohnmächtig zusehen. Mit der
heiligen Eiche stürzte auch der heidnische Götterglauben der Germanen
zusammen. Bonifatius gründete ein Kloster zu Fritzlar. Am liebsten war
ihm die Klostergründung zu Fulda. Aus England kam die heilige
Walburga, die treue Weggenossin des heiligen Bonifatius.
Mitteldeutschland wurde christlich. Auf Anraten Bonifatius wandte sich
die päpstliche Politik von kaiserlichen Machtzentrum in Byzanz zum
neuen kaiserlichen Machtzentrum im fränkischen Reich. Bonifazius
organisierte die Kirche in Bayern, Salzburg, Freising, Regensburg und
Passau. In Mainz auf einer gesamtfränkischen Synode schworen alle
deutschen Bischöfe dem Papst den Treue-Eid. Bonifatius und später der
Papst salbten Pippin zum König. Von Mainz brach Bonifatius auf, die
Friesen zu Christus zu bekehren. Eala Freya Fresena, es lebe das freie
Friesland! Der Häuptling der Friesen, Radbod, weigerte sich der Taufe. Bei
Dokkum in Friesland ward Bonifatius von Friesen ermordet. O Christus,
du hast den heiligen Bonifatius, den Apostel Deutschlands, des
Martyriums in Friesland für würdig befunden!

58

Sankt Ludger in Begleitung seines heiligen Schwans schwamm zur Insel


Helgoland, dem Hauptheiligtum der germanischen Friesen, wo sie den
Gott Forsete verehrten. Sankt Ludger heilte den blinden Bernlef von seiner
Blindheit, worauf der getaufte Barde Bernlef die Psalmen Davids ins
Friesische übertrug.

59

Willibrord, der Jünger des irischen Bischofs Wilfried, setzte Wilfrieds


Werk der Friesenmission fort. Willibrord unternahm von Utrecht aus die
Missionsreisen ins heidnische Friesland. Es gab unter den Friesen einzelne
Bekehrungen, aber es gelang nicht, das ganze Volk der Friesen zu einem
christlichen Volk zu bekehren. Pippin von Heristal, Hausmeier des
gesamten Frankenreichs, dehnte seine Herrschaft auf das christliche
Südfriesland aus. Er sandte Willibrord nach Rom zum Papst und bat den
Papst, Willibrord zum Bischof von Friesland zu weihen. Der Papst
konsekrierte den heiligen Willibrord zum Erzbischof von Friesland.
Heiliger Willibrord, Apostel des Friesen, fünfzig Jahre wirktest du unter
den Friesen, bis du um Jahre 738 gestorben bist. Der Apostel der Friesen
ward am siebenten November im Himmel geboren!

60

Sophia spricht: „Durch mich regieren die Könige!“

AVE CRUX SPES UNICA

1
Von den Gnaden will ich erzählen, von den schweren Gnaden. Maria hat
einmal in Deutschland gesagt: Meinen Kindern lege ich Kreuze auf, weil
ich sie in meinem Sohn liebe, dem Gekreuzigten, ich lege meinen Kindern
Kreuze auf, schwer wie die Berge, tief wie das Meer. Aber ich beginne den
Bericht mit der Buße. Ich empfing das Bußsakrament, das Sakrament der
Versöhnung mit Gott am Tag, da im kirchlichen Kalender die Geburt
Mariens gefeiert wird. Ich bekannte dem Herrn meine Sünden, der Herr
gab mir Weisungen und tilgte alle meine Schuld mit der Gnade seines
kostbaren Blutes. Am Abend sprach der Herr zu mir, wie zu dem
Gelähmten, den man durch das Dach herab zum Heiland ließ: Steh auf,
deine Sünden sind dir vergeben. Und am nächsten Tag sprach der Heilige
Geist in der Liturgie der Kirche mit den Worten des Apostels Paulus
davon, dass ich gereinigt und geheiligt sei. Wie passend, diese Reinigung
am Feiertag der Geburt Mariens zu feiern, die der Herr ja aus reiner Gnade
vor jedem Makel der Sünde bewahrt hat vom Augenblick ihrer
Empfängnis an. Der Herr lud mich ein, mich mit dem Vaternamen Gottes
zu versöhnen, indem ich nicht meines Zeugers gedenke, sondern mir den
Heiligen Vater Johannes Paul zum Vorbild nehme und betrachte, wie ein
Adlervater zu seinem Adlerjungen ist. Der Herr bat mich, im Evangelium
zu betrachten, wie Jesus von Nazareth mit den Ungeliebten umgegangen
sei, mit den Aussätzigen, mit den Blinden, mit den Kopfsteuereintreibern.
Und ich sah, er rief gerade die Ungeliebten in seine Nachfolge: Er heilte
sie, nahm sie an und nahm sie in seine Jüngerfamilie auf. Ich trat aus der
Kirche und sah die Madonna, zuerst als schwarze Jungfrau von Guadelupe
allein und dann als Sixtinische Madonna mit dem Jesuskind, dann sah ich
den Heiligen Vater Johannes Paulus, der mich liebevoll anlächelte. Ich
hatte bekannt meinen Entschluß, jungfräulich für das Himmelreich zu
leben. Die Geschichte dieses Entschlusses ist eine Geschichte von sieben
Jahren. Zuerst rief mich der Herr durch das Wort an Jeremia: Du sollst dir
keine Frau nehmen und keine Söhne und Töchter zeugen an diesem Ort.
Dann bat ich Gott um das Charisma der Ehelosigkeit. Dann verlobte ich
mich am fünften August des Jahres 2001 mit der Jungfrau Maria in
Lourdes, dann sprach der Heilige Geist in der Adventsliturgie zu mir:
Fürchte dich nicht, Josef, du Sohn Davids, deine Verlobte Maria zu dir zu
nehmen! Dann sprach mich das Wort im Propheten Hosea an: Ich schließe
einen Bund der Ehe mit dir, und als Brautgeschenk schenk ich dir meine
Barmherzigkeit und Treue, und du wirst den Herrn erkennen. Das war mir
ein Wort der mystischen Ehe mit der göttlichen Weisheit, der Hagia
Sophia. Denn es schrieb der glühendste Marienverehrer des Barock, Sankt
Grignion von Montfort: Die Ehe mit der Ewigen Weisheit ist eine
geistliche, aber wirkliche Ehe. Aber die Kinder der Welt werden das
niemals verstehen. Schließlich hörte ich den Pfingstgottesdienst von Papst
Benedikt: Die zur Ehe berufen sind, sind dazu berufen, die Treue Gottes in
der Ehe wiederzuspiegeln, und die zur Ehelosigkeit berufen sind, sind dazu
berufen, die Treue Gottes in ihrer Gottes-Ehe unmittelbar zu leben. Als ich
das hörte, wusste ich, ich bin zur Ehelosigkeit berufen. Dann hörte ich
noch Papst Benedikt den Wunsch aussprechen, man möge den Mut fassen
für eine lebenslange Entscheidung, entweder zur unauflöslichen Ehe oder
zum Zölibat. Da fällte ich schließlich die Entscheidung, jungfräulich für
das Himmelreich zu leben mein ganzes irdisches Leben. Ein
benediktinischer Seelsorger gab mir den Rat, die Ehelosigkeit für Gott als
eine mystische Ehe mit Maria zu leben. Dies also war das Sakrament der
Versöhnung mit Gott.

Im Geist begleitete ich den Heiligen Vater Benedikt auf seiner Wallfahrt
nach Lourdes. Zuerst sah ich den Papst in der schönen Kirche auf der Isle
de Paris, Notre Dame de Paris. Ich hätte dies gern meinen Herzenskindern
Midda und Jedidja gezeigt, denn sie sprechen oft von der heiligen Notre
Dame. Die Kirche war ganz voll des goldenen Lichtes, und ich hörte den
weisen Papst sprechen vor den Gottgeweihten den Lobpreis des Wortes
Gottes. Er lud die Priester ein, die Weisheit Gottes, die sich im Wort Gottes
offenbart, zur Freundin und Gefährtin ihres Lebens zu erwählen. Da
erwählte auch ich wieder die Ewige Weisheit, die sich in der Heiligen
Schrift offenbart, zu meiner Freundin und Lebensgenossin und zu meiner
Trösterin in den Zeiten der Traurigkeit. Dann trat der Papst auf den Platz
vor der Kirche Notre Dame, der Platz ist benannt nach dem Heiligen Vater
Johannes Paulus dem Großen. Dort rief der Papst dazu auf, das Kreuz zu
verehren. Er sprach von der wahren Weisheit Gottes, die sich in Christus
dem Gekreuzigten offenbart. Er vertraute den Jugendlichen Frankreichs
zwei Gaben an, das Kreuz und den Heiligen Geist, darin werden sie
erkennen die Schönheit der Weisheit Gottes. Da pries ich die Schönheit der
göttlichen Weisheit und verliebte mich in die Schönheit der göttlichen
Weisheit. Die Jugendlichen beteten in einer Vigil für den Papst und den
Frieden der Menschheit. Am nächsten Morgen sah ich die Heilige Messe
gefeiert werden vor dem Grab Napoleons. Der Papst ermahnte die
Franzosen und die ganze Welt, sich von den Götzen abzuwenden und sich
dem lebendigen Gott zuzuwenden, der sich im Allerheiligsten
Altarsakrament offenbare und hingebe. Dann sah ich den Heiligen Vater in
Lourdes. Es wurde gefeiert das Fest der Sieben Schmerzen Unserer Lieben
Frau Maria. Aber was verkündete der Heilige Vater? Nein, er malte kein
gotisches Gemälde einer Schmerzensmutter mit sieben Schwertern im
Herzen, sondern er sprach wie Marthe Robin: Es ist vor allem ihr Lächeln,
das ich sehe! Eine geraume Zeit lang predigte der Papst über das Lächeln
Mariens. Er malte es mit Worten vor die Augen meines Geistes. Er zitierte
den fünfundvierzigsten Psalm, in dem es heißt: Die Edlen suchen dein
Lächeln! Nicht nur die Kinder und alle Kleinen suchen das Lächeln der
Madonna, sondern die Edlen suchen ihr Lächeln, die Weisen, die
Gerechten und die Heiligen suchen das Lächeln Mariens. Es sind die
Weisen und Heiligen, die wissen, dass ein geduldig und wenn möglich
freudig ertragenes Leid der Weg zur Vereinigung mit Christus dem
Bräutigam ist, der Weg zur mystischen Gottes-Ehe, dies wissen schon die
Weisen, und dennoch suchen sie vor allem Mariens Lächeln. Wie
wunderbar, gerade diese Botschaft vom Heiligen Vater in Lourdes zu
hören. Denn ich war selbst einmal in Lourdes und betete abseits dem
großen Pilgerstrom und suchte vor allem die Madonna als Minnedame und
mystische Braut. Da ging ich auf Knieen den Kreuzweg Christi, und als
ich an der Grabhöhle des Herrn vorüber war, sah ich die Pieta von
Michelangelo und sah vor allem ihren Mund, ihr Lächeln, ihre lieben
Lippen! Und da ich den Mund der Madonna sah, wurden meine Kniee
schwach und ich sank in Verzückung nieder und war überwältigt von der
Schönheit des Mundes der Madonna! Welcher Mund! Welches ruhende
Lächeln! Welcher sprechender Kuß! Und so ertragen Marien Söhne es
gerne, wenn sie selbst, der Mutter gleich, sieben Schwerter in ihrer Seele
stecken haben, sie ertragen es gern, mitgekreuzigt zu werden mit Christus
dem Bräutigam, wenn sie nur das Lächeln Mariens sehen, dieses liebliche
Lächeln der ewigen Liebe! Dann feierte ich gemeinsam mit dem
Nachfolger des heiligen Petrus die Anbetung des eucharistischen Christus.
Der Papst kniete vor seinem Herrn und Gott, vor Jesus, dem Christus, dem
Sohn des lebendigen Gottes. Und ich kniete vor dem Allerheiligsten
Altarsakrament und sah in der weißen Hostie in einer Vision den Himmel.
Es war, als wäre der ganze Himmel in dieser Hostie, in diesem Herzen
Christi. Ich sah die Madonna von Lourdes, die Immaculata, und sah den
heiligen Vater Johannes Paulus den Großen im weißen Gewand des
Bischofs von Rom vor ihr knieen und ihr die Hände küssen. Dann sah ich
die Madonna von Lourdes allein in der Hostie in ihrer femininen
Himmelsschönheit, Gnaden ausspendend. Dann sah ich die Madonna mit
dem Jesuskind auf dem Schoß, und zwar gerade so, wie in der Ikone der
Sedes Sapientiae. Maria war Sedes Sapientiae, Thron der Weisheit, Sitz der
Weisheit, Wohnung der Weisheit, und Jesus war Sapientia, die göttliche
Weisheit, die ewige Weisheit, meine Herrin Hagia Sophia,
menschgeworden in Jesus! Und da erkannte ich wieder, dass die Hostie für
mich die Sapientia sein will, und ich betete an die göttliche Weisheit auf
dem Thron Mariens!

Ich sah das heilige Antlitz Christi, das Grabtuch von Turin. Es wurde
genauestens untersucht von den Wissenschaftlern, aber die Wissenschaft
musste bekennen: Die Vernunft allein kann das Mysterium nicht
ergründen, es muß der Glaube hinzukommen. Mit den Augen des
Glaubens aber sah ich den Leib Jesu, wie er blutig gepeitscht war von den
Lederpeitschen mit den Eisenkugeln, wie die Nägel ihm durch die
Handgelenke getrieben worden waren, wie die Dornen seiner Dornenkrone
sich in die Stirn gebohrt hatten, dass Blut über seine Stirn rann. Der ganze
Körper war bedeckt mit Blutstropfen des kostbaren Blutes. Dann sah ich in
einem Gesicht die Grabeshöhle Jesu, der Leichnam Christi lag auf einer
Steinplatte. Die heiligen Marien waren da, den Toten zu salben für das
Begräbnis. Ich sah die heilige Mutter Maria im schwarzen Kleid und mit
schwarzem Schleier. Ihr Antlitz war blass, umrahmt von schwarzem Haar,
die Augen schwarz und von tragischem Ernst erfüllt. Sie salbte den
Leichnam ihres Sohnes. Dann sah ich in einem Gesicht einen Lichtstrahl
vom Himmel in die Grabeshöhle dringen und das Licht des Heiligen
Geistes den Leichnam Jesu beleben und verwandeln zu einem
pneumatischen Auferstehungskörper. Der auferstandene Christus erhob
sich vom Tod! Halleluja, Jesus ist auferstanden! Halleluja, er ist wahrhaftig
auferstanden!

Erste Ode.

Morgens sprach der Heilige Vater weise:


All die edlen Seelen und weisen Herzen
Suchen doch nichts anderes als das süße
Lächeln Mariens!

Amen! rief ich, jubelte selig, aber


Gleich ergriff mich schmachtende Sehnsucht, heute
Anzuschaun das Lächeln Madonnas, nämlich
Evelins Lächeln!

Zwote Ode.

Wie im paradiesischen Garten schaute


Ich den kleinen kindlichen Jesus Christus,
In dem Apfelbaume des Gartens Eden
Speisen den Apfel.

In dem paradiesischen Garten Eden,


In den Apfelbäumen mit grünen Kronen
Schien des Lichtes Glorie wie die Sonne
Herrlichen Glanzes.

Dann sah ich den kindlichen Jesus Christus


Auf dem Schoß der heiligen Mutter thronen,
Und Maria barg in dem blauen Mantel
Jesus, ihr Schoßkind.

Ja, der blaue Schutzmantel der Madonna


War wie die Gebärmutter der Madonna,
Jesus wie ein Embryo der Madonna
In ihr geborgen.

Dritte Ode.

Sechzig Königinnen sind Salomonis,


Achtzig Konkubinen sind Salomonis,
Eine seine Taube ist, seine Reine:
Jungfrau Maria!
Meine Liebestaube im Tannenwipfel,
Gurre Mutterworte voll Muttertrostes,
Rausche mit des Heiligen Geistes Schwingen
Über mir, Liebe!

Schau, ein Chor jungfräulicher Mädchenstimmen


Sang des Jacopone da Todi Hymne
Stabat Mater, feiernd die sieben Schmerzen
Unserer Mutter.

Unter den Gesängen der weisen Jungfraun


Las ich in dem Hohenlied Salomonis.
Als Geliebter lag ich gebettet an den
Brüsten Mariens!

Als Geliebter lag ich gebettet an den


Brüsten der Madonna und ruht am Herzen
Meiner Vielgeliebten mit süßen Schmerzen,
Elend vor Liebe!

Es sprach zu mir der Prophet Jussuf von Theben: Nur Klein-Ritterherz


kann dich jetzt noch trösten! Da kam Klein-Ritterherz zu mir. Jesus sprach:
Wer eines dieser Kinder in meinem Namen aufnimmt, der nimmt Mich
auf! So wusste ich also, mit Klein-Ritterherz kam der Kleine Jesus zu mir!
Und wahrlich, mir ward ein wundersüßer Trost: Am Sonntagmorgen zeigte
mir der Kleine Jesus den Morgenstern. Es war aufgegangen der
Morgenstern in meinem Herzen. Der Kleine Jesus sprach: Ich bin der
brillante Morgenstern. Und ich sah die Regionen der Venussphäre des
Paradieses und maß den Morgenstern aus, den dritten Himmel. Dort sah
ich die schöne Landschaft Aphrodite Terra, da meine himmlische
Wohnung meines Vaterhauses sich befand. Es war mir, als sähe ich die
Venus von Urbino auf einem Bette liegen, als schwebte die Venus Medici
herbei, als stünde dort die nackte Eva am Apfelbaum, ganz wie Albrecht
Dürer sie geschaut. Aphrodite Terra lag im Osten des Morgensternes und
maß 25000 Ellen in der Länge und 10000 Ellen in der Breite. Im Süden
befand sich die Ortschaft Helena, die regiert wurde von der schönen
Helena von Sparta. Dort sah ich die paradiesische Wohnung meiner lieben
Herrin Haura. Sie lebte dort in einer Wohnung, die vom Architekten
Christus errichtet worden nach den Gesetzen der Salomonischen
Architektur der Hagia Sophia, umgeben von einem Garten, der dem Garten
Eden glich. Dort lebte meine Herrin Haura mit dem kleinen Prophetensohn
Jaschub. Zwischen der Ortschaft Aphrodite Terra und der Ortschaft Helena
befand sich die Ortschaft Leda, da die Dioskuren sich befanden, Midda
und Jedidja. Wir gestalteten unsere Wohnungen des Paradieses und unsere
Gärten des Paradieses in kreativer Arbeit ohne Schweiß des Angesichtes,
allein um unsere Wohnungen im himmlischen Vaterhaus für die
himmlischen Besucher zu schmücken. Denn der eine wird die andere
einladen unter seinen Weinstock, und die andere wird den einen einladen
unter ihren Feigenbaum. Die Ortschaft Helena war etwas kleiner als die
Ortschaft Aphrodite Terra, allein weil ich mir durch mehr Sühnopfer mehr
Gnaden erworben, aber den Anteil der Gnaden verteilte die Jungfrau Maria
so gerecht, dass auch Haura und die glückseligen unschuldigen Kindlein
im Paradiese unaussprechliche Wonnen erfuhren. Über allen unseren
Ortschaften aber im Zentrum des Morgensternes lag die gewaltige
Tempelanlage Mariam Corona, die Krone der Jungfrau Maria, denn Maria
war die Königin und der Tempel des Morgensternes. Dieser Tempel war
ganz von Zedern- und Zypressenholz und unbehauenen Steinen, alles mit
Gold überkleidet. Die Seraphim und Cherubim wohnten dort mit ihr und
der besondere Engel Chaniel, der Schutzengel des Morgensternes. Die
gewaltige Tempelanlage erschien von außen wie aus weißem Marmor, und
allmorgendlich trat die himmlische Madonna auf ihren schneeweißen
Balkon, uns Audienz gewährend. Dann trat ich vor ihren Balkon und sang
ihr einen marianischen Minnesang, den ich in der Nacht beim Wein vom
Hochzeitsfest zu Kana ersonnen hatte. Das Lächeln der Madonna
begleitete meine Glückseligkeit von Tag zu Tag. Und von Lied zu Lied
ward das Lächeln der Madonna schöner und süßer, so dass man es nicht
mehr in Worte fassen kann. Aber um die ganze Tempelanlage Mariam
Corona befand sich der Rosengarten der Madonna, und in dem
Rosengarten der Madonna lebte als die Gärtnerin der Madonna meine
unsterbliche Großmutter. Ich versammelte mich jeden Sonntag bei ihr zum
Abendmahl. Dies zeigte mir der Kleine Jesus und wiederholte sein Wort
der Geheimen Offenbarung: Ich bin der brillante Morgenstern! Wer
überwindet, dem schenke ich den Morgenstern!
[Inhalt]

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[Inhalt]

WEISHEIT ASIENS

Von Peter Torstein Schwanke

DIE ALTEN BAMBUSANNALEN

Dreiunddreißig Himmel waren geschaffen worden durch einen


wunderbaren Gesang des Tian-Zhu, und im obersten Himmel, dem
Himmel der Himmel, stand inmitten der prächtigen Jadestadt sein
Jadethron, auf dem er sich niederließ und sandte seinen Hauch hinab.

Drunten da wallte und wogte das Chaos, die finstere Urflut, fließend von
Abgrund zu Abgrund, brüllend wie Donnersturm, höhnisch wie
Drachenlachen, aber über dieser schwarzen Nacht aus feindlicher Flut flog
der Hauch von Tian-Zhu, der schöpferisch zu singen begann.

3
Und da teilte sich Yang von Yin, das Lichte vom Finsteren, die Sonne von
der Nacht, der liebliche Mond von den Wolken des Donners, da entstanden
Großer und Kleiner Bär, da flog der schwarze Rabe der Sonne, da war der
weiße Hase des Mondes, Meere und Berge schieden sich, zwischen den
vier Meeren entstand das Trockene, des Herbstes Chrysantheme blühte und
des Lenzes Pfingstrose.

Mitten auf dem Trockenen trat aus dem Morgennebel der erste Mensch,
Pan Ku. Sein Haupt war umflogen von Himmel (seine Haare
Wolkenschwaden), sein Leib war wie von Erde (seine Knochen Gebirge).

Und Pan Ku sang einen Gesang, fast so wunderbar wie der Gesang von
Tian-Zhu: "O Allerhöchster, wunderbar ist mir deine Ode sichtbar
geworden, dein Wort nahm mir Gestalt an. Siehe, an der Mittelsäule der
Erde seh ich den Sohn des Himmels herrschen und siegen über Kung
Kung, den Drachen. Aya, Tian-Zhu, Gott des Reiches der Mitte, dir will
ich singen Lobpreis zehntausend Jahre! Aya, Aya!"

Und um das Reich der Mitte ordneten sich die Elementargeister: Im


Norden wohnte der Dunkle Herr, der Herrscher über die Wasser, im Süden
herrschte der Rote Herr, der Beherrscher des Feuers, im Westen befand
sich die Mutter der Metalle und im Osten der Prinz des Waldes, der das
Holz verwaltete; aber in der Mitte, im Reich der Mitte, waltete der Gelbe
Alte, der Herr der Erde.

Tian-Zhu gab dem Gelben Alten den Auftrag, die Menschen die Künste zu
lehren. Er wohnte mitten unter den Menschen, den Söhnen und Töchtern
der Nü Wa, und lehrte sie Oden und Hymnen dichten, naturbesingende
Lyrik und Geschichtswerke zu schreiben, Aquarelle zu malen von Dichtern
und schönen Frauen, und die Saiten zu zupfen der Chin. Zuerst aber lehrte
er sie, den Lobpreis zu singen jeden Morgen dem strahlenden Gott in der
Höhe.

Aber da tauchte Kung Kung auf, der Satan. Er war der Drache. Seine
Augen waren Dämonenaugen und sein Nacken der einer Schlange. Viele
Teile vieler böser Biester vereinigte er in seiner antigöttlichen Person. Er
war der Fürst vieler weiterer Drachen, die alle seine finsteren Engel waren,
die alle aus dem Meere stammten.

Um die Menschen zu versuchen, hielt der Drache in seinem Maul Perlen,


die kostbarer waren als hundert Silbertaels. Er selbst war über und über
bedeckt mit Gold. So dachten die Menschen, der goldene Drache sei ein
Segen. Sie fingen an, ihm ihre erstgeborenen Söhne zu opfern. Da ward
der Mensch aus dem Garten des Ursprungs, von der Quelle des Lebens
vertrieben.

10

Da errichtete der Drache seinen Drachenthron in der Welt, umgeben von


einem pandämonischen Hofstaat, vielen Drachen als seinen finsteren
Mandarinen, vielen Schlangen und Geisterfüchsinnen als Kaiserinnen und
Konkubinen, aber der Drache war Kaiser der bösen Welt.

11

Aber Tian-Zhu wollte die Menschheit segnen und weiter begleiten, so


sandte er ihnen das Feuer. Er unterwies den heiligen Herrscher Sui Jen, er
offenbarte sich ihm im Feuer, da brachte Sui Jen der Menschheit im Reich
der Mitte das Feuer, auf daß sie Reis und Tee kochen können.

12

Aber Tian-Zhu war so gütig, er wollte sein Volk mit Köstlichem nähren,
darum lehrte er den heiligen Herrscher Fu Hsi, Tiere zu fangen und Fische
mit Netzen. Das Volk nannte Fu Hsi den Göttlichen Kaiser, den Heiligen
Herrscher, den Überwinder der Tiere.

13

Als Fu Hsi nicht nur lehrte, Tiere zu fangen, sondern auch, diese Tiere zum
Mahl zuzubereiten, da nannte man ihn auch Po Hsi, den Schlachter der
Tiere. Aus den Därmen machte Po Hsi Saiten, denn er hatte erfunden die
Leier mit fünfunddreißig Saiten.

14

Po Hsi, oder auch Fu Hsi, erfand die frühe Schrift, eine Bilderschrift, die
er entwickelte aus dem primitiven System des Knüpfens von Knoten. Er
legte so die Grundlage für das Schreiben von Psalmen und lieblicher Lyrik
sowie alten Überlieferungen in Spruchform.

15

Auf Fu Hsi folgte der heilige Herrscher Shen Nung, den Tian-Zhu
unterwiesen hatte in der Kultur des Landbaus. Die ersten Götzendiener,
vom Drachen verleitet, nannten diesen Lehrer ihren Erdgott, aber in
Wahrheit war er ein Mensch, der Gott gesucht hatte. Tian-Zhu hatte sich
ihm offenbart und ihn auch den Gebrauch von Kräutern zu medizinischen
Zwecken gelehrt.

16

Dann aber kam im Reich der Mitte die Zeit des Huang Di. Es gab die
große Dreieinigkeit Gottes: den Strahlenden des Himmels, den
Strahlenden der Erde und den Großen Strahlenden. Und Gott liebte Huang
Di, den Gelben Kaiser, und machte ihn über alle Maßen herrlich.

17

Zu der Zeit eroberten die Chou-Kiang-Leute von Westen her das Yin-
Reich. Sie brachten ihren Glauben an Gott mit. Herrlich und strahlendes
Licht sei der Herr. Gelb aber sei der Kaiser. Sie sangen darum eine Ode am
Hofe des Gelben Kaisers: "O Strahlender, o unser Gott in der Höhe, schau
herab, o Herr!"

18

Und Gott stand inmitten der Engel und Götter auf dem Taishan, dem Berge
des Ostens, er fuhr im Elfenbeinwagen, den Einbeinkraniche zogen. Der
Satan stand da, der große Fürst der Göttersöhne, als Drachenlenker.
Phönixe füllten den Himmel, Vögel der Auferstehung. Zur
Großversammlung der Engel schuf der Gelbe Kaiser die Melodie Tsing-
Küeh.

19

Hien Yüan zeugte Hüan Hiao, der zeugte Kiao Ki, der zeugte Kao Sin.
Hien Yüan aber war Huang Di, der Gelbe Kaiser, der den Hien-Yüan-Berg
bewohnte mit seinem Weibe, der Tochter des Herrn vom Westlichen
Hügel, welche Lei Tzu hieß, diese gebar dem Kaiser Tsing Yang und
Chang Yi.

20

Der Vater des Gelben Kaisers war Shao Tien (Kleines Gesetz), seine
Mutter war Fu Pao (Amulett-Kleinod). Der Vater war wie ein Blitz, der
von Westen nach Osten zückt, die Mutter war wie der Polarstern, der in der
Mitte des Kreises der Sterne ruht.

21

Der Gelbe Kaiser konnte schon als Säugling reden. Er unterrichtete


Panther und Tiger und zog mit ihnen in den Kampf gegen seinen bösen
Halbbruder Yen Ti. Sie kämpften in der Ebene Pantsüan. Nach drei Jahren
Kampf siegte der Gelbe Kaiser. Daraufhin huldigten alle Fürsten dem
Gelben Kaiser als dem Himmelssohn.

22

Huang Di fastete mit dem Meister Jung Cheng auf dem Gipfel des
Kungtung, da sprach der Meister: "Der Himmel hat Tao, auf der Erde wirkt
sie, Huang Di weiß von ihr, darum ist er Himmelssohn, darum steigt er auf
zum Wolkenhimmel."

23

Er lehrte die Menschen, Boote zu bauen, Pfeil und Bogen zu machen,


Holzwerkzeuge zu fertigen und Geschirr aus Ton. Er entwickelte für die
Menschen einen Kalender und teilte das Jahr in zwölf Abschnitte, die er
astronomisch begründete.

24

Er baute einen Palast und einen Tempel. Im Palast herrschte er über die
Erde, im Tempel opferte er dem Himmel, dem Gott des Himmels, das ist
Tian-Zhu. Dieser segnete die Regentschaft der Gelben Kaisers hundert
Jahre.

25

Des Gelben Kaisers Frau gab den Menschen die Seide. Sie ist die Patronin
aller Seidenspinnerinnen. Sie lehrte die Kultivierung des Maulbeerbaumes
und des Seidenwurmes. Sie lehrte das Trennen der Seide vom Cocon, das
Spinnen des Fadens und das Weben der schönsten Gewänder. Seit jener
Zeit ist die Sorge für die Seidenwürmer Sache von Frauen.

26

Die religiösen Legenden sagen, daß Huang Di ein Schaf opferte und gen
Himmel fuhr. Andere Legenden sagen, er habe seinen Aufenthalt im
paradiesischen Gefilde auf dem Kunlun-Gebirge.

27

Der Kunlun ist der Weltberg der Mitte, das paradiesische Gottesgebirge,
wo der Gelbe Strom entspringt. Es ist ein jadereiches Land. Huang Di
bestieg den Kunlun und schaute gen Süden und ließ da eine Perle liegen,
die Tao darstellen sollte. Aber Herr Wissen findet sie nicht, sondern Treue
und Trauen, Liebe und Hingabe.
28

Huang Di sagte zum Verrückten Krummen: "Weißt du um Tao? Tao des


Himmels ist die Tochter Gottes. Weißt du um Ruhe in Tao? Durch Ruhe
wirst du gerettet, in Stille liegt deine Stärke. Tao ist unsichtbar, man
erkennt sie durch Vertrauen ins Nichtsichtbare. Glaube an Tao, und du
kehrst in Gottes Palast, da ist Wahrheit, Ohne-Ende, Großer Beginn."

29

In späterer Zeit besuchte König Mu auf dem Kunlun die Königinmutter


Hsi Wang Mu, die manche für die Königin von Saba halten, die den König
von Ju-te-a um Weisheit aufsuchte.

30

Der Kaiser späterer Zeit schlug sein Lager auf am Fuß des Kunlun, am
Ufer des Roten Flusses. Dann bestieg er den Kunlun und besah sich das
Haus von Huang Di. Anschließend brachte er dem Himmel Rauchopfer dar
auf dem Hügel. Im Norden ließ er zu jener Zeit die Jade bewachen, die
man am Frühlingsberg fand.

31

Auf dem Kunlun befand sich die Halle des Lichts aus der Zeit von Huang
Di. Sie war nach allen Seiten offen und mit Riedgras bedeckt. Um die
Halle war ein Wassergraben geführt. In dieser Halle opferte der
Himmelssohn dem Gott der Götter, Tian-Zhu!

32

Am Kunlun befanden sich auch die Hängenden Gärten des


Frühlingsberges, die man auch die Gärten von Huang Di nannte. Das war
ein Ort paradiesischen Lustwandelns. Man meinte diesen Lustgarten, wenn
man sagte: "Meine Schwester ist ein verborgener Lustgarten".

33
Die Dichter sangen: "Ich bin zum Jadegarten gewandert, habe den Kunlun
bestiegen, Jadeknospen gegessen. Werde ich langlebig sein wie der
Himmel? Wo ist der Gottesberg und der Lustgarten?"

34

In Gottes Ebenem Garten fließt ein Fluß, daneben ist ein Berg, reich an
Blauspat, und ein anderer Berg am Sonnenhang, reich an Jade. Der Engel
Ying Shao führt dort die Aufsicht, er hat ein Menschenantlitz und
Vogelfittiche. Am Jadefluß Yao Shuei lebt ein Himmelsengel (Tien Shen).
Dort züchtete Huang Di Jadeknospen, welche der Dichter essen möchte,
um unsterblich zu werden.

35

Hsi Wang Mu, die Feenkönigin oder Königin von Saba, hat ihren
Aufenthalt am Jadeteich zwischen fließendem Sand. Ebenfalls findet man
einen Jadeteich neben dem Mostquell auf dem Kunlun. Sind diese beiden
Jadeteiche identisch?

36

Vom Kunlun, von Gottes Ebenem Garten kann man schauen in seine
zehntausend Welten. Ein Engel verwaltet dort die neun Abteilungen des
Himmels und die vier schönen Jahreszeiten im Park des einzigen Gottes.

37

Vom Fließenden Sand, der am Glockenberg beginnt, zum Kunlun sind es


vierzig Jahre. Der Kunlun, sich erhebend zwischen den vier Meeren,
Quelle von vier Strömen, ist Gottes irdische Welt. Auf seinem Gipfel
wachsen Wasserhalme, an den Hängen befinden sich neun Brunnen mit
Geländern aus Jade, daneben befinden sich neun Tore. Hier wohnen
hundert Engel.

38

Zwischen Perlen- und Jadebäumen sitzt Hsi Wang Mu an einem Tisch, sie
stützt sich auf, eine Dienerin fächelt ihr, drei blaue Vögel besorgen ihr
Nahrung. Ein Engel ganz in Weiß bewacht den Ort. Jenseits sind das
Schwache Wasser und die Berge Flammenden Feuers. (Das Schwache
Wasser hat nicht die Kraft, Schwanenflaum am Sinken zu hindern.) Mit
Hsi Wang Mu wohnen dort zehntausend Dinge der Schöpfung.

39

In einem Traum überquerte der Dichter das Schwache Wasser (zarter als
Schwanenflaum ist ein Poet), wandelte zwischen den Bäumen der
Unsterblichkeit, am Jadefluß des Langen Lebens, stieß sanft die
Himmelspforte auf, betrat den Palast des Gottes des Himmels. Schön wie
himmlische Jademädchen waren die Engel, zehntausendmal schöner war
Tian-Zhu!

40

Und es kam der Himmelssohn Yao, ein Vorbild an Tugend! Yao war eine
heroische Figur, er trug einen gelben Hut und eine dunkle Tunika, er fuhr
in einem Triumphgefährt, von weißen Rossen gezogen.

41

Aus Demut benutzte Yao keine Juwelen, seine Kleider waren schlicht und
ohne Vielfalt. Im Sommer trug er ein einfaches Hemd aus Hanf, im Winter
Kleider aus Hirschfell. Er löffelte Reissuppe aus tönerner Schale mit
hölzernem Löffel, nur Trockenfleisch, Kleinfische und einfache
Phönixperlen würzten seine Reissuppe. Dennoch war er fromm, intelligent
und gedankenvoll.

42

Yao war so gut, daß sein Volk gut wurde, das Volk der Schwarzhaarigen.
Sie waren so gut und tugendhaft, daß keiner mehr nachts seine Türen zu
schließen brauchte, denn es gab weder Diebe noch Mörder unter Yaos
Tugendherrschaft.

43
Wenn die Menschen etwas wünschten, konnten sie es auf eine Tafel vor
dem Palast Yaos schreiben; wenn sie etwas begehrten, brauchten sie bloß
die Trommel vor dem Herrscherhaus zu rühren. Sein Volk begehrte wenig.
Nur wenn die Nahrung knapp war, suchten sie den Herrscher, aber das
kam selten vor.

44

Yao ward genannt der Urahn der Schrift. Und es steht geschrieben: ER, der
die Erde schuf, ER gab die Gebote des Himmels, ER ist der Herrscher! Da
man aber abwich von seinem heiligen Weg und seiner Normen Fäden
verwirrte, folgten mit der Sünde Untergang, Vernichtung und Tod.

45

Yao suchte einen Nachfolger, da er sich dem Übergang in Gottes andere


Welt nahe fühlte. Die Weltenberge lobten den Sohnesgehorsam des
Mannes Shun. Gott beschloß, Shun zu prüfen, so schickte Yao zwei seiner
Töchter zu ihm, daß sie ihm als Haupt- und Nebenfrau dienten. Shun
bewährte sich in den folgenden drei Jahren beispielhaft.

46

King Tu war Yaos Mutter, sie hatte ihn mit zwanzig Jahren empfangen, als
ein Märchenwesen sie überschattete, das auf der Brust ein Bild trug, einen
Herrn mit leuchtendem Antlitz zeigend.

47

Ein jeglicher kam und bekehrte sich zu Yao, als er das Unter-dem-Himmel
leitete, allein seiner großen Liebe wegen. Er gebot den Feuerhunden,
liebkoste die Verkreuzten Füße und starb am Schattenhang des Kiungshan.

48

Er wurde in drei Leichentücher gehüllt, sein Sarg war ein hohler Baum,
von Stricken umschlungen. Hundert Volksstämme trauerten um Yao wie
um einen starken Vater, wie um eine gütige Mutter. Der hohle
Maulbeerbaum Kungsang war ihm aber eine Himmelsleiter, an deren
oberen Ende Tian-Zhu erschien.

49

Shun, der von Yao erwählte Nachfolger, war sehr weise. Er sorgte sich sehr
um die Wohlfahrt des Volkes. Neue Methoden des Lobpreises für den
Allerhöchsten improvisierte und erprobte der Himmelssohn. Das Land
teilte er in zwölf Provinzen, deren weises und gerechtes Oberhaupt der
Herrscher Shun war.

50

Zum Minister der Erziehung sagte Shun: "Sieh, daß die Menschen auf die
fünf Beziehungen achten und der Pflicht der Tugend Genüge tun." Zum
Minister der Agrikultur sagte Shun: "Die schwarzhaarigen Menschen
haben Hunger. Säet, o Prinz, die fünf Getreidesorten für sie." Seine
Herrschaft und Yaos, das war das Goldene Zeitalter Chinas.

51

Shun hieß mit Vornamen Chung Hua, er hatte doppelte Pupillen in den
Augen, darum hieß er "Doppelter Glanz" oder "Doppelblüte". Shun war
der Eibisch mit seinen schönen, dem Morgenlicht entgegenblühenden
Blumen, die abends sinken, wenn die Sonne sinkt.

52

Zu jener Zeit sang man dies Lied: "Es gibt eine Frau, die fährt einen
Wagen, ihr Antlitz ist wie die Blüte des Eibisch, wie die Blüte des lichten
Shun. Gleich schwebt sie empor, gleich schwingt sie sich auf wie mit
Vogelschwingen, am Gürtel klingt ihr Jadeschmuck. Sie, die schöne Kiang,
sie ist wahrlich hübsch, ja schön. Sie ist wie die Blüte des Eibisch, wie die
Blüte des lichten Shun."

53
Die vier Weltenberge sprachen: "Shuns Vater war blind und starrköpfig,
seine Mutter ein Schandmaul, sein Bruder ein halsstarriger Elefant. Aber
Shun folgte dem Kindesgehorsam."

54

Mit fünf Gesetztafeln zog Shun in die Tiefe und war bei den vier
Welteingangstoren zu Gast. Die Tiefe ward ihm untertan, die
Welteingangstore harrten in Demut vor seinem Gesetz. Unangefochten
betrat er die Hölle der Glut.

55

Shun schaute von ferne auf die Berge und Ströme, er besuchte reihum die
Engel der Herden, belud den Wagen des Mondes mit der Jade der
Fruchtbarkeit. Nach drei Jahren absoluter Stille ernannte Shun zwölf
Hirten.

56

Shuns Frauen waren Yaos Töchter. Die eine hieß Ngo Huang, die Jüngere
hieß Nü Ying. Die beiden Frauen dienten Shun auf den Feldern, da er mit
Elefanten pflügte; sie waren nicht träge und hochmütig, nur weil sie Bräute
des Himmelssohnes waren.

57

Die Fürsten statteten Shun Besuch ab und nicht Yaos Sohn, die Barden
priesen Shun und nicht Yaos Sohn. Der hieß Tan Chu, der Zinnoberrote, er
hatte einen roten Schlangenleib und ward an den Zinnoberfluß Tan-shuei
verbannt, zum Volk der Schlangen-Man des Südens in die höllische Hitze.

58

Shun besaß eine Chin-Zither. Ku Sou schuf eine Se-Zither mit fünfzehn
Saiten. Als Shun herrschte, befahl er Yen, der Se-Zither acht Saiten
zusätzlich aufzuziehen, so entstand die Wölbbrett-Zither.

59
Yü war Shuns General. Er war Chinas Noah. Es hieß in einem Lied zu
jener Zeit: "Wie groß war die Leistung des Mannes Yü, wie groß war seine
Energie! Aber für Yü sollten wir alle Fische sein."

60

Die Wasser stiegen über die Hügel, über die Gipfel der Berge und reichten
bis zum Himmel. Yü sprach: "Ich öffnete Wege für die Ströme,
abzufließen. Zu jener Zeit wurde das Volk wieder gelehrt, Getreide
anzubauen und Fleisch zu züchten. Man begann, Handel zu treiben. Die
Staaten der Völker Chinas kamen unter eine gute Regierung."

61

Auf Yü folgte Tang, ein virtuoser Prinz des kleinen Fürstentums von
Shang, eines Teiles des heutigen Honan. Er ward berufen vom Himmel,
das Reich zu retten. Er überwand das Heer und bestieg den Thron in seiner
Hauptstadt Po.

62

Er sagte: "Ich wollte nicht einfach den Thron usurpieren, sondern handeln
auf Geheiß des Himmels!" Aber bald wetterte des Drachen Zorn, und eine
große Hungersnot währte sieben Jahre.

63

Man mußte dem Himmel ein Opfer darbringen zur Versöhnung der Welten.
Tang, der Himmelssohn, erbot sich, dies Opfer zu sein. Er fastete sieben
Tage, dann ging er in weißen Trauergewändern in einen
Maulbeerbaumgarten, geopfert zu werden. Er kniete nieder und betete, da
intervenierte der Himmel. Tang ward das Fundament eines neuen Volkes,
das da lobte Tian-Zhu, den Herrn des Himmels.

MO DI UND DIE DAME NAN


1

Die Dame Nan nannte den Himmel eine schwarze Wolke und konnte nicht
glauben, daß der Himmel lächle. Mo Di sprach: Darum weint der Himmel,
weil du ihn für eine schwarze Wolke hältst.

Mo Di zitierte einen Klassiker: Was mich flieht, das verfolg ich; was mich
verfolgt, das flieh ich. Die Dame Nan fragte: So sprech ich besser nicht
mit dir?

Mo Di liebte Pflaumenblüte. Sie fuhr mit ihrem Mann, einem Beamten, in


die Berge. Schön, sagte sie zu Mo Di, daß ich dich heute noch sprechen
durfte. In sieben Tagen sehen wir uns wieder. Dafür liebte Mo Di
Pflaumenblüte.

Mo Di war ein Dichter. Er nahm sich vor, nicht allein Pflaumenblüte zu


singen, sondern auch die Worte der Dame Nan zu überliefern. Diese
unterrichtete die Grammatik des Mandarin, sprach oft über den Himmel
und die Poeten der alten Zeit.

Mo Di war ein Dichter, seine Zeit verbrachte er damit, nach Pflaumenblüte


zu seufzen und mit Dame Nan über Poesie und Philosophie zu reden. Er
litt immer. Da sagte er zu Dame Nan: Das Leid ist Gnade, eine Rettung ist
nicht erlaubt, die Verzweiflung ist das Siegel der Erwählten. Da sagte
Dame Nan: Das ist schön.

Dame Nan sagte: Ich liebe Klostervorsteher und Poeten. Einmal liebte ich
einen Dichter, ich gab ihm schöne Verse ein. Aber ich machte den Fehler,
ihn heiraten zu wollen. Poeten müssen wie Klostervorsteher Jungfrauen
sein, sagte Mo Di.

Dame Nan sprach: Alles scheint mir sinnlos. Da trug Mo Di ihr eine
Hymne an den Himmel, ein Liebeslied an Pflaumenblüte vor. Und Dame
Nan sprach: Danke, ich bin erbaut.

Mo Di sagte: Es gibt ein Volk, das gilt als höflich. Pflaumenblüte sagte:
Das Volk ist sehr herzlich. Pflaumenblüte segnete Mo Di mit den Worten
jenes Volkes: Wird es dunkel, trage dich die Mutter Erde; leidest du
Verlust, hülle Liebe dich in ihren Mantel...

Dame Nan war verzweifelt am Leben. Mo Di riet ihr, ins Theater zu gehen
und die Komödie eines Klassikers anzuschauen. Die Heiterkeit der
leichten Muse möge durch ihre schwermutvolle Seele mit erfrischendem
Winde wehen. Denn ein Heiliger sagte: Es ist vernünftig, zeitweise nicht
so vernünftig zu sein.

10

Mo Di sah gern den singenden Tänzerinnen, tanzenden Sängerinnen zu


und erzählte Dame Nan von vielen anmutvollen Mädchen. Dame Nan
sprach: Erstaunenswert, daß du dich nicht auch gleich in mich verliebt
hast. Mo Di sagte: Ich liebe seit drei Jahren keine als Pflaumenblüte. Aber
mit dir tausch ich mich gerne aus.

11

Dame Nan sandte Mo Di einen Morgengruß. Mo Di sandte Pflaumenblüte


einen Mittagsgruß. Pflaumenblüte ließ am Abend Dame Nan grüßen. So
war Mo Di der Dichter der allgemeinen Menschenliebe.

12
Mo Di ward von Pflaumenblüte sehr liebenswert behandelt, aber sie war
dennoch sein Schmerz, darum liebte er sie... Dame Nan behandelte ihn mit
Respekt und Freundlichkeit, aber sie war nicht sein Schmerz, darum
behandelte er sie mit Respekt und Freundlichkeit.

13

Pflaumenblüte war schön wie Hsi-Shy, die schönste Frau Chinas; sie
badete in Stutenmilch wie Yang Guefe, die schönste Frau Chinas nach Hsi-
Shy. So war Pflaumenblüte schöner als die schönsten Frauen Chinas. Mo
Di trank mit einem Dummkopf Wein, der sagte, Pflaumenblüte sei wohl
nicht die schönste Frau Chinas. Da hasste Mo Di den Dummkopf.
Pflaumenblüte aber wünschte, daß Mo Di alle Menschen liebe, auch seine
Feinde.

14

Die Nonne Mi schrieb: Sehr geliebter Mo Di! Ich will nicht mit dir reden
und mag keine Briefe mehr von dir bekommen. Ich liebe dich eben, wie
ich dich liebe. Mo Di sagte traurig: Was ist das für eine Liebe?

15

Dame Nan sagte: Ich halte mich ans geschriebene Wort. Mo Di sagte:
Weißt du nicht, was geschrieben steht im Himmlischen Buch? Die
Meeresgöttin Ma-ku werden die Chinesen aller Zeiten seligpreisen als die
Allergesegnetste! Da schenkte Mo Di der Dame Nan einen tibetanischen
Rosenkranz. Auch Pflaumenblüte ehrte das Bild der schönen Meeresgöttin
Ma-ku.

16

Dame Nan fragte: Ist der Wille des Menschen frei? Mo Di sagte: So
lehrten alle Taoistenpäpste mit dem Gelben Turban. Ob ich das Tao des
Himmels suche oder nicht, ist frei dem Willen des Menschen. Aber bin ich
auch frei, die Geliebte zu lieben oder nicht zu lieben?

17
Mo Di sprach: Dame Nan, ich schrieb ein Gedicht über dich. Sie freute
sich: Dann bin ich verewigt!

18

Ein Beamter hatte ein Gedicht fabriziert und sagte Mo Di, er wolle Geld
dafür, eine Menge Silbertaels. Mo Di verzog angewidert das Gesicht und
dachte bei sich: Ich will das Bild der Geliebten der Nachwelt überliefern.

19

Dame Nan las einen Lobpreis des Himmels und sagte: Es ist mystische
Abkehr von der Welt darin. Mo Di sagte: Das ist nicht das Verkehrteste.
Der weise Tschuang Tse hat dasselbe gelehrt.

20

Dame Nan fragte nach Mo Di’s Versen. Er sprach: Die freien Fu-Verse
liegen mir nicht; die archaischen Verse des Shi-Jing sind zu schwer und
fremd; aber im klassischen Shi-Gedicht der Tangzeit leist ich Bedeutendes.

21

Mo Di machte seinem Unmut über die Sekten Luft. Dame Nan sprach:
Halte nur fest am Geheimnis, daß der Himmel vom Herzen verspeist wird
in einem Reiskorn und einem Fingerhut voll Reiswein.

22

Mo Di sagte: Alle Tage meiner Zukunft erwarte ich, unglücklich zu sein,


aber heute bin ich glücklich. Dame Nan freute sich und sagte: Das ist
weise, denn die Weisheit sagt: Anfang und Ende kennst du nicht; aber ehre
den Himmel, indem du deinen Jadebecher mit Reiswein im Mondschein
trinkst allein mit deinem Schatten, und mit Bambuspinsel und Tusche auf
Seide süße Liedeslieder pinselst für Pflaumenblüte.

23
Mo Di las Dame Nan ein Gedicht vor. Sie sagte: Du bist ein wahrer
Chinese!

24

Dame Nan fragte Mo Di, was er im tiefsten Winter dichten werde? Mo Di


sagte: Ich werde das Lied von der Süße des Sommers singen, vom Strande
von Sanya und der sommerlichen Schönheit Pflaumenblütes im Garten.

25

Mo Di sprach: Meine Heimat ist der Himmlische Garten, in dem ich nach
dem Tode leben will. Aber schon im Lächeln Pflaumenblütes seh ich auf
Erden den Himmlischen Garten. Dann sehne ich mich um so mehr!

26

Mo Di sagte der Dame Nan: Pflaumenblüte und du, ihr seid in dieser Zeit
meine einzigen Freunde. Jede liebe ich auf eine andre Art. Dame Nan
sprach: Nicht daß wir dich zerreißen! Mo Di spürte, während er mit Dame
Nan sprach, die ätherische Gegenwart, den Duft Pflaumenblütes und hörte
Dame Nan einen Augenblick lang nicht zu, weltvergessen sich am Duft der
Liebe berauschend; denn Pflaumenblüte war berauschender als dreihundert
Kufen gelben Weines.

27

Pflaumenblüte ward von Mo Di so genannt, weil die Pflaume eine der vier
„Reinen des Winters“ war. Pflaumenblüte war rein wie der Schnee, wie der
Mond, wie des Himmels Kristall.

28

In der Nördlichen Hauptstadt fiel der kalte Regen. Mo Di sehnte sich nach
dem Mekongdelta und der Insel Hainan im Südchinesischen Meer. Aber er
konnte nicht reisen, denn all seine Silbertaels waren draufgegangen für
Wein und Jadeschmuck als Geschenk für Pflaumenblüte. Da wußte Dame
Nan ihm nicht anders zu helfen: Lies die trunkenen Lieder Li Bais!
29

Dame Nan sagte: Heilige wandten sich ab von der Sinnenwelt und sich
allein dem Geist des Himmels zu. Ich aber sage dir: Auch in deiner
Pflaumenblüte offenbart sich dir der Himmel. Mo Di sagte: Das freut mich
in meiner Trübsal.

30

Mo Di sprach: Wir dürfen nicht glücklich sein, wir müssen die Sehnsucht
nach der Seligkeit am Leben halten. Das Leid ist uns lieb. Dame Nan
sprach: Muß das Leben so grausam sein? Aber dem Weisen ist Glück und
Unglück eins, er sucht nur den Himmel.

31

Mo Di sagte: Die Sektierer fragten, ob ich auch brav im Kloster der


Barmherzigkeit und Gnade gewesen (welches sie selber doch nie besuchen
würden). Sie runzelten die Stirn, als ich sagte: Nein, ich war in der
Schenke. Ach Dame Nan, wieviel mehr sind die Trinker meine Brüder, die
so traurig aus den warmen Augen schauen, als die Sektierer mit den kalten
Herzen!

32

Mo Di sprach: Ich träumte von den Menschen der Urzeit, wie sie sich vom
Himmel abwandten, ich sagte der Frau: Ach Frau, du bist all mein
Unglück! Dame Nan sagte: Selige Schuld unserer Vorfahren! Denn sonst
wüssten wir nicht vom Gottmenschen, der das Tao selbst ist!

33

Dame Nan sagte: Eine barmherzige Heilige sprach: Ihr Chinesen! Ihr
sprecht von Konfuzius, Lao Tse, Buddha und Mohammed; geht euren Weg
und sucht in allem aufrichtig Gott! Ich für meinen Teil häng mit Liebe dem
Gottmenschen an. Dame Nan sprach: So mag es gehen. Mo Di setzte
hinzu: Welche Liebe zu Gott und den Menschen hatte jene mütterliche
Heilige aus dem Kloster der Barmherzigkeit und Gnade! Nicht nur
Mantou-Brote verteilte sie an die Armen, sondern gab auch den Seelen
Worte der Liebe!

34

Mo Di sprach: Meine Gedichte beinhalten nichts, sondern sind! Dame Nan


verstand ihn und lobte den Seienden.

35

Und Dame Nan rief eine Schar von Dienern, die sie in einer Sänfte die
Seidenstraße hinauftrugen, denn sie wollte nach Griechenland. Mo Di
lernte zu jener Zeit eine jüdische Amazone kennen, die ihm vom alten
Glauben ihres Volkes erzählte. Die Gedichte an Dame Nan fasste Mo Di in
einem kleinen Büchlein zusammen, und mancher Poet und manche
Jungfrau las es beim Weine oder auf dem Bette liegend mit großem
Gewinn. In allem, sagte Mo Di, suchte Dame Nan den Willen des
Himmels zu ergründen. Das ist der Wille des Himmels, daß wir den
Gottmenschen lieben!

PFLAUMENBLÜTE IM WINTER

Geliebte Pflaumenblüte! all mein Sehnen


Ist es, im Lenze deinen Duft zu schauen...
Geliebte Pflaumenblüte! meine Tränen
Als Flocken dir auf deinen Wimpern tauen...
Geliebte Pflaumenblüte! meine Venen
Dein Bildnis tragen auf dem Blut, dem blauen...
Geliebte Pflaumenblüte! wie bei Schwänen
Sei treu der Dichter Unsrer Lieben Frauen!

DIE WEISHEIT DES MO TI UND EUROPA

1
Es war einmal ein Mann, der drang in den Garten seines Nächsten ein und
stahl ihm Äpfel und Pflaumen. Alle verurteilten diesen Mann. Und wenn
die Obrigkeit diesen Mann erwischt auf frischer Tat, wird sie ihn zu
strenger Buße verurteilen. Denn er suchte sich selbst Vorteil zu
verschaffen, indem er seinem Nächsten schadete. Das ist verwerflich.
Wenn aber gar ein Mann einen andern Mann tötet, um seine Frau an sich
zu reißen, so ist das noch weit verwerflicher. Warum? Weil eine Frau mehr
wert ist als eine Pflaume. Je schwerwiegender der Fall ist, in dem man
sündigt, desto verwerflicher die Sünde. Darum unterscheidet man
zwischen lässlichen (nicht lässigen) und schweren und Todsünden. Doch
wenn nun Vater Staat einen andern Staat überfällt, so sei das nicht zu
verwerfen? Dann wird der Eroberer noch als großer Kriegsheld gefeiert?
Wenn ein Mann einen andern Mann tötet, so verurteilen die Regierenden
ihn zur Todesstrafe. Wenn aber Vater Staat Millionen Menschen tötet, so
wird der Eroberer noch angebetet? Dann stellen sie seinen mumifizierten
Leichnam zur Verehrung aus und die Poeten sudeln ihm Oden zum ewigen
Angedenken?

Wenn einer eine schöne Landschaft erobert hat, dann betrachtet er die
schöne Landschaft und findet sie gar nicht mehr so begehrenswert. Im
Gegenteil merkt er, dass er viel mehr verloren hat als gewonnen, denn er
hat die ganze Jugend seines Volkes geopfert, um diese Landschaft zu
erobern.

Wenn heutzutage in unserm Lande die Menschen etwas loben, warum tun
sie es dann? Loben sie es, weil es Gott gefällt, weil die Engel ihre Freude
daran haben und weil es den Menschen zum Heil gereicht?

Wenn in den frommen Zeiten die Menschen etwas unternehmen wollten,


dann schauten sie zuerst, ob es mit Gottes Geboten übereinstimmt. Wenn
es mit Gottes Geboten übereinstimmte, dann handelten sie entschlossen
und tatkräftig. Immer achteten sie darauf, Gottes Wohlgefallen zu finden,
in Übereinstimmung mit dem Vorbild der Heiligen zu leben und dem Heil
der Menschen zunutze zu handeln. Das ist der Weg der Weisheit.

Die Männer des Mittelalters einten das Reich und brachten alle Stände
dazu, durch Gebet und Arbeit Gott dem Herrn zu dienen und den Heiligen
ein Wohlgefallen zu sein. Sie sorgten sich auch um das Wohlergehen des
ganzen Volkes. Daher segnete Gott sie und die Engel beschützten sie und
die Menschen des Volkes verehrten sie. Sie wurden mit der Bezeichnung:
Kaiser von Gottes Gnaden geehrt und wurden angesehen als Königliche
Stellvertreter des Königtums Christi. Ihr Name wurde zu den Namen von
Heiligen gezählt. Ihr Name blieb bis zu den heutigen Tag in ehrendem
Angedenken. Das ist der Weg der Weisheit. Es war die Macht der Weisheit,
durch die die Könige des Mittelalters herrschten.

Den Soldaten sagt man aber: Süß ists und ehrenvoll, fürs Vaterland zu
sterben! Verliert ein Soldat sein Bein oder sein Auge im Krieg, so
bekommt er einen Orden. Ein Fahnenflüchtiger wird aber standrechtlich
erschossen. Das Gesetz in der Armee lautet: Die Soldaten sollen ihre
Offiziere mehr fürchten als den Feind!

Menschen sind Kinder Gottes. Wenn nun die Kinder Gottes andere Kinder
Gottes angreifen und ermorden, meinen dann diese Kinder Gottes, sie
hätten Gott einen guten Dienst erwiesen? Womit dienen die Kinder Gottes
denn Gott, wenn sie Gottes Kinder ermorden und ihre Kirchen verwüsten?
Die ermordeten Kinder Gottes können Gott nicht mehr auf Erden dienen
und den Vater im Himmel als Gottes Volk auf Erden anbeten. Sie können
ihm nicht mehr das Opfer von Brot und Wein bringen! Ist das ein guter
Dienst? Wenn das ein guter Dienst ist, Gottes Kinder zu ermorden, um
Gott anzubeten, dann hat man in unserm Jahrhundert wahrlich Gott sehr
gut gedient!

Als die Revolutionäre die Revolution unternahmen, gab die Gottesmutter


den Befehl, die Revolution zu verhindern. Die Sonne tanzte am Himmel
und die Mutter Gottes weinte blutige Tränen. Es schneite am fünfzehnten
August und Quellen brachen aus Felsen. Das Volk Europas geriet in großes
Entsetzen. Rasputin befahl dem Heiligen Nikolaus persönlich, den Zepter
zu nehmen und die Revolutionäre in die Schranken zu weisen. Ein
Gewitter mit Blitzen mahnte den Heiligen Nikolaus an sein Amt. Es
erschien ein Engel in silberner Rüstung auf weißem Pferd, dem Heiligen
Nikolaus zu dienen. Die Clique der Revolutionäre geriet in große
Verwirrung. Glänzend regierte der Heilige Nikolaus von Sibirien bis Sankt
Petersburg, von Archangelansk bis an die Krim.

Im Falle der Reformation erließ die Gottesmutter einen Befehl. Sie weinte
blutige Tränen, die Heiligen weinten im römischen Reiche, die Kraniche
schrien. Da trug die Gottesmutter Kaiser Karl dem Fünften auf, das
Mandat des Christkönigs zu übernehmen. In Deutschland, sprach die
Gottesmutter, ist das Reich in Unordnung geraten, ich habe Martin Luther
seine Mönchsgelübde brechen sehen und ihn die Kirche und den
Stellvertreter Christi lästern hören. Meine Gnade ist von ihm gewichen.
Geh, mein Karl, und züchtige die deutschen Protestanten, ich werde dir die
nötige Kraft dazu verleihen. Erst auf dieses Wort der Gottesmutter hin
wagte Kaiser Karl sich an die Spitze seiner Truppen zu stellen und gegen
den Schmalkaldischen Bund der Protestanten zu ziehen. Kaiser Karl nahm
die Grabstätte Luthers ein. Da erschien der heilige Petrus und sprach: Die
Tugend der Deutschen ist in rasantem Verfall. Geh und züchtige sie, ich
werde dir die Kraft dazu verleihen. Ich selbst erhielt dazu den Auftrag von
Christus. Daraufhin gebot der Himmel dem Generalissimus Tilly, die
Magdeburg zu erobern. Dann versammelten sich alle Fürsten in Münster
und beschlossen den Frieden.
10

Herrscher, wenn du durch Gerechtigkeit und Tugend siegen wolltest, durch


den Rosenkranz, statt durch Waffen, dann würde sich die ganze Welt dem
himmlischen König unterwerfen. Schon lange, Herrscher, führst du in der
ganzen Welt Angriffskriege und die Welt ist erschöpft wie ein Knabe, der
den ganzen Tag Kampfkunst gespielt hat.

11

Herrscher, wenn du wohltätig bist und der Not der Armen abhilfst, wirst du
dein Volk für dich gewinnen. Statt Angriffskriege in der ganzen Welt zu
führen, solltest du deinen Staat in Ordnung bringen und die soziale Frage
mit Gerechtigkeit lösen, dann wirst du erfolgreich sein. Rechne einmal aus
die Ausgaben für deine Armee und vergleiche sie mit den Ausgaben
anderer Staaten. Wer zuviel für die Armee ausgibt, wird sich ruinieren.
Wenn man ehrlich ist und handelt nach den Geboten Gottes, wenn man
mildtätig zu dem Volk ist und sparsam mit militärischen Maßnahmen, dann
gewinnt man unter den Regierenden der anderen Länder Freunde. Der
Nutzen für das eigene Reich ist unermesslich. Und Gott hat daran sein
Wohlgefallen.

12

Wenn ein Philosoph dem Staat vorsteht, ist das gut. Wenn ein Weiser die
Kirche führt, ist das für die Menschheit von Segen. Die Weisheit rät nicht
zu Kriegen und Eroberungen, sie warnt auch vor sinnloser Verschwendung
der Ressourcen des Staates.

13

Einst erließ die heilige Kirche folgendes Gebot: Die Menschen sollen
heiraten, wenn sie einander lieben wollen. Sie sollen einen Menschen
allein und für immer heiraten, es gibt keine Scheidung. Es soll keine
künstliche Verhütung betrieben werden und kein Kind im Mutterschoß
ermordet werden. Dann wird das Volk gedeihen und Gott gibt seinen
Segen. Aber seit man auf die heilige Kirche nicht mehr hört, schläft jeder
mit jedem, viele mit vielen, aber es werden keine Kinder mehr gezeugt,
und selbst wenn Kinder gezeugt werden, werden sie ermordet.
Desweiteren liebt der Mann den Mann und die Frau die Frau. Und darum
stirbt das Volk aus.

14

In Afrika herrscht Bürgerkrieg. Groß ist die Zahl derer, die nicht genug zu
essen bekommen. Viele werden krank und sterben. Groß ist die Zahl derer,
die in Bürgerkriegen und Völkermorden getötet werden. So vermindern die
korrupten Herrscher die Bevölkerung.

15

Im Mittelalter herrschten die heiligen Könige und frommen Fürsten über


das römische Reich. Die Fürsten führten durch loyale Treue zum König
das Volk, das sie liebten. Sie erhielten dem Volk die Ordnung, in der sich
das Volk entfalten konnte. Sie zeigten in ihrer Weisheit, gelenkt von den
Weisen und Heiligen, den rechten Weg des Lebens, des Gebets und der
Arbeit. Die Fürsten wirkten für das Volk und ermüdeten nicht bis ans Ende
ihres Lebens. Die Weisheit Gottes war es, durch die die Könige und
Fürsten im Mittelalter das Volk regierten.

16

Die Handwerker und Bauern sollen arbeiten und erzeugen, bis die
Bedürfnisse des Volkes gestillt sind, aber nicht mehr. Die Weisen gaben
auch ein Gesetz zur Herstellung von Speisen und Getränken. Speis und
Trank sollen ausreichend sein zur Stillung von Hunger und Durst und zur
Fortführung des Lebens bemächtigen. Speis und Trank sollen die Glieder
stärken, dem Auge und dem Ohr die Sinne schärfen. Aber damit ist es denn
auch genug.
17

Die Weisen erließen auch Gesetze die Kleidung betreffend. Im Winter soll
man sich in warme Mäntel hüllen und im Sommer sich in leichte Seide
kleiden, die kühlt und nicht erhitzt. Damit soll es genug sein.

18

Die Fürsorge eines Gerechten für das Reich ist gleich der Sorge eines
Vaters für seinen Sohn. Doch wie wird sich ein herzlich-liebender Vater zu
seinem geliebten Sohn verhalten? Wenn der Sohn in Armut lebt, wird er
ihm Güter verschaffen, wenn es wenige Söhne sind, wird er suchen, die
Zahl der Söhne zu vermehren. Wenn Unordnung herrscht, wird er die gute
Ordnung herstellen. Wenn Streit und Unfriede herrschen, wird er den
Frieden stiften. Bei seinen Bemühungen mögen seine Weisheit und seine
Kraft vielleicht nicht ausreichen, dann kann er nicht mehr tun, aber soweit
ihm seine Weisheit und Kraft bringen, wird er alles zum Wohl des
geliebten Sohnes unternehmen. Er wird es nicht wagen in Verantwortung
vor Gott, seine Kraft und Weisheit nicht zum Wohl des Sohnes zu
verwenden. So verhält sich ein Gerechter zum Reich. Wenn das Volk arm
ist, wird er sich um Wohlfahrt bemühen. Wenn die Bevölkerungszahl
abnimmt, wird er die Familie und die Kinderzeugung fördern. Wenn die
Menge rebelliert, wird er Ordnung wieder herstellen. Wenn Streit herrscht
in der Gesellschaft, wird er Versöhnung stiften. Bei diesen Bemühungen
mögen seine Kraft und Weisheit nicht genügen, aber er wird doch alle
seine Kraft und Weisheit zum Wohl des Volkes einsetzen. Das übrige
überlässt er betend der Weisheit und Kraft Gottes.

19

Wenn das Volk verelendet, dann schreien die Opfer von Brot und Wein
zum Allerhöchsten. Wenn aber keine Kinder mehr geboren werden, dann
bringen zu wenig Menschen dem Allerhöchsten und der Jungfrau das
Opfer von Brot und Wein. Wenn Unordnung herrscht im Tempel und der
große Abfall, dann werden die Opfer von Brot und Wein nicht mehr in der
rechten Weise dargebracht. Wenn das Volk von der herrschenden Klasse so
geführt wird, dass sie dem Allerhöchsten und der Jungfrau nicht mehr
dienen, dann werden der Allerhöchste und die Jungfrau von oben
eingreifen. Dann wird der Allerhöchste sich fragen: Ist es gut, dass solche
Menschen existieren, oder ist es böse? Dann wird der Allerhöchste sagen:
Es ist besser, dass es solche üblen Leute nicht mehr gibt. Dann wird der
Allerhöchste ein Strafgericht über die Welt herabsenden, diesen üblen
Leuten Unglück bringen, sie züchtigen und viele verwerfen. Hat der
Schöpfer dazu etwa kein Recht?

20

In finsteren Zeiten lebten die Menschen in Deutschland so: Wenn ein Sohn
im Schoß empfangen war, dann sagten die Mütter: Es ist besser, diesen
Sohn im Schoß zu ermorden, dann kann ich vielleicht glücklich werden.
Und wenn der Großvater gestorben war, dann nahm der Schwiegersohn die
Großmutter auf den Rücken und trug sie in den kalten Wald, wo sie erfror.
Denn es sagte der Schwiegersohn: Was soll ich mich um die Alte
kümmern? Sie bringt mir keinen Nutzen und keinen Gewinn. Dazu ist mir
mein liebes Geld zu schade. Die Regierung betrachtete das als ein
Wohlverhalten eines aufgeklärten modernen Volkes und es gab keine
Gesetze gegen solch ein Verhalten. Doch war dies Verhalten in
Übereinstimmung mit dem Gesetz Gottes? Solches Verhalten nennt man:
Den Zeitgeist an die Stelle Gottes zu setzen.

21

Die Menschen wissen heute nicht mehr das Gute zu tun. Wenn ein Sohn
den Vater und die Mutter nicht ehrt, kann er zu einer fremden Familie
gehen und mit ihnen leben, aber dann wird ihm sein Bruder sagen: Denke
doch daran, dass dein Vater und deine Mutter dir das Leben geschenkt
haben! Womit könntest du ihnen das vergelten? Und wenn ein
Revolutionär gegen den Vater Staat aufbegehrt, dann kann er aus den
Grenzen des Vaters Staats und aus dem Bereich der Muttersprache fliehen
und in ein Exil gehen. Dann werden ihm seine Brüder sagen: Hast du nicht
Sehnsucht nach deiner Heimat? Aber wenn die Menschen heute gegen
Gottes Gebote sündigen, wohin wollen sie dann fliehen? Es gibt keine
Kammer, die der Ewige nicht sehen würde, es gibt keinen Wald, den er
nicht durchdringen würde, es gibt keine Insel am Ende der Welt, wo Gottes
Auge nicht wachte.

22

Was wünscht Gott? Gerechtigkeit und Frieden wünscht Gott! Wenn ich
also Gerechtigkeit übe und Frieden stifte, tu ich, was Gott wünscht. Dann
wird Gott aus reiner Gnade tun, was ich wünsche.

23

Der Vater im Himmel entschied, was der Menschensohn tat. Die heiligen
Könige David und Salomo opferten im Heiligtum dem Vater im Himmel,
dass er ihnen Segen spende. Ich habe nicht gehört, dass der König den
Herrn im Himmel gesegnet hat, sondern der Herr im Himmel segnet den
König. Daher weiß ich, dass der Vater im Himmel alles gebot, was der
Menschensohn tat.

24

Wenn der Mensch sich der Weisung Gottes fügt und Gott über alles liebt
und alle Menschen liebt wie sich selbst, dann wird Gott den Menschen in
der Ewigkeit belohnen. Wenn der Mensch aber in der Sünde lebt und sich
von Gott scheidet, Kinder tötet, Krieg beginnt und die Natur zerstört, dann
wird Gott ein Strafgericht ergehen lassen.

25

Wie wurden die heiligen Könige gesegnet? Die heiligen Könige dienten
Gott, verehrten die Jungfrau, die Engel und die Heiligen und liebten alle
Menschen. Darum segnete Gott die heiligen Könige mit vielen Kindern
und Kindeskindern und einem dauerhaften Namen. Wie wurden die
ungerechten Könige gestraft? Die ungerechten Könige setzten sich selbst
an die Stelle Gottes, riefen die bösen Teufel an und mordeten die
Menschen. Darum erhängten sie sich in der Mitte ihres Lebens und
hinterließen ihren Namen als einen Fluch.

26

Wenn Gott die Menschenkinder nicht lieben würde, warum sollte er dann
ein Strafgericht ergehen lassen, wenn er sieht, dass die Menschenkinder
ermordet werden? Ich weiß aber, das Gott die Menschenkinder liebt. Und
die die Gerechtigkeit tun, die tun den Willen des Himmels, und die
barmherzig sind, die ähneln dem Herzen Christi. Aber die den Krieg und
den Kindsmord lieben, die sündigen schwer gegen Gottes Liebe!

27

Das Gesetz Gottes ist für mich das, was für den Architekten der Zirkel und
für den Zimmermann das Winkelmaß ist. Was stimmt, ist richtig; was nicht
stimmt, ist falsch. Es gibt so viele Bücher von Leuten, die meinen weise zu
sein, dass man nicht weiß, wo einem der Kopf steht. Ich aber halte mich an
das Maß der Weisung Gottes. Denn die Schriften der Klugen sind weit
entfernt von der Gottesliebe und der vollkommenen Menschenliebe.
Woher weiß ich das? Vom Maß der Weisheit Gottes.

28

Wenn die Menschen sich gerecht verhalten wollen, müssen sie den
Ursprung der Gerechtigkeit kennen. Was ist der Ursprung der
Gerechtigkeit? Die Gerechtigkeit findet man nicht bei den Gemeinen, den
Toren, sondern bei den Erhabenen, den Weisen. Doch wer ist erhaben, wer
ist weise? Nur Gott ist erhaben, nur Gott ist weise! Darum ist Gott der
Ursprung der Gerechtigkeit.

29

Gott steht über dem Papst. Wenn der Papst gesündigt hat, muß er beichten,
Buße tun, fasten und das Sühneopfer darbringen. Ich habe noch nie gehört,
dass Gott sich Glück vom Papst erbeten hat, nein, der Papst erbittet sich
Glück von Gott. Darum ist Gott weiser als der Papst. Darum heißt es bei
den Alten: Licht und weise ist allein Gott, vom Himmel herab regiert er die
Welt.

30

Wenn die Edlen wirklich die Weisheit verehren, den Menschen nützen
wollen und die Wurzel der Liebe und Gerechtigkeit ergründen wollen,
dann müssen sie den Willen Gottes tun. Was ist denn der Wille Gottes?
Gott will nicht, dass große Staaten kleine Staaten angreifen, dass große
Familien kleine Familien in Unordnung bringen, dass die Starken den
Minderheiten übel mitspielen, dass die Schlauen die Einfältigen überlisten
und die Vornehmen die Geringen verachten. Doch damit nicht genug! Gott
will, dass die Starken den Schwachen beistehen, das die Gebildeten ihre
Mitmenschen belehren und die Reichen den Armen von ihren Gütern
geben.

31

Wenn man weiß, was Gott will, aber nicht tut, was Gott will, wird Gott
auch nicht tun, was der Mensch will. Dann wird Gott tun, was der Mensch
nicht will. Und was will der Mensch nicht? Der Mensch will kein Unheil.
Darum gehen die Völker zugrunde, die nicht nach Gottes Geboten leben.
Im Mittelalter wussten die heiligen Könige sehr wohl, was der Wille
Gottes war, und sie taten den Willen Gottes und taten nichts, was dem
Willen Gottes widersprach.

32

Gott liebt die Menschenkinder und will allen seinen Kindern helfen. Man
könnte diesem Satz widersprechen, wenn man auch nur etwas von der
Größe einer Haarspitze fände, das gut wäre und nicht von Gott uns
geschenkt. Aber die Menschen danken Gott nicht und sind darum lieblos,
und darum sind sie auch unglücklich.
33

Wenn ein Vater seinem Sohne von Herzen alles schenken würde, was
dieser braucht, wenn er den geliebten Sohn großzieht, stark macht und ihn
versorgt mit allem, was ihm gut tut, und der Sohn würde den Vater
anschreien: Geh weg von mir, ich will mit dir nichts zu schaffen haben!,
dann würde man den Sohn undankbar nennen. Aber so sind die Menschen
mit Gott. Dabei hat Gott ihnen das Leben geschenkt und schenkt ihnen
täglich die Schöpfung.

34

Es war einmal ein Tyrann, der diente nicht Gott, der ehrte nicht die
Jungfrau und die Heiligen, sondern richtete Unheil an und sagte: Ich bin
der Herrscher! Daher entzog Gott ihm seine Gnade und ließ ihn zugrunde
gehen.

35

Sei achtsam und vorsichtig und tue Gottes Willen. Was liebt Gott und was
verabscheut er? Er liebt Gerechtigkeit und verabscheut die
Ungerechtigkeit. Woher weiß ich das? Wenn Gerechtigkeit herrscht, dann
ist das Reich in Ordnung, wenn Ungerechtigkeit herrscht, verfällt das
Reich. Gott ist aber ein Gott des Friedens, und nicht der Unordnung. Daher
weiß ich, dass Gott das Tun der Gerechtigkeit liebt.

36

Heute wissen alle, dass der Papst die Kirche regiert, doch nur die
wenigsten wissen, dass Gott den Papst regiert.

37
Wie kann man den Willen Gottes tun? Indem man jeden Menschen wie
sich selber liebt.

38

Gott liebt die Menschen. Gott belohnt die Guten und bestraft die Bösen.
Das wissen wir von den heiligen Kaisern. Denn Otto der Erste, Otto der
Zweite und Otto der Dritte taten, was Gott gebot, sie regierten das heilige
römische Reich deutscher Nation mit Weisheit und Gerechtigkeit. Und
Gott segnete sie und nannte sie: Kaiser von Gottes Gnaden!

39

Als der Herzog von Oldenburg in Oldenburg im Tempel Unserer Lieben


Frauen war, trat ein Engel durch das Osttor und stellte sich neben ihn. Der
Engel hatte die Gestalt einer weißen Taube und war in ein goldgesäumtes
Gewand aus weißer Seide gewandet, und richtete sein liebestrahlendes
Antlitz direkt auf den Herzog. Als der Herzog den Engel sah, erschrak er,
aber der Engel sprach: Fürchte dich nicht! Gott freut sich an dir, und dein
Werk hat ihm schon lange wohlgefallen. Er hat mich gesandt, dir zu sagen,
dass du noch länger auf der Erde leben sollst und dass er deine Kinder
segnet mit der Gabe des Heiligen Geistes. Dein Name wird nicht
untergehen. Und der Herzog verneigte sich tief vor dem Engel und sprach:
Darf ich nach deinem Namen fragen? Und der Engel sprach: Mein Name
ist Mahanajim.

40

Einst war ein kleiner König, der noch in den Windeln lag. Sein Vormund
opferte nicht in der rechten Weise im Tempel. Da kam ein heiliger Greis
und sprach zu dem Vormund: Warum ist das Opfer von Brot und Wein
nicht richtig? Warum wird das kanonische Buch nicht richtig ausgelegt?
Warum wird das Weihnachtsfest nicht heilig begangen? Bist du dafür
verantwortlich oder der kleine König? Da sprach der Vormund: Der kleine
König saugt ja noch an den großen Brüsten seiner Mutter, nein, ich bin
dafür verantwortlich. Da nahm der heilige Greis seinen Hirtenstab und
erschlug den Vormund. Wer kann da noch an der Existenz der Heiligen
zweifeln?

41

In den alten Büchern heißt es: König Christus in der Höhe strahlt im
Himmel glorreich! Alt ist das Volk der Kinder Gottes, aber neu und ewig
ist der Bund, den Gott in Christus mit seinen Kindern schloß. Die Welt
strahlte auf, als sie Christus empfing, das Wort Gottes. König Christus
stieg herauf und thront zur Rechten Gottes und wird wiederkommen zum
Gericht! Wenn die Seele nicht unsterblich wäre, wie könnte dann die
Jungfrau Maria zur Rechten Christi stehen? Daher weiß ich, dass die Seele
unsterblich ist.

42

In der Zeit der Herrschaft der heiligen Mutter Eva lebte die Welt in
Frieden. Die Fische des Meeres, die Tiere des Feldes und die Gefiederten
des Himmels lebten in Frieden und Harmonie miteinander. Und die heilige
Mutter Eva und der heilige Vater Adam lebten in vollkommener Liebes-
Ehe zusammen. Auch die Engel waren Engel des Friedens und beteten für
die Welt. Die Erde bebte nicht und das Meer überflutete nicht das Land.
Denn Mutter Eva lebte in Harmonie mit Gott und regierte als Mutter aller
Lebenden die ganze Welt mit ihrer Weisheit.

DAS EVANGELIUM M NACH RAMAKRISHNA

Ein Milchmädchen brachte dem Priester täglich Milch. Sie musste einen
Fluß überqueren. Eines Tages war der Fährmann abwesend, da versäumte
das Mädchen, dem Priester seine tägliche Milch zu bringen. Der Priester
rügte sie: Wie kann ein Scheidefluß dich hindern, einem Priester Gottes
seine tägliche Milch zu bringen, Milchmädchen! Was bist du so
kleingläubig? Rufe den göttlichen Namen an und du wirst sicher über das
Meer des Lebens geführt. Nun brachte das Milchmädchen dem Priester
täglich die Milch und sagte: Ich überquere den Scheidefluß allein durch
die Macht des göttlichen Namens. Da wollte der Priester Gottes das
gleiche Wunder tun, er raffte seinen Talar auf, dass er nicht naß würde, rief
den Namen Jesu an, betrat den Fluß und versank. Da sprach das
Milchmädchen: Ehrwürdiger Priester Gottes, wieso, wenn du den
göttlichen Namen anrufst, sorgst du dich, ob dein Talar naß wird? Du bist
in Wahrheit der Kleingläubige! Man muß Vertrauen zu Gott haben wie ein
unschuldiges Kind zu seiner Mutter Vertrauen hat. Denn es heißt im Buch
der Psalmen: Siehe, meine Seele ist getrost wie ein gestillten Kind in den
Armen seiner Mutter, Israel, so hoffe auf JHWH!

Ein Pharisäer namens Simon sah dem Treiben einer Hure namens Maria
Magdalena zu. Sie war eine Hetäre und hatte viele Freier. Da rief der
Pharisäer Simon: Du Sünderin, tu Buße, kehre um und bereue deine
Sünden! Da bereute Maria Magdalena von ganzem Herzen ihre Sünden.
Von da an zählte der Pharisäer die Freier der Hetäre, und die Zahl der
Männer wuchs von Tag zu Tag, die die Hure Maria Magdalena besuchten.
Da rief der Pharisäer Simon: Maria Magdalena, siehst du, wie sich täglich
deine Sünden mehren? Da rief Maria Magdalena: Jesus, sei mir armen
Sünderin gnädig! Erbarme dich, Jesus, erbarme dich, denn ich bin eine
arme Sünderin! Erlöse mich von diesem Todesleibe und denke an mich in
deiner Herrlichkeit! Im selben Augenblick starb Maria Magdalena. Da
sprach Simon der Pharisäer: Jetzt hat die Sünderin den Sold der Sünde
erlangt, welches ist der Tod. Im selben Augenblick starb auch Simon der
Pharisäer. Da sah er von weitem Maria Magdalena im Schoße Abrahams
sich der paradiesischen Wonnen erfreuen. Aber zu Simon sprach Jesus:
Geh weg von mir, du Heuchler! Du siehst den Splitter im Auge deiner
Schwester, aber den Balken in deinem Auge siehst du nicht? Du hast die
Sünden meiner Schwester berechnet, aber dich selbst hast du für heilig und
gerecht gehalten. Sie war bußfertig, du warst unbußfertig. Ich kenne dich
nicht, hinweg von mir in das ewige Feuer!

3
Es waren zwei Freunde, die kamen an einen Ort, da aus der Bibel
vorgelesen wurde. Da sagte der eine: Ich will hören, was in der Bibel steht!
Der andere sagte: Ich will ins Bordell und mich von den Huren befriedigen
lassen. Als der Mann nun im Bordell mit den Huren geschlafen hatte, war
er unbefriedigt, denn der Liebeshunger seiner Seele war nicht gestillt
worden. Da dachte er: Hätte ich doch zugehört, wenn man aus der Bibel
von Jesus vorliest! Und er dachte die ganze Zeit im Bordell an Jesus. Der
Mann aber, der aus der Bibel vorlesen hörte, dachte nur: Ach, was
entgehen mir doch für Freuden und Wonnen im Paradies des Bordells! Was
ist ein Buch und was ist ein Wort gegen ein weiches warmes Weib und den
Schoß und die Brüste einer Hure? So war dieser Mann im Geist im
Hurenhaus und beging alle Sünden der Unzucht, die sich ein Wollüstling
ersinnen kann. Aber Jesus sprach den gerecht aus Gnade durch Glauben,
der im Bordell über des Heilands Leben meditierte.

Jesus sprach: Gott gibt euch, was ihr euch wünscht: Wenn ihr euch Geld
wünscht, gibt Gott als gerechter Vater euch Geld. Wenn ihr euch ewige
Liebe wünscht, gibt Gott euch wie eine göttliche Mutter ewige Liebe. Ihr
aber sollt erkennen, dass die Schätze dieser Welt nicht sind, aber Gottes
Liebe ist.

Jesus sagte: Ich sage euch ein Gleichnis: Der Wurm sitzt im Kot und hält
sich nicht für schmutzig. Die Fliege sitzt einmal auf dem Misthaufen und
einmal auf dem Zucker. Die Biene aber saugt nichts als Honig. Da
sprachen seine Jünger: Meister, erkläre uns dies Gleichnis. Jesus sprach:
Die Somatiker leben in der Welt und merken nicht, wie sie sich mit Sünden
beschmutzen. Die Psychiker genießen die Welt und suchen doch auch die
Geheimnisse des Himmels, aber sie entscheiden sich nicht, sie sind di-
psychos. Die Pneumatiker aber saugen den süßen Honig der Mutterliebe
Gottes aus der Rose des Herzens Gottes und nähren sich von Gott allein.
6

Der Heilige Franziskus kam einmal zu einer Schar Hirten, die ihre Schafe
weideten. Da sprachen die Hirten: Franziskus, hier lebt eine Schlange, die
gefährlich ist. Franziskus sprach: Ich habe keine Angst, denn das heilige
Herz Jesu schützt mich. Da ging Franziskus zu der Schlange und lehrte sie,
den süßen Namen Jesus anzurufen. Die Schlange bekehrte sich und fügte
keinem mehr Schaden zu. Da wandten sich die Hirten um und steinigten
die Schlange, denn nun konnten sie sich rächen. Da sprach Franziskus zu
der Schlange: Selig bist du, Schlange, denn du wirst erhöht im Reiche Jesu
zu einer ehernen Schlange am Kreuz!

Salomo sprach: So lange du lebst, so lange sollst du lernen. Bitte Gott, und
Gott gibt dir Weisheit.

Maria sprach: Die Nächstenliebe, mit der ihr euren Nächsten Gutes tut, ist
gut. Liebt die Nächten mit selbstloser Liebe. Wisst, dass ihr selbst gar
nichts tun könnt, dass es Gottes Liebe allein ist, die alles tut. Durch
Nächstenliebe verwirklicht ihr die Gottesliebe. Wenn ihr die Nächsten
liebt, werdet ihr Gottes Liebe besser erkennen. Die Liebe zu Gott zieht
euch auch zur Kontemplation. Aber die guten Werke im Geist der
selbstlosen Liebe läutern euer Herz. Gottes Liebe erfüllt die Herzen der
Menschen guten Willens mit Barmherzigkeit und die Herzen der Heiligen
mit brennender Liebe. In euren Herzen liegt der Schatz verborgen, die
Perle des Himmelreiches liegt im Acker eures Herzens verborgen. Habt ihr
erst den Schatz in eurem Herzen entdeckt, dann werdet ihr nicht mehr von
der Arbeit allein leben, sondern es wird euch mehr und mehr dahinziehen,
Gottes Schönheit zu beschauen. Gott offenbart sich aus reiner Gnade,
wann er will. Dann könnt ihr Gottes Schönheit schauen und mit dem Wort
Gottes sprechen, so wie ich jetzt mit euch spreche.

9
Einer der Jünger fragte Jesus: Meister, kann ich Gott finden und fühlen,
wenn ich arbeite? Muß ich nicht ganz in vollkommener Muße allein
kontemplieren? Jesus sprach: Alles ist Arbeit, auch das Gebet ist Arbeit,
wie das Atmen Arbeit ist. Tu nur alle Arbeit, dein Gebet und dein Atmen in
Gott, mit Gott, durch Gott und für Gott.

10

Jesus sprach: Sünde ist die Selbstverkrümmung und Selbstverliebtheit des


Ich. Der Egoismus macht blind für Gottes Liebe. Wird eine Seele durch
Gottes Gnade erleuchtet und erkennt die Liebe Gottes im Innern des
Selbst, so wird die Seele erlöst. Dann beginnt diese Seele das ewige Leben
schon auf Erden. Die Sünde ist das Ego, der Satan ist das Ego. Das Ego
muß sterben, dann kann Gott in euch leben. Das Ego ist eine dunkle
Wolke, die die Sonne der Schönheit Gottes verhüllt. Die Gnade eures
Meisters zerteilt und vertreibt die Wolke, dann kann die Schönheit des
Antlitzes Gottes über euch leuchten! Dann werdet ihr Gott in seiner
Schönheit schauen!

11

Jesus sprach: Ein kleines Kind braucht nur seine Mutter, es fragt nicht
danach, ob die Mutter viel Geld besitzt, es muß nur wissen: Ich habe eine
Mutter, alles ist gut. Und auch das Kind der Magd vertraut seiner Mutter.
Und wenn der Sohn des Reichen das Kind der Magd beleidigt, sagt das
Kind der Magd: Das sag ich meiner Mama! Und Jesus sprach: Und so
auch sollst du Gott vertrauen.

12

Jesus sprach: Es ist ein Unterschied, ob du Gott durch das Denken


ergründen willst oder ob du Gott durch das Gebet erkennen möchtest. Aber
noch etwas ganz anderes ist es, wenn Gott selbst aus reiner Gnade sich dir
offenbart. Wenn Gott in seiner Menschwerdung sich einem Menschen
offenbart, hört alles Zweifeln auf. Der innere Raum der Seele ist von Licht
überflutet. Andere Menschen suchen magische Kräfte, aber der wahre
Gläubige sucht nichts als allein die Liebe Gottes.

13

Ein Mann sandte seine beiden Söhne zu Jesus, der die Söhne unterwies in
der Offenbarung Gottes, der die Liebe ist. Nach drei Jahren kam der Vater
der Söhne und wollte wissen, was die Söhne gelernt hatten. Der ältere
Sohn zitierte die Bibel auswendig und zog daraus logische Schlüsse, die
Existenz Gottes zu beweisen. Der jüngere Sohn aber lächelte und schwieg.
Da sprach Jesus: Siehe, dieser hat Gott erfahren.

14

Ein Junge namens Jedidja musste allein durch einen dunklen Wald zur
Schule gehen, aber auf dem Wege bekam er immer Angst. Da sprach seine
Mutter: Hab keine Angst, mein Kind, ruf nur den süßen Namen Jesus an!
Da sprach Jedidja: O Mutter, wer ist Jesus? Die Mutter sprach: Mein Kind,
Jesus ist dein Freund und Bruder. So ging Jedidja wieder durch den
finsteren Wald zur Schule, und als er wieder Angst bekam, rief er: O mein
bester Freund Jesus! Beschützte mich, ich habe Angst! Und Jesus hörte
den Ruf Jedidjas und erschien Jedidja als ein Knabe, der ihn begleitete auf
dem Weg durch den finsteren Wald. Nachdem Jesus den Knaben Jedidja
zur Schule gebracht hatte, sagte Jesus zum Abschied: Mein Kind Jedidja,
wann immer du mich brauchst, dann ruf mich, und ich werde zu dir
kommen!

15

Ein Wasserglas, das im Wasser steht, ist mit Wasser gefüllt und vom
Wasser umgeben. Dies sagte Jesus zu seinen Jüngern. Meister, was soll das
heißen, fragten die Jünger. Jesus sprach: Wer eins geworden ist mit Gott,
der erkennt Gott im Innern und im Äußeren.

16
Gott der Herr hörte die Psalmen, Hymnen und spirituellen Oden eines
Frommen und freute sich. Da sprach Gott der Herr zu dem Frommen: Was
willst du von mir? Da sprach der Fromme: Herr, mein Gott, verzeihe
denen, die mich ausgenützt haben. Denn wenn du sie in deinem Zorn
bestrafen würdest, bestraftest du dich selbst, der du in allen Menschen auf
Liebe und Barmherzigkeit wartest.

17

Ein leidenschaftlich Liebender namens Dodo wollte zu seiner Geliebten


namens Mora. Er hielt in seiner Hand süße Feigen und Rosen, sie ihr zu
schenken. Seine Eltern hatten ihn aufgehalten mit nichtigen Dingen, darum
eilte er spät um so sehnsüchtiger seiner Geliebten entgegen. Da traf er
einen Mönch, der auf einer Bank am Wegesrand saß und den Rosenkranz
ableierte. Dodo stieß gegen den Mönch in seiner Eile. Der Mönch störte
sich und zürnte mit dem jungen Toren: Bist du blind? Ich meditiere über
das evangelische Leben des Sohnes Mariens und du störst mich, weil du zu
einer irdischen Geliebten hastest! Da sprach Dodo zu dem Mönch: Verzeih
mir, Pater, ich hatte nichts im Sinn als meine Geliebte und war für alles
andre blind! Aber du, wenn du in Gottes irdisches Leben versunken
gewesen wärest, wie hättest du dann mich wahrgenommen? Wie betest du
den heiligen Rosenkranz? So sprach Dodo. Der Pater aber sprach: Ich
sehe, du bist nicht fern von Gott! Wie ein Liebender von Liebe besessen zu
seiner einzig Geliebten eilt, so muß der Beter zu Gott eilen! Nimm du
mich als deinen Schüler an.

18

Ein junger Mann bat einen weisen Priester um Rat. Der weise Priester
sprach: Liebe Gott von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit all deinem
Denken und all deiner Kraft und den Nächsten liebe wie dich selbst! Der
junge Mann sprach: Wie kann ich Gott lieben, den ich noch nie gesehen
habe? Da sprach der weise Priester: Hast du denn nicht ein Kind, für das
du sorgen kannst? Hast du denn nicht eine Frau, der du dienen kannst? Da
sprach der junge Mann: Ich habe nichts auf dieser Welt, als das Lamm
Petra in meinem kleinen Garten. Da lächelte der weise Priester und sprach:
So sorge dich um dein kleines Lamm und liebe in der Kreatur den
Schöpfer. Der junge Mann kümmerte sich nun liebevoll um sein Lamm
Petra. Nach drei Jahren kam der weise Priester an dem Garten des jungen
Mannes vorbei. Ehrwürden, sprach der junge Mann, ich erblicke mein
Lamm wie auf Gottes Thron mit sieben Hörnern und goldenen Kronen, es
ist mir mein Christus, dem ich diene! Seit ich Christus dem Lamm Gottes
diene, geschehen lauter Wunder, Gnaden und Segnungen in meinem
Leben.

19

Jesus sprach: Ist ein Mann fromm und doch liebt er sehr eine Frau oder ein
Kind, so soll er in der Frau und in dem Kind das Abbild Gottes verehren
und dem Bilde Gottes dienen. Ein Mensch, der ein Liebhaber Gottes ist,
der liebt Gott wie seine Ehefrau oder wie seinen eigenen Sohn. Da sprach
Maria Magdalena: Herr Jesus, so liebe ich dich auch weniger als den
König des Weltalls, vielmehr als meinen ewigen Geliebten! Da lächelte
Jesus erfreut.

20

Als der selige Seuse gefragt wurde, warum er nicht mit einer Frau in der
heiligen Ehe zusammenlebe, sprach er: Ich sah einmal auf der Straße eine
Frau, die kam mir auf einer schmalen Straße entgegen. Die Straße war aber
voll Schlamm. Ich trat aber in den Schlamm, um die Frau den schmalen
trockenen Streifen beschreiten zu lassen. Am Abend desselben Tages
erschien mir die Jungfrau Maria und bedankte sich, dass ich ihr Platz
gemacht. Da erkannte ich, dass jede Frau die Jungfrau Maria ist. Welche
Frau hätte ich da noch heiraten können? Ich verehre in allen Frauen die
Jungfrau Maria. Da sprach der Dichter Dodo: Auch ich bin wie der selige
Seuse. In jeder Frau erkenne ich die Jungfrau Maria. Jede Frau ist eine
lebendige Ikone der Jungfrau Maria und soll darum wie die
Himmelskönigin verehrt werden.

21
Jesus, der fleischgewordne Logos, sprach zu Johannes: Johannes, wer
meinst du, dass ich sei? Da sprach Johannes: Meister, einmal meine ich, du
seiest der Logos und ich sei ein Gedanke in dir, und dann wieder sehe ich
dich als meinen Herrn und König an und ich sei dein Diener. Aber wenn
ich an das Letzte Abendmahl denke, so sage ich: Du bist in mir und ich bin
in dir! Du wirst Ich, damit Ich Du werde!

22

Frauen vergießen Ströme von Tränen, weil sie keinen Mann bekommen
oder weil sie kein Kind bekommen. Aber wo ist die Frau, die Ströme von
Tränen vergießt, weil sie Gott noch nicht schaut? Jesus sprach: Wer mich
sucht, der wird mich finden, und wer mit Tränen des Verlangens nach Gott
weint, der hat Gott gefunden.

23

Jesus sprach zu seinen Jüngern: Seht ihr dort das kleine Kind? Es weint
und mit den Tränen schmeichelt es dem barmherzigen Herzen seiner
Mutter alles Spielzeug ab, das es haben will. So sollt ihr beten. Wer zur
Liebe Gottes fleht wie zu einer barmherzigen Mutter und bittet mit
flehenden Tränen, der wird beschenkt mit der Gnade, dereinst die göttliche
Schönheit zu schauen von Antlitz zu Antlitz!

24

Jesus sprach: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einer Frau, die den
König sehen wollte. Sie trat zum Schloß des Königs, betrat das erste
Gemach und sah einen überaus herrlichen Mann mit großem Gefolge. Da
fragte die Frau: Bist du der König? Nein, sprach der herrliche Mann, ich
bins nicht. Da trat die Frau in das zweite Gemach und sah einen Mann, der
war noch vielmals herrlicher als der erste und vielmals größer war sein
Gefolge. Da fragte die Frau: Bist du der König? Nein, sprach der, ich bins
nicht. Und so erging es der Frau auch in der dritten, vierten, fünften und
sechsten Kammer. Immer herrlicher wurden die Männer, die sie sah,
immer unermesslicher das Gefolge, aber immer sprachen die Männer: Ich
bins nicht. Schließlich kam die Frau in das letzte Gemach, das innerste,
das siebente. Da sah sie, und siehe, was sie sah, ließ sie vor Seligkeit
verstummen. Sie fragte nichts mehr vor lauter Glück, und der König
musste ihr nicht sagen: Ich bins, denn sie wusste: Das ist der Ich Bin!

25

Ein junger Schüler der Philosophie sprach zu Sokrates: Meister, wie kann
ich die göttliche Weisheit erkennen? Da nahm Sokrates den Schüler und
tauchte ihn im Fluss unter. Dann holte er den Schüler wieder aus dem
Wasser und sagte: Wie ist es dir ergangen? Was hast du gedacht? Da
sprach der Schüler: Ich dachte: Ich ersticke und sterbe, und all mein
Verlangen war allein Atem zu holen, Luft zu schöpfen! Da sprach
Sokrates: Siehe, mein Sohn, wie ein Ertrinkender nach Luft schnappt, so
begierig musst du nach der göttlichen Weisheit sein, dann wirst du Frau
Weisheit gewinnen zur Braut!

26

Platon sprach: Man sagt vom Schwan, er könne die Milch vom Wasser
trennen. Er trinkt die Milch und verschmäht das Wasser. So auch die reine
Seele: Sie lebt in der Welt der Schatten, aber bleibt unberührt von der
irdischen Welt, sondern sie lebt allein für die Idee der Schönheit, das ist
Gott.

27

Ein Dogmatiker fragte einmal Johannes Paulus den Großen: Was ist der
Denker, das Gedachte und das Denken? Da sprach Johannes Paulus der
Große: Ich weiß nur, dass die himmlische Mutter mich liebt.

28

Salomo sprach: Die Erkenntnis Gottes und die Liebe Gottes ist das selbe.
Wer Gott erkennt, der liebt Gott, und wer Gott liebt, wird Gott erkennen.
29

Salomo sprach: In den heiligen Jungfrauen im Tempel schaue ich Sophia,


aber in den Tänzerinnen aus dem Harem des Königs schaue ich auch
Sophia.

30

Jesus sprach: Nur der Mensch, der heilig einfältig ist wie ein Kind, wird
vom Licht der Welt erleuchtet. Das Wissen bläht auf. Werdet wie Kinder,
die ihre Mutter über alles lieben, dann werdet ihr Frau Weisheit erkennen.

AUS DEM TAO TE KING

Ist Frau Weisheit im Wesen sagbar, ist Sie nicht die Ewige Weisheit, ist Ihr
Name aussprechbar, so ist es nicht Ihr wahrer Name. Als Unaussprechliche
ist Sie die Schöpferin aller Himmel und der Erde, als Sagbare ist Sie die
Mutter aller Geschöpfe. Ihr Einssein ist dunkel, das Ur-Mysterium aller
Mysterien, aller Geheimnisse Schoß.

Frau Weisheit ergießt sich und bewirkt doch, dass man nicht erfüllt bleibt.
Sie ist tief wie Wasser, Sie ist die Ahnin aller Lebewesen. So frisch wie
Tau ist Sie, so scheint Sie zu dauern. Wer weiß, wessen Tochter Sie ist? Sie
ist, so scheint es, die Ahnin aller Geister.

3
Die Güte steht Frau Weisheit nah, beim Geben ist Sie gut der
Menschlichkeit, beim Reden ist Sie gut der Wahrheit, beim Walten ist Sie
gut der Ordnung, bei der Arbeit ist Sie gut der Begabung.

Kannst du den Geist der Seele eingießen und die Einheit bewahren?
Kannst du den Atem regulieren und die Sanftmut bewahren und sein wie
ein Kind? Kannst du purgieren deine Beschauung und ohne Irrtum sein?
Wenn sich die Pforte des Himmels öffnet, kannst du dann wie eine
Taubenmutter sein? Gebären und nähren, handeln, aber nicht stolz darauf
sein, fördern, aber nicht beherrschen, das ist die mystische Kraft.

Man schaut nach Ihr und sieht Sie nicht, man lauscht nach Ihr und hört Sie
nicht, man tastet nach Ihr und fasst Sie nicht. Drum vereine die Drei und
du erhältst die Eine. Ihre Höhe ist nicht das Licht, Ihre Tiefe ist nicht die
Finsternis. Wie ein endloser Lebensfaden, ach, man kann Sie nicht sagen.
Sie geht ein zum Überwesentlichen, Sie ist gestaltlos und Gestalt, Sie ist
erscheinungslose Erscheinung. Sie ist das Dunkel des Urbeginns. Begegnet
man Ihr, sieht man nicht Ihr Haupt, folgt man Ihr, sieht man nicht Ihren
Rücken. Hält man aber an dem Weg der Alten fest, das Leben von heute zu
meistern, so kann man der Urzeit Schöpferin wohl erkennen: Das ist der
unendliche Lebensfaden der Frau Weisheit.

Ein weites Herz führt zu Gerechtigkeit, Gerechtigkeit führt zu


Beherrschtheit, Beherrschtheit führt zum Himmel, der Himmel führt zu
Frau Weisheit, Frau Weisheit führt zum ewigen Leben. Selbst im Tode ist
man dann ohne Lebensgefahr.

7
Die Menschen sind allesamt nützlich, ich allein bin ein Taugenichts, ich
allein bin anders als die andern, aber ich ehre die nährende Mutter.

Der Inhalt der ewigen Kraft ist Folge der Frau Weisheit. Frau Weisheit ist
eine Lebendige, aber dunkel und geheimnisvoll. O Dunkel, o Geheimnis!
In Ihrem Inneren gibt es Urbilder, dunkel und verborgen, in Ihrem Inneren
gibt es Urformen, ganz verborgen und dunkel, in Ihrem Inneren gibt es
Urkeime. Diese Urkeime sind die höchste Wirklichkeit. Sie sind
gewisslich wahr.

Wer in seinem Tun Frau Weisheit folgt, wird als Geführter eins mit Ihr.
Wer in seinem Tun der Kraft folgt, wird als Kräftiger eins mit Ihr. Wer eins
wird mit Frau Weisheit, den zu gewinnen freut sich Frau Weisheit. Wer
eins wird mit der Kraft, den zu gewinnen freut sich die Kraft.

10

Es gibt ein ewiges Wesen, aus dem Unaussprechlichen im Geheimnis


gezeugt, so still, wie das Nichts! Allein ist das Wesen und unveränderlich.
Es schreitet die ewigen Kreise ab und ist unsterblich. Das Wesen ist die
Mutter des Alls. Sie benennend, sag ich: Frau Weisheit! Gewillt, ihr einen
Namen zu geben, sag ich: die Kraft! Des Menschen Richtmaß ist die
Mutter Erde, der Mutter Erde Richtmaß ist der Vater Himmel, des Vaters
Himmels Richtmaß ist Frau Weisheit, Frau Weisheit hat Ihr Richtmaß
allein in Ihrer eigenen göttlichen Natur.

11

Frau Weisheit, die Ewige Weisheit, hat einen unaussprechlichen Namen.


Sie ist wie ein schlichtes Holz, Sie ist unscheinbar einfach. Dennoch kann
kein Geschöpf Sie unterdrücken. Gebiert Sie aber die Geschöpfe, so ist
Frau Weisheit erkennbar.

12

Frau Weisheit ergießt sich, Sie ist ein Beistand zur Rechten und Linken.
Die Lebewesen alle sind auf Sie gegründet, Sie versagt ihnen nicht die
Hilfe zum Leben. Ist Ihr Werk gestaltet, nennt Sie es nicht Besitz. Sie liebt
und nährt die Lebewesen alle und spielt nicht ihre gestrenge Herrin. Stets
will Sie nichts für sich selber, so könnte man Sie unbedeutend nennen,
aber alle Lebewesen kehren zu Ihr heim, so muß man Sie nennen: Die
Ewige Mutter!

13

Bei Musik und köstlichen Speisen bleiben die Weltmenschen stehen.


Spricht man aber von Frau Weisheit, so heißt es: Langweilig finden wir
das.

14

Frau Weisheit tut nichts und doch ist nichts, was Sie nicht täte.

15

Wer die Kraft erhebt, der weiß nichts von der Kraft, und ist doch kräftig
durch die Kraft. Kindisches Wissen aber ist der Trugschein der Weisheit
und die Mutter aller Torheit.

16

Heimkehr ist die Bewegung zu Frau Weisheit, Zartsinn ist das Wesen der
Frau Weisheit. Die Lebewesen entspringen aus dem Sein, das Sein aber ist
gezeugt aus dem ewigen Nichts.
17

Erleuchtung durch Frau Weisheit ist wie die dunkle Nacht, eindringen in
Frau Weisheit ist wie Rückkehr. Frau Weisheit ist verborgen, Ihr Name ist
unaussprechlich, aber dennoch ist Sie die Ewige Weisheit, reichlich
spendend und weise vollendend.

18

Frau Weisheit bringt das Erste hervor, das Erste zeugt das Zweite, die Zwei
ergießen sich in das Dritte, aus den Dreien stammen alle Lebewesen.

19

Wer der Vielwisserei sich widmet, bläht sich auf. Wer in Frau Weisheit
webt und lebt, ist wie nichts.

20

Zu den Guten bin ich gut und zu den Nichtguten bin ich auch gut, denn die
ewige Kraft ist Güte. Den Treuen bin ich treu und den Nichttreuen bin ich
auch treu, denn die ewige Kraft ist Treue.

21

Frau Weisheit gebiert, Ihre Kraft ernährt, Ihr Wesen gestaltet, Ihre Macht
vollendet. Unter den Myriaden Lebewesen ist keins, das nicht Frau
Weisheit und Ihre Kraft verherrlichte. Die Anbetung der Frau Weisheit und
Ihrer Kraft geschieht allein aus freiem Willen. Frau Weisheit gebiert und
ernährt in der Kindheit, Sie lässt wachsen und pflegt in der Jugend, Sie
vollendet und reift in der Lebensmitte, Sie bedeckt und schirmt im Alter.
22

Die Welt hat eine Schöpferin, das ist die Mutter der Welt. Hat einer seine
Mutter gefunden, so erkennt er dadurch sein Kindsein. Hat er sein
Kindsein erkannt und bindet sich an seine Mutter, so ist er im Tode
gerettet. Benutze das Licht deines Geistes, kehre wieder ein in deine
Erleuchtung, so verlierst du dein Leben nicht im Tod und gewinnst als
Erbe das ewige Leben.

23

So ich den Verstand besitze, zu wandeln in den Wegen der Weisheit, so


fliehe ich die Geschäftigkeit.

24

Behält man die Fülle der ewigen Kraft, so gleicht man einem neugebornen
Kind. Es weiß noch nicht von der Vereinigung von Mann und Frau, doch
richtet es sich vollkommen empor durch die Fülle der Lebenskraft. Es
schreit den ganzen Tag und doch wird seine Kehle nicht heiser, nämlich
durch die Fülle der Lebenskraft. Die Kraft zu kennen, bedeutet, das ewige
Leben zu kennen. Das ewige Leben zu kennen, bedeutet Erleuchtung.

25

Wer die ewige Mutter des Reiches besitzt, der vermag in Ewigkeit zu
dauern. Sie ist die Wurzel und der Stamm, die Retterin in das ewige Leben
der ewig-glückseligen Schau!

26

Wer waltet im Geist der Frau Weisheit, dem werden die heimgegangenen
Lieben nicht zu dämonischen Mächten. Die heimgegangenen Lieben
schaden dann nicht, sie segnen vielmehr. Auch der Heilige schadet den
Menschen nicht, sondern segnet vielmehr. Eben weil die heimgegangene
Seele und der Heilige segnen, darum segnet in ihnen die ewige Kraft.

27

Frau Weisheit ist der Myriaden Lebewesen Ahnin. Daß die Alten Frau
Weisheit so tief verehrten, was war der Grund? Wer Sie sucht, der wird Sie
finden. Sie ist die Erlöserin aller Sünder, Sie ist der kostbare Schatz des
Himmelreichs.

28

Zu verstehen, Beispiel und Vorbild zu sein, das heißt die mystische Kraft.
Mystische Kraft ist abgrundtief und unendlich. Sie ist anders als die
Lebewesen. Drum folge du Ihr nach.

29

Wer der Menschheit Unheil auf sich nimmt, der ist der König des
Himmelreichs!

VOM QUELLENDEN URGRUND

Es ist ein Zeugender, der ein Unerzeugter ist. Es ist ein in allem
Wandelnder, der ein Unwandelbarer ist. Der Unerzeugte ist frei, zu zeugen.
Der Unwandelbare ist frei, alles zu wandeln. Das Erschaffene schafft
weiter, das Wandelbare wandelt sich fort und fort. Immer ist ein Schaffen
und Wandeln im Gange. Der Erzeuger aller Erzeugnisse hört nicht auf zu
zeugen, der Unwandelbare hört nicht auf, das Wandelbare fort und fort zu
wandeln. Der Unerzeugte ist einzig. Das Unwandelbare füllt die ganze
Schöpfung und ist doch selbst grenzenlos. Das ist die ewigweibliche
Weisheit. Der alle Wesen erzeugt, ist selbst unerzeugt. Der alles
Wandelbare fort und fort wandelt, ist selbst unwandelbar. Von ihm geht
alle Form aus, alle Erkenntnis, alle Ruhe.

Was geschaffen ist, ist für den Tod geschaffen, aber der Schöpfer ist
unsterblich.

Der geistige Teil der Menschennatur ist himmlisch, der leibliche Teil der
Menschennatur ist irdisch. Das Himmlische ist rein, das Irdische trübe.
Das Himmlische ist leicht, das Irdische belastend. Wenn der Geist die
Form verlässt, so kehrt er heim zu seinem himmlischen Wesen. Das nennt
man: Er ist heimgegangen. Denn die Seele ist heimgegangen zu ihrer Idee
in Gott.

Wie kannst du den Tod für Freude ansehen? Salomo sprach: Leben und
Sterben ist ein Gehen und Heimkehren. Wer hier stirbt, wird dort geboren.

Dodo war des Studierens müde und sprach zu Salomo: Ich sehne mich
nach Ruhe. Salomo sprach: Das eitle Leben schenkt keine Ruhe. Dodo
sprach: So ist keine Ruhe für mich vorhanden? Salomo sprach: Aber ja
doch, siehe nur den Friedhof, im Grab ist Ruhe. Dodo sprach: O groß der
Tod, er bringt die Gerechten zur Ruhe, die Frevler unterwirft er. Salomo
sprach: Wahrlich, du hast Erkenntnis gefunden. Die Menschen dieser Welt
halten das Leben auf der Erde für eine Lust, aber sie kennen nicht den
bitteren Kelch der Schmerzen. Die Menschen dieser Welt kennen nur die
Gebrechlichkeit des Alters, aber sie wissen nicht von der goldenen
Weisheit des Alten. Die Menschen dieser Welt halten den Tod für ein Übel,
aber sie wissen nicht, dass er den Gerechten die ewige Ruhe schenkt.

Salomo sprach: Der Tod ist die Heimkehr zur Versammlung der Ahnen.
Die Toten nennt man die Heimgegangenen. Sie haben ihre ewige Heimat
gefunden. Wir Lebenden auf der Erde sind wie ruhelose Wanderer. Einen
Wanderer, der seine Heimat verloren hat, nennt man einen bösen Burschen.
Wie aber, wenn die Mehrheit der Menschen ihre Heimat im Himmel
verloren hat!

Alles, was Form und Stoff hat, ist ein Ding. Die Urdinge sind nicht von
einander entfernt, sondern sind Dinge an sich und eins in dem einen
allerhöchsten Ur-Ding. Die Dinge entstehen im Ur-Ding, nehmen Form
und Stoff an und enden wieder in dem Ur-Ding. Der Weise, der sein Wesen
entzieht den Stoffen und Formen und wandelt unter Urdingen, der gewinnt
eine Einheit in seiner Natur mit der göttlichen Ur-Natur des Menschen und
dringt vor zum Ursprung des Urdings, Gott.

[Inhalt]

CLOUD5
1

Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
Orpheus

Von Josef Maria Mayer


MUSENANRUF

O heilige Moira, du Schicksal, dreifaltige, die du über den Göttern waltest


in deiner ehrfurchtgebietenden Weisheit, komm und segne mir diesen
Gesang von Orpheus, laß mich tönen in deinem Ratschluß den geheimen
Jubel aus der offenbaren Klage! Und du, o geliebte Mnemosyne, du Mutter
der Erinnerung, Zeusgeliebte Jungfrau, komm herbei in den weißen
Schleiern deiner Erscheinung und verherrliche du mir das Bild der in den
Tod Entschwundenen! Und du nun auch, o du Muse der Klage,
Melpomene, leih mir deine Stimme, dein Gefühl, dein Saitenspiel und
deine Maske, laß mich gehen in deinen Kothurnen den Gang zum Opfer, in
welchem die Liebe der Prüfstein ist, die heilige, welche nimmer untergeht,
und klagen wir dennoch über ihren Tod, o Muse der Klage!

ERSTES KAPITEL

„Was ist alles, was in Jahrtausenden die Menschen taten und dachten,
gegen Einen Augenblick der Liebe? Es ist aber auch das Gelungenste, das
Göttlichschönste in der Natur!“
(Hölderlin)

EURYDICE

Orpheus wanderte durch die Lande, in einer resignativen Stimmung, bereit


sich seinem Schicksal zu überlassen, dem dreifaltigen Schicksal sich
auszuliefern, bereit, hinzugehen, wohin es ihn führte, und so irrte er, nichts
suchend, über die Hügel, immer spontanen Eingebungen folgend, sich da
und dorthin wendend, bis er zum Fuß des Rhodopegebirges kam. Er
betrachtete die herrlichen Berge, die wie Treppen von Himmlischen in den
Äther stiegen, in dem die heilige Sonne waltete mit goldenem Zepter, die
heilige Allerfreuerin.
Hinan zog es ihn, hinan zu steigen die ewigen Treppen, höher hinauf, in
den reinen Äther, dort an den Tischen der Himmlischen zu erfragen den
Inhalt des Kosmos, den Inhalt der Geschichte, den Sinn seines Herzens. Er
sehnte sich nach heiliger Liebe. Die berauschenden Leidenschaften hatte er
schon in seiner törichten Jugend als schal und leer erkennen müssen; nicht
danach stand ihm der Sinn.
Urania! rief er, du vom Himmel gezeugte, du Liebe mit dem Geist von
Sternen, du himmlische Jungfrau, himmlisches Mädchen mit den blauen
Augen, flehe zum Höchsten für mich und sende, wie dem Paris du Helena
sandtest, mir die heilige Geliebte, mit der ich mich zusammenfinden kann
zu einem ganzen Menschen! Denn, so lehren es die alten Dichter, im
Anfang des Goldenen Zeitalters waren wir eins, Mann und Männin, und
erst die Gewalt der Zeit trennte und teilte uns, wir aber sehnen uns nach
unserm Widerpart, nach der Gefährtin der Seele, auf daß wir eins werden
in der Seele, ein vollkommenes Ebenbild der himmlischen Liebe, die dich
so reich gesegnet, himmlische Jungfrau Urania, Tochter des Himmels!
Unter diesen Gebeten war er die gewundenen Felsenpfade hinangestiegen.
An den unteren Berghängen standen Rebstöcke, weiter in der Höhe auf
den Felsenplateaus weideten stumme Hirten ihre Zicklein, höher hinauf
wurden die Berge umwunden von den keuschen Schleiern der Wolken, in
die hinein Orpheus trat. Der leise Wind zog durch die Saiten seiner Lyra.
Sperlinge, gefiederte Boten der Urania, pfeilten zwitschernd durch die
Lüfte und sangen ihre lustigen Lieder vom Glück. Oben auf dem
erhabensten Berge befand sich ein uralter Kiefernwald, in dessen Dunkel
Orpheus tauchte. Er schritt an seinem Wanderstabe durch den Kiefernwald,
die letzten Strahlen Hyperions sanken goldenrot durch das dichte
Dunkelgrün und vergoldeten in mystischer Alchemie den Waldboden. In
diesem Zauberlicht und Zauberschatten wandelte Orpheus über den
weichen braunen Boden, wie auf Teppichen, schwebend halb dahin. Um
ihn ward es dunkel. Er sah durch die hohen Wipfel der Kiefern Luna
heraufkommen, die unschuldsweiße Lieblingin des Himmels, die weiße
Frau, gekleidet in einem silberweißen Schleier, blickte sie mit tiefblauen
Augen auf die nächtliche Landschaft. Orpheus kam zu einer Lichtung.
Über der Lichtung schwamm die runde Luna wie ein silberner Granatapfel
dahin, sie ließ ihren schimmernden Tau in reichen Segnungen fallen auf
die dunkelgrünen Gräser der Lichtung. Inmitten der Wiese lag ein runder
Teich, ein makelloser Spiegel der Herrlichkeit Phöbes. Die himmlische
Jungfrau besah ihre schneeweißen Wangen in dem Spiegel, ließ ihre
elfenbeinweißen Perlenzähne schimmern in dem Kristall des Wassers, und
der Tau ihrer blauen Augen war kaum reiner als der Tau des Teiches.
Phöbus Apollon hatte seine weißen Schwäne aus seinem Triumphwagen
ausgespannt, die ihn vom Lande der Hyperboräer, nördlich Germaniens,
gezogen hatten nach Delphi, nun aber war er im Westen, westlich von
Hesperien, in den atlantischen Hallen untergegangen und bettete seine
goldenweißen Glieder, in den Purpurmantel gewoben, in ein Schlafgemach
am Grunde des Meeres, daselbst ruhte er in den feuchten Umarmungen
Amphitrites. Hier aber badeten seine weißen Schwäne ihre schaum- oder
schneeweißen Glieder, ließen ihre engelgleichen Schwingen ruhen auf dem
Kristall des Teiches, tunkten ihr prophetisches Sängerhaupt in den weißen
Wein des Sees.
Die Schwäne rührten eben das Wasser ein wenig auf zu unruhigen Wellen,
als am Ufer des Teiches sich aus dem dunklen Gras drei Nymphen
erhoben, eine schöner als die andere, die Mittlere aber die Schönste. Sie
trugen alle weiße lange Gewänder, feingewoben, mit goldenen Gürteln,
und bestickt mit schönen Blumenmustern. In den Haaren trugen sie
Myrtengirlanden, umwunden mit Rosenkränzen. Da erkannte Orpheus, daß
diese drei Nymphen der Urania geweiht waren. Er brauchte keine Scheu
vor ihnen zu haben, sie waren keine Keren, keine Todesgeister, sie waren
liebliche Nymphen, wahrscheinlich melische, die am Anfang der
Schöpfung vom Himmel im schäumenden Meere gezeugt worden waren.
Orpheus trat leise zu ihnen. Seine Lyra begann zu klingen.
„Ich bin Charissa“, sagte die eine mit einer leisen dünnen Stimme. Sie
hatte schwarze Locken, die sich ihr im Nacken hübsch kräuselten. Ihre
Augen waren braun und lagen in tiefen traumhaften Grotten, wie
versunken in die Träume Endymions, wenn der Schäfer und Schläfer im
Traume Luna liebkoste. „Wenn du willst, lieber Orpheus, du heiliger Poet,
will ich dich die Geheimnisse der Weisheit lehren. Ich kenne alte heilige
Überlieferungen, deren geheimer Sinn mir ebenfalls nicht unbekannt ist.“
Charissa war schlank, wie eine Linie, ihr Antlitz war charaktervoll, es hatte
nicht die gleichmäßige Hoheit und das jungfräuliche Ebenmaß der
Nymphe an ihrer Seite, die zu Orpheus sprach mit einem Lachen: „Ich bin
Doris, ich will dir ein Geschenk des Himmels sein, und mit mir als
Geschenk wirst du zu einem Fürsten werden, zu einem Herrscher über dich
selbst und zu einem König von Thrakien, der mit der Lyra im Arme die
Barbaren wird bezwingen und kultivieren in einem utopischen Staat.“
Doris hatte rote Locken, die ihr lang hinunter in den Rücken fielen. Ihr
Kleid war besonders bunt bestickt, fast wie der Schweif eines Pfauen. Ihre
Augen blickten stolz und ein wenig kühl. Ihr Lachen war ebenso stolz wie
ihre Augen.
Beide Nymphen wurden überblendet von dem himmlischen Schimmer der
dritten Nymphe. Die hatte feines goldenblondes Haar, ein milchweißes
schmales und weiches Gesicht und Augen wie blaue Morgenhimmel. Ihre
Lippen waren wie junge Rosenblätter, auf denen der Tau der Morgenröte
erwacht. Ein scheuer Hauch von Röte huschte zärtlich über ihre weißen
Wangen. Aus ihren Augen flogen zärtliche Blicke, nicht wie die Blitze
Joves, sondern wie die diamantenen Strahlen des Sternes der Venus. Ihr
Gewand war rein und weiß, aber von ihren goldenen Haaren fiel ein
rosenroter Schleier. Sie war, als wenn eine Rose eine Metamorphose
erfahren hätte und wäre zu einer Nymphe geworden. Sie war, als hätte sich
Urania selbst nicht entscheiden können, ob sie in Gestalt einer Nymphe
oder in Gestalt einer Rose hatte dem Orpheus erscheinen wollen.
„Ich bin Eurydice, Orpheus, und ich habe dir nichts zu geben als meine
Liebe“, sagte sie schlicht, mehr hauchend, mehr lispelnd, mehr seufzend,
als sprechend wie ein realer Mensch. Sie war wie der Hauch Zephyrs und
Auras, wenn er im Lenz durch Myrtenhaine flüstert. Von ihr ging ein süßer
Duft aus, süß wie die Bienenfreundin, die goldengrüne Melisse. Orpheus
trat auf sie zu.
„Eurydice“, sagte er leise und ein wenig bang, „dein Name wurde mir von
den Parzen in meine Windel gestickt, du sollst mein Schicksal sein“. Da
hielt er ihr seine Hand hin, und sie legte ihre weiße Hand in seine
gebräunte, ihre Hand sank leicht wie eine Schneeflocke und leicht wie ein
wollener Blumensamen in seine männliche Hand. Er hielt die Hand wie
einen Traum von Glück, wie einen Traum von Liebe. Und sie blickte ihn
an mit den klugen Augen einer reinen Taube. Zusammen wandelten sie fort
von den beiden anderen Nymphen, dem Teich und den Schwänen, der
Lichtung und dem Wald, dem Morgenlicht entgegen.
Sie kamen am Fuße des Rhodopegebirges in die herrlichsten Gefilde.
Orpheus schien die Erde verwandelt in einen elysischen Garten, die Liebe
hatte mit ihrem Zauberstab die alte Gäa verjüngt und verschönt, und wie
Selige, Innigliebende wandelten Orpheus und Eurydice durch die weichen
goldenblühenden Gräser. Die schöne Sonne lachte vom lichtblauen
Himmel heiter in die schönsten Limonengärten hinein, an dessen Saum
sich weite Beete von duftenden Violen erstreckten, dahinter aber auf der
Wiese weidete eine Herde junger Schimmel, die alle den Frieden der Erde
zu verkörpern schienen, in die himmlischen Lüfte schnupperten und
zärtlich schnaubten. Sie neigten ihre Köpfe und lauschten der Stimme
Eurydices, die wie der Gesang einer Seligen zart war.
„Mein lieber Orpheus, du Sänger des heiligen Himmels, du kennst die
schöne Ode der seligen Sappho, die diese auf den schimmernden Thron
der Liebe dichtete? Spielst du mir diese Melodie, diese süße innige
Melodie von der Insel Lesbos auf deiner Lyra? Ich will dir ein Lied dazu
singen, daß ich von einem alter Pilger gelernt habe, der in den Wäldern
Indiens einst gehaust, aber in seine griechische Heimat zurückgekehrt war,
als er das Ende seines Lebens nahen fühlte. Es ist ein wunderschönes
Liebeslied.“ Und Eurydice sang, während Orpheus leise, leise, um ihre
Stimme zu hören, die Lyra strich:

„Jene Gottheit, welche die Welt erhalten


Und gewogen sanft in den Vaterarmen,
Sanft in Mutterarmen, in Meereswogen,
Magisch verschleiert,

Jene Gottheit liebte die Menschen alle,


Die so töricht irrten, asketisch darbend,
In den dunklen Wäldern und Schlangenhöhlen,
Darum beschloß sie,

Zu den Menschen niederzukommen, leisen


Schrittes unter Menschen zu wandeln, darum
Ließ sie ihre Hallen, die dreiunddreißig
Himmlischen Hallen,

Trat mit leichtem Fuß auf den schneebedeckten


Gipfel des Himalaya, fror ein wenig
Auf der kalten Erde, und eilte nieder
In die besonnten

Haine, da die Hirtinnen bei den Brunnen


Traurig tränkten traurige Tiere, weinend,
Daß sie so gefangen im Zauberschleier
Ewigen Truges.

Als ein Hirte nahte die Gottheit aber,


Wählte aus den Hirtinnen Eine Hirtin
Sich zur süßen Lieblingin seiner Seele,
Küsste sie sanfte,

Sanft sie überschattend mit seinen Augen,


Nannte seine Nachtigall sie und seine
Mango, seinen Sandelbaum ohne Schlangen,
Seine Gazelle.

Sie ward sehr betört von den süßen schönen


Heiligen Empfindungen seiner Liebe,
Und zur Hirtenflöte, der schlichten, sang sie
Lobpreis der Liebe.

Da erkannte sie in dem schönen Hirten


Jene Gottheit, alles erhaltend, schaffend,
Aus der Liebe schaffend, vernichtend, aber
Neu wieder schaffend.

So pries sie im Jüngling, dem schönen Hirten,


Der die Schlange täuschender Lust bezwungen,
Liebe, unsichtbare, die unsichtbare
Sichtbar geworden!“

Wie schlich sich ihr Gesang in das Ohr des Poeten, wie tröpfelte der
Gesang den süßen Nektar der Götter in die Seele, wie kam auf den Flügeln
ihres Gesanges ihre Seele in die seine!
Ihre Seele war schön, ihre Seele durchwaltete ganz die Erscheinung, eine
reine unschuldige Erscheinung. Dieser tiefe kluge, ja weise Blick aus ihren
himmelblauen Augen leuchtete den Frieden ihrer Seele durch die Pforten
seiner Seele tief in sein Herz hinein. Nicht Begierde erzeugte die Klarheit
ihrer Augen, sondern den Frieden des Himmels, eine ruhige Begeisterung
zum Licht des Äthers. Diese Augen waren sanft wie blaue Maienabende,
tief wie Teiche, in denen sich die Sterne spiegeln, diese Augen waren
lebendige Funken eines olympischen Feuers, in ihnen leuchtete das ewige
Licht des Lebens. Ihre Leidenschaft war eine göttliche, heilige
Leidenschaft für die höchste Liebe!
Ihre Lippen waren von der Seele gestaltet. Das sanfteste, mildeste Lächeln
lag in ihren Mundwinkeln, wie Amor in einer Rosenblüte. Dieses Lächeln
war niemals ein Lächeln des Spottes, niemals ein Lächeln von Ironie oder
Sarkasmus, war auch kein betörendes verführerisches Lächeln einer
Phryne, sondern es war das Lächeln der Güte einer himmlischen Jungfrau.
In ihre lächelnden Lippen kleidete sich die Güte und Sanftheit ihrer Seele.
Wenn sie sich freute, wurde sie nicht fröhlich wie die Toren, sondern
zeigte eine tiefe Freude in ihren Augen und auf ihrem ganzen Antlitz,
welches glänzte von der inneren Freude der Seele. Wenn sie sich freute,
dann war sie niemals fröhlich über Nichtigkeiten, vergängliche Dinge,
sondern sie freute sich an der unsterblichen Seele, am Licht des Himmels,
an der heiligen Liebe, die ihr ewiges Licht nie wird erlöschen lassen selbst
in den Kammern des bräutlichen Todes. Selbst wenn sie vom Tode sprach,
der doch allen Menschen ein Schrecken und ein Unheil ist, lag ein
himmlischer Friede auf ihrem glänzenden Angesicht.
Sie glaubte an ein Gericht über die Lebenden und die Toten, und ihre
Liebe, ihre heilige Liebe zu allem Himmlischen beruhigte sie über den
Totenrichter, sie war voller Hoffnung, daß sie aus den Kammern des Hades
würde aufsteigen dürfen zu den Inseln der Glückseligen. Woher sie diese
Hoffnung hatte, konnte sie nicht in Sprache, nicht in menschlichen Worten
ausdrücken. Aber ein tiefes Geheimnis, eine heilige Liebe des Himmels
drückte ihre Seele aus, wenn sie sang, dann erreichten ihre Töne, die Töne
ihres ganzen Wesens, Orpheus’ Mittelpunkt und machten ihn
unerschütterlich gewiß, daß sie unsterblich war und ewige Freuden
genießend.
Sie schien ihm überhaupt mehr eine Selige von den Inseln der
Glückseligkeit zu sein, überschattet von dem bräutlichen Tode, als eine
gewöhnliche sterbliche Frau. Nichts war gewöhnlich an ihr, alles war von
den Geheimnissen des Jenseits verschleiert, ein unergründliches
Geheimnis ruhte in ihrer Seele. Sie war aus einem Mysterium geboren, sie
war wie eine vom Himmel Gezeugte.
Kaum war sie sich ihrer fleischlichen Schönheit bewußt, kaum erreichte
sein Lob ihrer Wangen, ihrer Haare jemals ihr Ohr, ihre Seele. Wenn er
allerdings von dem Widerhall sprach, den ihr ganzes Wesen in seinem
Herzen auslöste, wenn er sie sein Echo nannte, die unsichtbare Nymphe,
die den ganzen Sinn seiner Seele, wenn er ihn auszusprechen versuchte,
ihm mit deutlicheren Worten wiedergab, dann lächelte sie mit einer stillen,
tiefgeheimen Freude.
Sie war ein Engel aus den Regionen der Schönheit, eine Botin der
himmlischen Jungfrau, ein reines unbescholtenes Ebenbild der heiligen
Liebe. Und das reine Feuer ihres Wesens, diese stille Glut der Reinheit,
erzeugte in der Seele des Poeten ein himmlisches Verlangen nach ewiger
Liebe, die durch die Kammern des bräutlichen Todes hindurch ihre
Unsterblichkeit feierte, wie Helena und Menelaos in Elysium.
Der reine Wohlklang ihres Wesens drückte sich am vollkommensten in der
Musik, im Gesang ihrer Stimme aus. Orpheus, der Wortreiche, fand keine
Worte für die vollendete Schönheit ihrer Stimme. Sie lehrte ihn das Wesen
der Musik, die Geheimnisse der Lieder, das Lob der heiligen Liebe zuerst
verstehen und singen. Ihre Liebe war seine Initiation. Sie war seine
Mysterienmeisterin, durch die er zum wahren Poeten gekürt ward. Sie war
sein Lorbeerbaum, sie war sein guter Genius, sie war seine Muse. Ein
einziger Kuß von ihr, und er begann die folgende, erste wahre Ode seines
Lebens zu singen:

„O wahre Güte! heilige Liebe! und


O Herrlichkeit der ewigen Schönheit! Du
Bist meines Lebens innres Leben,
Du der Unsterblichkeit süßes Siegel!

Ich will dich singen, heilige Liebe, dich,


Du pflanztest in mein Herz die Unsterblichkeit
Und Hoffnung auf die tiefen Freuden
Einst der elysischen Inselgärten!

Du stimmtest meine Lyra zum Lobgesang,


Ja, gabst mir meine Stimme zum Preisen erst,
Du bist die Weisheit meines Liedes,
Dein ist die Schönheit der Lobgesänge.

Dein Kuß ist mehr als lieblicher Lippen Kuß,


Dein Kuß ist die Berührung des Herzens mir
Mit wonnesamen Seligkeiten,
Ist das Verzücken zu Himmelswonnen!

Ich werde dich im bräutlichen Totenreich


Verherrlichen mit himmlischem Schmuck und dich
Einst in Elysium lobpreisen,
Wenn du mit Helena preist die Liebe,

Die Liebe, die dein Wesen, die heilige,


Die deines Herzens Herz und dein Innerstes,
Der alle Götter untertan sind,
Die soll als Gott meine Huld empfangen!“

Als er so gesungen, trat Eurydice zu einem Lorbeer und pflückte sich


Zweige, aus denen sie eine schöne Krone für ihn flocht, drückte ihm den
Lorbeerkranz in die Locken und sagte: „Liebe soll unser Leben atmen,
Liebe sei unsre Seligkeit!“ und küsste ihn.

DIE NATUR

In Eurydice pries Orpheus die Summe der Natur, in Eurydice liebte


Orpheus die Natur. Alle Natur war ihm eine herrliche Metapher auf die
Herrlichkeit Eurydices, und Eurydice war ihm selbst ein unendliches,
unerschöpfliches Gleichnis für die heilige Liebe! Mit dieser Liebe, die wie
ein Hauch in ihn gekommen war, wie ein Hauch und wie eine
Feuerflamme, liebte er durch die Mittlerschaft Eurydices die Natur, und so
wie die heilige Liebe durch Eurydice Gewalt über Orpheus hatte, so hatte
Orpheus Gewalt über die Natur. Denn die Natur war ihm eine herrliche
Schöpfung, geschaffen auf die Krone der Schöpfung hin, das war der
Mensch, und der herrlichste Mensch war ihm der geliebte und liebende
Mensch: Eurydice, und die Krone des Menschen, die Würde der Menschin
war ihm die heilige Liebe! Und unter dieser Krone, und durch diese
Würde, die heilige Liebe, sollte der liebende Mensch die Erde sich
untertan machen, aber nicht sich, sondern für das geliebte Wesen, für die
heilige Liebe in Person, für Eurydice!
Darum ging Orpheus mit seiner Lyra, die ihm seine Muse so wundersam
gestimmt hatte, in die thrakischen Wälder. Daselbst rief er aus den tiefen
braungrünen Dickichten zuallererst die wildesten Tiere. Er rief die Wildsau
und die Bärin, denn in beiden sollte verherrlicht werden das Mütterlichsein
der heiligen Liebe und der männliche Kampfgeist der Mütter, welche sich
aufzuopfern für ihre Jungen gern bereit sind. Kriegerisch sahen ihn denn
auch die beiden wilden Mütter aus dem Dunkel des Dickicht an, die eine
mit ihrem Gebrüll, die andre mit ihrem Gegrunz, beide ächzten sie nach
Sicherheit vor der Gewalt, nach Schutz für ihre Anvertrauten, nach Leben
ohne Krieg der Kreaturen. Orpheus stimmte seine Lyra auf wilde Seufzer,
auf maßloses Stöhnen, mit dem er die Seelen der Bärin und der Wildsau
berührte, denn sie spürten instinktiv, daß ihre Seele in diesem Gestöhne
war, daß ihr Trieb und Instinkt eine Melodie gefunden hatte, daß hier ein
Mächtigerer gekommen war, der ihre Sehnsucht zum Ausdruck brachte,
ihrer blinden Sehnsucht die Augen öffnen wollte. Und sie unterwarfen sich
dieser denkenden Kreatur, als sei sie eine Offenbarung, als sei Orpheus ihr
Erlöser. Und so wie er einherging in der Kraft der heiligen Liebe, so
wurden sie durch ihn mithineingezogen in das, was sie bisher nicht anders
kannten als denn als blinden Trieb, blinden Begattungs- und Muttertrieb.
Sie anerkannten den Poeten als Mutter, der wie eine Mutter brüllen und
grunzen konnte und besser als diese selbst, denn in seiner von der heiligen
Liebe erleuchteten Stimme lag die Sehnsucht aller Mutterschaft
beschlossen: Sehnsucht, von einem Mächtigern geliebt und behütet zu
sein, von einem starken Schützer, der den Rahmen schuf und die Kraft
gab, das Schwache lieben zu können, Sehnsucht nach einem Liebenden,
dessen Liebe zu einer Liebenden machte, zu einer den Starken und zutiefst
auch alles Schwache Liebenden und auch im Starken noch das Schwache
zu lieben... so sahen sie den Sänger und Lyrenzupfer fast mütterlich an und
wollten ihn stärken mit ihrer wilden Mutterkraft. Und Orpheus, geleitet
von dem inspirierenden Genius seiner Muse, der heiligen Liebe selbst,
führte Wildsau und Bärin in den paradiesischen Limonenhain mit dem
Violenbeet, daselbst denn sollten sie als zahme Tiere, als befreite
Kreaturen ein Abglanz und ein Gleichnis sein für die unbesiegbare
Mütterlichkeit Eurydices. O Eurydice, wie sah Orpheus in dir die Mutter
seiner Kinder!
Und weiter wanderte Orpheus, auf die unendlichen Weiden in den Bergen,
dort den wilden Mustangs zu singen, den Heroen des Landes! Durch die
stürmischen Winde eilte Orpheus, die Winde schlugen mit
sanftmütigwilden Händen die Saiten seiner Leier, daß sie wie ein
Schlachtengesang über die Ebenen klang, aber wie ein anderer
Schlachtengesang, wo die Liebe das Banner war, das Wort das Schwert,
der Genius Schlachtenlenker, da man im Namen der himmlischen Muse zu
Felde zog, das Land von den Hassern zu befreien, angetan mit den Flanken
der Sanftmut, mit den blitzenden Blicken der Milde, um alle Kreaturen in
das Dorf der Liebe zu ziehen, um Thrakien und seine Wiesen zu befreien,
um das Licht einer heiligen Leidenschaft anzuzünden über dem Grab des
Hasses!
Da kam der Sänger zu den Mustang, und sanfter ward sein Sinn, denn in
ihren braunen Augen sah er groß und sanft die wirkliche Sanftmut wohnen.
Das war keine weltflüchtige, verzagte Sanftmut, nicht die Sanftheit eines
bangen Träumers und Phantasten, das war Sanftmut in Kraft, Weichheit in
Stärke, Herz in Muskeln und Nerven, Liebe in der Tat! Und so sah der
Sänger, was er den Mustang zu bringen hatte, das Wesen ihres Wesens, daß
sie mit dem Goldenen Zeitalter hatten verloren. Seit der elysischen Zeit der
ersten Tage der Erde hatten die Mustang ihre Vollkommenheit verloren.
Oft waren sie geknechtet worden von den Menschen. Oft waren sie
geschlagen worden, oft geschlachtet, oft im Kriege des Barbarismus
aufgeopfert dem blutigen Mars. Aber in dieser Stunde der Sanftmut
brachte der Dichter den Mustang die Botschaft ihrer erhabenen Freiheit
wieder, er sang den schönen Rossen vom hesperischen Frieden!
O ihr Rosse, wie schnaubtet ihr harmonisch und mächtig zu dem Stöhnen
und wilden Sturm der orphischen Leier, die euer innerstes Inneres aussagte
und zutage brachte wie das Gold aus dem Erzschacht! Da bebten eure
Flanken, als er von der kommenden Herrlichkeit eurer Leiber sprach, und
da wurdet ihr gesund und hattet schon ein herrlicheres Glänzen in euren
dunklen Fellen. Da wurde, als seine Leier sanfter wurde, immer sanfter,
auch groß euer Auge, da schaute es so kindlich-naiv und voller Friede der
Kindheit in die Welt hinaus, die sich dehnte bis zu den fruchtbaren Wiesen
Hesperiens! Da zu spielen, in den Gefilden der Hoffnung, da zu weiden
und zu grasen inmitten der goldenen Gräser des Landes der Hoffnung! Da
zu stürmen in den Stürmen des Friedens! Da zu ruhen, Haupt an Flanke,
und die heilige Liebe zwischen Rossen, und zwischen Rossen und
Menschen, in den Mustangherzen stolz und mächtig zu empfinden!
Diese Rossempfindung wurde Gesang in Orpheus’ Leier, dieses
Schnauben ward Wort und Geist im Lied der Leier, im Sang des Sängers.
Sein Wort kam über die Mustangs wie eine Erlösung! Voller Vertrauen
trabten sie ihrem Meister zu und schmiegten ihre Mustanghäupter an seine
Wange, schnaubten zärtlich mit erster unbeholfener Sprache, in der
Hoffnung, seine Saite, sein Genius würde ihr Schnauben schöner
übersetzen in das sanftmütig-kräftige Seufzen der Liebe! Da schüttelten sie
ihre Mähnen, alles Alte und Tote und Knechtische und Viehische
abzuschütteln, stampften mit den Fesseln und Hufen auf, sich ihrer neuen
Freiheit bewußt zu werden und ihren neuen Stolz zu leben und zu fühlen!
Und ihr Stolz war der Stolz einer sanften Demut, denn sie ordneten sich
dem Dichter unter, der ihr Meister geworden war durch seinen Geist und
sein Wort. Und sie folgten ihm zum paradiesischen Limonenhain mit dem
Violenbeet, daselbst inmitten goldener Gräser zu weiden, und inmitten
ihres Schnaubens lebte der Sang des Meisters fort. Und sie lebten daselbst
zum Preise der Sanftmut und der Kraft und der erlösenden heiligen Liebe.
Und sie weideten an Eurydices Seite, und hielten sie für ihre schönste
Stute, und sie hielt sie wie sanfte kluge Kinder, welche sie auf ihren
Rücken spielen ließen und trugen sie, wie die Winde die Genien tragen,
durch die Auen des melodischen Landes.
Eurydice spielte mit der braunen Bärin, und eine braunaugichte Stute
lächelte dazu. Da schaute die Muse den Dichter mit einem klaren, sanften,
offenherzigen Auge an und sagte leise: „Wir lieben den Gesang, du Geist
der Lyra, wir wollen in unsere Heimat auch die Sperlinge Aphrodites holen
und ihre Turteltauben, daß sie uns mit einem himmlischen Konzert die
heilige Liebe loben!“
Daraufhin machte sich Orpheus auf, die Leier umgehängt, und wanderte in
die Buchenwälder am Fuße des Rhodopegebirges. Hain- und Rot- und
Blutbuchen standen da in schönem Wechsel. Durch das Laub ließ schräg
die goldne Sonne ihre weißen Strahlen sinken. Da Orpheus in den Wald
eintrat, war ihm, als wär er in einen Tempel der Natur eingetreten, da
geflügelte Genien zu dem Orgelton des Himmels, dem rauschenden
Winde, ihren Lobpreis sängen dem Geist der Schöpfung.
Und da setzte sich Orpheus unter eine mächtige, hundertjährige Blutbuche
und lauschte. Von Ast zu Ast im Sonnenscheine hüpfte über ihm ein
kleiner Sperling. Piep, Piep, Piep, zwitscherte sanft das Vöglein. Es war so
ein schluchzender, schmachtender Seufzer nach dem großen „Ich hab dich
lieb“ des Genius der Schöpfung, daß es Orpheus das Herz erweichte wie
Wachs. Und er gewann das Vöglein lieb. Solche Anmut, solche Zartheit
und Zierlichkeit hatte er kaum wo gesehen, es gab so wunderbar das
Bildnis wieder seiner Grazie, seiner uranischen Nymphe, die ebenfalls wie
ein süßer Zephir war, sanft und lieblich wie die himmlische Aura, wenn sie
in den maienen Hainen hinhaucht ihres Lebens Atem. Nun werde Gesang,
du Vöglein, und begabt mit Sprache der Weisheit! Laß dich lehren Gesang,
der ein Preislied ist des Genius der Schöpfung, laß dich lehren die große
Dithyrambe der heiligen Liebe!
Und das Vöglein sang erneut sein zaghaftes, scheues, banges Piep, Piep,
Piep; und Orpheus strich mit Händen sanft wie ein Lenzhauch die Saiten
der Lyra und sang: Lieb, Lieb, Lieb! und das Vöglein antwortete hübsch
und zierlich: Piliep, Piliep, Piliep! Und Orpheus flötete ein wenig artistisch
wie zum müßigen Spiele, allein um der Schönheit willen, denn er war ein
geweihter Minister aus der Theokratie des Schönen, dann kam er zu seiner
liebenden Pädagogik zurück, und sang dem Sperling leise vor: Gib Lieb,
gib Lieb, gib Lieb! Und das Vöglein gab als Chorus wieder die artifizielle
Schnörkelmelodie, die Orpheus ihm vorgeflötet hatte. Und Orpheus sang:
Lieb blieb, Lieb blieb, Lieb blieb! Und der Sperling gab einen
allerhöchsten Triller aus seiner goldenen Kehle und flog verzückt und
jauchzend in unaussagbaren Wohllauten in den offenen Äther. Oben, über
der Blutbuche, flog er in Wellenkreisen, immer jauchzend und jubelnd:
Piep Lieb, Piep Lieb, Piep Lieb! Lieblieb, gibgib, bliebblieb! und so ganz
sinnlos schön in zärtlichsten Wendungen, ganz wie die Muse des
Aristophanes. Oben in der Blutbuche ließ der Sperling sich nieder und
schaute aus seinem goldigen Vogelaug Orpheus direkt in die Seele, als
suche der Sperling Aphrodites in dem verehrten Meister seine eigene Seele
zu finden, zu erkennen, daß sie Gestalt annehme, geheiligt vom Lied der
heiligen Liebe. Und Orpheus flötete: Liebling, Liebling, Liebling!
Und Orpheus erhob sich, denn er sehnte sich von ganzem Herzen nach der
Turteltaube Aphrodites. Diese fand er auch in einer jungen Hainbuche
sitzend. Das weiße Gefieder lag wie eine verzärtelte Schneeflocke auf den
weichen Ästen. Da schaute sie aus ihrem weichherzigen Auge zu dem
Kommenden, der ihr mit leisem Gesang entgegenging, ganz im rollenden
Tone Thrakiens gesungen. Sie fühlte sich keineswegs in ihrer holden Ruhe
gestört, und mit brütendem Tone übte sie ihre Koselaute weiter, als übe sie
für einen aphrodisischen Mai.
Girr, girr, girr, girrte die Turteltaube; aber Orpheus lehrte sie anders, und
sang: Girr, ganz irr, girr, ganz irr, und gurre, gurre, urru, urru, und ruhu,
ruhu, und so weiter, bis er angekommen war im aristophanischen
Wortspiel bei einem Ur, Ur, Ruh, Ruh, Ur-Ruh, Ur-Ruh! Und so in den
Frieden der Ur-Ruhe, in die Ruhe des Goldenen Zeitalters, in die ewig-
hesperische Geborgenheit geleitet, wie in ein Nest im Baume des Atlas,
hüpfte die Turteltaube der Cypris von Ast zu Zweig hernieder und setzte
sich auf des Dichters rechte Schulter. Dieser ging heraus aus dem Walde.
Da kam ihm der Sperling der Cypris nachgeflogen und setzte sich auf
seine linke Schulter. Und so ging es - Lieb blieb - Ur-Ruh - in einem fort,
bis sie ankamen in dem Limonenhaine mit dem Violenbeet, wo sich die
beiden Vögel in dem kleinen Bächlein zu Füßen Eurydices badeten. Sie
aber liebkoste sie zärtlich, als sei sie selbst ein Vöglein Uranias. Und alle
Lieblichkeit, alle Zartheit und Zärtlichkeit, alles Hübschsein und Feinsein,
alle Grazie und Anmut war in dem Spiel der Vögel mit der Nymphe
versammelt. Da war verwirklicht die Theokratie der Schönheit, in welcher
Eurydice die vom Genius der heiligen Liebe überschattete Nymphe war
und Königin der Lieblichkeit.
Siehe, wie schön war der Limonenhain, aber die heilige Liebe wollte eine
reichere Zedernwohnung bauen! „Orpheus“, sprach die Geliebte, „wie lieb
ich die Bäume, wie will ich ihnen Seelen andichten! Möge dein Gesang
den Bäumen Seelen geben, daß sie leben und lieben wie wir! Locke sie,
Lockender, locke sie mit deiner Lyra Lied! Bau uns ein neues Goldenes
Zeitalter, ein herrliches Arkadien hier am Fuße des Rhodopegebirges in
Thrakien! Deine Liebe, unsere Liebe vermag es! Die Liebe ist allmächtig,
weil sie wahr ist!“
Und Orpheus zog, mit seiner Lyra, hinaus in die Auen und Wälder. Er rief
die Zypressen: „Zypressen! Hohe Bäume des Grabes und der Todesnacht!
Ich sing euch Auferstehung ins unsterbliche Leben! Flammt wie schwarze
Flammen, flammt wie blaue Flammen, flammt wie grüne, lebensgrüne,
immergrüne Flammen in den Himmel Thrakiens! Wendet eure Traurigkeit
in eine stille Wehmut und die sanfte Wehmut in die tiefempfundene
Schönheit! Seid ein Zeichen, daß alles Sterbliche schön sein will, seid ein
Zeichen und Symbol, ein heiliges Symbol, daß alle Schönheit
Unsterblichkeit will! Seid den Toten ein Baum des Lebens, daß sie von
eurer Schönheit ablesen den Gedanken der Unsterblichkeit der Seele und
der Ewigkeit der heiligen Liebe!
Ihr auch, Zedern, ihr Mächtigen vom Rhodopegebirge, kommt herab und
folget den Zypressen! Es ist eine Königin über alle mächtigen Königinnen,
eine Krone über alle blauen Zedern, ein Himmel über alle immergrünen
Bäume, und das ist die Liebe, die ich besitze und deren Gleichnis Eurydice
ist! Beugt euch ihr, und eure machtvollen Häupter mit den immergrünen
Kronen neigt vor ihr, und legt zu ihren Füßen eure blauen Nadeln! Sie wird
euch anlächeln mit dem Lächeln der Anmut, da wird euch keine Nadel,
kein Zweig verloren gehen, denn aus der Gnade der Liebe, welche die
Schöpfung schuf, lebt auch ihr, und der heiligen Liebe und der Geliebten
Lächeln ist Gnade und eure Unverweslichkeit!
Pinien alle, ihr Pinien von den rauschenden Wildbächen, kommt herbei auf
den Sang der Leier Orpheus’! Kommt herbei wie ein einziger Thyrsos!
Bringt eure Stäbe und goldenen Pinienzapfen der Liebe zum Opfer! Laßt
durch eure Wipfel den griechischen Wind mit Wollust rauschen und
wandert nach Arkadien, umgürtet vom Archipelagus, umrauscht vom
Mittelmeere! Ihr des Mittelmeeres sinnlichste Bäume, und dennoch
immergrün, ihr ewig unsterbliche Sinnlichkeit, schaut mit goldenen Sinnen
wie mit verherrlichten Pinienzapfen in die rauschenden Augen der heiligen
Liebe! Opfert euch! Bäumt euch auf! Seid ewig in ewigjugendlicher
Wollust eines neuen Arkadiens unter der südlichsüßen Sonne des
Himmels!
Efeu, laß dein Haupthängen, laß dein begieriges Ranken! Folge dem Sang
der Leier Orpheus’! Komm und folge seinem stöhnenden Getöne, denn er
wird dich leiten zur erhabenen schönen Ulme, an welcher du aufwachsen
kannst, daß deine silbernen Blätter die Füße Lunas berühren! Wachse auf,
o Efeu, berauscht von den Erweckungen der heiligen Liebe, und bilde eine
Leiter zum Monde! Bilde die wundervolle Verkettung von Himmel und
Erde, und laß in deinen silbergrünen Ranken das immerschöne Leben froh
und sinnig spielen wie Kinder!
Ihr, zuletzt und vor allem, ihr Reben, kommt mit euren holdgeneigten
Zweigen, die wie Frauenarme sind, und mit euren violetten Trauben, die
wie Sterne der Mitternacht oder Augen von Nymphen sind, kommt mit
eurem Laube, welches Kränze in den immerjungen Locken der Genien
sind, kommt und nahet herbei mit eurem berauschenden Freudenblute in
den grünen Venen! Spritzt die Freude in den Tag wie Schaumwein! Laßt
jubeln das Blut in allen Adern des Lebens! Entzückt euch hinauf am
heiligen Weinstock, dessen Gehemnis die schöpferische Liebe ist und
deren Schaft!“
O ein Garten der Liebe umgab Eurydice, und auch die Schlange hatte
Orpheus gezähmt, und sie nicht wie Apollon den Python, gemordet,
sondern bezaubert mit seinen Saiten, daß sie in einer Metamorphose zu
einer Brücke geworden ist über den Bach, und an ihrem Saume blühten
schillernde Schmetterlinge.
O ein Garten der Liebe umgab Eurydice, und in die Mitte des Gartens hatte
der Sänger mit der herrlichgestimmten Lyra einen prachtvollen
Granatapfelbaum gelockt, denn die Granate war das Symbol für den
unerschöpflichen Reichtum der Liebe! Tausend mal Zehntausend, ja
Myriaden goldene Kinder hatte die heilige Liebe, wie Sterne, und die
ganze Natur blühte ihr entgegen in der Farbe des Blutes, und alles war
beschlossen in dem imperialen Granatapfel, den wie eine Glocke aus dem
Tempel der Schöpfung das geliebte Wesen in der Rechten hielt: o Königin,
o liebes Wesen! Alle Kreatur, alle Natur, alle Schöpfung ist aufgebrochen,
dir zu huldigen, denn in Eurydice sehen sie das Ebenbild der unsterblichen
Liebe, welche Orpheus verzaubert hat, daß er zu einem Zauberer ward,
auserwählt von der Königin der Liebe!

ARISTÄUS

Am Hange eines grünen, fruchtbaren Hügels weidete eine Ziegenherde,


stoßende Böcke darunter, gescheckte Zicken und hüpfende Zicklein. Ihr
Hirte war Aristäus, ein hoher hagerer Mann mit langen schwarzen Haaren
und schwarzem Bart, brennenden braunen Augen. In seiner knöchernen
Hand hielt er einen knorrigen Stecken, mit welchem er die übermütigen
Zicklein oft wieder auf den Weideplatz trieb. Er liebte seine Zicken. Er war
ein wortkarger, aber gedankenreicher Mann. Nicht daß er hätte
philosophiert, aber sein Leben lebte er in seiner Phantasie. Oft dachte er an
den Tod, und ihn schauerte. Er fürchtete den Andrang der Schattennacht
und die tödliche Leere des Hades. Aus solchen Gedanken riß er sich
gewaltsam mit einer gewaltigen Lebensgier. O dies Leben müßte noch
ausbeutbar sein, diesen armen, dahinschleichenden Tagen müßte noch ein
Glück entrissen werden können. Aber welches Glück und woher?
Es war die tolle Zeit, da die Natur die Stunde der Fruchtbarkeit geläutet,
und die Böcke hatten ihre Kämpfe ausgetragen. Da war ein besonders
Starkstoßender siegreich hervorgegangen aus dem Kampf mit einem
Schmalergebauten. Dieser gewaltige Bock, meckernd, sprang auf eine
Zicke und begattete sie unter lauten Brunstschreien. Aristäus ward bis ins
Mark seiner Knochen erschüttert. Welcher Triumph der Lebensgewalt!
Wie schrie die Kraft des Lebens! Wie setzte sich das Gesetz der
Fruchtbarkeit in dieser tollen Zeit mit Allgewalt durch! Da war Leben, da
war Überwindung des Todes! Hier herrschte kein leerer, blutloser Schatten
in ewig seufzenden Dämmernebeln, sondern hier blühte Kraft und Lust des
Lebens!
Auf, Aristäus! sagte sich der Ziegenhirte, erbeute dir ein gleiches Glück!
Laß alle deine Kräfte des Lebens sich sammeln und im höchsten Kraftakt
der fruchtbarn Natur dich fortzeugen in das ewige Leben, das fortdauert im
immer irdischen Dasein, von Jahr zu Jahr, von Leben zu Leben, siegreich
fortgepflanzt, weil die Geschlechter, wie der Marathonläufer die
olympische Fackel, die Wollust und die Zeugungslust und die
Fruchtbarkeit der Natur überlieferten! Dazu Freudengeschrei, hymnisches
Jauchzen von jungen schönen Menschen! Lauter Jubel nackter Menschen,
gekränzt mit den Myrtenzweigen der Göttin der Wollust! Preis der Göttin
Pandemos, der Göttin der Wollust! Preis dem Gotte Pan, dem
Ziegenfüßigen, daß er den toten Mann in solche Schule der Lebensgier
genommen!
O es müßt ein Weib her, es müßte das schöne Leben des schönen
Geschlechts sich ihm ergeben, daß er leben kann und sich fortzeugen in
das Leben der Zukunft. Aber woher käm ihm ein Weib, denn welche
besuchte schon einen stinkenden Hirten von scharfriechenden
Ziegenböcken? Da war nur die Töpferin, die im kleinen Dörflein unten am
Fuße des Hügelhanges mit einem kleinen Bastard lebte. Die war schön, die
war ein Weib von blühender Gesundheit, eine wahre Jüngerin der
Pandemos! Sie schien ihm geeignet und ihre Schönheit geschaffen, einen
Erfolg zu verheißen, seine Zukunft und sein Überleben zu sichern! Alles
Irdischen Glück und eitle Wonne lag an ihrem Busen beschlossen, an ihren
Lippen!
Gnida hieß die Töpferin, sie wischte sich gerade den roten Ton von den
Händen. Einen bauchigen Krug getöpfert hatte sie, den Aristäus mit
bittersüßer Wollust betrachtete: Rundungen! Und ließ seinen Blick
schweifen auf die Gestalt der Gnida. Ihre Augen waren groß wie Monde,
ihre Pupillen waren blaue Veilchen in einem See von mütterlicher Milch.
Ihr Gesicht war schlank und schön, ihre Lippen aber lang und voll. Da
begehrte Aristäus Küsse.
„Küsse mich! sagte er, direkt wie ein Bock.
„Nein, ich küsse niemals wieder einen Mann, nachdem der Vorige mich
mit einem Bastard zurückgelassen und sich zu den Hadesschatten
gestohlen durch eine Schlinge am Baum!“
„O rede nicht vom Tode, rede nicht vom Hades, du bist das blühende
Leben! Deine Brüste ein Granatapfelpaar, reicher Fruchtbarkeit! Deine
Augen Teiche, in denen nackte Nymphen baden! Deine Lippen Schwellen
rosiger Muscheln aus dem Meere der Pandemos! Komm, küss mich, als
seiest du die Göttin selbst, sei ihre Priesterin und laß mich das Leben
genießen, wie eine Biene wohl trunken wird am olympischen Nektar einer
rotglühenden Rose!“
Er umschlang ihre schlanke Hüfte mit seinem markigen Arm und zog sie
an sich. Widerstrebend ließ sie sich an seine Brust gleiten. Er tastete ihre
Gestalt ab und fand die Weiblichkeit vollkommen. Er hielt sie in dem
Taumel seiner Triebe für die Göttin Pandemos selbst, und sich für den
Ziegenfüßigen Pan, und eine olympische Buhlerei ging vonstatten. Sie ließ
es über sich ergehen, wie ein Brett liegend unter dem arbeitenden Mann.
Kalt wie eine Marmorstatue, kalt und leblos wie ein Götzenbild lag sie da,
er aber merkte es nicht. Er hatte wie ein Bock seiner Herde dem Drang der
Natur Genüge getan und sich ausgeschüttet.
Entleert stand er auf. O Nichtigkeit, wie durchquältest du mit Hadesleere
seine Seele. Das war das Leben? Ach war denn allüberall der Tod mit
seinem verzehrenden Schattenwesen gegenwärtig? Wie war solch ein
blühendes Leben zu einem kalten Winterschatten geworden? Wie hatten
solche blühenden Lippen derart bitter sich verziehen können? Wie hatte
solch ein lockender Schoß so gleichgültig bleiben können? Wie konnte
solch eine leibhaftige Göttin der Wollust mit ihm sein wie ein kaltes
irdenes Götzenbild?
Aber da fing das Götzenbild zu reden an: „Du Hund von einem Mann!
Hast du nun deinen Spaß gehabt, so sorge auch für meinen Unterhalt nun!
Wie willst du, ein bockstinkender Ziegenhirte für meinen Unterhalt und
den meines Bastards sorgen? Werde Kaufmann, besuche die Inseln alle,
handle mit Perlen, bring Silber heim und indische Edelsteine! Nein,
schweig, ich mag deine Stimme nicht mehr hören! Erst schmeichelt ihr
Männer, als wäret ihr Apollon, wenn er um Daphne wirbt, aber dann, wenn
ihr euer Mark habt ausgeschüttet, dann seid ihr die Sklaventreiber des
Weibes und sein Untergang! Willst du dich auch aus deiner Pflicht
fortstehlen in den Hades? Wie willst du überleben? Du hast ja kein Leben
in dir! Eine einzige Langeweile bist du, ein nutzloser Träumer! Geh nur
zurück zu deinen Zicken, mit denen magst du sodomitisch deine Wollust
haben, das passt besser zu dir, du liebst deine scheckigen Zicken mit den
prallen Eutern ja doch mehr als mich, eine arme, verlassene Witwe, eine
Zurückgebliebene, eine durch den Staub schleichende, schlechtbezahlte,
hungernde Töpferin brüchiger Töpfe! Fort mit dir, du Hungerlöhner,
stinkender Bock, und such dir deine Lust woanders! Mich wirst du
niemehr dürfen begatten, du Hurensohn!“
Aristäus wandte sich ab. Er verfluchte Gnida, er verfluchte die Göttin
Pandemos, den Ziegengott Pan, sich selbst und die Jahreszeit. Er wandte
sich zu einem alten Mann namens Phillip und trank mit ihm eine Menge
Weinschläuche mit dem besten Weine von Chios leer. Trunken am Abend
kehrte die Wollust zurück, und da er zuvor geflucht hatte, da segnete er
nun den Leib des Weibes Gnida.
Er irrte noch eine Zeit lang durch die Nacht, deren Sterne begierig am
Busen der Nacht die Milch der Mondin sogen, die Wollust ließ ihn alles
triebhaft erblicken. Dieselbe Wollust, die sich in allem Leben und Weben
der Natur ihm offenbarte, erniedrigte auch seinen verletzten Stolz,
unterwarf mit diesem Stolz den letzten Rest der Selbstachtung und zündete
in seinen Gliedern ein verzehrendes Feuer, und dessen Flammen schrieen
alle nur Gnida! Gnida!
Es war weitvorgeschrittene Nacht, als er zur ihrer Hütte trat. Sie wußte,
daß er kam, ihr Dämon hatte ihr gesagt, er werde wiederkommen. Sie
wußte, er war gepackt von der Gier nach ihrem Fleisch, mit ihren Gliedern
hatte sie seine Seele gekettet. Cupido hatte mit stachligen Rosenfesseln
seine triebhafte Seele gefesselt und schleifte ihn zu den Füßen seiner
Imperatorin, daß sie ihren stolzen Fuß auf seinen Nacken setze.
Er trat in die Hütte. Auf dem Holztisch standen zwei tönerne Weinkelche,
beide halbgefüllt. Der kleine Bastard war noch auf und sah ihn aus
hungrigen Augen schelmisch an. Gnida blickte ihn mit dämonischer Süße,
verführerischem Liebreiz an und umgarnte ihn. Da sagte er, auf die beiden
Becher blickend: „War jemand bei dir?“ Und der Schierlingstrank der
Eifersucht stürzte brennend durch seine Glieder. „Nein, nein, zu mir darf
keiner kommen als du allein, mein Süßer“, lispelte sie lieblich, zu süß. Da
trat der magere Bastard zu Aristäus und flüsterte ihm ins Ohr: „Mama hat
hinter der Hütte im Myrtenstrauch einen Mann versteckt.“ Die Glut der
Hölle schoß durch seine Seele und seine Glieder, als träfe ihn ein Blitz aus
der Faust des Donnerers. Im gleichen Augenblick bekam der Bastard von
seiner zornblickenden Mutter eine Ohrfeige. Das bestätigte Aristäus den
eifersüchtigen Verdacht. Er stürzte aus der Hütte, sprang zum
Myrtenstrauch und bog seine Zweige auseinander. Tatsächlich, da hockte
Phillip und grinste ihn spöttisch an. Aristäus war ein brausendes Meer in
des Sturmes Gewalt. „Was soll das?“ schrie er Gnida an, „erklär mir das,
warum tust du mir das an?“ Sie sah ihn mit den hübschesten Augen an, die
Lippen lieblich lächeln, wie ein blühender Mai und lispelte süß wie
Maienhonig: „Ach komm, mein lieber Aristäus, mein süßer Aristäus, ach
komm doch.“ Er aber trat zornig gegen die Hütte und schrie, immer
aufgebrachter: „Erklär mir das!“ Sie aber lächelte um so lieber, zog ein
kindlich-trauriges Gesicht und sah ihn verführerisch an: „Komm zu mir,
mein süßes Schätzchen.“
Da riß ihm der letzte Faden der Geduld, und zornig stürmte er fort. Für
immer und ewig sei Gnida aus seinem Gedächtnis gerissen, ausgebrannt
und ausgemerzt jede Erinnerung an sie. Diese Hure aus der Pandemos
Hurenhaus! Diese Verräterin seiner Liebe! Dieses personifizierte Laster!
Diese Geißel des Zeus! Fort mit ihr, sei ihr Name auf immer verbannt aus
den Windungen seines Hirnes und ihr Bild gemordet hinter seiner Stirn!
Fluch über sie, Fluch aller tausend Götter über sie! Fluch der Pandemos!
Fluch dem Phillip! Fluch ihm selbst, daß er so närrisch gewesen war!
Fluch dem Cupido und Fluch der Wollust! Und es war ihm, als schrieen
die schreienden Raben durch die Nacht ein dämonisch-endgültiges
Nimmermehr!
Aristäus schwor seiner Herde ab, schwor dem Lande Mazedonien ab und
wanderte, immer irrer werdend, durch alle hellenischen Lande als ein
Bettler. Von den Almosen der Barmherzigen lebend, von den Brosamen der
Armen, denn die Reichen gaben nichts, und so kam er bis ans Mittelmeer.
Wie unter einem Fluche stehend (vielleicht weil er sich selbst verflucht
hatte) kam er von den Gedanken an Gnida nicht los. Immer schöner,
immer lieblicher wurde sie in seinen Träumen. Er wanderte in den
Nächten, am Morgen sich sein Brot bettelnd und legte sich dann an das
rauschende Mittelmeer schlafen. Sei es, daß der rauschende Schaum des
Mittelmeeres ihm die flüsternde Muschel der Aphrodite in seine Träume
tönen ließ, sei es, daß er unter dem eigenen Fluche stand, sei es, daß seine
Seelentriebe an Gnida geleimt worden waren bei ihrem einmaligen Akt, sie
stieg als eine rauschende Pandemos nackt aus dem Meere seiner Träume
und lächelte ihn lieblich, süßverführerisch wie beim letzten Male an.
Erwachte er von diesen Träumen, merkte er, daß im Schlaf ihm der Samen
abgegangen war. Er haßte sich selbst dafür. Im Schlaftraum liebte er Gnida
über alles, nein, er begehrte sie mehr als alles, aber in seinen Nachtwachen
verachtete er sie. Ja, er ging soweit, alle schöne Körperlichkeit zu
verachten. Er wollte nun nichts als eine Seele lieben, eine reine, von allem
Fleisch entblößte Seele. Aber in seinem Schlaf rauschte wieder der
schmutzige Schaum seiner verfluchten Wollust auf. Er floh das Meer, dem
er einen unguten Einfluß auf sein Hirn zuschrieb.
So kam es, daß Aristäus nach Thrakien kam. Und es geschah, daß er eines
Nachts in den Limonenhain trat, da die Hütte des Orpheus und der
Eurydice stand. Diese hatte nicht schlafen können, hatte Orpheus weiter
ruhen lassen und war in die Nacht hinausgegangen. Das Licht der Sterne
und des Mondes fiel verherrlichend auf die schlanken Stämme und gab
einen romantischen Zauber. Wie in einer andern Welt, wie in Hesperiens
Gärten, lebte, atmete der Hain. Die Veilchen verströmten ihren
bezaubernden betörenden Duft der Lieblichkeit. Sie trug ein feines weißes
Gewand, durch das ihre Gestalt hindurchschimmerte, denn sie wähnte sich
allein.
Aber im Gebüsch hatte sich der Ziegenhirte, der Bettler versteckt, die
Schöne zu beobachten. Das silberne Mondlicht fiel auf ihre weißen
Wangen, ihre Rosenblütenlippen dämmerten süßverlockend zu ihm
herüber. Ihre Augen strahlten wie Sterne, wie Diamanten durch die Nacht.
Er sah, wie sich bei jedem Atemzug der Busen unterm leichten Gewande
hob. Dieser dünne weiße Schleier offenbarte mehr als er verbarg. Da warf
sich der Schaum der Träume, der Rausch des Schlafes, der Trieb in den
Gliedern des Aristäus mit neuer Lebenshoffnung auf das schöne Bild, und
all sein Begehren flog wie ein Pfeil Cupidos auf die reizende Eurydice.
Da trat er aus seinem Versteck. Eurydice erschrak, da sie ihn sah. Zum
einen in ihrer Einsamkeit und in der Nacht einen Mann zu sehen
erschreckte sie, und dazu so einen verwilderten, mit langem ungepflegten
Bart, abgemagerter Gestalt und hungrig flackernden Augen, da entsetzte
sie sich. Er aber, inspiriert von seiner Wollust, hob an mit
schmeichelhaftester Flatterei zu sprechen:
„Schönste, wie ist dein Name?“
„Eurydice heiß ich, aber wer bist du, und wo kommst du her?“
„Wo ich herkomme, ist ganz ohne Bedeutung, ich habe alle meine
Vergangenheit glücklicherweise vergessen können in diesem Augenblick,
da ich dich erblickte, Liebreizende!“
„Laß das meinen Orpheus nicht hören, er liebt mich und würde mich mit
keinem teilen.“
„Orpheus? Verhasster Name, und so beneidenswerter Mann! Ist er der
Deine? Ja? Aber glaubst du, daß die Alten gelehrt hätten, ein Weib dürfe
einen Mann allein nur lieben? Ist Liebe nicht frei? Sollten die Götter
geboten haben, du dürftest dem Zauber und Liebreiz solch einer Nacht und
solch einer wundersamen Begegnung mit deinem Schicksal dich nicht
ergeben und hingeben? Siehe, Liebreizende, meine Liebe ist reich, sie ist
unergründlich wie das Meer und voller Perlen. Aus diesen Perlen würde
ich dir eine Kette machen. Sie ist voller Gestein, weiß und rein und
gewaschen von den Fluten, daraus würde ich dir die Statue deines
herrlichen Leibes machen. Ich würde dich verherrlichen als die
Allerschönste, als die menschgewordene Aphrogenea! Unter dem Segen
der Aphrogenea stehen wir, und sie liebt die Nacktheit und die gesetzlose
Liebe! Laß uns ihrem Gebot der freien Liebe folgen, und die Göttin wird
dich, du bezaubernde Nymphe, an den Himmel versetzen! Denk doch, es
gäbe ein Sternbild der Eurydice, zu dem ich beten könnte! Laß mich dich
anbeten, denn durch meine Liebe wirst du zur Göttin! Fort mit
Aphrogenea, die aus dem Meere stammt, denn nun kenn ich die Göttin
Eurydice, die von ihrem Sternbild stammt!“
Sie blickte ihn gleichgültig an. Diese Flatterei berührte ihr Herz nicht, es
schien ihr nichtig wie schmutziger Meeresschaum. Die Liebe des Orpheus
war treu wie eine junge Ulme, an der die Weinrebe ihrer Liebe
hinaufranken konnte. Sie wollte sich eben abwenden von Aristäus und zu
ihrem Orpheus in die Hütte gehen, als Aristäus gierig zu ihr trat und
begehrte, mit seiner Göttin Unzucht zu treiben. Es gelang ihm, einen Kuß
auf ihren kalten gleichgültigen Mund zu pressen, einen Kuß, der seine
Begierde nicht stillte, sie aber umsomehr anheizte. Da schlang er seine
Arme um sie, zog sie gewaltsam an sich und drückte sich an sie, als wollte
er in sie eindringen. Mit mehr als weiblicher Kraft machte sich Eurydice
von ihm los und floh. Das Entsetzen hatte ihre Kehle verschlossen, es war
als würge die Angst sie mit eiskalter Faust. Sie wollte zu Orpheus um Hilfe
rufen, aber sie konnte es nicht. Da rief sie immer nur in ihrem Geiste:
Orpheus! Orpheus! Aber es entrang sich ihr kein menschlicher Laut.
Aristäus setzte ihr nach, er war von dem wüsten Dämon der zügellosen
Begierde gehetzt wie ein Besessener. Dies Weib mußt er haben! Schneller
floh sie. Innen in ihrem Geiste schrie sie verzweifelt: O Genius meiner
Liebe! O guter Genius meines Orpheus! O heiliger Genius, allmächtiger
Gott der Liebe, rette mein Leben! Wenn ich sterben muß - o ich fürchte,
ich muß sterben von des Feindes Hand - dann stirb du meinen Tod mit mir
und laß mich nicht allein in der Todesangst! Allmächtiger Genius der
Liebe! Eile mit mir in meinen Tod, führe mich ins Reich der Schatten, laß
mich die Seligkeit sehen und Elysium! Laß mich eintreten in den Idealen
Staat, da Zeus das Zepter führt und sein vergöttlichter Sohn, den Zeus aus
dem Tode auf den Olymp entrückt hat! O Retter meiner Seele,
Namenloser, Unbekannter! in dieser Stunde des Todes sei du bei mir!“
Prophetisch hatte sie gebetet. Aber nicht von der Hand des Aristäus sollte
sie sterben, ungeschändet sollte ihre jungfräuliche Seele bleiben. Die
Angstgetriebene war schneller gewesen als der Wollustgeschwächte. Aber
in dem Augenblick, da sie den letzten verzweifelten Ruf ihres Gebetes
getan, da schoß aus der feuchten Wiese herauf eine Pythonschlange, schlug
ihren giftigen Zahn in die schlanke Ferse Eurydice und spritzte ihr den Tod
ins Blut. Sie fiel und blieb in Todeskrämpfen liegen. Aristäus sah es und
floh entsetzt. In der letzten Todesangst ward Eurydices Kehle frei, wie
befreit von der Hand eines Gottes, und sie schrie aus sterbender
Leibeskraft: „Orpheus!“

EURYDICES STERBEN

Aristäus sah die schöne Nymphe sterben, entsetzte sich und floh davon.
Die Furien hatten seinen Geist gepackt und sich seiner bemächtigt, daß er
vollends in die finsteren Abgründe des Wahnsinns abirrte. Er eilte den
Hang des Rhodopegbirges hinauf, in die höheren Wälder, durch deren
Nachtschatten hindurch, verirrte sich im Dorngestrüpp des Gipfels und
hing am obersten Gipfel, einem gespaltenen Felsen. Daselbst hing er in
entsetzlicher Todesangst und wollustvoller Todesgier, in sich zerrissen
zwischen Gäa und Hades, Pandemos und Persephone. Er hielt sich an
einem letzten dürren Baumstrunk fest, der aus der Felsspalte hervorragte
und schaute in den schauerlichen Abgrund. Hinab! hinab! schrieen all
seine zerrissenen Seelenkräfte. „O Gnida! Gnida! du Furie im Gewand der
schönen Liebesgöttin! Du Pythondrache aus dem Acheron, verkleidet als
eine Götterbotin! Jetzt will ich hinab, dich im Orkus zu umarmen, dich als
ein Schatten in der Wollustglut des Phlegeton zu umarmen und all meine
Lust in dir zu stillen, du Todin!“ In dich stürz ich mich, in den Abgrund
wie in deinen höllischen Schoß! schrie sein Geist in ihm, da ließ er den
letzten Strunk fahren und warf sich in die schaudernde Tiefe, an deren
felsigen Grund er zerschellte und in die Glut des Phlegeton fuhr, daselbst
seine Qual zu vollenden!
In der Zwischenzeit hatte Orpheus die Hilfeschreie Eurydice gehört und
war erschrocken aufgefahren aus seinem tiefen Schlaf. Er folgte den
Schreien, die immer schwächer und röchelnder wurden und kam zu der
jämmerlich im Grase liegenden Braut.
„Eurydice, Geliebte! Was ist mit dir?“
„Der Pythondrache verwundete mich zu Tode! Ich muß sterben!“
„Wie? Nein, Eurydice, du mußt nicht sterben! Bei allen Göttern, du darfst
nicht sterben! Wie sollt ich leben? Wie ohne dich, Geliebte? O bei der
heiligen Liebe, die unsern Bund gesegnet, das darf nicht wahr sein!“
„Es darf nicht... aber es wird geschehen...“
„O komm uns eine Hilfe von den Bergen! aus der Höhe! Uranos vom
Himmel, komm und erlöse vom Tode Euyrdice!“
„Sei nur still, Orpheus, es ist Zeit, meine letzte Stunde naht. Ich bin
bereit...“
„Wie, Eurydice! Wie, bereit! war denn unser Liebesleben schon vollendet?
Haben wir nicht eben erst den März unsrer Liebe genossen, den ersten
Lenzbeginn? Wo sind Sommer und der reife Herbst und der würdige weise
Winter? Nein, Euyridice, rufe deine Kräfte herauf und komm zurück!
Entschwinde mir nicht!“
„Ich sehe... Orpheus, ich sehe...“
„Was siehst du, Euyrdice? Nein, schau nicht hin! Verschließ deine schönen
Frauenaugen den abgründig-schrecklichen Visionen des Todes! Komm, du
mein Leben! komm ins Leben zurück! Warte, ich will Heilkräuter holen,
ich werde dich retten! Bleib ruhig, gleich bin ich wieder da!“
Damit stürmte er fort, zitternd an allen Gliedern, rasend pochenden
Herzens, den Puls im Halse würgend, die Schläfen heiß, Angst benahm
ihm den Atem, sein Geist ward dumpf und schwarzumwölkt. Dennoch,
wie von eines heiligen Gottes Hand gelenkt, fand er den Weg zu dem Beet
mit den heilsamen Kräutern. Dort sammelte er, was er brauchte. Er stürzte
in die Hütte, goß Wasser und Öl und Wein in einen irdenen Krug und legte
die Kräuter hinein. Dann nahm er einen Linnenwickel und tränkte ihn in
dem heilsamen Sud. Damit eilte er wieder zurück zu Eurydice.
„Komm, Geliebte, den Wickel will ich dir auf die Wunde legen!“
„Es hat doch keinen Sinn mehr. Ich stehe im Buch der Schatten. Das
Schicksal, mächtiger als die Götter, das uralte Schicksal, nach dessen
Gesetzen Leben und Tod vonstatten gehen, mein Schicksal, es wird mir
begegnen. Ich werde sehen...
„Nichts wirst du sehen! Blindheit ist des Todes Gesetz! Nur auf Erden
kannst du sehen, Eurydice! den blauen Himmel der Liebe! die schönen
Veilchen der zartesten Lust! Die Meermuscheln auf dem Berggipfel,
Euyrdice, die wir so bestaunten, und unsern Küssen verglichen, die sollst
du sehen, und mich, mich laß nicht aus deinem Auge! Eurydice, halte
wach dein Auge, halt offen deine Lider, komm, komm zurück ins Leben!
Sterbliche!“
„Orpheus...“ hauchte sie, „Unsterblichkeit... Orpheus, Minos, der Richter
über die Toten... Orpheus, was steht auf der ehernen Tafel des Schicksals:
des Phlegeton Feuerfluten oder Elysiums Gärten und Athenes himmlische
Burg?.. Orpheus, ich weiß es nicht... Lieber, wem, wem soll ich vertrauen
von all den Göttern allen?“
„Traue der heiligen Liebe, die uns gesegnet und uns als einen einzigen
Menschen erschaffen!“
„Orpheus, bei unsrer Liebe, Orpheus... Bei der heil...........“
Der Dichter war sprachlos vor Schmerz. Weinend warf er sich zu Füßen,
zu den wunden Füßen der Geliebten und netzte ihre wunden Füße mit
seinen Tränen. Mit stummen Küssen bedeckte er ihre Füße. Nein, nein, bei
Zeus! sie durfte nicht tot sein. Er mußte sie ins Leben wieder rufen! Für
Eurydice durft es keinen Tod und kein Totenreich geben, sie war für die
Liebe und das ewige Leben geboren! War nicht seine Leier, durch die
geliebte Muse, mächtig gewesen, wilde Tiere zu zähmen? Konnte er nicht
den Tod bezwingen? Er sprang in die Hütte und holte seine Leier, und
schlug die verstimmte mit schrecklichem Mißton, seine Seele zerquälend!
Nein, bei der himmlischen Harmonie, die allein den Mißton des Todes
überwinden kann, Orpheus, beherrsche dich! Er stimmte seine Leier,
schluchzte hervor, bezwang sich und fing, von Schluchzern unterbrochen,
leise, dann immer mächtiger, immer verzweifelt wilder zu singen an.

„Bei aller Götter Gott, beim wahrhaftigen,


Dem einzigen, der Sieger im Wettkampf ist
Und trägt den Lorbeer, vor dem Tode,
Trägt den unsterblichen Kranz des Sieges!

Bei dir, du Namenloser, du Schrecklicher,


Beschwöre ich den Himmel, Eurydice
Zu halten an der Brust der Erde,
Odem des Lebens in sie zu hauchen!

Sieh an das Veilchen und den Limonenbaum,


Sie leiden, weil die liebliche Herrin stirbt,
Der Mondentau, wie Blutestropfen,
Fällt in den nächtlichen Garten weinend.

Und alle Nymphen raufen die Haare sich,


Die Liebesgöttin schlägt an den Busen sich,
Die Musen streuen Asche auf die
Traurig-unsterblichen Lockenhäupter.

Und alles weint, und heilige Tränen sind


Des Meeres Fluten, heilige Tränen sind
Die Sterne all am schwarzen Himmel,
Und meine Augen sind schwarze Tränen!

O Vater Äther, nimm du mein Leben an,


Dionysos, reiß mir aus der Brust das Herz,
O Genius der reinen Liebe,
Laß für Eurydice Orpheus sterben!“

Von dem schauerlichgewaltigen Nachspiel seiner stürmenden,


himmelstürmenden, todbeschwörenden Leier geweckt aus ihrem
Hinüberdämmern, schlug Eurydice leicht die zitternden Lider auf und
flüsterte: „Myrrha, bist du da?“
„Eurydice! Du lebst! Ich bins, dein Orpheus! Evoe, du lebst!“
„Myrrha, wo ist denn Orpheus?“
„Hier bin ich, Liebe, hier bin ich doch!“
„Ruft mir meinen Sohn, ihr Mädchen, ruft mir meinen lieben kleinen
Sohn...“
Da merkte Orpheus, das die Kindlose irr sprach. Er hielt ihre Hand und
strich sie leise mit der seinen. Er strich ihr die goldene Locke aus der Stirn,
wischt ihr einen Schweißtropfen von der Stirn, küsste ihre Stirn.
„Ich sehe meinen Sohn... Ist er es nicht, der da kommt mit dem Kranz und
spielt ein lustig Maienlied?“
„Ach Eurydice, ich bin ja bei dir, ruh dich nur aus, meine Liebe. Du bist
ins Leben wiedergekommen. Dank sei Zeus! Nun bist du nur noch etwas
schwach, aber das legt sich, ruh dich nur aus.“
Als ob sie es verstanden hätte, schloß sie die schwachen Lider wieder über
ihre matter werdenden Augen. Ein letzter Seufzer floh von ihren
erblassenden Lippen:
„Sohn - -“
Damit gab sie ihren Geist in die Hände ihres ewigen Schicksals. - Orpheus
sah, daß sich ihre Brust nicht mehr hob, er legte sein Ohr an ihren Mund,
da lispelte kein Lebensodem mehr. Es war zuende. Das Leben war aus. Die
Sterblichkeit des Menschen hatte ihr Recht gefordert. Hier lag die schöne
Hülle, die geliebte Hülle, aber die geliebtere Seele war an andern Orten.
Da fiel der Schatten des Saturn, des Gottes der Schwermut, auf die Seele
des Sängers.
Ihr nach! war sein ganzer Gedanke.
Aiaiaiai! Sie ist tot! Sie ist tot! Das schöne Leben ist hin! Ai!
Wehe, Wehe!
Schreckliches Schauergeheul entrang sich Orpheus’ Brust. Besinnungslos
und irr vor Schmerz wankte er in das nahe Wäldchen, dort sich in noch
tieferer Nacht zu bergen. Er ertrug kein Licht, nicht einmal die
Tränenblumen der Sterne, den balsamischen Tauschein der Luna nicht.
Finsternis und Grab sollte sein zuhause sein. Des Saturnus Sense hatte ihn
gemäht, der Gott der Schwermut hatte seinen astralen Ring um sein Herz
gelegt.
Orpheus klaubte sich aus dem Waldboden einen berauschenden Pilz und
kaute den. Dann legte er sich weinend, unter Schluchzen stammelnd in den
Humus: Euyrdice! Tot! Aiaiaiaiai! Wehe, wehe! Weh mir!
Als der Morgen zu grauen begann - keine schöne Morgenröte, sondern ein
heraufkriechender feuchter Dunst - meinte Orpheus, die Seele der
Geliebten zu spüren.
Sie ist hier! Ihre Seele umschwebt mich! Eurydice, die selige Eurydice, ihr
unsterblicher Genius umschwebt mich! Heilige Eurydice, unter deiner
Siegesfahne will ich leben, sei du das Banner der Liebe über mir! Dir
nach, Selige, dir nach hinauf zu den Sternen und ihren Geistern, hinauf, dir
nach, du Selige, durch die endlosen Meere des Äthers soll wallen meine
Seele, eine Pilgerin auf dem Wege zu Athenes Burg inmitten des
elysischen Gartens, wo ich dich treffe, und wo ich mit dir, wie Menelaos
mit Helena, tafeln werde den uralten Wein von Chios, den schon der
Mäonide getrunken, und werden ewig, ewig feiern die Unsterblichkeit der
heiligen Liebe!
Da überwältigte eine unsagbare Mattigkeit Orpheus, sein Geist verlor sich
irrend im Äther, sein Leib sank lebensmüde zur Erde, er vergrub sich im
Staub, presste seinen Mund in den Staub und schwor: „Nur dir, Geliebte,
und unsrer Gottheit soll fortan geweiht sein meine Leier! Du aber, Selige,
umschwebe mich mit deinem Segen und führe mich durch diese Irrsal des
Staubes!“

ZWEITES KAPITEL

„Und Orpheus Liebe / wallet nieder zum Acheron.“


(Hölderlin)

DER ABSTIEG

Unendliche Einsamkeit hatte Orpheus in jenen Tagen befallen. Der lichte


Sommer war ihm unter schwarzen Wolken hingegangen und den Tränen
des Himmels, da nahte der Herbst. Er sah nicht den goldenen Glanz des
Laubes, das rotwangige Lachen der Früchte, die süße Reife des Weines; er
sah nur das Vergilben und braune Welken der Blätter, er sah die seufzenden
Nebel, er sah die Wetterwolken wie ein Schicksal über Thrakien hängen.
Seine Seele war welk wie das Laub, sein Gemüt seufzte wie der Nebel, auf
seinem Geiste lastete die schwarze Unheilswolke des Schicksals. Er fühlte
sich von allen guten Göttern verlassen und meinte, böse Dämonen lasteten
seiner Seele zu schwere Lasten auf.
Seine einzige Hoffnung war die, Eurydice wiederzusehen. Da die Geliebte
aber im Reiche der Schweigenden war, mußte er hinab. Er wußte, daß er
sich entsündigen mußte, bevor er den Abstieg zum König der
Schweigenden wagen durfte. Darum wanderte er ins attische Land, ins
heilige Eleusis. Dort ließ er sich von den Priestern entsündigen.
Sein Herz aber stand in voller Sehnsucht nach dem dunklen Gott des
Wahnes, denn Orpheus wußte, daß er vom Wahnsinn befallen war. Darum
begab er sich wieder nach Thrakien zu einer kleinen Dionysosgemeinde,
die in einer Felsenhöhle das Mysterium feierte. Vor allem reizende junge
Weiber waren versammelt in jener Gemeinde. Ekstatischen Lobpreis
sangen sie dem Herrlichen, schlugen die Zithern und Zimbeln und tanzten
mit nackten Füßen, klatschten in die Hände und riefen: „Heil dir, du
herrlicher Opferstier!“ Sie begrüßten mit leidenschaftlichen Umarmungen
den irren Dichter, den sie aufforderten, mit seiner Leier einen Preisgesang
für Dionysos zu schaffen. Da pries Orpheus den Gott:

„Heil dir! Heil dir! du Opferstier, blutiger,


Der du die Sühne bringest mit Rebenblut
Und mit der goldnen Frucht der Ceres,
Dir, dir erheb ich die Hände, Jacchus!

O Ba-Ba-Bacchos, heiliger Vater du


Vom Orient, du Schöpfer der Rebe und
Ihr Stab, an dem die Rebe aufwächst,
Herrlicher Herrscher du über Satyrn!

O Ja-Ja-Jacchos, triefender Thyrsos-Stab,


Du Herzverzücker, der du gestorben bist
Und wiederkamst mit deinem Schiffe
Herfliegend über dem Mittelmeere!

Dionysos, du Gott über Dia und


Du wunderstarker Bräutigam, der du riefst
Die einsam-schöne Ariadne,
Du warst ihr Trost und ihr Herzverzücker!

O Sohn der Jungfrau Semele! Sohn des Zeus!


Du Menschenjüngling, Evier! wahrer Gott!
O komm zu uns im Blut der Rebe,
Komm vom Olympos zu uns Mänaden!“

Nach diesem Lobpreis ward Orpheus in die Tiefe der dunklen Höhle
geführt. Um einen Altar standen Jünglinge mit goldenen Locken, in
weißen Kleidern und roten Unterkleidern, die brennende Pinienfackeln
hielten. Ein reifer Priester teilte den geschlachteten Opferstier aus und
trank den efeulaubgekränzten Becher mit dem Blut der Traube leer.
Orpheus aß vom Götzenfleisch, denn er aß den Götzen, Orpheus trank
vom Trankopfer des Götzen, denn er trank den Götzen. Mit
bacchantischem Jubel priesen die Jünglinge, Mänaden und der trunkene
Dichter den Einzug des Vaters Bacchus in sein Heiligtum! Unter
Zimbelklang traten sie hinaus in die offene Nacht. Ein runder Vollmond
hing am Firmament und erleuchtete die Nacht. Orpheus war erfüllt von
Begeisterung und Todesmut. Er war bereit, hinabzusteigen in die Tiefe.
Er wanderte zur Pforte von Tainaron, dort war das Tor zum Dunkel der
Tiefe. Es war Nacht. Er war in jenem schattigen Hain, umstanden von
hohen Schwarzerlen, und sah die silbernen Dünste aufsteigen aus dem
Schlund. Nachdem er ein weißes Lämmlein geopfert der dritten Person der
Dreiheit, die in der Tiefe waltet, sah er drei Tauben herbeischweben und
sich niederlassen in der Schwarzerle über ihm. Er vertraute sich seinem
holden Genius an, daß dieser ihn nicht verlasse, wenn er in das unholde
Reich der Dunkelheit hinabsteige.
Er trat an die Bucht des Cocytus, da die nächtlichen Fluten des Tartaros
heranspülten. Nichtiger Nebel lag über der Flut. Scharfe Dünste des
Avernus umdrangen Orpheus. Die Flut des Cocytus drang hinab in einen
gähnenden Schlund. Orpheus ließ sich hinunter, den Aornos hinab, um in
den stygischen Hain des Erebus zu gelangen. „O bei der heiligsten Gottheit
und den schweigenden Schatten, die uns umgeben!“ betete Orpheus, „sei
mein Genius bei mir mit seiner lichten Fackel, trete ich in die Räume
nächtlichen Schweigens!“
Dunkel wanderte seine einsame Seele durch den nächtlichen Raum, bis er
zum ersten Schlund des Orkus kam, da am Ufer der Acherusische See
begann. Am Ufer lag die schwarze Gondel des Totenfährmanns Charon.
Dieser war ein Alter, alt an Tagen, mit langen weißem Bart und
feuersprühenden Augen. In seiner Hand hielt er eine lange Stange, mit der
er die Gondel über den Acherusischen See lenkte. „Bei der Jungfrau der
Schweigenden! (begann Charon) du bist eine lebende Seele, im Leibe
wandelnd, was beginnst du hier im Reiche der leeren Schatten?“
„Im Namen der heiligen Liebe komm ich, aus dem Reich der Schatten,
wenn es möglich ist, meine Geliebte, die selige Eurydice heraufzuholen an
den hellen Tag der Oberwelt.“
„Wenn das dein Beginnen ist, so zweifle ich am Erfolg, denn Hades ist ein
schrecklicher Fürst der Finsternis, der keinen gehen lassen mag und alle
eines Tages holt, wissen sie die Stunde auch nicht, denn so ists den
Menschen verhängt vom allwaltenden Schicksal“, knurrte Charon.
Orpheus bestieg die Gondel, die gefährlich tief einsank in den
Acherusischen See, und Charon lenkte die Gondel mit seiner langen
Stange an das andere Ufer. Dort trat Orpheus an den schwarzen Strand.
Nah am schwarzen Strande begann eine Wiese, auf der Asphodelenblumen
blühten. In den Blumen lag der jüngere Bruder des Todes, der Schlafgott
Morpheus, und schlummerte. Seine Lider waren niedergesunken und
zitterten, denn er träumte. Seine Glieder zuckten, er wälzte sich von einer
Seite auf die andere und kippte dabei das Horn um, das neben ihm stand,
und aus dem Horn floß die weiße Milch der wilden Mohns, mit welchem
Morpheus Träume träufelte in die Hirne Schlafender.
An Morpheus vorbei ging Orpheus und drang vor in die Tiefe des
stygischen Haines. In der Mitte des Haines stand ein herrlicher
Pfirsichbaum, die Früchte verhießen schöne Unsterblichkeit und süße
Wonne, und ein Mann lag unter dem Baume und versuchte, die Früchte zu
pflücken. Aber weil er in seinem Leben auf der Erde die Götter nie
gefürchtet, hatte das Los ihm beschieden, ewig hungernd unter
unerreichbaren Pfirsichen der Unsterblichkeit zu darben: Tantalos war sein
Name.
In der Ferne begann ein Berg. An dessen Fuße saß ein Mann seufzend
neben einem Felsblock. „Aufs Neue muß ich beginnen, den Felsblock
hinaufzuwälzen, aber mir ist das Los gefallen, daß der Felsblock vom
Gipfel wieder zurückrollen wird an den Fuß des Berges, wo ich von
Neuem werde beginnen müssen. Ach Vergeblichkeit aller Mühsal! Ach
ewiges Streben nach Leerem! Ach ein vergebliches Schmachten des
Geistes ist alles Mühen im Reich der Schatten!“ seufzte der Mann. Es war
Sysiphos.
Orpheus wanderte weiter. Aus der Ferne drang schreckliches Hundegebell
durch die Dicke der Nacht. Nicht wenig schauerte Orpheus vor dem
Gebrüll. Da sah er auch schon des Untiers feuerflammensprühende Augen
durch die Schwärze dringen. Sein Atem war Schwefelstank. In seinem
Maul die Zähne waren lang und scharf wie Eberhauer. Sein Leib war der
eines Drachen, sein Schwanz war der einer Schlange. Gräßlich brüllte das
Höllenuntier und wollte sich auf Orpheus stürzen. Dieser aber strich einige
betörende Töne auf seiner Lyra, mit deren weichen Melodie er das Untier
einschläferte.
Vor ihm tat sich ein hohes Tor auf, über dessen Architrave ein Schild
angebracht war, eine erzene Tafel, in welche mit diamantenem Griffel
geschrieben war: „Wer hier hereintritt, der lasse alle Hoffnung fahren!“
Orpheus machte seine unglaubliche Liebe todesmutig. Er war bereit, alle
Hoffnung fahren zu lassen, ja seine eigene Unsterblichkeit und Seligkeit
Elysens fahren zu lassen, wenn er nur die Geliebte, die Braut aus dem
Hades befreien konnte!
Orpheus trat durch die Pforte, die aus edelstem Achat gebildet war, da sah
er vor sich: die erhabene, heilige Herrscherin der Schweigenden! O
Persephone, wie schrecklich-schön war ihre jenseitige Erscheinung! Ganz
Schatten, ganz Jenseits, ganz Vergeistigung! Ihre Augen blitzten wie
dämmernde Sterne aus den tiefen dunklen Augenhöhlen! Sie war in ein
langhinwallendes schwarzes Linnengewand gekleidet, auf welches blaue
Cyanenblumen gestickt waren. Ihr Haar ward verhüllt von einem ebenfalls
schwarzen Schleier, der aber ihr Gesicht frei ließ. Es war von einer
milchigen Blässe, aus welcher die schwarzen Augenhöhlen tief und traurig
hervorschauten. Ihre Augen schimmerten feucht von holder Traurigkeit.
Ihre Lippen waren schmal, unsinnlich, ein wenig blass, von einer zarten
violettrosanen Farbe.
„Was begehrst du, Sterbling, von der Königin der Schatten?“ fragte sie ihn
mit einem traurigen Flüstern.
„Ist denn dir, erhabene Königin, die Liebe fremd? Denn dann kann ich
mein Anliegen nimmer vor dich bringen, du würdest nimmer mich
verstehen.“
„Ach, die Macht der Liebe hält kein Achat-Tor zurück, sie dringt bis in die
Reiche der Schatten und des Schweigens. Nein, Sterbling, sei nicht bange:
Die Liebe ist im Jenseits bekannt!“
„Liebst du selbst, erhabene Königin? Ist dir dies unselig-selige Gefühl der
Sterblinge selbst vertraut?“
„Nicht wie die Sterblinge lieb ich, aber wie die Königin der Schweigenden
lieben muß. Du sollst es erfahren, denn wenn du von hier scheidest, wirst
du aus der Lethe Wassern trinken und vergessen, was ich dir insgeheim
offenbaren werde. Den Allerschönsten unter den Halbgöttern, den schönen
Syrischen Adon, den Sohn der Myrrha, den lieb ich mit heiliger Liebe!
Ihm lag auch die schöne Anadyomene zu seinen Füßen, als er verblutete,
da weinte sie die Tränen, aus denen die Rosen erblühten, die Tränen, aus
denen die Bernsteinpforten ihres Palastes gebaut sind. Den Sohn der
Myrrha, den Syrischen Adon, den lieb ich, nicht weniger als die freie
Anadyomene mit den aufgelösten goldenen Lockenfluten und dem leichten
weißen Kleide. Wen aber von uns beiden der schöne Adonis mehr liebt, die
reizende Anadyomene in dem wallenden Hemde oder die traurige Königin
der Schatten in dem schwarzen Schleier, das vermag nur der König der
Götter zu sagen. Nun weißt du, Sterbling, wie es um meine Liebe bestellt
ist.“
„O Persephone, heilige Herrscherin mit dem Antlitz voller Trauer, Königin
der Schmerzen! Wie geschah es, daß solch eine Liebende in das Reich der
Schatten kam? Ist sie nicht bestellt zum leichten Leben in Licht und Luft
und Lust und Liebe?“
„Du stellst törichte Fragen für einen Dichter, ja ich weiß wohl, wer du bist,
Orpheus! Nicht für Licht und Luft und Lust und Liebe geschaffen ist die
Königin der Schweigenden, sondern besiegelt wars von der Vorsehung,
aber meine eigene Torheit, daß ich von dem verderblichen Granatapfel aß,
seine sieben Samen nicht verschmähte. Beim Uhu! Es blieb nicht
verborgen, und darum bannte mich die allgewaltige Vorsehung aus dem
Reiche der Lebenden in die Schattenunterwelt, wo ich weilen muß. Was
soll ich sagen? Soll ich reden wie Achill und sagen: Ich wär lieber eine
Magd im Leben als eine Königin in der Unterwelt? Sich fügen in sein
Schicksal, das ist weise. In meiner Trauer, o Sterbling, ward ich doch eine
Braut der geheimnisvollsten Person der göttlichen Dreiheit, welche da
herrscht über Griechenland und die ganze Ökumene, welche da richtet
über alle Toten, ob ihnen Phlegeton mit seinen Feuerfluten beschieden
oder das selige Elysium und das unsterbliche Glück auf den Inseln der
Glückseligen!“
„Nun denn, o Königin, erbitte den schrecklichen Herrscher, der furchtbar
ist und Finsternis zu seinem Gezelte macht, daß er mir freigibt meine
geliebte Braut!“
„Ich will ihn bitten, und für dich, o Dichter, bewirk ich, daß du vor den
Schrecklichen selber treten darfst. Ihn magst du bitten. Und mag der Gott
des Lebens, mag der Gott der Liebe mit dir sein!“
Damit offenbarte sich vor Orpheus ein Weg, der aus schwarzen
Onyxsteinen gepflastert war und direkt zum Thron führte. Der Thron war
hell wie ein Blitz, umwunden von siebenfarbigen Schlangen, überwölbt
von einem smaragdnen Baldachin. Der König der Toten war aber nicht zu
sehen. Dennoch tönte seine Stimme wie Donnergrollen.
„Du begehrst die geliebte Braut, die Nymphe Eurydice zurück aus dem
Schweigenden Lande? Nun denn, so vernimm, o Sterbling in deiner
Hoffahrt! Sie darf dich begleiten den Weg zurück auf die Erde. Mein Bote
wird euch geleiten. Du wirst vorangehen, wie es sich ziemt für den Mann.
Du wirst wandeln auf das Licht zu. Sie wird dir folgen, denn sie wird
bereit sein, Elysen zu opfern um deiner Liebe willen - ein Opfer ist die
heilige Liebe - aber du darfst nicht zurückschauen. Schaust du zurück,
bevor ihr das reine Licht des Morgensternes schaut, das eurer Liebe Segen
spenden soll, so wird die Braut dir entschwinden in das wesenlose Nichts,
in dessen Stille sie vor den Richter der Toten wieder treten wird, um ihr
ewiges Urteil zu empfangen, welches nicht den Sterblichen mehr
angehören wird. Nun geh, der Bote wird dich geleiten, und vertrau,
vertrau, daß sie dir folgt!“
Damit entließ die furchtbare Majestät den zitternden Sänger. Zu diesem
trat der Bote, dessen Flügel rauschten, selbst dessen Sandalen geflügelt
waren, in seiner Hand hielt er einen Stab und geleitete Orpheus die Wege
von den Thronen zurück, in Richtung auf das Licht des Lebens zu.

DER AUFSTIEG

Orpheus vertraute sich seinem Führer an, in dessen Wesen er heilige Züge
der Gottheit erkannte. Während sie den Weg durch die Schatten gingen,
pries er ihn und sprach ihn an: „Der du der Erfinder der Lyra und der Flöte
bist, darf ich es wagen, als sterblicher Dichter auch auf unsrer Wanderung
durch die Schattenwelt dein Lob zu singen?“
Darauf entgegnete der Führer: „Kannst du andres singen als das Lob
deiner Geliebten?“
„Ist es doch das schönste Liebeslied für die nun bald Gerettete, wenn ich
die Gottheit preise, die uns aus dem Totenreich herauf ans Leben führt!“
„So preise!“ Darauf stimmte Orpheus seine Lyra und sang:

„O Hirte, aus dem Lande Arkadien,


Das jeglicher Vollkommenheit Heimat ist!
Du Sohn der Maja! in der Höhle
Göttlichgeborener den Pelasgern!

Du trägst den Caduceus, o du Hirtengott,


An welchem jene eherne Schlange hängt!
Im Zeichen jenes Caduceus führ
Du aus dem Totenreich deinen Preiser!

Du Gottesbote! Führer der Seelen du,


O Psychopompus, Gott der Poeten du,
Weil du der Meister bist des Wortes:
Nichts ist gewaltiger als das Wort ist!“

Der Seelenführer lächelte in seiner idealen Schönheit. Wie ein Kranich


flog er stolzen Flug ins Licht, wie ein Hirte am Stabe wanderte er mit
Orpheus, wie ein Hirtenhund die Schafe bewachte er die Seelen der ihm
Anvertrauten.
Sie kamen an das Ufer der Lethe. Wie die Königin der Schweigenden
geboten, mußte Orpheus hier von dem Wasser des Vergessens trinken.
Aber Psychopompus unterwies ihn, nur seine Zunge mit wenigen Tropfen
zu benetzen, daß er zwar die Worte der Persephone vergaß, nicht aber die
Weisungen des Königs der Toten. Sonst wär es gewiß gewesen, daß
Orpheus nach Eurydice geschaut und sie sogleich verloren hätte.
Orpheus war ein Dichter, und wie die Weisen lehren, tranken alle Künstler
und Weisen nur wenige Tropfen aus dem Wasser der Lethe, wenn sie aus
der göttlichen Heimat alles Vollkommenen in ihre sterblichen Leiber
kämen in der Stunde der Zeugung und Geburt. Alle andern Menschen
wären, trunken vom Lethenaß, ganz vergessen alles Vollkommenen aus der
göttlichen Ideenwelt, nicht so die Weisen und Künstler, diese hätten noch
Erinnerung an die Wahrheit, an das einzig Gute und die Schönheit der
Herrlichkeit.
Orpheus quoll in der Seele eine hohe Hoffnung auf und er sprach
begeistert vor dem Führer seines Herzens Hoffnung aus: „Welchem
Sterblichen, außer dem König der Athener, ist es gelungen, aus dem
Totenreiche wieder heraufzukommen? Nun soll es nach dem Willen der
heiligen Liebe und der Gottheit, der ich mich weihte, gelingen! Leben,
Leben ist es, was uns Thrakier, uns Hellenen, uns antikische Menschen zu
schönen Menschen macht! Nieder mit dem Tod, er habe keine Macht mehr
länger über uns! Schön soll die Liebe sein, schön in dem Land der
Lebendigen, in von der Sonne Schein vergoldeten Leibern, in von den
himmlischen Lüften geküssten Leibern sollen wohnen unsterbliche Seelen,
welche den Tod sahen, aber seinen bitteren Granatensamen nicht
schmeckten! Nicht mehr länger im Reiche der Schatten werden wir weilen,
nicht mehr vegetieren im Wesenlosen, im Nichtigen, in den seufzenden
Nebeln der Unterwelt; sondern hinauf und hinan! an die Sonne des Lebens,
o du goldene, mit deinem Jünglingsangesicht der ewigen Jugend und
himmlischen Wonne! Freude soll inmitten unsrer Hütten wohnen und den
heiligen Palast unsrer Liebe, den Palast in unsern Herzen, bewohnen, die
schöne Tochter Elysens, welche so oft so innige Freudentränen weint! O
die holde, gütiggeschäftige Hoffnung hat mich nicht verlassen, wenn ich
auch ihr Angesicht nicht sah in den Tagen meines Todesschmerzes und
meiner Totenklage, aber sie umschwebte mich wie ein himmlischer
Genius, sie verließ mich nicht am Tage, da ich klagte, und nicht in der
Nacht, da ich ins Land der Toten stieg, denn siehe! begeistert von ihren
Segnungen führ ich meine Braut aus dem Reich der Toten herauf, daß wir
in der Hütte Zeus’ auf Erden unsre Hochzeit feiren werden! Seliges Leben,
da allein das allwaltende Gesetz der Liebe mit ihren befreienden Pflichten
und ihren beseligenden Rechten uns gilt! Wahrlich, die heilige Liebe läßt
ihre Diener nicht im Tode, sondern die, in deren Herzen sie, die schöne,
lebt, die werden von Thanatos nicht entführt in die schwefligen Schlünde
des feuerspeienden Phlegeton! sondern, siehe, mein Seelenführer, unter
deiner Leitung, inspiriert von der heiligen Liebe, und begleitet von den
Genien der allerschönsten Hoffnungen, kehren die Geliebte und der
Liebende, der ja ein Geliebter nicht minder ist, in das himmlische Zelt auf
Erden, da unsre Liebe lebt und nimmer endet!“
Dunkle, seufzende Schatten drängten sich an Orpheus und suchten ihn
hinabzuziehen, denn Neid quoll in ihren verlorenen Seelen. Nicht einen
Lobgesang auf das Leben vermochten sie zu hören, ohne daß die Begierde
in ihnen erwachte, den Preisenden mit hinabzuziehen in die
Hoffnungslosigkeit und ewige Verlorenheit ihrer todgeweihten
Schattenseelen. Sie hauchten Orpheus an mit kaltem, haßerfülltem Atem.
Ihn schauerte. Ängste flogen an sein Herz, wie Geier an die Leber des
gefesselten Prometheus.
„Weh mir, ich Unseliger, wenn alle meine Hoffnungen Lug und Trug sein
sollten! Zeigen sich die Götter hold? Ist Dionysos mächtig genug, durch
die Kraft seines Fleisches und des Rebenblutes mich heraufzuziehen und
mit mir Eurydice? Kann ich dem Schicksal des Todes entrinnen? Vermag
meine Liebe, in mich gepflanzt von der Mutterhand der heiligen Liebe,
Eurydice ans Tageslicht zu heben? Welche Macht hat doch der Tod! Kann
ich mich, der ich nichts bin als ein Dichter, nur Dichter, nur Narr! kann ich
mich vergleichen mit dem heiligen König der Athener? Ihn schließlich
befreite Zeus’ Sohn aus dem Totenreich! Mich aber, mich Unseligen! wer
befreite mich aus den Fängen des Pluton, unternahm ich es nicht aus
eigener Kraft? Was vermag eine geringe Kraft eines armen Sterblichen
gegen das Wirken der Gottheiten, was vermögen selbst diese gegen das
Wirken des Schicksals, und was vermag ein Sterblicher gegen sein
Schicksal, daß er leben muß, einmal, und dann sterben und treten vor
Minos’ Richterstuhl? Wo ist Hilfe? Wen aus der Himmlischen Kreis ruf ich
an als meinen Retter? Wer ist der Retter aus dem Fangnetz des Todes?“
Er bedeckte sein Gesicht mit seinen Händen und weinte in seiner Hilf- und
Hoffnungslosigkeit. Aber in der Tiefe seiner Traurigkeit sah er mit seinem
inneren Auge das Antlitz Euyrdices, wie sie ihm zum ersten Mal begegnet
war. Und um Eurydices willen überwand er alle Skepsis, alle Zweifel, alle
Angst und wanderte weiter, auf das Licht zu, denn wenn auch keine
Hoffnung war, so mußte er doch hoffen um Eurydice willen!
„Eurydice, hörst du mich? Ich hoffe gewiß, ich trau darauf, Eurydice, daß
du mir folgst, daß du mit mir und unserm Seelenführer heraufsteigst aus
dem Totenreiche. Siehe, Geliebte, wir wollen ein schönes Leben der Liebe
führen! Wohin sollen wir gehen? Sollen wir ins schöne Paphos gehen, nach
Cyprias Eiland, dort an Salamis Ufern oder in Marion leben, von Myrten
gekränzt, von Tauben umrauscht, da uns die Nachtigall singt aus den
schimmernden Oleandern ihr süßes Lied? Wir wollen baden im Pedhieos
und unsre Lämmer weiden zwischen den Myrten am Hang des Olympos!
Oder liebe Braut, willst du nach Chios, daß wir pilgern auf den Spuren des
blinden Dichters? Willst du mit mir in Athen in den heiligen Hallen den
Weisen lauschen? Sollen wir Weisheit trinken von der Gottheit
Mutterbrust, wie lautere Milch? Ach meine Liebe, ich geh mit dir, wohin
du willst! Welchen Gott du verehren willst, ich will auch ihn verehren!
Unter welchem Volk du leben willst, ich will das selbe! Willst du ins
indische Nyssa und ruhen in Mangohainen, kosen bei Sandelholzbäumen?
Willst du nach Byblus unter den Himmel des Zamen? Willst du in die
fruchtbaren Gauen von Mizraim? Wollen wir die heiligen Überreste von
Atlantis suchen auf Seefahrt? Ich werde das Segel unsrer Liebe im Boote
unsrer Ehe spannen, und der Mast, das sei die heilige Treue! Mit dir, o
meine Eurydice, reit ich auch auf den Rücken schneeweißer Delphine nach
Lesbos, dort in den Gymnasien Tänze zu tanzen, wie Sappho und Phaon!
Willst du den Ölbaum Orthygias, einen Sohn mir gebärend, umschlingen
auf Delos, dem meerumgürteten, dem Zufluchtsort der Schwanin? Wohin
auch immer unsre Liebe uns führt: wir werden gemeinsam wandern!
Hymenäus soll die Fackel tragen, Eros niesen bei jedem unsrer Küsse:
glückverheißendes Niesen! Ach ich Narr, ich nur Narr, nur Dichter, aber
weise werd ich, Eurydice, wenn du mich lehrst die heilige Liebe! Ohne
dich bin ich im Tageslicht ein wesenloser Schatte! mit dir selbst im
stygischen Hain ein Mann des Lebens, denn wo die Liebe ist, unsre Liebe,
da ist das Leben, es sei im Diesseits in schönen Rosen gebettet, oder im
Jenseits auf blauen Blumen und Asphodelenwiesen: Liebe ist unser Gott!
Liebe ist unser Genius! Im Namen dieser herrlichen Macht beginnen wir
ein geheiligtes Leben in den Armen der guten Mutter Erde! Eurydice, ich
werde Epen dichten! Eurydice, wir werden unsre Zicken melken und Käse
machen, unsre Bienen züchten und Honig ernten, unsre Felder bestellen
und die Cerealien ernten, wir werden den Weinstock setzen und keltern die
Trauben unter Sang und Tanz! Kinder sollen uns umschwärmen, Lucina sei
unsre Hebamme selbst, denn Eurydice, Kinder sind ein Segen Zeus’ und
Leibesfrucht ein Geschenk Joves! Eurydice, gleich sind wir da, siehe, ist
da nicht ein Dämmer? oder täusch ich mich, nein, es war ein Flirren auf
meiner Netzhaut. Aber gleich, Geliebte, nicht mehr lang, o Braut, und
unsre Erlösung naht!“
„Geduld, mein Orpheus!“ sprach der Seelenführer, der schöne Bote. „Ich
will dir die Zeit verkürzen, daß dir die Wandrung durch die Schattenlande
nicht zu lang werd, und werd dir erzählen vom Mann Admetos.“
Und der Bote berichtete: „Admetos erfuhr durch eine Prophezeiung, daß er
das Zelt seines irdischen Leibes nun bald würd verlassen müssen, er sei
dem Hades mit seinen unterirdischen Rechten anheimgefallen; wenn nicht
ein anderer Mensch, von heiliger Liebe beseelt, sich für Admetos,
stellvertretend, in den Tod gebe. Admetos liebte das Leben. Er klagte, daß
er sterben solle. Darum ging er umher bei seinen Eltern, die aber das
sterbliche Dasein lieber hatten als die Seele ihres Sohnes, bei seinen
Freunden, die das Leben an den Brüsten ihrer Weiber, den Kelch des
Weines in der Hand, noch auskosten wollten und nicht sterben für einen
andern. Aber größerer Liebe hat niemand, als daß er sein Leben lasse für
einen Menschen, und solche Liebe hatte Alkestis, des Admetos Frau. Sie
war bereit, für ihren geliebten Mann den Tod zu sterben. Kaum hatte sie
sich derart bereit erklärt, den Geliebten zu erlösen, als auch schon aus den
Pforten des Orkus der schwarze Schatten des Thanatos an sie herantrat, sie
ergriff und in das Schattenreich herunterführte. Sie rief im Scheiden nach
dem Zeussohn, dem Gott des Lebens: Verlaß mich nicht, verlaß mich
nicht! Aber sie mußte hinab, um Admetos erlösen zu können. Admetos
weinte bittere Tränen um den Tod seiner Geliebten. Drei Tage trauerte er,
als am dritten Tage der starke Sohn des Zeus in sein Haus trat und den
Grund der Betrübnis erfragte. Admetos schüttete vor dem Sohn des Zeus
sein Herz mit Tränen und Schluchzen aus. Der mächtige Sohn des Zeus
beschloß, zu retten! Retten wollt er, und die Gestorbene wieder in das
Haus ihres liebenden Mannes führen. Darum ging er an das Grab, an die
Felsenhöhle, und wartete, daß Thanatos herbeigeschlichen käme, die
Opfergaben für die Seele der Toten sich zu erhaschen mit gierigem Geist.
Der Sohn des Zeus rang mit Thanatos, schließlich überwand er den
tödlichen Dämon. Am Mittag des Tages trat der Zeussohn mit der
Auferweckten, die verschleiert war, in das Haus des Witwers. Dieser hatte
seiner Braut versprochen, keine andre Frau auch nur noch anzusehen,
sondern ewig im Gedenken an sie zu leben die Tage seines Daseins, und
sei es auch in immerwährender Traurigkeit. Darum wollte Admetos die
Hereingeführte nicht anblicken, selbst nicht die Verschleierte. Der
Zeussohn lenkte aber seine Blicke auf ihre Erscheinung, da fand er im
Wesen ihrer Erscheinung eine verblüffende Ähnlichkeit mit seiner
geliebten Alkestis, ja, sie schien ein wenig graziöser noch zu sein. Er
verbot sich diesen Gedanken, der Gedanke schien ihm an den Grundfesten
seiner unsterblichen Treue zu rütteln. Aber der Retter öffnete ihm nicht nur
die Augen seines Fleisches, sondern auch die Augen seines Herzens, daß
Admetos erkannte: Es war Alkestis, eine verklärte, in den Zwischenwelten
geläuterte Alkestis, die zurückgekehrt war ins Leben. Er hob ihren Schleier
und sah ihr in die reinen strahlenden Augen, deren Schimmer das ganze
weiße Gesicht vergoldete, er getraute sich aber nicht, sie zu umarmen,
denn er hielt sie für eine selige Göttin oder unsterbliche Nymphe. Da trat
Alkestis nah an ihn heran und umarmte ihn mit ihren weichen
Frauenarmen im reinen weißen Gewand und zog ihn an sich; und er, er
fühlte, daß ihr Herz schlug, da wachte er auf aus seinem Traum der
Traurigkeit und küsste Alkestis: Wiedergefunden, schöner als ich je dich
sah! stammelte er und weinte Freudentränen. Leise schied der Sohn des
Zeus zurück zum Olymp. Lobpreis der Geretteten klang ihm nach.“
Während der Seelenführer dieses Gleichnis erzählte, schien es Orpheus
doch, als wäre das Morgengrauen hereingebrochen; oder war es nur ein
Bleichen der Nacht? Noch war die Sonne nicht aufgegangen, aber wie
prophetisch schimmerte ihr Abglanz von ferne in matten Schatten über
dem Horizont auf. Sie selbst befanden sich aber noch in tiefer Nacht.
Keine Sterne, kein Mond war zu sehen, denn sie befanden sich immer
noch in den acherusischen Welten. Die Gebüsche waren von
schwarzseidiger Schwermut, die Schatten seufzten um sie, ängstliche
Schatten, die flohen, wenn Orpheus, der Lebende, ihnen nahekam, sie
flüchteten mit einem bangen Wispern, mit einem verzagten Flüstern.
Orpheus sehnte sich nach dem Licht, vielleicht mit einer solchen
Sehnsucht, wie kein zweiter in Griechenland sie zu dieser Stunde hatte: „O
Morgenstern! Komm herab aus dem Schoß deiner Mutter Nacht! Tritt mit
deinen goldenen Füßen auf die griechische Erde, du heller Morgenstern,
und zünde dein Feuer in meinem sehnsuchtsseufzenden Herzen! O
Morgenstern aus deinem ewigen Reich der Himmel! komm, o komm, und
erlöse Eurydice vom Tode, führe uns mit deiner ewigen Fackel ins
Brautgemach, führ uns nach Korinth, daß wir dir dort das Lied der Liebe
singen, führ uns nach Marion in Cypern, daß wir dir von der ewigen Liebe
jauchzen! Komm herab, du heller Morgenstern, und gehe auf überm
Helikon, dem Quell des Parnassus, die Musen werden dir folgen, und ich
in ihrer Mitte, denn dein Musensohn, o göttlicher Morgenstern, will deinen
Glanz preisen! Komm, o göttlicher Morgenstern, aus den ewigen Hallen
der dunklen Gottheit, komm herbei mit deinem welterleuchtenden Licht
und befreie mich von der Angst und Eurydice mit mir! Soter!“
Da schien dem von Sehnsucht nach dem Licht verzehrten Orpheus, daß
das Morgengrauen schon der Glanz des Morgensternes war. Es drängte
alles in seiner Seele, endlich Eurydice zu erblicken. Von dem Gleichnis des
Seelenführers, dem Mythos von der verherrlichten Alkestis, an der Seele
angerührt, erhoffte Orpheus, Euyrdice in göttlicher Vollkommenheit aus
dem Totenreiche aufsteigen zu sehen! O sie war ihm eine Selige schon auf
Erden gewesen, die heilige Nymphe, aber vom Tode geläutert, erhoffte er,
eine Braut zu erblicken, die eine Göttin genannt zu werden verdiente, weil
an sie ergangen war das Wort des Gottes, der Leben verhieß, des Gottes
des Lebens! Wer aber war dieser?
War es nicht jener, unter dessen Segen sie standen, dem sich Orpheus vor
dem Abstieg in das Totenreich geweiht hatte mit der Teilnahme am
Mysterium, mit dem Verzehr seines Fleisches? Er war der Gott, dessen
Zerrissenwerden, dessen Opferfleisch, vor allem dessen Wiederkehr den
Sieg über die Schatten des Todes verhieß! In seinem Namen stimmte
Orpheus die Leier und begrüßte den Moment, da er die verherrlichte Braut
zu schauen wagen durfte, mit einem Lobpreis des Jacchos:

„Mein Eleleus! du Herrlicher! der du Tod


Im Schwermutgarten starbest! dein Blut wie Wein
Ausgossest in den Opferungen,
Die im Mysterium Weiber feiren!

Mein Eleleus! Du Kehrender! der du kommst


Umschwärmt von Lerchensang in der Frühlingszeit,
Du goldne Osterglocke Nyssas,
Feuriger Jubel des Maienmondes!

Mein Eleleus! vom Morgenstern goldgekränzt


Und in den Locken heiliges Rebenlaub
Kommst du herbei mit Meereswolken,
Himmlischgewaltiger! Blitzgezeugter!

Mein Eleleus! Dir widm ich Eurydice


Und heiliges poetisches Leben dir
Und alles Leben meiner Liebe
Dir, du geheiligter Liber! Zeus Sohn!“

Da ward die Sehnsucht des Orpheus zu groß: Was Zeit, die in den Händen
der dunklen Gottheit steht? Jetzt ist die Zeit! Das ist Freiheit des
Menschen, seine Zeit sich selbst zu wählen! Hinabgeschaut in den Schlund
des Todes in diesem Augenblick, zu erschauen das geliebte Angesicht!
Nach dem geliebten Angesicht, nach dem Antlitz der heiligen Liebe, ergriff
Orpheus solche Sehnsucht, daß er das Gesetz vergaß, das Gebot der Stunde
übertrat und sich wendete!

UNENDLICHE SCHWERMUT

„Eurydice!“ rief Orpheus, überwältigt von Liebe und Todesschrecken!


Sie aber sah ihn an mit einem entsagenden Lächeln im traurigen Antlitz.
„Nicht ists bestimmt uns“, sprach sie mit einem dünnen feinen Stimme,
süß wie summende Bienen, „in irdischer Liebe unser Glück zu genießen,
denn eines andern Bräutigams Liebe zieht mich herab in die jenseitige
Welt, dort am Altar des Schweigenden die blaue Girlande aufzusetzen,
welche mich zum Kinde des Todes siegelt.“
„Eurydice? Was sprichst du? Sollst du wieder hinab zum Hades?“
„Orpheus, mein lieber Mann meiner irdischen Tage! Du hast es gewollt
und versucht, doch nicht gewähren die Götter es dir, mir zu folgen in die
Welt der unsterblichen Seelen, welche nicht mehr im Fleische wandeln.
Drüben ist nun meine Heimat.“ Sie sank langsam und leise, wie ein
seufzende Schatten, den dunklen Weg hinab, sich still und immer
geheimnisvoller entfernend. „Nicht werden wir leben in Marion auf
Cyprias Eiland, denn nicht gehör ich dir mehr, sondern einem Andern.
Dieser hält den weißen Mantel und die Girlande der Asphodelenblumen
bereit. Im Haine Aneslasleja, im Haine Aneslasleja werd ich wandeln wie
ein Hauch, wie ein Atem, gewoben in den jenseitigen Atem des Weltgeists,
wird er süß sein? Er wird atmen wie der unsterbliche Frühling auf den
Inseln der Glückseligen! Denn im weiten Meere des Kosmos, jenseits der
Säulen des Herkules, liegen jene Inseln, und himmelragende Palmen
wachsen dort und weiße Mauern umgeben die Hallen, in denen auch
Achilles und Helena, der Held und die Schönste, wandeln. In
schneeweißen Blüten baden sich dort die Genien, schwingen ihre
allsehenden Schwingen, blicken auf und stimmen ihre elfenbeinernen
Lyren zum Gesange Zeus! Hinab, hinab, in die geheimnisvolle Welt der
anderen Seinsart muß ich und dich lassen, Geliebter, auf der Erde! Trage
dein Los! Trage dein Schicksal, dulde stumm und harre auf den Tag der
Befreiung! Du wirst mich schauen, wenn die höhere Liebe hinzukommt,
im seligen Hain Aneslasleja...“
Orpheus weinte. Unter Schluchzen brach seine Stimme hervor: „Geliebte,
bleib, o bleib bei mir! Hat uns andres das Schicksal beschlossen? Wie,
Geliebte, soll ich ewig weinen? Soll ich mich winden im Staub wie ein
Wurm, weil die Liebe, die Liebe mich verlassen hat? Soll meine Seele
bluten? Sollen Dornen sich durch meine Seite bohren und das Herz mir
bluten? Soll ich blutige Tränen weinen um meine Geliebte, die in den Tod
mir entschwindet? Ist denn kein Retter? Ist das Schicksal so grausam? O
ist das Schicksal denn ein Dämon? Zeus vergebe mir die Lästerung! Ich
muß mich fügen, ich muß alles, alles ertragen, aber zu grausam scheint mir
mein Los! Nicht tragen kann ichs! Eurydice, hilf mir! Trag mit mir,
umschwebe mich, komm und flehe für mich zu den gewaltigen
Himmlischen, daß sie sich unser erbarmen! Komm und segne, segne mit
deiner Erscheinung mein blutendes Herz! Wie, Eurydice! du
entschwindest? Sprich zu mir, o Braut, sprich zu mir und tröste mich mit
deinen Scheideworten!“
„Orpheus, laß mich dein Orakel sein! Siehe, der Retter, der Widder, ward
geopfert im schrecklichen Hain! Sein Goldenes Vlies, es hanget im
Baume! Siehe, Scheidende reden trunken! Orpheus, gib dich nicht der
Raserei der Wollust hin! Gedenke an unsre selige Hoffnung, daß die
heilige Liebe das Wesen des Gottes ist, der uns geschaffen! Sei heilig,
denn auch ich bin geheiligt in dieser Scheidestunde! Siehe, Orpheus, du
sollst heilig werden, aber nicht durch den trunkenen Jubel, Orpheus,
sondern durch dein Leiden!“
„Mein Leiden! Eurydice! Die heilige Liebe, das ist mein Leiden!“
„Gewiß, mein Orpheus, die Liebe muß bluten und sich opfern! Aber nicht
für ewig ist deine Hoffnung verloren, denn Lieber, es gibt den seligen Hain
Aneslasleja... Dort in den heiligen weißen Mauern, inmitten der
schneeweißen Genien, Zeus lobend, will ich dich erwarten, dort will ich
mit dir, und mit Achill und Helena, an ewigalten Tischen den besten Wein
von Chios trinken, und Homer soll die Charis loben, die Gnade! Erbarme
sich Zeus Sohn dein! Orpheus, ich weiß es nicht, ich gehe, ich scheide,
aber ich werde drüben die Augen auftun im seligen Hain Aneslasleja und
werde schauen die Wahrheit und das höchste Gute - Theos allein ist gut! -
und die herrliche Schönheit der seligen Geister und Genien!“
Eurydices Stimme verhallte in der Ferne. Schon sah Orpheus sie nicht
mehr. Und wie aus eines Orakels heiligem Schrein erklang ihre Stimme
zum letzten Male: „Dulde! Leide! Sterbe und sieh!“
Orpheus lag auf der Erde. Schwarzerlen umstanden ihn, entkleidet allen
Schmuckes der Blätter. Frostiger Wind zog, wie klirrende Fahnen, durch
ihr Geäst. Es schüttelte ihn. Schwarz war es hinter seinen Augen, schwarz
war es vor seinen Augen. Tiefste Nacht umgab ihn. Alle verklingenden
Worte von Hoffnung hatten sich in seiner Seele verloren und nur die kalte
Sense des Saturn hatte die Ähren seines Herzens gemäht, nun las er die
Stoppel, nun lebte er wie ein Bettler von dem, was die Zeit ihm
übriggelassen, weniges, nur zum Darben reichendes.
Lange lag er so im Schwarzerlenhain, dachte keinen Gedanken, schaute
kein Bild in seiner Seele, sprach kein Wort. Nur Tränen rannen über sein
kaltes Gesicht, kalte Tränen rannen über seine erbleichte Wange. Älter war
er geworden in einem Augenblick. Kein Ideal, keine Gottheit schien ihm,
kein Trost kam von den Himmlischen, kein Flügel eines Genius berührte
lindernd Orpheus, der sich verlassen fühlte wie ein Waise im unendlichen
Kosmos, dem unbeseelt scheinenden, dem Schmuck, der niemanden mehr
zu schmücken wußte.
Schließlich erhob er sich, nicht in Hoffnung, sondern in dem verzweifelten
Entschluß, seine Leiden zu beginnen, den Schmerz zu tragen, ja, sich
aufzumachen, größerem Schmerz entgegen. Er stürzte sich, wie ein
Selbstmörder, in seinen Schmerz. O Schmerz um die Gestorbene, o
Schmerz um die Grausamkeit des Schicksals, o Schmerz um das
Schweigen aller Götter! Wie sahen sie doch zynisch von ihren
olympischen Freuden, mit olympischen Hohngelächter, auf den Leidenden
und sprachen: „Ha! Da sehen wir den armen Mann, und unsre
Freundlichkeit ist es, daß er noch nicht ganz am Ende ist! Ha, ihr
Gewaltigen, sehet, ob er nicht ein noch schwereres Los zu tragen vermag!
Laßt uns ihm einen Dämon senden, der ihm auflade auf sein Kreuz einen
schweren Packen, einen Stein, daß er ihn den Berg hinantrage! Ha,“
lachten die olympischen Götter höhnisch, „der vermag noch mehr zu
tragen, der muß noch ertragen unser Schweigen! und vermag er es, uns zu
hören, so soll er hören unser Spottgelächter! Venus, zeige dich ihm reizend
und verlache ihn! Mars, zeige ihm Kriege in der Welt und laß ihn
verzweifeln! Apollon, zeige ihm mit deinen Strahlen die Leerheit der Welt
und das Fehlen seiner Geliebten! Ihr Himmel, regnet, ihr Wolken, tauet,
und bringet Leid hervor dem Leidenden, und du, o Mutter Erde, sprosse
ein schreckliches Schicksal dem Dulder, daß er dulde Qualen in seiner
Seele! Ha, ihr Gewaltigen, ihr Dämonen des Olymp, unsre Güte ist, daß er
nicht vollends zuende ist!“ So vernahm Orpheus das olympische Lachen
der Götzen, und es peinigte ihn bis auf den Grund seiner Seele.
Er irrte durch die dornigen Dickichte, seine Kleider wurden zerrissen von
den spitzen Ästen. Er irrte über Felsgeröll, und seine Sandalen zerschlissen
von den spitzen Steinen. Er irrte über schneebedeckte Felshügel, und seine
Zehen wurden blau vom Frost der Erde. Er verirrte sich in dunklen
Wäldern und fand den Weg zur Heimat nicht mehr. Aber was auch hätte
ihm eine Heimat sein können, da Eurydice nicht mehr war? Er war ein
Heimatloser, die Erde ihm eine Fremde geworden, und nur drüben, drüben
war seine liebe Heimat. Aber sie, sie hatte ihm gerufen mit
testamentarischem Orakel: Dulde! Leide!
O er ging täglich die Pfade seiner Schmerzen und Tränen, aber er fand sie
nicht mehr, nicht in den grünen Wäldern zwischen moosigen Bäumen und
efeubehangenen Ästen, nicht auf den Felsenhöhen, wo die Rosen blühten,
wie zum Hohn, und alles, was ihm geblieben war, sein treuester Gefährte,
war sein Schmerz, der tiefe Furchen in sein Antlitz trieb. Ja, das Schicksal
hatte einen Ochsen genommen, einen Stier an Kraft, und ein Joch, und
geackert auf dem Rücken des Orpheus und sein Kreuz zerschunden mit
Wunden des Leides um die Geliebte!
Nicht mehr sprach sie zu ihm und nicht mehr sang sie ihm ihre
Zaubergesänge, mit denen sie ihm oft in seiner schwarze Mannesseele
gesungen himmlische Tröstungen. Dort war sie und dies für immer!
Niemehr heraufzuholen aus dem Schatten des Todes! Denn am Ende alles
menschlichen Lebens stand der Tod und aller menschlichen Hoffnungen,
und selbst die Liebe zu der Geliebten, die Liebe von Liebenden selbst, sie
konnte den Tod nicht überwinden! Weh über Pandora, daß die Frau das
Unheil in die Welt gebracht und Weh über Prometheus und seinen Frevel
des Hochmuts gegen Zeus! Weh und Elend herrschten über die Erde, seit
die Eris den goldenen Apfel gebracht! Orpheus klagte Klage über den
Untergang des Goldenen Zeitalters! Denn seit jener Zeit herrschte der Tod,
beherrschte die ganze Oikumene und herrschte bis an die Enden der Erde!
Letztes Wort und Würger alles Schönen schien ihm der Tod! Der
gewaltigste Dämon, mächtiger selbst als alle olympischen Götter, entsetzte
ihn der Tod!
Komm, und sei mein Freund! dachte Orpheus, denn wenn der Tod so
gewaltig ist, so ists gut, ihn zum Freunde haben. Umarme mich brüderlich,
schrecklicher Dämon! Sieh, ich sterbe alle Tage meines irdischen Lebens,
und der Weg, der vor mir liegt, ist ein Weg in deinem Schatten! Da komm
mit deiner Sense und sense mich, ernte mich und bring mich in deine
ewige Scheune! Ich mag nicht mehr! Ich kann nicht mehr! Von allen guten
Göttern verlassen, will ich mich in deine Mörderarme werfen, o
schrecklicher Tod!
Aber da klang in seiner Seele wieder Eurydices Testament: Dulde! Leide! -
Nun denn! Sterben ist zu kleines Leid! Der Tod ein zu geringes Übel! Ist
doch der Tod ein sanfter Erlöser, und naht er oft auch schrecklich, so ist er
doch der Hochzeitliche, der liebreich waltet über den Hain Aneslasleja und
die Inseln der Glückseligen! Leben, das ist das größere Leid, täglich zu
sterben und dennoch nicht sterben zu dürfen, das ist eines Duldens wert,
wie Eurydice ihm verheißen! Darum wählte er dich, o Leben, als die
schrecklichere Alternative, als die größere Peinigung, als den gewaltigeren
Dämon, denn über dem Tode herrschte als Allergewaltigster der
schreckliche, furchtbare, entsetzliche Gott des Lebens, und diesen
fürchtete Orpheus mehr als den Tod! O wehe, wehe!
Und als der Morgen des Frühlings hereinbrach, kam Orpheus in einen
vergoldeten Lorbeerwald. Das reine Licht der Allerfreuerin, der Sonne,
besänftigte auch seine Seele ein wenig. Durch den Lorbeerwald lief ein
Fluß, in dem er sich wusch und sich dann an der Sonne trocknete.
Da vernahm er aus der Ferne, leise nahend, das schöne Spiel einer Zither.
Eine dunkle schwermütige Melodie berührte seine Seele, die zarten sanften
Töne waren ihm wie ein heiliger Trost, ihm von den Musen gesandt.
Welcher Gott war der Gott seines Trostes? Da tauchte aus den Lorbeern
ein Mädchen auf, das die Zither spielte. Sie hatte goldblondes Haar, das ihr
in glatten Fluten auf die schmalen Schultern fiel. Ihre Augen waren
himmelblau wie die Augen der blauäugigen Tochter Zeus, der Jungfrau
Minerva. Sie sang nicht zur Zither, aber ihr Saitenspiel war wie das
Gespräch eines traurenden Genius mit Orpheus Seele oder wie die
trostreiche, stille himmlische Klage einer Muse vom Berg der Pieriden.
„Bruder Poet!“ begrüßte das himmlische Mädchen ihn, „was schauest du
so schrecklich elend und schmerzensreich? Siehe, wie diese Blume blüht“,
damit zeigte sie zu dem Traum von einer Blüte, die in gelb und gold und
grün und zartem Lila lieblich blühte und den ganzen Lenz in ihrer
unaussagbaren Schönheit gesammelt trug. „Siehe“, sagte sie, „die
Schönheit hat die Erde nicht ganz verlassen, und diese Blume blüht zu
deinem Trost.“
„Oh, Mädchen, ich war in tiefer Trauer, aber dein Saitenspiel hat meine
Seele getröstet. Wer bist du, woher kommst du?“
„Ich nenne Zeus meinen Vater und eine selige Nymphe meine Mutter.
Mein Name ist Maa, wie der Name der Mutter des Jacchus im Mysterium.
Ich bin eine Hirtin und mit dem Herzen einer Hirtin will ich dich trösten,
ja ich will dich trösten, wie eine Mutter ihren Sohn wohl tröstet, obwohl
du mein Vater sein könntest, und darum spiel ich auf dem Saitenspiel für
dich.“
„Du spielst sehr schön, so traurigschön, und deiner Saiten Töne sprechen
ganz mir meines Herzens Sprache.“
„Ich weiß, du trauerst um Eurydice. Ich weiß, du wolltest dich stürzen ins
Schwert wie ein besiegter Perser an Salamis Ufer, aber lebe! Orpheus, und
suche den Theos! Siehe, Zeus, der Anfanglose, der König der Götter, ward
einst von der seligen Mutter Rhea geboren in einer Höhle auf dem Ida. Sie
wird verehrt wie die Magna Mater auf den Bergen von Ephesos, und
Jünglinge geloben ihr Unbeweibtheit. Sie ist wie Maa, des Jacchos Mutter.
Sie ist wie die Tochter Zeus, die Jungfrau mit den himmlischen Augen.
Laß dir dein wirres Haar aus der Stirn streichen von ihren trostreichen
Mutterhänden. Wenn ich mich traurig lege auf mein Lager inmitten meiner
Lämmer, erscheint sie in goldenen Sandalen, wie die Himmelskönigin, und
bettet mein weinendes Haupt auf ihren Schoß. Vergangne Nacht erschien
sie mir, balsamisch wie die Mondin, und sang mir eine Ode für dich vor,
daß ich sie dir bringe.“
„O wunderbares Mädchen, du liebe Hirtin Maa, so sing mir diese Ode,
denn mir ist mein Saitenspiel zerrissen und klanglos ists in mir.“
Und Maa sang:

„Höre, leidender Sohn, höre du in dein Herz,


Lausch mit deinem Gemüt, innig geliebter Sohn,
Nichts soll je dich erschrecken,
Nichts soll dir eine Trübsal sein,

Nichts soll dir dein Gesicht schrecklich verfinstern, nicht


Soll dein kindliches Herz dir sich verfinstern, auch
Sollst du Kummer und Schmerzen
Nicht mehr fürchten, noch irgendein

Schweres lastendes Leid, Leid deiner Seele, noch


Schmerzen deines Gemüts. Siehe, bin ich denn nicht
Deine liebende Mutter?
Bist du in meinem Schatten nicht?

Unterm schirmenden Schutz du denn der Jungfrau nicht?


Nicht im Mantel gehüllt himmlischer Königin?
In der Beuge der Arme
Meiner heiligen Liebe ruh!“

Orpheus ward das Herz wie einst, als er auf dem Schoß seiner Mutter
Calliope saß und ihren Liedern lauschte. Sein Herz war so berührt. War
denn die Hirtin Maa eine Musentochter? ja gar seine Schwester? Er liebte
sie von dieser Ode an wie seine Schwester und war ihr von Herzen
dankbar für den himmlischen Trost. Er wollte ihr die Hand reichen, ihre
Hände halten, zum Dank und sie segnen, er suchte in ihr den Menschen zu
finden, der die Welt ihm erhellte, die seit dem Tode Eurydices wie
umnachtet ihm war. Aber da ging die liebe Hirtin weiter, mit leisen
Saitenklängen: „Ich muß zu meinem Lamme, das wund liegt!“ rief sie ihm
leise zu, und auch sie, auch sie verschwand.
Ja, war sie denn ein die Erde besuchender Genius des Gottes seines Trostes
gewesen und keine Sterbliche? Kehrte sie wieder in den himmlischen
Tempel ihres Gottes, dort mit ihm das himmlische Brot zu teilen? Da sie in
der Ferne entschwand, entschwand mit ihr ein süßer goldener Glanz. Aber
ihre Spuren troffen von Segen in der Seele Orpheus. Und wenn er auch
verloren war, wenn er auch einsam war und eine einzige Klage, wie mit
einem vorüberfliegenden Genius hatte ein Gott sein Herz berührt, ihn
getröstet, ihn gestärkt, für neue Leiden!

DRITTES KAPITEL

„Und am Festtag, nachts, durchglüht vom bacchantischen Taumel,


Warfen zerfetzt den Jüngling die Weiber hin durchs Gefilde.“
(Vergil)

DICHTERWETTSTREIT
Mnemosyne, die Königin, stand erhaben auf dem Parnassus. Sie war in ein
langhinwallendes weißes Gewand, gewoben aus dem reinen Licht des
Äthers, gehüllt, als hüllte sie sich in die Aura des Mondes. Ihre langen
Locken waren braun wie die mohnfarbene Nacht, sie flossen in
melodischem Fallen auf die schmalen femininen Schultern. Ihr Antlitz war
gebräunt wie das einer Hirtin aus dem Süden, und zugleich von dem reinen
Schnee und milchigen Schmelz des Mondes. Es war schlank, es war weich
und nicht wollüstig, es war wie eine vollkommene Lyra. Ihre Augen waren
wie der Archipelagus blau und grün im Licht der weißen Milch des
Mondes, aber ohne aphrodisischen Schaum, sondern von einer mütterlich-
jungfräulichen Reinheit. Sie blickte so tief, so tief wie Melancholia, hinab
in die Brunnen der Erinnerung und die Gründe der Seele. Ihr Wesen war
aus Liebe gegossen, in ihrem Herzen brannte das milde Feuer reiner,
himmlischer Liebe. Sie war Jungfrau und Mutter der Musen.
Der Abend war mit seinen purpurglühenden Wolken herabgegangen und
die gütige Mutter Nacht hatte ihren sternenbestickten, samtblauen Mantel
ausgebreitet über den Parnassus. Da kam von Norden geflogen das
geflügelte Roß der Inspiration. Und Pegasos schaute und sah, und die er
sah, war Mnemosyne. Und da setzte Pegasos seinen Huf auf den Gipfel
des Parnassos, wo Mnemoyne immer saß und träumte, und ein Quell
sprang auf, das war der Quell der lebendigen Gottheit, die mich sieht. Und
Mnemosyne, die Erinnerung alles Göttlichen, alles Schönen und alles
Bitteren, stand am Quell der Inspiration. Und da das silbern-kristallene
Wasser leise rann und da die Jungfrau Mnemosyne schaute, da war alles
umher in den Hainen des Parnassus Schweigen, und in dem Schweigen
war der tiefste Lobgesang des Himmlischen.
Und Mnemosyne in ihrem mondenweißen Schleier setzte sich in einen
silbernen Wagen, welchen schwarze Schwäne mit rubinfarbenem Munde
und Äugelein zogen, und fuhr hinauf in die himmlischen Regionen.
Und da die schöne Aurora mit ihren Lilienarmen und Rosenfingern die
Morgenröte ausstreute über dem Parnassus mit seinen Hainen und seinem
kastalischen Quell, da schwebten die neun Töchter der Mnemosyne auf
dem Gipfel. Und sie waren die Musen, und ganz Griechenland war von
ihrem Ruhm erfüllt.
Und Clio saß auf einem Steine und las in einer geöffneten Buchrolle die
Werke und Tage der Geschichte von dem ersten Bebrüten des Chaos an bis
auf das Kommen des Göttersprosses, und alles stand im Zeichen des
Leides und der Sehnsucht, der Sehnsucht zurück nach Arkadien und der
Sehnsucht voraus nach den himmlischen Burgen von Elysium. Und
Melpomene hielt vor ihrem schönen Gesicht die Maske einer leidenden
Frau, deren Gottheit ihre Tränen war, und sie sah im Untergang
beschlossen ihren Triumph, und sie trug den Dolch im Herzen. Und ihre
jüngere Schwester war Thalia, und sie lachte und ihre Hände spielten mit
einer Maske, welche der heitere Himmel Joniens war, und um sie lachten
und schwatzten die kindlichen Vögel, so süß wie Thalia, so voll süßen
Genusses der lieblichen Liebe und reinen Herzenslust. Und um die
Schwestern im Kreise tanzte Terpsichore, die Anmutige mit den
melodischen Bewegungen, und begleitete sich selbst in ihrem Tanz mit der
siebensaitigen Lyra. Erhaben und heroisch blickte, fast wie ein Mann, die
hohe Calliope, bereit von dem Feuer Ilions und der Wiederkehr des
Dulders zu singen in epischem Ausmaß. Sie rollte ein Pergament
zusammen, denn es stand alles schon in ihrem Geiste. Jünger und
verspielter war Euterpe mit der Flöte, welche die Freuden und die
Schmerzen der Tage zu singen und zu dichten wußte. Keine Seele, die
sagen wollte, was an diesem Tage, den Gott hat werden lassen, ihre Tiefen
aufwühlt, konnte Euterpe missen. Aber die Hübscheste von allen mit ihren
zauberhaften Blicken war Erato, die Muse der Liebeslyrik. Keiner vermag
zu sagen, welche Farbe ihre Augen oder ihre Haare hatten, denn jedem
erschien sie in andrer Gestalt. Hochgesinnt stand neben ihr, auf erhabene
und ernste Dinge bedacht, Polyhymnia, die den Gesang der
götterpreisenden Hymnen liebte. Wen sie inspirierte, der sang Preis und
Lob den hohen Himmlischen und ihrem Vater, und kein Staub und keine
niedere Lust vermochte ihn von diesem Ruhmeswege abzubringen. Aber
am wundersamsten von allen schien in diesem Augenblick doch Urania zu
sein, denn die Morgensonne bildete ihr Gewand, der untergehende Mond
lag zu ihren Füßen, und auf dem Haupte, in ihrem Haar blinkte das
Diadem des Morgensternes. Sie war die, die vom Himmlischen die tiefsten
Geheimnisse zu künden wußte und kannte am gründlichsten das
unergründliche Herz des Vaters der Gestirne. Sie war Urania, denn sie war
die Braut des Uranus, des Himmels, denn von ihm war sie gesegnet
worden mit der Liebe des Himmels.
O wie herrlich und lieblich und schön war der Chor der neun Musen,
welche alle Kunst umfassten und das Leben und der Schirm der
Musensöhne waren. Kein Gesang, der nicht nach ihrem Singen abgebildet
war. Kein Tanz von schön geschlungenen Worten, kein melodisches
Schluchzen, kein heroischer Sieg oder tragischer Untergang, da sie nicht
mit Lobpreis der Himmlischen dienend zur Seite gestanden den
Zeusliebenden Musensöhnen. Denn sie hatten Zugang zum Nektar und
Ambrosia, und wen sie liebten, den nährten sie mit Nektar und Ambrosia,
und wen sie erwählt hatten, den ließen sie trinken vom Quell Castalia, der
heiligen Quelle der Inspiration.
Aber da die Musen so rein von der ewigen Liebe sangen (sie hatten das
Lied von Mnemosyne gelernt), da kamen die Töchter der Pierus, die
sterblichen Mädchen, und begehrten, so schön zu singen wie die Musen
und schöner noch. „Ha, uns gebührt es, zu singen wie die Musen, denn wir
hielten manchen Liebhaber heiß in unsern Frauenarmen! Wer weiß von
Liebe zu singen, wenn nicht wir, welche von den Fischern und Hirten und
die Schnittern die schönsten Mädchen im Königreiche des Pierus genannt
wurden? Sie priesen die Glut auf unsern Wangen und die feurigen Blitze in
unsern schrägen Blicken. Unsre Lippen waren ihnen Feigen, und unsre
Brüste ihnen Granatäpfel. Wir aber begehrten die schwarzlockigen
Jünglinge mit dem blauen Schatten auf den Wangen, welche die
männlichen Arme um uns schlangen. Und da ward unsre Leidenschaft zum
Lied, zum Lied von der Liebe, denn die Liebe ist ein Genuß und eine Lust.
Was aber wissen diese schwebenden Unsterblichen von der Liebe? Sind
sie je auf der Erde angekommen? Schweben nicht ihre Füße in den
goldnen Sandalen immer ein wenig über der Erde? Sind sie je von ihrem
stolzen Gipfel des Parnass herunter gekommen in die schlichte
Wirklichkeit der Schnitter und Fischer? Was sollen die Musen denn von
Liebe wissen, die immer nur in heilige Pergamente oder gar nur in die
Sonne des Himmels schauen, als wären sie Adlerweibchen? Wir aber sind
die lieblichsingenden Spätzlein und sind Schätzlein von Liebhabern, die
sind süß wie unter der Sonne Griechenlands gereifter Wein. Nein, ihr
Musen, euch soll nicht gebühren der Ruhm in Griechenland, sondern uns,
den Töchtern des Pierus. Zwar sind wir Menschen, sterbliche Menschen,
aber darum wissen wir doch die Liebe besser zu singen als ihr
luftschwebende Engelsgestalten!“
So forderten die Pierus-Töchter die heiligen Musen heraus. Diese
verschmähten es nicht, ihre Sangeskünste mit den sterblichen Mädchen zu
messen. Sie verständigten sich mit einem kurzen liebevollen Blickwechsel
und wählten Urania, die Lieblingstochter der Mnemosyne, den Gesang im
Wettstreit mit den Pierus-Töchtern zu singen, und Urania sang:
„Meine unsterbliche Liebe lobt den Himmel, und mein Herz ist voller
Jubel über die Liebe, die die Sonne täglich wie ein Bräutigam an uns
erweist. Der Himmel hat seine Tochter angeschaut mit den lieblichsten
Blicken, voller sanften Gemütes und herzlicher Zärtlichkeit der Seele, und
da schmieg ich mich wie ein zartes Lämmlein, das da weidet auf dem
Gipfel des Helikon, in meines Gottes Hand. Siehe, der Sohn Gottes ist
mitten unter uns, der schöne Musagetes, und von ihm hab ich die Liebe
gelernt. Er ist licht wie die Sonne, rein wie der Himmel, rein und keusch
und treu wie eine weiße Schwanenkönigin, die es nicht verschmäht, ihm
zu Willen und Diensten zu sein und seinen Triumphwagen zu ziehen. Er
verschmähte nicht die Erde, sondern betrat sie mit seinen reinen Füßen und
wohnte unter uns heiligen Musen, die wir heilige Dichterinnen und
Poetissen der Himmlischen heißen, weil Musagetes uns auserwählt. Er ist
der wahre Bräutigam der Seele Uranias, und bald, ja bald, da werd ich
singen in seinem untermeerischen Palast den Lobpreis des Lichtes,
welches nie verlischt, denn Musagetes ist heraufgekommen aus den
nächtlichen Pforten der Hyperboräer im Norden und hat seinen Thron
eingenommen zu Zeus Seiten auf dem Gipfel des Olymp. Von dort haucht
er seinen Geist in mich, und das ist die wahre Inspiration, die eingeht in
das Erbe meiner Mutter, die tiefe, tiefe Erinnerung an den Tag, da ich der
Liebe begegnete.“
Die Nymphen, die aus dem kastalischen Quell getreten waren in
schimmernden Kleidern, sprachen den Musen den Siegespreis zu. Seit
jenen Tagen sind die Musen gekränzt mit den immergrünen
Lorbeerkränzen, und sie verteilen diese Kränze an ihre Auserwählten und
Lieblinge. Die Pierus-Töchter aber wurden in Elstern verwandelt und
verdammt dazu, ewig eine Last den menschlichen Ohren mit ihrem
schrillen Gekrächze zu sein. Zur Erinnerung an ihren Sieg wurden die
Musen im kastalischen Quell auf den Namen Pieriden getauft.
Und den Berg Parnassus hinan stieg ein griechischer Mann, er kam vom
Tal herauf. Er war ein kleiner schmaler Mann mit wenig dünnem Haar und
einem bauernschlauen spitzen Gesicht. Er schaute kurz vor sich her aus
seinen grauen Augen. Nichts war an ihm, was Erato, der Muse der
Liebeslyrik, gefallen hätte. Es war Marsyas, der Phrygier. Da sah Erato zu
ihrem Entsetzen auch noch, daß er hinkte, denn ein Bocksfuß war an
seinem kürzeren rechten Bein. Er war ein Satyr.
Als er auf dem Gipfel des Parnass angekommen war, stellte er sich den
Musen vor: „Ich bin Marsyas! Was gibts? Ah, ein Dichterwettstreit? Bin
bereit! Kurz und knapp, Worte machen ist nicht meine Sache! Schöne
Erato? Nun, mögen sich Verliebte um dich bemühen, keusche Muse,
meines ist, die abstrakte Philosophie der Musik auszuüben, denn ich spiele
die Flöte. Aber mit wem soll ich mich messen? Ich bin in jedem Fall der
Begnadete!“
Die Musen aber schauten sich um, wer sich mit Marsyas messen wolle. Da
rauschte ein Gespann schwarzer Schwäne herbei, die einen Wagen aus
lauterem Golde zogen. Sie kamen von Thule geflogen, und in dem Wagen
stand der Fernhinsinnende, der Dunkelsprechende, der Führer der Musen
und Gott der Poeten höchstselbst, der göttliche Seher! Wir wollen ihn
Musagetes nennen. Musagetes aber hielt in seinem Arm eine siebensaitige
Leier, welche die Sphärenharmonie des Kosmos widerhallte. Marsyas
erschrak, aber begann dann trotzig-stolz zu reden:
„Die heilige Jungfrau Minerva mit dem Ölblattkranz der Weisheit
wandelte einst vorüber meines kleinen Tales. Ich stand an einem Teich, an
dem sich zahme Gänse lagerten, als sie am Wasserrand schwebend stand
und eine Flöte an ihre holdseligen Lippen setzte. Da sah sie in den Spiegel
des Wassers und fand, daß die Flöte ihre lieblichen Lippen entstellte.
Darum warf sie die Flöte fort. Ich aber hob sie auf und übte und übte mich
an ihr. Zwar war ich nicht begnadet worden mit dem Feuer der Inspiration,
aber mit viel Fleiß und Talent bracht ich es denn doch zu einer
beträchtlichen Meisterschaft. So nun, wohl an und auf denn, ihr Musen
und lauschet meinem Flötenspiel.“
Und Marsyas spielte eine Melodie, die er einem einsamen Hirten
abgelauscht, eine milde und liebliche Melodie, von einem anmutigen
Zauber. Die Musen waren begeistert von der Melodie. Als er sein Spiel
geendet, griff Musagetes in die Saiten seiner Leier. Und siehe da, zu aller
Erstaunen, spielte der göttliche Musagetes ein schröcklich Lied, daß den
Musen die Haare zu Berge standen, daß allein die Muse der Tragik,
Melpomene, ihre wahre Freude daran hatte, und allein die Muse der
himmlischen Poesie, Urania, weise und wissend lächelte mit traurigem
Blick. Musagetes schlug die Leier, und vor den Musen tauchte das Bild
einer einsam fliegenden und schrecklich krächzenden Wildgans auf,
welche in den Abend und die Nacht hineinflog.
Die Mehrheit der Musen war verzaubert von dem Flötenspiele Marsyas’,
aber sie entsetzten sich zu sehr vor dem Schreckensliede Musagetes’,
darum hob die liebliche Erato ihre süße Stimme und sagte: „Wir danken
dir, Marsyas, für dein Lied einer stillen schlichten Hirtenliebe. Alle Anmut
einer liebesseligen Liebe zwischen Hirt und Hirtin ist im süßen Schmelz
deines Liedes ausgedrückt. Aber dir, bei aller Ehre, Musagetes, muß ich
sagen: Ich verstehe dein Lied nicht, wenn es mich auch in den Abgründen
meiner Seele berührt. Was mich, die Lieblichste der Musen, betrifft, will
ich dem süßen Stück Musik von holdem Hirtenfrieden und damit Marsyas
den Preis zugestehen, den Lorbeerkranz.“
Aber in dem Augenblick hob Musagetes seine Stimme und sang mit einer
weithin hallenden, echohaft-hohlen und geisterhaft leise und dünn
verschwebenden Stimme des Schweigens zu lydischen Melodien:
„Wehe, wehe! Ich liebe! Wehe mir und doch Heil mir! Wehe mir und doch
Elysiums Seligkeiten meiner Seele, daß ich liebe! Von den olympischen
Tafelfreuden des Nektar und Ambrosia wandt ich mich dem dunklen Tale
zu, da die goldenhaarige Daphne irrte! O wie keusch sie war, wie
holdselig, wie rein! Der sanfte Westwind scheute sich, in ihren goldenen
Haaren zu spielen, denn sie war ihm zu rein! Das helle grüne Moos beeilte
sich, ihren weißen Füßen den Weg schön sanft zu machen. Die Gräser
neigten sich demütig vor der demütigen Hirtin. Die Adonisröschen
erröteten vor der Holdseligkeit der Magd. Und ich, der Dichter unter den
Göttern, liebte sie um ihres reinen himmlischen Blickes wegen, der von
solcher sanfter Wehmut umflort war. Ich liebte sie auf einen unsterblichen
Blick und wollte nichts, als um ihre Freundschaft zu werben, allein um
ihre Freundschaft, denn ihrer Liebe achtete ich mich wert nicht genug.
Dennoch war Eros, der Gewaltigste der Götter, meinem Herzen unhold-
hold und zündete ein unsterbliches Feuer an, so ward mir die Freundin zur
Geliebten! Daphne, Daphne, Daphne, seufzt ich den ganzen Tag, da meine
goldene Rüstung den Tag erhellte, und auch des Nachts auf meinem Lager
im hyperboräischen Thule. Daphne, Daphne, war all mein Lied, und
Daphne, Daphne, war all meine Weisheit, und Daphne, Daphne war all
mein schmerzliches Glück, und Daphne, Daphne, war all meine Hoffnung
meines Erde-durchwandelnden unsterblichen Lebens! Da nahte ich ihr. Sie
floh scheu vor mir zurück. Da begehrt ich, sie in meinen Armen zu halten,
wie Zeus, mein Vater, einst als Schwan der Jungfrau Leda genaht war.
Aber Daphne war zu rein für irdische Liebe, selbst wenn es irdische Liebe
eines unsterblichen Dichtergottes war! Sie floh mit fliegenden Schritten,
wie ein reine Taube vor einem Falken flieht. Und als ich sie mit meinen
fliegenden Schritten ereilt hatte, da rief sie auf: O Gott der Poeten, erbarme
dich meiner! Entweihe mich nicht, denn ich bin eine allzu zarte Seele!
Aber erweise mir die eine Gnade, du Dichtergott, und wandle mich in
einen Lorbeerstrauch, auf daß ich ewig die Locken der Musensöhne
kränze, und du, o Musagetes, ewig in deinen Knechten meiner gedenkst
und wie du mich liebtest! In dem Augenblick blühte in meinen Armen ein
duftender, unverwelklicher immergrüner Lorbeerstrauch. Auf seine Blätter
ließ ich meine Tränen fallen. Ich gäbe meine Unsterblichkeit für Eine
Umarmung ihrer Jungfraunarme, und da ich entbehren muß, tönt meine
siebensaitige Leier, die sonst die Weltenharmonien tönt, nichts und wieder
nichts als schrecklichen Mißlaut, der alleine Melpomene zu gefallen
vermag. Weh mir und dennoch auch Heil mir, daß ich Daphne sah!“
Die heiligen Musen waren tief bewegt. Sie sprachen Musagetes, dem Gott
der Dichter, den Kranz zu. Dieser aber lächelte weise und sprach: „Hebt
diesen Kranz auf für meinen Knecht, der kommen wird und singen wird,
nicht besser als ich, aber wenn er gut und schön zu singen weiß, dann singt
er, wie ich. Ihm drückt den Lorbeerkranz in die Haare seines Hauptes!“
Damit schwang sich Musagetes in den goldenen Wagen, rief einen seligen
Ton, da erhoben sich seine beiden schwarzen Schwäne (Schwan und
Schwanin) und flogen mit dem goldenen Wagen und Musagetes, dem
Engel der Poesie, in das Land des Ostens.
Die Musen sahen zu Marsyas, der sich am Boden wand in Schmerzen.
Darum, weil er herausgefordert den heiligen Sohn des Zeus, den Gott der
Poeten, und sich ihm wollte überlegen wissen, hatte dieser ihm die Haut
vom Leibe gezogen. Ohne seine Haut kroch blutend Marsyas von der
Höhe herab, stolperte und rollte den Hang herab in den Abgrund.
Von seitwärts aber kamen zwei Dichter gewandelt, einer herrlicher als der
andere. Der eine hoch und schlank, mit langem braunen Haar und vollem
Bart in der Mode eines Ziegenhirten, der andere kleiner und breiter, aber
mit tiefblickenden Augen im bartlosen Antlitz, aus denen die Weisheit der
Schwermut sprach. Es waren Linus und Amphion.
Und Linus war der Sohn des Dichtergottes und der Prinzessin Psamathe.
Als Kind war er ausgesetzt worden, aber von einem Hirten gefunden und
aufgezogen. Er ward des zwölfjährigen Herkules Lehrer im Saitenspiel.
Und nun stand er auf dem Berg der Musen und begann, seine Lyra zu
streichen und die Stimme zum Gesang zu heben:
„Singen will ich von Myrrha, der lieblichen Myrrha von Smyrna, und von
ihrem traurigen Los! Segne mich du, o Muse der Liebe, und du, o Muse
der Klage, denn euer Werk beginn ich und unternehm ich mit meinem
Gesang! Auf denn, laßt uns Myrrhas Schönheit preisen! Blau waren ihre
Augen wie der Himmel, wenn der Sonnengott ihn heiter durchlächelt, und
blau waren ihre Augen wie die Augen Athenes, der blauäugigen Tochter
Zeus! Ihre Haare waren golden wie das Haar der Venus oder wie die
wogenden Weizenfelder der Ceres! Ihre Haut war weiß wie die Milch der
Luna oder das Schwanengefieder der Mutter Latona, die den Dichtergott
gebar! Sie war so schön, daß die Schönheit selbst, die Göttin der Schönheit
Aphrodite, eifersüchtig ward auf die herrliche Myrrha. Da sprang vom
olympischen Thronsitz Aphrodite auf, die Wangen in Zorn gerötet, die
Locken fliegend, die Blicke blitzend und rief in Wut und Rage: Ha!
Verderben will ich Myrrha von Smyrna! Keine soll sich rühmen, an
Schönheit die Liebesgöttin und Herrin aller Lüste zu übertreffen! Myrrha
von Smyrna stürz ich ins Elend, daß ihre himmelblauen Augen weinen,
daß sie ihre goldenen Haare rauft und daß ihre milchweiße Haut zu
Totenblässe wird! Und mit diesen Worten eilte die gräßliche Aphrodite zu
dem Vater der Beneideten, dem König von Assyrien, König Thias. In
dessen Herz und Fleisch warf die lüsterne Göttin ein frevlerisches Feuer
und eine dämonische Begier nach dem herrlichen Leib seiner zarten
Tochter. Thias ward überwältigt von dem Dämon der Eifersucht
Aphroditens und nahte in einer Nacht seiner reinen unschuldigen Tochter,
nahte zu nah ihr und überwältigte sie mit Gewalt! Myrrha war starr vor
Entsetzen! Sie erbleichte, sie raufte sich die Haare, ihre Augen füllten sich
mit Tränen, ihre Stimme versagte, aber ihr an allen guten Göttern
verzweifelnder Geist rief: Himmel! rette deine elendste aller Kreaturen! Da
erbarmte sich der König und Vater der himmlischen Lichter und
verwandelte Myrrha in einen Baum: Ihr Leib verwandelte sich in einen
Stamm, ihre Beine wurden von Rinde überzogen, ihre Arme breitete sie
aus zu Ästen, ihre Haare wurden zu süßduftenden Blättern, aber ihre
Augen quollen beständig über von Tränen, und ihre Tränen entquollen dem
Baum als das heilige Myrrhenharz, mit welchem Adonis im Tode ward
gesalbt. Dieser nämlich trat aus dem Myrrhenstrauch hervor in göttlicher
Schönheit, und sein Ende, das Ende eines Gottes und eines Heroen,
beweint von Myrrha mit dem heiligen Harz und von der reuigen
Aphrodite, ist ein andres Lied, das andre Dichter zu singen unternehmen
mögen!“ Damit endete Linus, der ein Sänger in den heiligen
Frühlingsfesten des auferstehenden Adonis war.
Nun trat Amphion vor. Er war einer der Söhne Zeus, geboren von der
Antiope. Mit seinem Zwillingsbruder Zethus war er ausgesetzt worden
gleich nach seiner Geburt, aber von einem Hirten gefunden und
aufgezogen, wie Linus. Seine Lyra hatte er aus den Händen Musagetes
höchstselbst empfangen. Er blieb zeit seines Lebens ein Hirte, und
entzückte doch alle als Dichter. Sein Lied war so entzückend, daß sich auf
die Bewegungen seiner Melodien hin die Steine bewegten und sich bauten
zu Mauerwall und Toren und Türmen von Theben. Dieser nun hob seine
Stimme, schlug die Saiten und begann derart:
„Singe mir, Mnemosyne, den uralten Mythos von der herrlichen Aura und
ihrem jammervollen Ende! Siehe, Aura war eine treue Gefährtin im Kreise
der reinen Jungfraun, welche die himmlische Jungfrau Parthenion
begleiteten bei ihren Streifzügen durch die Ökumene. Sie war eine
Prinzessin Arkadiens, Tochter der Nymphe Periböa, aber sie hatte Vater
und Mutter verlassen, um im keuschen Reigen der Jungfrauen Dianas zu
wandeln. Nun hatte aber der Gott des Wahnsinns, Bromios, sich in die
Sterbliche sterblich verliebt und begehrte sie zu einer Braut. Darum nahte
Bromios der keuschen Aura, die sich schüchtern zierte und sagte: Nein,
sondern mit den heiligen Jungfraun der Göttin Parthenion will ich wandeln
alle Tage und keinen Mann und keinen Halbgott erkennen, als nur den
Höchsten! Bromios war gekränkt in seiner Ehre und wandte sich an
Aphrodite, daß diese ihm helfe. Aphrodite stieg hinab in die Unterwelt und
rief die Götter des Schlafes und der Träume und der Phantasie, Morpheus
und Hypnos und Phantasus, daß sie mit einem betörenden Gaukelspiel die
schlafende Aura umgaukelten auf dem Nachtlager. Dies geschah, und so
geschah es, daß Aura träumte einen Traum, daß die Göttin Parthenion
selbst ihre kleine Jüngerin legte in die Arme des rasenden Gottes des
Wahnsinns. Als sie erwachte, war sie voll der brennenden Leidenschaft,
die eine Tochter Aphrodites war und Mutter aller Torheiten. Darum seufzte
Aura nur nach Bromios, und dieser nahte ihr, er wohnte ihr bei und zeugte
in ihrem unbefleckten Schoß ein Zwillingspaar. Dies brachte sie unter
Schmerzen zur Welt. Aber die Liebe des Wahngottes hatte tiefe Spuren in
ihrem Geist und in ihrer Seele hinterlassen: Sie war krank geworden und
verrückt, und immer schlimmer wurde ihr Wahnsinn, bis sie schließlich
ihre beiden Neugeborenen mit Haut und Haaren auffraß und sich gesättigt
an ihrer eignen Leibesfrucht wildschreiend ins Meer hinabstürzte und
ertrank. Bromios aber, der Untreue, hatte sich bereits der Ariadne
zugewandt, die er auf den Olymp entrückte, dort mit ihr der Wollust zu
genießen. Das allerdings ist ein Thema für das Lied eines andern Poeten.“
Damit endete Amphion seinen Gesang.
Die Musen beratschlagten sich, welchem von den beiden Dichtern der
Preis zuerkannt werden müsse. Aber während sie sich noch beratschlagten,
nahten zwei weitere Dichter, sie kamen von Osten den gewundenen Pfad
zum kastalischen Quell gewandelt. Es waren Eunomus, der Lyriker mit
seiner neunseitigen Zither, und der große prophetische Poet Orpheus. Die
Musen entschieden, auch diese beiden Dichter noch zu hören, bevor
entschieden würde über den Preis.
Also stimmte Eunomus seine neunsaitige Zither und strich die Saiten, erst
zart, dann stürmischer werdend in einem dorischen Vorspiel. Aber beim
Stürmischerwerden seines Vorspiels riß ihm eine der Saiten. Hilflos blickte
er drein, aber aus den heiligen Hainen des Parnassos kam eine grüne Grille
geflogen, spannte ihre Flügel über die Zither und opferte ihren
schöngeschaffenen Leib auf als eine Saite für den staunenden Lyriker. So
begann dieser nun zum Zitherspiel dieses zu singen:
„Liebe will ich singen, und alle Musen mögen im Reigen mit Amor mir
beistehn! Siehe, Liebe ist ein Weg der Schmerzen und der Qual zum Tode
und zu gleicher Zeit eine selige Kraft und ein Flug ins Land Elysium.
Liebe ist die köstliche Erfahrung des Einsseins alles Lebendigen und das
schmerzensreiche Ertragen aller Entfremdung. Liebe streckt den einen
Flügel in das Reich der Träume und den andern Flügel in die Plackerei der
Bauern. Liebe ist eine gemeinsame Meerfahrt durch die endlosen
Meereswüsten und ab und an eine Insel der Calypso mit herrlichen
Feenpalästen und fruchtbaren Gärten. Liebe ist das Mysterium und ein
herrlicher Abglanz der Gottheit des Anfangs. Liebe ist eine herrliche
Philosophie, welche ihre Dummheit gelassen erträgt. Liebe ist die
Einsamkeit des Zeussohns im Olivengarten und ist der selige
Frühlingsjubel bei der Wiederkunft des Zeussohns über die Meere. Liebe
ist ein unendliches Lied der heiligen Musen und die Kraft der Mutter Erde.
In Liebe ist die Zweiheit einig und die Einheit entfaltet. Liebe ist das
dauernde Kämpfen von Sympathie und Krieg, denn der Widerspruch ist
Vater aller Dinge, aber die Liebe ist die Versöhnung des Widerspruchs.
Liebe ist der mühselig-fleißige Ackerbau Hesiods und zugleich ein
Geschenk der Charis und ihrer Grazien. Liebe ist eine Flut von Tränen und
zugleich der höchste Genuß, den Epikur zu erstreben riet. Liebe ist eine
gemeinschaftliche Suche nach der Wahrheit und dem Guten und der
herrlichen Schönheit des Ewigen. Liebe ist eine Beflügelung der
Sehnsucht und eine unerschütterliche Hoffnung auf den Garten der
Hesperiden mit den goldenen Äpfeln des Lebens. Und Liebe ist meine
Sehnsucht nach Melione, die im Süden weilt fern von mir, die Geliebte!“
Damit endete Eunomos seinen Gesang.
Nun trat Orpheus vor. Seine siebensaitige Leier ward von dem Musensohn
gespielt, als ob ein Gott sie streiche, dazu sang er mit einer Stimme, die er
von seiner Mutter Calliope, einer der Musen, geerbt hatte, dieses Lied:
„Einst war ich wortreich, als ich noch unter den Lebenden weilte, nun aber
laßt euch, ihr Menschen und Heiligen, nur genügen an einem kurzen
Liede: Das Leben ist mir nichts als der Mangel an Leben. Die Liebe ist mir
nichts als das Fehlen der Liebe. O ihr todlosen Götter, ist nicht Einer unter
euch bereit, den Tod zu schmecken, der so bitter ist? Mir ist er
allgegenwärtig, denn meine Liebe ist der Tod! O Tod, du Allversöhner, der
du meine streitende Seele mit sich selbst versöhnst und mich heimführst in
den seligen Schoß der Liebe! Dir sei Lob, denn du, o Tod, bist das wahre
Leben, und das Leben ist nichts als ein tägliches Sterben! Darum preis ich
den unter den todlosen Göttern, der in deine Tiefe herabdringt, um bei mir
zu sein, der ich ein Abgeschiedner bin und als Schatte nur im Seufzen auf
der Erde wandle, den Menschen die Botschaft zu bringen vom seligen Tod,
der Leben ist.“ Damit endete Orpheus das Lied. Die Musen gaben,
geheimnisvoll genug, ihm den Lorbeerkranz.

DAS GRÄUELBILD DER ZERSTÖRUNG

Orpheus schritt im braunen Gewand eines jungen Mannes durch die


Frühlingswiesen Thrakiens, seiner Heimat. Er war zu den Seinen
gekommen, aber diese wollten ihn nicht hören, sondern waren alle in
Ekstase und bacchantischem Taumel. Er trug aber mit Würde in den
Haaren den Lorbeerkranz der heiligen Musen und in seiner Rechten die
siebensaitige Lyra.
Am Abend begab er sich in einen Myrtenwald auf einem Hügel, um tief
nachzusinnen über das dialektische Geheimnis von Liebe und Tod. Er war
allein und eine heilige Wehmut erfüllte seine Seele. Seine Liebe war im
Jenseits, und nichts mehr erwartete er von der Erde und ihren
epikuräischen Freuden. Er sah am Hang des Hügels drei junge Hirten im
Gras schlafen und fühlte sich um ein vielfaches einsamer, da er Menschen
in der Nähe wußte. Er warf sich mit dem Angesicht auf die Erde, ob sie
ihm Kraft zu geben vermöge, aber ihm wurde noch wehmütiger. Da
erinnerte er sich eines Wortes der Toten: „Theos...“ Ja, die Gottheit, die zu
suchen war er berufen. „Theos“, flüsterte er, „von Wehmut durchdrungen
ist meine Seele. Sende mir den Becher des Trostes, laß an mir vorübergehn
den Schierlingsbecher des Eros und der irdischen Liebe, denn nicht mehr
bin ich von dieser Welt. Komm, o Theos, und offenbare dich mir! Siehe,
dich suche ich von meinem ersten Gedanken an, und früher schon, im
schwebenden Schweigen des Windes ahnt ich dich. Wer aber bist du? Wie
soll ich dich rufen, welchen Wesenzug dir beilegen? Alle wollen dich
finden im ekstatischen Jubel, ich aber kann nicht anders, als dich in der
Wehmut der Einsamkeit zu suchen und zu ersehnen.“ Da umschwebten ihn
die Geister der Natur, wie leichte Lüftchen, wie Blütendüfte, und trösteten
ihn.
In dem Augenblick hörte er von ferne näher kommen ein hohes Gekreische
und Gejauchze von Weiberstimmen und ab und an den tierischen
Brunstschrei eines Kerls dazwischengellen. Es war der bacchantische Zug,
der da nahte, der hügeldurchschweifende, fackeltragende, lustbesessene
Zug der Weiber des Dionysos.
Nein, diesen Dionysos hatte Orpheus nicht gesucht. Im Mysterium des
Jacchos hatte er eine andere, dunkle, mystische Weisheit geahnt. Aber in
diesem Triumphgeschrei der Erdgeborenen, in diesem Lustgetöse der
Weltkinder suchte er den Gott nicht zu finden, welcher die Wahrheit war.
Näher kamen die Mänaden und ihr Anhang. Junge, hinreißend schöne
Weiber führten den Zug an. Ihre Lippen waren geschminkt mit ägyptischer
Lippenschminke, ihre Haare gefärbt mit dem Rot der zyprischen
Hennablume. Ihre Kleider hingen dünn und lose um ihre wallenden
wogenden Leiber. Sie blickten begierig in die Nacht hinaus, wo zu
begehen wäre eine Orgie, ein rasendes Fest des Fleischgenusses. In ihrem
Gefolge war Silenus, der alte Weintrinker, welcher als der Lehrer des
Dionysos galt, und die Satyrn, die Waldgeister, und die Bocksfüßigen, die
Panisken, und dreist und obszöner Gesten der Gartengott Priapus mit
seinem Phallus-Zepter. Orpheus entsetzte sich.
Die Führerin der Mänaden, Ctesylla, trat zu Orpheus, dem Schweigenden.
„Komm, laß dich küssen und küsse mich, denn wir wollen heute keinen
Jüngling und keinen Mann in Thrakien sehen, der nicht mitfeierte
bacchantische Taumelfeste des Dionysos! Was schaust du so elend? Fließ
über vor Selbstmitleid und geh daran zugrunde, oder komm zu unserm
Fest und Jubeltanz, denn mit Jubel und Heiterkeit und rasendem Tanz, so
wollen wir den Gott des Lebens und der Lebensfreude feiern! Also, willst
du nun wie ein Toter, wie ein Abgeschiedner und gespensternder Schatten
durch die nächtlichen Haine schleichen? oder willst du inmitten rasender
Weiber den Reigen tanzen und fühlen, daß du in Saft und Kraft, in Fleisch
und Blut ein Mensch bist?“ Damit umschlang sie seinen Hals und küsste
ihn.
Die Mänaden jauchzten auf, schwangen die Fackeln aus Pinienholz und
schüttelten ihre losen Haare mit den Efeukränzen. Ihre Pantherfelle oder
Ziegenfelle hingen ihnen halbzerrissen um die bloßen Leiber. Nicht wie
Amazonen waren sie Einbrüstige. Alles dampfte die verschwitzte Schwüle
der Wollust. Orpheus aber sah sie nicht, er war blind für ihr Fleisch und
taub für ihre wilden Triumphgesänge. Vor seinem Auge war es Nacht. In
der Nacht war ein Hain. In dem Haine wandelte eine weiße Gestalt, ein
seufzender Schatten, mit blutiger Ferse - Eurydice - oder - die Königin der
Liebe?
Ohne Widerstand zu leisten, ließ sich Orpheus fortziehen von dem
Mänadenschwarm. Sie nahmen ihn in ihre Mitte, umdrängten ihn mit ihren
feirenden Leibern, die Satyrn wollten sich verbrüdern mit ihm und lachten
ihn an: „Siehst du überall denn nichts als die Dämonen des Hades? Oder
bist du einer von den Philosophen? Oder glaubst du naiv ans Gute und
Wahre und Schöne? Oder willst du ein heiliger Mann werden in Athenes
Burg? Laß das alles fahren! Die Wahrheit liegt im Wein, und darum schuf
Dionysos auch die Weinstöcke, daß wir in Raserei der Trunkenheit und
Wollust der Lebensfreude seinen Triumph feiern, denn er ist aufgefahren
zum Olymp! Evier! Feiert Dionysos, feiert Dionysos, denn er ist
aufgefahren zum Olymp, er ist wirklich aufgefahren zum Olymp, so feiert
Dionysos, feiert Dioynsos!“ und so fort, und wollt kein Ende nehmen.
Ein altes Weib mit wüsten grauen Haaren, spitzer Nase und faltigem Kinn
trat inmitten die Schar und hob die Hände und schüttelte sich und rief in
einem fort: „Evier, Evier! Laßt euch erzählen von Pentheus und der
gewaltigen Schrecklichkeit des großen Zerreißers Dionysos!“
Und damit begann das gräuliche Weib, die eine Mutter des Dionysos war,
zu schildern: „Er, der in Indien war erzogen worden von seinen Müttern,
deren ich eine bin, er durchzog den Erdkreis, überall seine Gesetze des
Weines und des göttlichen Wahnsinns aufzurichten. Gütig war er gegen
seine rasenden Jüngerinnen, aber schrecklich und unbarmherzig gegen alle
Feinde seines sinneverwirrenden Gottesdienstes. So kam er auf den
Wanderungen von Indien durch das Land der Phönizier, wo man ihn Baal
rief, und kam in seine Vaterstadt, das siebentorige Theben.
Dort war Pentheus, der Sohn des Echion und der Agave, König. Agave
aber war eine Schwester der Mutter des Dionysos, der blitzverbrannten
Semele. Pentheus aber fand den Gottesdienst des Dionysos einen Gräuel.
Alle Weiber Thebens rissen sich von ihren Gatten los und strömten den
Scharen der rasenden Mänaden im Gefolge des Dionysos zu, es war eine
große Erweckung unter den Weibern, und sie schrieen alle in
unverständlichen Sprachen des Wahnsinns die schrecklichholden Hymnen
des Gottes: Evier! Evier!
Pentheus aber rief den Rasenden zu: Welch ein Wahnsinn hat euch
befallen? Theben wurde in zweitausend Jahren niemals eingenommen von
seinen Feinden, weder mit Feuer noch mit Schwert, und nun soll ein
trunkener Jüngling mit Efeu im Haar und zerrissenen Pantherfellen um
seine milchgewaschenen nackten Glieder das heilige Theben einnehmen?
Nun soll euer Jauchzen die heiligen Mauern stürzen? Nun sollen unsre
ehrwürdigen Gottesdienste, in der Stimme stillverschwebenden
Schweigens den hohen Himmlischen dargebracht, zu einem
Triumphgejauchze des siegreichen Götterjünglings werden? Sinnverrückte,
berauschte Narren in eurem Gefolge und grellgeschminkte Weiber! Alle
Ehrfurcht vor den hohen Heiligen ist dahin und zerstört durch eure
Verzückungen und Lustgesänge! Wehe euch! Denn so gefallt ihr den edlen
Olympiern nicht! All diese rauschende Gottesverehrung ist nichts als eine
einzige Täuschung, als eine einzige lustvolle Lüge! So lästerte Pentheus
den Dionysos, der freudlose Pentheus!
Er sandte seine Knechte aus, den Dionysos gefangen zu nehmen. Diese
aber kamen mit blutigen Köpfen wieder. Wo ist Dionysos? fragte Pentheus.
Einen aus seinem Gefolge konnten wir fangen, den Schrecklichen selbst
aber nicht, gaben sie zur Antwort. Pentheus befragte den Gefangenen, der
aber war stolz auf die Majestät und Herrlichkeit seines Gottes und sang
Lobpreis: Evier, Evier! Dionysos ist aufgefahren, feiert Dionysos, feiert
Dionysos, denn er ist aufgefahren! Pentheus aber ließ den Lobpreisenden
martern.
Dann begann er mit einer Verfolgung des Dionysosdienstes. Seine Mutter
Agave aber und alle seine Schwestern waren mit im Mänadenzug und
tanzten zuckende Tänze dem Gotte und lachten ihr irrsinniges Lachen zu
seiner Ehre.
Pentheus aber sandte erneut Knechte aus, Dionysos zu fangen. Dieser aber
kam freiwillig mit, unberührt, milde lächelnd in seiner törichten Weisheit.
O, er war so schön! so jung! so herrlich! Evier, Evier! O Dionysos, du bist
herrlich, du bist herrlich, o Dionysos! Aber mitten durch die Schar der
Knechte des Pentheus ging Dionysos und trat in den Kreis der verzückten
Weiber. Sieg und Triumph dem Gott des Wahnsinns! Triumph dem
Schönen und Herrlichen!
Aber Dionysos trat erneut vor den König Pentheus und sprach zu ihm:
Verblendeter, der du zuwider bist meinen tanzenden Weibern! Lege ab
deinen Königsmantel und hülle dich in weiche Frauenkleider, dann tritt in
die Schar der tanzenden Gottesversammlung, sie werden dich in
Frauenkleidern nicht erkennen, anders auch würden sie dich grimmig
zerreißen, denn du lästerst ihre Freude und höhnst ihr Lachen!
Pentheus folgte Dionysos in Frauenkleidern. Der Gott des Wahnsinns hatte
dem trotzigen König schon den Wahnsinn in den Geist gesandt. Pentheus
hielt die Sonne für ein Doppelgestirn, Dionysos für einen goldenen Stier,
und in bacchantischer Raserei und in lachendem Zucken eilte er durch das
fichtenbestandene Tal, wo die jauchzenden Weiber ihre Efeulocken
schüttelten und ihrem Wahngott Lobpreis sangen: Evier! Er kommt
wieder! Evier! Da bricht sich Freude Bahn und Lachen und Tanz und zu
seiner Ehre wollen wir feiern ein Fest, denn er ist der Herrliche, Evier!
Dionysos bog einen Tannenwipfel herab und setzte Pentheus in den Wipfel
und ließ die Tanne sich wieder aufrichten. Da hing der König im Baum.
Der Wahngott rief seine Weiber, diese bewarfen den König mit Steinen,
höhnten und lästerten ihn und begannen, die Tanne umzuhauen. Mit der
Tanne stürzte Pentheus herab. Agave aber, seine Mutter, war die Erste, die
ihn zerriß! Sie hielt ihn für einen Löwen, so hatte die schreckliche
Herrlichkeit unsres Gottes Agave verblendet. Pentheus’ Schwestern rissen
ihm die andern Glieder ab. Agave setzte sein blutendes Haupt auf ihren
efeuumschlungenen Thyrsosstab und trug es durch die Wälder des
Kithairon.
So ergeht es allen Gotteslästerern! Freude ist mit uns, denn unser Gott ist
ein herrlicher Triumphator, der als erstes den Weinstock des Jubels
pflanzte! Evier! Er ist aufgefahren! Evier! Er ist herrlich!“ So schloß die
Mutter ihren Lobpreis, fiel auf den Boden, wandt sich in Zuckungen, lallte
in einer unverständlichen Sprache, krähte wie ein Huhn und lachte wie
irre.
Mit einem irdenen Kruge voll des schwersten Weines, gekränzt mit
silbergrünem Efeulaub in den schwarzen Haaren, die Augen rollend und
grau wie ein Meer, sich die unrasierte Wange kratzend, trat Silenus vor, der
Erzieher des Dionysos, ein stets trunkener Mann. Er hob seine Stimme zu
diesem folgenden Hymnus:
„Ihr wisst, ihr unholden Scharen, daß unser schrecklichheiliger Dionysos
erzogen worden in Indien. Lasst mich also sagen, wie er sich gebärdete im
fruchtbarschrecklichen Indien: Man rief ihn Schiwa in Indien. Im Beginn
des Frühlings feierte man zu Schiwas Ehren die Schiwararti-Feste. Man
sang die freisten Lieder, zügellos und vulgär, denn Schiwa war ein Gott
des primitivsten Lebensgenusses. Während einige sangen: Wir begehren
dich, Weib Leben, sangen andre, wir sind verliebt in dich, Weib Leben,
und es war dasselbe gemeint. Denn Schiwa kam zu dem Weib Leben und
zeugte in ihrem Schoß das Lebendige mit seiner Lust. Und das Weib
Leben war Parvati, war die Göttin, die man auch die große Ganga nannte,
denn sie war fließend, dunkel, geheimnisvoll, empfangend das zeugende,
schöpferische Feuer in ihren Grotten. Schiwa war der zerspaltende Blitz, in
sich zerrissen zwischen Feuer und Geist, aber aus seinem Lingam strömte
der spaltende Blitz, das zeugende Feuer, denn er tat sich auf, wenn er sich
als Säule offenbarte, spaltete sich, spaltete die Säule und trat hervor in
Feuerglanz, dann schüttete er das Feuer aus, in der Raserei der Wollust,
und verglühte die dunkle Nacht der Ganga. Die warf ihre
flutenschlammbraunen Locken, beglänzt vom bengalischer Feuerröte, wild
um ihren entfesselten Leib und strömte entgegen dem sich im Lingam
offenbarenden Feuergott der zeugenden Leidenschaft. Da war wollustvolle
Vereinigung zweier Prinzipien, Nacht und Blitz in einem, Lingamflamme
und Gangaschoß in einem, und so trieb es in einem urheidnischen
Mysterienspiel des Zeugens und Empfangens wildrollend und
wildwälzend in einem fort und fort, Leben schaffend, erhaltend und
zerstörend in einem Augenblick. Und Schiwa war so gewalttätig zeugend,
so zügellos in Besitz nehmend, so schrankenlos überwältigend die
Wasserseele der Ganga, daß er auch der Zerstörer genannt ward, denn er
war die Wollust des Todes, er war der Blitz aus dem Herzen der Nacht, er
war das Feuer des Zornes, in welchem der Schleier der Maya verbrennt
und übrig bleibt die nackte Existenz des Lebens, das unvernichtbar ist.
Schrecklich ist Schiwa, und in wem er wütet, der ist blitzgespalten,
schrecklich ist Schiwa, und in wem er rast, der ist feuerverbrannt und
verglüht in den Flammen der fleischlichen Inspiration. Er ist Fleisch und
zerreißt sich selbst, er ist Fleisch und wühlt sich in die Wasserseele der
Ganga, die ihm nicht wehren kann. Er ist das Zentrum alles Schrecklichen,
aller Gewalt, alles Überwältigens, aller Zerrissenheit der Menschen, denn
er ist das Fleisch in seiner triumphalen Hoffahrt, streitend gegen den
göttlichen Atem. Darum fürchten alle hohen Asketen die schauerliche
Gewalt der zornigen Schiwa, denn er zerreißt ihr Fleisch und verbrennt
ihren Geist zu einem beschämenden Haufen nichtiger Asche. Wehe dem,
der in Schiwas Händen fällt!“
Aber einer der Panisken trat vor und bellte wie ein Hund: „Großer Silenus,
du selbst blitzgespaltener Meister der dionysischen Geheimnisses, lehre
uns, wer des Schiwa-Dionysos Braut ist, denn wer ist jene, die ertragen
kann die Geheimnisgewalt des Blitzgezeugten Wahngottes in dem Wüten
seiner Raserei?“
Da schüttelte Silenus sich, schüttelte alle seine Glieder in Zuckungen, und
rief mit schäumendem Munde: „Ganga nannt ich sie, weil sie dunkles
Wasser ist, aber nennen will ich sie Parwati, als die, die auf dem Gipfel des
Berges dem Schrecklichen beiwohnte: Siehe, wenn Dionysos liebt, dann
liebt er nicht Parwati, aber wenn er begehrt und wütet, dann begehrt er
Parwati und wütet um sie. Denn sie ist die lockende Flut der Tiefe und der
provozierende Gipfel des Berges, des Doppelgebirges, der den Himmel
küsst. Sie ist die, die dem Reden seiner Wollust schweigend ergeben ist,
denn sie ist ein Berg, er aber ein Reden der Wollust, sie aber das
Schweigen der Materie, denn nicht im Geiste antwortet sie ihm, sondern
mit dem Entgegendrängen der Erde. Ihre Locken sind geringelt wie
feuerglühende Schlangen, ihre Lippen sind scharlachrot wie das Feuer der
neun untern Regionen, ihre Brüste sind die Gebirge des Himalaya, den
triefenden Blicken der regenschwangeren Wolken offenbar mit ihren
Gipfelspitzen. Sie ist die dunkelergebene Wollust der Erde, und Gespräch
mit Schiwa ist sie, in dem sie ihn zum Reden auffordert: Erzähle mir, mit
welcher Wollust du den Grotten der Erde ergeben bist, du niederregnender
Stier!“
O wie schrecklich fand Orpheus diese besinnungslosen, sinnlos-
dampfenden Reden des Silenus. Der sprach in einer Raserei der
Trunkenheit, mehr malend mit Worten, als Gedanken äußernd. Er selbst,
Silenus, konnte die dämonische Macht dieses dunklen Urtriebes nicht
fassen in seinem Geist, denn die Wollust von unten konnte von keines
Menschen Geist erfasst werden. Geist erfasste Geist, das Fleisch allein
lebte das Drängen des Fleisches. Und während in den Reden des Silenus
das Fleisch sich zu einem Mysterium erheben wollte, schwand die Seele
des Orpheus in geistiger Luft und suchte den Frieden in einem Gespräch
mit der heiligen Liebe.
Aber da ihn umgab das schwüle Dampfen des religiösen Fleisches, kam er
nicht zu einer lichtblauen Friedlichkeit des Geistes, sondern in ihm wühlte
herauf das Untere, das Zügellos-Wilde, Animalische, das ihn drängte zu
den Mysterien der Sünde. So riß es ihn auseinander, und während seine
Seele schwebte wie ein hellblauer Adler in den Lüften, der lichten blonden
Sonne offen ins goldige Antlitz schauend, stritten unten in den Talgründen
seiner Seele sich die schwarzen Panther mit den Schwarzbären, die sich
zottelig anbrummten und sich gegenseitig zerfleischten und kannibalisch
auffraßen.
So war dem Herzen des Orpheus, das geisterfüllt war, der Dionysoskult ein
Gräuel, und er sehnte sich nach dem apollinischen Licht des Himmels, da
die heiligen Himmlischen schicksallos wandelten in den genialen Höhen
des ewigen Geistes, aber - weh ihm! - sein Herz war noch gebunden durch
die Geburt des Menschen aus der Wollust der Natur an die zerfleischenden
Panther, so tobte in den dunklen Grotten und geheimnisvollen
Dorndickichten seiner Seele der streitbare Schwarm der Dionysosweiber,
alle Lockung zum Tode, alle mit Blitzblicken ihn zerspaltend, alle nach
ihm greifend mit Schlangenarmen, den Adler in den brodelnden Schlamm
zu ziehen, ihn dort zu ersticken in dem Blutdampf des Fleisches.
Und Orpheus sah lichtblaue Wiesen, auf denen weiße Lilien blühten, da
Genien mit fernschauenden Schwingen trieben in heiterem Gleichmut, da
Psyche wandelte wie ein Sommerschmetterling, da die goldenlockige
Himmelskönigin in goldnen Sandalen wandelte mit dem Sohn des Lichts,
da aus einer himmelblauen Blume ihn das heilige Antlitz der
goldenhaarigen Eurydice anblickte.
Und Orpheus sah an die westlichen Ufer des Meeres von Atlantis, da
Schlingpflanzen geilsummende Fliegen fraßen, da die Rankgewächse die
hohen Stämme würgten, da Holz stürzte und verfaulte und gefressen ward
von Scharen wimmelnder Ameisen, da Schlangen lässig und faul von den
uralten Bäumen hingen und träumten in dem dampfenden Dunkel des
Dickichtlichtes, und alles brütete in der Hitze, und die Natur war wie ein
Schoß einer Schwangern, Fruchtbarkeit zeugend, und gesättigt mit
Schwüle und bewußtlosem Drang der Zeugung. Und Orpheus schnappte
nach Luft und fürchtete, zu ersticken an diesem Schlangenrankgewirr des
orchideenreichen Blätterdickichts, und schrie nach der Sonne!
Da riß es ihn heraus, mit der heiligen Macht der Gottheit seiner Liebe!
Und er sah die Mänaden herumtoben in sinnlosen Zuckungen, und er sah,
wie ein tiefschwarzer Schatten über ihnen lag, und er wußte, daß dies
brodelnde Lebenzeugen gefangengenommen war von der mystischen
Macht des Todes! Denn Parwati war Schiwa ergeben, und dieser trug an
seinem Hals eine Kette, an welcher hundert Menschenschädel hingen,
denn das Fleisch war bestimmt der Verwesung, die Gier und Geilheit war
dem Verfall ausgeliefert, und tanzend tanzten sie in das Feuer des Orkus,
dort in Zuckungen um ihren Geist weheklagend. Denn Orpheus sah, daß
die Gottheit Geist war, und das Mysterium des Fleisches kämpfte, wie
Gigantenstürme, gegen den olympischen Geist des Äthers, und Vater Äther
war unberührt von dem besinnungslosen Treiben der Kinder der Erde,
denn der Geist war stärker als das Fleisch, und Vater Äther triumphierte in
der Rüstung der siegreichen Sonne über die rebellische Erdmutter.
Wie eine goldene Lilie lächelte die Himmelskönigin, Jungfrau Minerva
lächelte in ihrer Weisheit. Und Vater Äther war das Licht eines heiligen
Blitzes, der die erdentstammten Rebellen zerspaltete und verbrannte. Und
in goldener Rüstung ging der Zeussohn als ein Bräutigam im Osten herauf
aus seinem Zelte tretend und schritt in majestätischem Frieden über das
Firmament, den Pythondrachen tötend, welcher den Quell des Inspiration
vergiftete. Denn hier war Orpheus eingewoben in das Heilige, in das
Reine, in das Reich der ewigen Ruhe, fern des inneren Streites, in
elysische Lilienwiesen ätherischer Blumen, in denen Genien und selige
Jungfraun wohnen, und darunter die Königin seiner Seele, die
abgeschiedne Eurydice mit den goldenen Haaren, selbst ganz Licht und
Hingabe an den Vater Äther.
Und Orpheus flog in seinem Geiste unberührt wie ein Adler hinan und
hinan, wie ein Phönix geboren aus dem Feuer seines Streites, aus der
Asche seines Fleisches steigend, und flog wie ein heiliger Vogel des
Zeussohnes unter den Lichtern des Himmels selig ätherisch dahin,
schauend herab aus seiner freien Seele auf die Asche des Fleisches, in
letztem rotem Feuer die Asche fressend auf dem Erdboden, und entsetzte
sich über die Macht der Mänaden, die den Erdkreis verwirrten, und sah
Dionysos an wie den Erzdämon, grinsend wie der dreiste Tod, aus dessen
Totenschädel schlangenhafte Würmer geil und gierig fressend
hervorkrochen. Und alles ward verschlungen von dem Feuerstrom des
Acheron, aber aus den Ätherfluten des Lichtes ward geboren rein und
jungfräulich die neue Mutter Gäa, die heilige Erde, mit dem Kranz von
zwölf Tierkreisbildern, und ewig jungfräulich-mütterlich, denn in ihren
Armen trägt sie den Göttersprößling, der mit seinen unsterblichen Füßen
die Erde heiligen wird zur Zeit der 194. Olympiade, denn er wird kommen
und berühren die Wiesen Syriens und die Lilien kleiden mit
Königsmänteln und die Sperlinge in den Büschen füttern und mit seinen
Tränen den verwüsteten Staub der Erde heiligen und neugebären. Orpheus
verstand nicht, was er schaute.
Er erwachte aus seinen Traumverzückungen, als Silenus, von den
halbnackten Mänaden umdrängt, an ihn herantrat und fragte: „Du bist
Poet? Dann sing ein Lied zur Feier der Verzückung des Fleisches, wenn
der Phallusgott mit seinen Priesterinnen das unheilig-heilige Beilager
hält!“
Orpheus blickte zum Himmel auf, sah eine blendende Sonne und schrie:
„Nein! Euch bin und bleib ich fern, denn ihr seid des Todes Diener, ich
aber der Unsterblichkeit geweiht!“

TOD DES ORPHEUS

Orpheus stand inmitten der Mänaden, die in Raserei tanzten, sprühender


Augen, funkelnder Zornblicke, wogender Brüste, wehender Panther- und
Luchsfelle, tobender Haarfluten. Eine, Corydoneia, griff nach einer um
ihre Hüfte geschlungenen Schlangenhaut, nahm sie zur Geißel und schlug
auf Orpheus ein. Die andern Mänaden schrieen wie rasend vor Wahnsinn
auf und jauchzten, sich an der Wollust der Zerstörung berauschend. Hier
war ein Fest des Zerreißens! Waren nicht auch die Panther und die Luchse
zerrissen worden von den Bacchantinnen, waren nicht die Zicken bei
lebendigem Leibe aufgefressen worden? Hier war ein edleres Fleisch, ein
geistbegabtes Tier, dies edle Tier zu zerreißen war ein würdiger Dienst für
Dionysos! Ah, seine Hirnschale auszusaufen und sich sein Genie
einzuschlürfen, das war eine Gräuellust und Schreckenswonne!
Alle stürzten auf ihn ein. Er brach zusammen. Hilflos, wehrlos lag er unter
den um ihn stampfenden Bacchantinnen, welche gellende Jubelschreie
ausstießen wie tollwütige Affenmütter in Indiens Urwäldern. Einige
machten es der Corydoneia nach und rissen sich die Schlangengürtel von
den Hüften - lose fielen ihre Gewänder um die Lenden - und peitschten auf
Orpheus ein.
„Ah, Triumph dem heiligen Propheten!“ schrie ein Bocksfüßiger aus dem
Gefolge des Wahngottes, „hier ist das Löwenfell des Zeussohns Herakles,
seines höchstselbigen Ehrenmantels Goldfell um die Schultern dem
würdigen Musensohn!“ Die Mänaden kreischten auf vor ekstatischem
Lachen. Der Bocksfüßige warf dem verstummten Orpheus einen
zerrissenen Löwenfellmantel um die blutigen Schultern.
Corydoneia lachte hell auf, als sie einen Ölbaum stehen sah, riß einige
Zweige vom Baum und flocht einen Kranz aus Olivenzweigen: „Sei der
Weisheit geweiht, du Narr! Hier komme über dich das heilige Öl der
Jungfrau Minerva, denn die Weisheit wird in diesem Augenblick über dich
kommen, da du des Todes bist, denn du bist das Opfer - würdig und recht -
das Opfer, das wir dem Gott des Lebens bringen!“ Damit drückte sie ihm
den Ölzweig in die Haare. Orpheus ließ es alles geschehen.
Die Mänaden banden ihn mit Lederstricken, und während sie sprangen und
hüpften, schliffen sie ihn hinter sich her, durch den Staub Thrakiens, einen
Hügel hinan, auf dem sonst Schafe geweidet hatten, aber die Lämmergeier
hatten die Herde niedergeschlagen, und nur abgenagte Widderschädel mit
gewundenen Hörnern lagen noch in den rotblühenden Triften.
Da schichteten die Bacchantinnen einen Opferaltar aus Steinen auf. Der
alte Silenus rief weintrunken: „Ein Opfer dem Gott des Schreckens! Aber
wo ist der Bock, den wir opfern wollen?“ - „Hier! Den Orpheus nimm zum
Bocke!“ schrieen die Mänaden. Die Mütter des Dionysos wollten Zweige
sammeln, um das Feuer aufzuschichten, aber Silenus schrie: „Ihr Alten,
wisst ihr nicht mehr, ihr thessalischen Hexen, wie die Alten und Uralten
den Göttern opferten?“ Die Alten, allesamt inzwischen zahnlose Mütter
des Bacchus, kicherten: „Menschenopfer, ja, den Schrecklichen brachten
sie Opfer von Knaben da!“ Silenus aber rief: „Und soll dem Schrecklichen
dieser Brauch erneuert werden? Soll er sich zufrieden geben mit Panthern,
wenn er einen Poeten haben kann? Soll er sich zufrieden geben mit einem
Bock, wenn hier der Prophet bereit liegt?“ - „Nein, nimmerdar!“ schrieen
die Mänaden, „das Höchste dem Furchtbaren, das Reinste und Heiligste
dem Gott aller Schrecknisse! Gebt ihm Menschenfleisch zu riechen!“ Aber
Silenus rief in das Getöse: „Nicht verbranntes Fleisch gefällt der
schnaubenden Stiernase des Bacchus, sondern statt des Brandopfers gefällt
ihm das Speisopfer!“ - „Ha! Wie!“ - „Zerrisset ihr Panther mit den weißen
Weiberzähnen und wisst nicht, einen Poeten zu zerfleischen!“ -
„Köstlicher Jüngling, duftendes Fleisch, gesund in jeder Fiber!“ Die
Wildeste von allen, Corydoneia, schlug ihre Zähne in seine linke Seite und
riß ihm ein rohes Stück Fleisch heraus, zermalmte es mit bluttriefenden
Zähnen und schluckte es gierig hinunter, rollender Augen, schloß mit
einem Jauchzen ab: „Evier, Evier! Dionysos’ Opfer speis ich ihm!“
Orpheus Seele aber war weit fort.
Er sah die Moira, sein Schicksal, in heiligweiblicher Gestalt, in einem
blutroten Mantel, über seiner Todesstätte schweben, umglänzt von einem
goldenen Schimmer, flüchtig wie eine Erscheinung aus Licht. Dann sah er
in der erhabenen Nacht des Äthers einen Thron, daneben stand ein
himmlischer Mensch, eben aufgestanden, der sprach zu ihm, Worte, die
Orpheus nicht verstand, die seinem Herzen aber übermenschliche Stärke
gaben.
„Genius, der du bist!“ sprach Orpheus Seele, „wer bist du, und mit
welchem Namen red ich dich an?“
„Ich bin, den du suchtest.“
„Dich sucht ich? Bist du die Krone des Menschen, bist du die Wahrheit,
bist du die heilige Liebe?“
„Diesselbe.“
„Und Eurydice?“
„Ist mein, wie du auch mein.“
„Wie aber ist dein Name?“
„Ich bin der Todlose, der deinen Tod stirbt.“
„Den Tod, den ich sterbe?“
„Den ewigen.“
„So sterb ich nicht?“
„Du stirbst für mich, weil ich für dich sterbe.“
„Und dein Name?“
„Mein Name ist Leid.“
„Du Seliger?“
„Ich bin der Selige, der um deinetwillen Leid heißt.“
„Und kennst mein Leid?“
„Und machte selig dein Leid, wie ich meine Seligkeit um deinetwillen
machte zu bitterem Leid.“
„So muß ich leiden, dich zu kennen?“
„So mußt du sterben, im Tode das Leben zu finden. So mußt du leiden, im
Schmerz die Seligkeit zu finden. So mußt du zerfleischt werden von den
Kindern der Erde, um die Kinder des Himmels zu erkennen.“
„Und du bist ein Halbgott?“
„Mehr als das!“
„Ein König der Götter?“
„Der Gott der Götter! Aber ein Mensch!“
„Wunderbarer, so unergründbar!“
„Rufe mich den Unergründlichen, den du erkennen wirst, wie ich dich
erkenne!“
„Sage mir, bei allem Heiligen, deinen Namen!“
„Kyrios heiß mich!“
„Kyrios! In den Staub der Erde neigt sich meine Seele, dich als meinen
Himmel zu verehren!“
„Ich bin der Himmel der Himmel, ich bin ein Sohn des Menschen.“
„Und du weißt, ob Sinn ist in meinem Leid, in meinem schicksalhaften
Tod?“
„Dein Schicksal ist mein dunkler Wille. Und ich bin der Sinn deines
Schicksals, denn ich bin: der Sinn!“
„O, der Logos, den die Weisen ahnten?“
„Die Weisheit, die die Weisen liebten.“
„Nur bin ich kein Weiser, sondern ein armer Tor!“
„Wohl dir, daß du deine Torheit erkennst, das ist der Beginn der Ehrfurcht
vor der Weisheit. Du bist ein Dichter, den ich zum Gottsucher schuf.“
„Und wer bist du dem Dichter?“
„Das Wort, der ausgesprochene Sinn des Gottes der Götter!“
„Und bei dir ist die Idee der Schönheit?“
„Sie selbst, denn sie ist die Herrlichkeit der Weisheit, der Morgenglanz der
Ewigkeit, die Heilige findest du in meinem Haus, in meinem Garten, an
den Enden der drei Himmelsufer, der drei...“
Verhallend schwand die göttliche Erscheinung. - - Und Orpheus starb,
denn sein Herz ward zerrissen von zwei Weibern. - - Die weiße
Erscheinung der Eurydice begegnete seiner unsterblichen Seele...
Es war Nacht. Wie schwarze Säulen standen die Zypressen und tropften
Tränen. Der Mond verschleierte sich traurig hinter einer schwarzen Wolke,
die wie flüchtiger Rauch war und doch so undurchdringlich. In der Ferne
fingen einige kleine Lämmer herzerbarmend zu blöken an, ganz leis und
still. Durch die lieblichen, holdtraurigen Myrtenbüsche strich der kalte
Nordwind, der Wind eines unergründlichen Schicksals - woher? wohin?
Und die reifen Wolken ließen den kalten Regen fallen, der die Erde zu dem
machte, was sie war, ein Tal der Tränen. Die mütterlichen Tauben
verhielten ihr Gurren, die jungen Turteltauben ließen kein Girren
vernehmen, denn elegische Ehrfurcht, tragische Schauer berührten ihre
wogenden Busen. Die Sperlinge der Liebe blieben stumm, wie eitel mußte
ihnen ihr einstiges Gezwitscher erscheinen. Und dennoch, so war es ihnen
eine wehmütige Freude in all ihrem Traurigsein, doch hatten sie einst für
die himmlische Liebe Eurydices zu Orpheus gesungen. Die Wolken
schwammen blauschwarz und trunken vor Melancholie durch das dunkle
stille Meer des Äthers. Sie warfen ihre Schatten über die hohen Eichen, die
wie mit gebrochenen Herzen standen und dennoch ihre Laubkronen
heldenmütig dem nackten Himmel darboten. Die Schlangen wurden
berührt vom allgemeinen Seufzen der Kreaturen und wurden vor
Schwermut so zahm, daß kleine Kinder mit ihnen spielen konnten. Die
Löwen besaßen so viel innere Majestät, daß sie schwiegen vor dem Leid
der Krone der Schöpfung, dem Leid des Menschen. Der König der Tiere
war still, denn sein Herr war gestorben. Die Ziegen versöhnten sich mit
den Schafen, denn sie wollten nimmer streiten und kämpfen an dem
Todestage des Dichters der Natur. Alles feierten Totenklage, die Schöpfung
trug in ganz Thrakien ein schwarzes Trauerband am Arm. Klageweiber
hätte man hören müssen. Aber die zur Klage um Orpheus berufen war, die
weiße Eurydice, war fort, war nicht mehr irdisch. Die aber irdisch waren,
feierten den Triumph ihres betört-törichten Jubels.
Die Mänaden zündeten hohe Freudenfeuer an, denn zerrissen hatten sie
das Opfer dem großen Zerreißer. Ihre Leidenschaften zum Tode mündeten
in einen ekstatischen Jubelsang, in schrilles Gekreische übergehend.
Tänzerinnen warfen sich durch die Gegend, ihre nackten Brüste in den
Wind werfend. Buhlerinnen von Bacchantinnen gingen zu den
Priapusjüngern und hurten auf der Höhe des Hügels, schändend
entweihend das elegische Heiligtum des Todesaltars eines Musensohnes.
Einige nahmen die herumliegenden Gliedmaßen, schwärmten aus, liefen
durch Thrakien die folgenden Nächte, an alle Enden das Opferfleisch des
Dionysos zu tragen. Corydoneia aber trug das Haupt des Orpheus. Sein
Antlitz war von tiefen Furchen des Schmerzes gezeichnet, von würdig-
tragischem Ernst umwölkt und erleuchtet. Die Haare des Hauptes und des
Bartes waren wild, zerzaust. Die Augen blickten glanzlos blicklos. Der
Mund ward schmaler und bleicher, nahezu bläulichviolett. Seine Wangen
und seine Stirn waren blutbespritzt, Corydoneia küsste die Blutstropfen
von der Haut und trank sie erschauernd. Sie kam an den Strom Hebrus, der
sein gewöhnliches Bett verlassen hatte und zur Seite gesprungen war vor
Entsetzen. Dennoch mußte der Strom das Schreckenshaupt des holden
Orpheus aufnehmen. Als sich der Fluß erst einmal abgefunden hatte mit
seinem Schicksal, willigte weise er drein und trug das ehrwürdige Haupt
der Poesie auf seinen leise schwebenden Wassern bis in den Schoß des
Archipelagus. Der gewaltige Archipelagus trug das Haupt an seinen
Bestimmungsort, das weißgoldne Ufer der seligen Insel Lesbos, da allein
die heiligen Jungfraun, allesamt Dichterinnen, weihevoll wandelten.
In der Nacht ging einsam durch den Oleanderhain die dichterische
Jungfrau Metamelia. Sie duftete lieblich nach bestem Salböl. Zurück
blieben ihre Freundinnen Melissa und Melione. Metamelia wandelte
einsam weiter. Über ihr eröffnete sich, was in ihr war, ein unermeßlich
tiefer dunkler Kosmos. In den weiten Weltenraum, den unergründlichen
Innenraum waren Sterne gesät aus weißem Licht, auf denen die schönsten
Sternsirenen schwebten, allesamt in Gewändern aus weißen Fluten. Wie
blickten sie alle mit geistigen Augen, aus jedem Auge blickte ein Genius.
Wie schwebten sie allesamt wie Heilige des Himmels. Dennoch war keine
zu fassen, keine durfte je mit ihren heilignackten Füßen in goldnen
Sandalen der Himmelskönigin den Rasen an den Ziegenhängen von
Lesbos betreten oder gar wandeln durch die Straßen von Methymna. Alles
Irdische war von ihnen abgehoben, und allein als Sternsirenen lebten sie in
dem liebenden Herzen Metamelias. Diese schaute nicht mehr die Leiber,
nicht mehr die Leiber der Mädchen in den Gassen von Methymna, nicht
mehr die Leiber der wilden Knaben auf den Hirtenhängen von Lesbos,
sondern sie sah in das Reich der Ideen, da die Schatten der Leiber lebten
und webten, oder besser: da die Wesen der Schatten lebten und webten,
denn Schatte war die leibhafte Daseinsweise, Wesen war der Geist. In
Metamelia lebte der Geist, tausendfältig wiedergegeben durch ideale
Geister, alle in vollendeter Schönheit, unfaßbar rein. Und dennoch war es
alles so flüchtig, alles so zum Zentrum des Abgrunds entfliehend, der im
dunklen Geheimnis lag. Da war kein Grund und Boden, da folgte nur auf
eine Tiefe eine tiefere Tiefe, und diese war der höchsten Höhe gleich, denn
alles kreiste in der ewigen Ruhe des Innenkosmos, Metamelia aber sah nur
das Fortbewegen, nicht die Ruhe. Dennoch schien ihr, als lebte in ihr die
Vergangenheit und sei Gegenwart, und alles trage den schicksalsgezeugten
Keim der Zukunft in sich. Immer so fort würde alles treiben, kreisen wie
reine himmlische Genien um den Mittelpunkt des Herzenskosmos. Im
Zentrum des Innenraumes aber war das Allerheiligste des Schicksals, da
das Herz der heilige Moira offen lag in der Hand des Ewigen, diese Hand
aber war verborgen den Blicken, und dennoch in der Liebe, in der Liebe
vermochte Metamelia in dieser Hand des Ewigen geborgen zu ruhen.
Unergründliches unaussprechlich zu ahnen war das Los der schönen
Jungfrau von Methymna, die am Ufer der dichterischen Jungfrauninsel
wandelte, Salböl, Salböl ihr Gewand, als sie sah, wie der Archipelagos das
Haupt des Musensohnes an das selige Ufer trug. Stillwehmütige Freude
und holder Dank dem Unaussprechlichen gegenüber!
Und sie trug wie eine Reliquie aus der Mysterien-Religion des
Musensohnes das heilige Haupt vom Strande fort in die Gegend, da die
Hirtinnen Phyllis und Amaryllis mit ihren Lämmlein weideten. Diese
blickten mit offenherzig-treuherzigen Augen die Jungfrau an und sprachen
mit fühlend liebevoller Frauenstimme zu der Dichterin, sie wollen würdig
begehen das Mysterium der ewigen Erinnerung an den Tod des
Musensohnes. Darum bildeten sie aus jungen schlanken Zweigen von
Trauerweiden einen Schrein, und in das ewiggrüne Moos vom Felsenhang
betteten sie den Schädel, in dem das Geheimnis der Poesie fortraunte.
Und Metamelia schaute hinauf in den unermeßlichen Kosmos. Und da
schaute sie, und schau! was sie schaute, war das Sternbild des
Singschwanes, denn der heilige Singschwan war dem Gott der Propheten
und Poeten geheiligt, denn er selbst galt als Prophet des ewigen Lebens im
Angesicht des Todes. Und dieser Seelenvogel in herrlichem weißen
Gefieder war das Gleichnis für die unsterbliche Seele des Orpheus. Diesen
hatte der allmächtige Vater gerufen zum ewigen Zeichen an das Kreuz des
Nordens, mit ausgebreiteten Schwingen den Ruf der Unsterblichkeit
fortzusingen durch alle Äone. Treuer Gott! hatte er doch auch die
siebenstimmige Lyra des Orpheus an das Firmament gehoben, daß der
Seelenvogel das Saitenspiel mit sieben Saiten streiche im Kosmos zum
Ruhm der Unsterblichkeit und töne von jeder Saite den harmonischen
Einklang des Kosmos, in welchem ein Sinn, eine Weltvernunft persönlich
waltete, und tönte ewig fort die Weltenharmonie der unsterblichen Genien
auf den Inseln der Glückseligkeit, schwimmend in den kristallenen Fluten
des lichten Äthers, preisend mit Jubel in himmlischer Stille den Tod des
Orpheus, denn im Tode ging ihm auf das Leben, welches zu feiern der
Chor der Jungfraun kam: Wehe! sangen sie, Wehe sangen wir dem
Seelenvogel am Kreuz des Nordens, aber Jubel, Jubel auf der goldnen
Wolke den Geschlechtern des Himmels, daß aufgegangen ist aus Tränen
der Nacht der Friede des Goldenen Zeitalters aufs Neue und in Ewigkeit!
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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
Das Goldene Vlies

Von Josef Maria Mayer

PHRIXUS

Nephele, die Nymphe, ging an einen klaren Quell, Wasser schöpfen mit
einem Krug. Neben dem Quell standen die schönsten orangenen Lilien.
Umher standen alte breite Platanen und gaben ihr Schatten vom hellen
Sonnenlicht. Sie setzte sich unter eine alte Platane und ruhte ein wenig aus,
der Zephyr des Maienabends spielte in den grünen Blättern. Bald neigte
sich die Sonne. Von den Rädern des Sonnenwagens sprühte rotes Feuer,
die purpurnen Rosse zogen das Triumphgefährt des Phöbus, von diesem
gelenkt, über das westliche Firmament auf die hesperischen Gärten zu. Die
Mutter Nacht erhob sich am Horizont und breitete ihren blauen Mantel
aus, in welchen sie ihre Kinder barg. Hesperus, der Abendstern, glänzte an
der Stirn des Firmaments mit diamantenem Funkeln. Nephele mochte sich
nicht trennen von ihrem Ruhesitz, die ganze abendschweigende Natur
wandelte an ihr vorüber. Die Lilien dufteten schöner, die Platanen
rauschten weicher, Hesperus blickte so glitzernden Blickes zu ihr, die mit
schönen Hoffnungen zu dem Gott des hersperischen Gartens schaute, denn
sie sehnte sich, dort einmal die Äpfel vom Baum der Hesperiden zu
speisen; so träumte sie müßig.
Sie hörte in dem Wipfel der breiten Platane eine Turteltaube rauschen mit
dem weißen Gefieder und Ruhelaute gurren, sie schaute herauf und sah der
Taube ins sanfte Aug. Das bewahrte ein stilles Feuer, wie olympisches
Lebenslicht, in ihrem Aug und blickte so lieblich aus der sanften Seele in
die Spiegel der Seele der Nymphe Nephele.
Da trat mit leisem Flügelrauschen der göttliche Psychopompus zu der
hellenischen Nymphe. Diese erhob sich vor seiner Herrlichkeit. Er trug
einen langen purpurroten Rock, mit goldenem Gürtel um die Brust,
darüber einen abendblauen Umhang, daraus hervor die schönsten goldenen
Flügel schauten, die leise im Abendlüftchen rauschten. An seinen bloßen
braunen Füßen trug er goldene Sandalen, die ebenfalls geflügelt waren.
Sein Haupt war von dunkelbraunem weichem Haar belaubt, auf dem ein
goldener Glanz ruhte. Sein Antlitz war sonnenbraun, die Augen goldbraun,
der Mund schmal und fein. Er war von einer wunderbaren Lieblichkeit und
Schönheit. Seine Gestalt war vollkommen, sein Gesicht die reinste Anmut
eines Jünglings mit milden Zügen.
Nephele stand vor ihm. Sie trug einen blauen Faltenrock und einen
dunkelblauen Umhang, der ihrem Haupt auch zum Schleier diente. Über
die dem heiligen Psychopompus entgegengestreckten Hände lag ein
violettes, goldgesäumtes Byssustuch. Ihr Gesicht war hellbraun, die feinen
Augenbrauen fragend, die hellbraunen Augen mandelförmig, die Nase lang
und fein, der Mund hell und weichgeschwungen. Ihre Hände waren
zartgliedrig und schmal, die sie ihm entgegenbreitete, um ihn fromm zu
empfangen.
In jenem Augenblick rauschte die gurrende Turteltaube herab aus dem
Wipfel der Platane und setzte sich auf Nepheles rechte Schulter, dort leise
girrend. Dazu erhob auch Psychopompus seine melodisch-schöne Stimme,
und wie ein Gesang in der Sprache des Himmels erklang seine heilige
Rede: „Anmutige Charitin! Zeus hat dich mit Liebe angeblickt! Dein
Sohn, der junge Phrixos, soll gerettet werden!“
Nephele war fromm vor den Heiligen und gab zur Antwort: „O heiliger
Psychopompus, du Meister des Wortes und Führer aus dem Totenreich! Ich
will in allem so tun, wie Zeus mir gebietet!“
Aus dem Dunkel der Nacht tauchte in diesem Augenblick ein Goldglanz
auf, und als es näher kam, war es ein reiner Widder, dessen Vlies von
geläutertem Golde war. Er war unmittelbar aus der Hand des Schöpfers
entsprungen. Nun stand der Goldene Widder vor Nephele und schmiegte
sich an ihre Seite. Sie neigte sich zu ihm und liebkoste sein weiches
goldsträhniges Fell. Da begann der Widder, den die Götter mit Rede
begabt hatten, zu Nephele zu reden: „Ich bin gesandt von Zeus, deinen
Sohn Phrixus zu retten aus den Intrigen der bösen Welt! Siehe, weil ich bei
dir bin, gewährt dir Zeus Kronion, diesen Mai auf dem Olymp zu wohnen
in der Halle der Himmlischen.“
Damit erhob sich Psychopompus und trat seine geflügelte Himmelfahrt in
die Halle des allmächtigen Vaters an. Nephele ward vom Goldenen Widder
entrückt auf den Gipfel des Olymp, wie Zeus einst auf den Flügeln des
Adlers den Ganymed entrückt hatte.
Nephele hatte einst dem König Athamas von Athamanien zwei Kinder
geboren: den Erstgeborenen, den Sohn Phrixos, und die jüngere Schwester
Helle. Diese lebten bei dem König in seiner Burg, als Nephele auf den
Olymp entrückt war. Der König hatte aber eine Zweitfrau, das war die
zänkische Ino, die er wegen ihrer Schönheit begehrte. Sie hatte große
dunkle Augen, volle Lippen, die weich waren, eine lange schlanke Gestalt,
und wenn sie ging, schimmerten ihre Brüste durch ihr leichtes Kleid.
Diese war eifersüchtig auf die Kinder der Nephele, denn sie waren die vor
ihren beiden Söhnen Geborenen und würden reicher erben. Darum machte
Ino den beiden Nephele-Kindern das Leben schwer. Da sie das Regiment
des Haushalts in der Königsburg führte, legte sie den beiden
Königskindern niedrige Arbeiten auf. Früh scheuchte sie sie auf von ihrem
Lager und gab ihnen Arbeiten, wie sie Herkules hatte erledigen müssen in
den Ställen des Augias. Athamas war ein willenloser, seiner Zweitfrau
hörig ergebener Mann, der dies alles geschehen ließ. Er konnte Ino keinen
Wunsch verwehren, denn wenn er ihren Launen nicht folgte, weigerte sie
sich ihm abends im Ehelager.
Aber es reichte Ino nicht, Phrixos und Helle zu quälen, sie wollte die
beiden tot sehn! Darum entwickelte sie eine böse Intrige. Im Orte war ein
Wahrsager, zu dem ging sie und bestach ihn mit dem königlichem Gold,
eine falsche Prophezeiung zu geben. Er gab daraufhin kund, daß, wenn
Phrixus und Helle nicht dem Hades und seinen Erinnyen geopfert würden,
über das ganze Land Athamanien eine verderbliche Pest käme.
Athamas entsetzte sich sehr über diese Prophezeiung. Er hatte sich aber im
Laufe der Zeit den beiden Nephele-Kindern entfremdet. Auch beredete Ino
ihn, daß ihm als König das Wohl des Landes und seiner Untertanen mehr
am Herzen liegen müsse als das persönliche Wohl zweier Menschen. Sie
sagte: „Es ist besser, daß dein Erstgeborener sterbe, als daß dein ganzes
Volke verderbe!“ Daraufhin beschloß Athamas, die beiden Kinder zu
opfern. Er ließ einen Tag festsetzen, an dem in einer feierlichen
Weihehandlung die beiden Menschenopfer vollbracht werden sollten zur
Versöhnung des Gottes der Schatten und seiner Geister der Vergeltung!
Nephele sah vom Olympos aber das Schicksal ihrer Kinder, des betrübten
Phrixus und der ängstlichen Helle, und beschloß, sie zu retten. Was auch
anderes hätte ein liebendes Mutterherz beschließen können? Darum kam
die Mutter mit dem Goldenen Widder vom Olympus auf die Erde herab,
nach Athamanien vor die Königsburg, und rief ihre Kinder heraus. Phrixus
hatte in der Nacht zuvor schon geträumt, daß Dädalos käme mit seinem
Sohne Ikarus, und die beiden lehrten Phrixus fliegen und fliegend zu
entfliehen seinem Jammer! Dieser Traum hatte ihn mit Hoffnung erfüllt.
Und nun sah er, aus der Burg herausgetreten, seine herrliche Mutter, die
Nymphe Nephele, und den Goldenen Widder! Voller Staunens und
Entzückens über dies Wunder, rief er seine Schwester Helle ins Offene. Zu
den beiden, dem jüngeren Mädchen und dem älteren Jüngling, sprach also
der Goldene Widder: „Setzt euch auf meinen Rücken, ich will euch retten!
Klammert euch nur fest an mein goldenes Vlies!“
So stieg der Goldene Widder auf und flog durch die Lüfte fort aus dem
Königreich Athamanien. Sie flogen der aufgehenden Sonne entgegen.
Aurora erwartete sie mit ihren goldenen Rosenkränzen und dem
himmlischen Lächeln. Titan erhob sich in seiner goldnen Majestät, mit der
goldnen Königskrone, in der Hand den goldenen Stab, und begrüßte mit
dem Gesang der Sonne die Exilanten. Gewölke, blühende Vliese von
himmlischen Lämmern, trieben leise rauschend um den fliegenden
Goldenen Widder. Luftige Genien, zarte Eroten, trieben um sie durch das
blaue Meer des Äthers. Alles war Lachen und Jubelgesang, alles war
heitere sonnengoldene Freude, wie im Goldenen Zeitalter, wie in
Hesperien am Ende der Tage!
Helle ward aber leichtsinnig, klammerte sich nicht mehr fest an das
goldene Vlies des Widders und schaute zur zurückbleibenden Erde und
dem Land Athamanien zurück. Wenn es auch ein Jammer gewesen war
unter der Rute der bösen Stiefmutter, in der Burg des willensschwachen,
wollusthörigen Königs viele Tränen ihr geflossen waren, so war es doch
immerhin das Land ihrer Kindheit, in dem sie unter Zeiland und Saffran
gespielt, inmitten von Veilchen geweidet wie ein kleines Lämmlein, in den
liebreich plätschernden Quellen gebadet hatte und dem Gurren der Tauben
in den breitästigen Platanen am Abend immer so gerne gelauscht. Da hatte
sie auf Grashalmen, wie Zikaden, Lieder gezirpt, die Pan, Arkadiens Gott,
verherrlichten, an diesem Lande hing ihr Herz.
Da sie nun leichtsinnig sich nicht mehr festklammerte am Goldenen
Widder und verderbliche Sehnsucht nach dem Lande ihrer Tränen sie
ergriff mit rührseliger Sentimentalität, stürzte sie vom Rücken des
Goldenen Widders und fiel und fiel, taumelnd durch die Lüfte, haltlos,
verloren, Angstschreie schreiend in die Tiefe und ertrank im Pontus, dem
Schlund des Meeres. Dieses ward nach Helle fortan der Hellespontus
geheißen. In diesem Meere ward die Leichtsinnige getauft in den Tod, aber
es heißt, daß der Gott des Goldenen Widders, der Erfinder dieses
himmlischen Geschöpfes, aus großem Mitleid mit der leichten Helle, diese
schließlich doch noch gerettet habe.
Phrixus weinte ihr nach, und unter Schreien vernahm er kaum die leisen
Worte des Goldenen Widders, der ihm gütlich zuredete und ihm verhieß,
Helle sei nicht verloren. Schließlich beruhigte sich Phrixus. Wohl war ihm,
wunderbar wohl inmitten seiner Traurigkeit um die Schwester, so in das
goldene Vlies geborgen. Der Widder setzte langsam zur Landung an. Unter
ihnen lag das Marmara-Meer mit seinem mütterlichen Gewoge, aus dem
die Aphrodite des Bosporus auftauchte mit dem himmlischen Lächeln. Die
Musen der Krim strichen ihre goldenen Leiern zum Empfang des
Geretteten. Die Nymphen der Dardanellen jauchzten und klatschten in die
Hände. Die Flußgötter der Donau und des stillen Don tosten Preisgesänge
auf den rettenden Widder und den geretteten Phrixus. Am Ufer des Pontus
Euxinus setzte der goldene Widder seine herrlichen Hufe auf die Erde, und
Phrixus stieg herab. Hier sollte sein Refugium sein.
Und mit dem Goldenen Widder trat Phrixus in Kolchis ein und kam zur
Königsburg des Aietes, des Königs der Kolcher. Hohe, eherne Tore, uralte
Pforten standen offen dem Ankommenden, Schutzflehenden. Zwei
mächtige Säulen, nichts tragend, allein der Schönheit willen, standen den
Göttern geweiht am Eingang. Er trat über die Schwelle auf den Vorhof, der
von Rebenlauben umgürtet war, an denen die prachtvollsten Trauben
hingen. Süßrauschende Springquellen mit lebendigem Wasser sprangen
vor ihm auf, den Wasserstaub in den Lüften zerpudernd. Vom Vorhof kam
er zum Mittelhof, von einem Säulengang umgeben, hinter welchem die
Gemächer lagen. Im Eingang zum Innern der Königsburg stand König
Aietes: ein großer Mann, mit langen schwarzen Haaren, mächtigem
schwarzen Bart und glühenden braunen Augen.
Und dieser nahm Phrixus auf, ja, er verhieß ihm eine Hochzeit. Von
diesem Tage an lebte Phrixus, gerettet, glücklich bis an die Stunde seines
Abscheidens.
Aber das Unterpfand seines Glückes war folgendes. Als Phrixus vor den
König Aietes getreten war, hatte der Goldene Widder zu Phrixus diese
Worte gesprochen: „Siehe, aus dem Jammer Herausgetragener, eines ist
not, daß du ein Opfer bringst dem König der Götter zum Dank für deine
Errettung. Er ist wahrlich der Gewaltige, der Beistand allen Hilferufenden,
der allmächtige Schirmer und Menschenhüter! Er ist der Heiligste aller
Götter, denn er ist der König und Vater der Götter und Menschen!“
„Welches Opfer soll ich dem Gewaltigen bringen, dem allmächtigen Vater?
Soll ich ihm Wein, mit Honig versüßt, ausschüttet zum Trankopfer oder
Wasser vom Quell der Donau? Soll ich ihm einen Stier in Flammen
aufgehn lassen oder ihm den Duft des syrischen Weihrauchs zukommen
lassen?“
„Er hat kein Gefallen an deinen Opfern, denn sie sind alle nicht
vollkommen genug. Es gibt für dich nur ein einziges Opfer, mit dem du
zum Dank für deine Rettung Zeus, dem allmächtigen Vater, ein Opfer
bringen kannst. Dies Opfer ist bereit.“
„Welches Opfer ist es? Soll ich selbst mich opfern? Soll ich mich, den der
Allmächtige aus Todesnot rettete, ihm zum Dank in den freigewählten Tod
stürzen und in letzter Menschenfreiheit all meine Freiheit von mir
abwerfen? Wenn es meinem Retter gefällt, will ich zu seinem Ruhm auch
in den Orkus steigen!“
„Was wäre das für ein Opfer, wenn ein Herzensfrevler wie du sich opferte?
Würdest du doch, wenn du einen Stier aus einer Herde opfertest, den
besten Stier dir zum Opfer wählen, und nicht den schwachen und
hinkenden. Nein, ein vollkommenes Opfer mußt du opfern, und dieses
Opfer ist bereit.“
„Öffne meine Augen, o Goldener Widder, daß ich das Bereite sehe!“
„Siehe, so ist es, denn es ist offenbar und dir doch verborgen. Siehe, ich
bin’s!“
„Du sollst das Opfer sein? Meinen Retter sollt ich opfern?“
„Zeus gebietet es. So gehorche!“ sprach der Widder und schritt aus der
Königsburg auf den Kriegshügel vor den Mauern der Burg, da der
verfluchte Aresbaum stand. Daselbst legte er sich auf den Opferaltar.
Schrecklich war Phrixus zumute, als er das Schlachtmesser nahm und dem
Goldenen Widder die Kehle durchschnitt, daß das heilige Blut
herausspritzte! „Aiaiaiai!“ rief Phrixus, „mein Retter mußte geopfert
werden!“
Dann zog er ihm das Goldene Vlies ab. Der König der Kolcher trat hinzu,
in seinen Händen hielt er fünf Nägel, mit denen er das Goldene Vlies des
Retterwidders im verfluchten Aresbaum befestigte.
Die Nacht brach herein. Phrixus saß am Ufer des Schwarzen Meeres.
Dichte Wolken verhüllten das bleiche Antlitz der Jungfrau Mondin, nur
ihre silbernen Tränen tropften zur Erde. Dindymene weinte, mit fliegenden
Haaren jagte sie über die nächtlichen Hügel und schlug sich an den
mächtigen Busen. Die Götterjünglinge standen stumm vor Schmerzen.
Zeus hatte sein Vaterantlitz abgewandt. Mit fürchterlich grollendem
Donner ließ er seine Schicksalssprüche durch den Äther erklingen.
Am Morgen aber ging Himeria, die Nymphe des Morgensternes, mit der
süßduftenden Myrrhe ihrer Schönheit, über den Wäldern des
Kolcherlandes auf. Herrlich glänzte der Widerschein des Morgensternes
auf dem Goldenen Vlies. Blendender Glanz erfüllte dem trauernden
Phrixus die Seele, erfreuend wie die Sonne, die lächelnd sich von der Tiefe
in die Höhe des Himmels erhob. Alles jauchzte Leben, Triumph,
Unsterblichkeit, ewigen Ratschluß Zeus’ und heilige Gerechtigkeit des
allwaltenden Schicksals! Die Himmlischen schütteten Freude und
Glückseligkeit dem Phrixus in das Herz. Er wandelte zu seiner Braut, die
Hochzeit zu feiern.
An den König Aietes war der prophetische Spruch ergangen, daß sein
Leben sicher wäre, solange er im Besitz des Goldenen Vlieses sei. Kein
Speer, kein Gift, kein Tiger könnte ihm irgendetwas anhaben, denn er stehe
im Schutz des Goldenen Vlieses, solang es sein Eigentum sei.
Aietes bangte, das Goldene Vlies zu verlieren. Todesangst ergriff ihn. Es
war ihm wie zur Stunde seiner Geburt, da er durch die Enge des
Mutterschoßes hinaus mußte und Atemnot bekam durch die heftigen
Wehen seiner schmerzensreichen Mutter. Er hatte den warmen
Mutterschoß verlassen müssen, war ausgestoßen worden aus der tiefen
Geborgenheit unterm Herzen seiner Mutter. Da begann seine Todesangst,
die nun durch das Orakel schrecklich in ihm wieder erweckt worden war,
wie ein schlafender Drache erweckt wird durch den Zaubergesang einer
Hexe.
Drache! ja, einen gewaltigen Drachen mußte Aietes herbeibringen, das
Goldene Vlies zu bewachen. Niemand sollte je seine Hand an das Goldene
Vlies legen! Keinem andern durft es gehören, als nur ihm allein! Nicht
sollte das Goldene Vlies seinen Segen über ganz Hellas und Kleinasien
verbreiten, nicht Thule und nicht das indische Nyssa sollte sein Glanz
erreichen, sondern einzig und allein das Eigentum des Königs Aietes sein.
So ließ der Kolcherkönig von seinem Heer einen Drachen des Waldes, der
da in einer Felsenhöhle hauste, herbeischleifen, an den verfluchten
Aresbaum binden, daß er wache für alle Zeiten, bis an das Ende der Tage,
daß niemand seine Hand lege an das Goldene Vlies.
DIE ARGONAUTEN

Jason, der Sohn des Äson, der Sohn des Kretheus, kam gewandert, um
seinen Thron nach dem Tode seines Vaters einzunehmen. Aber in der
Königsburg der Stadt Jolkos im Lande Thessalien, an der Küste des
ägäischen Meeres, saß auf dem Thron des Jason Vetter Pelias. Dieser
entsetzte sich vor Jason, denn er erkannte, daß die Götter mit ihm waren.
Er sah des Jason majestätisch-schönen Wuchs, seine außerordentliche
Schönheit des Angesichtes, er sah ihn gekleidet in das schwarze
Pantherfell, und fürchtete sich, seine Macht zu verlieren. Auch gegen den
Willen der Götter - was scherten ihn die Götter? - wollte er sitzen auf dem
Thron des Äson, des Sohnes des Kretheus, und über Jolkos herrschen.
Darum gab er listig dem Jason einen Auftrag, der ihm unmöglich zu
erfüllen schien (so auch wurde einst dem Herakles seine Arbeit gestellt),
mit der Verheißung, daß Jason, wenn er die Aufgabe erfülle, den Thron
von Jolkos besteigen könne, denn dann würde er, Pelias, frewillig
zurücktreten. Dies, von Pelias als eine Hinterlist gedacht, lag nun ganz im
Sinne des Schicksals, und war von den Dreien, die des Jason Schicksal und
seinen Lebensfaden mit allen Verwicklungen in Händen hielten, so
gedacht, denn auf diese Weise sollte das Goldene Vlies kommen nach
Thessalien. Dies war nämlich der Auftrag, den Pelias dem Jason stellte,
das Goldene Vlies aus dem Kolcherlande nach Jolkos zu holen.
Darum ließ Jason ein Schiff bauen, das das schnellste und sicherste Schiff
Griechenlands werden sollte, die Argo. Die Jungfrau Minerva segnete den
Bau der Argo und stellte für die Argo eine Orakeltafel sprechenden Holzes
aus dem Dodonischen Haine, da das Wort Zeus’ umging.
Die tapfersten Helden Griechenlands warb Jason an, mit ihm auf Fahrt
nach der Reliquie zu gehen. Sie versammelten sich im Innern der Argo, die
im Hafen von Jolkos lag. Da sie alle versammelt waren, nachdem sie
fromm gebetet hatten und sich anbefohlen dem Schirm der Jungfrau
Minerva, redete die prophetische Tafel aus dem Dodonischen Haine des
Zeus:
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los!
Tiphys, du, o Sohn des Agnius, du wirst der Steuermann sein. Du wirst
dich in wütenden Stürmen an das Steuer binden lassen und dich peitschen
lassen von den Wogen des Meeres, wenn Poseidaon kommt mit den
Schlägen des Dreizack! Unter deiner Führung wird die Argo auf den
Wellen in die tiefen Wogentäler stürzen, daß die Wellen darüberhin
zusammenbrechen, alsdann aber wird die Argo hinaufgeschleudert, daß sie
tanzend auf den Wellenspitzen den Rand des Himmels berührt. In allen
Läufen des Schicksals, in allen Niederungen und Finsternissen und in allen
Sonnenaufgängen und herrlichen Kraftwirkungen wirst du treu am Steuer
stehen und die Mannschaft in der sicheren Argo durch die Fluten führen.
Du wirst dich anvertrauen dem heiligen Deukalion, der in den Urzeiten der
Menschheit durch die Sintflut schiffte, du wirst die Argo leiten ins Land
des Goldenen Vlieses, wie einst Deukalion in seiner Nußschale kam und
landete auf dem Gipfel des Helikon, wo er einen Weinstock pflanzte und
Zeus’ Töchter, die reigentanzenden Musen begrüßte! Aber, Tiphys, du bist
nicht unsterblich, sondern wirst sterben müssen. Aber du wirst sterben im
Lande der Maryandiner und daselbst von Maryander, dem Heros, ein
würdiges Grab bekommen. Du wirst an einer Krankheit sterben, die dich
schmerzlich hinwegrafft und dir dein Herz durchbohrt. Aber deine Seele,
Tiphys, dein besseres Teil, wird dein Grab, die Felsenhöhle, im Lande
Maryanders ewig umschweben! Sei nur getrost, denn die Seele ist ein
unvernichtbares Atom!“ Tiphys verneigte sich tief vor der prophetischen
Tafel und küsste das Holz.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los!
Lynkeus, du, Sohn des Aphareus aus Messenien und dem Mädchen Arene,
du bist der Weitblickende und Scharfsehende! Siehe, messenischer Sohn,
einst wirst du mit den Halbgöttern, den Tyndariden, auf Jagd gehen, aber
es wird ein grausames Gemetzel werden. Auch dein Bruder Idas erwarb
sich Zorn der Götter, denn der Gott der Seher bewarb sich um die Jungfrau
Marpessa, er wollte ihr erscheinen als ein duftender Sonnenstrahl. Aber
dein Bruder Idas war in sterblicher Leidenschaft entbrannt für Marpessa
und verlockte sie mit dem Beistand der Peitho, der Überrederin, welche
eine Sklavin der Venus ist. Sie machte süßlockende Honigworte und
schmeichelte der Jungfrau, daß sie sich dem Sterbling Idas ergab und den
Gott der Seher verließ. Sie gebar die Cleopatra; aber der Gott, der Sohn
Zeus’, war zornig in seiner verschmähten Liebe und ließ einen
unheimlichen Schatten auf die Seelen der Marpessa und Cleopatra und des
Idas fallen. Scharfsehender Lynkeus, dir sei geraten, und laß dir raten,
Weitblickender, die Götter zu fürchten und sie zu ehren mit frommen
Gebeten und niemals eine Maid, die ein Gott sich erwählt, zu verführen
mit den berauschenden Lockungsworten der süßen Peitho! Denn sonst
könnte der Zorn Apollons über dich kommen!“ Lynkeus verneigte sich tief
vor der prophetischen Tafel und küsste das heilige Holz.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los! Du,
o Herakles, sollst von deiner Braut das Nesselhemd des Fluches anziehn
und in Qualen sterben, die du kamest seligzumachen mit deiner
Heroenliebe! Wisse, Herakles, sie wußte nicht, was sie tat, denn sie
lauschte den Verführungskünsten eines Tiermenschen, welcher von deiner
Herrlichkeit beleidigt war in seiner Verworfenheit. Du selbst, o herrlicher
Heros, wirst dich in das Feuer stürzen, welches dich verzehren wird, du
wirst den Staub deiner Knochen in die Asche mischen! Aber dein
unsterbliches Teil wird in den Flammen jubilierend aufjauchzen, denn du
wirst entrückt von Zeus, deinem Vater, und in den Hallen der
Himmlischen, in der olympischen Burg wirst du tafeln an den ewigen
Tischen, daselbst wird Ganymed dir den Trank der Götter reichen und
Hebe dir das Geheimnis der ewigen Jugend mitteilen, denn du wirst das
Ambrosia der Genien essen und die Äpfel der Hesperiden werden dir
munden, und du wirst sein wie ein Ölbaum in der Halle des Zeus!“
Herkules verneigte sich stumm vor dem Orakelholz und küsste demütig
den prophetischen Balken.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los! Du,
Peleus, hast ein ehrenvolles Los, denn du wurdest Vater des Helden
Achilleus! Peleus, möge dich ehren ganz Asia und Hellas, India und
Ägypten und die Länder der Hyperboräer als den Vater des Helden. Siehe,
Thetis ward deine Braut, die Meerische, alle Götter des Olymp
versammelten sich zu eurer Hochzeit. Thetis flossen die Haare wie
schaumbraune Wellen, die Augen wie blaue Blumen, die Lippen wie
Korallenblüten, ihre Brüste weiß wie Schwäne, ihr Schoß wie eine
Muschel. Und du bist ein Sterblicher, denn so wollte es Zeus, daß die, die
du deine Göttin nennst, einen sterblichen Mann zum Gatten nahm. Aber
wirst du an ihrer Unsterblichkeit teilhaben? Oder wirst du in den
Heldentaten deines Sohnes fortleben? Wird der blinde Mäonide, wenn er
den Helden Achilleus preist, auch seinen Vater preisen? Wird man noch an
den blauen Gewässern des Smirnio deines Ruhmes gedenken? Und wird es
reichen für deine Unsterblichkeit, durch die Harfe des Musensohnes
erhoben zu sein in die himmlische Welt? Woher deine Unsterblichkeit,
Sterblicher? Sorge dich drum und suche, das Wohlgefallen des Höchsten
zu finden auf dem Weg, den er dir vorzeichnet. Sieh, denn durch deine
unsterbliche Gattin will Zeus dich führen zum Weg!“ Und Peleus neigte
sich vor den dunklen Worten der hellen Tafel und küsste das heilige Holz.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los!
Telamon, du, du Bruder des Peleus und des Herakles Freund! Sohn der
Endeis von Ägina, sei nur immer treu deiner Gattin Glauke. Wisse,
Telamon, wenn Glauke weiter kinderlos bleibt, dann wird sich dein
Freund, der Sohn des Zeus, bei seinem Vater für dich verwenden und für
den Schoß der Glauke, auf daß sie schwanger wird mit einem Kinde. Und
so ist es geschehen, denn was kommen wird, das ist schon geschehen in
dem Äon des Schicksals. Und Ajax wird dir geboren, der Schreckliche, der
wehe, Telamon, der einen schrecklichen Tod wird finden. Nicht rettet ihn
deine Liebe zum Sohne, nicht rettet ihn Glaukes Mutterliebe, sondern
frewillig-unfreiwillig wird er sich in den eigenen Tod stürzen und hoffen
auf die Gnade der lebendigen Götter, daß sie ihn aus dem Orkus erlösen
und zum Helden Achilles und der reizenden Helena senden in die
elysischen Gärten.“ Telamon erschrak, beugte sich aber vor dem redenden
Eichenbrett aus dem Dodonischen Haine und küsste das weissagende
Holz.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los! Ihr,
Zwillinge, Kastor und Pollux, höret mir zu! Ihr seid die Gottesjünglinge,
ihr seid die tyndaridischen Dioskuren, Söhne des Zeus und der
schwanengleichen Jungfrau, Brüder der schönen Helena. Aber Kastor, du
bist sterblich! Warum raubtet ihr euch eure Geliebten? Warum raubtet ihr
Phöbe und Hilaria, daß es zum Kriege kam, wie es wegen des Raubes der
Helena zum Krieg um Ilion kam? Denn wegen dieses Krieges um die
Geliebte, darum mußte Kastor sterben! Ja, du wirst sterben, und dein
unsterblicher Bruder, der gottgeliebte Pollux wird trauern, wird untröstlich
trauern! Aber Zeus, euer Vater, wird mit einem Trost sich nahen für Pollux:
Siehe, Pollux, spricht er, du wirst zum Trost für deine Trauer auf den
Olympos und zum Sitz der Himmlischen werden versetzt. Aber, Kastor,
derart war die Liebe deines unsterblichen Bruders, daß er bereit war, sein
Heil zu opfern für deine Seligkeit, um deiner Liebe willen! Und so
tauschte er deinen Aufenthalt, den Grabesort, mit dir und du, du kamest in
die Halle der Himmlischen! Seliger Tausch, göttlicher Kommerz! Aber
daselbst in deiner Seligkeit wirst du Pollux so lieben, daß du deine
Herrlichkeit nicht festhältst, wie ein Räuber seinen Raub festhält, sondern
steigst hinab und legst dich in das Grab deines Bruders, auf daß er in die
Burg des Zeus hinauf darf! Seliger Tausch, göttlicher Kommerz! Darum
wird eure Liebe unsterblich sein! Darum werdet ihr, Gemini, am
Firmamente leuchten als Schutzheilige allen den Seefahrern, auf die Fluten
des Lebens euer heiliges Liebeslicht sendend!“ Daraufhin verneigten sich
Kastor und Pollux vor dem Orakelholz und küssten die redende Tafel
Zeus’.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los!
Salmoneus, du schöner Salmoneus, wirst lieben das liebe Mädchen von
Tyro. Tyro, wirst du singen, du Reh, du Veilchenblüte zwischen
unfruchtbaren Disteln! Salmoneus, wird sie singen, du Pfirsichbaum
inmitten des Waldes! Eurer süßen Liebe, wert eines Gedichtes von Sappho,
wird der Knabe Neleus entspringen. Du nämlich, Neleus, bist der Zwilling
des Pelias und ausgesetzt in deiner Kindheit, von Hirten aufgezogen. Mit
deinem Bruder wirst du Streit streiten um die Herrschaft, aber du, o
Neleus, wirst vertrieben aus Thessalien. Gehe hin und vermähle dich, du
stattlicher Neleus, mit der schönen Chloris, denn die Frucht eurer Liebe
wird nicht allein der Wollüstling Evagoras sein, der Rasende in dem
Schwarme der Bacchantinnen, der Weintrinker und Pilzekauer, sondern
wird auch sein der weise Nestor. Er wird weise sein, dein Sohn, o Neleus,
ja Nestor wird weise sein, weil er an den Anfang all seines Sinnens und
Trachtens die Furcht vor den Göttern setzte. Und wie die Götter vor die
Vollendung die Mühsal setzten, so setzten sie vor die Weisheit die
Gottesfurcht. Dein Sohn, o Neleus, wird ein ewiges Symbol der Weisheit
werden, der Sohn Salmoneus!“ Und Neleus verbeugte sich vor der
redenden Tafel und küsste das prophetische Holz aus dem Haine Zeus’.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los!
Meleager, du trefflicher Jäger, sagen will ich von dir, wie du tapfer das
Untier gejagt, den calydonischen Eber, das Unheil des Landes. Deine
Brüder im Geiste mit dir, Jason, Mopsus, Echion und die andern. Peleus
aber verbarg sich vor der Wut des grauenhaften Untiers oben im Wipfel
der Fichte, aber da griff der calydonische Eber an und hackte mit seinen
Hauern am Stamm der Fichte. Fürchterlich nahten dem Eber aber die
herrlichen Dioscuren, Kastor und Pollux, die Götterjünglinge, da entsetzte
sich tief in seiner viehische Seele der Eber und verbarg sich im tiefen
Walde. Siehe, da kam sie, die Jungfrau, die heldenmütige Atalante. Sie
legte den Pfeil an, sie spannte den Boden und rasch wie der Blitz des
Donnerers flog der Pfeil, und wahrlich, sie war die Erste, die das Untier
verletzte, ihr Pfeil der erste, der traf. Darum konntest du, o Meleager, den
calydonischen Eber erlegen, weil die wunderbare Jungfrau Atalante den
Eber zuerst verletzt. Darum auch, Meleager, erkanntest du ihr den
Siegespreis zu. Den nicht ohne beneidet zu werden die Jungfrau nahm.
Laß mich Atalante rühmen, o Mann Meleager: Siehe, sie ward im
Waldgebirge Parthenion ausgesetzt als Mädchen und von der himmlischen
Jungfrau aufgezogen. Du aber liebtest sie, denn in ihrem Wesen erschien
dir die himmlische Jungfrau selbst. Darum auch nanntet ihr die Frucht
eurer Liebe Parthenopäus, wohlgeraten der reine Knabe. Aber dein ist der
Tod, und kommen wird der Schmachtende, Milanion. Siehe, ihn werden
die Schmachtenden späterer Zeiten, Poeten des himmlischen Eros, zum
Namen nehmen, denn er verherrlichte in seiner schwärmerischen Seele die
Mutter Parthenopäus. O Mutter Parthenopäus, du Reine, aus dem
Parthenion stammende Jungfrau, von der himmlischen Jungfrau selbst
erzogen! so scheinest du mir nichts Irdisches mehr, dem Sinnlichen
himmlisch entrückt erscheinst du als Sternbild, als Himmlische, als Selige
aus Elysium: Ich aber nur ein Sklave deiner Herrlichkeit, ich nur ein
demütig vor dir im Staube liegender Preisender und Rühmender deiner
reinen Schönheit, der in dir das Ideal der Schönheit verehrt! So wird,
Meleager, die Mutter deines Sohnes verewigt von den Poeten als Sternbild
der Mutter Parthenopäus, und im Sternbild der Jungfrau wird sie Cynthia
heißen, wie die himmlische Jungfrau selbst!“ Da beugte sich Meleager tief
auf den Boden und küsste demütig das prophetische Holz.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los!
Siehe, Menötios, deines Namens preisen die Griechen des Sohn des
Japhetos und der Nymphe Asia, denn vom Orient kam Japet und zeugte
mit Asia sich Nachkommenschaft, die sich auf dem Peleponnes ausbreitete
zum Ruhm des Höchsten. Du aber, du wirst heißen der Vater des Patroclus.
Aber vor allem wirst du gepriesen, weil du vertrauter Freund des Herakles
heißest. Siehe, im Schatten des Zeussohns und doch an seiner Seite, unter
seinem Schirme stehend und doch auch an seinem Herzen ruhend, zu ihm
verehrend aufsehend und doch vertraut ihm alle Händel deiner Seele
sagend, ihm nachfolgend und doch mit ihm in dem selben Kampfe
kämpfend, ihn zum Vorbild für alle Schritte deines Lebens nehmend und
noch im Tod ihm nacheifernd: denn ihm nachsterben wolltest du und dich
ebenfalls auf den Scheiterhaufen legen. Ja, auf dem Scheiterhaufen
wolltest du würdiger Zeuge sein der Freundschaft des Zeussohnes, mit der
dieser dich würdigte. Und nur, indem du ihm ähnlich ihm nachstarbest,
hofftest du, ihm gleich zu werden, und nur, indem du ihm gleich wurdest,
glaubtest du, seiner hohen halbgöttlichen Freundschaft würdig zu sein.
Ehrenvoller Tod, zu sterben wie Zeus’ Sohn!“ Da neigte sich Menötios
zitternd vor dem redenden Brett und küsste die weissagende Tafel aus dem
Haine des Zeus.
„Siehe, Kunde will ich geben vom Helden und seinem schweren Los!
Euphemos, du Schöner, du Verschönerer alles Irdischen, du bist Sohn des
Meeres, deine Mutter Mecionice, die Königstochter von Eurotas, ist auch
eine Tochter des Meeres. Darum bist du vertraut mit dem Meere und
wurdest, an der Seite des Steuermannes der Argo Steuermann der Argo.
Siehe, dir wird im lieblichen Lybia einst der Triton durch das Raunen einer
Meeresmuschel reden und dein Los lassen fallen auf ein liebliches Land.
Nicht aber wird in deinen irdischen Tagen dein Fuß dies Land betreten,
Euphemos, so schön dir auch die Erde erscheint, aus der Hand des
Schöpfers entsprungen, die Meerumgürtete, sondern erst in der Zukunft
wird es dein! Siehe, im siebzehnten Geschlecht wird sich der Segen
erfüllen. Du aber wirst die Freuden der Liebe nicht entbehren müssen,
denn dein Herz wird Haus sein der Liebe zu Malache, des lieblichen
Mädchens von Lemnos, und die Lemnierin, die Meerestochter wird Mutter
des Königs von Kyrene. Aus Kyrene aber wird aufstehen Simonis, der
tragen wird das schwere Los des Helden. Und darum: Siehe, ich will
Kunde geben vom Helden und seinem schweren Los!“ Da staunte
Euphemos, der Verherrlicher, und wunderte sich über die dunkle und
obskure Weissagung, nicht verstehend, und dennoch verehrend, neigte er
sich vor dem prophetischen Holz und küsste die Weissagung Zeus’ durch
den Mund der Jungfrau Minerva.

HYLAS

Die Argonauten fuhren über die Ägäis und kamen nach Lemnos. Dort
wurden sie von den schönsten Lemnierinnen bewirtet, die alle reizend
aussahn und die Röcke hochgeschürzt trugen. Ihre Obergewänder waren
leicht und wehten im Anhauch des Zephyr um ihre schönen Brüste. Sie
waren alle Meisterinnen der sinnlichen Liebe, und die beiden Dienerinnen
der Aphrodite, die Mädchen Verlockung und Überredung, standen ihnen
mit allen gefährlichsüßen Mitteln zur Seite. Da lullten sie die Argonauten
in den tiefen Schlaf der Wollust, und einige Monde zogen hin, da die
Argonauten nichts anderes als honigsüßen Wein der Liebe tranken. Der
blinde Gott traf manchen mit seinem Pfeil, manchen ritzte er auch nur,
dennoch wütete des Gottesknaben Wut unter den Argonauten. Viele wären
bereit gewesen, die Fahrt für immer aufzugeben, ja, alle ließen es sich
wohl gehen im Schoße der lüsternen Weiber. Herakles, der Halbgott,
mahnte mit strengen Worten die in Wollust zu Weichlingen gewordenen
Argonauten zur Weiterfahrt. Da besannen sich die Argonauten wieder auf
ihre heroische Aufgabe, das Goldene Vlies nach Griechenland zu holen.
Man setzte die Segel und schiffte weiter über die Ägäis.
Schließlich kamen sie nach Bithynien, da in einem Meeresbusen die Stadt
Kios lag. Die dort wohnenden Mysier empfingen die Argonauten sehr
freundlich und luden sie ein, am Strande sich ein Zeltdorf zu errichten,
dazu brachten die Mysier Speis und Trank herbei. Die Argonauten, nicht
gründlich geheilt von ihrem Hang zur bequemlichen Wollust, ergaben sich
diesmal nicht der erotischen Wollust, aber der Wollust des Magens und der
Faulheit, die sie für eine Göttin hielten: Gliedererschlaffende! nannten sie
sie zum Spaß.
Da brannten vor den Zelten die hohen Freudenfeuer des Festes, daß sie der
Göttin der Muße feierten. Bockslederne Schläuche mit mysischem Weine
kreisten zwischen den Männern, die trunken wurden, weil sie sich beim
Weintrinken nicht von Weisheit leiten ließen. Sie begannen zu tanzen mit
den mysischen Freudenmädchen, welche die Ältesten der Stadt Kios zu
den Griechen hinausgeschickt hatten. Sie umschlangen einander und
tanzten umschlungen tolle schlingende Tänze um die prasselnden Feuer.
Manche sanken hinab in den Sand und ergaben sich der Buhlerei.
Alle feierten aber die Göttin der Muße mit einem opulenten Opfermahl,
welches sie selbst verspeisten: Der Gott eines Toren ist sein Magen! Sie
schlangen die frugalsten Opfermahlzeiten hinunter, Ziegen, Kaninchen,
Eberschenkel, dazu Kraut und Oliven, alles hinuntergespült mit dem süßen
schweren mysischen Rotwein, der mit Honig und Gewürzen angereichert
war (Wasser hinzuzutun verschmähten die Argonauten).
Einige lagen auf dem Sand vor den Zelten und schnarchten wie grunzende
Wildsauen, andere hatten sich in die Zelte zurückgezogen und kämpften
Kampfspiele der Aphrodite Bellona mit mysischen Freudenmädchen,
andere versuchten sich abzukühlen im Meer, um zu neuen Freuden des
Festes wieder aufzubrechen; einer gar übergab sich im Oleandergebüsch,
um erneut sich dem Trunk zu ergeben.
Aber Orpheus weinte, denn er glaubte seine Geliebte verloren. Er sah
hinaus in die tiefe dichte Nacht und suchte sie, denn wenn sie auch
verloren war, so konnte sie doch nicht ganz verloren sein, und wenn es
auch dichte Nacht war, so glänzte am Himmel doch das diamantene
Blicken der schönen Kallisto. Deren Sterne tropften Funkelglanz auf den
Pinienhügel, der wie ein sonderbarer Glanz auf den Wipfeln lag. Aus dem
Dunkel des Haines meinte Orpheus, sich ein Bild lösen zu sehen: ein
weißer Schatten, der wie ein silberseidener Schleier näher wehte, wie ein
erleuchteter Nebel, in fließendem Lichte, kam ihm die Heilige nah.
Sie war ganz in ein langes weißes Gewand aus feinem, aber keusch
dichtem Stoff gehüllt, über ihr Haupt war ein dichter weißer Schleier
gelegt, der auch ihr Gesicht verhüllte. Dennoch meinte Orpheus, an ihr
Eurydice zu erkennen. „Sie ists!“ hauchte er leise in die Nachtluft.
Die Heilige nahte ihm, mit den Füßen leicht schwebend über dem
Waldboden. Sie hob den Schleier, da sah er ein leuchtendes Gesicht, als
glänze ihn der Mondschein an, daraus blickten hervor zwei Sterne, die an
Glanz die Sterne der schönen Kallisto weit übertrafen. Die leuchtende Frau
erhob die Rechte und führte den Zeigefinger Orpheus nahe und legte ihn
Orpheus auf den Mund: „Bei der Königin der Schweigenden!“ dachte
Orpheus und schmeckte auf seinen Lippen einen Tropfen wunderbarer
Süße.
Die weiße Frau erhob den linken Arm, da sah er an ihrem Handgelenk eine
Perlenkette von rosanen Perlen hängen, jede Perle durchbohrt, daß er
hindurchschauen konnte und sah das weiße Licht des Gewandes der
Heiligen und meinte, Melodien zu hören und Rauschen des Meeres. Ihm
war so sonderbar und wundersam zumute. Da wehte ihn ein leichter süßer
Duft an wie von sabäischem Weihrauch, und die weiße Frau entschwand in
die Tiefe der Nacht, sich über dem Horizont verlierend. Orpheus hatte
geträumt, er hatte das Nach-Bild Eurydices mit Hilfe des Gottes Phantasus
geliebt.
Während seine Freunde trunken schliefen, war Zeus Sohn abseits
gegangen, vom Meere fort, und war die Nacht hindurch gewandert. Er kam
zu einem Hain aus Olivenbäumen, deren silbrige Blätter unterm Monde
der dichten Nacht wie Tränen glitzerten. Da befiel auch ihn eine bleierne
Müdigkeit und er setzte sich ins Gras unter den Bäumen.
Da kam ihm schreckhaft zu Bewußtsein, was das Orakel aus dem Hain
Dodona, das Wort des Zeus, zu ihm gesprochen hatte: Er werde das
Nesselhemd des Fluches anziehen und sich selbst auf den Scheiterhaufen
legen. Da entsetzte sich der menschliche Teil des Halbgottes vor dem
Tode, aber der göttliche Teil, der aus dem Geist des Zeus entsprungen war,
willigte ein in die göttliche Vorsehung. Und der göttliche Teil an ihm war
der gewaltigere, und so ward er frei von der Todesfurcht.
Im selben Augenblick drangen aber drei Furien auf Herakles ein. Sie
trugen statt Locken Schlangen, statt Elfenbeinzähnen von Frauen trugen
sie gelbe Spitzzähne von Hunden, ihre Augen glichen Pestfeuern, ihr Atem
stank nach faulen Eiern oder Schwefel. Sie drangen mit aller Gewalt des
schrecklichen Orkus auf Herakles ein und versuchten, ihn vor der Zeit, die
das Schicksal und Zeus Wille ihm gesetzt hatte, in den Orkus
hinabzuziehen, damit er für immer anheimfalle den Fluten des Phlegeton.
Herakles rang mit den drei Furien, die immer wieder, wenn sie die Erde
berührt hatten, neue Kraft bekamen. Und wie die Hydra waren sie, und
ihre Schlangenköpfe wuchsen vervielfältigt nach, wenn er einen
abgeschlagen hatte. Sie schienen unüberwindlich. Da schrie Herakles auf
zu Zeus, dem allmächtigen Vater der Menschen: „Vater! befreie mich von
dieser Stunde, da der grausige Tod mich rauben will vor der mir von dir
bestimmten Zeit! Laß Thanatos mit seinem Kelche der giftigen Milch an
mir vorübergehen, daß ich nicht sterbe, denn mein Los ists, auf dem
Scheiterhaufen meinen unsterblichen Teil aufsteigen zu lassen zu deiner
Burg, gewaltiger Herrscher!“
Da stürzten wieder die Furien auf ihn ein und warfen ihn zu Boden. Er fiel
in das Gras, schmeckte den Staub, wühlte sich in das Laub und ward
schwach, daß er fast keine Hoffnung mehr hatte, diesen Ansturm des
Acheron zu überwinden. Aus seinen Augen spritzten vor Wut der
Ohnmacht Tränen, aus seinen geschwollenen Schläfenadern spritzten
schwarze Blutstropfen. Da er am Grunde seiner Schwäche lag, am Boden
seiner erlegenen Kraft, kam über seinen Geist eine Vision: Ja, er würde
sterben, aber er würde einen Tod sterben, daß aus dem grünen
Mäanderstrom des Lebens Himeros sich erhebe, der Morgenstern, und mit
sieghaften Leuchten, wie eine Orange im Lebensbaum, die ganze
vergoldete Erde erfülle. In seiner Vision griff er nach dieser Orange, saugte
sie aus, da bekam er neue Kraft, erhob sich, schrie mit gewaltiger Stimme:
„Zeus, Zeus, steh mir bei!“ Und diesmal erhörte Zeus sein Flehen und
gebot den Furien, zurückzukehren in das dunkle Haus des Acherusischen
Orkus, in den brennenden Hades. Herakles atmete auf, er atmete tief die
befreite, reine Nachtluft ein, er pflückte sich Zweige vom Olivenbaum und
flocht sich einen Kranz, den er sich in sein Haar setzte. Er war bereit,
seinem Schicksal entgegen zu gehen, der Gott in ihm würde die
Menschheit an ihm erlösen von diesem Kerker und aufsteigen im besten
Teil zur himmlischen Halle, sich dort beim Thronstuhl des Zeus mit der
schönen Braut Hebe in ewiger Jugend zu vermählen.
Am Rande des Zeltlagers der Argonauten saß auch Hylas in traurigschöner
Einsamkeit. Er war ein Jüngling, der von nicht wenigen eine schöne Seele
genannt ward. Frauen, jüngere und ältere, nannten ihn einen schönen
Jüngling. Auch Alkmenes Sohn war angetan von seiner Schönheit und
hatte ihn wegen seiner Schönheit zum Freunde gewählt. Allerdings hatte
Alkmenes Sohn doch mehr die Schönheit seiner Seele, als die Schönheit
seines Körpers im Blick; dennoch hatte er auch stete Freude am
vollendeten Ebenbild und Ebenmaß seines Leibes.
Hylas blickte aus seinen großen braunen Augen, die einen goldnen Funken
trugen und in weißer Milch zu schwimmen schienen, in die Nacht hinaus.
Er dachte an Zeus Sohn und lächelte leise, dabei zeigte er vollkommen
gleichmäßige und reine weiße Zähne. Ein leichtes Lüftchen spielte in
seinen glatten schwarzen Haaren, die er kurz geschnitten trug. Kein Bart
trug er am runden Kinn oder über der schmalen Lippe. Die Haut seines
Gesichts war weich wie die eines Kindes und von gelbbrauner Farbe. Er
war schön wie der herrliche Alkinous, der Beherrscher der Herrscher.
„Deine Schönheit“, hatte Alkmenes Sohn zu ihm gesagt, „ist mehr als der
bleiche Schatten auf der Höhlenwand, sondern deine Schönheit ist wie
eine Natur gewordene Idee, wie die Idee der Schönheit selbst. Diese liegt
als herrlicher Abglanz auf deinem Antlitz, vor allem in dem goldenen
Funkeln deiner Seele. So ergießt sich die Schönheit dieses Seelenfunkens
auf deine ganze Gestalt. Von der Seele beherrscht ist dein ganzer Leib.
Und deine Seele hat so hohe Weisheit, eingegossen in die Naivität eines
Kindes, und all deine Weisheit besteht aus Liebe. So bist du auch in
innigstem Kontakt mit der himmlischen Urania, die mir deine Mutter zu
sein scheint. Ist dein Körper dir ein Gefängnis? Es ist ein schöner Kerker,
von innen bemalt mit dem Goldglanz deiner Seele, von außen bemalt und
verziert mit dem ganzen Farbenreichtum und Marmorzierrat
überströmenden Lebens. In dir begegnet mir das blühende Leben selbst,
das blühende Leben, wie es in elysäischen Gärten blüht, du wandelnder
Seliger, der du wundersam genug durch Griechenland wandelst. Reinheit
ist dein Geist, Tugend deine Seele, Ebenmaß dein Leib. Wenn ich dich
liebe, wenn ich dir das sagen darf, daß ich dich liebe, dann liebe ich in dir
die Schönheit der Seele. In der Schönheit deiner Seele liebe ich die
Schönheit selbst, und in der Schönheit, in ihrer vollendeten Idee, die
Herrlichkeit des Vaters.“
Hylas sann diesen Worten nach. Er war immer noch wie ein einfältiges
Kind. Noch hatten ihn die Stürme der Leidenschaften, die in der Jugend oft
hitzig aufzutreten beginnen, nicht befleckt, noch hatte er ganz die
paradiesische Kinderunschuld. Und in seiner kindlichen Seele hegte er
eine tiefe, heilige Freundschaft zu Zeus Sohn. In ihm war die Kraft, in ihm
war der Sieg, in ihm war alles Herrliche versammelt, er war der großer
Reiniger, der die Welt von Unholden und allem Mist zu reinigen wußte
und die Kraft dazu in Fülle besaß.
Wo aber war Zeus Sohn? Er war hinausgewandelt, fort von den
Berauschten, fort von den Hunden, hinaus in die Einsamkeit der
unendlichen Nacht, gekrönt mit den zwölf Tierkreisbildern und angetan
mit einem Kleide aus Mondschein war Zeus Sohn vorausgegangen, und
auf diesem Wege wollte Hylas folgen. Ja, fort von den Dummköpfen, den
verwilderten Zynikern mit ihren viehischen Begierden, den törichten
Glücksjägern, hinaus in die einsame Nacht. Und sei da Einsamkeit, sei da
saturnmäßige Schwermut, Saturn war nicht allein der Gott der Schwermut,
war vor alters doch auch der Gott des Goldenen Zeitalters gewesen, und
darin mußte doch eine geheime Beziehung zur einsamen Schwermut
bestehen. Dieser hatte sich Herakles ausgeliefert, der tiefen Betrachtung,
der Besinnung, bevor er sich wieder zu herrlichen Taten aufschwingen
würde; er unterredete sich wohl eben in diesem Augenblick mit Zeus auf
einem einsamen Hügel in der Nacht? Und der Gott sprach zu ihm im
stillen Donnern?
Hylas wollte Herakles folgen, er wollte Zeus Sohn gleich sein. Darum
schied er sich von den Prassern und Hurern, darum ging er hinaus, die
Gestalt zu finden, die von zwölf Sternbildern gekränzt und im Kleide des
Mondes ihm Zeus, den Herrscher mit dem eisernen Zepter, nahe brachte.
Und Hylas irrte hinaus in die Nacht, ohne Ziel und doch mit dem Ziel,
Zeus Sohn zu finden. Aber er fand ihn nicht. Er schritt langsam einen
gewundenen Pfad in die Nacht hinaus, fort von den niederbrennenden
Feuern der orgiastischen Freuden, hinaus in die Einsamkeit, tief
nachdenklich. Da sah er am Wegesrand einen kleinen stillen silbernen
Bach murmelnd hinrieseln, der leise Wohlklang des Wassers wiegte ihn
noch tiefer in die einsame Betrachtung. Er versenkte sich in seine Seele,
den Funken zu beschauen, welcher unsterblich war, ein reiner Guß des
ewigen Ur-Seins, des reinen Ideales des Lebens. Wo sollte er denn Zeus
Sohn suchen? in der Nacht und Einsamkeit? oder in der Betrachtung seiner
Seele? denn der Freund und Geliebte lebte ja in seiner Seele, sein Bild
wirkte tätig in seiner Beschauung. Ja, fast schien es ihm, als lebe der
Geliebte wahrhaftiger in der idealen Projektion seiner Seele, fast war es so,
als sei die Seele des Liebenden eine Seherin, welche das ideale Wesen des
im Schatten wandelnden Freundes sah.
So in sich selbst versunken und verträumt wandelnd durch seinen inneren
Kosmos, kam er zu einem Hain von Weiden, die alle silbriggrün glänzend
um einen stillen Teich standen. Die Nacht wob ihre schwarzseidige
Melancholie um all die Trauerweiden, die wie reine Jungfraun oder
Klageweiber auf das stille Wasser schauten, welches einen Abglanz des
reinen Mondlichts hatte. An den uralt mütterlichen Buchen umher war
grünes Moos der Vorzeit gewachsen. Dies schien Hylas das Reich des
Saturn zu sein, das Reich des uralt-ewigen Gottes der Beschauung, der
Melancholie und des verlorenen Goldenen Zeitalters. Hier wob Vorzeit
sich durch den traurigen Hain.
Da aber staunte er nicht wenig, als er die Najade des Teiches sah, sie erhob
sich langsam aus dem Wasser. Ihre Gestalt floß wie Musik, wie ein
Harfenton. Sie trug einen langen orangenleuchtenden Rock, von einem
goldenen Zaubergürtel zusammengehalten. Ihr Oberkleid war ein feines,
goldbesticktes, durch welches ihre braune Haut hindurchschimmerte. Ihre
Haare waren lang und flossen ihr über den Rücken hinab, sie waren
schwarz wie das Haar der Mutter Nacht, der Versöhnerin der Götter. Aus
ihrem hellbraunen Gesicht schauten tiefe schwarze Augen, große Kelche
schwarzer Rosen, tief melancholisch blickend mit einem feuchten
Schimmer.
War dies ein Bild des Goldenen Zeitalters? eine Nymphe aus den vorigen
Zeiten, da Sinnenlust noch eine erhabene Tugend des Geistes war? oder
war diese Najade das süße Ziehen des Todes? War nicht in den
Melancholien der einstigen Freude, im tiefen Reich des Todes das wahre
Glück der Liebe zu finden, einer Liebe, die den Kosmos mit der Macht der
Harmonia ordnend durchwaltete und aus Streit und Sympathie zuletzt den
Sphairos schuf, den großen Einklang aller lebenden Wesen?
„Ich bin Malis“, hauchte sie, die Najade. Malis, darin war das Maa der
Mutter des Dionysos, das Maja der Mutter des Hermes, das Magna Mater
der Göttermutter. Sie war jene Gestalt der Mutter, in deren Mutterschoß
zurück es Hylas sehnlichst verlangte. „Ich bin aus der anderen Welt, die
jenseits des Spiegels des Teiches ihre kristallenen Grotten dir bietet, mit
den Muschelpforten und der Perle der wahren Wonne...“ Damit
verschwand sie in die dunkle Nacht der Tiefe des Teiches.
O hinab! war alles Verlangen und alle Sehnsucht des Hylas. Mit einem
schrecklichen Aufschrei (letzte Todesangst wie eine große Wollust
ausdrückend) stürzte er sich hinab in die Tiefe. Seine Seele, die erstickte,
entfloh dem schönen Leibe. Der Leichnam schwamm oben auf dem
Wasser.
Herakles hatte, er war nicht fern, den Schrei vernommen, wußte, es war
des Hylas Schrei gewesen und eilte zum Teiche, da sah er den schönen,
unbeseelten Leichnam treiben inmitten von Wasserrosen. Die schwarzen
Haare lösten sich wie Algen im nächtlichen Wasser.
Aiaiaiai! schrie Herakles und warf sich weinend auf den Boden. „Mein
Geliebter! Mein Geliebter! Hylas ist tot! Hylas, Hylas, Hylas ist tot! Wehe
mir, weh mir! Hylas, mein Geliebter ist tot!“ schrie er in rasenden
Verzweiflungen.
Orpheus hörte ihn und eilte hinzu. Am östlichen Horizont ging eben der
Morgenstern herauf, der einsamschöne. Herakles weinte, er war nichts als
die Tränen, und er sagte: „Ich bin die Träne des Zeus, die der allmächtige
Vater über den Tod des schönen Hylas weint, ja, ich bin die Träne des
Zeus! Hier werd ich bleiben drei Monde, drei Jahre, drei Äone und nichts
als Sehnsucht sein, traurig-verzweifelte Sehnsucht in die Vergangenheit,
hoffnungslose Hoffnung, daß Hylas, mein geliebter Hylas, mir aus dem
Totenreiche wiederkehrt. Laß mich hier mein Unglück beweinen, Orpheus,
ich werde die Argonauten an dieser Stelle verlassen und einsam meine
Wege wandeln, denn ein anderes Schicksal hat mir der Höchste
zugedacht.“ Orpheus aber ging zu den eben erwachenden Argonauten
zurück, klärte sie auf über des Hylas Schicksal und des Herakles Vorhaben;
damit setzten die Argonauten wieder die Segel der Argo, und mit einem
günstigen Winde segelten sie weiter, das Goldene Vlies nach Griechenland
zu holen.

MEDEA

Die Argonauten sahen die Gipfel des Kaukasus ragen über dem Meere,
von denen immer noch der gequälte Schrei des Prometheus widerhallte.
Sie kamen in die Mündung des Phasis-Flusses, da lag zur Linken die
Hauptstadt des Kolcherlandes, das weiße Kytäa, zur Rechten aber der Hain
der Drachensamen mit dem verfluchten Aresbaum, der heiligen Eiche mit
dem goldenen Vlies. Darunter lag der Drache mit wachen Augen und
suchte, wen er verschlingen könne. Die Argo legte an in einer schattigen
Bucht des Flusses, ging da vor Anker, die Argonauten stiegen aus und
errichteten sich ein Zeltlager am Ufer.
Jason aber, der Erste der Schar, ging zum König der Kolcher. Von der
Zinne der Burg aber schaute die Tochter des Königs, die schöne Medea.
Sie sah Jason und schrie auf: „Herrlicher!“
Nach den Alten war Eros, der Gott der Liebe, der Älteste aller Götter und
Schöpfer aller Himmlischen. Aus Liebe, in Liebe und auf die Liebe hin
war alle Welt erschaffen, der herrliche Schmuck des Kosmos, der
zauberhafte Gürtel des Meeres, die mütterliche Erde, die jungfräulichen
Birken, die blauaugigen Veilchen und der von Wolken verschleierte
Jungfraustern mit den Plejaden.
Eros aber galt als Kind der Aphrodite, bewaffnet mit einem Bogen, auf
dem er die Sehne der Sehnsucht spannte, auf dem er den Pfeil des
Verlangens spannte. Diesen schoß er in Medeas Herz. Er hatte ihn zuerst in
Honig getaucht, den er aus einer Rosenblüte mit seinen Schwestern, den
Bienenköniginnen gesammelt hatte. Medeas Herz ward verwundet, und
diese Wunde schmeckte süß, ja es war eine Süßigkeit in ihrem Herzen, daß
dieses aufblühte wie eine Rose, in deren Kelch der Nektar der Götter
gesammelt lag. In ihrem Herzen war ein heiliger Freudenhain der
Aphrodite, da die Eroten mit den Charitinnen liebkosende Spiele spielten,
umschwärmt von milden Bienen und zarten Schmetterlingen. Die Veilchen
trieben Wolken von betörenden Düften umher und die Linden breiteten
darüber ihr mütterlich-jungfräuliches Gewölbe.
Aber nicht genug, daß Eros ein Gott der Herzenssüßigkeit war, er war auch
ein gewaltiger schrecklicher Herrscher, den Diotima vor Sokrates einen
Dämon nannte. Daher, und die Götter allein wußten zu welchem Zweck,
spannte er erneut seinen Bogen, legte erneut einen Pfeil an. Diesen
allerdings hatte er in einen Schierlingsbecher getaucht. Den schoß er nun
ab und traf direkt in Medeas Herz. Da schrie sie auf: Herrlicher! denn in
ihrem Schmerz der Liebe hatte sie die höchste Herrlichkeit des Geliebten
erkannt!
Da war sie schwach, ihre Seele war betrübt bis zum Tode, aber Eros wollte
sie nicht sterben lassen, darum zündete er seine Pinienfackel am
olympischen Feuer an, dem Lebensgeist des Zeus, und warf die rauchende
Fackel in den Hain des Herzens der Medea. Daselbst brannte nun ein
lodernder Waldbrand: reine Lebenskraft, die sich ausbreitete in wilden
Rasereien, göttliches Feuer in grenzenlosen Stürmen brausend. Da verlor
Medea ihre Besinnung, und in Raserei der Leidenschaften stürmte sie von
der Zinne der Burg herunter auf den Vorhof, daselbst den Herrlichen
einmal umarmen zu können, einmal küssen zu dürfen, ja verschlingen zu
dürfen den Heißgeliebten mit Haut und Haaren, sein Fleisch in sich
aufzunehmen wie bei der mystischen Kommunion des Jacchus!
Jason begehrte vom König das Goldene Vlies, der aber wußte, daß vom
Besitz des Goldenen Vlieses sein Leben abhinge. Da ging Jason wieder
zum Zeltlager der Argonauten, unverrichteter Dinge.
Medea aber saß in ihrer Kammer und sprach vor sich selbst und schüttete
ihr Herz aus bei sich selbst und redete: „O Triformis, du dunkle Gottheit
meines Lebens! Du hältst die Schlüssel zum Hades, zum glücklichen
Leben auf der Erde und zum Himmel in deinen Händen! Schließ mir auf
ein glückliches Leben auf der Erde! Dies muß sein an der Seite Jasons, des
Herrlichen, denn niemand und nichts anderes begehre ich von deiner Güte.
Was das Schicksal ihm verhängt hat, weiß ich nicht, wer vermag schon zu
lesen in den Tafeln des Schicksals? Aber wie sein Schicksal auch aussieht,
und sei es, daß ein Fluch darauf laste, ich will es mit ihm teilen. Er
erscheint mir ganz wie ein Halbgott, und dennoch meiner Hilfe bedürftig.
Lieb ich ihn, wie eine Frau einen herrlichen Heros liebt? oder lieb ich ihn
nicht auch, wie eine Amme oder eine Mutter ein hilfsbedürftiges Kind
liebt? Wir sind von Eros geschaffen, auf Eros hin, denn in deinem Herzen,
o Triformis, waltet Eros! So laß mich alles unternehmen, um ihn zu
retten!“
In der Nacht träumte Medea auf ihrem Lager: Jason war gekommen mit
einem fliegenden Schiff, er ließ sich nieder mit dem Schwan von einem
Schiff auf dem Phasis-Strom und schwamm zur Mündung fort. Daselbst
floß in ihrem Traum der Strom in den Tempel der Gottheit Triformis,
welcher weiß und mit einer runden Kuppel mitten in Kytäa stand. Der
Hohepriester der Gottheit Triformis sprach in ihrem Traume: Ihr seid auf
Eros hin geschaffen, denn Eros ist der Älteste der Götter, und Triformis ist
in Wahrheit Eros! O dunkle Gottheit, schließ auf mit deinem Schlüssel den
Himmel der Liebe! sprach der Priester im Traum: denn wo das Goldene
Vlies hängt, da ist in Wahrheit Medea, und wenn Jason das Goldene Vlies
sucht, so wird die Jungfrau Medea ihn zum Goldenen Vliese führen. Siehe,
er wird erwachen aus seinem Traum, in dem er von den Legenden der
Götter träumt, und wird in seinem Herzen nur einen Gedanken haben:
Medea, Medea! Denn am Anfang seiner Suche nach dem Goldenen Vlies
stand die abgrundtiefe Liebe zu Medea! So träumte die Kolcherin.
Aber am Morgen erwachte sie mit den trübsten Gedanken: Nein, er ist zu
herrlich! dachte sie, ich werde nie seine Liebe erreichen! Allein nach dem
heiligen Goldenen Vlies strebt seine Seele, nimmer nach meiner fraulichen
Liebe! Was wieg ich mich weiter in nichtigen Träumen? Soll ich denn
allein ein Traumbild lieben? Einen Augenblick nur sah ich ihn, und liebte
ihn, und werde verzehrt vom giftigen Feuer dieser Liebe. Liebe ist
schrecklich wie der Tod und Leidenschaft unüberwindlich wie der Hades!
Fort mit meinem elenden Dasein! Herbei mit dem tödlichen
Schierlingstrank, herbei mit dem verfluchten Hanfstrick, daß ich mich am
nächsten blitzgespaltenen Baum erhänge! Widerliches Leben, daß du aus
dem giftigen Meere der Verzweiflung auftauchst und den Schaum der
Nichtigkeit an deinen dürren Gliedern trägst: du sollst die Liebe sein? Dein
Kuß ist süß wie die Mohnmilch des Thanatos, dein Schoß ist der dunkle
Raum des Hades, aus deinen Brüsten will ich trinken den Selbstmord
meiner Verzweiflung! Ah weh mir!“
Aber die liebreiche Göttermutter umschwebte sie wie eine blühende Rose
und ließ Perlen mildesten Trostes auf die Lippen ihrer Seele träufeln. Sie
erschien ihr mit dem milden gütigen Gesicht der Mutter, da legte die
Himmelskönigin ihren mütterlichen Finger auf den Mund Medeas und
stillte sie mit dem süßen Hauch des himmlischen Trostes. Umgeben von
Pfauen und in goldenen Sandalen herrlich wandelnd, kehrte die
Himmelskönigin zu ihrem Aufenthalt vor dem Throne des Zeus zurück,
dort den König der Götter anzuflehen für die Seele Medeas.
Medea war getrost und fand sich drein in alle Schickungen des dreifaltigen
Schicksals. Sie wusch sich im reinen Wasser, legte sich frisches weißes
Linnen an und salbte sich mit dem besten Myrrhenöle. Dann schritt sie aus
der Burg von Kytäa.
Sie begab sich in den Tempel der dunklen Gottheit Triformis mit den
Schlüsseln. Sie schritt durch die hohe weiße Pforte in den Säulengang des
Tempels, da stand ihre Schwester Chalkiope. Diese hatte langes braunes
Haar, dichte dunkle Augenbrauen, eine Nase wie der Aar des Zeus,
dennoch ein weiches unschuldiges kindliches Gesicht. Sie lachte gern, sie
lachte wie ein glückliches Kind. Auch jetzt sang sie zur Zither die süßesten
Lieder der Gottheit: „Siehe die Berge, Parnass und Helikon, siehe Athos
und Rhodope und den schneebbedeckten Olymp und den phrygischen Ida,
alle sind aufgeworfen worden von der uralten Mutter Erde zu deinem Lob,
Triformis! Siehe die Flüsse, Pedhieos der Kypris, den asiatischen
Skamander, den Hebrus, sie alle rauschen zu deinem Lob, denn Poseidon
läßt ihren Sang erschallen zu deinem Ruhm, Triformis! Siehe die Vögel,
die süßschluchzende Philomele und den prophetischen Schwan, den
Wiedehopf und den Kuckuck, die Eule der Athene und die Tauben und
Sperlinge Aphrodites, sie alle rufen Triotriotrio zu deinem Preis, o
Triformis!“ So sang Chalkiope zum lieblichen Saitenspiel.
Medea hatte, wie ihre Schwester, langes braunes Haar, aber in Locken
fallend, und graublaue Augen, welche wie Blitze glänzten. Ihre Lippen
waren hochgeschwungen und von verführerischer Süße, dennoch schauten
sie melancholisch, wie ihr ganzes Antlitz von einer Wolke der Schwermut
beschattet lag. Leise stimmte sie mit ein in den Preis der Gottheit, ihre
Stimme glich mehr einem flüsternden Hauch, wie Aura gesäuselt, als
Dionysos ihr genaht war im Lustgarten am Feiertage des Lenz.
Aber Medea war nicht innig beteiligt am Lobe der Gottheit, denn ein
Sterblicher hatte ihr Herz den Göttern entwendet, der herrliche Jason. An
ihn alleine dachte sie, und ihr Denken war getragen auf den glühenden
Flügeln der Sehnsucht. Alle Wolken des Abends sehnten sich nach
Hesperien und den westlichen Ufern der atlantischen See, wo die Gärten
blühen wie India schön, daselbst war der Garten der Liebe, in welchem sie
kosen und turteln wollte mit Jason, der ihr einem Halbgott, einem
Göttersprößling gleich schien. Aber wo war er, der Herrliche? Alles atmete
seine Schönheit, alles lebte zum Gleichnis ihrer Liebe, die allein auf ihn
hin geschaffen war, er war das Ziel ihrer Sehnsucht, ohne ihn war
Hesperien nicht Hesperien und Elysium nicht Elysium. Er war der Bote
der Gottheit, er war der fleischgewordene Eros. „O komm!“ seufzte ihre
Seele einzig, „o komm und nahe, Herr meiner Seele und überwältige mich
mit deiner Liebe, daß ich in deinen Armen in ewigen Verzückungen
aufjauchze! Küsse mich mit dem Kuß deines Mundes, mit dem heiligen
Kuß der Liebe küsse mich, daß ich ins schönere Leben erwache durch den
Kuß deiner schönen Seele!“
Sie schaute immer aus der weißen Tempelpforte in den grünen Hain vor
den Toren des Tempels. Jeder Lufthauch, der ein Blatt bewegte, jedes
freudige Hüpfen eines Sperlings, jeder Sonnenstrahl schien ihr den
Geliebten anzukündigen. Für ihn allein wollt sie vergessen Volk und
Vaterhaus und in seinen thessalischen Elfenbeinpalast in der fernen Heimat
fahren, daselbst an seiner Seite Hochzeit zu feiern. O sie würden ein
Lamm opfern der gewaltigen Gottheit, wenn sie sie vereint hätte! Dürfte
sie ihn doch endlich schauen! In ihrer Seele lebte sein Bild, wie es aus
ihrer Erinnerung gespeist sich gebildet hatte, aber sie begehrte, endlich
jeden Zug seines Angesichts, jeden Winkel, jeden Schnitt, jedes Haar
seiner Wimpern, die ganze Linie seiner Lippen und vor allem tief und
abgrundtief die schönsten Augen zu erblicken! Darin vergehen, in diesen
Spiegeln seiner Seele, darin zugrunde gehen und sich auflösen in seine
Seele, war all ihr Verlangen.
Da nahte Jason. Die Charis hatte ihn schön gemacht. Er trug das schwarze
Pantherfell um seine starken Schultern. Seine langen herrlichen Locken
fielen ihm auf die Schultern. Sein männlicher Bart verkündete
Männlichkeit seines Herzens, Beherztheit auch in der Liebe. O diese holde
Wildheit, diese sanfte Stärke, o diese Gott untertänige Unbezähmbarkeit!
Er war frei, frei wie Athen, er war geistreich, weise wie Nestor, er war
schön, schön wie die Insel der Kypris, er war stark, mächtig wie Herakles
oder Achill, er war voller Huld, wie die Himmelskönigin oder Adonis.
Medea besprach sich mit Jason und erzählte ihm von ihrem Plan. Jason
erschauderte vor der jungen Priesterin der dunklen Gottheit, denn der Weg,
den sie ihm vorschlug, war ein Weg der Bitterkeit und des Opfers. Sie
selbst war bereit, ihre Heimat zu verlassen und in der Fremde, in der
Ferne, im Königspalast ihres Geliebten das wahre Glück zu finden (wenn
ihr Glück beschieden sei, denn das allmächtige Schicksal teile Glück und
Unglück nach unergründlichen Gesetzen aus).
Jason und Medea gingen aus der Königsburg und begaben sich in die
Nacht. Die Argonauten, Jasons Brüder, schliefen am Ufer des Flusses, sie
konnten ihm nicht helfen. Er allein hatte die Aufgabe erhalten, das
Goldene Vlies in seine Heimat zu bringen. Sie kamen in ein
Myrtenwäldchen, wo Medea dem Jason einen Grasplatz zeigte, da er sich
niedersetzen sollte. Sie pflückte einige giftige Kräuter, Belladonna und
Schierling und Wermut und Alraune, und bereitete aus dem Saft dieser
Pflanzen einen bitteren Sud, den sie mit schwerem Wein in einem irdenen
Kruge mischte.
„Triformis!“ flehte Jason, „du waltende Gottheit über dem schweigenden
Geheimnis der Nacht, in deren Weiten du die unermeßliche Schar der
Sterne gesät hast! höre mich! denn hier, nach dem Ratschluß deiner
Priesterin, sitze ich und schaudre vor deiner Unergründlichkeit und deinem
unerforschlichen Geheimnis. Aber wenn es so sein soll, und wenn es
geschrieben steht auf der Tafel des Schicksals, und wenn Moira es mir
vorgesehen hat, dies Schoßkind Jovis, dann, o Triformis, bin ich bereit,
diesen giftigen Krug zu leeren. Sie, die dich kennt, erklärte mir, daß unter
deinem Segen der Fromme selbst Schlangen anfassen kann und Giftiges
trinken, denn du verwandelst Bitteres in Süßwein und Gift in Nektar und
Ambrosia! Siehe, so will ich mich dir anvertrauen und bin bereit, selbst zu
sterben, wenn es dein Wille sein soll, gewaltige Gottheit, aber gib nur, daß
das Goldene Vlies sein Licht verbreite in meiner Heimat. Zu diesem
Berufe will ich alles, auch meines Lebens Leben, einsetzen.“ Mit diesen
Worten leerte er den giftigen Sud.
Er taumelte ein wenig und sank auf den Boden, aber da er schwach im
Grase lag, hatte er eine Vision von einem goldenen Schlüssel, der sich aus
der Höhe des Himmels herniedersenkte und ihm die Seele aufschloß, da
sah er durch eine Pforte von hohen attischen Säulen und herrlichen
Marmorarchitraven für einen Augenblick Elysium - unendliche Wiesen aus
weißen Lilien, in Schnee gewandete Genien mit goldenen Flügeln,
Jubelbäume wie Blitze - dann aber ward alles überschattet von dem
beschatteten Antlitz Triformis’, da erwachte Jason.
Medea hielt ihm einen anderen Krug vor, der aus geläutertem Golde war,
und reichte Jason ein Messer. Damit schnitt er sich in den linken Unterarm
und ließ einige Tropfen seines Blutes in den Becher fallen. Medea hielt
diesen Kelch in die Höhe und weihte das kostbare Lebensblut der dunklen
Gottheit Triformis und sprach: „Siehe, o Triformis, hier ist das Opfer
unsres Lebens, denn in Jasons Leben ist auch mein Leben beschlossen,
und so halten wir dir es hin. Und hiermit flehen wir dich an, dies Blut im
Angesicht des Goldenen Vlieses zu weihen mit deinem Genius, daß es
werde ein Tod dem Drachen. So, o Triformis, wollen wir unter deinem
Schirm mit dem Goldenen Vlies, in Liebe, in die Heimat fahren.“
Sie gingen zum Feld der Drachensamen, zum verfluchten Aresbaum, der
durch das Goldene Vlies zu einer heiligen Eiche geworden. Medea
besprengte mit dem geweihten Blute Jasons den Rachen des Drachen, der
im selben Augenblick, in letzten Zuckungen, starb. Jason hob das Goldene
Vlies vom Baum und trug es mit Medeas Hilfe zu seinem Zelt, wo er es in
einer Truhe barg. Diese heilige Truhe trugen die Argonauten auf ihr Schiff,
und am frühen Morgen segelte die Argo klammheimlich aus dem
Kolcherlande fort, und Medea folgte Jason in des Königssohnes Heimat.
Die Argonauten kamen auf ihrer Fahrt ins Land der sanften Phäaken, deren
König Alkinoos sie freundlich willkommen hieß. Er bewirtete die
Argonauten mit den köstlichsten Speisen und besten Weinen und sagte:
„Manche Irrfahrt habt ihr hinter euch und manche Irrfahrt vor euch, und
euer Leben ist wie ein Windhauch, der weht, der weht, der sich dreht, der
sich dreht, und ihr wisst nichts anderes, als daß er euch in den Schlund des
Totenreiches hinunterbläst. Euer Leben, ihr Argonauten auf Meerfahrt, ist
wie eine kleine Blume, welche am Morgen blüht, am Mittag stolz ihr
Haupt erhebt, am Abend aber ihr Köpfchen hängen läßt, dann wird es welk
und wird geschnitten vom Schnitter. Und wenn ihr auch Weizen seid und
kein Unkraut, ihr Freunde des Goldenen Vlieses, so werdet ihr doch wie
das Unkraut abgemäht vom Gott der Sense. Was aber bleibt, ihr Helden
Griechenlands, von eurem Leben? Ist es dies, daß man an den Lagerfeuern
kommender Generationen von euren Heldentaten erzählt? Was berührt die
Schatten im Schattenreich der Ruhm bei kommenden Generationen? Nein,
das Totenreich wird eure Seelen erben. Nur dies bleibt nach meinem
Dafürhalten: Daß man Kaninchen brät und Wein aus Smyrnos genießt und
freut sich an den Brüsten der Weiber!“
Jason sah zu Medea. Durch ihr violettes Purpurkleid blickten die Spitzen
ihrer Brüste. Ihre braunen Locken fielen an den errötenden braunen
Wangen entlang und sanken auf die Brustspitzen. Ihre Blicke blitzten ihn
an wie feurige Hesper-Sterne über den Fluten von Kytherea. Ihre Gestalt
war eine schöngeschwungene lesbische Lyra. Ihre Stimme war wie das
Lispeln der luftigen Aura, als sie Jacchus ihre Liebe gestand, so ergeben,
so voller demütiger Liebe und völliger Hingabe. Und das Feuer ihrer Liebe
fiel in seine Seele und erweckte in seinem Herzen Feuer der Liebe. Da
begehrte er sie zur Frau seines Alters und zur Bettgenossin seiner Jugend.
Er gestand dies Medea, und diese hauchte mit ihrer Hauchstimme: „O
Jason, das ist so schön, daß du, gerade du mir solches sagst! Ja, ich will
dein Weib sein und die Genossin deiner Nächte und die Freundin aller
deiner Tage!“
Da freuten sich mit Jason und Medea alle Argonauten, der König Alkinoos
und die Königin Arete und (wie es Medea schien) die Sonne und die
Blumen. An einem Freitag - der Liebe geweiht - zogen sie abends alle in
eine Felsengrotte. Die phäakischen Mädchen hatten Bienenwachskerzen in
der Grotte aufgestellt und Blumenkränze um die Säulen geschlungen.
Jason trug sein schwarzes Pantherfell umgeschlungen, aber in den langen
Locken einen Kranz von Myrten. Medea trug ein feines Gewand, daß die
Königin Arete ihr zur Hochzeit geschenkt hatte, ein weißes Gewand, in das
mondensilberne Fäden eingeschlungen waren, und in den langen braunen
Locken trug sie Zyperblumenkränze. Kleine phäakische Kinder trugen
Pinienfackeln vor den beiden her und geleiteten sie in die Grotte. Daselbst
stand der König Alkinoos in seinem Königsgewand und vermählte in einer
feierlichen Zeremonie die beiden Liebenden: Glück und Treue! segnete er
sie.
Dann küsste Jason die reizende Medea, führte sie in den Saal, wo sie beide
der Tafel vorsaßen, auf der die erlesensten Speisen aus dem phäakischen
Lande standen. Alle Argonauten lachten und genossen großzügig den
köstlichen Wein. In der Nacht führte Jason Medea in seine Kammer und
wohnte ihr bei. Orpheus aber saß die Nacht, melancholisch vom Wein,
unterm Firmament und hielt Ausschau nach dem Stern der Jungfrau.

HEIMKEHR

Die Argo segelte weiter übers weite Meer, das tosende, auf dem Weg in die
Heimat. Um die Masten züngelten blitzende Flämmchen, die Sterne
wiesen dem kundigen Steuermann den Weg, aber das Schicksal wollte, daß
die Sterne ihm einen Irrweg zeigten, und so irrte die Argo durch die Fluten,
Tage und Nächte, Stürme und Wogen hindurch, bis sie aufs Westmeer
kamen, ohne zu wissen, daß sie auf der See von Atlantis waren. Da tanzte
die Argo ihren stürmischen Wogentanz auf den Gipfeln und in den Tälern
der Fluten und nahte den sirenusischen Inseln.
Daselbst lebten an den Ufern der Inseln die Sirenen, verlockende Weiber.
Aglaopheme, das heißt Glanzstimme, hieß die eine, Thelxiepea, das heißt
Zaubergesang, hieß die andere, und die weiteren waren Pisionoe, Ligea
und Leucosia. Diese Sirenen tanzten auf den Wellen und badeten ihre
nackten Leiber in den Fluten, schlugen die Wasser stürmisch auf mit ihren
irisierenden Flügeln. Da hörten die Argonauten sie singen ihre betörenden
Lieder.
Und Aglaopheme sang: „Höre, du Mann, du, den ich meine, höre und sieh,
denn hier ist Schönheit, hier ist schöne Zauberei der Liebe, der lichten Lust
und des frohlockenden Lebens! Komm und schau, wie voller himmlischer
Wollust das Leben an den seligen Ufern zu sein vermag in den Armen
geflügelter Sirenen! Hier sind Küsse, wie Venus sie mit Mars gewechselt,
hier sind Küsse, wie Venus sie mit Anchises gewechselt, hier sind Küsse,
wie Venus sie mit Adonis gewechselt. Hier ist das Leben an den Quellen
des Lebens, an den Brüsten berauschender Weiber frischester Jugend. Hier
ist der Schoß, aus dem Eros ans Leben trat, der aphrodisische Schoß der
Liebe, eine Perlmuttpforte, eine Muschelgrotte, in welcher der Fisch des
Mittelmeeres eine Perle auf der Zunge trägt! Komm und genieße, du
einziger Mann, den ich einweihen will ins bräutliche Geheimnis der
nektarsüßen Wollust! Laß uns den blinden Erosknaben leiten, den Pfeil in
den Honigkelch der Rose zu tauchen. Komm und trinke von den Lippen
den Tau der bestrickenden Schönheit! Laß dich fangen in meinem
Fischernetz einer Zauberin und laß dich verzaubern von dem Zauberspruch
einer Circe, daß du mir werdest ein Adonis auf dem Kissen, ein Paris auf
den seligen Inseln in den Armen der schönsten Helena! Komm, o komm,
denn ich erwarte dich mit offenen Armen, offenem Herzen, durstigen
Lippen, so komm!“
Da wurden die Männer der Argo toll und töricht. Ihre Triebe loderten in
ihnen auf, ihre Begierde nach zügelloser Wollust wurde in ihnen
aufgereizt, sie vergaßen ihre Weiber, die zuhause auf sie warteten, sie
vergaßen ihre Kinder, die sich nach den Vätern sehnten, sie vergaßen ihr
Vaterhaus und ihre Vaterstadt und ihr Vaterland und wollten ewig an den
süßen Ufern der sirenusischen Inseln leben unter dem Nektarlicht der
Liebessonne, in den Gärten der Wollust.
Da begann Thelxiepea zu singen: „Komm herbei, du schöner Mann, denn
du bist der Schönste und sollst sterben in den Armen einer
ambrosianischen Schönen. Denn siehe, hier liegen an den Ufern die
bleichen Gebeine vieler Männer, die alle den Zauberkelch der Lust geleert
und seligen Tod starben, festgebannt an die Arme einer Sirene. Laß dich
locken in die Wollust des Todes, in den berauschenden Tanz des
Unterganges, denn ich will dein Tod sein, der dir eine Hochzeit ist, ich will
dein Sterbelager sein, auf dem Eros und Hymen dir Haupt und Füße
streichen und ich als dein Thanatos dir das Leben aus den Gliedern sauge.
Hast du Lust auf den Untergang in den Schoß der Nacht? Hast du Lust auf
den Scheiterhaufen der Liebe? Hast du Lust, von meinen begehrlichen
Armen erwürgt zu werden? Hast du Lust, daß ich mit meinen
Perlenzähnen dir die Halsschlagader küsse? Dann komm und küsse deinen
Tod, deine Todin, deine geliebte Mörderin, die dich in das Feuerbett des
Hades, auf das Kissen des flammenden Phlegeton, in die Hölle der
taumelnden Wollust zieht, hinab, hinab, in meinen Schoß, du
todestrunkener, denn ich bin deine Hure Todin!“
Die Männer verstanden den Sinn dieses Hymnus nicht, sondern wurden
allein betört von der Musik, von dem bestrickenden Wohllaut dieses
Liedes, und alle verliebten sich in die honigsüße Stimme der gefährlichen
Sirene. Die Argonauten standen an der Bordwand der Argo und wollten
sich eben in die Fluten stürzen, um zu den Sirenen zu schwimmen, trunken
wie Selbstmörder. Da sah Orpheus die Gefahr für die Argo, für den Führer
der Argonauten und für das Schicksal des Goldenen Vlieses, und da schlug
er seine Leier und sang eine Ode mit seiner Stimme, die er von der Muse
Calliope, der Tochter der Mnemosyne geerbt hatte (und wenn die Sirenen
auch schön zu singen wußten, so waren die Musen doch von jeher die
Meisterinnen allen Gesanges, und der dem sie es verliehen).
Die Argonauten hatten der Gewalt der Lyra des Musensohnes gelauscht
und waren taub geworden für die irdische oder gar höllische Wollust der
Sirenen, und ihre Herzen waren nun erfüllt von den hohen Idealen reiner
Liebe zu einer himmlischen Jungfrau. So hatten Aphrodite Pandemos und
die Zeustochter Cynthia, Cynthus’ Schwester, mit einander im Wettstreit
gelegen, aber in den edlen Griechenseelen der Argonauten hatte, durch
Vermittlung des Musensohnes, die höhere Liebe über die niedere sieghaft
triumphiert.
Nur der Sohn des Teleon war taub für den Triumphgesang erhebender
Liebe. Während Orpheus Gesang an ihm bedeutungslos vorüberrauschte,
hatte er zu den sirenusischen Inseln geschaut. Daselbst war die Königin
der Sirenen, Parthenope, erschienen. Sie war Jungfrau, denn wenn sie
einen Sohn geboren hatte, so badete sie in ihrem magischen Teich mitten
auf ihrer Insel und erneuerte durch dieses Bad ihre Jungfräulichkeit.
Während ihre sirenusischen Mägde Wollust gesungen hatten, Genuß und
Untergang in der Wollust, hatte sie mit dem Geheimnis ihrer Augen unterm
transparenten Schleier gewunken, mit den grünen Vollmonden ihrer
Augen. Der Wind wehte in ihre braunen Locken, die unter ihrem weißen
Schleier hervorquollen. Und der Sohn des Teleon hatte nur eine einzige
Begier: in diesen Locken gefangen zu liegen und ewig in diese grünen
Augen zu schauen. Darum riß er sich aus den Armen seines Freundes los
und stürzte in die See. Er wäre an den Ufern des sirenusischen Inselreichs
zerschollen, seine Gebeine hätten im Sande gebleicht, seine Seele wäre in
den Hades abgeirrt, wenn ihn nicht die himmlische Liebe der Göttin
Urania aus dem dritten Himmel zuhilfe gekommen wäre und hätte ihn in
einem Feuersturm, in ihrem himmlischen Feuerarmen hinaufgerettet,
durch die Lüfte gerissen hinan, hinan, das ewige Weib zog ihn hinan, an
ihren himmlischen Busen, wo er die unsterblichen Wonnen Elysiums
genoß!
Die Argonauten aber, befreit durch den Musensohn, fuhren weiter auf ihrer
Meerfahrt. Die Sterne lenkten sie östlich, bis ein widriger Sturm sich erhob
und sie im libyschen Meer ergriff und die Argo an das Sandwüstenufer der
afrikanischen Syrten verschlug. Dort strandeten die Argonauten. Hilflos
und wie Schatten Gestorbener irrten sie im Sandwüstenland umher,
halbverdurstend. Sie nahmen die Truhe mit dem Goldenen Vlies und irrten
durch die Wüste, auf der Suche nach einer Quelle oder Oase, denn sie
starben nahezu vor Hunger und Durst.
Orpheus ging den Wanderern durch die Wüste voran. Da sah er in der
Ferne, sei es, daß es ein Wüstentruggespenst war oder ein wirkliches
Wesen, eine schöne weibliche Gestalt. Da er aber näher kam, war es eine
der Hesperiden, die Edelste der sieben Töchter der Hoffnung: Mela, die
einem goldenen Apfel vom Baum Hesperiens an Schönheit glich. In
unvordenklichen Vorzeiten hatten die Menschen unter diesem Geschenk
der Mutter Erde für den Göttervater gelebt und von den Äpfeln des
Baumes gelebt (damals aßen die Menschen noch nichts Lebendes). Aber
als die Menschen hochmütig geworden waren, hatte der Göttervater den
Baum mit den goldenen Äpfeln auf die ferne und nahezu unerreichbare
Insel der Hesperiden gesetzt und die sieben Töchter der Hoffnung zu ihren
Wächterinnen. Allein Zeus Sohn Herakles war zu diesem Baum mit den
Äpfeln der Hesperiden vorgedrungen.
Nun aber kam eine der sieben Töchter der Hoffnung, die wunderschöne
Mela dem Orpheus entgegen. „Sage mir, o herrliche Nymphe, wo ist hier
Wasser, um unsern Durst zu löschen?“ fragte Orpheus die Nymphe, die er
für eine Nymphe des Tritonischen Sees hielt, sie nicht als Hesperide
erkennend. Mela nahm Orpheus bei der Hand und führte ihn zu einem
Felsen. Mit einem kleinen Stück Holz schlug sie an den Felsen, da sprang
aus dem Felsen eine Quelle bitteren Wassers hervor. Abermals berührte sie
mit dem Stückchen Holz den Felsen und das Wasser, da ward das bittere
Wasser zu süßem Wasser, und Orpheus stillte seinen Durst an diesem
Wasser der Hoffnung. Er rief seine ihm von ferne folgenden Brüder, und
alle löschten ihren brennenden Durst an diesem Wasser.
Schließlich aber, nach weiteren Abenteuern, waren die Argonauten
glücklich gelandet im Hafen von Jolkos. Jason zog mit Medea in den
Palast von Jolkos. Aber nach einiger Zeit sah er sie anders an. Er sah ihre
dunkle Schwermut auf dem erröteten Antlitz, die schwarzseidigen
Augenbrauen waren ihm welkes Herbstlaub, das Feuer auf ihren Wangen
schien ihm dämonischer Zauber der Hecate zu sein, ihre braunen Locken
schienen ihm Fesseln und Netze zu sein, in deren wollüstigem Locken und
Fangen er gefangen lag. Ihre Lippen, schön geschwungen seinen Sinnen
einst, schienen ihm wollüstig und stolz aufgeworfen. Der Honig des Eros
war ihm zu Galle geworden.
In jenen Tagen sah er die korinthische Prinzessin Glauke. Sie war jünger
als Medea, sie schien ihm alle frischen Reize der Jugend zu besitzen. Nicht
war ihr Antlitz solch ein dunkles Feuer des Herbstes, nicht waren ihre
Augen tiefbeschattet von dämonischer Schwermut, sondern Licht war all
ihr Wesen, ihre Haare golden (und auch nicht gelockt zur Lockung), ihr
Antlitz weiß und hellblickend aus blauen königlichen Augen. So wie
Medea ihm das Abendfeuer auf dem Weg zur Nacht war, so war Glauke
ihm der junge frische Morgen, wenn Phöbus in seiner Jugend mit seinen
goldenen Locken sportlich den Gipfel des Firmaments ersteigt. Da ward
Eros abermals rege, der gesetzlose wilde, und entflammte in Jasons Herz
eine Liebe zu Glauke, der Tochter des korinthischen Königs Kreon.
Er warb um sie, und da er selbst ein König war, schien dem Korinther
seine Tochter dem Jason wert. Darum willigte Kreon ein und die Hochzeit
ward beschlossen. Jason trat nach jenem geheimen Bündnis zu Medea,
welche schwermütig auf ihren vielen Samtdecken lag und im verdunkelten
Zimmer den Tag und die Heiterkeit und ihr eigenes Leben verachtete.
„Medea“, sagte Jason mit harter Stimme, „du zehrst an meinem Leben mit
deinem dunklen Gemüt. Allen Lebensmut und alle Lebensfreude saugst du
aus meinem Leben aus. Gib mich frei. Gönne mir mein Glück. Wenn du
mich wirklich liebst, gönnst du mir mein Glück und gibst mich frei, denn
alle Hoffnungen meines Lebens sammeln sich vor dem taghellen Antlitz
der jungen Prinzessin Glauke. Sie will ich zu meiner Gefährtin meiner
Lebenstage machen, denn mit ihr lacht mir wieder die Sonne des Lebens.
Ich bitte dich also und fordere dich auf, in die Scheidung zu willigen, auf
die Ehe mit mir zu verzichten und meinem Glück nicht länger im Wege zu
stehen.“
Medea war stumm vor Zorn und Scham. Sie hasste ihr Leben noch mehr
als bisher, aber sie ertrug diese Menge Selbsthaß nicht mehr, da wandte
sich all ihre Aggression in Zorn, und zornig rief sie: „Bei allen guten
Göttern! Gedenkst du nicht mehr des Treueschwures? Bist du ein
Meineidiger? Solch einen verachten die Götter! Besinne dich und laß von
deiner vorübergehenden Leidenschaft und bleib bei mir, der du den Bund
fürs Leben geschworen hast!“
Aber Jason war vom blinden Gott verblendet worden und vermählte sich
mit der jungen weißen Glauke. Medea sah den Hochzeitszug durch Jolkos
ziehen, als sie aus dem Fenster ihres Gemaches auf die untere Straße
schaute. Weinend barg sie ihr Antlitz in den vielen Samtkissen, zog die
Vorhänge wieder zu und wandte sie der Nacht und ihren Geistern zu:
„Wehe mir! Welches Unglück haben die Himmlischen auf mein Haupt
beschworen! Ich Verfluchte und Unselige! Der Gott des Tages, der Gott
des Lebens, der Gott des Himmels, kein Gott steht mir bei, sondern allein
die Rachegöttinnen aus dem finstern Orkus erheben sich, um meinen Zorn
anzustacheln. Wohin mit meinem Zorn? Gegen mich selbst muß ich
Unselige all meinen Zorn wenden und wünsche mir den Dolch! Komme
Thanatos mit seinem giftigen Becher und entseele mich! Nehme der Hades
meine gottverfluchte Seele auf, daß ich ewig als ein wesenloser Schatte
mein Unheil beweinen und bejammern kann in den dunklen Hallen beim
Feuerstrom! Ich verfluche die Stunde, da meine Mutter rief: Ein Mädchen,
ein Mädchen! Besser als geboren zu werden, ist freiwillig sich in den
Abgrund zu stürzen! Hab ich gesündigt gegen die himmlischen Gesetze?
Nein! Ich war treu! Jason ist untreu, gegen ihn wende sich die Göttin der
Vergeltung, die strenge Nemesis, und alle Furien mögen sich erheben aus
dem Abgrund, meine Rache zu vollziehen! Besser als sich selbst in den
Tod zu stürzen, ist es, Rache zu üben am Übeltäter, am Übertreter der
himmlischen Gesetze! In seinem Blute will ich mich baden, und aus
seinem Blute neue Lebenskraft mir trinken! Möge die schreckliche
Gerechtigkeit Jason und seine Hure verderben!“
Sie trat, an ihrem Geiste vor Schmerzen wahnsinnig geworden, erneut vor
Jason. In ihrem beschatteten Geist war ein Plan gereift, der ihr, während
sie ihre Schritte ging, immer klarer wurde. Ihre Rache dämmerte herauf
wie ein schrecklicher Tag des Gerichts. Sie bat Jason, wenigstens ihr Kind,
das kleine Baby, bei sich zu behalten, damit es königlich erzogen werde.
Sie aber werde freiwillig gehen, um seinem Wohl nicht länger im Wege zu
stehen. „Damit deine neue Braut auch unser Kind bei sich aufnimmt und
für das Kleine sorgt als wär es ihr eigenes, überlaß ich ihr diese Geschenke
aus meiner Schmuck- und Kleiderkammer. Möge sich ihr junges Herz
daran freuen, wie ich mich einst daran gefreut habe. Nicht bitter will ich
reden, Jason, sondern wünsche dir und deiner Braut das große Glück auf
Erden, in treuer Liebe zu leben und zu sterben!“
Damit überreichte sie Jason ein herrliches Goldgewand, kostbaren
Schmuck und einen Lorbeerkranz aus goldgearbeiteten Lorbeerblättern.
Damit ging sie aus der Burg. Einige Stunden später lief ihr ein treuer
Knecht nach und rief: „Medea, Medea, eile fort von hier, denn die neue
Gemahlin Jasons ist gestorben! Sie kam in den Königspalast, und die
Dienerinnen übergaben ihr deine Geschenke. Als sie die Geschenke sah,
lachte sie vor Freude, schloß auch gleich das Baby ins Herz und war in
allem herzig und goldig wie ein von den Göttern gesegnetes Kind. Aber als
sie das Goldgewand anlegte, den Schmuck umtat und den Goldkranz
aufsetzte - sie war eine Schönheit von der Herrlichkeit der Aphrodite
Urania, direkt vom Himmel auf die Erde herabgestiegen - da wurden ihre
Lippen blau, sie waren vorher so rosig gewesen, da wurden ihre Augen
matt und dunkel, sie waren vorher so leuchtend und himmelblau gewesen,
da riß sie sich die Haare aus vor Schmerz, die feinen goldenen Haare, da
schlug sie sich vor Schmerz und Elend laut schreiend an die Brüste, an
diese herrlichen Äpfel von Brüsten, und sank zu Boden. Röchelnd verstarb
sie, und schwarzes Blut quoll aus ihrem Munde. Die Hochzeitsgeschenke
waren Zaubergeschenke, waren Todesbeigaben geworden. Der Vater
Kreon, König von Korinth, kam herein, sah die Tochter verendend und
schon tot auf dem Boden, in ihrem schwarzen Blute liegend, da warf er
sich auf sie, als könne er sie mit der Wärme seines Leibes noch beleben,
aber er berührte damit das Innere des Mantels, ward infiziert vom Gift und
starb gleich neben seiner Tochter, der herrliche Mann ein entstellter
Leichnam. So ist das Ende aller Dinge und der Ausgang des Ehebruchs.“
Medea triumphierte. Die Furien der Hölle rasten in ihren Sinnen und
entflammten sie zur Vollendung ihres Zornes. Sie eilte, mit schwarzem
Geist, zur Königsburg des Jason, in die Gemächer des Kindes und stellte
sich vor diesem auf, das sie mit liebendem Blick und zugleich erschrocken
anstarrte. „Die Verfluchte wird ihren Fluch vollenden“, rief sich Medea
selbst zu, „die Unselige wird den Verhassten aller Seligkeit berauben! Die
Frucht unsrer Liebe soll nun Opfer meines Hasses werden. Nein, nicht
mehr mag ich dich sehen, du Bastard einer Ausgeburt des finstersten
Orkus!“ Damit stieß sie ihren Dolch in das Herz des Babys, das unschuldig
starb und von der heiligen Liebe in Elysium aufgenommen ward.
In dem Augenblick trat Jason in das Gemach. Er sah Medea mit dem
bluttriefenden Dolch überm entseelten Leichnam ihres Kindes stehen und
irrgeworden lachen. Ihm grauste und er entsetzte sich vor dieser Furie, der
Besessenen und Rasenden. Tödlicher Haß ergriff ihn, aber größer als der
Haß war die Verzweiflung. Dies Baby war ihm alles gewesen, sein
Thronnachfolger, seine Sonne, seine Unsterblichkeit, und nun lag es
hingemordet von der Mörderin. Daran war niemand anders schuld als er
selbst, und in tiefem Bewußtsein seiner eigenen Schuld und Sünde ertrug
er das Leben nicht mehr und floh vor dem schrecklichen Gott des Lebens
in die Schärfe des Schwerts, und brach blutend zusammen. Seine Seele
verließ seinen Leichnam mit zitternder Erwartung des Gerichts.
Medea aber schrie auf, ob vor Unglück oder vor Glück, ob lachend oder
vor Schmerz, war nicht zu entscheiden. Und die Dienerinnen im
Königspalast, ein abergläubisches Geschlecht, behauptete später, sie hätten
Medea auf einem von zwei Drachen gezogenen Wagen gen Himmel fahren
sehen.
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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
PROSA

Von Josef Maria Mayer

DIE EHE DES HERRN

Der Herr sagte zu mir zur Zeit der Regentin Angela: Hast du gesehen, was
Glykere, Frau Abkehr, getan hat? Sie ging auf jeden hohen Berg und unter
jeden belaubten Baum und hatte dort zügellose Sexualkontakte. Ich dachte,
nach dem sie das alles getan hat, wird sie zu mir zurückkehren. Aber sie
kehrte nicht um. Das sah ihre Schwester Thais, Frau Treulos. Sie sah, wie
ich Glykere, Frau Abkehr, entlassen habe, weil sie Ehebruch begangen,
und dass ich ihr die Scheidungsurkunde gegeben habe. Aber ihre
Schwester Thais, Frau Treulos, fürchtete sich nicht. Sie machte sich auf
und hatte ebenfalls zügellose Sexualkontakte. So geschah es, dass sie
durch ihr leichtfertiges sexuelles Treiben Deutschland entweihte: Sie
beging Ehebruch mit Edelsteinen und Phallusstatuen. Bei alldem ist Thais,
Frau Treulos, nicht von ganzem Herzen zu mir umgekehrt, sondern nur mit
lügnerischem Schein, so des Herrn Spruch.
Da sagte der Herr zu mir: Glykere, Frau Abkehr, steht gerechter da als
Thais, Frau Treulos. Geh und rufe diese Worte nach Norden: Kehre um,
Glykere, Frau Abkehr! So ist des Herrn Spruch: Ich zürne nicht für immer.
Begreife doch deine Sünde, Frau! Gegen den Herrn, den wahren Gott, hast
du rebelliert und deine Möglichkeiten unter jedem belaubten Baum an
fremde Männer verstreut. Auf meine Stimme habt ihr nicht gehört, spricht
der Herr.
Vor langer Zeit zerbrach ich dein Joch und zerriss deine Fesseln, Thais.
Aber du hast gesagt: Ich will nicht die Magd des Herrn sein. Auf allen
Hügeln und unter jedem belaubten Baum gabst du dich hin in zügelloser
Weise. Ich pflanzte dich als Rebe von edler Sorte. Aber du bist mir zu
einer sauren Traube geworden. Und wenn du dich auch mit Milch-und-
Honig-Schaum badest und mit Wildrosenöl salbst, so wirst du doch nicht
rein, dein Fehltritt bleibt wie ein Schmutzfleck an deinen Schenkeln
kleben, spricht der Herr. Wie kannst du sagen: Ich bin erlöst und heilig und
weiß von keiner Sünde? Betrachte doch dein Verhalten im Tal des Südens.
Wie eine brünstige Stute bist du hin und her gelaufen, wie eine geile
Eselin, die gierig nach Luft schnappt vor lauter Wollust. Wer kann deine
Brunst zügeln? Aber alle Männer, die dir hinterher laufen, brauchen nicht
lange zu laufen, sie finden dich willig und bereit, sie finden dich geil in
deiner Brunftzeit.
Und du, Verstörte, was machst du, dass du schöne Kleider anziehst, dich
mit Schmuck schmückst und deine Lippen mit Scharlach schminkst?
Umsonst machst du dich schön, Thais. Die Männer, die dich begehrten, sie
trachten dir nun nach der Seele.
Hebe deine Augen, Thais, und schau, wie der Feind von Norden kommt.
Wo sind die Lämmer, die dir anvertraut wurden, wo sind die lieben
Lämmer? Was wirst du sagen, wenn die, die du unterrichtet, sich über dich
setzen und dich beherrschen? Wirst du nicht stöhnen und schreien wie ein
Weib in ihren Wehen? Wenn du dich dann in deinem Herzen fragst: Warum
muß ich so unglücklich sein? Wegen deiner vielfachen Sünden wurde dir
dein Rock hochgehoben und deine Scham vergewaltigt. Ändern wohl
wilde Männer aus Afrika die Farbe ihres Fells? Genauso könnt ihr Weiber
auch nichts Gutes tun, weil ihr böse seid. Ich werde die Bösen verstreuen
wie Wüstensand. Das ist dein Schicksal, der Anteil, den ich dir
zugemessen habe, spricht der Herr, weil du mich vergessen hast und auf
die Lüge vertraut. Ich habe deinen Rock gehoben, dass deine Scham
sichtbar ward, damit alle dein zügelloses sexuelles Treiben sehen, dein
Gewieher, du brünstige Stute, deine zügellose sündige Sexualität. Auf allen
Bergen und Hügeln hab ich deine Phallussäulen gesehen. Weh dir, du bist
nicht rein für den Kult im Heiligtum! Wie lange willst du noch in der
Sünde leben?
Thais, auf deine Schönheit hast du dich verlassen, deinen Namen aber hast
du beschmutzt, herumgehurt hast du und so deinen guten Ruf ruiniert.
Deine Wollust hast du hingegeben, herumgehurt mit jedem Mann, der
vorbeigekommen ist, egal wer es war. Du nahmst deine bunten Decken
und Kissen, breitetest sie aus und lebtest deine Wollust aus und hurtest auf
dem Bett. So etwas soll es nie wieder geben! Den Schmuck nahmst du,
den ich dir geschenkt, und machtest dir Phallusstatuen daraus und triebst
es mit den Phallusstatuen, hurtest mit den kleinen Phalli. Du nahmst deine
hingehauchte Gaze und stülptest sie über die Phallusstatue. Salböl und
Weihrauch legtest du vor deine Phallusgötter. Das Brot, das ich dir
gegeben, den Käse und die Butter opfertest du deinem Phallusgott.
Dann hast du auch noch deine Söhne genommen und sie den Dämonen
durch die Hände der Wahrsager geweiht. War es nicht genug an deinen
verhurten Exzessen, dass du auch noch meine Kinder den Dämonen
weihen musstest? In all deinem Herumhuren, erinnerst du dich da an deine
Jugend, als du nackt warst, als deine Brüste voll geworden sind und dein
Schamhaar gesprossen?
Dann hast du dir eine Theaterbühne bauen lassen. An jeder Straßenecke
stand deine Theaterbühne für die Komödianten. Deine Schönheit hast du
missbraucht. Die Beine hast du gespreizt für jeden, der vorüberkam.
Immer weiter triebst du deine Hurerei. Du hurtest mit deinen
superpotenten Nachbarn. Immer weiter triebst du deine Hurerei und
kränktest mich damit. Da hab ich mich erhoben und dir entzogen, was dir
eigentlich bestimmt war. Ich habe dich der Begierde dessen ausgeliefert,
der dich verachtet, der sich durch deine Dreistigkeit gedemütigt fühlte. Du
hurtest, triebst es noch mit andern und kriegtest das Maul nicht voll! Auch
mit Geschäftsmännern hast du dich eingelassen und die Beine gespreizt
und mit ihnen herumgehurt und kriegtest auch da das Maul nicht voll! Wie
dürstete doch dein Herz, Spruch des Herrn, als du es so getrieben, diese
Taten einer Hure, eines vulgären Weibes, als du an jeder Straßenecke deine
Theaterbühne aufgestellt hast. Aber du bist eigentlich nicht wie eine
ordinäre Hure, denn du hast ja kein Geld von den Männern genommen.
Die Ehebrecherin, die eigentlich ihrem Mann folgen sollte, nimmt sich
fremde Männer, die sonst den Huren Geld gegeben hätten. Aber du hast
den Hurern auch noch Geschenke gemacht und gabst ihnen Geld dafür,
dass sie von allen Seiten zu dir kamen. Obwohl keiner zu dir kam wie man
zu einer Hure geht, bist du als Hure den Hurern nachgelaufen und gabst
den Hurern Geld dafür, dass sie mit dir hurten. So bist du das Gegenteil
einer ordinären Hure!
So spricht der Herr: Weil du sexuell erregt warst und Männer sich über
deine Nacktheit hermachten bei deinem verhurten Treiben mit all deinen
Freiern und deinen trügerischen Geistern und wegen deiner Schuld vor
deinen Kindern, als du deine Kinder den bösen Geistern weihtest, darum,
schau nur, werde ich den Liebhaber rufen, der dich so süß fand, ich werde
gegen dich zusammen rufen alle, die du liebtest, und alle, die du
verschmähtest, von allen Seiten kommen sie zu dir und vergehen sich an
deiner Nacktheit, sie werden dich splitternackt sehen! Nach den Gesetzen
für Ehebruch und Kindermord wirst du gerichtet und ich werde dich dem
glühenden Zorn und der brennenden Eifersucht deines Liebhabers
aussetzen! Ich werde dich in die Hand des Mannes geben. Er wird deinen
Sockel niederreißen, auf den du dich stelltest, als wärest du eine Gottheit,
und er wird die Theaterbühnen zerstören, darauf du dich präsentiert hast
deinen verhurten Freiern! Deine Seidenkleidchen werden dir vom Leib
gerissen und deine Halsketten dir von den Brüsten gerissen und du wirst
splitternackt im Grase liegen! Meinen glühenden Zorn werde ich an dir
vollziehen und meine Eifersucht wird sich erst legen, wenn sich mein
glühender Zorn ganz ausgetobt hat! Weil du dich nicht an deine Jugend
erinnert, da ich den Bund mit dir geschlossen, weil du mich rasend vor
Zorn gemacht hast durch dein verhurtes Treiben, darum werde ich deine
sündige Lebensweise über dich kommen lassen.
Da erreichte mich das Wort des Herrn: Menschensohn! Es waren zwei
Frauen, die hurten in ihrer Jugend im Götzendienst. Sie ließen sich ihren
Busen streicheln und ihre Brüste betatschen. Ihre Namen sind: Thais, die
ältere Schwester, Glykere, die jüngere Schwester. Ich nahm sie und sie
gebaren Söhne. Glykere trieb Hurerei und sehnte sich nach ihren Freiern.
Ihre Freier waren schöne starke Männer, gut gekleidet, sie kamen in
großen Wagen heran. Sie richtete ihre Begierde auf die starken Männer,
und mit allen ihren Freiern und deren Götzen entwürdigte sie ihre eigene
Scham. Während sie zu jenen sexuelle Beziehungen unterhielt, brach sie
ihre sexuellen Beziehungen zu ihren früheren Freiern nicht ab. Sie trieb es
mit mehreren Freiern zu gleicher Zeit. Schon in ihrer Jugend konnte man
ihr beiwohnen und ihren großen Busen betatschen und seine Wollust über
sie ausschütten. Darum hab ich sie nun auch den Händen ihrer Buhlen
überlassen, den Händen ihrer Freier, nach denen sie Verlangen spürte. Ihre
Freier haben ihre Nacktheit bloßgelegt und ihre Söhne wollten sie
ermorden. Sie selbst aber wurde mit einem verfrühten Tode bedroht. Sie
wurde zu einem abschreckenden Beispiel für alle Weiber. Ich werde sie
richten!
Ihre Schwester Thais sah das wilde Treiben ihrer Schwester und tat es ihr
gleich in Exzessen der verhurten Unzucht. Sie begehrte die Fremden, die
vorüberkamen, lustige Komödianten, schön gekleidet und von weit her
gekommen, begehrenswerte Männer! Ich sah, wie sie sich entwürdigt
hatte. Die beiden Hurenschwester waren doch eine wie die andre. Doch
trieb Thais noch eine andre Hurerei: Sie sah Götter in farbigen Bildern,
wunderschöne nackte Männer mit gewaltigen Phalli! Da begehrte sie die
Wollustgötter. Da kamen die Heiden mit ihren Wollustgöttern und wohnten
Thais bei in verhurter Lust und lagen in ihrem Bett und befleckte ihr
Liebeslager. Und als ihre Nacktheit offenbar war und ihre Hurerei bekannt
geworden, da wandte ich mich angewidert von ihr ab, genauso wie ich
mich von ihrer verhurten Schwester Glykere angeekelt abgewandt hatte.
Und sie erinnerten sich beide daran, wie sie in ihrer Jugend in Frankreich
gehurt, da sie freiwillig ihre Beine gespreizt jedem Reisenden, der zufällig
vorübergekommen. Nebeneinander lagen sie im Wagen und ließen sich
beschlafen wie Huren von fremden Männern, die geil wie Esel waren und
Glieder wie potente Hengste hatten und deren Samenerguss wie der
Samenerguss eines Hengstes war. Thais, du sehntest dich oft zurück nach
deiner Jugend, da du dich von jedem nehmen ließest und jedem die Beine
bereitwillig spreiztest! Glykere, du sehntest dich oft zurück nach deiner
Jugend, da man deinen großen Busen entblößt und betatscht!
Ich sprach: Die abgenutzte Hure denkt immer noch an Ehebruch, jetzt
führt sie ihre Unzucht fort und wohnt einem Manne bei, der nicht ihr Mann
ist. Man geht zu Thais und Glykere, wie man zu Huren geht, und man
schaut Thais und Glykere begierlich an, wie man Prostituierte anschaut,
die beiden verhurten Weiber. Aber gerechte Männer werden sie richten
nach dem Gesetz für Ehebrecherinnen und Kindermörderinnen! Denn sie
brechen die Ehe selbst mit ihren eigenen Männern und der Mord an
ungebornen Kindern liegt auf ihnen wie eine schreckliche Schuld. Aber so
spricht der Herr: Ich werde die Schande aus Deutschland wegschaffen! Die
kommenden Frauen werden sich warnen lassen und die Schandtaten
verhurter Unzucht und satanischen Kindermordes nicht mehr nachahmen.
Dann werden auch die Deutschen erkennen, dass Gott der Herr ist!
Wegen der großen Hurerei der Hure Thais, wegen der anmutvollen
Schönheit der Herrin der Magie, die Seelen verkaufte durch ihre
magischen Sprüche und Familien verfolgte durch ihre Flüche, darum
werde ich über dich herfallen, spricht der Herr der Heerscharen, ich werde
dein Kleid hochheben und über dein Antlitz ziehen und alle Welt soll deine
Scham betrachten und die Edlen sollen deine Schande erkennen. Ich werde
Schmutz auf dich werfen, ich werde dich vergewaltigen wie ein wilder
Mann aus dem Wald und in aller Öffentlichkeit deine Nacktheit sehen
lassen!
Anfang des Sprechens des Herrn in mir. Der Herr sprach zu mir zur Zeit
der Regentin Angela, zur Zeit des Hohenpriesters Benedikt: Geh zu der
Hure Glykere, die es mit vielen Männern treibt, und geh zu den Söhnen
der Hure, denn Deutschland ist eine Hure geworden und hat den Herrn
verlassen. Da ging ich zu Glykere, der Tochter eines Weltenbummlers. Sie
gebar ihren ersten Sohn. Sein Name war: der Bauer. Denn zu dieser Zeit
werden die Bauern in Deutschland so ausgehungert werden, dass sie sich
vor Jammer und Elend das Leben nehmen. Und Glykere wurde wieder
schwanger und gebar Zwillinge. Und der große hieß: der Liebe, weil er im
Mutterschoß der Ungeliebte war, und der Kleine hieß: der von Gott
Erwünschte, weil er im Mutterschoß unerwünscht war. Der Herr wird sie
retten, aber er wird sie nicht retten durch Schwerter und durch Pfeil und
Bogen, sondern er wird sie retten durch das immerwährende Gebet.
Streitet mit eurer Mutter, der Hure, klagt sie an! Nein, sie ist nicht meine
Frau und ich bin nicht ihr Mann! Sie soll ihren Hurenschmuck von ihrem
Hals entfernen und die Hurenketten von ihren Brüsten und die
ehebrecherischen Talismane von ihren Fingern. Sonst werde ich sie
ausziehen und sie nackt ins Gras legen. Wild getrieben hat es die Mutter,
sie hat sich mit Sünde bedeckt. Sie hat gesagt: Ich will meinen Freiern
hinterher rennen, sie geben mir Brot und Wasser, Kleider und Salben und
Schaumwein. Darum bin ich jetzt dabei, ihren Garten von Brennesseln
überwuchern zu lassen. Ich sperre sie zuhause ein, dass sie den Weg zu
ihren geilen Hengsten nicht mehr findet. Seufzt sie ihren Buhlen auch
nach, so wird sie die Freier nicht mehr erreichen. Dann wird sie sagen: Ich
kehre zu meinem ersten Mann zurück, der hat mir wenigstens gedient. Sie
erkennt aber nicht, dass der Herr ihr das tägliche Brot gegeben. Den
Schmuck, den ich ihr geschenkt, den nimmt sie und treibt Magie und
Verführung damit. Ich aber werde ihr die Kleider vom Leibe reißen, womit
sie ihre Nacktheit zu verhüllen sich bemüht. Ich decke ihr Geschlecht vor
allen Männern auf.
Dich aber will ich verführen, mein Geliebter, ich werde dich in die
Einsamkeit führen, in die Mitte der Einöde, dort werde ich von Herz zu
Herz mit dir reden. Ich werde dir deinen Weinberg schenken! Dann wirst
du mir singen, wie du gesungen am Tag, da ich dich aus der heidnischen
Todesfinsternis befreite. An jenem Tag, spricht Sophia, nennst du mich
deine Braut! Du wirst nicht mehr die Venus lieben, die körperliche
Schönheit, sondern du wirst Sophia lieben, die göttliche Weisheit. Du wirst
mich nicht mehr Königin des Himmels nennen, sondern deine Geliebte!
Ich werde mich mit dir verloben durch Gerechtigkeit und Rechtfertigung,
durch Barmherzigkeit und Liebe. Die göttliche Liebe wird mein
Brautgeschenk! Mit meiner Treue werde ich dich gewinnen und du wirst
Sophia erkennen!
An jenem Tag wird der Bauer sagen: Mein Gott! Und der Liebe wird
sagen: Mein lieber Vater!
Höre aufmerksam auf meine Weisheit, hab ein Ohr für meine Einsicht,
damit du klug bleibst und die Erkenntnis bewahrst. Ja, süß sind die Lippen
der Frau deines Nächsten, süß wie Honig sind ihre Lippen, und ihre Zunge
ist sanft wie schmelzende Butter und ihr Gaumen verführerisch
schmeichelnd. Aber schließlich ist sie bitter wie Wermut und ihre Zunge
scharf wie ein Messer. Ihre Füße wandeln zum Totenreich, ihre Schritte
bewegen sich auf die Hölle zu. Damit du vom Weg zum ewigen Leben
abirrst, geht sie Wege durch Labyrinthe, erkennst du es nicht? Dein Weg
soll nicht zu ihrer Gasse führen, halte deine Füße fern von ihrer Hütte. Gib
deine Zeit nicht den fremden Leuten und deine Jahre nicht den Frauen mit
steinharten Herzen. Sonst werden sich Frauen andrer Männer an deiner
Arbeit erfreuen und dich aussaugen wie Vampire, dein mühsam erspartes
Geld wirst du verschwenden in ihren nimmersatten Schoß. Schließlich
wirst du seufzen und stöhnen und am Ende deines Lebens bereuen. Dann
wirst du sprechen: Wir hab ich doch die Ermahnung meines Beichtvaters
nicht beachtet und habe nicht auf die Stimme der Gelehrten gehört!
Beinnah wäre ich in die Gemeinschaft der Bösen gekommen!
Nein, mein Sohn, sondern trinke aus deiner Quelle klares frisches Wasser!
Dann wird die Quelle deines Lebens überströmen auf alle Straßen und
deine Ströme zu allen durstigen Kindern! Für dich allein ist die Quelle
deines Lebens und nicht für die dir fremden Frauen! Deine reine Quelle sei
gebenedeit! Freue dich an deiner jungen Geliebten, der geliebten Jungfrau
Sophia! Eng ist ihr Muttermund wie der Muttermund einer Hirschkuh und
sie erfreut den Weisen in einer langen Ehe in immerwährender
Jungfräulichkeit wie am ersten Tag! Schön und anmutig ist sie wie eine
weiße schlanke Gazelle! Warum willst du dich an einem andern Weib
ergötzen und dich berauschen an den Brüsten der Frau deines Nächsten?
Alles weiß der allein weise Gott! Die Brüste deiner Geliebten allein
sättigen dich und an den Brüsten deiner jungen Geliebten allein sollst du
dich berauschen! An der Liebe der makellosen Jungfrau Sophia sollst du
dich immer und ewig allein berauschen!

DIE GOLDENEN HAARE DES GÖTTLICHEN KINDES

DIE HÖLLE

Der Fürst der Hölle, der Feind aller Menschenkinder, betrachtete einst in
seinem Pandämonium das Buch des Lebens und das Buch der Werke.
Dabei stieß er auf den Namen des Heiligen Liu, der unsterblich war. Der
Fürst der Hölle gab zwei Dämonen den Befehl, den Heiligen Liu in die
Hölle zu bringen. Die beiden Dämonen kamen an das Haus, wo der
Heilige Liu wohnte und klingelten an der Tür seiner Wohnung und riefen:
Liu, der Fürst der Hölle hat befohlen, dich zu holen!
Liu wusste, dass die beiden Dämonen gerne Wein tranken. Als er nun ihre
Säuferstimmen lallen hörte, stand er von seinem Sopha auf und stellte in
die Mitte seines Zimmers ein großes Fass mit Wasser. Dann stieß er ein
Loch in die Hausdecke und schüttete eine halbe Flasche Wein auf den
Teppich.
Dann sprach der Heilige Liu zu den beiden Dämonen, die vor der
Wohnungstür warteten: Ich habe so eine Angewohnheit. Im Winter, wenn
es draußen regnet und schneit, dann trink ich zuhause von morgens bis
abends Wein. Ich habe da eine Sorte Wein, die vergeistigt den Körper und
bringt einen zum Schweben. Ich schwebe also nachts immer zur
Himmelspforte. Darum habe ich ein Loch in meiner Decke, damit ich
hinaufschweben kann zur Himmelspforte. Ich habe aber gestern einen über
den Durst getrunken, darum liege ich heute noch etwas zermatscht auf
meinem Sopha und kann mich nicht erheben.
Als die beiden Dämonen von dem edlen Tropfen hörten, wurden sie
besonders durstig. Sie sagten: Liu, wenn du gestern zuviel gesoffen, bleib
ruhig auf deinem Sopha liegen. Der Heilige Liu sagte: Kommt doch durch
das Loch in der Decke! Es ist draußen so kalt, kommt mich doch besuchen
und wärmt euch an meinem Himmelswein auf!
Die beiden Dämonen drängten sich durch das Loch in der Decke, und
schon lag der erste Dämon im Wasserfass. Da rief Liu laut: Warte, nicht so
eilig! Da glaubte der andre Dämon, der erste Dämon wolle den Wein allein
trinken. Mein Freund und Bruder, rief er, lass mir etwas von dem
Himmelswein übrig, ich habe auch sehr großen Durst. Und schon lag auch
der zweite Dämon im Wasserfass. Der Heilige Liu legte rasch einen
Deckel auf das Fass und legte einen schweren Stein auf den Deckel und so
waren die Dämonen eingesperrt, ja, sie ersoffen beide im Wasser!
Der Heilige Liu wusste aber, nachdem er die beiden Dämonen im Wasser
ersäuft hatte, würde der Fürst der Hölle selber kommen, ihn in die Hölle zu
holen. Darum färbte der Heilige Liu eine Kuh mit rotem Schlamm rot und
band sie im Stall an. Und schon kam der Fürst der Hölle und bellte: Liu,
du hast zwei meiner Dämonen ersäuft, schnell, ich komme, dich zu holen,
komm herab in die Hölle!
Der Heilige Liu lächelte freundlich und sagte: Fürst der Hölle, von den
beiden Dämonen habe ich gehört, sie haben sich betrunken in einen
Abgrund gestürzt. Aber du reitest auf einem Tausend-Meilen-Flügelpferd?
Wenn ich mit dir kommen soll in die Hölle und muß den ganzen weiten
Weg zu Fuß gehen? Ich hole mir aus dem Stall auch ein Reittier. Der Fürst
der Hölle sprach: Aber mach schnell! Und so holte der Heilige Liu die rote
Kuh aus dem Stall. Da sprach der Fürst der Hölle: Was ist das für ein
Fabeltier? Da sagte der Heilige Liu: Einmal anblasen, fliegt es tausend
Meilen, einmal peitschen, fliegt es dreitausend Meilen, einmal mit den
Schenkeln drücken, fliegt es zehntausend Meilen. Da sprach der Fürst der
Hölle: Das hab ich noch nie gehört, das ist ja besser als mein Tausend-
Meilen-Flügelpferd. Wir tauschen! Da sagte der Heilige Liu lächelnd:
Wenn ich sowieso sterben muß, was soll ich dann mit einem Fabeltier?
Aber es wird sich von dir nicht reiten lassen. Wir müssen unsre Kleider
tauschen.
Nun trug also der Heilige Liu den Mantel des Höllenfürsten und der
Höllenfürst trug den Arme-Leute-Kittel des Heiligen. Der Heilige Liu
setzte sich auf das Tausend-Meilen-Flügelpferd und flog wie der Blitz
davon, direkt in die Hölle. Der Fürst der Hölle aber saß auf der roten Kuh
und schwitzte und drückte mit den Schenkeln und peitsche und blies, aber
die alte Kuh bewegte sich keinen Schritt von der Stelle. Schließlich gab
der Höllenfürst auf und ging zu Fuß zur Hölle.
Als der Fürst der Hölle in dem Arme-Leute-Kittel des Heiligen Liu zum
Thron des Höllenfürsten kam, saß auf dem Höllenthron der Heilige Liu im
schwarzen Mantel des Höllenfürsten und gebot den zehntausend
Dämonen: Da kommt Liu, schlagt ihn tot! Verzweifelt schrie der
Höllenfürst: Ich bin der Höllenfürst, da auf dem Höllenthron sitzt der
Heilige Liu! Aber der Heilige Liu sprach vom Höllenthron zum
Höllenfürsten: Was, du wagst auch noch, frech zu werden? Auf, ihr
Legionen, schlagt ihn tot wie einen räudigen Straßenköter! Es dauerte
nicht lange, da hatte der Höllenfürst seine Seele ausgehaucht.

DAS FEGEFEUER

An einem Berg in einem alten verfallnen Tempelchen wohnte Sheng. Er


trank süßes Quellwasser, aber sein Leben war bitter. Wenn er arbeiten
ging, begleitete ihn nur sein Schatten. Abends, wenn nur das Lämpchen im
Dunkel glühte, war es besonders trostlos.
Eines Tages bei seiner Arbeit in den Bergen kam Sheng auf einen Gipfel,
da sah er eine Quelle. Da sah er bei der Quelle eine Flöte liegen, die Flöte
war aus grüner Jade. Er blies die Flöte und die Töne klangen süßer als der
Gesang der Nachtigallen. Nun saß er auf dem Gipfel und blies die Flöte.
Und als er die Flöte blies, da kamen die Vögel herbeigeflogen, die
Leoparden blieben ruhig liegen und lauschten. Und Sheng blies wieder die
Flöte, da kam ein weißer Schmetterling, so groß wie der Fächer eines
schönen Mädchens. Der Schmetterling setzte sich auf den
Schmetterlingsflieder und flatterte wieder davon. So einen schönen
Schmetterling hatte Sheng noch nie gesehen. Sheng steckte die Flöte in die
Tasche und ging nach Hause in sein kleines Tempelchen.
Am nächsten Tag ging Sheng wieder zur Arbeit in die Berge. Er aß sein
weißes Brot und trank von der Quelle. Dan blies er wieder die Flöte. Da
kamen die Vögel angeflogen und die Hirschkühe kamen mit ihren
Rehkitzen angelaufen. Sheng blies heftiger. Aber ihm war traurig zumute.
Die Vögel paaren sich und die Hirschkuh hat schon Rehzwillinge, aber ich
bin allein, ich bin so einsam! Da spielte Sheng eine traurige Melodie auf
der Flöte. Die Hirschkuh ließ vor Mitleid ihr Köpfchen hängen.
Da hörte Sheng ein lautes Schluchzen. Er ging ein paar Schritte und fand
ein junges schönes Mädchen unter einem Pfirsichbaum mit rosaroten
Blüten sitzen, ihr Kleid war weiß wie Schnee, ihr weißes Antlitz mit dem
roten Mündchen war tränenüberströmt.
Schwesterchen Meh-Meh, sagte Sheng, warum bist du so traurig? Wenn du
schon fragst, mein großer Bruder, sagte das Mädchen, dann will ich dir es
auch sagen: Ich bin ganz allein. Und jetzt hat ein böser alter Mann sein
begieriges Auge auf mich geworfen und will mich als sein Weib! Da sagte
Sheng: Weine nicht mehr, Meh-Meh, ich werde dich retten! Da lächelte
das hübsche Mädchen und sagte: Ich habe dich hier noch nie gesehen,
großer Bruder, aber ich möchte gerne deine Braut sein. Da dachte Sheng:
Träume ich am helllichten Tage? Gibt es so etwas? Und er sagte: Ich bin
Sheng und wohne im alten Tempelchen am Fuß des Berges. Da sagte das
Mädchen: Großer Bruder, wir wollen in Zukunft zusammen fröhlich sein
und auch zusammen weinen! Da sagte Sheng: Aber willst du mit mir in
dem alten verfallenen Tempelchen wohnen? Das Mädchen lächelte: Mein
Vater hat in den Bergen ein schönes großes Haus, darin ist alles, was wir
brauchen. Laß uns da zusammen wohnen.
Je länger sie miteinander sprachen, desto besser verstanden sie sich. Das
junge Mädchen ging voran und Sheng kletterte hinter ihr den steilen
Bergpfad hinan, sie schien zu schweben, zu flattern, ihre weiße Seide
flatterte in den Lüften. Das Mädchen lachte glücklich. Lachend spielten sie
unter großen Kiefernbäumen Verstecken, und Sheng kitzelte das junge
Mädchen und brachte sie zum Lachen. Dann kamen sie an ein Wäldchen
und am Rand des Wäldchens lag ein Haus. Von außen sah es nicht
besonders aus, aber im Innern war es wunderschön. Dort lebten nun Sheng
und sein Meh-Meh-Mädchen, sein Schwesterchen, wie Braut und
Bräutigam.

DAS PARADIES

In einem Dorfe lebte allein mit seiner Mutter der junge Mann Ming. Er
war verliebt in die Tochter seiner Tante im Nachbardorf, die junge schöne
Tsai. Aber die Tante war geldgierig und sagte: Du wirst nicht eher mein
liebes Mädchen zur Braut bekommen, bis du drei goldene Haare aus den
Locken des göttlichen Kindes im Himmel gezupft hast.
Ming wanderte los und kam an ein Meer. Da saß er nun und wartete. Da
kam ein Fährmann in einem Boot. Ming stieg in das Boot. Der Fährmann
fragte: Wohin willst du? Ming sprach: Ich will ins Paradies! Und was
willst du im Paradies, fragte der Fährmann? Ich will das göttliche Kind
besuchen, sprach Ming. Und was willst du vom göttlichen Kind, fragte der
Fährmann. Ich, sprach Ming, will dem göttlichen Kind drei goldene Haare
aus seinen goldenen Locken zupfen.
Der Fährmann setzte Ming an Land. Ming wanderte noch drei Tage, dann
kam er ins Paradies. Wie schön war es hier! Die Straßen waren mit weißer
Jade gepflastert, die Paläste waren aus Gold, Silber und Perlen, an den
Bäumen wuchsen Blätter aus durchsichtigem grünen Edelgestein und auf
den Spitzen der Pavillons blitzen funkelndrote Juwelen. Aber Ming war
nicht danach zumute, sich im Paradies umzusehen, er suchte allein das
göttliche Kind. Wo ist das Haus des göttlichen Kindes? Da sah er am
Himmelstor zwei Wächter stehen, der eine war der himmlische Fischer mit
dem Himmelsschlüssel und der andere der himmlische Zeltmacher mit
dem Schwert, die waren so groß, dass Ming sich vorkam wie ein kleiner
Knabe. Der himmlische Fischer mit dem Himmelschlüssel schaute Ming
an und sagte: Was suchst du hier? Ming sprach: Ich möchte das göttliche
Kind sehen. Warum, sprach der himmlische Fischer. Ich möchte drei
goldene Haare aus seinen Locken zupfen, sagte Ming, damit ich ein
schönes junges Mädchen heiraten kann. Interessant, sagte der himmlische
Zeltmacher und lächelte. Aber leider ist das göttliche Kind gerade
spazieren und betet dabei, da darf jetzt niemand stören. Da sprach Ming
demütig: Dann warte ich, bis das göttliche Kind Zeit für mich hat. Der
himmlische Zeltmacher sprach: Zeit? Was ist das? Wenn das göttliche
Kind betet, dauert das drei Tage und Nächte. Komm in drei Tagen wieder!
Ming setzte sich unter einen Feigenbaum im Paradies und war bekümmert.
Da habe ich mich nun so abgemüht und bin zehntausend Meilen gewandert
und nun sagt man mir, ich solle in drei Tagen wiederkommen. Einfach
zurück zu den Menschen gehen, das geht jetzt nicht mehr. Ich muß mir
etwas einfallen lassen. Er dachte eben an die Himmelskönigin, da hatte er
einen Einfall. Er nahm einen kleinen Vogel vom Feigenbaum und ließ den
Vogel fliegen, da flog der Vogel zum himmlischen Fischer und zum
himmlischen Zeltmacher und begann zu zwitschern. Schau, sagte der
himmlische Fischer lächelnd, was für ein niedliches Vögelchen! Wie das
Vögelchen die rote Brust so plustert! Das wollen wir fangen! Aber das
Vöglein flatterte fort und die beiden himmlischen Alten immer hinter dem
Vöglein mit der roten Brust hinterher. Da schlüpfte Ming unbeachtet
durchs Himmelstor.
Als er im Himmel war, sah er einen wunderschönen englischen Park, wo
viele Heilige wandelten ins Gebet versunken und wo viele Engel Flöte
spielten und Harfen strichen. Da sah Ming am Ende des englischen
Gartens das göttliche Kind mit seiner Mutter, der Himmelskönigin,
spazieren, sie waren beide ins Gebet versunken. Ming eilte zu den beiden,
fiel vor der Himmelskönigin nieder und grüßte sie: Freue dich, himmlische
Mutter! Dann wandte sich Ming an das göttliche Kind und sagte:
Göttliches Kindlein, liebes göttliches Kindlein, ich brauche drei goldene
Haare von deinem Lockenköpfchen, holdseliger Knabe!
Plötzlich sah Ming, dass das göttliche Kind größer als das Weltall war und
Ming war nur wie ein kleines Kindlein. Da kletterte Ming wie ein kleiner
Knabe auf die Schultern seines Vaters klettert auf die Schultern des Gottes
und zupfte ihm drei goldene Haare aus. Der Gott bewegte sich nicht
einmal. Ming stieg wieder herunter und legte die drei goldenen Haare in
ein kleines Döschen, auf dem ein kindlicher Engelskopf abgebildet war, er
steckte das Döschen in seine Tasche. Da sprach das göttliche Kind: Ming,
Ming! Und Ming sprach: Was willst du von mir, mein kleiner großer Herr?
Und das göttliche Kind gab ihm den Abschiedssegen. So kehrte Ming zur
Erde zurück.
Er brachte die drei goldenen Haare des göttlichen Kindes in dem kleinen
Döschen dem jungen schönen Mädchen Tsai als Morgengabe und durfte
sie heiraten. Sie wurden vereinigt mit dem Segen Gottes.

STÖRTEBECKER

König Waldemar Atterdag zerstörte die Stadt Wisby und plünderte ihre
Schätze. Die Tore der Stadt waren aus Bronze, die Glocken der Kirchen
aus lauterem Silber, die Frauen spannen an goldenen Spindeln und die
Kinder spielten mit Münzen. Aber die Schiffe, die König Waldemar mit
den Schätzen belud, sind alle von der wilden See verschlungen worden
oder im Sturm an der Küste zerschellt.

Wir haben Nachricht aus Lübeck erhalten. In Schweden ward eine große
Schlacht geschlagen. Königin Margarethe, die große Tochter König
Waldemars, hat König Albrecht besiegt und gefangen genommen.
Margarethe ist jetzt Herrscherin von Norwegen, Schweden und Dänemark.
Nur die schwedische Hauptstadt Stockholm widersteht der Königin
Margarethe. In Stockholm sind deutsche Krieger, die dem gefangenen
König Albrecht die Treue halten und sich weigern, die Festung Stockholm
der Königin Margarethe zu übergeben. Margarethe hat die Festung
Stockholm vom Festland aus eingeschlossen, aber sie kann nicht
verhindern, dass Schiffe der deutschen Hansa den Kriegern von Stockholm
Viktualien zuführen. Um nun Stockholm für den König Albrecht zu retten,
beschlossen die beiden mecklenburgischen Städte Wismar und Rostock,
einen Aufruf zu erlassen: Alle Freiwilligen, die die Königin Margarethe
bekämpfen, ihre Schiffe zerstören, ihre Länder ausrauben und Stockholm
Viktualien zuführen, alle diese Freiwilligen erlangen also Kaperbriefe und
erlangen das Recht, die Beute, die sie machen, unter sich zu teilen. Viele
Ritter aus aller Herren Länder eilten nach Rostock und Wismar, um die
Kaperbriefe in Empfang zu nehmen. Viele dieser Ritter wurden so zu
Raubrittern. Ich sage euch, wenn die Königin Margarethe sich aus der
Ostsee zurückziehen wird, dann werden sich die Seeräuber auf die
deutschen Küsten werfen. Dann wird kein Schiff der deutschen Hansa
mehr vor den Seeräubern sicher sein. Dann wird man in Hamburg das
Hamburger Bier selber trinken müssen, weil man es nicht mehr nach
England wird bringen können. Diese Raubritter aber nennt man
Viktualienbrüder, weil sie Viktualien nach Stockholm bringen. Sie selbst
nennen sich aber Likedeeler, weil sie alles gleich und gerecht teilen.

Störtebecker hatte eine private Fehde mit dem Hamburger Kapitän


Nyenkerken. Die Kaufmannsstadt Hamburg zitterte vor den Fäusten
Störtebeckers. Der Kapitän Nyenkerken aber drohte dem Störtebecker mit
dem Henker von Hamburg, Peter Funcke. Störtebecker schwor Rache: Von
heute an werde ich jeden Pfeffersack von Hamburg bis zum Galgen
verfolgen!

Kapitän Nyenkerken mit Seinem Schiff, genannt Walfisch, lag vor der
Insel Neuwerk, jenseits des Priels. Der mächtige Turm von Neuwerk war
die äußerste Nordwacht der Hansestadt Hamburg. An der Ostseite der Insel
segelte der Walfisch ins Meer hinaus. Das Meer erschien als ein Abbild der
Ewigkeit. Der Walfisch erschien wie ein Spielzeug des Meeres. Nach zwei
Stunden Seefahrt sah Kapitän Nyenkerken den roten Felsen von
Helgoland, die Lange Anna. In der Mitte der Insel Helgoland erhob sich
ein mächtiger Turm. Möwen flogen über dem Strand. Helgoland war einst
das Heiligtum des friesischen Götzen Forsete und Hauptheiligtum der
Friesen, bis der heilige Ludger in Helgoland die Friesen christianisierte. Er
schenkte dem blinden Barden Bernlef das Augenlicht, aus Dankbarkeit
übersetzte Bernlef den Psalter Davids ins Friesische. Die Insel schien ein
Hort des Friedens mit ihren Wäldern, Schafherden und Fischernetzen. Auf
der Insel herrschte ein dänischer Vogt, der im Bunde mit den Likedeelern
stand. Er gewährte ihnen Unterschlupf, sie teilten die Beute mit ihm.
Manches Schiff der Hamburger Hansa war hier spurlos verschwunden.
Man hisste auf der Insel Helgoland den Danebrog, die Fahne Dänemarks.

Vorgesehen! Störtebecker war der Heros meiner Jugend in der freien


Frisia. Ich reihte ihn in die Reihe meiner Helden ein bei dem Siegfried des
Nibelungenliedes, der Gudrun des Gudrunliedes und dem Thor der Alten
Edda. Ich sah oft den Störtebeckerturm in Marienhafe, das in enger
Nachbarschaft meines Geburtsortes liegt. Ich kannte von den
Nordlandreisen meiner Kindheit viele Orte der Störtebeckersaga. Später
begegnete ich dem Störtebecker-Mythos noch in Rügen, da dann schon die
Söhne meiner Seele sich den Störtebecker zu ihrem Heros wählten.

Nordfriesische Inseln, Sylt und Genossinnen! Dann fuhren die Schiffe um


Skagens Horn, den Skagarak, die Nordspitze Jütlands, und segelten nach
Nordwesten. Zu sehen war die Küste Norwegens, des alten Normannen-
Landes, eine Küste wie ein dunkler Felsblock. In zerklüftete Felsenwände
stürzten strudelnde Fjorde. Tannen wuchsen auf den Felsen, Möwen
segelten in den Lüften, Seeadler zogen ihre Kreise. Am Fuß der Felsen
lagen einsame Hütten. In den Fjorden fuhren Fischerboote. Öder,
weltverlorener Strand! Helle, klare Nächte. Das Firmament glitzerte im
Glanz der Sterne wie an den Winterabenden über dem Eis der Alster.
Schönheit der nordischen Nacht!

7
Die Stadt Bergen in Norwegen. Links das norwegische Königsschloß.
Rechts die deutsche Stadt mit der Kirche Sankt Marien. Entlang der
Landungsreihe die Gärten der deutschen Hansa-Städte Lübeck, Hamburg,
Rostock, Bremen, Emden. Der Adler kreiste um den Turm von
Bergenhuus. Der Adler glich der großen Königin Margarethe. Die Königin
möchte sich mit drei Kronen schmücken als die große Königin des
skandinavischen Germanien. Sie möchte residieren in Bergenhuus, in
Stockholm und in Kopenhagen. Die Hansa rüstet ihre Schiffe zum Kampf.
In der Königin Margarethe kreist das Blut des Adlers.

Vorgesehen. Ich sah in meiner Kindheit Kopenhagen, ich sah auch die
Statue der kleinen Meerjungfrau, ich sah Stockholm und das Schloß der
Königin von Schweden, und schließlich war ich auch in Bergen und
speiste dort den Lachs der Weisheit. Der Lachs schwimmt zur Quelle
zurück, schwimmt gegen den Strom, darum ist der Lachs ein Symbol der
Weisheit. Ich kenne Emden gut und weiß, dass Mephistopheles zu Doktor
Faust sprach: Schließe einen Pakt mit dem Teufel, dann gebe ich dir die
Herrlichkeit Emden mit all ihren Schiffen! Ich selbst sprach als Dichter
von einer Tribüne im Hafen von Emden ein Liebesgedicht an Maria, die
Königin des Friedens. Ich sah auch den Hafen von Hamburg und fuhr
selber auf der Elbe. Ich war in Lübeck und auch in Kiel auf der Reise nach
den dänischen Inseln. In Bremen hab ich oft gebetet im Dom Sankt
Ansgari.

Störtebecker hatte die Insel Neuwerk eingenommen und zu seinem


Hauptsitz gemacht. Der Friesenhäuptling Keno tom Broke gab seine
Tochter Folka dem Störtebecker zur Frau und schenkte ihm als Brautgabe
die Stadt Marienhafe. Im Störtebeckerturm von Marienhafe ward der
Schatz Störtebeckers aufbewahrt. An den ostfriesischen Inseln vorbei
segelte Störtebecker in seinem Seeadler, mit ihm Meister Hugo in der
Silbermöwe, Marquard Preen im Wolf, Eberhard Pilgrimson im Wildeber.
Fischerboote lagen vor den ostfriesischen Inseln. Aber wenn Störtebeckers
Schiffe kamen, zogen die Fischer ihre Netze ein und zogen sich in den
Hafen zurück. Wie eine Schar Hühner flohen sie vor dem Habicht! Aber
vor Störtebecker brauchten sich Fischer und Bauern nicht zu fürchten,
denn sein Sinn stand auf Gerechtigkeit! In Aurich und Emden hatte
Störtebecker seine besten Freunde, den Friesenhäuptling Keno tom Broke
und den Probst Hisko. Keno tom Broke hatte ihm ja Marienhafe zur
Hochzeit geschenkt. Nun rüsteten sich die Ritter des Meeres zum
Kirchgang in die Kirche von Marienhafe. Die Kirche glich einer Burg. Ein
feste Burg ist unser Gott! Dieser Choral dröhnte durch das Gotteshaus. Die
Kirche war gefüllt mit Viktualienbrüdern. Vor dem Hochaltar kniete
Störtebecker, neben ihm Meister Hugo. Der Priester sang die Heilige
Messe und teilte das Sakrament aus. Dann sang seine raue Stimme: Großer
Gott, wir loben dich, Herr, wir preisen deine Stärke! Dann begrüßte
Störtebecker im Namen Unsrer Lieben Frau seine Gemahlin, Liebfraue
Folka. Folka begleitete Störtebecker von nun an. Sie fuhren durch die Ems.
Sie fuhren an Norderney vorbei gen Osten. Folka stand neben Störtebecker
auf dem Schiffsdeck.

10

Vorgesehen! Ostfriesische Inseln! Archipelagus! Sieben Perlen an der


Perlenschnur des Meeres! Norderney hat mehr als einen rebellischen
Dichter inspiriert, von der Nordsee eine Hymne zu singen. Aber meine
Inspiration ist Baltrum, die Kleinste der sieben Inseln, der Benjamin.
Baltrum hieß früher Balderinge, benannt nach Baldur und Ing, den
germanischen Göttern. Heute wird es genannt das Dornröschen der
Nordsee, der südlichen Nordsee. Denn die Insel ist sehr verschlafen unter
den hohen Heckenrosen. Aus den Hagebutten kann man Wein machen,
darum heißen sie auch Weinrosen. Hier betete ich im Millennium des
Jahres Zweitausend meinen ersten Rosenkranz. Hier liegen alle meine
Mütter und Müttersmütter und Müttersmüttersmütter begraben auf dem
Inselfriedhof. Kyrie Christe, komm zu uns auf der See! Meine Großmutter
Paula Margarethe, meine Urgroßmutter Petheda Johanna und meine
Ururgrossmutter Johanna Margarethe stammen von Balderinge. Meiner
Ururgrossmutter Ehegespons war Ulrich Ulrichs, ein Seemann, und seine
Seemannstruhe, die Schiffertruhe meines Ururgroßvaters Ulrich Ulrichs
sah ich noch in meiner Kindheit. In der Kirche auf Baltrum, nach dem
heiligen Nikolaus benannt, diente ich bei der Heiligen Messe am Altar, der
aus einer Riesenmuschel geformt ist, und las aus dem Propheten vor.

11
Während Störtebecker in Marienhafe Hochzeit feierte mit Liebfraue Folka,
hatte eine Flotte von Danzig aus die Insel Helgoland angegriffen, da die
Gefährten des Störtebecker wohnten. Eberhard Pilgrimson war verwundet.
Die Mannschaft machte die Schiffe wieder seeklar. Störtebecker rief:
Danzig, Danzig, erwarte mich in deinem Hafen! Meister Hugo in der
Silbermöwe wird den Seeadler begleiten. Marquard Preen wird mein
Stellvertreter auf Helgoland. Du schütze Helgoland und Neuwerk! Kapitän
Nyenkerken ist alt, der alte Adler ruht sich aus in Hamburg. Halte die
Augen offen, Marquard, kein Schiff aus Hamburg darf auf die offene See
hinaus. Rache will ich nehmen an der Kaufmannsstadt Hamburg, ich hab
es geschworen! Wir kehren erst wieder, wenn die Ostsee erobert ist.

12

O Muse, singe mir das Lied von Störtebecker, dem weitgereisten, der das
Meer gepflügt, und von seiner Rache und seinem Zorn ein Lied! Begleite
mich, o Muse, bis zu seinem Golgatha, und laß seine liebe Frau und seine
Gefährten weinen um den großen Toten!

13

Um Sylt und die andern Nordfriesischen Inseln, um die Nordspitze


Jütlands, hinein ins launische Kattegatmeer! Vor Kopenhagen kamen
Schiffe in Sicht. Sie wurden nach kurzem Kampf genommen. Korn und
Wein an Bord. Störtebecker ließ die Dänen sich vorführen. Ihr Kapitän war
ein blonder Hüne aus Holstein, Jan von Plön. Störtebecker frug ihn: Weißt
du, wer ich bin? Jan von Plön sprach: Du bist Goedecke Michels! Nein,
sprach Störtebecker, aber
Wenn ich nicht Goedecke Michels bin, wer, meinst du, der ich sei? Jan von
Plön sprach: Du bist Störtebecker! Ich weiß, Goedecke Michels hat die
dänischen Inseln heimgesucht und ist jetzt auf Fahrt nach Wismar. Und
Störtebecker frug ihn: Willst du mein Gefährte sein? Jan von Plön sprach:
Ich habe Frau und Kinder. Und Jan von Plön sah Liebfraue Folka und
sprach: Störtebecker, ich sehe, du selbst hast eine Frau! Störtebecker
sprach: Komm, folge mir und wähle die Freiheit zu deiner Frau!
Störtebecker reichte Jan von Plön einen großen Becher voll Wein und
sprach: Leere den Becher ganz, in Einem Zuge, dann bist du mein! Und
Jan von Plön leerte den Becher mit herbem Wein in Einem Zuge ganz und
folgte Störtebecker.
14

Sie lagen im Hafen von Wismar. Da lag das Schiff mit dem pommerschen
Greif. Ein Mann stand auf dem Schiff, von Narben gezeichnet. Sei mir
gegrüßt, Goedecke Michels! Trinke den Bundesbecher in Einem Zuge und
schwöre mir Treue bis in den Tod! Goedecke Michels trank den herben
Becher in Einem Zuge leer und rief: Der Wein ist gut, komm, füll mir den
Becher noch einmal bis über den Rand! Goedecke Michels küsste
Störtebecker dreimal: Bruder, sprach er, du bist würdig, mit mir zu ziehen
in den Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit! Liebfraue Folka trat an den
Tisch und brachte neuen Wein. Goedecke Michels rief: Ha, Störtebecker
ist unser Mann! Die Königin des Nordens zittre, denn wir werden unserer
Braut, der See, die Freiheit zurückerobern!

14

Sie landeten auf der Insel Gotland im Hafen von Wisby. Sie nahmen vom
Vogt den Schlüssel des Ratshauses und der Schatzkammer in Empfang. Sie
waren nun die Herren der Stadt Wisby und wohnten darin. Goedecke
Michels beschloß, in Wisby zu überwintern. Störtebecker ward von
Meister Hugo erinnert an seinen Auftrag, den er durch den Kaperbrief
erhalten hatte. Ein Edelmann hält sein Wort, sprach Störtebecker.
Störtebecker erreichte also Stockhom und wurde von den deutschen
Kriegern mit großer Freude empfangen, brachten sie doch Brot und Wein.
Das war für Stockholm die kostbarste Gabe, die Störtebecker den
deutschen Kriegern brachte. Sieben Tage lag Störtebeckers Seeadler im
Hafen von Stockholm, dann kehrte er nach Gotland zurück, um in Wisby
den Winter über zu wohnen. Damals sang man in Wisby dieses Lied:
Gold wiegen Goten auf der Zehnpfundwaage,
Die Kinder spielen mit den Edelsteinen,
An goldnen Spindeln spinnen Fraun am Tage,
In Silbertrögen ließ der Fraß den Schweinen.

16

Sieben Monde währte der nordische Winter. Sturm ging über die See und
die Insel, dann sprengte die See den Panzer aus Eis. Die Frühlingswinde
weckten die Lust der Viktualienbrüder zu neuen Kämpfen. Die Sonne rief
die Hauptleute auf den Marktplatz von Wisby zusammen und rief sie auf,
die ganze Insel Gotland einzunehmen. Wisby auf Gotland sollte der
Hauptsitz der Likedeeler werden, von wo aus sie die Eroberung der Ostsee
unternehmen wollten. Fünfhundert Seemänner schlugen die Schilde zum
Beifall. Beim Hafen von Garn ward das Schloß Landskron eingenommen.
Goedecke Michels rief: Dieses Schloß Landskron soll fortan der
Viktualienbrüder Zufluchtsort heißen. Hier bleiben wir, dies sei unsre
Zuflucht!

17

In den Sommermonden pflügte Störtebecker mit seinen Viktualienbrüdern


die Otsee. Nur die Flotten Wismars und Rostocks blieben verschont. Die
Flotte der Viktualienbrüder wurde immer größer. Ein Lehrer aus Rostock
schloß sich ihnen an, Magister Wigbold. Kapitän Wichmann bestand die
Becherprobe. Sie beide hatten auch den Adlerblick Störtebeckers. Zu jener
Zeit gab die Königin des Nordens den gefangenen König Albrecht gegen
teures Lösegeld frei. Die Insel Gotland wurde zum Aufenthaltsort des
Königs Albrecht. Störtebecker und Goedecke Michels berieten sich. Sie
hatten dem König gute Dienste geleistet. Sie beschlossen, auf Gotland zu
bleiben und dem freien König zu dienen. Mit einem Gefolge deutscher und
schwedischer Ritter kam König Albrecht nach Gotland. Die Likedeeler
von Wisby begrüßten den befreiten König mit lautem Jubel. Der König
zog ein in Schloß Landskron. Albrecht brachte keine Schätze mit, die
Inselbewohner waren arm, sie lebten alle von den Schätzen der Likedeeler.
Der König beauftragte die Viktualienbrüder, die Ostsee zu pflügen und alle
Beute ihm zu Füßen zu legen. Der Name Störtebecker war an den Küsten
der Nordsee und Ostsee in aller Munde. Störtebecker machte sich auf nach
Königsberg und Danzig. Da beschloß Hochmeister Konrad von
Königsberg, mit Danziger Rittern den Likedeelern entgegenzutreten.

18

Hochmeister Konrad von Königsberg kam mit Deutschordensrittern nach


Gotland. König Albrecht hatte die Insel dem Herzog Johann von
Mecklenburg übergeben, aber der wahre Herr der Insel war Störtebecker.
Eine gewaltige Schlacht begann. Liebfraue Folka rief den Likedeelern
Schlachtgesänge zu, die Helden zu ermannen. Aber die Übermacht der
Deutschordensritter war zu gewaltig und Störtebecker und seine
Likedeeler mussten fliehen. Vielleicht kommt der Tag der Freiheit wieder!
Auf, erobern wir die Küste Preußens! Auf nach Danzig!

19

Die Likedeeler lagen vor Danzig. Sturm kam auf. Sie warteten bei der
Halbinsel Hela. Nachdem der Sturm vorübergezogen war, begann die
Seeschlacht. Störtebecker, Goedecke Michels, Wigbold und Wichmann
und Jan von Plön kämpften mit ihren Scharen gegen die Krieger von
Danzig. Schwerter schlugen aufeinander, Streitäxte wurden geschwungen.
Liebfraue Folka ward von einem Ostpreußen mit der Streitaxt bedroht,
aber Fraue Folka schlug wie eine Schwertjungfrau den Feind in die Flucht.
Die Krieger von Danzig waren nicht zu überwinden. Störtebecker pfiff und
gab den Befehl, den Krieg abzubrechen. Er hatte erfahren, dass nicht nur
Stralsund und Lübeck, sondern auch Wismar und Rostock Jagd auf die
Likedeeler machten. Ich habe Sehnsucht nach meinem Königreich
Helgoland, sagte Störtebecker. Goedecke Michels, Wigbold und
Wichmann aber segelten nach Bergen, die Gärten der deutschen Hansa
leerzupflücken. Störtebecker kehrte mit Liebfraue Folka auf dem Seeadler
heim zu seiner Mutter, der Nordsee.

20

In Hamburg traf sich der Rat und beriet, wie die Likedeeler zu besiegen
wären. Kapitän Nyenkerken und sein Sohn nahmen an dem Ratstreffen
teil. Simon von Utrecht rief besonders leidenschaftlich die Hansa auf,
Störtebecker um einen Kopf zu kürzen, denn er war vor Helgoland
überfallen worden. Simon von Utrecht leitete den letzten Kampf ein.
Utrecht, Utrecht, schon den heiligen Bonifazius, den Apostel der Friesen,
hast du ermordet! Simon von Utrecht, willst du deine verräterischen Hände
nun auch mit dem Blute Störtebeckers besudeln?

21

Die Viktualienbrüder kreuzten vor der Elbemündung. Nikolaus Schocke


führte den Oberbefehl der Gegenflotte, sein Admiralsschiff war der Isern
Hinrick. Nyenkerkens Sohn war Kapitän der Bunten Kuh von Flandern.
Als Gallionsfigur trug die Bunte Kuh von Flandern den Kopf des
Goldenen Kalbes. Störtebecker hatte noch ein Schiff aus Holland geentert
und sich dann nach Helgoland zurückgezogen. Aber Störtebecker liebt es
gar nicht, nach seinem Beutezug beim Triumphfestgelage sich stören zu
lassen! Die Flotte der Hamburger ankerte in der Nähe von Helgoland und
wartete auf die Stunde der Finsternis. Die Bunte Kuh von Flandern sollte
Störtebeckers Seeadler angreifen, der Isern Hinrick sollte Goedecke
Michels Greif angreifen und die Heidschnucke der Hamburger sollte den
Wildeber von Eberhard Pilgrimson entern.

22

Hinter dem Schleier der silbernen Nacht zechten die Zechgenossen und
feierten ihr letzten Abendmahl mit den vollen Fässern roten Weines, als
gingen sie zu einer Hochzeit. Die Stimme Störtebeckers zerteilte den
Nebelvorhang. Wie Gespensterschatten glitten die Hamburger von den
Schiffen und zogen einen Ring um die Likedeeler. Da erschien
Störtebecker. Nyenkerkens Sohn schrie: Jetzt ist deine Stunde aber
gekommen! Die Kugeln der Bunten Kuh zerschmetterten den Seeadler.
Der wilde Kampf des letzten Gefechts entbrannte. Die Kugeln der Bunten
Kuh zerfetzten den Rumpf des Seeadlers, des Seeadlers Wunder klaffte,
der salzige Schaum des Meeres troff ihm vom Maule! Störtebecker ging
wie der Sensemann durch die Reihen der Hamburger. Aber mehrere
Hamburger Männer stürzten sich auf Störtebecker und nahmen ihn mit
einem Netz gefangen. Nur Goedecke Michels, der Fuchs, war entkommen.

23

Man brachte den gefangenen Störtebecker nach Hamburg. Er sah


schrecklich aus, er war nicht mehr schön, wirr hingen ihm die blonden
Haare über der blutverschmierten Stirn! Ihrem Hauptmann folgten in
Ketten Wigbold und Wichmann und Eberhard Pilgrimson. Der Rat der
Stadt Hamburg hielt Gericht und verurteilte Störtebecker zum Tod. Sein
Haupt sollte ihm abgeschlagen werden. Liebfraue Folka aber erschien vor
dem Rat der Stadt Hamburg und bat um Barmherzigkeit, sie entblößte ihre
Brüste und bat um Störtebeckers Leben! Aber die Herren des Rates
verlachten Liebfraue Folka! Und so wurde Störtebecker am Tag der
Sonnenwende hingerichtet. Er wurde auf den Richtblock geworfen und
von der Hand des Henkers geköpft. In dem Augenblick erklang ein Schrei,
es war die Stimme von Liebfraue Folka, sie weinte blutige Tränen!
24

Vorgesehen! Störtebecker lebt! Seinen Ruhm hat Klopstock in einer Ode


verewigt! Rügen, Rostock und Marienhafe zelebrieren seinen Mythos in
festlichen Theaterspielen. Er ist der unsterbliche Heros der Friesen!
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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
Die Quelle Q

Von Josef Maria Mayer

Als der Himmel oben noch mit keinem Namen benannt war, als die Erde
unten noch keinen Namen bekommen hatte, als das Meer, das
uranfängliche, als das Meer, die Mutter von allem, in chaotischer
Mischung war, als das Land noch nicht war und der Mensch sich auf Erden
noch nicht erhoben hatte, als all die Himmlischen noch nicht geschaffen
waren, als die Himmlischen alle noch nicht mit Namen benannt waren und
es noch kein Schicksal gab, da begann Gott zu schaffen.
Soll ich mich fürchten vor dem Tode und durch die Wüste dieses Lebens
hetzen? Das Schicksal meiner todgeweihten Freundin liegt schwer auf
meiner Seele. Wann werde ich mich niederlegen wie mein Vater und wann
werde ich auferstehen in Ewigkeit?
Sollte der König die Gräber seiner Feinde zerstören? Sollte der König die
Gräber seiner Feinde öffnen und die Knochen aus den Gräbern holen?
Sollte der König die Totengeister seiner Feinde berauben der Tränenspende
ihrer Hinterbliebenen? Sind die Totengeister der Feinde des Königs
verdammt zu ewiger Ruhelosigkeit und Qual?
So koche im feurigen See, so brenne im ewigen Feuer! Du Narr, du Böser,
hinweg mit dir ins ewige Feuer! Wer bist du? Wessen Sohn bist du, du
Böser? Wessen Tochter bist du, du Närrin?
Wenn du aber ein Hirte bist, so hast du die Pflicht, zur Zeit der Schafschur
und wenn die Schafmütter Zwillingslämmer werfen, zur Stadt des Königs
zu kommen und deine Steuer zu bezahlen.
Ist es aber geschehen, dass ein Garten, der einem Krieger des Königs vom
König gegeben wurde, von einem Beamten dem Krieger fortgenommen
worden ist, so untersuche der Richter den Fall. Wenn der Dattelfeigenhain
zu seinem väterlichen Haus gehört, so gebe man meinem Krieger den
Feigengarten zurück!
Aber in das Haus der Toten, aus dem keiner wieder zur Erde kehrt, wandte
die Himmelskönigin, die Tochter Gottes, ihre Schritte in den goldnen
Sandalen, nach dem Haus der Toten, die in dem dunklen Lichte leben, wo
sie wie Vögel Flügel haben, wo der Staub ihrer Leiber auf der Türschwelle
liegt.
Der Tod ist unbarmherzig, mein Sohn, er schont nicht einen Menschen.
Aber bauen wir auf Erden uns ein ewiges Haus? Fahren wir in ewigen
Wagen über die Straßen der Erde? Wird ewig der Mann im Schoße seines
Weibes Kinder zeugen auf Erden? Nichts auf Erden ist ewig. Wenn du
schläfst und deine Seele lebt im Traum, dann bist du wie die Toten, deren
Seele zu Gott geht.
Siehe den Leib der Geliebten, den du zu berühren liebst! Da freut sich dein
Herz! Er wird verwelken und zu Staube werden!
Aber der Geist des Toten liegt nicht im Grabe zwischen Staub und
Würmern, der Geist des Toten wandert über die Sterne zum Schöpfer.
Durch Ganzhingabe dieses Lammes Gottes, o Gott, erweise uns deine
Gnade, o Gott, und weise uns den Weg, den wir in die Zukunft gehen
sollen. Deiner Gottheit möge es gefallen, durch einen Spruch des Herrn
uns den Weg zu weisen.
Den heiligen Ort der Weissagung berühre kein Unreiner! Das Lamm, das
geschlachtet wird, sei ein makelloses Lamm! Der Priester heilige sich und
trage heilige Kleider und wasche seine Hände! Der Priester rufe die
Gottheit an und lehre uns die Wege unserer Gottheit, die Wege, die wir
gehen sollen! Möge der Priester seine Zunge hüten und mit Weisheit und
Einsicht Antwort geben dem Frommen, der ihn bittet um Weisung.
Ich sah in Gesichten über der Zeit und siehe, ich sah das Standbild eines
Welttyrannen, sein Standbild reichte bis zu den Wolken. Sein Haupt war
aus Granit, sein Leib war aus Sandstein, seine Füße waren aus Ton. Einst
wird beben die Erde unter seinen tönernen Füßen, einst wird brausen der
Sturm um sein Haupt von Granit. Das Standbild des Welttyrannen wird
zerbrechen, aber die Seele des Welttyrannen tritt vor den göttlichen
Richter.
In dem Hause des Staubes, das ich gesehen, liegen verstreut die Münzen
der Reichen, die Gespenster der Reichen huschen über dem Staub dahin.
Hier im Grabe liegen die Gebeine, die so stolz gewesen sind auf Erden und
verhöhnten den Herrn!
Drei Monate ist die Welt eine weiße Perle, drei Monate eine dunkle Haut,
drei Monate ein grüner Smaragd, drei Monate rotes Gold.
Verehrung dir, o Fluß, der du herausquillst aus der Erde, und kommst, das
schwarze Land zu befruchten, der du die Wüste nährst, in der es kein
Wasser gibt. Dein Tau fällt vom Himmel. Du bringst Speise und bist reich
an Früchten. Flutest du, o Fluß, so danken wir dir, wir feiern das Opferfest.
Du grünst, du grünst, o Fluß!
Bist du ein Mann in hoher Stellung und hast du zu befehlen, so strebe nach
Heiligkeit, bis du vollkommen bist. Die Weisheit ist gut, sie dauert allein,
seit der Zeit ihrer Zeugung ist sie die selbe. Willst du, dass deine Seele frei
vom Bösen sei, so hüte dich vor Geldgier, dem unheilbaren Übel.
Dränge deinen Sohn nicht zur Arbeit auf dem Acker! Denke doch daran,
wie es den Bauern geht! Wenn man die Ernte für die Steuer aufschreibt, so
haben die Plagen die Hälfte geholt. Wehe den Bauern! Wenn dann der
Steuereintreiber kommt, so hat er Knechte bei sich, die den Bauern
drohen: Gib die Milch ab, gib das Getreide ab! Aber es ist nichts mehr da.
Da wird der Bauer gequält, bis er sich selbst das Leben nimmt! Darum
denke, dass das Leben eines Schriftstellers besser ist!
Ich bin – der die Feste des Jahreskreislaufs eröffnet und die Flüsse
erschaffen. Ich bin – der die lebendige Flamme geschaffen. Ich bin das
Licht der Morgenröte, ich bin die strahlende Sonne und ich bin der rötliche
Untergang.
O Herr, deinen Namen hast du mir noch nicht genannt? Sprich deinen
Namen, damit die bittere Medizin mir nicht schadet! Wer deinen Namen
ausspricht, der soll ewig leben!
Leihe mir dein Ohr, o Schwester-Braut, auf dass mein göttlicher Name mit
meinem Leib in deinen Leib eingehe!
Zu wem sprech ich heute? Ach, es gibt keine Heiligen mehr! Die Welt ist
voll von Gottlosen! Zu wem spreche ich heute? Ich bin mit Elend schwer
beladen und sehne mich herzlich nach mütterlichem Trost! Zu wem sprech
ich heute? Die Sünde ruiniert mein Land, die Sünde ist heute sehr mächtig!
Heute steht mir der Tod vor Augen, er ist wie zerriebene Myrrhe, die
lieblich duftet, er ist, als wenn man in einer lauen Brise am Ufer eines
Meeres im Sonnenschein sitzt. Der Tod steht mir heute vor Augen: Er ist
wie der Duft der Lotosblume und wie das Summen der Honigbiene, er ist,
als wenn man mit seiner Freundin am Ufer eines Flusses Arm in Arm
verschlungen sitzt. Der Tod steht mir heute vor Augen. Ich bin wie einer,
der große Sehnsucht nach seiner Heimat hat, der endlich aus der bittern
Verbannung heimkehren will in die Heimat!
Groß ist unser König für sein Volk! Er ist der Berg, der den nassen Sturm
zurückhält zur Zeit des Unwetters!
Der König steigt empor zum Licht, auf dass er durchwandre den Himmel!
Der König steigt zum Himmel und schwebt hinan auf den Adlerflügeln der
Sonnenjungfrau, er kehrt heim zu der Gottheit und den andern
Himmlischen! Alle jene Götter, die unserm geliebten König keine
Himmelstreppe in den Himmel bauen, sollen von uns kein Opferbrot und
keinen Opferwein mehr erhalten und wir wollen ihnen keinen Tempel
mehr auf unsrer Erde bauen!
Ach, den Beamten nimmt man die Steuerlisten fort und tötet die Beamten.
Die Knechte werden jetzt zu Herrschern. Siehe, es kommt dazu, dass man
den König köpft und das Königtum abschafft durch den Wahnsinn der
falschen Propheten! Siehe, die würdig sind, in schönsten Kleidern zu
wandeln, gehen jetzt in Bettlerlumpen! Die faulen Knechte aber tragen
feine Seide! Siehe, die Künstler loben die göttliche Schönheit nicht mehr!
Feinde zerstören von innen unser Land!
Die Knechte sagen: Wir wollen die Reichen berauben! Die sonst friedfertig
waren, die empören sich nun! Der Vater sieht im eigenen Sohn einen
Feind! Ob der Himmel auch regnet, doch schafft kein Bauer mehr! Alle
sagen: Was sollen wir auch etwas schaffen, da doch keiner weiß, was die
Zukunft uns bringt! Es ist jetzt so: Die Knechte besitzen jetzt die
Herrschaft! Viele Tote sind begraben in der feuchten Erde und der Regen
fällt auf ihre Gräber! In allen Städten rufen die Rebellen: Lasst uns die
Fürsten aufknüpfen an den Bäumen! Das ganze Land versinkt im sittlichen
Schmutz! Die Edlen klagen und die Knechte tanzen! Die Reichsten sind
jetzt die Räuber! Siehe, Gold- und Silberschmuck, Kettchen von
Lapislazuli und Ohrringe von Mondstein hängen am Körper der Magd!
Aber die einst reiche Frau geht weinend wie eine Witwe einsam durchs
Land!
Die heiligen Könige, die früher lebten, die ruhen jetzt in ihren Gräbern.
Die Adligen und die Weisen ruhen in ihren Gräbern. Die sich einst schöne
Häuser gebaut, sie sind nicht mehr und ihre Häuser stehen leer. Was ist aus
den Toten geworden? Ich habe die Worte der Weisen studiert, deren
Bücher berühmt sind in der ganzen Welt. Aber wo sind die Weisen jetzt?
Ihre Städte, in denen sie lebten, sind nicht mehr, ihre Häuser, in denen sie
wohnten, sind nicht mehr. Es ist, als wären sie nie gewesen. Keiner von
ihnen kommt zu mir, dass er mir erzählte, wie es ihm im Jenseits ergangen,
dass er meinem Herzen Freude schenkte, bis auch ich in die Ewigkeit
gehe, bis auch ich in jenen Garten komme, wo die Toten leben. Sei getrost,
mein Herz, sei mutig und vergiß nicht zu leben! Folge deinen Augen und
gewähre ihnen die Schönheit, nach der du verlangst! Salbe dein Haupthaar
mit Öl und kleide dich in schöne Kleidung, duftende Kleidung, und denke
an die letzten Dinge Gottes! Sei glücklich! Laß dein Herz nicht ermüden,
sei nicht verzagt! Folge der Freude und wirke mit an deinem Schicksal auf
Erden, bis der ernste Tag kommt, der heilige Tag des Todes. Denn Gott
hört dein Schreien! Aber das Jammern hat noch keinen Menschen aus dem
Grabe wiederkehren lassen. Feire den Tag und ruhe in der Nacht. Siehe,
sein Geld nimmt keiner mit nach drüben, und wer in den Himmel
gekommen ist, wird nie mehr wünschen, zur Erde zurückzukehren!
Eigentlich gibt es keinen Tod. Auf Erden geht alles nach Gottes Plan. Gott
hat die Menschen erschaffen. Wenn Gottes Licht erscheint, so leben wir,
wenn Gott sein Licht entzieht, so sterben wir. Gott selber ist das Ziel des
Lebens! Man lebt nur durch dich und alle Menschen schauen auf dich, du
Sonne, die niemals untergeht! Am Abend legen alle ihre Arbeit nieder.
Aber strahlt das Licht der Welt, so werden Kinder auf Erden geboren! Zur
Sonne, die nie untergeht, fliegen auf Adlerflügeln der Sonnenjungfrau die
heiligen Toten und wird einst fliegen das Herz meiner Mutter, Friede sei
mit der unsterblichen Seele meiner Mutter!
Schön erscheinst du im Himmel, du Sonne, die nie untergeht, die du alles
Leben erschaffst! Ich sehe dich strahlen am östlichen Lichtberg und den
Himmel mit deiner Schönheit erfüllen, du bist strahlend und schön, deine
Strahlen umarmen die ganze Welt bis zum Ende der Welt! Neigst du dich,
so naht das Dunkel der Erde. Die Menschen verhüllen ihre Häupter und
verbergen sich in ihren Gemächern, kein Mensch schaut auf den Nächsten.
Deine Strahlen beleben die Felder, wenn du lächelst, so freuen sich alle
Lebewesen an dir, du schaffst die Jahreszeiten und auch den Winter, da die
Sonne geboren wird als kleines Kind. Erleuchte mich, der ich dein Diener
bin, o göttliche Sonne, die nie untergeht, und erleuchte auch meine
Vielgeliebte, die Herrin meiner beiden Herzkammern, die ewig lebe in
ewiger Jugend und Schönheit!
Ach die Zustände sind nicht mehr zu ertragen! Die Tempel Gottes stehen
leer und verfallen zu Ruinen, die Wallfahrtsorte werden von Räubern und
Narren besucht, die frommen Länder werden vernichtet, Unkraut wächst
im Weizen und erstickt den Weizen! Die heilige Religion wird bespuckt!
Und Gott schweigt?
Mir beigestanden haben nur meine beiden Seelenrosse. Das eine
Seelenross heißt: Sieg mit dem Herrn! Das andre Seelenross heißt: Ich bin
ermutigt und zufrieden! Meinen Seelenrossen werde ich immer ihre Speise
reichen, bis ich auf dem unsterblichen Seelenross in den himmlischen
Tempel reite!
Von dem Berge der Grenze schaue das verheißene Land, das Ich den
Kinder Meines Volkes geben werde! Dann aber stirbst du auf diesem
Berge, wie dein Verwandter auf dem anderen Berge gestorben ist, weil ihr
euch am Haderwasser an Mir vergangen habt.
Da sprach der Held zum Volk: Noch drei Tage, dann werdet ihr den
Scheidefluss überschreiten, um das Land in Besitz zu nehmen, das der
Herr, eure Gottheit, euch geben will!
Wir wollen sein wie andre Völker: Wir wollen einen König haben!
Auf! Zieh hinunter nach an den gewissen Ort, denn Ich will die fremden
Stämme in deine Hand geben. So zog der König mit seinen Männern an
den gewissen Ort und kämpfte gegen die fremden Stämme und trieb ihr
Vieh weg und kämpfte eine große Schlacht gegen sie!
Alle Becher des weisen Königs waren golden und alle Töpfe im Waldhaus
waren aus reinem Gold, denn Silber schätzte man zu Zeiten des weisen
Königs gering. Die Schiffe des Königs, die zur See fuhren mit der Flotte
seines Freundes, kamen nach drei Jahren wieder und brachten Gold und
Silber und Elfenbein, Affen und Pfauen mit.
Wo der Herr nicht das Haus baut, da bauen die Bauarbeiter vergeblich. Wo
der Herr nicht die Stadtburg bewacht, da wachen die Wächter vergeblich.
Ich sah den Herrn auf einem hohen Throne sitzen, seine Schleppe füllte
den ganzen Tempel aus. Feurige Engel umstanden ihn, jeder feurige Engel
hatte sechs Flügel, mit zweien verhüllte er sein Antlitz, mit zweien
verhüllte er sein Bein und mit zweien flog er. Sie riefen einander zu:
Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heerscharen! Und es bebte die
Schwelle des Tores von diesem Ruf. Da sprach ich: Ah weh mir! Ich bin
ein Mann mit unreinen Lippen und wohne unter einem Volk mit unreinen
Lippen! Da flog einer der feurigen Engel mit einer glühenden Kohle zu
mir, mit der Zange hatte er sie vom Altar genommen. Und er berührte
damit meinen Mund und sagte: Siehe, deine Sünden sind dir vergeben! Da
sprach der Herr: Wen soll Ich zu diesem Volke senden? Da sprach ich: O
Herr, hier bin ich, sende mich! Er sprach: So gehe hin!
Höre, o Himmel, lausche, o Erde, denn der Herr spricht: Söhne habe Ich
erzogen, aber sie haben Mich verschmäht! Der Ochse kennt seinen
Besitzer, der Esel kennt seine Krippe, aber Mein Volk erkennt nicht Mich,
Mein Volk ist unvernünftig! Wehe den Sündern im Volk! Verlassen hat das
Volk den Herrn, es kehrt Ihm den Rücken zu!
An den Flüssen der feindlichen Großstadt saßen wir und weinten! Wir
weinten, wenn wir an die Tochter unsres Volkes dachten! An den
Trauerweiden dort an den Wassern hängten wir unsre Leiern auf. Aber die
uns in die Verbannung geführt, die wollten unsre Gedichte hören, die uns
versklavt, die wollten unsre Hymnen hören: O dichtet uns ein Gedicht von
der Tochter eures Volkes! Aber wie können wir die Lieder des Herrn im
fremden Lande singen? Vergeß ich dich, o Jungfrau der heiligen Stadt, so
möge meine Hand verdorren! Wenn ich nicht immer an dich denke, dann
soll mir die Zunge am Gaumen kleben bleiben, wenn ich nicht zu meiner
höchsten Wonne mache allein die Jungfrau der himmlischen Stadt!
Siehe, die Jungfrau wird empfangen und den Sohn gebären! Man wird ihn
nennen: Gott ist mit uns! Alle Völker werden zu Ihm beten!
Die schöne Gnade hatte ihren mächtigen Gürtel angelegt. Buntgestickt
waren dort des Charmes Reize versammelt, sehnsuchtsvolle Liebe war
doch und Schmachten, süße Spiele und schmeichelnde Bitten, die selbst
den Weisen zum Toren machen.
So feire den fröhlichen Tag und ruhe nicht am Tage der Freude, siehe,
keiner nimmt seine materiellen Güter mit ins Jenseits, und es kehrte noch
kein Mensch auf die Erde zurück, der schon im Himmel angekommen ist.
Aber der Mensch ist wie der Schatten eines Traumes.
Der Mensch ist zu Gottes Erheiterung erdacht.
Die Menschen träumen dunkle Träume, sie sind selbst wie Träume,
verwirrte Träume, deren Sinn nicht leicht verständlich, nächtliche Träume.
Uns sterblichen Menschen ist am Himmel dunkle Nacht. Den seligen
Toten aber leuchtet im Jenseits eine Sonne, die nie untergeht. Vor ihrer
goldenen Stadt liegt der rosenrote Garten. Angenehmen Schatten spendet
der Weihrauchbaum. Volle goldene Früchte prangen in den Lebensbäumen.
Die seligen Toten reiten auf weißen Pferden oder spielen Ball mit der
Sonne oder streichen den Psalter oder was immer den Menschen Wonne
ist, das ist dort vollkommen und vollendet. Ein Duft ist in jenem Gefilde,
der süß und berauschend ist. Die heilige Opferflamme lodert mit dem
heiligen Weihrauch auf dem Altare Gottes.
Aber zum einfallsreichen Dulder sprach die göttliche Weisheit: Halte nun
an und ruhe von den schrecklichen Kämpfen! Gott, der in den Donnern
spricht, zürnt dir nicht mehr! Also sprach sie und freudig gehorchte der
Dulder der göttlichen Weisheit. Zwischen ihm und den Seinen erneuerte
den Bund die göttliche Weisheit, die Tochter Gottes, die erschien den
Menschen in Gestalt des alten weisen Mannes, ihm gleich an Gestalt und
Stimme.
Auf nun, und singen wir von der Muse, die den Vater Gott erfreut mit
heiligen Gedichten erhabenen Sinnes oben im Himmel, sie kündet alles,
was ist und war und sein wird.
Ach, was bleibt auf Erden? Trauriges Elend der sterblichen Menschen!
Und wo ist Hilfe dem allgemeinen Unheil?
Nun sammeln wir uns und nahen der heiligen Stätte, wo in dem Garten die
Apfelbäume liebevoll grüßen, wo der Altar der göttlichen Liebe steht,
umwölkt von Weihrauch. Da ruht der Teich, indem sich die Apfelzweige
spiegeln. Da glühen die roten Rosen, in den Kelchen sammelt sich der Tau.
Und auf dem ruhespendenden Rasen wachsen Krokus und Narziss. Die Iris
haucht geheimnisvollen Hauch in die Lüfte. So komm, du Herrin dieses
Gartens, du göttliche Liebe, du göttliche Schönheit, komm und fülle mir
den Becher mit gutem Rotwein edler Freude!
Ich aber, in Sehnsucht liege ich elend jammernd, ganz entseelt auf Gottes
Geheiß! Ich bin durchbohrt von schrecklichen Schmerzen bis tief in die
Seele!
Die Frauen aber der Insel der Mutter, sie tanzen im Takt mit bloßen Füßen
über die weißen Blüten der jungen Wiese, sie tanzen um den Altar der
göttlichen Schönheit!
Alles fließt. Du kannst nicht zweimal in den selben Fluß steigen, denn
andres und immer wieder andres Wasser strömt dir zu.
Einsicht zu haben, ist die höchste Tugend. Weisheit ist es, Wahres zu reden
und zu tun, gemäß der göttlichen Natur, der man sich ganz hingibt.
Einklang des menschlichen Handelns mit der göttlichen Vernunft ist die
Norm des Lebens.
Schon grau ist das Haar meines Bartes. Die lustige Jugend ist
verschwunden. Von der Zeit des süßen Lebens ist nicht mehr viel übrig. So
denke ich ernsthaft an das Tor des Todes. Denn schwer ist der Durchgang
durch das Tor des Todes. Wer hindurchschreitet, kehrt nicht zurück auf die
Erde.
Die andern Menschen mögen durch emsigen Fleiß, andauernde Arbeit und
geizige Sparsamkeit erreichen, dass sie sich Wohlstand für ihr Alter
anhäufen, wir Dichter aber, die wir immer verliebt sind und alle Wonnen
des Lebens schlürfen, wir wollen nicht erst im Alter leben, wir leben jetzt!
In ihrer genussreichen Lebensweise legten die Leute schöne Gärten an, in
deren kühlem Schatten sie ein Leben des seligen Müßigganges führten. Sie
hielten es für angenehmer, im kühlen Schatten der Bäume im Gras zu
liegen, als von der heißen Sonne des Südens gestochen zu werden. Sie
feierten den ganzen Frühling über in ihren paradiesischen Gärten, in
Gesellschaft sinnlicher Frauen, der Wein floß in Strömen, und es fehlte
nicht an Liebesgenuß.
Mein Junge, reiche mir den Becher! Schenke den Wein ein! Aber heute
trinke ich mäßig, es soll mir an einer Flasche genügen, ich will nicht
betrunken zu Bette taumeln und morgen den großen Jammer haben! Nein,
wir wollen nicht bei grölenden Säufern sitzen und nicht bei zuchtlosen
Weibern am Feuer. Nur behaglich in unserm Kämmerlein trinken wir
langsam die Flasche leer und dichten Gedichte.
Er kommt, er kommt! Die Schwalbe verheißt schon die schöne Zeit! Und
die Elster schwatzt von den kommenden Tagen. Der Rosinenkuchen liegt
dann auf dem Tisch, die Feige rollt aus dem Korb! Ja, und ein guter Käse
ohne Lab wird uns stärken!
Göttliche Weisheit! Unsre Herrin, sei uns gnädig! Dir nahen die Prinzen,
die Söhne deines Geliebten! Siehe unsre Knaben, mutig und stark, siehe
unsre Kindlein, goldengelockt und mit seidigen Wimpern! Sieh unsre
Großmütter, silberhaarig und gütig! Siehe unsre Frauen, schön und fromm!
Dein ganzes heiliges Volk ist dir treu ergeben! Wir bieten uns dir an als
Granzbrandopfer! Du bist unsere göttliche Schutzfrau, göttliche Weisheit!
Heilige Ehrfurcht vor Gott lässt unsre Stimme flüstern! Selig, wer je von
den Erdenmenschen Gott leibhaftig gesehen! Wer aber unteilhaftig der
Gnade, der findet ein schlimmes Schicksal, und er taumelt hinab in
bodenloses Nichts!
O du spielender Brunnen der Liebe für den Dürstenden in der Wüste des
irdischen Lebens! Du bist verschlossen für den, der immer nur redet, aber
du fließt über für den, der still ist vor dir! Kommen die Stillen im Lande,
so finden sie den spielenden Brunnen der Liebe! Aber den Schwätzern ist
er ein verschlossener Brunnen.
Reinen Herzens wie ein Kind betritt den Tempel deiner Gottheit! Wenn dir
die heilige Quelle der Gnade das Haupt benetzt, dann genügen dem
Frommen drei Tropfen, aber dem Bösen würde ein ganzer Fluß die Sünden
nicht abwaschen!
Ringsum erhoben die seligen Kampfgenossen freudigen Jubel! Am Abend
kam die makellose volle Mondin und goß ihr silbernes Licht auf den
dunklen Weg. Da klangen die Gärten von fröhlichen Liedern. Beim
fröhlichen Fest erscholl die Hymne: Heilig!
Die Kinder schreien vor Hunger, die Weiber zanken. Mücken und Flöhe
plagen dich. Fliegen summen dir ums Ohr, wenn du schlafen willst,
Mücken wecken dich morgens aus deinen Träumen: Auf, rasch an die
Arbeit, da sonst die Kinder hungern! Auch hast du keine schönen
Gewänder, sondern läufst herum wie ein Bettler in abgetragenen Sachen.
Ein stinkendes Bett dient dir zur Ruhestätte, von Spinnenweben
verschleiert. Und frühmorgens weckt dich der Arbeiter Lärm auf der
Straße.
Aber die Tausende und Zehntausende in deinem Volke wiegt ein einzelner
Mann auf, der von Gott besonders begnadet ist!
Welcher Mensch, geboren zum Tode, wer kann entgehen der Hinterlist des
Todes? Welcher Mensch entspringt mit raschem Sprung der Falle des
Todes? Der Tod lockt den Menschen schmeichelnd in sein Netz. Wer sich
im Netz des Todes verstrickt befindet, der kann sich daraus nicht befreien.
Was hockt ihr hier, ihr Elenden? Flieht doch aus der üblen Stadt! Flieht zu
den Enden der Erde zu den Frommen, flieht von den Opferhügeln der
bösen Stadt! Denn es bleibt hier nicht ein Stein auf dem andern und von
den Marmorgöttern brechen die Häupter, die Arme, die Glieder, die Beine
und Füße ab. Alles Üble wird vertilgt und mit Feuer verbrannt!
Vermag die göttliche Weisheit den zürnenden Gottherrn zu versöhnen?
Bittet sie ihn mit flehenden Bitten für unsere Rettung? Siehe, es lässt der
zürnende Gottherr seiner eingeborenen Tochter, der göttlichen Weisheit,
noch ein Heiligtum für dich und deine lieben Kinder übrig! Retten werden
nicht Krieger und Reiter! O glückselige Insel mit deinem Strand der
Freiheit und der Liebe, wenn die Ernte reif ist, werden deine lieblichen
Söhne von den Engeln geerntet!
Laut dröhnt die Mutter Erde, das Firmament stöhnt, es beben die Meere
und es rauchen die Berge durch den Zorn des Herrn! Bald erreicht die
Erschütterung und die schreckliche Katastrophe auch das Totenreich!
Aber du, mit deinem langen Haupthaar, warum schneidest du dein Haar
nicht? Bist du denn der Gottheit geweiht? Schon hängen dir deine Haare
über die Augen.
Wanderer, kommst du in unser Land, so sage, du habest die Toten in ihren
Gräbern gesehen, die hier liegen, wie es das Gesetz der Sünde befahl.
Man sollte den Weibern den Mund zunähen! Diese Weiber sind unheilbar
an ihren Lästerzungen!
Schönheit zwar, o Gottheit, du Quelle der Schönheit, Schönheit zwar
gewährst du den jungen Mädchen, aber du nimmst sie ihnen wieder im
Laufe der Zeit, deiner beglückenden Gnade Blüte nimmst du wieder
hinweg. Weil auch meiner Freundin die Schönheit vorübergerauscht, so
nimm, o Gottheit der Schönheit, so nimm du ihre Schönheit wieder zu dir!
Gestern berührte der Chirurg den Heilstab mit dem Schlangenpaar aus
Stein. Steinhart war auch er wie die steinerne Schlange, heute begraben sie
ihn bei den Würmern.
In Keuschheit und Frömmigkeit zu leben und die wahre Kunst zu
bewahren als Treuhänder göttlicher Schönheit, das ist unsre Pflicht.
Du aber versuche nichts zu verbergen, denn die alles sieht und hört, deckt
alles auf, die Ewigkeit!
Selig der Mann, der sein Leben dem Studium der Weisheit gewidmet, der
nicht auf Schaden der Nächsten sinnt und nicht auf Kindermord und
Unzucht, der sein inneres Auge nie abwendet von dem ewigen Wesen! An
einem solchen Geist hat der Böse keinen Anteil.
Zwischen den Dingen webt die harmonische Seelenverwandtschaft, die
Gleich zu Gleich gesellt, Feindliches aber wird voneinander geschieden.
So mischt sich das Wasser gern mit dem Wein, doch mit dem Öl lässt sich
das Wasser nicht mischen.
Einst die Menschen waren unsterblich, aber später bildeten sich aus den
Stoffen die sterblichen Menschen, gemischt aus den Elementen und
angehaucht von Gott, sie leben im Wechsel der Zeit, im Wandel der Dinge,
und müsse sterben, da scheidet sich der göttliche Hauch von dem
elementaren Stoff. Solchen gemischten sterblichen Wesen aber entsprossen
wieder unzählige Wesen, sterbliche Leiber als Tempel unsterblicher
Seelen, ein Wunder zu schauen die Schöpfung des Menschenkindes!
Notwendig ist es zu sagen, dass allein das Seiende wirklich ist, dass
Nichtseiende ist nicht. Es ist nicht möglich zu sagen, dass das
Nichtseiende sei. Die Existenz des Nichts ist unmöglich.
Wir sprechen von Werden und Vergehen. Aber die Dinge werden nicht
einfach und vergehen, sondern die Dinge werden aus vorangegangenen
Dingen durch eine Trennung und Mischung, das Werden ist eine neue
Mischung von Urmaterie, das Vergehen aber eine Trennung von Stoffen,
eine Auflösung in das Urmaterial zurück, zu neuer Mischung von neuem
Werden bestimmt.
Warum sollte mich also schrecken der Tod? Hat nicht die Mutter Natur uns
alle zum Tode geboren?
Wegen zukünftiger Leiden wollen wir uns nicht im Voraus sorgen und
ängstigen! Wir wollen nicht mutlos uns der Verzweiflung übergeben!
Bewundernswürdig sind wir in anderem, denn wir sind Freunde der
göttlichen Schönheit, die ein göttlicher Glanz der Ordnung ist, wir sind
Liebhaber göttlicher Weisheit, ohne verweichlicht zu werden. Wir sind
eine Schule für das geliebte Vaterland, wir werden einzeln uns bewähren
im menschlichen Tun in frommer Schönheit.
Der schöne Knabe, der Liebling des Weisen, war stark und männlich, aber
auch ungezogen und wild, aber so wunderschön wie kein andrer Knabe
neben ihm!
Nun trat der Schöne auf, der Liebling des Weisen. Er war nicht so
untauglich wie die andern Knaben. Aber wie das Land am Großen Fluß
viel guten und viel bösen Samen im schwarzen fruchtbaren Schlamm
bewahrt, so waren im Schönen viele gute Samen zu Edelsinn und
Frömmigkeit und Liebe, aber auch böse Samen zu Ungezogenheit,
Wildheit und Ungerechtigkeit. Wenn er auf Reisen mitgenommen wurde,
so dienten ihm Sklaven. Das eine Volk bescherte ihm eine Prachtwohnung,
das andere starke Pferde für den Wagen, das dritte Volk Opfergaben für
Gott um das Heil seiner Seele und das letzte Volk die allerbesten Speisen
und Getränke. Als er sieggekrönt vom Kampfspiel wiederkam in die Stadt
der göttlichen Weisheit, da malte ein Maler ein Bild von der
Himmelskönigin, auf deren Schoß der schöne Knabe sitzt. Er war schöner
als die schönen Frauen des Landes!
Selbst im Kampf noch war er schön, der schöne Knabe! Er trug einen
Schild aus Gold und Elfenbein und als Wappen seines Schildes ein Bild
vom Amor Gottes, der Blitze schleudert!
Heute muß und darf ich wohl zu Gott! Möge meine Heimkehr zu Gott mir
die ewige Glückseligkeit schenken! Darum bete ich auch zu Gott, und
Gottes Wille geschehe. So sprach der Weise und setzte den Becher an den
Mund und trank das Schierlingsgift, ohne alle Angst, ganz heiter! Wir
Umstehenden waren bisher noch in der Lage gewesen, die Trauertränen
zurückzuhalten, aber als wir ihn den Becher leeren sahen, mussten wir alle
weinen! Uns kamen mit solcher Macht die heißen Tränen aus den Augen
geströmt, dass wir unsre Gesichter in den Händen bargen und unsre Seele
ausweinten! Aber wir weinten nicht nur darüber, dass er nun starb, wir
weinten darüber, dass wir selber einst sterben müssen! O welch einen
Freund verlieren wir jetzt, in der Stunde seines Todes! Alle seine Freunde
heulten so laut, dass es alle rührte, bis auf den Weisen, der ganz heiter
blieb in der Stunde seines Todes. Der Weise flüsterte: Was macht ihr,
meine Freunde? Ich habe die Frauen weggeschickt, damit sie mit ihrem
untröstlichen Weinen mich nicht in meiner letzten Stunde auf Erden
betrüben, denn ich bin der Meinung, man sollte in Ruhe und Stille
Abschied von der Erde nehmen und sich auf Gott vorbereiten. Also werdet
ruhig und beherrscht euch selbst! Da schämten wir uns vor dem heiteren
Weisen und hörten auf zu heulen und zu jammern. Er aber meinte, seine
Glieder würden ihm steif, er legte sich aufs Bett. Der Henker, der ihm den
Becher voll Schierlingsgift gereicht, untersuchte seine Schenkel und
Beine, ob sie schon lahm geworden seien. Indem er kräftig auf den
Schenkel drückte, fragte der Henker den Weisen, ob er noch ein Gefühl im
Schenkel habe. Der Weise sprach: Nein, ganz gelähmt sind meine Lenden
schon. Und so ward der ganze sterbliche Leib aus Lehm gelähmt. Der
Henker sagte: Wenn die Todeskälte auch dein Herz erfasst, dann bist du
tot! Schon war der ganze Unterleib des Weisen lahm, da flüsterte er noch:
Nun bin ich ein geheiltes Kind! Das war des Weisen letztes Wort. Ein
Freund sagte: Ich will dem Heiland opfern, der dem Weisen sein Heil
geschenkt. Aber der Freund erhielt vom Weisen keine Antwort mehr. Noch
einmal zuckte sein Leib, dann war der Glanz seiner Augen erloschen. Ein
Freund schloß ihm die Augen. So war der Tod des Weisen, die Heimkehr
unsres Freundes zu Gott. Wir dürfen sagen, er war der frömmste und
liebevollste und weiseste Mann, dem wir je begegnet sind.
Die alten Tempel der heidnischen Götter sollen nicht zerstört werden,
sondern nach Vernichtung der Götzenbilder mit Weihwasser besprengt
werden und mit Altären geschmückt. Sind diese Tempel schön gebaut, so
soll man sie zur Anbetung des allein wahren Gottes nutzen, damit das
Volk, das seine alten Tempel liebt, wenn es sich bekehrt zum einzig
wahren Gott, die Tempel nun um so lieber besucht. Und weil die Heiden es
liebten, den Göttern Opferfleisch zu schlachten und es dann zu verspeisen,
soll man an den heiligen Festen des wahren Glaubens diese Sitte
umwandeln und Festmähler an den christlicher Feiertagen abhalten zu
Gottes Ehre. So werden die Menschen über die sinnlichen Freuden zur
Verehrung des einzigen Gottmenschen geführt. Denn es ist unmöglich,
alles auf einmal zu ändern. Wer auf einen hochgelegenen Gipfel gelangen
will, muß am Fuß des Berges zu steigen beginnen. Keiner kommt durch
einen schnellen Sprung auf die höchsten Gipfel der Gotteserkenntnis.
Männer soll man anders belehren als Frauen. Die Männer soll man lehren,
ein schweres Kreuz mit dem Gottmenschen tapfer zu tragen, die Frauen
soll man lehren, die süße Menschenliebe Gottes zu feiern. Alte soll man
anders belehren als Junge. Die Alten sollst du ernsthaft mahnen zum
Glauben an Gott, die Jungen sollst du liebevoll und freundlich ermuntern
zu einer fröhlichen Gottesliebe. Anders soll man die Armen belehren als
die Reichen. Den Reichen soll man die Nichtigkeit ihres goldenen Götzen
ermahnend vor Augen malen und dass man nicht Gott und dem Mammon
zugleich dienen kann, die Armen aber soll man trösten wie eine liebevolle
Mutter.
Der Papst schreibt an den König: Wir danken Dir, dass du unsre Bitte
erhört hast und das Vertrauen, dass wir in dich gesetzt, gerechtfertigt hast,
indem du Frieden machtest. Darum preisen wir deine Weisheit und Liebe,
die du dadurch bewiesen hast, dass du Frieden machtest. So hast du
bewiesen, dass du Gott liebst, der der Spender wahren Friedens ist. Denn
wenn du nicht Frieden gemacht hättest (der Gedanke sei Uns ferne!), wie
viel Opfer hätte das die Armen gekostet! Damit wir nun alle den Frieden
auch genießen, bitten Wir dich, indem Wir dich mit väterlicher Liebe
herzlich grüßen, dass du durch deine Briefe alle Kinder deines Landes
ermahnst, den Frieden zu bewahren. Schaue nicht nach Gelegenheiten,
neuen Streit vom Zaun zu brechen! Wenn du dich um den Frieden sorgst,
dann wirst du Unsrer Dankbarkeit immer gewiss sein können. Wir haben
deine Friedensgeschenke mit aufrichtiger Liebe empfangen. Es ist Uns ja
geboten, die weisen Männer mit Ehrerbietung zu grüßen und mit
herzlicher Liebe, jene weisen Männer, die den himmlischen Frieden
verkünden, den uns Gottes Liebe geschenkt!
Ich weiß, mein lieber Bruder, dass Gott in seiner allmächtigen Liebe an
deinem Volk durch deine Hände Wunder gewirkt hat. Da ist es richtig, dass
du dich über diese himmlische Gnadengabe freust, aber auch mit bangem
Zittern. Freuen sollst du dich, dass du ein Werkzeug der göttlichen Gnade
sein darfst, zittern sollst du, damit du dich nicht überhebst und nicht dem
satanischen Hochmut verfällst. Wer sich seiner eigenen Wunderwerke
rühmt, der verfällt dem eitlen irdischen Ruhm. Nicht alle Auserwählten
wirken Wunder, aber die Namen aller Auserwählten stehen in Gottes Hand
geschrieben.
Ob nun wegen der Werke der Gottheit und der Menschheit von einer
Tätigkeit oder von zwei Tätigkeiten zu sprechen ist, das geht uns nichts an.
Das überlassen wir den Lehrern der Religion, die ihren Schülern allerlei
Haarspaltereien beibringen.
Ich, der König, kümmerte mich um meiner Landeskinder Wohlergehen und
werde mich weiterhin kümmern um meiner Landeskinder Wohlergehen.
Im Hinblick auf die schreckliche Unterdrückung der Allerärmsten verfüge
ich das Gesetz, denn es ist mir bekannt, wie die Herrschenden die
Allerkleinsten vergewaltigen. So erlasse ich im Vertrauen auf den absolut
gerechten Gott das Gesetz, das alle früheren Gesetze berichtigt, Falsches
ausstößt und Besseres einfügt. In ein Ganzes will ich das Gesetz
zusammenfassen, dass jedes Landeskind in Frieden leben kann und im
Vertrauen auf das gerechte Gesetz sein Vaterland verteidige, wenn es nötig
ist.
Das weitberühmte Volk, unter Gottes Beistand gereift, stark im Frieden,
von schöner Gestalt der Körper, dem katholischen Glauben treu,
unberührbar von Ketzerei, göttliche Weisheit suchend, in Liebe der
Gerechtigkeit ergeben und von Ehrfurcht vor dem Ewigen durchdrungen,
dieses Volk hat durch den Rat der edlen Weisen das gute Gesetz
aufgeschrieben. Es wurden Männer berufen, die am Gerichtstag das Recht
studierten, alles prüften und das Gute behielten, und dann das fromme
Gesetz beschlossen. Es lebe der göttliche Jesus, der unser Volk sehr liebt!
Er möge unser Reich bewahren, unsre Regenten mit seiner göttlichen
Weisheit erleuchten und unser Volk vor fremden Kriegern schützen.
Friede, Glück und Wonne gewähre uns der göttliche Jesus! Unser Volk ist
nämlich das Volk, das die eindringende Weltmacht abgewehrt, die
heidnische Weltmacht, die einen bloßen Menschen wie einen Gott
angebetet und die Heiligen als Märtyrer ermordet hat. Nachdem die Kinder
unsres Volkes die Taufe empfangen, hat unser Volk die heiligen Märtyrer
hoch geehrt und viel Schönheit zu ihrer Ehre versammelt.
Die vom Grab einer Heiligen genommene Erde, das Pulver dieses Staubes,
im Beutelchen die Reliquie übertrifft alle ärztlichen Heilmittel, die
Reliquie heilt den Leib und reinigt das Gewissen des Herzens.
Das irdische Leben des Menschen ist im Vergleich zur Ewigkeit wie der
schnelle Flug einer Amsel durch das Zimmer, darin du im Winter sitzt, von
deinen Lieblingen umgeben, beim leckeren Mahle sitzend, der Ofen ist
warm und draußen wüten Regen, Sturm und Schnee. Die Amsel fliegt
durch deine Haustür herein und durch deine Balkontür hinaus, einen
Augenblick ist sie vor dem winterlichen Unwetter geschützt. Aber schnell
verschwindet sie wieder, sie hat nur einen kurzen Augenblick in der
Wärme weilen dürfen zwischen Winter und Winter. So tritt auch das
Menschenleben einen Augenblick aus der ewigen Dunkelheit hervor,
Dunkelheit ist das Vorher, Dunkelheit ist das Nachher. Wenn uns also nun
die heilige Kirche etwas über die göttliche Dunkelheit sagt, die uns
erwartet, dann verdient die Weisheit der heiligen Kirche wirklich, dass wir
sie im Glaubensgehorsam dankbar annehmen.
Wir schwören beim HERRN und beim göttlichen Jesus und beim Heiligen
Geist und bei der heiligen Majestät des gesalbten Kaisers von Gottes
Gnaden! Unser Kaiser trägt den Namen Augustus, darum ist ihm als dem
gegenwärtigen und leibhaftigen Stellvertreter Gottes Ehre zu erweisen. Wir
dienen Gott dem Allherrn, wenn wir den lieben, der durch Gottes Gnade
unserm katholischen Volke vorsteht.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
Adam und Eva

Von Josef Maria Mayer

„Was sagt ihr länger Mann und Frau –


Adam, so heißt es, und Eva!“
(G.)

ERSTES KAPITEL

Ich bin der Elohist und preise Elohim, die Gottheit! Denn Elohim schuf im
Beginn, in der Weisheit, Himmel und Erde, Geist und Materie,
Unsichtbares und Sichtbares, Engel und Kosmos. Am Anfang war die Erde
ein Tohuwabohu, ein Chaos der Urflut, eine Urmaterie, ein Urchaos, ein
Urmeer, eine Mutter Tiamat. Aber die schöpferische Liebe der Gottheit,
die Taube des Friedens und der Liebe, schwebte über dem Urmeer, das
Maria hieß. Die Liebe brütete das Urchaos aus und brachte die Ordnung
des Kosmos hervor durch Amorisation der Urmaterie. Elohim sprach: Jehi
Or! Fiat Lux! Es werde Licht! Und es ward Licht! Und Gott schied das
Licht und die Finsternis. Licht und Finsternis sind geschieden, und es ist
keine Finsternis im Licht, es sei denn bei Obskuranten. Nicht ist das Böse
mit dem Guten gemischt und nicht ist das Böse ein Teil des Guten, sondern
Gut und Böse sind geschieden, Licht und Finsternis von Elohim
geschieden. So wurde der erste Tag. Und Elohim sprach: Es werde Festes
zwischen den Wassern und die Wasser sollen sich scheiden und das Feste
soll erscheinen. Hier beginnt das Licht des ersten Tages sich weiter zu
entwickeln zu einer Ordnung des Kosmos, denn es wird der chaotische
Abgrund des Urmeeres geschieden und es erscheint das Feste. Ein fester
Grund wird gelegt, dem chaotischen Treiben und Wühlen der Masse wird
eine Ordnung gegeben. Land ist in Sicht! Ein fester Boden unter unsern
Füßen erscheint. Von den oberen und den unteren Wassern sind wir nicht
mehr maßlos umgeben, sondern es ist ein fester Himmel, der die oberen
Meere zurückhält. Es ist ein Himmel erschienen. Es hat sich der ewig
strömende Dauerregen verzogen. Vielleicht schweben noch Wolken am
Himmel, aber die Himmelsdecke reißt auf und ein Licht erscheint, das
Licht durchdringt die Finsternis. Dies hat die Taube der Schönen Liebe
gebracht, die Taube Elohims hat das Licht ausgebrütet, hat das feste Land
gebracht! Die Wasser der Sintflut haben sich verzogen, die weiße Taube
der Arche fand auf dem Gipfel des Ararat das Ölblatt! Hoffnung
triumphiert über die Masse der Finsternis und des Chaos, Licht und feste
Ordnung gewinnen an Raum. Das Licht ist erschaffen und der Himmel.
Am Himmel ist Licht, der Himmel ist unser festes Fundament, der Himmel
ist unsre Hoffnung, das Licht des Himmels gibt den schönen Glanz der
Ordnung in die treibende Chaoswelt! Und Elohim gebietet dem Sturm und
dem Meer: Sammle dich, Meer, zu einem Ozean und gebe die Erde frei!
Deine Brandung soll nicht überfluten die Erde! Deiche baue ich am Rande
der Erde und gebiete den Seebeben! Erde, Erde, du grüne, erscheine im
Licht! Erde, du Hoffnungsraum, Erde, du fröhliches Grün, Erde, du blaue
Blume im Ozean des Kosmos, Erde, du blauer Planet unter andern
göttlichen Planeten, Erde, du einzigartiger göttlicher Planet, da die
lebendige Vegetation lebt! Halleluja, Elohim schuf die Schöpfung im
Frühling! Ein Garten erscheint die Erde mit den blühendsten Blumen,
Lotosblumen und Lilien, Rosen und Tulpen, Nelken, Orchideen,
Narzissen, Krokus und Vergissmeinnicht! Erde, du starke Mutter mit
deinen kräftigen Bäumen! O du reiner Pflaumenbaum mit deinen süßen
Pflaumen! O du Feigenbaum mit deinen leckeren Feigen! O du
Dattelpalme mit deinen köstlichen Datteln! O du Apfelbaum mit deinen
prangenden Äpfeln! O du Granatapfelbaum mit deinen glühenden
Granaten! O du Pfirsichbaum, mit deinen rosigen Pfirsichen! O du
Orangenbaum mit deinen saftigen Orangen! O du Mischmischbaum mit
deinen niedlichen Früchten! O du Bergamottenorangenbaum mit deinen
goldenen Früchten! O du Limonenbaum mit deinen herben Früchten! O du
Zitronenbaum mit deinen sonnigen Früchten! O du Mangobaum mit
deinen prallen Mangofrüchten! Honigmelonen! Wassermelonen! Alle
Früchte voll von klebrigen Samen voller Fruchtbarkeit, schwanger von
Zeugungskraft! Elan vital! Lebenskraft der lebendigen Frühlingsnatur!
Lenzlust in allem Grün! Grünkraft in der Mutter Natur! Ein Wonnegarten!
Lenzlust im Lebensgarten! Lenzlust des Lebens! Wonne und Wollust!
Fruchtbarkeit, Zeugungsfülle, Schwangerschaft! O du heiliges Leben von
Gott! Elohim ist fruchtbar! Elohim sah die grüne Mutter Erde in ihrem
Lenzgarten und sah, dass sie schön war! Und Elohim ausstreute in den
Raum den strahlenden Sol, den Gott der Dichter und Seher, und die
keusche Luna mit ihrer üblen Laune und ihrer fröhlichen Laune und ihren
närrischen Grillen, und den Mars mit seinem Ehebruch und seinen
Kämpfen, und den Merkur mit seinem Quecksilber und seiner Philosophie
und seiner Heilkunst, und den Jupiter, den jovialen Gastgeber Xenius, und
die überheiß glühende Venus mit ihrer brennenden Liebe, und den Saturn
mit seiner philosophischen Schwermut, und Elohim schuf die Fixsterne
und die Milchstraße und den Andromedanebel und den Pferdekopfnebel
und den Carinanebel und die andern Spiralwirbel und Galaxien und Nebel,
und Gott schuf den dritten Himmel, den Himmel aller Himmel, und Gott
schuf das Weltall, ich weiß nicht, ob es sich ausdehnt oder zusammenzieht,
den Hitzetod sterben wird oder den Kältetod sterben wird, ob es unendlich
oder endlich ist, ich weiß nicht, ob das Weltall das unendliche Kleid des
unendlichen Gottes ist oder wie viel Sandkörner in das Weltall passen, ich
weiß nicht, ob neben diesem Weltall noch andre Weltalle existieren, ich
weiß nicht, ob das Weltall dreidimensional unendlich und vierdimensional
endlich ist, ich weiß nicht, wie viel Dimensionen existieren, ich hab noch
nicht auf dem Monde gestanden, ich hab noch nicht den Mars auf Wasser
untersucht, ich sah den Carinanebel und seine Weinberge, ich sah das
Evelinische Sternbild über allem, ich kam an die Grenze des Universums
und stieß die Tür auf zu Gott! Und ich sah am nächsten Tag die Walfische
mit den Schiffen spielen in den Buchten des östlichen Meeres, und ich sah
die Singschwäne singen der Unsterblichkeit der Seele und die
Trauerschwäne sich den Heimgang wünschen zu Gott, und ich sah die
Nymphensittiche spielen in den Schlafzimmern junger Mädchen und ich
sah die Elstern den Damen Gäste verkünden und ich sah die brünstigen
Turteltauben im Frühling in den Kronen der Kastanien beim Liebespiel, sie
schlugen mit den Flügeln, sie spreizten die Flügel, sie girrten und gurrten
und ruckten und kosten mit den Schnäbeln, sie nickten, sie nickten, bis sie
fruchtbar wurden von der brünstigen Liebe, die Brut in ihrem Neste lag
und sperrte die Schnäbel auf und schrie zu Gott, der Großen Taube Iahu!
Und Elohim gebot den Tieren des Feldes, zu hüpfen und zu springen!
Elohim befahl den Kitzen der Ricke, lustig zu sein! Elohim gebot dem
Einhorn, den Schoß der Jungfrau zu suchen! Elohim gebot der Stute, die
lockige Mähne zu schütteln! Elohim gebot dem Hengst, sein Hengstmaul
schäumen zu lassen bei bebenden Flanken! Elohim gebot der heiligen
Kuh, mit gütigen Augen das volle Euter zu schaukeln! Elohim gebot den
schwarzen Pantherweibchen, zu ruhen auf den heißen Bergen des Libanon!
Elohim gebot der Löwenmutter, ihre wilden Löwenjungen großzuziehen!
Elohim gebot den Eseln, steif zu stehen! Elohim gebot dem Stier, die Kuh
von hinten zu besteigen! Aber da machte Elohim einen Sprung in der
Evolution! Es ging nicht von der Geschichte des Kosmos und der
Kreaturen nahtlos zum Menschen über, sondern Gott beriet sich mit Gott
im Geiste der Weisheit und sprach: Ich bin Elohim und flüstere meiner
göttlichen Sophia in ihr Muschelohr: Komm, Geliebte und Throngenossin,
Wir wollen Menschen machen nach Unserem Ebenbilde! Der Mann soll
ein Bild sein des Vaters Elohim in Herrlichkeit und Macht und Majestät
und Kraft, die Frau soll Ebenbild sein der göttlichen Sophia in Weisheit,
Einsicht, Erkenntnis und göttlicher Vernunft, und zwischen ihnen soll die
knisternde Erotik Ebenbild der göttlichen Liebe sein, jener lebendigen
Liebesflamme, die Gott ist, jener lebendigen Liebesflamme, die Elohim
mit seiner geliebten Sophia vereinigt in der ewigen Glut der göttlichen
Erotik! Elohim zeugte in dem Schoß der göttlichen Sophia den Hauch der
Liebe, und der Hauch der Liebe bildete in dem Geheimnis der Gottheiten
das erste Menschenpaar, Mann und Frau in Vereinigung, Abbild der
dreifaltigen Gottheit! Der Mann ein Abbild Gottes des Herrn, die Frau ein
Abbild Gottes der Frau Weisheit, die Liebe zwischen ihnen ein Abbild des
Eros Gottes! Und Gott sprach: Mann und Frau, seid fruchtbar und zeugt
und gebärt Kinder und verwaltet die Erde liebevoll und speist vegetarische
Speise! Die Kräuter und die Milch und den Käse und den Soya und den
Salat und das Gemüse und die Nachtschattengewächse und das Brot und
die Erdäpfel geb ich euch zur Speise! Adam, genieße, was Eva dir zur
Speise bereitet, und liebt euch, wie ich euch liebe! Und Elohim sah, dass
die Schaffung des Mannes und der Frau sehr gut war! Da ruhte Gott am
Sonntag aus und dachte: Ich bin, Sum, ich bin das Sein, von meinem
absoluten und ewigen Sein hat alles endliche Sein das Dasein und zu
meinem ewigen Sein hat alles endliche Dasein seine Heimkehr! Ich bin
das Leben in allem Leben, ich bin die Liebe in aller Liebe, ich bin die
göttliche Schönheit in aller Schönheit der Schöpfung! Aber nun will ich
ruhen. Und Elohim in seiner göttlichen Trunkenheit sank in seinen
göttlichen Schlaf.

ZWEITES KAPITEL

Im Anfang schuf Gott Jahwe den Menschen, das heißt die Menschheit,
Adam, aus Adama, der Mutter Erde, und in den Körper, den Jahwe von der
Mutter Erde nahm, hauchte Jahwe den Lebensgeist ein, den Atem, der den
Menschen Adam zu einem lebendigen Lebewesen machte, zu einem
Abbild Gottes. Aber Gott schuf den Menschen Adam als ein männliches
und ein weibliches Wesen, als Mann, das heißt als Isch, und als Frau, das
heißt als Ischa. Isch war nämlich allein und lebte einsam in der Natur. Er
schaute die Kirschblüte an und sah in der Kirschblüte das Angesicht einer
schönen Frau aus Äther, die ihn anlächelte. Er schaute einen Fuchs an
seiner Seite wandeln und dachte, dieser Fuchs bedarf der Katze, der
schwarzen samtigen Katze, nach der der purpurrote Fuchs so hungert. Isch
sah das Reh auf der Lilienweise weiden und dachte bei dieser zärtlichen
femininen Anmut an eine feminine zärtliche Frau, die voller Anmut und
Holdseligkeit ist, da hörte Isch den Hirsch aus dem Walde röhren, und es
röhrte der Hirsch nach der Hindin, es röhrte Isch nach einer Geliebten.
Und es lag Isch unter einem Lebensbaum und verglich sich selbst mit
einem Lebensbaum, vom lichtblauen Himmel sah er das heitere schöne
Antlitz einer Geliebten lächeln, und er fühlte sich einsam, wie die linke
Seite des Lebensbaumes. Es floß durch seine Adern ein Schmerz und eine
Sehnsucht nach der anderen Hälfte des Kosmos. Und Isch lag im grünen
Garten auf der Wiese und sah die Honigbiene den Kelch der Krokusblume
besuchen, und Isch erkannte sich in der Honigbiene mit dem saugenden
Stachel und sehnte sich nach dem keuschen Kelch der Geliebten in ihrem
weißen Blütenkleide, den süßen Samen der Fruchtbarkeit in ihrem
Nektarschoße zu lecken. Und Isch sah in die himmelblauen Lüfte und
schaute zwei weiße Zitronenfalter lustig ihre Hochzeitstänze in den Lüften
feiern. Aber ach, er war kein Schmetterling, er hatte keine Frau, die tanzte
den Hochzeitstanz mit ihm. Und Isch ging spazieren am Weiher und sah
den schwarzen Schwan mit seiner schwarzen Schwanin majestätisch
gleiten über den Weiher, Seite an Seite, in treuer ehelicher
Liebesgemeinschaft, er sah wie sie ihre Hälse verflochten und mit den
Flügeln schlugen und schrien brünstige Schreie der Wollust im Wasserbett,
da wachte die Brunst in Isch auf und er fühlte die Trauer wie ein schwarzer
Schwan. Vor Trauer und Kummer und Einsamkeit ist Isch im Garten
eingeschlafen unter einer Blutbuche. Er lag unter der roten Krone der
Blutbuche, und es verblutete sein Herz vor Sehnsucht, und er verseufzte
seine Seele vor Schmachten, und er starb den kleinen Tod des Schlafes.
Bist du überwältigt von Trauer, versinkst du in einem Meer der Trauer,
stehst du allein in der finsteren Nacht, und ohne Hilfe gehst du durch die
Finsternis, versinkt der Boden unter deinen Füßen, und alle Unwetter
lasten auf deinem Haupte, schlafe, was willst du mehr, beim Saitenspiel
der Sterne, schlafe, was willst du mehr? Es war nicht ein Schlaf der
ruhigen Seele, sondern eine Trance, eine Ohnmacht, ein kleiner Tod. Isch
war verrückt und verirrt im Wahnsinn in eine Ohnmacht gesunken und in
eine Trance wie von berauschenden Efeublättern. So lag er in seiner
Wahnsinnsumnachtung unter der Blutbuche und es verblutete sein Herz.
Da trat Jahwe zu Isch in seiner tiefsten Umnachtung und schnitt ihm mit
dem Schwert der Operation das Herz aus der Brust, er nahm den blutigen
Fleischklumpen aus der linken Brust des halbtoten Isch und formte aus
dem Fleisch und Blut des Herzens des Mannes die andre Hälfte des
Universums, den Himmel zu der dürstenden Erde, die Hindin zum
röhrenden Hirsch, das Falterweibchen zum Schmetterling, die Krokusblüte
für die Honigbiene, die schwarze Schwanin für den schwarzen Schwan mit
dem blutroten Tränen unterm Auge, er schuf die rechte Seite des
Lebensbaumes. Jahwe nahm aus Isch das Unbewusste seiner Seele, er
nahm die ganze Weiblichkeit der unbewussten Psyche und schuf sie aus
dem Fleisch und Blut des Herzens als eine Frau, als einen Engel von Seele
in dem Leib einer Aphrodite. Diese war nicht allein Fleisch vom Fleisch
seines zuckenden Herzens, nicht allein Blut vom Blut seines verblutenden
Herzens, diese war Seele von seiner Seele, sie war die weibliche Anima zu
seinem männlichen Selbst, er aber war der männliche Animus zu ihrem
weiblichen Selbst. Er war der Leib, aus dem ihr Leib geschaffen, sie war
der Traum seines Fleisches, aber sie war die Seele seiner Seele, sie war der
Hauch seiner Sehnsucht. Er war der Mann von Mutter Erde genommen, sie
war die Frau, von Jahwe gehaucht und gebildet. Sie waren füreinander
geschaffen. Sie gingen auseinander hervor. Sie stammten von Einem
Urmenschen Adam ab. Sie stammten von Mutter Erde ab und stammten ab
vom Hauch des Mundes des Gottes Jahwe. Jahwe schuf sie füreinander.
Jahwe hatte seine große Hand geöffnet, in der die Samentropfen ihrer
beider unsterblichen Seelen vereint und verschmolzen in seiner Hand
gelegen. Jahwe hatte sie füreinander geschaffen, so wie er den Logos der
Sophia zugeordnet, so wie er die rechte Seite des Lebensbaumes zur linken
Seite des Lebensbaumes zugeordnet hatte, Jahwe hatte Isch und Ischa
füreinander geschaffen, wie die Liebe Gottes mit dem Zorn Gottes sich
vereinigt zur Barmherzigkeit Gottes, Jahwe hatte Isch geschaffen als
Abbild des göttlichen Geistes und Ischa geschaffen als Abbild der
göttlichen Natur. So wie Himmel und Erde im Schöpfungsfrühling
Hochzeit feiern und der Himmel sich in glühender Liebesumarmung in den
Schoß der blühenden Erde legt und keusche Blumen zeugt, so waren Isch
und Ischa füreinander geschaffen. Jahwe hatte wie ein allmächtiger Vater
und eine liebende Mutter Isch und Ischa gebildet, dass sie in ihrer
einzigartigen mystischen Liebesvereinigung die totale Vollkommenheit
Jahwes abbilden. Und so kam Ischa dem erwachenden Isch entgegen. Was
rief er da? Rief er etwa erschrocken: Nein, sie ist es nicht? Sie ist nicht die
Frau meiner Träume? Rief er dies bei der wahren Ischa? Nein, sondern er
begann als der erste Liebesdichter eine jubelnde Hymne zu dichten über
die Schönheit der Frau: Du bist es! Du bist der Traum meiner Seele, die
Erkenntnis meines Blutes, die Inkarnation des Verlangens meines
Fleisches, der Spiegel der göttlichen Schönheit und Liebe! Du bist meine
Hilfe, denn du bist gesandt von Jahwe, meiner Hilfe! Jahwe ist meine Hilfe
und Ischa ist meine Hilfe! Du bist nicht meine Herrin, die mich
beherrschen will! Du bist nicht meine Sklavin, von der ich mich bedienen
lassen will! Wir wandeln Seite an Seite, halten uns Hand in Hand und
gehen spazieren in der Gegenwart Gottes! Du gehst an der rechten Seite
Gottes und ich gehe an der linken Seite Gottes, und dann legt Gott unsre
Hände ineinander und sagt: Liebet euch! Seid fruchtbar! Bevölkert den
Garten Eden mit lachenden Kindern! Ja, geliebte Ischa, du sitzt mir
gegenüber im Garten Eden, ich sitze dir gegenüber im Garten Eden, und
zwischen uns liegt Jahwe, das Haupt auf deinem Schoße, Ischa, die Füße
wie auf einem Fußschemel auf meinen Schenkeln. Du liebkost den
heiligen Jahwe und näherst dich mir immer näher an! Jahwe ist die Liebe,
die uns verbindet, Ischa und Isch sind eins und vereinigt, und im Innern
unserer erotischen Liebesvereinigung ist Jahwe als die Liebe! Wenn sich
mein Same mischt mit deinem Liebestau in der Grotte deines Schoßes, ist
im Innern der Verschmelzung Jahwes Liebesglut, die fruchtbar wird! Gott
der Schöpfer ist im Innern unsers Aktes der Liebesvereinigung! Darum
schämen wir uns nicht, wenn wir nackt zusammen liegen im grünen Bett
des Paradieses! Denn Jahwe ist inmitten der Vereinigung deiner und
meiner Nacktheit! Ja, wenn sich das Sakrament der Zeugung mit dem
Sakrament der Fruchtbarkeit vereinigt, ist Jahwe die göttliche Macht der
glühenden Liebesflamme im Sakrament der Liebesvereinigung! Ich kann
es nicht begreifen, dass wir vor Jahwe ganz nackt sein dürfen! Und weil
ich ganz nackt sein darf vor Jahwe und du ganz nackt sein darfst vor Jahwe
und Jahwe deine Nacktheit in der Umarmung und Begattung meiner
Nacktheit segnet, darum dürfen wir nackt sein und uns unsrer Nacktheit
freuen! Ja, ich nackt, du nackt, wir vereinigt nackt im Paradiese! So hat
uns Gott gewollt! In der Nacktheit unsrer Leiber, in der Umarmung unsrer
Seelen, in der Verschmelzung unsrer Genitalien sind wir Abbild der
nackten Liebe Gottes! Aber Eva träumte einen Traum: Sie sah den Baum
der Erkenntnis, aus dem Laub schlängelte sich eine schöne schillernde
Schlange herab, vom Baum fiel eine überreife süße Feige und ging auf, die
Schlange kroch in die Feige, Eva küsste den Kopf der langen Schlange und
nahm den Schwanz der Schlange in den Mund. Da dachte Eva im Traum:
Im Grunde meiner Seele bin ich allmächtig und allwissend! Da trat Adam
zu Eva im Traum und speiste die Feige und sog den süßen Saft aus der
Feige, er nahm die Schlange in die Hand und schüttelte sie und sprach: Ich
bin der Herr! Da erwachte Eva von ihrem Traum und war schweißgebadet.
Vor dem sündigen Traum bereitete Eva im Garten Eden das beste
Mittagsmahl, sie kochte Erbsen und Möhren, kochte Kartoffeln, bereitete
aus Tomaten die Sauce und briet Soya. Aus Eisbergsalat und Kürbiskernen
und Walnussöl bereitete sie den leckersten Salat, sie machte Salat aus
Tomaten und Käse. Zum Trinken gab es den Saft der Äpfel, gemildert mit
frischem Felsquellwasser. Zum Abendbrot bereitete Eva das
selbstgebackene dunkle Brot mit Sesamkörnern oder
Sonnenblumensamen, sie reichte die Butter von der heiligen Kuh, sie
reichte den Käse aus der Milch der Schafe und Ziegen und Kühe, alles
ohne Lab, sie machte aus Tomaten und Paprika die köstlichsten Pasten, sie
reichte Oliven und Creme aus Mandelöl oder aus Haselnüssen oder
Erdnüssen, Eva trank zum Abendbrot den gesündesten Kräutertee und
Adam war dankbar über einen Becher roten Weines. Aber nun, im Zustand
der Sünde, nahm Adam einen armen Hahn und schlachtete ihn und rupfte
seine Flügel aus und briet ihn am Feuer, er zerriss ihn mit
seinen Zähnen, das tierische Fett troff an seinem Maul entlang. Adam
schlachtete Schweine und machte aus den Schweinen Braten, er aß nichts
anderes mehr als Tiere. Ja, weil er nun fleischlich gesinnt war, aß er nur
noch Fleisch. Er bekam manchmal sogar Appetit auf Menschenfleisch und
begehrte Eva zu fressen! Eva erschrak jedes Mal zu Tode, wenn Adam
sagte: Um meinen Hunger zu stillen, will ich dich fressen, geliebte Frau!
Adam dachte, Eva die größte Lust zu bereiten, indem er ihr verhieß, er
werde sich das Herz aus dem Busen reißen und es ihr roh zu fressen
geben! Eva aber in dem Zustand der Sünde war erfüllt von Angst, von
vielen Ängsten, sie hatte Angst zu altern, sie hatte Angst zu sterben, sie
schien jede Krankheit anzuziehen, wirkliche und eingebildete, sie hatte
schreckliche Angst vorm Tode und verbot Adam, den Tod auch nur einmal
zu erwähnen. Die Katze fauchte Adam wütend an und das Entenweibchen
lag tot auf dem Weg! Adam fand große Freude daran, die kleinen Frösche
im Teich zu quälen und ihnen ihre Schenkel auszureißen, sie zu braten und
zu fressen, das sei der höchste Genuß, sagte er, so esse nur ein Gott im
Paradies! Eva und Adam verstanden sich auch nicht mehr ohne Worte, wie
sonst, sie sprachen, aber keiner verstand die Sprache des andern.
Missverständnisse führten zu Verletzungen, Verletzungen zu
Rachegelüsten, Rache zu neuen Wunden. Immer wieder folgte eine
Versöhnung, aber beim nächsten Missverständnis wurden alle vorigen
Wunden dem Partner wieder vorgeworfen, und es gab eine Litanei der
gegenseitigen Anklage. Schuld war immer der andere! Eva konnte sich
nicht geliebt fühlen von diesem Adam, aber sie verachtete sich auch selbst!
Und je mehr sie sich selbst verachtete, desto stärker wurde der Wunsch,
sich selbst zu lieben, und zwar vor allem sich selbst zu lieben. Sie machte
eine ganze Philosophie der Selbstliebe aus dieser Qual der
Selbstverachtung. Adam aber liebte die Philosophie der Selbstliebe nicht,
er dagegen entwickelte eine Philosophie der Begierde. Er meinte Gott sei
ein Gott der Begierde, und er, Adam, sei Gott gleich, wenn er Eva
begehrte. Er gab sich nicht selbstlos schenkend hin, sondern er evozierte
Evas Leib in seinem Geist und stillte seine Begierde an seinem eigenen
Fleisch. Dies tat er heimlich im Busch, als Gott ihn ansprach: Adam, wo
bist du? Adam versteckte sich im Busch, wo er die Philosophie des
Diogenes gefolgt war, denn er schämte sich vor Gott. Adam, wo bist du,
rief der Herr. Adam sprach: Ich muß mich vor dir im Busch verstecken,
denn ich stehe hier gerade nackt. Woher weißt du, dass du nackt bist,
sprach Gott, hast du etwa die verbotene Feige gepflückt? Adam sagte: Eva
hat mir die Feige gegeben! Da rief der Herr Eva: Eva, wo bist du? Eva
sagte: Ich kann dich nicht hören, Herr, was willst du mir sagen? Der Herr
sprach: Eva, tu dein Ohr auf, Effata! Eva begann den Herrn zu hören. Eva,
wo bist du? Eva sprach: Ich habe mich vor dir versteckt, o Herr, denn ich
schäme mich vor dir! Warum schämst du dich, sprach der Herr, hast du
etwa auf das Flüstern der Schlange gehört mit deinem Muschelohr? Ja,
sprach Eva, die Schlange hat sich mir in den Mund geschoben und mir ihre
Worte in den Mund eingeflösst. Da sprach der Herr zur Schlange:
Schlange, Schlange, auf deinem Bauch sollst du kriechen im Staube! Eva,
Eva, du wirst dich nach deinem Ehemann sehnen, aber er wird zu dir sein
wie ein harter Herr, aber wenn du gebären wirst, so wirst du bluten und
schwere Schmerzen leiden. Du aber, Adam, sollst dich plagen auf Erden
bis zur vollkommenen Erschöpfung! Aber der Garten Eden wird
überwuchert werden von Brennesseln und unfruchtbaren Dornen! Da
machte sich Eva einen Lendenschurz aus feinziseliertem Feigenblatt. Süß
sah sie aus, die nackte Eva, die nichts trug als dies feine grüne Feigenblatt!
O wer dieses Feigenblatt der seligen Eva als Reliquie besitzen dürfte! Er
würde es oftmals küssen und träumen von der Liebe der heiligen Eva im
Garten Eden im Paradies!

DRITTES KAPITEL

Gott aber sprach zu Adam und Eva: Aber ich verheiße euch das Heil!
Feindschaft setze ich zwischen die Schlange und die Frau! Der Same der
Frau wird der Schlange den Kopf zertreten, und die Schlange wird ihm in
die Ferse stechen! Das sächliche Autos in der Septuaginta wird auf den
männlichen Spermos bezogen, den verheißungsvollen Samen! Der Same
wird der Schlange den Kopf zertreten! In der Vulgata, die nach dem Konzil
von Trient als inspiriert gilt, ist es die Frau, sie wird der Schlange den
Kopf zertreten! Es gibt ein Bild, da die Madonna mit ihrem nackten
Knaben, der zwölf Jahre zählt, zusammen der Schlange den Kopf zertritt!
Madonna und Sohn stellen ihre Füße aufeinander und zertreten zusammen
der Schlange den Kopf! Madonna beugt sich dabei vor und man kann im
Ausschnitt ihres Kleides ihre Brüste erkennen. Darum gefiel dies Bild den
keuschen Nonnen nicht. Die Dichter aber lieben dieses Bild. So gewiss die
Madonna nicht allein der Schlange den Kopf zertritt, so gewiss zertritt der
Spermos nicht ohne das Weib den Kopf der Schlange! Denn es ist gerade
die vom Spermos oder der Gottheit Panspermia bestimmte Aufgabe des
Weibes, der Schlange den Kopf zu zertreten! Man denke hier nur an die
jüdische Frau, die sich schmückte mit reizenden Kleidchen und
klingelndem Schmuck und betörender Schminke, um den betrunkenen
Feind zu bezaubern. Er hatte soviel getrunken wie noch nie in seinem
Leben, und die Frau, die Bibel nennt sie die Allgebenedeite unter allen
Weibern, schlägt dem Haupt der Feinde den Schädel vom Rumpf! Dies ist
die Aufgabe des Weibes nach dem Heilsplan des verheißungsvollen
Samens, der von Gott gezeugt ist, der Gottheit Panspermia, der
allmächtigen Potenz. Dieser Same nämlich ist der Neue Adam, der als der
Sohn Davids als Messiaskönig kommt, um die Werke des Teufels zu
zerstören! Ja, komm, Sohn Davids, zerstöre die Werke der Mächte der
Finsternis und aller okkulten Dämonen! Komm, Frau der Verheißung,
Neue Eva, komm, Frau der Apokalypse und vernichte die alte Schlange,
den feurigen Drachen, der da heißt Satanas und Diabolo! Wer ist denn die
Neue Eva, die Apokalyptische Frau? Siehe, es gibt eine Vision von der
Apokalyptischen Frau! Die Neue Eva nannte sich Morenita, die Schwarze!
Siehe, das Antlitz Morenitas! Ihre langen, glatten schwarzen Haare sind
wie eine Herde schwarzer Ziegen, die vom Berge Gilead herabwallen. Ihre
feinen Augenbogen sind wie die feine Waage der Maat, der Göttin der
Wahrheit. Ihre Augen sind sanft wie die Augen der Turteltauben. Ein Mann
ist in ihren Augen mit Liebe angeschaut. Ja, sie photographiert den
Geliebten und bewahrt ihn als Idee in ihrem Geist, um ihn allzeit bei sich
zu haben und lieben zu können. Ihre Nase ist die Nase des Adlers, der in
die Sonne schaut. Ihr Mund ist geheimnisvoller als der lächelnde Mund der
Mona Lisa. An ihrem Hals trägt sie um ein Silberkettchen ein grünes
Kreuz, mit funkelnden Sternen besetzt. Sie steht als Makellose auf dem
Mond, der Mond ist rund und vollkommen, um den makellosen Vollmond
kreist ein kreisrunder Regenbogen, Frau Iris, als Zeichen der Hoffnung
und des inneren Friedens. Morenita ist der Stern der Hoffnung und die
Königin des Seelenfriedens! Sie liebt vor allem grüne Kleider, denn die
Natur ist ihr Kleid. Ansonsten trägt sie auch nichts als das Licht der Sonne.
Aber unsere liebe Eva stand vor einem Spiegel und schaute in den Spiegel
und schöpfte aus dem Spiegel ein inneres Gesicht der Morenita, der
schwarzen Nymphe Gottes, Mora nannte sie jene innere Nymphe, die im
Innern unserer lieben Eva vor dem unbefleckten Spiegel ihrer makellosen
Schönheit stand. Mora hatte lange, glatte schwarze Seidenhaare, schwarz
wie Lack. Sie trug ein leichtes weißes Reizgewand, nur so leicht um ihren
braunen Körper geworfen, dass sie unglaublich reizend und erotisch
erschien. Diese innere Mora unserer lieben Eva aber empfing den inneren
Jesus als ihren Bräutigam im Brautgemach und vereinigte sich in
erotischer Mystik mit dem inneren Jesus. Morenita aber stand auf dem
Berg der Großen Mutter und schaute einen armen Bauern. Die wilden
Heiden schleppten auf ihre Götzenpyramide den armen Bauern, gaben ihm
berauschenden Kakao zu trinken und schnitten ihm mit ihren
Buschmessern bei lebendigem Leibe das Herz aus der Brust, um es ihrem
steinernen Götzen zu opfern. Der Bauer opferte sein blutiges Martyrium
der Morenita auf zur Bekehrung unserer lieben Eva und erlangte von
Morenita den inneren Frieden, indem sie ihn in den Himmel entrückte und
ihm die Hochzeit mit Morenita zeigte und den Garten des Paradieses, da
die erlöste Eva sich mit Jesus vereinigt in himmlischer Hochzeit. Da
sprach ein Mann zu einem Greis: Ach, ich denke ja wie Platon: Der Körper
ist der Kerker der Seele! Ich weiß zwar, dass das nicht christlich gedacht
ist, aber ich denke doch so: Der Körper ist der Kerker der Seele! Frei wird
die Seele erst, wenn sie aus dem Kerker des Körpers ausbricht! Da sprach
der Greis: Die Bibel kennt kein Wort für Seele. Wenn die Bibel vom
Menschen spricht, spricht sie vom Fleisch, das bedeutet die Einheit von
Leib und Seele. Wenn die Seele den Leib verlässt, ist der Mensch tot. Der
Mann sprach zum Greis: Aber das Konzil von Trient bestätigte die Lehre
von der Unsterblichkeit der Seele. Ich weiß aber, der Mensch ist eine
Einheit von Leib und Seele. Der Mensch ist nicht die Seele, die zufällig
ein Kleid des Körpers trägt, der Mensch ist die Einheit von Leib und Seele.
So lehrt es der engelgleiche Thomas. Aber Salomo schreibt auch im Buch
der Weisheit: Der vergängliche Leib zieht den vielüberlegenden Geist
herunter und beschwert ihn. Der Leib, den ich nicht liebe, das ist der
sterbliche Leib. Man verwest ja bei lebendigem Leibe. Dieser Leib mit
seinem Hunger und Durst und sexuellem Appetit, der ist mir zuwider. Aber
ich liebe dennoch den Leib, aber einen andern. Denn ich bin begeistert von
der Auferstehung der Toten, von der Auferstehung des Fleisches! Ich
glaube an die Unsterblichkeit der Seele, aber nicht daran, dass die Seele
allein verewigt wird und als eine Art Gespenst im Elysium flattert, sondern
dass sie einen Körper bekommt, einen Lichtleib, einen Geistleib. Diesen
pneumatischen Körper liebe ich besonders, weil ich es besonders liebe,
dass meine Geliebte auch in der Ewigkeit einen Leib haben wird, denn ich
liebe den Glanz ihres Leibes, in dem sie die Schönheit ihrer marianischen
Seele ausdrückt und darstellt. Der Greis sprach zum Mann: Die
Auferstehung des Fleisches bedeutet für mich, dass der Mensch im
Himmel nicht eine bloße Seele ist, die mit allen Seelen in einem anonymen
Geisterchor verschwebt, sondern dass der Mensch in seiner einzigartigen
Persönlichkeit im Himmel lebt, mit all seinen Eigenheiten und
charakterlichen Besonderheiten. Ich hoffe, im Himmel die mir lieben
Menschen persönlich wiederzufinden. Ja, rief der Mann begeistert, ich
hoffe auch, die Geliebte im Paradies zu finden, sie möge ganz nah bei mir
sein! Ohne die Frau, die ich liebe mit größerer Liebe, als sie einem
Geschöpf angemessen ist, die Geliebte, die ich liebe wie eine zweite
Menschwerdung Gottes, soll mit ihrer unsterblichen Seele in einem
verklärten Leib aus Glanz im Paradiese bei mir sein und mich lieben mit
der Liebe Gottes, wie ich sie hier schon liebe mit der Liebe Gottes! Der
Greis lächelte. Ja, die Christen seufzen nach der Erlösung vom Todesleibe
und seufzen, bis der Ruhm der Söhne und Töchter Gottes vollkommen ist
und offenbar in aller Herrlichkeit! Ja, sagte der Mann, ich hätte Lust, rasch
abzuscheiden und in Gott zu sein, aber ich muß noch auf Erden bleiben
und viele Kreuzwege gehen und viele Leiden aufopfern, auf dass meine
Geliebteste im Paradiese bei mir ist, im himmlischen Garten Eden! Ja, so
soll es sein, sprach der Greis und drückte dem Mann die Hand. Friede sei
mit dir, sprach der Greis. Und mit deinem Geiste, sprach der Mann und
ging. Aber du Dichter, wie kommst du dazu, vom Paradies zu sprechen?
Du bist doch ein Sünder und eine kranke Seele, was weißt du vom heilen
Urzustand des Menschen? Ja, sprach der Dichter, ich würde nicht vom
Paradiese sprechen, wenn ich nichts kennen würde als Maschinen und
Straßenlaternen. Aber ich kenne die Geliebte, den Mai und ihr
Paradiesgärtlein. Ich weiß, wie Eva im Paradiese schön war! Ich weiß, wie
die Sonne die Erde liebkoste! Ich weiß, wie die Tiere in Harmonie lebten,
denn alle Tiere werden selig, wenn meine Geliebte sie streichelt! Ich weiß,
wie die Blumen die Sprache der Liebe gesprochen haben, denn im
Paradiesgärtlein meiner Geliebten sprechen heute noch in jedem Mai die
Blumen die Sprache der Liebe! Die Rosen glühen vor Schamröte, wenn
der Lenzwind ihnen schmeichelt. Die Narzissen schauen immer noch so
selig ihr Spiegelbild in den feuchten Tropfen, die im Grase schimmern.
Die Vergissmeinnicht sind immer noch so treu und schauen aus so
treuherzigen himmelblauen Augen ihrer feinen mädchenhaften Seele, sanft
und zärtlich. Der Mohn ist immer noch so berauscht von der Liebe. Die
Iris pflegt immer noch heimlich ihren Minnekult! Ich weiß, der Thymian
durftet stark zum Erdbeerstrauch, und die Malve ist immer noch so treu
dem Messias. Ich weiß, wie eine Welt beschaffen ist, die erfüllt ist von der
göttlichen Liebe bis in die Ehe der Atome! Ich weiß, wie die Schöpfung
beschaffen ist, die durchgottet wird vom göttlichen Eros! Ich weiß, wie
Mann und Frau ein Abglanz Gottes sind, wenn sie in spiritueller Erotik
ihre Düfte vermischen mit dem Duft des Gartens Eden! Nüchterne
Weltmenschen sagen: Die Südseeinseln sind kein Paradies mehr, denn dort
explodierte schon die atomare Bombe! Aber Mystiker tragen das Paradies
im Herzen! Ja, und wenn ein Mystiker und seine mystische Freundin ihre
mystische Brautschaft feiern im Monat der Hochzeit von Himmel und
Erde, dann ist das Paradies herabgekommen vom Himmel und lässt sich
nieder auf einer seligen Erde!

VIERTES KAPITEL

Eva ist allein im Garten Eden. Adam ist noch nicht geschaffen. Eva denkt
an ihre Einsamkeit und redet mit sich selbst: Mutter Erde, ich
Menschenwesen stamme von der Mutter Erde ab. Wer bist du, Mutter Erde
mit den breiten Brüsten? Woher stammst du? Stammst du aus dem Chaos?
Hast du dich von der Sonne losgelöst? Bist du ein totes Ding von Materie
oder bist du ein lebendiges Wesen? Bin ich nicht berufen, ich, deine
Tochter, dich zu pflegen und zu bewahren? Ich darf dich nicht
beherrschen, ich darf dich nicht ausnutzen, ich darf dir keine Wunden
schlagen. Ich will dich ehren und lieben, wie man eine Mutter ehren und
lieben soll. Wie träge du doch bist, du uralte Mutter Erde mit den breiten
Brüsten! Wie schleppt sich dein Gang durch die Jahrmillionen! Welch ein
Geist der Schwere zieht alles an deine Brust! Siehe, ich sah den Apfel vom
Baum der Erkenntnis fallen, er fiel herab zur Erde. Da fragte ich mich:
Warum fällt der Apfel zur Erde, warum fliegt er nicht in den Himmel? Da
erkannte ich, es müsse eine Schwerkraft im Busen der Mutter Erde
wohnen, die alles an sich zieht wie ein großer Magnet. Wenn ich aber zur
Venus schaue am Morgen und am Abend, wenn ich zur keuschen Luna
schaue in der Nacht, am Tag zum strahlenden Sol, wenn ich den Jupiter
sehe im Saturn erscheinen, o Mutter Erde, bist du einer von den göttlichen
Planeten? Kreist du auch auf denselben elliptischen Bahnen durch den
Kosmos wie die andern göttlichen Planeten? Und wenn ich dich ergründen
will, o Mutter Erde, darf ich dann nach deinen Gesetzen fragen? Sind
deine Gesetze logisch, erkennbar, berechenbar? O ich will die Frucht vom
Baum der Erkenntnis pflücken und alles wissen, wie Gott! Siehe, ich fand
das Gold im Erz des Gesteins. Warum gibt es das Gold? Soll es Schmuck
sein am Busen eines Weibes? Soll es Ring sein am Finger einer Gattin?
Oder soll es den Blutdurst und die Machtgier der Menschen wecken und
die Erde in ein Leichenfeld verwandeln? Gold, was bist du? Bist du das
schönste und reinste aller Metalle oder bist du die Wurzel allen Übels?
Aber wie schön seid ihr andern Steine auch, besonders ihr Kristalle und ihr
Amethyste! Ja, ich weiß, der Wein ist verlockend, und es wird mir noch ein
Mann von Gott geschenkt zum Gefährten, der wird dem Wein zusprechen,
aber er wird süchtig werden nach dem berauschenden Traubenblut. Dann
will ich ihm dich zum Geschenk machen, du violetter Amethyst, denn Frau
Weisheit lehrt mich, dass der violette Amethyst von Trunksucht heilt.
Warum schweigst du, Mutter Erde? Bin ich nicht Stoff von deinem Stoff?
Bist du nicht die Mater, die Materia, meine Mutter? Warum schweigst du,
schwarze Mutter Erde mit den breiten Brüsten? Warum schweigst du,
Gold, und du, Amethyst, warum schweigt ihr? Bin ich nicht ein Edelstein
wie ihr? Bin ich nicht aus Mineralien aufgebaut? Stummer Stoff, ich bin
deiner Art, doch meine Gedanken teilst du nicht mit mir! Ach, mit dir kann
man nicht reden, du toter Stoff, du materielles Ding! Aber euch, ihr Sterne,
kann ich euch anrufen? Gebt ihr Antwort? Kennt ihr mein Leben, meine
Seele, mein Geschick? Hat eure Konstellation einen Einfluß auf die
niedere Natur meines Herzens? Bestimmt ihr das Schicksal oder hab ich
einen freien Willen? Entscheide ich selbst und bin meines eigenen Glückes
Schmiedin oder ist Glück und Unglück mir vorherbestimmt von der
Stellung der Sterne? Venus, wie heiß du bist! Du glühst so hitzig unter
deinem roten Schleier! Heiße Venus, entzünde mich nicht mit deiner Hitze!
Wie schwermütig bist du, Saturn! Ach, ziehe mich nicht nieder mit dem
Blei deiner Melancholie! Keusche Luna, du regelst die Flut und die Ebbe
des Meeres! Regulierst du auch die monatliche Blutung meines Schoßes?
Luna, bist du die Königin meiner Menstruation? Heitere Sonne, wenn du
lachst, so will es mir scheinen, Gottes Menschenfreundlichkeit lacht mir
heiter ins Gesicht! Sonne, bist du ein Gott oder eines Gottes Abglanz?
Sonne, bist du der Engel der Erde? Aber ihr kreist eure ewigen Bahnen,
unbekümmert um meine Fragen, mein Leben, meine Seele, mein
Geschick! Ihr tanzt eure Planetentänze, wie Gott geordnet euren Chor, ihr
singt die Sphärenharmonien, wie Gottes Weisheit sie euch eingegeben,
aber mein Geschick ist euch leider, leider, ganz gleichgültig! Seh ich aber
das Sternbild des Skorpions, so scheint mir, ich weiß nicht, ist es Weisheit
oder eines Spaßmachers Scherz, der Sündenfall ereignet sich im
Platonischen Jahr des Skorpions! Der Erlöser aber kommt im Platonischen
Jahr des Fisches! Wie lieb ich euch, ihr Blumen! Was wäre mein Garten
Eden ohne euch, meine geliebten Blumen? Zuerst die Königin, die Rose!
O ihr weißen Rosen aller Freuden, ihr seid alle wie meine Kinder, ich will
euch großziehen, und ob ich euch auch entlassen muß, ich werdet mir doch
wiedergeschenkt im nächsten Sommer! O ihr roten Rosen in eurem
blutigen Passionsrot! Wie leidenschaftlich seid ihr! Ihr opfert euer
Herzblut der Liebe! Ihr liebt ja fast noch mehr als den blutigen Kelch der
roten Rose den scharfen Dorn! Blutstropfen um Blutstropfen bezeugt ihr
die Liebe wie Märtyrer! O ihr goldenen Rosen, ihr strahlt wie die Sonne!
Eure Herrlichkeiten sind wie der Glanz einer lichten Gottheit! Strahlt und
leuchtet in eurer Reinheit und gleicht den Sternen, den goldenen Rosen am
herrlichen Himmel, da Gott der Gärtner ist und tausende und zehntausende
goldene Rosen zieht! Wie lieb ich dich, du violette Iris mit dem klebrigen
Schoß! Wie Zungen sind deine lilanen Blütenblätter und lecken am
klebrigen Samenstempel! Wer weiß schon, wie sehr du liebst? Keiner ahnt
es, in welche Dimensionen deine heimliche Liebe reicht! Wie lieb ich dich,
du orangener Mohn in deiner glühenden Pracht, in deinem glühenden
Prunken! Poppie will ich dich nennen, weil du so glühst vor Sommerlust!
Wie lieb ich dich, du weiße Malve! Ich sehe dich, du bist so weiß wie der
weiße Busen Maria Magdalenas, du weiße Malve von Magdala! Wie lieb
ich dich, du himmelblauer Blumenteppich der himmelblauen
Vergissmeinnicht! Treuherziger kenn ich kein Gemüt, als deine
himmelvollen Augen, voll von sanfter Seele, demütig, sanftmütig, keusch
und im Herzen ein kleines Kind geblieben! Wie lieb ich dich, Krokus, du
Frühlingsbote in deiner dreifarbigen Fahne von Lenzlust, du blauer
Krokus, du weißer Krokus, du roter Krokus, der du die freie Liebe feierst
mit jedem Schmetterling, der seinen Fühler in deinen Kelch will tauchen,
den Samennektar zu saugen mit fühlenden Lippen! Wie lieb ich auch dich,
du eitler Narziss! Nein, Narziss sollst du mir nicht mehr heißen! Denn
Gottes Liebe gebot dir, den ganzen Frühling zu lieben! Nicht beschaust du
dich eitel selbstverliebt in den Tautropfen, die auf das Gras getropft,
sondern du liebst die alljährliche Auferstehung der Mutter Natur, darum
nenn ich dich goldene Osterglocke! Läute das Fest der Auferstehung des
ewigen Lebens ein! Wie lieb ich dich, Päonienstrauch! Ich will dich
Goldenes Zeitalter nennen! Denn im Goldenen Zeitalter herrschte noch die
göttliche Jungfrau und blühte noch die Päonie, die Pfingstrose, im Garten
der göttlichen Jungfrau der Gerechtigkeit! Dich auch, Rose der
Morgenröte will ich preisen, Rose der neuen Zeit, Rose der blutigen Maria,
Rose der Freiheit! Euch lieb ich, ihr weißen Apfelblüten, ihr
Pflaumenblüten und rosanen Pfirsichblüten, euch Kirschblüten! Euch lieb
ich besonders, ihr weißen Magnolienblüten, gewölbt wie weiße Brüste
einer nackten Frau! O wenn ihr ins Gras fallt und wie ein weißes Bett euch
im Garten ausbreitet! Wie wollt ich im weißen Bett aus Magnolienblüten
liegen im Garten nackend und lieben! O dich lieb ich am allermeisten, du
göttliche Grünkraft des heiligen Geistes! Ich seh dich in den grünen
Gräsern, in den Wiesen, in den Blättern der Blumen und in den Büschen
und den Wipfeln der Bäume! Glühendes Grün der vitalen Grünkraft
Gottes, wie hocherotisch spür ich dich in diesem Garten! Ich will mit dir
schlafen, du Eros in der Natur! Ich will mich begatten lassen vom Eros der
grünen Natur! Ach, bin ich denn eine Blume? Will ich geliebt sein, wie die
Sonne die Luft liebt? Nein, ich will animalisch wild geliebt sein! In mir
erwacht das Tier, des Tieres Brunst! O meine vielgeliebten Tiere, lehrt
mich die Liebe! Ihr seid nicht frei, denn Gottes Liebe zwingt euch, ihr
müsst einfach lieben! Zeigt mir, wie es ist zu lieben, wenn man von Gott
gezwungen ist, lieben zu müssen! Plötzlich erscheint der göttliche Eros in
meinem Garten, ein Knabe, vier Jahre alt, mit goldenen Locken, mit
Flügeln an den nackten Schultern, und hetzt die Tiere aufeinander! Der
Stier bespringt die Kuh von hinten! Die läufige Katze in brünstiger Hitze
miaut! Die Turteltauben spreizen ihre Flügel und schlagen im Geäst mit
den Flügeln beim Liebesspiel! Der Hahn bespringt die Henne, packt sie am
Genick und besteigt sie! Der Gänserich besteigt die Gans und arbeitet sich
hindurch! Die Falter tanzen Hochzeitstänze in der Luft! Die Insekten
kopulieren sich in aller Öffentlichkeit schamlos auf dem Rand meines
Bechers! Die Biene sticht den Stachel in den Schoß der Blume! Die
Tauben sind ehelich treu, die Enten sind ehelich treu, und wenn die Ente
stirbt, so lebt der Erpel als trauernder Witwe in monogamer Witwenschaft
jungfräulich, die Singschwäne sind treu bis zum großer Tag, da ihre
unsterbliche Seele in den Bädern von Elysium wieder Schwanenbrust an
Schwanenbrust badet! Ja, animalisch wilde Lust, das kenne ich, ich bin
auch so heiß wie mein Kater! Aber dennoch befriedigt meine Seele nicht
die animalische Wollust! Meine Seele dürstet nach anderer Liebe, nach
höherer Liebe! Ja, meine Seele ruft nach Seelenliebe! Meine Seele? Wer
bist du, meine Seele? Tief in meiner Seele ist ein mir unbekannter Bereich,
meinem Bewusstsein unzugänglich, der nur in kindlichen Träumen
phantastisch aufsteigt. Tief in meiner Seele ist ein dunkler Wald, ein Wald
voller Geheimnisse, da lebe ich mit meinem inneren Bruder. Wie ist dein
Name, mein innerer Bruder? Willst du mich führen und beschützen?
Oder soll ich dich führen und beschützen? Du bist aber immer innen in
mir, in dem Meer des unbewussten Seelenreiches, in dem dunklen Wald
meines Geheimnisses gibt mein innerer Bruder mir von innen Kraft. Doch
darüber lebt eine ganze Geisterwelt von Seelengestalten. Wer bin ich und
wie viele? Bin ich ein weibliches Geistwesen der Natur in einem langen
Lichtkleid und transparenten Schleier, mit Flügeln, betaut von Tautropfen,
die wie Diamanten glitzern? Bin ich eine Zauberin, die die geheime
Sprache der Bäume und Vögel versteht und Regen machen kann? Bin ich
eine Verführerin, die in nackter Wollust mit ihren erotischen Reizen jeden
Mann in den Wahnsinn treiben kann? Bin ich eine Kindermörderin oder
eine liebevolle Mutter? Lebt in mir eine bescheidene Dienerin Gottes oder
gar die göttliche Weisheit in femininer Erscheinung selbst? Mein Motto,
am Tor des Heiligtums meiner Seele angeschrieben, lautet: Erkenne dich
selbst! Ich erkenne, wenn ich in der Macht meiner magischen Intuition in
meine Seele mich einfühle, einen unerschöpflichen Reichtum meiner
Seele! Ja, der Reichtum meiner tiefen Seele, das macht meinen Wert aus.
Nicht, das, was ich tue oder schaffe, macht meinen Wert aus, sondern der
abgründige Reichtum meiner Seele, das, was ich bin, macht meinen Wer
aus. Wer oder was aber ruht auf dem Grunde meiner Seele wie eine
ruhende Gottheit? Es ist die göttliche Weisheit, die ich in intuitiver
Einsicht erahne! Dich will ich bewahren, hüten, pflegen, ernähren,
großziehen, bis du mich ganz erfüllst, bis ich ganz zu einer
Menschwerdung der göttlichen Weisheit geworden bin!

FÜNFTES KAPITEL

Adam ist allein im Garten Eden. Gott hat ihm Eva noch nicht zugeführt als
Freundin seines Lebens, als Liebe seines Lebens. Er ist allein vor Gott.
Adam spricht mit Gott allein, all sein Gefühl, all sein Wollen, all sein
Denken richtet er auf Jahwe. Ob ihn andere Menschen hören, ihn
verstehen, ihn akzeptieren, interessiert ihn nicht. Gott hat mit Adam einen
Bund geschlossen. Gott, die Macht über allen Mächten, hat in göttlicher
Weisheit und göttlicher Liebe einen Bund mit Adam geschlossen und
gesprochen: Ich erwähle dich zum Partner des Absoluten! Adam spricht:
Gott, ich staune über meinen Willen. Mein Wille allein ist die Ursache
alles meines Wollens. Mein Wille ist nicht vorherbestimmt von den Dingen
der Welt. Mein Wille ist frei. Meine Wille ist frei und wählt sich freiwillig
das Objekt, auf das sich mein Wille richtet. Ich kann frei meinen Willen
richten auf ein niederes Gutes und frei meinen Willen richten auf ein
höheres Gutes. Ich kann frei meinen Willen richten auf die menschliche
Liebe und frei meinen Willen richten auf die göttliche Liebe. Das höchste
Gute ist für mein Wollen die Glückseligkeit! Aber meiner unsterblichen
Seele, die ich vom Hauch deines Mundes empfangen, meine unsterbliche
Seele ist nicht zu befriedigen mit zeitlicher, irdischer Glückseligkeit. Nicht
die irdische Lust ist das höchste Gute für mich. Meine unsterbliche Seele
ist nur zu befriedigen mit ewiger Glückseligkeit! Ja, Ewigkeit um Ewigkeit
in unbegrenzter Lust allein kann meine unsterbliche Seele wahrhaft
befriedigen! Ich staune über mein Denken, Gott. Du hast mir die Vernunft
gegeben, dass ich denken kann. Aber mein Denken muss denken, mein
Denken kann nicht nicht denken. Die Gegenstände, über die ich
nachdenke, bestimmen mein Denken. Und mein Wille, der das Denken
richtet auf bestimmte Gegenstände, bestimmt mein Denken. Mein Denken
ist bestimmt und nicht ganz frei. Mein Wille aber ist frei. Ist nicht der freie
Wille höher als das Denken, als die Vernunft? Mein Denken will Wissen
erlangen, mein Denken will die göttliche Weisheit erlangen. Mein Wille
aber will lieben! Ich weiß nicht, warum mein Wille lieben will. Ist es, weil
mein Wille sich nach deinem Willen richtet, Gott? Dein Wille ist keine
Willkür, keine allmächtige Willkür eines Tyrannen, sondern in deinem
Willen ist deine Liebe, deine Liebe bestimmt deinen Willen. Dein Wille ist
die Liebe und zwar die ewige Liebe. Soll ich also die Liebe über die
Weisheit stellen? Ist die Liebe der letzte, höchste Charakterzug der
Gottheit? Vollendet sich die Weisheit in der Liebe? Allein die Liebe macht
glücklich, allein die Liebe macht selig, allein die Liebe macht ewig
glückselig! Die Liebe ist Gott und die Liebe ist der Weg zu Gott. Ich wähle
also die Liebe als höchstes Gut, denn ich erwarte allein von der ewigen
Liebe die ewige Glückseligkeit. Ich wähle die Liebe zum Weg zu Gott, die
Liebe zum Weg zur ewigen Glückseligkeit. Allein die Liebe verdient die
ewige Glückseligkeit. Wie aber lerne ich die Liebe? Und wie erfahre ich
die göttliche Liebe? O Gott, ich liebe die ganze Schöpfung! O Gott, ich
möchte die ganze Schöpfung umarmen! Mir scheint die ganze Schöpfung
eine Frau zu sein! Die Idee der Schöpfung ist eine Frau, und ich möchte
die ganze Schöpfung umarmen, indem ich die Idee der Schöpfung als Frau
umarme! Wer ist diese Frau und wie ist ihr Name? Siehe, Gott, ich sehe,
und was ich sehe ist ein Weltenbaum, der sich durchs ganze Universum
erstreckt. Die Wurzeln des kosmischen Baumes ist die Urmaterie, der
Stamm des kosmischen Baumes ist der sichtbare Stoff, die Zweige des
kosmischen Baumes sind die physischen Körper, die Blätter des
kosmischen Baumes sind die lebendigen Organismen, die Blüten des
kosmischen Baumes sind die menschlichen Seelen, ich sehe sie lächeln aus
den Blüten des kosmischen Baumes, die Früchte des kosmischen Baumes
sind die heiligen Engel. Heiliger Erzengel Michael, bitte für uns! Heiliger
Erzengel Gabriel, bitte für uns! Heiliger Erzengel Raphael, bitte für uns!
Gott, ich fühle meinen Körper. Ich habe erst gedacht, ich bin nur Seele,
mein Körper ist nur ein Kerker meiner Seele. Aber jetzt ist ein Augenblick,
da fühle ich, ich bin Körper. Ich habe das Bewusstein eines Körpers. Ich
bin nicht nur Seele als Substanz, mein Körper ist nicht nur Körper als
Akzidenz, sondern meine Seele drückt sich aus im Körper, der Körper ist
die Gestalt meiner Seele. Jetzt gerade bin ich so sehr Körper, dass meine
Seele sich ganz im Körper ausspricht. Ich habe dir gesagt, dass ich die
Schöpfung liebe, die Idee der Schöpfung als Frau. Jetzt scheint mir diese
Frau als Idee der Schöpfung selbst ein Körper zu sein. Aber ihr Körper ist
ein phantastischer Körper. Ich habe nur in der Idee meiner Seele die
Illusion ihres Körpers. Siehe, Gott, ich liege im Bett der Erde und die Erde
duftet nach dem illusorischen Körper der Frau der Schöpfung. Ich presse
mein Antlitz in das Kissen aus schneeweißen Blüten und rieche mit der
Nase den Duft der phantastischen Frau. Ich wühle mich im Geist in den
Geist des Körpers der Frau der Schöpfung. Ich denke an die Form ihres
Stoffes, ich liege in den Armen ihrer Form, ich bette mich im Schoß ihrer
Form. Es ist allein die Form ihres Leibes in meinem Geist gegenwärtig,
der Stoff der Materie ihres Körpers ist abwesend, nur als phantastische
Idee präsent. Aber da sehe ich die weibliche Idee. Die Idee ist feminin
geworden. Ich sehe ihre feminine Gestalt vor mir im Thron der Schöpfung
thronen als eine Geistfrau, auf ihrem Schoße die animalische Kreatur, die
sich die Pfote leckt, ich meine sie leckte den Schoß der femininen Idee.
Mir scheint die feminine Idee einen Schoß zu haben, einen Körper mit
erotischer Süßigkeit, die animalische Liebe der Kreatur aber schmachtet
nach dem Schoß der femininen Idee. Ich höre die Idee als Frau vor mir von
ihrem Körper sprechen, von ihrer Gebärmutter. Der Uterus der Idee ist
barmherzig und doch auch aller Leiden der Kreatur voll. Das höre ich, wie
die feminine Idee vom Schleim ihres Uterus spricht, der gewandert ist in
die andern Organe und dort Leiden verursacht. Ich höre die feminine Idee
sprechen von der heftigen Blutung ihrer monatlichen Regel. Ich sehe den
Brunnen ihres Blutes aufgetan. Dann spricht die weibliche Idee von einer
Schwangerschaft, aber nicht von einer körperlich-wirklichen
Schwangerschaft, sondern von der geistigen Schwangerschaft ihres
Seelenschoßes, den Wehen ihren Seelenschmerzen, und wie sie sich
verwandelt in eine orientalische Frau, eine Maske der Weisheit, wie sie
Wort wird, Chiffre wird, ihr Name ist Eva, die Mutter der Lebens, die
Mutter aller Lebendigen, die Mutter aller Lebewesen, die schöpferische
Mutter. Mir begegnet in der weiblichen Idee, evoziert von meinem
Körperbewusstsein, die Mutter allen Lebens, die Schöpferin, die Quelle
des Lebens. So führt mich mein einsames Körperbewusstsein zur
mütterlichen Gottheit allen Lebens, die mir erscheint als Jahwe-Eva, die
Mutter des Lebens, die Quelle des Lebens, die Mutter der zehntausend
Wesen, die Quelle allen Seins, der Ursprung alles Lebens, der Urgrund
alles Seins, das ist Gott. So führte mich die Einsamkeit meines
Körperbewusstseins zu Gott, meiner Freundin. Siehe, ich weihe mich dem
Unbefleckten Schoß der Frau! Aber eine Stimme geht mir durch den Sinn:
Feuchtigkeit steigt auf von der Erde und tränkt die Erde. Reine Geister
mögen trunken vom heilignüchternen Wasser keusch reden von dem Eros
Gottes. Aber Gott, wäge mich nicht wie einen Engel auf deiner Wage,
sondern ich bin Lehm vom Ackerboden, ich bin Fleisch! Und fühle ich
nicht den Eros in der Natur? Spüre ich nicht die schwüle Erotik der grünen
Mutter Natur? Dampft nicht der Morgennebel in seiner schwülen Erotik?
Ist nicht der Eros der Natur und der Eros des Menschen wie ein schwüler,
dampfender, fruchtbarer Dschungel? O du heiliger Hain in deinem
Sommermorgen, wie glitzern doch die Tautropfen auf dem Busch! Wie ist
doch im Kelch der Blüte der klebrige Same so lecker! Wie brünstig kommt
mir doch die grüne Mutter Natur entgegen! Wie beben ihre nackten Brüste
vor Wollust! Wie lieg ich doch gebettet im grünen Bett der Mutter Natur!
Wie gieße ich nicht meine seligen Freudentränen aus und schütte all meine
Liebe in ihren Schoß! Wie lockt doch das Weib, die grüne Mutter Natur!
Wie lockt mich doch der scharlachrote Rosenmund und die laszive Boa am
Hals der grünen Mutter Natur! Ja, ich sehe, die grüne Mutter Natur lockt
mich in ihre Venusfalle! Ich will schlafen mit der grünen Mutter Natur! Ich
will ihre Palme besteigen und die Dattelfeigen pflücken! Ich will greifen
nach ihren Traubenbrüsten! Ich will den Weizenbündel ihres Schoßes,
bestickt mit Lilien, lieben mit aller Kraft, allem Gemüt, allem Herzblut,
aller Seele! Berausche mich mit deiner schwülen Erotik, Mutter Natur, und
lass mich berauscht von deiner schwülen Erotik in dampfender Wollust
selig lieben im trunkenen Dschungel des Paradieses! Umarme mich mit
den Lianen deiner Schlangen! Sauge mich in deinen Schoß und lass mich
untergehen in deiner Fruchtbarkeit und auferstehen in paradiesischer Lust
und ewigem Seelenfrieden, selig gebettet am Busen der Mutter Natur,
schauen ins selig lächelnde Antlitz der seligen Mutter Natur! Nun will ich
arbeiten! Nun will ich kultivieren die Gaben der Schöpfung! Nun will ich
eine Kultur der Liebe schaffen! Liebe sei die Sprache des Volkes! Ich
werde in den Erdboden die Furchen meiner Verse ziehen und den See
durchrudern mit den Ruderschlägen meiner Jamben. Ich werde die Erde
schmücken mit Schönheit. Ich werde den Menschen verklären in seine
Gottesebenbildlichkeit und Gott preisen mit dreitausend Psalmen und
viertausend Liebesliedern! Wohlan, Gott, zur Inspiration meiner Arbeit an
der Kultur der Liebe schicke mir die Hilfe, die Frau!
SECHSTES KAPITEL

Ureinsamkeit, jetzt bin ich wieder in deinen Armen! Ureinsamkeit, jetzt


ruh ich wieder in deinem Schoß! Ureinsamkeit, jetzt gurrst du mir wieder
Muttertrost zu! Nun muß ich denken, Ureinsamkeit, nun, wo keiner mich
stört, wo keiner mich unterbricht mit geistlosem Plappern. Was bist du,
meine Seele, was bist du, mein Leib, was seid ihr zusammen, Seele und
Leib? Ich bin ja geschaffen vom Ackerboden der Erde, Erde von der Erde
der Mutter Erde Adama. Erde, meine Mutter, die du mich trägst, von
deiner Materie stammt mein Stoff. Ich soll doch meine Mutter ehren?
Wohlan, so ehre ich die Mutter Erde Adama! Aber Elohim blies
Lebensatem in meine Nase! Meine Seele ist ein unsterblicher Hauch! Ja,
was bin ich also? Staub vom Staube bin ich und ein Hauch, der verweht!
Elohim blies Lebensatem in meine Nase, da erhob ich mich vom Staub
und wurde ein lebendiges Wesen. Was ist der Lebensatem? Meine
unsterbliche Seele? Ist meine Seele eine Geistperson? Ist meine Seele mit
ihrer menschlichen Vernunft ein Ebenbild der göttlichen Vernunft? Ist
meine Seele mit ihrem Sprachvermögen ein Ebenbild des göttlichen
Wortes? Ist meine Seele mit ihrem Erkenntnisvermögen ein Ebenbild der
göttlichen Weisheit? Und wessen Ebenbild ist mein Körper? Ist allein
meine Seele ein Ebenbild Gottes oder bin ich als ganzer Mensch mit Leib
und Seele Ebenbild Gottes? Red ich griechisch? Red ich griechisch von
Geist und Materie, Seele und Leib, Unsterblichkeit der Seele und
Hinfälligkeit des Leibes? Wie spricht der Grieche von Seele und Leib?
Nun, da seh ich zwei Griechen, der eine weist mit dem Finger zur Natur
hinab, der andere weist mit dem Finger zur Himmelsidee hinauf. Der eine
sagt: Die Pflanze auch hat eine Seele, die Pflanze hat die Pflanzenseele,
die als Form die Materie der Pflanze gestaltet, entwickelt. Die Form ist das
Entwicklungsprinzip, das Entfaltungsprinzip der Materie. Die
Pflanzenseele keimt und blüht, aber sie bewegt sich nicht aus ihrem
Gartenbeet. Das Tier hat eine Seele. Zweifelt jemand daran, ob es Wahrheit
ist, dass das Tier eine Seele hat? Das Tier hat eine Seele, aber gebt dem
Tier nicht die menschliche Seele hinzu. Beruhigt euch aber, das Tier hat
eine Seele, eine animalische Seele. Diese Seele ist die Form der Materie
des Tieres, diese Form entwickelt und entfaltet die Materie des Tieres, die
animalische Seele lenkt den Stoff des Tieres durch Triebe und Instinkte.
Aber die animalische Seele ist nicht frei. Sie folgt dem Gesetz der Natur
und dem Befehl des animalischen Triebes. Dieser Trieb will Zeugung und
Fortpflanzung. Das ist die animalische Liebe. Das Tier ist nicht frei, nicht
zu lieben mit animalischer Liebe. Die Mutter Natur gebot dem Tier: Du
sollst deinen animalischen Trieben und Instinkten bedingungslos folgen!
Aber die menschliche Seele, sie, die schöne Psyche, sie ist frei. Die schöne
Psyche des Menschen ist die Form des leiblichen Stoffes des Menschen. In
ihr ist Geist, dieser Geist stammt ab vom göttlichen Geist. Dieser Geist
vom Geiste Gottes im Innersten der menschlichen Psyche allein ist
unsterblich und des Himmels fähig. Der andere Grieche weist zur Idee und
spricht: Was ist die schöne Psyche? Sie ist das Leben des Leibes. Wenn
Psyche das Leben des Leibes ist, so ist es unlogisch, ein anderes Mal die
schöne Psyche nicht Leben zu nennen, sondern Tod. Da Psyche aber Leben
ist, so ist sie unsterblich. Wenn sie nicht mehr das Leben des Leibes ist, so
ist der Leib tot, doch Psyche bleibt das Prinzip des Lebens und ist somit
unsterblich. Wenn nun aber einer kommt und predigt von der
Unsterblichkeit des Leibes? Dann sagen die einen Philosophen: Was ist das
für ein Spermologos? Was ist das für ein Schwätzer! Die andern sagen:
Nun, wir können uns nicht entscheiden, deiner Lehre zu glauben, aber es
beginnt uns zu interessieren, darum komm ein anderes Mal wieder und
rede erneut von deiner Lehre der Verewigung des Leibes. So reden also die
Griechen. Wie aber spricht man hebräisch? Man spricht hebräisch nicht
von Geist und Materie, nicht von Seele und Leib, man spricht von Körper
und Leben. Körper ist Körper aus Lehm, vom Ackerboden genommen, von
Adama, der Mutter Erde. Leben ist Lebensatem vom Munde Elohims! Und
sind Körper und Leben wie Mann und Frau? Ist in der Schöpfung ein
doppeltes Urprinzip, das Ewigweibliche und das Ewigmännliche? Und wer
hat die Wahrheit erkannt von den Denkern? Denn der eine sagt: Natur und
Leib und Stoff und Erotik, das ist das Ewigweibliche, das ist Eva. Geist
und Seele und Atem und Logos, das ist das Ewigmännliche, das ist Adam.
Das Weib steht dem Leibe nahe, der Mann steht dem Geiste nahe. Das
Weib liebt die Erotik, der Mann liebt die Logik. Aber der andere sagt: Der
Mensch besteht aus Körper und Leben. Der Körper ist Adam, das heißt
rote Erde, Adam ist rote Erde vom Staub oder Lehm der Mutter Erde
Adama. Eva aber heißt Leben, Eva ist die Lebendige, die Mutter allen
Lebens. Eva ist der Lebensatem vom Munde Elohims! Adam ist der
Körper des Menschen und Eva ist das Leben des Menschen. Wer weiß
mehr? Gottes erstes Gebot lautet: Mann und Frau, macht euch die Erde
untertan! Liebt euch und seid fruchtbar und bevölkert die Erde und
herrscht über die Vögel des Himmels, die Tiere des Feldes und die Fische
im Meer! Ja, wirklich, der Mensch ist berufen zur Herrschaft über die
Schöpfung. Der Schöpfer ist der Herrscher der Schöpfung, aber der
Mensch ist sein Stellvertreter in der Herrschaft über die Schöpfung.
Wirklich soll der Mensch herrschen, nicht allein über Schafe und Ziegen
und Rinder, die domestizierten Tiere, sondern auch über die wilden Tiere,
die Raubtiere. Die Herrschaft des Menschen erstreckt sich bis zu den
Vögeln des Himmels und bis zu den Lebewesen auf dem Grunde der
Meere! Nicht aber soll herrschen der Mensch über den Menschen!
Herrschen über die Schöpfung sollen auch nicht einige wenige Menschen,
sondern alle Menschen, aber kein Mensch soll Objekt sein der Herrschaft
eines andern Menschen. Kein Mensch darf einen andern Menschen
unterdrücken und ausbeuten! Und alle Güter der Schöpfung sind für alle
Menschen da. Die Schöpfung gehört nicht nur einer kleinen herrschenden
Gruppe, sondern die Schöpfung ist für alle Menschen da. Aber wie soll der
Mensch die Schöpfung beherrschen? Er soll sie beherrschen nach der
Schöpfungsordnung. Er soll die von Gott in die Schöpfung hineingelegte
Schöpfungsordnung beachten, soll auf die Sprache der Schöpfung
lauschen, dann soll er in Verantwortung vor dem Schöpfer die Schöpfung
verwalten und regieren und ihr das geben, was sie braucht. Er muß also der
Sprache der Schöpfung lauschen. Was teilt ihm die Schöpfung mit? Wie
teilt sie ihre Bedürfnisse ihm mit? Nicht soll er ihr ihre Geheimnisse
gewaltsam und grausam entreißen, um die Schöpfung zu seinem eigenen
Vorteil auszunutzen! Sondern der Mensch soll lauschen auf die Stimme
des Schöpfers, der durch die Sprache der Schöpfung dem Menschen
mitteilt, wie er die Schöpfung bewahren und pflegen soll. Dazu muß der
Mensch die von Gott gegebene Ordnung der Schöpfung erkennen. Wenn
der Mensch aber meint, die Schöpfung sei nur ein seelenloses Material und
auch der Mensch sei nur eine zufällige Entwicklung von totem Material,
dann wird der Mensch die Schöpfung nicht liebevoll bewahren, sondern er
wird sie ausnutzen, bis sie ausgeblutet ist! So beachte der Mensch die
Schöpfungsordnung, dass Gott die Menschheit geschaffen als Mann und
Frau. Gott bestimmt das Wesen des Männlichen und das Wesen des
Weiblichen. Und Gott ordnet das Männliche dem Weiblichen zu, damit sie
in Liebe sich vereinen und ihre Liebe fruchtbar werde. Was ist ein Mann?
Nicht sein leibliches Urmaterial ist entscheidend und auch nicht die
Gepflogenheiten der Kultur, sondern es gibt ein Wesen des Mannseins
nach dem Herzen Gottes. Was ist Liebe? Liebe ist die Vereinigung von
Mann und Frau mit der innewohnenden Fruchtbarkeit der Liebe. Nicht ist
Liebe also die unnatürliche Liebe eines Mannes zu einem Mann, einer
Frau zu einer Frau. Nicht ist Liebe die Vereinigung von Mann und Frau
unter radikaler Verweigerung der Fruchtbarkeit. Personale Liebe zwischen
Menschen ist von Gott gefordert. Aber den untergeordneten Kreaturen wie
den Tieren, soll der Mensch nicht die Liebe entgegenbringen, die allein der
Mitmensch verdient. Der Mann liebe nicht seine Katze genau so sehr wie
seine Frau. Die Frau auch liebe die Katze nicht mehr als sie den Mann
liebt. Die Frau erweise dem Mann die Ehre, die er braucht, der Mann
erweise der Frau die Liebe, nach der sie sich sehnt. Aber den Tieren
erweise dein Wohlwollen. Du darfst dich aber ernähren von dem Fleisch
der Tiere. Du darfst dir Kleidung bereiten aus dem Fell der Tiere. Du darfst
dir Tiere zähmen, damit sie dir bei der Arbeit helfen oder als Spielzeug
deiner Frau dienen. Du darfst an Tieren Medizin erproben, ob sie dem
Menschen Gesundheit bringt. Du darfst Tiere jedoch nicht quälen und
nicht grundlos töten. Bedenke, dass Gott in seiner Vorsehung auch um das
Wohl der Tiere bekümmert ist. Was wäre aber von einem Menschen zu
halten, der Tiere liebt, die Menschen aber hasst und tötet? Und was wäre
von einem Mann zu halten, der seine Katze liebt, aber seine eigenen Söhne
morden will? Denke an ein Kind, die schönste Krone der Schöpfungen
Gottes, wie das Kind zu dir spricht mit der Sprache der Schöpfung und
dich bittet: Herrsche über die Schöpfung, lausche auf ihre Sprache und gib
ihr, was sie braucht! Wenn du dem nachkommst, so hast du das erste Gebot
Gottes erfüllt. Wenn die Frau die grünen Blätter der Teepflanze in einen
Becher legt und heißes Wasser darüber gießt, so hast sie das Gebot Gottes
erfüllt. Wenn ein Mann seinen Griffel in die Hand nimmt und
Liebesgedichte auf Papyrus ergießt, so hat er das Gebot Gottes erfüllt. Eva,
wirst du deine geliebten Bäume im Himmel finden? Eva, wird dein
brauner Kater im Himmel auferstehen? Denk ich an den Leib, geliebtes
Weib, so denk ich an deinen Leib! Mein Leib ist mir zur Last, aber,
Geliebte,
dein Leib ist all meine Wonne! Und ich sehe, siehe, was ich sehe, ist dein
verklärter Leib! Dein verklärter Leib ist hocherhaben, ist hocherhaben über
Schmerzen und Krankheit, Welken und Sterben, dein verklärter Leib ist
selig und lustvoll und voller Wonne und in blühender Gesundheit und
immerjung und unsterblich! Dein verklärter Leib ist fein, er glüht wie die
Sonne, er sprüht wie Funken, er ist beweglich wie die Wolken, wie die
Pusteblumensamen, wie die Schmetterlinge! Dein feiner Leib ist wie ein
Hauch von Seide, wie ein transparenter Gazeschleier, wie ein Kleid aus
allerreinstem Licht, und dein Leib zuckt wie Blitze und tanzt wie die
Sonne und taumelt wie die Sterne und glüht wie die Zentrale Sonne des
Kosmos! Und dein verklärter Leib ist ganz von deiner Seele erfüllt, dein
verklärter Leib ist wie Kristall, wie Glas, wie ein fleckenloser Spiegel,
indem sich die Schönheit deiner Seele, die voll Gott ist, wie in nackter
Herrlichkeit offenbart! In der nackten Herrlichkeit deines verklärten
Glanzleibes offenbart sich mir die deutlich sichtbare Ausstrahlung der
göttlichen Schönheit! Gottes Schönheit wird offenbar in deinem Glanzleib!
Um dich ist verklärter Kosmos! Die Schöpfung, die so lange nach
Erlösung geschmachtet, geseufzt nach dem Offenbarwerden der
Herrlichkeit der Tochter Gottes, die Schöpfung ist verklärt, verwandelt,
verewigt, auferstanden mit deiner Auferstehung! Du hast die ganze
Schöpfung mitgenommen zu Gott! Ein verklärter Kosmos offenbart um
dich her die Herrlichkeiten Gottes! Du schaust die Ideen der Tiere und der
Pflanzen, du schaust die Urpflanze in ihrer Schönheit herrlich in dem
Geiste Gottes! Eva, fragst du mich, ob es im Himmel auch
Kastanienbäume gibt und Apfelbäume und Päoniensträucher und rote
Rosen? Ich will das am Jüngsten Tag den Messias fragen! Komm mit,
geliebte Eva, am Jüngsten Tag den Messias mit mir zu fragen, ob er seiner
geliebten Eva einen Rosengarten im Paradiese schenkt!

SIEBENTES KAPITEL

Adam war so entsetzlich einsam! Es traf ihn ein Schrecken von Gott! Vor
Entsetzen, Schrecken und Furcht bebten alle seine Glieder, alle seine
Seelenkräfte zitterten! Adam warf sich unter eine Korkeiche – gut, dass
Gott den Kork erschaffen – und lag da besoffen von namenlosem Jammer!
Seine Seele war so voll von einem schwarzen Meer des Jammers, dass sein
Verstand keine Worte fand für seinen eigenen Schmerz! Er schrie zu Gott:
Die schwarzen Tränen spritzen mir aus den Augen! Mein Herz ist über und
über bedeckt von Wunden und aus tausend Wunden sprudelt das Blut! Sieh
meine Seele, sie ist blutüberströmt! Da versetzte Gott Adams Seele in eine
Trance, in eine Extase! Es war eine Ohnmacht, ein Tiefschlaf, der Adam an
die Grenze des Nichtseins riß! Da riß Gott Adams Seele in den Himmel.
Adam schaute das Antlitz des Messias wie ein unbeschreiblich blendendes
Licht und sah im Spiegel des Antlitzes des Messias die Frau seiner Seele!
Adam stand mit Eva vor dem Antlitz des Messias! Der Messias legte seine
Hände auf das Haupt von Adam und das Haupt von Eva und traute sie vor
aller Zeit im Himmel! Ihre Ehe wurde im Himmel geschlossen! Aber als
Adam in seiner Ohnmacht war wie tot, da schuf Gott allein, ohne Mithilfe
eines Mannes, die schöne Eva. Denn Gott sah: Es ist nicht gut für Adam,
allein zu sein. Ich will ihm eine Freundin geben, die ihm ähnlich ist.
Darum schuf Gott Eva in der Ähnlichkeit Gottes, wie er Adam in der
Ähnlichkeit Gottes geschaffen hatte. Und Gott setzte Adam und Eva
einander gegenüber von Angesicht zu Angesicht. Und Adam schaute das
Gesicht der schönen Eva und erkannte, erfüllt vom heiligen Geist, das
Antlitz Gottes im Spiegel des Gesichtes Evas. Sie ist es! Sie ist es und
keine andre, rief Adam immer wieder, sie ist die Liebe meines Lebens, die
Seele meiner Seele! Sie ist menschliche Natur von meiner menschlichen
Natur, sie ist Persönlichkeit von meiner Persönlichkeit, sie ist Sein von
meinem Sein, sie ist mir ähnlich, von gleicher Würde wie ich, von Gott
unmittelbar geschaffen. Gottes Hand liegt schwer auf mir, doch auf ihr
ruht der Hauch Gottes. Ich bin Isch und du bist Ischa! Ich bin Yang und du
bist Yin! Ich bin Mann und du bist Männin! Ich bin das A und du bist das
B und zusammen sind wir ABBA, wir zusammen bilden einen Namen
Gottes. Ich bin J und du bist H und zusammen sind wir JAH, du und ich
vereint sind ein Name Gottes! Ich bin das A und du bist das O und
zusammen sind wir die Krone der Schöpfung! Ich bin Weisheit und du bist
Einsicht und zusammen spiegeln wir die Krone Gottes! Ich spiegle den
Gottgeist und du spiegelst die Gottnatur und vereinigt spiegeln wir die
Eine Gottheit! Ich bin ein Abglanz der väterlichen Transzendenz Gottes
und du bist ein Abglanz der mütterlichen Immanenz Gottes und zusammen
spiegeln wir das Absolute! Ich spiegle Abba und du spiegelst Imma und
zusammen spiegeln wie die absolute Unendlichkeit des Seienden!

HYMEN HYMENÄUS HYMEN CARMEN

Eros Gottes von dem Himmel,


Von der Caritas Gezeugter,
Komm und gib das Weib dem Manne!
Hymen Hymenäus Hymen!

Winde Eva um die Stirne


Strahlendweiße Malvenblüten,
Küss den Fuß in der Sandale!
Hymen Hymenäus Hymen!

Singe deine Freudenlieder!


Tanze deine Freudentänze!
Hebe hoch die heiße Fackel!
Hymen Hymenäus Hymen!
Mater Caritas erschienen
Ist dem Hirten auf der Höhe,
So erscheint dem Adam Eva!
Hymen Hymenäus Hymen!

Sie erscheint wie eine Rose


An dem Herzen unsres Gottes,
Voll der Kelch von Tauestropfen!
Hymen Hymenäus Hymen!

Laß den Phrat und laß den Pischon,


Laß den Hiddekel, den Gihon,
Eile in den Garten Eden!
Hymen Hymenäus Hymen!

Rufe Eva in den Garten,


Daß sie Adam so umschlinge
Wie den Eichenstamm der Efeu!
Hymen Hymenäus Hymen!

Alle Frauen dieser Erde,


Einmal sollt ihr Hochzeit feiern,
Darum singt zu Evas Hochzeit!
Hymen Hymenäus Hymen!

Hört dies Lied des Eros Gottes,


Von der Caritas Gezeugter,
Wird er diese Ehe stiften!
Hymen Hymenäus Hymen!

Gibt es einen Gott wie unsern,


Der da ist der Gott der Liebe?
Welcher Gott ehrt mehr die Liebe?
Hymen Hymenäus Hymen!

Eva löse ihren Gürtel!


Adam glüht in heißer Sehnsucht!
Adam betet für die Menschen!
Hymen Hymenäus Hymen!

Mutter Erde führt die Tochter


Eva zu dem Bräutigame
Und sie lüftet ihren Schleier!
Hymen Hymenäus Hymen!

Wie kann Caritas beglücken


Ohne dich, den Eros Gottes?
Du schenkst alle Seligkeiten!
Hymen Hymenäus Hymen!

Nie gebiert die Mutter Eva


Söhne ohne Gottes Eros,
Gottes Eros macht sie fruchtbar!
Hymen Hymenäus Hymen!

Gottes Eros, fehlt dein Segen,


Baut der Mann umsonst die Hütte,
Wacht umsonst zur Nacht der Wächter!
Hymen Hymenäus Hymen!

Offen steht die Gartenpforte!


Eva kommt! Ein Prachterscheinen!
Schamrot glüht auf ihren Wangen!
Hymen Hymenäus Hymen!

Ohne Sorge sei, o Eva,


Nie wird eine Frau dir gleich sein,
Unvergleichlich deine Schönheit!
Hymen Hymenäus Hymen!

So wie Eva ist im Garten


Nur die dornenlose Rose
Mit dem Namen Morgenröte!
Hymen Hymenäus Hymen!

Wandle mit dem Vielgeliebten,


Du Vermählte, in dem Garten!
Schau, wie hell die Fackel lodert!
Hymen Hymenäus Hymen!

Wie sich Rebenranken ranken


Um den starken Stamm der Ulme,
Rankt sich Eva um den Gatten!
Hymen Hymenäus Hymen!

Welche Lust erwartet Adam!


In der Nacht im Ehebette!
An dem Tag im Ehebette!
Hymen Hymenäus Hymen!

O ihr nackten Engelskinder,


Tragt herbei die Liebesflammen,
Eva hebt die sieben Schleier!
Hymen Hymenäus Hymen!

Spotten sollen jetzt die Dichter:


Seine Milch in den Oliven
Melke Adam nicht mehr selber!
Hymen Hymenäus Hymen!

Was die Gnade dir erlaubte


Wegen deinem schwachen Fleische,
Das erlaubt nicht mehr die Liebe!
Hymen Hymenäus Hymen!

Frau, du sollst dich nicht versagen


Deinem Mann, wenn sein Begehren
Sucht die Wonnen deiner Liebe!
Hymen Hymenäus Hymen!

Schau, wie schön der Garten Eden!


Eva, Mutter allen Lebens,
Herrsche weise über alles!
Hymen Hymenäus Hymen!

Eva, einst die schwarzen Haare


Werden dir zu grauen Haaren,
Dann wird Adam dich noch lieben!
Hymen Hymenäus Hymen!

Hebe deine bloßen Füße


Mit den hennaroten Zehen,
Schlüpfe in den Garten Eden!
Hymen Hymenäus Hymen!

Eva, Adam liegt gebettet


In dem Moosbett grünen Grases
Und erwartet dich mit Schmachten!
Hymen Hymenäus Hymen!

Adam brennt in seinem Busen


Eine heiße Liebesflamme,
Die verzehrt ihm seine Seele!
Hymen Hymenäus Hymen!

Kleiner nackter Liebesengel,


Führe Eva an den Händen
In den Arm des Gatten Adam!
Hymen Hymenäus Hymen!

O ihr Seraphim des Himmels,


Bettet Eva in dem Moosbett
Neben dem geliebten Adam!
Hymen Hymenäus Hymen!

Komm, Geliebter, komm zum Liebling!


Die Geliebte gleicht der Malve
Und dem feuerroten Poppie!
Hymen Hymenäus Hymen!

Bei den Seraphinen schwör ich:


Adam ist von eigner Schönheit!
Adam spiegelt Gottes Schönheit!
Hymen Hymenäus Hymen!
Dein Begehren sei nicht heimlich,
Offen darfst du sie begehren!
Gott versagt dir nicht die Liebe!
Hymen Hymenäus Hymen!

Der mag Schohamsteine zählen


Oder Gold im Paradiese,
Welcher messen kann die Wonnen!
Hymen Hymenäus Hymen!

Spielt nur immer Liebesspiele!


Mutter Eva, schenke Adam
Bald ein kleines Kind der Liebe!
Hymen Hymenäus Hymen!

So ein kleiner Adam möge


Von dem süßen Schoße Evas
Strecken Händchen aus zu Adam!
Hymen Hymenäus Hymen!

Und der kleine Adam möge


Fromm sein wie der Vater Adam
Und wie Adam voller Liebe!
Hymen Hymenäus Hymen!

Möge alle Welt ihn preisen,


Evas Sohn, den Vielgeliebten!
Engel segnen dieses Kindlein!
Hymen Hymenäus Hymen!

Nun zuende geht die Hymne,


Aber endlos ist die Liebe
Adams zur geliebten Eva!
Hymen Hymenäus Hymen!

ACHTES KAPITEL
Geliebte Eva, du sagst, du seiest eine Hirschkuh, du sagst, du wolltest gern
einmal eine Katze sein. Süße Eva, du untertreibst! Du bist ein wahrer
Mensch, du bist wahrhaft menschlich! Eva, ich denke, du bist vielleicht ein
Engel oder gar eine Göttin! Aber ich übertreibe, Eva, du bist ein wahrer
Mensch, wahrhaft menschlich! Eva, es wird Menschen geben im
Tränental, die lieben die Tiere, aber hassen die Menschen, Eva, es wird
Menschen geben im Jammertal, die lieben Gott, aber hassen die
Menschen! Wir wollen so nicht lieben, Eva, sondern mit Wohlwollen
betrachten wir die Tiere und mit zärtlicher Barmherzigkeit, und Gott
wollen wir lieben mit allen Kraft, von ganzem Gemüt, von ganzem
Herzen, mit der ganzen Seele, und den Menschen lieben, wie wir uns
selber lieben. Eva, du sollst dich selber lieben, wie du den Menschen
liebst, denn du bist wahrhaft menschlich. Eva, ich liebe dich noch mehr als
mich selbst, denn du bist für mich der wahre edle Mensch. Es wird
Menschen geben, deren Antlitz entstellt ist von Herzenshärte und Bosheit,
so dass man verzagen könnte am Menschen, es wird Menschen geben von
solch einem skrupellosen Egoismus, dass man fast zum Menschenfeind
wird, wenn dann nicht der Gedanke an Eva wäre: Eva ist Mensch, wahrer
Mensch, edler Mensch, wahrhaft menschlich, Eva offenbart die Güte des
Menschen, das wesentliche Gutsein der Schöpfung des Menschen Ja, als
Gott die Frau geschaffen, sprach er: Siehe, es ist sehr gut! Über alle andere
Kreatur sprach der Schöpfer: Siehe, es ist gut! Aber als wir erschaffen
worden sind, du und ich, Adam und Eva, da sprach Gott: Sehr gut! Du bist
von ausgezeichneter Qualität, außerordentlich gut und schön und
wahrhaftig! Gott schaut mit Wohlgefallen auf dich! Wertschätzung Eva!
Ich will dir eine Litanei der Wertschätzung singen! Wertschätzung heißt
Agape, die göttliche Liebe! Die göttliche Liebe heißt Wertschätzung!
Wenn ich dich liebe mit Wertschätzung, lieb ich dich mit göttlicher Liebe!
In Gottes Liebe ist keine Geringschätzung, keine Verachtung, kein Hohn,
kein Spott, in Gott ist kein Fluch und kein böses Wort, in Gott ist kein
Lästern und Schmähen! Gott hat solche Wertschätzung für den schönen
Menschen Eva, dass er nichts kann als lieben und segnen! Ich habe solche
Wertschätzung für dich, Eva, weil du groß bist wie die andere Hälfte des
Universums! Ich habe solche Wertschätzung für dich, Eva, weil deine
Seele mich die Weltseele ahnen lässt! Ich habe solche Wertschätzung für
dich, weil du für mich ein Gleichnis für das Leben, ja, für das ewige Leben
bist! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du die Güte Gottes
spürbar machst! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du die
Menschenfreundlichkeit Gottes abspiegelst! Ich habe solche
Wertschätzung für dich, weil du der Spiegel der göttlichen Schönheit bist!
Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du die außerordentliche Güte
des Menschseins mir immer wieder darstellst, so dass ich an das Gutsein
des Menschen immer wieder glaube, wenn ich manchmal daran
verzweifle! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil du die hohe
menschliche Würde der Frau verkörperst und den Genius der Frau! Ich
habe solche Wertschätzung für dich, weil du das Ewigweibliche bist, dass
mich hinanzieht zur göttlichen Liebe! Ich habe solche Wertschätzung für
dich, weil dein Antlitz von Anmut übergossen ist! Ich habe solche
Wertschätzung für dich, weil deine Lippen wie tropfender Balsam sind!
Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil dein lieber Leib ein Leib ist
aus Glanz, an dem ich meine Himmel entzünde! Ich habe solche
Wertschätzung für dich, weil dein geliebter Körper ein sichtbarer Ausdruck
deiner vielgeliebten unsichtbaren Seele ist und mir Verheißung eines
ewigen Paradieses im ewigen Leben ist! Ich habe solche Wertschätzung für
dich, weil ich in deinem Lächeln das charmante Lächeln der
Himmelskönigin sehe! Ich habe solche Wertschätzung für dich, weil dein
Antlitz ein Spiegel ist des femininen Antlitzes Gottes! Am Anfang war die
Liebe! Aber welche Liebe, liebe Eva? Siehe, es werden neunmalschlaue
zerstreute Professoren kommen und dir erzählen, am Anfang lebten die
Menschen fast wie Gorillas, sie lebten in einem urheidnischen
Sexualkommunismus. Sie werden sagen, am Anfang war der
Sexualkommunismus und am Ende der Zeiten wollen die
Sexualrevolutionäre den Sexualkommunismus wieder herstellen. Was ist
Sexualkommunismus? Der Mensch liebt nicht einen andern Menschen als
Person in einzigartiger Persönlichkeit. Der Mann sagt nicht: Sie ists! Sie
ist allein und für immer die Frau meines Lebens! Nein, im
Sexualkommunismus bekennt der Mann: Ich will alle Leiber aller Weiber
benutzen, um selbst meinen animalischen Trieb und sexuellen Appetit zu
befriedigen! Ist das Liebe? Nein, das ist des Menschen nicht würdig!
Siehe, wenn der Hahn in seinem Hühnerharem stolziert und ihn ein Trieb
anfällt und es ihn juckt, dann bespringt er wahllos irgendeine von den
Hennen, welche gerade da ist, und vögelt sie kurz durch, lässt sie mit
zerrupftem Gefieder zurück und spaziert gleichgültig, eitel und
selbstverliebt weiter durch den Garten, sich um die Henne nicht weiter
kümmernd. Aber das ist in Ordnung. Gott hat sein Wohlgefallen an der
Vögelei des Hahnes, der Hahn liebt so, wie Gott es ihm zugeteilt, er erfüllt
das Gebot Gottes. Aber wenn ein Mann wie ein Hahn wahllos
irgendwelche Weiber von hinten besteigt, sie packt am Genick und vögelt
und dann weggeht und die Weiber vergisst, so versündigt sich der Mensch
an seiner eigenen Menschenwürde und an der Menschenwürde des Weibes.
Und wer sich an der Menschenwürde des Weibes versündigt, versündigt
sich an Gott, dem Ursprung der Menschenwürde des Weibes! Was ist aber
menschenwürdige Liebe? Siehe, diese war im Anfang. So steht es
geschrieben: Am Anfang war menschenwürdige Liebe, nämlich
Gemeinschaft von Personen. Gemeinschaft, das heißt Kommunion.
Kommunion von zwei Personen ist nicht Kommunismus von zahllosen
animalischen Trieben. Kommunion ist nicht Kommunismus! Kommunion
ist Gemeinschaft von Person und Person, Kommunion ist Vereinigung von
Person und Person. Person ist eben der ganze Mensch. Ich liebe nicht
wahllos irgendwelche Leiber, die zur Selbstbefriedigung meines sexuellen
Appetits dienen, sondern ich liebe einen einzigen Menschen und
ausschließlich diesen einen Menschen und zwar für immer, ja, ich sage, bis
in Ewigkeit! Denn dieser eine Mensch, diese eine Frau in ihrer
Geistperson, in dem Reichtum und Wert ihrer Seele und in der Schönheit
ihres Körpers ist die Person, die ich liebe! Es ist so, dass ich diese Frau
liebe, mit Geist und Seele und Leib, mein Geist liebt ihren Geist, meine
Seele liebt ihre Seele und mein Körper liebt ihren Körper. Meine
menschliche Natur liebt ihre menschliche Natur. Meine
Gottesebenbildlichkeit liebt ihre Gottesebenbildlichkeit. Ich dachte, Eva,
es werden Menschen kommen, da sagt der Mann: Ich suche eine Frau, da
hab ich einmal eine Frau geliebt, aber sie liebte mich nicht, es ist nichts
aus uns geworden, darum hörte ich auf sie zu lieben und suchte mir eine
andere Frau, die mich liebte, die liebte ich auch, da wurden wir ein Paar
und bekamen Kinder. Ist das Liebe, Eva? Ist Liebe eines Mannes zu einer
Frau, die aufhört, Liebe zu sein, wenn sie keine Gegenliebe findet, ist das
dann wahre Liebe? Oder nannte der Mann das Liebe, was in Wahrheit nur
Hunger nach Geliebtwerden war? Und als er geliebt wurde, da meinte er
dann, die Liebe gefunden zu haben? Ich meine, Liebe ist Liebe und bleibt
Liebe, auch wenn sie keine Gegenliebe findet! Das ist Liebe! O meine
auserwählte Herrin Eva! Ich kam in den Garten Eden, da sagtest du
scherzend: Ich bin wie eine Hirschkuh, voller Anmut und Schönheit und
zärtlicher Mutterliebe! Aber in der Nacht bin ich eine aztekische
Sexgöttin! Da bin ich eine nackte Göttin, die mit der Schlange tanzt! Es ist
doch immer dasselbe! Dabei bin ich gar nicht sexbesessen und wie eine
läufige Katze hinter dem Beischlaf her! Ich sagte: Meine auserwählte
Herrin, deine Aura ist so geladen mit sublimer Erotik, dass alles knisternde
Funken sprüht um dich! Du bist die Frau mit dem höchsten Grad von
Sexappeal! Du bist so sexy, wie kein andres Weib es jemals sein wird! Du
bist eine Mega-Sexbombe, und dein Feuer ist wie Napalm in meiner Seele,
selbst der Pazifische Ozean kann das Feuer nicht löschen! Da sagtest du:
Ich geh mal eben unter dem Wasserfall duschen, mach es dir gemütlich im
Garten Eden! Da sah ich dich, Geliebteste, mehr als geliebte Eva, nackend
unter dem Wasserfall duschen! Dein Leib war weiß wie eine Lilie! Deine
Haare waren schwarz wie Ebenholz! Deine Augen waren Mandelaugen,
Meteoriten, blaublitzende Abendsterne! Dein Lippen waren rosinenfarben!
Deine Nase war die Nase eines stolzen Adlerweibchens! Mein Adlerweib,
ich bin dein Adlermann, zusammen schauen wir in die Sonne des Antlitzes
Gottes! Deine Wangen glühten rot wie wilder Mohn! Deine Brüste waren
wie Magnolienblüten schön gewölbt! Das Muttermal auf deiner linken
Brust war ein keusches Siegel Gottes! Deine Schenkel waren gebogen wie
Juwelenspangen, Werke eines meisterlichen Goldschmieds! Deine Füße
waren nackt und weiß wie Soyasprossen! Deine Perlmutterzehen waren rot
wie Henna, die Blüte der Zypertraube! Da sah ich die aztekische
Sexgöttin, da sah ich die Aphrodite nackt im Bade! Ich sagte: Du bist die
Venus, aber nicht die Venus Frigida! Du tratest aus dem Wasserfall, deine
langen schwarzen Haare waren gelockt, deine Wangen glühten wie der
wilde Mohn, du reichtest mir die pralle Mangofrucht mit ihrem süßen
Fleisch, und als du mir die pralle Mango reichtest, rührtest du zärtlich
meine Finger an mit deinen zarten Fingern! O diese zarte Berührung
deiner Finger, ich träume davon den Rest meines irdischen Lebens, wie
deine Finger meine Finger berührt! Göttin in Menschengestalt, ich küsse
die Spitze deines kleinen Fingers! Wenn ich aber reflektiere im Gebet, wer
mir begegnet in dir, so ist es Gott als die
Lebendige Liebesflamme! Ich stand vor der Lebendigen Liebesflamme,
sie brennt in mir und doch verbrenn ich nicht zu Asche! Ich dachte: Gott
ist die Weisheit, da dachte ich: Gott hat mir Weisheit gegeben! Doch nun
scheint mir: Gott ist die Lebendige Liebesflamme und ich bin töricht vor
Liebe wie ein Narr, der blutige Tränen weint und vor Seligkeit
Freudentränen ausschwitzt! Ich bin sprachlos vor deiner allmächtigen
Schönheit!...

NEUNTES KAPITEL

Ich bin der Mensch. Ich bin allein vor Gott. Es werden Dichter und Denker
kommen, die suchen die Urpflanze mitten in der Vielfalt der Pflanzenwelt,
es werden Dichter und Denker kommen, die sagen: Die Urpflanze ist allein
Idee. Es werden Dichter und Denker kommen, die suchen den Urmenschen
mitten in der Vielfalt der Menschen, aber andre Dichter und Denker
werden sagen: Es existiert der Urmensch allein in der Idee. Da werden
Anhänger einer Geheimlehre sagen: Wir sahen den Urmenschen, wir
nennen ihn Adam Kadmon. Der Lebensbaum steht nicht im grünen Garten
Eden, der Lebensbaum ist im Innern des Urmenschen Adam Kadom, ja,
Adam Kadmon ist der Lebensbaum der Selbstoffenbarung Gottes. Sein
Scheitel ist die Krone der Selbstoffenbarung Gottes, Weisheit und Vernunft
sind seine beiden Augen, Gnade und Kraft sind seine beiden Arme, die
Schönheit ist seine Brust, Festigkeit und Pracht sind seine beiden
Schenkel, das Fundament und das Reich sind seine Füße. Die Krone seines
Scheitels reicht an das Unendliche, das Göttliche, das Reich aber ist das
Himmelreich Gottes mitten in der Welt, ist die mütterliche Immanenz
Gottes in der Schöpfung, das geheimnisvolle Königreich Gottes auf Erden.
Dieses Reich nennt man auch die Einwohnung oder die Hütte, es ist die
weibliche Nähe Gottes zu seinen Geschöpfen und Kindern. Adam Kadmon
hat nämlich eine männliche rechte Seite und eine weibliche linke Seite, die
sich verbinden zu einer kindlichen Mitte. Das linke Auge des Verstandes
und das rechte Auge der Weisheit werden Vater und Mutter genannt und
spiegeln Gottes Angesicht ab. Das Fundament wird allerdings auch das
Geschlecht Adam Kadmons genannt in der Idee, das auch das Geschlecht
des Menschen eine geheimnisvolle Selbstoffenbarung der Schöpferkraft
Gottes ist. Adam Kadmon also, der einsame Urmensch, steht vor Gott als
Gottes Ebenbild. Adam Kadmon als Idee des Menschen inkarniert nun auf
doppelte Weise, nämlich im Geschlechtswesen der männlichen
Leiblichkeit und im Geschlechtswesen der weiblichen Leiblichkeit, in Isch
und Ischa, Mann und Frau. Isch und Ischa sind zwei Inkarnationen der
einen Idee des Urmenschen. Zwischen ihnen besteht ein geheimnisvoller
Magnetismus der Liebe. Diesen Magnetismus der Liebe nannte
Empedokles Philia, die göttliche Freundschaftsliebe, die das All im Innern
zusammenhält, dagegen der Streit die Elemente scheidet. Aber diese
göttliche Philia oder Ewige Freundschaft ist wie eine Anziehungskraft des
Magneten und verbindet Adam und Eva. Adam bekennt: Eva, dein
weibliches Wesen und deine weibliche Erscheinung ziehen mich
unwiderstehlich an wie ein Magnet das Eisen anzieht! Wie könnte ich
widerstehen deiner unwiderstehlichen Anziehungskraft, dem Magnetismus
deiner Schönheit, deiner Güte! Dieser unwiderstehliche Magnetismus ist
die Anziehungskraft der Ewigen Freundschaft, sie zieht mich zu dir, sie
reißt mich zu dir hin! In der Macht der Ewigen Freundschaft bist du
attraktiv, anziehend, einfach hinreißend! Hinreißend schön bist du, Ischa
Eva! Aber ich sehe einen Mann, der löst sich vom Vater und von der
Mutter. Der Mann nimmt Abschied vom Vater: Unseren Vater nennen die
Menschen den Geldgott. Sie verehren ihn in einer goldenen Säule, in
einem Goldpokal von phallischer Form. Sie sagen Unser Vater zum
Geldgott und preisen ihn als Seligmacher! Er allein erzeugt die Lust und
den Genuß der Welt! Durch die Gnade des Geldgottes gewinnt der Mensch
die ganze Welt, bis an die Enden der Erde! Der Vater Geldgott ist nach
ihrer Weisheit der vollkommne Pädagoge, entzieht er seine Gnade, so straft
er das Kind, und spendet er seinen Reichtum, so segnet er das Kind. Der
Sohn, der reich geworden ist in dieser Welt ist offenbar gesegnet von
Unserm Vater Geldgott. Die Armen aber und die Elenden und die Bettler
leben als Verfluchte, angespien vom Vater Geldgott! Schäme dich, du
Armer in deinen Bettlerlumpen, der Vater Geldgott hat dir ins Angesicht
geschlagen und ins Angesicht gespuckt. Freude dich, geliebter Sohn in
deinem Reichtum dieser Welt, du bist der Liebling des heiligen Vaters
Geldgott, du bist der Schatz seines goldenen Herzens und der Augapfel
seines glänzenden Auges! Dieser Vater Geldgott regiert die Welt und ist
der wahre Monarch der theokratischen Weltmonarchie, der oberste
Weltkaiser von göttlicher Würde ist der heilige Geldgott selbst, er ist der
Vater der Götter und Menschen, der goldenen Regen als Gnade sendet und
die Erde fruchtbar macht an reichen Lüsten zum Genuß! Ich aber bin allein
und sage mich als einsamer Frommer von diesem goldenen Stier los! Der
goldene Stier, der goldene Phallus, der Geldgötze ist Staub vom Staub, ist
eitel und nichtig! Ich glaube an den lebendigen Gott der ewigen Liebe!
Stoßt mich nur aus aus euren Gemeinschaften und jagt mich wie einen
Hund von euren Türen, treten mich mit Fäusten, verlacht, verspottet,
verhöhnt, verschmäht mich, schlagt mir ins Gesicht, speit mir ins Gesicht,
reißt mir bei lebendigem Leib das Herz aus der Brust und opfert es eurem
Götzen, aber ich allein bin übrig geblieben auf Erden, der den Gott der
Liebe anbetet und neben dem Gott der Liebe keinen Gott bekennt! Wer ist
der Gott der Liebe? Es ist der Herr! Der Herr ist der Gott der Liebe! Der
Herr ist Gott, mein Gott! Ich bin zum Bettler geworden, zum Bettelmönch,
ein Bettler bin ich, ja, ein Bettler um Gottes Liebe! Ich nehme Abschied
von meiner Mutter. Heilige Mutter nennen sie die Hygienegöttin! Sie
verachten die Unbefleckte Jungfrau und preisen lieber die Hygienegöttin.
Mystiker nennen die Hygienegöttin Frau Saubermann und wählen sie zur
mystischen Ehefrau! Die Hygienegöttin spricht: Ich bin Frau Saubermann
und meine Weisheit ist: Halte den Becher von außen rein, ob er im Innern
auch voll Geldgier, Fluch, Lästerung, Unzucht, Ehebruch, Kindermord und
Götzendienst ist, du bist rein, wenn dein Becher von außen rein ist!
Wasche dir die Füße, damit du rein bist, aber wasche dir auch die Hände!
Lass deine Kleider immer sauber sein und dein Haar gesalbt, dann wirst du
auch geliebt! Wenn dein Becher von außen sauber ist, wirst du eine Dame
finden, die dich liebt und dir die Becher sauber hält. Wenn du aber von
innerer Reinheit sprichst und prahlst mit deinen inneren Reinigungen, so
halte ich dir vor: Was nützt dir all deine innere Reinheit, wenn du äußerlich
schmutzig bist? Die Hygienegöttin spricht: Achte auf dein Essen, iss nur
Gesundes, und pflege deinen Körper, denn der Mensch ist Körper und
wenn der Körper verdirbt, ist der Mensch nicht mehr! Vor allem segne dich
Gott mit Gesundheit, denn ohne Gesundheit ist alles nichts! Die
Gesundheit ist das Höchste Gut! Mögest du lange leben auf Erden und
glücklich sein in einer saubern Wohnung und in einem gesunden Körper,
dann bist du schon auf Erden wie im Himmel. Füge deinem Körper keine
Schmerzen zu durch Fasten und Opfer. Wenn du unbedingt fasten willst,
dann faste für die Gesundheit deines Körpers. Iß Würmer aus dem Orient
und kein Fleisch von Stieren und Böcken, dann wirst du tausend Jahre alt
und siehst noch so blühend aus wie ein zweiundzwanzigjähriger Jüngling!
Was kümmert dich Gott und Gottes Geist? Den Atem sollst du regulieren,
dann wirst du als ein Greis von schneeweißen Haaren aussehen wie eine
eben erblühte Pfirsichblüte! Aber vor allem ehre deine Mutter! Hebe die
Hygienegöttin auf einen Thron und bete sie an! Aber ich bin eine
eifersüchtige Muttergöttin! Wenn du neben oder über mir eine andre
Mutter ehrst und meine Mutterliebe kalt wie Eis nennst und preist in
höchsten Tönen die himmlische Mutterliebe der Großen Mutter Gottes, so
nimm dich in Acht vor meiner Schlangenzunge und meinem
Skorpionstachel, ich werde dich töten! Geh mit Gott, aber geh, Frau
Saubermann, ich habe mich entschieden, kynischer Philosoph zu sein! Wie
Sankt Diogenes wälz ich ohne Unterlaß mein Faß! Aber nun, da der Mann
Vater und Mutter verlassen, spricht er sein entschiedenes Ja zur Frau: Frau
meines Herzens, die Frau bist du, die Frau an sich, die Frau an und für
sich, zu dir allein sprech ich für immer mein Ja! Wer bist du, Frau? Du bist
die Frau, die nichts trägt als die Strahlen der Sonne! Die makellose
Jungfrau des Mondes! Das Weib im Sternenrock! Ich bin dein Adler, deine
Feder, dein Schwanz! Was, o himmlische Frau, was ist mit den Sündern
los? Du bist gekommen aus dem Himmel, um ein Ende zu machen mit den
satanischen Götzen! Aber ich sehe die Weiber wieder beten zur satanischen
Göttin der Scheiße! Ja, schreien sie, die heilige Hure lehrt uns die Unzucht
der freien Liebe! Wir liebten einen Mann mit heißer Leidenschaft und
großem Unglück, und er verließ uns, wir liebten viele Männer mit dem
Körper, aber nicht mit dem Herzen und der Seele, wir liebten Männer, die
uns gleichgültig waren, und haben sie alle verlassen, wir lebten mit
Männern in Unzucht als Konkubinen zusammen und sie betrogen uns,
dafür wählten wir uns neue Männer und lebten mit ihnen in Unzucht als
Konkubinen zusammen und betrogen unsre Männer mit andern Männern,
wir reisten von Land zu Land und ließen uns von wildfremden Stieren
bespringen, jedem spreizten wir die Beine! Das ist freie Liebe, im Namen
der heiteren Unzucht beten wir die Sexgöttin an, sie, die da heißt die
Große Göttin der Scheiße! Ave Neue Eva! Doch du bist erschienen in
immerwährender Jungfräulichkeit mit der Jungfräulichkeit vor und in und
nach der Geburt des Sohnes Gottes, um die Herrschaft der satanischen
Göttin der Scheiße und des satanischen Gottes der schwarzen Magie zu
beenden, du bist erschienen, Neue Eva Morenita, um den Menschenopfern
an die menschenfressenden Götter ein Ende zu machen und uns Christi
vollkommenes Opfer an den Vater zu schenken und die eucharistische
Speise des Leibes und Blutes Christi für die Erlösung der Menschen vom
Tode! Völlige Verkehrung! Du, Neue Eva, Morenita, Frau im Kleid aus
nichts als Licht, du bist die, die uns schenkt das Opfer Gottes für die
Menschen! Aber die Neuen Heiden beten zur Anti-Frau! Die Anti-Frau ist
die Göttin
der Scheiße, die Göttin der Hurerei, die Göttin der blutigen
Menschenopfer an die Götter, die geil sind, Menschenfleisch zu fressen!
Hilf uns, Frau, hilf uns und erlöse uns von der Anti-Frau! Du hast gesagt, o
Neue Eva: Mein reines Herz wird siegen! Ich werde euch führen ins
Paradies! Darum vertraue ich mich dir an, o Frau, und widersage der Anti-
Frau und all ihrer Pracht und Herrlichkeit! Ich sage mich los von der Anti-
Frau und gelobe in einem Verlöbnis, der Frau allein ganz und gar zu
gehören, als ihr geringster Sklave, als ihr Eigentum für Zeit und Ewigkeit!
Heil Frau! Ich liebe dich, du Liebe Frau! Ich bin ganz dein und sage für
immer dir und allein dir mein eheliches Ja-Wort, Amen!

ZEHNTES KAPITEL

Ich muss die armen Witwen trösten, den armen Waisenkindern ihr Recht
verschaffen, ich muß den Sterbenden die Hand halten und die Gottlosen
vor der Hölle retten, alles das muß ich, aber zuerst einen Gruß der nackten
Eva im paradiesischen Garten Eden! Gruß zuvor und Liebe von Gott! O
der Garten Eden, o das verwunschene Paradiesgärtlein! Sommer ist, Sankt
Johannis, Hochsommer, Eva nackt und Adam nackt im Paradies! Eva
wandelt wie eine Königin mit den Reichsäpfeln ihrer bebenden Brüste
durch den Garten! Ihre Brüste beben und zittern, sie sind wie Bälle aus
weißem Marmor, wie Zuckerberge, wie Milch und Honig! Wie presst sie
mit den Armen die Brüste zusammen, dass sie noch voller und wollüstiger
erscheinen! Wie liebt Adam das Muttermal auf der linken Brust Evas, das
Zeichen Gottes! Wie liebt er ihre runden weißen Arme und die schlanken
Schultern! Wie möchte er von diesen nackten Armen umfangen und
gedrückt werden an den süßen Busen! O wie liebt er ihren schönen
Rücken, wenn Eva sich nach vorne bückt, wie möchte er dann umfangen
ihren schönen Rücken, sein Entzücken! Wie liebt er auch den schönen
schlanken Schwanenhals, den langen schlanken Hals der weißen
Singschwanin! Wie möchte er zärtlich berühren mit Küssen seiner Lippen
den zärtlichen Hals! Wie liebt er ihren Bauchnabel, in welchem eine Perle
ruht, wie möchte er Honig füllen in Evas Bauchnabel und schlecken den
süßen Honig aus dem Kelch des Nabel, lecken an der Muschel voll Honig!
Wie liebt er die Purpurmuschel in dem schwarzen Busch, der zwischen den
Alabastersäulen ihrer kraftvollen Beine verborgen duftet! Wie liebt er ihre
Nacktheit, wenn sie aus dem Wasserfall hervorkommt und ihre langen
schwarzen Locken schüttelt, die sie mit Henna der Zypertraube rot gefärbt,
wie liebt er es, wenn ihre langen schwarzen Haare auf ihre Brüste fallen
und fallen bis zu ihrem Schoß! Wie liebt er es, wenn ihm ihre Brüste
entgegenquellen und ihm wie heilige Kühe trösten, wie zwei
Muttergöttinnen! Wie liebt er es, wenn ihre Schenkel sich biegen wie
goldne Juwelenspangen, Meisterwerke des göttlichen Goldschmieds! Wie
liebt er es, das göttliche Dreieck zu schauen, die Purpurmuschel im
schwarzen Busch, das göttliche Dreieck der Liebe, das Delta der nackten
Eva! Wie will er sie lieben und beschenken und beglücken! Wie will er sie
betten im Thron des Gartens auf dem Lager von dunkelgrünem Moos aus
Samt der Natur und salben mit dem Salböl Ylang-Ylang und lieben und
beschenken und beglücken und sich ihr schenken zum wahren Genießen
seiner Liebe! Wie will er sich schenken, hingeben, ganz verströmen in ihr
Inneres und sie erfüllen mit all dem heißen Blut seiner inbrünstigen
Ganzhingabe! Wie will er sie lieben, bis sie jauchzend auffährt in den
dritten Himmel, das Reich der katholischen Venus, da die Liebenden leben
in Palästen und in Orangenbaumgärten auf dem Morgenstern! Er will sie
so lieben, bis sie jauchzend auffährt wie eine Lerche in den Himmel der
Schönen Liebe Gottes, in diesem einen Augenblick der Verschmelzung, da
nackte Lust mit nackter Lust verschmilzt in einem ewigen Augenblick der
Extase und sie den Lebensbaum Gottes küssen und umfangen! Er will sie
hinanlieben bis zur göttlichen Vereinigung, da im gemeinsam genossenen
Wollustrausch der Extase ihr Jubelbaum im Himmelsparadiese Gottes steht
und jauchzt! Eva, wenn ich dich nackt sehe, nackt bis auf die weiße Haut,
nur bekleidet von deinem schwarzen Haupthaar und schwarzen
Schamhaar, ganz ohne feigenblatttgrünen Evas-Slip, dann glaube ich, die
Lust sei das Höchste Gut! Aber alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe
Ewigkeit! Eva, du bist mir von Gott geschenkt als eine Verheißung auf die
Ewige Lust, die Ewige, Ewige Lust! Das ist deine Gnade, die Gott dir
schenkt, du splitternackte Eva im verwunschenen Paradiesgärtlein, das du
mir eine göttliche Verheißung bist auf Paradiesische Wollust und Lust in
Ewigkeit! – Eva, warum folgst du nicht Gottes Wort? Warum verwirfst du
Gottes Wort und lauschst lieber den okkulten Dämonen? Siehe, die
okkulten Dämonen sagen: Eva, du bist eine Göttin! Aber, Eva, du wirst
nicht Göttin sein, sondern Nichts, du wirst sterben den leiblichen und den
ewigen Tod, wenn du Gottes Liebe verwirfst! Siehe, der Liebende ist ein
Eifersüchtiger! Eifersüchtiger ist der Name des Herrn, der dich liebt, der
dich begehrt und um deine Liebe bettelt! Tag um Tag schleicht der Herr
liebeskrank vor die Tür deines Herzens und klopft schüchtern an und
bittet: Eva, Eva, laß mich ein! Eva, Eva, nimm mich auf! Ach, Eva, warum
ist dein Herz hart geworden wie Stein und warum ist dein Herz
verschlossen dem Liebenden, der um deine Liebe wirbt, der um deine
Liebe bettelt? Er wird sich noch aufhängen an einem Baum und sich selber
bohren die Lanze in sein Herz und verblutend wird seine Seele schreien:
Eva, Eva, ich liebe dich wahnsinnig! So stirbt er! Eva, du Mörderin des
Herrn, kehre um, kehre um und widersage den okkulten Dämonen! Siehe,
der Liebende ist erstanden und kommt, siehe, da ist er, Eva, jetzt tut ihm
auf, Eva, jetzt ist er in dir drin, Eva, jetzt vereinigt er sich in dir mit deiner
Seele wie ein Bräutigam mit seiner Braut im Brautbett deiner Seele!
Halleluja, Eva und der Liebende sind vereinigt und eins! Wer ist der
Eifersüchtige, wer ist der Liebende? Es ist der Herr, der Herr ist Gott! Gott
ist ein wahrer Künstler und als seine beiden Meisterwerke schuf Gott der
Künstler die nackte Frau und den nackten Mann. Am dritten Tag zur
fünften Stunde nachmittags schuf am zweiten Tag des neunten Monats
Gott der Künstler die schöne Venus von Florenz! Am siebenten Tag des
neunten Monats schuf am ersten Tag der Woche zur fünften Stunde des
Morgens Gott der Künstler den nackten David von Florenz! Die nackte
Venus von Florenz und der nackte David von Florenz sind von Gott für
einander geschaffen, für einander bestimmt, sie feierten Hochzeit im
Frühlings des Neuplatonismus! Doch Adam spricht: Mein Evalein, du hast
dir aus grünen Feigenblättern manchen grünen Slip gemacht, warum?
Warum darf ich dich nur noch im Slip erblicken? Warum darf ich nicht
mehr den schwarzen Busch mit der Purpurmuschel sehen, das Delta der
Venus zwischen deinen blanken Schenkeln? Eva flüstert: Ich schäme mich
vor dir! Mein Schoß ist unrein wie die Monatsblutung der Frau! Mein
Schoß ist befallen von einer Krankheit! Ich kann das Wasser nicht mehr
halten und es läuft mir der Urin mit Blut gemischt aus meiner Scheide,
darum schäme ich mich vor dir. Aber, Adam, du bist ja noch viel
schlimmer! Ich stehe immerhin bis auf den feigenblattgrünen Slip noch
nackt vor dir, doch du! Du trägst immer einen Lammfellmantel, warum?
Adam flüstert und errötet: Ich schäme mich vor dir! Denn seid wir nicht
mehr deine vegetarischen Mittagsessen speisen im Garten Eden, schlacht
ich mir täglich einen Hahn, vom tierischen Fett bin ich selber so fett
geworden, ich schäme mich des fetten Bauches, du darfst mich nackt nicht
sehen, du würdest mich gewiss verachten! Eva flüstert: Ich würde doch so
gern im Sommer baden an den klaren Wassern im Süden des Paradieses!
Was brauche ich dazu? Erlaubst du mir, nackt zu baden? Adam schaute
Eva an und glühte: Oh, sie noch einmal nackt im Bade zu sehen! Aber er
hauchte: Du brauchst Gottes Wort für dein Herz und deinen
feigenblattgrünen Slip für deine Scham! Mehr brauchst du nicht! Nimm
Gottes Wort und den Evas-Slip mit in den Sünden des Paradieses und dann
bade deinen schönen Leib in der Glut der Sonne! Eva sagte: Was ist
Scham, wann ist sie entstanden, und ist die Schamlosigkeit ein
Paradiesgefühl? Adam sagte: Ich habe mich im Paradiese nicht geschämt,
mit dir nackt zu liegen im Garten Eden! Aber seid du den okkulten
Dämonen gehorcht und ich dir geglaubt, du seiest eine Göttin, seitdem
schämen wir uns voreinander und verhüllen unsre paradiesische Nacktheit!
Ach, ich muss dir bekennen und dich um Verzeihung bitten: Verzeihe mir,
dass ich dich begehre! Verzeih mir meine begierlichen Blicke! Verzeih mir
meine begierlichen Träume! Verzeih mir, dass du mir ein Lustobjekt
geworden bist, ein Sexidol für meine Selbstbefriedigung! Ach, ich kann
nicht anders! Und Adam verschwand im Busch und verbarg sich, und seine
Samen ließ er tropfen auf die Erde. Da rief ihn Gott! Und Gott sprach
lange mit Adam über Eva, Gott verzieh Adam all seine Sünden und
segnete Eva und verhieß Adam und Eva ein gemeinsames ewiges Leben!
Da neigte sich vom Himmel eine Freundin und sprach: Je suis la
Bienheureuse Evelyne de Liège! Siehe, ich liebte nur einen Geliebten, der
war mein Bräutigam! Ich liebte ihn so sehr, dass ich mich einschloss in
eine Kammer gleich neben dem Haus des Geliebten! Ich war Tag und
Nacht für ihn da und stand allezeit für ihn bereit! Jeden Tag vereinigte ich
mich mit ihm! Und wenn ich mich gerade nicht körperlich mit ihm
vereinigte, so vereinigte ich mich in meiner Phantasie mit ihm! Aber
allezeit starrte ich ihn an und betete seinen heiligen Körper an! Ja, ich
beschwor das Oberhaupt der Menschheit, eine große Feier einzurichten, da
die ganze Menschheit feiert den Körper meines Geliebten! Nun bin ich in
Ewigkeit vermählt mit meinem Geliebten, ich bin ganz eins mit ihm! Er
beglückt mich unendlich, er beglückt mich so sehr, dass ich die Seligkeit
nicht mehr in menschlichen oder englischen Worten aussprechen kann! Du
fragst, wie heißt dein Geliebter? Ich sage dir, sein Name ist: Der Neue
Adam! Ich, Sankt Evelin, habe mich vermählt mit dem Neuen Adam! Ach,
Adam muss immer weinen! Heulen! Schreien in die Nacht! Auf dieser
dunklen Erde, in dieser flüchtigen Zeit, in dieser schmutzigen Welt regiert
der Hass! Sie hassen mich alle! Es hassen mich die Väter und die Mütter!
Es hassen mich die Männer und die Frauen! Es hassen mich die Söhne und
die Töchter! Es hassen mich die Reichen und die Armen! Es hassen mich
die Klugen und die Dummen! Es hassen mich die Schönen und die
Hässlichen! Es hassen mich die Kranken und die Gesunden! Genug, sie
hassen mich alle, und die Hunde hassen
mich und die Katzen hassen mich! Aber diese Zeit ist ein Augenblick! Am
Morgen blüht das Gänseblümchen, am Mittag scheint es herrlich, am
Nachmittag welkt es und am Abend ist es tot! Heil, mein Tod, mein
Heiland! Dann bringt mich mein Heiland Tod in die Arme meiner einzigen
Geliebten, in die Arme der Ewigkeit! Ich liebe allein die Ewigkeit! Die
Ewigkeit ist ein Weib und wird mich lieben! Ja, Gott hat es mir verheißen:
In der Auferstehung eurer Leiber wird die Ewigkeit dich lieben wie ein
himmlisches Weib! Laß dich umarmen, geliebte Ewigkeit! Laß dich
küssen, geliebte Ewigkeit! Laß mich ruhen in deinem Schoße, geliebte
Ewigkeit! Komm, stöhnt die Ewigkeit, komm mit der Auferstehung des
Fleisches in meinen Schoß, ich liebe dich, Geliebter! In meinem Herzen,
bekennt die Ewigkeit, ist nichts als göttliche Liebe, ewige Liebe,
bedingungslose Liebe, feurige Liebe, und mit meiner brennenden und
grenzenlosen Liebe werde ich dich lieben! So sei doch lustig, denn der Tag
des Todes ist gewiss! Die Welt ist nichts für dich, du liebe nur die
Ewigkeit! Sage jetzt dein eheliches Ja zur Ewigkeit! Gib der Ewigkeit
einen Kosenamen und nenne sie zärtlich: Ewi... Und Ewi flüstert: Ich bin
ganz dein... Und da gab Sie mir den Ring der Ringe, den Ring der
mystische Vermählung mit Ihr.

ELFTES KAPITEL

Eva spricht: Meine Scham, mein sexuelles Schamgefühl ist nur ein Schutz
für meine schwache, liebesbedürftige Weiblichkeit. Ich bin feminin und
möchte gerne geliebt sein. Aber was will der Mann? Er bedrängt mich, er
umwirbt mich, er schmeichelt mir, er schenkt mir, ich aber fühle, er tut
dies alles mit Hintergedanken. Warum ist er so nett? Weil er sich Gewinn
erhofft, den Gewinn der Lust. Er will meinen Leib! Was interessiert ihn
meine Seele, die eine, oder meine sieben Seelen? Was interessieren ihn die
Wunden meiner Seele, die Traumata, die Schwächen, die Grenzen? Was
kümmert ihn mein Geist mit seiner Frage nach Gott, was kümmert ihn
mein Denken, mein Wollen, mein Fühlen, meine Erinnerung? All das
kümmert ihn nicht. Er sieht meinen Leib mit all den Reizen, die Gott mir
verliehen hat, und er begehrt meinen Leib. Er denkt sich: Wenn dieser
Schoß doch buttern würde! Wenn diese Brüste doch sich berühren ließen!
Wenn dieser Leib doch nackt auf meinem nackten Leibe liege! Was fragt
er nach dem Geheimnis meiner Augen? Was fragt er nach den Träumen
meiner Nächte? Was fragt er nach den Leiden meines Alltags? Was fragt er
nach den Leiden und Schmerzen meines Schoßes? Mein Schoß ist nur für
seine Wollust da, doch dass mein Leib auch blutet, das mein Schoß auch
Schmerzen hat, doch dass ich noch gebären will, das kümmert ihn nicht.
Meine Scham wehrt nur ab den Bedränger, den Zudringlichen, den
Aufdringlichen, den Gierigen, den Geilen. Denn meine Scham, mein
sexuelles Schamempfinden ist eine Schutzmauer für meine Seele. Ich lasse
keinen an meinen Leib, bis ich den gefunden, der mehr als meinen Leib
meine Seele liebt, der den Leib allein darum liebt, weil er sichtbarer
Ausdruck der Seele ist. Ich verwehre meinen Leib, bis ich den finde, der
nach meinen Gedanken fragt, der die geistige Würde der Frau respektiert,
der vertraut auf den Genius der Frau, der meiner Intuition mehr vertraut als
seinem Verstand, der meinem sechsten Sinn mehr traut als seinen Büchern,
der den Reichtum meiner Seele wertschätzen kann und der die Wunden
und Wonnen meines Herzens mehr liebt und ehrt als die Wunden und
Wonnen seines eigenen Herzens. Ich bin eine Frau, das heißt, ich bin für
die Liebe geschaffen. Alles in mir und an mir ist für die Liebe geschaffen.
Und gerade weil ich für die Liebe geschaffen und zur Liebe berufen bin,
darum wehre ich mich gegen alle allzu flüchtige Lust, jeden raschen Flirt,
jeder vergängliche und vorüberrauschende Begier. Denn ich will geliebt
werden und lieben. Ich will mich ganz öffnen können und mich ganz
hingeben dürfen. Aber ich will als Person und als Persönlichkeit geliebt
sein und nicht nur als ein Material und Stoff zur Selbstbefriedigung des
Mannes. Ich bin nicht sein Sexobjekt, ich bin nicht seine Hure, ich bin
nicht seine Venus Porné, nein, ich bin Eva, das heißt, ich bin das Leben,
ich bin die Seele, ich bin ein komplizierter Organismus und eine
vielschichtige Seele und ein unergründlicher Geist. Wenn aber der kommt,
der zu mir sagt: O Frau, du bist mir ein verschleiertes Mysterium! Dann
weiß ich, er schaut meine Seele. Wenn er mich verachtet, weil ich ein
verschleiertes Mysterium bin, so hat er keine Liebe, weder zu Gott noch zu
mir. Wenn aber der kommt, der mein verschleiertes Mysterium ehrfürchtig
anstaunt, dem öffne ich meine Seele. Dir, Adam, mein wahrer Freund
meiner Seele, öffne ich meine Seele. Ich lasse dich schauen in meine
sieben Seelen und in die Gottheit meiner Seele. Und Adam sprach: Eva,
bitte verstehe mich, denn wenn du mich verstehst, wirst du mir auch
verzeihen. Als der Sündenfall mich gezeugt hatte, dachte der Sündenfall:
Hoffentlich wird kein Kind geboren in meiner Begierde! Und als die
Sünde mich empfangen, dachte sie: Hoffentlich hab ich kein Kind
empfangen! Und als die Sünde mich spürte unterm Herzen, dachte sie:
Beim Teufel, ich bin krank! Ich will dies Kind nicht! Und als die Sünde
schwanger war, da war sie traurig, dass sie schwanger war, so ward ich
traurig schon im Schoß der Sünde. Und als die Sünde mich gebären sollte,
da steckte ich im Geburtskanal und erlitt einen Horror von Todesangst! Es
war, als würde ich durch den Muttermund der Hölle geboren! Der Schoß,
aus dem ich austreten sollte, war der gefräßige und bissige Rachen einer
Ratte! Und als ich geboren wurde von der Sünde, erstickte ich fast an der
Nabelschnur der Sünde, neunmal wand sich die Nabelschnur der Sünde
um meinen Hals. Und als die Sünde mich sah, da sagte sie: Beim Teufel,
da ist ein hässliches Kind! Da gab mich die Sünde weg und legte mich in
den eiskalten Schoß der Materie, und ob es dort auch so heiß war wie in
der Hölle, so war es doch so kalt wie die kalte Hand des Todes. Eva,
Geliebte, wenn ich darum der Ewig-Ungeliebte bin, der Ewig-Trauernde,
der Ewig-Ängstliche, der Ewig-Abgelehnte, der Ewig-Gehasse, der Ewig-
Verschmähte, der Ewig-Verachtete, der Ewig-Überflüssige, der lieber tot
sein möchte als zu leben, der ertrinkt in namenlosem Jammer und
unaussprechlichem Elend und ertrinkt in einem Meer der Trauer, der
durchbohrt wird von sieben Pfeilen und wieder und wieder durchbohrt
wird und schließlich zu Tode geprügelt wird und dann zuletzt geworfen
wird in den Abfalleimer des Weltalls – Eva, wie soll ich glauben, dass die
Mutter der Lebendigen mich liebt? Und Eva sprach: Ach Adam, Sohn der
Adama, als ich von der Sünde geboren wurde, da lernte ich kein
Urvertrauen, da lernte ich die nackte Urangst! Mir entwickelte sich kein
Urvertrauen zu einem personalen Vertrauen, sondern ich blieb allein,
isoliert, vereinsamt, in mich selbst gefangen, ich lernte nicht von einem
personalen Vertrauen ein gesundes Selbstvertrauen. Nein, ich bin
zerfressen und zernagt wie von einem Nagetier von meinen gründlichen
Selbstzweifeln. Ich hasse und verachte mich selbst! Ich bin nicht schön,
nicht liebenswert, ich bin nichts wert, ich werde von allen gehasst, ich bin
töricht und mein Leben ist ohne Sinn! So sage mir, Adam, Sohn der Mutter
Adama, wie soll ich ohne ein gesundes Selbstvertrauen lernen ein
begründetes Gottvertrauen? Adam sagte: Ob du Gott vertraust und glaubst
an Gott, ist sekundär, primär aber ist der Glaube Gottes an dich! Eva aber
sagte: Siehst du meine verschleierte Seele? Ja, sagte Adam, ich sehe wie
ein anderer Mensch deine verschleierte Seele, aber jene andere Mensch
verachtete dich, weil deine Seele verschleiert ist, ich aber verehre dich,
weil deine Seele verschleiert ist. Ich aber habe zwei Seelen in meiner
Brust, die eine sehnt sich nach der Lust der Erde und die andre sehnt sich
nach Gott im Himmel. Zwei Seelen hast du in deiner Brust, mein Freund?
Wie arm! Ich habe sieben Seelen in meiner Brust! Die eine heißt Eva, die
andre Maria, die dritte Lilith. Sieben Geistpersonen tanzen in meiner Seele
einen Schleiertanz! Sieben Seelen tanzen den Schleiertanz in meinem
Innern und sieben Schleier fallen von meiner Seele und ich bin nackt, eine
nackte Seele! Was siehst du nun in meiner Seele? Gott! sprach Adam, ich
sehe Gott in deiner Seele! Und ich, sprach Eva, sehe Gott in deiner Seele,
Adam, mein Freund. Da sagte Adam: So stehen sich nun Gott und Gott
von Angesicht zu Angesicht gegenüber und Gott schaut Gott von
Angesicht zu Angesicht und Gott liebt Gott mit der Liebe Gottes. So, sagte
Eva, sind unsre Seelen nackt, weil in mir der Christus nackt ist und
einwohnt meinem Seelengrund und weil in dir die Sophia nackt ist und
einwohnt deinem Seelengrund. Ja, sagte Adam, weil Gott in uns nackt ist,
darum ist es ganz natürlich, wenn ich auch deinen Körper nackt sehe. Ja,
sagte Eva, meine Nacktheit vor dir ist nur der Ausdruck der Nacktheit
Christi in dem Schoß meiner Seele!

ODE AN DAS FLEISCH


O mein Schöpfer! Allen Fleisches
Schöpfer, alles Fleisch kommt zu dir,
Denn du hörst des Fleisches Schreie,
Du erbarmst dich allen Fleisches!

O du fleischgewordne Weisheit,
Gottheit ist im Fleisch gekommen,
Leib-und-Blut-und-Seele-Gottheit,
Gottheit in Gestalt des Menschen!

Mein Erlöser Jesus Christus,


Komm, das Fleisch uns zu erlösen,
Alles Fleisch vom Tod erlöse,
Schenke allem Fleisch das Leben!

O! Des Fleisches Auferstehung,


Meine höchste Hoffnung, siehe,
Die Geliebte wird im Fleische
Auferstehn im Paradiese!

Gott der Schöpfer schuf als Fleisch mich,


Schuf als Atem und als Staub mich,
Schuf als Seele und als Leib mich,
Gott der Schöpfer schuf als Fleisch dich,

O Geliebte du im Fleische,
O Geliebte, Staub und Atem,
O Geliebte, Leib und Seele,
Nimm mich hin in meinem Fleische,

Nimm mich hin mit meiner Seele,


Nimm mich hin mit meinem Leibe,
Nimm mich als Person entgegen,
Nimm mich als Geschenk des Schöpfers,

Schenke du dich auch, Geliebte,


Schenk mir deine reiche Seele,
Laß mich deinen Leib erkennen,
Deinen Leib in seiner Schönheit!
Meine schöne Vielgeliebte,
Sahest du den Sternenhimmel,
Sahest du das Meer am Strande,
Sahest du die Schönheit Gottes!

In der Schöpfung zu erkennen


Ist die Schönheit ihres Schöpfers!
Doch der Schöpfung höchste Krone
Mann und Frau sind in Gemeinschaft!

Eva, vielgeliebte Eva,


Du Ikone meiner Gottheit!
Gottes Schönheit widerspiegelnd,
Offenbarst du Gottes Schönheit!

Ja, ich schaute Gottes Schönheit,


Als ich Evas Schönheit schaute!
Ich berührte Gottes Schönheit,
Als ich Evas Leib berührte!

ZWÖLFTES KAPITEL

Nein, Eva, mit den äußeren Augen schau ich nicht auf deine leibliche
Nacktheit. Was erkennen denn schon die äußeren Augen? Wie verklebt
sind unsere äußeren Augen, die wahre Schönheit zu erkennen! Adam,
sprach Eva, mit den äußeren Augen auch erkenne ich nicht deine wahre
Schönheit. Aber hast du mir nicht gestern in die Augen geschaut und habe
ich dir nicht gestern in die Augen geschaut und wir schauten uns lange und
liebewarm in die Augen, nicht nur liebevoll, sondern auch wissbegierig,
durch den Spiegel der Seele die Seele zu erkennen: Was ist das für eine
Seele, die diesen Blick beseelt? Ist es wahre Liebe, ist es wirklicher
Frieden? Ist es ein hungriger und begieriger Blick oder ist es ein
seeleausströmender schenkender Liebesblick? Und ich erkannte, wie du
mich voller bewundernder Liebe mit deinen Seelenaugen liebkostest und
schmeicheltest meiner verletzten Seele. Ach Eva, sprach Adam, wie blind
wär ich doch, so blind wie ein Maulwurf, wenn ich des inneren Blicks
ermangelte. Ich sehe mit meinem inneren Blick deine Seele und meine
Seele und unserer Seelen Gemeinschaft und die Liebe und Freundschaft,
die zwischen uns waltet, ich sehe dein mütterliches Herz und mein
väterliches Herz, du musst mir Mutter sein und ich will dir Vater sein, du
mir eine liebevolle zärtliche Mutter, und ich für dich ein Vater voller
Wertschätzung und Ehrfurcht. Du, Eva, musst mir eine Seele sein, die sagt:
Adam, es ist schön, dass du ein Mann bist, ein starker, ja, brutaler
Charakter, ein Mann nach dem Vaterherzen Gottes! Und ich will dir mit
meiner Seele sagen: Wie schön, o Frau, dass du Frau bist, wie gut, dass du
das feminine Antlitz Gottes widerspiegelst! Mein innerer Blick sieht vor
allem deine Seele nackt und bloß und offenbar vor meinen Herzensaugen
liegen, aber nicht in einer Lichtaura oder einem Windhauch, sondern in
einem paradiesischen Lichtleib voller Glanz! Ich liebe den Glanz deines
nackten Leibes, der mir deine Seele sichtbar macht vor den inneren Augen
meiner Seele! Wie schenkst du dich mir! Wie geb ich mich dir ganz hin!
Wie verschmelzen wir miteinander, wie fließe ich in dich hinein und wie
lebst du in mir! Du bist ja nicht mehr die Frau mir gegenüber, die Frau an
meiner Seite. Du bist nicht die Herrin über mir und ich dein Sklave, du bist
nicht die Magd zu meinen Füßen und ich der Herr, nein, Eva, du bist Seele
in meiner Seele. Aber ach, ach weh, Eva, sag, lebt meine Seele auch in
deiner? Hier schwieg Adam vor Schmerzen. Die allmächtige Liebe schuf
die Schöpfung aus dem Nichts und schuf Eva aus dem Nichts, die
Schöpfung Eva zu Füßen zu legen. Die allmächtige Liebe sah die
Schöpfung: Siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Sternbild der
Schlange, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Sternbild des
Großen und des Kleinen Bären, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe
sah das Sternbild des Hirsches vom Element der Schmetterlinge, siehe, es
war gut! Die allmächtige Liebe sah das Element der Frösche, siehe, es war
gut! Die allmächtige Liebe sah den Skorpion mit seinem Schwanz in
trockener Wüste und großer Sonnenhitze, siehe, es war gut! Die
allmächtige Liebe sah den beruhigenden, gefühlvollen Krebs, der den
Skorpion beruhigte, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den
weißen Schnee in seinem keuschen kühlen weißen Linnenkleid, siehe, es
war gut! Die allmächtige Liebe sah die Gerbera mit ihren roten
Feuerzungenküssen, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die
weiße Narzisse, eben erblüht, und roch den betörenden Duft der Sexualität,
siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den Pflaumenbaum im Winter
erblüht, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die schwarze Katze,
siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den Eichenbaum, siehe, es
war gut! Die allmächtige Liebe sah das Ehepaar von schwarzen Amseln,
siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den Kastanienbaum, sah die
stachligen Früchte, sah die Turteltauben ihre Flügel spreizen im Wipfel,
siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Universum, sah die
kosmische Energie, sah die Gnome und die Nymphen und die Sylphen und
die Salamander, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die Wolken
und den Regen spielen, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den
Phönix mit dem Zaubervogel spielen, siehe, es war gut! Die allmächtige
Liebe sah die Hochzeit des Esels mit dem Drachen und die Liebe des
Drachens zum Esel, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das
Tanzen der Zwerge und hörte das aufgeregte Lustgeschrei der Zwerge,
siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die Najaden nackt baden im
Wasserfall, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah die festen Euter
der Zicken, die großen Euter der Kühe, siehe, es war gut! Die allmächtige
Liebe sah die grüne Teepflanze, die Kakaobohne und die Kaffeebohne,
siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah das Brot und den Wein aus
der Erde wachsen, siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe sah den
purpurnen Poppie blühen im goldenen Weizenbündel, siehe, es war gut!
Die allmächtige Liebe sah den fruchtbaren Weinberg mit seiner
schwangeren Fruchtbarkeit und seinen Traubenbrüsten, lasziv und trunken,
siehe, es war gut! Die allmächtige Liebe legte den Kosmos wie eine
duftende Blume zu Evas Füßen. Eva, Eva, ich habe dich erschaffen als
mein Abbild, sprach die allmächtige Liebe, und ich schenke dir den
Kosmos, die grüne Mutter Natur als Geschenk, nimm es dankbar an, und
rieche an der weißen Blume des Universums und lasse dich berauschen
von dem erotischen Parfüm der weißen Frühlingsblume des Universums!
Ich, die allmächtige Liebe, habe die Schöpfung im Frühling erschaffen, sie
dir zum Geschenk meiner Liebe zu machen! Was ich will? Was sind meine
Hintergedanken? Nimm nur mein Geschenk an und ergötze dich daran!
Berausche dich am erotischen Parfüm der grünen Mutter Natur, dann lass
dein Herz anschwellen und sage: Danke, allmächtige Liebe, für solche
Liebe, für solch ein Geschenk als Ausdruck deiner Liebe! Danke, Liebe,
Danke, allmächtige Liebe, Danke, schöne Liebe! Ich bin voll befriedigt
von deiner Ganzhingabe! Ich bin erfüllt, gestillt, gesättigt, getränkt,
berauscht, bin trunken von deiner Lust, du göttliche Liebe, ich bin selig!
Adam bekennt: Eva, du bist ein Geschenk Gottes an mich! Aber ich
gestehe, ich zweifle an der Güte und dem Ernst des Gebers und an dem
Segen dieses Geschenkes. Ist da vielleicht eine göttliche Ironie verborgen?
Denn ich muß denken, du bist die vollkommene Frau, ausgestattet mit
allen Gaben der Götter. Die Göttin der Liebe und Schönheit gab dir deinen
Körper mit aller Schönheit und allen Reizen. Die Göttin der Weisheit gab
dir deine Einsicht und deine Erkenntnisse und deine Intuition, die mich
inspirieren. Die Göttin der himmlischen Macht gab dir deine Hoheit und
Würde und auch deine Macht über meine Seele. Die Göttin der Reinheit
gab dir deine engelgleiche Seele voller Güte, Sanftmut und Demut. Die
große Mutter gab dir deine übermächtige Mütterlichkeit und zugleich eine
extatische Sexualität. Du bist mit allen Tugenden des Weibes ausgestattet.
Aber die Götter gaben dir eine Büchse mit, aus der steigen alle Flüche, die
auf der Erde und dem Menschen lasten: Herzzereissender Kummer,
seelenverstörender Schmerz, geistverstörender Wahnsinn,
körpervernichtender Krankheit, Leib und Seele scheidender Tod! Aber aus
der Büchse stieg auch die Hoffnung auf, als einzige gute Gabe, die
göttliche Tugend der Hoffnung! Die Hoffnung ist eine schöne Frau, die
verheißt die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben in
paradiesischer Glückseligkeit! Die göttliche Hoffnung flüstert mir
verheißungsvoll ins Ohr: Dort werdet ihr ewig vereint sein im Zyklus der
göttlichen Liebe! Also du bist eine Gabe und ein Geschenk Gottes, aber
nicht als Besitz auf dieser Erde, nicht zum Genuß auf dieser Erde. Du bist
ein Geschenk Gottes als eine Verheißung, ein Versprechen! Du bist
gewissermaßen der Liebreiz Gottes, die verführerische Schönheit Gottes
voller Charme und Reiz, die mich verführen will in die Ewigkeit, in der
Schoß der göttlichen Liebe! Aber bist du wirklich eine sichtbar
erschienene Gnade Gottes voller Charme und Liebreiz, oder bist du ein
dunkles Verhängnis? Siehe, ich flüchtete mich in die Gedanken Gottes. Ich
ging allein im friedlichen Ideenhimmel spazieren und schaute die Ideen in
ihrer makellos glänzenden Schönheit und sah sie mit apathischer
Seelenruhe. Aber da kamst du, das Weib! Du rissest mich aus meiner
intellektuellen Einsamkeit und pflanztest mich als einen Lebensbaum in
deinen Garten. Du grubest mich und wühltest mich in die schwarze Mutter
Erde. Du lehrtest mich das wässrige Element der Frösche und das luftige
Element der Schmetterlinge. Du lehrtest mich die Euter der Kühe zu
bewundern und die Hörner der Stiere. Du lehrest mich das Maul des
Hengstes zu feiern und die bebende Flanke der abgehetzten Stute! Du
lehrtest mich das Gurren der Turteltauben lieben und das Spreizen und
Schlagen ihrer Flügel und das Schnäbeln und Picken ihrer Schnäbel! Du
lehrtest mich das lebendige Leben zu lieben, die reale Wirklichkeit. Für
dich war die Erde nicht eine tote Materie, ein wesenloses Ding. Für dich
war die Erde ein lebendiger Organismus, ein Lebewesen. Du sagtest: Die
Mutter Erde lebt, die grüne Mutter Natur atmet ein und atmet aus, sie
pulsiert, sie glüht, sie liebt! Du lehrtest mich die Sprache der Liebe hören
aus dem Munde der Schöpfung. Meine Logik ergänztest du durch deine
Erotik. Meine Geistigkeit ergänztest du durch deine Wirklichkeit. Meinen
Himmel ergänztest du mit deiner Erde. So feiern wir eine heilige Hochzeit
wischen Männlichem und Weiblichem. Der Gott des Himmels und die
Göttin der Erde, das sind wir. Der Geist bin ich und du die Materie, wir
zelebrieren eine mystische Vermählung. Ich bin ein Abbild von Gottgeist
und du bist ein Abbild von Gottnatur und zusammen in Vereinigung sind
wir ein Abbild der Einen Einzigen Ewigen Gottheit. Ich verkörpere die
väterliche
Transzendenz Gottes und du verkörperst die mütterliche Immanenz
Gottes, gemeinsam in mystischer Vereinigung spiegeln wir die absolute
Gottheit, die Alleinheit. Siehe, so rissest du mich aus meiner Logik und
Theorie Gottes, verführtest mich zur schwarzen Erde, zur grünen Natur
und zum roten Eros, aber nicht, um darin stecken zu bleiben, sondern um
ein vollkommeneres Gottesbild zu erkennen, ja, nicht nur zu erkennen,
sondern im eigenen Leben Seite an Seite mit dir abzubilden und zu
verkörpern. So bist du ein Weg für mich geworden von dem Gott der
Philosophen durch den Eros zum lebendigen Gott, der lebendigen Gottheit,
die Eins und Alles ist.

DREIZEHNTES KAPITEL

Ich sehe eine Welt, ich weiß nicht, ob es im Indischen Ozean ist, oder in
Afrika, da besteht die Gesellschaft aus Affen. All ihr Paviane und
Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans, Totenkopfäffchen und
Menschenaffen! Unruhig ist das Herz des Affen! Die Menschenaffen
befingern schamlos ihr Geschlecht und masturbieren in der Öffentlichkeit
wie der kynische Philosoph. Die wilden Affenmenschen kommen aus den
finsteren Wäldern hervorgejagt und rauben sich junge schwarze Mädchen
und vergewaltigen sie zu Tode! Aber es gibt auch Gorillafamilien und
Gorillasippen, da sitzen die Alten unter Bäumen, die Männchen furzen und
die Weibchen schwatzen in ihrer törichten Affensprache von ihrer
Affenmutterliebe und die kleinen Äffchen klettern auf den Kletterbäumen
und schwingen sich lustig kreischend von Ast zu Ast. Liebe Freundin, du
lachst, denn diese Gorillasippen verhalten sich so wie eine menschliche
Sippe beim geselligen Kindergeburtstag. Aber vergewaltigt möchtest du
nicht werden von solch einem Waldmenschen und zu Tode gerammelt? Du
beruhigst dich, sie rauben ja nur blutjunge Afrikanerinnen? Aber wenn sie
nun reife weißgesichtige Frauen besonders begehrenswert finden? Und die
Affenweibchen, die die Schamlippen ihrer Klitoris mit dem Finger
aufreizen, bis sie zum Orgasmus kommen? Und die Affenmännchen, die
den Penis rubbeln, bis sie zum Orgasmus kommen? Können sie nicht
anders oder wollen sie nicht anders? Stelle dir ein Affenmännchen vor,
dem der Affenpapst verboten, sich selbst zu befriedigen, was er dann tut?
Er wird der Erfinder der romantischen Liebe und verklärt von
zurückgehaltener Erregung wird die geliebte Äffin ihm erscheinen wie die
Affengöttin selbst, die aus einer Kokosnuß die Welt erschaffen hat? Oder
wird der Affe zu seiner Äffin sagen: Geliebtes Affenweibchen, Gott Amon
hat die Welt erschaffen, der eine einzige Gott im Himmel in seiner
Einsamkeit, indem er masturbierte! Als die Samentropfen in die Büsche
fielen, da wurde die Erde. Aber du und ich, geliebtes Affenweibchen, wir
waren zwei verschmolzene Samentropfen in der Hand des
masturbierenden Schöpfergottes Amon! Das ist der Monotheismus der
Affenreligion. Jetzt sieht Adam, der Erste Mensch, aber einen Wahren
Menschen, einen Edlen Menschen, einen Heiligen Menschen. Eva
erscheint. Gott hat sie geschickt! Eva, ich stehe vor dem Tor zu Eden, in
meinem Herzen ein Liebeslied. Über mir und unter mir und um mich ist
dunkle Nacht. Da kommst du mir entgegen aus dem Garten Eden. Du
trittst ans Tor von Eden. Ich kann es kaum glauben, dass du es wirklich
bist. Träum ich oder wach ich? Du bist nicht eine irdische Frau, nicht
Staub vom Staub. Du bist eine Erscheinung, eine Vision, ein Traum, eine
Traumfrau, die schönste Fleischwerdung der Weltseele! Du bist ganz
Seele, all deine Körperlichkeit ist ganz aus Seele! Deine Materie des
Körpers ist kein toter Stoff, kein sterbliches Ding, deine Körpermaterie ist
Energie und Licht, ist Kraft von Gott, ist Welle des schwarzen Lichtes
Gottes! Du bist ganz schwarz, dein Leib ist schwarz, deine Beine sind
schwarz, deine Füße sind schwarz und schweben auf den Wolken der
dunklen Nacht. Dein Haar ist schwarz und fließt mit den Wolken, dein
Antlitz ist schwarz und nur die beiden Spiegel der Seele strahlen wie
blitzende Sterne. Du bist schwarzes Licht vom schwarzen Licht Gottes. Du
erscheinst aus der Wolke. Danke, dass du deinen blendenden Glanz so
gemildert hast, dass ich dich schauen kann! O du bist es, du bist Seele von
meiner Seelenart, du bist Körperlichkeit von meiner Körperlichkeit, du bist
spirituelle Schönheit nach dem Traumbild meiner Seele, du bist kosmische
Erotik nach dem Traum meines blutigen Herzens! Du bist es, keine sonst,
und du allein wirst immer es sein, die Eine, die Einzige, die mir von Gott
gegeben ist zum Vis-à-vis, die Egalité für meine Seele! Wir stehen uns
gegenüber und schauen einander von Angesicht zu Angesicht in einem
flüchtigen Augenblick, doch in dem flüchtigen Augenblick verborgen ist
die Ewigkeit und durch dein Antlitz schaue ich schon Gottes Antlitz!
Sprachlos vor der Schönheit reiche ich dir das Gestammel meines
Liebesliedes, das Gestotter eines Idioten!

AN EVA

Eva, Eva, o du Baum des Lebens,


Mit den Wurzeln in der Erde
Kannst du durch den Himmel wandeln,
Eva, du bist meine Heimat,

Heimat meiner Seele, Eva,


Ist die Nähe deiner Seele,
Mein Zuhause in dem Himmel
Ist der Garten deiner Seele!

So zuhause wie bei Eva


Adam fühlt sich in der Seele,
So daheim ist nur ein Dichter
An dem Grabe seiner Oma.

Adam sagt zu Eva: Eva, Geliebte! Als ich noch allein war, schien mir
Gottes großer Garten, die Mutter Natur, keines Interesses würdig. Das
Grünzeug schien mir dumm, die Tiere fand ich ekelhaft, die Pflanzen und
die Tiere hatten keine Seele, die Berge waren nur Grenzen, das Meer
zeigte mir nur, wie einsam ich bin. Die Schöpfung lebte mir nicht, erst
recht war sie kein Geschenk Gottes an mich zu meiner Seligkeit. Nein, ich
sah die Welt, die Gott geschaffen hat, wie eine schreckliche Finsternis an,
wie das Reich des ewigen Todes. Nur Jammer und schreckliche Schmerzen
sah ich. Über mir der Himmel war eine festgegossene Wolkendecke wie
aus Kupfer, verschlossen war mir der Himmel. Alles unter der Sonne war
sinnlos. Sinnlosigkeit der Sinnlosigkeiten, alles sinnlos, so seufzte ich
immer wieder. Nur über dem Himmel, da lebten die lichten Ideen, die
strahlenden Gedanken Gottes. Da tanzte die göttliche Schönheit, da tanzte
die göttliche Weisheit, da tanzte die göttliche Liebe. Da waren
morgenrötliche Gipfel und Spiegel aller Erkenntnis. In den Ideen lebte ich
allein und ging spazieren mit den schönen Gedanken Gottes. Aber dann
bist du mir erschienen, und siehe, durch dich ist mir die schöne Schöpfung
Gottes zum Geschenk für meine Seligkeit geworden! Ich sehe nun die
Gräser liebkost vom Zephyrlüftchen, ich sehe nun die Krokusblumen
geliebt von der Honigbiene mit dem süßen Stachel, ich sehe nun den
Schoß der Rose trunken vom Morgentau, ich sehe nun die Glut auf den
Wangen des wilden Mohnes, ich sehe nun die heimliche Liebe der Iris, ich
sehe nun die Wonnen der weißen Rosen und die Glorien goldener Rosen,
ich sehe nun die Pflaumen sich spalten und überfließen von süßem Saft,
ich küsse nun die Wange des Pfirsichs, ich rieche nun den Duft von Ylang-
Ylang, sein sexuelles Parfüm, ich sehe nun die Lippen der Lilie
überfließen von fließender Myrrhe, ich sehe nun die Aloe flirten mit dem
Bambus, ich höre den Bambus seine goldne Leier vom Winde spielen
lassen, ich hoffe nun auf die Rose der neuen Morgenröte, ich sehe tanzen
die Rose der Freiheit im Winde, ich sehe die Äpfel und die Birnen und die
Mangos und die Quitten wie Früchte des Lebens, wie paradiesische
Wonnen, ich sehe nun die Turteltauben in ihrem Liebesakt, wenn sie mit
gespreizten Flügeln sich picken in den Wipfeln der Bäume, ich liebe nun
die Amsel-Eheleute, und ich liebe das nächtliche Quaken der Frösche, ich
freue mich am Hoppeln der Kaninchen und am Lauf der Ponys, ich freue
mich am heißen Hengst und an der bebenden Stute, ich freue mich und
sauge am Euter der Kuh, die trächtig ist vom Horn des Stieres, ich sehe die
Sterne nun wie lächelnde Blumen, wie Tiere des Himmels, ich freue mich
am Stern der Schlange und am Stern der Jungfrau, ich freue mich am Stern
des Hirsches und am Stern des Bären, ich freue mich, wenn das Element
der Schmetterlinge spielt mit dem Element der Frösche, ich lache, wenn
der Stern des Hirten den Stern der Weberin besucht und sie einander
Geschenke machen, ich freue mich an den Schleiern der Nebelspiralen und
an den kosmischen Galaxien mit ihren bunten Paradiesgärten und ihren
verbotenen Weinbergen! Alles ist Sprache der Liebe geworden, alles ist
erotisches Liebesflüstern geworden. Die Protonen und die Elektronen
begehren einander. Der Magnetismus und die Elektrizität sind Erotik der
Schöpfung. In den Kirschblüten sehe ich im Schleier ihres Duftes dein
Antlitz! In dem Vollmond seh ich dein Antlitz liebevoll und selig vom
Himmel lächeln! Ich sehe überall die Weltseele, ich sehe überall den
göttlichen Eros, ich sehe überall, so wie Adam und Eva, Yin und Yang als
Kräfte der kosmischen Erotik. Es ist die göttliche Liebe, die du mir
offenbarst, die erotische Grünkraft, die erotische Vitalität des göttlichen
Lebens in allem Leben. Deine Schönheit, Eva, meine Liebe zu dir, o Eva,
sie machten mir die Schöpfung zur Sprache der Liebe, zum Geschenk der
göttlichen Liebe, zum Ort der Glückseligkeit und himmlischen Wonne und
paradiesischen Wollust! Erst durch dich hat mich Gott von meinem
pessimistischen Idealismus zum optimistischen Idealismus geführt. Erst
durch dich, Geliebte, hat Gott mir die Schöpfung geschenkt. Darum bist du
die Mitschöpferin meiner Seeligkeit! Halleluja, nun bin ich der Geliebte
der Gottheit! El Shaddai, die nährende Brust, ist meine Gottheit! Ich bin
der Geliebte der Gottheit! Zur Hochzeit macht mir die Gottheit ein
Hochzeitsgeschenk, deinen Leib, Eva! Deinen Leib, den paradiesischen
Weinberg, schenkt mir El Shaddai, die Gottheit mit der nährenden Brust,
zur himmlischen Hochzeit! O Weinberg, ich komme als dein Gärtner!
Breite deine schwangeren Rebzweige aus, Geliebte! Laß mich sehen die
prahlende Pracht der Trauben deiner Brüste! Ich will deinen Weinstock
besteigen und die Trauben pflücken! Dein Becken ist ein Becher voller
Wein, Mischwein der Vereinigung! In deinem Schoß im tiefsten Innern
will ich die Perle finden, die du mir schmelzen sollst in meinem Wein, den
ich schlürfen will, und lecken will ich noch die Scherben! Pflegen will ich
meinen Weinberg, eine Steinmauer bauen um den Weinberg, dass die
wilden Eber nicht abweiden meinen Weinberg! Wachsen aber Brennesseln
und dürre Dornen, will ich sie alle ausreißen! Mein Weinberg soll
fruchtbar sein und Frucht bringen dem Geliebten Gottes! Ich werde
kommen und pflücken die Trauben und stampfen die Kelter, das Blut
spritzt mir an die Schenkel! Und aussaufen will ich den Becher des Weines
Gottes bis auf den Grund in Einem Zug! Berauschen will ich mich am
Feuer Gottes! Berauschen will ich mich an der göttlichen Liebesglut, die
glüht im Wein der Geliebten! Trunken will ich taumeln in dein Bett und
dich erkennen in der Wahrheit, die im Weine wohnt! Denn auf dem Grunde
des Bechers seh ich die nackte Wahrheit, die Geliebte! Jetzt, Geliebte, jetzt
wollen wir uns vereinen! Halleluja, jetzt zeugt Herr Geist in Frau
Schönheit schöne Kinder! Ich sehe, siehe, was ich sehe, ist, Eva, dein
glänzendes Ei, dein empfängliches Ei, dein feminines Ei, dein
hingebungsvolles Ei. Ei Evas, ich sehe eine Schar von Samenzellen Adams
tanzen und schwänzeln um Evas Ei. Da ist der Schnellste, er ist als Erster
beim seligen Ei, doch er ist nicht der wahre Geliebte, er wird nicht
erwählt! Da ist der Stärkste, er kommt in der Kraft, er drängt sich auf mit
all seiner maskulinen Kraft, doch er wird nicht erwählt, er ist nicht der
wahre göttliche Same! Da kommt die geliebte Zelle, da kommt der
Geliebte Same Adams! Evas Ei erkennt in instinktiver Intuition oder
Hellseherei der magischen Sympathie: Der ist es! In diesem Samen Adams
seh ich den Logos Spermatikos! Hier erscheint Panspermia, die göttliche
Potenz! Jetzt tut Evas Ei sich auf und lässt die geschwänzte Samenzelle
Adams ein, sie umarmen sich, sie glühen ineinander, sie verschmelzen, der
Funke des göttlichen Eros zuckt in ihnen auf in jähem Jubelschrei,
Halleluja! Adam und Eva sind in Lust der Liebe vereinigt in himmlischer
Hochzeit als Mitschöpfer und Mitschöpferin Gottes!

VIERZEHNTES KAPITEL

Adam sprach zu Eva: Schaue mein Ich! Ich bin geschaffen von Gott um
meiner selbst willen! Ich! Ich habe drei Seelen, meine Liebe! Die oberste
Seele ist die Seele meines Geistes. In ihr wohnt die Vernunft, das
Denkvermögen. Die Krönung der Vernunft ist das Erlangen der Weisheit.
Der Mensch ist fähig, weise zu werden. Allerdings habe ich erkannt, dass
zum Erlangen der Ewigen Weisheit eine göttliche Erleuchtung durch das
finstere Licht der Gottheit notwendig ist. Wenn allerdings in der dunklen
Nacht des Verstandes die Ewige Weisheit unmittelbar eingegossen wird,
dann erkennt man das absurde Paradox der Wahrheit, dass die Ewige
Wahrheit sich offenbart in der Torheit Gottes! Aber meine zweite Seele ist
die mittlere Seele, das ist die Seele meines Herzens. Hier wohnen alle
meine Gefühle, meine Liebe, meine Freundschaft, meine Sympathie und
mein Mitleid. Was aber ist die höchste Tugend dieser Seele des Herzens?
Ich sage dir, geliebte Eva, wenn du Besitz verloren, so sorge dich nicht und
erwirb dir neuen Besitz. Wenn du die Ehre verloren hast, ermanne dich und
schaffe dir Ruhm. Aber wenn du den Mut verloren hast, dann wäre es
besser, nie geboren zu sein. Der Mut des Herzens, der Starkmut des
Herzens, der Lebensmut des Herzens, der Todesmut des Herzen ist die
wahre Tugend der Seele des Herzens. Aber meine dritte Seele, die unterste
Seele, ist die Seele meines Leibes. Eva, hier wohnt das Verlangen, die
Wollust! Was aber ist die höchste Tugend der Wollust? Es ist das rechte
Maß! Nicht zuwenig der Lust, denn sonst vertrocknest du und verwelkst
vor der Zeit. Aber auch nicht zuviel der Lust, denn sonst verzehrst du dich
und verbrennst zu einem Häufchen Asche. Begehre nicht zu wenig der
Wollust, indem du dich zufrieden gibst mit der Wollust des Wurmes oder
des Affen! Begehre aber auch nicht zuviel der Wollust, indem du die
Wollust der seligen Götter und Göttinnen begehrst! Das rechte Maß der
Wollust ist die Wollust des Menschen. Wenn aber die Wollust das
menschengemäße Maß gefunden, wenn aber das Herz den Lebensmut
gefunden und wenn das Denken die Weisheit gefunden, dann ist die Seele
gerecht. Fragst du dich, was ein Gerechter sei? Ein Gerechter hat in seinem
Denken die Weisheit erkannt, sein Herz gestärkt mit Mut und seinem
Verlangen das rechte menschliche Maß gegeben. Und Eva sprach: Adam,
ich bin als ein einzigartiges Ich von Gott geschaffen um meiner selbst
willen! Ich bin Eva, ich bin Ich! Man sagt mir: Erkenne dich selbst!
Erkenne den Reichtum der Seele, erkenne den Wert deiner Seele. Ich bin
die Seele, das tiefe Gemüt. In mir sind innere Räume, innere Throne,
innere Brautgemächer, innere Gärten, innere Burgen, innere Betten. Du
sprichst von drei Seelen in deiner Brust, Adam? Ich schaue sieben Seelen
in meinem lebendigen Busen! Die Seelen wandeln in inneren Wäldern,
leben in inneren Hütten, reiten innere Seelenrosse, tragen innere
Seelenwaffen, haben innere Seelenbrüder! Die Seele hat Kammern,
Wohngemächer, Badezimmer, Schlafgemächer, Spiegel und Schleier und
Betten! Meine Seele ist ein Lustschloß mit sieben Gemächern. Aber im
Innersten Gemach ist mein Schlafgemach, im Zentrum meines
Schlafgemaches steht das verschleierte Himmelsbett meines Seelenkernes,
und in dem verschleierten Himmelsbett meines innersten
Seelenbrautgemaches liegt mein Gott, nackt und zur Erkenntnis willig,
dort vereinige ich mich mit meinem nackten Gott und erfahre die
mystische Union und die ekstatische Verschmelzung mit meinem Gott und
Herrn! Aber Adam begann zu philosophieren von der Liebe: Meine Göttin
Pallas Athene mit den strahlenden Augen! Wenn das Ich voll Liebe ist,
dann will das Ich sich schenken dem Du. Wo soll die Fülle bleiben? Es ist
soviel Fülle der Liebe im Ich, solche Glut voll Saft und Kraft, sie muß sich
verströmen! Sie will strömen über zum geliebten Du, sie will streicheln,
die Fingerspitzen küssen, mit den Haaren spielen, die Brüste berühren,
küssen die Brustspitzen, umfassen den vollkommenen Podex der
Geliebten. O die Seele des Liebenden ist so voll, sie will zeugen in dem
Schoß der Seele der Geliebten! Ich bin ganz Zeugen, sei du ganz
Empfangen! Öffne den schweigenden Schoß deiner Seele, dass ich Geist
zeugen kann im Schoße deiner Schönheit, dann brüte und hege meinen
zeugenden Samen des Wortes und bewahre mein Wort in deinem Herzen
und bewege den Samen meines Logos in deinem Herzen meditierend.
Denke dir, das Ich des Liebenden ist die Thesis, die Thesis geht über in ihr
Gegenüber, die Antithesis, das heißt, das liebende Ich verschenkt sich an
das geliebte Du. Da wird das Ich begraben im geliebten Du. Das Ich ist
gestorben den mystischen Egotod. Das Ich ist Nichts, ist Herr Niemand, es
ist nur noch das Du. Alles ist das Du, das Ich hat sich ganz aufgelöst im
Du, das Ich ist nicht mehr, es ist allein das Du. Allerdings, wenn der
Zyklus der Liebe nicht gewaltsam unterbrochen wird, dann wird das Ich
auferstehen im Du. Dann wird das Ich aufleben und wird nun leben im Du.
Du, geliebtes Du, du wirst mein liebendes Ich in deinem Innern tragen und
wirst selbst zum liebenden Ich, und dein liebendes Ich wird sich
zurückschenken an das geliebte Du, nämlich an mein geliebtes Ich. Was
ich aber empfange von dir, dem liebenden Du, das ist mein gekreuzigtes
und auferstandenes Ich, verklärt durch deine Liebe. Du schenkst mich mir
zurück, vermehrt, verklärt durch deine Liebe. So empfange ich mein Ich
von deinem Du, und nun besitze ich mich erst selbst, denn ich bin nun ein
geliebtes Ich. Diese Vereinigung im Schenken und Widerschenken ist die
Synthesis, die mystische Ehe der Seelen, die mystische Vereinigung von
Ich und Du im Zyklus der Liebe. Wehe aber dem Mann der Zukunft, der
sein Ich voll Liebe überfließen lässt und schüttet in den empfangenden
Schoß der geliebten Seele und wird gekreuzigt und begraben im Herzen
der Geliebten, aber die Geliebte besitzt nicht die Kraft der Liebe, das Ich
aus dem Nichtsein aufzuerwecken, sie besitzt nicht den Willen der Liebe,
das Ich, das gestorben ist, aufzuerwecken und wieder zurückzuschenken,
vermehrt und verklärt mit Liebe. Dieses Ich ist dann den zweiten Tod
gestorben, den ewigen Tod, es ist vernichtet, ohne aufzuerstehen. In
diesem Sinne wird der Gekreuzigte, der nicht aufersteht im Herzen der
Geliebten, sagen: Du bist meines Lebens Mörderin! Hier ist der Zyklus der
Liebe gewaltsam unterbrochen. Eva sprach: Adam, nimmst du mich auch
an, so wie ich bin? Nimmst du mich an als ein von der Ewigen Liebe
geschaffenes Ich, geschaffen um meiner selbst willen? Oder denkst du, ich
sei für dich geschaffen? Oder denkst du, ich sei kein Ich, sondern ich sei
nur ein anderes Du? Gestehst du mir zu, dass ich eine Person bin, eine
eigenständige Persönlichkeit mit einer einzigartigen Intimität zu Gott?
Gestehst du mir zu, dass ich nicht die Verkörperung deiner unbewussten
Seele bin, nicht die Fleischwerdung deiner Traumfrau, sondern dass ich
eine reale Existenz bin, ein wirkliches Wesen, mit einer selbstständigen
Geistperson, gehaucht von Gott? Gestehst du mir zu, daß Gott mich liebt,
mich selbst und mich allein, auch unabhängig von dir? Gestehst du mir zu,
dass Gott einen Plan für mein Leben hat und einen individuellen Weg mit
mir gehen will, und zwar nicht um deinetwillen, sondern um meinetwillen?
Gestehst du mir zu, dass Gott mich nicht geschaffen hat, um deine
Ergänzung zu sein, um deinen Hunger nach der göttlichen Liebe zu
sättigen und deinen Durst nach der göttlichen Liebe zu stillen, gestehst du
mir zu, dass Gott mich zuerst einmal geschaffen hat, damit Gott mir all
seine Liebe in einzigartiger und individueller Intimität schenkt und spendet
und eingießt? Gestehst du mir zu, dass Gott mir einen weißen Stein gibt
mit einem Namen darauf, den niemand kennt als Gott und ich? Diesen
Namen kennst du nicht, Adam, du wirst ihn in Ewigkeit nicht kennen! Ich
nackt und Gott nackt und niemand drängt sich in meine Gottes-Ehe! Wenn
du mich nämlich nur als Spiegel deiner Seele, als Verkörperung all deiner
unbewussten Sehnsüchte ansiehst, als Fleischwerdung deiner süßesten
Träume, dann liebst du nicht mich, dann liebst du nur deine eigene Seele.
Dann ist all deine Verliebtheit zu mir nur eitle Selbstverliebtheit,
Besessenheit von der eigenen Anima, Verfallensein an die eigene Anima.
Wenn du mich aber annimmst als eigenständige Souveränin von Gottes
Gnaden, als ein wirkliches Lebewesen, einen selbstständigen Geist, als
eine einzigartige Geistperson von eigener Würde und mit eigenem Genius,
dann kann ich für dich in all meiner Sympathie und Freundschaft zu einem
Geschenk werden, zu einer Bereicherung deines Weltbildes, zu einer
Bereicherung deines Gottesbildes. Dann kann ich dir die andere Hälfte des
Universums offenbaren. Dann wird deine Logik mir die Tagseite des
Kosmos erklären und meine magische Intuition wird dir die Nachtseite des
Kosmos fühlbar machen. Eva und Adam saßen nebeneinander, Körper
nahe bei Körper, Aura berührte Aura, die Seelen atmeten die gemeinsame
Luft. Sie schauten die Schöpfung, die Bildung der Planeten, die Bildung
der Sonne und der Erde, das Urmeer, die ersten Algen, die ersten Zellen im
Meer, die ersten Amphibien und Fische, die ersten Kriechtiere an Land,
riesige Drachen und Urvögel, Säugetiere, Schlangen, Primaten, Affen.
Zwischen Adam und Eva saß der Amor Gottes. Eva umarmte den Amor
Gottes und Adam berührte den Amor Gottes, und in der Berührung des
Amors Gottes berührten sich Evas und Adams Fingerspitzen zärtlich, da
zuckte ein elektrisches Feuer, ein knisternder Funken zwischen den
Fingerspitzen hin und her. Am Abend aber lag Adam unter einer prallen
Traube von roten Weinbergen und schaute in den gestirnten Himmel
Gottes und sagte: Gott, was ich heute berührt, das war die Zärtlichkeit
Gottes! Gott, du bist gewiss eine überseiende Gottheit, unaussprechlich,
unbegreiflich! Alles, was ich von dir sagen könnte, trifft die Wahrheit
nicht! Sage ich: Du bist Vater! So sagst du: Ich tröste wie eine Mutter!
Sage ich: Du bist Geist! So sagst du: Doch kannst du mich körperlich
berühren! Sage ich: Du bist Licht! So sagst du: Ich wohne im finsteren
Licht! Sage ich: Du bist der Herr! So sagst du: Ich bin Frau Weisheit und
komme zu dir wie eine liebende Mutter und eine junge Braut! Nenne du
mich deine Schwester und Freundin! Sage ich: Du wohnst im Himmel der
Himmel! So sagst du: Und ich lebe doch im allerkleinsten Quäntchen! Du
bist also unbegreiflich! Du bist also nicht aussagbar! Aber wie kommt es
dann, dass ich zwar an eine überseiende Gottheit glaube, aber dennoch
spüre, in der lieben Frau an meiner Seite bist du körperlich anwesend,
kann ich dich körperlich schauen, ja, dich körperlich berühren! Wie
komme ich dazu, dich, den nie ein Auge gesehen hat, zu sehen? Dich, der
reiner Geist ist, zu berühren! Wie kann ich sagen, dass ich Gottes Finger
berührt? Wie kann ich sagen, dass ich Gottes Zärtlichkeit leibhaftig
begegnet? Und doch ist es so! So wird es auch dem Neuen Adam gehen
und allen seinen jungfräulichen Brüdern: Sie berühren die Ewige Liebe
leibhaftig in ihrem bräutlichen Körper, sie küssen den Körper Gottes, sie
vereinigen sich in ihrer Einheit von Leib und Seele mit der leiblich-
seelischen Gottheit! In der Freiheit von allem sexuellen Zwang
entschieden sie sich, die Ewige Liebe zur göttlichen Braut zu erwählen,
und die Ewige Liebe als göttliche Freundin berührt sie in ihrem
bräutlichen Körper, und sei es auch nur an der Spitze ihres Fingers, aber
ah, und oh, welch eine Berührung von kosmischer Elektrizität, elektrischer
Erotik Gottes!

FÜNFZEHNTES KAPITEL

HYMNE AN DIE SCHÖNHEIT

Eva, du bist eine Schönheit!


Schönheit, das heißt Licht und Klarheit,
Transparenz dem klaren Lichte,
Schönheit, das heißt, Gott zu schauen!

Eva, du bist eine Forma,


Eine Forma voll der Schönheit!
Eva, du bist eine Gnade,
Eva, du bist eine Grazie!

Eva, Grazie voller Anmut,


Eva, Grazie voller Liebreiz,
Eva, Grazie voller Zauber,
Voll Magie und Charme und Zauber!

O Bellissima Bellezza,
Eva, wahre Belladonna!
Ma beauté très adorable!
You are beautifull, black beauty !

Du bist eine schöne Dirne,


Deine Schönheit, das heißt Yawfeh,
Deine Schönheit, schöne Dirne,
Reimt sich auf den Namen Yahweh!

Griechen nennen Schönheit Kallos,


Eva, du bist die Kallisto,
Du die Zeus-Geliebte Nymphe,
Die als Stern am Himmel leuchtet!

Der platonische Gelehrte


Nennt dich Himmels-Aphrodite,
Die Urania der Liebe,
Purer spiritueller Liebe!

Der gemeine Pöbel aber


Preist dich als Pandemos Porné,
Als die Kitzlerin, die Göttin
Der Hetären und der Knaben.

Aber mir bist du die Venus


Von dem dritten Himmel, Venus,
Himmelskönigin der Liebe,
Eva, o Divina Venus!

Schöner noch als Aphrodite,


Eva, bist du Aphroditissa!
Eva ist die Aphroditissa,
Adam ist Epaphroditos!

Eva, nenne mir den Namen


Für die Hypostase Gottes,
Die Person der Schönheit Gottes,
Wie soll beten ich zur Schönheit?

Ewige, o Schönheit Gottes!


Ewige, o Liebe Gottes!
Ewige, o Weisheit Gottes!
Ewige, o Eine Gottheit!

Aber Schönheit in der Bibel


Heißt die Herrlichkeit der Gottheit!
Eva, Eva, du bist herrlich,
Herrlich wie der Lichtglanz Gottes!

Eva, o du bist horaios,


Blühend deine Körperschönheit,
Eva, blühend ist dein Körper,
Dein Geschlecht ist eine Blüte!

Eva, du bist euprepeia,


Die Gestalt, von Gott gebildet,
Ist von graziöser Annmut,
Ist von Pracht und Prunk, ein Schmuckstück!

Eva, Gratia Divina,


Du bist wie die Charis Gottes!
Gottes Charme und Gottes Liebreiz!
Gottes Reiz und Gottes Zauber!

Charis du vom dritten Himmel,


Löse deinen Zaubergürtel,
Löse deinen Liebreizgürtel,
Löse deinen Keuschheitsgürtel!

Eva, du bist Maha-Devi,


Du bist meine Große Göttin !
O du Ewig-Feminine!
Zieh du mich hinan zur Gottheit !

Unsre Fraue Aphroditissa


Nenn ich dich in Paphos-Ktima,
Meine Venus auf der Muschel,
Venus mit den roten Haaren!

Isis bist du, die Geliebte


Aller Götter in den Himmeln!
Mir und Mery heißt du, Isis,
Die All-Liebende, Geliebte!

Eva, du bist Sankt Maria!


Die All-Liebende, Geliebte!
Sankt Maria ist die Schönheit!
Gottes Schönheit heißt MARIA!

Eva spricht: In mir ist das göttliche Leben. Aber wie seh ich das göttliche
Leben in meiner Seele? Ich habe eine Vision, da seh ich am höchsten
Himmeln den Herrn erscheinen, er ruft mich beim Namen: Ewige Frau, so
ruft er mich, komm herauf zu mir! Da besteige ich Planetensphäre um
Planetensphäre, sieben Planeten. Auf jeder Stufe begegnet mir eine der
sieben Todsünden, und als Kraft der Überwindung eine der sieben Gaben
des Heiligen Geistes. Ich überwinde Versuchung um Versuchung, ich bin
Überwinderin um Überwinderin und steige auf zum Empyreum über die
Himmelstreppe der sieben Planeten, bis mich oben der Herr umfängt und
mich küsst, wie er nie eine andre Frau wird küssen! Aber ich habe auch
eine Vision, da seh ich meine Seele wie ein Lustschloß mitten im Paradies.
Das Lustschloss hat sieben Gemächer. In jedes Gemach führt eine Pforte
der Meditation. Um jedes Gemach ist eine Mauer, die bösen Blicke und die
feurigen Pfeile des Bösen abzuwehren. In jedem Gemach begegne ich
einer Ahnung Gottes, aber von Gemach zu Gemach wird die Liebe Gottes
mir deutlicher, spürbarer. Im siebenten Gemach allerdings seh ich in der
Mitte des Raumes wie einen lichten Kristall den Kern meiner Seele,
transparent und klar, durchscheinend für das Licht der Liebe Gottes. Ich
habe aber auch eine Vision, da sehe ich meine Seele wie sieben Psychen.
Jede Psyche ist wie ein Schleier. Der göttliche Funke des göttlichen Eros
in meiner Seele verschleiert sich mit sieben Psychen, sieben Schleiern.
Jede Psyche ist eine Fee, eine Nymphe, ein Mädchen, eine Göttin. Aber
Schleier um Schleier fällt von der Erzpsyche ab, sie entkleidet sich
Schleier um Schleier und tanzt den Schleiertanz, den mystischen Striptease
der sieben Schleier, bis sie nackt dasteht, und der göttliche Eros, das ist
Christus, sich nackt mit seiner nackten Psyche mystisch-erotisch vereinigt.
Adam sprach zu Eva: Ich habe in meiner Seele einen Berg. Siehe, es kann
die ganze Seele in Nacht getaucht sein, in dunkle Nacht der Leiden, aber
auf dem Seelengipfel ist Freude! Eva sprach: Wie das? Adam sprach: Die
ganze Seele ist gemartert und wird am Holz zerrissen, aber auf dem
höchsten Punkt der Seele bricht ein paradiesischer Frühling mit aller
Lenzlust aus! Eva sprach: Und was fühlt die Seele dann, die Freude oder
das Leiden? Adam sprach: Die Seele fühlt die Leiden, aber ist zugleich im
Innern voller Freude, es ist in der Seele eine Glückseligkeit, die tiefer in
der Seele lebt als die Gefühle reichen. Aber in meiner Seele ist nicht allein
der Seelenberg mit dem Seelengipfel der paradoxen Wonne, sondern in
meiner Seele ist auch ein verwunschenes Paradiesgärtlein mit all der
erotischen Frühlingswonne und Lenzlust! Eine hochzeitlicher Liebesgarten
ist in meiner Seele! Aber wenn ich die englische Speise empfange, dann
sehe ich die Ewige Weisheit wie eine göttliche Herrscherin sich setzen auf
ihren weißen Thron im Innern meiner Seele, ich kniee vor der göttlichen
Herrscherin und bete sie an! Aber wenn ich die englische Speise
empfange... Eva sprach: Man hu?... Adam sprach Wenn die
leichtschmelzende himmlische Speise in meinem Innern sich auflöst, dann
sehe ich die Ewige Weisheit wie eine bräutliche Freundin, wie eine
Geliebte! In meiner Seele ist eben ein Brautgemach, ein verklärtes
Schlafzimmer. Im Innern des verklärten Schlafzimmers ist ein verklärtes
Bett, und im verklärten Bett liegt die verklärte Freundin, die Geliebte, und
da wir uns vereinigen, sie nackt und ich nackt im paradiesischen Ehebett
des himmlischen Brautgemachs im Innern der Seele, da durchströmt mich
die Glückseligkeit, die göttliche Wonne! Eva sprach: Was ist das, die
göttliche Wonne? Wonne, sprach Adam, ist Venus. Denn meine Geliebte,
die Ewige Weisheit, ich nenne sie Sophie, sie ist die wahre Venus Divina,
und wenn die Venus Gottes, das heißt, die Schönheit Gottes, sich mir ganz
hingibt, dann schenkt mir die Venus Gottes die Wonne Gottes! Eva errötete
und schwieg. Aber Adam sprach: Ich hörte die Stimme des Herrn, er
sprach zu mir: Nimm dir Evas Slip, das grüne Feigenblatt, und geh zum
Euphrat im Garten Eden und vergrabe Evas Slip in der Erde am Ufer des
Euphrat. Dann geh nach einem Jahr wieder an den Euphrat und grabe nach
Evas Slip. Da wirst du sehen, dass Evas Slip zerfallen ist, zu nichts mehr
zu gebrauchen. Denn siehe, wie Eva sich den Slip anlegt, so will Gott sich
die ganze Menschheit anlegen, aber die Menschheit wendet sich ab von
Gott und will die Liebe Gottes nicht, sie wollen nicht einmal hören das
Wort der Liebe Gottes! Eva sprach: Bist du dir sicher, dass das die Stimme
Gottes war? Was weiß Gott von meinem Slip? Adam sprach: Er ist doch
der Erfinder des Sex!
Eva sprach: Adam du bist ein wahrer Mann, ein Mann nach dem Herzen
Gottes! Du bist der Gerechte! Du lebst im Stand der Gerechtigkeit! Ich
bewundere die Weisheit deiner Vernunft! Du bist mir oft schon die
Stimme, das Orakel der Ewigen Weisheit gewesen! Dein Geist ist eine
Schatzkammer guter Gedanken, begeisternd sind deine Ideen, mit deiner
Begeisterung entflammtest du oft schon meinen Geist! Ich bewundere die
Stärke und Festigkeit deines Herzens! Wie oft, wenn ich niedergeschlagen
und bedrückt war, hast du mich aufgerichtet, mir neuen Mut gemacht, mir
neues Gottvertrauen geschenkt! Wie oft hast du mich ermutigt und auch
mein Selbstvertrauen gestärkt! Wo nimmst du den Mut her, Adam? Wo
nimmst du das Gottvertrauen und Selbstvertrauen deines Herzens her,
Adam? Ich bin auch fasziniert von der Macht deiner Leidenschaft, von
dem Feuer deines Verlangens, von dem Sturm und Drang deiner Wollust!
O du hast die Macht der Schlange! Wie fühl ich mich als Weib begehrt!
Wie fühl ich mich in meiner Weiblichkeit und Leiblichkeit gewollt,
gewünscht, geliebt! Du bist ein wahrer Mann, Adam, weise im Geist, stark
im Herzen und leidenschaftlich im Verlangen! Darum bist du der Gerechte,
denn du bist wohlgeordnet vor Gott! Adam sprach: Eva, du bist eine wahre
Frau, die wahre Frau nach dem Herzen Gottes, du bist die Frau an und für
sich, die absolute Frau! Dein Herz ist rein wie das Herz eines kleinen
Kindes, du bist von einer himmlischen Unschuld! Du bist voller Güte, ein
Abbild der himmlischen Güte! Du bist voller Liebe zu allen Geschöpfen!
Du bist voller intimer Vertrautheit mit Gott! Du bist demütig vor dem
ewigen Gott und bist bescheiden, denn du weißt, was Gott dir zugemessen,
dass du alles empfangen hast. Du bist nicht stolz, hochmütig, hoffärtig! Du
bist nicht hartherzig, nicht verstockt, nicht starrsinnig! Du bist wie das
fließende Wasser, das weiche Wasser, das den harten Stein zerbricht. Du
bist von Demut und Güte und Sanftmut. Dein Herz ist von solcher
Sanftmut wie ein Abbild der Zärtlichkeit Gottes! Du spiegelst die
Zärtlichkeit Gottes zu allen Kreaturen! O wenn du hochthronend vor mir
stehst, geliebte Herrin, die Füße auf den Wolken, zwei Seraphim zu deinen
Füßen, zu deinenSeiten die himmlischen Götter, die dich anbeten, und du
erscheinst als Himmelskönigin, ein kleines Häschen auf dem Arm, du
liebkost und streichelst das kleine Häschen, als wäre es der Sohn Gottes
selbst! Welche Zärtlichkeit Gottes ist in dir inkarniert! Welche Reinheit des
Herzens, Eva, dass du wie ein reiner Kristall bist, der ganz transparent ist
für die Schönheit und Güte Gottes! Welche Reinheit des Herzens, Eva,
dass du zu einem Spiegel geworden bist für die Herrlichkeit des Herrn!

SECHZEHNTES KAPITEL

EVAS LIED

Du bist wie der sonnenlose


Graue Tag auf jungen Rosen,
Als ich lag an deiner Seite,
Blieb mein Herz mir stille stehen.

Pupurn küsst ich deine Wange,


Lächeln floß aus deinen Augen.
Meine Seele ist gestorben,
Du gingst wieder durch den Winter.

Deine sündigroten Lippen


Sind die Grube meines Todes,
Meine Tugend ist entschlafen
In dem Duften deines Atems.

Wie berauscht bin ich versunken,


Hab getrunken aus der Quelle,
Sinke in die Abgrundtiefe,
Sinke in das Reich Gehenna.

O mein weißer Blütenkörper


Ist erglüht von deinem Hauchen,
Meine Glieder zittern, beben
Wie die jungen Rosenbüsche.

Ja, ich folge dir ins wilde


Land der Sünde, in das Südland,
Pflücke Lilien auf den Wegen
Und verlier ich auch die Heimat!
Weißt du nicht, dass du gefesselt
Liegst in meinen Phantasieen?
Du besiege mich mit Küssen
In den Nächten, bis zum Morgen.

Sieh die Anemonen glühen,


Rötlich wie ein Meer aus Feuer.
Ich hab in den Kelch gesehen
Allzu tief, den Kelch der Sünde.

Ist die Sünde reich an Tränen,


Stirbst du auch an meinen Gluten,
Meine Hölle ist dein Himmel
Und du schmilzt in meinem Blute.

Heiße Lenzgewalten treiben,


Ungezügelte Gefühle
Treiben mich und die Ideen,
Die mich greifen an wie Panther.

Ach, ich irr durch Sonnentage,


Nachts ertönen meine Schreie,
Meine Wollust stöhnt wie Marter,
Ich will lösen alle Fesseln.

Und ich schweb auf meinen Schwingen


In den Schoß des Sonnentales,
Mich bezwingt der Hauch des Maien,
Willenlos ist meine Liebe.

Liebster, bleib bei mir im Dunkeln,


Denn ich fürcht mich vor dem Nachtwind.
Ich hab solchen Schmerz durchlitten,
Leide an Erinnerungen.

Hörst du, wie die Stürme heulen,


Hörst du, wie die Glocken läuten?
Tausend Tränen strömen heimlich
Und benetzen meine Sehnsucht.
Deinen Arm um meine Hüfte!
Du umarm mich wie ein Kindlein.
Ach, ich bin ein junges Mädchen,
Junges Weib, von Gott verlassen!

Lieber, sage schöne Dinge,


Singe mir von Lenzlust Lieder!
Sage süße Schmeicheleien!
Und vertreib des Todes Krähen!

Liebster, siehst du die Gespenster?


Mitternachts auf Wolkenwagen
Nehmen Totenseelen Abschied.
Pflücke ihnen Lebensfrüchte!

Mein Geliebter, küsse, küsse


Mich mit heißen Feuerzungen,
Deinen Jubelquell ergieße,
Überflute mich mit Wollust!

Denn ich schlaf an einem Brunnen,


Träume nachts so schöne Träume,
Träum von Sternenlicht und Mondschein
Und von weißem Schaum des Meeres.

Träume von Zypressenschönheit,


Träume von den blauen Blitzen
Deiner heißen Augensonnen,
Hör dich mit den Faunen scherzen.

In dem Sonnentale blühen


Feuerheiße Purpurrosen.
Lilien, weiß wie Kirchenkerzen,
Die von Myrrhe überfließen.

Meine roten Lippen glühen,


Meine Arme sind wie Flammen.
Komm du mit mir in das Südland,
In die Sonne meiner Gluten!

Meine Ader schmerzt vor Wollust,


Vor der Wildheit meiner Säfte.
Purpurne Granaten prangen
Wie die heißen Frauenlippen.

Purpurne Granaten prangen


Wie der rote Mund der Liebe,
Wie die Röte meiner Wangen,
Weißer Wangen heißes Schamrot!

Meine Haut, die südgebräunte,


Lässt die Perlmuttmuscheln schimmern,
Muscheln wie auf Perlenschnüren,
Und ich flechte meine Zöpfe.

O wie bebt die Mutter Erde,


Wie sich Mutter Erde auftut,
Wie sie dürstet nach dem Äther,
Nach dem Sturm der Himmelsfluten!

Heiße Wüstenwinde stöhnen


Wie der Atem meiner Sehnsucht,
Wie die heiße Qual der Sehnsucht!
Adam! Hörst du Evas Lockruf?

Zebaoth spricht aus dem Abend:


Du verschwende lauter Liebe!
Nimm die Perlen meiner Krone!
Laß dein Blut in Honig wandeln!

Tränke deine roten Lippen


Mit den Düften süßer Mandeln!
Du verschwende lauter Liebe,
Jubelnd schmücke meine Feiern!

Schwarze Schwermut sollst du kränzen


Mit dem Gold der Blütendolden.
O ein Garten wird dein Herz sein,
Garten, darin Dichter träumen.

Aller Sonnen Aufgangheimat


Ist der Garten deines Herzens.
Sterne kommen nachts und flüstern
In den Nächten deines Gartens.

Du verschwende lauter Liebe!


Ranken tragen deine Arme,
Und Lianen werden trösten
Gottes Paradiesesheimweh!

EVAS LIED

Schwere aufsteigt aus der Erde,


Wir ersticken an dem Bleidunst.
Doch voll Sehnsucht reckt und streckt sich
Eine Feuersbrunst der Liebe!

Ah, es tönt aus allen Flüssen


Evas Hymne, Adams Hymne,
Reißen wir herab die Kleider:
Ich nackt, du nackt in dem Garten!

Hasche mich, ich bin der Frühling,


Fasse mich um meine Taille!
Über Hügel, über Klippen!
Sieh die Blüten in den Gräsern!

Blüten zwischen grünen Gräsern,


Gräsern, die von Tropfen glitzern!
Duft von Paradiesesäpfeln!
Süßer Duft wie Kinderatem!

O ich will die Sonne küssen


Dir von deinen lichten Lippen!
Sieh aus meinem Schoße steigen
Gottes Seele – Dura Mischa!

O wie zagt die Seele Gottes,


Ungestüm sich raffend, kraftvoll,
Selbst sich aus dem Nichts erschaffend,
Gottes Seele – Dura Mischa!

Kennst du diese heiße Bangnis


Vor der unsichtbaren Gottheit,
Vor der rätselhaften Gottheit,
Vor der Seele dieser Gottheit?

Ach versteck mich, du Geliebter,


Meine wilde Angst und Bangnis
Wird auf meinen Wangen Schamrot,
Schamrot auf gewölbter Wange!

Ach versteck mich, du Geliebter,


In dem Auge dunkler Nächte.
Alle meine Tage tragen
Nachtschwarz meiner dunklen Nächte.

Gräber reißen auf die Höhlen,


Abgrund redet mit dem Abgrund!
O die Gräber voll Begierde
Sind begierig nach den Leibern!

Diese heiße Todesstille!


Diese Schreie stiller Leichen!
Vor dem Herzen harten Todes
Röcheln unsre Einsamkeiten.

Doch wie wächst die Seele Evas


Über alle Weltenalle!
Ihren Anbeginn verlierend
Vor der ersten Morgenröte,

Über alle Zeit-Äone


Und das große Welten-Ende
Überschweifend in die Wonnen:
Ewigkeiten – Ewigkeiten!

Siehst du, wie der Tod uns nachschaut?


So als ob er Augen habe,
Augen, die nicht weinen können!
Tränenmeere sind versteinert!

Schwarz versinkt des Todes Auge,


Schau, es schaut die Sonne Gottes,
Flammenzungen an den Ästen
Züngeln des Erkenntnisbaumes!

Flüchten wir aus unserm Garten?


Flüchten wir vor unsrer Liebe?
Haben wir uns selbst vertrieben
Aus dem Liebesparadiese?

Siehst du Gottes Seele lächeln?


Gottes Seele – Gottes Amor –
Gottes Amor – unser Kindlein!
In Vergissmeinnicht gebettet!

Siehst du deine Eva lächeln,


Lieber Adam, Eva lächeln
Über Gottes Kindlein Amor?
Siehst du mein verzücktes Lächeln?

Tanzen denn Kometensterne


Auf der Mutter Erde Rücken?
Diese wilden Feuerschweife,
Die mir meine Lenden peitschen!

Diese weiße Glut der Liebe,


Die mich sonnt, mir bräunt die Glieder!
Träum ich seeletrunken, Liebster?
Trunken von der Seele Gottes?

Sind in mir die Fiebergluten,


Die an meinem Marke zehren,
An dem Mark der Ewigkeiten,
An dem Saft der Auferstehung?

Wie verzeihend lächelt Amor –


Gottes Amor – unser Kindlein!
Gottes Sohn wird mit uns spielen
Wieder in dem Paradiese!

ADAMS LIED

Dunkel ist es auf der Erde,


Wie wenn Gott gestorben wäre!
Ich will mich in dir vergraben,
Eva, in dir untergehen!

Sag mir, liebst du mich, Geliebte?


Ja, ich liebe dich, Geliebte!
Ja, ich liebe dich, Geliebte!
Ja, ich liebe dich, Geliebte!

Über dieser schwarzen Erde


Wiegen sich die Morgensterne!
Du und ich vereint, Geliebte,
Auf dem Morgenstern der Liebe!

Siehe, da erschien die FRAU: Ich bin das ewige Paradies des Neuen
Adam! In mir, dem ewigen Paradiese Gottes, dem Lustort Gottes, findet
ihr mehr Schönheiten und Wonnen, als ihr im Garten Eden gefunden habt.
Kommt zu mir, der FRAU, und schenkt euch mir, der FRAU, ich werde
euch ein Paradies sein, ein ewiger Lustort!
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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
Mein Herz

Von Josef Maria Mayer

Mein Herz –
Maria allein!

Liebe Karine,
Ich habe vor drei Tagen den Gesang aufgeschrieben, den ich dir sende, ich
dachte, er macht dir vielleicht Freude. Ich habe dich Anna genannt, das
passt zu China. Denn da gab es zum Beispiel die Dame Nan, bei der
Konfuzius zu Gast war, obwohl seine Jünger ihn deswegen schalten. Da
gibt es auch den Volksstamm der Han. Da ist auch Guan Yin, die Göttin
der Barmherzigkeit. So kann ich dich mitnehmen nach China. Eben dachte
ich: Vielleicht nenne ich dich Mimosenblüte? Ich habe mich in einen
Schmetterling in einem Traum verwandelt und taumle so dahin in meiner
Traumzeit. Die Menschen sind für mich nur noch Erinnerungen. Immerhin
erinnere ich mich gern an dich. Als du das letzte Mal bei mir am
Schwanenteich warst, habe ich dir ja zwei Stanzen vorgelesen von unsrer
ersten Begegnung. Es sind nun viele Stanzen geworden, ein Buch ist fertig.
Ich weiß nicht, ob du so viel lesen magst? Vielleicht schick ich es dir, ja,
das wäre anständig. Dies Schreiben hält mich am Leben. Jüngst habe ich
geträumt, ich fuhr auf einem Rad in Oldenburg und bin vor Müdigkeit im
Schlaf, im Traum vor Müdigkeit eingeschlafen, vor Lebensmüdigkeit.
Sonst schreib ich meine Manuskripte ab und stelle sie zu Büchern
zusammen. Außerdem lese ich viel über China, denn ich will noch über
China schreiben und den jungen David in China inkulturieren. Aber ich
weiß nicht, was daraus wird, denn es kommt doch immer anders als
geplant. Darum hab ich resigniert, Pläne zu machen. Denn so ist es oft: Ich
meine, eine Erkenntnis gewonnen zu haben, die Wahrheit erkannt zu
haben, doch nach einiger Zeit erkenne ich es als Täuschung und
Selbstbetrug. Dieser Gedanke, dass alle Erkenntnis so ungewiss ist und des
Menschen Erkenntnisse nicht von Dauer sind, das ist ein Gedanke, den ich
lieber gleich wieder verscheuche, weil er mich zur Verzweiflung treibt. Ich
habe wohl daran gedacht, dich in Oldenburg zu besuchen, aber es schien
mir, dass ich nicht willkommen wäre oder doch nur Probleme bereite. Es
ist doch in der Ulme nicht mehr so wie früher. So bin ich also mehr mit
den neugebornen Zicklein befreundet oder ich halte Ausschau nach dem
Reiher, der neu an den Schwanenteich gezogen ist, oder ich rede mit den
schwarzen Trauerschwänen, die sich fühlen wie ich, sie möchten am
liebsten untertauchen. Manchmal fahre ich mit dem Rad an die Nordsee
und schaue übers Meer, da sich zehntausend kleine Sonnenlichter spiegeln,
auf dem Rückweg scheint mir die Landschaft ein grüner Park von grüner
Jade zu sein. Ich habe auch schon Bekanntschaft mit dem jungen Kätzchen
des Hauses geschlossen. Aber erinnerst du dich noch, wie du im Berliner
Theater die Anna aus dem Osten warst? Das ist dein Name, du bist die
Göttin Guan Yin und die Dame Nan des Konfuzius. Als Anna sollst du am
Himmel meiner Poesie schimmern. Adieu,
dein Dodo

Liebe Freundin !
« Wir werden wie die Träumenden sein… » So stell ich es mir vor : Wenn
ich entschlafen bin, so werde ich ein unendlicher Träumer sein in einem
ewigen göttlichen Traum. Das Schönste aus dem Dasein und die
Augenblicke des Glücks, sie werden in die Unendlichkeit verlängert. Die
Schöne, die ich sah, schön wie tausend Lenze, sie wird dort sein in
vollkommener Schönheit, schön wie zehntausend mal zehntausend Lenze,
wenn morgens früh der Tau auf der grünen Wiese ist und Sie sich erhebt!
Woher hab ich denn die Bilder vom Paradies, wenn nicht von dem, was ich
auf Erden sah! Jetzt will ich von dir träumen, jede Linie deines Leibes will
ich sehen mit den Augen meines Geistes, von den Lippen bis zu den
Schenkeln. Ich rede von Brust zu Brust zu dir, ich rede zu deiner Brust in
der Brust! Hier sollte ich beginnen zu schweigen, damit ich nicht zu viel
sage. Sonst könnte es mich hinreißen! Aber wohin mit all meinem
Seufzen? Und wenn ich nun der Gelbe Strom bin, Huang He, und du bist
das Gelbe Meer, Huang Hai, in das ich münde? Du hast gegürtet des
Gemütes Lenden! Oh und wir taumeln selig ineinander und wandeln
zusammen über ewige Meere! Ich tauche in das Meer der Seligkeit! Du
tauchst auf: Weißer als der Schnee und röter als die Rose! Ich wollte wohl
vor dir oben sein, denn dann könnte ich sehen, wie du auftauchst – in
transparenter Seide... Mich dürstet nach Schönheit und Liebe! Ich bin oft
so lebensmüde und möchte sinken in deinen Schoß. Ich dichte, darum bin
ich. Ich denke an das Meer des Südens und an den Berg. Alles andere war
ja sowieso nur Phantasie. Ach, wenn sich einmal meine aus dem Nichts
gezeugte Phantasie verkörpert mit wirklichen weißen Armen!... Da kann
ich wohl dankbar sein, weil du mich einmal in die Arme genommen! Wie
soll ich auch sonst die Schönheit sehen als in der Schönen vor meinen
Augen? Nur ein flüchtiger Seufzerschatte zu sein, ist vielleicht dem Nebel
erträglich, aber ich bin als Mensch auf den Fels gestellt. Das I Ging sagt:
„Ohne Haut an den Schenkeln fällt das Gehen schwer.“ Hoffentlich magst
du meine Gedichte, ich will dir auch nicht allzu viele schreiben. Immer ist
es die Kunst der Renaissance, die ich zum Vorbild habe. Aber hast du
schon einmal von einer zwiebelfarbenen, geschlitzten, kurzen Tunika
gehört? Aber jetzt ist das weiße Blatt vollgeschrieben, und ich will mir
noch einen Segen ausdenken für dich: Möge über dir der Phönix seine
Flügel breiten und mögest du dich heben in einem seligen Traum mit mir
in den Ewigen Frühling! Jetzt kann ich nur noch hoffen, dass wir uns bald
wiedersehen und für immer daure deine Freundschaft! Mir! Dein Dodo

Liebe Karine!
Jetzt schreibe ich dir gleich. Dein Brief ist vor drei Minuten über die
Schwelle meiner Tür geschoben worden. Da habe ich mich gefreut.
Endlich schreibt mir einmal eine Frau! Da gibt eine Frau mir Antwort! Die
ersten Worte, die ich las, waren: „Wir werden uns sicher wiedersehen...“
Da war ich erleichtert. Gestern Nacht hab ich mit Sehnsucht an dich
gedacht. Ich möchte wieder einmal eine Frau empfinden. Ich möchte
spüren, wie sich glatte Haut anfühlt, ich möchte küssen und umarmen! Das
Leben hier ist doch furchtbar lieblos! Ich bin nicht glücklich in der
absoluten Einsamkeit. Sonst besuchte mich ein Freund, wir tranken Wein
und diskutierten, aber dann blieb er aus. Ich war auch bei einem andern
Freund, wir spielten ein Spiel, doch hatte er vor lauter Arbeit keine Zeit.
Wenn ich in die Schenke gehe, stehe ich dort wie gar nicht anwesend. Ich
wollte ein gebratenes Hühnchen essen, aber die Wirtin schaute durch mich
durch als wäre ich unsichtbar. Wo die Menschen sind, da bin ich viel zu
lebensmüde, um dorthin zu gehen. Ich kann mich kaum selbst noch tragen.
Wenn ich nicht gerade in die Stadt fahre, Brot und Wein zu kaufen und
Kinderstimmen zu hören, wenn ich nicht gerade am Schwanenteich
spazieren gehe, wo die Trauerschwanin ihrem toten Trauerschwan
nachtrauert, dann bin ich in meiner Einsiedelei. Da schreib ich dann meine
Verse ab. Ich schreibe gerade über China. Da ist ein Menschensohn im
Jahre Null in China geboren, mit zwölf Jahren war er weiser als Konfuzius
und Lao Tse, mit dreiunddreißig Jahren ist er freiwillig gestorben und gen
Himmel gefahren. Eben fällt mir wieder ein, dass ich dich in meinem
Morgentraum gesehen und gestreichelt habe. Ich habe deinen nackten
Rücken massiert. Wenn ich dann am Tage von China geschrieben habe,
dann trink ich nachts viel Wein und reime betrunken Liebesverse, die meist
in Tränen untergehen und sich verzehren vor Sehnsucht. Was deinen Brief
betrifft: Ich muß erst einmal im Wörterbuch nachschauen, was „Avancen“
bedeutet. Ich möchte dich gerne wiedersehen, deine Stimme hören und mit
dir spazieren gehen. Ich will nicht die toten Menschen treffen, die man
manchmal treffen muß und merkt doch, dass sie einen nicht leiden mögen.
Ich möchte einfach wieder Kontakt mit dir haben! Mein Herz hängt immer
noch an dir! Ich habe ja zwei Zimmer, in einem könntest du dann schlafen.
Ich werde dich auch nicht bedrängen, das nehm ich mir ganz fest vor. O
Karine, wenn du doch einfach in meiner Nähe wärest, ich deine Schönheit
sehen und deine Stimme hören könnte! Sonst komme ich dich eben zu
deinem Geburtstag besuchen. Du kannst doch Vertrauen haben, dass ich
deine Grenzen respektiere und ich dich schlicht und einfach als Freundin
liebe! Wir würden Kaffee zusammen trinken und schreiben, du
Altkirchenslawisches und ich Altchinesisches, ich würde mich selbst
beherrschen und dir nicht – all meine Gedichte rezitieren! Ich würde dir
nur Gedichte vorlesen, wenn du selbst mich ausdrücklich darum bätest!
O Gott! O Kwan Yin über China!
O komm in meine Einsamkeit, Karina!
Ich war mit dir in Berolina und Polen und in La France, vom Atlantischen
Ozean bis zum Mittelmeer! Du bist eine chinesische Prinzessin am Hof
von Dschingis Khan. Ach ich möchte nur noch einschlafen, ohne wieder
aufzuwachen... Hoffentlich sind dir meine Lamentationen nicht zu dunkel.
„Die Menschen sind alle so fröhlich, als ginge es zum großen Frühlings-
Opferfest – ich allein bin traurig!“ (Lao Tse) Und weil ich so traurig bin,
ertragen mich die lustigen Leute nicht. Mein Herz ist wie eine schwarze
Wolke. Wollen wir zusammen Pekingente essen? Ich sehne mich danach,
gerade mit dir die Pekingente zu essen! Ich werde den Becher leeren bis
auf den Grund! Aber wie und wo denn werden wir zusammenkommen und
wo ist ein Ort für uns gemeinsam? Du brauchst nur zu kommen! Ich
gewähre dir absolute Ruhe! Eben klingelt es an der Tür und ich denke
spontan: Sie ist’s! Meine Liebe, sei so lieb und komm ganz schnell!
Dein Dodo

Liebe Karine!Jetzt schreibe ich dir einen Brief zu deinem Geburtstag. Ich
will mich zuerst sammeln. Doch ich muß noch vorher Zigarettenpapier
kaufen. Eben kam mir eine Frau entgegen, da ging es wie ein Blitz durch
mich hindurch, denn ich dachte, das wärest du! So war es auch gestern, als
ich mit der Eisenbahn zurückkam, da sah ich am Bahnhof – dich! Aber als
ich auf dich zu ging, da warst du es nicht. Zuhause legte ich mich auf mein
Lager, um zu schlummern, da hörte ich im Innern meiner Seele deine
Stimme, du hast noch weiter mit mir gesprochen. Ich habe inzwischen
weiter über meinen chinesischen David geschrieben, er ist jetzt ein Hirte
geworden und wandert über die Westgebirge, die sich in die weißen
Wolken erheben. Pfirsichbäume stehen dort im grünen Gefilde,
Pfirsichbäume mit duftenden Blüten. „Fallenden Blüten gleich ist ihr
Gewand...“ Da kam eine Selige zu dem chinesischen Hirten, die hatte
Pfirsichwangen und eine Haut so weich wie Entenflaum, sie hielt ihn
zärtlich an den Händen. Er war auch bei einem alten Hirten, der lebte in
einer Hütte oben im Gebirge. Dann kamen zwölf Feen aus dem
Westgebirge von der Königinmutter der Feen, die singen und tanzen, es ist
wie im Gefilde der Seligen, wo Freude und Wonne und Jauchzen und Jubel
ist, Glückseligkeit und Ewige Liebe: „Die Menschen werden nicht
heiraten, sondern wie die Engel sein...“ Ein Engel, oder lieber gesagt,
meine Engelin – sie hat eine unendlich liebevolle, weiche, sanfte, warme,
süße Stimme, so dass sich mein Herz vollkommen geliebt weiß, wenn ich
diese Stimme meiner Engelin höre. Und Sie ist wie Schnee und Glut, wie
eine weiße Wolke und eine rote Flamme. Und Sie hat weiße Schwingen,
mit denen Sie mich behütet und warm umarmt, die Schwingen sehen aus
wie schimmernder Tau auf funkelnden Juwelen auf weißen Flügeln. Ich
habe gehört, im Garten Eden, im Paradies gab es keinen Frost und Winter,
da war nur ewiger Frühling, immerwährender May! O das ist meine
Sehnsucht, mich dürstet danach! Der Gelbe Kaiser Huang Di kam
dreitausend Jahre vor Christus, er hatte einen Wagen mit einem Zeiger, der
immer gen Osten wies. Im Osten sind doch immerhin die warmen Wasser,
aus denen die vollkommene Schönheit auftaucht, gegürtet mit weißem
Schaum, die schüttelt das Haupthaar und wandelt auf dem Wasser und
kommt zu den Menschen – zu mir! Sie ist die verkörperte Liebe! Umher
ist ein Garten von grünen Bäumen mit bunten Blüten, süß duftend, und mit
Früchten, köstlich, den Durst vollkommen löschend. So sehne ich mich
nach dem China, das nicht von dieser Welt ist. Ich sehne mich so nach dem
Zypern, das nicht von dieser Welt ist. Cypria, Cypria! seufzte ich neulich.
Ah, mich dürstet so sehr, dass ich mich in ein rauschendes Weltmeer
stürzen möchte, in Liebesozeane! Das ist mehr als ein Dürsten, das ist eine
Glut in meinen Gebeinen! Ich schmelze wie eine Kerze! Es ist eine
Flamme auf dem Blut in meinen Venen! (Moderne Zeit, mir kommt die
Napalmbombe in den Sinn mit ihrem unlöschbaren Feuer! Da müsste
schon der ganze Pazifische Ozean den Himalaya übersteigen!) Da ist ein
Becher, den ich ganz ausleeren muss! Ich will meine Lippen ansetzen an
die Lippen des Bechers! Trotz all der Sinnlosigkeit der Sinnlosigkeiten –
einmal werden alle Wünsche erfüllt! Man muss nur Ausdauer haben,
Geduld! Und wenn es sein soll, für eine kurz Zeit betrübt sein... Jetzt, o
Gott, jetzt bitte ich dich, dass ich mich erneut aufschwingen kann zu der
göttlichen Hoffnung, dass mein tiefstes Verlangen von der Ewigkeit gestillt
wird!
Dein Dodo.

Liebe Karine!
Jetzt sitze ich im Irrenhaus! Ich habe mir die Adern aufgeschnitten, da bin
ich verblutet. Ich schwebte zwischen Himmel und Erde. Aber ich bin auf
der Erde geblieben, Jesus wollte es so. Ich soll leben und blühen wie eine
Lilie – jetzt will ich leben und blühen wie eine Lilie. Jetzt wird etwas
Neues beginnen, das Neue Leben. Ich will mit Christen die Bibel
studieren. Aber vorerst bin ich hier noch eingesperrt, umgeben von
Trinkern und Verrückten. Ich habe nur Ausgang, wenn meine Mutter mich
kurz besuchen kommt. Sie wollen mir jetzt Pillen geben, um meine
Phantasie zu lähmen. Heute las ich in der Bibel: „Ich bin nicht betrunken,
sondern bete!“ Ich war ja lange einsam und elend, und so traurig war mir
zumute. Den Rest gab mir der höllische Horror, den ich erlitt! Da wusste
ich keinen andern Ausweg, als mich selbst hinüberzuschicken über den
Jordan. Als ich im Garten meiner Todesangst lag, da sah ich mit
geschlossenen Augen die Taube des Heiligen Geistes, dann sah ich
Christus am Kreuz, ich sah im offenen Himmel Jesus Christus – ich habe
ihn gleich erkannt! Der Geliebte wird mir Alles vergeben! O mein Gott,
wie liebe ich Jesus! Ich sah die Mutter Gottes mit dem göttlichen Kind auf
den Armen. Sie hatte ein rotes Gewand an und ein Schleier wehte um ihren
Kopf. Sie sah so ähnlich aus wie die Sixtinische Madonna. Kannst du mir
bitte das Bild der Sixtinische Madonna aus deinem Haus schicken?
Auferstanden von den Toten,
Danke ich dem Herz Marias,
Ihr, im Kleid, im lieberoten,
Mit dem Kinde, dem Messias!
Das wird jetzt meine Ikone sein. Gestern habe ich gedacht, ob ich
vielleicht Priester werden soll? Heute habe ich mit einem alten Priester
gesprochen, der mir sagte, ich solle weder Priester noch Mönch werden,
sondern Dichter Gottes sein. Jetzt denke ich, das beste wäre es, wieder
nach Oldenburg zu ziehen, denn da kenne ich dich – und deine Freundin
Evi. Aber gleich kommen wieder die Irrenärzte und wollen mir ihre Pillen
geben, meine Phantasie zu ersticken. Sie wollen mit einem
Schraubenschlüssel meine feine Psyche reparieren. Das Blut sprudelte in
Strömen, ich rief immer nur: Jesus – Jesus – Jesus! Ich stand auf, halbtot,
da war alles Orange vor mir, wie das Licht des Morgensterns, und Grün
war da, wie die seligen Gärten auf dem Morgenstern, und ich sah Jesus aus
dem Jordan auftauchen, auferstanden von den Toten – mein Ein und Alles!
Darum mache ich das Kreuz.
Alles Liebe, Dodo.

Liebe Karine,
am Anfang sahen die Menschen, dass alles menschliche Leben aus der
Mutter kam. Ihnen war der Beitrag des Mannes bei der Zeugung
unbekannt... Es gab keine Ehe... Es gab nur eine Sippengemeinschaft mit
freier Liebe. Die Sexualität war pure Lust, aber sie war nicht bekannt als
Ursprung des Lebens. Erst die neun Monde der Schwangerschaft waren
das sichtbare Zeichen des neuen Lebens, das aus dem Schoß der Mutter
kam. Das männliche und das weibliche Kind kam von der Mutter allein.
Darum war das mütterliche Prinzip am Anfang vorherrschend. Das
Männliche-Menschliche und das Weiblich-Menschliche war
gleichermaßen Kind der Großen Mutter. Darum stellte man sich die
Gottheit, aus der alle Schöpfungen hervorgegangen waren, als Große
Mutter vor, die die Welt gebiert. Noch in den ältesten babylonischen
Schöpfungsmythen vom Euphrat und Tigris ist die Vorstellung überliefert,
dass die Urmutter das Urmaterial der Schöpfung ist. In der Zeit der Jäger
und Sammler waren die Männer vom Jagdzauber der Frauenpriesterinnen
begleitet. Es sind jagdmagische Szenen in Höhlenmalereien erhalten
(Frankreich), welche Priesterinnen mit magisch-beschwörend zum
Himmel erhobenen Armen im Kreise jagender Männer abbilden. Die Idee
der Großen Mutter oder Großen Göttin ist abgebildet in den ältesten Idolen
der Menschheit, die immer Mütter in höchster Fruchtbarkeit zeigen. Die
Betonung von Busen und Vulva zeigen sie aber nicht als Sexualobjekte der
Männer, sondern als Spenderinnen natürlicher Fruchtbarkeit. Ihr breites
Gesäß ist dargestellt wie ein Thron, zeigt zugleich die Schwerkraft, die
Verbindung mit der Erde. Diese Große Mutter wird manchmal dargestellt
mit abstrakten Ornamenten, was auf ihre auch geistige Bedeutung
hinweist. Ihre Augen sind ein Symbol für ihre Herrschaft in der
Geisterwelt. Vermutlich wurden die mütterlichen Ahnen im Jenseits
kultisch verehrt, in den Ewigen Jagdgründen. Die Verbindung des
Anschwellens und Abschwellens der Frau in der Schwangerschaft mit dem
Zunehmen und Abnehmen des Mondes war evident. Auch stellte man fest,
dass die Periode der Frau mit dem Zyklus der Mondes blutsverwandt war.
Somit stand die Frau in einer besonderen natürlich-religiösen Verbindung
mit dem Himmel. Die Jagd fand vornehmlich im Mondschein statt, da
stand auch die männliche Jägerschaft unter der Vorherrschaft des Mondes
(La Lune). Von dem Übergang der reinen Jäger- und Sammlergruppe zur
Ackerbaugesellschaft waren wiederum die Frauen die
Kulturschöpferinnen. Denn die Sammlerinnen entdeckten zuerst den
Ackerbau. Darum stand auch das Getreide in griechisch-römischer Zeit
unter der Vorherrschaft der Erdmutter Demeter. Das Brotbacken wurde von
den Frauen erfunden, die damit zur Quelle des Lebens und der Nahrung
wurden. So heißt auch Eva im biblischen Buche Genesis „Mutter des
Lebens, Mutter aller Lebendigen“. Auch das Töpfern wurde von den
Frauen erfunden, wie auch die Frauen die Sesshaftigkeit der Sippe
begründeten. Der Topf war wie das Haus und die Höhle und die Grotte und
der Tempel und das Grab ein Gefäß als Symbol des weiblichen Schoßes.
Darum heißt Maria in der Lauretanischen Litanei noch heute „Kelch der
Devotion“. Die ersten Tempel waren sozusagen Felshöhlen oder Grotten,
gewissermaßen unterirdische Kathedralen, aber alle im Sinne eines
Mutterschoßes verstanden. Die Religion war die Empfindung, dass die
Natur geistig beseelt ist, dass die Ahnen fortleben, dass die Große Mutter
alles ernährt und im Tode in ihren Schoß zurücknimmt. Die Große Mutter
war die Himmelskönigin, so heißt sie in den ältesten babylonischen
Texten: Mami. Sie war die Erdmutter und sie war die Göttin der Liebe und
der Fruchtbarkeit und war die Muttergöttin oder Weise Alte in der
Jenseitswelt. Auch das Weben und Spinnen war Erfindung der Frauen, man
deutete dies symbolisch als Weben des Lebensfadens, der Lebenslinien,
des Schicksals der Menschen. Bei den Römern und bei den Germanen sind
die Schicksalsgöttinnen Weberinnen. Dies ist die Bedeutung des Webstuhls
im Märchen von Dornröschen. Die Religion war den elementaren
Bedürfnissen angepasst und war im Wesentlichen Fruchtbarkeitsmagie,
aber auch Beschwörung einer geheimnisvollen Göttlichkeit, die sich
offenbarte in der Natur. Es gab kultische Tänze, in Labyrinthen und
Spiralen getanzt, die den Zyklus des Mondes symbolisierten. Auch die
Schrift ward von den Frauen erfunden. Der letzte Tempel der Großen
Göttin Artemis von Ephesos, dargestellt mit neunzehn Brüsten, wurde im
fünften Jahrhundert nach Christi Geburt geschlossen. Damals riefen die
Epheser: Groß ist die Gottesmutter von Ephesos!
Dein Mariensohn Dodo.

Liebe Karine,
Du wünschtest dir nach all den Versen einmal einen Brief von mir. Heute
Nacht ist mir danach, dir einen Brief zu schreiben. Weißt du, Jesus hat
einmal gesagt, dass wir wie Kinder werden sollen, damit wir in den
Himmel kommen. Ein Prophet hat einmal gesagt: Alle Kinder sind kleine
Heilige. So habe ich heute Nacht erkannt, dass dein kleiner Juri mein
Lehrer ist. Er hat die Tiere so lieb wie der heilige Franziskus, dem alle
Tiere Brüder und Schwestern waren. Und die liebe Sonne ist für Juri auch
eine Schwester. Und ich habe noch mehr von Juri gelernt: Als Erwachsener
grüble ich über die Weisheit der Weisen und die Erkenntnis Gottes. Wie ist
Gott zu denken und welchen Namen kann man Gott geben? Aber mit Juri
ist es so: Er sagte einmal „Ameize“ zur Ameise, um mir zu beweisen, dass
er das richtige Wort kenne, aber dann sagte er doch lieber wieder „Amma“
zur Ameise. Da empfand ich als sein geistlicher Vater und dachte: Sag nur,
wie du willst, ich verstehe dich doch. Ja, mein Liebling, ich habe dich so
lieb, ich will jetzt auch „Amma“ zur Ameise sagen. Da verstand ich:
Genauso ist Gott Vater zu mir! Gott Vater sagt zu mir: Wenn du mich
Mami nennen willst, dann will ich für dich sein wie eine Mutter, die ihren
Sohn tröstet, dann will ich barmherzig wie ein Mutterschoß sein. Wichtig
ist mir nur, dass du wie ein kleines Kind dich vertrauensvoll in meine
Arme wirfst und anbetende Liebe für mich hast! Und weißt du, Karine,
Juri weiß doch schon alles von Gott, ohne irgendetwas zu verstehen, denn
der Menschenverstand wird Gott nie verstehen. Wenn ich einmal das Ave
Maria singe, dann beginnt Juri auch zu singen: Mamamama. Und wenn ich
singe: Jesus, dein Name ist süß wie Honig! Dann beginnt Juri auch zu
singen: Je-Je-Je-Je. Und dann ist Gott wie eine liebende Mutter um uns
und wie eine wärmende Sonne voll von Glück der Liebe. Und wenn ich
dann in die Kirche Gottes gehe zum Hochzeitsmahl des Lammes, da wir
den Leib Christi empfangen und so Gottes Liebe im Herzen empfangen,
dann bring ich dich, Karine, und Juri dem Herrn dar, so dass Jesus, wenn
er in mein Herz kommt und mich liebt, er auch dich und deinen Sohn sieht
und liebt. Und wenn ich zu euch komme, dann bete ich immer den
Rosenkranz, damit Unsre Mutter im Himmel und ihr göttliche Sohn auch
dich und deinen Sohn mit ihrer reinen Mutterliebe beschenkt. So also sieht
es in meinem Herzen aus. Auf diese Art und Weise liebe ich dich, Karine,
und deinen Sohn Juri.
Bis bald!
Dodo.

Liebe Karine!
Heute ist ein kleines Wunder geschehen, eins der zärtlichen Wunder
Gottes. Ich dachte gerade, dass ich in letzter Zeit so viele Freunde verloren
habe und nun fast allein da stehe, da rief um Mitternacht ein alter Freund
an. Und als ich über dieses Zeichen nachdachte, erkannte ich die Treue der
wahren Freundschaft. Da dachte ich gleich an dich. Unsre Freundschaft ist
die längste und dauerndste, ist eine Freundschaftsliebe, die die Treue
Gottes widerspiegelt. Siehe, am Anfang war unsere Beziehung ein ach so
süßer Honigmond des Eros. Dann lebten wir wie Brüderchen und
Schwesterchen miteinander. Als ich mich zu Christus bekehrte und zur
Ehelosigkeit und zur Liebe zur vollkommenen Jungfrau berufen wurde,
schienst du mir erst die Verkörperung meines alten Heidentums, darum
wandte ich mich von dir ab. In meinem Wahnsinn warst du dann aber
Verkörperung meines Lebenswillens, meiner Liebe zum Leben. In der
trockenen Zeit der Rekonvaleszenz warst du meine erotische Sehnsucht.
Dann zogen du und Evi mich nach Oldenburg. In der Zeit meiner großen
und schrecklichen Liebesschmerzen um Evi warst du mir eine treue
Freundin und Schwester mütterlichen Trostes. Ich trennte mich eine Zeit
von Evi, nicht weil ich sie nicht mehr liebte, sondern weil ich den Schmerz
nicht mehr ertrug, da konnten mich allein deine Kinder Juri und Milan
trösten. Da warest du in einem Frühling für einen Frühling mein Schatz.
Da erkranktest du an deiner tödlichen Krankheit und wurdest dem
gekreuzigten Christus gleich. Auf Weisung der Gottesmutter wurde ich für
dich zum rechten Arm der Mater Caritas. Wir lebten wie in einer Familie
zusammen und ich zog deine Söhne groß. Nun hast du beschlossen, die
volle Verantwortung für deine Kinder zu übernehmen. Mir ist es wie bei
einem Aufbruch in ein neues Leben. Jetzt will ich mehr als nur ein
Nothelfer sein, jetzt will ich unsre Freundschaft wieder erneuern. Ich
wende mich jetzt wieder mit ganzer Kraft der Poesie zu. Papst Johannes
Paul der Große hat einen Brief an die Künstler geschrieben, darin er von
einer besonderen Berufung zur Verherrlichung der göttlichen Schönheit
schreibt. Eine Dame der Gemeinde fand mein Gedicht von den Augen der
Muttergottes so schön, dass sie den Priester bat, mein Gedicht in der
Liturgie vorzutragen. Eine Freundin hat weinen müssen, weil mein
Gedicht so schön war. So hat Gott mich ermutigt, mich wieder ganz der
Poesie zu widmen. Maria in ihrer Erscheinung von Medjugorje ruft zu
immerwährendem Beten auf. So will ich jetzt vor allem ein intensives
Leben des Gebets führen und für dich beten und für alle, die die Liebe
Gottes im Gebet noch nicht erfahren haben. Jetzt erhebe ich meinen vollen
Becher auf die Treue unsrer Freundschaftsliebe!
Dein Dodo.

Liebe Karine!
Ich will dir gern gestehen, dass ich vor wenigen Tagen sehr geweint habe,
weil kein Mensch mich liebt. Da dachte ich: Wenn mich doch Karine
lieben würde! Aber ach, sie liebt mich auch nicht! Da habe ich sehr
geweint, weil du mich nicht liebst! Ich verstehe dich also, wenn du dich in
dieser Zeit sehr ungeliebt fühlst. Aber ich will dir den Trost des Wortes
Gottes spenden, der auch mich getröstet hat: „Hab keine Angst! Du wirst
nicht wieder enttäuscht, du brauchst dich nicht mehr zu schämen. An die
Schande deiner Jugendzeit und die Schmach deiner Witwenschaft wirst du
bald nicht mehr denken! Dein Schöpfer ist ja dein Gemahl – er heißt der
Herr, der Herr der ganzen Welt. Der heilige Gott Israels ist dein Befreier,
der Gott, dem die ganze Erde gehört. Jerusalem, du bist wie eine Frau, die
von ihrem Mann verlassen wurde und tief bekümmert ist, aber jetzt ruft Er
dich zurück. Kann denn jemand seine Jugendgeliebte verstoßen? So
spricht der Herr. Für eine kleine Weile hab ich dich verlassen, aber weil ich
dich von Herzen liebe, hol ich dich wieder heim. Als der Zorn in mir
aufstieg, hab ich mich für einen Augenblick von dir abgewandt. Aber nun
will ich dir für immer gut sein! Das sage ich, der Herr, der dich befreit.“
Karine, das ist eben mein persönlicher Trost, dass Gott mein Gemahl ist
und mich liebt! Aber ich denke bei diesen Worten auch an dich, denn du
bist ja meine Jugendgeliebte, die ich einmal im Zorn verstoßen habe, aber
die mir wieder zur treuen Freundin wurde, die ich liebgehabt. Ich habe
dich doch herzlich lieb! Aber mein Zorn hat unsre Freundschaft belastet,
aber jetzt will ich dir wieder herzlich wohlgesonnen sein und dich von
Herzen lieb haben. Ohne dich und ohne die Gewissheit, dass du mich lieb
hast, ist es doch sehr einsam und dunkel auf der kalten Erde. Ich schreibe
auch Juri und Milan und Simon Liebesbriefe, wie sie mich gebeten haben.
Milan will mir auch einen Liebesbrief schreiben!
Alles Liebe!
Dein Dodo.

Liebesbrief an Karine!
Meine Liebe!
Vor fünftausend Jahren waren wir am Mittelmeer im Paradies. Rings
waren Weinberge und es flossen Ströme von Milch und Honig. Das Brot
wuchs aus der Erde. Die Gewürze dufteten berauschend. Da warest du die
Priesterin der Großen Mutter, unserer Göttin der Liebe. Ich war dein
Liebesheros und vereinigte mich mit dir, und indem ich mich mit dir
vereinigte, vereinigte ich mich mit der Göttin der Liebe und Schönheit.
Rings um unser Paradies rauschte das Mittelmeer und das Meer von
Atlantis. Wir waren glücklich und lebten in paradiesischen Wonnen! –
Dann wurde ich im dritten Jahrtausend nach Christi Geburt geboren und
traf dich, als ich ein Mann geworden war. Da warest du die Madonna, die
auf den Wolken steht mit dem Jesusbaby im Arm. Da warest du Meine
Kleine Gottesmutter. Ich verlobte mich mit der Göttlichen Weisheit, der
Hagia Sophia! Und die irdische Ehefrau und Familie war ein Spiegel der
himmlischen Braut, der göttlichen Weisheit, die wie eine Mutter und junge
Braut den Philosophen liebt. – Schließlich sind wir am Abend unsres
Lebens, satt von Leben, eingeschlafen und aufgewacht im himmlischen
Paradies! Da rauschten die Meere Gottes. Da tanzten die Himmlischen auf
den Weinbergen des Gartens Eden, da floss die Milch der Mutterliebe
Gottes und der Honig der süßen Weisheit Gottes. Da tranken wir Wein, der
keinen Kopfschmerz verursacht. Da warest du meine Paradiesgeliebte und
indem wir uns vereinigten in Einer Einzigen Ewigen Hochzeit, erfüllte
sich das Gotteswort, dass die Liebe Alles in Allen sein wird!
Ich küsse dich auf die Stirn...
Dodo.
Lieber Onno!
Ich bin nach Altenburg gezogen und habe Kontakt aufgenommen mit
Anna, die ich von früher kenne, und ihrer Freundin Iphigenie, diese beiden
schönen und lieben Frauen leben zusammen in einem romantischen
Bauernhaus in einem wahrhaft paradiesischen Garten mit einem
Apfelbaum in der Mitte. Anna liest dort russische Poesie und ich lese in
anglikanischen Märchenepen. Ab und an helfe ich Anna bei einer
Nachdichtung eines russischen Gedichts. Iphigenie lässt ihren kleinen
Sohn Mark im Grase krabbeln wie einen Marienkäfer. Iphigenie rupft das
Unkraut aus den Beeten. Nach meiner langen Einsamkeit auf der Nordsee-
Insel fühle ich mich in dieser Gemeinschaft unglaublich wohl. Meistens
verabredete ich mich mit Anna, aber heute sagte Iphigenie zu mir: „Ich
möchte, dass du auch mich besuchen kommst!“ Ihr Wort ist mir Befehl! Im
Übrigen bin ich in meiner Kirchengemeinde zuhause, besonders in der
Stunde der Anbetung. Ich habe in der Kirche einen japanischen Christen
kennen gelernt, der mit mir über die japanische Kunst spricht. Ich habe
begonnen, Haikus zu dichten. Lieber Onno, sauf dich nicht voll mit Wein,
sondern lass dich mehr vom Heiligen Geist erfüllen! Ich grüße dich in
Bruderliebe, dein
Dominik.

Lieber Onno!
Ich schreibe zum zweiten Mal aus Altenburg und berichte von meinem
schönen Leben. Ich wurde erfüllt vom Heiligen Geist! Morgens treff ich
mich mit dem japanischen Christen zur Anbetung in der Kirche. Mittags
speise ich mit Anna in der Universität. Nachmittags trink ich mit Iphigenie
Darjeeling vom Himalaya oder grünen Tee aus Oolong. Sie schüttet mir ihr
Herz aus. Ihr Mann ist nie zuhause, wenn ich bei ihr bin. Ich habe letzte
Woche mit Iphigenie zu Jesus gebetet. Wir gingen spazieren um den
Leiersee. Es war ein lieblicher Frühlingstag. Die Weiden, die grünen,
grünen Weiden ließen ihre Schleier sinken auf das Wasser. Die Vögel
zwitschern so süß. Iphigenie schiebt im Kinderwagen den kleinen Mark
durch den Frühling, wir reden über Gott und die Welt, am meisten aber
über Gott. Sie glaubt an Gott, wenn auch Gott für sie nicht eine Person ist
und sie nicht Du sagt zu Gott. Wir verstehen uns so gut, und sie ist so
offen. Ich finde sie von Tag zu Tag schöner. Sie hat solch ein liebliches
Lächeln, so schöne weiße Zähne, prachtvoll lange schwarze Haare, immer
ein wenig verwirrt oder auch aufgesteckt zu einem bezaubernden Knoten.
Ihre Gestalt des Leibes ist wie eine Gitarre. Ihre Brüste zeichnen sich ab
und scheinen mir Pfirsichen gleich zu sein. Ich träume von Iphigenie
Lenzträume, die mich unruhig machen. Darum habe ich auch folgendes
Haiku geschrieben:
Die Nachtigall
Verliebt ist in die Rose,
Es ist die Lenzlust!
Gott segne dich! Dein
Dominik

Lieber Onno
Am vergangenen Sonntag war ich auf einer ökumenischen
Kirchenversammlung, da der katholische Priester von der Verbrüderung
mit dem Islam sprach, die junge blonde Baptistin sprach: Jesus sagte: Ich
bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater denn
durch mich. Die Baptistin war sehr anmutig. Ich traf sie einige Tage später
wieder, sie meinte, meine Schwärmerei für sie sei gewiss vom Teufel. Aber
sie singt so schön, ihre Stimme berührt mein Herz. Sie sang das berühmte
Lied von Dietrich Bonhoeffer von den guten Mächten. Mehr schreib ich
dir nicht, denn du schreibst mir auch nicht. Dein
Dominik

Lieber Dominik!
Nun finde ich endlich einen Augenblick Muße, dir zu schreiben. Hüte dich
vor Iphigenie! Dein
Onno

Lieber Onno!
Ich habe zwei bittersüße Monde verlebt! Die Liebe ist eine Flamme
Gottes! Auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer! Wie schön wäre es,
mit einer lieben und schönen Frau die Liebe zu Christus teilen zu können!
O du Reh! O du Nachtigall von Galiläa ! O du Psyche Christi! Ah weh,
mein Herz tut weh ! Ich tröste mich, indem ich in Zungenrede bete und
singe. In der Predigt forderte mich der Herr auf, die Schöpfung dankbar zu
genießen. So ging ich mit Iphigenie und ihrem kleinen Kindlein Mark um
den Leiersee. Die Sonne glitzerte golden auf den leisen Wellen und in den
lebensgrünen Baumkronen. Ich sang für Iphigenie ein Haiku:
Die Sonne küsst
Mit glühendheißen Lippen
Die feuchten Wellen!
Ich schüttete Iphigenie mein Herz aus und erzählte ihr von meinem
Liebeskummer. Sie war sehr verständnisvoll. Sie ist sehr sanft. Ihr
Gegenwart allein ist mir die Tröstung Gottes. Es grüßt dich mit brennender
Sehnsucht, dein
Dominik

Lieber Onno!
Danke für die schönen drei Tage auf der Nordsee-Insel. Nun bin ich wieder
in meinem klassischen Altenburg. Ich war mit meinem Japaner und mit
Anna und Iphigenie auf einer Feier. Der Japaner und Anna sind bald
gegangen. Ich habe mit Iphigenie Sekt getrunken, Becher über Becher vom
Schaum des Sekts! Ich trinke den ersten Becher, der zweite Becher trinkt
den ersten Becher, der dritte Becher trinkt mich! Sie sah so reizend aus in
ihrem schwarzen Röckchen und den schwarzen Netzstrümpfen, mit der
Feder-Boa um die bloßen Schultern und den scharlachroten Lippen! Wie
Schaum des Sekts! Ich verlor meinen Verstand und begehrte sie zu küssen
– wir küssten uns! Wir küssten uns in der dunklen Nacht am Leiersee! Ich
suchte sie in meine Wohnung zu locken, aber sie blieb standhaft. Der
heilige Paulus sagt: Sauft euch nicht voll Wein, denn das führt zur
Zügellosigkeit... Am nächsten Tag entschuldigte ich mich bei ihr. Sie war
so süß! Sie war so lieb!... Ach Onno, sie ist eine faszinierende Frau! Grüße
sendet dir dein
Dominik

Lieber Onno!
Iphigenie ist entzückend! Wir können uns so tief über den Glauben an Gott
unterhalten, sie ist so empfänglich für das Evangelium. Sie sagte: „Es
muss schön sein, so wie du an Christus zu glauben!“ Da fängt mein Herz
an zu brennen! Ist sie nicht hinreißend? Ich hatte schreckliche
Zahnschmerzen und die Zahnoperation war sehr schmerzlich, da betete ich
und Gott gab mir Kraft und innere Ruhe. Iphigenie fragte, ob mein Gebet
mir geholfen habe? Ich sagte: Ja, Gott hat mir auf mein Gebet hin
geholfen! Mit Gottes Gnade konnte ich die Schmerzen tragen. Nun bin ich
mit Anna und Iphigenie und ihrem kleinen Mark über den
Weihnachtsmarkt spaziert. Das war sehr romantisch. Lichter im Dunkel,
Musik vom Christuskind, Tannen und Bienenwachskerzen und eine Laune,
in der man alle seine Lieben reich beschenken möchte! O es war so schön,
die liebliche Iphigenie mit dem kleinen Kindlein zu sehen, Schnee auf
ihren langen schwarzen Wimpern – Madonna! Wie gerne wäre ich bei
dieser Madonna ihr heiliger Josef! Als wir dann Weihnachtskekse buken,
las ich Iphigenie ein neues Haiku vor:
Geliebte! Lass
Dich überschatten von
Der Kraft des Herrn!
Das ist ein theologisches Haiku, wie es sie vielleicht noch nicht gibt. Ich
habe auch erotische Haikus gedichtet, aber ich traue mich noch nicht, ihr
diese vorzulesen. Ach Bruder, bitte bete für mich, denn ich bin trotz aller
Gemeinschaft abgrundtief einsam!
Dein Dominik

Lieber Onno!
Einen Haiku-Gruß, mein Bruder, zum Neuen Jahr:
Ein Neues Jahr,
Die Hoffnung kehrt mir wieder
Auf Schöne Liebe!

Lieber Dominik!
Ich bin jetzt Briefbote auf der Nordsee-Insel. Bei Wind und Wetter fahre
ich von Haus zu Haus und bringe Grüße. Ich kann im Frühling nicht zu dir
kommen. Du hast mich ja neugierig gemacht auf deine Kirche. Gibt es
denn keine schöne Christin, die du heiraten könntest? Ich wünsche dir für
den May, den Wonnemond, einen schönen Urlaub in Bingen! Und sauf
dich nicht voll Wein, sondern lass dich vom Heiligen Geist erfüllen!
Danach wollen wir beide streben, nicht wahr? Dein
Onno

Lieber Onno!
Ich habe eine Bekanntschaft gemacht: Mirjam, sie will ins Kloster gehen.
Sie hat weizenblonde Haare und kornblumenblaue Augen. Du denkst
sicher: Entweder eine Frau, die schon einen Mann hat, oder eine Nonne,
die als Braut Christi leben will – ja, will mein Freund denn gar nicht
heiraten? Das weiß Gott! Wir lasen zusammen in einem Kinderbuch, wo
sich der Fuchs die Rose vertraut machen will. Ich will mir auch meine
Freundin, die Rose, vertraut machen. Die Novizin ist nun abgereist ins
Schwabenland, woher sie stammt. Soll ich sie heiraten, mein Freund? Aber
wenn ich eine Ehefrau hätte und immer von Iphigenie träumen müsste...
Ach in der Muschel,
Da liegt die Wunderschönheit
Der liebsten Traumfrau!

Lieber Onno!
Lange haben wir nicht von einander gehört. Du meldest dich aber auch gar
nicht mehr! Aber ich weiß, ich allein bin der große Schreiber vor dem
Herrn! Die Novizin Mirjam ist nun ins Kloster gegangen. Ich lebe wie ein
Apostel und Prediger in der Wüste und künde überall mein Evangelium!
Mit einem protestantischen Bruder bereite ich einen Lehrvortrag über die
Gnosis vor. In der Kirche trage ich meine Gedichte vor. Ich schreibe viele
theologische Haikus:
Freund, musst du leiden,
So sei getrost, getrost,
Gott leidet mit!
Ich verbringe viel Zeit im Gespräch mit Iphigenie. Ich habe ihr gesagt,
dass Christus für sie gestorben ist, damit er ihr das ewige Leben schenken
kann. Sie möchte gerne glauben, aber sie zweifelt noch. Ich bete, dass sie
den geliebten Herrn auch zu lieben beginnt! Dann würde doch ihre
Sehnsucht nach bedingungsloser Liebe und vollkommener Annahme ihres
Selbst die göttliche Erfüllung finden und ihr Leben wäre erfüllt von einem
ewigen Sinn! Aber wer mit Jesus geht, der geht keinen breiten Rosenweg,
sondern einen schmalen Dornenpfad! Das hat Gott seinen Kinder nicht
versprochen, dass das Leben auf Erden schon ein Gartenparadies ist, denn,
wie Madonna einmal sagte: Das Paradies ist im Himmel! Doch tröstet der
Heilige Geist auf Erden wie eine liebende Großmutter! Ich brauche sehr
viel Trost von Gott, denn ich bin über alles vernünftige Maß in Iphigenie
verliebt!
Dein süßes Lächeln,
Bezaubernd und charmant,
Ist Engelsgruß!
Bitte bete für mich, mein Bruder! Dein
Dominik

Lieber Onno!
Mit Anna und Iphigenie und dem kleinen Mark ging ich im dunklen Wald
spazieren. Ich trug die Laterne. Da oben, da leuchten die Sterne, hier unten
leuchten wir! Es war sehr romantisch. Ich wollte Iphigenies Händchen
halten... ihre Taille umarmen... sie küssen... ihr Liebe sagen... Ich stehe in
Flammen! Ich brenne und keine Macht kann dieses Feuer löschen! Ich
weiß nicht mehr ein noch aus. Der japanische Christ sagte, ich solle
Iphigenie nicht mehr besuchen, bis meine Leidenschaft mangels Nahrung
erloschen sei. Ich sagte das Iphigenie, sie war sehr traurig und sagte: „Ach
ich habe ja schon einmal einen Monat lang auf dich verzichten müssen, als
du in Bingen warst!“ Da berührte sie mein Herz mit einer Flamme und der
ganze Zunder loderte in hellem Feuer auf! Wir hielten uns an den Händen
und umarmten uns – o welche Wonne!
Mein Herz verblutet
Wie Gottes Liebe in
Jerusalem!
Bete für mich zum Gott allen Trostes! Dein
Dominik

Cher Priester !
Verzeihen Sie mir, bitte ! Je ne parle pas francais! Aber ich hätte gerne un
portrait von La bienheureuse Evelyne ! Oder einen anderen
Andachtsgegenstand, wo möglich eine Reliquie ! La bienheureuse Evelyne
ist die Namensheilige (la patronesse) de la femme de mon coeur, und ich
möchte beten zur bienheureuse Evelyne mit Hilfe eines
Andachtsgegenstandes.
Notre Dame Noir segne Sie!
Votre
Josef Maria Mayer

Verehrter Pater,
Erlauben Sie mir bitte, Sie um einen geistlichen Ratschlag zu ersuchen. Ich
durfte vor einigen Jahren überaus kostbare Wegweisungen von Ihnen
empfangen, die mich geführt haben auf den Weg der geistlichen Marien-
Ehe und Anbetung der Mutterliebe Gottes, schließlich zur Verehrung,
Anbetung und Liebe zur Hagia Sophia, bis Sie mich entließen mit dem
Segen, die göttliche Weisheit und die göttliche Liebe würden mich
fürderhin selbst führen. Ich habe intensiv studiert, was die Theologen,
Theosophen, Philosophen und Mystiker der Kirche, des gesamten
Christentums und der Mystik anderer Religionen zur Ewigen Weisheit
gesagt. Ich habe schließlich die Ewige Weisheit als Braut angenommen
und erneuere das Verlöbnis mit Ihr täglich in der Eucharistie. In der
Eucharistie begegnet mir die Ewige Weisheit als Mutter, Freundin, Braut
und Geliebte, und die Kommunion ist gewissermaßen eine Hochzeit. Ich
habe vor Jahren auch den Ruf der Gottesmutter gehört, der Caritas zu
dienen. Ich habe mich besonders auch praktisch beschäftigt mit der Mystik
der Caritas von Mutter Teresa von Kalkutta, gleichzeitig aber auch studiert
den Kult der Mater Caritas bei Hildegard von Bingen, der Verehrung der
Frau Liebe oder Frau Minne bei Heinrich Frauenlob. Dann, da ich
besondere Hinneigung zur Mystik des Karmel in mir trage, habe ich die
mystischen Interpretationen von Teresa von Avila und San Juan de la Cruz
zum Hohelied studiert und in der Beschäftigung mit diesen gewissermaßen
mystisch-erotischen Passionen (unter großen Liebesschmerzen) ein Bild
empfangen von der göttlichen Liebe als einer göttlichen Braut von feuriger
Leidenschaft. Am Weihnachtsfest 2009 konnte ich nach einem Tag des
Gebetes spüren, wie in dem Augenblick, da ich das Christuskind in der
Krippe sah, eine Berührung durch die lebendige Liebesflamme der
göttlichen Liebe geschah, ein Entflammen meines Herzens. Gleichzeitig
war dieses Angestecktwerden mit der lebendigen Liebesflamme der
Beginn einer grausamen Kreuzigung meines Herzens. Ich las Edith Steins
Betrachtungen über die Herzverwundung der heiligen Teresa, die nach
dem Durchbohrtwerden mit dem feurigen Pfeil eines Seraphs Gott allein
liebte. Mir allerdings geschah es, dass ich in dem Augenblick, da ich es
empfand, vor dem brennenden Dornbusch zu stehen, gleichzeitig eine
unaussprechliche große Liebe spürte für die irdische-sterbliche Frau, die
ich seit Jahren (platonisch) liebe. Diese Liebe zu der Frau kann ich gerade
noch mit der platonischen Philosophie erklären, dass ich sie so liebe, weil
sie übergossen erscheint mit dem Lichtglanz Gottes, weil ich
gewissermaßen die Idee dieser Frau sehe und liebe, das strahlende
Gottesabbild. Der marianische Titel „Spiegel der göttlichen Schönheit“
scheint mir auch auf die von mir geliebte Frau anwendbar. In mir ist soviel
Anbetung zu dieser Frau, wenn ich das so sagen darf, dass ich mir das
nicht anders erklären kann, als dass sie gewissermaßen vor mir erscheint
als eine andere Inkarnation Gottes, oder wie soll ich sagen, dass sie eine
evidente Offenbarung der göttlichen Schönheit ist. Wenn ich über die Frau
meditiere, und ich weiß nicht, ob ich über meine Anima meditiere oder
über die geliebte Frau oder über die Jungfrau Maria, so erscheint mir,
wenn ich das so sagen darf, eine strahlend-schöne Übergottheit der
Schönheit, die so blendend schön ist, dass ich mich ganz als ein Nichts
empfinde vor dieser allmächtigen Schönheit, dass ich mich ganz vernichte
und vollkommen anbete diese göttliche Schönheit. Die platonische
Philosophie spricht von der Liebe als Weg zur göttlichen Schönheit, die
das Höchste Gut ist, die neuplatonisch-katholische Mystik von Dionysios
Areopagita spricht von der vollkommenen ewigschönseienden göttlichen
Schönheit, und Papst Benedikt zitiert Papst Johannes Paul, dass für
bestimmte Menschen (Künstler) die Schönheit Gottes ein privilegierter
Weg zum göttlichen Geheimnis ist. Nun erscheint mir die Schönheit Gottes
aber wie eine strahlend-schöne Übergöttin, und die Geliebte, die der
Spiegel der göttlichen Schönheit ist, scheint mir das „feminine Antlitz
Gottes“ widerzuspiegeln. Ich schreibe Ihnen nun, weil ich Sie um Rat
bitten möchte: Habe ich mit der Anbetung der göttlichen Weisheit und der
göttlichen Liebe und schließlich der göttlichen Schönheit eine Weise
gefunden, die Heiligste Dreifaltigkeit Gottes in mir zu schauen? Ist die
Verehrung der göttlichen Schönheit ein gottwohlgefälliger Weg, und
welche Formen könnte diese Verehrung annehmen? Wie kann ich die
Schönheit Gottes mit den Bezeichnungen Gottes als Vater, Sohn und Hl.
Geist zusammendenken? Und gibt es Vorbilder in der Tradition der
Mystik, die göttliche Schönheit zu verehren, anzubeten und zu lieben? Und
kann ich schließlich zu meiner russischen Ikone der Hagia Sophia von
Nowgorod und zu meinem Bild der Hildegard-Vision der Mater Caritas
eine dritte Ikone der göttlichen Schönheit finden? Die Hoffnung, die mich
in den häufigen Kreuzigungen meines Herzens immer wieder stärkt, ist, in
Ewigkeit die göttliche Schönheit zu schauen und die göttliche Liebe zu
genießen, ewig befriedigt und ewig schmachtend...
Im Herzen Jesu mit Ihnen verbunden
grüße ich Sie
mit der Bitte um Ihren Segen
Josef Maria Mayer

Vielgeliebteste Evi!
Ich darf dir schreiben, sagtest du. Der Großvater der Zwillinge sagte: „Der
Mensch muß leiden, aber der Mensch leidet ja gerne.“ Und: „Das ist ein
Mystiker, ein katholischer Mystiker, einer der ganz großen Mystiker der
Welt.“ Der kleine Zwilling sagte, auf meinen Schultern sitzend: „Ich bin
der himmlische Geist, den du nicht siehst. Ich kenne dich!“ Der große
Zwilling sagte: „Jetzt redet Jesus aus mir zu dir: Du bist ein sehr netter
Mensch!“ Und Gott sagte zu mir im Gottesdienst: „Ich, der Lebendige, bin
dein Gemahl. Wie ein Bräutigam sich an seiner Braut freut, so freut sich
dein Gott an dir!“ Aber du, Evi, bist eine strahlend-schöne Göttin, und ich
bin ein Wurm! Die Großmutter der Zwillinge sagte: „Evis Bruder ist sehr
schön und sehr lieb, da ist es kein Wunder, dass sich eine Frau in ihn
verliebt.“ Ich dachte: Ach weh, ist ja auch kein Wunder, denn er ist der
Bruder der göttlichen Schönheit, aber ich bin so hässlich wie das hässliche
Entlein, wahrlich, wahrlich, ich bin das hässliche Entlein! Liebe ist, wenn
man in einem Menschen ein Wunder schaut, dass kein anderer sieht. Ein
Philosoph liebte eine Frau, aber unbedingt platonisch, und verehrte sie in
einem mystischen Kult. Da erkannte ich, dass ich dich nicht liebe, wie ein
Mann eine Frau liebt, sondern dass ich dich religiös verehre.

Liebste Evi!
Dass du mich noch angerufen und gesagt, mein Plan sei gut... Ich betete
gerade den Rosenkranz und bat um ein Zeichen... Dein Anruf war das
Zeichen. Meine Seele ward gleich ruhig. Ich sagte zu Maria: Maria,
Geliebte, du bist meine große Madonna im Himmel und Evi ist meine
kleine Madonna auf Erden! Und weil mir nun meine kleine Madonna auf
Erden ihren Segen gegeben hat, darum glaube ich, dass auch du, Maria,
mir deinen Segen gegeben hast. Siehe, Evi, dann sah ich in einer Tele-
Vision das Antlitz der Jungfrau von Guadelupe, der du so ähnlich siehst.
Ich wollte dir auch noch sagen: Ich flehe dich an, verlass mich nicht! Ich
bin ja, leider, das hässliche Entlein! Aber du bist so unaussprechlich schön!
Aber im Himmel werde ich auch sehr schön sein! Das weiß ich, und das
tröstet mich. Alles für die Ewigkeit! (Evigkeit)...
Dein
Bruder Josef

Liebste Evi!
Grüße von der Lieben Mutter! Alles Liebe von deinem Verehrer!
J.

Liebe Frau Evi!


Gott kennt und ruft dich mit Namen! Heute morgen sagte Gott zu mir:
Beständig soll Mein Bund mit Levi sein! Da dachte ich, Gott kennt auch
mich, wenn er seinen Liebesbund mit mir schließt und mich Levi nennt,
denn ich bin Levi, denn in mir ist Evi. Levi heißt ja eigentlich L’Evi! Und
wie ist Gottes Name? Ewiger! Ein chinesischer Freund sagte immer:
Eviger! Und dein ganzer Name Evelin heißt ja eigentlich Engelin. Und
dein Name Evelin ist ein Reimwort auf Elohim, und Elohim heißt
verdolmetscht: Unsre Liebe Gottheit! Und Evi heißt auf hebräisch das
Leben, und Jesus sagt: Ich bin das Leben. Und Eva heißt: Die Mutter alles
Lebens, aller Lebendigen, die Quelle des Lebens. Dein Name, Evi, heißt:
Die Quelle des Lebens! Und wer ist die Quelle des Lebens? Gott, der
Lebendige! Dein Name, Evi, ist also ein Name Gottes des Schöpfers. Und
wenn ich ganz trostlos und verzweifelt bin, dann rufe ich: Eli, Eli, lama
asabthani! Eli, Eli, ruf ich, und es hallt das Echo: Evi, Evi! Eli aber, liebe
Evi, Eli heißt. Mein Gott! Mein Gott hat dich wenig niedriger gemacht als
Gott!

Geliebte!
Was ist Liebe? Liebe ist die Zuneigung meines beseelten Wesens zu
deinem beseelten Wesen und der Drang zur Vereinigung mit dir, denn ich
will mich mit dir ergänzen und dich durch mich ergänzen. Die
hinabsteigende Liebe, Amor descendens, gibt mehr, als sie empfängt, es ist
deine Mutterliebe zu deinen Söhnen. Die heraufsteigende Liebe, Amor
ascendens, ist die Liebe, die mehr empfängt, als gibt, es ist die Liebe
deiner Söhne zu dir, ihrer schönen und lieben Mama. Die Liebe, in der
Geben und Nehmen im Gleichgewicht sind, heißt Amor aequilis. Amor
Aequilis ist das Grundprinzip unsrer Freundschaft. Die Mutterliebe gibt es
auch im Tierreich, bei höheren Tierarten beteiligt sich auch das Männchen
an dem Aufziehen der Kinder, ja, bei bestimmten Dinosauriern halfen
besonders die Freunde dem Weibchen, die kleinen Dinos großzuziehen.
Die Kindesliebe zur Mutter, zur Großmutter nimmt manchmal einen
geradezu religiösen Charakter an. Auch ich kenne Kindesliebe, die mir als
väterlichem Paten entgegengebracht wird, die den Charakter der Anbetung
annimmt. Die geschlechtliche Liebe hat bei niederen animalischen Wesen
nur den Charakter eines Werkzeugs zur Fortpflanzung der Gattung. Bei
den von dir so geliebten Spinnen (!) wird das Männchen nach der
Hochzeitsnacht aufgefressen! So wirst du es auch wohl tun, und deinen
Ehemann in der Hochzeitsnacht zu Tode lieben! Die kindliche Liebe aber,
die sich auf die seligen Ahnen in frommer Pietät richtet, vollendet sich in
der religiösen Ehrfurcht vor dem Vater aller Wesen oder der mütterlichen
Vorsehung der Gottheit! Die erotische Liebe aber ist die größte Triebkraft
zur Überwindung des Egoismus. Die erotische Liebe des Mannes zu der
Frau ist von solcher Heiligkeit, dass sie in der Bibel zum Gleichnis wird
für die Beziehung Gottes zu Gottes Volk, die Beziehung Christi zur
menschlichen Seele. So sagte Gott zu mir: So wie du deine Evi
leidenschaftlich und feurig liebst bist zum Verrücktsein, so liebe ich, dein
Gott, dich! Ja, die Weltvollendung, der neue Himmel und die neue Erde,
werden in der Apokalypse als himmlische Hochzeit zwischen dem Lamm
und Seiner Nymphe dargestellt. Das Lamm ist der Bräutigam Jesus und die
Nymphe ist die heilige Jerusalem, die Gemeinschaft aller Erlösten. In der
Mutterliebe zu den Kindern herrscht das Mitleid vor. In der kindlichen
Liebe zur Mutter herrscht die Ehrfurcht oder Pietät vor. In der Beziehung
zwischen Mann und Frau tritt zu Mitleid und Ehrfurcht noch das zarte
Schamgefühl. Die geschlechtliche Brunst aber ist die Materie für diese
Gefühle der Liebe. Die Liebe war im altertümlichen Heidentum eine
religiöse Macht, denn man betete den Phallus und die Vulva der Götter und
Göttinnen an. Noch in modernen Zeiten gibt es indische Mystiker-Dichter,
die eine tantrische Poesie schaffen als eine heilige Pornographie. Du
kennst solch einen Dichter, ich bin es selbst! In der Lehre Christi nimmt
die Agape, die selbstlos schenkende Liebe Gottes, den zentralen Platz ein.
Der griechische Philosoph Empedokles aber pries die Liebe oder
Freundschaft (Philia) als die kosmische Kraft, die das All im Innern
zusammenhält, dagegen der zweite Trieb der Streit ist, der Krieg als Vater
aller Dinge, der die Elemente von einander scheidet und die Dinge
zerstört. Für Platon ist Eros kein Gott, sondern ein heiliges Mittlerwesen,
dass die Seele des Menschen die Himmelsleiter der Schönheit hinaufführt
zur allerhöchsten Schönheit, der göttlichen Schönheit als dem Höchsten
Gut. Die Liebe als allerhöchste Gottheit pries Dante in seiner göttlichen
Komödie (Divina) und der Troubadour Unsrer Lieben Frau, Bernhard von
Clairvaux, feiert die Liebe Gottes wie ein Minnesänger seine Schöne
Dame.
Gruß,
Josef
Geliebte!
Noch einen Brief zum Thema: Was ist Liebe? Erstens: Die Liebe ist das
einzige Gegengift gegen den Egoismus. Der Egoismus aber ist der
mächtigste Feind Gottes. Schon die Liebe der Mutter zu den Kindern rückt
das Zentrum der Person aus dem Ego mit seiner Selbstverkrümmtheit in
die geliebten Kinder und überwindet den Egoismus. Aber die erotische
Liebe des Mannes zur Frau vernichtet gewissermaßen das Ego und versetzt
den Mann ganz in die Frau, ihr Du allein ist jetzt der Inhalt seines Lebens.
Er sagt: Nun lebe nicht mehr ich, sondern Du lebst in mir! Was ist Liebe
nicht? Liebe ist nicht Kinderzeugung und nicht bürgerliche Zivilehe. Der
Mann, der im Schoß eines Weibes Kinder zeugt, meint unsterblich zu
werden durch seine Nachkommen, aber die grüne Mutter Natur schenkt
kein ewiges Leben, sondern ewigen Tod. Die bürgerliche Zivilehe ist
besser als die Unzucht und schützt die Familie als Keimzelle der
Gesellschaft und des Staates, das ist gut, doch das hat nichts mit
Unsterblichkeit zu tun. Die Kinder können auch gezeugt werden von Mann
und Weib, wenn sie in Hassliebe, Unmut und Widerwillen sich paaren, die
Eltern können dennoch die Kinder heiß und innig lieben. Andrerseits kann
die Liebe des Dichters zu seiner Muse rein platonisch bleiben und keine
Kinder zeugen, dennoch ist es eine wahre Blüte der Kultur der Liebe. So
hat Goethe Frau von Stein in zehn Jahren platonischer Liebe nur einmal
geküsst. Die epikuräischen Schweine können das natürlich nicht glauben.
Aber ich weiß, es ist wahr! Damals hatte Frau von Stein ein Glas Wein
zuviel getrunken, es war an einem See, bei Büschen, unterm silbernen
Mondlicht, da küsste Frau von Stein den betrunkenen Dichter. Ich weiß es,
denn ich bin Amor und stand dabei. Nun denn, das bürgerliche
Zusammenleben von physischen Zweiheiten in einer Zivilehe berührt die
unsterbliche Flamme der Liebe nicht. Sie ist für die Zeit und nicht für die
Ewigkeit. Bis dass der Tod uns scheidet! Höchstens! Wenn uns nicht
vorher die Scheidung scheidet! Das also ist die Liebe nicht! Aber was ist
Liebe? Das Zusammengehören des Männlichen und des Weiblichen
Prinzips vor dem Angesicht Gottes, um die Androgynität der Platonischen
Urmenschen herzustellen? Yin und Yang, die zusammen erst das Eine Tao
bilden? Was sieht der liebende Mann, wenn er die Frau liebt? Er sieht nicht
nur einen schönen Schein, eine Illusion, die Kristallisation seiner inneren
Frau als Hexe oder Engel, nein, sondern der wahre Platoniker sieht in
mystischer Hellseherei – das gefällt dir gewiß, Geliebte, schaut in
mystischer Hellseherei in der Geliebten den göttlichen Funken, das
himmlische Urbild, die Idee Gottes, das Bild Gottes im Innern der
geliebten Frau. Was ihn hinreißt in seinem anbetenden Eros ist die Vision
der göttlichen Schönheit, die inkarniert in seiner Geliebten! Und diese Idee
der Geliebten ist ewig, und die erotische Liebe des platonischen Minners
zur unsterblichen Idee seiner Geliebten ist eine unsterbliche Liebe! So
wird die Liebe des Mannes zur Frau zur unsterblichen Liebe, zur ewigen
Liebe der göttlichen Schönheit!
Lieben Gruß,
Josef

Geliebte!
Nun der dritte Brief über die Frage: Was ist Liebe? Du hast mir gesagt: In
meiner religiösen Erotik liebe ich mit umarmender Erotik, denn ich denke,
Eva wurde aus der Seite Adams geschaffen, weil sie Gefährtin des Mannes
sein sollte. Hätte sie Magd des Herrn sein sollen, wäre sie aus den Füßen
Adams geschaffen worden, und hätte sie Herrin des Sklaven sein sollen,
wäre sie aus dem Haupt erschaffen worden. Aber Mann und Frau sollen
einander von Angesicht zu Angesicht gegenüber sitzen, mit gleicher
Würde und gleichem Recht, Mensch zu Mensch, und gemeinsam in der
Einheit von Männlichkeit und Weiblichkeit wie Himmel und Erde spiegeln
sie die Liebe Gottes. So ist auch meine erotische Religion eine umarmende
Religion, ich werfe mich nicht in den Staub vor einem allmächtigen Herrn,
sondern ich liebe den Menschen Jesus wie meinen Gatten, der mir in
meinem Ehebett beiwohnt, im Ehebett meiner Seele. Liebe Evi, da habe
ich dir gesagt: Und ich kann nur lieben in meiner religiösen Erotik mit der
anbetenden Erotik. Ich werde zu einem Herrn Niemand, zu einem reinen
Nichts, du aber, Geliebte, bist eine hochthronende Göttin der Schönheit,
die ich anbete! Du bist in der Religion des Eros die allmächtige Göttin,
aber ich bin kein Mensch mehr, sondern ein Wurm! In meiner erotischen
Religion wird mir die Gottheit zu einer angebeteten Frau, so wie mir die
geliebte Frau zu einer angebeteten Gottheit geworden ist. Ich sehe Gott in
der hochthronenden Göttin-Madonna mir erscheinen, und ich bins nicht
wert, ihr die Sandalen aufzuschnüren, ich bins nicht wert, den Schatten
ihrer Füße im Staub zu küssen! Madonna ist der weibliche Jesus, den ich
tiefer als ein Sklave anbete, und du, geliebte Evi, bist die Göttin, die ich
anbete als eine zweite Menschwerdung Gottes!
Gruß, Josef
Liebe Evi!
Trotz der großen Hoffnungslosigkeit fühl ich mich bei dir wie im Paradies,
in einem Paradies, dessen Himmel brennt wie die schrecklichen Feuer des
Fegefeuers, aber dennoch im Paradies! Ich war schon oft im Vorhof des
Himmels und verkostete den Vorgeschmack des Himmels, nämlich wenn
ich in deinem verwunschenen Paradiesgärtlein dir gegenüber saß von
Angesicht zu Angesicht und schaute deine unbeschreibliche Schönheit! Ich
glaube, wenn ich sterbe und Gott begegne, werde ich mich nicht wundern,
sondern denken: Ich habe dich schon immer gekannt, mein lieber Gott, ich
habe dich immer schon gesehen, wenn ich Evi gegenübersaß.

Süßeste Freundin!
Ein Kind sagte zu seiner Mutter: Mama, ich liebe dich, weil du mir dies
Zuckerbrot gegeben! Die Mama sagte: Ich hoffe, nicht nur wegen des
Zuckerbrotes! Das Kind sagte: Nein, auch noch wegen etwas anderem. Ich
sagte zu dem Kind: Die wahre Liebe hat keinen Grund, man liebt einfach
und weiß gar nicht warum. Der Mystiker sagt: Die meisten Christen lieben
die Liebe wie eine himmlische Kuh, nämlich weil sie ihnen Milch spendet
aus ihrem Euter. Aber der wahre Christ liebt die Liebe auch, wenn sie ihn
schickt in die trockenste Wüste, in die tiefste Mitternacht der Seelenqual,
ja, wenn die Liebe ihn spannt auf die Folter und sie ihn verlässt, schreit er
noch: Göttliche Liebe, ich liebe dich allein, weil du so schön bist! Und
woher ich das weiß, Geliebte? Von dir weiß ich das, denn du hast mich die
Liebe gelehrt.
Dein Josef.

Lieber Bruder in Christo!


Weil ich Fräulein Becken nicht haben darf, wende ich mich an Fräulein
Becher!
Der dionysische Messias segne dich!
Josef

Ach, Allergeliebteste!
Meinen geliebten Zwillingen zeigte ich Jesus im Garten, es war tiefste
Nacht, Jesus sah vor sich die schrecklichen Leiden, die Qual der Passion,
er war in namenlosem Jammer und abgrundtiefem Elend! Da zeigte ihm
Gott den strahlenden Becher, voll gefüllt mit Leiden bis über den Rand!
Jesus warf sich weinend auf die Erde, Tränen spritzten aus seinen Augen,
Blut spritzte aus seiner Stirn und er schrie: Vater, nein, gib mir nicht diesen
Becher zu trinken, übervoll mit Leiden! Vater, Vater, erbarme, erbarme
dich! Aber dein Wille geschehe! Wenn ich leiden muß die tödlichsten
Qualen, so sei es, wenn es dein Wille ist, Vater, Vater! Da sprachen die
Zwillinge: Pate, was war das für ein Becher? Ich sagte: Das war der
Becher der Leiden! Und was war das für ein Geist, der zu Jesus sagte:
Trinke nicht vom Becher? Liebe Kinder, das war der Böse, der wollte
nicht, dass Jesus leidet! Geliebte, wir werden es nie verstehen können,
unser Verstand bleibt ganz leer vor diesen namenlosen Leiden der Seele
Christi. Aber wer der göttlichen Liebe begegnet, der weiß, er muß nun den
schrecklichen Becher der Seelenqualen ganz leeren, aber er ist bereit, das
heißt, er ringt sich schmerzlich durch zur Bereitschaft, den qualvollen
Becher der Leiden für die göttliche Liebe zu leeren! Er wird besoffen sein,
aber nicht besoffen vom Wein, sondern von unaussprechlichem Jammer!
Woher ich das weiß, Geliebte? Von der Liebe, die du mich lehrst!
Ich liebe dich trotz aller Leiden!
Dein Josef

Lieber Bruder in Christo,


ich, Josef, hatte Gesichte von der himmlischen Hochzeit. Und als ich die
Engelin Evelin sah, die mir die Gesichte der himmlischen Hochzeit
vermittelt hatte, fiel ich vor ihr nieder, um sie anzubeten. Aber die Engelin
Evelin sagte: Nein, bete nicht mich an! Ich bin eine Dienerin der Wahrheit,
wie du ein Diener der Wahrheit bist und wie deine Freunde, die andern
Seher, Diener der Wahrheit sind. Bete nicht mich an, sondern bete die
göttliche Schönheit an!

Liebe Evelin,
Die gestrige Nacht lag ich wach und wälzte mich unruhig auf meinem
Lager hin und her und bewegte das herzerbarmende Schicksal der
Waisenkinder voller Sorge in meinem Herzen und trug die Not der
Waisenkinder und der todkranken Mütter vor den Herrn. Meine Seele war
voller Schmerzen, aus meinen Augen tropften in großen Tropfen Tränen
des Mitleids. Da war ich sehr trostbedürftig und vermochte doch nicht
mehr zu beten, denn ich verzagte, weil ich schon so lange leiden muß,
ohne dass mir Trost und Hilfe zuteil wurde. Da sah ich plötzlich in meiner
Seele Innerem wie in einem Gesicht dein Schlafzimmer, es war kurz vor
deinem morgendlichen Erwachen. Du lagst in deinem Bett unter deiner
warmen Bettdecke und neben dir lag dein kleiner Sohn. Da hob ich deine
Bettdecke und legte mich zu dir. Du erwachtest kaum, aber schlossest
mich in die Arme und murmeltest Worte des Trostes. Ich bat dich, mich
vor den Schrecken der Welt zu schützen, ich bat dich, mich unter deinem
Schutzmantel zu verbergen, bis das Unheil vorüber sei. Da betete ich zu
dir und sagte: Mama Evi, rette mich, Mama Evi, rette mich! Da war ich
plötzlich ein kleiner Säugling, das heißt, ich war immer noch körperlich
wie ein Mann von vierzig Jahren, aber meine Seele schrie nach Trost wie
ein kleiner Säugling nach der Brust seiner Mutter. Da entblößtest du
deinen Oberkörper und legtest mich an deine Brust und stilltest mich.
Gestillt war ich nun auch wieder getröstet. Ich betete zu Gott: O Mutter,
erbarme dich! O Mutter, laß mich nun schlafen! Da schlief ich ein. Nach
drei Stunden Schlaf sagte mir die Madonna, dass sie es gewesen war, die
mich in der Nacht gestillt, getröstet und gestärkt hatte. Gott sagte: Setze
dein Vertrauen nicht auf Evi, denn Evi ist ein Mensch und nicht Gott. Da
dachte ich: Wie bei Homer die Göttin der Weisheit Athene sich in einen
Menschen verwandelt und dessen Gestalt annimmt, um Odysseus zu
helfen und zu begegnen, so hat Maria, die himmlische Mutter, in meinem
morgendlichen Gesicht die Gestalt meiner geliebten Evi angenommen und
meine schrecklich schreiende Seele getröstet und gestärkt. Dafür danke ich
vor allem der himmlischen Mutter, aber auch besonders meiner geliebten
Evi, die eine Mittlerin der Mutter im Himmel gewesen ist. Darum grüße
ich dich, liebste Evi: Du kannst an alle Götter glauben, aber glauben die
Götter auch an dich? Darum ist es noch bedeutender, als dass du an Gott
glaubst, dass in Wahrheit Gott an dich glaubt! Sei dir also sicher: Wie Gott
an dich glaubt, so glaube auch ich an dich!
Alles Liebe,
Dein Josef

Geliebte! Liebe Süße Frau!


Ich hörte die Stimme Jesu, er sprach und wies auf die Ewigkeit: Dort
werdet ihr für immer vereinigt sein! Diese Hoffnung, Evi, gibt mir die
Kraft zu ertragen in Geduld, dass du auf Erden einen Beglückteren liebst,
einen Beglückteren, aber nicht Edleren, wie der Dichter bittet, ihm diesen
Stolz zu lassen.
Dein
Josef

Liebe Schwester, keusche Lilie!


Meine Muse sagte: So eine Schlangenfrau wie Ich wühlt einen
Schlangenmann wie dich sehr auf, aber die Krebsgeborne wird dir Ruhe
geben. Ich sagte zu meiner Muse: Meine Schwester in Christo, die keusche
Lilie, ist so eine gefühlvolle Krebsgeborne, die mich beruhigt. Ich schütte
ihr gern mein Herz voll Schmerz aus. Darum, Schwester, höre ich heute
morgen deine sanfte Musik, um mich von deinem harmonischen, sanften,
friedlichen Gemüt beruhigen und trösten zu lassen in der Passion meines
Herzens. Bitte schicke mir doch das Bild, wo du mich verbindest, und
deine süße Tochter zwischen uns steht und zuschaut. Denn ich war unter
die Räuber gefallen, aber du warst der Barmherzige Samariter! Ich habe
mir von meinem kleinen Liebling einen Jesus-Film ausgeliehen, denn
sollen deine Kinder auch einmal schauen!
Mit dankbaren Grüßen,
Josef

Lieber Bruder im Herrn!


Am Tag Sankt Agnes, dem 17. Jahrestag meiner Bekehrung, sagte Jesus zu
mir: Ich will die Ganzhingabe deines Willens an Mich! Du sollst immer im
Opfer sein! Du sollst dich mit Mir am Kreuz vereinigen! Ich weiß, was du
vermagst!“ Ach du Lieber, meine Schmerzen sind unaussprechlich und
meine Liebe ist unaussprechlich! Bitte bete für mich und erbitte meiner
Geliebten von Jesus das Heil!
Danke für all deine Gnaden,
Josef.

Meine Liebe!
Und Jesus (d.i. Evi) sagte zu Maria Magdalena (d.i. Josef): „Rühre mich
nicht an!!! Denn Ich bin noch nicht aufgefahren zu Meinem Vater und
deinem Vater, zu Meinem Gott und deinem Gott!“ (Aus meinem EV-
Angelium)
Gruß!
Josef

Lieber hochgeschätzter Pater!


Ich bewundere ihre Weisheit, die sie aus den beiden Brüsten des alten und
neuen Testaments gesogen haben! Sie haben sehr schöne Heilungsgebete
gebetet. Sie haben gesagt, der Sohn wird im Alter von drei bis sechs Jahren
versuchen, den Vater bei der Mutter zu verdrängen und zu ersetzen. Wenn
es ihm aber nicht gelingt, weil Vater und Mutter sich lieben, wird der Sohn
sich bemühen, ein Mann zu werden, um später wie sein Vater zu sein. Aber
wenn die Mutter den Vater nicht mehr liebt und sie den Sohn wie ihren
Liebling behandelt, dann wird der Sohn der Geliebte der Mutter und sich
nicht lösen von seiner Mutter. Er wird in diesem Paradies verbleiben
wollen, er hat ja alles, er ruht immer an den Mutterbrüsten der Geliebten.
Er muß nicht hinaus ins Leben und ein Mann werden, sondern er bleibt bei
seiner Mutter im Bett und lässt sich von ihr trösten. Da dachte ich, lieber
Pater, meine Geliebte Evi hat doch ihren Lebensgefährten nicht mehr
wirklich geliebt, als ihr Erstgeborener klein war. Sie hat ihn damals so
honigsüß liebkost, dass ich immer neidisch war und an seiner Stelle sein
wollte. O wie er auf ihrem Schoß saß, als sie im leichten kurzen
Sommerkleidchen vor mir saß und er ihr den dünnen Spaghettiträger von
der Schulter schob, um sie auszuziehen! Ich dachte: Nun ist es aber gut,
nun komm ich an die Reihe! Und dann umschlangen die beiden einander
so innig und warm, ja wie zwei Ertrinkende, die sich am Strohhalm ihrer
Liebe festhalten! Darum hat mich der Bursche auch immer abgelehnt,
denn er war eifersüchtig auf mich! Der Lebensgefährte, nun, der ist nicht
eifersüchtig. Aber der Sohn, er lehnt mich ab, denn er ist eifersüchtig,
wenn seine Muttergeliebte ihn wegschickt, weil sie mit mir philosophieren
und theologisieren will. Und ich bin eifersüchtig, nicht auf den Mann im
Haus, den armen Hanswurst, sondern auf den Sohn, denn wenn Mutter und
Sohn wieder einmal so verzweifelt einander ihre Liebe gestehen und in
einander versunken sich sagen, wie lieb sie sich haben, dann sitz ich dabei
wie ein Unsichtbarer, wie einer, der gar nicht existiert. Lieber Pater, der
Sohn ist auch einer, der sich immer in seiner dunklen Höhle vor der Welt
versteckt und keine Freunde hat und sich nicht hinaustraut in das rauhe
Leben. Wissen Sie, lieber Pater, ich sagte zu meiner Geliebten:
Vielgeliebte, was machst du, wenn die Kinder aus dem Haus sind, dein
Mann immer bei der Arbeit ist und du allein bleibst? Da sagte meine
Liebste: Mein Freund, dann bist du doch noch da! Das freute mich, denn
ich möchte zwar am liebsten bald sterben, aber wenn ich alt werden muss,
dann will ich alt werden mit meiner geliebten Freundin. Aber ich
befürchte, das Muttersöhnchen wird immer an Mamas Rockzipfel kleben
bleiben. Bitte beten Sie dafür und lösen Sie mit dem Schwert des
Menschensohnes diese ungesunde Mutter-Sohn-Symbiose!
Bitte erteilen Sie auch mir ihren Segen.
Josef Maria M.

Liebste Evi!
Die himmlische Mutter sagte mir um Mitternacht: Mann! Deine
Empfindungen für das Weib werden dir ewig die Tore des Lichtes öffnen!
Darum besteht die wahre Männlichkeit darin, voller Ehrerbietung und
Zartgefühl für alles Weibliche zu sein, das in Reinheit schwingt. Als die
Mutter mir das sagte, rief ich begeistert aus: Evi, Geliebte! Du bist meine
Führerin zu Gott!
Alles Liebe und Schöne!
Dein
J.

Lieber Bruder in Christo!


Vielen, vielen Dank für die schöne Bibel, denn genau diese Familienbibel
hab ich Evi zu Weihnachten geschenkt. Daß ich nun die gleiche
Familienbibel wie Evi habe, danke ich Jesus – durch Dich, darum Dank sei
Jesus und Dir!
Dein
Josef

Heilige Freundin!
GOTT kniet vor deiner Freiheit!
Dein
Josef
Hellsichtige Freundin!
Im Paradies ist dein Ehemann nicht dein jetziger Lebensabschnittsgefährte,
und auch nicht deine Jugendliebe. Wer weiß, ob sie den Himmel
erreichen? Im Paradies ist leider auch nicht dein Ehemann der Dichter, der
dich besingt, und der von Ewigkeit zu Ewigkeit mit dir Hochzeit feiern
möchte. Nein, ich muß abnehmen, ER muß zunehmen. Im Paradies ist dein
Bräutigam der Gottmensch Jesus. Gott Selbst will dich für alle Ewigkeit
zur Ehefrau! Dabei beruhige deine Seele.
Dein Josef

Liebe! Geliebte Evi!


ICH habe Dich geschaffen als Meine Braut! ICH will von Ewigkeit zu
Ewigkeit mit Dir Hochzeit feiern!
Dein JESUS!!!

König Milan der Erste ist am zweiundzwanzigsten Tag des achten Monats
im Jahre 1854 nach Christi Geburt in Marasek im Fürstentum Moldau
geboren. Er wurde gleich nach seiner Geburt getauft auf den Namen
Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Sein Vater
Milos war ein Neffe des Fürsten Milos, seine Mutter war die rumänische
Adlige Helena Maria. Sein Vater war ein Krieger im rumänischen Heer
und fiel im Jahre 1861 in Bukarest bei der Schlacht gegen die Türken. Er
verteidigte die Sache des christlichen Europa gegen die anstürmenden
Osmanen, die den Islam an die Stelle des Christentums setzen wollten. Er
starb als ein Verteidiger der Kirche und des christlichen Europa. Gott sei
seiner armen Seele gnädig! Milans Mutter Helena Maria aber, mit all ihrer
sprichwörtlichen Schönheit, führte nach dem Tode ihres Mannes ein
leichtfertiges Leben des irdischen Genusses. Sie kümmerte sich nicht
weiter um Milans Erziehung. Es nahm sich aber sein Onkel des jungen
Neffen an und erzog ihn zu einem guten Christen und Europäer. Der
Onkel, Fürst Mihailo, war ein wahrhaft väterlicher Onkel und der junge
Milan liebte seinen Onkel mit einer kindlichen Ehrfurcht, die fast die
Formen religiöser Pietät annahm. Im Alter von sechs Jahren wurde Milan
von seiner Mutter nach Kragujewas geschickt, er sollte dort erzogen
werden von ausgebildeten Pädagogen und Gouvernanten. Milan vermisste
seine schöne Mutter sehr und auch seinen väterlichen Onkel Mihailo, den
Fürsten von edler aristokratischer Gesinnung. Er besuchte das Lyzeum
Louis-Le-Grand. Die Erinnerung an seinen Lyzeumsaufenthalt und seine
Freunde blieb ihm sein Leben lang eine Kraftquelle. Er las in jener Zeit
unschuldige mystische Freimaurer, die am Anfang des neunzehnten
Jahrhunderts eine klassische Poesie in Russland geschaffen hatten. Er
liebte den Wein, die Geselligkeit mit Freunden und die Schönheit der
Mädchen. Am meisten liebte er aber Eine, die Schönste aller Frauen, die
Rose des Balkan, die schöne Natalia. Er wählte die getaufte Christin zur
Ehe und schloß den Ehebund als Sakrament mit dem Segen Gottes. Natalia
hatte lange schwarze Haare, blitzende Augen und eine charaktervolle
Nase. Sie war von einer zugleich wilden und sanftmütigen Schönheit.
Milan wurde aber sehr traurig, als sein geliebter Onkel, der Fürst Mihailo,
im Jahre 1888 einem terroristischen Mordanschlag zum Opfer fiel. Milan
konnte es den Radikalen nicht verzeihen, dass sie seinen Geliebten, den
edlen Aristokraten, ermordet hatten. Zeit seines Lebens war Milan ein
Kämpfer gegen den terroristischen Ungeist der Radikalen. Milan war noch
minderjährig, als er zum Thronerben und zum Fürsten von Serbien ernannt
wurde. Er heiß nun Milan der Vierte, Fürst von Serbien. Bis zu seiner
Volljährigkeit führte der Führer der liberalen Partei die
Regierungsgeschäfte als Prinzregent. Später löste Milan den liberalen
Prinzregenten durch einen konservativen Prinzregenten ab. Milan liebte
die Rolle als Herrscher einer konstitutionellen Monarchie nicht sehr. Zeit
seines Lebens stand er im Konflikt mit den Parteien und Regierungen. Zur
Zeit seiner Regierung als Fürst von Serbien entstanden die demokratischen
Parteien Serbiens, die konservative Partei, die liberale Partei und die
radikale Partei. Im Volk gab es viele bewaffnete Milizen, die Unruhe
stifteten. Milan entwaffnete die Milizen und führte eine reguläre Armee
ein. Die Radikalen aber wollten das Volk bewaffnen und provozierten
einen anarchistischen Bauernaufstand, den Milan aber niederschlug in der
Schlacht von Timok. Der Führer der Radikalen floh ins Ausland, um der
Strafe zu entgehen. In seiner Außenpolitik orientierte sich Milan zuerst an
Russland. Er besuchte Zar Alexander den Dritten in Sankt Petersburg.
Aber Zar Alexander der Dritte behandelte Milan unfreundlich und nahm
keine Rücksicht auf die serbischen Interessen. Daraufhin wandte sich
Milan als monarchischer Souverän an das katholische Kaiserreich
Österreich-Ungarn. Ohne Wissen seiner demokratischen Regierung schloß
der souveräne Fürst ein Abkommen mit dem Haus Österreich. In dem
Geheimabkommen zwischen dem Fürstentum Serbien und der Kaiserlich-
und-königlichen Monarchie Österreich-Ungarn versprach Milan, dass
Serbien auf die Herzegowina verzichtet, in seiner Außenpolitik sich an
Österreich-Ungarn orientiert und keine Propaganda gegen das Kaiserhaus
Habsburg in seinem Reiche tolerieren wird. Die demokratische Regierung
war empört über das souveräne Handeln des Fürsten und bot den Rücktritt
der Regierung an. Milan aber ließ die Regierung nicht zurücktreten. Die
Rivalität zwischen dem Fürstentum Serbien und dem autonomen
Fürstentum Bulgarien nahmen an Schärfe zu. Bulgarien wurde vom
zaristischen Russland unterstürzt, Serbien vom katholischen Kaiserhaus
Habsburg. Der Konflikt führte zu einem Krieg zwischen Serbien und
Bulgarien. Am siebenten November erlitt Milan eine schwere militärische
Niederlage, die zum Untergang seines Fürstentums geführt hätte, wenn ihn
nicht der katholische Kaiser von Habsburg gerettet hätte. Serbien stellte
sich aber nicht gegen den Zaren, sondern half dem Zaren im russisch-
türkischen Krieg. Zar Alexander drängte die Türken zurück, in Folge
dieses Krieges wurde das Fürstentum Serbien endgültig frei von aller
islamisch-osmanischen Bevormundung. Am sechsten März 1882 wurde
das Königreich Serbien proklamiert. Fürst Milan der Vierte von Serbien
wurde ausgerufen zum König Milan dem Ersten von Serbien. Kaiser Franz
Joseph der Erste von Österreich-Ungarn gratulierte König Milan
persönlich und wünschte ihm den Schutz der Gottesmutter. Im Jahre 1887
versuchten die Radikalen, Milan in einem feigen Attentat zu ermorden!
Milan aber wurde beschützt von der mächtigen Gottesmutter, die auch das
Haus Habsburg beschützte. Allerdings müssen wir zugeben, dass auch
Milan kein Heiliger war, sondern in Versuchung geriet und seine Ehefrau
Natalia betrog mit einer Britin namens Jennie, woraufhin die heilige Ehe
gebrochen wurde und in die Brüche ging. Der europäische Adel war
empört. Milan betete in jener Zeit viel zur Gottesmutter, der Zuflucht der
Sünder. Allerdings hatte die liebe Frau Natalia ihrem Ehemann einen
rechtmäßigen Sohn und Thronerben geschenkt, Alexander. Es verschärften
sich aber die Konflikte zwischen dem Monarchen und den Demokraten in
der Regierung, so dass Milan im März 1889 abdankte und zurücktrat
zugunsten seines Sohnes Alexanders des Ersten. Milan verließ Serbien. Als
Alexander im Jahre 1893 volljährig geworden war, kehrte Milan nach
Serbien zurück. Der König Alexander der Erste ernannte seinen Vater
Milan zum Generalissimus des Heeres. Am siebenten Juli 1899 versuchten
die Radikalen erneut, in einem terroristischen Mordanschlag den edlen
Milan zu ermorden. Auch diesmal gelang es der radikalen Mörderbande
nicht. Die Gottesmutter schützte sein Leben! Aber leider vermählte sich
König Alexander der Erste mit einem ordinären Weib namens Draga. Vater
Milan warnte seinen Sohn vor diesem Weib, darüber der Sohn sich erhitzte
und den Vater aus dem Lande verbannte. Der katholische Kaiser gewährte
dem edlen Milan in Wien Asyl. Allerdings erkrankte Milan an seiner
Lunge. Die Ärzte gaben ihm nur noch ein Jahr zu leben, er sei unheilbar
krank. Der katholische Kaiser schenkte Milan ein Haus, indem er bis zu
seinem Tod lebte. Fürst Eugen, ein Ungar, leistete ihm Gesellschaft als
Freund. Milan bat die Gottesmutter um ihr Gebet in der Stunde seines
Todes, empfing nach einer letzten Beichte die Absolution, empfing das
Sakrament der Letzten Ölung und die Heilige Eucharistie und schied in der
Gnade des Herrn am 21. Februar 1901 aus diesem Tal der Tränen. Seine
Gebeine wurde in Serbien in dem Orte Krusadol begraben. Gott sei seiner
Seele gnädig! Die Gottesmutter schütze und segne das serbische Volk und
besonders die Herzegowina!

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

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Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
Die Scholastik

Von Josef Maria Mayer

ERSTER TEIL
ERSTES GESPRÄCH

AGABUS
Was ist der Mensch?
MARIA
Wenn Aristoteles sich dem Menschen zuwendet und ihn anatomisch
untersucht, findet er, dass das Gehirn nicht so wichtig ist wie das Herz.
Das Geistige im Menschen, das Innere seiner geistseelischen
Persönlichkeit findet sich im Herzen. Das Gehirn mit seinem Verstand ist
so etwas wie eine Kühlung für das aufwallende Blut des Menschen, zur
Beherrschung seiner Leidenschaften, die im Blut sich erhitzen und
aufwallen.
AGABUS
Ich will ganz menschlich mich selbst verwirklichen.
MARIA
Ja, der Mensch ist ein Geist und ein Organismus. Organismus ist der Leib,
denn Organismus heißt Organon, nämlich Werkzeug. Der Leib ist das
Werkzeug der geistigen Seele. Der Organismus hat aber ein Ziel, eine
Bestimmung. Dieses Ziel des Organismus wird nicht von außen an den
Menschen herangetragen, durch die Gesellschaft etwa, sondern das Ziel
des Organismus ist im Organismus selbst im Inneren angelegt. Und dieses
Ziel des Organismus ist die Entfaltung aller seiner Möglichkeiten, die
Verwirklichung aller seiner Potenzen.
AGABUS
Was treibt den Menschen an, die Verwirklichung aller seiner Potenzen zu
erzielen?
MARIA
Aristoteles nennt das Entelechia. Es ist ein geistiges Prinzip, innewohnend
dem lebendigen menschlichen Organismus, ein lebendiges geistiges
Entwicklungsprinzip, das geistige Prinzip der Selbstentfaltung und
Selbstverwirklichung, welches zum Ziel führt, der vollkommenen
Selbstverwirklichung des Menschen.
AGABUS
Wenn das für den Menschen gilt, den Mirkokosmos, gilt es dann auch für
die ganze Welt, den Makrokosmos?
MARIA
Die ganze Welt, ich meine den Kosmos, die geschaffene Natur, drängt mit
innerem Antrieb zur Selbstvollendung, zur Vollkommenheit. Dieser innere
Drang nach Vollkommenheit macht die Schönheit des Kosmos aus. Der
ganze Kosmos, oder wenn du willst, die ganze geschaffene Natur drängt
aus innerem Trieb zur höchsten Vollkommenheit, zur höchsten
Selbstentfaltung all ihrer Möglichkeiten, zur Vollendung. Die
vollkommene Schönheit der Natur und des Kosmos ist das Ziel der
Schöpfung, welche im Innern der Schöpfung als angestrebtes Ziel angelegt
ist. Das nennt man Teleologie, die Wissenschaft vom Ziel. Das Universum
hat ein Ziel, und dieses Ziel ist die vollkommene Schönheit.
AGABUS
So strebt auch der Mensch nach der vollkommenen Schönheit?
MARIA
Im Menschen ist von Natur aus ein inneres Streben, ein unstillbarer Drang,
ein heiliger Trieb nach dem Guten, dem Vollkommenen und nach dem
Glück des Menschen, oder, wenn du nicht Glück sagen willst, nach der
vollkommenen Glückseligkeit und ewigen Wonne. Der Mensch strebt also
nach dem Guten und Schönen. Was aber ist gut für den Menschen, was
beschert ihm das angestrebte Glück? Aristoteles sagt, die höchstmögliche
Selbstverwirklichung ist das Gute für den Menschen, die Realisierung aller
seiner innewohnenden Möglichkeiten und die Vollendung aller seiner
leibseelischen Potenzen in das wahre Gute für den Menschen, oder, anders
gesagt: Werde, was du bist, o Mensch, werde wahrhaft Mensch. Ja, der
Mensch muß wahrhaft zum Menschen werden, zum vollkommenen oder
heiligen Menschen, das ist des Menschen Bestimmung, die ihm nicht von
außen auferlegt ist, sondern die als inneres Gebot von Natur aus in ihm
wohnt. Die Heiligkeit entspricht der Natur des Menschen.
AGABUS
Ist denn der Mensch von Natur aus gut, ganz gut, und macht ihn die
Gesellschaft böse, oder ist der Mensch von Natur aus böse, ein Wolf der
Mensch dem Menschen, und macht ihn die Gesellschaft zu einem guten
Menschen?
MARIA
Aristoteles glaubt daran, das der Mensch wesenhaft gut ist. Mit dem
Christentum kam die Erkenntnis, dass der Mensch zwar gut geschaffen ist,
aber dass er eine Krankheit hat, man nennt das Sünde, ein Geneigtsein zum
Bösen.
AGABUS
Der Mensch, man sagt, er sei ein höherer Affe.
MARIA
Eines unterscheidet den Menschen wesentlich vom Tier, das ist die
Vernunft, der Logos. Der Mensch als vernünftiges Lebewesen ist von
wesentlich anderer Art als die unvernünftigen Lebewesen. Darum soll der
Mensch sich auch besonders in dem Bereich selbst verwirklichen, der in
der ganzen Schöpfungsordnung allein dem Menschen gegeben ist, das ist
seine Vernunft, sein geistiges Wesen. Dieses geistige Wesen des Menschen
bedeutet, dass der Mensch nicht von seiner tierischen Natur getrieben
wird, von Instinkten getrieben, sondern dass er mit einem freien Willen die
Gabe hat, zu entscheiden, ob er sich dem Guten oder dem Bösen zuneigen
will. Das geistige Wesen drückt sich nicht allein im abstrakten Wesen aus,
sondern auch in der Geistigkeit der menschlichen Sprache und im
Schöpfertum der Kultur, der Arbeit und der Kunst. Darin soll der Mensch
sich verwirklichen, seine geistigen Potenzen selbst verwirklichen, damit
der Mensch werde, was er von Natur aus ist, ein vernünftiges Lebewesen.
AGABUS
Wenn sich also der Mensch vor allen andern Lebewesen durch den Logos
auszeichnet, was ist dann dieser Logos?
MARIA
Damit der Mensch auch richtig sein Wesen verwirkliche, seinen Logos
realisiere, ist es wichtig, den Logos des Menschen zu erkennen und zu
verstehen. Was also ist der Logos? Der Logos ist die Fähigkeit zur
Erkenntnis, die Fähigkeit, die Dinge der Welt zu erkennen. Wenn der
Mensch also als einzigartiges Lebewesen sich dadurch auszeichnet, den
Logos zu besitzen, die Fähigkeit, die Welt zu erkennen, so ist es nach
Aristoteles auch die innere Bestimmung des Menschen, die Welt zu
erkennen. Aber anders als im neuzeitlichen Denken, dient die Erkenntnis
der Welt nicht der Beherrschung der Welt, sondern die Erkenntnis der Welt
dient der Wahrheit und der Selbstvervollkommnung des Menschen. Nicht
die Herrschaft über die Natur, sondern die Erkenntnis der Natur ist das
Höchste, ja, der Sinn des menschlichen Daseins überhaupt.
AGABUS
Dann ist der Mensch also im wesentlichen ein Erkennender?
MARIA
Das Höchste ist für Aristoteles nicht der handelnde Mensch, sondern der
erkennende, nicht der Arbeiter, sondern der Philosoph, höher als die Vita
Aktiva steht die Vita Kontemplativer, über dem Herrscher steht der Weise.
AGABUS
Sei mit gegrüßt, Göttin der Muße!
MARIA
Aber der Mensch wird auch gedacht als Handelnder, aber sein Handeln hat
nicht die Priorität, sondern die Priorität hat die Erkenntnis. Die erkennende
Vernunft, der wissende Logos oder die Einsicht der Vernunft, wie immer
du es nennen willst, übt die Herrschaft über die Handlungen aus. Der
Mensch soll nicht blindlings seinen Trieben, Leidenschaften und
Begierden folgen, wie das Tier blind dem Instinkt vertraut, sondern der
Mensch soll besonnen leben und handeln, er soll durch die Vernunft seine
Leidenschaften beherrschen. Die Leidenschaften, nicht gelenkt von der
Vernunft, sondern ihre Begierden frei auslebend, sind zerstörerisch für den
Menschen. Wenn der Mensch aber durch seine Vernunft die
Leidenschaften zügelt, stehen die Leidenschaften im Dienst der
Selbstverwirklichung des Menschen.
AGABUS
Wie in der Liebe offenbar wird.
MARIA
Ja, mein Herz, mein Traum, mein Leben!
AGABUS
Wo wir schon auf die Liebe gekommen sind – was ist Gott?
MARIA
Gott ist der Ursprung der Welt und des Menschen.
AGABUS
Muß man das im Glauben einfach annehmen und für wahr halten, weil
man eben so spricht? Oder gibt es vernünftige Beweise oder zumindest
überzeugende Indizien für die Existenz Gottes? Ich frage das aus
intellektueller weiblicher Neugierde, nicht etwa weil ich an der Existenz
Gottes zweifelte.
MARIA
Wir sehen in der ganzen Welt Bewegung. Woher kommt die Bewegung,
was hält die Bewegung in Gang? Es muß doch ein Erstes geben, was die
Bewegung verursacht hat. Es muß doch den Urbeweger geben, von dem
alle Bewegung ihren Ausgang nimmt. Dieser Urbeweger aber darf selbst
nicht von einem anderen bewegt sein, sonst wäre eben der andere der
Urbeweger. Dieser Urbeweger aber wird erkannt an seinen Wirkungen.
Seine Wirkung ist Bewegung und Streben. Wodurch aber wird die
Bewegung mit ihrem inneren Streben erregt? Offensichtlich durch das
Ziel, das angestrebt wird. Das Zeil zieht die strebende Bewegung an,
immer weiter zu streben, bis sie das Ziel erreicht hat.
AGABUS
So ist es ja auch in der Liebe. Die Sehnsucht ist das Streben des
Liebenden, der keinen Seelenfrieden findet, bis er am Herzen der
Geliebten ruht.
MARIA
Ja, du kannst dir den Erstbeweger denken wie das Urbild der Liebe, wovon
die menschliche Liebe das Abbild ist. Der Urbeweger als die schöpferische
Liebe schafft alle Bewegung, alles Streben, alle Sehnsucht in der Welt,
alles Treiben und Drängen auf ein Ziel hin, welches Er selber ist.
AGABUS
Wie definiert sich nun das Ziel der strebenden Welt?
MARIA
Alles Streben des Menschen und der Welt zielt ab auf die
Selbstverwirklichung, auf die höchstmögliche Realisierung aller
innewohnenden Möglichkeiten. Im Menschen und im Kosmos sind
Potenzen, Möglichkeiten und Fähigkeiten, die alle volle Wirklichkeit
annehmen wollen, das ist ihr Trieb und Streben. Das Ziel also ist die volle
Selbstverwirklichung von Mensch und Welt. Das Ziel ist also volle
Verwirklichung aller Möglichkeiten, vollkommene Realisierung aller
Potenzen. Damit definiert sich das Ziel als höchste Wirklichkeit, als
vollkommene Wirklichkeit. Wie aber kann man das nennen, was
vollkommene Wirklichkeit ist?
AGABUS
Das nennt man Gott.
MARIA
Ja, in Ihr, der Gottheit, entspringt alles Streben, alle Bewegung. Der
Dichter sagt: Es ist eine Sehnsucht in der Welt. Aber alles Streben mündet
auch in die Gottheit. Sie ist Ursprung und Ziel, sie ist das Alpha und
Omega. Aber sie ist nicht allein der Ursprung von Welt und Mensch und ist
nicht allein das höchste Ziel von Welt und Mensch, sondern es ist, wie
Aristoteles sagt, etwas Göttliches in der Natur, denn die Gottheit ist eben
auch der Weg, sie ist die innere Kraft, die die Welt und den Kosmos vom
Ursprung herausführt, führt den Weg des Strebens und der liebenden
Sehnsucht und führt als innere Kraft und als Weg auch schließlich die Welt
und den Menschen heim in den Schoß der Gottheit.
AGABUS
Ist das nun der Schöpfergott, der von außen die Welt ins Leben ruft? Oder
ist das eine heidnische Gottheit, die im Innern der Natur lebt?
MARIA
Der Urbeweger des Aristoteles als das Ziel der Schöpfung übersteigt
natürlich die Schöpfung, ist selbst nicht Bestandteil der Schöpfung, ist also
eine transzendente Gottheit. Der Schöpfergott des Christentums ist auch
nicht ein Gott, der in absoluter Transzendenz oberhalb und außerhalb der
Welt steht, sondern ist zugleich die göttliche Liebe, die, wie der Hymnus
der Kirche sagt, die Welt im Innersten zusammenhält. Die wahre Gottheit
ist nicht allein die transzendente Gottheit, sondern gleicherweise die
immanente Gottheit.
AGABUS
Was aber ist nun das Wesen dieser Gottheit selbst?
MARIA
Wenn die Gottheit des höchste Ziel des Menschen ist, wenn die
vollkommene Selbstverwirklichung des menschlichen Wesens ins Gott
erzielt wird, muß Gott in absoluter und vollkommener Form das besitzen
oder gar sein, was des Menschen Vollkommenheit ausmacht. Der Mensch
aber zeichnet sich vor allen andern Lebewesen dadurch aus, dass er Geist
und Vernunft besitzt. Gott als die Vollkommenheit besitzt also Geist und
Vernunft in Vollkommenheit. Aber Gott besitzt nicht einen menschlichen
Geist und eine menschliche Vernunft, sondern Gott ist mehr als Geist und
Vernunft, Gott ist göttliche Vernunft, das heißt göttlicher Logos, und Gott
ist göttlicher Geist, das heißt Heiliger Geist.
AGABUS
Gott ist also der Logos. Das sagt im Übrigen der Evangelist Johannes
auch: Und der Logos war bei Gott und der Logos war Gott. Der Logos
aber wurde definiert als die Fähigkeit, zu erkennen. Der Mensch mit
seinem menschlichen Logos erkennt die Welt. Was aber erkennt der Logos
Gottes? Was erkennt Gott?
MARIA
Wenn Gott das Ziel der Welt und des Menschen ist, kann Gott nicht
abhängig sein von der Welt und dem Menschen. Wenn der Logos Gottes
aber die Welt und den Menschen denken und erkennen würde, wäre Gott
abhängig von der Schöpfung, die er bräuchte als den Gegenstand seiner
Erkenntnis. Gott aber als das höchste Ziel von Mensch und Welt ist
vollkommen und unendlich erhaben über Welt und Mensch und lebt in
vollkommener Freiheit von Welt und Mensch.
AGABUS
Was kann dann der Gegenstand der Erkenntnis Gottes sein?
MARIA
Wenn Gottes Logos nicht die Schöpfung erkennt, kann der Logos Gottes
also nur Gott allein erkennen. Der Logos Gottes und der Geist Gottes
erkennen Gott. Hier erhebt sich die natürliche Weisheit des Philosophen an
die Grenze der Selbstoffenbarung Gottes als Dreifaltiger Gottheit: Gott der
Ursprung, Gott der Logos, Gott der Geist, die drei Personen Gottes
erkennen einander.

ZWEITES GESPRÄCH

AGABUS
Wenn der Mensch also den Logos besitzt, was ist dann Logik?
MARIA
Logik ist die richtige Art des Denkens. Logik lehrt nicht, wie die
Psychologie, wie der Mensch denkt, sondern wie er denken soll, damit er
zu wissenschaftlicher Erkenntnis kommt.
AGABUS
Womit beginnt das richtige Denken?
MARIA
Die wissenschaftliche Erkenntnis beginnt bei den Begriffen. Begriffe
gewinnt man durch Definition. Die Definition eines Begriffes erfordert
zwei Bestimmungen: Erstens, in welche Klasse von allgemeinen Begriffen
lässt sich der Begriff einordnen? Also: Was ist der Mensch? Der Mensch
gehört zur Klasse der Lebewesen. Zweitens muss die Definition den
Begriff von den andern Begriffen der gleichen Klasse unterscheiden. Also:
Was ist der Mensch? Der Mensch ist ein Lebewesen, aber ein
vernunftbegabtes, denkendes, sprechendes, kulturschaffendes Lebewesen.
Die Begriffe bilden eine Hierarchie vom Allgemeinen zum Besonderen.
Die Definition des Begriffes schreitet vom Allgemeinen zum Besonderen
fort. Also: Es ist ein Lebewesen, es ist ein vernünftiges Lebewesen, es ist
ein Mann, es ist ein Deutscher, es ist ein Friese, es ist ein blonder Friese, es
ist ein bärtiger blonder Friese, es ist eben jener bärtige blonde Friese.
AGABUS
Nachdem der Begriff definiert worden ist, wie schreitet der Logiker in der
Erkenntnis fort?
MARIA
Wenn man die Begriffe anschaut, kommt man zu höheren und
allgemeineren Gattungsbegriffen. Aristoteles kam zu zehn allgemeinen
Grundkategorien: Substanz, Quantität, Qualität, Relation, Wo, Wann, Wie,
Haben, Wirken, Leiden. Die ersten vier Kategorien sind die wichtigsten.
Also bestimmt man die Begriffe nach den vier Kategorien, nach der
Substanz des Dinges, also seinem Wesen, nach der Quantität des Dinges,
also seiner Menge, nach der Qualität des Dinges, also seiner
Beschaffenheit, und nach der Relation des Dinges, also seinen
Beziehungen zu anderen Dingen.
AGABUS
Wenn man die Begriffe nun geklärt hat und nach den Kategorien genauer
bestimmt, wie geht der Denker dann vor?
MARIA
Nun bildet der Denker einen Satz über den Begriff. In dem Satz oder
philosophischen Urteilsspruch sind zwei Dinge enthalten: Das Subjekt ist
der Begriff, über den etwas ausgesagt werden soll, das Prädikat ist die
Aussage, die über den Begriff gemacht wird. Es gibt nun verschiedene
Urteilssprüche. Das bejahende Urteil sagt: Diese Rose ist blutrot. Das
verneinende Urteil sagt: Diese Rose ist nicht blutrot. Das allgemeine Urteil
sagt: Alle Rosen verwelken. Das besondere Urteil sagt: Einige Rosen sind
dornenlos. Das Urteil, das ein Sein aussagt, sagt: Die Rose blüht. Das
Urteil, das eine Notwendigkeit aussagt, sagt: Diese Lilie muß morgen
aufblühen. Das Urteil, das eine Möglichkeit aussagt, sagt;: Diese Lilie
kann heute nacht noch aufblühen.
AGABUS
Maria, meine Philosophin, wenn du philosophierst, so wird es zur Poesie.
Aber wenn der Denker nun sein philosophisches Urteil gesprochen hat,
wie schreitet er fort in der Erkenntnis?
MARIA
Nach dem Urteilsspruch zieht der Denker seine Schlüsse. Ein Schluß ist
eine Rede, in der aus bestimmten Voraussetzungen etwas Neues
hervorgeht. Aus Urteilen wird ein neues Urteil geschlussfolgert. Die
vorgegebenen Urteile sind die Prämissen, das geschlussfolgerte neue Urteil
ist die Konklusion. Aristoteles schließt: Alle Menschen sind sterblich,
Platon ist ein Mensch, also ist Platon sterblich.
AGABUS
Was zu beweisen war! Aber da kann man ja alles beweisen: Alle Menschen
sind Sünder, Maria ist ein Mensch, also ist Maria eine Sünderin! Hier ist
doch der Irrtum offensichtlich.
MARIA
Ich danke dir für deine Liebe zu meiner Unbefleckten Erkenntnis. Ein
Schluß ist auch noch kein Beweis. Die Prämisse muß natürlich stimmen.
Wenn ich sage: Alle Menschen sind sterblich, das ist meine Prämisse, dann
ist ja logisch, das der Mensch Platon sterblich ist. Wenn aber nun Platon
unsterblich wäre, dann wäre die Prämisse falsch, denn dann müsste es
heißen: Alle Menschen, außer Platon, sind sterblich.
AGABUS
Ich danke dir, meine Philosophin. So muß man eben sagen: Alle Menschen
sind Sünder, außer dem Gottmenschen Jesus und der Unbefleckten
Empfängnis Maria, das wäre die richtige Prämisse.
MARIA
Ja wahr. Will man fortlaufende Schlüsse zu Beweisen werden lassen, muß
also als erstes die Grundlage stimmen. Man muß den Satz, aus dem man
eine Behauptung zum Beweis werden lassen will, aus höheren und
allgemeineren Sätzen ableiten. Nach Aristoteles stößt der Geist so immer
weiter vor in immer höhere Höhen, bis der menschliche Geist zu einigen
Grundwahrheiten kommt. Über allen Grundwahrheiten steht die Eine
Grundwahrheit, das ist der Satz vom Widerspruch: Das, was ist, kann nicht
gleichzeitig und in derselben Hinsicht nicht sein.
AGABUS
Also: Gott der gut ist, kann nicht böse sein?
MARIA
Ja, und Gott, der das ewige Sein ist, der ewige Ich bin, kann nicht absolute
Leere oder das ewige Nichts sein.
AGABUS
Wir sind schon bei der Metaphysik.
MARIA
Du hörtest doch schon oft von den Ideen, die Platon das einzig Wirkliche
nannte, dagegen die sogenannte konkrete Wirklichkeit, die uns umgibt,
von Platon nur als Schatten der Ideen betrachtet wurde. Aristoteles sieht
eine intimere Verbindung zwischen den Ideen und dem Konkreten. Die
Ideen nennt er das Allgemeine, die allgemeinen Begriffe. Das Allgemeine
ist nun für Aristoteles in dem Konkreten. Die konkreten Bäume vergehen,
aber der allgemeine Baum an sich bleibt bestehen. Allerdings ist der
allgemeine Baum an sich nicht losgelöst von den konkreten Bäumen
existent, sondern er ist das unvergängliche Wesen, das in den konkreten
Bäumen ist. Wir Menschen kommen zum Allgemeinen, in dem wir von
den konkreten Dingen abstrahieren und denkend zu ihrem allgemeinen
Wesen vordringen. Wenn du die vielen Frauen betrachtest und von dem
konkreten und zufälligen der einzelnen konkreten Frauen abstrahierst und
dich zum unvergänglichen Wesen der Frau erhebst, zur natürlichen
Bestimmung der Frau, dann erhebst du dich zu der Frau an sich, zur
allgemeinen Frau, zur Idee der Frau.
AGABUS
Und das ist mir die Weise, in einer intellektuellen Vision dich, Maria, zu
schauen.
MARIA
Ja, mein Schatz, so erkennst du die Makellose Konzeption der Frau der
Offenbarung.
AGABUS
Wie ist nun genauer das Verhältnis zwischen Himmel und Erde, Geist und
Natur, Allgemeinen Ideen und Konkreter Wirklichkeit?
MARIA
Adas allgemeine Wesen der konkreten Einzeldinge nennt Aristoteles
Formen, manchmal aber verwendet er auch den platonischen Begriff der
Ideen dafür. Du weißt ja, das Platon der achtzigjährige Lehrer war und
Aristoteles der zwanzigjährige Schüler. Die Form aber braucht auch etwas,
das geformt wird, sonnst wäre es sinnlos, von Form zu sprechen. Das, was
geformt wird, nennt Aristoteles Stoff oder Materie. Die Materie an sich ist
noch nicht wirklich, sondern sie hat in sich nur die Möglichkeit zur
Wirklichkeit. Wirklich wird die Materie, in dem sie von der Form gestaltet
wird. Die Formen allerdings, die der Möglichkeit der Materie zur
Wirklichkeit verhelfen, sind nicht allein die ewigen Ideen, sondern auch
die Kraft, die die Materie zur Wirklichkeit führt und zudem der letzte
Zweck, das höchste Ziel der Materie. Die Materie aber ist nicht etwas rein
Passives, sondern sie hat einen gewissen Widerstand in sich gegen die
Form, daraus erklärt Aristoteles die Unvollkommenheit des Daseins.
Zusammengefasst in vier Punkten gibt es also zum ersten der Stoff, etwa
das Gold, aus dem ein Kelch geformt wird, zweitens die Form, das ist also
die eigentliche Form des Kelches, etwa in Form einer Lilienblüte, zum
dritten gibt es die Wirkursache, das ist der Goldschmied, der den goldenen
Kelch bildet, und zum vierten gibt es die Zweckursache, das wäre dann die
Verwendung des goldenen Kelches beim eucharistischen Opfer.
AGABUS
Während du sprachest, kam mir ein Gedanke: In der Heiligen Schrift ist
bei der Schöpfungsgeschichte die Rede von dem chaotischen Urmeer, über
welchem der Heilige Geist schwebte. Das Chaosmeer heißt im
Lateinischen aber Maria. Wenn du nun das Urmeer wärest, die Urmaterie,
der Stoff des Kosmos, und der Heilige Geist schwebte über dir als die
Form?
MARIA
(lächelt)
Ja, auch Aristoteles denkt sich die Formen so, dass eine erste und absolute
Form existieren muß. Denn wo Form und Stoff aufeinander treffen,
entsteht Bewegung. Die Form ist das Bewegende und der Stoff das
Bewegte. Wie wir aber schon erklärt haben, muß man bei aller Bewegung
an einen Erstbeweger denken. Der Erstbeweger ist die absolute Form, der
absolute Geist, die totale Vollkommenheit. Die absolute Vollkommenheit
aber ist Gott. Dieser absolut vollkommene Gott ist Geist und Erkenntnis
und erkennt sich selbst. Gott ist der Logos, der vermittels des Geistes die
Urgottheit erkennt.
DRITTES GESPRÄCH

AGABUS
Heute wird viel über die Schöpfungsgeschichte nachgedacht. Die
Materialisten leugnen die Existenz eines Schöpfergeistes und erklären alles
aus der Selbstentwicklung einer Urmaterie. Wie ist denn die Stellung des
Philosophen Aristoteles zu diesem Problem?
MARIA
In den Mythologien der Heiden steht am Anfang die chaotische Urmaterie,
aus der die Götter geboren werden, diese Götter zeugen neue Götter, diese
neuen Götter des Geistes ermorden die Götter der Natur und herrschen
dann auf dem Olymp. Der Geist entwickelt sich durch Kampf aus der
Urmaterie. Diese Mythologie haben die heiligen Kirchenväter immer
abgelehnt. Aber die griechische Philosophie leitet die Welt aus dem
göttlichen Sein ab. Das Sein ist aus sich selbst seiend. Allein der göttliche
Geist ist der letzte Grund für alles wirkliche Dasein. Gott ist also in der
Philosophie nicht das Produkt einer langen Entwicklung der Materie,
sondern Gott ist Geist und ewiges Sein und ist die Ursache der Welt. Gott
schafft die Welt auch nicht, weil er sie nötig hätte, sondern Gott als das
Vollkommene und perfekte Totale ist in sich vollendet und bedarf keines
Dings. Gott ist als göttlicher Geist das ewige Sein ist totaler
Vollkommenheit und besitzt sich vollkommen selbst. Gott denkt sich selbst
als das absolute Sein.
AGABUS
Gott denkt sich selbst? Was denkt der göttliche Geist, kannst du das sagen?
MARIA
Der göttliche Geist denkt sich selbst. Gott ist der Denker, Gott ist das
Gedachte und Gott ist das Denken. Der Vater ist der Denker, der Logos ist
der Gedachte und der göttliche Geist ist das Denken.
AGABUS
Die griechischen Philosophen ahnten also auch schon die Drei-Einheit
Gottes?
MARIA
Sowohl Platon als auch Aristoteles umschrieben das Höchste Gut als
Dreifaltigkeit von Ewiger Wahrheit, vollkommener Güte und perfekter
Schönheit. Gott als das Sein an sich, Gott fasst in sich zusammen die
Wahrheit, die Güte und die Schönheit des ganzen Seins.
AGABUS
Ist Gott nun das Sein, gibt es dann noch ein anderes Sein als Gott?
MARIA
Außer dem seienden Gott gibt es nur Nichtsein. Gott ist das totale Sein,
weil es nichts gibt, was zur vollkommenen Totalität des göttlichen Seins
noch ein Etwas hinzufügen könnte.
AGABUS
Gott als das totale Sein, kann dieser Gott böse sein?
MARIA
Für Platon und Aristoteles ist das göttliche Sein, das die vollkommene
Güte, die absolute Wahrheit und die perfekte Schönheit ist, dieser Gott
kann nur als der Gute an sich bezeichnet werden, Agathon, das Höchste
Gut ist diese Gutheit Gottes. Und diese Güte Gottes wird gedacht als der
Urgrund und die Quelle alles wirklichen Daseins.
AGABUS
Madonna! In der vollkommenen Güte, in der ewigen Wahrheit und in der
perfekten Schönheit erkenne ich dich! Du bist so gütig, mild und süß! Du
lehrst die Wahrheit und du bist die Besiegerin aller Irrlehren! Und vor
allem bist du makellos schön!
MARIA
Ja, mein Geliebter, ich werde immer und ewig für dich das junge schöne
Mädchen sein, denn ich allein bin die Immerwährende Jungfrau, und ich
bin ganz dein!

ZWEITER TEIL

ERSTES GESPRÄCH

AGABUS
Maria, kannst du mir etwas erzählen über die arabischen und jüdischen
Traditionen des Aristotelismus?
MARIA
In der christlichen Kirche wurde zuerst das Gespräch zwischen dem
Evangelium und der platonischen und neuplatonischen Philosophie
geführt, später wurde das Gespräch zwischen dem Evangelium und
Aristoteles geführt. Ähnlich war es in der Entwicklung der arabischen
Philosophie. Die Muslime, die dem Gottesbilde Mohammeds glaubten,
befassten sich zuerst mit dem Zusammenspiel von muslimischer Religion
und Neuplatonismus. Da sind zu nennen Alkindi, von dem aber nichts
überliefert ist, und zum anderen Alfarabi, der die Sekte der Lauteren
Brüder gründete. Diese Sekte versuchte eine Verschmelzung von
muslimischer Religion und Neuplatonismus. Von der islamischen
Geistlichkeit wurde diese Sekte sehr skeptisch betrachtet. Dann aber
gewann der Aristotelismus mehr Einfluss auf die arabischen Philosophen.
AGABUS
Die berühmtesten arabischen Philosophen sind doch Avicenna und
Averroes?
MARIA
Avicenna gilt als der größte arabischen Philosoph im arabischen
Morgenland. Er war wie Aristoteles Naturforscher. Avicenna lehrte nicht
wie die Neuplatoniker eine Emanation der Natur aus Gott, sondern er
stellte den göttlichen Geist und die Materie einander gegenüber und
behauptete mit Aristoteles die Ewigkeit der Materie.
AGABUS
Aristoteles sprach also nicht von der Materie als einem Geschöpf Gottes?
MARIA
Die Materie war für Aristoteles das Prinzip der Vervielfältigung und
Einschränkung des geistigen Prinzips. Die Materie mit ihrer Vielheit und
ihrem ewigen Wandel von Stirb und Werde konnte nach der Ansicht
Aristoteles nicht vom göttlichen Geist geschaffen sein, da sonst der Geist
als der Eine und Grenzenlose ein Prinzip der Vielheit und Einschränkung
geschaffen hätte, eine Welt geschaffen hätte, in welchem die
Vergänglichkeit der Vielheit herrscht, das heißt, ein Reich des Todes.
AGABUS
Avicenna nahm also auch an, die Materie sei ewig. Wie ist dann das
Verhältnis von Gott und Welt in der Weltsicht Avicennas?
MARIA
Gott ist der Erstbeweger der Welt, die aus Gott emanierenden geistigen
Form-Ideen realisieren sich in der ewigen Materie.
AGABUS
Die geistigen Formideen, was lehrt Avicenna über sie? Sind sie wie die
Ideen Platons die wahre Wirklichkeit und sind sie im Ideenhimmel? Oder
sind sie die Formprinzipien an der Materie, die dem Stoff innewohnende
Entelechie? Oder sind sie allein Abstraktionen einer abstrahierenden
menschlichen Logik, Produkte des Gehirns des Mannes?
MARIA
Die Ideen sind vor den Dingen im Geiste Gottes. Die Ideen sind in den
Dingen als Formen und als Prinzip der Entelechie, was ihr Dasein in der
Schöpfung begrifft. Was aber die menschliche Erkenntnis betrifft, erkennt
der Mensch die Form-Ideen durch logische Schlüsse, durch rationales
Denken, durch Abstraktion. Sie sind vor den Dingen für Gott, sie sind in
den Dingen für die Welt, sie sind nach den Dingen für den Menschen.
AGABUS
Das selbe lehrte doch auch Abälard, der verliebte Mönch. Aber hat ihn
nicht Bernhard von Clairvaux kritisiert?
MARIA
Wenn du vom heiligen Bernhard sprichst, dann geht mein Herz mir über
vor Wallungen heißer Liebe! Mein Troubadour! Aber was den
Universalienstreit betrifft, das lassen wir vorerst beiseite.
AGABUS
Was lehrt denn nun Averroes?
MARIA
Wie Avicenna der größte Philosoph des arabischen Ostens genannt wird,
nennt man Averroes den größten Philosophen des arabischen Westens. Er
nennt Aristoteles einfach den Philosophen.
AGABUS
Tat das der heilige Thomas nicht auch?
MARIA
Ja, Thomas nannte Aristoteles einfach den Philosophen, und Thomas
nannte Averroes einfach den Kommentator. Die Werke des Averroes sind
nämlich im Wesentlichen Kommentare zu den Werken des Aristoteles.
AGABUS
Was war nun die Lehre des Averroes?
MARIA
Artistoteles sprach von der Materie, als dass sie keine Wirklichkeit habe,
sondern nur Möglichkeit, Potenz. Der göttliche Geist trage die geistigen
Formen an die potente Materie heran und so verwirklichen sich die
Formen in der Materie und die Möglichkeiten der Materie werden zu
Wirklichkeiten. Averroes aber dachte, die Formen werden nicht vom
göttlichen Geist quasi von außen an die Materie herangetragen, sondern in
der ewigen Materie ruhen im Innern verborgen die ewigen geistigen
Formen als das geistige Prinzip in der Materie, als Entelechie, die in
Evolutionen oder Entwicklungen die mögliche Materie zur wirklichen
Materie sich entwickeln lassen.
AGABUS
Diese Philosophie ist weit entfernt von der Offenbarung an den Creator
Spiritus, den Creator ex nihilo!
MARIA
Averroes schloß sich auch dem Aristoteles an, was die Unsterblichkeit
betrifft. Nämlich für Aristoteles ist allein der göttliche Geist unsterblich.
Die Materie als Prinzip der Vielheit und Vereinzelung ist nicht unsterblich.
Die persönliche Seele eines konkreten Menschen sah Aristoteles als mit
dem Körper vergänglich an, allein der innewohnende göttliche Geist sei
unsterblich. Averroes schloß sich dem an. Es ist also nicht Sokrates
unsterblich und es ist nicht Diotima unsterblich, sondern die Philosophia
allein ist unsterblich.
AGABUS
Sokrates wird also nicht in Mohammeds Garten Eden kommen und dort
auf weichen Sofas liegen und allerbesten Wein trinken und Geflügel essen
und die schönen schwarzhaarigen Huris lieben?
MARIA
Nein, das wird er nicht. Der Geist des Sokrates ist unsterblich und kehrt
heim zu Gott.
AGABUS
Averroes entwickelt also eine arabische Philosophie, die sich unterscheidet
von den Gesetzen der arabischen Religion des Islam. Wie definiert er das
Verhältnis von Glaube und Vernunft?
MARIA
Die Religion des Islam und die Gottesvorstellungen des Koran waren für
Averroes für die einfältigen Menschen gemacht, für die Unweisen. Die
höhere Wahrheit über die göttlichen Dinge lehre die Philosophie. Der
Koran ist für die unweise Masse, die Philosophia ist für die wenigen
Wissenden.
AGABUS
Sophia ist, wie ihr Name sagt, nur wenigen bekannt, sagt Jesus Sirach.
MARIA
Darum warf die islamischen Obrigkeit die Schriften des Philosophen auch
ins Feuer. Aber das änderte nichts daran, dass Thomas reichlich von ihm
lernte. Nach dem Tode des Averroes und dem Niedergang des arabischen
Aristotelismus wandte sich die arabischen Geisteswelt mehr den Fragen
des Glaubens im Sinne einer mystischen Gottesliebe zu. So wird auch auf
Albertus Magnus und den Engelgleichen Thomas der Mystiker Meister
Eckard folgen.
AGABUS
Jetzt bleibt mir nichts, als dich zu grüßen als die Neue Eva vom
Himmlischen Lustgarten Eden, als die Königin des Paradieses, welcher ich
meine unsterbliche Seele für alle Ewigkeiten schenke!

ZWEITES GESPRÄCH

MARIA
Sprechen wir einmal von den beiden philosophischen Zechgenossen Al-
Gazzali und Thomas.
AGABUS
Willst du die beiden zum Wettstreit antreten lassen?
MARIA
Ja, wir wollen schauen, wer die Perle der Weisheit gefunden hat.
AGABUS
Wer ist Al-Gazzali?
MARIA
Er schrieb wie Thomas eine Theologische Summe. Ein Christ sprach
einmal, er sei überzeugt, dass es seine erste Aufgabe sei, Gott in seinen
Reden und Sinnen sprechen zu lassen. Auch Al-Gazzali wollte von Gott
sprechen und nach dem Gesetz Gottes leben. Ihm erschien der Koran als
das Gesetz Gottes. Die Sufi-Mystik lehrte ihn, seine Seele aufsteigen zu
lassen zu Gott.
AGABUS
Und Thomas?
MARIA
Thomas schrieb eine philosophische Summe gegen die Heiden, nämlich
vor allem gegen die ketzerischen Auffassungen von Avicenna und
Averroes, die mit der Christus-Offenbarung nicht vereinbar waren. Thomas
nannte sein Schaffen Theologie, Al-Gazzali nannte es Wissenschaft von
der Religion, das ist ein sehr bezeichnender Unterschied.
AGABUS
Thomas, in seiner Argumentation gegen die arabischen Philosophen, hatte
er da einen intellektuellen Bundesgenossen?
MARIA
Ja, er zog immer wieder den Moses Maimonides heran, der er Rabbi
Moses nannte. Wir werden, so Gott will, später über ihn sprechen.
AGABUS
Wo sind denn Gemeinsamkeiten zwischen Al-Gazzali und Thomas?
MARIA
Die scholastische Methode, die Dialektik, findet sich bei beiden. Diese
Methode des Ja und Nein fand sich schon bei Photios, dem byzantinischen
Botschafter beim Kalifen von Bagdad und späteren Patriarchen von
Konstantinopel.
AGABUS
Ich meine, Dante reiht ihn in seiner Commedia unter die Irrlehrer ein.
MARIA
Auch behaupten einige, die Kunst, eine theologische Summe zu schreiben,
sei zu Thomas über den islamischen Umweg gekommen.
AGABUS
Sind sich denn Thomas und Al-Gazzali auch als Persönlichkeiten ähnlich?
MARIA
Beide haben schon früh eine tiefe religiöse Bildung erhalten. Beide
zeichnen sich durch eine große intellektuelle Kraft aus. Beide lehrten in
den akademischen Zentren ihrer Kulturbereiche, der eine in Bagdad, der
andre in Paris. Beide fühlen sich angezogen vom armen mönchischen
Leben. Thomas stammte aus einer reichen Großgrundbesitzerfamilie und
schloß sich dem Bettelorden an. Al-Gazzali wandte sich als glänzender
Hoftheologe dem Sufi-Weg der Armut und Demut zu. Beide sind
systematische Theologen und vom Intellekt bestimmt. Beide fanden nach
anfänglichen Widerständen von Traditionalisten ihrer Religion schließlich
eine weite Verbreitung, ja, ihr Einfluss wirkt noch tausend Jahre später
nach.
AGABUS
Gibt es auch Parallelen in ihren Werken?
MARIA
Beide wollten eine Neubelebung der Wissenschaft von der Religion. Beide
hatten nach zahlreichen juristischen oder philosophischen Büchern das
Bedürfnis, eine Quintessenz ihrer Theologie zu verfassen, ihrer Weisheit
über Gott und Welt und Mensch. Beide hatten es zu tun mit einer
traditionalistischen Theologie einerseits und einer ungläubigen Philosophie
andererseits. Dem Islamisten genügte nicht der Koran, sondern er wollte
einen vernünftigen Weg zu Gott begründen. Der Aquinat wollte nicht
allein die Lehre der Bibel und der Kirche gläubig annehmen, sondern
darüber hinaus die Lehre mit der Vernunft ergründen und begründen.
Beide Theologen schätzten Aristoteles unter allen Philosophen am meisten.
Beide waren sich aber einig darin, das über den Philosophen Aristoteles
die göttliche Offenbarung zu stellen ist. Dem Islamisten schein dies der
Koran zu sein, Thomas sah in Christus die volle Offenbarung Gottes.
Beide beginnen und enden in ihren theologischen Summen bei Gott. Beide
Werke handeln von den Lastern, der Fressgier, der Sexgier, Zorn, Haß,
Lüge, Habgier, Geiz und Stolz, und von den Tugenden. Al-Gazzali nennt
die Tugenden Reue, Umkehr, Geduld, Dankbarkeit, Gottesfurcht und
Hoffnung. Thomas nennt die Tugenden Glaube, Liebe, Hoffnung,
Klugheit, Starkmut, Maßhalten, Gerechtigkeit.
AGABUS
Nach so vielen Parallelen müssten nun doch einige Unterschiede
auftauchen.
MARIA
Trink erst einmal einen Becher Wein. (Pause) –
AGABUS
Man spricht immer so schlecht vom Stil des scholastischen Mönchslatein.
Die Humanisten spotten immer über das mittelalterliche Latein.
MARIA
Und du nennst dich einen Römer und kannst noch nicht einmal Latein?
Nein, lege alle Vorurteile und Scheuklappen ab! Wir wollen nun über die
Unterschiede zwischen unsern beiden Denkern sprechen. Gazzali lehnte
die aristotelische Begrifflichkeit ab und weigerte sich über Substanz und
Akzidenz zu philosophieren. Thomas dagegen machte sich nicht nur die
aristotelische Logik, sondern auch dessen Physik und Metaphysik
weitgehend zu eigen. Er versuchte, mit Hilfe aristotelischer Prinzipien die
Christus-Offenbarung neu zu durchdenken.
AGABUS
Das versuchte doch auch Abälard.
MARIA
Abälard stellte die Vernunft des Menschen über den gottgeoffenbarten
Glauben. Bernhard dagegen stellte die mystische Gottesliebe über den
Verstand des Menschen. Bernhard meinte, die Liebe der Braut Seele zu
ihrem Bräutigam Jesus sei die schönste Weisheit.
AGABUS
Was war bei Gazzali und Thomas die Absicht ihres Werkes?
MARIA
Gazzali wollte eine Versöhnung des mystischen Sufismus mit der
islamischen Jurisprudenz, der Scharia. Er war ein Jurist und Gottsucher
und meinte, das Gesetz, dem der Jurist zu folgen habe, stehe nicht im
Widerspruch zu einem Aufstieg zu Gott. Thomas war mehr Philosoph als
Jurist und er wollte die Versöhnung zwischen Philosophie und Theologie.
Das Dogma aber, wie es von den Kirchenvätern herausgearbeitet worden
ist und entwickelt aus der Heiligen Schrift, ließ Thomas unangetastet. Er
erkannte die Autorität der heiligen Mutter Kirche und ihre Deutungshoheit
über die Schrift eindeutig an. Einige sprachen von den zwei Wahrheiten,
einer natürlichen Wahrheit der Naturphilosophie und einer davon
verschienen Glaubenswahrheit der Schrift. Aber Thomas lehrte, dass die
Wahrheit nur eine ist und sich selbst nicht widersprechen kann. Die
Vernunft kann dem Glauben nicht widersprechen. Er ordnete die
Philosophia als Ancilla Domini der Theologie unter, denn die Wissenschaft
von der Offenbarung Gottes in Christus muß die philosophierende
Vernunft erleuchten und führen du vollenden, die Philosophie aber dient
der Offenbarung, indem sie die Offenbarung durchdenkt, erkennt,
begründet und verteidigt und erläutert.
AGABUS
Wie haben die beiden Denker ihre theologischen Summen konzipiert?
MARIA
Gazzali gestaltete sein Werk nach dem stufenweisen Aufstieg der Sufi-
Mystik. Er stellte den Lebensweg eines frommen Moslems dar,
angefangen vom Bekenntnis zur Einheit Gottes, bis zum Eingang in den
Huri-Himmel. Ohne Erlösungsdrama ist der Weg, von Station zu Station
schreitet der Moslem voran zum Ziel der Glückseligkeit. So behandelt
Gazzali zuerst die religiösen Pflichten des Moslems, das Bekenntnis zur
Einheit Gottes, das Gebet, das Almosen, die Wallfahrt nach Mekka. Dann
werden die Pflichten des Menschen gegenüber den Menschen behandelt,
Tischsitten, Arbeit, Ehe, Freundschaft, Reisen. Dann wird ein
Lasterkatalog geschildert und daraufhin ein Tugendkatalog. Die Tugenden
gipfeln im Gottvertrauen. Alles schließt mit einem mystischen Weg ins
Jenseits und den Paradiesgarten. Thomas, obwohl aristotelisch denkend,
wählt eine neuplatonische Konzeption: Der Mensch kommt von Gott und
kehrt heim zu Gott. Der erste Teil der Summe handelt von Gott der,
Ursache alles Seins, dem Schöpfer der Kreaturen und des Menschen und
von der Ursünde des Menschen. Der zweite Teil handelt von der Heimkehr
des Menschen zu Gott.
AGABUS
Das ist ein unterschiedlicher Aufbau der Werke, eine grundverschiedene
Struktur. Aber was ist der eigentliche wesentliche Unterschied zwischen
dem Moslem und dem Katholiken, zwischen dem Juristen und dem
Philosophen, zwischen dem Sufi-Lehrer und dem Engelgleichen Doktor?
MARIA
Das Gemeinsame von Islam und Judentum und Christentum ist die
Herkunft der Welt von Gott her und die Bestimmung Gottes als das Ziel
der Welt. Aber was ist die Mitte, das Herzstück der theologischen
Summen? Vierzig Kapitel verfasste Gazzali, und im zwanzigsten Kapitel
preist er Mohammed, den Schreiber des Koran. Gazzali nennt Mohammed
einen Propheten, schildert ihn als einen leuchtenden Menschen voll von
Tugenden, aber er bekräftigt die Wahrheit, dass Mohammed ein Mensch
und nichts als ein Mensch ist, ein Geschöpf Gottes. Thomas dagegen stellt
in die Mitte seiner Summe Jesus Christus, der gerade der Weg des
Menschen zu Gott ist, der Weg der Heimkehr der Welt und des Menschen
zu Gott. Dieser Jesus Christus ist ein wahrer Mensch und zugleich der
wahre Gott. Er ist nämlich der einzige Gott-Mensch! So schreibt Thomas
in neunundfünfzig Betrachtungen von der göttlichen und der menschlichen
Natur in der einen Person Jesus Christus. Diese Betrachtungen führen ihn
zu den Betrachtungen über das Geheimnis Gottes: In siebenundzwanzig
Betrachtungen spricht Thomas von der einen göttlichen Natur Gottes, des
Einen, und in sechzehn Betrachtungen von den drei Personen in der einen
Natur Gottes, nämlich den drei göttlichen Personen des Vaters und des
Sohnes und des Heiligen Geistes. Dies kann muslimische Philosophie
nicht begreifen. Alles dreht sich bei Thomas, dem Engelgleichen Doktor,
um das Mysterium Trinitatis und das Mysterium Incarnationis.
AGABUS
Das Mysterium Incarnationis: Dass Gott das kleine Jesuskind in der
Krippe ist! Wer also hat die Perle der Weisheit gefunden?
MARIA
Die Perle im Schoß der Muschel fand Thomas!

DRITTES GESPRÄCH

MARIA
Mit Philon von Alexandrien, den neuplatonischen jüdischen Philosophen
und der Kabbala hast du dich ja schon beschäftigt. Wir wollen jetzt über
den jüdischen Aristotelismus sprechen und wollen uns auf Maimonides
beschränken, vom heiligen Thomas einfach Rabbi Moses genannt.
AGABUS
Wenn es interessant ist, wollen wir uns Zeit nehmen, nicht wahr?
MARIA
Ich danke Gott für jede Stunde, die ich mit dir zusammensein darf.
AGABUS
Meine Lehrmeisterin, lehre mich die Weisheit! In deiner Schule will ich
wiese werden! Ohne dich ist jede Weisheit nur Torheit!
MARIA
Wir wollen also jetzt über Rabbi Moyses sprechen.
AGABUS
Was schrieb er?
MARIA
Er schrieb die Leitung für die Ratlosen, den Führer der Unschlüssigen.
AGABUS
Die Welt ist voll von Ratlosen, Unschlüssigen!
MARIA
Da sind die Ratlosen, die sehen die religiöse Überlieferung der Genesis
und dann sehen sie ihre naturphilosophische Verstandeserkenntnis und
begreifen nicht, in welchem Verhältnis Glaube und Wissenschaft stehen.
Rabbi Moyses schreibt für jene, die das mosaische Gesetz kennen, an die
Offenbarung vom Sinai glauben, die redlich in ihrem Charakter sind und
sich mit Naturphilosophie beschäftigen und von der menschlichen
Vernunft geführt werden.
AGABUS
Er schreibt also für zwei, drei Männer.
MARIA
Maimonides übernimmt die wissenschaftliche Welterklärung des
Aristoteles, wie er sie von Alfarabi und Avivcenna übernommen hat. Er
anerkennt aber gleichzeitig die Tora, die Gott dem Mose offenbart hat. Er
ist von der Gültigkeit der biblischen Offenbarung überzeugt und will deren
Richtigkeit mit Hilfe der Philosophie beweisen. Er glaubt also nicht wie
die arabischen Philosophen, die Religion sei nur eine Verschleierung von
Wahrheit, der unweisen Masse gegeben, allein die Philosophie sei die
Wahrheit, die nur wenigen Eingeweihten gegeben sei, sondern Rabbi
Moyses glaubt an die heilige Wahrheit der biblischen Offenbarung und
will diese deuten im Lichte der Philosophie.
AGABUS
Ist Rabby Moyses denn nur dem Aristoteles wohlgesonnen?
MARIA
Die Werke des Empedokles, des Pythagoras, des Hermes Trismegistos und
des Porphyrius seien nichts wert. Platons Werke seien dunkel, sie seien
durch Aristoteles überholt und folglich entbehrlich.
AGABUS
Das erinnert mich an meine Freunde, die meinen, sie kennten Christus und
folglich könnten sie Platon und Pythagoras auch ruhig beiseite lassen mit
höhnischem Hochmut.
MARIA
Nun, Rabbi Moyses richtet sich an eine intellektuelle Elite. Er schreibt für
jene, die durch die Beschäftigung mit der Naturphilosophie in Konflikt mit
dem biblischen Glauben gekommen sind. Er will sie lehren, den Bibeltext
nicht im buchstäblichen Sinn zu verstehen, sondern den geheimnisvollen
eigentlichen Sinn der Bibel zu erkennen.
AGABUS
Der Rabbi Moyses hat also eine andere Deutung der Schöpfungsgeschichte
als unsere armen Freunde, die Buchstabengläubigen?
MARIA
Rabbi Moyses ist vertraut mit den jüdischen Geheimlehren vom tieferen
Sinn des Schöpfungswerkes und der tieferen Bedeutung des himmlischen
Thronwagens Gottes.
AGABUS
Ich habe darüber in der Kabbala gelesen.
MARIA
Rabbi Moyses bringt nun die Theologie der Schöpfung in Verbindung mit
der Physik des Aristoteles und die mystischen Geheimnisse vom
himmlischen Thronwagen Gottes bringt er in Verbindung mit der
Metaphysik des Aristoteles.
AGABUS
Wie spricht nun Rabbi Moyses über Gott, den er mit dem rechten Auge der
jüdischen Geheimlehren und dem linken Augen der aristotelischen
Metaphysik anschaut?
MARIA
Rabbi Moyses gewinnt ein geläutertes Gottesbild, von allen
Anthropomorphismen frei. Dann betrachtet er das Verhältnis Gottes zur
intelligiblen Welt und betrachtet schließlich das Verhältnis Gottes zu den
Menschen.
AGABUS
Man spricht doch von Gottes Hand, man spricht sogar von Gottes
Gebärmutter.
MARIA
Rabbi Moyses zeigt, dass Gottes Gebärmutter in körperlicher Ausdruck ist
für das rein geistige göttliche Wesen der Allbarmherzigkeit. Wenn eine
körperliche Sprache über Gott nicht übereinstimmt mit dem
philosophischen Gottesbild des Einen, der Geist ist, dann muß man die
körperlichen und menschlichen Ausdrücke über Gott philosophisch
interpretieren und ihren geistigen Gehalt herausarbeiten.
AGABUS
Und wen die Rede von den sechst Tagen ist, in denen Gott die Welt
erschuf?
MARIA
Nur Narren glauben, dass es sechs Tage von vierundzwanzig Erdenstunden
waren. Rabbi Moyses spricht über die Schöpfungsgeschichte als einem
esoterischen Geheimnis, welches die jüdischen Weisen nur wenigen
Wissenden überlieferten.
AGABUS
Was meinst du mit esoterisch?
MARIA
Ich meine weder Gnosis noch Okkultismus noch Aberglauben, was alles
Satanismus ist. Ich meine die tiefere geheimere Bedeutung der Schrift im
Gegensatz zu ihrem exoterischen Gewand, welches die Buchstaben
darstellen.
AGABUS
Der Buchstabe tötet, der Geist macht lebendig?
MARIA
Ja, der heilige Augustinus stieß sich auch erst an der exoterischen Gestalt
der Heiligen Schrift und suchte deshalb die Weisheit beim
Pseudomystizismus der Manichäer, bis der heilige Ambrosius von Milan
dem heiligen Augustinus die esoterische Innenseite der Heiligen Schrift
aufschloß. Dazu verwendet Rabbi Moyses nun die Philosophie, um den
geheimnisvollen geistigen Inhalt der Heiligen Schrift zu erschließen.
AGABUS
Was ist für Rabbi Moyses das Zentrum des Alten Testaments?
MARIA
Das Zentrum der Tora ist der Begriff oder Name Gottes. Rabbi Moyses
will den Begriff Gottes klären. Er verwendet dazu die negative Theologie
des Neuplatonismus. Die negative Theologie besagt, das man von Gott
allein sagen kann, was Gott nicht ist. Was Gott in seinem Wesen ist, ist
unergründlich, aber indem man mehr und mehr alles ablegt, was Gott nicht
ist, gewinnt man eine Ahnung, eine mystische Vision von Gott.
AGABUS
Aber die Bibel spricht von Gott doch eher so, als wäre es ein Mann.
MARIA
Rabbi Moyses legt alle Schriftworte, die von Gott so sprechen, als wäre
Gott ein Mensch, auf seinen göttlich-geistigen Sinn aus und bleibt nicht
kleben an der Sprache, die in menschlichen Gleichnissen den Menschen
einen Begriff von Gott geben will. Gott ist Geist und besitzt nicht einen
menschlichen Körper, weder den eines Mannes noch auch den einer Frau.
AGABUS
Die menschlichen Begriffe von Gott sind also nur Allegorien?
MARIA
Die allegorischen Begriffe sind nur das Kleid der Bibel, aber der geistige
Sinn ist der nackte Leib.
AGABUS
Ist diese geistige Erkenntnis Gottes denn für die Menschen erreichbar oder
ist sie allein ein Geheimwissen für eine Elite von Eingeweihten?
MARIA
Die arabischen Philosophen sagten, der Koran sei für die ungebildete
Menge, die Philosophische Erkenntnis Gottes allein für eine Elite von
Wissenden. Rabbi Moyses dagegen forderte von allen Menschen die
Erkenntnis des geistigen Gehaltes der Bibel. Die Philosophie der Weisen
dient dem Volk, den inneren Sinn der Bibel als eines Redens vom geistigen
Gott zu verstehen.
AGABUS
Wie kann man aber einen Gott erkennen, der so ganz der absolut Andere
zu allem Seienden ist, dass man von ihm nicht sagen kann, wer er ist,
sondern nur, was er nicht ist?
MARIA
Nachdem Maimonides also auf neuplatonische Weise gemäß der negativen
Theologie als den absolut unbeschreiblichen Gott definiert hat, bemüht er
sich, Gott nun doch auch positiv zu fassen. Er meint, das absolute Wesen
Gottes sei undefinierbar, aber über die Eigenschaften Gottes, über Gottes
Attribute, lasse sich etwas positives aussagen. Die arabischen Philosophen
sagten, wenn Gott Einer ist und eine absolute Einheit, dann würde der
Satz: Gott ist barmherzig, schon eine Zweiheit behaupten, nämlich Gott
und die Barmherzigkeit, und damit wäre die totale Einheit Gottes nicht
mehr gegeben. Wenn wir nun von Gottes Allmacht, Gottes Weisheit,
Gottes Schönheit sprechen, dann kämen wir mit der Vielzahl von
göttlichen Hypostasen zur Vielgötterei, da es eine Göttin der Macht gibt,
eine Göttin der Weisheit und eine Göttin der Schönheit, wie bei Homer.
Über die Einheit des Wesens Gottes könne also nichts ausgesagt werden,
als: Gott ist Gott.
AGABUS
Wenn diese Einheit des Wesens Gottes also undefinierbar ist und wenn
dieser von allen positiven Bestimmungen entleerte Begriff des Einen als
des Gottes der Philosophen in absolutem Widerspruch zu aller
geschaffenen Vielheit steht, wie können die Menschen, die in der Vielheit
des Daseins leben, zu diesem absolut Einen in Beziehung treten und
andererseits wie kann der absolut Eine in Beziehung treten zu der
kreatürlichen Vielheit?
MARIA
Das Volk Israel kann einen Gott, zu dem die Menschen nicht in Beziehung
treten können, nicht akzeptieren. Das Volk des alten Bundes Gottes
versteht Gott als Gesetz mit ethischen Forderungen. Die Israeliten
erkennen aus der Heiligen Schrift des Alten Bundes Gott als den
persönlichen Herrscher und Vater. Dieser Gott Israels ist gemäß der Torah
ein transzendenter Gott. Damit ist die Selbstständigkeit der Schöpfung
gegeben und damit auch die Möglichkeit der philosophischen und
naturwissenschaftlichen Erkenntnis der Schöpfung. Ein Gott der
Philosophen als das absolut Eine, das in keine Beziehung treten kann zur
kreatürlichen Vielheit, ist für die Juden nicht akzeptierbar. Rabbi Moyses
will also das biblische Gottesbild der Torah bewahren, wenn er es auch
philosophisch durchdringen und interpretieren will, und will die
Vereinbarkeit des biblischen Gottesbildes mit der Gotteserkenntnis der
menschlichen Vernunft beweisen.
AGABUS
Gibt es denn überhaupt Gotteserkenntnis, wenn Gott der Unerkennbare,
der Unaussagbare und Ganz-Andere ist?
MARIA
Rabbi Moyses korrigiert darum auch die neuplatonische Gottesvorstellung
von dem vollkommen Unaussagbaren hin zu dem persönlichen Gott als
Herrscher und Vater, wie er ihn gemäß der Offenbarung der Torah erkennt.
AGABUS
Wenn Rabbi Moyses also über den Gott der Philosophen den Gott
Abrahams, den Gott Isaaks, den Gott Israels stellt, ist dann wieder eine
Beziehung wischen Gott und den Kreaturen möglich?
MARIA
Die Tora offenbart Gott als einen Gott des Willens zum Guten, der ethische
Forderungen an den Menschen stellt. Der Mensch ist gemäß der Heiligen
Schrift ein Mensch, der gut sein soll, ja, heilig sein soll. Diese Ethik des
Guten als Wille Gottes und als Soll des Menschen verbindet nach Rabbi
Moyses Gott und die Menschen.
AGABUS
Wenn Rabbi Moyses also den Gott des Glaubens über den Gott der
Vernunft stellt, gibt es dann noch eine natürliche vernünftige
Gotteserkenntnis?
MARIA
Die natürliche Gotteserkenntnis der menschlichen Vernunft kann die
Eigenschaften Gottes an den Wirkungen Gottes in der Welt erkennen. Die
menschliche Vernunft kann Gott als erste Seinsursache der Schöpfung
erkennen und als Wille zum Guten, der dem Menschen gebietet, gut zu
sein. Diesem Gott, der in der Welt und in den Menschen als Schöpfer und
als Wille zum Guten erkennbar ist, soll sich der Mensch nähern so weit es
der Abstand zwischen Schöpfer zu Geschöpf zulässt.
AGABUS
Eine vollständige Vereinigung ist also nicht möglich?
MARIA
Im Judentum ist die Vereinigung von Gottheit und Menschheit nicht
anerkannt.
AGABUS
Wie nähert sich also der Mensch dem Gott Israels?
MARIA
Der Gott, der an den Wirkungen in der Schöpfung als Seinsursache
erkennbar ist und in den Menschen als Wille zum Guten, dieser Gott ist
das Vorbild des Menschen und das Ziel, auf welches der Mensch hinleben
soll.
AGABUS
Gott ist also das Ziel des Menschen. Aber ist der Mensch das Ziel der
Schöpfung? Ist die Schöpfung geschaffen allein um des Menschen willen?
Oder ist auch die Schöpfung auf Gott als Ziel hin geschaffen?
MARIA
Gott ist die Seinsursache der Schöpfung und das Ziel der gesamten
Schöpfung. Allerdings ist die Schöpfung um des Menschen willen
geschaffen, darum ist, als der Mensch von Gott abfiel, auch die Schöpfung
gefallen, darum aber wird mit der Erlösung des Menschen auch die
Schöpfung erlöst.
AGABUS
Warum ist die Schöpfung überhaupt geschaffen? Muß es
notwendigerweise eine Schöpfung geben? Oder ist es ein freier Willensakt
Gottes gewesen, die Welt zu schaffen? Was meint Rabbi Moyses?
MARIA
Rabbi Möyses hält den Zweck der Zwecke für unerkennbar. Er weiß nicht,
warum Gott die Schöpfung und den Menschen geschaffen hat und warum
Gott nicht lieber nichts geschaffen hat. Rabbi Moyses weist auf die
Unergründlichkeit des göttlichen Schöpferwillens hin.
AGABUS
Wenn dennoch Gott das Ziel des Menschen ist und das göttliche Vorbild,
wie kann der Mensch dann den unerkennbaren Gott erkennen? Wie kann
der Mensch mit Gott in Verbindung treten?
MARIA
Nach Rabbi Moyses ist das absolute eine Wesen Gottes unerkennbar, aber
der Mensch kann mit Hilfe der Gotteserkenntnis die Eigenschaften Gottes
erkennen und mit den Hypostasen Gottes persönlich in Verbindung treten.
Indem der Mensch mit einer Hypostase Gott mittels der Erkenntnis in
Verbindung tritt, ist der individuelle Mensch in Verbindung mit dem
allerhöchsten Weltzweck. Rabbi Moyses stellt die geistigen Tugenden des
Menschen über die moralischen Tugenden und erklärt die Gotteserkenntnis
zur höchsten Tugend des Menschen, darum sei der Mensch verpflichtet
zum Lernen und zum Studium des göttlichen Gesetzes. Allein durch die
geistige Gotteserkenntnis, die der Schüler aus dem Studium der Tora
gewinnt, tritt der Mensch in Verbindung mit den Hypostasen Gottes und in
den Hypostasen Gottes mit dem unerkennbaren Einen.
AGABUS
Rabbi Moyses spricht von der Möglichkeit, den unerkennbaren Gott in
seinen Attributen zu erkennen, den nur negativ zu definierbaren Einen in
seinen Attributen dennoch positiv definieren zu können. Wie definiert nun
Rabbi Moyses Gott in seinen Eigenschaften positiv?
MARIA
Er greift auf Aristoteles zurück und nennt Gott das Denken des Denkens.
AGABUS
Gott ist also Logos.
MARIA
Gott ist die Einheit von Denker, Gedachtem und Denken. Das Denken
Gottes ist nicht ein Attribut Gottes, das ihm zukommt, sondern es ist sein
inneres Wesen, da das Selbstbewusstsein die höchste Stufe des Seins ist.
AGABUS
Rabbi Moyses also wählte die negative Theologie nur, um
allzumenschliche Gottesbilder vom transzendenten Vater fernzuhalten,
wählte dann aber schließlich doch die positive Bestimmung Gottes als des
Denkens des Denkens?
MARIA
Die negative Theologie führte ihn eben nicht zu dem Irrtum, Gott sei
absolute Leere, sondern zu der Vorstellung, Gott ist der Inbegriff aller
Vollkommenheit.
AGABUS
Und dieser Gott, den Rabbi Moyses mit Hilfe der aristotelischen
Philosophie definiert als den Logos, ist er, wie in der Bibel, der Schöpfer?
Oder ist die Welt etwa von Ewigkeit, wie die arabischen Aristoteles
Kommentatoren behaupteten?
MARIA
Rabbi Moyses sagte, dass die Frage von Weltschöpfung oder Weltewigkeit
philosophisch unentschieden sei, dass er aber die Lösung der Frage
akzeptiere, die die Propheten überliefert haben, da die jüdische Prophetie
Dinge erklärt, zu denen die spekulative Vernunft des Menschen allein nicht
gelangen kann. Nachdem der Standpunkt der Propheten, Gott sei der
Schöpfer der Welt, von Rabbi Moyses angenommen worden ist, bemüht er
sich, mit Hilfe der Philosophie die Überlegenheit des prophetischen
Standpunktes zu beweisen.
AGABUS
Die Philosophie steht also unter der Offenbarung.
MARIA
Aber Rabbi Moyses rationalisierte den Glauben an den Gott Israels. Seine
nüchterne Logik ist fern von der Poesie des Alten Testaments und auch
fern von den mystischen Spekulationen der Kabbala. Der heilige Thomas
aber verwandte die Argumente des Rabbi Moyses in seiner Schrift gegen
die Philosophie der arabischen Heiden.
AGABUS
Ich bin begierig, auch über den engelgleichen Thomas von dir zu lernen.
MARIA
Jetzt nimm erst einmal deinen Sommerurlaub, lies fleißig in der Bibel, und
wenn du wiederkommst, wollen wir wieder in den philosophischen
Kindergarten gehen und von Thomas reden.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DIE EVA VON DER VENUS

Von Josef Maria Mayer


Nach C.S. Lewis

Jetzt bin ich auf der Venus.

Im gleichen Moment fühlte ich, wie ich emporgehoben wurde, höher und
höher, bis ich fast nach der goldenen Kuppel greifen konnte, die als
Himmel sich über mir wölbte. Ich war auf einem Gipfel. Unter mir breitete
sich ein Tal, grün wie Glas mit schaumigen Streifen wie aus weißem
Marmor.

Ich trieb auf den Wellen eines unermesslichen Ozeans. Das Wasser war
warm wie das Wasser einer subtropischen Bucht an einem sandigen
Strand. Man konnte das Süßwasser trinken, es verschaffte mir einen
überraschend deliziösen Genuss. Mir war, als genösse ich das erste Mal im
Leben!

4
Der Himmel war golden. Auch der Ozean war golden und übersät mit
zahllosen Schatten. Die Wellen waren golden, die Wellenkämme fingen
das Licht des Himmels auf, die Flanken der Wellen waren grün wie
Smaragd.

Die Wellen, in denen ich schwamm, waren wie Spiegel. Auf dem Planeten
der Liebe beschaut sich die Königin der Meere ewig in einem himmlischen
Spiegel.

Ich schwelgte im warmen Wasser. Die Sonne brannte aber nicht. Das
Wasser war glänzend, der Himmel glühte in goldenen Tönen. Alles war
prächtig, aber nicht blendend. Meine Augen weideten sich an der
Augenweide ohne Augenschmerz.

Es war eine zarte, warme, wohlige, mütterliche Welt. Sie war sanft wie ein
Frühlingsabend, mild wie eine Sommernacht, lieblich wie die Morgenröte,
es war eine einzige Wohltat. Ich seufzte vor Wonne.

Das lässt sich nicht mit menschlichen Worten sagen, wie ich den Genuss
genossen mit allen Sinnen, einen übermäßig deliziösen Genuss.

Ich hörte auch einen Donner, aber der Donner war nicht furchteinflößend,
sondern schien mehr das Lachen des Himmels zu sein, es war ein
klangvoll tönendes Donnerlachen. Purpurne Wolken schwebten zwischen
mir und dem lachenden Himmel.

10
Mir war, als befände ich mich in der Mitte der Iris, im Herzen des
Regenbogens. Wasser erfüllten die Luft und verwandelten Himmel und
Meer in einen Tanz von prachtvollen Leuchtbildern.

11

Lebewesen kamen mit dem sanften Regen herab, anmutvolle Lebewesen,


schillernd wie Libellen. In der Atmosphäre sah ich eine wahre
Farbenorgie!

12

Ich näherte mich einer schwimmenden Insel. Sie bestand aus grünen
Pflanzen. Sie hatte einen dunkelroten Saum aus Röhren, Ranken und
Blasen. Die schwimmende Insel glitt schnell an mir vorüber. Ich griff nach
ihr und fasste mit der Hand ein Bündel peitschenartiger Ranken, die mir
wieder entglitten. Dann warf ich mich mitten in die Ranken, mitten in die
blubbernden Röhren und platzenden Blasen. Meine Hand griff etwas
Festes, das wie ein Holzstab war.

13

Ich war ganz ausgeruht. Auf der Insel sah ich kupferfarbenes Heidekraut.
Die kupferfarbene Vegetation machte die Insel zu einer schwimmenden,
federnden Matratze.

14

Ich wanderte durch ein einsames Tal. Der Grund schien mir von Kupfer.
An beiden Seiten waren bunte Wälder. Ich bestieg einen kupferfarbenen
Höhenrücken.

15

Ich lachte leise wie ein Kind. Lachend wie ein Schuljunge wälzte ich mich
auf der weichen, duftenden Oberfläche der schwimmenden Insel.

16
Mir war, als lernte ich jetzt, auf dem Wasser zu wandeln!

17

Wenn ich fiel, so fiel ich weich und es war so angenehm, nach dem Fall
still liegen zu bleiben, zum goldenen Himmel zu schauen, dem ruhigen
Rauschen des Meeres zu lauschen und den berauschenden Duft der grünen
Wälder einzuatmen mit der Nase.

18

Endlich erreichte ich den bewaldeten Teil, ein Unterholz mit gefiederter
Vegetation, das die Farbe von See-Anemonen hatte. Darüber erhoben sich
seltsame Bäume mit purpurnen Röhren-Stämmen, die mächtige
Baldachine breiteten aus, in denen orangene Farben schimmerten und
silbrig-blaue.

19

Die Düfte in diesem Walde erweckten in mir eine Art von Hunger und
Durst, ein Verlangen, das vom Körper zur Seele floß und himmlisch war.
Ich atmete die Düfte ein, mein Atmen war zum Ritus geworden.

20

Ich fühlte meine Einsamkeit, aber eine angenehme Einsamkeit. Die


Einsamkeit fügte den überirdischen Genüssen eine jugendliche Wildheit
hinzu. Eine leise Furcht war da, ich könnte den Verstand verlieren vor
Glück! Die Venus hatte doch zu viel der Wonnen für das Hirn eines
Mannes!

21

Ich war in einen Wald gekommen, in dem große, kugelförmige, orangene


Früchte in Trauben von den Bäumen hingen. Die Schale der Früchte war
glatt und fest. Ich stieß mit einem Finger in eine Frucht und fühlte etwas
Frisches. Ich setzte die Öffnung an die Lippen. Ich wollte nur einen
einzigen Schluck probieren, aber der deliziöse Geschmack ließ mich alles
Maß vergessen. Der Geschmack war eine völlig neue Art von Genuss,
etwas Unerhörtes, Unvorstellbares, ja, man möchte sagen, Unschickliches!

22

Die See dampfte in blauen und purpurnen Schwaden zum Himmel empor.
Eine milde, angenehme Brise spielte mit meinem Haar. Der Tag verglühte.
Das Wasser wurde ruhiger. Die Stille wurde immer tiefer. Ich setzte mich
am Ufer der Insel nieder, Bein über Bein, der einsame Herrscher all dieser
Feierlichkeiten.

23

Ich war nackt, aber mir war nicht kalt. Ich wandelte zurück zwischen
köstlichen Fruchtbäumen und lag im duftenden Heidekraut. Es war ein
warmes Helldunkel einer Mittsommernacht im Süden.

24

Jetzt war es Nacht geworden, undurchdringliche Finsternis, absolute


Schwärze.

25

Die Finsternis war aber warm und voll von neuen süßen Düften. Die Welt
war grenzenlos geworden, die einzige Grenze war die meines Körpers im
Bett des Heidekrauts, in dem ich wie in einer Hängematte schaukelte. Die
Mutter Nacht hüllte mich ein wie in eine Decke, und meine Einsamkeit
ward zur Geborgenheit.

26

Der Schlaf kam wie eine süße Frucht, die einem in die Hand fällt, kaum
dass man ihren Stiel berührt hat.

27

Über meinem Haupt hing an einem haarigen, röhrenartigen Ast eine große,
transparente Kugel. Das Licht spiegelte sich in der Kugel.
Regenbogenfarben schimmerten innen. Ich sah unzählige solche Kugeln.
Aufmerksam betrachtete ich die eine, die mir am nächsten war. Sie schien
sich zu bewegen und doch ganz ruhig zu sein. Ich streckte spontan die
Hand nach ihr aus und berührte sie. Im gleichen Augenblick ergoss sich
eine frische Dusche über mich, ein erlesener Duft erfüllte meine Nase. Es
war, als würde ich an einer duftenden Rose sterben in süßer Pein! Ich war
wieder erfrischt. Alle Farben waren froh. Ich fühlte mich verzaubert.

28

Die Kugel, die mich übergossen hatte, war verschwunden. Am Ende des
haarigen, röhrenartigen Zweiges hing an einer kleinen, zitternden Öffnung
ein Tropfen kristallklarer Flüssigkeit.

29

Ich sah große Blasen und fragte mich, ob die Flüssigkeit in den Blasen
wohl berauschende Wirkung habe?

30

Ich kam an Büschen vorüber, an denen ovale grüne Beeren gingen, größer
als Mandeln. Ich pflückte eine und brach sie auf. Ihr Fleisch schmeckte
wie Brot. Es war nicht der orgiastische Genuss der großen Blasen, aber es
war eine nüchterne Gewissheit wahren Glücks.

31

Ich sprach ein Dankgebet. Zu den großen Blasen passte eher eine
mystische Verzückung. Aber auch diese ovalen Beeren, die wie Brot
schmeckten, hatten ihre unerwarteten Höhepunkte. Ich stieß immer wieder
auf Beeren, die in der Mitte hellrot waren, sie schmeckten vorzüglich.

32

Ich konnte immer wieder sehen, dass in der Nähe meiner schwimmenden
Insel noch andere friedliche Nachbarinseln waren. Sie unterschieden sich
alle voneinander. Es war faszinierend, alle diese Hängematten oder
fliegenden Teppiche schaukeln zu sehen.
33

Es war faszinierend zu sehen, wie über mir ein hellgrüner oder samtroter
Baum über einen Wellenkamm glitt und wie die Insel dann die ganze
Flanke der Wellen herabkam und sich offen meinen Blicken darbot.

34

Ich sah geflügelte Lebewesen, Gevögel, größer als Schwäne, blaue


Schwäne.

35

Ich sah elfenbeinweiße Delphine, die irisfarbene Fontänen aus ihren


Nüstern bliesen.

36

Auf dem Rücken eines blauen Schwanes sah ich eine menschliche Gestalt,
die ans Ufer der Insel sprang und sich beim blauen Schwan bedankte.

37

Langsam ging die Gestalt durch die blaue Vegetation.

38

War es vielleicht nur eine Illusion, eine optische Täuschung, eine


Projektion meiner Seele, eine Phantasie, ein Traum, eine Halluzination?
Aber immer, wenn ich fast der Verzweiflung erlag, tauchte die Gestalt
wieder auf in offenbarer Evidenz.

39

Sie winkte mit den Armen einladend.

40
Sie löste sich von der grünen Vegetation und wanderte durch ein orangenes
Feld auf mich zu, leichtfüßig wie ein Reh.

41

Einen Augenblick schauten ihre Augen voller Liebe in meine Augen.

42

Diese menschenähnliche Gestalt war aber kein bärtiger Mann, sondern


eine wunderschöne junge Frau.

43

Ich hatte Wunder zwar erwartet, doch nicht dieses Wunder, eine Göttin zu
sehen, die wie aus Marmor von Cararra gemeißelt war und doch lebendig
war!

44

Sie war in Begleitung verschiedenster Tiere erschienen, wie ein schlanker


Baum unter Büschen. Um sie schwebten Turteltauben und Phönixvögel, zu
ihren Füßen schwammen rosa Lachse der Weisheit.

45

Die Vögel flogen in geordneten Scharen über der Frau. Zu ihren Füßen
schmiegte sich eine junge Hündin an.

46

Aus der Grotte gekommen war ein Eisvogelpaar und umschwebte die
Frau. Die Frau sah zu mir herüber.

47

Jetzt brach sie in ein fröhliches Lachen aus, die Lachenliebende, sie
schüttelte und bog sich vor Lachen und klatschte mit den Händen auf ihre
Schenkel. Die Hündin und alle andern Tiere verstanden, dass etwas
Heiliges geschehen war und hüpften fröhlich umher. Die Frau lachte, bis
sie im Meer verschwand und nicht mehr zu sehen war.

48

Ah, da war die junge Frau auf ihrer schwimmenden Insel der
Glückseligkeit wieder in Sicht!

49

Sie saß am Ufer und ließ die schlanken Beine ins Wasser hängen und
liebkoste eine Antilope, die die weiche Schnauze unter die Achsel der Frau
geschoben hatte.

50

Mir war, als leuchtete die Frau vor Elektrizität wie aus bläulichem Glas.
Die ganze Landschaft leuchtete blau und purpurrot.

51

Ich sagte: Ich bin ein Fremder, aber ich komme in Frieden. Die Frau warf
mir einen raschen Blick zu und fragte: Was ist Frieden?

52

Ich schwamm wieder durch das Meer der Venus.

53

Pflanzen glitten an mir vorüber. Ich griff nach ihnen und zog sie näher an
mich heran. Köstliche Düfte von Blumen und Früchten wehten durch die
Dunkelheit zu mir. Ich zog fester an den Pflanzen. Schließlich lag ich
keuchend auf dem duftenden, schwankenden Grund der Insel.

54
Ich war eingeschlafen und erwachte erst, als ein lieblicher Vogelsang in
meine Ohren drang. Ich öffnete die Augen und sah wirklich einen
singenden Nymphensittich.

55

Die Insel der Eva-Venus trieb neben meiner Insel.

56

Zwölf Inseln lagen beisammen und bildeten einen Kontinent Atlantis. Am


Bach ging die schöne Eva-Venus, den Kopf leicht gesenkt, flocht sie blaue
Blumen zum Kranz. Sie sang leise vor sich hin. Als ich sie ansprach, blieb
sie stehen und sah mir tief in die Augen.

57

Sie war vollkommen nackt! Aber wir schämten uns nicht und waren auch
nicht aufgewühlt von ungeordneter Begierde.

58

Ihr Antlitz war lange ernst gewesen. Nun aber klatschte sie in die Hände
und lächelte wie ein glückliches Kind, nicht kindisch, aber kindlich.

59

Ich sagte zu Eva-Venus: Ich würde gerne auf deine Insel kommen. Sie
sagte: Mein? Komm, sagte sie mit einladend ausgebreiteten Armen. Die
ganze himmlische Welt war ihre Heimat und ich war ihr willkommener
Gast. Ich glitt ins Meer und schwamm zu Eva-Venus.

60

Ich legte mich hin, um mich einige Momente auszuruhen, und fiel in einen
tiefen, traumlosen Schlaf und wachte sogleich vollkommen erfrischt
wieder auf.

61
Neben mir sah ich ein weißes Zwergkänguruh. So etwas Weißes hab ich
noch nie gesehen. Das Zwergkänguruh stieß mich zärtlich an. Es gab nicht
eher Ruhe, bis ich mich aus meiner Bequemlichkeit erhoben und ihm
folgte in der Richtung, die es vorgab.

62

Das Zwergkänguruh führte mich durch einen Wald hoher grünbrauner


Bäume, über eine kleine Waldlichtung, vorüber einer Allee von
Blasenbäumen, durch Felder hüfthoher silbriger Blumen. So brachte mich
das Zwergkänguruh zu seiner Herrin. Sie war beschäftigt. Mit ihren
Muskeln tat sie etwas, was ich nicht begriff.

63

Sie war jung und schön und nackt und ohne Scham – offenbar eine Göttin!

64

Ihr Antlitz war ruhig, von konzentrierter Sanftmut, wie die kühle Stille
einer Kathedrale. Ihr Antlitz machte sie zur Madonna! Sie war voll wacher
Ruhe. Sie konnte durch die Wälder reiten mit Pfeil und Bogen wie Astarte
und lasziv den Schleiertanz tanzen wie Salome.

65

Sie war wie eine Frau, die gut mit Pferden umgehen konnte. Sie war wie
ein kleines Mädchen, das gerne mit Hundewelpen spielt.

66

Ihr Antlitz strahlte erhabene Autorität aus. In ihren Zärtlichkeiten lag eine
Herablassung, die um die Unterlegenheit ihres Verehrers wusste und den
Verehrer vom Stande eines Schoßhundes in den Stand eines ergebenen
Sklaven erhob.

67
Ich sagte: Bring mich in deine Kammer! Sie sagte: In welche Kammer?
Sie breitete die Arme aus und sagte: Der ganze Venusplanet ist mein
Schlafzimmer. Ich fragte: Lebst du hier in Einsamkeit? Sie sagte: Was ist
Einsamkeit?

68

Ich sagte: Wer ist deine Mutter? Sie sagte: Was fragst du nach meiner
Mutter? ICH BIN DIE FRAU! ICH BIN DIE MUTTER!

69

Eva-Venus sagte: Grüße deine irdische Herrin von mir, wenn du von der
Venus zurückkehrst zur Erde.

70

Eva-Venus wusste, dass sie nicht zu einem Ebenbürtigen sprach. Sie war
eine himmlische Königin, die durch einen Boten eine Botschaft und einen
Gruß ausrichtete an eine irdische Königin.

71

Ich konnte ihr nicht in die Augen sehen, ohne zu zittern. Ich verstand, was
der Heiligenschein auf den Ikonen zu bedeuten hat. Ihr Antlitz strahlte
Ernst und Frohsinn zugleich aus. Sie war das Bild eines Martyriums ohne
Schmerzen.

72

Ihre Augen blitzten so triumphierend und überlegen, dass man auf Erden
von Verachtung gesprochen hätte, aber die Eva-Venus verachtete nichts
und niemanden.

73

Wir haben genug gesagt, sprach Eva-Venus schließlich. Meine Audienz bei
der himmlischen Göttin Eva-Venus war beendet.
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INFORMATIONENOK

Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DIE PASSION DER NEUEN EVA

Von Angela Carita


In deutsche Zunge übertragen von Josef Maria Mayer

ERSTES KAPITEL
DER TRAUM VON MELANCHOLIA

1
Heute morgen, als ich über dich meditierte, Melancholia, brachte ich dir
eine Opfergabe meiner Spermien dar.
2
Ich habe der einen und einzigen Frau in der Welt gehuldigt, die ein
vollkommener Ausdruck der Leiden war, die sie die Leiden tiefer empfand
als jeder andere Mensch, ein Leiden, welches unaussprechlich war. Aber
dieses Leiden, Melancholia, ist die Essenz deiner Magie.
3
Oh, wie schön sie war! Melancholia vom heiligen Engel war ihr Name, sie
war per Definition die Schönste aller Frauen!
4
Rainer Maria Rilke hat Lamentationen über sie gedichtet.
5
Melancholia war ein Enigma, eine Phantasie, ein Traum. Eine Frau? Ah,
sie war eine Frau!
6
Du warst pure Mystifikation, Melancholia.
7
Melancholia wies auf ihre schwarze Verzweiflung hin wie ein heiliger
Märtyrer auf die Wunde seines Martyriums.
8
In meiner Jugend liebte man die Romantik. Heute gilt nur noch
Gesundheit. Starke Frauen mit durchtrainiertem Körper, das gefällt. Ach,
immer nur Körper, Körper, und zur Hölle mit der Seele!
9
Aber Melancholia war die inkarnierte Nekrophilie.
10
Sie war ein reiner Traum, inkarniert im reinsten Fleisch.
11
Ich liebte sie, weil sie nicht von dieser Welt war.
12
Melancholias Berufung war das Leiden. Leiden war ihr Charisma.
13
Ich schrieb ein langes letztes Adieu an das Idol meiner Jugend.
14
Ich hatte zu jener Zeit eine Freundin, die sah, wie ich litt beim Gedanken
an Melancholias Kreuzigung. Meine Freundin tröstete mich, indem sie
sich über meinen Schoß beugte und am Phallus sog, bis er sich ergoss.
15
Mein Name ist: Herr Evelin.

ZWEITES KAPITEL
LAYLA

1
In New York fand ich nichts als die dunkle Nacht.
2
Ich sah verliebte Nachtwandler, die das Unglück liebten und die in ihren
Schlafanzügen wie Somnambulisten durch die Hallen des Hotels
wandelten, verzweifelt ihre Hände ringend.
3
Die Frau, die Frau! Was ist mit dem Wort eigentlich gemeint? Ich sah an
den Mauerwänden das Zeichen der Venus, das Zeichen der Weiblichkeit,
im Innern des Kreises war eine Vulva, mit Zähnen bewehrt. Hüte dich vor
den Weibern! Gott bewahre dich!
4
Es war Juli, die Stadt war heiß und drückend. Ich war unruhig von der
Luna, mein Hemd war nass von Schweiß. Ich war erstaunt, so viele Bettler
in den Gassen zu sehen, wo sich die Säufer mit den Ratten um den Abfall
stritten.
5
Die Ratten liebten die schwüle Hitze. Ich konnte kaum am Kiosk Tabak
kaufen, ohne dass ich mit den Füßen Dutzende Ratten treten musste,
schwarze Monster der Hölle.
6
Ein Mann war nach Indien gegangen, er wollte dort seine Seele retten.
Bevor er New York verließ, warnte er mich noch vor dem Kältetod des
Universums. Wir hätten nur noch wenig Zeit, darum müssten wir uns jetzt
intensiv um die spirituellen Fragen kümmern.
7
Eines Tages regnete es Schwefel, der Regen überschwemmte alle Straßen.
8
Es schien, als sei Gott gekommen auf einem himmlischen Rad, um zu
erklären, das Weltgericht stünde nahe bevor.
9
Missionare zogen durch die Straßen, Psalmen und Lobpreis singend.
10
Oft sah ich das Zeichen der Frau mit den Zähnen in der Vulva. Ich sah eine
Frau, gekleidet in schwarzes Leder, sie trug am Armband dieses Zeichen.
Sie schüttelte ihre langen schwarzen Haare, bewegte die Lippen vulgär,
griff mit der Hand zwischen meine Beine und lachte über meine
unwillkürliche Erektion. Dann wandte sie sich auf den High-Heels lachend
um und eilte davon.
11
Ich wollte an der Universität Philosophie studieren.
12
Das Zeitalter der Vernunft ist vorbei!
13
Ich traf einen Alchemisten. Er lud mich in seine Wohnung ein. Ich sah dort
Bücher von Johannes Reuchlin, Jakob Böhme und Agrippa von
Nettesheim.
14
In dem Zimmer des Alchemisten hing ein Gemälde, einen alchemistischen
Hermaphroditen darstellend. Hermaphroditus hatte weibliche Brüste und
ein männliches Glied. Sein Antlitz war friedfertig.
15
Chaos, die Ur-Substanz, die prima materia, Chaos ist der Urzustand der
Schöpfung. Blind strebt das Chaos zur Verwirklichung verborgener
Urphänomene. Fruchtbar ist das Chaos, der Anfang aller Anfänge.
16
Das Gold des Alchemisten schenkte ich einer Frau namens Layla, sie war
schwarz gekleidet und hatte lange schwarze Haare. Nigredo, Schwärze,
das ist der Urzustand der chaotischen Materie. Dann tritt die Purifizierung
ein.
17
Chaos enthält alle einzelnen Formen in einem Zustand ursprünglicher
Mischung.
18
Wir weihten uns der dunklen Nacht, dem Tod des Ego. Wer will
auferstehen, ohne zuvor gestorben zu sein?
19
New York war eine alchemistische Stadt, die Stadt des Chaos, die Stadt
des Nigredo, der dunklen Nacht. Gebaut war die Stadt wie die
Himmlischen Städte des Chinesischen Kaiserreichs, geplant gemäß der
Doktrin der Vernunft.
20
Der Alte Adam wollte seinen Vater töten, seine Mutter erkennen.
Reintegration der ursprünglichen Form, nannte das die Schwarze Göttin
der Weisheit, spreizte ihre Beine und stülpte ihre Vulva über meinen
Phallus. Nein, wir können nicht den geringsten Hauch von diesem
Verlangen aussprechen in der Sprache evangelikal-puritanischer
Rationalität, selbst wenn die Ratten als Ausdruck dieses Begehrens uns
wie Schatten der Hölle bedrängen.
21
Eines Tages im Sommer am Washington Square sah ich Ratten, groß wie
sechs Monate alte Babys, die sich auf einen deutschen Hirten stürzten,
aber auf den Pfiff einer unhörbaren Pfeife hin stürzte sich der Hirtenhund
auf die Ratten und verjagte sie. Die Ratten aber stürzten sich auf einen
sechsjährigen blonden Knaben und fraßen ihn bei lebendigem Leibe auf.
22
Ich traf die Frau wieder, die sich Layla nannte, und verbrachte viel Zeit mit
ihr.
23
Ihr Geschlecht entbrannte unter meinen Fingern. Sie war unersättlich!
Aber sie zelebrierte den Liebesakt mehr wie einen spirituellen Kult, als
dass sie ihn rein sinnlich genoss. Es war, als würde sie getrieben von
einem Liebesakt zum andern, es war eine nie zu befriedigende Kuriosität.
Sie unterwarf sich wie eine Sklavin, aber nicht mir, sondern dem
geheimnisvollen Ritual, das einem Exorzismus durch rituelle Sexualität
glich. Ihre enorme Sinnlichkeit diente nur dazu, diesen sexuellen
Spiritismus zu vollziehen.
24
Sie war schwarz wie die Quelle des Schattens. Ihre Haut war bräunlich
und viel zu weich und sanft. Ihre Haut schien fast zu schmelzen wie
Schokolade im Mund.
25
Manchmal klang ihre Stimme mehr wie die einer verlassenen Turteltaube
als wie die Stimme einer Frau. Manchmal klang ihre Stimme wie die einer
einsamen Nachtigall, Arien des Verlangens trillernd und Einladungen
schmetternd.
26
Ich war total verloren in eben dem selben Augenblick, da ich sie sah.
27
Ihre Beine erregten meine Aufmerksamkeit als erstes. Ihre Schenkel
schienen zu zittern, als wolle sie selbst in aller Ruhe pressen und drücken.
Ihre Beine waren die Beine von ägyptischen Stuten. Die hohen schwarzen
High-Heels, die sie trug, erhöhten den Reiz ihrer Beine. Ihr Schlendern
war von einer spezifischen Erotik. Sobald ich ihre Beine sah, stellte ich
mir vor, wie sie mir die Beine um den Nacken schlingen würde.
28
Sie trug schwarze High-Heels, Strapse an den Strümpfen, fetischistischen
Netzstrümpfen. Trotz der immensen Sommerhitze trug sie einen
Fuchsschwanz um die Schultern. Ich werde sie immer mit einer Füchsin
assoziieren. Dieser Fuchsschwanz betonte nur das schwarze Kleidchen,
das sie kaum verbarg. Ihre Haare trug sie ägyptisch wie Kleopatra
hochgesteckt. Ihre Lippen waren scharlachrot geschminkt vom Lippenstift.
29
Sie lutschte an einer Zuckerstange.
30
Sobald ich sie sah, war es bei mir beschlossen: Ich musste sie haben! Sie
wusste, dass ich sie anstarrte. Sie war eine Frau, und Frauen wissen immer,
wenn man sie begehrt.
31
Mein Geschlecht war schon vor ihrer Tür erregt. Sie wandte sich mir zu.
Ihr Kleid war ganz schwarz. Sie trug unter dem Mantel ein leichtes
Hemdchen, in dem sich die Brustspitzen abzeichneten. Ihre Augen
leuchteten einladend, aber mit leiser Ironie. Ihre Fußnägel waren rot
geschminkt wie ihr Mund. Mit den Händen presste sie die Brüste unter
dem Hemdchen zusammen zu großen Marmorbällen. Dann warf sie sich
herum und ging davon. Oh, sie war eine Füchsin, die zur Sirene geworden
war. Oh, sie war eine Geisterfüchsin in einem Zauberwald.
32
Sie war eine sonderbare Kreatur von der Art der Vögel. Doch nein, sie war
weder eine gefiederte Kreatur, noch eine schwimmende Kreatur, noch eine
schleichende Kreatur, sondern etwas von allem dem. Sie stand hoch über
aller Kreatur.
33
Sie wandelte wie eine Hirtin durch die Welt, wie eine Hirtin, die mit ihrer
Lämmerherde durch die Blumenwiesen wandelte. Sie duftete nach
Moschus.
34
Es war, als stünde sie in einem Pentakel, so dass keiner sie sehen konnte
als ich allein. Aber auch ich wurde ein Teil ihres Mirakels.
35
Sie wusste, dass ich ihr nachstieg. Oft warf sie eine glänzenden Blick über
ihre Schulter. Manchmal girrte sie ein leises betörendes Lachen. Aber da
war ein fremdartiger magischer Raum zwischen uns. Wenn ich ihr so nah
war, dass ihr Moschusduft mich überwältigte, trat sie zurück und
vermehrte den Abstand. Obwohl sie immer langsamen Schrittes ging,
konnte ich sie nicht erreichen. Ich dachte, wenn sie nicht so schwere
Schuhe tragen würde, würde diese Vögelin davonfliegen.
36
Sie wandte mir lachend ihr strahlendes Antlitz zu, ihr Antlitz glänzte von
heiterster Fröhlichkeit.
37
Dann war sie fort. Ich aber war mit meinen Füßen in das Netz geraten, das
sie mir ausgelegt hatte, ein schwarzes Stück von feinster Seidenspitze. Es
war ihr Slip! Mir stockte der Atem. Ich hob den schwarzen Slip auf und
wischte mir damit den Schweiß von der Stirn.
38
Eine erhaben-schreckliche Unschuld beschützte sie! Sie war wie eine
Meerjungfrau, die allein lebt in der ganzen Fülle ihrer Sinnlichkeit. Sie
war die gefährliche Lorelay am breiten Strom des Verkehrs. Die Lichter
der Wagen waren wie Myriaden Augen, die zwischen uns blitzten.
39
Da ich den schwarzen Slip erreicht, den sie fallen gelassen hatte, barg ich
mein Haupt in diesem sexuellen Stoff und presste meine Lippen auf den
schwarzen Slip, als küsste ich ihr schwarzes Schamhaar.
40
Sie stand plötzlich vor mir und ließ den Fuchsschwanz fallen, da stand sie
splitternackt vor mir auf ihren schwarzen High-Heels.
41
Ich war von einer unbeherrschbaren Geilheit erfüllt und von
unwiderstehlichem Verlangen, sie zu umfangen. Als hätte sie mich ganz
vergessen, zog sie lächelnd ihre High-Heels aus.
42
Gleich war ich auf ihr und umfing sie mit stürmischer Gewalt. Sie war
nicht überrascht davon, sie lachte leise und entglitt mir wie ein keuscher
Fisch.
43
In diesem Augenblick wusste ich, dass ich ihr vollkommen ausgeliefert
war.
44
Meine Begierde wurde immer größer. Sie legte einen Finger auf ihre
Lippen und gebot mir Schweigen. Mit der andern Hand nahm sie meine
Hand.
45
Auf und ab, auf und ab, so gingen wir, bis wir in ihr Zimmer kamen.
46
Ich küsste sie. Ihre Lippen hatten einen merkwürdigen Geschmack, einen
Geschmack wie den Geschmack exotischer Früchte, einen Geschmack wie
den Geschmack mysteriöser Früchte, die erst essbar sind, wenn sie schon
zu verfaulen beginnen.
47
Wir atmeten beide hastig. Meine Existenz war aufgelöst. Ich war nichts als
Glied. Ich warf mich auf sie. Sie war das Opferlamm des Geiers, aber
gleichzeitig war sie die Jägerin und ich der Hirsch. Mein vollaufgeblühtes
Glied drang in die offene Wunde zwischen ihren Schenkeln. O Layla, du
Gabe der Mutter Nacht für mich, du Gnade der alchemistischen Stadt!
48
Wie verdienst du dein tägliches Brot, Layla? Sie war ein Modell der
Schönheit, eine Bauchtänzerin, sie tanzte manchmal Striptease-Tänze.
49
Warum gerade ich, o Layla, warum gerade ich? Warum schenkst du dich
mir in solcher Rokoko-Galanterie? Aber sie kicherte leise und gab mir
keine Antwort.
50
Ich verstand kein Wort von dem, was sie sagte. Aber ich war verrückt nach
ihr. Ich warf mich viele Male morgens über sie, aber sie zeigte sich nie
befriedigt.
51
Was tat sie denn den ganzen Tag? Sie lag in ihrem großen schwarzen
Eisenbett, aß Haschisch-Kekse und fummelte verträumt mit ihren
Fingerspitzen an ihrer Klitoris.
52
Sie steckte mir einen großen Haschisch-Keks in den Mund. Sie war
einfach unnatürlich unverantwortlich. Sie selbst schien im Innern ihres
Körpers spazieren zu gehen. Ihr Fleisch war samten wie das Innere eines
Damenhandschuhs. Ich leckte ihren ganzen Körper ab. Das Chaos lieferte
sie ganz meiner Wollust aus.
53
Sie tanzte einen Nackttanz vor mir und bespiegelte sich dabei in ihrem
großen Spiegel. Sie war mein Schatten. Ich bat sie, sich auf den Rücken zu
legen und ihre Beine zu spreizen, weil ich in einer medizinischen
Wissbegierde wie ein Gynäkologe ihre Klitoris erforschen wollte.
Manchmal hockte sie sich mitten in der Nacht auf mein Glied und
befriedigte sich an mir, dieweil ich schlief. Ja, ich hatte Sex mit einem
Succubus wie ein Heiliger.
54
Ich liebte es, ihr am Abend zuzusehen, wie sie sich ankleidete. Ich lag auf
ihrem Bett wie ein Pascha und rauchte und betrachtete sie in ihrem großen
Spiegel, beobachtete die Transfiguration der kleinen Blüte, die den ganzen
Tag geschlafen hatte, in eine große Blume, die des Nachts erblühte. Aber
sie blühte nicht einfach auf wie eine Blume, sondern sie kontemplierte ihre
Gestalt im Spiegel. Ihre nächtliche Schönheit war ein Kunstwerk, eine
schwere Arbeit. Sie schien absorbiert zu werden von der Kontemplation
ihres Spiegelbildes. Die konkrete Gestalt der Layla vor dem Spiegel war
extrem verführerisch, aber die Layla im Spiegel, die Layla hinter dem
Spiegel war undefinierbar und mystisch verschleiert. Dann zog die
konkrete Layla die Layla des Spiegels an in einem magischen Ritual. So
wurde Layla zu einer Reflektion aus der unsichtbaren Welt.
55
Nacht für Nacht verzauberte sie mich. Oh mein häusliches Bordell! O die
Fülle der Wollust des Fleisches in zuckenden Muskeln! Scharlachrote
Lippen des Mundes! Maskara für die Augenwimpern! Parfüm auf ihrem
Schamhaar! Sie benutzte dunkle Parfüme, obwohl ihr körpereigner Geruch
der reinste Sexualduftstoff war!
56
Bist du Layla? Oder bist du Lilith ? Oder bist du die schmutzige Lili?
57
Ihre Kleider waren aus Seide oder Samt. Sie trug schwarze Netzstrümpfe.
Ihre High-Heels waren von schwarzem oder rotem Leder. Sie war Rahab,
die heilige Hure der Bibel, die Mutter des Messias, die Rose von Jericho!
Ihre Schultern ließ sie nackt. So ging sie aus dem Hause wie ein Ministrant
zur Sonntagsmesse. Sie kam erst morgens um sechs wieder mit einem
Atem von Likeur.
58
Zu beobachten, wie sie sich ankleidete, wenn sie abends ausging, das war
für mich ein Ritual, aber in Gedanken zog ich sie aus, Stück um Stück. Je
mehr Kleider sie anlegte, umso nackter stand sie vor meiner
Einbildungskraft. Sie erlaubte mir, sie in ihrem Spiegel zu betrachten als
die pure Verkörperung all meiner erotischen Träume.
59
Sie liebte es, sich zu stylen. Sie wollte nicht, dass ich sie küsste, wenn sie
sich schon die Lippenschminke aufgelegt hatte, damit die Lippenschminke
nicht verwische. Aber ich drückte sie an die Wand und presste meinen
Körper an ihren Körper, aber während sie ihre Fingernägel in meinen
Hintern krallte, hauchte sie: Nein!

DRITTES KAPITEL
DIE MAGNA MATER
1
Ich kam an den Ort, wo die Frau wohnte, die sich Magna Mater nannte,
Große Mutter. Sie war die Große Göttin, die ihre Priester entmannte. Die
beschnittenen Priester der Magna Mater Kybele rannten blutend,
psalmodierend, wie Wahnsinnige durch die Straßen. Diese Frau hat viele
Namen, aber die Mädchen sagten einfach: Mama. Mama war eine Gottheit
im weiblichen Körper. Ihr Körper hatte eine Metamorphose durchlebt und
war jetzt zu einem abstrakten Symbol des Ewigweiblichen Urprinzips
geworden. Sie war Frau Weisheit, die Große Alchemystikerin, die
magische Experimente machte. Ich, Herr Evelin, war von der Mutter
auserwählt worden, dass sie ein geheimnisvolles Experiment mit mir
machte. Ich selbst war allerdings völlig ahnungslos.
2
Wenn ich jetzt etwas verstehe von der Natur des Fleisches, so habe ich
meine Illumination empfangen von der Magna Mater, als die Majestätische
Mama mit ihrem Messer von schwarzem Obsidian mich entmannte, so
dass Herr Evelin zur Neuen Evi wurde.
3
Ich bin übernatürlichen Wesens, das müsst ihr wissen. Dennoch, wenn man
mich mit einem Messer schneidet, so blute auch ich.
4
Ich war unaussprechlich hilflos, in einem fremden Land, an einem fremden
Ort, wie begraben in einem dunklen Raum, wie ein Straußen-Ei vergraben
in der Wüste. Ich glaube, ich schrie verzweifelt nach meiner leiblichen
Mutter, aber da hörte ich nur ein kaltes höhnisches Lachen!
5
Weine nur, mein Kind! Schreie nur, mein Kind! Ah, keine Demütigung ist
so demütigend wie die Demütigung eines kleinen Kindes durch die eigene
Mutter!
6
Jesus sprach: Außer wenn ein Mensch stirbt und neu geboren wird, kann er
nicht in das Himmelreich kommen.
7
Die Stimme einer Frau sagte mir: Nun bist du im Geburtskanal.
8
Ich hörte leise, einlullende Chöre wie das Rauschen des Meeres. Die
warme rote Stelle, wo ich lag, war der Plazenta des Uterus gleich. Die
Musik verhallte. Ich hörte nichts mehr als allein das Pochen meines Blutes
in meinen Ohren.
9
Ich erfuhr einen metaphysischen Schrecken! Der Schrecken schüttelte
mich durch, wie ein kleines Mädchen ihre Puppe schüttelt, so ward ich fast
zerstört! Im Schimmer einer roten Laterne hörte ich wilde archaische
Musik. Selbst meine erholsamen Stunden standen außer meiner eignen
Kontrolle, sie waren exakt geplant von der Großen Mama des
Matriarchats. Sie sandte mir diese in schwarzes Leder gekleidete Frau, die
wilde Layla, die mich in die Wüste geführt hatte.
10
Kehre zurück, kehre zurück an die Quelle des Lebens!
11
Ich war ein Gefangner der Großen Matrone.
12
Aber da tat sich meine Kerkertür auf und eine Jungfrau erschien. Eine
Jungfrau, eine Jungfrau, was für eine Jungfrau! Die Jungfrau stand
strahlend in der offenen Tür.
13
Die strahlende Jungfrau öffnete Tür um Tür und führte mich zu einem
großen Spiegel. Ich war feminin gekleidet und sah wirklich appetitlich
aus! Ich sah aus wie die Zwillingsschwester der strahlenden Jungfrau.
14
Die Jungfrau beehrte mich mit dem charmantesten Lächeln. Es war das
wissende Lächeln der Sphinx. Ein wenig gab ihr dies Lächeln aber auch
das Aussehen einer sanften Idiotin oder einer wilden Bacchantin.
15
Sie führte mich durch ein Labyrinth, dem Labyrinth des inneren Ohres
gleich, nein, tiefer noch, dem Labyrinth des Gehirnes gleich. Sie führt
mich durch eine Sphäre des Innern. Ihre sanfte Hand wischte alle
Spinnengewebe fort und führte mich in den Abgrund der Innerlichkeit.
16
Die Jungfrau schritt dahin, als sei sie im Besitz einer absoluten
Jungfräulichkeit, so dass kein Schlüssel jemals dies Schlüsselloch
aufschließen kann. Ihr Name war Sophia.
17
Tiefer, tiefer, immer tiefer führte mich Sophia, sie führte mich
labyrinthische Gänge, als schritte ich ein Mandala ab. Je tiefer wir diese
Spirale hinabstiegen, desto wärmer wurde es. Sophia hatte mich an die
Hand genommen und führte mich, wie eine Hirtin ihr Lamm.
19
In dem Augenblick, da ich sie sah, wusste ich, sie hat mein ganzes Leben
lang auf mich gewartet. Aber in meinem Leben hatte ich die Zeichen nicht
erkannt, dass sie auf mich wartete. Aber sie saß in ihrem Thron und
wartete geduldig wie eine hinduistische Göttinnenstatue. Ihr Glanz
offenbarte mir, dass sie heilig war. Mama hatte das ewigweibliche
Ursymbol zu einem Faktum gemacht. Als ich sie sah, da war mir, als kehre
ich in die innere Heimat zurück. Sie war die Große Prophetissa, die
Schwarze Göttin der Weisheit, die sich selbst erschaffende Gottheit. Zu Ihr
haben mich alle Frauen geführt. Denn alle Frauen sind Eine Frau. Als
Layla mich in der dunklen Nacht in ihr Bett gelassen, da hatte die Große
Mama alle Ereignisse konspirativ gelenkt. Layla war die Verführerin, doch
Layla hat mich geführt zur Großen Mama.
20
Ich war im Focus der dunklen Nacht. Ich war in einer feuchten Grotte, die
innen rötlich schimmerte. Hier war das Schicksal aller Menschen, das
mystische Schweigen in der dunklen Nacht, das Unerreichbare. Es war, als
brächte mich ein Orgasmus ins Nirwana. Sie, jenseits der Zeit, Sie, jenseits
des Raumes, Sie, jenseits aller Vorstellungskraft, Sie, immer jenseits,
immer die Ganz-Andere. Zu ihr führte mich der zärtliche Finger des
femininen Geistes, der mich verwandelte und neu gebar.
21
Es war eine Person im Mysterium, ein Mysterium in der Person. Es war
eine künstliche Grotte mit einem Thron, darin saß die göttliche Mama. Die
Jungfrau Sophia küsste die Große Mutter auf die Stirn und gebot mir,
niederzuknien vor der Urgottheit.
22
Sie war ganz gekleidet in nichts als obszöne Nacktheit! Sie hatte Brüste
wie eine Kuh. Ihre Gliedmaßen waren gigantisch. Ihre Hände glichen
großen Palmenwedeln und lagen auf ihren breiten Schenkeln. Ihre
Hautfarbe war von dem Ton einer schwarzen Olive.
23
Sie war die einzige Oase in der Wüste der Welt! Ihr Schoß war die Quelle
des Lebens.
24
Ich, verbannt aus dem Nirwana, kniete vor der Ewigen Frau und wusste
nicht, was ich jetzt tun sollte. Sie war die Fruchtbarkeit der Natur. Sie war
die Mutter des Lebens. Sie sprach.
25
Ich hörte ein lautes Wimmern, ein Heulen: Ma-Ma-Ma-Ma-Ma-Ma-Ma!
26
Ich bin der absolute Beginn. In der einen Hand halte ich das gesamte
Universum und in der andern Hand halte ich dich, Evelin. Ich bin die
jungfräuliche Luna, ich bin die Majestätische Mama und die Herrin der
Hetären. Ich halte den Schlüssel zur Hölle in der Hand, denn ich bin die
Domina Infernorum und die strenge Gebieterin aller Dämonen. Ich bin die
Gnadenmutter Anna. Ich bin die wälderdurchstürmende Mädchengöttin
Diana. Ich bin Urania, Göttin der puren spirituellen Liebe. Ich bin der
Meeresstern, ich bin der Morgenstern. Mein wahrer Name aber ist MARIA
APHRODITISSA!
27
Wo ist der Garten Eden? Sophia fragte dies die göttliche Mutter in einer
rituellen Befragung.
28
Die göttliche Mutter lächelte mich an, sehr freundlich. Ich gebe Leben,
sagte sie, darum vollbringe ich Wunder.
29
Weißt du nicht, dass du in dieser Welt verloren bist?
30
Die göttliche Mutter hat dich verloren, als du gefallen bist aus ihrem
Schoß. Die göttliche Mutter verlor dich vor vielen, vielen Jahren, als du
ungläubig warst.
31
Komm zu mir, du armes schwaches Geschöpf, komm zu deiner Mutter, der
du gehörst.
32
Die schwarze Göttin schwankte hypnotisierend hin und her auf ihrem
Thron. Sophia warf alle prüde Zurückhaltung ab und wütete wie eine
trunkne Bacchantin. Sie schlug den Gong, sie strich die Harfe, sie klingelte
mit den Cymbeln und schlug die Klapperbleche. Bei der Musik verlor ich
meinen Verstand.
33
Die göttliche Mutter rief: Ich bin die Wunde, die unheilbar ist! Ich bin die
Quelle deiner Begierde! Ich bin die Quelle des Lebenswassers! Komm zu
mir, besitze mich! Mythos und Leben sind eins geworden.
34
Integriere in dich die ursprüngliche Form, sprach die göttliche Mutter.
35
Ich erhaschte einen Blick auf ihre Vagina, als ich zugrunde ging. Ihre
Vulva war wie ein Vulkan voll glühender Lava, kurz vor dem Punkt der
Eruption. Sie neigte ihr Haupt zu mir herab, um mich zu küssen. In einem
Augenblick voll Halluzinationen sah ich die weiße runde Sonne in ihrem
Mund, da war ich geblendet von dem übermäßigen Licht, und es blieb mir
kein Gedächtnis der Worte, die von ihrer Zunge flossen.
36
Es war das letzte Mal, dass ich den sexuellen Akt als Mann performt.
37
Ihre Schenkel pressten mich zusammen, sie zog ihre Muskeln zusammen
und drückte mich aus. Sie pumpte mir all meinen Samen aus dem Glied,
bis ich ins Gras fiel.
38
Die göttliche Mutter wurde immer lieblicher.
39
Die göttliche Mutter nahm mich auf ihren Schoß und drückte mich an ihre
mächtigen Brüste.
40
Eines Tages wirst du erkennen, dass die Sexualität eine Einheit ist, eine
Vereinigung von zwei verschiednen Strukturen. In diesen Zeiten ist es
schwierig, richtig von der Sexualität zu sprechen. Herr Evelin, ich habe
doch nichts gegen dich, weil du ein Mann bist. Ich denke, deine maskuline
sexuelle Energie ist sehr reizend, Geliebter! Dein Ding ist ein schönes
Spielzeug für ein kleines Mädchen. Aber meinst du, du machst den besten
Gebrauch von deiner sexuellen Energie in deinem Körper, in dem du bist?
41
Was wollte mir die göttliche Mutter sagen? Ihr Antlitz war schwarz wie die
Eclipse der Luna. Ihre warmen nahen Brüste pressten sich an mich. Ich
wimmerte wie ein Kleinkind.
42
Hab keine Angst, mein kleiner Evelin, fürchte dich nicht! Du leidest? Aber
ich bin doch da!
43
Sie drückte mich so dicht an sich, ich konnte mein Haupt nirgendwo
anders bergen als an ihren bloßen Brüsten, obwohl ich etwas bange war, an
ihren bloßen Brüsten zu saugen. Sie war von einer übermächtigen
Weiblichkeit, ihre Femininität war so überaus heilig, dass ich zu verzagt
war, um fortzufahren, an ihren nackten Brüsten zu saugen.
44
Mir war, sie küsste mich auf den Bauch, eben unter dem Nabel. Ich fühlte,
wie ihr Atem mich erregte und ich fühlte die konvulsivische Wonne durch
die Berührung ihrer sinnlichen Lippen auf meiner nackten Haut.
45
Ich sehe, siehe, die schönste Erde, bereit für die Ernte. In dem
allerheiligsten und allerseligsten Schoß der Jungfrau Maria lebt das süße
Brot des Lebens, ein Weizenfeld für allen Hunger aller Menschenkinder!
46
Hosanna, Hosanna!
47
Denke an die unendlichen Auen der Wonne, die ich in deinem Inneren säe,
kleiner Evelin. Diese unendlichen Auen der Wonne sind den himmlischen
Gefilden gleich, dem grünen Garten Eden, dem Elysium, dem Paradies.
48
Ich bin die Magna Mater, ich kastriere den großen Phallozentrismus der
Kultur des Krieges! Ich bin deine Mama! Ich bin euer aller Mama!
49
Chöre sangen: Ma-Ma-Ma-Ma-Ma-Ma-Ma! Trompeten wurden geblasen!
Hosanna, Hosanna! Sie kam und ging wie eine Vision. Ihre Stimme
flüsterte wie eine akustische Halluzination. Im nächsten Augenblick lag
ich auf dem Boden zu ihren Füßen! Sie hob die Hände über mich und
benedeite mich.
50
Heil dir, Evelin, du Begnadeter unter den Männern! Du bereitest dem
kommenden Messias den Weg!
51
Da kam die Jungfrau Sophia und brachte mich an einen anderen Ort.
52
Sophia hatte mir ein heißes Bad in meiner Zelle eingelassen und es
parfümiert mit köstlichem Badeöl. Sie war wie ein tüchtige Amme, sie
sorgte sich um mein leibliches Wohl. Aber meine Bangigkeit blieb bei mir.
53
Die göttliche Mutter zitierte den Archetyp der Parthenogenese, der
Jungfrauengeburt, aber auf eine neue Art. Sie wird dich kastrieren, Evelin,
und dann wird sie dich aushöhlen und dir das einpflanzen, was wir die
fruchtbare feminine Sphäre nennen. Sie wird dich zu einer perfekten Frau
machen. Dann wird sie dich befruchten mit deinem eigenen Sperma, den
ich gesammelt habe, als du mit der Göttin geschlafen.
54
Sophia sagte: Ist es etwa etwas Schlechtes, eine Frau zu sein wie ich?
55
Ja, sagte Sophia, du wirst eine komplette Frau, mit Titten, Klitoris,
Eierstöcken, äußeren und inneren Schamlippen.
56
Ich wurde geführt wie ein Schlachtschaf zum Opferaltar. Die göttliche
Mutter wartete dort mit dem Messer.
57
Tiefer hinab, tiefer, immer tiefer, kam ich in einen sanften und warmen,
interuterinären Ort, verhangen mit roten Vorhängen, darin stand ein weißes
Bett.
58
Sie wartete. Ich war erregt. Ihre schwellenden Brüste sahen aus wie
mächtige Kirchenglocken.
59
Meine fieberhafte Imagination sagte mir, dass alle Frauen der ganzen Welt
um mein Bett versammelt waren und meine Amputation fixierten. Sophia
zog mich aus. Ich war nackt wie am Tage meiner Geburt.
60
Die göttliche Mutter hielt ein Messer aus schwarzem Obsidian, schwarz
wie sie selber.
61
Sophia küsste und liebkoste mich.
62
Sophia sagte: Du wirst nicht mehr Herr Evelin sein, sondern du wirst die
Neue Eva sein, ja, du wirst selbst die heiligste Jungfrau Maria sein! Darum
sei fröhlich!
63
O dieses schreckliche Symbol des Messers! Kastriert zu werden von einem
Phallussymbol!
64
Es war der Tag des Blutes, der Tag der freiwilligen Selbstkastration zu
Ehren der göttlichen Mutter. Es war die scharlachrote Zeremonie meiner
Transfiguration.
65
Sie erhob das Messer und ließ es niederfahren, sie schnitt mir alle meine
Genitalien ab mit einem einzigen Schnitt, nahm die Genitalien mit der
anderen Hand und reichte sie Sophia, die sie in die Tasche ihres Rockes
steckte. Ah, sie hatte mir alles genommen! Sie hatte mir nichts als eine
einzige Wunde geschenkt! Diese Wunde wird von nun an einmal im Monat
bluten nach dem Befehl der Luna.
66
Das war das Ende von Herrn Evelin, der geopfert worden ist einer dunklen
Gottheit.
67
Jetzt bin ich Evi, die Kurzform von Evelin.
68
In einer Illusion sah ich alle Schmerzen aller Frauen. Ich sah deine
Einsamkeit, o Melancholia, deine Schwermut. Oh du, Unsere Liebe Frau
von den Schmerzen, Madonna Melancholia!
69
Ich weiß, die Mutter kennt dein außergewöhnliches Geheimnis.
70
Auf meinem Krankenbett ward ich verfolgt von der visionären
Melancholia. Ich schwamm in meiner Krankheit, in den Schmerzen
unstillbarer Begierde, in unendlichen Träumen.
71
Mir war, als wären alle Bilder der Heiligen Jungfrau mit dem göttlichen
Kind, die je in Westeuropa gemalt worden waren, an den Wänden meines
Krankenzimmers in Lebensgröße.
72
Ich hörte von hohen Nonnenstimmen gesungen die Litaneien der Heiligen
Mutter, die Sophia mich gelehrt hatte.
73
Evelin – Warum haben meine Eltern mich Evelin genannt? Von allen
Namen der Welt wählten sie gerade den Namen Evelin. Sophia sah mich
an und erinnerte mich an Layla. Sophia saß immer still an meinem Bett,
wenn ab und an die Schmerzen mich überwältigten.
74
Als ich in den Spiegel schaute, sah ich Evi, ich sah mich nicht selber. Ich
sah eine Frau, die dachte, sie sei ich. Ich kannte mich selber nicht mehr.
Diese Evi aber erschien als eine lyrische Abstraktion von Femininität. Sie
war ein Arrangement von weiblichen Rundungen. Ich berührte ihre Brüste
und küsste ihren Mund. Ich sah ihre weißen Hände sich im Spiegel
bewegen, so weiß, als trüge sie weiße Damenhandschuhe. Ich sah auch
eine Familie. Ich sah das lange schwarze Haar, das bis zu den Hüften
flutete. Meine mandelförmigen Augen waren grün.
75
Ich war eine Frau, außergewöhnlich begehrenswert. Ich knetete meine
süßen Titten, bis die roten Nippel sich spitzten. Meine Brüste waren weich
und schmerzten nicht, wenn ich die Brüste massierte. So ward ich mutiger,
mich selbst zu liebkosen. Meine Hände glitten zwischen meine Schenkel.
76
Meine Klitoris bereitete mir solche süßen Gefühle, ich konnte kaum
glauben, dass das meine eigene Klitoris war.
77
Ich, die Neue Evi, bin geworden Herrn Evelins intimste
Masturbationsphantasie.
78
Die Heilige Mutter kam zu mir in mein Zimmer.
79
Die göttliche Mutter – oh Gott! – schenkte mir dunkelrote Rosen, eben
solche, wie ich sie Layla gerne geschenkt hatte. Ich staunte diese Rosen
an, sie waren gewachsen im irdischen Paradies.
80
Die göttliche Mutter untersuchte meine Vagina, ob sie heil war. Dann
prüfte sie meine Brüste, ob sie perfekt geformt waren. Sie fühlte meine
Haut, ob sie auch weich war. Evi, du sollst leben, bis du hundert Jahre alt
geworden! Dann küsste sie mich und ging davon.
81
Werde ich glücklich sein, jetzt, wo ich eine Frau bin? Nein, sagte Sophia,
und lächelte, wirklich glücklich wirst du erst, wenn du in der Welt der
Glückseligen lebst.
82
Als du ein Mann warst, da konntest du nur fruchtbar werden, wenn du über
eine Frau meditiertest. Deine Meditationen über die Frau waren oft mit
Schmerzen verbunden. Aber nun, da du eine Frau bist, kannst du Leben
gebären. Darum bist du zur Neuen Eva geworden, damit du der Welt den
Retter schenkst, den Erneuerer der ursprünglichen Schöpfungswonne!

VIERTES KAPITEL
HERR NICHTS, DER DICHTER

1
Luna schlüpfte über den runden Horizont.
2
Ich stolperte, da fiel eine schwarze Hündin über mich her und leckte mein
Gesicht ab. Hündin, du Seelenbegleiterin, führe mich durch die Unterwelt!
O Gott, steh mir bei! Ich bin zu diesem Weg berufen.
3
Ich hörte eine Stimme, strengen Tones Befehle gebend. Dann hörte ich
hohe Mädchenstimmen, kichernd, quatschend – Frauen! Ihre Hände
fesselten mich. Sie sprachen eine Sprache, die ich nicht kannte. Sie klebten
mir den Mund zu, um mich zum Schweigen zu bringen.
4
Die Mädchen brabbelten, plapperten, plauderten, quatschten, schwatzten
wie ein triumphalistischer Chor. Es waren aber keine menschlichen Töne.
Wessen Gnade war Evi nun auf Gedeih und Verderb ausgeliefert?
5
Ich war gefangengenommen worden von Herrn Nichts, dem Dichter. Ich
ward gebracht in sein Gartenhaus in der Geisterstadt. Sie machten mich zu
seiner Sklavin.
6
Herr Nichts, der Dichter, liebte die Einsamkeit, denn es ekelten ihn die
Menschen an.
7
Er stand auf einem hohen Gipfel und streute seine Poeme in die Wüste aus.
8
Er hatte alle menschliche Kommunikation aus seinem Leben verbannt und
sprach mit Menschen nur, wenn es absolut notwendig war.
9
Sieben Ehefrauen standen im Kreis um den Dichter und applaudierten ihm.
Girlish giggle!
10
Als Herr Nichts mit mir fertig war, ging er in sein Haus zurück, gefolgt
von seiner Hündin, die sich dicht an seine Hüfte schmiegte. Er schlug die
Tür hinter sich zu. Die Mädchen brachten mich in den Raum, wo sie aßen
und schliefen. An den Wänden hingen Bilder von indischen Göttern und
Göttinnen beim Liebesakt.
11
Die Mädchen sagten mir, ich sei sehr schön. Herr Nichts würde mich vor
allem Bösen beschützen. Ich sah, die Mädchen liebten den Dichter mit
blinder Liebe.
12
Die sieben Mädchen hatten die engelgleichen Gesichter von jungen
Nonnen, Dienerinnen in der Kirche des Herrn Nichts.
13
Es waren schöne Mädchen, wirklich hübsch in ihrer Jugend! Marion war
die Älteste, sie war siebzehn Jahre alt. Lolita, die Jüngste, war eben
vierzehn geworden. Sie waren alle wie Schwestern und alle gleich
gekleidet in hauchfeinen hellblauen Seidenstoffen, aber allesamt ganz
nackt unter diesen transparenten Stoffen. Ich sah Bisswunden von
leidenschaftlichen Liebesspielen an ihren Schultern. Sie hatten alle schöne
weiße Zähne, aber Lolita hatte Herrn Nichts beim Fellatio einmal zu scharf
gebissen.
14
Jede dieser sieben Nonnenschwestern hatte einen schwarzen Ehering von
Ebenholz am vierten Finger ihrer linken Hand.
15
Die sieben Mädchen verbrachten Nacht für Nacht abwechselnd an den
sieben Tagen der Woche im Ehebett des Dichters.
16
Es musste Mittwoch sein, das war der Tag, da Herr Nichts in sein Ehebett
Emmelin rief. Nun aber rief Herr Nichts mich, die Neue Evi. Emmelin
protestierte und sagte, es wäre ihr Tag und ihre Nacht. Sie sank auf ihre
Knie und flehte weinend. Herr Nichts und ich verließen sie. Emmelin sah
uns nach mit einem Blick, wie man ihn bei kleinen Kindern sieht, denen
man die heißbegehrte Lutschestange verwehrt.
17
Jetzt war ich allein mit Herrn Nichts.
18
Seine Hündin steckte ihre feuchte Schnauze in meinen Nabel. Er nannte
seine Hündin Norea, wie die Tochter der gnostischen Eva. Die Hündin war
das einzige Lebewesen, das er liebte.
19
Das einzige Bild an den Wänden war eine Ikone von Madonna
Melancholia. Ihre mandelförmigen Augen füllten den Raum mit Stille. Sie
war da, meine Patronin, mein Schutzengel, sie war da, um mich einzuladen
zu neuen Leiden.
20
Er sagte mir: Ich bin Adam und du bist Eva.
21
Als der Liebesakt vollzogen war, sagte Herr Nichts: Herzlichen
Glückwunsch! Du bist die achte Ehefrau von Herrn Nichts geworden. Aber
du bist schöner als alle andern! Du kannst mich jeden Sonntag ganz für
dich alleine haben! Empfange den heiligen Balsam, der meinem sakralen
Glied entströmt, wie das heilige Salböl der Propheten Israels. Ich weihe dir
das Lebenselixier meiner Unbefleckten Zeugungskraft.
22
Herr Nichts griff ungeduldig nach mir. Er schob mir den Ehering über den
Finger. Jetzt war ich Frau Nichts!
23
Ich wurde seine Nummer Eins.
24
Jetzt war ich initiiert in den Harem.
25
Es war in seinem Haus ein Raum für seine Trinkgelage. Dort tanzte er all
seine Poeme. Auch seine Mädchen ließ er nackend seine Poeme tanzen.
Dort war ein großer staubiger Spiegel. Die Neue Eva reflektierte ihre
Nacktheit in dem Spiegel des Dichters und trug dabei nichts als den
Liebreiz-Zaubergürtel der antiken Aphrodite.
26
Am Morgen, als das erste Licht durch die zerbrochene Fensterscheibe fiel,
rollte sich die vierzehnjährige Lolita von der Matratze des Dichters und
machte ihm den Kaffee.
27
Alle seine Frauen machten ihm das Frühstück, wie er es liebte. Um neun
Uhr, wenn die Kuckucksuhr klang, kam seine heutige Bettgenossin aus
seinem Schlafzimmer, um ihm das Frühstück ans Bett zu bringen. Wenn
das Mädchen aus seinem Bett geschlüpft war, sprang seine Hündin in sein
Bett und nahm mit seinem Herrchen das Frühstück ein. Seine jeweilige
Bettgenossin nahm das Frühstück mit den anderen Frauen in der Küche
ein.
28
Lolita und Marion teilten sich nun zusammen den Samstag, damit der
Sonntag mir allein vorbehalten wäre. Ihre Aufgabe war es, ihm das heiße
Badewasser in die Wanne einzulassen.
29
Nachdem er gebadet, zog er sich an. Dann setzte er sich in seinen Sessel.
Alle seine sieben Liebesdienerinnen kamen, ihm die Füße zu küssen.
30
Die ersten Worte, die wir jeden Morgen rituell zu sprechen hatten, waren
in einer fremden Sprache, die wir nicht verstanden, die er allein verstand.
31
Nachdem wir seine Füße geküsst, machten wir uns jede an ihre tägliche
Aufgabe.
32
Wir begossen seinen Garten. Der Garten war umgeben von einem
Holzzaun. Die Mädchen wässerten täglich seinen Garten. Sie pumpten das
Wasser mit der Wasserpumpe herauf. Der Garten war fruchtbar und
brachte Gemüse und Obst und Mariejuana hervor. Wir pflegten auch die
Haustiere. Die Hühner schenkten uns ihre Eier. Wir molken die Zicken, um
aus der Milch den Ziegenkäse zu machen, den er so gerne mit Oliven aß.
33
Er sang und tanzte die Apokalypse. Seine sieben Mädchen waren die
sieben tanzenden Engel der sieben Gemeinden. Engelinnen im Nackttanz!
Sie waren mit Leib und Seele und Geist ganz hingegeben der Kirche des
Herrn Nichts.
34
Seine sieben Frauen versuchten sich in Diensteifrigkeit einander zu
übertrumphen. Jede strebte danach, seine Favoritin zu sein. Er war ihr
Gott, und ihr Gehorsam war das Gesetz, das sie regierte.
35
Das Gartenhaus des Dichters war der Tempel Salomonis und die
Geisterstadt war die Himmlische Jerusalem.
36
Ich war so besonders feminin, dass der Dichter immer spionierte, ob ich
etwa eine Lesbe wäre. Wenn er lesbische Neigungen festgestellt hätte oder
hätte mich gar erwischt, wie ich an einem seiner Mädchen
herumfummelte, hätte er mich gesteinigt. Er verabscheute zutiefst die
Homosexualität.
37
Aber weil ich so besonders feminin war, wandte er mir mehr
Aufmerksamkeit zu als den anderen Frauen. Seine Phantasie war ganz
besessen von mir! Er wollte mich jeden Tag entjungfern, aber ich sollte
auch jeden Tag auferstehen als intakte Jungfrau!
38
Ich bin das Nichts, sprach er. Fragst du nach meinem Namen? Ich heiße
Niemand! Aber wenn das Universum den Kältetod stirbt, wird der frigide
Kosmos von der heißen Leidenschaft meiner Mädchen wieder zum Leben
erweckt!
39
Morgens, nachdem wir ihm die Füße geküsst, nachdem er auch seine
Kanne Kaffee getrunken, saß er auf der Gartenbank im Garten, rauchte
Mariejuana und schrieb seine Verse. Aber um zwei Uhr Mittags befiel ihn
die Langeweile.
40
Nachmittags mussten wir, seine Frauen, alles stehen und liegen lassen und
für ihn uns schön machen, denn jetzt war die Zeit, da er uns seine Gedichte
rezitieren wollte.
41
Wie wir für ihn aussehen sollten? High-Heels an den Füßen, transparente
kurze Seidenkleidchen am Leib, die Brüste ohne Büstenhalter, unterm
Röckchen keinen Slip, langflutende schwarze Mähnen oder wie Kleopatra
die schwarzen Löckchen hochgesteckt, scharlachrot geschminkte Lippen.
Wir sollten allezeit aufreizend sein wie die schönsten Kurtisanen
französischer Aktmalerei. Dann sollten wir tanzen für ihn. Er wollte
Salomes Schleiertanz sehen, den evangelischen Striptease!

FÜNFTES KAPITEL
DIE WAHRE MELANCHOLIA

1
Die kalten Winde der Einsamkeit bliesen mein Haus an. Einsamkeit und
Schwermut, o trauervolle Melancholia, ist das Leben einer Frau. Ich gehe
jetzt zu dir wie zu dem Antlitz meiner Seele in einem magischen Spiegel.
Doch wenn du gemäß den Gesetzen der Physik zu mir trittst, fühl ich mich
einsam und verloren.
2
Mir war, als stünde ich am Rande eines bodenlosen Abgrunds. Aber der
Abgrund, der sich vor mir auftat, war der Abgrund meiner Seele. O
Melancholia!
3
Du warst eine Illusion, ein Phantom. Du warst mein Schatten im großen
Platonischen Schattentheater des Lebens. Du warst das Phantom, dass die
Leere meiner Seele ganz erfüllte mit tausend Wundern.
4
Als ich die leise Musik hörte, die das Haus erfüllte, fühlte ich mich in der
Gegenwart Melancholias. Sie war eins von diesen übersensiblen
Geistwesen, die sich in der Musik manifestieren oder auch in einem
berauschenden Blütenduft oder in einem rauschenden Windstoß.
5
Durch das Glas der Fensterscheibe sah ich in der Perspektive im tanzenden
Licht gleich einer Spirale die Himmelstreppe, die wie eine aufrankende
Kürbispflanze zum Venusplaneten rankte.
6
Ich hörte wieder die Musik der Guan Yin. Blowing in the wind.
7
Melancholia wird immer der Geliebten des Idioten, des Fürsten Myschkin
gleichen, der schwarzen Schönheit Natassja Filippowna.
8
Sie war da, aber geheimnisvoll verborgen. Wie konnte sie unsichtbar
gegenwärtig sein in einer Welt von sichtbaren Bildern?
9
Jetzt sah ich sie, die Herrin des Hauses. Sie lag kaum bekleidet auf einem
Bett. Neben ihr stand ein Kandelaber mit sieben Kerzen. Ich nahm ein
Streichholz in die Hand und streichelte den roten Streichholzkopf mit den
Fingerspitzen.
10
Sie glich Kleopatra, der Königin von Ägypten.
11
Ihr Antlitz war genau das Antlitz, das ich immer gesehen hatte. Ihr Antlitz
war das Antlitz einer magischen Luna. Ihre schwarzen Augenbrauen waren
gebogen wie der Bogen Amors. Ihre langen schwarzen Haare umfluteten
sie. Sie lag da in einem feinen seidigen Negligé und las in der Bibel.
12
Wir traten in die Halle der Unsterblichen. Sie wird dort ewig leben wie die
unsterbliche Vision der Schönheit. Sie hat selbst ihre Geschlechtlichkeit
inthronisiert in dem Tempel ihrer Keuschheit. Sie war wie eine Eisblume
in einer kristallenen Vase, wie Schneewittchen im gläsernen Sarg, wie eine
weiße Lotosblume auf einem kristallenen See. Sie war die schlafende
Schönheit, die unsterblich ist.
13
Ich war sehr traurig, als ich Melancholia in ihrem Todesschlaf auf ihrem
Totenbette liegen sah.
14
Melancholia sprang von ihrem Bett auf mit leidenschaftlicher Heftigkeit,
trat zu dem Kandelaber mit den sieben Kerzen und ohrfeigte mich mit der
Bibel, weil ich ihren Schlaf gestört.
15
Das transparente Seidenkleidchen glitt von ihrem Körper, ganz langsam
entblätterte sich die weiße Rose. Das weiße Kleidchen umrauschte ihre
weißen Schenkel wie der weiße Meeresschaum den weißen Leib der
nackten Aphrodite umrauschte. Sie war so weiß, als wäre sie von
Michelangelo gemeißelt aus Marmor von Carrara.
16
Der Dichter berührte Melancholia, diesen Becher des Kummers, dem
magischen Becher der Tränen entströmte eine Flut von blutroten Tränen.
17
Enigma. Ihr Antlitz macht in den Tod verliebt! Sie war todschön! Ihr
Antlitz war wie das Antlitz eines Engels auf einem granitenen Grabstein.
Ihre Tränen waren die Destillation des ganzen Jammers der Menschheit.
Ihre blitzenden Augen erleuchteten mich.
18
Sie war Unsre Liebe Frau der Schmerzen.
19
Alle Menschen sahen ihre Schmerzen dargestellt in den Schmerzen des
Herzens Unsrer Lieben Frau der Schmerzen. Die Menschen weinten aus
Mitleid mit dem durchbohrten Herzen Unserer Lieben Frau der
Schmerzen, aber in Wahrheit heulte die Menschheit über ihren eigenen
namenlosen Jammer. Die Menschen legten alle die drückenden Lasten des
Daseins, unter denen sie fast zusammenbrachen, auf die Schultern Unserer
Lieben Frau der Schmerzen, dieser tragischen Königin.
20
Ihr Name war: Die Bittere. Sie wollte ertrinken in dem Meer der Bitterkeit
Gottes. Die Silben ihres Namens waren wie das Rauschen eines blutroten
Kleides, welches rauschte herab von dem weißen Marmorkörper einer
sterbenden jungen Frau.
21
Der Dichter nannte sie: Skorpionstachel im Petticoat-Kleidchen.
22
Sie zog ihre weiße Seidenbluse über den Kopf aus und hob ihre weißen
Arme in die Höhe. Ich sah das schwarze Haar in dem Winkel ihrer
Achseln. Ich sah ihren makellosen weißen Körper. Ihre Zunge fuhr
spielerisch über ihre Lippen, sie lächelte wissend und sprach leise:
Willkommen an Donna Julias Grab! Wie bezaubernd, dich hier zu sehen,
dass du in dieser dunklen Nacht gekommen bist, mir die Hand zu halten.
22
Die Aura übermenschlicher Majestät um sie war so überwältigend, dass
ich niederknien musste, sie anzubeten! Ich stammelte: Lady! Sie berührte
mich wie zufällig flüchtig mit ihrer kühlen keuschen weißen Hand. Ich
versuchte, meine unaussprechliche Bewunderung in stammelndem Pathos
zu lallen!
23
Der Abgrund, der sich mir erschloß, als sie mir für einen Augenblick
gewährte, ihr in ihre Augen sehen zu dürfen, war der Abgrund meiner
eigenen Seele, es war der Blick in einen Funken Ewigkeit.
24
Sie gebot mir, mich selbst zu verleugnen. Es war das Gebot einer
Unterwerfung, die tiefer als die Unterwerfung eines Sklaven war, ja, es
grenzte an göttliche Anbetung.
25
Der Dichter sprach: Ich bin die lebendige Liebesflamme der göttlichen
Omnipotenz!
26
Der Dichter zog ihr die Seidenbluse ganz aus und zog ihr dann den weißen
Seidenslip herunter. Da stand sie vor ihm nackt wie eine perfekte weiße
Göttin der Liebe und Schönheit! Sie war die lebendige Venus! Die
Mädchen feierten sie, doch sie seufzte nur leise.

SECHSTES KAPITEL
DIE HOCHZEIT DER NEUEN EVA UND DES HERRN
MELANCHOLIA

1
Aus der Hose Herrn Melancholias sprang die purpurrote Eichel seiner
Männlichkeit, das geheime Herz Melancholias, der Ursprung seines
unstillbaren Tränenflusses.
2
Herrn Melancholias heulende Schreie hallten als Echo zurück in der
gläsernen Halle. Er wollte sich selbst in sich selbst verstecken. Das
heroische Zeichen seines Sexus war angeschwollen. Aber er hasste sein
männliches Glied, das Medium, durch das er kommunizierte mit der Frau.
3
Darum war Herr Melancholia die perfekte Traumfrau gewesen, weil er
sich selbst zum Inbild seiner eigenen Begierde gemacht hatte. Er hatte sich
selbst in die einzige Frau verwandelt, die er lieben konnte. Eine Frau ist
insofern schön, als sie die Inkarnation der geheimsten Begierden des
Mannes ist. Darum ist es kein Wunder, dass Melancholia die Schönste aller
Frauen gewesen war.
4
Ich sah es in einem Glanz: Du, Melancholia, hattest dich zu einem
Lustobjekt gemacht, und dieses Lustobjekt war eine bloße Platonische
Idee. Du warst deine eigene Ikone. Du hattest keine andere Rolle zu
spielen in der Welt als bloß die einer Idee. Du hattest keinen andern Status
im Dasein als den Status einer idealen Ikone.
5
Wir fanden ein Ankleidezimmer voller Spiegel. Der ganze Raum war ein
einziger Spiegel-Kubus.
6
Die Mädchen, so weit sie noch nicht ganz nackt waren, warfen ihre letzten
Hüllen ab und begannen, sich ganz neu einzukleiden.
7
Marion fand das schwarze Kleid, in dem Melancholia Maria gespielt hatte,
die Königin von Schottland. Emmelin spielte die Carmen. Lolita trug das
Kleid der Kameliendame.
8
Die Mädchen traten zu den Kosmetika. Dicke Wolken von Puder
umstäubten sie. Rouge war an die Tür geschmiert. Die Mädchen schrieben
mit Lippenstiften obszöne Sprüche an den Spiegel. Wie Lolita den roten
Lippenstift an die Lippen legte, das war schon ein Bild, dem Phallusgotte
Priapus würdig. Sie bespritzten sich gegenseitig mit Parfüm die Figur und
zerschmetterten dann die Rosenquarzflakons auf dem Boden. Sie
schminkten ihre Augen und verlängerten ihre Augenwimpern.
9
Ich aber blieb im Dunkeln, bis Herr Nichts, der Dichter, nach mir klingelte.
10
Ich hörte die Musik von Chopins Trauermarsch.
11
Ich war einst Herr Evelin gewesen und nun war ich die Neue Evi. Er war
einst Madonna Melancholia gewesen und nun war er Herr Melancholia.
Wir tauschten die Rollen wie Rosalinde in Shakespeares Pastorale: Wie es
euch gefällt.
12
Ich verstand, dass Herr Nichts, der Dichter, die ganze Performance mit
einer Hochzeit abschließen wollte. Alle Komödien enden mit einer
Hochzeit.
13
Ich schminkte mein Gesicht weiß, bis ich als der melancholische Clown
Pierrot erschien. Die Mädchen bewunderten mich dafür.
14
Die Mädchen begannen mit den Vorbereitungen für meine Hochzeit mit
Herrn Melancholia.
15
Wir traten auf die steile Treppe zur Halle der Unsterblichen. Dort soll
unsre Hochzeit gefeiert werden.
16
Herrn Melancholias Bett sollte der Altar unsres Ehesakramentes sein.
17
Die Mädchen des Harems bildeten den Chor der Brautjungfern. Herr
Nichts, der Dichter, würde uns als Priester der Liebe vermählen.
18
Wir bezeugen vor der Welt: Herr Melancholia hat die Neue Eva geheiratet!
19
Ich ward zu Bett geführt. Marion und Lolita bereiteten mich für das
sakrale Brandopfer zu. Emmelin nahm meine Beine und spreizte sie weit,
so dass die rötliche Vulva offenbar zu sehen war unter meinem schwarzen
Schamhaar. Meine Vulva war auf dem Altar des Bettes wie das
sakramentale Fleisch des Brandopfers der Liebe.
20
Nun riefen alle laut: Herr Melancholia, komm, komm rasch und besteige
die Neue Evi!
21
Lolita kniete vor Herrn Melancholia und reizte seinen Penis mit Lippen
und Zunge liebkosend, bis der erregte Phallus herrlich stand.
22
Im Osten sah ich die Sonne aufgehn.
23
Herr Melancholia bestaunte seinen eigenen Phallus, wie er da herrlich
stand von dem Flötenspiel des roten Mundes Lolitas.
24
Der Altar des Bettes glich dem Berg Morijah, wo Vater Abraham am
Karfreitag seinen einzigen Sohn opfern musste, weil Gott es so wollte.
25
Herr Melancholia lag jetzt auf mir. Seine graublauen Augen blitzen in
meine mandelförmigen grünen Augen. Seine Stimme flüsterte wie die Luft
im Laub.
26
Ich spürte sein Glied an meinen straffen Oberschenkeln. Sein Glied war
ganz steif.
27
Ich bin die Aktion, sagte er, du bist die Passivität. Ich bin die Zeugung, du
bist die Empfängnis. So soll es sein in der Zeit, bis ich gestorben bin. Du,
Weib, bist das Negativ zu meinem Positiv. Du bist das göttliche Nichts, aus
dem alles Sein erschaffen wird. Du bist Nichts und Alles. Du bist ein
unzerbrechliches Fensterglas, durch das der Sonnenstrahl Gottes dringt.
28
Ich schlang meine Beine um ihn und holte seinen Phallus in meine Vulva.
Da klatschten die jungen Mädchen Applaus. Er schrie in einer
unverständlichen Sprache und lallte seine Entzückung und fiel auf die
Erde. Ich lag, ach, noch unbefriedigt im Bett.
29
Unsre Hochzeit war vollzogen. Meine Frauenschaft war ratifiziert.
30
Die Mädchen warfen den Hochzeitsschleier über Herrn Melancholia wie
ein Netz, mit dem man Schmetterlinge fängt.
31
Wie ist dein Name, fragte Herr Melancholia. Ich bin Evi, sagte ich, ich bin
Eva.
32
In meiner Pubertät, sagte Herr Melancholia, war ich so gelenkig, dass ich
mich vorbeugen konnte und meinen eigenen erigierten Phallus mit dem
eigenen Mund liebkosen konnte. Heute erreiche ich den Phallus mit dem
Mund nicht mehr.
33
Die Morgensonne warf seinen Schatten auf die grüne Wiese des Gartens.
Ich sah den Garten, wo er unser gemeinsames Haus errichten wollte.
34
In dem Garten standen Pflaumenbäume und Apfelbäume, es blühten dort
Pfingstrosenbüsche, es blühten Krokus und Narzisse, Malven und Mohn,
Rosen und Tulpen und himmelblaue Vergissmeinnicht. Kein Mensch hatte
diesen Garten bewässert, der Himmel selbst hatte diesen Garten bewässert.
35
Ich habe deinen Namen schon wieder vergessen, sagte er. Ich bin Evi,
sagte ich, ich bin die Neue Eva.
36
Ich hatte einen Sohn einst, sagte Herr Melancholia melancholisch. Sechs
Jahre alt ist er geworden, dann ist er bei lebendigem Leibe von den Ratten
aufgefressen worden. Ich bin weise, musst du wissen. Ich kann das
Schicksal eines Menschen aus seinen Tränen lesen. Ich kann die Schrift
der Tränen lesen. Aus meinen Tränen mache ich durch alchemistische
Weisheit Perlen. Aus diesen Perlen baue ich die Paläste meiner
Erinnerungen.
37
Ich erkannte, dass Herr Melancholia wahnsinnig war!
38
Wie lecker und appetitlich sah ich aus! Ich sah aus wie eine
Himmelskönigin aus Feigenkuchen! Iss mich! Verzehre mich!
39
Wir waren am Anfang der Welt, vielleicht auch schon am Weltende. Ich, in
meinem süßen Fleisch, war die Feige vom Baum der Erkenntnis.
Erkenntnis hat mich erschaffen. Ich war aus dem Mann erschaffen, als ein
Meisterstück von Fleisch und Blut. Ich war die elektrische Eva in Person.
40
Ich sah mich selbst, ich erfreute mich an mir selbst, ich berührte mit
meinen Händen meine eigenen Schenkel und streichelte mich selber
zärtlich. Ich spielte mit meinem krausen schwarzen Schamhaar zwischen
meinen Schenkeln und tippte zärtlich an meine Klitoris.
41
Wie auf jenem Teppich im Museum war es, wo das Einhorn sein Horn in
den Schoß der Unbefleckten Jungfrau legt. Der Erzengel Gabriel hatte mit
seiner Hündin das Einhorn in den Schoß der Jungfrau gejagt. Jetzt ruhte
das Einhorn in dem Schoß der Jungfrau.
42
Ja, wie das Einhorn kniete er vor meinem Schoß in seiner sakralen
Unschuld und legte sein Haupt auf meinen Schoß so zärtlich, als wäre ich
aus Seidenpapier. Ich fühlte seine Wangen an der Innenseite meiner
Oberschenkel und fühlte den Hauch seines Mundes in meinem Schamhaar.
Mein Schamhaar war wie die Flügel eines flatternden Vogels.
43
Ich erfuhr eine mysteriöse Kontraktion in meinen Nerven.
44
Er leckte mit der Zunge an meiner rechten Brustspitze und umfasste meine
linke Brust mit seiner Hand. Er biss zärtlich in meine rechte Brustspitze
und begann, leise zu lachen, denn jetzt war seine Potenz erwacht. Ich
steckte sein Glied zwischen meine Schenkel und presste ihn leicht. Ich
wollte nicht, dass er so schnell komme. Ich wollte Zeit haben, ich wollte
die langsam schmelzende Wonne des Weibes genießen, von der ich bisher
nur aus Büchern wusste. Mit seinen Fingern begann er meine violette
Muschel zu erregen, das Geschenk der Großen Mutter. In unkontrollierten
Ergüssen rann der Tau der Lust in meiner Muschel zusammen.
45
Wir schwammen im Ur-Meer, als die Schöpfung begann, in diesem
mütterlichen Meere, Maria, aus dem alle Seelen stammen.
46
Einer projizierte sein eigenes Selbst auf die Idee des andern. Wir waren
zwei Ideen in Vereinigung, eine zwei-einige Substanz des einen ewigen
Seins. Zusammen ergaben wir den Platonischen Hermaphroditus, den
Adam Kadmon der Kabbala, den androgynen Urmenschen.
47
Wir hielten die Zeit an und erschufen selbst einen Moment der Ewigkeit in
der Schöpferlust der Liebenden.
48
Die Uhr des Gottes Eros hält alle andern Uhren an.
49
Geliebter, dies ist mein Fleisch! Iss mich! Verzehre mich! Geliebter, dies
ist mein Blut! Trinke mich! Berausche dich an meiner Liebe!
50
Als in meinem Höhepunkt der Orgasmus kam, flog meine Seele durch
einen dunklen Tunnel in einen lichten himmlischen Erdbeergarten!
Geliebter, als mich die Ekstase des Orgasmus in den Himmel entrückte,
löste sich im gleichen Augenblick im ekstatischen Orgasmus deine Seele
auf im gläsernen Meer des Lichts! Dann ruhten wir selig umarmt in einer
tiefen inneren Ruhe.
SIEBENTES KAPITEL
LILITH

1
Ich sah die Augen einer Frau. Ihre Augen erinnerten mich an Laylas
Augen. Wann hatte ich zuletzt an Layla gedacht? Diese Frau trug am
nackten Oberarm sichtbar den schwarzen Träger ihres Büstenhalters. Sie
lächelte lieblich.
2
Evi? fragte mich die schwarzgekleidete Frau: Evelin?
3
Warum hast du nie von deiner Mutter gesprochen, Layla?
4
Layla, aber nicht länger Layla? Was ist geworden aus der Huri von
Manhattan?
5
War dieses entzückende Fleisch, das Layla hieß, nur ein Traum? Ihr langes
schwarzes Haar umflutete sie immer noch und ihr Antlitz glänzte immer
noch wie Luna um Mitternacht. Aber diese feminine Passivität war dahin.
6
Layla sprach über Herrn Melancholia: In seinem Namen flüstern alle
Seufzer der hoffnungslosen Verzweiflung. Verbannt auf diese Erde, ist er
wie ein einsamer Stern am Firmament. Er ist eine atomisierte, vereinzelte
Existenz. Wenn er mit seinem eigenen Mund seinen eigenen Schwanz in
den Mund nimmt, gleicht er dem Uroberos, der Urschlange, die ihren
eigenen Schwanz in den Mund nimmt. Dieser Uroberos ist der numinose
göttliche Urvater.
7
Die entmannten Priester der Großen Mutter, sagte Layla, ließen ab und an
die Meditation der Neugeburt im Schoß der Großen Mutter, um als Krieger
die Welt zu durchstürmen. Ich selbst, wie du dich erinnern wirst, tanzte in
einem mystischen Striptease die Apokalypse.
8
Ich nehme dich mit auf einen Trip, Evi.
9
Meine Haare sträubten sich mir im Nacken, obwohl ich doch jetzt den
Beistand der Tochter Gottes hatte.
10
Fürchte dich nicht, sagte Layla, die majestätische Mutter hat die Gottheit
für dich gebeten. Die majestätische Mutter konnte leider die Zeit noch
nicht beenden. Sie hat sich in einer Art von totalem Zusammenbruch in
eine Grotte zurückgezogen und weint dort blutige Tränen, bis die
himmlischen Heerscharen siegen.
11
Was sollen wir tun, Layla, fragte ich. Sie sagte: Mein Name ist jetzt Lilith.
Ich heiße jetzt Lilith, weil ich das Symbol der dunklen Nacht des Geistes
bin.
12
Lilith, wie du weißt, wurde fünf Tage vor Adam erschaffen. Lilith ist
Adams wahre Partnerin, obwohl Adam mit Eva in einer Ehe
zusammenlebt. Lilith aber sucht Adam in seinen Träumen heim und saugt
ihm den Mannessamen aus. Und mit Lilith zeugt Adam auf mystische
Weise die Rasse der Geister.
13
Sein Durchstoßen meiner Jungfräulichkeit kann meine immerwährende
Jungfräulichkeit nicht verletzen.
14
Ich habe dich zu Sophia geführt. Ja, ich bin Sophia, der feminine göttliche
Geist, verkörpert im Fleische Liliths, der aphrodisischen Fleischeslust!
15
Ich habe mich dir gezeigt als die Göttin der Hetären, als die allerseligste
Jungfrau-Mutter und als die göttliche Jungfrau.
16
Ich bin die Muse, sprach Lilith. Ich bringe die Botschaften Gottes zum
Manne und die Hymnen des Mannes zu Gott. Ich bin der Wahnsinn des
theosophischen Mystikers, die Erotomanie des Liebenden und die Muse
des Dichters. So hat mich einst Platon geschaut.
17
O Layla, die du nun Lilith heißt, in deiner Person bietet mir die göttliche
Jungfrau Sophia ihre schwesterliche Freundschaft an!
18
Mein Herz ist gebrochen, mein Herz ist gebrochen!
19
Am Strande aber sahen wir die einsame Großmutter des Wahnsinns auf
einem Gartenstuhle sitzen, umrankt von den Bohnen der Seelen ihrer
Muttersmütter. Vor ihr stand ein Gartentisch mit Trank und Speise. Wir
hörten kaum ihre Stimme. Sie sang Lieder von 69. She lives on love street.
Sie schaute traumverloren in die Ferne, aber sie hörte uns mit sensiblem
Ohr.
20
Es war, als sähen wir in einer kristallenen Kathedrale den himmelblauen
Mantel der heiligen Großmutter des Wahnsinns.
21
Sie schien uns ganz vergessen zu haben. Sie saß auf ihrem Thron und sang
die Lieder der Liebe. Sie sang vom Wahnsinn der Liebe, vom verblutenden
Herzen der Liebe und vom Kleinen Liebestod.
22
Ihre Augen waren den Türkisen der Himmlischen Jerusalem ähnlich.
23
Sie saß am Strand und schaute auf das Meer, als wäre sie die
Schutzengelin der Sieben Weltmeere. Sie mischte den Gesang ihrer
Stimme mit dem Rauschen des Meeres. Lilith sah sie an mit einem
liebevollen Lächeln.
24
Sie öffnete eine Büchse Bohnen und aß die Bohnen, trotz Pythagoras.
Dann nahm sie aus einem kleinen Fläschchen einen Schluck vom Wodka-
Feigen-Likeur. Als sie den Wodka-Feigen-Likeur hinunterschluckte, sah
ich ihren Adamsapfel zucken. Dann sang sie von der Auferstehung des
Fleisches.
25
Einzig ihre Lippen bewegten sich in ihrem Antlitz, wenn sie sang. Ihre
Antlitz war wie eine Totenmaske, weiß geschminkt von chinesischem
Reispulver.
26
Lilith nahm meine Hand, so gingen wir weiter. Die Großmutter des
Wahnsinns sah uns nach wie eine ewige Urgottheit allwissender
Vorsehung.
27
Da gab ich Lilith einen schwesterlichen Kuß auf die Wange.
28
Evi kehrt heim zu ihrer Ewigen Mutter.
29
Dunkle Nacht der Sinne, dunkle Nacht der Seele, dunkle Nacht des
Geistes! Mystisches Schweigen!
30
Ich lag zwischen den Felsenklippen des Strandes wie zwischen den Seiten
des Buches des Lebens. Mystisches Schweigen! Es ward aufgetan das
Buch des Ewigen Lebens!
31
Ich bin heimgekehrt zum Meere Maria, meiner Mutter! O Meer, o Mama,
o Maria!
32
Die Felsenklippen öffneten sich einen Spalt und wie in einem offenen
Mund saß da Lilith am rauschenden Meer.
33
Sie hob fragend ihre Augenbrauen, als wolle sie mir eine Rätselfrage der
Weisheit stellen: Was ist der Unterschied zwischen der Platonischen Liebe
und dem Ewigen Leben?
34
Lilith und ich saßen nebeneinander und schauten, wie die Wellenzungen
des Meeres am Felsen leckten, wie der Gischt aufspritzte. Es war, als spüle
Asien hier an den Strand. Lilith fragte mich, ob ich hier mit ihr zelten
wolle.
35
Ich wusste in meinem Herzen, dass Lilith in ihrem Herzen Mitleid mit mir
empfand, weil ich hier in der irdischen Verbannung leiden musste.
36
Da sah ich JESUS! Ich sah JESU verwundetes Herz! JESU verwundetes
Herz verblutete in der Passion der Liebe! In JESU liebeswundem
verblutendem Herzen sah ich die Liebeswunde der Ewigen Liebe! Die
Ewige Liebe schrie in namenloser Qual: Die Liebe wird nicht geliebt! Die
Liebe wird nicht geliebt! So starb Gott.
37
Maria, mütterliches Meer der Liebe, gebäre uns ins Ewige Leben!

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Josef Maria Mayer - Dichtungen
Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DIE PHILOSOPHIN LILITH

Von Josef Maria Mayer

MOTTO

Die göttliche Muse gab mir einen überhimmlisch-süßen Kuss auf den Hals
– o göttlicher Kuss, o göttlicher Kuss – und hauchte mit ihrer mystischen
Stimme: Parmenides... Fichte... Die Einheit...

INHALT

Lilith – ein theosophischer Aufsatz über die Figur der Lilith

Das Schwarze Loch und wie es zu stopfen ist – ein philosophischer Dialog
zwischen Lilith und Robert über den Durst und Hunger nach Liebe

Die Idee der Schönheit – ein philosophischer Dialog zwischen Lilith und
Josef über den Platonismus

Die Ewige Liebe – ein philosophischer Dialog zwischen Lilith und Willy
über die Lust, das Ewige Leben zu lieben
LILITH

WISSENSCHAFTLICH EXAKTE ÜBERSETZUNG DES BIBEL-


VERSES ÜBER LILITH

Jesaja, Kapitel 34, Vers 14

So untereinander (zu treffen, sich zu vereinigen, sich versammeln) werden


die Tsiyi (die Einöden, die Wüsten, die Wildnisse – Wildtiere,
Wüstenbewohner, Heulende, Bellende, ein spezifisches Wildtier von nicht
genau definierter Art) und die Iyee (Die Wildtiere der Inseln, heulende
Tiere, Schakale) und der Sair (Kitz, Ziege, Teufel, Haariger, Rauher,
Ziegenbock, Opferbock oder der Satyr als Dämon) wird dem anderen (dem
Nachbarn, dem Freund, dem Gefährten, dem Genossen, dem Bruder, dem
Ehemann, dem Liebhaber) begegnen (ihm zurufen, zuschreien, ihm etwas
proklamieren oder predigen, oder ihn bitten und einladen als Gast) und
Liyliyth (die Nachteule, Lilith als feminine Göttin, oder als Dämon der
Nacht, oder ein nächtliches Tier, die Nachtschwalbe, der Nachtrabe) wird
dort herbergen (ruhen, sich ausruhen, ansiedeln, niederlassen, still werden)
und ihre Ruhe (den Ruheplatz, den Zustand der Ruhe oder die
Bedingungen zur Ruhe) finden (sie wird es finden, wird dahin kommen,
wird es antreffen, wird davon befallen, bekommt es, hält es fest).

VERSCHIEDENE ÜBERSETZUNGEN DES VERSES

Da werden untereinander laufen Wüstentiere und wilde Hunde und ein


Feldteufel wird dem anderen begegnen, der KOBOLD wird auch daselbst
herbergen und seine Ruhe daselbst finden.

The wild beasts of the desert shall also meet with the wild beasts of the
islands, and the satyr shall cry to his fellow, the SCREECH OWL also
shall rest there, and find for herself a place of rest.

Und Wüstentiere treffen mit wilden Hunden zusammen, und Böcke


begegnen einander, ja, dort rastet die LILITH und findet einen Ruheplatz
für sich.

Dort begegnen sich Katzen und wilde Hunde. Bocksgeister treffen sich
dort. LILIT rastet dort und findet für sich eine Ruhestatt.

And the wild-cats shall meet with the jackals, and the satyr shall cry to his
fellow; yea, the NIGHT-MONSTER shall repose there, and shall find her a
place of rest.

Da werden unternander laufen Marder und Geyer / und ein Feldteuffel


wird dem andern begegnen / Der KOBOLD wird auch daselbs herbergen /
und seine ruhe finden.

Wildkatzen und Hyänen treffen sich dort, ein Dämon ruft hier dem andern
zu. Selbst das NACHTGESPENST findet sich ein und ruht sich hier aus.
Wölfe und Marder werden einander begegnen und ein Dämon dem
anderen rufen. Ja, dort wird das NACHTGESPENST sich niederlassen und
eine Ruhestätte für sich finden.

AUS DEN BIBELKOMMENTAREN ÜBER DAS WORT LILITH

LILITH wird gedeutet als personifizierte Nacht (von Layla), als weibliche
Göttin (Sumerische Göttin Lilitu, Göttin des himmlischen Windes), nach
dem mittelalterlichen jüdischen Kabbalismus als Erste Frau Adams oder
als Sie-Teufelin (Buhlteufelin und Kindermörderin), als Nachteule,
Nachtrabe oder als Nachtschwalbe. Die Übersetzungsangebote für das
sumerische Wort Lil oder Lilitu lauten: Windbraus oder Lotosblume. Der
jüdische Bibelübersetzer Martin Buber übersetzt Lilith mit „Lur“ und die
lateinische Übersetzung von Sankt Hieronymus übersetzt Lilith mit
„Lamia“.

LILITH IM SOHAR, DEM HAUPTBUCH DER KABBALA

Eines Tages gingen die Gefährten mit Rabbi Simon bar Johai. Rabbi
Simon sagte: „Wir sehen, dass alle diese heidnischen Völker sich erheben,
aber Gottes Volk Israel ist geringer als sie. Warum ist das so? Weil Gott,
der König, fortgeschickt hat die Matrone, die Herrlichkeit des Herrn, und
nahm die Sklavin Lilith als Braut an. Wer ist die Sklavin Lilith? Die Krone
der Fremden (The Alien Crown), deren erstgeborene Söhne getötet wurden
von Ihm, dem Heiligen, Einen, gebenedeit sei sein Name. Anfangs saß sie
hinter der Handmühle, und nun tritt diese Sklavin an die Stelle ihrer
Herrin!“ Rabbi Simon klagte und sprach: „Der König ohne die Matrone,
das ist nicht der rechte König! Der König, der der Sklavin Lilith huldigt,
welche die Dienerin der Matrone ist, wo ist sein Ruhm? Er verlor die
Liebe der Matrone und nahm die Sklavin Lilith an Ihrer Stelle als Braut an.
Diese Sklavin Lilith war berufen, das Heilige Land auf Erden zu
verwalten, wie die Matrone über das Heilige Land vom Himmel herrscht.
Aber der Heilige, der Eine, gebenedeit sei Er, wird schließlich die Matrone
wieder annehmen und ihr den Platz zur Rechten seines Thrones geben, wie
es im Anfang war. Wie wird dann der Jubel und das Jauchzen und
Frohlocken sein? Sprich! Es wird sein der Jubel und das Jauchzen und
Frohlocken des Königs, weil er zur Matrone zurückkehrte und sich trennte
von der Sklavin Lilith, und der Jubel und das Jauchzen und Frohlocken der
Matrone, der Herrlichkeit des Herrn, wird sein, dass sie heimkehrt zum
Herrn und wird in Liebe kopulieren mit dem König Gott.“

MEINE ÜBERSETZUNG DES BIBEL-VERSES

„Da versammeln sich die Bellenden und die heulenden Tiere und die
haarigen Tiere laden den Liebhaber ein und Lilith (der Nachtwind) wird
sich dort niederlassen und ihr Bett der Ruhe finden.“

PREDIGT ÜBER DAS MYSTERIUM LILITH

Origenes lehrte, dass ein Schriftwort in dreifacher Hinsicht auszulegen sei.


Erstens gilt es den historischen, wörtlichen und ursprünglich gemeinten
Sinn zu betrachten. Zweiten gelte es, die moralische Deutung dahingehend
auszulegen, was die Bibel dir heute ganz persönlich für dein irdisches
Leben damit sagen möchte. Dritten soll der geistige, spirituelle oder
mystische Sinn herausgefunden werden, was nämlich das Schriftwort vom
Wesen Christi sagt.

Erstens.
Der historische Sinn der Bibelstelle scheint zu sein, dass die einst so
mächtige Stadt Edom jetzt in Trümmern liegt, so dass dort nur Wildkatzen,
Wildhunde, Schakale, Wölfe, Nachtraben, Nachteulen und andere wilde
Tiere hausen.

Zweitens.
Die persönliche Deutung, geliebte Freundin, könnte für dich sein: Hier, wo
die haarigen Tiere leben, wo sich die bellenden und heulenden Hunde
treffen, wo die Katzen leben, wo der Gast eingeladen wird, der Liebhaber
predigt, hier finde ich, die Gottesgeliebte Lilith, meine Ruhe, hier finde ich
mein Ruhebett, nämlich die Geborgenheit in den Armen Christi.

Drittens.
Bei dem geistlichen Sinn denke ich an die mystische Theologie. In einem
theosophischen Buch über die Gnadengabe der Melancholie fand ich, dass
Künstler, Philosophen, Dichter, Mystiker, welche von der Melancholie
oder Schwermut geplagt und gesegnet wurden, als „Kinder der Lilith“
bezeichnet werden. Da war zum einen Albrecht Dürer, welcher die
Melancholie gemalt als eine Muse der Weisheit. Da war der Philosoph und
Theologe Kierkegaard, der an der Gabe der Schwermut einerseits litt, zum
anderen sie als sein besonderes Charisma ansah. Dann wurde hingewiesen
auf den Heiligen Johannes vom Kreuz, dem Karmeliter-Mystiker, der von
der dunklen Nacht gesprochen. Diese Mystik der „DUNKLEN NACHT“
kann man auch als eine MYSTIK DER LILITH bezeichnen. Wenn Gott
einen mystisch begnadeten Menschen in die dunkle Nacht der Sinne führt,
dann wendet er sich von allen Äußerlichkeiten ab und wendet sich dem
Inneren zu. Wenn Gott die Seele in die dunkle Nacht der Seele führt, dann
wird die Treue zu Gott ganz rein, denn der Verstand und das Gefühl kann
Gott nicht mehr begreifen. Wenn Gott die Seele in die Nacht des Geistes
führt, dann reinigt sich die Liebe zu Gott durch die dunkle Nacht, in der
man vor Gott wie ein Idiot oder ein Wahnsinniger steht, zur reinen
brennenden Gottesliebe, zur lebendigen Liebesflamme. Hier wird Gott
erfahren in der DUNKLEN NACHT, hier wird Gott erfahren, wie der
heilige Dionysios Areopagita sagte, als das FINSTERE LICHT DER
GOTTHEIT. Denn die Geburt Christi geschah so, wie es im Buch der
Weisheit heißt: „In der Mitte der Nacht stieg Dein allmächtiges Wort vom
Himmel herab.“ Und Johannes spricht im Evangelium: „Das Licht scheint
in der Finsternis.“

ÜBER DIE MESOPOTAMISCHE GÖTTIN LILITH


.
„Die sumerische Göttin Lilith (oder Lili) gilt als die Göttin des Windes in
der Höhe und spielt in der Schöpfung der Welt eine undurchsichtige Rolle.
Später wird Lilith aus dem Paradiesgarten der Liebesgöttin Inanna
vertrieben.“

Hier sehen wir zwei Lilim, nämlich einmal die göttliche Lilith, die
Schöpferin der Welt, und dann die irdische Lilith, die Eva im Garten Eden.

Wer ist die göttliche Lilith, die Schöpferin der Welt, und welches war ihre
undurchsichtige Rolle bei der Erschaffung der Welt? Ihr Name bedeutet
„Wind aus der Höhe“. Im Hebräischen heißt Wind „Ruach“, die Ruach ist
Windbraus und Geist. Ruach ha-kadosch heißt: Heiliger Geist – oder wie
die Feministinnen sagen: Heilige Geistin oder die Heilige Geistkraft, oder,
wie der amerikanische Poet Walt Whitman schrieb: Santa Spirita! Ein
Priester sagte einmal: Auch wenn ein Kind getauft wird „In nomina patria
et filia et spirita sancta“, ist die Taufe gültig. Lilith ist also die Sancta
Spirita oder die göttliche Ruach. Die göttliche Ruach schwebte im
Anbeginn der Schöpfung über dem Tohu-wa-bohu. Die göttliche Ruach
wird im Evangelium mit einer Taube des Friedens und der Liebe
verglichen. Das poetische Bild der göttlichen Ruach-Lilith ist also das
eines Windbrauses über dem Urmeer des Chaos oder das einer
schwebenden Taube, die das Welt-Ei ausbrütet. Sie ist die göttliche
Geistkraft, die dem Ur-Chaos die Gestalt des geordneten Kosmos (d.h.
Schmuckstück) gibt. Die Meere des Chaos heißen auf lateinisch „maria“,
darum wird das Bild des Anfangs der Schöpfung, nämlich dass die Taube
der heiligen Geistkraft über den Urmeeren „maria“ schwebt und
schöpferisch tätig ist, wieder aufgenommen am Anfang des Evangeliums,
da die Taube der heiligen Ruach über Maria schwebt und den
Gottmenschen schafft. Was also der Amerikaner preist als Sancta Spirita,
was der Syrer Ephraem, die Zither der heiligen Ruah, als heilige Ruah
preist, was Moses preist als Ruach ha-kadosch, das preist der sumerische
Liebesdichter als Göttin Lilith, die Schöpferin der Welt, die Taube der
Liebe, der Windbraus der heiligen Geistin.

Wer aber ist die Lilith, die aus dem Paradiesgarten der Inanna vertrieben
worden ist? Im mosaischen Buche Genesis heißt sie Eva, das heißt, die
Mutter alles Lebendigen oder der Ursprung des Lebens. Lilith ist also die
Eva vom Garten Eden, das heißt, dem Garten der Freude. Eva aber heißt
Ischah, das heißt Frau. Lilith ist also Ischah, die Frau. Das Wort für Mann
heißt Isch und wird mit einem Jota geschrieben, welches einem Komma
ähnlich sieht, einem kleinen Schwänzchen sozusagen, dieses Jota-
Schwänzchen macht den Mann zum Mann. Das Jota ist der Buchstabe J im
Gottesnamen Jahwe. Das Wort Ischah, also Frau, endet mit dem
Buchstaben He, der steht für den Heiligen Geist, denn das Wesen der Frau
ist es, Tempel des Heiligen Geistes zu sein. Das J des Mannes und das H
der Frau ergeben zusammen den Gottesnamen JAH, von dem Salomo sagt
„Die Liebe ist eine Feuerflamme in JAH.“ Die irdische Lilith ist also die
Frau, Tempel der heiligen Geistkraft, also der göttlichen Lilith. Die
göttliche Lilith als heilige Ruach ist das göttliche Urbild und die irdische
Lilith-Eva als Frau ist das Abbild oder der Spiegel oder der Tempel. Die
Lilith-Eva aber, die aus dem Paradiese vertrieben worden ist nach ihrer
Abwendung von der Weisung Jahwes, wird wieder eingelassen durch das
Ja-Wort der Neuen Eva, das ist Maria, welche auch DIE FRAU heißt. „I
am the Second Eve! My YES is for you!” Maria, also DIE FRAU, ist
Tempel des heiligen Geistes und Braut des Heiligen Geistes, ja, einige
sagen, sie ist gewissermaßen die Menschwerdung des Heiligen Geistes.
Maria, die Neue Eva, the Second Eve, DIE FRAU als Menschwerdung der
Heiligen Ruach, ist also gewissermaßen die Neue Lilith, nämlich
Menschwerdung der göttlichen Lilith, der Gottheit des Windbrauses vom
Himmel.

Also: Die göttliche Lilith, die Schöpferin der Welt, ist Ruach ha-kadosch
(Der Heilige Geist).
Die menschliche Lilith, deren poetischer Name bedeutet die Lotosblume,
ist Maria, die Neue Eva, die FRAU, die Menschwerdung des Heiligen
Geistes.

MYTHOS VON DEN GÖTTINNEN LILITH UND EVA

Gott schuf Adam aus dem Staub. Gott setzte Adam in den Garten Eden, wo
Adam den Tieren Namen geben sollte. Adam sah den Bock die Zicke
bespringen und sah den Stier die Kuh besteigen. Da bekam Adam große
Lust, denn er war potent. Aber er hatte keine Partnerin. Da befriedigte
Adam sich an der Zicke und bestieg auch die Kuh von hinten. Aber es
gefiel ihm nicht sehr. Da schrie Adam zu Gott: Gib mir eine Partnerin zur
Liebe! Gott erhörte Adam und schuf Lilith. Aber Lilith wurde nicht wie
Adam aus dem Staub geschaffen, sondern aus dem Schlamm. Lilith wollte
nun beim Sex die Stellung einnehmen, wie es im Matriarchat üblich ist, die
Stellung, die das Kama-Sutra „buttern“ nennt, wo die Frau auf dem Manne
sitzt und sie ihr Becken bewegt. Adam aber war puritanisch gesonnen und
bevorzugte die patriarchalische „Missionars-Stellung“. Immerhin kam es
noch dazu, dass Adam mit Lilith einen Dämon zeugte, Asmodäus, den
Ehe-Teufel. Dieser Ehe-Teufel Asmodäus hat in der Geschichte von Tobias
und Sara die sechs Freier der Sara in der Hochzeitsnacht getötet, bis er von
Tobias und dem Erzengel Raphael in die ägyptische Wüste am Roten Meer
ausgetrieben wurde. Übrigens hatte Lilith auch noch eine allerbeste
Busenfreundin, die ebenfalls eine Dämonin war, die hieß Naamah, das
heißt: Wohlgefällig, denn Naamah sang wohlgefällige Liebeslieder an die
Idole. Lilith, da Adam sie nicht buttern ließ, sondern auf der Missionars-
Stellung bestand, trennte sich von ihrem Lebensgefährten und floh in die
ägyptische Wüste am Roten Meer, wo sie mit dem Buhldämonen
Asmodäus, dem Ehe-Teufel, Dämonenkinder zeugte, die sogenannten
Lilim, die Kinder der Lilith. Die Göttin Lilith aber war nicht sterblich, da
sie ja vor Adams Sündenfall das Paradies schon verlassen hatte. Lilith
lebte fort und erschien den einsam lebenden Gottesmännern im Traum und
sog ihnen im Traum als Verführerin den Samen aus und zeugte mit dem
Samen geistige Dämonenkinder. Dem weisen Salomo erschien Lilith in der
Gestalt der schwarzen Königin von Saba, die Salomos Weisheit mit
tiefgründigen Fragen auf die Probe stellte. Auch die beiden Dirnen, die vor
Salomo erschienen, und ihn um ein Salomonisches Urteil wegen ihrer
Kinder baten, diese beiden Lustdirnen waren in Wahrheit Lilith und
Naamah. In der arabischen Tradition haben Lilith und Naamah allerdings
die Namen Lilith und Karina. Wenn ein Haus sich vor Lilith schützen will,
besonders einsame Gottesmänner, die fürchten, dass ihnen Lilith des
nachts im Traum als erotische Verführerin erscheint und ihnen den Samen
aussaugt, können sich schützen mit einem Amulett, auf dem geschrieben
steht: Adam und Eva! Weg mit Lilith! Da Lilith also nun durch die Träume
einsamer Gottesmänner schleicht, brauchte Adam eine neue Frau. Gott
schuf die Erste Eva. Gott bildete ihren Leib aus Muskeln und Sehnen und
Knochen und Fleisch und überzog alles mit Haut und führte die Erste Eva
dem Adam zu. Adam aber war nicht entzückt von dieser Ersten Eva.
Wohin diese Erste Eva verschwunden ist, ist mir nicht bekannt. Gott
versetzte daraufhin den Adam in eine Trance und nahm seine Seite – seine
bessere Hälfte – sein Innenleben – und formte daraus Eva, die Zweite Eva.
Als Gott den entzückendsten Körper der Zweiten Eva gebildet hatte,
schmückte er sie noch mit Lapislazulikettchen und Mondsteinohrringen,
mit Muschelarmbändern und silbernen Fußkettchen und Ringen an den
Fingern und Spangen im langen schwarzen Haar. Sonst trug die Zweite
Eva nichts, als all den Schmuck und den Schleier ihrer langen schwarzen
Haare. Adam sah die nackte Zweite Eva und war entzückt! Damals
entstand das erste Liebesgedicht der Welt, denn Adam ist der erste
Liebesdichter aller Zeiten, als er rief: Sie ist es! Sie ist die Seele meiner
Seele, ihr Leib passt haargenau zu meinem Leib! Adam und die Zweite
Eva passten so gut zusammen, wie die beiden Hälften eines Apfels. Daher
meinen die Theosophen auch, dass am Anfang der Mensch ein androgynes
Menschenwesen war, bestehend aus einer männlichen und einer
weiblichen Hälfte. Allerdings hatte Gott das androgyne Menschenwesen so
geschaffen, dass die männliche Hälfte und die bessere weibliche Hälfte
Rücken an Rücken mit einander verwachsen waren. So konnte das heilige
Paar sich schlecht bewegen, schlecht mit einander kommunizieren und
auch sonst schlecht mit einander verkehren. Darauf entschloß sich Gott in
seiner Barmherzigkeit, das androgyne Urwesen zu teilen in Mann und
Frau, das heißt in Isch und Ischah, namens Adam und Eva. Adam und Eva
lebte in paradiesischer Nacktheit im Garten Eden, aber Gott verbot ihnen,
sich sexuell zu vereinigen. So sagen Mythendichter. Hildegard von Bingen
allerdings sagte, dass Adam und Eva doch erotisch miteinander
kopulierten, allerdings nicht wie gewöhnliche Menschen, sondern so wie
der Sonnenstrahl die Luft liebt oder wie der Schmetterling den Duft der
roten Rose. Diese Göttin Eva nun wurde im Morgenland so sehr geliebt,
dass die Göttin Eva, von Moses Ursprung alles Lebens und Mutter aller
lebendigen Geschöpfe genannt, von dem hurritischen Stamm angebetet
wurde als hurritische Liebesgöttin Eva oder Heba, welche in göttlicher Ehe
lebt mit dem hurritischen Wettergott mit dem Donnerhammer,
gewissermaßen dem germanischen Thor. Diese hurritische Liebesgöttin
Heba wurde von den Griechen besungen als die ewigjugendliche Göttin
Hebe, die allerliebreizendste Göttin der ewigen Jugend im Himmel!

DAS SCHWARZE LOCH UND WIE ES ZU STOPFEN IST

Philosophischer Dialog zwischen Lilith und Robert.

Robert:
Kennst du das schwarze Loch – ich meine, das in der Seele?
Lilith:
Und darum trinkst du soviel Wein, um das schwarze Loch zu stopfen?
Robert:
Ja, ich habe einen maßlosen Durst! Ja, wenn ich der liebe Gott wäre, hätte
ich anstatt des Weltalls ein Weinfass geschaffen und einen Becher so groß
wie den Mond.
Lilith:
Und kannst du mit dem Wein das schwarze Loch in der Seele stopfen?
Robert:
Ich habe nun einmal diesen Wunsch nach Rausch, nach Symbiose, nach
Ekstase, nach Erlösung.
Lilith:
Das kommt von der fehlenden Mutterliebe.
Robert:
Ja, ich habe Durst nach der Liebe.
Lilith:
Und ich habe Hunger nach Liebe.
Robert:
Das innere Kind will gestillt werden.
Lilith:
Ich habe Hunger nach der Schokolade. Oh, wenn so ein Schokoladenriegel
auf meiner Zunge schmilzt!
Robert:
Die Azteken-Priester gaben ihren Menschenopfern vor der Opferung
Kakao mit Drogenpilzen zu trinken.
Lilith:
Die halluzinogenen Drogen lösen Ängste bei mir aus.
Robert:
Ja, auch das Haschisch verzückt einen für einen Augenblick ins Paradies,
doch gleich danach stürzt man in die Hölle ab. Darin ist die wahre
Erfüllung nicht zu finden. Es ist ein illusionäres Glück. Es bleibt eine
gähnende Leere zurück.
Lilith:
Gibt nicht die Liebe allein Erfüllung?
Robert:
Ach, was als romantische Verliebtheit begann, das endet in einem
Alltagseinerlei. Man sagt: Mädchen, in der Ehe musst du dich daran
gewöhnen, mit deinem Ehemann in Gewöhnung zusammen zu leben, ja,
wenn es gut wird, wird der Ehemann dein Freund. Wenn du aber Liebe
suchst – so nimm dir einen Hausfreund!
Lilith:
In der Liebe sucht man immer, geliebt zu werden vom Geliebten, und wird
doch nicht geliebt.
Robert:
Aber der Sex! Da kann man doch nun endlich das schwarze Loch stopfen!
Lilith:
Ach, wenn dabei die Zärtlichkeit fehlt, das Vertrauen, die Geborgenheit...
Robert:
Ja, leider gibt auch der Sex nur einen flüchtigen Moment von Erfüllung,
und wie oft bleibt die Seele danach doch leer zurück. Wenn es überhaupt
Sex gibt.
Lilith:
Ja, wie viele Paare schlafen dann nach einiger Zeit in getrennten Betten.
Robert:
Ja, das innere Kind, das will immer noch von der Mutter gestillt werden.
Lilith:
Ja, das innere Kind, das will immer noch vom Vater in die Arme
genommen werden und Schutz und Geborgenheit finden.
Robert:
Der Physiker Blaise Pascal sagte, in der Seele ist ein allerinnerlichster
Raum, in welchem dieses schwarze Loch liegt, und dieser Raum kann nur
von Gott erfüllt werden. Dieses schwarze Loch ist so beschaffen, dass nur
Gott es stopfen kann.
Lilith:
Kann denn Gott eine Seele wirklich befriedigen?
Robert:
Ich weiß nicht, ob es eine totale Befriedigung und Erfüllung für immer
gibt, ich meine auf Erden. Ich glaube eher, nein, es gibt nicht diese
immerwährende Befriedigung und Sättigung auf Erden.
Lilith:
Ich war einmal so von Gottes Liebe erfüllt, dass ich die ganze Menschheit
liebte. Ich sah einmal den Inneren Christus in ehelicher Vereinigung mit
meiner Seele. Aber es waren besondere Momente. Diese gefühlte
Erfüllung blieb nicht für immer.
Robert:
Ja, ich kenne auch Momente, da ich wirklich ruhe in Gottes Schoß, aber
dann gibt es auch immer wieder diesen Durst nach Liebe...
Lilith:
Diesen Hunger nach Liebe...
Robert:
Ja, man vergleicht Gott mit dem Wein. Deine Liebe ist besser als Wein,
heißt es in der Bibel.
Lilith:
Ja, und es heißt, der Name Gottes sei süß wie Honig. Ich würde sagen:
Gott ist süßer als Schokolade.
Robert:
Aber wenn wir auf Erden schon vollkommen satt wären für immer, so
würden wir nicht mehr streben nach der Ewigkeit.
Lilith:
Ja, ich spanne einem Mann einen unstillbaren Durst vor, so dass er in Gott
hineingesogen wird.
Robert:
Ja, Gott spannt uns zwei Pferde vor den Wagen unserer Seele, diese zwei
Pferde sind der Hunger und der Durst nach Liebe, nach Ewigkeit, nach
Gott.
Lilith:
Gott wird mich dann aber ganz befriedigen.
Robert:
Ja, die Ewige Liebe wird mich ganz befriedigen, aber nie übersättigen,
sondern ewig wird die schmachtende Sehnsucht sein und ewig die
erfüllende Befriedigung.
Lilith:
Im Paradiese wird das schwarze Loch vollkommen gestopft und dennoch
bleibt immer das schmachtende Seufzen des schwarzen Loches, immer
und immer wieder von Gott gestopft zu werden, Ewigkeit um Ewigkeit.
Robert:
Und weil Gott weiß von diesem Hunger nach Gott und diesem Durst nach
Gott, hat Gott seine eigene Trunkenheit zu einem Trank für die Seele
gemacht und seinen eigenen Ätherleib zu einer Himmelsspeise, welche
Salomo die süß-schmelzende Himmelsspeise nennt, die jedem anders
schmeckt.
Lilith:
Ja, in diese süß-schmelzende Himmelsspeise des Corpus Christi war auch
Sankt Evi verliebt.
Robert:
Jesus sagte: Wer von meinem Fleisch isst, den wird nie mehr hungern.
Lilith:
Sophia spricht: Wer von meiner Frucht speist, wird immer wieder nach mir
verlangen.
Robert:
Nun haben wir ja richtig philosophiert.
Lilith:
Ich will jetzt tanzen!

DIE IDEE DER SCHÖNHEIT


Ein philosophischer Dialog zwischen Lilith und Josef

Josef:
Heute ist der zweite November. Es ist Allerseelen-Tag und dein
Geburtstag, Geliebte, du Seele von der Weltseele. Was wünschst du dir
zum Geburtstag?
Lilith:
Laß uns über die Idee sprechen.
Josef:
Ich habe zwar schon graue Haare im Bart und du bist reizender als jedes
sechzehnjährige Mädchen, darum bist du auch mein Liebling, aber ich
kann leider gar nicht mehr denken.
Lilith:
Sagten nicht die Vorsokratiker, dass es das Viele gar nicht gäbe, sondern
nur das Eine, Ewig-Seiende? Ich denke, Parmenides hat dich bezaubert mit
seinem philosophischen Gedicht, da der Philosoph durch die dunkle Nacht
pilgert zum Thron der Göttin der Weisheit.
Josef:
Ja, daher stammt die Lehre, wahrhaft seiend sei allein das Eine.
Lilith:
Nun gibt es allerdings die Begriffe von Ähnlichkeit und Unähnlichkeit.
Und ich habe teil an den Begriffen der Ähnlichkeit und Unähnlichkeit...
Josef:
Ja, indem du Gott ähnlich bist, dem Bösen aber unähnlich...
Lilith:
Und so hast du teil an den Begriffen der Ähnlichkeit und Unähnlichkeit...
Josef:
Ja, da meine Liebe der Liebe eines Hundes ähnlicher ist als der Liebe eines
reinen Geistes...
Lilith:
Und alle Dinge, die das Viele bilden, haben teil an Ähnlichkeit und
Unähnlichkeit.
Josef:
Ja, jedes Ding hat eine Ähnlichkeit, wie ein Lichtteilchen eine Ähnlichkeit
hat mit seinem verschränkten Lichtteilchen, und wie die Seele eine
Seelenzwillingsschwester hat.
Lilith:
Wenn man sagt, das Eine sei eins, weil es eine innere Einheit habe, halte
ich das für einen guten Begriff. Wenn man sagt, das Viele sei vielfältig,
weil es aus einer Menge besteht, scheint mir das auch klar. Wenn man aber
sagt, das Eine sei Vieles und das Viele sei Eines, scheint mir das paradox
zu sein.
Josef:
Aber du bist ja auch Eins und Vieles. Denn du bist Eine Persönlichkeit,
also bist du Eins, aber du hast Augen, Lippen, Brüste, Schenkel, also eine
Vielheit, also bist du auch eine Vielheit.
Lilith:
Ja, ich bin Eine Person, diese Eine Person ist Eins. Aber die Vielheit
meiner körperlichen Glieder...
Josef:
Der Brüste! Der Schenkel!
Lilith:
Diese vielen Glieder sind viele, also Vielheit. Aber die eine Einheit als
Eins ist darum nicht identisch mit der Vielheit des Vielen. Eins ist Eins und
Vieles ist Vieles. Unlogisch ist es zu sagen, Eines sei Vieles und Vieles sei
Eines.
Josef:
Aber du, Geliebte, bist Eins und Vieles.
Lilith:
Ja, ich bin Eins und Vieles, aber das Eine meines Eins ist Eins und das
Viele meines Vielen ist Vieles. Aber das Eine ist nicht das Viele.
Josef:
O Lilith, wenn ich dich philosophieren höre, kommt mir wieder ein
Lächeln auf die Lippen. Denn ich freue mich, dass du so ernsthaft die
göttliche Wahrheit suchst!
Lilith:
Schon als junges Mädchen sagte ich mir: Ich will weise werden!
Josef:
Du hast nun über die Ähnlichkeit gesprochen. Ich sprach von deiner
Ähnlichkeit mit Gott...
Lilith:
Und du sagtest, deine Liebe habe mehr Ähnlichkeit mit der Liebe eines
Hundes als mit der Liebe eines reinen Geistes...
Josef:
Wir haben also Ähnlichkeiten an uns. Aber gibt es auch eine Ähnlichkeit
an-und-für-sich? Eine abstrakte allgemeine Ähnlichkeit, unabhängig von
deiner Gottähnlichkeit und meine Hunde-Ähnlichkeit, die wir so an uns
haben?
Lilith:
Wie könnten wir von unsern konkreten Ähnlichkeiten sprechen, wenn wir
nicht einen allgemeinen abstrakten Begriff von Ähnlichkeit kennen
würden?
Josef:
Du bist nun eben schön! Deine Haare sind schön, dein Antlitz ist schön,
deine Augen, deine Nase, deine Wangen, dein Mund, deine Brüste sind
schön, dein Popo ist schön!
Lilith:
Du sagst immer so nette Sachen!
Josef:
Aber gibt es auch eine allgemeine Schönheit als Begriff, als Idee,
unabhängig von der konkreten Erscheinung an dir oder an einer roten
Rose?
Lilith:
Wie würdest du denn die vielen schönen jungen Mädchen, die du alle
schön findest, als Schönheiten erkennen, hättest du nicht in deinem Geist
einen allgemeinen abstrakten Begriff dessen, was Schönheit an-und-für-
sich ist?
Josef:
Und nun gibt es also schöne Frauen und hässliche Frauen, kluge Frauen
und törichte Frauen, junge Frauen und alte Frauen, gutgebaute Frauen und
dürre Frauen, heilige Frauen und sündige Frauen. Gibt es denn auch den
Begriff, die Idee der Frau, unabhängig von den konkreten vielen Frauen?
Lilith:
Die Idee der Frau, die Frau der Frauen, ist das Ewigweibliche, das die, die
da singen und küssen, hinanzieht zur Ewigen Liebe!
Josef:
Nun gibt es aber Scheiße von Kindern, Scheiße von Greisen, Scheiße von
Hunden, von Katzen, von Kaninchen, von Tauben und Amseln, von
Pferden und Kühen und viele andere konkrete Formen von Scheiße. Gibt
es nun auch eine allgemeine Idee der Scheiße?
Lilith:
Von einer Idee der Scheiße zu reden, scheint mir einfach absurd!
Josef:
Wieso? Das ist unlogisch!
Lilith:
Ich spüre das! Ich fühle das! Ich weiß intuitiv, dass es keine Idee der
Scheiße gibt!
Josef:
Geliebte, du philosophierst wie eine Frau! Was du sagst, ist nicht logisch.
Du philosophierst mit dem Bauch! Allerlei Meinungen können deine
Gefühle bewegen, aber man philosophiert nicht mit dem intuitiven Gespür
oder dem Geschmack der Gefühle.
Lilith:
Und du sprichst auch gar nicht wie ein feiner Theosoph, sondern wie ein
betrunkener Rotwein-Säufer!
Josef:
Du glaubst also an die Idee der Schönheit, durch welche alles Schöne
schön ist, an die Idee der Güte, durch die alle Gütigen gütig sind?
Lilith:
Ja, wenn es nicht die absolute Schönheit an sich gäbe, würden wir keine
Rose und keinen Schmetterling als schön erkennen und auch keinen
Mann...
Josef:
Ob es schöne Männer gibt, davon weiß ich nichts. Was aber die Frauen
betrifft! Und da muss ich dich denn fragen: Ist denn die absolute Idee der
Schönheit gegenwärtig in jeder schönen Frau? Denn dann wäre ja die eine
absolute Schönheit in zwei Teile geteilt – denn du bist schön und Maria ist
auch schön! So wäre die eine absolute Schönheit ja geteilt!
Lilith:
Ich denke mir die Idee der Schönheit wie ein überhimmlisches Wesen mit
einem Sternenmantel, den Sternenmantel wie einen Schutzmantel über alle
schönen Frauen breitend.
Josef:
Wenn nun unter dem Schutzmantel der absoluten Schönheit eine Anzahl
von schönen Frauen wäre, so steht Maria unter dem Teil des
Sternenmantels, wo das Sternbild der Jungfrau eingestickt ist, so steht
Karina unter dem Teil des Sternenmantels, wo das Sternbild der Waage
eingestickt ist, so stehst du unter dem Teil des Sternenmantels, wo das
Sternbild des Skorpions eingestickt ist. Wäre dann nicht von der einen
absoluten Schönheit ein anderer Teil über Maria und ein anderer Teil über
dir?
Lilith:
Ja, Maria sieht ja auch anders aus als ich.
Josef:
So wäre also die eine absolute Schönheit in so viele Teile geteilt, wie es
schöne Frauen gibt und jede schöne Frau hätte an sich nur einen Teil der
einen absoluten Schönheit. Und so wäre der Schutzmantel der absoluten
Schönheit ja mehr einem Flickenteppich gleich. Wenn die absolute
Schönheit nun aus so vielen Teilen besteht, wie es schöne Frauen gibt,
kann man dann noch von der Einen absoluten Schönheit reden?
Lilith:
Jetzt wird es schwierig.
Josef:
Wie kommt denn überhaupt die absolute Idee der Schönheit in die schöne
Maria, in die schöne Karina und in die wunderschöne Lilith?
Lilith:
Ich denke, die Schönheit ist wie ein Gedanke, der im Innern der Seele
existiert.
Josef:
Du findest doch Ponys schön! Aber Ponys können nicht denken. Wie soll
denn da die Schönheit als Gedanke in ihrer Seele existieren? Oder ist die
Schönheit des Ponys ein Gedanke in der Seele des Ponys, das nicht denken
kann?
Lilith:
Was weißt du, dass Ponys nicht denken können?
Josef:
Aber jener magische Malachit dort auf deinem Hausaltar, hat der auch
seine Schönheit als Gedanke in der Seele? Oder meinst du, dass Steine
Seelen haben und womöglich gar denken können?
Lilith:
Das wage ich so nicht zu behaupten.
Josef:
Wie kommt denn nun die absolute Schönheit in deine konkrete Schönheit?
Lilith:
Ich denke, die Idee der Schönheit ist das göttliche Urbild und Marias
Schönheit das geschöpfliche Abbild.
Josef:
Wenn nun das Abbild nachgebildet ward dem Urbild und in der
Ähnlichkeit mit dem Urbild gebildet wurde, dann ähnelt doch
notwendigerweise deine Schönheit der absoluten Schönheit! (Und das war
es, was ich beweisen wollte.)
Lilith:
Aber so weit würde ich nicht gehen, das zu behaupten.
Josef:
Es ist doch schwierig, von der absoluten Idee der Schönheit so zu
sprechen, dass es Hand und Fuß und andere wichtige Glieder hat. Sage
mir, Lilith, wenn du von der absoluten Idee der Schönheit sprichst, meinst
du dann, dass diese absolute Schönheit in der Natur nirgends in
Vollkommenheit evident ist?
Lilith:
Ach leider ja.
Josef:
Wie kann dann ein weiser Mann die absolute Schönheit schauen und
erkennen und genießen? Müssen wir vielleicht bekennen, dass allein Gott
die absolute Schönheit schauen, erkennen und genießen kann?
Lilith:
Ja, die absolute Schönheit ist eins mit Gott.
DIE EWIGE LIEBE

Philosophischer Dialog zwischen Lilith und Willy

Lilith:
Wie kann man glücklich sein?
Willy:
Das Leben ist Glückseligkeit. Unsälig ist allein der Tod.
Lilith:
Was heißt es, wahrhaft zu leben?
Willy:
Wahrhaft zu leben, heißt glückselig zu sein. Unsälig sein heißt, Anteil zu
haben am Nichtsein.
Lilith:
Warum heißt es, selig zu sein, wenn man lebt?
Willy:
Weil alles Leben aus Liebe existiert und Liebe ist Seligkeit.
Lilith:
Was ist denn Liebe?
Willy:
Ich schenke mein Ich deinem Du und du schenkst dein Ich meinem Du und
Ich und Du bilden eine höhere Einheit.
Lilith:
Und das nennst du Glück?
Willy:
Ja, die Liebe allein ist das Glück.
Lilith:
Kann man im Leben nicht unglücklich sein?
Willy:
Das wahre Leben ist Glückseligkeit. Unsälig ist nur ein Scheinleben,
welches dem Tode näher steht.
Lilith:
Manchmal frage ich mich, ob ich wirklich und wahrhaft lebe.
Willy:
Es gibt ein Scheinleben, eine Mischung aus Tod und Leben. Dieses
Scheinleben ist halb Leben, halb Sterben.
Lilith:
Wer bin ich und wie werde ich wahrhaft lebendig?
Willy:
Du bist, was du liebst. Sage mir, was du begehrst und liebst, und ich sage
dir, wer du bist.
Lilith:
Woran erkannt man, was einer liebt?
Willy:
An seinem Leben, denn der Mensch lebt das, was er liebt.
Lilith:
Wenn aber ein Mensch gar nicht sagen kann, was er liebt?
Willy:
Weil er nicht liebt! Und weil er nicht liebt, darum lebt er in Wahrheit gar
nicht!
Lilith:
Was aber ist nun das Sein?
Willy:
Das Sein ist keine starre abstrakte Idee, sondern das Sein ist pure
Lebendigkeit.
Lilith:
Was ist der Unterschied von Sein und Nichtsein?
Willy:
Das Sein ist Leben in purer Lebendigkeit und das Nichtsein ist der Tod, die
absolute Leere.
Lilith:
Und wenn sich Sein und Nichtsein mischen?
Willy:
Diese schlechte Ehe von Leben und Tod erzeugt ein Scheinleben, das wie
ein unaufhörliches Sterben ist.
Lilith:
Wenn du das Sein sprechen lassen könntest, was würde das Sein sagen?
Willy:
Sum!
Lilith:
Was heißt das?
Willy:
Das heißt: Ich bin! Das Sein allein kann von sich sagen, dass es wahrhaftig
existiert.
Lilith:
Aber wie ist dieses Sein?
Willy:
Es ist ohne Anfang und ohne Ende, es ist das Ewige Sein.
Lilith:
Und dieses Ewige Sein ist das Leben?
Willy:
Das Ewige Sein ist das Ewige Leben.
Lilith:
Und gibt es nur Ein Ewiges Sein?
Willy:
Ja, Ein Ewiges Sein, das heißt Ein Ewiges Leben, das heißt Eine Ewige
Liebe.
Lilith:
Wie ist der Name dieser Einen Ewigen Liebe?
Willy:
Man nennt sie – Gottheit!
Lilith:
Und wer diese Gottheit nicht liebt?
Willy:
Der setzt an die Stelle der Gottheit die falschen Götzen der Geschöpfe und
Dinge.
Lilith:
Was geschieht, wenn man seine Liebe den Dingen zuwendet?
Willy:
Man ist unsälig.
Lilith:
Und wenn man die Gottheit liebt?
Willy:
Dann hat man das Ewige Leben.
Lilith:
Hat man es jetzt schon oder erst nach dem Tod?
Willy:
Wer die Gottheit liebt, der hat das Ewige Leben jetzt – and for ever!
Lilith:
Und kann man nicht selig leben, wenn man die schönen Dinge der Welt
liebt?
Willy:
Wer die schönen Dinge der Welt liebt, die allesamt aus dem Nichtsein
stammen und vergänglich sind, der liebt nur Schein, nicht Sein. Und wer
Schein liebt, der lebt ein Schein-Leben. Wer aber ein Schein-Leben lebt,
der ist in Wahrheit tot.
Lilith:
Wenn aber einer die Gottheit liebt, wie ist sein Leben dann?
Willy:
Genuss in vollen Zügen! Das große Glück! Der Höhepunkt der Lust!
Lilith:
Aber die Sehnsucht! Kennst du die Sehnsucht?
Willy:
Alles Seiende kennt die Sehnsucht, die Sehnsucht nach der Ewigkeit!
Lilith:
Wonach sehnt man sich mit dieser Sehnsucht?
Willy:
Nach dem Ewigen Leben in Fülle!
Lilith:
Kann nichts anderes den Menschen befriedigen?
Willy:
Den wahren Menschen kann nichts anderes befriedigen als das Ewige
Leben in Fülle!
Lilith:
Und ist das Ewige Leben unerreichbar?
Willy:
Nein! Ergreife das Ewige Leben! Das Ewige Leben bietet sich an! Das
Ewige Leben ist willig, sich mit dir zu vereinigen!
Lilith:
Was meinst du mit Vereinigung?
Willy:
Die Vereinigung mit der Gottheit – jetzt – ist Vereinigung mit dem Ewigen
Leben wie mit der geliebtesten Geliebten!
Lilith:
Und das nicht erst nach dem Tod im Himmel?
Willy:
Nein! Auf Erden schon im Paradies! Tägliche Vereinigung mit der
Geliebten, dem Ewigen Leben!
Lilith:
Amen.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
EVA-SOPHIE

Prosa von Josef Maria Mayer

DIE BRAUT DES WEISEN

(Sprüche Salomos 5,15, erweiterte Übersetzung)

Trink! Zeche wie ein Zecher beim Zechgelage! Trinke die Mayim (die
Wasser) aus deinem Brunnenloch und die Fluten aus der Mitte deiner
Quelle! Lass deine Mayanah, deine Quelle, deine Fontäne sich ergießen
und verschütten und überfließend ausbreiten in die Gassen und die Ströme
der Mayim, der Wasserbäche, die breite offne Piazza erfüllen! Habe du sie
allein und kein verhurter Fremdling mit dir! Deine Bornquelle wie ein
überströmender Schoß sei gebenedeit, auf Knieen verehrt und gepriesen!
Juble, jauchze und frohlocke über deine Ischschah, deine Fraue der
Jugend! Sie ist liebevoll wie ein Hirschkuh (nach der Melodie: Die
Hirschkuh, die morgens früh in der Morgenröte gejagt wird)! Sie ist
graziös, charmant, elegant, lieblich, kostbar, deine bevorzugte Favoritin,
wie die schwarze Zicke (vom Berge Gilead)! Lass dich von ihren
liebreichen Brüsten (den Nippeln ihrer Zitzen) allezeit, immer, zu jeder
Gelegenheit befriedigen! berauschen! betrunken machen! stillen und
sättigen! Und bade dich in ihrer Milch und laß dich ganz durchtränken!
Und lass dich betören! verzaubern! verhexen und wahnsinnig machen!
Und lass dich kontinuierlich und täglich verführen von ihrer Ahabah, von
ihrer göttlichen Liebe (der Liebe des Menschen zum Menschen, der
rechten Selbstliebe, der Liebe zwischen Mann und Frau, der sexuellen
Vereinigung von Mann und Frau, der Liebe Gottes zu seiner Kirche!)
GRIECHISCHE SOPHIA

Bei Homer bedeutet Sophia das handwerkliche Geschick des


Zimmermannes. Dann wird die Bedeutung ausgeweitet auf das
handwerkliche Geschick im allgemeinen bis hin zum handwerklichen
Geschick des Dichters: Poesie heißt Handwerk. Der Dichter hat diese
Poesie, dieses handwerkliche Geschick (Sophia) von den Musen. Der
Begriff Sophia bezeichnet dann das geheime Wissen des inspirierten
Dichters. Sophia ist das Wissen der göttlichen Musen. Sophia ist
übernatürliche Kunst und übernatürliches Wissen. Bei Solon bezeichnet
Sophia das Wissen des Sehers, des Heilers und des Dichters. Sophia
bezeichnet nicht das technische Können (Kunst) des Dichters, sondern
dessen von den Musen eingeküsstes höheres Wissen um das Wesen der
Dinge, um Maß und Ziel der Dinge, also die höhere Einsicht. Solons
Sophia ist der Geist des Menschen, der das Handeln des Menschen gemäß
der Gerechtigkeit bestimmt. Sophia ist die dichterische Einsicht in die
gesetzmäßige Ordnung des Lebens und der Welt. Heraklit wird diese
Sophia dann Logos nennen, die Immanenz Gottes in der Natur, die
Weltvernunft. Pythagoras galt als der Weise schlechthin. Er beanspruchte
für sich den Besitz einer Höheren Sophia. Heraklit bekämpfte die
Pythagoräische Sophia, weil Pythagoras den Blick für das Wesentliche
(Notwendige) Eine verloren habe und dunkle magische Praktiken übe. Die
rationale Sophia von Solon ist bei Pythagoras eine irrationale religiöse
Sophia. Heraklit stellte Pythagoras neben seine anderen Feinde Hesiod und
Xenophanes. Empedokles lobte das große Wissen des Pythagoras und sein
vielen klugen Handlungen. Pythagoras beanspruchte für sich, im Besitz
einer übernatürlichen Sophia zu sein (vielleicht weil er sich selbst für
einen Übermenschen hielt). Inhalt seiner Sophia war die Seelenlehre und
die Lehre von der Seelenwanderung. Astronomie, Mathematik und
Harmonielehre scheinen erst später hinzugekommen zu sein. Empirische
Naturwissenschaft war seine Arbeit. Empedokles: Pythagoras hatte ein
göttliches Wissen und erinnerte sich an mehrere vorherige Existenzen.
Pythagoras: Psyche ist die Trägerin der Sophia. Psyche vereinigt
animalisches Lebensprinzip und denkendes Bewusstsein. Heraklit: Psyche
als Trägerin von Sophia, d.h. Einheit von Seelischem und Geistigem. Mit
Blick auf Pythagoras entwickelte sich ein Kult des Weisen Meisters, der
zwischen Gott und Menschen zu schweben scheint. Pythagoras: Keiner ist
weise außer Gott, dem Menschen bleibt nur das Streben nach Weisheit.
Pythagoras: Anspruch eines göttlichen Wissens bei gleichzeitiger
demütiger Bescheidenheit. Pythagoras nannte sich als Erster nicht Weiser,
sondern Freund der Weisheit, Philosoph. Denn Gott allein ist der Weise. In
der Platonischen Philosophie spielte der Streit zwischen den Weisen
(Sophisten) und dem Freund der Weisheit (dem Philosophen) eine große
Rolle. Philosoph zu sein heißt nicht, weniger Einsicht zu haben als ein
Weiser (Sophist), sondern bezeichnet den vertrauten gewohnheitsmäßigen
Umgang mit Sophia. Heraklit kritisierte nicht die Fülle des Wissens der
Pythagoräer, sondern nur, dass sie nicht darüber hinaus zur Erkenntnis des
Einen gekommen sind. Heraklit: Pythagoras besaß das größte
Einzelwissen von den Dingen. Was hat er daraus gemacht? Stückwerk und
magische Trugkünste! Vieles muß man wissen, aber ohne Einsicht in das
Eine bleibt alles Wissen nur Vielwisserei. Pythagoras: Sophia ist ein
religiöses Wissen um das Wesen der Seele und die Seelenwanderung und
allen daraus abgeleiteten Kulten. Orphisch-Pythahoräische Seelenlehre:
Die Sophia vermag der Psyche nach dem Tod eine höhere Existenzweise
zu geben. Sophia ist alle im religiösen Sinn wertvolle geistige
Beschäftigung. Entfaltung der pythagoräischen Wissenschaft. Sophia wird
zum Begriff für alle philosophischen Disziplinen. Dies ist der Sophia-
Begriff bei Platon. Von Pythagoras’ Sophia der religiösen Einsicht zu
Platons Sophia der philosophischen Erkenntnis. Xenophanes, Zeitgenosse
des Pythagoras, Dichter und Philosoph, Lehrer des Parmenides, stellte die
Körperkraft und die sportlichen Tugenden gegenüber den überlegenen
Tugenden der Geisteskraft, nämlich seiner Sophia. Diese Sophia ist eine
Tugend, nützlich zum Wohl des Gemeinwesens, eine politische Sophia.
Seine Antithese von Kraft contra Geist bezieht sich auf sein Gottesbild.
Gott ist Geist, Gott ist Weisheit. Diesen Gott der Weisheit aber erkennt der
Philosoph durch seine geistige Suche. Dagegen bei Parmenides tritt die
göttliche Weisheit plötzlich in einer Selbstoffenbarung vor den
Philosophen. Xenophanes’ Gott wirkt durch den Geist der Weisheit, durch
die innere Einsicht in das Wesen der Dinge. Erkenntnis steht höher als
Handeln, Geist höher als Kraft, Kontemplation höher als Aktion. Diese
Sophia ist Gipfel und Zusammenfassung aller geistigen Tugenden.
Xenophanes war der erste Philosoph, der sein Wissen in dichterischer
Form vortrug. Pindar sprach als Dichter einer vergangenen aristokratischen
Welt überlegen von seiner dichterischen Sophia, die ihn über die modernen
demokratischen Dichter weit hinaus hob. Sophia des Dichters, der Dichter
als Zimmermann schöner Worte. Der Dichter ist den Siegern, Heroen und
Königen ebenbürtig. Seine Sophia schaute in den Erscheinungen der Zeit
das wahrhaft Schöne, Glänzende, und schaute im Glänzenden die
Immanenz der göttlichen Schönheit, die er aufbewahrte in seinen
Preisungen für die Richterin Zeit, die das wahrhaft Schöne seiner
dichterischen Sophia als preisungswürdig annehmen wird. Allerdings blieb
Pindar demütig und sagte, seine dichterische Sophia sei nicht geeignet, in
das wahre Geheimnis der Gottheit einzudringen. Die aristokratische
Dichter-Sophia Pindars erhob später bei Dante und Goethe erneut ihr
Haupt.

SCHOSCHANNAH
ODER DIE EWIGE ROSE

Ich möchte dir von der Ewigen Rose erzählen, die schon in der Vor-Welt,
vor der Schöpfung, im Garten Gottes und im innersten Wesen Gottes als
Potentialität erblühte.

In der Ewigen Rose verbirgt sich Gott. Gott verbirgt sich in der Ewigen
Rose, damit Menschen zu Wahren Menschen werden.

Diese Ewige Rose heißt in der hebräischen Sprache Schoschanna (die


griechische Susanna) und ihre Zahl ist 13. Schoschannah = 300 + 6 + 300
+ 50 + 5 = 661 = 13. Die Zahl 13 ist auch die Zahl des hebräischen Wortes
für Liebe: Ahawa = 1 + 5 + 2 + 5 = 13. Die 13 der Schoschannah und die
13 der Liebe (Ahawa) ergeben zusammen die 26 des Namens Gottes:
JHWH = 10 + 5 + 6 + 5 = 26.
4

Die Ewige Rose hat 13 Blütenblätter, die abwechselnd rot und weiß sind,
sechs rote und sechs weiße, das 13. Blütenblatt ist transparent wie
Christall.

Die Zahl 13 stellt die 13 Worte in der Genesis dar, die über die Schöpfung
gesagt werden, bis der Name Elohim – Gottheit – genannt wird, 13
Schöpfungsworte, das 13. Schöpfungswort ist Ruach (femininen
Geschlechts, es bedeutet Heiliger Geist).

Nach den ersten 13 Worten folgen 5 Worte zwischen der 2. und 3.


Nennung des Namens Elohim. Das sind die 5 Worte, die dem
Schöpferwort vorausgehen, welches lautet: Jhehi Or! (Es werde Licht, auf
lateinisch: Fiat Lux!)

Diese 5 Worte sind die 5 Kelchblätter der Ewigen Rose, welche


Schoschannah genannt wird. In ihr beginnt die Schöpfung. Im Schoß der
Ewigen Rose ward es Licht.

Wenn der Name der Gottheit – Elohim – zum 3. Mal genannt wird, ertönt
das erste Schöpferwort: Jhehi Or! Fiat Lux! Es werde Licht!

In der Ewigen Rose ist auch eingeschrieben zu lesen die Verbannung


Adams und Evas aus dem paradiesischen Garten Eden sowie die Erlösung
des menschlichen Geschlechts durch den verheißenen Messias, den Samen
der FRAU.
10

Jetzt, in der Endzeit, wo der Ursprung der Welt wiederkommen will zur
Welt, stehen wir an der Schwelle einer Neuen Schöpfung und erinnern uns
an die Erste Schöpfung.

11

Das hebräische Wort Schoschannah beinhaltet folgende Begriffe:


Veränderung, Wiederholung, Lernen, Unterscheiden, Schlaf und Sechs.
Die roten und weißen Blütenblätter der Ewigen Rose bedeuten die
Polarität von Mann und Frau, von Isch und Ischah, von leidenschaftlicher
Liebesglut und makelloser Reinheit. Die Ewige Rose ist das Leben, das
sich wiederholende und verändernde Leben in Wechsel und Wandel, da der
Mensch lernt und geistig wächst.

12

Die Zahl 6 bedeutet: Sch-Sch. Die Zahl 6 besteht aus der doppelten 3, der
Zahl Gottes, der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Die doppelte 3, die als 6
erscheint, ist die Polarität von Mann und Frau, von Himmel und Erde, von
Geist und Materie, von oben und unten. Die Zahl 6 bezeichnet auch die 6
Schöpfungstage bis zur Sabbath-Ruhe Gottes.

13

Die Astronomie des Altertums ordnete das Universum in 12 Teile als


Ausdruck einer gottgeschaffenen Harmonie des Universums. Die 12 roten
und weißen Blütenblätter der Ewigen Rose bezeichnen die Polarität, in der
wir im Bereich der linearen Zeit leben, die Polarität von Männlichkeit und
Weiblichkeit, die Polarität von Tag und Nacht. Erst wenn wir die 13
erreicht haben, das 13. Blütenblatt der Ewigen Rose, treten wir aus den
Polaritäten der Zeit in die Einheit der Ewigkeit. Denn das 13. Blütenblatt
ist weder rot noch weiß, sondern es ist transparent wie ein Christall,
bezeichnend Ruach, das heißt, Heilig Geist, der weder männlich noch
weiblich ist. Die 13 bezeichnet das Erwachen vom Schlaf und den Eingang
ins Ewige Leben.

14
Die 12 Stämme Israels wurden durch die Aufteilung des Stammes Josef in
die beiden Stämme Ephraim und Manasse zu 13 Stämmen. Aus Israel geht
der Messias hervor. So hat der Messias Jesus 12 Apostel berufen und ist als
der Meister der 12 Apostel der 13. Die Zahl 13 wird verzehnfacht zur Zahl
130 und bezeichnet Sulam. Sulam ist aber die Himmelstreppe, die Jakob
im Traum gesehen.

15

Aber die Ewige Rose, die Schoschannah genannt wird, hält sich selbst
verborgen bis zum 13. Tag. Der 13. Tag ist der Tag der Selbstoffenbarung
der Ewigen Rose. So ist der 13. Tag des Monats der Tag Unsrer Lieben
Frau von Fatima.

16

Die Ewige Rose ist schon vor der Schöpfung der Welt im Geiste Gottes
existent als Idee und bewahrt in ihrem Schoß die Schöpfung. Man kann
ihren Sinn nicht begreifen, denn die Ewige Rose ist die Mystische Rose.

17

Die rote Rose symbolisiert die leidenschaftliche Liebe – die Passion des
Messias und die Com-Passio der Mutter des Messias. Der Mensch geht
durch Leiden und Schmerzen hindurch, er trägt die Dornenkrone. Die
Mutter des Messias trägt den Messias durch den Dornenwald, der seit 7
Jahren keine Rosen getragen hat. Aber als die Mutter des Messias den
Messias durch den Dornenwald trägt, beginnen die Rosen zu blühen. Der
Messias und Befreier dringt mit dem Schwert des Wortes Gottes durch den
Dornenwald des Todes und schlägt den Weg frei zum Ewigen Rosengarten
des Ewigen Lebens. Nun ist der Blick frei auf den Paradiesesgarten, den
Rosenhag. Hier wird den Menschen das Mysterium der Ewigen Rose mit
den 13 Blütenblättern offenbart, es ist die feurige und reine Liebe des
Herzens der Mutter des Messias.

18
Die makellose und brennende Liebe des Herzens der Mutter des Messias
lässt die Ewige Rose Schoschannah erblühen. Nun offenbart sich auch das
Mysterium des 13. Blütenblattes, welches die Ausgießung des Heiligen
Geistes im Pfingsten der Liebe ist.

19

In den letzten Tagen wird sich die Ewige Rose transformieren und zu
einem reinen Diamanten werden. Das ist der Anbeginn des Reiches Christi
auf Erden.

THE SECOND EVE

(nach dem seligen John Henry Newman)

Es scheint gerade jetzt ein Gespräch mit mir gut zu sein, um zu bekennen,
was ich weiß über diese Jungfrau, damit andere, die jetzt da stehen, wo ich
einst stand, und wollten sie auch nicht, das würden, was ich wurde, und
das glauben, was über diese Jungfrau geschrieben steht.
Ich glaube an einen Prozess der Entwicklung der Apostolischen Wahrheit
im Laufe der Zeit. Ich will diese Entwicklung nicht ersetzen, sondern
zeigen, wie die Väter den Apostolischen Glauben erläutern und ergänzen.
Und vor allem mit der Lehre der heiligen Väter über die Jungfrau bin ich
zufrieden. Die Kirchenväter sind genug für mich.
Ich gebe voll und ganz zu, dass die Verehrung der heiligen Jungfrau unter
den Katholiken von Jahrhundert zu Jahrhundert zunahm, dass die Lehre
über sie ein Wachstum erlebt hat, aber ich glaube auch, dass die Verehrung
der heiligen Jungfrau von Anfang an zur Substanz des christlichen
Glaubens gehörte.
Der Glaube ist immer und überall derselbe, aber Gott gewährt eine Freiheit
der Hingabe und des privaten Urteils und der Zuneigung zur heiligen
Jungfrau.
Ich erinnere mich, dass mein Beichtvater, ein Jesuit, einer der heiligsten
und klügsten Männer, die ich je kennen lernte, einmal sagte, dass wir die
Jungfrau nicht zu sehr lieben, wenn diese Liebe zur Jungfrau unsere Liebe
zum Herrn um so mehr vertieft.
Was ist nun die Hauptlehre über Sie? Rudimentäre Lehre nenne ich die
Lehre, die ihre Person und ihr Amt in den Grundzügen festlegt, den
Aspekt, als welcher sie zu uns kommt. Sie ist die Zweite Eva. Nun lasst
uns überlegen, was das bedeutet. Eva hatte eine wesentliche, bestimmte
Position im Alten Bund. Das Schicksal der Menschheit lag in Adam. Adam
war es, der die Menschheit stellvertretend darstellte. In Adam sind wir alle
gefallen. Selbst wenn Eva gefallen wäre, Adam aber standhaft geblieben
wäre, hätten wir alle unsere übernatürlichen Privilegien nicht verloren, die
dem Vater Adam geschenkt waren als dem Ersten der Menschen. Obwohl
also Eva nicht die Spitze des Geschehens war, hatte sie dennoch im
Geschehen ihre eigne Position. Adam, den Gott berechtigt hatte, alles zu
benennen, nannte Eva: Mutter aller Lebendigen, ein großer Name, der
nicht allein ein Faktum spiegelt, sondern ein Würdetitel ist. Mit diesem
Würdetitel hatte Eva einen allgemeinen eignen Bezug zum
Menschengeschlecht. So hat Eva auch ihre eigne Rolle in Bezug auf den
Fall der Menschen in Adam. An dem urzeitlichen Geschehen hatte Eva
einen integralen Anteil. Die Frau, die verführt wurde, war in der
Übertretung. Sie lauschte dem bösen Engel, sie bot die Früchte ihrem
Mann an und er aß. Sie kooperierten, nicht als unverantwortliche
Instrumente, sondern innig und persönlich in der Sünde, die sie ihm
brachte. Wie die Geschichte geschrieben steht, war Eva die positive, aktive
Ursache des Falles. Und so hatte sie auch ihren eigenen Anteil an der
Strafe. Sie war anerkannt als echte Agentin der Versuchung und dem
entsprechend war auch ihr Leiden. In diesem schrecklichen Geschäft gab
es drei Personen: Die Schlange, die Frau und den Mann. In dem Zeitpunkt
ihrer Bestrafung wurde zugleich eine Zukunft angekündigt, in der wir die
drei Personen wiederfinden, die Schlange, die Frau und den Mann. Ss
werden nämlich kommen ein Zweiter Adam und eine Zweite Eva und zwar
wird die Neue Eva die Mutter des Neuen Adam sein. Gott sprach zur
Schlange: „Ich setze Feindschaft zwischen dir und der Frau, zwischen
deinem Samen und ihrem Samen.“ Der Same der Frau ist das
fleischgewordene Wort, und die Frau, deren Same oder Sohn der
inkarnierte Logos ist, ist Seine Mutter Maria. Diese Interpretation und
diese Parallele scheint mir unbestreitbar. Auf jeden Fall (und hierum geht
es mir heute) ist diese Parallelität die Lehre der Kirchenväter von den
frühesten Zeiten an. Wir sind in der Lage, durch die Position und das Amt
Evas beim Fall zu gelangen zu Position und Amt Marias bei der
Restaurierung der Menschheit.
Ich werde also Passagen anführen aus den Schriften der Kirchenväter. Was
sie da vortragen, ist zugleich die Lehre, die sie selbst empfangen haben
von der vorherigen Generation. Diese Lehre wurde angenommen und
anerkannt als Wahrheit durch die Zeugen, die diese Wahrheit überliefert
haben.
Zuerst nenne ich Justin den Märtyrer (120-165 n.Chr.), Sankt Irenäus (120-
200) und Tertullian (160-240). Tertullian repräsentiert Afrika und Rom,
Sankt Justinus steht für Palästina, Sankt Irenäus repräsentiert Kleinasien
und Gallien, oder genauer: Er repräsentiert Sankt Johannes den
Evangelisten, denn Irenäus war unterwiesen worden in der Lehre von
Sankt Polykarp dem Märtyrer, der ein intimer Mitarbeiter des heiligen
Johannes gewesen ist und auch die andern Apostel kannte.
Sankt Justinus der Märtyrer schrieb: Wir wissen, dass Er vor allen
Kreaturen ging hervor aus dem Vater durch Seine Kraft und Seinen Willen,
und dass Er durch die Jungfrau Mensch geworden ist, damit der
Ungehorsam, der von der Schlange ihren Anfang nahm, auf diese Weise
aufgehoben werde. Denn Eva war eine Jungfrau, unbefleckt von Sünden,
sie empfing das Wort der Schlange und brachte so Ungehorsam und Tod in
die Welt, aber die Jungfrau Maria in der Seligkeit ihres Glaubens, als der
Engel ihr die Botschaft brachte, dass der Geist des Herrn solle über sie
kommen und die Kraft des Höchsten sie überschatten und der Heilige, der
von ihr geboren werden sollte, werde Gottes Sohn sein, da antwortete die
Jungfrau Maria: So sei es! Es geschehe mir, wie du gesagt hast!
Tertullian schrieb: Gott wollte wieder sein Bild und Gleichnis, welches der
Teufel ergriffen hatte, Seinem Rivalen abjagen! In Eva, als sie noch eine
Jungfrau war, hatte sich eingeschlichen das Wort des Todes, dessen
Verfasserin die Schlange war. Ebenso in eine Jungfrau eingeführt ward das
Wort, das Gott war, der Logos, der Architekt des Universums, der
Bildhauer des Lebens, damit, wie vom weiblichen Sexus Verderben
ausging, von demselben weiblichen Sexus das Heil der Menschen kommt!
Eva hatte der Schlange geglaubt. Maria hatte dem Erzengel Gabriel
geglaubt. Der Fehler, den die eine Frau beging, wurde durch die andere
Frau wiedergutgemacht.
Sankt Irenäus schrieb: Fit im Glauben, ward die Jungfrau Maria gehorsam
erfunden und sprach: Siehe, ich bin deine Magd, o Herr, sei es mit mir
nach deinem Wort! Aber Eva war ungehorsam. Sie gehorchte nicht, als sie
noch eine Jungfrau war. Sie war in der Tat mit dem Mann Adam
zusammen, aber sie war noch Jungfrau. Ungehorsam, wurde Eva die
Todesursache für sich selbst und für die ganze Menschheit. So ist Maria
mit dem ihr vorherbestimmten Mann, da sie Jungfrau war, gehorsam
gewesen und wurde sowohl für sich als für das ganze menschliche
Geschlecht die Ursache des Heils. Darum spricht der Herr: Die Ersten
werden die Letzten sein und die Letzten werden die Ersten sein. Und der
Prophet bestätigte dasselbe mit den Worten: An die Stelle deiner Väter
werden deine Söhne treten. Der Herr, als Mensch geboren, war der
Erstgeborene von den Toten und trug in seinem Herzen alle Väter des
menschlichen Geschlechts und erneuerte sie in dem Leben Gottes. So
wurde Er der Anfang des Lebens, wie Adam Anfang des Sterbens war.
Darum führt auch Lukas das Geschlechtsregister des Herrn auf Adam
zurück, was bedeutet, dass Jesus die Väter erneuerte, und nicht die Väter
Ihn, dass Er sie regenerierte in dem Evangelium des Lebens. Den tödlichen
Knoten, den Evas Ungehorsam geknüpft hatte, ward aufgelöst durch
Marias Gehorsam. Was die Jungfrau Eva durch Unglauben gefesselt hatte,
ward durch den Glauben der Jungfrau Maria befreit.
Und weiter schrieb Irenäus: Als Eva durch die Reden eines gefallenen
Engels verführt worden war, vor Gott zu fliehen und Sein Wort zu
übertreten, empfing Maria die Freudenbotschaft durch den heiligen Engel
Gottes, dass sie Gott tragen werde in sich, weil sie Gott gehorsam war. Der
Jungfrau Eva ist die Jungfrau Maria zur Advocatin geworden. Wie von
einer Jungfrau alle menschlichen Rassen an den Tod gefesselt wurden, so
wurde von einer Jungfrau ein heiliger Überrest bewahrt und gerettet. So
wurde der Jungfrau Ungehorsam durch der Jungfrau Gehorsam erlöst.

DANK AN DIE TROSTREICHEN BRÜSTE DER NEUEN EVA

Jesus saugt mächtig. Sein rechter Arm ist muskulös. Der Knabe weiß, wie
gemolken wird.

Berauscht von der heiligen Milch, schläft der göttliche Knabe, bedeckt
vom Saum des Kleids der Madonna. Es ist wie die pränatale Symbiose der
Madonna mit Christus, die pränatale körperliche Einheit der Herrin mit
dem Herrn. Madonna schaut in der Ferne schon den Liebestod des
verblutenden Christus am Kreuz.
3

Madonna ist ganz verhüllt. Der Sohn Gottes greift nach dem Adamsapfel
der Madonna. Aus den Äpfeln der Madonna aber würde Liebfrauenmilch
strömen.

Der Sohn Gottes sagt zur Madonna: Darf ich bitten um die Brust? Er sagt:
Lass die Glocken läuten! Er erhebt die rechte Hand geradezu drohend und
beschwört die Madonna: Reich mir endlich deine Brüste! Die Melonen der
Madonna sind verborgen. Über der Madonna hängen zwei Äpfel. Zur
weiblichen Apfelhälfte gesellt sich die männliche Herkules-Keule. Oder
sind es Zucchini?

Er hat die Brüste aus dem Kleide der Madonna gleiten sehen. Engel
schauen das wie Spione im Hause der Liebe. Die Hermeneutiker zitieren
das Evangelium: Selig sind die Brüste, an denen du gesogen hast (The
paps thou have sucked)!

Vor der Brust der Madonna wird von der Madonna ein Apfel dem
göttlichen Sohn angeboten. Aber ach, er hat keine Zähne!

Ohne das berechtigte Schamgefühl von Sündern greift der göttliche Sohn
nach dem Paradiesapfel der Neuen Eva. Oh wie aus dem duftenden Kleid
der Neuen Eva die Brust dem Neuen Adam entgegenquillt! Der heilige
Josef sieht das und wird von Schwermut befallen. Der Zimmermann denkt:
Ach, ich darf nicht nageln die Neue Eva, aber ihren Sohn großziehen, und
Er darf nun mit den Äpfeln der Neuen Eva spielen! Der heilige Josef
scheint wirklich unglücklich zu sein.

8
Die Vagina der Virgo bleibt verschleiert. Wer sah denn die Madonna je in
schwarzen Netzstrümpfen? Wer sah denn die Madonna je in transparenten
Seidenkleidchen? Oder wer sah die Madonna je in schwarzer
Spitzenunterwäsche? Das Venus-Delta der Neuen Eva bleibt uns
verborgen, aber auf der oberen Balustrade bietet die Neue Eva evident ihre
Melonen an.

Die Madonna leitet den Stillvorgang ein. Das göttliche Kind hat das
Antlitz eines reifen Mannes. Die himmlische Mutter stärkt eben mit ihrer
Liebfrauenmilch auch den reifen Christen.

10

Zum Lobe der Liebfrauenmilch verherrlicht der Künstler die Brüste der
Neuen Eva – üppig! Üppig, aber nicht monströs! Diese Halbkugeln laden
zur kontemplativen Beschauung ein. Die Neue Eva hat ihre langen
schwarzen Haare mit Henna rot gefärbt. So erscheint sie wild und frei und
sinnlich!

11

Madonna zeigt ihre große weiße Brust. Das göttliche Kind wird aber nicht
gestillt. Madonna hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Mätresse des
Königs. Ihr Blick ist streng, aber ihr Mund, o ihr Mund ist rot!

12

Die Unbefleckte Empfängnis hatte ihre nächtlichen Exerzitien, als der


Bote Gottes, der Mann Gottes, anklopfte. Das Bett der Neuen Eva war
frisch bezogen. Madonna öffnete die Tür und ließ den beschwingten Mann
Gottes ein. Der Mann Gottes gab sich mysteriös: Neue Eva, mein Meister
hat dich erwählt, er liebt dich mehr als alle anderen Frauen und Er will ein
Kind in dir zeugen. Die Neue Eva staunte. Aber sie wollte keinen Sex mit
einem Kerl! Man sprach über Natürliche Empfängnisverhütung und von
den Fällen, wo der Gebrauch von Gummis erlaubt ist. Gott ist omnipotent,
sagte der Mann Gottes kryptisch. Die Neue Eva war willig: Ich bin
meinem Meister ganz hingebungsvoll ergeben! Die Worte „willig“ und
„ergeben“ heißen auf hebräisch „Muschi“. Muschi vom Geschlechte Levis.
Die Neue Eva nahm das Geschenk an. Was dann geschah, ist
unbeschreiblich! Und hätte ich auch tausend Zungen! Dann ging der Mann
Gottes wieder fort.

13

Madonna schwanger! Sie lächelte: Ich habe mit drei Personen geschlafen...
Die Menschen wussten nicht, wer der Vater des Sohnes war. Die
Theologen haben auch gar keine Ahnung vom Eisprung, vom Einnisten
eines befruchteten Eies in der Gebärmutter und anderen Mysterien der
allerheiligsten Vulva der Neuen Eva. Was weiß man denn von der
pränatalen Vereinigung der Madonna mit dem Herrn? Das Kind ist einfach
da, es kommt ohne Wehen, ohne Verletzung des Jungfernhäutchens der
Neuen Eva. Madonna mit dickem Bauch! So lieb ich die Neue Eva!

14

Prüde bigotte Pfaffensäcke haben die bloßen Brüste der Neuen Eva ihrer
barocken Üppigkeit beraubt und sie verborgen unter einem dicken Stück
Stoff. Da hilft auch die Krone mit den zwölf Sternen nichts. Die Pfaffen
verhalten sich wie Ärzte, die einer Frau mit Brustkrebs die Brust
amputieren. O Madonna, Heil der Brustkrebskranken! O Madonna,
Knotenlöserin! Der Dichter, der nach einem Weingelage am nächsten
Morgen an einem Hering erstickte, dichtete kurz zuvor noch: Ihre Lippen
sind Rosen, feucht vom Tau! Ihre Brüste sind Äpfel, rund wie Orientperlen
und weich wie Schwanendaunen! Der Sohn Gottes hält in der rechten
Hand den Zepterstab des Himmels. Der imperiale Reichsapfel aber ist die
Brust der Neuen Eva. Andere Jesuskinder spielen mit den
gottesmütterlichen Äpfeln, kneten die Marzipanbälle der Madonna und
beißen in den süßen Apfel der Zweiten Eva!

MADONNA LEONE REITET NACKT AUF DEM LÖWEN

Priester:
Ich lese einen Vers aus Marias Magnifikat: „Gott zerstreut, die stolz in
ihrem Herzen sind, er stürzt die Mächtigen von ihren Thronen und erhebt
die Niedrigen, er füllt die Hungrigen mit guten Gaben und lässt die
Reichen leer ausgehen!““
Gemeinde:
Sehr schön! Aber, Pater, die Maria, die so redet, sieht sie so aus, wie die
Priester in Deutschland sie beschreiben oder wie die Maler in Italien sie
malen?
Priester:
Beschreibt mir einmal ein berühmtes Marienbild!
Gemeinde:
Hier ist sie! Sie steht wie die Mondgöttin Diana auf dem Sichelmond. Sie
trägt eine Krone von zwölf Sternen. Sie hat Ringe an ihren Fingern. Sie
trägt ein grünes Gewand von Brokat, bestickt mit goldenen
Sternkonstellationen.
Priester:
Ist diese Maria der Ikone dieselbe Maria, wie die Maria aus dem
Evangelium? Glaubst du, die Maria der Ikone singt das Magnifikat?
Gemeinde:
Sie sang, dass Gott die Niedrigen erhebt und die Hohen von ihren Thronen
stürzt. Warum thront sie dann selber auf dem Mond?
Priester:
So komme Maria herunter vom Mond und geselle sich zu den Armen auf
der Erde!
Gemeinde:
Die Maria, die die goldene Sternenkrone trägt, sang, dass Gott die
Herrscher stürzen wird!
Priester:
So lege Maria ihre Krone ab!
Gemeinde:
Die Maria, die goldene Ringe mit Edelsteinen besetzt trägt, sang, dass Gott
die Reichen leer ausgehen lässt!
Priester:
So streife Maria ihre Ringe von ihren Fingern!
Gemeinde:
Die Maria, die sang, dass Gott die Hungernden mit guten Gaben erfüllt,
trägt goldgestickte Kleider und allerfeinste Gazekleidchen aus allerfeinster
Muschelseide!
Priester:
Lasse Maria ihre Kleider heruntergleiten!
Gemeinde:
Pater, Pater! Maria macht ja einen richtigen Striptease!
Priester:
Sehr gut! Wenn du diese Maria siehst – ist sie nicht die Maria des
Evangeliums?
Gemeinde:
Die Maria des Evangeliums ist keine Mondgöttin Diana auf dem Thron des
Mondes! Sie ist die Schwester der Armen! Sie begleitet uns auf dem
Pilgerweg der Erde. Die Maria des Evangeliums trägt keine kaiserliche
Krone, sondern bindet sich schlichtes Linnen um den Kopf als Turban zum
Schutz vor der Sonnenhitze! Die Maria des Evangeliums trägt keine
diamantenen Ringe, sondern hat raue Hände von der täglichen Hausarbeit
in Nazareth! Die Maria des Evangeliums trägt keine goldgestickten
Kleider und keine Gazekleidchen aus allerkostbarster Muschelseide,
sondern war so schlicht gekleidet wie die lieben armen Frauen bei uns!
Einer:
O Pater! Ich kann es kaum glauben! Mir scheint, als könnte Maria sogar
mich lieben! Mich! In meinen abgetragenen und zerrissenen Kleidern und
in den löchrigen Schuhen und mit der alten Mütze auf dem verwirrten
Kopf!
Priester:
Ja, das ist wahr und deines Glaubens würdig, dass die Maria des
Evangeliums dich so liebt, wie du bist, was immer auch in der deutschen
Kirche gepredigt wird und in den florentinischen Museen angegafft!

ADAM UND EVA

Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht in seinem Herzen... (der macht sie
in seinem Herzen zur Ehebrecherin)... Nicht nur äußerlich ein Gesetz: Du
sollst nicht die Ehe brechen! Sondern die größere Gerechtigkeit: Die
innere Erfüllung. Nicht einmal begehren! Du sollst nicht nach der Frau
eines andern Mannes verlangen! Wer die Gebote hält, gelangt ins
Himmelreich. Nicht nur formell den ehebrecherischen Akt vermeiden,
sondern die innere Gesinnung: Wer sie lüstern ansieht, hat sie im Innern
quasi vergewaltigt...
2

Begierlichkeit zerbricht die Einheit in der Ehe. Du Mensch heute,


entweder der, der das Gesetz – Du sollst nicht die Ehe brechen – anerkennt
oder der, dem das Gesetz ins Herz geschrieben ist. Es ist Adam in der
Geschichte, der Eva mehrmals erkannte – so dass sie schwanger ward. Als
Mann und Frau schuf Gott sie. Der Mensch als Mann im Fleisch und durch
sein Geschlecht der Frau verbunden, soll durch Christus den Reinen
Inneren Menschen finden. Christus spricht zum Herzen. Es geht um die
bräutliche Dimension sowie um die zeugungsbezogene Dimension. Der
Mann bricht die Ehe, wenn er ein Fleisch wird mit einer Frau, die nicht
seine Gattin ist. Auch die Frau bricht die Ehe. Ehebruch im Herzen durch
lüsternes Anschauen: Klar umschriebener Akt. Verlangen des Mannes nach
der Frau, die nicht seine Gattin ist, um sich mit ihr zu vereinigen, als wäre
sie seine Gattin, um Ein Fleisch zu werden. Dieses innere Verlangen
offenbart sich im begehrlichen Blick, vgl. David und Bathseba (auch
Genesis 34,2 und Richter 14,1 und 16,1), Aber auch die Frau soll nicht
innerlich lüstern sein nach Ehebruch.

Frau Welt als Ort und Quelle der Begierde usw.

DAS JAHR DER HEIMSUCHUNG

Januar
Evi wollte heiraten. Ich drückte ihr meine tiefe Enttäuschung zum
Ausdruck, mein Leben wäre gescheitert. Sie war zornig und brach den
Kontakt mit mir ab. Ich ging zur Beichte. Karine lag mit Brustkrebs im
Krankenhaus. Ich kümmerte mich um ihre drei Kinder. Was wird aus den
Kindern? Ich überlegte, mit Karines Mutter zusammen die Kinder zu
übernehmen, wenn Karine stirbt. Der Beichtvater ermutigte mich dazu.
Mein Freund Mark riet mir davon ab, versprach mir sein Gebet und sagte:
Wenn es nicht der Wille des Herrn ist, wird er die Türen schließen. Es war
scharfer Frost. Meine Seele litt ein nahezu unerträgliches Martyrium. Ich
fing an, die Theologie des Leibes (Theology of the Body) von Johannes
Paul zu studieren und schrieb den Liebesroman über Adam und Eva, darin
ich meine durch schreckliche Liebesschmerzen noch größer gewordene
Liebe zu Evi besang.

Februar
Ich durfte Evi nicht mehr besuchen. Ich war oft bei Karines Kindern, die
einen erbärmlichen Eindruck machten. Der weite Weg dahin durch den
bitteren Frost war schrecklich. Karines Kinder wurden von einer jungen
Studentin namens Anja gepflegt, die sehr hübsch und nett war. Sie kam mir
vor wie ein Engel der Gnade. Zu Sankt Valentin schrieb ich Anja ein
Gedicht. Gott war gnädig und an Sankt Valentin rief mich Evi an. Ich
besuchte Karine, es war das letzte Mal, dass ich sie sah. Sie lag im
Krankenbett, wir hielten Händchen. Ich klagte ihr meine schrecklichen
Liebesschmerzen. Sie versprach mir, Evi werde die Freundschaft zu mir
nicht aufgeben. Ich besuchte die Heilige Messe im katholischen Pius-
Hospital und besuchte danach Karine noch einmal. Eine Nonne betrat mit
dem Sakrament Karines Krankenzimmer. Karine sagte: Ich möchte auch
die Kommunion! Die Schwester sagte: Darüber sprechen wir noch einmal.
Sie gab Karine einen Segen und sagte noch zu mir: Das finde ich gut, dass
sie Kranke besuchen. Ich sagte Karine, der Beichtvater habe mich
ermutigt, mich um ihre Kinder zu kümmern. Sie war dem Beichtvater
dankbar. Ich sagte ihr, der Beichtvater habe mir einen Holzschnitt von der
nackten Sulamith geschenkt, mit langen schwarzen Haaren. Wie Evi, nicht
wahr, sagte Karine und lächelte. Sie lächelte und schien einschlafen zu
wollen, da küsste ich sie und verließ sie. Es war das letzte Mal, das ich sie
lebend sah. Zwei Tage später rief Karine mich noch einmal aus dem
Krankenhaus an und sagte: Das Jugendamt will die Kinder holen! Kannst
du bitte mit Evi zusammen die Kinder nehmen! Am nächsten Tag rief Evi
mich an: Karine hat nur noch ganz wenige Stunden zu leben! Evi und ich
holten Karines Kinder und fuhren ins Pius-Hospital, aber Karine war
schon gestorben. Ich ging mit Milan und Simon zu ihrer Leiche,
bekreuzigte ihre Stirn mit Weihwasser, die Nonne streichelte meine
Schulter. Ich ging mit Milan und Simon in die Kapelle und vertraute
Karines Seele der Mutter Gottes an: Führe unsre Mama in den Himmel,
Maria, und sei du jetzt unsre Himmlische Mutter! Evi und ich nahmen
Milan und Simon mit zu Evi, machten ihnen ein Bett und sorgten vierzig
Tage für sie in Evis Haus. Es war Fastenzeit, denn Karine wurde an
Aschermittwoch beerdigt, und diese Fastenzeit wollte der Heilige Geist
von mir Werke der Barmherzigkeit.
März
Ich lernte Karines Verwandtschaft kennen. Ein kinderloses
Rechtsanwaltspaar hatte sich angeboten, Milan und Simon zu nehmen und
sie großzuziehen. Es war eine Erhörung all unsrer Gebete. Ich lernte auch
Karines Verwandte Kati kennen, eine gute liebe Frau, und ihre Kinder,
wobei ihre sechzehnjährige Tochter Juli eine Schönheit, eine Botticelli-
Madonna war. Mit Milan und Simon besuchte ich Karines Vater in
Hamburg. Milan sagte: Ich will lieber bei dir bleiben, als bei dem
Rechtsanwalt. Ich sagte Milan, das gehe leider nicht, denn ich habe eine
kranke Seele und müsse immer weinen. Die Rechtsanwälte wollten Milan
und Simon nehmen, wollten aber nicht, das der Kontakt zu den Menschen
ihrer Kindheit weiter bestehe. Es gab viel Streit in Karines großer
Sippschaft. Ostern musste ich Abschied nehmen von Milan. Er sagte: Wir
werden uns nie wiedersehen! In der Osternacht, die ich im Geiste mit dem
Papst feierte, sagte mir der Heilige Geist, ich solle Milan auf dem Altar
Gott opfern, wie Abraham seinen Liebling Isaak geopfert hatte.

April
Ich schwärmte für Juli. Ich schrieb Shakespeares Romeo und Julia für sie
um. Es wurde ihr aber von der Mutter nicht gegeben, das Mädchen wäre
sonst pikiert. Ich war in Gedanken bei Karine und dachte viel an unsere
Jugendwollust – Felix Culpa! Ich hatte die Idee, die wirklich kraftvoll
erotischen Gedichte der griechischen Anthologie als Requiem für Karine
nachzudichten. Ich verschwand in einer Welt der antiken Erotik. Karine
nahm die Gestalt einer zur Göttin gewordenen Venus an. Ich weinte viel.

Mai.
Ich hörte viele Vorträge über Maria, besonders über die Botschaft von
Fatima. Dieser Frühling war kein Frühling der Lebenslust, sondern der
großen Totentrauer. Aber dennoch, mitten in all der Totentrauer, doch ein
Frühling der großen Lebenslust, denn Karine wurde mir immer mehr zur
antiken Venus und ich holte die ganze Jugendwollust und heidnische
Sinnlichkeit meiner Jugend mit ihr im Geiste nach. Ich suchte immer noch
Beistand durch den Beichtvater, aber der Beichtvater hatte keine Zeit
mehr, mir die Beichte abzunehmen. Auch hatte ich das Gefühl, dass er
weder meine Passionsmystik verstand noch meinen religiösen Erotismus.
Ja, ich hatte das Gefühl, er wollte mir einfach nicht mehr die Beichte
abnehmen. Das ganze Jahr über las ich schon die Briefe von Edith Stein.
Ich spürte sehr deutlich die Nähe von Edith Stein als einer besonderen
Freundin. Oft spürte ich die Nähe von Johannes Paul als meines
persönlichen heiligen Vaters. Ich meinte auch, das Karines Geist mich
umschwebte.

Juni
Die Erinnerung an die florentinische Madonnen-Schönheit Juli inspirierte
mich zu einigen poetischen Werken über die Idee der Schönheit.
Allerdings war das junge Mädchen zornig auf mich und auch die
liebevolle Mutter verbat sich, von mir mit dem gütigen Mutterherzen
Mariens verglichen zu werden. Ich brach den Kontakt zu diesen Menschen
ab. Noch schrecklicher waren deren Verwandte, die Rechtsanwälte, die mit
einem steinernen Herzen eine hohe unüberwindliche Mauer zwischen mir
und meinem geliebten Milan errichten. Karines Vater verhielt sich in dieser
Zeit wie ein guter Freund mir gegenüber. Poetisch tauchte ich immer tiefer
in die griechische und römische Erotik ein, vor allem schrieb ich
klassische französische Alexandriner, denn Karine war mein
Südfrankreich, und Südfrankreich war mein Griechenland der Aphrodite.

Juli.
Es war eine fast unerträgliche Hitze diesen Sommer. Die vielen Telefonate
mit Karines Vater drehten sich um Karines Grab, den Grabstein und die
Blumen des Grabes und wer das Grab pflegen wird. Ich erklärte mich
bereit, Karines Grab zu pflegen. Allerdings sind bei der Sommerhitze alle
Blumen vertrocknet, denn ich konnte nicht oft zum Grab. In der
brennenden Hitze setzte ich mit einer Frau das Granitfundament für
Karines Grabstein.

August
Karines Sohn Juri war in Oldenburg geblieben. Ich machte einige Tage
Urlaub mit ihm bei Karines Vater in Hamburg. Juri, der in Karines Agonie
unausstehlich geworden war, von einer fast dämonischen Boshaftigkeit,
war jetzt wieder lieb wie ein Engel und erinnerte mich an unsere frühere
innige David-und-Jonatan-Liebe. Ich dichtete Poeme von Puschkin nach
und in einem Poem war es, das die Muse mir einflüsterte, Layla, Layla
rufe mich, Layla sei eifersüchtig auf Julie und sagte zu Julie: Ich bin seine
große Liebe! Gib mir sein Herz zurück! Layla war natürlich Evi. Karines
Vater aber war ein entschiedener Antichrist und Gegner der Kirche. In
endlosen kommunistischen und buddhistischen Hasstiraden ergoss er sich
feindlich gegen meinen Gott und meinen Glauben. Ich suchte einen
anderen Beichtvater auf und erklärte ihm, dass ich die fromme katholische
Kirche in den katholischen Medien liebe, aber die Gemeinde vor Ort
erscheine mir lieblos, ungläubig, gottlos. Er riet mir, die Frage, ob ich vor
Ort in der Gemeinde kommuniziere oder rein geistig über die katholischen
Medien kommuniziere, ganz dem Heiligen Geist zu überlassen. Fortan
besuchte ich die völlig verweltlichte Gemeinde nicht mehr, nahm aber um
so lieber fast täglich an den schönsten Heiligen Messen in den Medien teil.
Ich beschrieb dem Beichtvater, wie Karine kurz vor ihrem Tod nach der
Kommunion verlangt habe, und fragte ihn, ob es, wie eine Begierdetaufe,
auch eine Begierdekommunion gäbe. Er sagte mir, dass der Wunsch nach
einer Kommunion als Kommunion gelte und wenn er dort gewesen wäre,
er hätte Karine den Leib Christi gespendet. Nun war mir Karine gerettet.

September
Ich las die Vita der heiligen Theresa. Besonders trösteten mich Theresas
viele Schwierigkeiten mit den Beichtvätern und Seelenführern, die sie
meistens verdächtigten, ihr mit Misstrauen begegneten und ihr alle
möglichen Hindernisse in den Weg legten. Auch ich hatte bei den
Ortspriestern immer nur Unverständnis gefunden und keine wirkliche
geistliche Führung, ich habe den Weg allein finden müssen, das heißt, eine
alte Karmel-Nonne versicherte mir: „Wenn Sie keiner versteht, dann wird
der Herr Sie selber führen.“ Ich versenkte mich weiter in die erotische
Poesie und eignete mir mehr und mehr einen vulgären, ja, obszönen Ton
an. Ich entdeckte französische erotische Poesie, französische erotische
Malerei, auch altindische Götterstatuen von kopulierenden Götterpaaren.
Es war die Zeit einer sexuellen Orgie in der Kunst. Langsam kehrte ich
aber aus der Versunkenheit in die Seele Karines im Jenseits und die
Wiederbelebung meiner Jugendwollust zurück und fand in der Gegenwart,
im Heute Gottes, wieder die ganze Schönheit Evis, ihre besondere
Mischung aus mystischer Weisheit und allerfeinster Erotik. Da übernahm
die eigentliche Herrin wieder ihr Zepter, sie war auch ganz und gar gnädig
und mir wohlgesonnen und freundlich zugetan und sagte: Ich und meine
Kinder und Tiere, wir haben dich doch alle lieb!

Oktober.
Ich vertiefte mich noch in die erotische Mystik oder mystische Erotik des
Hinduismus, auch des indischen Mohammedanismus und lernte die
erotische Bildersprache der indischen Poesie noch einmal besser kennen.
Auch begeisterte mich die französische Sprache. Karine war ja von einer
Französin in Paris geboren. Ich hörte den Radio-Sender Radio Notre Dame
und betete oft um Mitternacht den Rosenkranz auf französisch mit, das
klang viel zärtlicher als der lateinische Rosenkranz, den ich sonst um
Mitternacht mit dem Papst mitbetete. Auch las ich manchmal im
französischen Evangelium. In den dramatischen Versuchen ging ich über
von der Nachahmung der englischen Renaissance-Dramatik, vor allem
Ben Jonsons, zur Nachahmung französischer Klassiker. Vor allem wollte
ich den Hippolit von Euripides so nachahmen, das es gleichzeitig eine
Nachahmung der Euripides-Nachahmung von Racine sei, und so ist aus
meiner doppelten Nachahmung, gefüllt mit den eigensten
Liebesschmerzen, meine eigene Tragödie Phädra geworden. Auch studierte
ich die Stadt Paris anhand eines Reiseführers für Literaturfreunde, da ich
viele Dichter leben, leiden und lieben sah in dieser Stadt der Liebe. Ich
besuchte auch noch einmal mit Karines Sohn Juri seinen Großvater.
Während er aber in der Zeit der Krebskrankheit Karines mir gegenüber
immer mit großer Wertschätzung und wohltuendem Respekt aufgetreten
war, bemerkte ich nun immer mehr Worte der Geringschätzung und
Verachtung, der Missbilligung vor allem meines Lebens aus dem Glauben.
Seine endlosen Tiraden, denn er führte keine Dialoge, sondern nur
Monologe, waren alle gegen den Glauben, die absolute Wahrheit, die Bibel
und die Kirche gerichtet. Er sagte auch, mein Gedicht über die
Enthauptung des französischen Königs durch die Revolutionäre hätte ihn
fast dazu bewegt, mich aus dem Haus zu werfen. Ich konnte allerdings viel
von ihm lernen, denn durch seine endlosen Monologe lernte ich den
Prototyp eines Altachtundsechzigers kennen, der sein ganzes Leben für die
neomarxistische Kulturrevolution eingesetzt hatte und am Ende nun dem
Okkultismus der Traditionellen Chinesischen Medizin folgte. Diese
Meditationsübungen schienen mir gar nicht geeignet, einen Weg zum Geist
Gottes zu bilden, vielmehr schien hier eine wahrhaft antichristliche
Geisteshaltung vorzuherrschen. Karines Seele allerdings begleitete mich
und jeden Tag sprach ich mit ihr. Vor allem bat ich sie immer wieder,
meine von Liebesleidenschaft für Evi aufgewühlte Seele immer wieder zu
beruhigen und zu trösten. Ich sah Karine mich oft begleiten auf den
Straßen der Stadt und sah sie manchmal mir in der Tele-Vision erscheinen.
Auch schenkte sie mir ganz persönlich das Epos „Urania“ von Tiedge,
welches Goethe nicht schätze, ich erlaubte mir aber, dieses Epos dennoch
sehr zu schätzen.
November
Anfang November hatte Evi Geburtstag. Ich gratulierte allen zur heiligen
Weihnacht, denn heute ist uns der Christus geboren! Ich schrieb für Evis
Mutter ein Ave gratia plena. Ich sah Evi sich die Haare waschen und die
Haare mit Henna färben. Ich schüttete ihr den Fischfang meiner
Geschenke vor die Füße. Ich hatte ihr ein Buch aus dem Englischen frei
übersetzt, da ein Herr Evelin zur Neuen Eva wird und sich mit Layla
verlobt, welche sich später Lilith nennen. Alle meinten, dies Buch könne
nur von mir sein. Am Abend feierte ich mit ihr und ihren
Jugendfreundinnen beim Sekt. Sie öffnete die Sektflasche, indem sie den
Flaschenhals in die Hand nahm und kräftig schüttelte und der Pfropfen
herausschoß und der Venus Medici an die Stirn flog. Ich ging als letzter
von der Feier, der ich auch als Erster gekommen war. Fünf Tage später
hatte ich Geburtstag und der Papst feierte in der neuen Basilika der
Heiligen Familie in Barcelona eine Heilige Messe für mich. Er erinnerte an
den heiligen Josef und an die göttliche Intelligenz, die Inspiration für den
genialen Künstler, diese göttliche Intelligenz ist die wahre Architektin des
Kunstwerks zum Lob der göttlichen Schönheit, denn der geniale Künstler
war verliebt in die göttliche Schönheit. Da erschien mir in einer Wolke von
Weihrauch die Hagia Sophia und segnete mich zu meinem Geburtstag. Am
Nachmittag küsste mich Evi auf den Hals. Den Rest des Monats verbrachte
ich in Anbetung des kabbalistischen Gottesnamens Evi, das heißt, der
Gottheit des Ewigen Lebens.

Dezember
Evi erinnerte wieder an ihren Seelenschatten Lilith, nicht eine Dämonin sei
sie, sondern der unterdrückte Teil ihrer Seele, ihre wahre Kraft und
Freiheit, nicht eine Dämonin, denn in ihrem Innern vermählte sich der
Innere Christus mit der Inneren Lilith. Am Fest der Unbefleckten
Empfängnis Mariens sprach die Madonna zu mir: „I AM THE SECOND
EVE! MY YES FOR YOU – FOR EVER!“ Als ich um Mitternacht mit
meinem heiligen Vater Johannes Paulus Secundus den Rosenkranz
meditierte, zeigte mir die Zweite Eva ein Bild von Lilith, von der
Unbefleckten Lilith, wie sie Evi gesehen hatte in ihrer inneren Vision. Und
so wie ich mich als heiliger Josef vermählte mit der Zweiten Eva, so
vermählte sich der innere Christus mit der Unbefleckten Lilith in Evis
Brautgemach.
DIE GELIEBTE IM JAHRESKREIS – KALENDER DER LIEBE

Januar.
Die Jungfrau von Guadelupe. Motto: Am Himmel erschien das Große
Zeichen (Magnum Signum) der FRAU. In der Aureole der Sonne, der
mandelförmigen, Madonna mit langen schwarzen Haaren, weichem und
gütigem Antlitz, im grünen Mantel der Mutter Natur, voll mit kosmischen
Ordnungen, darunter ein rosiges Kleid, überdeckt mit einem
blütenbestickten transparenten Gazekleidchen. Vor dem Schoß die goldene
Blüte Gottes. Sie faltet die Hände. Ihre Füße stehen auf der jungen Luna,
von einem kindlichen Engel getragen. Ich sage: Ich bin dein Adler, deine
Feder, dein Schwanz! Sie sagt: Bin ich nicht der Brunnen deiner Freude?
Ruhst du nicht in meinen Armen?
Februar.
Jules Joseph Lefebvre, The Gates of Dawn. Motto: Ave, Pforte des
Himmels! Ave, Morgenstern! Eine hohe goldene Pforte, zwei Säulen
(Jachim und Boas der Potente), dazwischen auf dem Boden rote
Rosenblüten. Da steht die Frau, mit den ausgestreckten Armen öffnet sie
die Pforte. Sie ist schlank, jung, weiß und nackt der Oberkörper. Um die
Hüfte ein violetter Schleier gebunden. Über dem rechten Arm ein rosiger
Schleier. Die Brüste fest, wie Bälle, Rosinenspitzen rötlich. Das Haar
dunkelblond-brünett. Im Haar ein Kranz von roten Rosen. Im Hintergrund
Himmel, Sonnenaufgang, glühende Wolkengebirge.
März.
William-Adolphe Bouguereau, Abendstimmung. Motto: Siehe, du bist
schön, meine Freundin, zauberhaft schön! Strand mit einem Felsen am
Meer. Auf dem Sandstrand steht die Frau, nackt ihr weißer Leib. Hinter
ihrem Rücken weht die eine Wolke ein schwarzgrauer Schleier, der ihre
Beine auch verhüllt. Sie steht auf einem Bein, ja, auf den Zehenspitzen. Ihr
Schamdreieck ist nur halb verhüllt. Ihre weißen jungen festen Brüste frei.
Das Haupt neigt sie traumversunken auf die eine Hand an ihrer Schulter.
Braune Haare aufgebunden, zum Knoten gesteckt. Am Himmel
Ätherbewegung, blaugrau. Eine ganz schmale Mondsichel.
April.
William-Adolphe Bouguereau, Amor und Psyche. Motto: Ah, mein Eros
wurde gekreuzigt! Amor und Psyche in Umarmung, wie bei Amors
Himmelsfahrt. Amor ein nackter Jüngling, weiße Flügel aufgerichtet an
den Schultern, ein schwarzer Schleier über seinem Geschlecht, umarmt er
Psyche, ihr Unterleib verhüllt von hell-lilanem Rock, nur halb verhüllt der
mons veneris. Ihr Oberleib nackt, aber sie bedeckt mit den Händen die
Brüste. Sie schmiegt sich in Amors Arme und lehnt den Kopf an seine
Schulter, schaut lächelnd selig verzückt mit geschlossenen Augen nach
innen. Amors schwarzer Schleier umgibt ihren Leib wie eine Wolke, die
sie gen Himmel trägt.
Mai.
Botticelli, Primavera. Motto: Der Frühling ist der Glaube Gottes. Im
Gartenwald. Über allen fliegt der nackte kleine Amor mit Pfeil und Bogen.
Im Zentrum die florentinische Muse im langen weißen Kleid, hauchfein,
und roten Rock des Unterleibes. Neben ihr Flora im hauchfeinen weißen
Gazekleidchen, mit Frühlingsblumen bestickt. Neben ihr wird eine
Nymphe von Zephyr gehascht. Links von der florentinischen Muse die
drei Charitinnen in durchsichtigen Seidenkleidern. Neben den drei
reizenden Grazien ein antiker Jüngling, vielleicht Paris, das Schwert um
die Hüfte gegürtet. Bäume und Wiesen voller Blüten. Das ist der Frühling
des florentinischen Neoplatonismus, die Renaissance der Humanität.
Juni.
William-Adolphe Bouguereau, die Geburt der Venus. Du bist Aphrodite,
und ich bin das Meer, das dich trägt. Eine Verschmelzung von Botticellis
Venus und Raffaels Galathea. Hier verschleiert die Venus nicht mit ihren
langen roten Locken die Brüste und die Scham. Der weiße perfekte Leib
der Göttin ganz nackt, völlig unverhüllt. Das Schamdreieck ist das
Zentrum des Bildes, die weißen Brüste sind klein, fest, wohlgeformt. Der
Leib wohlgerundet, wohlgeformt. Das Antlitz friedlich, in sich gekehrt.
Lange rotblonde Lockenflut den Rücken hinab, die Arme erhoben zu den
Haaren. Mons veneris und Achseln unbehaart. Ihr Thron die schneeweiße
Muschel.
Juli.
Herbert James, Magdalena in the cave. Motto: Der Erlöser liebte Maria
Magdalena mehr als die andern Jünger und küsste sie oft auf den Mund. In
einer südfranzösischen Grotte, zwischen provencalischen Felsenklippen
liegt die heilige Maria Magdalena, Christi Hetäre, nackt ausgebreitet im
rötlichen Licht. Ihr weißer Leib ist perfekt gebaut vom Schöpfer. Die lange
hennarote Mähne flutet über die Felsenklippen. Die Arme hat sie über ihr
Gesicht erhoben. Sie ist in hochzeitlicher Stimmung. Sie ist ganz Hingabe.
Alles an ihr erwartet das Glück und die Lust der göttlichen Liebe. Ihre
ganze Gestalt ist der unaussprechliche Seufzer: Komm schnell, Herr Jesus,
komm jetzt!
August.
William-Adoplphe Bouguereau, das Meer. Motto: Die Ewigkeit ist ein
Ozean der Liebe. Ein lichtes, blaugrünes Meer, hohe Wellen mit
spritzender Gischt, vom Wind aufgewühlt. Am Strand sitzt eine nackte
Frau, halb sitzend, halb liegend. Ihr weißer Leib ist perfekt gebaut. Sie
winkelt die Beine an und stützt sich mit den Armen auf dem Strand ab. Ihr
Hintern ist breit. Ihre Brüste fest, wohlgeformt. Ihre brünett-hennaroten
Haare in wilden Locken. Ihr Mund scharlachrot geschminkt. Weiße Zähne.
Der lichte Ozean der glückseligen Lust in Ewigkeit der verschmelzenden
Liebe – in Person der perfekten Geliebten! Wahrlich einladende Ewigkeit!
Die Geliebte ist Frau Liebe, willig zur ewigen Vereinigung!
September.
Lilith. Motto: Wilder, Eva, bekenne schweifender, deine Sehnsucht war die
Schlange! Lilith steht in einem dunklen grünen Wald, vielleicht dem
Urwald-Dschungel des Paradieses. Ihr nackter weißer Körper ist
wohlgerundet, wohlgeformt. Ihre Brüste sind wundervoll. Sie neigt ihr
Haupt, ihre lange rotblonde Lockenmähne fällt herab wie ein Wasserfall
aus Feuer. Um ihr rechtes Bein, ihr Becken windet sich eine große dicke
Schlange, die ihr Haupt auf Liliths rechte Schulter legt. Lilith hat die
Augen geschlossen, ihr Mund lächelt selig. Ihr Antlitz ist voller Frieden
und Freundlichkeit.
Oktober.
Edward Munch, Madonna. Motto: In deinem Haar liegt ein König
gefangen. Der Oberkörper der Madonna ist nackt. Ihre Brüste sind schön.
Den rechten Arm hebt Madonna über ihr Haupt. Ihr Kopf ist
zurückgelehnt, die Augen geschlossen, ihr Antlitz ernst. Die Lippen fast
streng. Die Augenhöhlen der Augen liegen in dunklen Schatten. Ihre
langen schwarzen Haare fallen auf ihre Schultern, auf ihre Brust. Auf dem
Haupt trägt sie entweder eine rote Kappe oder einen rosenroten
Heiligenschein.
November.
Die Jungfrau von Guadelupe. Motto: Unser Herr ist Gott und Unsere Frau
ist Göttin, Mechthild von Magdeburg. Am Allerseelentag im Mond
November ist meine Muse geboren. Sie meint, die Große Frau der
Apokalypse sei die Inkarnation der Göttin Sophia.
Dezember.
William-Adolphe Bougereau, die Jungfrau mit Engeln. In einem
dunkelgrünen Wald sitzt die Madonna auf einer Bank. Ihr langes blaues
Kleid fließend, nur der eine nackte Fuß zu sehen. Über dem Haupt ein
weißer fließender Schleier. Das Antlitz Anmut, femininer Liebreiz. Sie
träumt. Auf ihrem Schoß das nackte göttliche Kind schläft im Arm der
Madonna. Drei weibliche Engel in langen weißen Kleidern und mit großen
weißen Schwanenflügeln musizieren für Madonna und ihr Baby mit
Violinen und Mandolinen. Motto: Meister Eckard: Gott will in dir geboren
werden!

ILLY

Angebetete!
In meinen nächtlichen Studien stieß ich auf den Gottesnamen El, den die
Israeliten von den Kanaanäern übernommen haben. El bedeutet
vermutlich, der Starke, der Mächtige, und bezeichnet den väterlichen
Schöpfergott. Nun behauptete ein Autor, der andere Gottesname Eloah
müsste eigentlich mit Göttin übersetzt werden, denn wie El mit „God“
übersetzt wird, bedeute die Endung von Eloah eben „god-dess“. Allgemein
wird gesagt, Eloah sei die Einzahl, Elohim aber der Plural. Elohim ist das
Wort im Alten Testament, das allgemein mit Gott übersetzt wird. Elohim
ist aber Plural und bedeutet: Gottheiten. Wenn allerdings in der Bibel
Jahwe gemeint ist, spricht die Bibel: Elohim, Gottheiten, Du bist! Wenn
allerdings Götter und Göttinnen der Heiden gemeint sind, spricht die
Bibel: Elohim, ihr Götter und Göttinnen, ihr seid nichts! Die Kirchenväter
sagten, der Plural des Gottesnamens Elohim bezeichne den Plural der drei
göttlichen Personen in der Einen Gottheit. Moderne Theologen meinen
eher, dass die Pluralform ein Plural Majestatis sei, in der Form, wie früher
der Papst sprach: Wir definieren kraft Unserer apostolischen Vollmacht...
Nun haben wir also: El, den Vater, den Schöpfer der Welt, und Eloah, die
mütterliche Gottheit, und Elohim, Jahwe, Unsere Lieben Gottheiten! Jesus
allerdings rief am Kreuz: Eli, Eli, lama asabthani! Das heißt: Mein Gott,
mein Gott, warum hast du mich verlassen? Der Name Eli bezeichnet auch
einen Priester der Israeliten, der Name Eli bedeutet der Heraufsteigende
oder der Erhabene. Genauer gesprochen aber, rief Jesus nicht: Eli, Eli!
Jesus rief: Eloi, Eloi, lema sabachthani? Eloi heißt: Mein Gott! Nun wird
aber von dem Namen El-Eloah-Elohim auch der arabische Gottesname
Allah abgeleitet, was in der arabischen Sprache einfach „Gott“ heißt.
Bevor die Araber den Glauben Mohammeds an den einen einzigen Gott
Allah angenommen haben, haben sie auch eine Göttin namens Allath
verehrt. Allath heißt „die Göttin“, wie Allah „der Gott“ heißt. Einige
vergleichen Allath mit der Göttin Athene, die sowohl als Göttin des
Krieges, als auch als Göttin der Weisheit gilt, und sagen, die Göttin Allath
habe einen göttlichen Partner gehabt, der dem Gott Dionysos gleiche, dem
Gott des Weines und des Wahnsinns. Das ist zwar eine etwas merkwürdige
Paarung, denn kein Grieche könnte sich ein Götterpaar vorstellen, das aus
Athene und Dionysos besteht. Aber der griechische Historiker Herodot
nennt Allath auch Alilath. Alilath vergleicht er mit Urania. Urania ist die
himmlische Aphrodite, die Göttin der puren, spirituellen Liebe und die
Idee der Schönheit als das Höchste Gut des Platon. Nun sind wir also von
El, von Gott dem Herrn, zu Alilath gekommen. A-lil-ath. Da ich in dem
göttlichen Namen Alilath nun die Silbe “lil” finde, komme ich auf die drei
Namen deiner Seele, meine Allergeliebteste! Nämlich Illy, Lilith und Lili
erscheinen mir als drei Variationen der Silbe „lil“ oder „il“. In der
französischen Sprache bezeichnet „il“ einfach das Er, während „elle“ das
Sie bezeichnet. Der Mann also heißt Il, die Frau heißt Elle. Der Name
Lilith wird nun von den Rabbinen übersetzt mit dem hebräischen Wort
Laila, das heißt: Die Nacht. Das Wort Layla oder der Name Lili erinnern
mich an das Sanskrit-Wort Lila. Was heißt Lila? Lila bezeichnet die
Liebesvereinigung von Gott und Göttin, das heißt von Deva und Devi, die
durch ihre erotische Liebesvereinigung die Welt erschaffen. Lila bedeutet:
Das göttliche Liebesspiel, der göttliche schöpferische Liebesakt, die
Vereinigung in der Gottheit. Der Gott und die Göttin heißen in Sanskrit:
Deva und Devi. Der Mann und die Frau, also Adam und Eva, heißen in der
hebräischen Sprache Isch (der Mann) und Ischah (die Frau). In der
französischen Sprache heißen Mann und Frau: Il und Elle. Spielerisch
komme ich zu dem Götterpaar El und Elle oder auch Il und Illi. Der
sumerische Ursprung des Wortes Lilith besteht in dem Namen Lili, wobei
die Göttin Lili eine Mutter- und Liebesgöttin ist, deren männlicher Partner
Lil heißt. Das sumerische Götterpaar also heißt Lil und Lili, aus Lili wurde
dann Lilith. So sehen wir die Eine Einzige Lebendige und Ewige Gottheit
in ihren väterlichen Aspekten ausgedrückt als Deva, Allah, Lil, Il und
letztlich El, dem Herrn. Die Eine Ewige und Lebendige Gottheit in ihrem
mütterlichen Liebeswesen finden wir bezeichnet als Devi, Alilath, Lili,
Elle und letztlich Eloah. Somit scheinen mir die drei Namen deiner Seele –
Illy, Lili und Lilith – auf den hebräischen Gottesnamen ELOAH
hinzuweisen. Von Eloah aber sage ich mit der Kleinen Heiligen von
Lisieux: „Die Liebe Gottes ist zärtlicher als eine Mutter.“ Mit diesen
Gedanken schlafe ich ein und bete Eloah an und lege mein Leben in die
Hand Eloahs. Allergeliebteste Angebetete, verzeihe mir meinen Wahnsinn!
Ich bin schlichtweg wahnsinnig geworden aus Liebe zu Dir!

EVI DANKT GOTT FÜR IHRE GABEN

Danke, Gott, dass ich als Mitschöpferin mit dem Schöpfer zwei Kindern
das Leben schenken konnte

Danke, Gott, dass ich einem Sohn eine überdurchschnittliche geistige


Intelligenz vermitteln konnte

Danke, Gott, dass ich einem Sohn das liebenswürdigste Sozialverhalten


vermitteln konnte

Danke, Gott, für meine Innerlichkeit

Danke, Gott, dass ich nicht oberflächlich, sondern tiefsinnig bin

Danke, Gott, dass ich mystisch begnadet bin und den Bräutigam Christus
im Innern meiner Seele in erotisch-mystischer Vereinigung mit meinem
Seelen-Schatten schauen konnte

Danke, Gott, dass ich gut zuhören kann

Danke, Gott, dass ich geduldig bin

Danke, Gott, dass ich Mitgefühl mit leidenden Geschöpfen empfinden


kann

Danke, Gott, dass ich sanftmütig und friedlich bin

Danke, Gott, dass ich seelisch und körperlich Zärtlichkeit schenken kann

Danke, Gott, dass ich erkennen kann, dass zwischen Platon und Fichte ein
Unterschied ist

Danke, Gott, dass ich ein sensibles Gespür für meinen heiligen Engel habe
Danke, Gott, dass ich mich beschäftigen kann mit der spirituellen
Dimension der Architektur

Danke, Gott, dass ich handwerklich geschickt bin

Danke, Gott, dass ich ein feines Gespür habe für die Seelen der Blumen,
die Seelen der Tiere und überhaupt für die Seele der Natur

Danke, Gott, dass ich als eine Meisterin in der Kunst des Küssens
unaussprechlich süße Geburtstagsküsschen geben kann...

Danke, Gott, dass ich ein Empfinden für die Schönheit der Natur habe

Danke, Gott, dass ich ein Empfinden für die Schönheit der Kunst habe, in
der Malerei, in der Architektur, in der Musik, im Tanz und in der Poesie

Danke, Gott, dass ich schöne lebendige Frauen und Blumen mit Seele
malen kann

Danke, Gott, dass ich den hohen geistigen Wert von Religion, Philosophie,
Theosophie und Mystik schätzen kann

Danke, Gott, dass ich nicht stolz bin und dass ich meine eigenen
Schwächen und Fehler kenne

Danke, Gott, dass ich ein feinfühliges Gewissen habe

Danke, Gott, dass ich ein Dichtergenie geistig befruchten kann in solch
genialer Weise als inspirierende Muse, dass mein Nachruhm gesichert ist,
zwar nicht in der breiten Masse des Volkes, aber gewiss im engeren Kreis
der Gebildeten

Danke, Gott, dass ich ausgesprochen ansprechend Bauchtanz tanzen kann

Danke, Gott, dass ich mich schön zu kleiden weiß, besonders auch in
Übereinstimmung mit den Stimmungen der Natur
Danke, Gott, dass ich mich wie ein Kunstwerk zu schmücken und zu
schminken weiß

Danke, Gott, dass ich mit meinem gütigen und lieblichen Lächeln
tiefbetrübte Seelen trösten kann

Danke, Gott, dass ich durch meine bloße Gegenwart einem gekreuzigten
Herzen die Schmerzen lindern kann

Danke, Gott, dass ich liebevolle und heitere Tischgemeinschaft begründen


kann

Danke, Gott, dass ich erfrischende und köstliche Salate machen kann

Danke, Gott, dass ich die Schokolade zu genießen weiß

Danke, Gott, dass ich den Tee mehr schätze als den Alkohol

Danke, Gott, dass ich glauben kann, dass Gott wahrhaftig existiert

Danke, Gott, dass ich mich freuen kann, dass es die Schöpfung gibt

Danke, Gott, dass du mich so wunderbar gemacht hast, so dass ich für
einen mystisch begnadeten Menschen zum Spiegel der Göttlichen
Schönheit geworden bin

Danke, Gott, für meinen wunderschönen Körper!

Danke, Gott, für meine gütige Seele!

Danke, Gott, für meinen wahrheitsliebenden Geist!

Jesus! Amen.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
LOURDES-ERZÄHLUNGEN

Von Josef Maria Mayer

Es war im Jubiläumsjahr 2000, als eine Gruppe von Pilgern aus allen
Teilen der Welt sich aufmachten, nach Lourdes zu pilgern, um die
Unbefleckte Empfängnis zu bitten um das Seelenheil der Großen Kaiserin
Corinna vom Tiber, die gestorben war. Es trafen sich in Lourdes Sankt
Susanna von Rom, die Nichte des Papstes, Hassan der Zweite, der König
von Marokko, Sankt Markus, der Bischof von Alexandrien, Mara von
Moab, die Mutter des Machlon, Josef Maria Mayer, der deutsche Dichter
und Denker, und Kaiser Konrad, der Kaiser des heiligen römischen
Reiches deutscher Nation.
Sankt Susanna von Rom, des Papstes Nichte, war eine heilige Jungfrau,
die Jesus zu ihrem Bräutigam erwählt hatte. Sie war aber trotz ihrer
Jungfräulichkeit von einer zärtlichen geistigen Mutterschaft. Ihr Haar war
kastanienbraun, von Henna rot gefärbt, ihre Augen waren warm und braun,
von schimmernder Freundlichkeit. Ihr Hals war ein weißer Elfenbeinturm
Davids. Wenn sie baden ging, so ließen ihre beiden Mägde Dina und Lea
das Wasser ein und sie badete in den Vatikanischen Gärten, nur von
Kardinälen heimlich beobachtet.
Hassan der Zweite von Marokko war ein Moslem, der alle Christen gerne
an seinen Abendmahlstisch einlud. Dort gab es für die Christen sogar Wein
aus Shiraz. Er selber bereitete das Lamm zur Speise, buk das Fladenbrot
und machte Knoblauchquark und reichte Salat dazu. Er begrüßte jeden, sei
es ein Moslem oder ein Christ, mit den Worten: Komm an meinen
Abendmahlstisch, mein lieber Freund, ich bereite dir sehr gerne, sehr
gerne das kostbare Lamm! In allen Straßen von Agadir hing das Bild von
Hassan dem Zweiten, der ein milder König war.
Sankt Markus, der Bischof von Alexandrien, war ein rechter Pope, das
heißt, er sah aus wie ein Weinfaß. Denn das leckere Essen ist die Erotik
des katholischen Klerus. Er war ein Evangelist und lernte immer wieder
von der Weisheit des heiligen Petrus. Immer, wenn Petrus bei Sankt
Markus zu Besuch war, sagte Sankt Markus zu Petrus: Du bist mein bester
Freund! Ich schätze die Gespräche mit dir! Mit keinem andern Apostel
kann ich so tiefe Gespräche führen wie mit dir, mein Papst!
Mara von Moab, die Mutter des Machlon, war eine schlanke Frau, die trotz
ihrer Mutterschaft immer noch aussah wie eine pythagoräische
Bohnenstange. Sie hatte tiefe dunkle Augen, von nächtlichen Schatten
umkränzt, denn sie trauerte sehr, dass Gott ihr zu ihrem lieben Machlon
nicht noch ein zweites Kind schenkte. Darum litt sie sehr und fand allein in
den Psalmen Davids und in den Klagen Hiobs einen Trost.
Josef Maria Mayer war ein deutscher Dichter und Denker, und seine
Freunde setzten ihn schon in einen Thron neben dem Thron Goethes und
neben dem Thron Dantes. Er aber sagte sich oft: Vanitas Vanitatem! Vanity,
vanity, all that she has, is a vanity-bag! Seine Freunde sprachen: Mein
lieber Freund, das ist vielleicht die Bruderschaft von Genie und Wahnsinn,
aber was du da von dir gibst, ist purer Wahnsinn! Und bist du denn
überhaupt irgendwann einmal nüchtern?
Kaiser Konrad, der Kaiser von Gottes Gnaden, Kaiser des heiligen
römischen Reiches deutscher Nation, war ein Greis, der die ganze Welt
gesehen hatte, denn sein Reich reichte von den Philippinen bis nach Peru.
Er war dem Tode nah und sein letzter Glaubensakt vor seinem Tode war
es, mit den andern Pilgern allen, in Lourdes zu beten zur Unbefleckten
Empfängnis, dass die Augusta Corinna vom Tiber ihren Thron im dritten
Himmel, der Sphäre der Venus, besteigen möge durch die Universale
Barmherzigkeit Gottes.
Um sich die Geselligkeit schöner zu gestalten, beschlossen die Pilger, sich
an den Abenden ihrer Pilgerschaft Geschichten zu erzählen. Sankt Susanna
von Rom, die Nichte des Papstes, sollte den Anfang machen. Sankt
Susanna war sonst sehr schweigsam, aber wenn die Rede auf historische
Kriminalromane kam, dann sprach sie begeistert. So erzählte Sankt
Susanna den historischen Kriminalroman mit dem Titel: Die goldene
Sandale der Himmelskönigin.
DIE GOLDENE SANDALE DER HIMMELSKÖNIGIN

ERSTES KAPITEL

Liebe Leserin, ich bin ein Professor der Philosophie und Theologie an der
dogmatischen Hochschule Benedikt XVI. am Zisterzienserstift Heiligen
Kreuz. Ich habe von meinem Abt Maximilian den Auftrag bekommen, die
religiösen Kriminalromane unserer Zeit zu analysieren. Hier findet man an
jedem Bahnhofkiosk zwischen den schmutzigen Tageszeitungen dicke
Romane, Bestseller, weil sie sich so gut verkaufen, denn das deutsche Volk
lässt sich gern einen Apfel für ein Ei vormachen und ein X für ein U. Da
finden wir die Kriminalromane von Schmierjournalisten geschrieben über
das Leben Jesu, der mit Maria Magdalena verheiratet war, der nicht
wirklich am Kreuz gestorben ist, sondern geflohen ist. Nun teilen sich die
Auffassungen, ob Jesus allein nach Indien gepilgert ist, um ein Yoga-
Meister zu werden, oder ob er mit Maria Magdalena in Frankreich Liebe
gemacht hat und ein Kind gezeugt, welches Stammvater der Merowinger-
Dynastie geworden ist. Diese Dynastie von König Jesus und Königin
Maria Magdalena begründet, wurde in Europa lange unterdrückt,
vermutlich von der Inquisition oder auch von den Freimaurern, aber am
Ende der Zeiten wird die Merowingerdynastie ein Königreich des
Vereinigten Europa errichten. Die Geschichte des Christentums ist eine
Kriminalgeschichte. Schon auf dem Konzil von Nizäa hat sich die
katholische Kirche durch Intrigen gegen die andern christlichen Lehren
durchgesetzt und Christus nachträglich zu einem Gott erklärt, obwohl
Jesus doch nur einfach einer der besten Menschen war, vielleicht ein
Weisheitslehrer, ein Rabbi, ein Prophet oder ein Sozialrevolutionär, aber
wahrlich kein Gott. Dann entstanden die Geheimorden der Templer und er
Prières de Sion, die geheimnisvolle Schätze hatten. Der Papst aber und der
Vatikan und die Inquisition haben den Templerorden unterdrückt,
aufgelöst, und alle Tempelritter gefoltert und hingerichtet, denn der Papst
wollte den geheimen Schatz der Templer haben. Diese Templer hatten
einen geheimen goldenen Kelch, den sie anbeteten, das war der Gral. Der
Gral wurde das ganze Mittelalter gesucht, und es ist sicher dummes Zeug,
dass der Kelch, der das Blut Christi aufgefangen hat, in jeder Heiligen
Messe der katholischen Kirche auf dem Altar steht, nein, sondern der Gral
geht zurück auf das Soma-Opfer der Inder. In den verborgenen Jahren Jesu
war er ja bekanntlich nach Indien gepilgert und hatte die Lehren Buddhas
und der Brahmanen aufgesogen. Die Templer leben aber im Geheimen
fort, und so war Leonardo da Vinci ein geheimer Templer. Auf seinem
Letzten Abendmahl ist darum an der Seite Jesu zu sehen nicht Johannes,
sondern Magdalena, die schöne Sünderin, die Geliebte Jesu, die er, wie die
von der Kirche unterdrückten Evangelien sagen, auf den Mund geküsst
hat. So hat die Kirche viele Evangelien unterdrückt, in denen die
Petruskirche kritisch gesehen wird und eine gnostische Magdalenenkirche
als die bevorzugte Freundin Jesu erscheint. Auch die Rollen von Qumran
sind vom Vatikan natürlich unterdrückt worden, hier sehen wir nämlich
einen ganz anderen Jesus, als ihn der Papst verkündet, welcher ja
bekanntlich, nach einem Wort des großen Reformators Martin Luther, der
Rattenschwanz des Antichristen ist. Bis in moderne Zeiten reicht die
Kriminalgeschichte des Christentums, da der Papst und sein Vatikan mit
dem berühmten Vatikanischen Geheimarchiv den fortschrittlich-liberalen
Johannes Paul den Ersten umgebracht hat und anschließend einen Bund
mit dem CIA geschlossen hat, welcher von der Freimaurerloge geführt
wird, um den Kommunismus zu besiegen. Das ist also die Lehre der
religiösen Kriminalromane, und da das dumme katholische Volk solche
Romane in Massen verschlingt, darum hat mich mein Abt Maximilian
aufgefordert, auch einen religiösen Kriminalroman zu schreiben. Ich
widme ihn meiner evangelischen Schwester Schoschanna, er behandelt im
Stile eines historischen Romans den Diebstahl der goldenen Sandale der
Himmelskönigin.

Schwester, ich gebe dir einen sachlichen Bericht über Ophoven. Im Jahre
1191 nach der Geburt unsres armen Herrn Jesus Christus beliebte es Otto
von Born, der vermählt war mit seiner Frau Petronella, den
Zisterzienserinnen von Heckenrode einen an dem schönen blauen Flusse
Rur gelegenen Schaphauser Hof zu vermachen. Er bat sie, für sein
Seelenheil zu beten. Dem Kloster der Zisterzienserinnen stand der Zehnte
zu, wie man im Buch Maleachi lesen kann. Aber vergeblich wurde immer
wieder gepredigt, das christliche Volk solle den Zehnten zahlen, es ward
doch immer dagegen gestritten. Geldgier ist die Wurzel allen Übels, wie
Jesus Sirach in der Bibel sagt. Auch nach dem Tode des Otto von Born –
ob er im Himmel ist oder im Fegefeuer oder gar in der Hölle, das weiß
Gott allein – nach seinem Tode bestätigten seine Witwe Petronella und ihr
Sohn die Pflicht des Volkes, den Zehnten zu zahlen. Die Äbtissin von
Heckerode war Jutta von Wasserberg, eine Herzogin von Limburg, die im
Jahr 1197 das Tochterkloster des großen weltberühmten Klosters Citeaux
leitete. Zu dem Kloster gehörte eine Klosterkirche. Dort wurde besonders
die Mutter Gottes verehrt als das Vorbild aller christlichen Frauen.
Ursprünglich lebten mit den Nonnen aber auch Mönche in Ophoven, die
hatten nämlich die schwere Waldarbeit und Feldarbeit und Bauarbeiten an
der Klosterkirche zu tun. Ab 1232 hört man aber von keinen Mönchen
mehr, es blieben die Frauen Christi zur Pflege des Seelenheils allein
zurück. Die Wallfahrtskirche von Ophoven ist der Überrest des Konvents.
Ursprünglich war sie eben die Klosterkirche der Zisterzienserinnen, sie
stammt aus der Zeit um 1200, der Blütezeit der deutschen Frauenmystik
(Hildegard von Bingen, Gertrud die Große, Mechthild von Magdeburg und
andere). Um 1500 wird die ehemalige Klosterkirche Pfarrkirche des
Pfarrbezirks. Um 1700 wird die Kirche von Pfarrer Abraham renoviert, er
liegt auch in der Kirche begraben. In der Kirche befindet sich das
Gnadenbild der Jungfrau Maria als Mater amabilis, das heißt: Die liebliche
Mutter! Die liebenswürdige Mutter! Das Gnadenbild der Lieblichen
Mutter stammt aus dem Jahr 1350. Patroninnen der Kirche sind neben der
Gottesmutter auch noch die heilige Agatha, eine frühchristliche
Märtyrerin, die ein sehr schönes Mädchen war, jungfräulich leben wollte
um des Himmelsreichs willen, ihr wurden im Martyrium die Brüste
abgeschnitten – darum ist sie auch Schutzpatronin aller Glockengießer.
Der Altar der Kirche ist der Jungfrau Maria als Gottesgebärerin gewidmet
und zeigt auf der Altarwand das Leben der Jungfrau Maria. Erst wird
gezeigt, wie Adam und Eva für eine Feige das Paradies verscherzt haben,
wie Abraham dann seinen Sohn dem Herrn aufopfern musste, und wie
schließlich Christus seine Gnade seinen Christen durch die sieben
Sakramente eingießt. Das Leben der Jungfrau Maria zeigt die Szene, da
der Engel Gabriel sagt: Freue dich, du Gnadenvolle, der Herr ist mit dir!
Und gebenedeit bist du unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht
deines Leibes, Jesus, sagte die Cousine Elisabeth. Das meditieren wir im
Rosenkranz. Dann muß die heilige Jungfrau mit dem göttlichen Kind nach
Ägypten fliehen, während Herodes den Holocaust an den kleinen Kindlein
vollstreckt. Am Ende entschläft die Jungfrau im Kreis der zwölf Apostel,
Johannes an ihrem Haupt, Petrus an ihren Füßen, dann kommt Christus
und nimmt die Psyche der Jungfrau als ein junges Mädchen in den Himmel
auf: Veni sponsa mea, komm, meine Braut, komm mit mir, herab von den
Bergen des Libanon, von den Wohnungen den Panther und Leoparden! So
wird Maria von Jesus mit verklärtem Leib und Seele in den Himmel
aufgenommen. Der Zweifler Thomas zweifelte an der leiblichen Aufnahme
Mariens in den Himmel, da fand er ihren Gürtel im Grabe liegen, nur ihren
Gürtel, den trug er auf den Gipfel des Olymp, wo er im Kreuzkloster als
Reliquie verehrt wird, der Liebreizgürtel der Mutter der Schönen Liebe
oder, wie die orthodoxen Griechen sagen, der Panhagia Aphroditissa. Das
Gnadenbild der Mutter Maria, der lieblichen und liebenswürdigen Mutter
stammt aus dem Jahr 1350, es zeigt die junge schöne Mutter mit dem
göttlichen Kind. Maria hat ja Jesus mit vierzehn Jahren empfangen, das
Kind in den Armen der Mutter ist etwa zwei Jahre alt, die Madonna ist also
eine sechzehnjährige Schönheit! Man hat die Madonna bekleidet mit edlen
und kostbaren Gewändern und auch dem Kinde kostbaren Kleidung
geschenkt. Die Wunder der lieblichen Mutter von Ophoven waren weit
berühmt, viele Heilungen und andre Gebetserhörungen sind bezeugt.
Mächtige Fürsten und Herrscher zogen mit Tross und Mannen an die Rur
zur lieblichen Mutter, um ihr Seelenheil zu bitten. Heute noch finden
Wallfahrten statt zur lieblichen Mutter, dabei werden über die holländische
Grenze Süßigkeiten geschmuggelt und die Knaben klauen unter dem
Lächeln der Madonna leckere Äpfel aus Nachbars Garten. Bis 1826 besaß
die Kirche von Ophoven den Reliquienschatz eines Schuhs Mariens, der
aber in der Nacht zum achten Dezember, dem Festtag der unbefleckten
Empfängnis Mariens, frei von allem Makel der Erbsünde, gestohlen wurde
und bis heute nicht wieder aufgetaucht ist. Darauf erbat sich die Kirche
von Ophoven aus Rom eine neue Reliquie und bekam ein Stück vom Rock
Mariens, der in einer Monstranz aufbewahrt wird.

ZWEITES KAPITEL

Liebe Leserin, die Geschichte erfordert es, dass ich die Historie berichte
vom deutschen König Konrad III. Er ward geboren im Jahr 1093 und ist
gestorben am 15. Februar des Jahres 1152 in Bamberg und sein Leib liegt
begraben im Bamberger Dom. Er gehörte zu dem Geschlecht der Staufer.
Von 1127 bis 1135 war er selbsternannter Gegenkönig, der sich aber doch
dem König Lothar III. unterwerfen musste. Im Jahr 1138 ist er dann
rechtmäßig zum König gewählt worden und wurde so der Nachfolger
Lothars III. Da der Welfe Heinrich der Stolze sich weigerte, König Konrad
III. anzuerkennen und ihm zu huldigen, nahm Konrad dem Welfen das
Herzogtum Sachsen und das Herzogtum Bayern ab. Im Jahre 1142
erkannte Konrad aber Heinrichs des Stolzen Sohn, Heinrich den Löwen,
als Herzog von Sachsen an. Im Jahre 1146 ließ sich Konrad vom heiligen
Bernhard von Clairveaux, dem Troubadour Unserer Lieben Frau und
Minnesänger des süßen Namens Jesu, zum Kreuzzug gegen die Muslime
im Heiligen Land begeistern. Nach Deutschland zurückgekehrt, starb
Konrad während der Vorbereitungen einer Reise nach Rom und im Kampf
gegen aufständische Welfen. Als seinen Nachfolger designierte er nicht
seinen Sohn, sondern seinen Neffen, den späteren Kaiser Barbarossa. Nun,
meine Leserin, diese knappen Notizen werden dir in deiner Wissbegierde
nicht genügen, darum füge ich folgendes hinzu: Konrad war deutscher
König von 1127, genauer gesagt von 1138 bis zum Jahr 1152, er war
Herzog von Ostfranken seit 1116 und auch König von Italien. Er war der
zweite Sohn des Herzogs Friedrich I. von Schwaben aus dem Hause der
Staufer und der Agnes von Waiblingen, einer Tochter von Kaiser Heinrich
IV. Konrad wurde im Jahre 1116, als sein älterer Bruder Friedrich II. von
Schwaben zum Reichsverweser für Kaiser Heinrich V. aufstieg, zum
Herzog im östlichen Franken ernannt. Nach einer Pilgerfahrt ins Heilige
Land ließ er sich am 18. Dezember 1127 zum deutschen Gegenkönig
ausrufen. Gegen Lothar von Süpplingenberg aber konnte Konrad sich nicht
durchsetzen und musste sich dem deutschen König Lothar III. im Jahre
1135 unterwerfen. Zu dieser Zeit heiratete er Gertrud von Sulzbach.
Erzbischof Albero von Trier förderte am 7. März 1138 in Koblenz die
Wahl Konrads zum römischen König deutscher Nation, am Pfingstfest
desselben Jahres wurde das Königtum Konrads vom deutschen Adel
angenommen, mit Ausnahme der Welfen, weshalb der Welfe Heinrich der
Stolze die Herzogtümer Sachsen und Bayern verlor. Der staufisch-
welfische Gegensatz, den Konrad nicht aufheben konnte, behinderte die
deutsche Außenpolitik. Das Ziel Konrads, die Eroberung des
süditalienischen Normannenstaates, konnte nicht erreicht werden, denn
Süditalien war schon Manuel I. von Byzanz versprochen als Mitgift seiner
Braut Bertha, welche später den Namen Irene annahm. Konrad führte als
Zeichen seiner königlichen Autorität die gehobene Urkundensprache ein
und war ein Wegbereiter des späteren Kaisers Barbarossa. Liebe Leserin,
mit weiblicher Neugier erkundigst du dich nach der deutschen Königin
Gertrud. Was wissen wir von der Frau im Leben Konrads? Nun, er war
zweimal verheiratet. Im Jahre 1115 heiratete er Gertrud von Comberg, die
im Jahre 1130 starb. Nach dem Tod seine ersten Frau heiratete Konrad im
Jahre 1131 Gertrud von Sulzbach. Allerdings liegt der Flecken auf
Konrads Biographie, dass er vor seiner ersten Ehe im Konkubinat mit der
Frau Gerberger zusammenlebte und mit ihr uneheliche Töchter und Söhne
zeugte. Konrad wurde im Jahre 1128 in Monza zum König des
Königreichs Italien gekrönt. Am 7. März 1138 wurde er in Koblenz zum
römischen König deutscher Nation gewählt und als solcher am 13. März
1138 gekrönt. Konrad war eine ritterliche Erscheinung von edler Gestalt,
ein tüchtiger Ritter und Krieger, lebendig und gesellig, fröhlich und fromm
und bei Verfehlungen der Reue fähig. Von 1147 bis 1149 nahm Konrad auf
Anregung des heiligen Bernhard am zweiten, leider missglückten
Kreuzzug gegen die Seldschuken teil. Bernhard hatte im Dom von Speyer
eine feurige Rede gehalten zur Befreiung des Heiligen Landes von den
Muslimen, die Jerusalem erobert hatten, denn seit Mohammed versuchte
der Islam die Welt mit dem Schwert zu missionieren. Die deutschen
Kreuzritter wurden am 25. Oktober 1147 bei Doryläum von den
Seldschuken geschlagen und fast vollständig aufgerieben. Konrad und
König Ludwig VII. von Frankreich erreichten zu Schiff Jerusalem, kehrten
aber ohne Erfolg zurück. Unter Konrads Regierung und zu Zeiten des
Petrus-Amtes von Papst Eugen III. hatte der politische Einfluß der heiligen
römisch-katholischen Kirche auf die Reichsgeschäfte des römischen
Reiches deutscher Nation ihren Höhepunkt erreicht. Dennoch gelang es
Konrad nicht, trotz eines Angebots von Papst Eugen III., deutscher Kaiser
zu werden, aber er war das Vorgebirge zu den drei großen Gipfeln der
Staufer: Barbarossa, Heinrich VI. und Friedrich II. Unvergesslich bis zum
Ende blieb ihm die feurige Predigt des heiligen Bernhard im Dom von
Speyer, denn der Gelehrte der honigfließenden Reden hatte seine
Beredsamkeit, seit die Mutter Christi ihn mit ihrer eigenen Milch genährt
hatte. Konrad war gebrochen und krank aus dem Heiligen Land
zurückgekommen und starb mit fünfzig Jahren zermürbt und enttäuscht.
Seine Gattin Gertrud begleitet ihn bis zu seinem Ende, die deutsche
Königin Gertrud war eine Frau von tiefem ernstem Glauben an die
göttliche und katholische Offenbarung. Nun, du fragst dich sicher, liebe
Schwester, warum ich dir so lang und breit von dem alten Konrad
erzählen, aber du musst wissen, dass er es war, der aus Jerusalem den
Schuh Mariens mitgebracht hatte. Nach seinem Heimkehr aus dem
Heiligen Land hatte er die kostbare Reliquie des Schuhs Mariens dem
Zisterzienserinnenkloster zu Obhoven geschenkt, damit die frommen
Bräute Christi zur Zeit seines Abscheidens seine sündige Seele erbitten
von der göttlichen Barmherzigkeit.

Vom Schuh Mariens ist schon in den Visionen des blinden Sehers Homeros
von Chios die Rede. Du wunderst dich, dass ich dir mit einem alten
heidnischen Dichter komme? Die heilige Katharina von Alexandrien
bewies einst den heidnischen ägyptischen Philosophen allein aus Homer
und Platon die Wahrheit des katholischen Glaubens, für dessen Wahrheit
sie ihr Leben opferte. Platon berichtet von Sokrates, der sagte: Eines Tages
wird der Gerechte noch vor den Toren der Stadt gekreuzigt werden! Was
aber sagte Homer? Ein Hirte hatte eine göttliche Vision, er sah die
mächtige Himmelskönigin Hera, die weisheitvolle Göttin Athene und die
liebreizende Göttin Aphrodite. Diese Dreifaltigkeit weist auf die
Dreifaltigkeit Gottes hin, denn die Theologen des Mittelalters nannten den
Vater die Allmacht und den Sohn die Weisheit und den Heiligen Geist die
Schöne Liebe. Nun stand der Hirte in Asia auf dem Berge und sah die
göttliche Allmacht mit ihrem mächtigen Lilienarm und die
Himmelskönigin trug goldene Sandalen, er sah die göttliche Weisheit, die
jungfräulich aus dem Haupt des Vaters geboren worden, und sie trug das
Schwert des Wortes, und sie sah die göttliche Liebe als die Idee der
Schönheit, und sie trug den Gürtel der Charis, den Gürtel der Gnade, auch
Liebreizgürtel genannt. Die Himmelskönigin Hera mit dem Lilienarm (und
Lilie heißt auf hebräisch Schoschanna), sie wollte als Fürsprecherin zu
Zeus treten, dem Vater der Götter und Menschen, und für die Griechen
bitten, da ging sie zur göttlichen Aphrodite und borgte sich von ihr den
Gürtel der Charis, den Gnadengürtel, und mit dem Gnadengürtel der
göttlichen Liebe angetan trat die Himmelskönigin in ihren goldenen
Sandalen zu Zeus, das heißt zu Theos, und trat als Fürsprecherin ein für die
Griechen, und Zeus erhörte ihr Gebet.
Wir sehen also die Himmelskönigin in goldenen Sandalen, angetan mit
dem Gürtel der Gnade, also, wie die Bibel sagt, gegürtet an den Lenden
des Gemütes, mit dem Lilienarm, denn die Himmelskönigin ist die Lilie
unter den Disteln, wie Salomo sagt, und wir sehen sie als Fürsprecherin
beim Vater des Himmels, dem Gott der Götter und Vater der
Menschenkinder. Dies ist also eine prophetische Vision des blinden Sehers
von der Himmelskönigin Maria.

Wenn du aber dem Logos Spermatikos, das heißt, dem Samen der
göttlichen Wahrheit in den Lehren der Heiden, nicht vertraust, sondern
allein dem Logos, der in der Heiligen Schrift bezeugt ist, so höre dies,
meine evangelische Schwester: Als Adam und Eva um den Genuß einer
Feige (la figue) willen den Garten Eden verscherzt, da machte Gott eine
Verheißung zu ihrer Hoffnung. Gott sprach zur Schlange Satan:
Feindschaft setze ich zwischen dich und die FRAU! Feindschaft setze ich
zwischen deinen Samen und den Samen (Spermos) der FRAU und er wird
der Schlange das Haupt zertreten, so heißt es im hebräischen, er wird
zertreten, aber im lateinischen heißt es: Sie, die Frau, wird der Schlange
das Haupt zertreten. Das ist der Anfang des Evangeliums im Buche
Genesis. Der Fuß der FRAU wird der Schlange Satan das Haupt zertreten.
Im Buch Judith ist es Judith, das heißt, die vollkommene Tochter Juda, die
das Haupt des Feindes abschlug, und sie schmückte sich, wie es in der
Schrift heißt, mit schönen Sandalen, nicht aus böser Lust, sondern Gott
zum Lobpreis. Und es ist die größte Demütigung des Feindes, dass der
allmächtige Gott den Feind durch die Hand der FRAU gestürzt hat. Am
Ende der Heiligen Schrift in der Apokalypse erscheint am Himmel das
Zeichen der FRAU, die gegen den scharlachroten Drachen kämpft, gegen
die alte Schlange. Und es ist diese FRAU der Offenbarung, die wir in der
Jungfrau Maria verehren, und wir verehren ihren Fuß, weil dieser schöne
Fuß der wunderschönen Madonna der Schlange das Haupt zertreten wird!
So steht es geschrieben! Und indem wir den Schuh Mariens verehren,
nämlich die goldene Sandale der Himmelskönigin, verehren wir den
schönen Fuß der schönen Madonna, und in dem wir die schöne Madonna
verehren, beten wir den allmächtigen Gott an, der der FRAU die Macht
gegeben hat, den Satan zu zertreten!

Hier also nun der Worttext der Schenkungsurkunde, mit welcher der
deutsche König Konrad, dem Kloster von Ophoven den Schuh Mariens
schenkte: „Wir, König von Gottes Gnaden, Konrad der Dritte, König des
heiligen römischen Reiches deutscher Nation, König von Deutschland und
Italien und Herzog von Ostfranken, kurz vor unserm Abscheiden aus dem
Jammertal (valle lacremosum), zur Ehre der Himmelskönigin (Regina
coeli) und zur Ehre des heiligen apostolischen Glaubens und zur ewigen
Anbetung unseres Gottes und Herrn Jesus Christus, vermachen dem
Zisterzienserinnenkloster von Ophoven zur frommen Verehrung den Schuh
Mariens, den die allgütige Vorsehung Uns auf unserm Pilgerzug zum
heiligen Grabe Christi im Heiligen Lande finden ließ, und bitten mit der
Gabe dieser kostbaren Reliquie die Bräute Christi in immerwährenden
Gebeten für Unsre Majestät und Unsre Gemahlin und Unsre Nachfolger im
deutschen Regententum in diesem Leben und auch nach dem Abscheiden
zu beten und zu flehen, auf dass Wir, in den Kämpfen um die Macht und in
den Irren der menschlichen Liebe befleckter Sünder, der Wir sind, nicht
aufgrund eigenen Verdienstes, sondern ganz allein aufgrund der
unerforschlichen Barmherzigkeit Jesu, unsres Herrn, die ewige Seligkeit
am Ziel unsres Glaubens erreichen. Dazu verhelfe Unsrer armen Seele
neben den frommen Gebeten der gottgeweihten Töchtern des heiligen
Bernhard vor allem die allmächtige Fürsprache der allerseligsten und
allerschönsten Jungfrau Maria, die bei ihrem göttlichen Sohn alles erlangt,
was sie erbittet. Zur größeren Ehre Gottes! Konrad.

DRITTES KAPITEL

Im zwanzigsten Jahrhundert und besonders nach dem zweiten Weltkrieg


tat man die Wallfahrten ab als unmodern. Aber das zweite vatikanische
Konzil sprach von der Kirche als dem pilgernden Gottesvolk. Wir sind
Pilger, persönlich und in Gemeinschaft. Wir pilgern zum Ziel, das der
Ursprung ist. So pilgert auch die Pfarrgemeinde Ratheim nach Ophoven
zum Gnadenbild der lieblichen Mutter. Ophoven ist westlich von
Wasserburg, nahe der niederländischen Grenze, an der Rur gelegen und hat
etwa fünfhundert Einwohner. Es ist ausgezeichnet worden mit einem Preis
als schönstes Dorf Deutschlands. Im Jahre 1200 befand sich hier ein
Zisterzienserinnenkloster. 1571 wurde Ophoven eine Pfarrei. Im Jahre
1700 wurde die Kirche renoviert. Rechts vom Chor befindet sich in einem
Holzgebäude das Gnadenbild der lieblichen Mutter mit dem Kinde, eine
Holzfigur, im Jahre 1350 in Köln geschnitzt. Bis 1826 befand sich in
dieser Kirche der Schuh Mariens, in einem silbernen Behälter aufbewahrt,
der aber in der Nacht zum 8. Dezember 1826 gestohlen wurde und bis
heute nicht wieder aufgetaucht ist. Anschließend gewann die Gemeinde in
Rom als Ersatz für den Schuh Mariens als Reliquie ein Partikel vom
Kleide Mariens. Die Wallfahrt von Ratheim nach Ophoven geht
mindestens ins 16. Jahrhundert zurück. Am 31. August 1715 pilgerte
Kurfürst Johann Wilhem von Düsseldorf mit seiner Gemahlin und einem
großen Gefolge nach Ophoven zur lieblichen Mutter. Seit wann pilgert
eigentlich Ratheim zur lieblichen Mutter von Ophoven? Fragt man die
Großmütter, sagen sie: „Dat weet ech net. Ech weet wal, dat ümmer jedes
Joar na Ophoave getrekket wuet.“ Der Musikverein Sankt Josef begleitet
die Prozession und der Schützenkönig zieht mit. Pfarrer und Kaplan und
Ministranten ziehen voran. Nach dem Herbstjahrmarkt am Sonntag im
September trifft man sich um Viertel vor sieben Uhr an der Pfarrkirche von
Ratheim. Der Priester stimmt die Pilger geistlich ein. Das Thema der
Prozession und die besonderen Gebetsanliegen werden vorgetragen. Auf
einem Ponywagen zieht ein Lautsprecher mit. Der Küster und Organist
betet den Rosenkranz vor. Die erste Station befindet sich am Krickelberger
Kreuz, die zweite Station am Ortsausgang von Orsbeck, die dritte Station
an der Wegegabelung Krafeld-Eulenbusch. Dort werden die besonderen
Gebetsanliegen vorgetragen. Außer den Gebeten ist auch noch Zeit für
ausgiebige Gespräche zwischen den Pilgern. Kommt die Kirche von
Ophoven in Sicht, so singt man: Maria, zu dir kommen wir, um deine
Gnade bitten wir! Und verlässt man die Wallfahrtskirche wieder, so singt
man: Maria, von dir kommen wir, für deine Gnade danken wir! Um 9 Uhr
wird in der Kirche von Ophoven die Heilige Messe gefeiert. Dann geht es
zur Gaststätte „zur Mühle“, dort isst man Butterbrote und Apfeltaschen.
Der Pfarrer von Ratheim bekommt im Pfarrhaus von Ophoven Kaffee.
Früher brachte man das Pulver zum Mucke-fuck selber mit und ließ es in
der Gaststätte mit heißem Wasser für 20 Pfennig begießen, wollte man
Milch dazu, so kostete es noch einmal 10 Pfennig. Die Knaben und
Mädchen zogen in Richtung Effeld über die niederländische Grenze und
kauften dort für 10 Pfennig Schokolade, die sie unter einem
Augenzudrücken der Zöllner über die Grenze schmuggelten. Früher führte
der Prozessionsweg von Ratheim über Krickelberg, Wasserberg, Rosstor,
Forst nach Ophoven, aber heute führt der Prozessionsweg von Ratheim
über Krickelberg, Garsbeck, Luchtenberg, Orsbeck, Eulenbusch, Krafeld
nach Ophoven. Außer der Pfarrei Ratheim pilgern noch die Pfarreien
Irsbeck, Wasserberg, Oberstedt, Hilfahrt, Effeld, Karken, Eschweiler,
Heinsberg, Birgden, Oberbusch, Kempen, Dalheim und Einzelpilger. Es
sind holprige Wege durch grüne Felder. Die Gebetspausen nutzen die
Kinder, um in den anliegenden Gärten Äpfel zu klauen. Nachbars Äpfel
schmecken eben am besten. Die Madonna lächelt dazu. Wenn die Kinder
an der niederländischen Schokolade und den geklauten Äpfeln noch nicht
genug haben, gibt es auch für 5 Pfennig Eis in der Eisdiele. Von 11 Uhr bis
13 Uhr pilgert man zurück nach Ratheim, dort begrüßen einen schon die
Glocken. Und in der Kirche wird dann gemeinsam das Te Deum gesungen:
Großer Gott, wir loben dich, Herr, wir preisen deine Stärke! Vor dir neigt
die Erde sich und bewundert deine Werke!

Du fragst, meine schöne Schwester, wer denn der Kurfürst Johann


Wilhelm von Düsseldorf gewesen sei, der mit Gemahlin und Tross und
Gefolge zur goldenen Sandale der Himmelskönigin gepilgert sei? Nun,
dieser Kurfürst Johann Wilhelm war Johann Wilhelm Joseph Janaz von der
Pfalz, genannt Jan Wellem. Er ist am 19. April 1658 in Düsseldorf geboren
und am 8. Juni 1716 in Düsseldorf gestorben und liegt begraben in der
Düsseldorfer Jesuitenkirche Sankt Andreas. Er gehörte zum Geschlecht der
Wittelsbacher. Ab 1690 war er Erzschatzmeister des heiligen römischen
Reiches und Pfalzgraf-Kurfürst von der Pfalz. Später wurde er auch noch
Erztruchsess des heiligen römischen Reiches. Er wurde von Jesuiten
erzogen und war ein tief gläubiger Katholik. Wegen eines Krieges
residierte er nicht in Heidelberg, sondern im Düsseldorfer Schloß. Er
erreichte die Rückgabe der pfälzischen Gebiete, die von den Franzosen
erobert worden waren. Die Franzosen hatten die Rekatholisierung der
Pfalz gefördert, und nur unter der Bedingung, dass die Rekatholisierung
der Pfalz nicht rückgängig gemacht werde, gaben die Franzosen die
pfälzischen Gebiete dem Kurfürsten Jan Wellem zurück. Der hatte auch
kein Interesse daran, die Rekatholisierung der Pfalz rückgängig zu
machen, denn er war ein treuer Sohn der heiligen Mutter Kirche. Darum
aber wurde er von den Protestanten auch nicht besonders geliebt. Er
förderte vor allem die Kunst und Kultur in seiner Pfalz, baute herrliche
Schlösser und sammelte Gemälde von Rubens, diesem Maler der
katholischen Gegenreformation. Er war in erster Ehe verheiratet
mit Maria Anna Josepha, der Tochter von Kaiser Ferdinand III. Sie gebar
ihm zwei Söhne, die aber beide bei der Geburt starben. Maria Anna
Josepha starb auch im Jahre 1689. Zwei Jahre später heiratete Jan Wellem
seine zweite Frau, die Prinzessin Anna Maria Luisa de’ Medici, die Tochter
des Cosimo von Medici. Nach dem Tode des Kurfürsten Jan Wellem schuf
ein Künstler auf dem Düsseldorfer Marktplatz ein Reiterstandbild des
Ritters vom goldenen Vlies Jan Wellem, aber es gab nicht genug Material,
darum zog der Glockengießerjunge von Haustür zu Haustür und bat um
Silberlöffel für Jan Wellems Denkmal. Heinrich Heine, der Düsseldorfer
Jude, scherzte: Wie viel Apfeltörtchen hätte ich wohl essen können mit all
den vielen Silberlöffeln?

Du fragst, schöne Schwester, mit welcher seiner Gemahlinnen Jan Wellem


zum Schuh Mariens gepilgert ist? Nun, im Jahre 1715 ist er mit seiner
zweiten Frau Anna Maria Lusia de’ Medici zum Schuh Mariens gepilgert,
ein Jahr vor seinem Tod. Du fragst, ob wir Näheres wissen über diese
zweite Frau Jan Wellems? Nun, Anna Maria Louisa de’ Medici war die
Tochter von Cosimo III. de’ Medici und seiner Ehefrau Margherite Louise
d’Orléans. Die Mutter verließ aber die unglückliche Ehe mit Cosima und
floh nach Paris, in die Stadt der Liebe, und ließ ihre einzige Tochter
zurück. Cosimo ließ die Tochter von der Großmutter Vittoria della Rovere
erziehen. Acht Jahre alt war Anna Maria Louisa, als ihre Mutter sie
verließ. Cosima zog einige Freier in Erwägung für seine Tochter, aber
schließlich gewann unser Kurfürst Johann Wilhelm den Liebesapfel. Die
Ehe wurde sakramental geschlossen am 29. April 1691 im Dom von
Florenz, allerdings war Jan Wellem nicht persönlich zugegen, sondern nur
durch einen Stellvertreter anwesend. Am 5. Juni 1691 wurde die
sakramentale Ehe dann in Neuburg an der Donau vollzogen. Damals
heirateten viele Herrscher aus bloßer Staatsräson, aber hier war es
wirkliche Liebe. Jan Wellem und Anna Maria lebten glücklich in ihrer Ehe
bis zum Tode des Kurfürsten. Ihre Ehe blieb allerdings kinderlos. Beide
liebten die Musik und die Malerei. Sie wurden zusammen zu bedeutenden
Förderern der Künste, nicht nur der Architektur, zum Beispiel an dem
Düsseldorfer Schloß und einem barocken Opernhaus, sondern auch der
Malerei. Vor allem liebte Jan Wellem die appetitlichen Weiber von Peter
Paul Rubens. Am 31. August 1715 pilgerte Anna Maria Louisa mit ihrem
Gemahl Jan Wellem nach Ophoven zum Schuh Mariens. Hier bat Jan
Wellem um die Fürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria in seiner
Todesstunde, auf dass der barmherzige Jesus aus reiner Gnade seine Seele
aufnehme in die Herrlichkeit des Himmels. Nach dem Tode Jan Wellems
kehrte Anna Maria nach Florenz zurück. Die Stadt empfing sie mit
Glockenläuten. Sie wurde die erste Dame des Staates und Herrscherin der
Toskana. Nach ihrem Tode, da sie die letzte Medici war, fiel die Toskana
an Franz III., den Gemahl Maria Theresias und Kaiser des römischen
Reiches. In ihrem Testament vermachte Anna Maria Louisa de’ Medici all
ihre Kunstschätze den Uffizien von Florenz, wo sie heute noch zu sehen
sind.

VIERTES KAPITEL

Lutheraner:
Warum betest du zu Maria? Du hast doch Gott zum Vater und Jesus zum
Bruder!
Katholik:
Und hast du Gott zum Vater und Jesus zum Bruder und hast du nicht Maria
zur Mutter?
Lutheraner:
Ihr macht Maria zur Abgöttin!
Katholik:
Anbetung sei dem ewigen Gott allein! Aber Jesus hat uns unterm Kreuz
Maria zur Mutter gegeben.
Lutheraner:
Mutter, Mutter, wenn ich das schon höre! Du meinst wohl, die Kirche sei
eine heilige Mutter?
Katholik:
Ja, die heilige, apostolische und katholische Kirche gebiert die Menschen
zu Kindern Gottes durch das Bad der Wiedergeburt, welches die Taufe ist,
und ernährt sie mit dem Wort Gottes und mit dem Brot des Lebens,
welches Christi Leib ist, darum ist sie eine Mutter.
Lutheraner:
Ich glaube, was Martin Luther gelehrt hat: Allein die Gnade durch den
Glauben macht gerecht vor Gott, und dazu braucht es keine Kirche.
Katholik:
Luther meinte, den einen schenkt Gott die Gnade und macht sie zu
Gerechten und die andern verstockt Gott und macht sie zu Verdammten,
denn in Gott ist Gutes und Böses, und entweder reitet die Gnade auf dir
oder der Satan reitet dich, das steht in der freien Willkür Gottes. Nicht so
ist der christliche Glaube, sondern Gott will, dass alle Menschen gerettet
werden.
Lutheraner:
Und braucht es zur Rettung denn eure verdammten Werke und Verdienste?
Katholik:
Luther meinte, Gott habe Maria nicht um ihr Jawort gebeten, sondern er
habe sie mit seiner Gnade vergewaltigt und ohne ihr Jawort den Sohn in
ihr gezeugt. Nicht so der heilige Glaube, sondern Gott erbittet die
Mitwirkung des Menschen am Heil, so bat Gott Maria auch um ihr Jawort,
und sie gab es ihm, und daraufhin erst zeugte Gott in der willigen Maria
den Sohn.
Lutheraner:
Und nun Jesus geboren ist, so bitten wir den Herrn Jesum allein und nicht
eure Jungfrau Marie. So hat doch auch Jesus zu Maria gesagt: Weib! Was
hab ich denn mit dir zu schaffen!
Katholik:
Das hat Jesus nicht gesagt, sondern er hat gesagt: Frau! Was ist das
zwischen dir und mir? Und dann hat er auf ihre Fürsprache hin das erste
Wunder getan.
Lutheraner:
Da hast du es, Jesus nennt sie Weib oder Frau, aber nicht Muttergottes!
Katholik:
Er nennt sie Frau, aber wieso meinst du, das sei eine Abwertung? Wie
denkst du über die Frau? Er nennt sie Frau, weil sie die Frau ist, die in der
Genesis prophezeit ist, die dem Satan den Nacken zertritt. Denn sie ist die
Frau der Genesis, die Frau der Hochzeit zu Kana, die Frau unterm Kreuz
und die apokalyptische Frau.
Lutheraner:
Das hast du den Widerspruch: Ihr sagt, Maria sei ohne Erbsünde
empfangen und darum auch schon auferstanden von den Toten und mit
Leib und Seele in den Himmel aufgenommen. Und weil sie nicht unter
dem Fluch Evas stand, habe sie auch ohne Schmerzen Jesus geboren. Aber
nun gebiert die apokalyptische Frau in Schmerzen den Messias.
Katholik:
Maria bringt unter Schmerzen den mystischen Leib Christi hervor, nämlich
die Kirche. So wie sie die Mutter des Hauptes ist, so ist sie auch Mutter
des Leibes. Denn keine Mutter hat das Haupt je ohne den Leib
hervorgebracht. Wer aber das Haupt Christus ehrt und als Glied an seinem
Leibe die Mutter nicht ehrt, die ihn hervorgebracht hat und sich nicht von
Maria gebären lässt zu einem Glied an seinem mystischen Leib, welcher
ist die katholische Kirche, wer also behauptet Gott zum Vater zu haben,
aber Maria nicht verehrt als seine Mutter, der hat den Vater der Lüge zum
Vater.
Lutheraner:
Und ihr Papisten betet in eurem Papst, den ihr über die Bibel stellt, den
Rattenschwanz des Antichristen an!
Katholik:
Und ihr Lutheraner habt den mystischen Leib Christi zerrissen und damit
dem Herzen Jesu eine schwere Wunde zugefügt.
Lutheraner:
Wenn ihr nicht die Bibel allein als Fundament des Glaubens nehmt,
sondern Papst und Konzilien hinzu, so werden wir uns niemals einig.
Katholik:
Und bevor ich mit dir weiter disputiere, bitte du die Jungfrau Maria, dich
in die Wahrheit über ihren Sohn einzuführen, dann wird sie dir verbieten,
deinen Augsburger Katechismus weiter zu studieren.
Lutheraner:
O Jungfrau Maria, du Mutter von Joses, Jakob, Simon und den Schwestern
Jesu...
Katholik:
Und nun würde Luther dich einen schweren Häretiker nennen, denn
Luther, Calvin und Zwingli glaubten an die immerwährende
Jungfräulichkeit Mariens, wie es Dogma der Kirche ist.
Lutheraner:
Wie soll denn Maria Jesus geboren haben und dennoch Jungfrau geblieben
sein?
Katholik:
Semper virgo! Virgo intacta! Mysterium fides!
Lutheraner:
Das kann ich nicht glauben.
Katholik:
So glaubst du der von Gott offenbarten Wahrheit nicht, denn wenn du
gegen die von Christus gestiftete Kirche streitest, so streitest du gegen
Christus.
Lutheraner:
So willst du mich wohl auf den Scheiterhaufen werfen?
Katholik:
Ich bitte die Jungfrau Maria, die Besiegerin aller Irrlehren in der Welt, dich
zum göttlichen und katholischen Glauben zu bekehren.
Lutheraner
(ironisch)
Ich danke für dein Gebet!

Wunderschöne Schwester, am Tag des Herrn hast du zu mir gesagt: In


deinem historischen Kriminalroman ist nur von unbedeutenden Adligen
die Rede. Das ist, als wenn man im Louvre in Paris eine endlose Galerie
mit Ölgemälden von unbedeutenden Adligen betrachten, das ist langweilig.
Schreib doch lieber einmal einen Kriminalroman über Moses. Ja weißt du,
wunderschöne Schwester, du himmlische Grazie, das tat ich schon einmal,
denn du weißt als Bibelleserin, dass Moses einen Ägypter erschlagen. Und
nun hat gewiß der Pharao einen Weisen eingesetzt, den Fall zu lösen und
den zu finden, der den Ägypter erschlagen. Es war ja juristisch
gesprochen, kein Mord, sondern Totschlag im Affekt. Aber weißt du, der
Auszug der Israeliten aus Ägypten fand vielleicht gar nicht statt zur Zeit
Ramses II., denn damals war Kanaan eine ägyptische Kolonie, es hätte
wenig Sinn gemacht, die Israeliten aus Ägypten fortzuführen und in eine
ägyptische Kolonie zu führen. Ich habe vierzig Jahre lang Ägyptologie
studiert. Die Ägypter ehrten ja Amun und Osiris und Isis und andere
Götter, aber der große Reformator Echnaton hat dann den Monotheismus
in Ägypten eingeführt. Es sollte nur noch einen Gott geben, Aton, den
Sonnengott am Himmel, der nicht allein der Gott Ägyptens war, sondern
Gott der ganzen Welt, und so würden alle Völker in Frieden leben, wenn
sie den einen und einzigen Gott anbeten. Echnaton schrieb auch einen
Psalm auf Aton, den Gott am Himmel, und dieser Psalm Echnatons ist
verwandt mit dem 104. Psalm Davids, dem Lob des Schöpfers in seiner
Schöpfung. Aber ob nun Moses seine Idee des Monotheismus von
Echnaton hatte, oder ob Echnaton seine Idee des Monotheismus von
Moses hatte, darum streiten sich die Gelehrten noch. Du fragst, wer Moses
Mutter war? Jochebed, meine Schöne. Und als die anmutige Tochter des
Pharao in ihren Spinneweben-Badeanzug im Nil baden ging und das
Mosebaby fand, sagte Mirjam Prophetissa: O Tochter des Pharao, ich weiß
eine hebräische Frau, die stillt dir das Kind. Und so wurde Moses Mutter
Jochebed zu Moses Amme. Aber du sagst lächelnd mit deinem süßen
Mund: Die Paläste der ägyptischen Herrscher waren zweihundert
Kilometer von den Lagerplätzen der israelitischen Schafhirten entfernt.
Also muß entweder das Mosebaby im Korb zweihundert Kilometer den
Nil herunter geschwommen sein, oder die Tochter des Pharao ist
zweihundert Kilometer weit geritten, um im Nil zu baden, das sei aber
unwahrscheinlich, denn die Tochter des Pharao badete wohl in
Kamelstutenmilch, aber nicht im schlammigen Nil, der Brutstätte von
Würmern und schädlichen Insekten. Echnaton, sagst du, hatte eine
Lieblingsfrau, die schöne Nofretete, und ich weiß nicht, ob sie so schön
war wie du, o Schönheit! Aber Nofretete schenkte dem Echnaton keinen
Sohn, dafür seine Nebenfrau, die Mutter ward des kleinen Tut-Anch-Aton,
der sich später wieder Tut-Anch-Amun nannte, denn als er Pharao wurde,
führte er die Kulte der ägyptischen Götter wieder ein. Moses aber, das
bedeutet einfach Sohn, wie Ramses Ra-Moses heißt, nämlich Sohn des Ra,
und Tutmoses heißt Sohn des Thot. Ich denke Moses müsste dann Jah-
Moses heißen. Aber der Fall des Totschlags im Affekt, den Moses
begangen hatte, wurde in Ägypten nie aufgeklärt. Moses floh vor dem
Pharao und seinen Kriminologen auf die Sinai-Halbinsel, wo ihm Gott in
einem brennenden Dornbusch erschien, in einem brennenden Dornbusch,
der brannte, ohne zu verbrennen, so wie Maria den Sohn Gottes
empfangen hat, ohne ihre Jungfräulichkeit zu verlieren.

FÜNFTES KAPITEL
In der Nacht zum 8. Dezember 1826 wurde der Schuh Mariens aus der
Kirche zu Ophoven gestohlen! Oh wo bist du hin, du goldene Sandale der
Himmelskönigin? Wohin bist du entschwebt? Ich streife durch alle Felder
und frage das Korn: Weißt du, Weizen, wo die goldene Sandale der
Himmelskönigin ist? Ihr Hühner, sagt mir, wo ist der Schuh meiner
Herrin? Ihr Fasane und ihr Rehe auf den Auen, habt ihr die goldene
Sandale meiner Fürstin gesehen? Aber die Kreaturen schweigen. Ihr
Glocken, bei den Glockenbrüsten der heiligen Agatha, läutet Sturm und
weckt die fünfhundert Christen von Ophoven, auf dass wir alle suchen den
verlorenen Schuh der Herrin! Sagt mir, ihr Grashüpfer und ihr grünen
Raupen in den Kastanienbäumen, saht ihr der Herrin Fuß
vorüberschlüpfen? Hebt eure Häupter, ihr Gräser, rauscht im Winde, ihr
Büsche und Sträucher, schüttelt eure Kronen im Himmel, ihr Bäume, und
gebt uns Kunde, wo die goldene Sandale der Königin der Liebe ist? Und
wenn du schweigst, o Deutschland, meine blonde, bleiche Mutter, so frag
ich die süße La France: O la France, Geliebte, bei deinem heiligen Engel,
sahest du den Schuh der Jungfrau Maria? Und wenn du deine blühenden
Lippen verschließt, La France, so frag ich dich, Lusitanien: Bei deinem
heiligen Fatima, wo ist der Schuh der Gottesmutter hin? Wenn du es nicht
weißt, Europa, so frag ich dich, du schwarze Afrika: Sahest du den Schuh
des himmlischen Mädchens? Ihr Äthiopier, habt ihr ihn gesehen, ihr
Schwarzen von Ruanda, saht ihr die Sandale der Jungfrau? Aber weißt du
es nicht, o schwarzes Afrika, so geh ich zur uralten Mutter Asia: Jungfrau
China, gegürtet an den Lenden deines Gemüts mit der Großen Mauer, hast
du die Jungfrau gesehen, die Königin Chinas? Und du, Mutter India, bei
deinen hindusanften Augen einer heiligen Mutterkuh, hast du die bloßen
Füße der Unbefleckten gesehen? Und du, kaiserliches Japan mit deinen
bebenden Inseln, ich beschwöre dich bei deiner Kirschblüte, sahest du die
strahlende Sandale der Mutter der Barmherzigkeit? Wenn ihr es nicht
wisst, ihr uralten Hochkulturen, so frag ich Ozeanien: Papua-Neuguinea,
bei deinen siebenhundert Sprachen, und ihr, Katholiken der Philippinen,
habt ihr die heilige Mutter vorüber wandeln sehen mit ihren bloßen Füßen?
Und wenn ihr es nicht wisst, O Jawa und Sumatra, so frag ich euch, ihr
Osterinseln, bei euren steinernen Götzen, habt ihr die himmlischen Mutter
gesehen? Und du, Bolivien mit deinen jungen schönen Mädchen, und du,
Chile, mit deinen Poeten, und du, Nicaragua, mit deinen wilden Dichtern,
und du Mexiko, mit deiner allerheiligsten Ikone der Jungfrau, sagt, ob ihr
die goldene Sandale der Himmelskönigin gesehen habt? Und wenn
Südamerika es nicht weiß, so frag ich Nordamerika und Kanada und die
Eskimos, ob sie die himmlische Mutter gesehen? Sagt es, Grönland,
Skandinavien, England, ob ihr die Jungfrau habt vorüberwandeln sehen?
Und du, o Polen, bei deiner schwarzen Königin und Göttin vom klaren
Berg, und du, heiliges Mütterchen Russland, beim unbefleckten Herzen
des Mütterchens Gottesmutter, hast du Maria gesehen und den Schuh
Mariens an ihren kleinen Füßen? Aber die Erde schweigt. O Venus,
Geliebte, sahst du die Jungfrau? O Sonne, du strahlende Herrin, sahst du
die Mutter vom Himmel? Und du, Andromedanebel, hast du die Königin
des Himmels gesehen? Sag mir, geliebtester Carina-Sternennebel, hast du
die Königin des Weltalls und die Herrin der armen Seelen gesehen? O du
goldene Sandale der Himmelskönigin, bist du denn aus der ganzen
Schöpfung geschlüpft und reichst du in das himmlische Jerusalem am
Busen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit?

Der oberste Abt-Primas aller Zisterzienser und Zisterzienserinnen des


heiligen römischen Reiches deutscher Nation befragte alle Mütter
Abtissinnen, ob unter ihren Lämmern eine wäre, die kriminalistischen
Spürsinn habe? Da sagte die Mutter Äbtissin von Dahlheim: Ja, meine
Schwester Susanna von der Mystischen Rose, die liest in jeder Stunde der
Rekreation einen Kriminalroman. So trat der Abt-Primas Maximilian zu
Schwester Susanna von der Mystischen Rose. Sie saß gerade im
Klostergarten. Nun, Schwester Susanna, was meditierst du im
Klostergarten? Vater Abt, sagte Schwester Susanna, ich beobachte die
Vögelein. Ich dichte ein Vogelbuch, in dem ich die kleinen Gefiederten des
Himmels besinge. Ich lerne sie alle zu unterscheiden und finde ihre
Eigenarten heraus und wie sie sich lieben und wie sie ihre Küken lieben
und wie sie zur Matutin und zur Vesper den Schöpfer loben und ein
gewaltiges Tedeum zwitschern und tirilieren. Ja, fragte erstaunt der Abt-
Primas Maximilian, du hochbegnadete Jungfrau, verstehst du denn die
Sprache der Vögel? Man sagt bekanntlich vom weisen Salomo, dass er die
Sprache der Vögel verstand. In der deutschen Edda ist auch die Rede von
Odin, der neun Tage verkehrt im Baume hing, und dann die Sprache der
Vögel verstand. Und der heilige Franziskus muß wohl die Sprache der
Vögel beherrscht haben, wie hätte er sonst den Vögeln predigen können?
Ach, seufzte die sanfte Schwester Susanna, so heilig bin ich nicht, dass ich
den Vögeln predigen könnte, nein, sondern die Vögel predigen mir und
künden mir von der verborgenen Schöpferweisheit Gottes, die alles so
wohl und gut und schön bereitet hat. Aber nun etwas anderes, sagte
Maximilian, Schwester Susanna, warum hast du den Ordensnamen
Susanna von der Mystischen Rose gewählt? Oh, sagte Susanna, ich liebe
die Rosen im Rosengarten des Klosters. Vater Abt, schnuppert doch einmal
an dieser Rose, ob sie nicht duftet wie das Parfüm der Madonna? Maria ist
die Rose am Herzen Gottes und der Duft der mystischen Rose Maria ist
der Heilige Geist, ihr Bräutigam. Sehr schön, lobte sie der Vater Abt, aber
ich komme vor allem, weil ich gehört, dass du kriminalistischen Spürsinn
hast. Es ist, wie du sicher weißt, der Schuh Mariens aus der Kirche von
Ophoven gestohlen worden. Und ich beauftrage dich nun und gebiete dir
im Namen des Gehorsams, den du gelobt hast, alles zu unternehmen, um
herauszufinden, wer den Schuh Mariens gestohlen hat und wo der Schuh
der allerseligsten Jungfrau jetzt ist. Wie ihr gebietet, Vater Abt, flötete
Susanna und machte sich an die Arbeit. Zuerst ging sie in die Kirche von
Ophoven, die Spuren zu sichern, sie untersuchte alles, nahm
Fingerabdrücke auf und befragte dann alle Anwohner, ob sie einen Zeugen
finde, der etwas Verdächtiges in der Nacht gesehen habe. Nach einem Tag
kriminalistischen Spürsinns saß Susanna am Abend im Klostergarten. Ihr
weißes schlankes Antlitz war umrahmt von einem Schleier, wie ihn die
Bräute Jesu tragen. Aus dem Schleier schauten braune Haare,
kastanienbraun. Die Augen der Schwester waren dunkel und glühend, sie
schauten überaus zärtlich auf alle Kinder und streng und mahnend auf
Kinderväter, die zu streng mit ihren Kleinen umgingen. Ihre Lippen waren
überaus schön, wie die Blüte einer Rose, und besonders schön, wenn sie
zur Vesperstunde den Lobpreis sang mit ihren Schwestern. Dann spielte
Schwester Susanna die Gitarre und alle Bräute Jesu sangen: Er kommt,
lasst uns tanzen und jauchzen, denn er kommt, der König kommt, so lasst
uns jauchzen und tanzen! Die Schwestern hatten alle hohe feine Stimmen,
und wer den Chorus der Schwestern hörte, der meinte schon im Garten
Eden die himmlischen Jungfrauen flöten zu hören. Aber in der Nacht
schlief Schwester Susanna nicht, sondern untersuchte die
Untersuchungsergebnissse und die Akte, die sie angelegt hatte. Sie war
ratlos und zweifelte an ihrem Spürsinn und an ihrer kriminalistischen
Nase. Nun war sie aber kein weltlicher Kriminologe, der auf sich allein
vertraut, sondern sie vertraut auf den Heiligen Geist und auf Maria, die
Braut des Heiligen Geistes.

SECHSTES KAPITEL
Morgens um fünf erhob sich Schwester Susanna vom Lager und betete vor
dem Kruzifix und vor der Ikone der Muttergottes ihr Morgengebet, da
hörte sie wie ein leises Flüstern eine himmlische Mädchenstimme in ihrem
Herzen flüstern den Namen: Clemens Maria Brentano. Susanna dachte:
Jungfrau, was willst du mir sagen mit dem wirren Poeten der
überschäumenden Phantasie? Manche nennen ihn einen Satanisten und
einen dämonischen Mann! Aber sie traute der Eingebung und besorgte sich
das Lexikon der deutschen Dichter aus der Klosterbibliothek und las:
Clemens Brentano ist am 9. September 1778 in Ehrenbreitstein geboren,
welches man heute Koblenz nennt. Als seinen Geburtstag gab er aber
immer den 8. September an, denn der 8. September ist der kirchliche
Feiertag Mariä Geburt. So gab er seine Werke unter dem Pseudonym
Maria heraus, darum nennt man ihn auch Clemens Maria Brentano. Er
gehör zu den Hauptvertretern der Heidelberger Romantik. Er ist katholisch
getauft und begab sich als junger Mann zum Studium, nahm das Studium
aber nicht ernst, sondern wollte poetisch leben. Er lernte Wieland und
Herder und Goethe kennen und lernte Fichte und Friedrich Schlegel und
Tieck kennen. Er schrieb seinen ersten verwilderten Roman unter dem
Pseudonym Maria mit dem Titel: Das steinerne Bild der Mutter. 1801 ging
er zum Studium der Philosophie nach Göttingen. O Göttingen und deine
Philosophen! Dort lernte er auch Achim von Arnim kennen, mit dem er bis
1811 zusammenlebte. Er heiratete seine große Liebe Sophie Merau und
zog 1804 nach Heidelberg. Zwei seiner Kinder starben gleich nach der
Geburt, bei der Geburt des dritten Kindes starben das Kind und die Mutter.
Seit 1809 lebte Brentano in Berlin und schrieb die Romanzen vom
Rosenkranz, ein großes Versepos zu Ehren der Jungfrau Maria, welches
manche mit Goethes Faust und Dantes göttliche Komödie verglichen. Um
1815 geriet er in Berlin in eine tiefe Lebens- und Sinnkrise. Er wandte sich
erst der pietistischen Erneuerungsbewegung zu, kehrte dann aber zur
heiligen römisch-katholischen Kirche zurück. Diesen Prozess der
Konvertierung führte die Pastorentochter Luise Hensel an, in die er sich
verliebt hatte. Erst erwog er, Protestant zu werden, um die protestantische
Pastorentochter heiraten zu können, entschied sich aber doch, der wahren
Kirche der Apostel beizutreten. Dann bemühte er sich, Louise Hensel zur
Konvertierung zu bewegen. 1818 wurde Luise Hensel Katholikin. Die
Lyrik Brentanos an Louise ist eine Mischung aus Romantik, geistlichem
Lied und Erotik. 1818 ging Brentano fort aus Berlin, um am Krankenlager
der stigmatisierten Nonne Anna Katharina Emmerick deren Visionen vom
Leben des armen Herrn Jesus und vom Leben der seligen Jungfrau Maria
aufzuschreiben. Nach dem Tod der Seligen Anna Katharina im Jahr 1824
gab er das Leben der Jungfrau Maria heraus. Die katholische Kirche stellt
fest, dass die Visionen der Seligen Anna Katharina über das Leben Jesu
und Mariens echt sind, allerdings in der vom Dichter herausgegebenen
schriftlichen Fassung sich manches eigene Gedankengut des romantischen
Dichters findet.

Susanna dachte: Was macht der Dichter, der erst einen Roman schrieb über
das steinerne Bild der Mutter, dann die Romanzen vom Rosenkranz
dichtete als ein gewaltiges Epos und dann die Visionen einer
Stigmatisierten über das Leben der Jungfrau Maria niederschrieb, was
macht er heute, zwei Jahre nach dem Tod der Seligen Anna Katharina?
Und Susanna erkundigte sich und fand heraus den Wohnort der
romantischen Dichters und reiste dahin und kam in der Abendstunde an
und schaute durch das Fenster des Hauses und sah den Dichter verzückt
knieen und den Schuh Mariens küssen!

Plötzlich sah Schwester Susanna von der mystischen Rose im Spiegel des
romantischen Dichters eine charismatische Vision, ein Gesicht, und was
sie sah, siehe, das war eine Stadt im Heiligen Land, vermutlich Haifa, dort
sah sie eine Prozession von Engeln, weißgekleideten Engeln, kleinen
Knaben gleich, die zogen in einer feierlichen Prozession zum Berge
Karmel und zogen den Berg Karmel hinauf, und der Berg Gottes ist ein
fruchtbarer Berg, und oben auf dem Gipfel sangen sie Hymnen an die
allerseligste Jungfrau: Salve Regina Coeli! Und da sah Schwester Susanna
von der mystischen Rose am blauen Himmel über dem Karmel,
verschleiert von weißen Wolken, die allerseligste Jungfrau. Ihre bloßen
Füße standen auf den Wipfeln des Waldes vom Berge Karmel. Ihre
schlanke Gestalt war umflossen von einem feinen weißen Seidengewand,
das schien wie transparent zu sein. Umhüllt war die himmlische Madonna
von einem himmelblauen Umhang, den sie weit über das Heilige Land
ausbreitete. Auf ihrem Haupt saß ein weißer bräutlicher Schleier, denn sie
ist die Frau, die Gefährtin Jesu. Aus ihrem weißen Schleier quollen
goldene Locken. Ihr Antlitz war anmutig, weiß und schlank, ihre
kusslichen Lippen waren lächelnd, charmant, und ihre Augen strahlten vor
Liebe und Freundlichkeit. Und sie begann zu sprechen, auf deutsch, aber
schön, und Schwester Susanna von der Mystischen Rose hörte ihre
Stimme innerlich: Meine liebe Tochter, ich bin die Hilfe der Christenheit,
und ich sage dir, dass mein Schuh, den meine geliebten Kinder in Ophoven
verehrten, nun zu meinem bevorzugten Favoriten, dem romantischen
Dichter gekommen ist. Er hat mir seinen Diebstahl gebeichtet, schweren
Herzens, denn er fürchtete sehr, ich würde ihm gebieten, den Schuh der
Kirche von Ophoven zurückzugeben. Aber ich sah in die Tiefe seines
Herzens, ich sah, dass alle seine Liebe mir allein gilt. Seine Liebe zu mir
steht zwar in keinem Verhältnis zu meiner Liebe zu ihm, aber ich freue
mich über seine Liebe zu mir. Ich erlaube ihm, niederzuknieen vor mir und
meinen Fuß zu küssen. Ich segne meinen Schuh und erlaube meinem
Favoriten, in einer privaten Frömmigkeit meinen Schuh in seiner Kammer
zu verehren, denn indem er meinen Schuh verehrt und oftmals küsst,
verehrt er meinen bloßen Fuß, den der Allmächtige dazu ausersehen hat,
der Schlange das Haupt zu zertreten. Aber auch du, meine Tochter, sollst
wissen, dass es mein herzlicher Wunsch ist, dass die Kirche von Ophoven
wieder eine Reliquie von mir bekommt, damit sie nicht nachlässt, zu mir
zu rufen und Deutschland meinem unbefleckten Herzen zu weihen, denn
das ist das Heilmittel für die deutsche Kirche, dass der Allmächtige
ausersehen hat und heute durch mich, seine Magd, kundtut. So melde
deinen Oberen und vor allem dem lieben Pater Maximilian, meinem
vielgeliebten Sohn, dass die Kirche von Ophoven nach Rom zum Heiligen
Vater pilgern soll, um den Stellvertreter Christi auf Erden zu bitten, der
Kirche von Ophoven und der ganzen Kirche Deutschlands einen Partikel
von meinem Rock zu schenken. Nun du meinen Willen gehört hast, der
eins ist mit dem Willen meines göttlichen Sohnes Jesus, geh, meine
Tochter Susanna, und tu alles, was ich dir geboten habe. Ich segne dich
und alle meine Kinder! Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem
Heiligen Geiste!

Als Sankt Susanna von Rom die Geschichte beendet hatte, erhob Hassan
der Zweite, König von Marokko, seine Stimme und sagte: Ihr Christen
glaubt ja, in das himmlische Jerusalem zu kommen und dort Halleluja zu
singen. Wir Muslime haben aber einen schöneren Himmel, denn wir
kommen in den Garten Eden und werden da von den Huris verwöhnt. Ich
will fünf mal am Tag Allah bitten, dass er Corinna vom Tiber zu einer
paradiesischen Huri im Garten Eden macht. Aber was die Huris sind, das
will ich euch jetzt erzählen. Und so sprach Hassan der Zweite, König von
Marokko:

HURIS
Huris oder Al-Hur, gesprochen: Huriya, das Wort bedeutet: die Weißen. Es
ist grammatisch maskulin. Im Koran ist nicht von sexueller Vereinigung
der Männer Glaubenshelden mit den Huris die Rede. Daß sie die Weißen
heißen, wird gedeutet als das Weiße in ihren Augen, das heißt, sie haben
schöne große Augen. Einer meinte, es könnte auch das Weiße ihres
nackten Körpers bedeuten. Weiß verweist auf ihre Reinheit. Ihre Körper
werden von kristallen transparenter Lichtart sein. Daß es gerade
zweiundsiebzig Huris für jeden Glaubenden seien, steht nicht im Koran,
sondern in den Hadith, den Sprüchen Mohammeds. Dort steht auch, dass
die Huris keine Menstruation haben, keine Menopause und auch keine
Kinder bekommen, dass sie immer jungfräulich bleiben, dass die Männer
30 Jahre alt sein werden und ihre Erektion nie nachlassen wird. Das alles
steht nicht im Koran. Muslime sagen, Männer werden im Paradies mit
ihren Ehefrauen zusammensein, welche tausendmal schöner als die Huris
sein werden. Die Huris sind nur für jene zuständig, die keine Ehefrau
hatten. Oder Muslime sagen, das Gleichnis von den Huris sei nur ein
sinnliches Symbol für die spirituelle Wahrheit von der Glückseligkeit des
Paradieses. Ein deutscher Wissenschaftler deutet das Wort Hur als weiße
Weintrauben, meint, es sei ein Überrest eines altchristlichen Eucharistie-
Hymnus. Der Koran im übrigen verurteilt die Selbstmörder in die Hölle.
Sufis deuten die Huris auf mystische Weise. Huris, unberührt von Männern
und Engeln, auf Kissen in Zelten, werden mit den Erlösten vermählt. Die
Frauen werden mit männlichen Huris vermählt, sagen die Türken.

König Hassan hatte seinen Vortrag beendet, da sagte Sankt Markus,


Bischof von Alexandrien: Wir Christen und Muslime wollen uns in
Ägypten vertragen! Ihr dürft eure Moscheen in Europa bauen und wir
dürfen unsere Kirchen in Ägypten und Arabien bauen. Du sprachest vom
Himmel als einem Garten. Ich hatte einmal eine Vision vom Himmel, mir
scheint, es war dieselbe Vision, die Dante hatte. Wenn du Corinna vom
Tiber einen Platz unter den Huris erbitten willst, so erbitte ich ihr einen
Platz im Weinberg Gottes, welcher sich auf der Carina Nebula befindet.
Wer oder was Carina Nebula sei? Hört meine Geschichte! Und Sankt
Markus erzählte folgende Science-fiction-Geschichte:

LUKE SKYWALKERS ODYSSEE IM WELTRAUM 2011


Luke Skywalker war ein Doktor der Informatik. Aber er hieß nicht immer
Luke Skywalker, getauft ist er auf den Namen Markus Eichel und stammt
von einem Vater ab, der pietistischer Prediger war, des Sohnes eines
pietistischen Predigers, des Sohnes eines pietistischen Predigers, des
Sohnes eines pietistischen Predigers. Er saß eines Abends bei einer Flasche
spanischen Rotweins in seinem deutschen Häuschen und schaute aus dem
Fenster, da sah er den Abendstern. Im gleichen Augenblick hatte er eine
Vision: Goethe stand vor ihm mit dem Zaubermantel des Doktor Faust und
lud Markus Eichel zu einem Himmelfahrt ein. Goethe und Markus Eichel,
der sich nun Luke Skywalker nannte, reisten auf dem fliegenden Teppich
von Faustens Zaubermantel zur Venus. Die Venus ist 108 Millionen
Kilometer von der Sonne entfernt und hat einen Durchmesser von 12
Millionen Kilometern. Sie ist einer der erdähnlichen Planeten, der
terrestrischen Planeten. Sie kommt auf ihrer Umlaufbahn der Erde mit 38
Millionen Kilometer am nächsten. Sie hat die gleiche Größe wie die Erde,
die Mutter Erde mit den breiten Brüsten, wie Hesiod so geschmacklos
sagt. Nach der Luna ist die Venus das hellste Lustobjekt am Himmel. Sie
wird auch Abendstern und Morgenstern genannt. Als Morgenstern ist sie
auch der Bibel bekannt. Sie ist auch am Taghimmel sichtbar mit bloßem
Auge oder kleinem Fernrohr. Ihr Symbol ist der Handspiegel der Göttin
Venus. Da sahen Goethe und Luke Skywalker die Liebesgöttin Venus:
Nackt kam sie aus dem Badezimmer und schaute in ihren Handspiegel und
kämmte ihre langen rötlichblonden Locken, die keusch die nackten Brüste
und den keuschen Schoß verbargen. Die Göttin Venus lächelte Luke
Skywalker an und sagte: Komm, komm in meine Liebeslaube! Und so
traten Goethe und Luke Skywalker in den Garten der Venus. Sie kamen
zuerst ins Land der Aphrodite: Aphrodite Terra, so groß wie das
katholische Lateinamerika. Aphrodite tauchte eben aus dem Schaum des
Meeres und trat auf die Muschel und fuhr ans Land, da sprossen Rosen
unter ihren Füßen auf. Aphrodite Terra hat die Form eines Skorpions, und
gefährlich ist Aphrodite wie ein Skorpion. Nun gingen Goethe und Luke
Skywalker in die nördliche Region von Aphrodite Terra, da kamen sie in
die Thetis-Region. Thetis, dieMeeresgöttin, badete eben ihren Sohn Achill
und machte ihn unverwundbar. Peleus bewarb sich schon um die schöne
Thetis, und bei der Hochzeit der Thetis mit dem Peleus kam die Zankgöttin
Eris und ließ einen Apfel der Schönheit fallen, um den bewarben sich
Venus und Minerva und Juno. Juno versprach dem Hirten Paris Macht und
Herrschaft, wenn er ihr den Apfel gäbe. Minerva versprach dem Hirten
Paris Sieg in jedem Krieg, wenn er ihr den Apfel gäbe. Aber Venus ließ
einfach alle Hüllen fallen - da gab Paris der Venus den Apfel. Die
Hochlandregion der Thetis ist ein Bestandteil des äquatorialen
Hochlandgürtels mit einzelnen größeren Inseln, auf denen sich die
Nymphen am Strand betten und in Grotten spielen. Nun gingen Goethe
und Luke Skywalker nordwestlich von Aphrodite Terra in die Ishtar-Terra,
die Erde der Ishtar. Da war die Tochter Babel mit ihrem großen blauen
Löwentor, wie in Berlin auf der Museumsinsel. Die Göttin Ishtar ritt auf
einem Löwen und hielt einen goldenen Kelch in der Hand, gefüllt mit dem
Blut der Märtyrer. Ishtar Terra ist einem irdischen Kontinent vergleichbar
und so groß wie Australien. Dort befindet sich in den Bergen der
Einschlagskrater Kleopatra. Dort begrüßte Kleopatra den Luke Skywalker.
Sie war ja die Inkarnation der Göttin Isis und Gottkaiserin Ägyptens, die
gerne in Kamelstutenmilch badete und eine unverschämt schöne Nase
hatte. Gekleidet war sie in ein Kleid, gewoben aus Spinnweben. Sie biß
sich die Lippen blutig, um ihre Lippen schön dunkelrot zu färben. Sie hielt
in der Hand einen Kelch mit Wein, in dem sie eine Perle geschmolzen
hatte, und in der anderen Hand hielt sie eine giftige Schlange, um sich das
Leben aus Liebeskummer zu nehmen. Aber Markus Eichel sagte zu
Kleopatra: Nimm dir nicht das Leben! Heute Nacht werde ich dich trösten!
Am nächsten Morgen gingen Goethe und Luke Skywalker weiter und
kamen vom Kern der Ishtar-Terra zu der im Westen liegenden flachen
Hochebene Lakshmi-Planum. Dort war das Milchmeer vom Anbeginn der
Schöpfung. Die indischen Götter standen am Rand des Milchmeers und
nahmen die Urweltschlange und quirlten mit der Urweltschlange das
Milchmeer auf, bis aus dem Milchmeer die Göttin des Glücks aufstieg, die
wunderschöne Lakshmi. Jede indische Frau nimmt sich die Lakshmi zum
Vorbild, denn sie war eine anschmiegsame Göttin, ihrem Göttergatten ganz
gehorsam! Fein, dachte sich Markus Eichel, solch ein Weib wünsch ich
mir! In der Lakshmi-Planum befanden sich zwei vulkanische
Einsenkungen, da wartete an der einen Colette, eine Dirne aus Paris, und
Sacajawea, eine indianische Squaw! Dann gingen Luke Skywalker und
Goethe in den Süden und kamen zu den Danu-Montes. Da lachte sie Danu
an, die Weiße Göttin der Kelten, sie saß auf einem weißen Pferd und trug
einem silbernen Bogen über die Schulter gehängt und einen kristallenen
Köcher an der Hüfte. Weiter nordwestlich in den Freyja-Montes war schon
Freyja ganz neugierig auf die Himmelsbesucher. Sie saß in einem Wagen,
von Katzen gezogen, um den Hals den kostbaren Halsschmuck, in
welchem Zauberkraft wohnte. Nach Freyja ist der Freitag heilig, und am
heiligen Freitag versammeln sich alle auf der Venus, um zu Ehren der
Freyja nichts als Fisch zu essen, kein Fleisch, kein Fleisch! Die Gebirge
der Göttinnen Danu und Freyja waren ganz wie die Anden. Im Osten von
Ishtar-Terra war ein Hügel-Plateau mit Namen Fortuna-Tessera. Dort saß
die Göttin Fortuna auf ihrem Glücksrad, das mal aufwärts und mal abwärts
drehte und ganz nach der Laune der Göttin Fortuna das Glück auf Erden
verteilte. Oh, sagte Luke Skywalker, die Göttinnen auf der Venus sind
wohl genauso launisch wie die Weibchen auf Erden! Und so kamen
Goethe und sein Freund zum südlichen Westrand der Alpha-Region und
sahen Eva-Corona. O, die Mutter Eva! Immer noch stand sie unter dem
Feigenbaum und kokettierte mit der Schlange! Nimm dich in Acht, Luke
Skywalker! Hüte dich vor der Feige der nackten Eva! Goethe sagte zu
Luke Skywalker: Rasch, mein Freund, fort von der nackten Eva, fort von
der Feige und der Schlange! Und Goethe breitete wieder Faustens
Zaubermantel aus und Goethe und Luke Skywalker schwebten aufwärts in
die Gegend zwischen dem Mars und dem Jupiter. Da befanden sich
Zwergplaneten, vierhunderttausend Zwergplaneten von der Masse des
Uranus-Mondes Titania, und Titania, die Feenkönigin, war wesentlich
schlanker als die lehmige Mutter Erde mit den breiten Brüsten. Titania trug
ein Kleid aus Libellenflügeln und durch das transparente Kleid in
Regenbogenfarben schillerte ihr Leib so weiß wie weiße Jade. Zuerst
begrüßten Luke Skywalker die Asterioden - denn sie waren im Asteroiden-
Sternengürtel - namens: Ceres, die Luke Skywalker eine Oblate anbot,
Pallas, die Luke Skywalker die gesammelten Schriften von Platon anbot,
Vesta, die das Herdfeuer anzündete, Asträa, die ihm die auf Erden
verlorengegangene Gerechtigkeit zeigte, und Hebe, das war ein junges
Mädchen von sechzehn Jahren, schlank und nackt, die bot Luke Skywalker
einen Becher vom Wein der Götter an. Luke Skywalker nahm einen
himmlischen Schluck. Ah, das ist ein Tröpfchen! Und Hebe, das ist ein
Mädchen wie ein Himmel! Die Asteroiden sind allesamt mit dem
Sonnensystem aus einem präsolaren Urnebel hervorgegangen. Im Innern
des Gürtels war die Familie der Flora, die Göttin der Blumen und alle ihre
Blumenkinder bereiteten einen Garten, schön wie der Garten Eden, mit
Tulpen und Rosen und Orchideen und Lilien und Lotosblumen und Phlox
und antarktischen Sonnenblumen. Eben ging die Morgenröte auf, denn es
erschien die Eos-Gruppe. Eos oder Aurora, die Göttin der Morgenröte, war
ein immerjunges Mädchen, nackt und weiß und rosig blühend, und ihr
Gemahl Tithonus war unsterblich, aber ach, nicht von ewiger Jugend. Er
wurde immer älter, immer älter, bis er als Zikade endete. Goethe sagte zu
Luke Skywalker: Ich habe immer geglaubt, die Jungfrau Maria mit ihren
vierzehn Jahren hatte den Greis Josef zum keuschen Bräutigam, und da
über seinen Tod im Evangelium nichts berichtet ist, ist der heilige Josef
sicher auch als Zikade geendet. Luke Skywalker lächelte. Aber o Schreck,
da kam die Hygiea-Gruppe, ein Schwarm von himmlischen Putzfrauen!
Hygiea, die Göttin der Hygiene, war die himmlische Schutzpatronin aller
Putzfrauen! Sie hielt in der einen Hand einen Putzlappen und in der
anderen Hand Seife. Ja, sagte Goethe, auch der Himmel muß täglich
geputzt werden, sonst sieht es hier bald aus wie bei Hempels hinterm
Sopha! Das verstand Luke Skywalker und er war dankbar der Göttin der
Hygiene und ihren himmlischen Putzfrauen für den Fleiß und Schweiß der
Götter. Aber, ah, da war ja der Amor-Typ! Amor, ein kleiner nackter Knabe
mit Flügeln an den Schultern, Pfeil und Bogen über der Schulter, einem
Köcher voller Pfeile an der Hüfte, sagte: Auf Erden hab ich viele Pfeile zu
verschießen mit Gift an der Spitze: Pfeile der unerwiderten Liebe! Aber im
Himmel verschieß ich nur Pfeile mit Honig an der Spitze: Pfeile der
erwiderten Liebe, des Glücks, der Lust und der Freuden des Paradieses!
Neben dem Amor-Typ stand der Apollo-Typ, sein Antlitz leuchtete wie die
Sonne, er war schön wie der Apoll von Belvedere aus dem Vatikanischen
Museum, aber er hielt in den Händen eine siebensaitige Lyra: Gott aller
Dichter, Apoll, ich danke dir, o Phöbus, daß du mich mein Leben lang
inspiriertest, sagte Goethe, und Apollo nickte. Da kamen die Trojaner-
Asteroiden, allen voran der Hektor-Asteroid, und mit ihnen die Zentauren-
Asteroiden. Ja, das ist ja wirklich wie beim Homer im Paradies! Ach, wie
soll ich sie alle besingen, die Asteroiden? Da kam Europa, die mit der
christlichen Seele, da kam Juno, die Himmelskönigin mit dem lilienweißen
Armen, da kam Sylvia,
die Göttin der Wälder, da kam Euphrosyne, die graziöse Grazie, da kam
Psyche, die Geliebte des Eros, da kam Kybele, die Magna Mater auf dem
Löwenwagen, und schließlich Metis, die Mutter der Athene, selbst eine
Göttin der Weisheit. Leise schlich sich herbei die keusche Ehefrau eines
irdischen Physikers, die Frau Muschi war auch an den Himmel versetzt
worden. Astarte, die Göttin der Liebe von Tyros und Sidon erschien, der
Salomo in Israel ein Heiligtum gebaut hatte, und schließlich: Sapientia!
Gottes Weisheit! Goethe und Luke Skywalker fielen anbetend auf ihre
Angesichter, wie in priesterlicher Prostration! Da war eine halbe Stunde
lang Stille im Himmel. Dann erhob sich Goethe und sagte zu Luke
Skywalker: Ich kann dich nun nicht weiter begleiten, ich bin am Ziel alles
meines Strebens angekommen. Von nun an wird die göttliche Sapientia
dich führen. Und die göttliche Sapientia, wie ein weiblicher Engel mit
glühenden Flügeln in einem goldenen Thron thronend, sagte zu Luke
Skywalker: Kopf hoch, mein Liebling! Schau! Dein Platz wird jetzt bei
Carina Nebula sein! Und da sah Luke Skywalker die Carina Nebula.
Achttausend Lichtjahre von der Erde entfernt lag dieser Sternennebel. Aus
solch einer Wolke von kosmischem Staub und Gas ist einst unser
Sonnensystem geboren worden. Die Gassäule der Carina Nebula war drei
Lichtjahre groß. Von ihren Zehen bis zu ihrem Haupt braucht das Licht
drei Jahre. Sie war eine gewaltige Gas-Säule, eine Brutstätte neuer Sterne,
mit wirbelnden Gas-Schwaden vor einem Hintergrund von rotem Purpur
und blauem Purpur. Die Carina Nebula glich einer bizarren Landschaft,
wie sie sich Tolkien ausgedacht hätte, oder dem sagenhaften Land Narnia.
Und Carina Nebula erschien vor Luke Skywalker und lud ihn ein in die
himmlische Provence des Himmels, mitten in den Weinberg Gottes! Und
dort blieb Luke Skywalker trunken vor Liebe bei Carina Nebula in der
Provence des Paradieses, im Weinberg Gottes! Carina Nebula aber gebar
den Kometen Juri, den Zwergplaneten Simon und die Sonne Milan. Und
eben landete ein weiteres Sternenschiff an und strahlendweiße Jedi-Ritter
brachten die Seele der Schoschanna zum seligen Markus Eichel, der eben
jetzt von seinem Traum erwachte und wieder vor seinem Computer saß.

Sankt Markus hatte seine Vision erzählt, da lachte ihn Mara von Moab an,
die Mutter des lieben Machlon, und sagte: Wir kommen alle einst ins
Jüngste Gericht! Wie, frag ich mich immer, wie krieg ich einen gnädigen
Gott? Der Vater muß wohl auf die fünf heiligen Wunden Jesu schauen,
dass wir die Gerechtigkeit Christi erlangen. Aber den Herrn Jesus muß
man doch auch an seine Menschwerdung erinnern, dass er uns nicht als
Engel richtet, sondern als Lehm vom Lehm der Mutter Erde, darum bitten
wir die Gottesmutter, ihre schönen Brüste zu entblößen und zum Herrn
Jesus zu sagen: Schau, mein Sohn, schau diese gebenedeiten Brüste, an
denen du Milch getrunken hast! Erinnere dich an deine Menschwerdung
und schenke all meinen Kindern grenzenlose Barmherzigkeit! Ja, bei den
gebenedeiten Brüsten der Gottesmutter, Corinna vom Tiber soll
Barmherzigkeit erlangen auf ihrem Sterbebett! Ich will nun aus eben
diesem Grunde die Brüste der Gottesmutter preisen!

DIE BRÜSTE DER GOTTESMUTTER


1

Die heilige Agatha ist zwar nicht Maria Galaktotrouphousa, aber sie wird
bei Brustproblemen angerufen. Agatha stammte aus einem edlen und
wohlhabenden Geschlecht auf Sizilien und war eine der schönsten Frauen
der Christenheit. Bereits als Jugendliche entflammte sie in Liebe zu Jesus
und hängte sich eine Ikone von seinem Heiligen Antlitz in ihrem Zimmer
auf und gelobte ihm ewige Jungfräulichkeit um des Himmelreichs willen.
Der Ruf ihrer Mädchen-Schönheit erreichte den heidnischen Gouverneur
von Sizilien, Quintianus, er rief sie zu sich. Da sprach sie: Jesus Christus,
höchster Herr aller Dinge, du siehst mein Herz, du weißt, was ich verlange,
sei du allein der Besitzer von allem, was ich bin und habe. Du bist mein
Hirte, o Gott, und ich dein Schaf. Mache mich würdig, dass ich über den
Teufel siege. – Als Quintianus das schöne Mädchen sah, entbrannte er in
böser Lust, denn sie war ein überaus schönes Mädchen. Doch Agatha
verwies auf ihr Gelübde der ewigen Jungfräulichkeit und lehnte das
Begehren des Heiden ab. Das erzürnte Quintianus so sehr, dass er sie in ein
Bordell schleppen ließ. Die Äbtissin des Freudenhauses hieß Aphrodisia
und hatte neun Freudenmädchen im Haus. Im ganzen Land waren diese
Töchter der Aphrodisia wegen ihrer Liebeskünste bekannt. Doch wenn ein
Freier Agatha begehrte, sprach sie: Mein Mut ist auf einen starken Fels
begründet und in Christus gefestigt. Eure Worte sind nur wie ein Wind,
eure Versprechungen sind nur wie ein Regen, euer Drohen wie ein
verfließendes Wasser. Und wie viel ich angefochten werde, so werde ich
doch nicht fallen, denn das Fundament meines Lebenshauses steht fest.
Solche Reden hörten die Freier nicht gerne und so schickte Aphrodisia
nach einem Monat die heilige Agatha wieder zurück zu Quintianus. Er
sprach: Welchen Standes bist du? Sie sprach: Ich bin eine Edle und Freie.
Er sprach: Warum, wenn du eine Edle und Freie bist, schämst du dich
nicht, dich wie eine Sklavin zu kleiden? Sie sprach: Weil ich eine Magd
des Herrn bin. Er sprach: Wenn du freigeboren bist, warum nennst du dich
dann eine Magd? Sie sprach: Christus zu dienen, ist die wahre Freiheit. Er
sprach: Wir sind also nicht frei, die wir den Gekreuzigten verhöhnen und
die heidnischen Götter ehren? Sie sprach: Wie kannst du frei sein, wenn du
leblose Götzenbilder verehrst und deine Seele an die Hölle verkaufst? Da
ließ Quintianus die heilige Agatha ohrfeigen und in den Kerker werfen.
Freudigen Antlitzes betrat sie den Kerker und bat Gott um Kraft für ihren
Kampf. Am Morgen stand sie wieder vor Quintianus. Er sagte: Was hast du
zu deinem Heil beschlossen? Sie sagte: Mein Heil ist Christus. Er sagte:
Wie lange willst du auf dieser Torheit beharren? Bedenke, wie jung du
bist! Verleugne den Gekreuzigten und ehre die Götter! Sie sagte: Es ist
besser für dich, deine Götter zu verleugnen, die nichts als Holz und Stein
sind, und den wahren und lebendigen Gott anzubeten, deinen Schöpfer,
dem du dein Dasein verdankst. Wenn du Gott verachtest, ist das ewige
Feuer dein Teil. Da schickte er sie wieder in den Kerker, denn sie machte
ihn mit ihren Reden vor dem Volk zu Spott. Aber sie ging fröhlich in den
Kerker, als sei sie zu einem Mahl geladen. Aber Qunitianus ließ sie foltern
und ihr die schönen Brüste abschneiden! Oh schamloseste
Unmenschlichkeit! Nach dieser Schandtat des Quintianus tauchte der
heilige Petrus im Kerker auf und wollte die Wunden der Brüste der
heiligen Agatha heilen und salben, doch sie wies es zurück. Am nächsten
Tag aber sind durch ein Wunder Gottes die schönen Brüste der schönen
Jungfrau wieder heil und gesund. Sie ward wieder zu Quintianus geführt
und sang dieses Hohelied: Ich habe in dieser Pein so große Wollust und
Wonne wie einer, der eine Freudenbotschaft hört oder wie einer, der einen
Freund wiedersieht, den er lange nicht gesehen hat, oder wie einer, der
einen großen Schatz gefunden hat. Der Weizen kann nicht in die Scheuer
kommen, wenn er nicht vorher kräftig gedroschen worden ist und zu Spreu
geworden. Also kann meine Seele nicht ins Paradies eingehen mit der
Märtyrerpalme, wenn mein Leib nicht von den Henkern zugrunde gerichtet
worden ist. Du gottloser Wüterich schämst dich nicht, an einem Weibe das
abschneiden zu lassen, was du selber an deiner Mutter gesogen hast? Aber
wisse, dass ich noch heile und gesunde Brüste habe in meiner Seele, daran
ich alle meine Sinne tränke, die ich von Jugend auf Gott geweiht habe.
Quintianus ließ Agatha dann sich in glühenden Kohlen und scharfen
Scherben wälzen. Jesus holte die Jungfrau zu sich. Quintianus aber ward
bald von einem Pfeil getroffen und starb. Agatha aber wurde wegen ihrer
schönen Brüste zur Schutzpatronin der Glockengießer. Zu Ehren der
heiligen Agatha backen die Frauen in Catania die „minni di virgini“, die
Jungfrauenbrüstchen, eine Leckerei in Form einer großen Praline mit
einem Knubbelchen obendrauf. Auch das Agatha-Brot wird in Form einer
Brust gebacken, das sollen die Glockengießer essen, bevor sie Glocken
gießen, und die entbindenden Mütter, damit ihr Milchfluss gesichert wird.

Klara kam aus adligem Haus, führte ein wohlbehütetes Leben als höhere
Tochter. Eines Tages ging sie in den Dom von Assisi. Dort predigte
gewaltig Franziskus, er predigte über Frau Armut, Frau Armut und
nochmals Frau Armut! Sie war hingerissen von dem bärtigen Gottesmann
und verliebte sich noch in der Kirche in den armen Jesus. Am Ende der
heiligen Messe nabelte sie sich von dem reichen Leben ab und folgte
Franziskus in seine Zelle in San Damiano. Franziskus schnitt der heiligen
Klara das lange schöne Haar ab, entkleidete sie ihrer reichen Kleider und
hüllte sie in Bettlerlumpen. Frau Klara erzählte, dass es ihr in einem Traum
erschien, dass sie ein Gefäß mit Wasser und ein Tuch zum Abtrocknen
brachte dem heiligen Franziskus, sie stieg eine steile Treppe hinan, aber sie
schritt so leicht wie auf ebener Erde. Beim heiligen Franziskus
angekommen, nahm Franziskus eine seiner Brustwarzen zwischen die
Finger und sagte zur Freundin Klara: Komm und sauge! Und als sie
gesaugt hatte, flüsterte ihr der Heilige zu, dass sie noch einmal saugen
dürfe aus seiner anderen Brustwarze. Was sie aus dieser Brustwarze sog,
war so süß und lecker, dass es unbeschreiblich war. Und nachdem sie
gesaugt hatte, blieb die Brustwarze des Heiligen, woraus die süße Milch
geströmt war, zwischen ihren Lippen. Und als sie die Brustwarze, die
zwischen ihren Lippen war, mit den Händen anfasste, schien es ihr, als sei
die Brust des Heiligen reines Gold gewesen und klar wie ein Spiegel, in
dem sie sich selber erkannte. Wegen dieser Visionen der heiligen Klara
wurde die Jungfrau von Papst Pius dem Zwölften zur Schutzpatronin der
Tele-Vision erwählt.

Augustinus sah in einer Vision rechts von sich stehen Jesus mit offener
Seitenwunde, aus der sein kostbares Blut floss. Zu seiner Linken stand
Maria mit entblößtem Busen und drückte mit der rechten Hand aus einer
schönen Brust Milch. Augustinus wusste nicht, wohin er sich wenden
sollte: Zum blutigen Jesus oder zur milchigen Maria, er schien eigentlich
beides zu wollen. Hilfesuchend wendete Augustinus den Blick zum
Himmel, um den Allerhöchsten um Weisung zu bitten.

Bernhard kniete in einer Vision vor dem Kreuz. Christus war an den Füßen
mit einem Nagel angenagelt, aber er neigte seinen Oberkörper zu Bernhard
und umarmte ihn liebevoll zärtlich. Neben dem Kreuz erschien Maria mit
entblößtem Busen, die Hand auf der Brust, drückte sie mit ihren Fingern
Milch aus ihrer Brust. Im Arm hielt sie den nackten Jesusknaben, vielleicht
vier Jahre alt. Jesus, der den Arm um Bernhard legte, schien zu sagen: Ja,
wende dich an die Jungfrau Maria und erbitte von ihr die Milch des
Trostes. Die Milch Mariens zu wählen, ist eine gute Wahl. Die Jungfrau
Maria melkt mit der Hand die Milch aus ihrer bloßen Brust und spritzt die
Milch in einem kräftigen Strahl auf Bernhards Stirn, so wird ihm ewige
Weisheit und göttliche Erkenntnis eingegossen. Dann aber ging es
Bernhard nicht so sehr um das Disputieren, sondern um Gebet und
Meditation und Kontemplation, es ging ihm nicht in erster Linie um
Wissen, sondern um das Verkosten der göttlichen Liebe. Denn nachdem
Maria die Milch der göttlichen Weisheit auf Bernhards Stirn gespritzt,
gießt sie ihre Milch der schönen Liebe in seinen liebedurstigen Mund.
Bernhard empfand Maria sinnlich durch das Sakrament ihrer Milch.
Sozusagen drang Maria feinstofflich in Bernhard ein. Das war ganz nach
dem Geschmack des Mystikers Bernhard. Maria schaute Bernhard dabei in
verspielter Stimmung schelmisch lächelnd an, Bernhard war ganz Mariens
Milch genießend. Bernhard ist so ganz Sohn Mariens geworden und
Mitsäugling Jesu. Nachdem Maria ihre Milch, die süß wie Honig ist, ihm
eingeflößt, ward Bernhard zum Doctor melifluus, zum Lehrer der
honigsüß-fließenden Beredsamkeit. Von deinen Lippen, o Braut, fließt
Honig! Aus deiner Honigwabe, o Braut, tropft Tau der Liebe!

Mara von Moab, die Mutter des Machlon, hatte eben ihre Rede beendet, da
erhob Josef Maria Mayer, der deutsche Dichter und Denker, seine Stimme:
Bei den Brüsten Mariens! Bei der Milch Mariens! Corinna von Tiber soll
im dem himmlischen Totenreich mit allen meinen lieben Toten versammelt
selig sein! Ich bin ganz allein auf Erden, seit Corinna vom Tiber nicht
mehr da ist! Ich habe nur noch meine Toten! Aber das sind auch einmal
wirklich treue Freunde, die führen einen als inspirierende Geister zu Gott!
Hört meine Briefe, die ich meinen Toten schrieb, weil ich auf Erden
keinem Briefe schreiben durfte!

BRIEFE AN MEINE TOTEN


1

KARINE AN JOSEF

(Oldenburg, Mai 1994)

Lieber Josef!
Na, wie schaut es aus bei dir? Ja, ich will noch mit dir zu tun haben! Aber
du weißt auch, wie es letztes Mal war, als du mich in der Ulme besucht
hast... Es wäre gut, wenn du in Oldenburg bei deinem Bruder übernachten
könntest, wir würden dann einen schönen Tag miteinander erleben. Ich
würde auch einmal zu dir nach Norden kommen, aber ich möchte doch
lieber nicht bei dir schlafen. Ich schreibe übrigens mit deinem
Füllfederhalter, den du mir geschenkt hast, danke! Du hast mir gar nicht
geschrieben, wie es dir geht, oder nur so ein klein wenig. Ich habe in der
letzten Zeit viel arbeiten müssen. Ich hatte eine Arbeitsstelle in einer
Baguetterie, aber ich wurde entlassen, weil ich zu langsam war. Aber so
schnell bin ich in meinem ganzen Leben noch nicht hin und her geeilt, wie
da. Aber es ist egal. Ansonsten arbeite ich immer noch an meinen
Studienarbeiten und fühle mich auch wohl dabei, aber die Monster
erwarten schnellere Resultate. Hier in meinem Zimmer ist es sehr schön,
ich könnte fast noch abgeschirmter Leben. Heute Nachmittag gehe ich mit
Bine schwimmen und danach bei meiner Mutter essen. Für einen Tag
würde ich ja auch gern nach Norden kommen, aber die Züge fahren ja
leider immer schon so früh wieder nach Oldenburg zurück. Vielleicht
komme ich einmal, aber dann musst du jegliche Avancen unterlassen. Mit
meiner Mutter hab ich eine ganz enge Beziehung. Bine war in Urlaub, aber
wir sehen uns doch ab und an und verstehen uns auch gut. Ich schreibe
soviel Äußerliches, nicht wahr? Aber das ist meine Welt. Innerlich fühle
ich mich kugelwohl, ich habe mich auch lange ausgeruht. Meine
Mitbewohner meinten, du hättest, als du hier warst, einen sehr verwirrten
Eindruck gemacht. Hoffentlich geht es dir auch gut in deiner Isolation.
Schwäne können Menschen doch nicht ganz ersetzen. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass einer ganz allein glücklich sein kann. Es liegt an dir, deine
Isolation aufzubrechen.
Alles Gute, mein Lieber, ich wünsche dir auch alles Schöne!
Es wäre schön, wenn wir uns einmal wieder treffen könnten.
Deine
Karine
2

JOSEF AN KARINE

(Juni 2011)

Liebe selige Karine!

Ich erinnere mich an den Mai 1994, den Frühling meines blühenden
Wahnsinns. Ich erinnere mich an dich. Wir hatten uns vier Jahre zuvor im
Zeichen der Venus kennen gelernt: Ich trat in dein Zimmer, da stand eine
Büste von den perfekten Marmorbrüsten der Venus. Diese Statue steht
heute in meiner einsiedlerischen Karmelzelle. Als ich dich sah, da begann
ich eine sapphische Ode an Aphrodite zu dichten: Danke, Königin der
Liebe, dass du mir deine Priesterin geschickt! Und als wir zwei Jahre im
Konkubinat zusammen lebten, da war an der Tür zu deinem
Bettkämmerchen das Bild der Venus von Florenz. Aber nach dem Tod
meiner geliebten Großmutter stand Christus vor mir und ich warf mich vor
ihm nieder und betete ihn an als meinen Gott. Von einem Tag auf den
andern war ich gläubiger Christ geworden. Nun konnte ich nicht mehr im
Konkubinat leben und so trennte ich mich von dir. Ich zog mich in die
Einsamkeit zurück, abgeschieden von allen vorherigen Freunden und
Freundinnen, und begann zuerst, die Bibel zu studieren, die Bekenntnisse
der heiligen Augustinus zu lesen, das Leben unsres armen Herrn Jesus
Christus nach den Visionen der seligen Anna Katharina Emmerick,
aufgezeichnet von Clemens Maria Brentano, den Messias vom
seraphischen Dichter Klopstock, die Gnadenwahl nach der Lehre des
dunklen Jakob Böhme und die göttliche Komödie von Dante. Die macht
mir nun Mut, von der Abgeschiedenen zu schreiben. Dann zog ich nach
Norden in den Schwanenpfad am Schwanenteich und sprach nur noch mit
Gott und dem Trauerschwan. Aber du nahmest wieder Kontakt mit mir auf,
denn du hattest mich als Geliebten verloren, aber du wolltest mich als
Freund nicht verlieren. Ich aber war in den Wahnsinn hineingeraten. Die
Ärzte sprachen später von einer paranoiden und schizophrenen Psychose.
Ich lebte in einem Übermaß von phantastischen Halluzinationen. Ich
sehnte mich unwiderstehlich nach dem Tod, das heißt, in meinen
unerträglichen Leiden sehnte ich mich nach der Glückseligkeit des
Paradieses. Ich hatte Visionen von der Hölle, dem Pech- und
Schwefelgestank der Hölle und von dämonischen Ratten. Ich ahnte und
schmeckte schon voraus die Glückseligkeit des Paradieses, ein Feuer der
Liebe, das der Stille Ozean nicht zu löschen vermag. Aber je mehr ich
mich nach dem Tode sehnte, umso größer wurde auch die Lust am Leben,
ach, die Sehnsucht nach der verflossenen Liebeslust, die wir zusammen
genossen hatten. Du wurdest mir verklärt zu einer göttlichen Venus,
Inbegriff der Lust der Liebe und der Schönheit des Lebens, eine
Verheißung der Freude des Lebens. Ich wollte dich also besuchen, denn
ich war ganz allein und es schien mir auch, ich sei allen Menschen
unsichtbar, und so wollte ich zu dir, denn eigentlich wollte ich von dir
nicht allein die Lust der Liebe erbetteln, sondern die Freude des Lebens,
ja, das Leben selbst. Ich schrieb dir also einen Brief, aber einen magischen
Brief, indem ich einen altägyptischen Liebesbrief in Hieroglyphen zu dir
schickte. So kam ich zu dir, verwildert, geistesverstört, krank vor
Einsamkeit und Trauer, todessehnsüchtig, noch einmal das Leben selbst zu
erhaschen.
Dein
Josef

KARINE AN JOSEF

(Juni 1999)

Lieber Josef,
nun schreibe ich dir endlich, ich habe oft an dich gedacht, aber ich hatte
soviel zu tun, dass ich nicht zum Schreiben kam. Nach deinen Karten zu
urteilen, geht es dir in deiner Kur gut. Ich bin gespannt, was du so alles
erzählen wirst. Ich arbeite jetzt seit dem 1. Juni und habe viel Arbeit.
Meine Arbeit ist aber interessant und es geht mir gut dabei. Meine
Wohnung ist schön, aber es ist hier ein bisschen zu laut und ich möchte
schon wieder umziehen. Mit Claudia will ich eine Musikgruppe gründen,
nur Frauen, ich werde trommeln. Ich freu mich schon darauf, aber ich habe
manchmal einfach zu wenig Zeit. Ich würde gern ein bisschen mehr vor
mich in träumen. Das kann ich ja dann nach meiner Arbeit tun. Am
meisten fällt mir zu meiner Arbeit ein, die lässt mich manchmal auch zu
Hause in Gedanken nicht los. Im Moment haben wir ein Projekt für
Schulen in Afrika. Ich habe die Kinder und die Lehrerinnen interviewt.
Das war gut. Die Arbeit ist sehr interessant, aber lustig ist sie nicht gerade.
Für mich ist es gut, das alles einmal kennen zu lernen. Ich hoffe, die
Therapie bringt dir auch Heilung. Arbeitest du dort an deiner Tier-Phobie?
Wer ist eigentlich Mirjam? Bestimmt eine liebe Frau... Demnächst machen
wir eine Vortragsreihe zum Thema: Altsein im fremden Land. Da berichten
alte Emigranten über das Altsein in ihrer Heimat und in Deutschland. Ich
muß die Menschen interviewen und dann eine Radiosendung daraus
machen. Hassan, er kommt aus dem Iran, er macht die Technik im Radio.
Vorletzten Samstag hatten Sabine und Robert Richtfest vor ihrem Haus.
Das war schrecklich schön – mit ganz vielen Kindern! Bei Evi bin ich
selten, es geht ihr so nicht gut und nicht schlecht.
Ich gebe dir einen dicken Kuß!
Ich gehe schlafen, ich bin schon wieder müde.
Ich hoffe, du erfährst in der Therapie viel über dich, hast aber auch viel
Freude!
Bis bald!
Karine.

JOSEF AN KARINE

(August 2011)

Liebe selige Karine!

In meiner Psychotherapie haben die Seelsorger mir gesagt, ich hätte das
junge Mädchen Marion meiner Jugend zu einem Idol und Götzen gemacht.
Ich sagte, in der Kirche meines Herzens gebe es einen Hauptaltar für Gott
und eine Seitennische für Marion. Da haben die Seelsorger gesagt, ich
solle Marion aus meiner Kirche verjagen und einen Abschiedsbrief an sie
schreiben, ohne ihn ihr zu geben, nur, um mich freizusprechen. Sei
gegrüßt, Marion, zum letzten Mal gegrüßt! Raus aus meiner Kirche, du
Idol! Ich setze nicht den Menschen als ein Idol auf den Thron Gottes! Ich
bete den Menschen nicht an! Ich bete keinen Kaiser als Gott an und bete
keine Frau als Gott an! In meiner Kirche wird keiner Sünderin gedient! Du
sagtest, als ich durch Deutschland gefahren, um noch einmal deine Augen
zu sehen: Was willst du von mir? Ich habe dir doch gesagt, dass ich keine
Lust auf dich habe! Geh mit Gott, Marion, aber geh! Reise zum Mond,
aber plage mich nicht mehr bis aufs Blut! Nein, ich mache nicht einen
Menschen zum Sinn meines Lebens! Die Liebe Gottes ist der Sinn meines
Lebens! Wenn du mich nicht lieben willst, nun, das steht dir frei, das
ändert nichts an der Liebe Gottes zu mir! Ich mich umbringen wegen dir?
Zwanzig Jahre später bist du ein zänkisches Weib, ein griesgrämiges,
hässliches, altes Weib! Ich, ein Dichter Gottes, ein Genie von Gottes
Gnaden – in aller Demut gesagt – soll mein Amt nicht erfüllen, meine
Berufung nicht vollenden, weil irgendein Mädchen keine Lust auf mich
hat? Hab du deine Lust an wem du willst! Dein unwürdiger Menschenaffe
möge dich beglücken! Aber quäle nicht den Liebling Gottes! Du bist
nämlich nicht die Madonna! Nein, Marion bist du, aber nicht Maria! Jetzt
sind meine Ohren frei, seit Jesus Heffata über mich gesprochen, jetzt höre
ich, du bist Marion, und Maria allein ist Maria, Maria allein ist
immerwährende Jungfrau, Maria allein die reine Lichtgestalt, Maria allein
die Himmelskönigin, Maria allein ist es wert, in der Nische meiner
Herzenskirche verehrt zu werden, denn sie ist ganz rein! Du aber bist böse!
Du hast mich nie geliebt! Du hast mir fast mein Leben geraubt! Fort aus
meinem Leben! Fort aus meiner Seele! Fort aus meinem Herzen! Fahr zum
Mond oder geh nach Timbuktu! Fahr nach Buxtehude oder dahin, wo der
Pfeffer wächst! – Karine, du hast einmal eine Fotografie von Marion
gesehen und hast gesagt: Aber ich bin doch schöner als sie! Ja, Karine, du
warst gut zu mir, du hast mir dein Herz geschenkt! Ich weine schon ein
Jahr lang, weil du tot bist, aber du bist jetzt bei Maria und wartest auf
mich. Ich will Maria allein lieben, sie allein ist wirklich liebenswert, sie
liebt mich, sie hat Sehnsucht nach mir, sie liebt mich mit einer
grenzenlosen und brennenden Liebe! Morgen ist Maria Himmelfahrt!
Karine, du bist gen Himmel gefahren, wo Maria dich empfangen hat, dich
an die Hand genommen hat, sie, die Schönste Frau des Himmels, und dich
zu Jesus geführt hat! Und Maria führe auch mich durch dieses Tal der
Tränen zu den unendlichen Freuden des Himmels, wo ich dich
wiedersehen werde, Karine! Diese Hoffnung stärke mich in meiner
Traurigkeit. Sei gegrüßt und gesegnet, Karine, ich bete jeden Tag in der
Heiligen Messe für deine Seele, und du, Karine, bete auch für meine Seele
und steh mir als Engel bei! Adieu, Karine!
Josef
5

INKA AN JOSEF

(16.6.1999)

Lieber Josef,
wie geht es Dir in Deiner Kur? Ich hoffe, es ist für Dich eine spürbare
Änderung zum Guten eingetreten und Du kannst Gottes Gegenwart in
deinem Leben hautnah spüren. Ich schicke Dir ein Buch über Gottes
Weisheit in den chinesischen Schriftzeichen, ich dachte, Du könntest
Freude daran haben. Herzliche Grüße auch vom christlichen Mittagstisch!
Alles Liebe –
Inka

JOSEF AN INKA

(28.8.2011, Goethes Geburtstag)

Liebe selige Inka!


Dir darf ich schreiben, Inka, denn du bist nun tot, du verstehst mich nun,
und du lebst nun im Reich der Liebe, da Liebe alles in allen ist. Dir darf
ich sagen, dass du in Frankfurt im Schnee mir wie eine zarte Pusteblume
erschienen warst, zart wie die rosige Morgenröte über einem
weißverschneiten Feld. Dein Antlitz war so fein, so rein, so edel, ich habe
noch die Fotografie, wie gütig du schaust und wie liebevoll du lächelst. Ich
sah dich einmal im Winter in einem Café, da machtest du mit der Händen
nach, wie deine Katze mit den Schneeflocken spielte. Du erzähltest von
deinem Pferd und ich bot dir meinen Mantel an, wenn du durch den
Schnee nach Hause musstest. Wir waren auf einem Kongreß über die
Apokalypse des Johannes. Ich saß mit meinem Freund, dem Doktor, bei
einem Glase roten Weins. Die Ärztin wollte mir das Weintrinken ganz
verbieten, aber mein Freund, der Doktor sagte: Laß dir doch den Wein
nicht nehmen, das ist doch ein Stück Lebensqualität. Und Karines Vater
sagte: Mein sehr verehrter Poet, wenn du dir den Wein nehmen lässt, dann
werden deine Verse schlecht! Wir saßen also bei einem Glas Rotwein und
ich sah, wie sich der rubinrote Wein im Fuß des Kelches spiegelte, wie
eine feurige Flamme, die die Form einer Taube aus Feuer hatte. Das ist die
Liebe! Ich sah einmal in Karines Garten auf einer hohen Tanne eine weiße
Taube sitzen, die angestrahlt war von der Morgenröte, sie sah aus wie eine
Taube aus Glut. Das ist die Liebe. Und da ich dich liebte, Inka, schrieb ich
dir Liebesgedichte, und sogar ein Liebesgedicht auf chinesisch, und du
sagtest: Ich nehme einfach deine Liebesgedichte als Liebesgedichte Jesu,
meines Bräutigams, an mich! Das hast du richtig gemacht, Inka. Und was
lernten wir über die Apokalypse? Ich weiß nur noch, dass der Bibellehrer
von der siebenten Königin sprach. Ich weiß nicht, wer diese siebente
Königin ist, aber es soll fortan der Name sein, den ich dir gebe, Inka, du
siebente Königin der Apokalypse!
In ewiger Liebe,
dein Josef

INKA AN JOSEF

(31.1.2000)

Lieber Josef!
Wie schön, dass du geschrieben hast! Ich habe mich gefreut, von dir zu
hören! Ich hoffe, es geht dir schon etwas besser. Ja, das kann ich
nachfühlen, dass du dich schlecht fühlst, wenn du in deine alte
Gewohnheit zurückfällst. Und auch die Selbstverurteilung macht einem
dann zu schaffen. Aber Jesus klagt uns nicht an! Er vergibt, wenn du ihn
um Vergebung bittest, und er hilft, wenn du ihn um Hilfe bittest. Er liebt
dich auch weiterhin und wird dir heraushelfen. Vielleicht hilft dir die
Erfahrung deiner Schwäche, dass man sich nicht seiner eigenen Kraft
rühmt, sondern Gottes Kraft. Und manchmal sehen die Brüder gar nicht,
wie sehr man leidet, und dass man ihre klugen Sprüche nicht braucht, um
so richtig niedergeschlagen zu sein! Aber nun: Kopf hoch! Der Herr wird
dir alles tausendfach erstatten! Gott liebt dich sehr! So viele Wunder habe
ich erlebt, das würde einen ganzen Abend füllen, dir das zu erzählen. Gott
fordert immer wieder mein Vertrauen heraus. Er fordert auch dein
Vertrauen immer wieder heraus, dass er dich und mich liebt, so wie wir
sind. Er ist es, der das Vollbringen in uns wirkt. Er wird das Vollbringen
auch in dir wirken. In diesem Sinne sei herzlich gegrüßt von deiner –
Inka

JOSEF AN INKA

(September 2011)

Liebe selige Inka!


Heute habe ich einem kleinen Knaben ein Märchen erzählt, das schreib ich
für dich auf: Mein Urgroßvater war ein Seebär, und er erzählte immer
reichlich Seemannsgarn, ich kleiner törichter Knabe glaubte ihm aber
alles. Er war einmal mit seinem Segelschiff zu der Insel Melodia
gekommen, da wurde er herzlich willkommen geheißen von den
allerschönsten Mädchen. Die Königin dieser Insel war die Jungfrau
Libussa. Man meinte auf der Insel, dass die Buchstaben, die von Kindern
so schwer zu lernen sind, alle Weisheit vernichten. Darum bewahrte man
die Weisheit in Gesängen auf. Die Königin Libussa war die
Meistersängerin und die Mutter der Weisheit. Ihre wunderschönen
Gesänge, die noch das Flöten der Nachtigall übertraf, bewahrte man in
leeren Weinflaschen auf. Nun fand ich eines Tages an dem Strand der Insel
Baltrum eine leere Weinflasche, verkorkt, da war eine Botschaft drinnen
gefangen. Ich entkorkte die Weinflasche und hervor kam eine traurige
Melodie voller Seufzer: Bitte, Josef, rette uns! Unsre Insel Melodia ist in
großer Not! Eile herbei, du schöner junger Ritter, zu unserer Rettung! Da
machte ich ein Schiff klar und segelte über die sieben Weltmeere zu der
Insel Melodia. Ich wurde aber gar nicht herzlich willkommen geheißen
von den wunderschönen Mädchen! Alle hatten sich Stöpsel in die Ohren
gesteckt! Denn auf der Insel herrschte nicht mehr die wunderschön
singende Königin Libussa, sondern der Böse Onkel, der die Insel erfüllte
mit seinen teuflischen Brüllen. Ich kam in ein Schloß, das leer zu sein
schien, aber da sah ich das kleine Mädchen Valea, die Nichte der Königin
Libussa, sie war etwa vier Jahre alt, und sagte mir unter Tränen, dass ich
meinem Urgroßvater, dem Seebären, sehr ähnlich sähe. Sie hätte die
Flaschenpost geschickt, denn ihre Tante, die schöne Königin Libussa, sei
von dem Bösen Onkel mit seinem teuflischen Brüllen verzaubert worden,
so dass sie die Stimme verloren habe. Außerdem käme morgen der Drache
von der Nachbarinsel, um alle Jungfrauen zu verschlingen! Einmal im Jahr
wachte er auf und käme auf die Insel Melodia, aber der wunderschöne
Gesang der Königin Libussa habe ihm immer ganz zahm und sanft
gemacht, so dass er sich mit Bananenkeksen zufrieden gab. Aber nun sei ja
die Königin Libussa stumm, und der Böse Onkel mit seinem teuflischen
Brüllen würde den Drachen sicher nur noch mehr aufreizen, die niedlichen
Jungfrauen zu verschlingen. Ich versprach, die Insel zu retten und alle
niedlichen Mädchen zu beschützen vor dem Drachen. Aber ich schlich
mich in den Herrscherpalast des Bösen Onkels und erfuhr, dass er in der
Nacht die Insel Melodia heimlich verlassen wollte und die Mädchen dem
Schicksal und dem Drachen überlassen wollte. Ich sah auch schon sein
Schiff, auf dass er alle Weinflaschen der gesungenen Weisheit gebracht
hatte. Ich leerte aber alle Gesänge ins Meer aus, mögen die Delphine weise
werden und schöne Gesänge lernen! Nur die Weinflasche mit dem
Weisheitsgesang der Heilung nahm ich mit und öffnete sie vor der
stummen Königin Libussa, zu der mich ihre kleine Nichte Valea geführt
hatte. Da begann die schöne Königin Libussa zu singen, eben als die
Morgenröte im Osten erschien. Gerade kam der wilde Drache von der
Nachbarinsel, aber er war so sanft und zahm, dass die kleinen Mädchen
ihn mit Bananenkeksen abspeisen konnten. Der Böse Onkel aber war
geflohen, er hatte nur noch eine einzige Weinflasche an Bord seines
Schiffes, darin war gefangen die Torheit seines teuflischen Brüllens, die
ihn nun alle Ewigkeit plagte. Nun war die Insel Melodia gerettet, die
Königin Libussa sang wieder. Ich verließ stolz und glücklich die Insel und
versprach, in hundert Jahren wiederzukommen. Die Königin küsste mich
zum Abschied und so – Ende gut, alles gut!
Dein
Josef

PAPST JOHANNES PAUL AN JOSEF MARIA MAYER

Sehr geehrter Herr Josef Maria Mayer!


Gerne bestätige ich Ihnen den Empfang Ihrer Namen-Marien-Litanei vom
Mai des Jahres 2002, die Sie dem Heiligen Vater gewidmet haben.
Zugleich darf ich Ihnen freundlich mitteilen, dass Seine Heiligkeit für
dieses Zeichen der Verbundenheit mit dem obersten Hirten aufrichtig
dankt. Papst Johannes Paul II. schließt Ihre Anliegen in sein Beten ein und
erbittet Ihnen für Ihren weiteren Lebens- und Glaubensweg Gottes treuen
Schutz und die Freude des Heiligen Geistes.
Mit besten Wünschen
Pedro

10

JOSEF MARIA MAYER AN JOHANNES PAUL DEN GROSSEN

Heiliger Vater!
In Indien ist eine tödliche Seuche ausgebrochen, so las ich vor einigen
Wochen in der Zeitung. Ich kümmerte mich nicht weiter um die
dreißigtausend Toten, so viele Menschen sterben täglich. Aber dann las
ich, die Seuche habe den ganzen asiatischen Kontinent ergriffen, sei
übergesprungen nach Amerika und von dort nach England gekommen. Die
deutsche Regierung erlaubte keinem Ausländer mehr, nach Deutschland zu
kommen. Die Zahl der Toten ging in die Millionen. Da fand ein
Wissenschaftler ein Gegenmittel heraus: Das Blut eines kleinen Kindes,
das noch nicht von der Seuche befallen ist, kann als Gegenmittel gegen die
tödliche Seuche verwandt werden. Ich sagte zu meinem Sohn Milan:
Milan, bist du bereit, einige Tropfen Blut zu spenden als Gegenmittel
gegen den Tod. Und Milan, ein kleiner Heiliger und ein wahrer Heros,
sprach: Ja, Papa! Wir gingen in das Pius-Hospital und dort erklärte uns der
Arzt, er bräuchte alles Blut, jeden einzelnen Blutstropfen meines
Lieblings. Ich war zu Tränen erschüttert. Ich besprach mich mit Milan:
Mein Liebling, wärest du bereit, all dein Blut zu opfern, um die Fluten des
Todes aufzuhalten? Milan sagte: Papa, ich habe Angst, aber wenn es nicht
anders geht? Es geht nicht anders, mein Schatz, sagte ich. Dann gebe ich
mein Blut zur Rettung der Menschheit, sagte Milan tapfer. Und so wurde
die Seuche aufgehalten, die Menschheit gerettet, aber mein geliebter Milan
war tot. Ich stiftete ein Gedächtnisfest, an diesem Tag der Woche
versammelten sich die Menschen, dachte ich, um an den heldenhaften
Opfertod meines über alles geliebten Milan zu denken. Aber die einen
mussten an der Börse spekulieren, die andern mit ihren Hunden spazieren
gehen, andere meinten, so wäre das doch nicht im Sinne des Erfinders,
andere suchten sich flüchtige Liebschaften, und ich war traurig: War keiner
Milan dankbar? Ihr Undankbaren! rief ich, ihr habt euer Leben meinem
Milan zu verdanken und nun ist er euch nicht eine Stunde der Woche wert,
um sein Andenken zu ehren? – Heiliger Vater, es ist die Liebe, die rettet,
die Liebe bis zum Tod, die Liebe bis zum letzten Blutstropfen! Meine
Liebe zu Milan hab ich von dir gelernt, o Heiliger Vater, denn so wie ich
meinen Milan liebte, so liebtest du die ganze Menschheit!
Dein dankbarer Sohn –
Josef

Als Josef Maria Mayer seine Briefe vorgelesen hatte, erhob der Kaiser von
Gottes Gnaden, der römische Kaiser Konrad seine Stimme und sagte: Ihr
wollt Corinna vom Tiber bei den Huris unterbringen, auf dem Carina-
Sternenhaufen, an den Brüsten der Gottesmutter, im seligen Totenreich des
Himmels, aber ich gebe ihr den höchsten Ort: Im Herzen der Ewigen
Weisheit soll Corinna vom Tiber ihren Thron erhalten! Darum preise ich
die Ewige Weisheit, die so voller Barmherzigkeit und Gnade ist, dass sie in
ihren inneren Zyklus der Liebe Corinna vom Tiber aufnehme! Und Kaiser
Konrad pries die Ewige Weisheit:

INDISCHE WEISHEIT

Einst, als der Herr auf Erden war, da lebte ein Mönch auf dem schwarzen
Felsen. Durch ständiges Streben nach Heiligkeit erreichte er die
himmlische Freiheit. Aber obwohl er sechsmal die himmlische Freiheit
erreichte, ging sie ihm sechsmal verloren. Da dachte der Mönch auf dem
schwarzen Felsen: Wie, wenn ich zum siebenten Mal die himmlische
Freiheit erreichte und sie nicht wieder verlöre, weil ich mir mit dem
Messer die Pulsadern aufschneide? Da erkannte der Teufel, was im Geist
des Mönches vom schwarzen Felsen vorging und der Teufel sprach zum
Herrn: O Gott-Held, Ewige Weisheit, göttliche Kraft und schönste
Herrlichkeit, ganz in der Liebe lebend, gegrüßet seiest du! Dein Jünger
wünscht sich den Tod, obwohl er von dir das Ewige Leben empfangen hat.
Rede ihm das aus, du Licht der Welt! Denn wie, o Herr, kann einer deiner
Jünger sich selbst ermorden? Im gleichen Augenblick schnitt sich der
Mönch auf dem schwarzen Felsen unter einem Feigenbaum die Pulsadern
auf. Da sprach der Herr zum Teufel: Ja, so handeln die Weisen, es verlangt
sie nicht nach dem irdischen Leben. Das Begehren nach Lust der Erde hat
der Mönch an der Wurzel ausgerissen und das Jenseits erreicht, das Reich
Todlos. Da ging der Herr mit seinen Jüngern zum schwarzen Felsen, und
sie sahen einen Qualm aufsteigen, einen stinkenden grauen Qualm, und da
sprach der Herr zu seinen Jüngern: Das ist der Teufel, auf der Suche nach
der unsterblichen Seele des Mönches vom schwarzen Felsen. Aber, o
meine Jünger, der Mönch vom schwarzen Felsen, der aus einer guten
Familie stammt, hat das Jenseits erreicht. Er war ein Weiser, immer
Weisheit suchend, er war ein Heiliger, immer der Heiligkeit nachjagend, er
hat die Heere des Todes überwunden, er kommt nicht wieder in das
irdische Tal der Tränen, der Mönch vom schwarzen Felsen hat den Fuß des
Fegefeuers erreicht.

Der Teufel sprach zu einer Nonne vom Heiligen Herzen: Woran hast du
keine Lust? Die Nonne vom Heiligen Herzen sprach zum Teufel: Ich habe
keine Lust an dem Tage meiner Geburt! Da fragte der Teufel: Warum
nicht? Nur weil du geboren worden, konntest du dich ergötzen an den
Lüsten der körperlichen Liebe! Wie kommt es, dass du keine Lust hast an
dem Tage deiner Geburt? Da gab die Nonne zur Antwort: Als ich geboren
wurde, begann ich zu sterben! Der Tag des Todes ist besser als der Tag der
Geburt! Besser als die Lebenden haben es die Toten! Ja, und besser als die
Toten haben es jene, die nie empfangen worden sind! Der Herr lehrt doch
die Erlösung von Leid und Tod, er hat mich in der Ewigen Weisheit
verwurzelt. Jene Wesen, die in dem Ätherleib leben in den kristallenen
Ätherwelten und jene, die noch als bloße Idee im Geiste des Ewigen leben,
wenn sie nicht bleiben, wo sie sind, so müssen sie leiden im Tal der
Tränen! Doch jene Geister, die in geistigen Lichtkörpern leben in den
himmlischen Welten und dort bleiben, die sind erlöst vom Jammertal. Dort
lehrt sie der vollkommene Herr den fleckenlosen Zustand der Seligkeit.

Der Herr sprach zu seinem Lieblingsjünger: Du lebst das Leben des Herrn
nicht mit dem eifrigsten Streben! Willst du denn verharren in dem Tal der
Tränen? Da sprach der Lieblingsjünger zum Herrn: Mein Herr und mein
Meister, als ich von meinem Vaterhause fortging, da schaute ich ein
appetitliches Weib mit wonnigen Brüsten, die sagte mir: Komm in meine
Liebeslaube! Herr, an dieses appetitliche Weib mit den wonnigen Brüsten
muß ich immer denken und habe darum wenig Lust zur Askese der
Heiligkeit, ich kann die Ehelosigkeit kaum noch ertragen und möchte sie
fortwerfen und zurückkehren an die wonnigen Brüste dieses appetitlichen
Weibes! Da nahm der Herr seinen Lieblingsjünger liebevoll in die Arme
und verschwand mit ihm aus dem Garten und erschien mit ihm in den
dreiunddreißig Himmeln. Dort waren tausend Jungfrauen, taubengleiche
Bräute, alle bereit, dem Herrn zu dienen. Und der Herr sprach zu seinem
Lieblingsjünger, wo mehr Schönheit sei, bei seinem irdischen Weib mit
den wonnigen Brüsten oder bei diesen paradiesischen Bräuten? Da sagte
der Lieblingsjünger dem Herrn: O Herr, verglichen mit diesen
paradiesischen Jungfraun mit den Taubenbrüsten ist das irdische Weib eine
Affenmutter mit Affentitten, die tausend paradiesischen Jungfraun sind
von einer nahezu göttlichen Schönheit! Daraufhin nahm der Herr den
Lieblingsjünger wieder in die Arme und drückte ihn an sein Herz und
verschwand mit ihm aus den dreiunddreißig Himmeln, und sie waren
wieder in dem Garten auf Erden. Die andern Mönche hörten, dass der Herr
seinem Lieblingsjünger einen Himmel voller paradiesischer Jungfraun mit
Taubenbrüsten verheißen hat, und da verspotteten die keuschen Mönche
den Lieblingsjünger des Herrn: Du wirst sehr von deinen Trieben
beherrscht! So verspottet von den anderen Mönchen, blieb der
Lieblingsjünger des Herrn allein, lebte einsam, lebte ehelos, strebte der
Heiligkeit nach, meditierte lange, fastete und betete, denn er wusste: Das
Leiden ist bald vorüber, und der Herr wird mich in einen Himmel voller
Schönheit und Liebe führen. So war der Lieblingsjünger zu einem
Eremiten geworden.

Der Herr sprach: Meine lieben Jünger, so wie der Löwe der König der
Tiere ist, weil er so voller Kraft ist, so ist die Weisheit die Königin der
Tugenden. Welche Gaben schenkt der Geist? Die Ehrfurcht vor der
Göttlichkeit, den vernünftigen Rat, die Vernunft und den Verstand, den
Mut, die Gerechtigkeit, die Besonnenheit, aber die Weisheit ist die Krone
und Königin dieser Tugenden. Was ist denn Weisheit? Sie ist Einsicht,
Klugheit, Besonnenheit, Keuschheit, Jungfräulichkeit, Urteilsvermögen,
die Gabe der Unterscheidung der Geister, die Geschicklichkeit des
Zimmermanns, die Kunst des Dichters, sie ist der geistliche Spürsinn, sie
ist der überlegene Geist des Menschen, sie ist fein und rein und
alldurchdringend. Die Weisheit ist göttliche Kraft, ist das Schwert des
Wortes, ist ein Weinberg, ist das Licht der Welt, ist der Glanz der Ordnung
und die Idee der Schönheit, ist die Herrlichkeit in Ewigkeit, ist die
Wahrheit und der rechte Glauben, das ist die Weisheit. Was ist der
Edelstein der Weisheit? Es ist die Gabe der Unterscheidung der Geister,
auch genannt der geistliche Spürsinn, die heilige Nase, die unterscheiden
kann den Duft des Ewigen Lebens und den Gestank des Zweiten Todes,
der unterscheiden kann das Gute vom Bösen und es nicht vermischt, der
unterscheiden kann die eine reine und absolute Wahrheit von den
vielfältigen Formen der Lüge und des Irrtums, der unterscheiden kann
geistiges Licht und spirituelle Finsternis, der die Ursache aller Leiden
erkennt und den Sinn der Leiden und die ewige Erlösung von den Leiden
und der unterscheiden kann die breiten Straßen in die Unterwelt und den
schmalen Pfad und die enge Pforte zum Heil. Bald wird erlöst sein, wer in
sich die Weisheit empfängt, bald erreicht er das todlose Leben und das
reine Sein.

Der Jünger fragte den Meister: Mein Herr und Meister, was ist das Wesen
der Ewigen Weisheit? Und der Herr sprach zum Schüler: Die Ewige
Weisheit ist mit menschlichen Worten nicht aussprechbar. Da sagte der
Jünger: Ist es mit der Ewigen Weisheit so wie mit der Ewigen Liebe, der
Göttlichen Kraft, der Universellen Barmherzigkeit? So wie man jene
findet, so findet man auch die Ewige Weisheit? Der Herr sprach: Eben
durch die eine Gottnatur, in welcher die Ewige Liebe, die Göttliche Kraft
und die Universelle Barmherzigkeit existieren, eben durch dieselbe eine
und einzige Natur existiert auch die Ewige Weisheit. Der Jünger sprach:
Wie kann ich zur Ewigen Weisheit gelangen? Der Herr lächelte und
sprach: Sind nicht die Menschen befangen in ihrem Ich-Denken, in ihrer
Selbstverliebtheit und in ihrer Verkrümmung in sich selbst? Sind sie nicht
blind vor lauter Habenwollen und Selbstanbetung? Wie sollen solche
blinden Menschen die Ewige Weisheit erkennen? Man muß leer sein, das
ist die Lehre von der Leere, man muß leer sein, um als ein Gefäß die Fülle
der Weisheit empfangen zu können. Der Jünger sprach: Kann ich also,
wenn ich leer bin, die Ewige Weisheit besitzen? Der Meister lächelte und
sprach: In Demut erkenne, daß nicht du die Weisheit besitzt, sondern dass
die Weisheit dich besitzt!

Ehre sei der Ewigen Weisheit! Der Heilige der Barmherzigkeit bewegte
sich auf der Bahn der Ewigen Weisheit, die zum Himmel führt. Er schaute
auf die Welt herab und sah die Formen der Dinge und dann sah er ins
Nichts, und im Nichts war kein Körper, waren keine Brüste, waren keine
Münder und keine Nasen, war kein Geruch von Rauch und kein
Geschmack von Fischen, gab es keine mandelförmigen Augen und keine
Pfirsichwangen, im Nichts gab es kein Werden und Vergehen, im Nichts
gab es kein Leben und keinen Tod, im Nichts gab es keine Torheit und
keine Weisheit. Diesem Heiligen der Barmherzigkeit ist alles Wirkliche
nur ein Nichts, er schwebt über allem in der vollkommenen Weisheit und
so ist er frei von Bindungen an die Dinge und kann mit aller Seelenruhe in
den Himmel eingehen. Alle, die auf Erden als Heilige erschienen sind,
haben sich allein verlassen auf die vollkommene Weisheit, und man sollte
wissen, dass es der Spruch des Meisters ist, der alle erleuchtet: Es ist
vollbracht! Ich lege meinen Geist in deine Hände, Vater!

Ehre sei dir, Ewige Weisheit! Du bist ein grenzenloser, transzendenter


Gedanke! Alle deine Glieder sind ohne Makel, du Makellose, Frau
Weisheit! Die dich erkennen, werden rein von Sünde. Ohne Flecken,
Runzeln und Falten schwebst du von einem Ende des Alls zum andern,
schweigend wie der Raum. Wer dich in Wahrheit schaut, der sieht den
Herrn. Wie das Mondlicht nicht verschieden ist vom Mond, so bist du, die
reich an allen Gnaden ist, nicht unterschieden von dem Herrn der ganzen
Welt, dem einzigen Lehrer der Menschheit. Die zu dir kommen,
Barmherzigkeit, denen du den wahren Glauben offenbarst hast, Frau
Weisheit voll der Gnade, die werden leicht die Herrlichkeit des Himmels
erreichen. Sind sie reinen Herzen, ungeteilten Herzens, werden sie dich
schauen, dich zu schauen, bringt in ihnen gute Früchte hervor. Allen
Menschen guten Willens, denen das Heil der andern Menschen am Herzen
liegt, bist du eine liebende Mutter, eine Frau Weisheit mit nährenden
Brüsten, die grenzenlose Liebe schenkt. Alle Heiligen sind deine
barmherzigen Söhne, so, Gebenedeite, bist du die Mutter aller Lebendigen.
Immer bist du umgeben von allen Vollkommenheiten, wie der Mond
umgeben ist von den Sternen, o du Allreine, o du Heiligste aller Heiligen!
Die Lehrer der Menschheit zeigen dich den Menschen als die Einzige. Wie
die Tautropfen verschwinden von der Wärme der Sonne, so verschwindet
alles Grübeln, wenn wir dich erschauen. Wenn du deinen Zorn offenbarst,
erschrecken vor dir die Toren, wenn du voller Güte lächelst, ergötzen sich
an dir die Weisen und finden neuen Mut und neue Lebenskraft. Du bist
überall und nirgends, und selbst die Weisen haben keinen Ort gefunden,
wo du lebst. Dich zu sehen, die du nirgends gefunden wirst, an keinen Ort
gebunden bist, dich so zu sehen und zu finden, heißt, der Freiheit Flügel zu
geben. O wie süß ist das und voller Wunder! Wer dich schaut, der ist an
dich gebunden, und wer an dich gebunden ist, der ist frei. Wer dich nicht
kennt, der ist nicht an dich gebunden, und wer nicht an dich gebunden ist,
der ist nicht frei. Wundervoll bist du, hocherhaben über alles Seiende,
schwer ist es, dich zu erkennen, denn du bist tief verborgen und sehr
geheimnisvoll. Wir sehen nur Schatten, und in dem Reich der Schatten
wirst du nicht erblickt, denn du bist das Licht, du bist die Sonne der
Erleuchtung. Alle Heiligen und alle Lehrer verkünden dich als den
einzigen Weg zum Heil, wahrlich, du allein bist der Weg und außer dir gibt
es keinen Weg zum Himmel. Der barmherzige Erlöser spricht von dir nach
seiner Art, er spricht so von dir, dass das Volk ihn verstehen kann. Wer
aber kann dein Lob singen? Mit meiner Muttersprache lobpreise ich dich
und schere mich nicht um den Beifall der Welt. Irdischer Ruhm ist eitel.
Aber wer dich preist, Ewige Weisheit, der gelangt in die Glückseligkeit!
Möge das Verdienst, das ich mir erwerbe durch den Lobpreis der Ewigen
Weisheit, erreichen, dass sich die ganze Welt der Ewigen Weisheit zu
Füßen legt!

HYMNE AN DIE MUTTER

O der wonne-schöne Gipfel


Mit den mannigfachen Erzen,
Mit den Ranken und den Bäumen,
Echo hallt den Sang der Vögel,

Wasserfälle rauschen murmelnd,


Viele wilde Tiere wimmeln
Aller Arten, aller Arten
Wachsen Gattungen von Blumen,

Voll von Saft sind da die Früchte


Und man hört die Bienen summen
Und die Nachtigallen singen
Und die Elefantenherden

Und die Scharen weiser Zaubrer


Und die Jünglinge der Götter
Und die göttlichschönen Nymphen
Und die heiligen Asketen

Und die Heiligen des Himmels


Und die eingeweihten Meister,
Göttinnen und Königinnen,
Mütter, Mütter, junge Nymphen,

Götter in dem Zorn der Götter


Und viel andre ernste Götter
Und den Meister des Erbarmens,
Der sich müht ums Wohl der Menschen,

Um das Wohlsein aller Wesen,


Er sitzt auf dem Lotossitze,
Ein Asket von ernster Würde,
Voller Freundlichkeit und Mitleid,

Die Versammlungen der Götter


Hören seine Glaubenslehre
Und der größte Dichter-Seher
Kam zum Meister des Erbarmens

Und getrieben von Erbarmen


Frug den Meister jener Dichter:
Ach, von Mördern und von Schlangen
Und von Flammen und von Panthern

Sind bedrängt die Menschen, Meister,


In dem Werden und Vergehen,
In den Fesseln dieser Erde
Und der Leidenschaften Ketten.

Sage mir, o großer Weiser,


Was denn kann die Menschen retten
Aus dem Werden und Vergehen?
Der Erlöser sagte leise:

Mütter, Mütter aller Welten,


Die aus meiner Kraft geboren,
Die begabt sind mit Erbarmen,
Zur Errettung sind geschaffen,

Wie die Sonne anzuschauen,


Anzuschauen wie der Vollmond,
So erleuchten jene Mütter
Bäume, Götter und die Menschen.

Sie erschüttern alle Welten


Und erschrecken die Dämonen.
Und die große Göttin-Mutter
Spricht: Habt keine Angst, o Menschen!

Zur Beschützung aller Wesen


Haben mich gezeugt die Götter.
An den dunklen Schreckensorten
Und in Zeiten der Gefahren,

Denkt man nur an meinen Namen,


So beschütz ich alle Wesen.
Durch die Sintflut führ ich alle,
Durch der eignen Ängste Sintflut.
Deshalb singen Dichter-Seher
Lieder von mir auf der Erde,
Nennen mich die Himmelsmami
Und die Schwarze Große Mutter,

Heben ehrfurchtsvoll die Hände,


Voller Achtung und Verehrung.
Also sprach ein Dichter-Seher:
Mutter, sag mir deinen Namen!

Nenne deine hundert Namen,


Von den Göttern einst verkündet,
Von dem heiligen Erlöser
Und den eingeweihten Meistern,

Die vernichten alles Böse,


Glück und Dichterruhm vermehren,
Die uns schützen die Gesundheit,
Nenn uns deine Namen, Mutter!

Und der Meister des Erbarmens


Schaute lächelnd auf den Kosmos,
Hob die Hand und gab ein Zeichen,
Reich an Weisheit, also sprach er:

Höre, der du reich begabt bist,


Dichter-Seher voller Weisheit,
Du, beliebt bei allen Wesen,
Höre du der Mutter Namen.

Menschen, die sie wiederholen,


Allzeit diese Namen murmelnd,
Werden Menschen, reich an Schätzen,
Reich an Tugend, frei von Krankheit.

Frühen Tod vermeiden jene


Unterm Schutz der Großen Mutter.
Wer der Mutter Namen murmelt,
Geht im Sterben ein ins Leben.
Ihre Namen will ich singen.
Die Versammlungen der Götter
Sollen lauschen meiner Hymne.
Friede sei mit euch, ihr Götter!

Du bist Licht mit schönen Augen,


Freude du des Sternenlichts,
Alle Wesen Mitleid saugen
Aus dem Glanz des Angesichts,

Du Erlöserin der Wesen,


Tausend Augen voller Charme,
Drin wir süßes Mitleid lesen,
Tausend Arme, Arm in Arm,

Ehre der Gebenedeiten,


Mutter, blick herab auf mich,
Läuternde in Sternenweiten,
Nur gereinigt schau ich dich,

Tochter du der Himmelsgötter,


Herz voll süßer Freundlichkeit,
Mutter aller unsrer Retter,
Makellos, gebenedeit,

Du in deinem grünen Mantel,


Weisheitsvoll hervorgeragt,
Schöngeschminkte Augenmandel,
Dein sind die Triumphe, Magd,

Führerin der Kriegerheere,


Furchtbarschrecklich anzuschaun,
Du Allmächtige der Meere,
Du Gewaltigste der Fraun,

Wild wie Fegefeuers Hitze


An dem Ende unsrer Zeit,
Amme auf dem Lotossitze,
Weltberühmt, gebenedeit,

Göttin Wort, mit großen Augen,


Die die Weisheit wachsen lässt,
Draus wir große Klugheit saugen,
Du der Himmelsschönheit Fest,

Du Verleiherin des Mutes,


Du Verleiherin von Gold,
O du Herrin unsres Blutes,
Form der Formen, schön und hold,

Die das Heil will aller Wesen,


Aus den Nöten Retterin,
Da wir vom Triumphe lesen,
In den Kämpfen Siegerin,

Göttin der vollkommnen Weisheit,


Die du mir das Herz erhebst,
Die in Stille und in Leisheit
Sanft in meinem Herzen lebst,

Freundin von den Trommelschlägen,


Du vollkommne Königin,
Die du spendest Himmelssegen
Und die Lehre meinem Sinn,

Königin, die freundlich redet,


Mit dem Monden-Angesicht,
Wenn ich still zu dir gebetet,
Lächelst du mich an im Licht,

Unbesiegte, glänzend scheinend,


Du im goldenen Gewand,
Diese ganze Welt vereinend,
Mutter du in jedem Land,
Heldenhafte, voller Stärke,
Fähig auch zu wildem Zorn,
Wie verdienen unsre Werke,
Doch auch aller Gnaden Born,

Die den Bösen wird erschlagen,


Du, die voller Seelenruh,
Sieghaft in den Kriegestagen,
Schön von mildem Glanze du,

Die am Gürtel trägt die Blitze,


Unsre Fahnenträgerin,
In der Scheide schmalem Ritze
Trägt das Schwert die Kriegerin,

Auf dem Rade aller Welten,


Mit dem Pfeil und Bogen du,
Die du allen wirst vergelten,
Die du führst dem Himmel zu,

Stürzt die Bösen in die Hölle,


Die du wandelst in der Nacht,
Schützerin, du Lebensquelle,
Ruhevolle Liebesmacht,

Liebende und Vielgeliebte,


Liebliche Gespielin mein,
Von der Sünde du Betrübte,
Wortes Mutter willst du sein,

Du Verborgene, Geheime,
Wohnend an verborgnem Ort,
O du Muse meiner Reime,
Mutter du dem Gotteswort,

Wohlgesinnte, voller Gnade,


Voller Sanftmut, voller Gunst,
Alle kennend, rein wie Jade,
O du Muse meiner Kunst,
Schneller du als der Gedanke,
Mit der Perlenschnur geschmückt,
Ehrt dich Retterin der Kranke,
Der zum Tod schon aufgeblickt,

Morgenstern der Dämmerungen,


Groß an Kraft und reich an Tat,
O du Feuer meiner Zungen,
Siegerin und voll der Gnad,

Führerin der Karawanen,


Mit dem mitleidsvollen Blick,
Rettung weißt du uns zu bahnen,
Führest uns zu Gott zurück,

Du Verteilerin von Gnaden,


Meisterin und Lehrerin,
Von dem Scheitel zu den Waden
Unsre schönste Lieblingin,

Wie ein bunter Regenbogen,


Du vollkommne Zauberin,
Armut, die uns nie betrogen,
Unsrer Armut Retterin,

Du bist ewig und unsterblich,


Du bist reich und voll Verdienst,
Gut veranlagt, unverderblich,
Die du stets voll Schönheit schienst,

Die du kannst den Tod erschrecken,


Fürchterlich und schauerlich,
Führst uns zu den letzten Zwecken,
Willst das Heil für jedes Ich,

Zuflucht, Freundin deinen Freunden,


Meisterin der Sprache, Glück,
Herrin ewiger Gemeinden,
Die uns führt ins Licht zurück,

Du Beständige, voll Dauer,


Mutter jedes guten Plans,
Helferin und Trost der Trauer,
Pflegerin des wilden Wahns,

Tochter Gottes, unsre Göttin,


Mutter des Erlösers du,
Du des Gottesgeistes Gattin,
Mama, meine Seelenruh !
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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

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Neunzehntes Buch
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Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
MEINE FRANZÖSISCHE GELIEBTE

von Josef Maria Mayer

Die Schäferin: Paris, obwohl er Hirte war, sich die weise Helene nahm.
Der Schäfer: Und ich, weil ich Helena küsst, meine Hirtin. Die Schäferin:
Sei weniger stolz, mein indiskreter Junge, ein Kuss ist nichts! Der Schäfer:
Ein einfacher Kuss hat tausend Reize! Die Schäferin: Gut, ich wische mir
den Mund, und ich werde deinen Kuss löschen. Der Schäfer: So lösche den
Kuss! Lass mich dir einen andern geben! Die Schäferin: Geh, küsse deine
Jungkühe, du triffst ein Mädchen, das noch rein ist. Der Schäfer: Sei
weniger stolz: Die Jugend flieht wie ein Traum. Die Schäferin: Rosinen
behalten ihren Geschmack und ein Mann nimmt immer noch verblichene
Rosen. Der Schäfer: Komm in den wilden Ölbaumwald, ich habe dir zwei
Worte zu sagen. Die Schäferin: Nein, nein, Du machtest bereits einen
Fehler mit deinen süßen Worten. Der Schäfer: Komm, höre Abalone in
diesen süßen Klängen meiner Flöte! Die Schäferin: Lass es, ist es ein Spaß
für dich, fürchte ich doch die Gefahr. Der Schäfer: Komm, junge
Schäferin, fürchte den Zorn der Venus! Die Schäferin: Venus, was
kümmert sie mich? Diana beschützt mich! Der Schäfer: Sprich nicht,
damit sie dich nicht bestrafe, und du fällst in die Falle der Venus. Die
Schäferin: Lass Venus tun, was sie will, Diana wird wissen, wie sie mich
verteidigen kann. Deshalb nimm deine Hand zurück oder ich werde dein
Gesicht zerkratzen. Der Schäfer: Du wirst nicht der Liebe entfliehen, da
leiden alle Mädchen Amors Gesetz. Die Schäferin: Ich entging dem Amor,
ich schwöre beim Gotte Pan! Lässt du mir meinen Schleier? Der Schäfer:
Ich fürchte, dass ich liebe dich mehr, als eine Ehefrau verdient. Die
Schäferin: Viele wollten mir ihre Hand geben, aber keiner gefiel mir. Der
Schäfer: Und ich, allein, frage dich, gibst du mir dich? Die Schäferin: Was
ist zu tun, mein Freund? Das Jungfernhäutchen verliert sich mit so viel
Qual! Der Schäfer: Das Jungfernhäutchen hat keine Schmerzen oder Leid
zu fürchten, es bietet nur Freuden! Die Schäferin: Aber Frauen, so heißt es,
sollen leben in Ehrfurcht vor ihren Ehemännern. Der Schäfer: Sag lieber,
dass die Frauen über die Männer herrschen! Hast du etwa Angst vor deiner
Schönheit? Die Schäferin: Ich fürchte zu gebären, die Wunde der
göttlichen Hebamme ist grausam. Der Schäfer: Aber Diana, deine
Beschützerin, wacht über die Geburten. Die Schäferin: Wenn ich eine
Mutter werde, werde ich meine Schönheit verlieren! Der Schäfer: Du
findest sie in deinen Kindern wieder. Die Schäferin: Wenn ich zustimmen,
was schenkst du mir zur Hochzeit? Der Schäfer: Alles, Vieh, Bäume,
Weide. Die Schäferin: Schwöre mir, mich nicht nach unserer Heirat zu
verlassen! Der Schäfer: Ich schwöre, beim Pan! Nein, ich werde dich nie
verlassen, und solltest du mich auch verbannen von deinem Angesicht! Die
Schäferin: Willst du mir ein Brautbett, ein Haus, einen Stall schenken? Der
Schäfer: Oh ja! Ich gebe dir ein Ehebett, und das ist, was ich für dich tue,
ich gebe dir diese feine Weide und Herde. Die Schäferin: Was soll ich
meinem Vater sagen? Ja, was soll ich sagen? Der Schäfer: Er wird das
Jungfernhäutchen genehmigen, wenn er meinen berühmten Namen kennt.
Die Schäferin: Sag mir deinen Namen: der Namen des geliebten Menschen
ist immer schön. Der Schäfer: Ich heiße Daphnis. Die Schäferin: Deine
Familie ist ehrlich, meine nicht weniger. Der Schäfer: Nicht ganz so, denn
du bist die Tochter deines Vaters. Die Schäferin: Zeige mir deinen Wald,
wo dein Hirte ist! Der Schäfer: Komm und sieh meine hohen immergrünen
Zypressen! Die Schäferin: Das ist ein Zelt für meine Ziegen, ich werde in
dem Bereich meinen Hirten sehen. Der Schäfer: Weide meine Schafe, und
ich werde dir mein Holz zeigen, meine Schäferin. Die Schäferin: Was
machst du da? Warum die Hand unter meinen Schleier? Der Schäfer: Ich
möchte diese runden Äpfel sehen! Die Schäferin: O Pan! Ich bin ganz
verwirrt! Deshalb nimm deine Hand zurück! Der Schäfer: Mach dir keine
Sorgen, meine schöne Schäferin, warum zitterst du? Du bist zu schüchtern.
Die Schäferin: Wirf mich auf den nassen Boden! Ah! Meine besten Kleider
ruiniert! Der Schäfer: Dies wird das Vlies mir gewähren. Die Schäferin:
Du zerreißt meinen Gürtel! Aber was tust du? Der Schäfer: Devotion für
meine Venus, mein erstes Angebot. Die Schäferin: Halt, Schelm! Da
kommt jemand, ich höre ein Geräusch. Der Schäfer: Diese Abalone feiert
unsere Ehe. Die Schäferin: Du zerreißt meinen Schleier! Ich bin nackt! Der
Schäfer: Ich gebe dir einen besseren Schleier. Die Schäferin: Ja, jetzt
versprichst du alles, später gibst du mir nichts. Der Schäfer: Ah! warum
kann ich nicht meine ganze Seele dir schenken? Die Schäferin: O Diana!
Sei nicht böse! Ich folge dir Ungläubigem. Der Schäfer: Ich opfere eine
Jungkuh dem Amor, einen Stier der Venus. Die Schäferin: Ich kam
unschuldig und nun bin ich verheiratet. Der Schäfer: Besser Ehefrau und
Mutter als nutzlose Tochter, deine Brüste sollen nähren unsere Kinder. - So
murmelte der junge Liebhaber in der Mitte ihrer süßen Liebe. Das Paar
heimlich vereinigt, geht, die Schäferin zurück zu ihren Schafen, Röte auf
den Wangen, aber Freude im Herzen, und der Schäfer, stolz auf seine
Eroberung, glücklich verbunden, zu seinen Bullen.

Sie:

Großes eben geschehen ist, ich interessierte mich für einen Ritter, den ich
als Diener hatte, habe die ganze Zeit gewusst, wie ich ihn so sehr liebte,
aber jetzt bin ich verraten, weil ich ihn, den ich liebe, abgelehnt habe. Aber
ich war im Bett wie jede große Törin gekleidet. Wie würde mein Ritter
einen Abend in meinen Armen liegen, dass ich ihn allein halte, er wäre
erfüllt, ich würde Kissen unter meine Hüften legen, weil ich mehr in der
Liebe bin, als wäre ich Flora Blanchefleur. Meine Liebe und mein Herz
gab ich ihm, meine Seele, meine Augen und mein Leben. Freue dich, mein
Lieber, so schön und gut, wenn ich dich finde und zu Bett gehe mit dir
heute Nacht! Und die Liebe gibt dir einen Kuss, kein Vergnügen wird
besser sein als das deine, wenn du mir versprichst zu tun, was ich will.
*

Sie:

Steh schnell auf, meine Liebe! - Meine Lieber Gott sprach zu der Jungfrau
in seiner göttlichen Schrift: Ich bin die Schönheit der göttlichen Liebe!
Komm schnell, meine süße Taube! Das Land ist wieder grün und neu
gekleidet, hergestellt sind viele Blumen von Wert und Preis, ja, der Regen
und Winter sind ärgerlich, aber die bösen Geister sind Vergangenheit, und
dieses Mal erneuert sich die Welt. Der regnerische Winter, das war das alte
Gesetz, doch dieser anmutige Frühling, das ist Gnade und Glauben, dass
die Blumen überall umher glänzen, die wurden hervorragend schön
gemacht, weil der große Gott Liebe hat für die, welche er als Ehefrau und
Mutter erwählte.

Sie:

Bildhauer meiner Sinne, weich und verrückt, unendliches Fieber deiner


Hand...

Sie:

Gierigen Mundes anzügliche Explosion aller deiner Sinne!

Sie:

Mörderischer Sommer! Lass uns in Freude leben unsre Liebe. Lecke mein
blaues Aug! Zähme deine Ängste! Deine Tränen sehen den Himmel voller
Trunkenheit in der Luft! Zurück zu unserer dunklen Zeit und der Liebe
Verlangen! Pflücke mit all deinen Fingern von den Lippen Seide für mich!
*

Sie:

Das Jammern in deinen Armen zu fühlen, war es meine Freude, das


Streicheln nicht zu beenden, ohne zu vergessen, den Morgen auf Flügeln
von lumen zu finden. Als leichte Feder mich dir zu präsentieren und
einzutauchen, kann ich nicht widerstehen, da ich ertrinken würde in dir.

Sie:

In der Flutwelle oder dem Kamm der Wellen treiben die, die Backbord
oder Steuerbord surfen. Die Nieren verlieren meinen Kompass, im
nördlichen Bogen erleidet meine Muschel einen Schock. Spritzer bot der
weiße Schaum. Auf der Sturm-Skala wird meine Sturmflut nicht mehr
gemessen. Mein Boot, warst du bereit für die Insel Kythera? Walzer tanzen
die Möwen. Ein Spray benetzt meinen nassen Körper der Kollision im
Hafen voller Vergnügen.

Sie:

Das Spiel der Begierde macht Vorschläge für einen süßen Geschmack, Er
kam wie ein Kuchen: Ja, iss mich!

Freundin, du sagst: Erotik ist ein Reich der Erwartung und


Aufmerksamkeit. Als Prophet gemäß den Psalmen habe ich meine
Religion. Du verfeinerst deine Literatur, deine Gedichte, um erfolgreich zu
spielen die schöne Erotomanie. Deine neue erotische Venus und die
lustigen Vögel machten mich hektisch auf dem Papier der beunruhigenden
Worte: Bilder zart und heiß, manchmal weiblich, manchmal männlich,
meine zitternden Hände offenbaren die Matrix meiner lasziven Maschine.
So oft ich versuche, dich nicht aus den Augen zu verlieren, verliere ich
mich an deinen Geist und im Schlaf an die nackte Transparenz.

Sie:

Er küsste sie und hielt ihre Brustwarzen, es ging ihm durch die Kehle die
zweifarbige Brust voller Süße und Harmonie und in diesem Punkt war
seine heimliche Leidenschaft und ich liebe ihn, aber er gähnt. Dann waren
wir an einem Ort, wo es keine Angst brauchte, wir konnten einander gut
zuhören, die Zuneigung hat uns sehr glücklich gemacht, uns zu küssen. In
einem Garten mit unseren Medaillons und einer Rose, die riecht unendlich
gut, da haben wir es gemacht. Dann, ohne nachzudenken, endete unsere
Rede, dem Spaß am Spiel haben wir uns wieder zugewandt und werden
uns noch oftmals küssen

Die Lamentationen des jungen Mannes: Verheiratet bin ich mit zwei
Frauen, sie haben beide keine große Lust, weil mir zu schwach der Kopf
war. Immer gab es endlosen Lärm und Geschrei hinter mir, ich fürchte sie
mehr als Blitze und Sturm. Herren, Kaufmänner und Menschen der
Kirche, die diese Zeilen lesen, habt Glauben an meinem Wahnsinn: Für die
Frauen bin ich viel gerannt.

Bis vor die Haustür begleitete ich frei deine schöne Gestalt des Körpers,
dass Tag und Nacht ein großes Fest geworden ist. Geh, weil ich so
bewundere, wie dein süßes Gesicht in mir bleibt, graviert, ein Aufdruck,
dass selbst vom Tod es kann nicht gelöscht werden: Wenn ich mich an das
ganze Jahrhundert wende, werden diejenigen, die meinen toten Körper
tragen, am Grab dein Zeichen auf meinem Gesicht sehen. Als ein Kind
betrachtete ich ein Altarbild, da blieben die Farben der Bilder, die nicht als
Gold mir ablenkte mein reines Herz, kann also die Gefangenschaft dieses
Bild in mir behoben werden? O Kreis der Liebe, die den Körper und die
charmante Gnade umfängt, ich betrachte dich und wie Gott bewundere ich
dich und bin so glücklich, dass die Liebe durchdringt mich. Also nimm
mich an! Die Charta geht über die brennende Liebe, als wenn in einem
sicheren Ort, hinter Schloss und Riegel, war mein ganzer Körper
eingeschlossen, ohne zu bewegen die Gliedmaßen. Für die Liebe, die das
Herz stärkt, Schöne, hab ein Auge auf mich! Ich habe Angst, und will dich
nicht verlassen. Errichtet in deiner Liebe allein, o weiße Taube, Schöne,
unvergleichliche Präsenz und edel, hat Gott deinen Körper schöner
gemacht als alle die Körper, und das Lachen und die sanfte Beleuchtung
als Schmuck dir gegeben. Aus durchdringender Liebe bist du mein
Sternbild. Wenn ich dich sehe unter den anderen Frauen, scheinst du wie
ein Karfunkel. Wer gibt den Tugenden Edelsteine, als die Niederlagen?
Auf allen Seiten ist meine Liebe eine männliche, wie kein anderer Mensch
in seinem Herzen Liebe hat, und du gehst von einem Angebot so großer
Liebe fort? Du durchbohrst mich! Die Öffnung des Herzens blutet, kein
Mensch jemals war nicht in der Seele. Aber noch beunruhigender ist, dass
Aristoteles von Liebe besiegt war, die alle meine Sinne, wie ein guter
Schreiber, in ihre Zelle verfolgt, ich dir bleibe, wie meinem Finger der
Fingernagel. O deinen Körper zu ehren, ohne Sünde oder Lüge, erbarme
dich meiner, so schöne Dame, und leide nicht, dass ein solcher Liebhaber
sterbe. Ich bitte dich: Du bist der schöne Baum von allen Früchten, und du
legst Wert auf Schatten. Halte mich in deinem guten Zimmer, dein Wille
ist wie Daumenschrauben mir und mein Leben. Du bist ein reiches Juwel,
du übertriffst alle Frauen, die liegen im Register der Welt. In dir immer
wieder geboren wurden Schönheit, Tugend, mehr und mehr. Du bist meine
Penthesilea.

Das Mädchen, dem die Brustwarze wie ein Punkt ist, die so freundlich ist
und die Augen so blau, nicht will sie unhöflich sein zu ihm oder seiner
Sorte, sondern behandelt ihn sanft und schenkt ihm ihren Punkt . Raube ihr
Hemd und Rock und wirf sie auf das Bett, den Kopf nach unten, dieses
kleine Mädchen, das dir die Brustwarze zeigt. Löse ihre Knie aus den
Verschleierungen, dass sie den Schoß öffnet. Gib mir den Punkt, und spare
nicht den Punkt, Mädchen, das mir die Brustwarze zeigt.

Sag, Freundin, findest du das gut, wenn du das tust, wenn du das Spiel mit
dem Begleiter ausgehen lässt? Beim Gott Priap! meine Geliebte, ich habe
den Ruf: Wie süß er Milch gibt! Sauge! Wollen wie uns lieben? Wir
werden leiden keine Rückschläge an einem geheimen Ort und bereuen
nicht, was wir so sehr lieben, und werden es nicht lassen.

Leg, um die ich seit lange gestritten habe, eine festen starken Bogen
gespannt, die Oberschenkel härter als Marmor, unterstützt von dem Baum,
das Bein, die Oberschenkel, die Blumen, das Obst und auch das Bein, dass
der Ballen trägt - ich wage zu behaupten, der Wurzelballen - Wer von
Natur aus anders als das braune Vlies geschmückt ist, ist dies Ebenholz,
Samt oder Seide, aber ein wenig feiner dein gelocktes Haar, wie feine
Seide. Nun meine Oberschenkel, ich überdenke meine Freude am
Oberschenkel, die Unterschenkel sind ein Boulevard, die Öffnung dient so
selten, sie könnte roten Satin gewählt haben. Die Oberschenkel sind
perfekt geschnitten, eine dünne weiße Emaille glasiert dein Bein, das nicht
geknickt oder zerknittert ist, aber die gewünschte Ware muß ich rügen, da
der Staatsanwalt darauf die Hände hat. Die Oberschenkel, die Hitze, das
Berühren der Sache ist tödlich, tödlich bis zum Tod. Der Oberschenkel
wird stärker und härter, wie der Magnet das Eisen anzieht. Es kann die
Hand nicht zurück von dir, ohne darüber nachzudenken, was das für eine
Krankheit ist. Plump sind die Oberschenkel, die Unterschenkel und das
Löchlein ist wie neu. Leg die Beine, die Oberschenkel willig in die Runde,
es ist das beste Bein der Welt, das mein Auge sich bewegen lässt, der
Sauger will dein Bein bewegen, fährt über den Oberschenkel mit dem
Mund, eine schöne Zeit, bevor ich dich berühre, diene deinem Fuß. Die
Oberschenkel, die den ganzen Körper tragen, die Stützen der Beine halten
die Tür, und ich nehme die feste Burg des Genusses ein. Die Oberschenkel,
die die Macht haben ein Angebot zu machen, lösen mich fast auf. Die
Oberschenkel geben, was getan wird und wieder gemacht wird, ohne was
kein Bein gut gemacht ist. Die Oberschenkel, die mich oft erinnern an den
Geschmack, lassen nach den Schwierigkeiten kommen tausend Meilen
Freuden. Die Oberschenkel in der fruchtbarsten Schönheit, die
Oberschenkel sind ein Meisterwerk der Natur.

Sicherlich einen Tag in der Woche mir passierte etwas ganz Wunderbares,
weil ich eine o so Souveräne zwischen zwei Blättern duftenden Lavendels
rosa legte nackt nieder, aber wenn ich sie in meine Arme eingeschlossen
hatte, war ich ein zu hartes Ding. Sie sagte, ihre Sprache war glänzend:
Halte still! Ich werde meine Mutter rufen! Da war ich erstaunt, dass sie zu
mir so wild war. Nichts sagte mir, wie ich lag: Unsere Art war die Art der
Weisen. Aber ich sah über ihr Gesicht Tränen fließen auf verschiedenen
Wegen, immer sagte sie leise in ihrer Sprache: Halte still! Ich rufe meine
Mutter! Wenn mein Wille geschehen und getan war, diese Stunde war eine
perfekte Sache. Ich hatte die große Freude in meinem Herzen, weil ich sah,
dass das, was Er liebte, geschehen war. Wenn aber küsste meinen Mund
die schöne Freundin, die mir lachend gutes Essen anbot, muß ich sagen,
dass ich das würde gerne anfangen: Sei still, ich rufe meine Mutter! O
Prinzessin der Liebe, so schönes Mädchen, berauschenden Leibes, ich
komme mit einem ganz guten Mannesding! Sie aber sagte mit den Lippen
lächelnd: Halt still, ich rufe meine Mutter!

Was verkaufst du deine Kugeln? Zwischen dir, geliebte Pilgerin! Du


glaubst mir, durch deine Ausrüstung, für alle Öffnungen sind die Stecker
gefunden! Das sind diese Stäbe und diese Kugeln! Was wird das Gesetz
sagen von unserem frommen Zeugen? Und was sagen deine Nachbarn?
Warum verkaufst du deine Kugeln? O du geliebte Pilgerin! Wir kennen
alle Tricks von Schlangen! Gut ist dein Französisch, nimm deine
Perlenschnüre und nimm die Finger zu Hilfe!

*
Junge Geliebte, in der neue Saison, auf den Straßen kreuzen sich die
Narren und die alten Böcke. Hinein in das Feuer mit der Kohle! Junge
Liebhaberinnen, neue, in der neuen Saison, sind lustig! Ich weiß nicht, ob
sie ihre Arbeit gut machen oder nicht, aber wir stechen mit dem Sporn in
die Flanken der jungen Ponys!

Ich verließ die Kunst der Liebe der Brünetten und habe ausgezogen mein
Flanellhemd. Denn jetzt, da das Alter nimmt mir zum Trotz die Zähne,
fühle ich mich schwach und kann nicht mehr. Die junge Hündin wird nicht
zittern vor meinem Eisen, wir werden uns in kleinen Kabinen treffen, in
Kasernen, Gärten und Hütten. Egal wo, ich spiele auf deinem Gesäß nach
allen Notenblättern der Kunst. Ich habe mehr als die andern alten Böcke
Röcke verbraucht und feine Schleier. Wer den Kirchenchor zu traurig
findet, sollte jetzt tun, auf welche Art auch immer, die Frauen oder
Mädchen ansprechen. Ich beherrsche alle Künste, Mädchen!

Unsere Wünsche sind es, die uns verschlingen in der Glut der Liebe, ihr
Geschäft unseres Körpers, die Flammen unsere Sorgen, ihre Zangen unsere
Augen und Härten unsere Tränen,
unsere Seufzer ihr Blasebalg, und unsere Sinne ihr Ofen. Voll des Zornes,
quält Amor uns mit seinem Hammer, quält er uns einfach mit seiner Härte,
die Klappen unseres Herzens unser Unglück, unser Herz dient als Amboss
und er schlägt unsre Herzen. Das Feuer wird zu heftig, um es zu
beruhigen, fließen unsere Tränen, damit die wohltuende Benetzung
allmählich es brennen lässt immer schwächer. Aber der Reichtum an
Wasser könnte dämpfen die Flamme. Ich täusche das Kind Amor, weil er
mich entflammte zum Nachdenken. So viele Tränen kommen aus dem
Feuer, das entzündet. Er ertränkt seinen Ofen mit Wasser.

*
Wenn dein Hals rosa zu meiner Umarmung sich schmiegt und dein Auge
hat eine leichte Sehnsucht, die Augen halb geschlossen, der Boden meiner
Seele ist voll Lust und kämpft nicht ernsthaft mit Schwierigkeiten voller
Kraft, da ich mit einer so großen Freude leide. Dann bei der Annäherung
an das Halten meine Lippe, bin ich so auf die Blüte gepresst, dass ich aus
deinen Atem Ambrosia sammeln kann, wenn der Seufzer diese Gerüche
versendet, wo die beiden Sprachen und die Ausgelassenheit spielen sehr
gebildet und fächeln meinen süßen Leidenschaften, es scheint mir, am
Tisch mit den Göttern zu sitzen, ich bin so glücklich, und trinke zutiefst
von ihrem Getränk, schmackhaft köstlich. Wenn die Eigenschaft, dass das
größere Wohl kommt, nimmt mich oder verlässt mich, warum sollte ich es
erlauben, Herrin, die du immer noch die größte Mine bist? Hast du Angst,
dass der Genuss von so viel Glück mich zum Gott macht? Und dass ich
ohne dich fliegen könnte in ewiger Freude? Schöne, habe keine Angst
davor, wo immer deine Wohnung ist, da ist mein Himmel, bis ich sterbe,
und mein Himmel wird da sein.

Bereits in der Nacht in dem Park sah ich eine große Herde von
wandernden Sternen, sie geben in den tiefen Höhlen Zuflucht vor dem Tag,
seine Jagd war schwarz. Bereits am Himmel errötete Indien, und doch ist
die Morgenröte so, dass sie ihre Locken durchflechtet mit Perlen. Hagel
fällt im Westen, ich lebe wie ein Stern, ich sehe deine grünen Ufer, o mein
Fluss, ich sehe eine Nymphe, lachend. So sehen wir die neue Aurora, die
beschämenden Tage mit einer doppelten Hautfarbe und der Hund zeigt gen
Osten. Und es leuchtet die Feige in Indien.

Eine Kurtisane weiht sich der Venus: Wenn ich wütend meine Jugend
eindringlich den Bordellen gegeben habe, die Garantie, die nie in der Lage
war, junge Fohlen fühlen Stachel, Krebs oder andre Geschwüre. O Venus!
Bacchus, dein Begleiter, bei ihm verspreche ich dir, in meinen Wünschen,
meinen Schwamm und meine falsche Haare, mein Make-up, meinen
Spiegel und mein Kamm.
*

Adieu, mollige Scham, Freundin, schöne Natur und großes Universum,


adieu, haarige Höhle, voll von verschiedenen Vergnügungen, Quellen des
Nektars. Jetzt, wo du im Gesäß die Ringe und Grübchen und Fleisch aller
Art gefunden hast, werden die Grübchen mehr als die Hinterteile offen: die
Günstlinge des Hofes setzen sich auf ihre Lanzetten. Der König liebt mich
nicht, weil ich zu bärtig bin. Er liebt es, Samen das Feld zu streuen, das
Gras wird, und wie ein echter Ritter will er reiten den Rücken, wenn die
Sorgen Falten bilden, wer es verengt von den Schößen, das sind die
Medici, und von vorne imitiert er seinen Vater!

Freundin, du mit den rosigen Wangen, die im Mai heraufkam, du hast


Haare, kastanienbraune, frisiert mit Knoten, sanft um die Ohren verdreht.
Als du noch klein warst, bildete eine zierliche Biene in deinen Lippen
ihren süßen, süßen Honig. Liebe strahlt aus deinem Gesicht in deinem
Hain, du hast eine Stimme wie keine andere. Du hast Nippel wie zwei
Berge von Milch, Quark sehr weiß. Dass ein junges Mädchen im Juli
Formen hat, von Juno die Arme, deine Brüste sind Grazien, du bist die
schöne Morgenröte und Stirn und Hand sind weiß und rosig, aber du hast
das Herz eines stolzen Löwen.

Ode an meine Geliebte - Für meine Freundin - Wenn wir im Tempel knien,
werden wir die Gläubigen, durch diejenigen, die Gott, demütig, gebeugt in
der geheimsten Kirche loben. Aber wenn wir im Bett miteinander
verflochten sind, werden wir die Stellungen nach des Liebemeisters
Gestalten, die, frei praktiziert, Sport sind, die Blätter in hundert
Süßigkeiten pflücken. Wenn ich will, beiß ich dein schönes Haar oder
küsse deine geliebten Lippen oder optimiere dir deinen schönen Rahmen,
verletzt du die Kloster-Nonne inwendig eingesperrt? Warum hältst du
deine Augen und deine Gebärmutter lecker, deine Wange, Lippen so
schön? Küsse, die dir Pluto gibt, nachdem Charon dich in seinem Boot
geliebt? Nach deinem letzten Tod, Heil dir, sollst du mir es, Freundin, das
blasse Leibchen geben, und wenn der Tod kommt und ich sehe dich im
Schatten, dann gestehe ich, dass du einmal meine Liebe warst. Dein Kopf
wird keine Haut oder dein Gesicht so schöne Venen oder Arterien haben,
du wirst nicht die Zähne blecken, wie man es an den Köpfen der Friedhöfe
gesehen hat. Also, während du lebst, Herrin, bewahre deinen Verstand und
nicht verschone mich mit deinem Mund: Ausschweifend stirbst du, wenn
meine Buße heftig war. Ah! Ich sterbe! ah! liebe mich! Ah! Herrin, nähere
dich! Du wie eine Liebhaberin, leide mindestens meine Hand ein wenig
herumtollend in deinem Schoß, oder tiefer anzusetzen, wenn du siehst, es
passt und du zitternd fliehst!

Hymne an die Nacht: Nacht der Liebe, treue Diener und Sergeanten hält
Venus mit ihrem heiligen Gesetz, die Begleiterin des ungeduldige
Freundes sondert die Zeit ab, o Liebling der Götter! Vor allem liebe die
Sterne als Begleiter, eure Gaben der Natur lieb ich, das Beste: Sie
unterhalb der Genüsse verbergen die tiefe Stille. Lass die Liebe Freuden
tun, wenn du deine dunklen eng versammelten Liebhaber umarmst, und sie
fallen alle unter der Hitze matt, wenn der Freund mit der Hand berührt
dein kurzes Bein, und nun die Zitzen, die nicht verglichen werden können
mit Elfenbein, und wandert in die Sprache der Wange, und auf dem
Gesicht, kein Geruch ist da von Blumen, die im Entstehen begriffen sind.
Was wird der Orient senden? Es ist dir gegeben, dass du dich sorgst und
die Gene beißt, und die Pflegestifte benutzt für die glühenden Seelen, für
diese deine Tränen, du bist es, die das Leben gibt, die schmachtenden
Obstgärten, Gärten aus Tau, und vom Himmel schwärzesten Idols die
Verbindungselemente. Wenn ich bitten darf, Göttin, ein Ende meinem
Schmerz zu machen, und die unter meinen Armen, diejenige, die voll von
grausamen Drohungen ist, dass ihre Augen (Augen, die mich gefangen
halten) zu feurigen Fackeln brennen, mir auf den Boden sinken meines
Knochenmarks.

*
Ich erinnerte meine süße Freundin: Trinken wollen wir heute Abend vor
allem, und aus diesem Faß fülle Carinena-Wein in meine Flaschen und lass
mich bezahlen, um die Aufgabe des Weinfestes für das gesamte
Unternehmen zu gewährleisten. Entweder nenn ich deinen Namen oder ich
nenn dich meine Liebe und Madonna, ich werde so viel trinken wie dein
Name Buchstaben hat, und du, wenn du die Liebe deines jungen und
schönen Freundes nicht vergisst, meine Schöne, ich bitte dich, vergiß es
nicht. Ich trinke, bis der Kopf der Weinreben und des Efeu taumelt,
Ellbogen und Nacken, dass blumige Land der Rosen und Lilien, und über
dem Ring, den ich mich schäme zu tragen, sind Milch und Erdbeeren und
Wachteln. Und ist es nicht gut getan? Nun denn! lass uns beginnen, und
jagen wir weit von uns alle Sorgen und dulden wir keine Beschwerden.

Neulich war ich auf einem Gipfelgrat, drehte mich und informierte mich,
und ich drehte die Augen, man hat geblendet meine Augen, meine Seele
berührt wurde von einem Blitz, von deinen Augen erfüllt zu werden. Deine
Augen schossen in mein Herz, in mein Blut, wie ein Blitz kam und spaltete
die Wolken, während ich kalte und heiße Fieber anhaltend hatte, ein
ergreifender Blick hat mich tödlich empört. Und wenn du nicht mit der
schönen Hand gegeben hättest mir Zeichen, mit der weiße Hand, die die
Tochter eines Schwans zu sein sich rühmt, wär ich gestorben, Freundin,
von den Strahlen aus deinen Augen, dein Zeichen aber bewahrte meine
Seele in der Freude, dein Auge wollte lediglich siegreich sein, deine Hand
freut sich, mir das Leben zu geben.

Freundin, küss mich, küss mich, halte mich, dein Atem gegen meinen
Atem wärmt mein Leben, tausend Küsse sollst du mir geben, ich bitte
dich, liebe sie alle, ohne Zahl, die Liebe kennt kein Gesetz. Beschlafe
mich, liebkose mich mit deinem schönen Mund! Warum willst blass
küssen (oder bist du Plutos Frau oder Freundin?) da du doch blühst, ohne
Farbe so etwas wie du? Drücke mir auf die Lippen deine Rosen, stotternd
will ich geküsst zu halbgeschlossenen Lippen mehr als tausend Worte
stammeln, sterbend in meinen Armen seufze du deine Seele aus. Ich sterbe
in dir, dann werde ich auferstehen, ich hebe Ihn in die Höhe, und gehe
dorthin, wo der Tag, ob er nur kurz sein kann, besser ist als die Nacht.

Wie du deine Hand gelehrt hast, freundlich und schön zu sortieren die
duftenden Blumen geschickt, für diese Wiesen emailliert mit Hunderten
von Farben, durch die heilige Arbeit der Truppe der Unsterblichen: Amor
lauert unter dem neuen Kleid, aus einer schönen Blume spendet er seine
Wärme und anstatt zu denken, gibt er Kissen deinen Schmerz, eine
Schusslinie, dich zu erneuern. Sammle Blumen, Europa war überrascht, zu
lieben, und immer noch war Prosperina eine Königstochter, allen anderen
höchste Göttin. Es sollte nur ein wenig Atem beheizten die Kohle im
Feuer, von welchem du schließlich Herrin sein könntest.

Wenn du mich in deinen Armen sterben lassen willst, meine Liebe, in dem
Scharlachsamt deines Rockes, dann küss mich, drück mich und wir lassen
Abelone rund in den Falten des Efeu. Ich greife diese Freundin, meine
Liebe, meine Gewohnheit, berühre deine Brüste, diesen Zwillingshügel:
Dann küss mich und fordere mich, und Er stand so, dass die gemeinsame
Freude uns und mein Leben vergiftete. Einer sucht den Tod, um die Seiten
einer Wand im Scharmützel zu finden, warnte im Angriff, im Kampf um
einen Namen, den wir nennen, ihm die Ehre zu kaufen. Aber ich will auf
deinen Lippen, meine Dame, meine Ehre, mein Glück, mein Schatz, mein
Reichtum, mein Leben sterben lassen, weil in deinen Mund mein Herz
blieb.

Lass du einem Freund sagen, ich möchte dass du meine Freundin wirst so,
dass alle Streitigkeiten darüber, ob nicht eine gute Frau zu sprechen ist,
wegen der Schönheit Spaß, Lustigkeit, meine zappelnde Hand bemüht ist,
dein Gesäß zu schlagen, wird sie all ihr Gesicht mir zuwenden, dann wird
es, wenn sie mich zu küssen kommt, mein Gehalt sich in sie ergießen.
Denn wenn es anders wäre, schlichte Frau, beschämend wär es einer
keuschen Frau, ja, ja, es wäre beschämend, sie zu meiner Frau zu machen.

Liebhaber, Brust gegen Brust, wie zwei Mandarin-Enten Liebe machend


sich tummeln im Wasser, mit dem Kopf an dem Kopf, wie ein paar sanfte
Phönixe, die gebaut ihr Nest aus Zweigen. Voll Eifer sie ihre Lippen und
rosigen Wangen an den Liebhaber drückt, so hält er in seinen starken
Händen ihren Kopf nach unten. Der Liebhaber, dessen Beine umhüllt in
Seide, die suchen Unterstützung auf ihren Schultern. Mit der Aufdeckung
der beiden Bögen der Sichel des neuen Mondes! Kastanienbräune auf
ihrem Kopf und ihr Haar ist rückgängig fließend. Entspann dich auf den
Kissen wie eine dunkle Wolke! Er sprach Eide so tief wie das Meer, wie
Berge kraftvoll, und ihre Zärtlichkeiten tausendmal abwechslungsreich
zerstreuen die letzten Ängste wie der Wind verteilt die Wolken.
Bombardiert mit ungestümer Zärtlichkeit sie weint vor Glück Ihr Mund
füllt sich mit süßem Speichel, lüstern, sie bohrt ihre Zunge in den Spaß. In
jeder Straße jeder Ader ihres Körpers geschmeidig und schlank, fühlt sie
sich wie eine schwere, dunkle, rollende Flut der Freude. Aber der Hauch
seiner Lippen öffnet die zinnoberrote Hose und geht mit der Schwächung
der Augen nach unten auf die Nacht. Seine Haut ist nass von Perlen,
Schimmer. Ihre Kehle ist wie ein Köcher, da die sanften Wellen des
Meeres all die Freuden der Liebe gestohlen haben: Zwei perfekte
Liebhaber haben ihre Umarmung.

In der Mitte der Wüste ist der Weg in den wildesten Terror, und am Rande
der am weitest entfernten Ufer, fliehe ich die Szene, von Männern
bewohnt, und bedaure, deine göttliche Schönheit nur von der Seite zu
sehen, ich höre den Gesang von tausend Sprachen der Vögel, die singen
Liebe der heiligen Götter. Aber müde, Herrin, bin ich des traurigen
Schicksals! Du wirst sehen, mein Leben wird vorzeitig beendet unter
diesem Wald, und dann sagst du: Ruhe, Liebhaber, in diesen dunklen
Hainen, diese Tränen, diese Schreie ergieße ich in deine Schattierungen, es
sind diese, die mich zu der lieben Madonna machen.
*

Du stolzer Felsen, treu sind die Wälder und du und ich, meine Gesänge
klingen matt, Lieder, die meine traurigen Akzente reagieren lassen, wenn
du den Klang meiner tödlichen Beschwerden hörst, die übermäßigen Berge
und die wunderschöne Landschaft, die schattigen Geheimnisse, die
schönen Wiesen grün, die auseinandergezogenen Wüsten, die grünen
Hügel, die sicheren Zeugen meiner rebellischen Liebe, ihr Nymphen und
Waldgötter seid da, du kannst Faune und Satyrn hören, die zu den Klängen
meine traurigen Lieder traurig seufzen. Wann werde ich von einem ruhigen
Frieden gesichert werden? O, er werde in den Himmeln, bitte ich, eines
Tages zu sehen sein, in den Himmeln, die ich nicht bewegen kann, Mitleid
habe der Himmel über die Tränen, die ich zu destillieren gedenke in deiner
Liebe.

In den Tälern, Wüsten, Bergen, Wäldern, habe ich immer behauptet, dem
schönen Namen meiner Freundin ein Echo zu sein, die Mitleid mit meinem
traurigen Leben hat. Sie reagiert morgens und abends auf meinem
klagende Stimme. Moosige Küsten und Höhlen, wer am besten kann
erzählen die schönen Namen meiner Liebe? Ströme! Es zwitschern im
Gras mit den Blumen die Vögel einverstanden mit meinen Gesetzen.
Innerhalb der großen Abelone und über der Arena an tausend Orten,
schreibe ich den Namen meiner Sirene, mit viel Liebe zum anderen
Spirituellen. Ich weiß andere Töne klingeln in der Campagne, Gebüsche,
Wälder, Höhlen, Berge, und alles ist die Beantwortung meiner tristen
Gesänge in deiner Liebe.

Freundin, deine Handschuhe decken die Hand nett und schön, dass man
die Ursache meiner Schmerzen nicht erkennt, sie schützen vor Wind,
Kälte, Hitze, und all um dein Bestes, um es zu schützen, die Handschuhe
verwendet werden. Die Wahrheit ist, dass ich für eine solche Nymphe,
deren Haut subtil und von seltenem Wert ist, da deine Haut ist die Haut
einer Blume, nichts wollen kann, nicht wahr? Es ist noch nicht würdig
meiner Rebellion. Aber wenn du sicher sein willst, oh Handschuh, wie
geehrt du bist? Sie berührte dich einmal, da wirst du es wissen. Ihre Zeit
genießen wollte einzigartig Jupiter, der wieder in die Haut glücklich
umgewandelt wird, zu berühren und zu küssen den Elfenbein der
mörderischen Hände, die das Glück meines Leben sind.

Wir sahen die Ehe als die Ehe von einem Bösartigen und einer Bösartigen.
Einer der Eltern sagte, so wie sie behandelt wurde, es sei eine Schande!
Sie werden kämpfen jeden Morgen und Abend! Nein, sagte der Weiseste
von ihnen, er muss zusammen so genommen werden, dass zumindest
dieses Paar Meuterer kann den Haushalt des Dichters stören.

Freundin, deine Brust ist weißer als Alabaster und ist fest und auf ihr ist
ein Punkt, der kann nicht ohne Liebe sein, einen roten Knopf sehen wir da
und wundern uns, wenn ich mich ergehe in Götzendienst! Als ich meine
Hand mit ihrer Zustimmung wandern ließ, kam nichts gleich meiner
Zufriedenheit, ich freute mich. Lass mir dieses schöne Privileg, aber wenn
du gnädig bist meinem heißen Ziel, o Freundin, mein Gegensatz! O
Schelm, bald, rief ich, bist du mit deinem schönen Busen zufrieden, ah!
deine Brust ist wirklich schön wie Schnee.

Du, warst du eine Jungfrau? Ha, du warst der Teufel, du warst es, aber es
war in der Wiege, als du noch eine Jungfrau warst, da war ich auch noch
Jungfrau, ich lasse euch was zu denken, wie es wahr ist. Nein, du warst
nicht Jungfrau, das ist eine Fabel. Ich dachte, mein Glaube könnte dich ein
bisschen mehr lieben, sollten wir doch alle schreien wegen dieser schönen,
sehr schönen Frau: Mord, mein Nachbar, komm mir zu helfen! O die feine,
hässliche, o meine angenehme Rede ruft ihre Nachbarin, um Hilfe zu
bitten, um zu zeigen, dass ich neu in diesem Geschäft war. So hast du
einen Fehler gemacht, du erinnerst dich gut, du gehst verdammt heiß, du
warst keine Jungfrau, meiner Treu, du wirst nie mein Ding sein.

Geh, mein Gedicht, gib Nachricht, geh singen über das Ende meiner
Mattigkeit in den Augen, die eine, die so viel Strenge verborgen an sich
trägt, erscheint nun so sanft wie sonst. Liebhaber, der Spaß der ewigen
Liebe, Liebhaber, die verachten die Länge der Zeit, die ist manchmal dazu
da, unsere Sätze zu rächen. Liebhaber, Liebhaber, Liebe machen ist nicht,
um zu sehen, ob sie fest und treu ist. Ich möchte einen Tempel auf meine
Treue gründen, bei dem eine Seite die Grausamkeit der Arbeit ist, eine
andre Seite die Schmerzen, welche die Bären erleiden, und an die Stirn des
Tempels wird geschrieben: Liebe brachte mich in ihr Paradies, wer wird
konstant pochen an ihre Tür?

Sie:

Mich hast du entehrt, ach, das verhindert, dass mein Herz, ich bitte dich, es
schwächte die Schande der Sünde mich so, alle meine Gefühle sind fehl
am Platz. Ein gutes Gefühl zumindest, was du tun wirst: Und warum ist es
so, dass ich jetzt vergessen bin? Nein, nein, ich will nicht diesen Wahnsinn
tun, wenn ich dir egal bin. Ha, mein Gott, lass mich, oh du sollst mich
nicht falsch finden, wenn du wirklich würdest reiten ein Pferd, das würde
dir die Zeit nehmen und den Atem. Was gefällt dir nicht? He, raus hier!
Deine Liebe ist schmutzig und hässlich, wenn du in meinem Bauch pisst,
was ist das?

Berühre nicht meine kleine Freundin, sie gibt mir die Meinung, dass ich
ihr Hals und Kinn bin und will mich, obwohl ich mich zurückhalte. Aber
sobald ich den schön blühenden Geschmack auf ihrer Brustwarze
schmecke und nehme ihr den Gürtel, sagte sie lachend: Geh, berühre mich
nicht, da unten, da ist das Juwel der Mädchen. - Aber ich lege meine Hand
dahin, ich erreichte das tiefe Ende ihrer Brust. Eile nicht, dass die zierliche
Zärtlichkeit bleibt, aber wenn ich die Rutschgefahr meine Hand sehe und
denke an die Eskapaden unserer hellen Funken, und wenn ich sie unten
erreiche, sagt sie weinend: Nimm deine liebe Hand weg, du würdest du es
falsch finden, mich zu den Jungfrauen zu zählen.

Willst du nicht gut sein, süß sein, niedlich sein, willst du nicht, und dann
die Liebe und die Reihenfolge einhalten, wie wir unser Liebesspiel
nehmen? Mein törichtes Mädchen, willst du nicht, dass ich mich ausruhe
in deinen Armen? Du schuldest mir tausend Küsse. Du kannst beruhigt
sein, wenn du auf diese Weise die Wärme, die mein Herz quält, fühlen
willst. Du schuldest mir, dich nicht abzuwenden. Du schuldest mir den
einsitzenden Punkt, aber du musst auf mich hören: Mit der äußersten Liebe
liebe ich dich, erbarme dich, empfange die Hälfte, das ist das Geschenk
und der Lohn. Einschließlich des Bogenschützen Amor haben wir alles für
diesen Zweck anmutig gemacht und können es noch besser errichten. Der
Himmel ist mit uns zufrieden, wir sind der schöne Frühling. Die Liebe hilft
uns, sehen wir unsere blühenden Jahre, Freude haben wir nun in dem
angenehmen Obstgarten, die Presse dort ist der Ort, wo der Gott der Liebe
alles macht. Wer bleiben kann, wenn er wieder alles geben will, Liebe,
glücklich, zufrieden wollen wir sein. Komm früh, meine Liebe, früh sollst
du kommen und bald stelle ich mich rüstiger, zwing mich nicht an den Ort
der Abweisung. Uns Jugendliche verlässt nicht der Genuss. Die
Zärtlichkeit folgt uns; liebkose mich, mein süßes Herz, mit dem Gefühl,
komm zu mir, meine Liebe, heute muss es dein Wunsch sein, deine Freude
gegeben zu haben.

Die Brustwarzen, meine Freundin, ich stimme dir zu: das C ist das
Ornament, Schatz, das a ist schön. An den Nippeln kann man rebellisch
werden! Und das I? Er kann es nicht sehen, nichts ist süßer. Gesegnet ist
die Hand, die sich wohl tut! Und noch glücklicher dieser liebkosende
Mund! Ach! Warum mit ihrer Freiheit beeinträchtigt umgehen? Keine
Anpassung der Abschirmung! Wie? Vollständige Nacktheit! Was? Sollte
das Übergewicht, die Elastizität, das Interval zwischen ihnen, dieser
polierte Satin, diese charmante Rundheit, die Taste des Scharlach
entstehen? Diese Fläche übertraf die Form und Farbe, in transparentem
Stoff wie Schnee blendend, und die azurblauen unten trennt ein Mäander.
Alles in Eile zu sehen, benutzt, war die schöne Brustwarze sanft von dir, es
feierten die Nippel, um die ich seufze! Meine liebe Freundin, eh, was
sollen die Spitzen? Reize fliegen wieder! Schufen sie nicht diese Welt?
Und ich? Soll ich deine Herrlichkeit auf die Leier übertragen? O all die
Brustwarzen, Brustwarzen, dieses siegreiche Meisterwerk! Praxis der
Liebe! Zitzen, Brustwarzen der Göttin! Schwache Sterbliche, reichen sie
nicht mehr, um das Reich der Göttin zu singen? Soll ich den Olympus
montieren? Er könnte groß genug sein. Und, was den Lobpreis deiner
Brüste betrifft und was mich glücklich macht, von den Nippeln fühle ich
mich glücklich! Ich fühle mich als ein Herz.

Ich werde als ein Hund kühner, mehr bin ich als ein Löwe in der Schlacht
mutig, agil und schnell in deinen närrischen Spielen, mehr als der Affe
oder ein junges Kätzchen, du trägst dein Haar am Schoß, reicher als das
Vlies de des braunen Widders, du erstickst mich mit deinem Schoß, der ist
ohne Knochen, ohne Knochen, ein Stück naive Güte, o Schoß, ziemlich
gut sitzend, es häuften sich die Stunden, die wir weit entfernt von Gefahr
und Lärm der Sippe benutzten, die ich nicht für deine Schwester mir nahm.
Obwohl eine schöne Fläche dein Mund oder ein Rubin mit ornamentalem
Schmuck, gemeinsam und dicht geschlossen liegen wir, da du so hübsch
deine Bewegungen machst, oder der Körper rechts, sitzend, wir scherzen
oder spielen, wenn du liebst es, einen Schmollmund zu machen, Quelle der
Liebe, Quelle der Süße, kleiner Hügel beruhigend jedem Eifer und der
Mattigkeit Übel: O köstlicher Ort, anmutig, ein angenehmer Aufenthalt,
lüsterner mehr als jede andere Welt, der kleine Weg, rechts führt er in
einen Graben, sehr gut, sehr gut, das sind souveräne Vergnügen, dir gerne
das zu sein, was dein Wunsch ist, du kannst zufrieden sein, und meine
Liebe voll und ganz genießen.

*
O runder Bauch, straffer Bauch, du bist die beste Politik, dein Bauch ist
mehr weiß als Alabaster, der Bauch ist kälter als Gips, den berührt die
kalte Hand, und ich weiß nicht, was heiß und steif mein Glied ist. Dein
Bauch ist voll von Glück, der Bauch, wo alle Mitglieder zu ehren sind,
gezwungen bin ich, den Bauch nach seinen Bürgern zu fragen, oder ob er
starke Beschwerden hat. O Bauch, zu jeder Zeit weißt du, wann der Mann,
den du behauptest, gewonnen zu haben, wenn er siehst, wie du gekleidet
so fein, kann er auch feststellen, dass du nackt bist. Er wäre also sehr froh,
dass du zeigtest den nackten Bauch. Wer wird noch glücklicher, wenn du
darauf bestehen wirst? O Bauch, nach unten ist ein Brunnen für die
menschliche Natur, um sie neu zu erzeugen. Dein Bauch ist keiner, den du
verleugnen musst. Was ist die Frucht des Lebens? O Mutterschoß,
berechtigt zu empfangen, was denkbar ist, dies, Bauch, was gibt und
nimmt, und den geb ich dir und du hast ihn.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
MYSTIK DES KARMEL

Studie von Josef Maria Mayer

ELIAS

DER PROPHET ELIAS VOM BERGE KARMEL

Eremiten lebten von der Quelle, und Elias lebte auf dem Berg Karmel, er
blieb in den Höhlen, wo er sich versteckt hielt, da haben die Karmeliter
ihren wahren Vater Elias im Geiste erkannt und die Kirche hat es offiziell
bestätigt, der Karmelorden es ist sein abgelegter Mantel, es wird davon
ausgegangen, dass er von Elias ist, sein Kleid, das die Kirche aus seinem
Geist empfangen hat. Elias ist also der Vater und der Leiter des Karmel,
wie Elischa der Diener und der erste Schüler von Elias ist, er nahm das
Motto an, des Ordens Motto: „Der HERR lebt, der Gott Israels: Ich diene
Ihm.“ Und: „Wie sicher ist es doch, das der lebendige Herr lebt, dem ich
diene“, sie wollen mit dem gleichen Eifer brennen, wie er das getan. Die
entflammten Diener Gottes waren zweimal in der Gegenwart Gottes selbst
das, was isst und sein Leben lebt, das seine Mission ausübt, die sein Wesen
rechtfertigt: „Ich bin mit eifersüchtigem Eifer für Jahwe gefüllt.“ Teresa
von Avila sagt: „Ich habe den Hunger nach der Ehre Gottes gefühlt durch
unsern Vater Elias“, und in der Poesie spricht sie, es ist der Mut und Eifer
des Elias, dass Gott sich seiner Nonnen rühmt.
Es ist interessant zu bemerken, dass eines Tages Therese vom Kinde Jesu
speziell von den beiden Propheten Elias und Elischa – dem geistigen Vater
und dem geistigen Sohn – sich inspirieren ließ, sich unter ihre
Schirmherrschaft zu begeben, unter der Einwirkung des Heiligen Geistes,
die geistigen Väter nehmen die Engel und Heiligen als Schutzpatrone,
Erneuerer fragen nicht nach dem doppelten Geist des Elias, wie Elischa,
sondern er hat es als Inbegriff für das erhalten, was dieser „Doppel-Kopf“
ahnen lässt, nämlich die „doppelte Liebe“ Gottes. Hier werden die
primitiven Modelle, die biblischen, zu Modellen der Inspiration, es folgt
eine Heiligkeit sowohl in ihrem Gefolge als auch zutiefst originell. „In
Erinnerung an das Gebet Elischas zu seinem Vater Elias, als er um seinen
doppelten Geist zu bitten wagte, erschien ich vor den Engeln und Heiligen,
und ich sagte ihnen: Ich bin das Kleinste der Geschöpfe, ich weiß von
meinem Elend und meiner Schwäche. Ich bitte euch, mich als Kind zu
adoptieren, dir allein die Ehre, dass du mich gewinnst, und lasse dich
herab, mein Gebet zu hören, ist es auch töricht, ich weiß, aber du traust
dich zu fragen, Gaben zu erhalten für mich: Verdopple du meine Liebe!“

ELIAS, DIENER GOTTES

Weil er ein eifriger Diener Gottes ist, bleibt Elias in ständiger


Wachsamkeit, um immer verfügbar zu sein, was auch sein Gebieter von
ihm verlangt, und manifestiert den Gehorsam, den unverzüglichen, sofort,
um das Wort Gottes zu befolgen, Gott schickt ihn in die Wüste oder mit
Männern zu gehen, mit einem Wort des Segens oder Fluches zu einem
anderen, die Durchführung einer genialen Aktion oder vor den Augen der
Menschen verborgen zu leben und zu erleben eine mystische Begegnung
mit dem lebendigen Gott, dass er nicht aufhört zu dienen:
Und das Wort Jahwes kam zu ihm und sagte: „Geh weg von hier, wende
dich nach Osten und verbirg dich am Sturzbach von Krit, der ist östlich des
Jordans. Du trinkst das Wasser und ich bestelle die Raben, dass sie dich
dort versorgen.“ Also ging er und tat, was Jahwe gesagt hatte, und zog zu
der Flut von Krit, östlich des Jordans, und er trank aus dem Bach. Dann
kam das Wort des HERRN zu ihm mit folgenden Worten: „Steh auf und
geh nach Sarepta, das zu Sidon gehört, und dort wirst du wohnen. Hier
habe ich bestellt bei einer Witwe, dir zu essen zu geben.“ Er stand auf und
ging nach Sarepta.
Es war lange Zeit später, das Wort des HERRN kam zu Elias, im dritten
Jahr, und sprach: „Geh und zeige dich Ahab, ich werde Regen auf das
Antlitz der Erde senden.“ Und Elias ging hin, um sich Ahab zu zeigen. Der
gleiche wird von einem Engel Gottes Ordnungen erhalten. Er legte sich
nieder und schlief ein. Aber hier ein Engel rührte ihn an und sagte: „Steh
auf und iss!“ Er sah und siehe, es war an seinem Bett ein Kuchen, auf
heißen Steinen gebraten, und eine Flasche Wasser. Er aß und trank und
legte sich wieder hin. Aber der Engel des Herrn kam zum zweitenmal,
rührte ihn an und sagte: „Steh auf und iss, denn der Weg ist noch weit für
dich.“ Er stand auf, aß und trank, und gestärkt durch diese Speise ging er
vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Gottesberg Horeb.
Dann hat er genau das getan, was die Mission Gottes befahl, zu salben
zwei Könige und den Propheten Elischa zu salben.
Wir sehen noch einmal den Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes, um ein
sehr schweres Unrecht zu bestrafen, mit fatalen Folgen. Und das Wort des
HERRN kam zu Elias, dem Tisbiter, mit folgenden Worten: „Steh auf und
gehe zu Ahab, dem König von Israel in Samaria. Sag ihm, dies zu erfüllen:
So spricht der Herr: ...“ Ahab sprach zu Elias: „Du hast mich eingeholt,
mein Feind“, da antwortete er: „Ja, ich habe dich eingeholt. Weil du das
getan hast, hinterlistig getan, was dem Herrn missfällt, siehe, darum bringe
ich Unheil über dich...“

DAS VERBORGENE LEBEN IN DER WÜSTE

Die Wüste und das verborgene Leben ist es letztlich, dass


zusammenfassend und symbolisierend ist die vier Worte, die das Leben,
nach der Einsetzung der Karmeliter, der ersten Mönche definierte, mit, am
Ende, dem Versprechen der existentiellen Erfahrung, der mystischen, des
lebendigen Gottes. Gott selbst kommuniziert das Programm des Lebens,
dieses seliges Ende zu erreichen: „Brich auf, dein Weg führt hinauf nach
Osten, und verbirg dich am Sturzbach von Krit. Du wirst aus dem Bach
trinken.“ Aus der Ferne auszuwandern, sich zu verstecken und, so Gott
will, trinken den Strom der göttlichen Genüsse. „In beliebiger Reihenfolge
bietet dies ein Standard-Buch des Lebens und erklärt das Ende, da ihre
Mitglieder müssen darauf abzielen, dies nicht als formale Berufung zum
mystischen Leben zu erklären.“ Es sollte angemerkt werden, dass die
Initiative zu diesem mystischen und verborgenen Leben Gott gehört, er hat
den Aufruf, es zu eröffnen, sich zu verstecken, dies ist nicht der Mann, der
für sich entscheidet dergleichen. „Ich fühlte, dass es der Karmel in der
Wüste war, wo Gott, der mich ruft, war.“ (Therese vom Kinde Jesu) „Die
Schönheit des Karmel wird der Seele, die eine Wüste ist, gegeben werden“
, sagt der Bischof und mystische Theologe Gregor von Nyssa.

DAS FÜRBITTGEBET

Elias ist immer noch ein Modell der Fürbitte, das Gebet als die
Bereitstellung einer Leistung ist etwas alltägliches, was deshalb Zeugnis
für die Macht dieses Gebetes ist, Zeichen seiner Freundschaft mit Gott,
eine außergewöhnliche Leistung, eine wundertätige. Er ist ein Prophet in
vollem Umfang, durch den Heiligen Geist investiert ist die Frucht seines
Lebens in der Wüste, Gott eröffnete ihm, dass er wird einsetzen so viel
Macht für die Witwe von Sarepta, die sich zur Unterstützung im Zeitraum
des Hungers Hilfe erbat, und der er ihren einzigen Sohn wiederbelebte,
oder um die Erinnerung an Naboth zu wecken, der zu Unrecht von der
Habgier ermordet worden, als ein exklusiver Service am lebendigen Gott,
einzigem Gott und Gott des Bundes, ihn zu verteidigen: Er lenkt so die
Israeliten ab vom Götzendienst des Baal, durch die Durchführung eines
erstaunlichen Wunders, geht dann auf die 400 Bediensteten eines Idols los
und tötete sie. Die prophetische Art ist das bevorzugte Instrument Gottes
gegen den Götzendienst und gegen die Ungerechtigkeit. „In einer Zeit, da
wir das Angebot zu präsentieren hatten, erschien der Prophet Elias in der
Nähe und sagte: Herr, Gott Abrahams, Gott Isaaks und Gott Israels, wir
wissen jetzt, dass du Gott bist in Israel, ich bin dein Knecht und es ist auf
deinen Befehl, dass ich all diese Dinge getan.“ Weiter in der Tradition des
Karmel: Der Karmel wurde begangen, wie vom Propheten Elias, in der
Geschichte des Menschen, der sich mit der Verherrlichung Gottes abgibt,
der allein lebt für immer.
DIE ERFAHRUNG DER NACHT

Es gibt eine andere Wüste mehr intern als die vom Gebet in der Zelle, in
ihrem Herzen: die Wüste als spiritueller Prozess, das eindringliche Gefühl
des Versagens, die Wüste der Einsamkeit und Angst, die Wüste des
Zweifels an seiner Berufung und Sendung, die Wüste als Innenraum der
Verfolgung, der Konflikt mit sich selbst, und extern: Elias extern ist, als er
gejagt ward von Isebel, die die Propheten getötet hatte, als er floh, um sich
zu schützen, da ist es intern von einem Gefühl der Niederlage begleitet, da
er seine Idee von sich selbst verklagt, um den denkbar schlechtesten
Geschmack des Todes zu erfahren: „Er wollte sterben und sagte: Genug
jetzt, Herr! Nimm mein Leben von mir, weil ich nicht besser als meine
Väter bin.“ Dies ist die Zeit der großen Bedrängnis, der großen Trübsal,
die Zeit der Konfrontation mit seiner Sünde (das stolze Massaker von
vierhundert Männern im Namen Gottes) und seinen Grenzen (die Angst
vor dem Tod durch die Hand einer Frau, die Vernichtung des Selbst-
Bildes...), so ist er ein geliebter Prophet Gottes.
Die ersten der Karmeliter im Geiste sind vor allem diejenigen, denen ihr
Weg gelingen wird, die Erfahrung des Eilens durch die Nacht, dass Sankt
Johannes vom Kreuz begeistert war zu erforschen, zu kommentieren die
Nacht, die Nacht der Sinne und des Geistes, so förderlich für ein neues
Verständnis von Gott, in der Finsternis, und heimlich liebt es der spanische
Mystiker-Doktor zu wiederholen: wie in der Höhle des Horeb. Außerdem
sagte er zum Horeb, dass Elias Erkenntnis des Wesens Gottes hatte. Das
Herz der Nacht entpuppt sich als die Gnade, um zu schauen, seine
Forderung wird erneuert, Gott zu dienen, für Elias wird es eine
prophetische Mission der politischen Ordnung mit der Salbung der zwei
Könige und eine Mission von einer religiösen und spirituellen Salbung,
seine Prophezeiung von Elischa, den er als seinen geistigen Sohn als
solchen aus anderen Propheten anerkannt, als Elias in den Himmel
aufgefahren ist: „Er nahm den Mantel des Elias und schlug ins Wasser und
sprach: Wo ist Jahwe, der Gott des Elias? Er schlug auf das Wasser, das auf
der einen und der anderen Seite geteilt wurde, und Elischa stand in der
Mitte. Die Brüder- Propheten sahen ihn in einem Abstand und sagten: Der
Geist des Elias ruhte auf Elischa! Und sie kamen ihm entgegen und
verbeugten sich zur Erde vor ihm.“
MARIA, DIE SCHÖNHEITSKÖNIGIN VOM KARMEL

DIE LIEBE FRAU VOM KARMEL

Der Karmel ist ganz Maria, sagt ein Sprichwort. In der Tat, auf dem Berg
Karmel sind die Einsiedler in einer kleinen Kirche zu Ehren der Jungfrau
Maria gruppiert, und sie ist ihre Königin nach der feudalen Mentalität.
Dies bedeutet, dass alle sich und ihre Besitztümer ganz der Jungfrau
gewidmet haben, sie sind ganz ihr geweiht, ihr gewidmet in Dienst und
Ehre, die in einem inbrünstigen Kult und mit einer ganz besonderen Liebe
zu ihrer Mutter geführt wird und ihrer Schwester. Auf den Punkt gebracht,
kann man sagen, dass der Karmel den Namen Maria schmücken wird, und
den Karmeliten wird gegeben der glorreiche Titel „Brüder der Seligen
Jungfrau Maria vom Berge Karmel.“ Ihr Habit wird als das Kleid der
Jungfrau Maria angesehen, und Teresa von Avila fragte sie, ob die Nonnen
würdig seien der Demut von der Art, wie sie das Kleidungsstück tragen,
ein Kleidungsstück des Dienens.

MODELL FÜR DAS LEBEN IM KARMEL

Warum solch eine leidenschaftliche Bindung an die Mutter des Herrn, ist
sie wirklich charakteristisch für diese Nachfolge? Dies ist im Lichte der
Liebe Jesu zu sehen, die die Karmel-Liebe zu seiner Mutter Maria enthält.
Marias Leben ist das perfekte Modell für das Leben im Karmel, ein
verborgenes Leben in Treue zu Jesus, ein Leben der Aufmerksamkeit auf
das Wort, ein Leben der Meditation und Betrachtung der Geheimnisse
Christi, und schließlich ein aktives Leben der Nächstenliebe und der
Gemeinschaft in der Einfachheit. „Der Karmel wird zunächst sein Leben,
durch das innere Leben der Jungfrau Maria gewidmet, reproduzieren.
Diese Nachahmung der inneren Geheimnisse der Jungfrau verkörpert
schön das Ideal unseres heiligen Auftrags, in der ganzen Fülle der
wichtigste Auftrag“, sagte Anastasio, der Vater des Allerheiligsten
Rosenkranzes auf einer Konferenz der tertiären Karmeliter.

EIN TRINITARISCHES LEBEN

Was war sonst das Leben der seligen Jungfrau Maria, wenn nicht ein
Leben der „Hingabe“ an Christus und die Heiligste Dreifaltigkeit im
Glauben, das die Erfüllung in prophetischer Weise des Gebets des
„hohepriesterlichen“ Jesus verkörpert, ein Leben in liebevoller
Gemeinschaft mit der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, „damit ich in ihnen
bin und du in mir, sie sind also in einer perfekten Einheit, daß die Welt
erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, wie du mich liebst.“
Maria in ihrem Magnificat drückt die Hochstimmung aus, in der Welt die
Anerkennung der besonderen Liebe des Vaters für sie zu empfangen:
„Fortan werden alle Generationen mich selig preisen.“ Die zärtliche Liebe
des Herrn zu seiner Mutter führt den Blick zu ihrem Leben voll der Gnade,
in der Stille, der Innerlichkeit, ein einfaches Leben, demütig, durch die
Führung des Heiligen Geistes markiert, der sie überschattet hat, er
durchdringt jede Faser ihres Seins, physisch, emotional, intellektuell,
spirituell, zu zentrieren sie auf das Geheimnis ihres Sohnes, und sie hat
sich bedingungslos, ohne Vorbehalt ausgeliefert, und ihren Willen dem
Vater übereignet. Die Jungfräulichkeit des Leibes und das Herz Mariens ist
das kontemplative Ideal der Reinheit und ist all derer Wunsch, die in
Vertrautheit mit Gott umgehen, um Vertrautheit mit ihm bemüht, das
Vorrecht des Herzens rein und von der Welt distanziert zu halten („Selig
sind die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott sehen“). Maria
verkörpert perfekt die mystische Berufung des Karmel: Vereinigung mit
Christus, die Teilnahme am inneren Leben Gottes, die Fruchtbarkeit des
kontemplativen Lebens.

MARIA, DIENERIN GOTTES

Es ist die Dienerin Gottes, die Art des Bündnisses. Sie hat sich weiter
hingegeben, Gott zu gehorchen, dem Herrn der Pilger wie Abraham, wie
Elias, zur Einhaltung seiner Weisungen: Sie ging zu ihrer Kusine
Elisabeth, schwanger, von Nazareth nach Bethlehem zur Volkszählung
trotz des fortgeschrittenen Standes der Schwangerschaft, vor dem Zorn des
Königs Herodes musste sie fliehen, kam zurück nach Nazareth nach der
Weisung eines Engels, zog regelmäßig nach Jerusalem, um religiöse
Zeremonien durchzuführen auf einer Pilgerfahrt, und später, als ihr Sohn
auf den Straßen von Galiläa und Judäa lehrte, wird sie Teil der kleinen
Gruppe von Frauen, die ihm folgen werden. Dienerin war sie auf der
Hochzeit in Kana, und dann für alle ihre Kinder im Geist, um sie intim zu
lehren, was sie immer schon tat und weiterhin tun wird: „Alles sollt ihr
tun, was Er euch sagt.“ Es geht über Abraham, Elias, in Glaube und
Hoffnung, ein Leben voller Größe, in Tapferkeit, Großzügigkeit, wenn auf
dem Kalvarienberg die Frau gering und verborgen vor den menschlichen
Augen, sie das Opfer ihres Sohnes akzeptiert und dabei wird sie die Botin
der Hoffnung im Herzen der dunkelsten Nacht, ein Martyrium der Liebe
erlitt sie zusammen mit ihrem gekreuzigten Sohn, zu bezeugen heldenhaft
den blinden Glauben an den lebendigen Gott, der die Herrschaft
versprochen, die endlose, die der Sohn ihr gab, dann hat sie dieses
empfangen, von dieser dunklen Nacht umhüllt, dass auf Golgatha sie
wurde der Segen einer universellen Nachwelt, da sie empfing eine Mission
der Mutterschaft im Heiligen Geist. Zu Füßen des Kreuzes, fixiert sie ihren
Blick auf den Gipfel des Berges von Golgatha, den eine Theophanie
erfüllt: es ist nicht das ganze Volk von Israel - wie einst beschworen Elias
bei einem anderen Opfer auf dem Berg Karmel – sondern das Erkennen
Gottes durch Jesu Opfer, aber eine Hand reichte er einem Dieb und einem
armen Heiden („Dieser Mann ist wirklich Gottes Sohn“), und zweitens,
sie, Maria, kombiniert im Gebet ein eigenes Opfer mit dem Opfer ihres
Sohnes, den sie kennt und sie glaubt an den Sohn des lebendigen Gottes.

MARIA FÜR DIE BEIDEN GRÜNDER DES KARMEL

Teresa von Avila und Johannes vom Kreuz sagten, sie lernten von ihr, wie
die Beziehungen der Seele mit Gott seien. Theresa erlebte eine
leidenschaftliche Liebe zu Maria, dass sie sich explizit Maria zur Mutter in
einer hoch signifikanten Geste gewählt nach dem Tod ihrer leiblichen
Mutter. Sie hat viele Marienlieder gesungen, das zeigt die Nähe ihrer
Vertrautheit mit der Heiligen Jungfrau. Wie oft wird dir nicht gefallen, wie
Teresa schreibt von ihrer Freude an der „Betreuung unserer Mutter und
Lehrerin“, und stellt die Reform dar als Auftrag zur Arbeit der Maria: „Es
ist ihre Arbeit, damit ist sie unsere Frau und Herrin.“ Die primitive Regel
wird reaktiviert als „die Regel Unserer Frau vom Berge Karmel“, als die
Herrschaft der Jungfrau Maria, Unserer Lieben Frau und Matrone. Jesus
nachzuahmen, empfiehlt Teresa ihren Töchtern, vor allem in Marias großer
Demut. Sie besteht darauf, dass, seit das Kleid der Jungfrau von
reformierten Karmeliten und Karmelitinnen getragen wurde, es machte
dies der wahre Sohn der Jungfrau, und wir Mädchen müssen „als echte
Töchter der Jungfrau leben, und daher als Jungfrauen selbst“.
Johannes vom Kreuz wird den Schwerpunkt auf die Reinheit der
Ausübung der göttlichen Tugenden in der Jungfrau legen, als Muster für
die Seelen, um in Richtung der mystischen Vereinigung zu wachsen. Maria
war nur eine perfekte Vorlage und treu dem Geist in ihrem Gedächtnis,
ihrer Intelligenz, ihrem Willen.
JOHANNES VOM KREUZ

DOKTOR DER MYSTISCHEN VEREINIGUNG

Das Leben des heiligen Johannes vom Kreuz: Er war ein Waise von
seinem Vater her schon sehr früh, im Alter von drei Jahren, seine Kindheit
stand im Zeichen der materiellen Armut und des Elends, er bettelt sogar
auf den Straßen von Medina del Campo um Geld für die Hochschule.
Zwischen 17 und 21 Jahren ist er eine Betreuungsperson im Krankenhaus
der Unbefleckten Empfängnis. Er ist ein rigoroser Geist, er ist gütig zu
studieren, aber er hat immer studiert und unter schwierigen Bedingungen
Ruhe gesucht, er wurde nie von einer akademische Laufbahn als Theologe
versucht. In der Tat, Johannes vom Kreuz, dem Menschen, ist vor allem
die Gegenwart Gottes wichtig. Im Jahre 1553 trat er ein bei den
Karmeliten der gemilderten Regel. Durstig nach Einsamkeit, Stille, Armut,
Askese, kurz nach dem Radikalismus des monastischen Lebens, kann er
nicht in seine Ordnung zu finden, er ist im Begriff, in dem Kloster im
Jahre 1567 in Rente zu gehen, als er erfüllt wurde von Teresa von Avila. Es
war ein Treffen in der Vorsehung: Die Madre erkannte sofort in diesem
jungen Karmeliten und in dieser frommen Seele die Elite und den
Baumeister der Grundlagen der männlichen Klöster, die er strebte nach
ihrer Reform zu etablieren. Ab 1568 beginnt die erste Grundlage einer sehr
demütigen und armen Karmeliter-Reform in Duruelo. Im Jahr 1572 wurde
Johannes vom Kreuz Kaplan und Beichtvater des Karmel von der
Menschwerdung in Avila, wo er mit Gewalt in der Nacht vom 2. Dezember
1577 von den Karmelitern aus ihrem Kloster in Toledo entfernt wird, ohne
Wissen der reformierten Karmeliter. Im Gefängnis von Toledo erlitt er
Schläge, die er in völliger Einsamkeit erlebte, und er erlebte, was er die
„Nacht“ genannt in seinen Schriften, das ist eine tiefgreifende moralische
und geistige Not. Er entzieht sich kühn in der Oktav von Mariä
Himmelfahrt im Jahr 1578. Dann eröffnet sich für ihn ein fruchtbares
Fundament und große Aufwendungen in der Umsetzung der Reform des
Karmel, er unterhielt eine Vielzahl von Büros, und schrieb im Jahre 1580
seiner Hauptwerke: den Geistlichen Gesang, den Aufstieg auf den Berg
Karmel, die dunkle Nacht und die lebendige Flamme der Liebe. Johannes
vom Kreuz ist eine echter „Mensch der Bibel“, ein großes kontemplatives
und mystisches Genie, eifrigster Leser der Bibel. Weit davon entfernt, ein
Intellektueller zu sein, sein Gebet in hohen Positionen verloren zu haben,
ist Johannes vom Kreuz für seine Güte und für die Verführung, die von
seiner Person ausging, bekannt. Johannes vom Kreuz blieb ein einfacher
Mann, bescheiden auch in den höchsten Ämtern. Im Jahre 1591 starb er
nach der Erfahrung der Verfolgung in seinem Auftrag durch Rivalen. Man
kann nicht ignorieren die Auswirkungen einiger der Ereignisse seines
Lebens auf sein Werk. „Die Beziehung zu ihm war, wie sein Wort, weich,
sehr spirituell, sehr profitabel. Darin ist er ein Geschenk, das sehr
bemerkenswert und weitreichend war. All jene, die entweder Männer oder
Frauen sich ihm näherten, gelangten zu einem hohen Grad geistiger,
religiöser, liebevoller Tugend.“ – „Es wurde bemerkt, dass in ihm ein
außergewöhnlicher Geschmack am Gebet war und seine Gefühle ganz
oben waren in der Beziehung zu Gott. Zu allen Fragen, die ihm in dieser
Angelegenheit gestellt wurden, gab er Antworten mit einer sehr hohen
Weisheit, so dass diejenigen, die ihn konsultierten, gingen vollkommen
zufrieden und auf gutem Wege weiter und machten gute Fortschritte. Es
war ein großer Freund der Pensionierung und der Stille, er lachte selten,
und immer mit äußerster Bescheidenheit.“ (Pater Elischa Märtyrer,
Begleiter von Johannes vom Kreuz)

NACHT UND FLAMME

Johannes vom Kreuz wird durch die Schärfe und Originalität seines
Denkens in der Theologie und spirituellen Mystik unterschieden, sowie
durch die expressive Kraft seiner Poesie. Wir können sagen, dass in seiner
mystischen Theologie zwei Bilder symbolisiert werden: jene der Nacht
und der Flamme:
In der Nacht, wo man nichts sehen kann, wo wir lernen, uns zu verstecken
vor uns selbst, wo Gott abwesend scheint oder dunkel die Seele, keine
Flamme erleuchtet die Dunkelheit, die macht um so mehr betont ihre
Tiefe, das Feuer ist geschwärzt, das Brennen zerstört, verwandelt sich das
und vereinigt sich mit dem Thema, das brennt und lodert:

In einer dunklen Nacht,


Voller Angst und entzündet mit Liebe,
Oh! das glückliche Schicksal! Ich verließ es, ohne gesehen zu werden,
Während mein Haus im Frieden war. In dieser glücklichen Nacht ...,
Ich stand in dem geheimen Dunkel, niemand sah mich,
Und ich sah nichts, das mich führen könnte, da das Licht
Brannte in meinem Herzen...
O Nacht, die mich geführt hat!
O Nacht, schöner als die Morgenröte!
O Nacht, zwei haben sich zusammengeschlossen,
Die Liebe mit ihrem Geliebten,
Der Geliebte hat sich in die Geliebte verwandelt!

Die Wärme und Intensität der gegenseitigen Liebe zwischen Gott und der
Seele erklären das Gefühl, das man erlebt beim heiligen Johannes vom
Kreuz: Johannes vom Kreuz, Gottes Verrückter! In den folgenden
Abschnitten werden wir ausführlich zitieren die Texte des heiligen
Doktors.

GOTT AUF DER SUCHE NACH DER SEELE

Es ist nützlich, um der Verankerung willen, Anforderungen des Johannes


vom Kreuz an die Seelen zu geben. Es ist nichts weniger als zu pilgern mit
Schnelligkeit, Effizienz, Genauigkeit und Sicherheit, bis „das gelobte Land
der göttlichen Einheit“ der Seele in der Liebe Gottes erreicht wird, er ist
bereit, alle seine Kräfte zu widmen der Suche nach dem Einen
Notwendigen. Bewundernswerter Führer, räumt er ein, dass seine
Äußerungen nicht sofort für jedermann sind, das ist sicher so eingerichtet,
sondern für jeden, der bereit ist, diese Geisteshaltung zu leben. „Alle
geschaffenen Dinge scheinen ihm ein Nichts, selbst ist er nichts in seinen
eigenen Augen, denn es ist sein Gott allein.“ Dies erfordert einen
Empfänger, der bereits auf dem Wege ist, angelockt von Gott, der kann in
einem Leben des Gebetes leben, oder weil sie mit einer Umarmung das
religiöse Leben gewählt, weil „sie haben zu diesem Zweck durch die
Organisation ihres Lebens“ in der Welt „gewählt den Primat Gottes und
des Gebetes.“ In der Tat dürfen wir nicht vergessen das geistige Umfeld
Spaniens zu diesem Zeitpunkt. Wir sprachen frei über das Gebet, das
geistliche und mystische Leben, es war die Rede von den aktuellen
Alhumbrados, diesen beleuchteten Verdächtigen der Inquisition. Das
soziale Umfeld war, wie wir heute sagen würden, „Träger“ zu Gunsten der
Suche nach der Erfahrung Gottes. Doch der wichtigste Punkt zu erkennen
ist, dass die Suche nach Gott von Gott selbst stammt, von Ewigkeit her ist,
er hat die Seele als seine Amtszeit in der Schöpfung gewählt, um in ihr zu
bleiben und hebt sie hinauf in sein eigenes Leben der Herrlichkeit. Die
Vereinigung der Seele mit Gott ist in erster Linie der Wunsch Gottes
selbst: „Gott will die Seele durch die Vereinigung von Liebe und
Transformation durchdringen.“ – „Wenn die Seele sucht ihren Gott, so
sucht sie ihren Geliebten mit unendlich viel Eifer“, bestätigt unser
spiritueller Meister. Dies ist die Bewegung der Heilsgeschichte: die
göttliche Lust, zu suchen und zu retten, was verloren ist, wenn es für den
Genuß der göttlichen Fülle getan wird. Das Ausmaß der Zusammenarbeit
ist mehr oder weniger flexibel, die fügsame Seele, Gott wird die Zügel
nach und nach an sich nehmen, durch Initiativen erheben die Seele und
vergeistigen, das heißt um sie aus ihren schlechten Wegen herauszulieben
und zu verstehen, dass sie so eng begrenzt hat ihre Beziehung zu Gott.
Gott ist die Weisheit selbst, er hat den Wunsch nach der Vereinigung, die
Seele hat Hindernisse und Fallen, die verzögern oder sogar verhindern,
dass die Union zu erreichen ist, da fühlte er ein Angebot der Sorge und der
Angst wie Blei, dass die Seele geführt wird (das große Mantra des Prologs
des Aufstiegs), geführt wird durch den Glauben, was bedeutet, durch
Demut, Sanftmut, Gehorsam, und spielt das Spiel des Vertrauens und der
Erkenntnis.
“Der Blinde, wenn er vollständig blind ist, kann nicht gut von seinem
Führer geführt werden, denn es ist ein kleiner Weg, denkt er, dass der erste
Weg der beste ist, denn er sieht keine anderen besseren. Und so kann er die
Führung nicht annehmen von dem, der besser ist als er, denn schließlich
kann es dazu kommen, dass er ohne seinen Führer wandert. So ist die
Seele, wenn sie basiert auf ihrem eigenen Wissen, oder in ihrer eigenen Art
des Schmeckens und Riechens Gottes - wie all diese Dinge, weil sie groß
sind, doch sehr klein und unähnlich sind dem, was Gott ist – so geht sie
diesen Weg, wandert einfach, stoppt, aus Mangel an völlig blindem
Glaube, der ihr wahrer Führer ist.“

CHRISTUS, BRÄUTIGAM DER SEELE

Das fleischgewordene Wort ist im Wesentlichen die Vereinigung der


Gottheit mit der Menschheit, zu der Erkenntnis, dass man zu dem, für den
der Mensch erschaffen wurde, kommen kann - nämlich das Gleichnis
Gottes durch die Umwandlung der Vereinigung mit ihm - durch die
Betrachtung dessen, der das Bild des unsichtbaren Gottes ist, der
Erstgeborene der ganzen Schöpfung, daher die Empfehlung des Heiligen,
der gewöhnliche Wunsch ist es, zu imitieren Christus. Was wird sein, wie
wird diese intelligente Nachahmung also vernünftig, das „ man nichts
sagen, nichts tun soll, als was Christus sagen oder tun kann, wenn er in
dem Zustand wäre, in dem ich bin, wenn er das Alter und den
Gesundheitszustand hätte, den ich habe.“ Johannes vom Kreuz schrieb
diesen Kommentar als Grundprinzip für den Fortschritt der Seele: „Denn
wir können nicht nur genießen die Nachahmung Christi, welcher ist der
Weg, die Wahrheit und das Leben, und niemand kommt zum Vater, denn
durch ihn selbst, sagte er in Johannes. Und an anderer Stelle sagt er: Ich
bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er gerettet werden.
Also ich hätte nichts dagegen, gut zu sein für einen, der den Komfort und
die Leichtigkeit sucht, Christus nachzuahmen.“

CHRISTOZENTRISMUS

Christus ist der Weg und die Wahrheit der göttlichen Einheit, die die Seele
will, die Seele, deren Leben christozentrisch ist, es gibt keine andere
Offenbarung Gottes zu erwarten, weil er alles sagte in seinem Sohn. Die
Lehre von Johannes vom Kreuz sagt nichts anderes, als das Evangelium
des Johannes sagt: „Wenn man die Augen auf ihn legt, findest du alles über
ihn, da ist es mein Wort, meine Antwort, das alles Vision und Offenbarung
ist, ich habe alles beantwortet, alles gesagt und alles angegeben, sie sind
alle an dich gegeben, o Bruder, o Begleiter, o Herr, für dein Erbe und
deinen Lohn.“

GEGENSEITIGE LIEBE

Die Liebe Christi polarisiert die Seele, es ist sein Wunsch, verletzt er mit
einer Wunde der Liebe, die brennt und lässt ihm keine Atempause,
erreichte er den Mann, den er liebt, die Seele wird angezogen durch die
Großzügigkeit desjenigen, der all seine Herrlichkeit verworfen hat, um das
Kreuz zu umarmen, und so erlangt die Seele seine Schönheit. Das Kreuz
erstrahlt in den Augen des Johannes vom Kreuz in unübertroffener
Brillanz, durch „die Erlösung des Menschen, eines der erhabensten unter
den Werken Gottes und damit das köstlichste für die Seele. Wir können in
dem, was der Bräutigam als zarte Liebe entdeckt, die Seele innerhalb
dieser großen Mysterien sehen, wie es durch den Schaft des Kreuzes war,
dass sie seine Frau wurde, wie er sie bedeckte mit dem Holz, seinen
barmherzigen Schutz ihr zu gewähren, für sie zu sterben.“ Ebenfalls
passend zur Liebe wie ein Ehemann, ist eine Seele in der Liebe und bereit,
alles zu verlieren, auch sich selbst (hier finden wir, dass das Herz brennt
mit Liebe wie die Frau im Lied der Lieder, wie sie den Atem verliert, und
wurde eine andere Geliebte Christi). Sie sah nichts darin, aber in ihm
vergisst sie sich selbst, sie liebt wie verrückt, verrückt! In einem Wort:
dass sie von dem Mann, den sie liebt, besessen ist! „Wenn sie denkt, denkt
sie an ihren Geliebten, wenn sie spricht, was immer der Fall ist, womit sie
beschäftigt ist, so spricht sie von ihrem Geliebten, ist sie besorgt um ihren
Geliebten. Sie isst, sie schläft, sie sorgt dafür, dass sie etwas anderes zu tun
hat, immer wird sie mit ihrem Geliebten beschäftigt sein.“ Sie wird von
seiner Schönheit verführt, sie sucht in seinen Vollkommenheiten ihre
Genüsse, sie sucht ihn zu lieben, wie sie weiß, dass sie von ihm geliebt
wird. Kurz: Er ist der Bräutigam der Seele, mit all dem, der gegenseitigen
Rücksicht, diversen Anliegen, Freuden und Leiden, Wünschen,
Neigungen, intimer Kenntnis, Liebe. Sie müssen alle den Geistlichen
Gesang, den bewundernswerten Geistlichen Gesang lesen, um die
Schönheit und die außergewöhnliche Größe unserer Berufung zur
Vereinigung mit Gott in und durch Jesus Christus zu verstehen.

DIE SELIGKEIT DER ARMEN IM GEISTE

Johannes vom Kreuz ist ein Arzt, der Armut des Geistes lehrt, dass er
erklären kann und in jedem Detail aus dem Blickwinkel der Nacktheit der
Seele: Gott zu lieben ist zu akzeptieren, aber nicht die schlechten
Wünsche, die den wesentlichen Wunsch behindern, zu kommen zu Gott.
Es beginnt mit der Loslösung von den angelegten Vermögenswerten und
setzt sich in der Gegend des inneren Lebens fest, durch die Weigerung der
Suche nach spirituelle Gütern, im Gegensatz zu allen Zugeständnissen an
den spirituellen Geschmack, durch Kampf gegen die Selbstzufriedenheit
im geistlichen Trost, denn alle, die einen subtilen Geist des Eigentums
installieren wollen, vor allem ihren Egozentrismus herrschen lassen und
nicht die reine Liebe zu Gott wollen, die haben das Risiko, eine möglich
Entfremdung von Gott zu erleiden. Johannes energisch verurteilt die
Launen des Willens im Dienst für Gott! Er ist ein Mann, der keine
Kompromisse eingeht mit allem, was verzögern oder untergraben kann die
Vereinigung mit Gott. Der Verzicht hat keinen anderen Zweck, als die
Liebe zu Gott und zum Nächsten, eine Liebe, die exquisite Reinheit
betonen muss und fördern. Mit Finesse, Penetration, unvergleichlicher
Beobachtung, Johannes vom Kreuz untersucht die Psychologie unserer
Anlagen zu Waren verschiedener Art (natürlichen, sensiblen, moralischen,
spirituellen), diese aufzudecken, wie sie beleidigen die Bewegung der
Liebe zum Nächsten, zu Gott und zu uns selbst letztlich auch. Daher ist
Johannes vom Kreuz für die Qualität der Liebe durch die Zustimmung,
viel mehr als zu den Wünschen, mehr zu der Armut im Innen- und
Außenbereich, die nicht nur den Verzicht auf materielle Güter und Zeit
bedeuten muss, sondern auch die Enteignung der geistigen Dinge ist
Armut des Geistes, die der Sohn Gottes selbst als Segen ist. In keinem Fall
sind die Sinne vereinbar mit Gott, sondern Glaube und Liebe, ja das ist
eine sehr evangeliumsgemäße Lehre: Jesu Zeitgenossen sahen und hörten,
aber wie glaubten sie? Gott ist „der Andere“, Er ist Geist.

DIE ASKESE UND DIE GÖTTLICHEN TUGENDEN

Ein guter Meister, fleißig in der Bereitstellung der richtigen Heilmittel,


ordnete Johannes vom Kreuz an, um die Erforschung von zu heilenden
Krankheiten, die sich verkleiden unter dem Deckmantel der Suche nach
Gott, da ordnet er an die Praxis der göttlichen Tugend des Glaubens, der
einzigartig in der Lage ist, um die Seele zu reinigen.

DER GLAUBE

Johannes vom Kreuz schrieb seitenlang über die wunderbare Tugend des
Glaubens, die Grundlage eines gesunden geistlichen Lebens. Von der
Lektüre seiner Seiten gingen wir aus und es wuchs der Hunger, den
Glauben zu leben, wie er ihn so gut beschreibt, wie der Glaube die Stärke
und Effektivität ist, Gott zu begegnen und mit ihm vereint zu sein. „Er
lehrte den Weg zum Glauben an die einzige Abhängigkeit von Gott und in
der Liebe zu ihm zu leben“, bezeugte einer seiner Brüder. „Für die Seele
mit dem Wunsch, mit dem Bräutigam und ohne jegliche Unterstützung der
Kreaturen vereint zu werden, ist der Glauben mehr in der Lage, zu geben
ihr zu ihrer Person ein helles Licht, und sie wählte das Licht als zu ihrer
Vereinigung mit Ihm, und in der Tat ist der Glauben der einzige Weg zum
wahren geistigen Bund mit Gott. So wie der Herr selbst zu hören ist aus
dem Munde Hoseas, er sagte: „Ich will dich heiraten im Glauben.“ Der
Grund, gegen den Glauben zu sprechen, greift ein in die ungeordnete
Nutzung der geschaffenen Güter (so lass uns aber die Einsicht: Nicht alles
ist in seiner Verwendung schlecht). Und der Glauben ist die Regel der
Phantasie bei der Bewachung der Seele gegen die listigen Anschläge des
Teufels. Der Glaube ist in der Tat das beste Gegenmittel gegen die
übernatürlichen Erscheinungen, die in der Illusion zu induzieren sind, die
wandern können und ernsthaft verwechselt werden und die Seele vielleicht
sogar direkt unter dem Daumen des Teufels bringen. Wie auch immer, die
sich auf übernatürliche Erscheinungen bezieht, die Seele verliert eine
beträchtliche Zeit. Der Glaube geht über den Grund durch das Eintauchen
in das geglaubte Geheimnis Gottes und wird an sich geliebt, weil sein Wort
wirklich nur Stützung der Arbeit ist - die intellektuellen Überlegungen und
Konzepte bleiben verdorben durch Unvollkommenheit aufgrund der
Sünden und „Trends“, der Glaube nämlich „geht über alles, was wir
denken und uns vorstellen können.“ Was den Karmel betrifft, bezieht sich
Johannes auf das höchst bedeutsame Ereignis der Begegnung des Elias mit
Gott: der Gipfel des Berges, in der Nacht, am Eingang der Höhle und
darüber hinaus sein Gesicht mit seinem Mantel bedeckt. „Er sagte zu Elias,
unserm Vater, dass auf dem Berg er bedecken solle sein Gesicht in der
Gegenwart Gottes, was die Notwendigkeit bedeutete, dass wir vor Gott
sind blind in unserm Verständnis, wenn Elia sein Gesicht bedeckt hat, dass,
wohl wissend, seine Gemeinheit wagte nicht in Kontakt mit solcher
Erhabenheit zu kommen: er wusste, dass alles, was er sehen und verstehen
konnte, das Individuum wäre völlig anders, als Gott in sich ist.“

DIE HOFFNUNG

Hoffnung auf die Seligkeit ist mit der Armut verknüpft, zur Heilung von
Mängeln und Sünden wegen der Erinnerung und wegen dem Begehren.
Sie ist die Kraft, die die Seele trägt in ihrem schmerzhaften Nachtmarsch.
Sie fördert die Bewegung der Beharrlichkeit der Seele, die man versucht
zu biegen, zu geben alle ihre Wünsche an Gott, weil das Versprechen der
Union besteht, wenn die Seele Hoffnung hat. Ihre Reinigung erfolgt in der
Nacht. „Die Hoffnung ist nicht auf Gott allein angebracht, sondern sie ist
so nett zu dem Geliebten und es kann mit Wahrheit gesagt werden, dass sie
von ihm erhalten viel Hoffnung auf ihn. Denn sie ist der festen Hoffnung,
die das Herz Gottes berührt und alles bekommt.“

DIE LIEBE

Wie Teresa von Avila, Johannes vom Kreuz hält jede geistige
Vervollkommnung zusammengefasst in der Erfüllung des ersten Gebotes:
Liebe zu Gott und zum Nächsten. „Am Abend deines Lebens wirst du auf
Liebe hin gerichtet werden. So lerne, Gott zu lieben, wie er geliebt werden
will und lass dich selber los.“ Der Befehl ist nicht entmutigend, denn
Johannes weiß, du trägst in dir den Wunsch nach Vereinigung, der
entzündet in der Seele die Liebe, obwohl die Liebe macht das Joch der
Disziplin leichter, da wir das Ende der Straße kennen: die Freude an der
Union! Er selbst praktiziert, was er rät den Nachbarn, großmütig verzeiht
er die Schuld und so viele Demütigungen, die ihm die Brüder beibrachten,
besucht mit unendlicher Zartheit Patienten in Klöstern, durch einen Beitrag
für die Seele viele Seelen vertrauten ihm. Wie für seine Liebe zu Gott in
seinen Schriften ist es ausreichend, um die Intensität zu demonstrieren: die
Reinheit der Liebe ist der Standard der Liebe Gottes. Er traf seine Wahl:
Gott allein!

DIE NÄCHTE, EIN WEG ZUR VEREINIGUNG

“Geh heraus!“ Was Gott zu Elias sprach, sagt Johannes zu der Seele. Es ist
offensichtlich, nach Durchsicht des Ehrgeizes des Johannes für die Seele,
dass dieses Leben der intensiven Liebe zu Gott nicht nur eine Kleinigkeit
kostet, wenn man realisiert, was es für die Seele bedeutet. „Der Wunsch, in
die Tiefen der Weisheit, des Reichtums und der Vergnügungen des Gottes
zu kommen, ist die Tatsache von allen, aber der Wunsch, in die Tiefen des
Leidens und des Schmerzes für die Liebe des Sohnes Gottes zu gelangen,
ist die Tatsache der wenigen. So viele wollen am Ziel sein, ohne zu gehen
über den Weg, der dorthin führt“ , sagt Johannes vom Kreuz. Daraus folgt,
dass von vielen diejenigen, die die Vereinigung mit der Liebe wollen,
diejenigen sind, die nur wenig Gnade zu empfangen bereit sind. Gott ist
Geist, der Mensch ist Fleisch, und Gott sucht Anbeter im Geist und in der
Wahrheit. Die „Nächte“ sind ein Muss, um im Wege des Denkens und
Handelns vereint zu sein im Geist mit Gott, und transformiert zu werden
für die Erschließung der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes in dem
„gelobte Land der göttlichen Union“, sagt der heilige Johannes vom
Kreuz. „Die Passage, durch die die Seele fähig ist der göttlichen
Vereinigung, nennt sich dunkle Nacht aus drei Gründen: Das erste stammt
von dem Begriff, aus dem die Seele ausfährt, zu nähern sich ihrem Gott:
Der Mensch muss seine Leidenschaft an der Zufriedenheit der Dinge, die
in seinem Besitz sind, und was er kann, durch den Verzicht verleugnen,
und diese Leugnung ist eine Art von Nacht gegen die Leidenschaften und
das Gefühl der eigenen Rechte. Der zweite Grund kommt aus dem Weg
oder Pfad, durch den die Seele dazu neigt, zu dieser Vereinigung: Dieser
Weg ist der Glaube, der scheint uns dunkel. Der dritte Begriff stammt aus
der Seele, so sagt sie, und niemand anderer als Gott, denn Gott ist
unendlich erhaben über alle Kreaturen, so können wir sagen, dass Gott
eine dunkle Nacht der Seele in diesem Leben ist. Wer also strebt nach der
Vereinigung mit Gott, muss durch diese drei Nächte gehen.“

MERKMALE DER NACHT

Situationen der Depression, eine Umkehr der gesundheitlichen


Rückschläge, eine Identitätskrise, ein existenzieller Umbruch: Die Nächte
werden von sehr realen Ereignisse in unserem Leben verursacht werden.
Aber sie taufen sich Nächte, sie leiden bei solchen Tests, bei allen
Anforderungen erfordert es eine Seele, bereit zum inneren Leben, an Gott
bereits hingegeben, und da erlebt man den tiefen Wunsch, noch mehr
ausgeliefert zu werden. Dies ist die Ernsthaftigkeit des Glaubens, mit einer
Intensität des Lebens mit Gott, jede Depression ist also nicht unbedingt
eine Nacht im Sinne San Juans. Die Nacht ist ein sehr tiefer Schock, fast
verheerend, und bezieht sich auf den Grund des Sinns seines Lebens. Sie
sinkt in dem Mißverständnis dessen, was mit uns geschieht, was am
schlimmsten von Gott selbst kommt, von Gott, der Liebe, und erscheint als
Rücknahme seiner Gnade, die Manifestationen seiner Liebe ist, so hat Gott
in unser Leben eingegriffen, in unser Gebet, unsere Verpflichtungen. Der
Mensch ist verwirrt, es grenzt an Verzweiflung, manchmal geht man auch
in Zeiten der Verzweiflung, doch die Seele klammert sich an Gott, kämpft
und setzt sich zu lieben vor, nur einen kleinen Weg, sie kann es nicht
verstehen, aber sie lernt, um nicht aufzugeben. Die Worte, die die viele
Nächte charakterisieren, bezeichnen die schreckliche Unordnung, die die
Seele kennt: Leere, Trockenheit, Schmerz, Bitterkeit, Frustration, Angst,
Schwermut, schreckliche Nacht. „Die ganze Seele ist in Trauer gestürzt,
wir leiden unter der Bitterkeit und Angst. Es ist völlig der Geschmack an
geistlichen Güter verschwunden.“ Der Mangel an Verständnis bei anderen
in der Regel begleitet diesen Zustand, und erhöht das Gefühl der
Einsamkeit.

DIE KONTEMPLATION

Nächte stellen die Seele der Kontemplation vor, sie sind ein Werk Gottes
„in der Dunkelheit und im Verborgenen.“ Kontemplation „ist alles andere
als ein Geheimnis, ist eine Infusion des friedlichen und liebenden Gottes in
der Seele, und diese Infusion, wenn sie kein Hindernis trifft, entflammt in
der Seele der Geist der Liebe.“ Die Arbeit der Seele ist sehr einfach: Mit
einem kooperativen Handeln lässt sie sich auf Gott ein als „die
Kontemplation ist zu empfangen“ und es braucht einfach nur „eine
liebevolle und einfache Aufmerksamkeit, ähnlich wie eine Person, die ihre
Augen offen hält, um die Liebe zu suchen.“ In dieser Betrachtung erhält
die Seele ein neues Verständnis von Gott und sich selbst. Sie findet in Gott
ihre Gesundheit als das Werk der Nacht, die eine Heilung ihrer geistigen
Krankheiten erzeugt, und oft sogar einer bestimmten mangelhaften
psychischen Disposition. „Die dunkle Nacht der Kontemplation, die
Hingabe, befreit von allem, was nicht Gott ist.“ Wir geben uns als den, den
selbst das Glück gesegnet hat, der wird dort von Gott eingeführt in seine
Gnade, mit reiner Passivität, das heißt, mit der Zustimmung, die Haftung
an das Verhalten unseres Leben und unseres spirituellen Lebens zu
verlassen, denn die Pflege dieses Verhaltens bedeutete, Gott zu verlieren,
das ist die dominierende Note; hoffe auf Gott, das führt alles zum Guten
der Seele, diese Hoffnung ist die primäre Tugend. Gott teilt sich dem
einsamen und leeren Herzen mit, teilt ihr nichts mit außer sich selbst. Die
Vereinigung mit Christus ist eine Vereinigung der Liebe, die Liebe ist die
angemessene Tugend. „Liebe ist die Neigung, die Stärke, die Fähigkeit, die
die Seele in sich selbst hat, zu Gott zu gehen, da es durch die Liebe ist,
dass die Seele mit Gott vereint ist.“

SPÄT IN DER NACHT

“Sobald du trinkst aus dem Strom“, Gott versichert dem Elias, indem er
ihn vor den Augen der Menschen versteckt in der Flut Krit: Weisheit stillt
die Seele und macht sie zu einem Altar nach den Worten des heiligen
Johannes von Lob, Anbetung und reiner Liebe bei denen, die die Aufgabe
ihres Eigentums angenommen haben und sich für die Liebe des Geliebten
entschlossen haben, ihnen ist die Gnade der Vereinigung mit Christus
mitgeteilt und die Teilnahme am inneren Leben der Gottes-Liebe. Sie
leben für das Eine Notwendige, die sich aus der Welt entfernt haben und
wurden an den Ort, der sie magnetisierte, versetzt. Sie hatten versucht, sie
fanden, sie fragten, sie erhielten, sie schlugen ein, und das Herz des
Geliebten begrüßte sie mit einer Zartheit und unsäglichen Süße. Jetzt sind
sie völlig vom Geist Gottes bewegt. Die Liebe ist ihre einzige Heimat.

TERESA VON AVILA, DIE MUTTER DER SPIRITUELLEN


TERESAS WEG

Am Anfang des Weges Teresas, erhielt sie eine Gnade in der Kindheit:
„Die Wahrheit meiner Kindheit war, alles ist nichts, und Eitelkeit ist die
Welt, und wie schnell ist alles vergangen.“ Teresa trat in das religiöse
Leben jung ein aus Gründen der persönlichen Vervollkommnung und um
die Erlösung zu erlangen. Sie hat sich in dem geistigen Klima einer
Epoche von Verträgen der Spiritualität verliebt in die moderne Hingabe,
und geprägt von einer mystischen Aufregung, genoss Theresia, die das
Lesen liebte, dank ihrem Onkel, eine geistliche Lesung des „Dritten
Spirituellen Alphabets, einer mystische Kontemplation“ von Francisco de
Osuna, entscheidend für ihre innere Entwicklung, denn seit dieser Lektüre
wollte sich ihr Geist im Gebet engagieren: „Dieser Vertrag gab mir die
größte Freude, und ich beschloß, den Weg zu gehen, dass ich ihm folgte
mit jeder Anwendung, die ich schaffen konnte.“ Theresa weiß, wann das
Gebet der Ruhe eintritt, aber es kommen schwere Dürrezeiten. Die
leidenschaftliche Seele, die nichts von Halbheit wissen will, in ihrer
„Entschlossenheit, die Güter des Himmels zu gewinnen, ihrer
Entscheidung, sie mit allen Mitteln zu gewinnen“, lässt sie nicht zögern,
Gott zu bitten „um Krankheiten, wenn er will!“ Es als ist alles, was sie sich
vorstellen kann, wie sie krank wird und an der Schwelle des Todes ihre
Fragen konnten beantwortet werden, so ist es durch die Fürsprache des
heiligen Josef, dass sie ihre Genesung erlangt. Wieder hielt sie zwanzig
Jahre lang Experimente ab mit der Schwierigkeit der Hingabe an Gott, so
vollkommen, zu Gunsten der Schließung des Klosters der
Menschwerdung, sie, die Gesellschaft und Unterhaltung liebt, drehte sich
in ihrem Leben nun um spirituelle Erfahrung anderswo. Daher ihre
Reflexion über die Gefahren der Freiheit in der Schule, mit
Außenstehenden zu sprechen, und mit Bestürzung zu beachten die
Verheerungen des Mangels an Regelmäßigkeit im Leben der männlichen
und weiblichen Klöster:
“O ängstliches, o beklagenswertes Übel, dass die Klöster von Männern
oder Frauen ... wo die Regelmäßigkeit ist nicht mehr in Kraft, wo wir zwei
Wege haben, einen der Tugend, die andere Version, Menschen zu sehen,
und beiden bin ich auch gefolgt. Was habe ich gesagt? Falsch ist es, leider
aber der weniger perfekte Weg ist der beliebteste .... Im Gegenzug wird der
Weg der Regelmäßigkeit fast ausgestorben sein, so dass die Religiösen, die
ernsthaft wollen, alle Verpflichtungen ihrer heiligen Berufung zu erfüllen,
haben mehr zu befürchten von den lebenden Menschen unter einem Dach
als von allen Dämonen zusammen .... Also warum ist es überraschend, wie
große Übel wir in der Kirche sehen werden, wenn diejenigen, die für
andere Modell der Tugend sein sollen, so traurig aus dieser Leidenschaft
ausarteten, dass die Heiligen, ihre Vorgänger, mit so viel Arbeit in dem
religiösen Orden umsonst gearbeitet zu haben scheinen?“
Therese hatte eine zweite Bekehrung, diesmal endgültig, zu einem Leben
des Gebets beim Anblick einer Statue Christi voller Wunden und beim
Lesen der Bekenntnisse des heiligen Augustinus. „Die wachsenden
spirituellen Wohltaten gingen voran“, sagt sie, die innere Gegenwart
Christi dringt nun in jeden Raum in ihrem Leben und führte zur
Umsetzung der Reform des Karmel. Sie empfängt mystischen Gnaden in
Hülle und Fülle: Visionen von Christus, innere Worte, Ekstasen und
Verzückungen, doch weiß sie die seltene und außerordentliche Gnade der
Gottes-Ehe ist eine spirituelle Gnade der Vereinigung mit Christus und der
Heiligen Dreifaltigkeit. Das Wort führt zum Vater, das versteht sie, wie
Gott Dreifaltigkeit und Einheit ist.
Lese selbst die Madre, es ist ein reines Vergnügen. Sie ist eine Frau, im
Verstand sehr konkret, realistisch, eine Lehrerin voll bunter Sprache, so
lebendig, so wachsam. Sie besitzt die Kunst, um die einzigartige spirituelle
Erfahrung, die sie so besonders erlebt hat, wiederherzustellen. Der hat eine
natürliche Führerin, der in sich in ihre Schriften einfühlt. Es wird erkannt
und allgemein bewundert ihre außergewöhnliche Ausstrahlung, um die
Liebe zu Gott und den Geschmack des Gebets zu erklären, bis zu dem
Punkt, dass sie den Titel „Mutter der Spirituellen“ erhielt, sie war Teil
einer innere Säule der Basilika Sankt Peter, weil sie ausgezeichnet
kommunizieren konnte „alles, was nicht zum Gottes-Dienst wird, dazu zu
neigen scheint, so eitel und betrügerisch zu sein als ich nur sagen kann,
wie ich diejenigen, für die diese Wahrheit im Dunkeln liegt, zu bemitleiden
habe.“ Viele änderten sich, die gelesen Theresa (siehe die Erfahrung von
Edith Stein ...). „Ich erkannte den großen Vorteil, dass kein Fall ist, der
nicht hilft, uns näher zu bringen zu Gott, und ich verstand, was es für eine
Seele ist, die in der Wahrheit vor der Wahrheit zu sein begehrt“. Paul VI
hat sie ausgerufen als Doktorin der Weltkirche am 27. September 1970, er
sprach in seiner Predigt, dass „die Kirche in der Stunde des Gebets wie
Teresa klingelte“.

GEBET, HÄUFIGER VERKEHR MIT DER FREUNDSCHAFT; DIE


ALLEIN UNS LIEBT
DIE SEELE IST VON GOTT BEWOHNT

Die große Entdeckung, die das Leben von Theresa transformierte und
machte sie zu einer Vermittlerin ihres Erlebnisses, ist, dass wir nicht intern
leer sind, sondern dass die Seele von Gott bewohnt wird, so sieht sie aus
wie eine Burg aus mehreren Zimmern. Ein Leben der „Äußerlichkeit“
wirkt sich nachteilig aus auf die Realisierung dieser inneren Realität der
Gegenwart Gottes, so leiden die Seelen an ihrer Unwissenheit über ihr
Inneres. Der ganze Weg des geistlichen Lebens wird es sein, in Richtung
des Zentrums der Seele zu gehen, die der lebendige Gott bewohnt, um
diese lebendige Gegenwart in sich selbst zu erleben. Theresa hat den
Drang, den Weg des Gebetes, den Weg zur Innerlichkeit zu beginnen, im
Vertrauen, dass Gott uns ruft, so ist es wichtig, nicht aufzugeben, unter
keinen Umständen. Gott ist allmächtig, um der Seele, die seinem Ruf folgt,
er, der die Initiative ergreift in diesem Leben, ihr zur Vereinigung, mit der
sie auf seinen Ruf antwortet, zu helfen. Alle sind berufen, es besteht
Theresa darauf, ja, alle! „Bedenken Sie, dass unser Herr uns alle einlädt,
da es die Wahrheit ist, können wir nicht daran zweifeln. Wenn dies Bankett
nicht allgemein gefeiert wird, so nennen wir nicht alle, und noch immer
wie wir es nennen, Er würde nicht sagen, ich gebe dir etwas zu trinken. Er
hätte sagen können, alle sind gekommen, aber werden Sie zu nichts, was
mich an diesem himmlischen Trank dienen lässt, das will ich nicht
verlieren, ich werde sie wem ich will geben. Aber wie er nichts sagt er von
einer Einschränkung oder in seinem Rechtsmittel noch von seiner
Verheißung, so bin ich sicher, dass alle, die unterwegs anhalten werden,
schließlich noch trinken das lebendige Wasser.“

CHRISTUS DER SEELENVERWANDTE

Auf dem Weg zur Perfektion der Liebe zu Gott und zum Nächsten, hat sie
den Willen, eine Entscheidung war ausschlaggebend: mit ihm zu schaffen,
der uns so sehr liebte. Christus ist der Begleiter der Seele auf allen Stufen
des spirituellen Lebens. Teresa von Avila empfiehlt eine sehr gute
Angewohnheit: Leben unter den Augen Christi, der uns nie aus den Augen
verliert. Sie spricht von einer physischen Realität dieser Nähe des Herrn:
er hört uns. Viele Effekte sind die Vorteile dieser Präsenz: sie vermeidet
die Sünde, fördert die Intimität mit Gott und eine zarte Liebe zum Herrn,
erzeugt den Wunsch, ihm zu gefallen. Die Seele wird sich bewusst, was
aus ihrem Inneren entstehen kann. Im Zusammenhang mit der
protestantischen Reformation, die sehr mißtrauisch gegen die Verehrung
der Bilder war wegen der Gefahr des Götzendienstes, plädiert Teresa eher
für die Verehrung der heiligen Bilder, so Partei ergreifend und in der
Debatte über das Gebet mit oder ohne innere Bilder, evoziert sie, wie die
Betrachtung der heiligen Menschheit Christi so profitabel sei, um die
Liebe des Herrn zu erhalten. Sie rät, die Szenen von Christi Geheimnissen
in Bezug auf unsere Stimmungen zu betrachten: Sind wir in der Freude,
lassen wir den auferstandenen Christus vor uns stehen, wir sind in Trauer,
in Bitterkeit, so betrachten wir die Agonie Christi im Garten Gethsemane.
Andere große Unternehmen sind: die Jungfrau Maria und die Heiligen,
sagte sie. Sie wiederholt sich ständig in ihrer Mahnung an die Güte des
Herrn Jesus zu glauben, auf seine Hilfe zu vertrauen: kein Vertrauen in
unsere eigene Kraft zu setzen, sagt sie, aber wir setzen stets auf seine
Barmherzigkeit. Wir müssen versuchen, Christus zu kennen, den Vater, das
göttliche Königreich, die Sitten und den Charakter Gottes. Für Theresa ist
das vollkommenste Gebet, wie der Herr uns gelehrt, das Vaterunser.
Darüber hinaus ist der Karmel eine Erbschaft in einer Weise, das er gehört
zu den Klöstern an jener Stelle, wo, sagen sie, Christus das Vaterunser
gelehrt hatte, um seine Apostel aufzuerbauen, der Karmel vom Vater Unser
in Jerusalem. Theresa widmete Seiten dem Kommentare dieses Gebets in
ihrem Buch „Der Weg der Vollkommenheit“, sehr inspiriert.

FORTSCHRITTE IM GEBET

Wenn du Fortschritte im Leben des Gebets machen willst, müssen wir die
Bedingungen feststellen. Die Seele wird zunächst durch die
Anstrengungen beschäftigt, um Askese zu üben, die Erhaltung der
externen Einsamkeit für die Einsamkeit im Innenraum, die Stille innen und
außen, dies begünstigt die Meditation. Viel Spaß beim Lesen und beim Tun
guter Werke! Um dieses Leben zu ernähren sind sie da. Die Seele soll im
besten Interesse kultivieren die großen Wünsche, da sie von Gott selbst
bewohnt wird, und sie macht für das Leben der Freundschaft mit ihm
große Fortschritte. Offensichtlich muß die Seele kräftig ausgeübt werden
in der Loslösung von allen geschaffenen Dingen, vorausgesetzt ist ein
kritischer Zugang zur Freiheit des Denkens, und die meisten finden es
schwierig, die Loslösung von sich selbst, so erhält man es, den Verzicht
auf das Seine zu erleichtern und den Verzicht auf den Eigensinn, mit Hilfe
des „bereitwilligen Gehorsams“ gegenüber der Priorin, wenn sie
zuverlässig ist. Aber „auch für diejenigen, die nicht zu einem religiösen
Orden gehören, wäre es sehr hilfreich, jemanden, der unter keinen
Umständen Törichtes tut, zu verwenden bei unserem eigenen Willen, denn
das ist normalerweise das, was uns weh tut.“ Die zwei Säulen des
Gebetslebens und das geistige Wachstum des Frühlings in der Seele ist
nicht im Zweifel, Demut ist notwendig: „mit tiefer Demut machen wir
diesen Fortschritt auf dem spirituellen Weg. Was uns zurückhält und
hindert, weiter zu gehen in die innere Burg, ist der Mangel an Demut.“
Und der Mangel an brüderlicher Liebe, voller Zartheit und
Nachdenklichkeit: Wir wissen nicht zu täuschen, der Herr bevorzugt einen
Besuch bei einem Patienten im Gebet, wenn dieser Besuch durch
Gehorsam und Liebe beantwortet wird und nicht gemacht wird durch
Vernachlässigung des Gebetslebens. „Halten Sie dies für bestimmt: Die
Seele hat mehr oder weniger Gott, je nachdem wir mehr oder weniger
Demut haben, denn ich verstehe, dass es nie ohne Demut geht oder töricht
ist, Liebe ohne Demut zu lieben, und dass diese beiden Tugenden nie die
eine ohne die andere eine absolute Loslösung von den Kreaturen geben.“
Die wahre Liebe zum Nächsten erfordert nach Therese auch die Vergebung
der Straftaten, den Verzicht auf seine Rechte oder Ansprüche jeglichen
Vorrangs, so dass es klug und weise ist und oft erwähnt, um zu sehen, wo
man in ist der Ausübung dieser Tugenden, Demut und Liebe, um zu
überprüfen, wie man geführt wird durch den Geist Gottes. „Nein, ich kann
es nicht glauben, dass eine Seele einen Ansatz hat, der die Gnade selbst ist,
die sieht in diesem Licht, und was es ist und was Gott ihr vergeben hat, die
dann nicht verzeihen kann, nicht sofort, und weigert sich, eine echte
Zuneigung zu ihm zu haben, die beleidigt die Gründe: diese Seele, mit
ihren Augen sieht sie die Gnaden, die Gott ihr geschenkt hat, sieht solche
Beweise der göttlichen Liebe, die wird mit den Möglichkeiten, die Liebe
für die Liebe zurückzugeben, zufrieden sein.“

STUFEN

Die Stufen des spirituellen Wachstums sind mit dem Akt und der
Vertiefung der Hingabe verbunden. Die übernatürlichen Gnaden sind in
keiner logische Konsequenz geordnet, verpflichtend das Geschenk seiner
selbst für die Seele an Gott, auch die Regelmäßigkeit des Gebets oder der
Bußpraktiken. Kontemplation ist nicht eine Gnade, die erforderlich ist,
man kann höchstens wünschen das Verlassen für Gott, der frei ist, diese
Gnade gewähren, weil Gott ist der souveräne Meister seiner Gnade, Gott
verteilt seine Gunst, wann er will, wie es ihm gefällt und an wen er will. Er
ist der Meister seines Eigentums und kann es geben, ohne Schaden für
jedermann.
Würden wir diese Rede selbst nehmen in unser Gebet, sollten wir uns
bewußt sein, daß dies unter anderem an dich gerichtet ist, unter Androhung
der Grobheit in der Beziehung! Die Seele erfährt das Vorhandensein von
progressivem Innenraum des Christus als den Fortschritt seiner
Erinnerung: Die Rückkehr zu sich selbst in der Distanz und Stille, die
Einsamkeit zu wählen, lasse du dich nicht als ein Mensch, da er in uns ist,
er lebt dort und will, dass wir alle seine Gaben kommunizieren. Therese
gibt uns eine schöne Definition von Gebet: „Eine gemeinsame
Handelspolitik der Freundschaft mit Ihm, wir wissen, geliebt zu sein“ Es
beruhigt alle Seelen, die Angst haben vor mangelnder Kenntnis oder der
Fähigkeit zu denken einen Gedanken, eine Rede über Gott zu halten: In
der Tat ist das Gebet nicht zu „denken viel, aber mit viel Liebe,“ für diese
sind „alle Seelen begabt“. Es ist wichtig, nicht das Wesen der Liebe in
einer Beziehung zu Gott mißzuverstehen: es ist keine Frage einer
Liebschaft, sondern das Engagement einer festen Verpflichtung: „Wie man
eine Liebe entwickeln kann zu Gott? Mit der Entscheidung, zu handeln
und zu leiden, und die Anwendung dieses Prinzips in allen Lebenslagen.“
Die Merkmale der Liebe zu Gott sind viel Demut, viel Tapferkeit, mehr als
Süßigkeiten und sanfte Tränen!
Wir kennen die Bedeutung des Evangeliums von der Samariterin für
Teresa: Teresa häufig verwendet das Bild des Wassers für die Art von
Gebet, dass die Seele weiß zu beschreiben, wobei zwischen den
verschiedenen Gewässern unterschieden wird, die Seele wird ebenso wie
die andere Seele bewässert, durch Arbeiten, sie empfängt die Gnade der
Kontemplation. „Solange unser Leben dauert, müssen wir immer
versuchen, an die Arbeit zu gehen, wenn das Wasser versiegt, und ersetzen
Sie es durch ein anderes.“ Die spirituelle Reise ist nicht ein
kontinuierliches Wachstum: die Seele erlebt Rückschritte, sie kann sogar
wie ein kleines Kind geworden sein. Das Geschenk seiner selbst an Gott
ist eine Voraussetzung für die Fortschritte im mystischen Leben, den
Schlüssel zum Herzen Gottes zu ergreifen, weil das Leben mit ihm ist eine
Gegenseitigkeit der Liebe: Gott greift nicht ein, die Seele wird als die
Seele nicht vollständig übergangen, aber Teresa weiß aus Erfahrung von
Gott von der Langsamkeit der Seele, dieses Geschenk ihrer selbst, das
noch führt zu einem neuen Rekord zu lieben und die Vertrautheit mit dem
Herrn herzustellen. Sie liebt es, auf das Scheitern unserer Kontrolle, die sie
so oft wahrnimmt, hinzuweisen: „Es ist Großzügigkeit, dass wir eine
vollständige und bedingungslose Umkehr haben. Ach, wir verbringen so
viele Stunden entweder mit uns oder mit anderen, wie können wir wissen,
es wird ein Punkt, dass zumindest diese wenigen Momente wir mit Gott
verbringen, er wird ein gutes Herz geben, und einem Geist frei von allen
störenden Gedanken. Gib Gott die Seele mit einem festen Vorsatz, nie
wieder Schlechtes zu tun, ertrage einige Ärgernisse, wenige Sätze und
einige Dürreperioden, dass wir ankommen bei Gott. Betrachten Sie diese
Zeit als etwas, das nicht mehr bei uns ist und dass wir vor Gericht
erneuern, wenn wir nichts wollen, als uns ganz Gott zu geben.“
Das Gebet der Ruhe unterscheidet sich vom Gebet der Vereinigung, aber
beide sind ein Geschenk Gottes, das lebendige Wasser an die durstige
Seele strebt nach Gott, in dem Gott manifestiert sich auf die engere Seele.
Dies sei „eine Gegenwart Gottes, die oft zu spüren ist, vor allem durch das
Gebet des Union und den Frieden begünstigt, den die Seele nicht bald
findet im Gebet, so scheint sie zu reden und sie versteht das Zuhören, die
von den inländischen Schäden durch ihre Gefühle beeinträchtigt ist, durch
eine glühende Liebe, einem lebendigen Glauben, feste Vorsätze und eine
große spirituelle Zuneigung.“ Im Gebet der Vereinigung der Seele und
aller Fakultäten (im Gegensatz zu dem Gebet der Ruhe) werden mit Gott
vereint der Wille, die Phantasie, der Intellekt, es war die Seele in Gott und
Gott in ihr. Das Gebet der Union markiert den Übergang einer Schwelle im
mystischen Lebens: die Seele nun nicht mehr gehört sich selbst, ist tot für
sich selbst und die Welt, sie will nichts mehr als für Gott und den Schutz
Gottes leben. Die Union wird erkennen die Vollkommenheit der Liebe.
Das Ziel der Vereinigung mit Gott ist es, sich auf jede mögliche Weise auf
den Punkt zu konzentrieren, dass Christus, wie Paulus sagt, in mir lebt,
„dass nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir.“ Aber das alles ist noch
nicht vollständig, weil die Seele wieder zurück kommen kann, so ist sie
noch nicht endgültig in der vollen und vollkommenen Vereinigung mit
Gott gegründet. Wenn die Seele treu bleibt und großzügig, kann sie
mystische Gnaden in Fülle erhalten, so ist es Gott, der führt den Tanz der
Liebe, der erfasst die Seele mehr und mehr: „Ich nenne das das
Übernatürliche, das nicht erworben sein kann, weder durch meine Arbeit,
noch durch meinen Fleiß, so sehr wir arbeiten, aber die es haben kann, und
das muss ein sehr wichtiger Punkt sein.“ Die Seele bewegt sich in einer
grundlegenden Passivität, wenn sie die Wahl der Gnaden von
unschätzbarem Wert erhält. Einmal von Gott ergriffen, getrieben von
seiner Liebe zu ihr, fühlt sie große Schmerzen, trotz der leidenschaftlichen
Wünsche, die sie entzünden, zu arbeiten und zu leiden für den Geliebten.
Nichts anderes hat mehr ein Interesse oder eine Bedeutung als der Dienst.
Wenn Gnade außerordentlich selten ist, ist die endgültige Vereinigung mit
der geistigen Ehe mitgeteilt, die Seele als der Wohnsitz Gottes tritt in der
Tiefe ihres Wesens, sie erhält die Vision der Heiligen Dreifaltigkeit:
„Nachdem er so in seinem eigenen Haus vorgestellt ist, gibt Gott ihr eine
Vision der höchsten Intelligenz: ein Gefühl der Darstellung der Wahrheit,
die drei Personen der Dreifaltigkeit zeigen sich, so dass das, was wir in
dieser Welt tun durch den Glauben, die Seele in dieses Licht führt, so
können wir sagen, im Sehen, aber dennoch bedeutet es nichts für das Auge
des Körpers, ja nicht einmal seinem inneren Auge, weil diese Vision ist
nicht für die Berufenen imaginär. Dort werden die drei entzückende
Personen, um mit der Seele zu kommunizieren, mit ihr sprechen, und
geben die Intelligenz dieser Worte unseres Herrn im Evangelium: Wenn ihr
mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten, und mein Vater wird euch
lieben, und wir werden zu ihm kommen, und wir werden unsere Wohnung
bei ihm nehmen.“ Auf dieser Ebene des Vereinigungslebens ist eine
vollständige Heilung des Lebens der Sinne im Gebet getan, die Seele hat
sich ganz spirituell geformt, und lebt fast die eschatologische Erwartung
des Lebens der Union, für das die Seelen berufen sind, zu leben nach dem
irdischen Tod und ihrer Reinigung.

GEBETSLEBEN UND TÄTIGE LIEBE

Der Karmeliter-Reform in Duruelo mit Bruder Johannes vom Kreuz


erfüllte Teresa im Jahre 1567, da wird Teresa von Avila an der Gründung
des männlichen Zweig der Karmeliter arbeiten, im Jahre 1568 werden die
erste Klöster geboren und weitere werden demnächst gegründet. Johannes
vom Kreuz wird in beispielloser Aktivität Trainer der Seelen zum
mystischen Leben. Die Karmeliten sind verantwortlich für ein bestimmtes
Apostolat, dass die Karmeliter entwickeln, die Bildung und Unterstützung
für die Karmeliter-Seelen als erstes betont, dann sollen es all diejenigen
fühlen, die berufen sind, in der Art des Betens zu gehen.
Die Abwesenheit des apostolischen Lebens außerhalb des Klosters hindert
Theresa nicht daran, ein brennendes Gefühl in ihrem intensiven Wunsch zu
haben, zu handeln und Gott zu dienen, es wurde ihr gegeben, dass das
Gebet nicht widerspricht zu verstehen, sondern es ist eine hervorragende
Möglichkeit, sie zu treffen und zu sehen, wie sie in dem Umfang, das Wort
Gottes in ihrem Atem und dem Geist gegenüber fügsam mit Hören zu
lieben, sucht die Seele nicht mehr zu leben für sich selbst, sondern für
Christus und für die Kirche und für den Nächsten, freigekauft mit großem
Aufwand durch das Blut Christi. Das Leben des Gebetes ist ein Aufruf an
die Nächstenliebe von ganzem Herzen zu intensivieren. „Wenn er, der
beginnt mit der Gnade Gottes, auf den Gipfel der Vollkommenheit
angekommen ist, ich glaube, er wird nie in den Himmel allein gehen, er
führt immer eine Menschenmenge hinter sich her.“ Der Eintritt in den
Karmel (das nennen sie „die alte Ordnung“, wieder gegründet in dem
Karmel der Teresianischen Reform) für ihr persönliches Heil, Teresa
beginnt mit einem brennenden Wunsch zu brennen wieder nach einer
Vision der Hölle, die unwiderstehlich zum Ziel führt, ihre alleinige
Rettung für bettelarm zu erkennen, sondern aus reiner Barmherzigkeit dies
zu überschreiten, für das Heil aller Seelen: die Indianern zu evangelisieren,
die Neue Welt, die der protestantischen Ketzer, wegen denen die Einheit
der Kirche zerbrochen ist, endlich, ganz besonders diejenigen Priester in
der Gefahr, in der Welt verloren zu gehen. Aus diesem Grund würdige
Erbin des Eifers des Elias, gibt es dem Apostolischen Karmel die
entscheidende Orientierung, die ein origineller und persönlicher Beitrag
ist. Das gemeinsame Gebet und Askese, Fasten, Unterstützung der Tugend,
des Mutes, des Eifers der Priester und der Ordensleute und Prediger,
Gelehrten und Theologen. Das kontemplative Leben ist daher ein Ziel, es
ist ihm vorgezeichnet zugewiesen, das heißt die Verteidigung der Kirche
Gottes, durch die von Christus „so schändlich Verfolgten“! „Die Welt steht
in Flammen, es ist nicht Zeit, sich mit Gott um Dinge von geringer
Bedeutung abzugeben“, schreibt sie. Das Gebet wird zu einem „Werk“, die
Waffe im Kampf für die Sache Gottes, zuversichtlich, dass Gott die Gebete
hört, für diejenigen, die dir anvertraut sind. Welche Uneigennützigkeit, wie
das Gebet, das in der Regel ignoriert wird, wird von seinen inneren
Kämpfen getragen und wie andre profitieren. Dieses Engagement des
Karmel in der Fürbitte gründete die Kirche in ihrer Sendung und verspricht
eine verborgenen Fruchtbarkeit.
Der Schwerpunkt der Teresa von Avila über die Berufung der Fürbitte des
Karmel ist eine wesentliche theologische Wirklichkeit: Christus allein ist
„in der Lage, diejenigen, die dauerhaft sich ihm nähern, bei Gott zu retten,
weil er immer lebt, um Fürsprache für sie einzulegen“. Das kontemplative
Leben der Union will mit Christus, dem Erlöser, wirken, und die Seele
nach dem Grad der Verbundenheit mit Christus nimmt an seiner Heilstat
teil für jene, für die sie Fürbitte einlegt, Christus erhöre das Gebet der
Fürbitte. Das Gebet ist weit entfernt von einem scheinbar sinnlosen Akt
der Liebe, sondern ist eine Aktion der engagiertesten und wirkungsvollsten
Liebe. Erinnern wir uns an Elias, zum Beispiel: das Gebet, und der
Himmel ist geschlossen; durch Gebet erhielt er die Auferstehung des
Knaben der arme Witwe, und dann wieder auf sein Gebet fällt Feuer vom
Himmel, auf dem Altar der Brandopfer, und schließlich auf sein Gebet
geht der Himmel auf, zu kommen fruchtbar zu machen den ausgedörrten
Boden durch den Mangel an Glauben, die Apostasie des auserwählten
Volkes. Es werden auch Beispiele für die Macht der Fürsprache von
Elischa gefunden. Therese vom Kinde Jesu hat ein sehr lebendiges Bild,
um die Theologie der Fürbitte zu reflektieren: „Für den Heiligen, dem es
der Allmächtige gegeben hat, zu unterstützen in diesem Punkt: Er und er
allein hat es zu nutzen: das Gebet, das brennt mit einem Feuer der Liebe,
und so erhoben die Heiligen die Welt, und bis zum Ende der Welt werden
die Heiligen die Welt erheben, und zu uns zu kommen.“ Jedes Gebet im
Namen Christi „durch ihn und in ihm und mit ihm“, gemacht nach seinen
Absichten, ist sicher beantwortet zu werden.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DIE HEILIGE FAMILIE

Eine Meditation
Von Josef Maria Mayer

ERSTES KAPITEL

Celine sagte: Herr Toto, du und Frau Lulu, ihr seid meine Familie! Mein
Vater Paul Michael, meine Mutter Marie-Therese und meine Kinder Georg
und Immanuel, das ist meine Familie dem Blut nach, aber dazukommen
Herr Toto und Frau Lulu dem Herzen nach!
Herr Toto sagte: Ach Celine, seit zwanzig Jahren sind wir schon
befreundet, du bist mir lieb wie eine Schwester, ja, mehr als eine
Schwester! Wenn nur nicht die verzehrende Leidenschaft für Frau Lulu
mich so plagen würde! Salomo sagt: Leidenschaft ist heiß wie die Hölle!
So ist es. Seit zehn Jahren plagt mich diese Frau Lulu, die die größte Liebe
in mir erweckt, ohne sie zu erwidern, und das ist die Hölle! Das ist zehn
Jahre lange Finsternis im Herzen!
Celine sagte: Davon will ich gar nichts hören, mein Lieber, denn du bist
mein Freund, Herr Toto, aber Frau Lulu ist auch meine Freundin, und ich
weiß, sie leidet sehr unter deinem Verlangen nach ihrer Liebe!
Ja, sagte Herr Toto, kümmere dich nicht darum, schließlich hast du selbst
genug Sorgen. Nun der Krebs deine schönen großen Brüste befallen hat, da
sorgst du dich genug, was aus deinen Kindern werden soll, wenn der Herr
dich heim ruft!
Du ahnst gar nicht, sagte Celine, wie einsam ich mich fühle in meiner
Todesangst! Die letzte Königin von Frankreich, Marie-Antoinette, schrieb
vor ihrer Hinrichtung an ihre Schwester: Man erwartet mich! Ich bin
bereit! Aber der Abschied von meinen Kindern – mein Gott! – das zerreißt
mir das Herz! Meine einzige Hoffnung ist, dass Mutter Katharina meine
beiden Knaben aufnimmt. Sie hat zwar schon fünf Kinder, aber sie ist eine
so liebevolle Mutter, wenn sie meine beiden Knaben aufnehmen könnte,
dann würde ich beruhigt scheiden von der Erde. Herr Toto, morgen muß
ich ins Hospital Pius XII., aber mein Vater Paul Michael kommt und wird,
wenn du willst, mit dir und meinen beiden Knaben zu Mutter Katharina
fahren. Du bist ja ein wahrer Vater für meine Knaben geworden, und
besonders dein Liebling Immanuel soll doch sicher in eine liebevolle
Familie kommen. Ich weiß ja, dass deine seelische Krankheit es dir nicht
erlaubt, meine Kinder zu nehmen.
Und so kam es denn am nächsten Tag, dass Herr Toto vom Großvater Paul
Michael mitgenommen wurde, sowie die beiden Knaben Georg, der ältere,
fünf Jahre alt, und Immanuel, der kleinere, drei Jahre alt, sie fuhren zu
Mutter Katharina, die auf dem Lande in einem Bauernhaus lebte und
Musikerin war, gemeinsam mit ihrem Mann. Dort lebte sie mit ihren
Töchtern Marion, Leonie und Julie, die beiden Söhne Felix und Noah
waren schon aus dem Haus.
Paul Michael lenkte den Wagen auf den Bauernhof und Mutter Katharina
begrüßte Paul Michael mit einer Umarmung, begrüßte die beiden Knaben
liebevoll und lächelte auch Herrn Toto an. Sie traten in die Wohnstube, wo
schon Kaffee und Kuchen bereit standen.
In der Stube saß ein Mädchen, sechzehn Jahre jung, das war Julie. Herr
Toto staunte sie an: Welch eine makellose Schönheit! Eine Madonna,
geschaffen vom meisterlichsten Renaissance-Künstler!
Juli war hochgewachsen und schlank, von unaussprechlicher Schönheit!
Herrn Toto blieb der Atem stocken, er vermochte kein Wort
hervorzubringen. Ihre langen kastanienbraunen Haare flossen glatt um ihr
Gesicht. Ihre Augen waren groß und braun und schauten liebevoll auf die
Kinder. Ihr Mund war umspielt von einem charmanten Lächeln. Sie war
still und saß dort im Winkel wie die Ikone eines Hausaltars.
Mutter Katharina begann mit Herrn Toto über Bücher zu sprechen. Ich
habe immer den Kindern vorgelesen, sagte Herr Toto, die Chroniken von
Narnia von Clive Staples Lewis. Die Kinder waren ganz begeistert.
Ja, jubelte Immanuel, die Welt, müsst ihr wissen, ist nämlich wie eine
Zwiebel. Aber bei der Zwiebel ist die Schale größer und das Innere kleiner.
Aber in Wahrheit ist die Schale der Welt kleiner und das Innere größer.
Nämlich unsere Welt ist nur der Schatten der wirklichen Welt, und in der
Wirklichen Welt gibt es auch keine Zeit und keinen Tod.
Mutter Katharina staunte. Ja, sagte Herr Toto, Immanuel ist ein kleiner
platonischer Philosoph. Überhaupt betrachtet Celine ihn als ihren kleinen
Schutzheiligen, den Gott an ihr Sterbebett gestellt hat.
Mutter Katharina sagte: Meine Mädchen haben immer gern den Herrn der
Ringe von Tolkien gelesen. Tolkien und Lewis, sagte Herr Toto, waren die
besten Freunde, beides Oxford-Gelehrte, der eine Anglikaner, der andere
Katholik.
Kinder, möchtet ihr einen Spaziergang machen? fragte der Großvater Paul
Michael. Eben trat die zweite Tochter ein, Leonie, vierzehn Jahre alt,
ebenfalls hochgewachsen, schlank, aber mit langen goldblonden Haaren.
Leonie sagte: Georg und Immanuel, wollen wir zum See gehen? Paul
Michael sagte: Herr Toto, willst du mitgehen?
Und so gingen Herr Toto und Georg und Immanuel mit dem blonden
Mädchen Leonie in die freie Natur, durchs Gebüsch, an den Pferdewiesen
vorbei zu einem kleinen Badesee. Die Kinder tobten durch die grüne
Natur, Leonie blieb immer ruhig und ausgeglichen, sanft und gütig. Herrn
Toto schien sie ein Schutzengel zu sein. Ja, die brünette Madonna war
atemberaubend schön, aber das goldblonde Mädchen schien ein
schwesterlicher Schutzengel zu sein, der die Kinder einer sterbenden
Mutter begleitete und behütete. Herr Toto war beruhigt. Wenn Madonna da
ist und ihren Schutzengel sendet, dann wird alles gut!
Am Abend fuhren sie wieder ab, aber Herr Toto hatte in seinem äußeren
Auge das Bild Julies aufgenommen, das in sein Inneres eingegangen war
und ihm dort vorschwebte als, wie Puschkin sagte, der Genius der reinen
Schönheit.

Ich denke an den schönen Augenblick:


Ich schaute dich! Da fehlten mir die Töne.
Erscheinung warest du voll Himmelsglück,
Geniales Ideal von reiner Schöne!

In Qualen hoffnungsloser Traurigkeit


Und in den Wirren lauter Eitelkeit
Klang deine Stimme mir wie ein Gedicht,
Ich träumte oft von deinem Angesicht.

Die Zeit verging. Ein Sturm mit wildem Grimme


Zerstreute meiner Phantasien Licht
Und ich vergaß, ach, deine sanfte Stimme
Und ich vergaß dein Himmelsangesicht.

Und in der Öde, in des Kerkers Fron


Zog sich mein Leben hin in trister Trübe,
Ach, ohne Gottheit, ohne Inspiration,
Ach, ohne Liebestränen, ohne Liebe!

Die Seele ist befreit von dieser Fron:


Du bist erschienen mir zum zweiten Mal,
Erschienen mir als himmlische Vision,
Genialer Schönheit reines Ideal!

Mein Herz schlägt in Ekstase! Die Vision


Erweckte mich aus trister Trauer Trübe:
Es lebt die Gottheit, lebt die Inspiration
Erneut, die Liebestränen und die Liebe!
ZWEITES KAPITEL
Man rief Herrn Toto ins Hospital Pius XII., denn Celine lag im Sterben.
Sie war sehr müde und lag lächelnd in ihrem Krankenbett. Herr Toto setzte
sich auf ihr Bett und sie hielten sich an der Hand und schwiegen. Frau
Lulu war zornig geworden auf Herrn Toto und hatte ihm die Freundschaft
aufgekündigt, darum war Herr Toto voller Seelenschmerzen. Er beichtete
der Sterbenden seinen Seelenschmerz und sie sagte nur: Frau Lulu, das
weiß ich auch, kann manchmal ungeheuer harten Herzens sein. Aber sei
getrost, sie wird dir ihre Freundschaft nicht aufkündigen.
Die Glocken der Kapelle des Hospitals läuteten und Herr Toto eilte zur
Heiligen Messe. Es wurde gepredigt über die Seligpreisungen: Selig sind
die Trauernden, denn sie werden getröstet werden! Selig sind die arm vor
Gott sind, denn ihnen gehört der Himmel! Herr Toto empfing die
himmlische Speise und ging mit dem Sakrament in seinem Herzen wieder
zu Celine. Er sagte: Celine, selig bist du, du sollst getröstet werden! Ich,
fragte Celine, selig? Sie lächelte.
Im nächsten Augenblick trat eine Barmherzige Schwester mit der
Kommunion für die Kranken ein und Celine sprach: Ich möchte die
Kommunion empfangen!
Das war das letzte Mal, dass Herr Toto Celine sah, einen Tag darauf war
sie gestorben. Frau Lulu holte Herrn Toto mit dem Wagen ab, zusammen
holten sie Georg und Immanuel ab und fuhren in das Hospital. Dort hatte
sich schon die Familie versammelt. Paul Michael war da und Marie-
Therese, die Mutter Katharina kam herein und umarmte Herrn Tot
warmherzig und barmherzig. Herr Toto nahm den kleinen Immanuel an die
Hand und betrat das Zimmer, da Celines Leichnam aufgebahrt war. Er
zeichnete mit Weihwasser ein Kreuz auf die Stirn des Leichnams und
nahm Immanuel wieder mit hinaus. Zusammen gingen die beiden in die
Kapelle des Hospitals und knieten vor der Statue der Mutter Gottes.
Herr Toto betete: Mutter Gottes, unsre himmlische Mutter, führe du an
deiner Hand Celines unsterbliche Seele in das Paradies Gottes! Siehe hier
dein Kind, Immanuel, dem seine Mutter heute gestorben ist. Sei du, Mutter
Maria, von nun an seine himmlische Mutter! Und Immanuel sagte: Maria
ist nun meine Mutter? Ja, sagte Herr Toto.
Immanuel sagte: Und du bist nun mein Papa! – Mein Liebling, sagte Herr
Toto, komm erst einmal mit, wir fahren zu Frau Lulu, da werden wir die
nächsten Wochen erst einmal zusammen wohnen, bis wir wissen, wo du
leben wirst. Und so nahm Frau Lulu den kleinen Waisenknaben und Herrn
Toto mit sich nach Hause.
Herr Toto war taub gegenüber dem Schmerz um Celine, er spürte gar
nichts, es hatte ihn die Botschaft noch gar nicht erreicht. Aber Immanuel
trauerte. Oft kam er plötzlich zu Herrn Toto und barg sich in seinen Armen
und trauerte: Ich werde meine Mama nie wiedersehen! Doch, sagte Herr
Toto, eines Tages, bei Gott im Himmel, da werden wir Celine, deine
Mama, wiedersehen!
Herr Toto brachte Immanuel abends ins Bett und betete mit ihm. Immer
wieder wollte Immanuel das Marienlied hören:
Maria, breit den Mantel aus,
Mach Schirm und Schild für uns daraus,
Laß uns darunter sicher stehn,
Bis alle Stürme vorübergehn!
O Mutter voller Güte,
Uns allezeit behüte!
Dann bat Immanuel um das Lied vom Paradies:
Schlaf selig und süß,
Schau im Traum’s Paradies!
Dann bat Immanuel um den Schutzsegen mit den Engeln: Zwei Engel
stehen zu deinen Füßen, zwei Engel sind zu deiner rechten Seite, zwei
Engel sind an deiner linken Seite, zwei Engel stehen an deinem Kopf und
zwei Engel schweben über dir, um dir den Weg ins Paradies zu zeigen!
Dann schlief Immanuel an Herrn Totos Hand ein. Wenn Herr Toto dann
aufstand vom Kinderbett, wachte Immanuel noch einmal kurz auf und
sagte: Pass gut auf dich auf! Dann schlief er wieder ein.
Herr Toto hatte Frau Lulu immer als Spiegel der göttlichen Schönheit
angeschaut, und Immanuel war für ihn immer ein Spiegel der göttlichen
Liebe gewesen. Frau Lulus Schönheit hatte er angebetet, aber durch
Immanuel hatte er Gottes Liebe erfahren. Er war immer einsam gewesen,
aber durch Immanuel war Gott in sein Leben gekommen und hatte die
Einsamkeit angefüllt mit der spürbaren Liebe Gottes. Und nun war diese
Dreiheit zusammen, Herr Toto schaute Tag für Tag den Spiegel der
göttlichen Schönheit mit anbetender Devotion an und war mit dem Spiegel
der Liebe Gottes in einer wechselseitigen Liebe auf zärtlichste Weise Tag
für Tag verbunden. In gewissem Sinne waren diese todtraurigen Tage für
ihn die schönsten seines Lebens. Welch eine Schönheit und Liebe! Aber
mitten in tiefer, schwarzer Todestrauer! Ein ungeheurer Todesschrecken
und eine tödliche Trauer war in aller Herzen und doch war eine glühende
Liebe und strahlende Schönheit mitten unter ihnen! Es war eine
unbeschreiblich paradoxe Gotteserfahrung.
Schön ist schrecklich, schrecklich schön,
Schwebt durch Dunst und Nebelhöhn.
Herr Toto hörte eine Predigt zur Fastenzeit, denn genau am
Aschermittwoch ward Celine begraben. Herr Toto strich sich ein
Aschenkreuz auf die Stirn und sagte: Staub bin ich und zu Staub muß ich
werden! Der Fastenprediger sagte: Ihr Christen könnt in der Fastenzeit
auch auf solch eine Weise fasten, dass ihr vermehrt und mit größerer
Anstrengung und Selbstaufopferung Werke der Barmherzigkeit tut: Die
Hungernden füttern, die Nackten kleiden, die Trauernden trösten!
So verbrachten Frau Lulu und Herr Toto mit dem kleinen Immanuel die
Fastenzeit. In jener Zeit lachten Herr Toto und Immanuel auch viel:
Immanuel nannte Herrn Toto Lallah! Und Herr Toto entrüstete sich zum
Spaß und rief mit gespielter Empörung: Unverschämtheit! Das sag ich dem
Opa! Und Immanuel lachte und rief: Du bist Lallah! Du bist Lallah! Und
Herr Toto telefonierte mit Paul Michael und sagte : Opa, dein kleiner
Enkel ist unverschämt und nennt mich Lallah ! Und Immanuel lachte.
Plötzlich aber wurde er wieder traurig und saß im Hausflur im Schatten
und trauerte. Herr Toto setzte sich zu ihm auf den Boden und trauerte mit
ihm.
In jener Zeit telefonierte Herr Toto oft mit der Mutter Katharina, die sich
unter inneren Schmerzen entschlossen hatte, Celines Kinder nicht
aufzunehmen. Der Vater Staat hatte sein Amt geschickt. Georg sollte zu
seiner Großmutter Marie-Therese kommen, und Immanuel in ein
vorbildliches pädagogisches Landerziehungsheim. Herr Toto sprach oft
mit Mutter Katharina über die Kinder und ihre Trauer, und er schätze ihre
sensible Art, ihr feinfühliges und warmes Herz, ihr Mitgefühl, ihr
Einfühlungsvermögen, sie war ein Muster an weiblicher Empathie.
Eines Tages kam Mutter Katharina mit ihrem Mann, dem
Instrumentenbauer, und ihren drei Töchtern zu Frau Lulu. Paul Michael
und Marie Therese waren auch gekommen. Alle speisten zusammen. Herr
Toto saß auf dem Boden der Stube, Immanuel schmiegte sich an ihn. Und
er Toto schaute auf zu den andern und sah das Mädchen Julie da stehen
wie eine Madonna von Botticelli. Er konnte sich an dieser Schönheit nicht
satt sehen. Sie war eine Augenweide, ein bildschönes Mädchen! Dabei war
sie so ruhig und ausgeglichen und sprach so sanft und freundlich. Sie war
sehr feminin, ohne Härte und Verbitterung, sehr süß und ausgesprochen
attraktiv. Herr Toto reichte ihr zum Abschied die Hand und sagte: Auf
Wiedersehen, schöne Frau! Mutter Katharina hörte das und lachte leise.

Hier wollen wir nun beginnen, aus einem Heft zu zitieren, das Herr Toto
im Irrenhaus anlegte. Er beschrieb zuerst seine Mit-Irren, um dann durch
Betrachtungen der Heiligen Schrift sich zu erbauen. Nämlich einige Zeit
nach dem Tod Celines und dem Verlust seines geliebten Immanuel, ward
Herr Toto wahnsinnig vor Schmerz und Trauer, so dass ihn sein älterer
Bruder Folly in das Irrenhaus brachte. Dort fand Herr Toto den einzigen
Trost in dem betenden Lesen der Bibel.

DRITTES KAPITEL
DAS IRRENHAUS

Als ich ins Irrenhaus kam, leitete die Oberschwester (ein Drache von altem
Weib) mich in den Raucherraum. Dort begrüßte mich Helmut Alfred. Ich
wurde seinem Zimmer zugewiesen. Er erzählte mir, er habe ein Perpetuum
Mobile erfunden. In seiner Kindheit, nachdem er seine Mutter verloren
hatte, war er auf dem Mond gewesen, das sei die Wahrheit, aber keiner
wollte ihm es glauben. Er sei übrigens auch ein Christ, aber das würde er
geheim halten. Er war sehr witzig, aber nachdem ich einmal sehr traurig
gewesen, schnitt er mich, denn ich sei von einer ansteckenden Traurigkeit.
Ein anderer sprach mich an: Rauchst du etwa Tabak der Sorte Simson?
Das rauchen die Studenten. Du kommst ja hier herein mit solch einer
Intellektuellen-Brille. Er vertraute mir erst, als ich ihm zeigte, dass ich den
billigsten Tabak rauche, der auf dem Markt zu bekommen, den, wie ich,
alle Irren rauchen. Als er merkte, dass ich Christ bin, nuschelte er in seinen
langen verwilderten Bart: Ja, den Weg kannst du gehen, den mit deinem
Christentum. Das Christentum ist doch Nächstenliebe. Aber warum hätten
die Christen Kriege gegeneinander geführt? Ich sagte, das habe politische
Gründe. Er machte jeden Morgen vor dem Frühstück in dem großen
Garten des Irrenhauses seine buddhistische Meditation.
Ein anderer sah aus wie ein hinduistischer Heiliger, er hatte einen langen
Bart und lange Haare und keine Zähne mehr im Mund, darum verstand
man ihn auch schlecht. Er mochte mich, denn er hatte kein Geld, sich
Tabak zu kaufen, und ich gab ihm immer von meinem Tabak ab. Er war
ein Seemann gewesen und auf allen Weltmeeren gesegelt, auch am Kap
der Guten Hoffnung gewesen.
Daniel hatte mich im Verdacht, ein Spion der Irrenärzte zu sein und alles
mitzuschreiben. Ich sagte: Hier hab ich tatsächlich ein Manuskript, da steht
der Name Daniel, aber es ist der Seher Daniel aus der Bibel. Da fasste er
Vertrauen und sagte, er glaube auch an Jesus. Jesus sei doch die Sonne und
Maria sei doch die Erde? Und ob das wohl von Jesus sei, was er gesehen
hätte? Daniel war doch ein Seher. Also er hatte eine Vision, da sah er am
Himmel ein großes Herz schweben und ein Schwert steckte in diesem
Herz, und dann sah er einen großen Drachen am Himmel. Ich sagte: Ja, das
war die Apokalyptische Frau. Dann erzählte er mir, dass seine Freundin
eine Katze hatte, und die Katze spielte immer mit einer unsichtbaren
Katze. Die unsichtbare Katze habe ihn angesprungen und ihn zerkratzt, das
heißt, seine Seele so zerkratzt, dass seine Seele ausgeblutet sei. Er fragte,
ob er jetzt noch eine Seele habe oder ob er seine Seele verloren habe? Ich
sagte: Solange du lebst, hast du auch eine Seele. Trinke das Blut Christi!
Dann war da noch Patrick. Ich sagte: Ah, der heilige Patrick von Irland! Er
lächelte. Er war in seiner Kindheit von einem Mann sexuell misshandelt
worden und hatte nun eine traumatisierte Seele, Angst plagte ihn und
Verzweiflung. Er sagte: Ich will sterben, Jesus, ich will in den Himmel
kommen! Ich sagte:
In den Himmel will ich kommen,
Fest hab ich’s mir vorgenommen.
Mag es kosten was es will,
Für den Himmel ist mir nichts zuviel.
Er bedankte sich. Ich schenkte ihm ein Nuckelfläschchen, gefüllt mit
bunten Liebesperlen aus Zucker, und er freute sich sehr. Am Tag bevor ich
ging, gab ich ihm noch meinen Rosenkranz und sagte: Halte dich daran
fest wie an einer Nabelschnur, die dich mit dem Himmel verbindet. Er hielt
dann immer den Rosenkranz in den Händen und sagte zu mir: Du bist ein
toller Mensch!
Am Tag, da ich den Arzt überzeugen musste, dass er mich entlassen solle,
kam ein Irrer und begann Zigarren zu verteilen und fing plötzlich an, vom
heiligen Franziskus zu erzählen. Der heilige Franziskus, der hat ja den
Vögeln gepredigt! Das war mir ein Zeichen. Aus dem Munde von Kindern
und Narren tut Gott die Wahrheit kund. Als ich zu dem Arzt ins Zimmer
trat, bat ich den heiligen Franziskus um Beistand, denn ich musste sehr
kämpfen, um entlassen zu werden, der Arzt war mir sehr feindlich
gesonnen, und meine Hände und Kniee zitterten, aber Franz stand mir zur
Rechten.
Als ich eingeliefert worden war, befragte mich der Oberarzt: Was tun Sie
den ganzen Tag? – Ich lese viel. – Was haben Sie denn gelesen? Etwa
alles? – Ich lachte. Ich lese gerne Goethe, Hölderlin, Puschkin, sagte ich.
Außerdem beschäftige ich mich etwas mit Philosophie. – Kennen Sie die
Vorsokratiker? – Ja, Parmenides und Heraklit, Empedokles und
Pythagoras. – Kennen Sie Platon? – Ja, ich habe Lehrgedichte über die
platonische Philosophie der Liebe geschrieben. – Und Aristoteles? – Ich
habe mich mit Aristoteles noch nicht beschäftigt, aber etwas mit den
arabischen und jüdischen Aristotelikern des Mittelalters. – Und griechische
Tragödie? – Ja, sagte ich, Sophokles, Euripides und Äschylus. Mit den
Leiden des Prometheus kann ich mich identifizieren. – Und Chinesische
Philosophie? – Ja, sagte ich, Konfuzianismus und Taoismus. – Was ist
Konfuzianismus? – Eine Gesellschaftslehre, da die geordnete Familie
Keimzelle des geordneten Staates ist, wobei die kindliche Pietät die
Grundhaltung in der Familie ist. – Und Taoismus? – Ich neige mehr zum
Taoismus, da das Tao als ein mütterliches Wesen meine Sehnsucht nach
transzendentaler Mutterliebe stillt. Ich habe Lao Tse und Liä Dsi und
Tschuang Tse gelesen. Ich kenne auch das Buch der Lieder, chinesische
Gedichte aus der Zeit Davids, und die chinesischen Poeten der Tang-
Dynastie ganz gut. – Und englische Literatur? Englische Romantik? – Ja,
sagte ich, Lord Byron liebe ich besonders. – Was haben Sie da für ein
Buch in ihrer Jackentasche? – Gedichte von Hölderlin. – Aha, wissen Sie
dass Hölderlin auch schizophren war? – Ja. – Von dem ist das Gedicht:
Voll mit wilden Birnen hänget das Land in den See? – Von Hölderlin. –
Können Sie es ergänzen? – Ich ergänzte es. – Nicht schlecht, mein lieber
Schwan.

VIERTES KAPITEL

Ostern war gekommen und Mutter Katharina feierte Geburtstag. Paul


Michael, der Onkel der Mutter Katharina, war eingeladen und Marie
Therese, Frau Lulu war eingeladen und Herr Toto, Georg und Immanuel,
und weitere Gäste.
Alle saßen bei Kaffee und selbstgebackenem Kuchen an der Tafel in der
Bauernküche und das Thema kam auf den Kirchenskandal. Es hatten
nämlich in der katholischen Kirche in Deutschland sich einige
gottgeweihte Personen, Priester und Mönche, dadurch ausgezeichnet, dass
sie die ihnen anvertrauten Schützlinge sexuell missbrauchten. Da waren
nicht nur die Lehrer eines Jesuiten-Internats, da waren Mönche, da war
sogar ein Bischof berühmt geworden, weil er nicht nur Alkoholiker war,
sondern auch Kinderschänder. Die Empörung war zu Recht sehr groß.
Paul Michael sagte: Dieses unnatürliche Zölibat! Es ist ganz unnatürlich,
die Sexualität nicht auszuleben! Die Sexualmoral der Kirche bringt
Sexualneurotiker hervor! Und was dergleichen Vorurteile aus
Unwissenheit mehr noch üblich ist. Denn, dachte sich Herr Toto, wenn
einer pervers veranlagt ist, so nützt es ihm nichts, verheiratet zu sein, da
muß man doch Mitleid auch mit den Frauen haben! Die Ehe ist doch kein
freier Spielplatz für alle möglichen Perversitäten!
Aber was sollte Herr Toto sagen? Bei diesem Sturm der Empörung war es
nicht möglich, ein gutes Wort für die Jungfräulichkeit um des
Himmelreiches einzulegen oder für die ganze Weisheit der Sexualmoral
der Kirche. Hier standen gerade die schlimmsten Feinde der Kirche nicht
außerhalb der Kirche, sondern innerhalb, und hier war der Rauch Satans in
die Kirche eingedrungen. Für eine ruhige Diskussion war hier nicht Raum.
Herr Toto verließ die Küche und setzte sich vor dem Bauernhaus auf den
Hof und begann, einen Rosenkranz zu beten. Das Land war gesäumt von
mächtigen alten Eichen und es begannen die Tauben in den Eichbäumen zu
gurren, und es begann ein ländlicher nordischer Wind in den Wipfeln zu
rauschen, und es schien Herrn Toto, dass dieser Wind die Stimme Gottes
war, ein Windesrauschen wie ein Meeresrauschen, nicht ein Donner des
wütenden Gottes aber auch nicht ein sanftes Säuseln eines zärtlichen
Gottes, sondern das ernste Rauschen des Windes eines väterlich ernsten
Gottes. Ja, Gott spazierte durch den Bauerngarten und tat sich dem Beter
kund!
Herr Toto schaute zu den Ställen. Da stand das Schaf Regina Coeli und
guckte aus seinen großen braunen Augen, da stand die schwarze Stute
Saraswati, die indische Göttin der Sprache und der Weisheit, und
schnaubte in den Wind. Die Tür zum Stall klapperte und es schien Herrn
Toto, das ein unsichtbares Geistwesen auf dem Hof stand und zu ihm
schaute, ja, es war ihm, als spüre er die Gegenwart der jungen, himmlisch-
schönen Madonna, fast sah er sie in ihrem blauen Mantel und roten Kleid,
einen Schleier auf den langen braunen Haaren, schlank wie eine Palme
stand sie da, anmutig wie eine Gazelle.
So ermutigt, trat Herr Toto wieder in die große Bauernküche. Die
Gesellschaft hatte sich zerstreut, das Thema der Priestersünder hatte man
wieder verlassen, es saßen nur Mutter Katharina, ihr Mann Josef und eine
ihrer Töchter dort, nämlich Julie.
Da war es Herrn Toto mit einem Mal, als sähe er die Madonna seiner
geistigen Vision jetzt leibhaftig vor sich am runden Tische sitzen! Diese
Madonna war schlank wie eine Palme, anmutig wie ein Reh, ihre langen
Haare waren kastanienbraun, ihre Augen mandelförmig und
kastanienbraun, aber von einem milchig leuchtenden Weiß umschimmert,
der lange schlanke Hals war wie der Hals eines Schwanes oder wie ein
Elfenbeinturm, ihre roten Lippen waren wie eine scharlachrote Schnur, ihr
Mund war lächelnd und kusslich, ihre Fingernägel waren mit Henna rot
gemalt, und sie strahlte übers ganze Antlitz, ihre ganze Gestalt umgab der
Lichtglanz einer himmlischen Grazie!
Tatsächlich sprach sie auch Herrn Toto an, und es war ihm ein Wunder,
dass solch eine überirdische Madonna sich zu einem alten Philosophen von
höchstens sokratischer Schönheit hinwendete und ihn ansprach. Er fragte
sie denn auch, ob ihr Name Juli sei oder Julia oder Juliette oder gar
französisch Jülie?
Da tauchte im Raum auch Frau Lulu auf, ernst und bitter, Harm im
Gesicht, die Körperfülle gepresst in einen zu engen Mantel, die Haare
verwirrt und von grauen Strähnen durchsetzt, und sie schaute zu Herrn
Toto und sah, wie er scherzte mit Madonna Julie, und Herr Toto sah die
Eifersucht in Frau Lulu kochen. Frau Lulu war dunkel und glanzlos, sie
hatte alle Anmut verloren, allen Charme und Liebreiz, und sie schien eine
alte graugebeugte Eiche zu sein neben dieser überirdischen Lotos
Nymphäa!
Frau Lulu verließ die Festversammlung, und als spät am Abend auch Paul
Michael Herrn Toto und die beiden Knaben mitnahm, sagte Herr Toto:
Julie ist eine Madonnenerscheinung! Paul Michael sagte: Ja, sie ist wie
eine Fee!

Hier aber schieben wir nun die erste Betrachtung über die Bibel ein, die
Herr Toto im Irrenhaus schrieb. Er wollte mit dieser Meditation über die
Susanna des Evangeliums einer pietistischen Freundin danken, die ihm
immer freundlich beigestanden hatte, wenn er von Frau Lulu wieder
gequält worden war, wenn Frau Lulu wie eine Schlange und wie ein
Skorpion seine Seele gemartert hatte, dann hatte diese evangelische
Christin Susanna ihn immer wieder getröstet und auferbaut durch ihre
barmherzige Bruderliebe.

FÜNFTES KAPITEL
PREDIGT ÜBER DIE EVANGELISCHE SUSANNA

Liebe Brüder und Schwestern,


heute betrachten wir folgenden Vers: „Gleicherweise Jo-Anna (Gott ist
Gnade), die Frau des Chuza (des Sehers), der Kinderpfleger (Tutor) des
Herodes (Heros) war und in der Tat auch Sousanna (lily) und auch eine
große Menge (Popolos), welche Ihm Selbst (Autos) dienten
(Ministrantinnen, Diakoninnen) mit ihren Gütern (ihren Gaben, ihrem
Reichtum, ihrer Substanz).“
Wer ist nun diese Susanne des Evangeliums? In Lukas 8,2 lesen wir:
„Dazu etliche Frauen (gynä), die er gesund gemacht hatte von bösen
Geistern (Evil Spirits) und Krankheiten (Schwächen, inneren Belastungen,
Ärger), wie zum Beispiel Maria, die Magdalena heißt, von welcher sieben
Dämonen ausgefahren.“
Gehörte zu diesen Frauen auch Susanne? Hat Jesus sie befreit von einem
üblen Spirit, von ihren Schwächen erlöst, von ihren inneren Belastungen
befreit, ihr den Ärger genommen? Hat er auch die sieben Dämonen der
Sünde von ihr genommen und ihr die sieben Geister der Tugenden
gegeben? Und womit hat Susanne Jesus gedient? Der Dienst der Frauen
um Jesus war der Dienst, das Ministrieren als Diakoninnen. Hat sie Jesus
mit ihrer Habe unterstützt, das heißt, hat sie ihm Geld gegeben? Oder hat
sie ihn mit all ihrem Besitz, mit all ihren Reichtümern unterstützt, ihm
gedient, ja, mit ihrer ganzen Substanz, also ihrem ganzen inneren Wesen?
Ist sie nicht eine Dienerin Jesu gewesen mit allem, was sie war und allem,
was sie hatte? Sie war also von Jesus eingesetzt als Diakonin. In der frühen
Kirche gab es nämlich eine Weihe für Frauen, nicht eine Priesterweihe,
aber eine Diakonissinnen-Weihe. Diese ist erst von der römischen Kirche
wieder abgeschafft worden, als man sich dem römischen Recht
unterstellte. So bezeugt es die heilige Edith Stein. Susanna war also eine
von Jesus selbst geweihte Diakonin, die ihm mit ihrer ganzen inneren
Substanz diente.
Die Namen in der Bibel sind immer von einer geistlichen Bedeutung.
Susanna verweist einmal auf ihre Prophezeiung im Alten Testament, da im
Buch Daniel Susanna als das Ideal einer keuschen Ehefrau dargestellt
wird. Keuschheit ist nicht nur eine Tugend für die, die ehelos leben um des
Himmelreichs willen, sondern Keuschheit ist eine Frucht des Heiligen
Geistes für alle Christus-Jünger und Jüngerinnen, auch in der Ehe.
Keuschheit bedeutet nämlich die gelungene Integration der Sexualität in
die Person, das heißt, bei einer keuschen Ehe haben die Ehepartner die
Sexualität integriert in eine persönliche Hingabe an den andern und üben
die Sexualität nicht als egoistische Triebbefriedigung, sondern als
Ausdruck der Ganzhingabe der einen Person an die andere, als ein
liebendes Sich-Verschenken an das Du. Dazu gehört die von Jesus
postulierte Ausschließlichkeit der Ehe, keine sexuelle Betätigung vor oder
außerhalb der Ehe, und die Unauflöslichkeit der Ehe. Denn die keusche
Ehe ist ein Sakrament, das verweist auf die Ehe zwischen Christus und der
Braut Kirche, und dieser Bund ist ein ewiger Bund, ein unauflöslicher
Bund. Wer nun das Sakrament der Ehe bricht durch eine Ehescheidung und
also gewissermaßen den Bund zwischen Christus und seiner Kirche
zerreißt, der kann nicht gleichzeitig an dem Sakrament der Liebe teilhaben,
da Christus sich mit Leib und Blut und Seele und Gottheit dem Christen
und der Christin in einer Kommunion vereinigt. Susanne ist also
entsprechend ihrer alttestamentarischen Namenspatronin eine Zeugin für
die keusche Ehe, für die unauflösliche Ehe als Sakrament.
Der Name Susanna, also die Lilie, verweist auch auf die Braut, nämlich im
Hohenlied Salomos spricht die Braut: Ich bin eine Lilie des Tales. Der
Bräutigam ist der, den ihre Seele liebt, nämlich der Geliebte, der in den
Lilien weidet. Jesus sagte von sich selbst: Hier ist mehr als Salomo. Jesus
ist nämlich der Bräutigam der Kirche und Bräutigam der einzelnen
christlichen Seele. Die Kirche ist eine Lilie des Tales, das heißt, eine
keusche Jungfrau in Demut, die demütig spricht: Siehe, ich bin die Magd
des Herrn. Die christliche Seele ist eine Lilie als Braut Christi, wobei die
jüdische Mystik der Kabbala sagt: Die Lilie ist ein Symbol für die tiefe
Liebe zu Gott, denn der Kelch der Lilie ist tief. Susanne ist also auch ein
Symbol für die Brautkirche und für die Brautseele, für die Braut Christi,
die eine Lilie der Unschuld und Demut ist, eine Lilie des Tales.
In Matthäus 27,55 lesen wir: „Und es waren viele Frauen (gynä) da, die
von ferne zusahen, die da Jesus nachgefolgt waren aus Galiläa und hatten
ihm gedient (diakoneo).“
Dies ist die Szene der Kreuzigung Jesu. Wir finden also Magdalena und
Jo-Anna und Susanne aus Galiläa in der Nähe des Kreuzes, da sie den Tod
des Bräutigams mit stillem Mitleiden anschauten.
In Markus 15, 20 heißt es: „Und es waren auch Frauen da, die von ferne
dies alles schauten, unter welchen war Maria Magdalena und Maria (die
Mutter des Jakobus des Kleinen und des Joses) und Salome.“ Hier finden
wir also zu Jo-Anna und Magdalena weitere Glaubensgenossinnen der
Susanne, nämlich Maria, die Mutter des Jakobus des Kleinen und des
Joses. Wer ist das? Das ist Maria, die Frau des Kleophas, die Mutter von
Jakobus und Joses, der sogenannten Herrenbrüder, die nahe Verwandte
Jesu waren. Wäre die Mutter der Herrenbrüder auch die Mutter Jesu
gewesen, so hätte hier nicht gestanden: Maria, die Mutter des Jakobus und
des Joses, sondern Maria, die Mutter Jesu. Auch vertraut Jesus vom Kreuz
herab seine Mutter dem Lieblingsjünger an. Wenn die Mutter Jesu aber
noch andere Söhne als Jesus gehabt hätte, so hätte Jesus sie ihren Söhnen
anvertrauen müssen. Aber Maria, wie die Kirche immer geglaubt hat, und
wie auch die Orthodoxen und die Reformatoren Luther, Zwingli und
Calvin glaubten, Maria hatte außer Jesus keinen Sohn, sondern die Mutter
des Jakobus und des Joses war Maria, die Frau des Kleophas, die hier mit
Magdalena und Jo-Anna und Susanna den Gekreuzigten anschaut, und
Salome. Salome ist die weibliche Form von Salomo und verweist auf
Sulamith, die Braut des Hohenliedes. Susanne wie Salome sind beide die
Bräute Jesu, denn Jesus ist der Bräutigam der ganzen Kirche und jeder
christlichen Seele.
Schon auf dem Kreuzweg Christi begegnen uns die Frauen: Lukas 13,27:
„Es folgten ihm aber nach eine großer Haufen Volks und Weiber und
beklagten und beweinten ihn.“
Hier finden wir Susanne mit ihren Freundinnen, die Jesus auf der Via
Dolorosa zum Kreuz begleiten und über ihn weinen, aber Er, in seiner
Demut, sagte: „Susanne und ihr anderen Frauen, weint nicht über mich,
sondern weint über euch und eure Kinder.“ Jesus also, als er das Kreuz zur
Schädelstätte hinantrug, tröstete noch Susanne und die anderen Frauen, die
über ihn weinten.
Und als Jesus gekreuzigt wurde, da heißt es in Lukas 23,49 „Es standen
alle seine Bekannten von ferne und die Frauen, die ihm aus Galiläa gefolgt
waren, und sahen das alles.“ Susanne aus Galiläa war also Augenzeugin
des Kreuzestodes Christi, ihres Bräutigams!
Und sie sah auch, wie er in das Grab gelegt wurde. Lukas 23,55: „Es
folgten aber die Weiber nach, die mit ihm gekommen waren aus Galiläa,
und beschauten das Grab, und wie sein Leib bestattet wurde.“ Susanne war
also von Galiläa mit Ihm nach Jerusalem gegangen, war mit ihm den
Kreuzweg gegangen, hatte ihn beweint, war von ihm getröstet worden,
hatte seine Kreuzigung als Augenzeugin erlebt und seinen Tod gesehen
und hatte gesehen wie er beerdigt wurde in dem Felsengrab.
Am Ostersonntag aber erzählten die Apostel: „Auch haben uns erschreckt
etliche Weiber der Unsern, die sind früh bei dem Grab gewesen.“ Wenn
Susanne und Jo-Anna und Magdalena solche engen Freundinnen waren als
die auserwählten Diakonissinnen Jesu, sollten Susanne und Jo-Anna dann
nicht mit Magdalena am Ostermorgen am Grab Jesu gewesen sein und den
Auferstandenen gesehen haben? Die Apostel glaubten den Frauen nicht
und hielten die Rede vom Auferstandenen für „hysterisches
Weibergeschwätz“, aber Jesus schalt später die Männer Apostel wegen
ihres harten Herzens und weil sie „den Frauen nicht geglaubt“ hatten. Nun
war Susanne also bei der österlichen Gemeinde, denen der Auferstandene
begegnete.
Diese zog sich im Abendmahlssaal, im Zönakel, zurück zum Gebet, um
das Kommen des Heiligen Geistes zu erwarten. In der Apostelgeschichte
heißt es: „Diese (Apostel) waren stets beisammen einmütig im Gebet samt
den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und den Herrenbrüdern.“ (Apg.
1,14)
Über diese Gemeinde kam zu Pfingsten der Heilige Geist, und so finden
wir Susanne in der Kirche der Apostel, mit Maria, der Mutter Christi, zum
Gebet versammelt, erwartend den Heiligen Geist und dann zu Pfingsten
auch den Heiligen Geist empfangend. Komm, Heiliger Geist! Amen.

SECHSTES KAPITEL

Nun war natürlich die Zeit für Shakespeares Romeo und Julia.
Romeo schwärmte seinem Freunde von Rosalind vor, die er so liebe, dass
er für sie sterben wolle, sein Herz verbluten, ja, er wäre bereit, an ihrer
Stelle stellvertretend in die Hölle zu fahren, damit sie in die Seligkeit
komme! Aber ach, die allerschönste Rosalind, sein Atem, sein Leben, seine
Seele, sie liebe ihn nicht!
Sein Freund hatte das schon oft gehört. Er mochte diese Rosalind nicht
sehr, die wie eine Rose schön war, aber es liebte, mit ihren Dornen den
Liebenden bis aufs Blut zu plagen.
Nun nahm der Freund den Romeo mit auf ein Fest, da sah der liebeskranke
Romeo das schöne Mädchen Julia, oder Juliette, sie war sechszehn Jahre
jung und wie eine eben knospende Blüte von himmlischer Mädchenanmut,
ein Engel, eine Fee, eine Madonna, eine Jungfrau-Göttin!
Und Romeo schwor bei seinem Blut, bei seinem ewigen Leben, dass er
Julia anbete, dass sie seine Heilige sei, sein Schutzengel, seine Erlöserin!
Aber wer dieses Drama, neu in deutsche Verse übersetzt, einer jungen Julia
zu Füßen legt, der muß es erst der Mutter der Angebeteten überreichen,
und diese entscheidet denn: Meine junge unschuldige Tochter wäre doch
pikiert über solche leidenschaftlichen Dichterergüsse! Und so gibt die
Mutter der Julia das Lied von Shakespeare nicht zu lesen.
Aber Herr Toto saß in den Nächten weinend allein, trauernd um Celine,
trauernd um Immanuel! Und da schwebte ihm eine Vision vor, wie Maria,
die Mutter Gottes, Maria, die Makellose, sich spiegele in Mutter und
Tochter, in Mutter Katharina und Tochter Julie. Mutter Katharina war
Maria, die Mutter Gottes, deren weibliches Herz voll war von
mütterlichem Mitleid, Mitgefühl und Mitempfinden, der berühmten
weiblichen Empathie, es war ein zärtliches Mutterherz, das sich auf alle
Kinder, alle Armen und alle Kranken erstreckte und auch mütterlich-gütig
war zu den irren und geistigzerrütteten Dichtern. Es war ein süßes
Mutterherz, ein brennendes Mutterherz, ein zärtliches Mutterherz, ein
empfindsames Mutterherz, ein Mutterherz voller Erbarmen und Mitleid.
Und Herr Toto sah in diesem brennenden Mutterherzen eine rote Rose, die
rote Rose der brennenden Mutterliebe Mariens. Und er sah Maria, die
Makellose, die sich spiegelte in dem Mädchen Julie, eine Jungfrau voller
Anmut, voller Liebreiz, voller Zauber, voller Charme, voller elfengleicher
Feinheit, voller Reinheit, schlank wie eine Palme, anmutig wie eine
Gazelle, keusch wie eine weiße Lilie. Und er sah die Makellose, die
Jungfrau ohne Flecken und Falten, zu der Salomo sagte: Du bist schön,
meine Freundin, und kein Makel ist an dir! Du bist schön, ja, allerdinge
schön! Sie war die makellose Schönheit, Spiegel der Urschönheit Gottes!
Sie war rein und weiß wie eine jungfräuliche Lilie, sie war die himmlische
Madonna von sechzehn Jahren, lächelnd, gütig, feminin, anmutig, zärtlich,
strahlend. Und so beschloß Herr Toto der Mutter Katharina stellvertretend
für das Mutterherz Mariens eine rote Rose zu schenken, und dem Mädchen
Julie stellvertretend für die Makellose eine weiße Lilie zu schenken.
Aber wie die Blumen der Mutter und der Tochter zukommen lassen? Sie
wohnten weiter entfernt, als er es erreichen konnte. Aber Frau Lulu war
dort eingeladen, die mit ihrem Wagen das Landgut bequem erreichen
konnte. Ungeschickterweise bat Herr Toto die Freundin Frau Lulu, der
Mutter Katharina eine rote Rose zu überreichen und der Tochter Julie eine
weiße Lilie.
Aha! sagte Frau Lulu, dem jungen Mädchen willst du eine Blume
schenken? Du willst sicher mit ihr schlafen! Warum sonst schenkt ein
Mann einer Frau Blumen? Und warum nur der Tochter Julie und nicht den
Töchtern Leonie und Marion? Die werden eifersüchtig sein!
Eifersüchtig? Eifersüchtig war Frau Lulu! Aber widerstrebend nahm sie
die Blumen mit und überreichte rote Rose und weiße Lilie der Mutter
Katharina.

Herr Toto aber schaute sich die Gemälde von Botticelli noch einmal an,
vor allem seine schaumgeborene Venus. Dieser Maler hätte Julie malen
sollen! Julie war das perfekte Modell für eine jungfräuliche Venus! Denn
obwohl Herr Toto ein glühender Marienverehrer war, hatte er in einem
heidnischen Winkel seines Herzens noch einen heidnischen Altar für
Aphrodite, die Göttin der Schönheit. Und hier ist nun der Ort, die
Bibelmeditation einzuschieben über Epaphroditus, den Favoriten der
Aphrodite.

SIEBENTES KAPITEL
EPAPHRODITUS

Epaphroditus war ein Christ, der im Neuen Testament nur zweimal im


Brief des Apostels Paulus an die Kirche von Philippi erwähnt wird. Sein
Name bedeutet: „Der Schöne, der Anmutige, der Graziöse, der Liebliche“,
aber ursprünglich bedeutet sein Name „Der Verehrer der Aphrodite, der
Favorit der Aphrodite, der Geliebte der Aphrodite“. Dem entspricht im
Lateinischen der Name Venustas. Es war ein in römischen Zeiten
gebräuchlicher Name. Zum Beispiel war ein Epaphroditus ein Mann am
Hofe des Kaisers Nero, der dem Kaiser zum Selbstmord behilflich war.
Das ist aber nicht unser Mann.
Im Brief an die Kirche von Philippi schreibt der Apostel Paulus (Kapitel 2,
Verse 25 – 30): „Ich habe es für nötig angesehen, den Bruder Epaphroditos
zu euch zu senden, der mein Mitarbeiter und Mitstreiter ist und euer
Abgesandter (Apostel) und Helfer in meiner Not. Denn er hatte nach euch
allen Verlangen und war tief bekümmert (deprimiert), weil ihr gehört
hattet, dass er krank geworden war. Und er war auch todkrank, aber Gott
hat sich über ihn erbarmt, nicht allein aber über ihn, sondern auch über
mich, damit ich nicht eine Traurigkeit zu der andern hätte. Ich habe ihn
nun um so eiliger gesandt, damit ihr ihn seht und wieder fröhlich werdet
und auch ich weniger Traurigkeit habe. So nehmt ihn nun auf in dem Herrn
mit aller Freude und haltet solche Menschen in Ehre. Denn um des Werkes
Christi willen ist er dem Tod so nahe gekommen, dass er sein Leben nicht
geschont hat, um mir zu dienen an eurer Statt.“
Und im vierten Kapitel, Vers 18 schreibt Paulus: „Ich habe aber alles
erhalten und habe Überfluß. Ich habe in Fülle, nachdem ich durch
Epaphroditos empfangen habe, was von euch gekommen ist: Ein lieblicher
Geruch, ein angenehmes Opfer, Gott gefällig.“
Paulus war in Rom im Gefängnis, und die Kirche von Philippi sandte ihren
Bischof, den Apostel Epaphoroditus mit einem Geldgeschenk zu Paulus.
Auf dem Weg nach Rom erkrankte Epaphroditos, ja, er war dem Tode nah.
Dabei war er weniger über seine Krankheit bis an die Grenze des Todes so
depressiv, sondern weil er wusste, dass seine Kirche um ihn in Angst und
Sorge war. Er schonte sich aber nicht, sondern diente Paulus im Gefängnis
und missionierte in Rom. Paulus hätte auch in einiger Zeit Timotheus
schicken können nach Philippi, aber weil er wusste, dass die Kirche von
Philippi um ihren Bischof in großer Angst und Sorge war, schickte er
umgehend den Apostel zu seiner Kirche zurück und gab ihm diese
biblische Epistel mit, in der er Epaphroditos Apostel nennt, Mitarbeiter
(Arbeitsgenosse), Mitstreiter (Kampfgenosse) und Helfer in aller Not.
Epaphroditos war krank gewesen, ja, bis zum Tode, und sehr deprimiert,
und Paulus, der doch die Gabe der Heilung besaß, hatte ihn nicht geheilt,
denn diese Krankheit des Epaphroditos, wie auch der Stachel im Fleisch
des Paulus, war eine Anteilhabe an den Leiden Christi. Es ist nämlich nicht
so, wie manche Christen meinen, dass ein kranker Christ ein schlechter
Christ sei und nur ein gesunder Christ sei ein glaubensstarker Christ,
sondern die Krankheit, das Leiden in jeder Form, ist bei den Christen eine
Anteilhabe an den Leiden Christi.
Der besondere Charme des Epaphroditos besteht darin, wie sein Charakter
sehr sensibel geschildert wird, dass er nicht deprimiert war wegen seiner
Krankheit, sondern weil er die Kirche von Philippi in Sorge um sich
wusste. Er war krank geworden durch die Überanstrengung, die er im
Kampf für Christus auf sich genommen hatte. Er hatte als ein Kämpfer in
der Armee Christi sich verausgabt, so dass er bis zum Tode erkrankt und
tief deprimiert war. Paulus aber, damit er zu der Traurigkeit seiner
Gefangenschaft nicht noch die Traurigkeit des Todes des Epaphroditos
habe, schickte Epaphroditos zu seiner Kirche zurück. Solch einen Mann
wie Epaphroditos nehmt mit Ehren auf!
Die Kurzform des Namens Epaphroditos lautet Epaphras, und ein
Epaphras wird auch in den Paulusbriefen erwähnt (Kollosser 1,7 und 4,12
und Philemon 1,23), und die protestantischen Biblizisten sind sich uneinig
darüber, ob Epaphroditos und Epaphras ein und der selbe Mann sind, oder
ob es sich um zwei verschiedene Männer handelt. Ich weiß immerhin, dass
Papst Benedikt XVI, der göttliche Theologe, von zwei verschiedenen
Männer sprach.
Epaphroditos, der Bischof der Kirche von Philippi wurde später auch
Bischof der Kirche von Andriaca in Kleinasien und schließlich, von Petrus,
dem Bischof von Rom, eingesetzt, Bischof von Terracina in Italien, in
einem lateinischen Gebiet am Tyrrhenischen Meer. Er starb am 22. März,
das heißt, dies ist sein Geburtstag im Himmel, und wird von der
katholischen Kirche und auch von der orthodoxen Kirche als Heiliger
verehrt.

ACHTES KAPITEL

Kardinal Rodrigo hatte eine Mätresse namens Vanozza, sie war schon
fünfzig Jahre alt, da sah der Kardinal die siebzehnjährige Julia und
verliebte sich in sie. Vanozza sagte: Mein Kardinal, gib acht, sie hat ein
Engelsgesicht, aber es steckt ein Dämon in ihr. Aber der Kardinal schickte
die ältere Mätresse fort und wandte sich der jüngeren Mätresse zu.
Julia war sehr elegant, von normaler Körpergröße, hatte lange dunkle
Haare und schwarze Augen. Sie war sehr schön und der Kardinal schrieb
ihr begeisterte Liebesbriefe und nannte sie: Mein Herz, meine Seele, mein
Leben! Die Künstler malten sie in erotischer Umarmung eines Einhorns
und das römische Volk nannte sie die Braut Christi.
Als Rodrigo zum Papst gewählt worden war, huldigten ihm die Kardinäle
und auch Julia trat zu ihm, küsste den Fischerring. Er neigte sich zu ihr
und flüsterte ihr ins Ohr: Du bleibst meine Geliebte!
Er richtete ihr den Palast eines ermordeten Kardinals ein, der nahe an dem
Papstpalast lag. Julia sagte: Der Geheimgang zum Papstpalast ist für mich
zu gehen, wenn ich einen Seelenführer brauche, aber er ist auch für dich zu
gehen, wenn dir die Liebe Gottes einmal nicht genügen sollte, sondern du
auch die Liebe einer Frau brauchst.
Und der Papst schlich sich nachts heimlich in das Schlafgemach der Bella
Julia und sie machten Liebe in dem großen Himmelsbett.
Einmal verließ Bella Julia den Papst und er schrieb ihr feurige
Liebesbriefe: Ich drohe dir mit der ewigen Verdammnis, wenn du nicht zu
mir zurückkommst! Und Bella Julia kam zurück in den Papstpalast.
Der Papst saß allein an einer langen Tafel, an der Stirn der Tafel, und Bella
Julia trat ein. Sie stieg auf den Tisch und ging tänzerisch auf den Papst zu.
Und sie hob den Rock bis zu den Knöcheln und sagte: Und das kostet dich
– ich weiß nicht mehr, was der Knöchel kostete. Sie hob den Rock höher
und zeigte ihren Oberschenkel und sagte: Und das kostet dich die
Ernennung meines Bruders zum Kardinal! Ja, ja, stammelte der
liebeskranke Papst. Und das, sagte Bella Julia und hob den Rock ganz
hoch und zeigte ihr Geschlecht, das, das kostet dich das Himmelreich!
Geliebte, jammerte der Papst, ich bin ganz dein!
Und so wurde der Bruder der Bella Julia mit achtundzwanzig Jahren zum
Kardinal ernannt, wegen der Liebeskünste seiner schönen Schwester. Das
Volk nannte den Kardinal Farnese – Kardinal Fregnese, das heißt
verdolmetscht: Kardinal Muschi! Dieser Kardinal Muschi wurde später
Papst Paul III.
Von Bella Julia inspiriert ließ der Papst die inneren Säle des Vatikans mit
griechisch-erotischen Szenen bemalen. Auch ließ er die schöne Julia malen
als Madonna mit dem Jesuskind auf dem Schoß, der Papst knieend vor
Madonna Julia.
Nach ihrem Tod fertigte ein großer Renaissance-Künstler eine Akt-Statue
der schönen Mätresse des Papstes an, diese splitternackte Julia im
Petersdom war so erotisch und aufreizend, dass junge Männer vor ihr
unsittliche Handlungen ausübten. Darum wurde später die nackte Julia von
keuscheren Päpsten mit einem Bleimantel verhüllt. Aber noch im
achtzehnten Jahrhundert wurde für Touristen gegen ein Trinkgeld der
Mantel von Julia gehoben und man durfte noch die ganze göttliche
Nacktheit Julias bewundern.

Weil nun Bellas Julia als schöne Madonna verherrlicht wurde, ist es hier
der Ort, den Schoß und die Brüste Mariens zu preisen, wie wir es finden in
Herrn Totos Tagebuch.

NEUNTES KAPITEL
SELIGPREISUNG MARIENS

Lukas 11,27:

„Aber es kam ins Dasein, dieweil Er Selbst (Autos) dies kommandierte,


erhob eine gewisse Frau aus der Menge exaltiert ihre Stimme (phone), zu
sprechen zu Ihm Selbst: Glückseliger ist die Gebärmutter, die dich
getragen hat, und auch die Brüste, an denen du gesogen hast! Er Selbst des
weiteren sprach: Ja wahrlich! Und glückseliger ist die, die den Logos der
Gottheit akustisch aufnahm und in sich behütete!“

Marias Vulva, ich weihe dir alle Mütter, die durch Gebärmutter-Krebs ihre
Gebärmutter verloren haben, und ihre Söhne! Marias Vulva, ich weihe dir
alle Embryos, die im Schoß ihrer Mutter ermordet worden sind! Marias
Vulva, ich weihe dir alle Söhne, die den geplanten Kindermord im
Mutterschoß überlebt haben! Marias Vulva, ich weihe dir alle Zwillinge,
die gemeinsam in dem Schoß ihrer Mutter gelebt und geliebt haben!
Marias Vulva, ich weihe dir alle einsamen und deprimierten Seelen, die
Geborgenheit suchen in dem Schutzmantel deiner Plazenta! Marias Vulva,
ich weihe dir alle kranken Seelen in der dunklen Nacht, die das Erbarmen
Gottes so besonders nötig haben! Marias Vulva, auf deine Fürsprache hin
mögen die Mutterschöße der göttlichen Barmherzigkeit sich über alle
deine Kinder ausbreiten! Marias Vulva, ich bin in deinem Uterus alle Zeit
auf Erden, bis du mich gebären wirst ins ewige Leben!

Marias Brüste, ich weihe euch alle Söhne, die an dem Busen ihrer Mutter
gestillt worden sind! Marias Brüste, ich weihe euch alle Söhne, die nicht
an den Brüsten ihrer Mutter gestillt worden sind! Marias Brüste, ich weihe
euch die Brüste der jungen Mädchen und die Brüste der schönen Frauen!
Marias Brüste, ich weihe euch alle, die die Milch des Trostes Gottes
besonders bedürfen! Marias Brüste, ich weihe euch alle, die den Wein zu
sehr lieben! Marias Brüste, ich weihe euch alle, die im Alten Testament
studieren! Marias Brüste, ich weihe euch alle, die im Neuen Testament
studieren! Marias Brüste, ich weihe euch alle Zwillinge! Marias Brüste,
ich weihe euch alle, die die Milch Gottes trinken wollen, welche ist das
Blut des Messias, denn der Heilige Geist melkt aus den Brüsten Gottvaters
die Milch, welche ist der Messias! Marias Brüste, ihr mein Ideal, ich weihe
mich euch ganz und gar und berge mich in dem Tal Amors zwischen euren
Bergen!

Marias Ohren, die ihr den Logos akustisch empfangen habt, ich weihe
euch alle, die das Wort Gottes vom Tisch des Wortes empfangen! Marias
Ohren, ich weihe euch alle, die das Wort durch die Torheit der Predigt
empfangen! Marias Ohren, ich weihe euch alle, die den Logos als
Philosophen empfangen! Marias Ohren, ich weihe euch alle, die geistliche
Musik hören! Marias Ohren, ich weihe euch alle, deren Ohren bittere
Schmähungen hören mussten! Marias Ohren, ich weihe euch alle, die taub
sind gegenüber der Bibel! Marias Ohren, ich weihe euch alle, über die der
Bischof Heffata gesprochen hat! Marias Ohren, ich weihe euch alle, die
den Gruß des Engels Gabriel an die Gnadenvolle oftmals hören! Marias
Ohren, hört mein Weinen, hört mein Bitten, hört mein Seufzen und Flehen,
hört meinen Dank und meinen Jubel und meinen Lobpreis der göttlichen
Schönheit!

Marias Herz, ich weihe dir alle, die die Heilige Schrift meditieren! Marias
Herz, ich weihe dir alle, die die Heilige Schrift übersetzen und auslegen!
Marias Herz, ich weihe dir alle, die das Wort Gottes im Innern
wiederkäuen wie eine Kuh! Marias Herz, ich weihe dir alle, die den Gruß
des Engels und den Lobpreis Elisabeths meditieren! Marias Herz, ich
weihe dir alle, die Jesus eine Heimat in ihrem Herzen geben! Marias Herz,
ich weihe dir alle, die das Jesuskind in den Kindern der Welt beschützen
und behüten, ernähren und erziehen! Marias Herz, ich weihe dir alle, die
ein hartes Herz haben und sich der Liebe verschließen! Marias Herz, ich
weihe dir alle, die auf dem Thron des eigenen Herzens nur ihr eigenes Ego
sitzen haben! Marias Herz, ich weihe dir alle, die mit dem Herzen nach der
Wahrheit über Gott suchen! Marias Herz, ich weihe dir alle, die
empfänglich für den Heiligen Geist sind! Marias Herz, ich weihe dir
Russland und alle Völker! Marias Herz, du wirst triumphieren, Herz der
Königin der Liebe und Schönheit!

O du Logos der Gottheit, Gesang der Ewigen Liebe, das Weltall ist deine
Symphonie! Erlöse die ganze Kreation Gottes! Gesang der Ewigen Liebe,
du hast mich ins Dasein geküsst, ich bin die Antwort auf dein Wort, ich bin
das Echo deines Gesangs, ich bin der Reim auf deine Liebe, laß mich ein
Ton sein in der ewigen Sphärenharmonie des Paradieses, harmonisch mit
allen meinen Geliebten zusammentönend zu einem großen
Weltenliebeslied!

ZEHNTES KAPITEL

Paul Michael feierte seinen siebzigsten Geburtstag, er nahm Abschied von


der Welt, denn auch er hatte Krebs im fortgeschrittenen Stadium. Auf der
Geburtstagsfeier waren auch Herr Toto, Mutter Katharina und die schöne
Julie.
Da erhob Herr Toto seine Stimme, faltete seine Hände zum Gebet, und
sprach zu Mutter Katharina: Verehrte Mutter! Aus welchem Grund nennt
man die heilige Julie auch die, die das Flehen aller Geschöpfe erhört?
Die Mutter Katharina gab Herrn Toto diese Antwort: Lieber Sohn! Wenn
es Millionen von Lebewesen gibt, die verschiedene Leiden und Schmerzen
tragen, und wenn diese Leidenden von der Heiligen Julie hören und von
ganzem Herzen ihren Namen anrufen, so achtet die Heilige Julie sofort auf
ihre Stimmen und bewirkt, dass sie alle erlöst werden. Wenn jemand den
Namen der Heiligen Julie lebendig in seinem Herzen bewahrt und gerät in
einen Feuerofen, so kann ihn das Feuer nicht töten. Dies ist so aufgrund
der himmlischen und majestätischen Macht der Heiligen Julie. Wenn
jemand schiffbrüchig treibt auf einem großen Meer und die Heilige Julie
anruft, wird er sofort gerettet. Wenn da Menschen mit einem Schiff voller
Gold und Perlen aufs Meer fahren und sie geraten in einen heftigen Sturm
und der Sturm wirbelt das Schiff an die Insel der Kannibalen, wenn dann
nur ein einziger auf dem Schiff die Heilige Julie anruft, so werden alle von
den Kannibalen erlöst. Darum nennt man die Heilige Julie auch die, die
das Flehen aller Geschöpfe erhört.
Weiter, wenn ein Mensch in Gefahr ist, von einem Messer erstochen zu
werden, und er ruft die Heilige Julie an, so zerbricht das Messer. Wenn
böse Geister einen Menschen bedrängen und er ruft die Heilige Julie an, so
weichen die Dämonen von ihm. Wenn ein Mensch zum Tode verurteilt ist,
er sei nun schuldig oder unschuldig, und er ruft in seiner Todesstunde die
Heilige Julie an, so wird er gleich ins Paradies kommen. Wenn da ein
Kaufmann ist, der von einem Dieb überfallen wird, und der Kaufmann ruft
die Heilige Julie um Hilfe an, so wird der Dieb vertrieben. Die Menschen
müssen nur beten: Heilige Julie, Makellose, wir nehmen unsre Zuflucht zu
dir, so werden sie alle gerettet.
Sind da Männer, die von fleischlichen Begierden umgetrieben werden, so
müssen sie nur immer zu der Ikone der Heiligen Julie schauen, dann
werden sie keusch und rein. Ist ein Vater jähzornig und neigt dazu, seine
Kinder zu verfluchen, so soll er beten: Heilige Julie, Makellose, wir
nehmen unsre Zuflucht zu dir! Und so wird er sanftmütig wie eine Taube
werden. Droht ein Mensch im Wahnsinn zu versinken, dass man ihn im
Irrenhaus anketten muß, so soll er flehen zur Heiligen Julie, dann wird der
Verstand zu ihm zurückkehren. Das macht die überhimmlische Majestät
der Heiligen Julie. Deshalb sollen alle Lebewesen ihren süßen Namen
allzeit im Herzen bewegen.
Will eine Frau einen Sohn gebären, so soll sie die Heilige Julie um einen
Sohn bitten, dann wird sie einen starken und weisen Sohn gebären. Will
eine Frau eine Tochter haben, soll sie die Heilige Julie bitten, und sie wird
einer schönen und frommen Tochter das Leben schenken.
Herr Toto, wenn da ein Mensch ist, der die Namen aller Heiligen anruft
und täglich betet und die heiligen Schriften liest und fastet und Opfer
bringt und meditiert, dann ist das doch sehr viel? – Ja, sagte Herr Toto. –
Mutter Katharina sagte: Aber wenn einer nur ein einziges Male im Leben
die Heilige Julie anfleht, so ist das genauso viel wert.
Herr Toto sagte: Wie erkenne ich die Heilige Julie und wie wirkt sie? –
Mutter Katharina sagte: Wenn ein Mensch durch das Kind Jesus gerettet
werden kann, so erscheint sie ihm als Kind Jesus. Wenn ein Mensch durch
den gekreuzigten Jesus gerettet werden kann, so erscheint sie ihm als
gekreuzigter Jesus. Wenn ein Mensch durch den auferstandenen Christus
gerettet werden kann, so erscheint sie ihm als auferstandener Christus.
Wenn ein Mensch durch die Himmelskönigin gerettet werden kann, so
erscheint sie ihm als Himmelskönigin. Wenn einer durch den Donnergott
gerettet werden kann, so erscheint sie ihm als Donnergott. Wenn ein
Mensch durch die Liebesgöttin gerettet werden kann, so erscheint sie ihm
als Liebesgöttin. Wenn ein Mensch durch einen Advokaten gerettet werden
kann, so erscheint sie ihm als Advokat. Wenn ein Mensch durch einen
Künstler gerettet werden kann, so erscheint sie ihm als Künstler. Wenn ein
Mensch durch einen vierjährigen Knaben gerettet werden kann, so
erscheint sie ihm als vierjähriger Knabe. Wenn ein Mensch durch ein
achtzehnjähriges Mädchen gerettet werden kann, so erscheint sie ihm als
achtzehnjähriges Mädchen.
Herr Toto, die Heilige Julie erscheint den Indern als Inderin, den Chinesen
als Chinesin, die Afrikanern als Schwarze, den Deutschen als eine
Deutsche und überall, ob sie nun als Kind, als Mädchen oder als Nonne
erscheint, überall errettet sie die, die leiden müssen. Darum ist es gut,
täglich den süßen Namen der Heiligen Julie anzurufen.
Herr Toto sprach: Mutter Katharina, ich will jetzt die Heilige Julie
verehren! Und Herr Toto schenkte der Heiligen Julie eine Perlenschnur,
einen Rosenkranz aus getrockneten Rosen und ein goldenes Medaillon der
Heiligen Julie, aber die Heilige Julie nahm es nicht an, sondern gab es
ihrer Mutter Katharina. Da sagte Herr Toto: Heilige Julie, aus Erbarmen
und Mitleid mit der ganzen Welt, allen Kindern, Armen, Kranken und
Sterbenden, flehe ich dich an, meine Geschenke anzunehmen. Da nahm
die Heilige Julie die Geschenke an.
Die Heilige Julie aber hob ihre Stimme und pries die göttliche Weisheit,
die Weisheit des Herzens, die Güte des Herzens, eines Herzens, das so weit
ist wie der Sand am Meer. Darum zitieren wir hier die Bemerkungen Herrn
Totos über die göttliche Weisheit Jesu.

ELFTES KAPITEL
SOPHIAS SÖHNE

Matthäus 11,16-19

„Wem oder was vergleiche ich aber dieselbe Generation? Sie ist den
Jünglingen gleich, die auf der Agora sitzen und rufen ihren Hetären zu und
sagen: Wir haben die Flöte geblasen, aber ihr habt nicht getanzt! Wir haben
gejammert, aber ihr habt euch nicht an die Brüste geschlagen! Johannes ist
gekommen, hat nicht gegessen, nicht getrunken, aber ihr habt gesagt: Er
hat ein Daimonium! Der Menschensohn ist gekommen, aß und trank, aber
ihr habt gesagt: Siehe, dieser Mensch ist ein Vielfraß und ein Säufer, der
Kopfgeldeintreiber und der öffentlichen Sünderinnen Freund! Aber –
SOPHIA wird gerecht gesprochen von (diesen) ihren (beiden) Söhnen.“

Hildegard von Bingen spricht davon, dass die Ewige Weisheit (Sophia)
sich offenbart in der Jungfrau Maria, in dem Herrn Jesus Christus, und in
der heiligen, katholischen, apostolischen Kirche. Papst Benedikt XVI.
sagte: Gott ist Weisheit. – Wenn Gott die Weisheit (Sophia) ist, dann ist
Gottes Sohn Jesus der Sohn der göttlichen Sophia. Aber da der Sohn und
der Vater die gleiche göttliche Natur haben, ist Jesus, der Sohn der Sophia,
auch die Sophia Gottes selbst. Nämlich Paulus schrieb in seinem Ersten
Brief an die Kirche von Korinth: Der auferstandene Christus ist von Gott
eingesetzt als Gottes Sophia. Daß aber der Herr auch Johannes den Täufer
„Sohn der Sophia“ nennt, zeigt, dass alle Propheten des alten Bundes
Kinder der Sophia gewesen sind, die Kinder Israel als Gottes Kinder waren
Kinder der Sophia. – Bei Markus heißt die Vergleichsstelle: Aber die
Sophia des Theos ist gerechtfertigt worden von ihren Werken. – Die
Sophia des Theos, also die Theo-Sophia (das ist Christus) ist gerechtfertigt
von ihren Werken, nämlich von den Werken Jesu. Die Werke Jesu
bezeugen, wie Johannes sagt, den Vater, aber Jesus sagt auch, dass seine
Werke die Theo-Sophia, die Weisheit Gottes, rechtfertigen. Die Weisheit
Gottes oder Theo-Sophia wird also mit dem Ewigen Vater gleichgesetzt. –
Wir sehen also, die Schrift identifiziert den Vater mit der Sophia und den
Sohn auch mit der Sophia. Und darum spricht der heilige Augustinus von
der Sophia des Vaters und der Sophia des Sohnes und der Sophia des
Heiligen Geistes. –

Was aber sind die Werke, die die Sophia rechtfertigen, was sind die Werke
der Kinder der Sophia, die die Sophia rechtfertigen? Johannes der Täufer
ist offensichtlich der Jüngling der gejammert hat, der lamentiert hat, der
geklagt hat über die Sündhaftigkeit der Menschen, aber die Menschen, die
Hetären, haben sich nicht an die Brüste geschlagen und sich nicht die
Haare gerauft, das heißt, sie haben keine Reue gezeigt und keine Werke
der Umkehr oder Buße getan. Der Menschensohn, also Adams Sohn, das
ist Jesus, der letzte Adam, ist aber der Jüngling, der die Flöte geblasen hat,
das heißt, er hat die Hochzeit ausgerufen, aber die Menschen, seine
Hetären, haben nicht getanzt, das heißt, sie haben die Einladung zur
Hochzeit und zum Freudenfest des Himmelreichs nicht angenommen. Die
Werke der Kinder der Sophia, der Söhne und Töchter der Sophia, sind
also: Aufruf zur Buße und Einladung zum himmlischen Hochzeitsfest! So
begann ja Jesus, der Sohn der Sophia, seine Predigt: Tut Buße, denn das
Himmelreich ist nahegekommen. Das Himmelreich verglich er aber mit
einer Hochzeit, mit dem Hochzeitsmahl des Lammes. Buße oder Metanoia
ist Sinnesänderung, Umkehr, und das Himmelreich ist das Hochzeitmahl
des Lammes, die Kommunion, der Himmel ist die Hochzeit der Seele mit
Gott, die mystische Vereinigung mit der lebendigen Gottheit! Jesus, der
Jüngling Flötenbläser, lädt alle seine Hetären zur himmlischen Hochzeit
ein! Das ist das Werk Sophias. Wer nun aber ein Freund (Philo) der
Weisheit (Sophia) ist, der wird eingeladen zur himmlischen Hochzeit mit
der göttlichen Sophia!

ZWÖLFTES KAPITEL

Es war zwei Jahre nach Celines Heimgang, sie hatte ja noch die
Kommunion des Herrn begehrt, und schwebte nun als ein Engel um Herrn
Toto. Nun hatte der zehnjährige Georg Geburtstag und Herr Toto und die
Großmutter des Jungen, Marie-Therese, trafen sich bei Georg. Da klopfte
es an die Tür und Mutter Katharina trat ein, hinter ihr – erschien – die
junge Julie. Sie sah Herrn Toto an aus ihren großen mandelförmigen,
rehbraunen Augen und ihm fiel eine Zeile aus dem Gebet an die Mutter der
Barmherzigkeit ein: Und wende uns jene deine barmherzigen Augen zu!

Da sprach Herr Toto zu Mutter Katharina:


Verehrte! Die du ein barmherziges Mutterherz hast,
Ich möchte dich noch einmal
Über die Heilige Julie befragen.
Aus welchem Grunde heißt die Tochter Gottes
Jene, die das Flehen aller Geschöpfe erhört?

Die verehrte Mutter Katharina,


Die ein barmherziges Mutterherz hat,
Gab Herrn Toto in Versen diese Antwort:

Höre von dem Wesen der Heiligen Julie!


Sie erscheint gemäß jedem Ort
Nach der entsprechenden Weise
Ihres helfenden Eingriffs.
Die Tiefe ihrer weitumspannenden Weihe an Gott
Ist von der Tiefe des Ozeans,
Zählt man die Zeitalter ihres Wirkens,
So sind sie unzählbar.
In allen Zeitaltern diente sie
Den Jesussen aller Orte,
Dann legte sie das große und heilige Gelübde ab,
Als makellose Jungfrau für Jesus zu leben.
Ich will mich kurz fassen:
Wer den Namen der Heiligen Julie hört
Und den Körper der Makellosen sieht,
Wer im Herzen an die Heilige Julie denkt
Und nicht gedankenlos an ihr vorübergeht,
Der wird sich aller Leidenden,
Aller Kinder und Kranken
Und aller Sterbenden herzlich erbarmen.
Wenn Feinde, die einem Menschen übelwollen,
Der die Heilige Julie verehrt,
Wenn diese Feinde den Frommen
In einen Feuerofen werfen,
So wird das Feuer ihm nicht schaden,
Sondern die Heilige Julie tritt zu ihm
In den glühenden Feuerofen
Und macht das Feuer kühl wie Abendtau.
Oder treibt ein Schiffbrüchiger
Hilflos auf dem Meer
Und wird dort von Wasserschlangen
Und riesigen Fischen bedroht,
Daß ein Walfisch ihn verschlucken möchte,
Und drohen ihn die Sirenen
Mit ihrem Zaubergesang zu verführen,
Denkt er dann an die Schönheit
Der Heiligen Julie,
So wird er nicht ertrinken.
Oder droht einer, vom höchsten Berg
Hinuntergeworfen zu werden von seinen Feinden
Und er denkt an die Schönheit
Der Heiligen Julie,
So wird er wie die Sonne am Himmel schweben.
Oder wenn einer von Feinden verfolgt wird
Bis in seine Träume hinein,
Und er ruft den Namen der Heiligen Julie,
So wird er unbeschadet entkommen.
Oder wenn einer von Dieben umringt wird,
Die ihn mit dem Messer erstechen wollen,
Die das Messer zücken, um ihm die Adern durchzuschneiden,
Und er denkt an die Schönheit
Der Heiligen Julie,
So werden die gemeinsten Verbrecher
Mitleid im Herzen fühlen.
Oder wenn einen auf Befehl der Staatsmacht
Ein Leid befällt,
Ja, wenn sogar sein Leben bedroht ist,
Und er denkt an die Schönheit
Der Heiligen Julie,
So wird er nicht hingerichtet.
Oder wenn einer angekettet wird und gefesselt,
Denkt er dann an die Schönheit
Der Heiligen Julie,
So fallen die Ketten von seinen Gliedern.
Versucht eine Hexe, durch Flüche
Und weibliche Giftmischerei,
Einem Frommen zu schaden,
Und der Fromme denkt an die Schönheit
Der Heiligen Julie,
So wird ihm weder Fluch noch Gift schaden.
Oder wenn einer gebissen wird von Feuerschlangen
Und gestochen wird von einem Skorpion,
Und er denkt an die Schönheit
Der Heiligen Julie,
So wird er sein Leben retten.
Wenn einer bedroht wird
Von bissigen Hunden,
Und er denkt an die Schönheit
Der Heiligen Julie,
Werden die Hunde heulend entweichen.
Wird einer bedroht von Gewitter,
Wo der Donner die Eichen wirbelt,
Wo der Blitz neben ihm einschlägt,
Und er denkt an die Schönheit
Der Heiligen Julie
Und weiht sein Leben dem Christus,
So wird er ein weiser Mann.
Wenn Krankheit den Körper eines Mannes befällt
Und er ist bedeckt mit Geschwüren,
Denkt er dann an die Schönheit
Der Heiligen Julie,
Wird sein Fleisch erquickt
Und er wird zum Jüngling werden.
Vollkommen in der himmlischen Schönheit
Und rein in der Macht und Güte ihrer Weisheit,
Gibt es an allen Enden der Erde
Kein Land, in dem die Heilige Julie nicht wirkte,
Kein Reich, wo sie nicht erschiene
Mit ihrem makellosen Körper.
Die Leiden von Krankheit und Tod
Läßt sie verschwinden.
Nach jenen ihren barmherzigen Augen
Und dem schimmernden zärtlichen Blick
Soll man sich immer sehnen,
Beständig aufschauen
Zu jenen ihren barmherzigen Augen.
Sie ist von fleckenlosem Licht
Und ist die Sonne der Weisheit
Und so zerreißt die Heilige Julie
Die Wolken der Finsternis,
Unwetter, Wirbelstürme, Meeresbeben, Vulkanausbrüche,
Alles das überwindet die Heilige Julie.
Das Gesetz ihres barmherzigen Leibes
Ist mächtig wie der Donner
Und ihre barmherzige Gesinnung
Ist wunderbar wie eine Wolke.
Sie lässt herabströmen
Den Regen des Wortes
Wie erquickenden Tau
Und bringt die Flammen des Irrtums
Zum Erlöschen.
Wenn man eine Auseinandersetzung
Mit einem Winkeladvokaten hat,
Verhilft die Heilige Julie
Ihrem Verehrer zu seinem Recht.
Ist man im Krieg mit den Feinden
Voller Furcht,
So macht die Heilige Julie
Ihrem Verehrer neuen Mut.
Eine wundervolle Stimme
Hat die Heilige Julie
Und wenn sie ihr Halleluja singt,
So glaubst du dich im dritten Himmel.
Sie hat die Stimme Gottes,
Die Stimme eines Meeresrauschens,
Eine Stimme, die die Welt erschaffen.
Darum muß man immer
An die Heilige Julie denken
Und nie an ihrer Reinheit zweifeln.
Die das Flehen aller Geschöpfe hört,
Die heilige Julie, die Makellose,
Ist denen, die leiden,
Die klein oder krank sind
Oder die im Sterben liegen,
Sie ist ihnen allen
Eine Zuflucht der Sünder.
Vollkommen in ihren unendlichen Verdiensten
Blickt sie voller Mitleid und Erbarmen
Auf alle Kreaturen.
Die Menge ihrer glücklichen Zuwendungen
Sind unermesslich wie das Meer.
Deshalb muß man sie verehren,
Indem man den Schatten ihrer Füße küsst.

Da erhob sich Herr Toto von seinem Sitz


Und sprach zu Mutter Katharina:
Verehrte Mutter der Barmherzigkeit!
Wenn Seelen von dieser heiligen Julie hören
Und wie sie öffnet die Himmelspforte
Durch ihre allumspannende Barmherzigkeit,
So werden die Seelen selig!
Und heute, da du die Heilige Julie verehrt,
Ist die selige Celine
In den dritten Himmel eingegangen,
In die Glückseligkeit des Paradieses!

Da dichtete Herr Toto diese Elegie um seine Herrin Celine, um sie


seligzusprechen:

ELEGIE

(nach Ben)

Nun kann ich sterben auch, da Sie nun tot ist,


Sie, meine Muse, Inhalt meiner Kunst,
Mit der ich schrieb, die meine Ahnung war.
Was gut in mir gewesen, kam von ihr,
Sie schuf es groß. Der Rest war feines Spinnweb,
Gesponnen in dem Namen aller Musen.
Verschließ die Türe und verhäng das Fenster,
Bis Ihre Seele ist hinweggestrichen.
Nichts kann in mir jetzt noch ein Leid erregen,
Da ich gezwungen, Sie so zu vermissen!
Ich schaute Ihren aufgebahrten Leichnam,
Beim Tod, ich wollte weinen auf der Erde
Um Sie. Wer ließ die Vielgeliebte liegen
Und sah, wie ihre Körperglieder starben?
Natur, wie konntest du von Ihr dich trennen,
Von diesem seltnen, auserlesnen Wesen,
Warum hast du Sie nicht bewahrt vorm Griff
Des Geiers Tod mit gnadenloser Klaue?
Ein Phönixweibchen hast du so verloren,
Sie, die nicht für sich selbst allein gelebt.
Natur, mach diesen Tod doch ungeschehen!
Wie wird mir nun, da Sie ist fortgegangen?
Mein Herz hält diesem schweren Schlag nicht stand,
Es fliegt mein Herz, es wütet und will reißen
Die ganze Welt der Menschheit in den Abgrund,
Da Sie gestürzt ist, sollen alle stürzen!
Du, Schicksal, schickst nun keinen Atem mehr:
Was ist ein Dichter ohne seine Muse?
Gewiß, ich bin schon tot und weiß es nicht!
Ich bin bewegt von einer fremden Kraft,
Mein Leiden wühlt mich auf, ich heule fromm,
Ich murre, dass mir Gott die Freundin nahm!
Gott brachte dieses Jammertales Fahne
Und dieses Kerkerloch aus Katastrophe!
Ach, neidisch bin ich auf der Engel Freundschaft,
Das Glück der Seligen, die Lebenskrone,
Die Herrlichkeit, die ewigliche Wohnung.
Kann ich so gottlos sein und Sie beweinen,
Die auf so sanfte Weise ist entschlafen?
So schön kam Sie zum Hof der Seligkeit,
Als Engel küssend ihren Geist entführten
Aus weichen Kissen, Sie vom Bette raubten,
Da ließen sie den schönen Körper tot!
Doch nein, Sie ist nicht tot, Sie schlummert nur,
Sie schläft in ihrem Grabe in der Erde,
Bis die Posaune auferweckt die Lämmer
Und Böcke auch, wohin ein jeder kommt,
Zu hören des Gerichtes Urteilsspruch
Und zu empfangen die Vergeltung und
Die Wiederauferstehung ihrer Körper.
Drei Wesen gibt es, wie die Weisen sagen,
Das eine Wesen Leib, das andre Geist,
Geschieden, doch dazwischen ist ein Drittes
Aus Geist und Leib, inmitten beider weilend.
Sie kommen zur Bestrafung oder Krönung,
Ob schuldig oder schuldlos sie befunden.
Sie kommen, zu empfangen einen Spruch
Im Geist, wie es bezeugt hat ihr Gewissen.
Wer ist auf diese Stunde vorbereitet,
Wo alles er verlassen muß, und wer
Ist in der Stunde mit dem Herrn versöhnt?
O Tag des Richters aller Menschenseelen!
O Tag der ewigen Glückseligkeit!
Da kommt die Ruhe in der Ewigkeit
Von Leib und Seele, wo die Liebe lebt
Bei allen vor dem Angesichte Gottes!
Voll Freude sind dort alle, sind sich einig,
In Übersinnlichkeit erfährt man Wonnen!
Die Hoffnung findet dort ihr höchstes Ziel,
Das Gottvertrauen findet seinen Lohn.
Wenn das so ist, was soll dann meine Zunge
Die Fülle noch zu überbieten suchen?
Da ist doch nichts mehr als der Himmelsthron,
In dem Sie thront, in dem vollkommnen Thron.
Sei, Zunge, lieber stumm als abergläubisch!
Wer Gott entweiht, der ist vom Gift erfüllt
Und würde sprechen gegen die Natur.
Gott will geehrt sein in des Kindes Einfalt!
All dies ist angeschaut, bewundert worden
Mit Stille und mit Staunen und mit Ehrfurcht,
Grobsinnlich nicht, nicht lästerlich, nicht blind,
Wie die geschäftig im Geheimnis sind.
Das ist mein Werk, zu rufen diese Seele
Aus ihrem Körper zu der Hochzeitsfeier,
Da ist der angemessne Platz für Sie
Mit andern Edlen alles wahrhaft Guten.
Dort sind Propheten, Heilige, Bekenner,
Die Hierarchieen, Fürstentum und Herrschaft,
Erzengel, Engel, Throne und Gewalten,
Cheruben, Seraphim im Paradies,
Die hocherhaben dort das Lied des Lammes
Als Lobpreis singen, Gott dem Herrn, Ich-bin!
Sie weiß, hervorgekommen aus dem Tod,
Wie Sie sich freut am Geist der Ewigkeit!
Dort hat Sie einen wundervollen Geist,
Befreit vom Stoff, um ihre reine Seele
Die reinste Hülle ganz aus Hauch und Licht!
Sie hält die Siegespalme in der Hand,
Die Krone einer Überwinderin.
Und soll denn ich nun schwarze Kleider tragen
Und traurig sein und sagen: Ich vermisse
Die Freundin und die Frau und die Geliebte,
Da Ihr Erlöser ehrt Sie doch im Himmel
Mit Öl der Seligkeit, mit süßem Lichtglanz,
In hohen Strahlensphären mit dem Lichtkleid?
Ich hoffe ja dereinst dorthin zu kommen
Und schließlich wieder Sie zu finden dort,
Das Herz, das einst ich liebte. Kurze Zeit nur
Trennt mich von ihr, seit Sie gestorben ist,
Verglichen mit der langen Ewigkeit,
Da Gott uns selig wieder wird vereinen!
War Sie denn jemals so erhaben schön
Wie als Sie starb? Ich find Sie wieder dort,
Begehrenswerter noch und schöner noch
Als Sie in ihren Jugendtagen war,
Dann find ich Sie in all der Segensfülle,
Die auf Sie ausgeschüttet ward vom Herrn.
Wir finden uns im Lichte und im Leben
Und in der Liebe bei der Weisheit Gottes!

Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DER GELBE KAISER UND DAS EINFACHE MÄDCHEN
Ein Dialog über altchinesische Sexualwissenschaft

„Der einzige Alchemist, der alles zu Gold macht, ist die LIEBE.“

DER GELBE KAISER


Die Menschen wollen sich lieben, doch sie wissen nicht wie.
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Bei der Lenkung der Menschen und beim Dienst am Vater des Himmels
gibt es nichts Besseres als weise Selbstbeschränkung. Nur durch weise
Selbstbeschränkung kann man frühzeitig die Angelegenheiten richtig
behandeln. Durch frühzeitige richtige Behandlung der Angelegenheiten
sammelt man vermehrt die Kraft des Lebens. Durch diese vermehrte
Sammlung der Kraft des Lebens ist man der Wirklichkeit gewachsen. Ist
man der Wirklichkeit gewachsen, so weiß keiner von unsern Grenzen.
DER GELBE KAISER
Laß uns jetzt die Doppelflügeltür mit dem goldenen Schloss verschließen
und die Lampe entzünden, um das Schlafzimmer zu erleuchten. Du,
Einfaches Mädchen, sollst meine Lehrmeisterin sein. Ich will die
mannigfaltigen Stellungen kennen lernen, die der gewöhnliche Ehemann
gewiss nicht kennt. Kein Genuss soll den Freuden unsrer Liebesnacht
gleichkommen können und nie soll unsre erste Liebesnacht in
Vergessenheit geraten, wie alt wir auch werden.
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Es gab einmal einen jungen, begabten Studenten. Er heiratete ein schönes
Mädchen mit Namen Jadeduft. Ihr einziger Fehler war, dass sie prüde war.
Nur im Dunkeln willigte sie in den Liebesakt ein und sträubte sich gegen
alles, was vom Allernormalsten abwich. Auch bemerkte der Student, dass
Jadeduft während des Aktes nie zum Orgasmus kam. Da schenkte er ihr
ein wertvolles Buch mit erotischen Gemälden. Jadeduft weigerte sich erst,
die Bilder auch nur anzusehen. Doch schließlich begann sie mit dem
Studenten die erotische Kunst zu studieren. Die Gemälde erweckten ihre
Leidenschaft, und so entwickelte sich Jadeduft zu einer leidenschaftlichen
und empfänglichen Frau, die den Namen Jadeduft verdiente.
DER GELBE KAISER
Woran erkennt denn ein Mann, ob seine Frau befriedigt ist?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
An fünf Zeichen kann der Mann dies erkennen. Erstens: Ihr Gesicht ist
gerötet, ihre Ohren sind heiß. Der Gedanke an das Liebesspiel hat von ihr
schon Besitz ergriffen. Der Mann beginne jetzt, mit ihr auf spielerische
Weise zu verkehren. Zweitens: Die Nase der Frau ist mit Schweißperlen
besetzt, ihre Brustknospen werden hart. Die Flammen der Begierde
schlagen höher. Der Jadeschaft des Mannes kann jetzt in die Talmitte der
Frau eindringen. Drittens: Wenn ihre Stimme tiefer wird, dann wird ihr
Verlangen größer. Ihre Augen sind geschlossen, ihre Zunge erscheint auf
den Lippen, man hört sie atmen. Jetzt kann der Jadeschaft des Mannes frei
herein und heraus gehen. Die Vereinigung nähert sich der Ekstase.
Viertens: Der rote Ball ihrer Vulva ist über und über befeuchtet. Das Feuer
ihrer Wollust naht dem Höhepunkt. Jeder Stoß des Mannes lässt die Säfte
der Frau überströmen. Sein Jadeschaft berührt das Tal der
Wassernusszähne. Nun kann er frei zustoßen, rechts oder links, langsam
oder schnell, ganz nach Belieben. Fünftens: Wenn sie mit den Goldenen
Lotosblumenfüßen den Mann umschlingt, hat ihr Feuer der Lust den
Höhepunkt erreicht. Ihre Beine umschlingen seine Hüften. Sie hält sich mit
beiden Händen an seinen Schultern fest. Ihre Zunge ist sichtbar. Jetzt soll
der Mann noch tiefer eindringen, bis ins Tal der tiefen Kammer. Diese
tiefen Stöße werden sie ganz befriedigen in einer Ekstase des ganzen
Körpers und in einem Rausch der Seele.
DER GELBE KAISER
Wie kann der Mann es verhindern, dass er zu schnell sich ergießt?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Der Mann soll die Fähigkeit entwickeln, seine Ejakulation hinauszuzögern,
bis die Geliebte ganz befriedigt ist. Der Mann sollte herausfinden, welche
Häufigkeit von Ejakulationen für ihn optimal ist und sich danach dann
richten. In zehn Vereinigungen sollte der Mann höchsten zweimal oder
dreimal sich ergießen.
DER GELBE KAISER
Man nimmt allgemein an, das der Mann beim Erguss große Lust
empfindet. Aber wenn er nun die Weisheit der Vereinigung lernt und sich
immer seltener ergießt, wird dann nicht auch seine Lust immer geringer?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Nein. Denn nach dem Erguss ist der Mann müde, es summt ihm in den
Ohren, seine Lider werden schwer, er möchte schlafen. Er hat Durst und
seine Glieder sind träge. Der Erguss schafft ihm nur einen kurzen
Augenblick der Lust, aber darauf folgen Zeiten der Mattigkeit. Das ist
nicht die wahre Wollust. Wenn ein Mann aber sein Ergießen reguliert und
auf ein Mindestmaß beschränkt, wird sein Körper stark sein, er wird besser
sehen und besser hören können. Obwohl der Mann sich zeitweilig eine
flüchtige Lust versagt, wird seine Liebe zu der Frau nur größer. Es ist, als
ob er nie genug von ihr bekommen kann! Und ist das nicht die wahre,
immerwährende Wollust und Wonne?
DER GELBE KAISER
Ist es denn nicht wichtig für den Mann, seinen Samen zu ergießen?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Wenn ein Mann seinen Samen sinnlos verschwendet, wird er krank. Wenn
er seinen Samen erschöpft, so wird er des Lebens müde.
DER GELBE KAISER
Ach ich bin erschöpft und müde, traurig und überempfindlich. Was soll ich
nur machen?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Jede Schwäche eines Mannes geht zurück auf die falsche Art zu lieben.
Die Frau in ihrer Natur und Sexualität ist stärker als der Mann, so wie das
Wasser stärker als das Feuer ist. Wer die Ewige Weisheit der Sexualität
versteht ist wie ein Koch, der es versteht, das Gericht entsprechend der
Farbenlehre zu kochen. Wer die Weisheit der Sexualität kennt und das
Männliche und das Weibliche harmonisiert, kann die Freuden der irdischen
Liebe zu einem Abbild der himmlischen Liebe steigern. Wer die Weisheit
der Sexualität nicht erkennt, der wird sterben, ohne die Wonnen der Liebe
genossen zu haben. Ist die Wonne der Liebe nicht das, worauf Eure
Majestät das Augenmerk richten sollte?
DER GELBE KAISER
Erzähle mir mehr von der Harmonie zwischen dem Männlichen und dem
Weiblichen.
DAS EINFACHE MÄDCHEN
In diesem Kosmos ist alles gemischt durch Mischung von männlicher und
weiblicher Energie. Wenn das Männliche in Harmonie mit dem Weiblichen
ist, dann lösen sich die Probleme des Mannes, und wenn das Weibliche in
Harmonie mit dem Männlichen ist, das verschwinden die Hindernisse auf
dem Weg der Frau. Ein Männliches und ein Weibliches sollen einander
allzeit Beistand und Hilfe sein. So wird der Mann sich stark und gefestigt
fühlen. Die Frau wird bereit sein, den Mann zu empfangen. Die beiden
werden spirituell vereint sein und ihre Energien werden sich wechselseitig
ernähren.
DER GELBE KAISER
Woran erkennt denn der Mann, was die Frau wünscht und was sie
befriedigt?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Da gibt es zehn Anzeichen, die der Mann erkennen muss. Erstens: Ihre
Jadehände umfassen seinen Rücken, ihr Becken bewegt sich, sie streckt
die Zunge hervor und leckt den Mann, um ihn zu erregen. Dann weiß er,
dass sie erregt ist. Zweitens: Ihr duftender Leib liegt auf dem Rücken, sie
streckt sich, sie atmet heftig. Sie möchte seine Stöße empfangen. Drittens:
Sie beginnt mit dem Hammer des Mannes zu spielen und ihn in die Hand
zu nehmen und zu reiben. Sie spürt Verlangen nach ihm. Viertens: Ihre
Augen funkeln, sie stößt heisere Laute aus und sagt verspielte Worte. Sie
ist höchst erregt. Fünftens: Sie nimmt die Lotosblumenfüße in die Hände
und spreizt die Beine und öffnet ihre Jadepforte. Sie genießt schon sehr.
Sechstens: Die Zunge huscht über die Lippen als ob die Frau betrunken
sei. Es verlangt sie nach tiefen Stößen, die kraftvoll ausgeführt werden
sollen. Siebtens: Sie streckt die Beine aus und wünscht, den Hammer des
Mannes in sich zu behalten, aber sie weiß nicht genau, wie er jetzt stoßen
soll. Sie murmelt leise vor sich hin. Die Flut der weiblichen Energie
beginnt zu strömen. Achtens: Jetzt hat sie, was sie will. Sie dreht ihr
Becken. Sie schwitzt und lächelt charmant. Sie wünscht, er möge ja nicht
aufhören, sie will noch mehr. Neuntens: Die süße Empfindung ist da. Ihre
Lust wird immer größer. Die Flut der weiblichen Energie überströmt sie.
Sie hält den Mann fest. Noch ist sie nicht vollkommen befriedigt.
Zehntens: Ihr Körper ist heiß und verschwitzt. Ihre Hände und Beine sind
erschlafft. Nun ist sie satt.
DER GELBE KAISER
Ist eine Frau schnell oder langsam zu sättigen?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Der Mann ist vom Ewigmännlichen. Das Ewigmännliche ist schnell erregt
und weicht genau so schnell zurück. Es ist wie eine lodernde Flamme. Die
Frau ist vom Ewigweiblichen. Das Ewigweibliche ist langsam zu erregen
und genauso langsam zu sättigen. Sie ist wie ein stilles Wasser, ein tiefer
See.
DER GELBE KAISER
Wenn der Mann nicht zu schnell kommen soll, damit er die Frau in aller
Ruhe befriedigen kann, dann muss er seine Ejakulation beherrschen. Wie
macht der Mann das?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Dem Anfänger rate ich, nicht zu erregt und nicht übertrieben
leidenschaftlich zu sein. Der Anfänger sollte sich lieber eine Frau wählen,
die nicht allzu attraktiv ist und deren Jadepforte nicht so besonders eng ist,
was Männer nämlich sehr erregend finden. Bei einer Frau mit
mittelmäßiger Schönheit und weiterer Jadepforte lernt er es leichter, sich
selbst zu beherrschen. Wenn die Jadepforte nicht zu eng ist, wird er nicht
den Kopf verlieren und seine Erregung wird sich in menschlichen Grenzen
halten. Er sollte auch lernen, weich einzudringen und hart
herauszukommen. Er sollte die Methode der drei flachen und des einen
tiefen Stoßes lernen. Wenn er aber merkt, dass er erregter wird, soll er
gleich aufhören zu stoßen und den Jadeschaft herausziehen. Er sollte dann
warten, bis er sich wieder beruhigt hat und dann wieder dreimal flach und
einmal tief stoßen. Dann kann er es versuchen mit der Methode fünfmal
flach zu stoßen und einmal tief zu stoßen. Schließlich kann er sogar
neunmal flach stoßen und einmal tief. Beim Erlernen der
Ejakulationsregulierung muss vor allem alle Ungeduld vermieden werden!
DER GELBE KAISER
Gib mir bitte eine noch deutlichere und klarere Vorstellung von dem, was
der Neuling tun soll und warum er es so tun soll.
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Vor allem ist es wichtig, dass man seine Partnerin liebt, denn nur so kann
man wahre Lust erfahren. Aber wenn man die Regulierung der Ejakulation
erlernen will, muß man sich bemühen, ruhiger zu sein und gelassener. Der
Neuling muss sanft und langsam stoßen, um erst eine Serie von Stößen
auszuführen, später zwei oder drei Serien. Dann kann er eine Weile
ausruhen und sich wieder beruhigen. Ein bisschen später darf er dann von
neuem beginnen. Um seine geliebte Partnerin wirklich zu befriedigen, soll
er allezeit liebevoll und zärtlich mit ihr umgehen, damit sie bald zum
Orgasmus kommt. Aber wenn er merkt, dass er gleich die Kontrolle über
sich verlieren wird, dann sollte er seinen Jadeschaft schnell wieder
herausziehen und sich erst einmal beruhigen. Dann kann er später das
Werk von neuem beginnen. Der Neuling sollte die Stöße langsam und sehr
behutsam ausführen. Um sich zu beruhigen, kann er die
Verschlussmethode anwenden.
DER GELBE KAISER
Was ist denn das, die Verschlussmethode. Kannst du mir das auch
erklären?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Die Verschlussmethode ist dasselbe wie wenn man den Gelben Fluß mit
der Hand aufhalten will. Ein leidenschaftlicher Mann wird dreißig Tage
brauchen, die Methode zu lernen. Ein sanftmütiger Mann kann sie
schneller erlernen. Wer diese Methode erlernt, dessen Samenschatz wird
bewahrt. Die Methode ist einfach. Ein Mann kann, während er dreimal
flach und einmal tief stößt, Augen und Mund schließen und tief durch die
Nase atmen, aber sacht, damit er nicht anfängt zu schnaufen. Wenn er
merkt, dass er gleich die Beherrschung verlieren wird, kann er das Becken
heben und seinen Jadeschaft etwas herausziehen und in dieser Stellung
verharren, ohne sich zu bewegen. Er atme durch das Zwerchfell und ziehe
den Unterleib so zusammen als ob er Harndrang unterdrücken möchte. Er
muss dabei daran denken, wie wichtig es ist, den Schatz des Samens zu
bewahren und ihn nicht sinnlos zu verschleudern. Dann wird er mit tiefer
Atmung sich wieder beruhigen. Danach kann er seine Stöße wieder
aufnehmen. Wichtig ist, dass er sich zurückzieht, sobald er merkt, dass er
sehr erregt wird. Wenn er sich erst zurückzieht, wenn er schon überaus
erregt ist, wird er den Samen nicht an seinen Ort zurückführen können,
sondern der Samen wird in die Blase strömen oder in die Nieren und dort
Schmerzen verursachen. Das ist wichtig, dass man die Verschlussmethode
anwendet, wenn man gerade beginnt, erregt zu werden. Besser man zieht
sich zu früh zurück als zu spät! Wenn der Mann diese Methode anwendet,
wird er seinen Erguss beherrschen können und sein Jadeschaft wird nicht
erschlaffen. Der Mann spart so die Energie und wird gelassen sein und frei.
Er sollte den Samen nicht ergießen, bevor er nicht fünftausend Stöße
getan. Wenn er die Verschlussmethode mit der Zwerchfellatmung zu
verbinden versteht, ist seine Ausdauer beim Liebesspiel fast unbegrenzt.
Dann wird es ihm möglich sein, in einer Nacht die geliebte Frau zehnmal
zu befriedigen!
DER GELBE KAISER
Das ist erstrebenswert für Mann und Frau! Ich verstehe, wie wichtig die
Ejakulationsregulierung ist. Wann aber ist sie besonders wichtig?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Im Frühling darf sich der Mann wohl alle drei Tage einen Samenerguss
erlauben. Im Sommer aber nur zweimal im Monat, und das ist schwierig.
Im kalten Winter aber besonders sollte man den Samen sparen und sich
überhaupt nicht ergießen. Wer im Winter die innere männliche Kraft
sammelt, der geht den Weg der Weisheit und trägt den Himmel in sich, er
wird ein kraftvolles und gesundes Leben führen. Ein Samenerguss im
Winter ist hundertmal unverzeihlicher als im Lenz der Liebeslust!
DER GELBE KAISER
Nun sage mir bitte genauer, welchen Gewinn es bringt, oft Liebe zu
machen, ohne sich zu ergießen.
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Wenn ein Mann einmal mit einer Frau Liebe macht, ohne dass er seinen
Samen ergießt, wird ihn das kraftvoll machen. Wenn er zweimal mit der
Frau Liebe macht, ohne seinen Samen zu ergießen, werden seine Augen
besser sehen und seine Ohren besser hören. Beim dritten Mal verschwindet
manche Krankheit. Beim vierten Mal wird er Seelenruhe finden. Beim
fünften Mal wird sein Herz gesund. Beim sechsten Mal wird seine Lende
kraftvoll. Beim siebten Mal wird sein Gesäß und werden seine Schenkel
stramm. Beim achten Mal wird seine Haut sanft wie die Wange eines
Pfirsichs. Beim neunten Mal wird er ein hohes Alter erreichen. Beim
zehnten Mal, wenn er mit seiner Frau zehnmal in einer Nacht Liebe
gemacht hat, ohne seinen Samen zu ergießen, so wird er selig sein wie ein
Unsterblicher.
DER GELBE KAISER
Wenn der Mann es nun gelernt, den Erguss zu beherrschen, dann wird er
lange stoßen können, das sehe ich ein. Aber was muss man wissen über die
Kunst des Stoßens?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Tauche den Jadeschaft ein und bewege ihn vor und zurück und dringe in
die Jadesubstanz der Frau ein wie einer, der eine Muschel öffnet, um die
Perle zu finden. Stoße zur Jadesubstanz der Frau hinab und komme bei der
goldenen Furche der Klitoris wieder heraus wie einer, der Erz anritzt, um
Gold zu bekommen. Stoße dann mit dem Jadeschaft an der Goldader der
Klitoris vorbei wie ein Stößel im Mörser stampft. Bewege deinen
Jadeschaft hinein und hinaus und poche dabei an die linke und die rechte
Wand der Halle der Prüfung, das ist der Vorhof der Scheide, tu es wie ein
Schmied, der Eisen mit seinem Hammer formt. Treibe dann deinen
Jadeschaft mit kurzen und langsamen Stößen in die Scheide hinein wie ein
Bauer, der Pflanzlöcher in den Ackerboden bohrt. Dann prallen der
Jadeschaft des Mannes und die Jadepforte der Frau aufeinander wie die
Schneemassen von zwei Lawinen.
DER GELBE KAISER
Wie viel Stöße braucht es denn, um die Frau zu befriedigen?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Es braucht eintausend liebender Stöße, um die Frau wirklich zu
befriedigen.
DER GELBE KAISER
Beschreibe mir die tausend liebenden Stöße detaillierter.
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Tiefe und flache Stöße, langsame und schnelle Stöße, gerade und schräge
Stöße sind nicht von gleicher Wirkung. Ein langsamer Stoß gleicht der
zuckenden Bewegung eines Karpfens, der mit dem Angelhaken spielt. Ein
schneller Stoß gleicht dem Flügelschlag eines Vogels, der gegen die
Windrichtung fliegt. Eindringen und herausziehen, auf und ab bewegen,
von links nach rechts, mit Pausen und in rascher Folge, all das soll ein
großes Zusammenspiel sein. Alles hat seine Zeit. Halte nicht aus
Bequemlichkeit an einer Methode allein fest.
DER GELBE KAISER
Wie sehen die Stöße im einzelnen aus?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Verteile Streiche rechts und links wie ein Krieger, der durch die
feindlichen Linien bricht. Bäume dich auf wie ein wilder Hengst, der
durch einen Fluß stürmt. Ziehe den Schaft hinaus und stoße wieder hinein
wie Möwen, die auf den Wellen tanzen. Stoße in raschem Wechsel rasch in
die Pforte der Frau hinein wie ein Spatz, der Körner pickt. Stoße
abwechselnd tief und flach wie ein Stein, der im Wasser versinkt. Dringe
langsam ein wie die Schlange, die zum Überwintern in ihr Loch schlüpft.
Stoße rasch zu wie eine ängstliche Maus, die in ihren Schlupfwinkel
flüchtet. Stoße dann zu wie ein Adler, der ein flüchtendes Kaninchen fängt.
Erhebe dich und tauche in die Tiefe wie ein Schiff, das dem Sturm auf dem
Meere trotzt.
DER GELBE KAISER
Das Stoßen habe ich gelernt, aber weihe mich auch ein in die Geheimnisse
der roten Jadekammer. Wie ist die Scheide der Frau?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Der Mann muss die Bedürfnisse seiner Geliebten beachten und doch
seinen Samenschatz bewahren und ihn nicht verschleudern. Er soll ihre
Hände reiben, um sie zu erwärmen. Dann soll er den Jadeschaft umfassen.
Dann kann er die Methode des flachen Ziehens und tiefen Stoßens
anwenden. Je länger er stoßen kann, um so mehr werden es beide
genießen. Der Stoß darf weder zu langsam noch zu schnell sein. Er darf
nicht zu tief stoßen, er muss sich zurückhalten, um seine Geliebte nicht zu
verletzen. Versuche er es mit einigen Stößen bis zur Lautenseide der
Scheide, dann mit einigen kraftvollen Stößen bis zu den Wassernuss-
Zähnen der Scheide. Wenn die Geliebte den Höhepunkt der Wollust
erreicht, wird sie ihre Zähne zusammenbeißen, sich auf die Lippen beißen.
Sie schwitzt mächtig, ihr Atem fliegt. Ihre Augen sind geschlossen, ihre
Wangen glühen. Ihre Scheide öffnet sich weit und der Tau der Lust fließt
in Strömen. Dann weiß der Mann, dass die Geliebte die Liebe genießt.
DER GELBE KAISER
Du sprachest von der Lautensaite und den Wassernuss-Zähnen der Frau.
Wie wird denn die Scheide der Frau mit ihren einzelnen Gebieten getauft?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Eure Majestät soll wissen, dass die Tiefe der Scheide acht Namen hat. So
heißen die acht Täler der Scheide: Die Lautensaite liegt zwei Zentimeter
tief, die Wassernuss-Zähne liegen fünf Zentimeter tief, der kleine Bach
liegt sieben Zentimeter tief, die schwarze Perle liegt zehn Zentimeter tief,
die Talmitte liegt zwölf Zentimeter tief, die tiefe Kammer liegt fünfzehn
Zentimeter tief, die innere Tür liegt siebzehn Zentimeter tief, der Pol liegt
zwanzig Zentimeter tief.
DER GELBE FÜRST
Du sprachest, wie ich mich erinnere, von der Methode, neunmal flach und
einmal tief zu stoßen. Das scheint mir lernenswert zu sein. Was kannst du
mir darüber sagen?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Es bedeutet, das man neunmal flach und einmal tief stößt. Jeder Stoß des
Mannes sollte mit der Atmung des Mannes übereinstimmen. Die Tiefe
zwischen der Lautensaite der Scheide und dem Kleinen Bach der Scheide
gilt als flach, dahin dringen neun flache Stöße. Von der schwarzen Perle
der Scheide bis zur Talmitte der Scheide ist es tief. Dahin dringt der eine
tiefe Stoß. Wenn der Mann zu flach stößt, empfinden der Mann und seine
Geliebte nicht die höchste Wollust. Wenn er aber zu tief stößt, so verletzt
er die Frau.
DER GELBE KAISER
Und das wiederholt der Mann so oft, bis er nach eintausend Stößen die
Geliebte vollkommen befriedigt hat?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Die Dame Pflaumenblüte sagte einmal zu ihrem Freund: Du unterschätzt
meine Widerstandskraft. Da musst du dich schon eintausendmal, nein,
zweitausend Mal in mir hin und her bewegen, ehe du mich schwach
machst!
DER GELBE KAISER
Dazu darf der Mann natürlich nicht anders lieben als mit
Selbstbeherrschung und Regulierung der Ejakulation, sonst wird er die
Geliebte nicht befriedigen können. Aber darf der Mann denn seinen Samen
gar nicht ergießen?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Ein Mann kann auch lange und bei guter Gesundheit leben, wenn er sich
zweimal im Monat ergießt oder vierundzwanzigmal im Jahr. Wenn er
gleichzeitig auf gute Ernährung achtet und sich bewegt, kann er ein hohes
Alter erreichen. Ein zwanzigjähriger Mann kann alle vier Tage einen
Erguss haben. Ein dreißigjähriger Mann kann alle acht Tage einen Erguss
haben. Ein vierzigjähriger Mann kann alle zehn Tage einen Erguss haben.
Ein fünfzigjähriger Mann kann alle zwanzig Tage einen Erguss haben. Ein
sechzigjähriger Mann aber sollte sich nicht mehr ergießen. Wenn er jedoch
außergewöhnlich kraftvoll ist, kann er sich einmal im Monat ergießen.
Wenn ein Mann ungewöhnlich kraftvoll ist, kann zuviel Unterdrückung
des Ergießens schädlich sein. Er wird dann Hautkrankheiten bekommen,
wenn er sich allzu lange nicht ergießt.
DER GELBE KAISER
Gilt diese Regel für alle Männer oder gibt es Ausnahmen von der Regel?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Wenn der Mann und seine Geliebte so vergeistigt wie die Himmlischen
sind, so können sie so gelassen Liebe machen, ohne dass der Same sich
verströmt, sie können sich vereinigen ohne Samenerguss des Mannes. Der
Mann und seine Geliebte sollen sich dabei so verhalten, als ob jeder
einzelne von ihnen einen roten Ball von der Größe eines Hühnereis an
seinem Nabel hätte. Er kann dann ganz sanft stoßen. Aber wenn sie spüren,
dass sie erregt werden, zieht er sich wieder zurück. In vierundzwanzig
Stunden kann dieser Mann mit seiner Geliebten diese Art der Vereinigung
Dutzende Male betreiben. Wenn sie sich lieben auf diese Art und Weise,
werden sie zusammen ein hohes Alter erreichen.
DER GELBE KAISER
Wenn ein Mann noch nicht das sechzigste Lebensjahr erreicht hat und
dennoch daran denkt, allein zu leben, ohne in Harmonie mit dem andern
Geschlecht zu sein, ist das ratsam?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Ein Mann kann nicht lange ohne Frau sein. Die Frau kann ohne den Mann
nicht selig werden. Ohne Frau wird sich der Mann immer nach einem
weiblichen Wesen sehnen. Diese Sehnsucht wird seinen Geist ermüden.
Wenn sein Geist ermüdet, wird er nicht lange leben. Verlangt es ihn aber
wirklich nicht nach einer Ehefrau, dann ist das sehr gut! Er kann in Ruhe
ein hohes Alter erreichen. Aber solche Menschen sind seltene
Ausnahmeerscheinungen! Unterdrückt man sein Bedürfnis, den Samen zu
ergießen, ist es schwierig, den Samen in sich zu behalten. Meistens wird
der Samen dann im Schlaf ergossen, wenn wollüstige Traumfrauen seine
Seele erregen. Es kann auch sein, dass der Mann seelisch krank wird und
sich mit Dämoninnen paart. Wenn er durch eine Geisterfüchsin seinen
Samen verliert, ist das tausendmal schlimmer, als wenn er ihn auf
natürliche Weise verschwendet hätte.
DER GELBE KAISER
Wenn sich aber der Mann mit der Frau vereinigt, welches sind die Arten
und Weisen der Vereinigung?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Die erste Art nennt man die enge Vereinigung. Die zweite Art nennt man
das Einhorn im Schoß der Jungfrau. Die dritte Art nennt man die intime
Verbindung von Mann und Frau. Die vierte Art nennt man den Fisch, der
sich sonnt.
DER GELBE KAISER
Beschreibe mir die ganze Kunst des Aktes der Vereinigung!
DAS EINFACHE MÄDCHEN:
Die Seidenraupe spinnt einen Kokon. Die Frau ergreift mit den Händen
den Nacken des Mannes und schlingt ihre Beine um den Rücken des
Mannes. Der Drache windet sich. Der Mann drückt mit der linken Hand
die Füße der Frau über ihre Brusthöhe hinaus. Mit der rechten Hand hilft
er seinem Jadeschaft, in die Jadepforte der Geliebten zu gelangen. Zwei
Fische treiben Seite an Seite. Mann und Frau ruhen Angesicht zu
Angesicht und küssen sich tief. Der Mann hält mit den Händen die Füße
der Frau. Liebenden Schwalben fliegen. Die Mann liegt auf dem Bauch
der Frau. Er umarmt ihren Hals und sie umarmt seine Hüften. Vereinte
Eisvögel leben zusammen. Die Frau liegt auf dem Rücken und macht ihre
Beine locker. Der Mann kniet vor ihr und umfasst ihre Hüfte. Mandarin-
Enten verschlingen sich. Die Frau liegt auf der Seite und beugt ihre Beine
so, dass der Mann von hinten in sie eindringen kann. Schmetterlinge
flattern. Mit der rechten Hand hilft der Mann seinem Jadeschaft, in die
Pforte der Geliebten zu kommen. Ein Entenpaar fliegt. Der Mann liegt auf
dem Rücken. Die Frau sitzt so auf ihm, dass sie seine Füße sehen kann.
Die Zwergkiefer steht aufrecht. Die Frau umschlingt den Mann mit ihren
Beinen. Beide umfassen mit den Händen die Hüften des Liebespartners.
Der Bambus wächst nahe dem Altar. Mann und Frau stehen und wenden
einander die Angesichter zu, umarmen und küssen sich. Der Tanz des
Doppelphönix ist feurig. Die Frau umarmt den Nacken des Mannes und
umschlingt mit ihren Beinen seinen Rücken. Die Phönixmutter trägt ihren
Kleinen. Diese Art ist geeignet, wenn die Frau üppig ist und schwach der
Mann. Die Seemöwen schweben. Der Mann steht am Rand des Bettes der
Geliebten und hält die Beine der Geliebten so, dass er in sie eindringen
kann. Wildpferde springen. Die Beine der Geliebten liegen auf den
Schultern des Mannes. Er kann tief in sie eindringen. Das Ross galoppiert.
Die Frau liegt auf dem Rücken und der Mann hockt auf ihr. Seine linke
Hand streichelt ihren Hals und seine rechte Hand liebkost die Füße.
Pferdehufe klappern. Die Frau liegt auf dem Rücken. Er legt sich einen
ihrer Füße auf seine Schulter, während der andere Fuß lose baumelt. Der
weiße Tiger fliegt. Die Frau kniet und legt ihr Gesicht auf das Bett. Er
kniet hinter ihr und umfasst mit beiden Händen ihre Hüften. Die dunkle
Zikade sitzt auf dem Ast. Sie liegt auf dem Bauch und spreizt die Beine. Er
hält ihre Schultern und dringt von hinten in sie ein. Die Ziege steht vor
dem Baum. Der Mann sitzt auf dem Stuhl, die Frau sitzt auf seinem Schoß,
sie kehrt ihm den Rücken zu, er umfängt ihre Hüften. Das Geflügel flattert.
Die Frau umschlingt den Nacken des Mannes mit den Händen und den
Rücken des Mannes mit ihren Beinen. Der Phönix spielt in der roten
Höhle. Die Frau liegt auf dem Rücken und hebt mit den Händen ihre Füße
hoch in die Luft. Der Riesenvogel treibt auf dem dunklen Meer. Der Mann
hebt die Beine der Frau mit seinen Händen. Der Affe umfängt den Baum.
Der Mann sitzt auf einem Stuhl. Die Frau reitet auf seinem Schoß, beide
sehen sich an von Angesicht zu Angesicht. Sie umarmt ihn mit den Armen.
Er drückt mit seiner Hand ihren Hintern. Katze und Maus sind in einem
Loch. Der Mann liegt auf dem Rücken mit völlig entspannten Beinen. Die
Frau liegt auf ihm. Sein Jadeschaft dringt in sie ein. Die Eselin brüllt im
Frühling. Mit den Füßen auf der Erde, neigt sie sich vor und stützt sich mit
gestreckten Armen und Händen auf dem Boden auf. Er steht hinter ihr und
umarmt ihre Hüften. Der Hund bellt im Herbst. Mann und Frau stehen
aufrecht, Rücken an Rücken, beugen sich dann soweit vor, dass sie sich
mit den Händen auf die Erde stützen können. Der Mann führt mit der Hand
den Jadeschaft in ihre Jadepforte ein.
DER GELBE KAISER
Das alles ist sehr schön. Doch auch das Küssen ist eine Kunst. Wie küssen
sich Mann und Frau in der Liebe?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Das Küssen nennt man die Trankspende der drei Hügel. Es stiftet die
Harmonie zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit. Der höchste Hügel ist
der rote Lotoshügel, das sind die Lippen. Das Nass des roten Lotoshügels
wird Jadequelle genannt. Die Jadequelle entspringt aus zwei kleinen
Öffnungen unter der Zunge der Frau. Leckt der Mann daran, so schießt das
Nass hervor. Es ist ein reines Nass und eine große Wohltat für den Mann.
Der zweite Hügel ist der Zwillingshügel, das sind die Brüste der Geliebten.
Das Nass des Zwillingshügel heißt weißer Schnee und entspringt den
Brustknospen der Geliebten. Der weiße Schnee ist weiß und schmeckt süß.
Diesen weißen Schnee zu trinken ist für den Mann eine höchste Wohltat.
Aber auch die Frau wird gesegnet durch das Trinken von weißem Schnee,
es wird ihre Periode gut sein. Der weiße Schnee regt die
Flüssigkeitsbildung in dem blumenreichen Weiher ihres Mundes und in der
dunklen Pforte ihrer Scheide an. Von den drei Trankspenden ist die
Trankspende von weißem Schnee die köstlichste. Wenn die Frau noch
Jungfrau ist und ihre Brüste sind noch nicht prall geschwollen von Milch,
dann ist die Spende ihrer Brüste eine besonders liebliche Gabe. Der dritte
Hügel ist der purpurne Pilzhügel, die Höhle des weißen Tigers auch
genannt und auch die dunkle Pforte, der Schamhügel der Geliebten. Das
Nass der dunklen Pforte heißt Blume des Mondes und ist in dem Palast der
Weiblichkeit, dem Schoße, wohlbewahrt. Diese Flüssigkeit macht die
Scheide glitschig. Das Tor zum Palast der Weiblichkeit ist meistens
geschlossen, es öffnet sich nur, wenn die Frau von Verlangen ergriffen
wird, dass ihre Wangen glühen und ihre Stimme tiefer wird. In diesem Fall
strömt das Naß der Mondblume aus der dunklen Pforte. In diesem
Augenblick soll der Mann seinen Jadeschaft herausziehen und von ihrem
Schamhügel trinken oder aber weiterstoßen und dabei von ihren Brüsten
trinken. Dies sind also die Trankspenden der drei Hügel. Wer die Ewige
Weisheit der Liebe erkannt, der wird nicht verzehrt von Begierde. Das
Liebespaar erlebt die schönste Lust, sie scheinen fast vor Wollust zu
schmelzen. Aber das ist keine gemeine fleischliche Liebe, und darum ist
sie so erquickend!
DER GELBE KAISER
Mir läuft das Wasser im Munde zusammen. Wir kann der Mann die Frau
nun vollends befriedigen?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Wenn es die Frau nach dem Mann verlangt, dann verändert sich ihre Art zu
atmen. Wenn die Frau will, dass der Mann in sie eindringt, dann beben ihre
Nasenflügel und ihre Lippen öffnen sich. Wenn sie die Flut der weiblichen
Liebeswasser herbeiwünscht, dann bebt sie und klammert sich an den
Mann. Wenn es die Frau nach vollkommner Befriedigung verlangt, dann
schwitzig sie heftig. Wenn die Geliebte dann befriedigt ist, dann liegt sie
da, lang ausgestreckt, die Augen sind geschlossen wie in einem Traum.
DER GELBE KAISER
Was kann der Mann tun, um die Geliebte zu befriedigen?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Die Frau hält den Mann mit ihren Armen fest. Sie verlangt nach
Körperkontakt. Sie hebt die Beine, denn sie wünscht die Reibung an der
Klitoris. Sie wölbt den Bauch vor, denn sie verlangt flache Stöße. Ihre
Schenkel bewegen sich, denn sie genießt den Liebesakt jetzt sehr. Sie zieht
den Mann mit ihren Füßen an sich, denn sie verlangt nach tieferen Stößen.
Sie schlingt die Beine um seinen Rücken, denn sie verlangt nach noch
mehr Lust. Sie wendet sich von einer Seite auf die andere, denn sie
verlangt nach Stößen rechts und links. Dann bäumt sie sich auf und presst
ihn an sich, denn sie genießt ihn extraordinär. Dann entspannt sie sich,
weil ihr Leib befriedigt ist. Jetzt ist die Jadepforte nass. Die weiblichen
Liebeswasser sind gekommen. Der Mann kann sehen, dass er die Frau
beglückt hat.
DER GELBE KAISER
Was sind die Zeichen dafür, dass die Geliebte extraordinär erregt ist?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Sie stöhnt, die Stimme bebt ganz plötzlich wie von selbst. Sie schließt die
Augen wie im Traum, ihre Nasenflügel zittern, sie kann nicht mehr reden.
Sie starrt den Mann mit großen Augen an. Ihre Wangen röten sich, ihre
Zungenspitze wird kühl. Die Hände sind heiß, der Unterleib ist warm. Sie
lallt und stammelt nur noch. Sie ist verzaubert, ihr Leib ist weich wie
Pudding. Ihr Mund ist trocken. Sie presst den Leib an den Körper des
Mannes. Ihre Jadepforte pulsiert, das Nass der Wollust flutet.
DER GELBE KAISER
Was ist die höchste Kunst?
DAS EINFACHE MÄDCHEN
Die höchste Art der Liebe ist es, wenn die Frau vollkommen befriedigt ist
und der Mann noch immer Lust hat.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

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Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
NOTRE DAME DE PARIS

Von Josef Maria Mayer

ERSTER SPAZIERGANG

Karine zeigte mir Paris. Wir waren auf der Isle de la Cité. Die zwischen
zwei Armen der Seine gelegene Isle de la Cité ist die Wiege der
Hauptstadt. Frankreich ist ein auf der Seine dahingleitendes Schiff. Karine
ist die aus der Seine aufgetauchte Vénus.
Die Römer nannten diesen Ort Lutetia Parisiorum.
Karine zeigte mir die Mutter-Kirche Notre Dame. Sie zeigte mir das Hotel
de Dieu, das bereits im siebenten Jahrhundert als Frauenkloster bekannt
war. Die Kathedrale Notre Dame steht auf der Ostseite des Place du Parvis.
Franz von Sales hielt hier im Jahre 1602 eine Trauerrede...
Notre Dame de Paris war für Paul Claudel Asyl, Lehrstuhl, Heim, Ärztin
und Ernährerin. Der Dichter war am 25. Dezember 1886 Christus hier
begegnet. Die Knaben in weißen Gewändern sangen gerade das
Magnifikat, den Lobgesang Mariens. Er stand unter der Menge, nahe beim
zweiten Pfeiler beim Chor-Ausgang, rechts auf der Seite der Sakristei. Da
nun vollzog sich das Ereignis, das sein ganzes Leben veränderte: In Einem
Augenblick wurde sein Herz ergriffen und – er glaubte an Christus.
Bei der Trauerfeier der Beerdigung Claudels hörte man in Notre Dame
diese Worte: In dem kalten Gotteshaus zittern die Mitglieder der Akademie
vor Kälte, aber was sie sehen, ist so schön, so schön, dass sie darüber die
Kälte vergessen. Ihnen gegenüber lässt eine Rosette ein übernatürliches
Licht einfallen. Ein Mitglied der Akademie spricht mit leiser Stimme: Sieh
dort oben die Menschen auf der Empore! Wie klein sie wirken vor den
Maßen dieser Kathedrale! Man meint, Quasimodo zu schauen!
Der Parvis-Notre-Dame, der weite Platz vor der Kathedrale, ist das Herz
der Isle de la Cité und zugleich das Herz Frankreichs.
Karine führte mich zur Kneipe Pomme de pin (Tannenzapfen), wo
Francois Villon verkehrte. Auch Boileau, Molière und Racine waren dort
zu treffen.
Dann zeigte Karine mir in der Rue Chanoinesse am Ufer der Seine das
Haus des Kanonikers, der den weisen Abälard entmannen ließ, weil er die
schöne Nichte des Kanonikers, Héloise, liebte. In der Rue des Ursins
finden sich noch Reste der Saint-Aignan-Kapelle, in der Abälard und
Héloise beteten. Hier hat auch der heilige Bernhard von Clairvaux
gepredigt.

ZWEITER SPAZIERGANG

Die Cité, der Kern von Paris, erweiterte sich zuerst an den Ufern der Seine.
Da entstanden Viertel auf dem linken und dem rechten Ufer. Die Quais des
linken Ufers zeigen noch heute eine charakteristische Atmosphäre,
nämlich die des geistigen Lebens.
Karine führte mich in die Rue Mazarine. Dort wohnte die Schauspielerin
Marie Desmares. Sie war in Rouen geboren im Jahre 1642 und wurde
unter dem Namen ihres Gatten Champmeslé bekannt. Sie spielte im
Ensemble des Théatre du Marais, das Corneilles Cid uraufführte. Racine,
ihr in Liebe verbunden, überließ ihr die Hauptrollen in seinen Tragödien
und sprach die Rollen selbst mit ihr durch.
Dann gingen wir zur Rue du Seine. Frank Wedekind kam im September
1893 zum drittenmal nach Paris und nahm Wohnung in dem kleinen Hotel
Mont-Blanc. Hier schrieb er seine Lulu und nahm seine freundschaftlichen
Beziehungen zu Emma Herwegh wieder auf.
Nun gingen wir zur Rue des Beaux-Arts. Hier fanden wir die
Geschäftsräume der Revue des Deux Mondes. In einem Salon trafen sich
die Vertreter der romantischen Schule. Hier fand am Fest Heilige Drei
Könige im Jahre 1834 das Königsessen statt. Victor Hugo, Heinrich Heine,
Mérimée und die Tragödin Rachel nahmen daran teil. Bohnenkönig würde,
wer eine Bohne in seinem Stück Kuchen fand. Heinrich Heine gewann das
Spiel und erwählte Rachel als seine Bohnenkönigin.
Nun kamen wir in die Rue de Beaune. Wir stiegen zu Théophile Gautier
hinauf, der von Neuilly in den fünften Stock einer Arbeiterwohnung in der
Rue de Beaune in Paris geflüchtet war. Die Dachstube, in der sich Theo
aufhielt, und die er, klein und niedrig wie sie war, mit dem Rauch seiner
ewigen Zigarette ausfüllte, enthielt ein eisernes Bett, einen alten Lehnstuhl
aus Eichenholz, einen Strohsessel. Hier fanden wir Theo in einer roten
venezianischen Kappe, einem ehemals für den täglichen Gebrauch in
Saint-Gratier bestimmten Samtrock, der aber jetzt so fettig und fleckig
war, dass er die Jacke eines neapolitanischen Kochs gewesen zu sein
schien. Und der üppige Meister der Schrift und des Wortes machte den
Eindruck eines in Not geratenen Dogen.
Auf dem Place du Chatelet fanden wir in den Armenvierteln zwischen den
Hallen und der Seine den verkommenen, geistig umnachteten Dichter
Gérard de Nerval am Morgen des 26. Januars 1855 am Gitter eines
Klosettfensters einer Erdgeschosswohnung erhängt auf. Der
Soufleurkasten des Theaters befand sich genau an der Stelle, an der Nerval
in der eiskalten Winternacht Selbstmord begangen hatte. Nerval berichtete
selbst von seiner Verzweiflung und seinen Visionen: Ich richtete meine
Schritte, ohne gegessen zu haben, nach Montmartre. Der Friedhof war
geschlossen, das war eine üble Vorbedeutung. Als ich um das Clichy-Tor
bog, wurde ich Zeuge eines bösen Streits. Von diesem Augenblick irrte ich
als Beute der Verzweiflung in dem unbegrenzten Gelände umher, das die
Vorstadt von dem Clichy-Tor trennt. Ich ging kreuz und quer durch die
Straßen nach dem Zentrum von Paris zurück. In der Rue de la Victoire
begegnete ich einem katholischen Priester. In der Verzweiflung, in der ich
mich befand, wollte ich bei ihm beichten. Er aber hatte keine Zeit...
Verzweifelnd und weinend lenkte ich meine Schritte nach der Kirche
Notre-Dame-de-Lorette. Ich erhob mich vom Gebet und ging hinaus und
schlug die Richtung nach den Champs-Elysées ein. Als ich bei der Place
de la Concorde angekommen war, hatte ich den tiefen Wunsch, mich zu
vernichten. Verschiedene Male ging ich zur Seine, um mich zu ertränken,
aber etwas hinderte mich, meinen Entschluss auszuführen.
Wir verließen Nerval, für seine Arme Seele betend, und kamen zum Cour
Carrée du Louvre. An der Stelle des Pavillon de l’Horloge stand der
sogenannte Bibliotheksturm, in dem Karl der Fünfte seine Sammlung von
fast tausend Manuskripten bewahrte. Zu der Sammlung gehörten Schriften
von Aristoteles und Seneca, der Kirchenväter, der Roman de Renart, der
Rosenroman und der Bericht Marco Polos über seine Reise nach China.
Weiter gingen wir zum Cour du Carrousel. In der Rue Saint-Thomas-du-
Louvre wohnte Madame de Blacy, die Schwester der hochgebildeten
Sophie Volland. In ihrem Haus fand 1755 die erste Begegnung Diderots
mit Sophie statt. Zwanzig Jahre lang würde die Liebe die beiden
verbinden. Eine Liebe, wie Diderot sagte, wie ich sie noch nie empfunden
hatte. Sie wurde die Empfängerin seiner berühmten Briefe an Sophie.

DRITTER SPAZIERGANG
Karine ging mit mir in die Rue du Président-Wilson, die früher Rue du
Trocadéro hieß. Dort wohnte Laure Hayman, Tochter eines englischen
Malers und Geliebte reicher Männer. Mit ihr pflegte Marcel Proust
auszugehen, er schickte ihr Rosen und überhäufte sie mit Briefen. Sie
nannte ihn „meinen kleinen Marcelino“ oder „meinen Psychologen von
Porzellan“. Wesenszüge der Laure finden sich in der Odette de Crécy in
dem Roman auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Einem andern Autor
diente sie zum Vorbild seiner Heldin eines Romans. Laure verehrte diesen
Roman dem kleinen Marcel. Sie hatte das Buch in die geblümte Seide
eines ihrer Röcke einbinden lassen.
In der Rue Hamelin wohnte Proust. Proust ließ nie Staub wischen in seiner
Wohnung. Die Flusen lagen wie Chinchilla auf den Möbeln. Beim Eintritt
wurden wir von der Haushälterin gefragt, ob wir Blumen mitbrächten, ob
wir uns parfümiert hätten. Wir fanden Proust meistens im Bett, aber
angezogen, er trug gelbe Handschuhe, weil er seine Nägel nicht abkauen
wollte. Er gab viel Geld aus, damit die Handwerker im Hause ihn nicht
störten. Nie durfte ein Fenster geöffnet werden. Der Nachttisch war mit
Medikamenten bedeckt.
In der Rue Franklin besuchten wir einen Grafen. Er wohnte im
Erdgeschoss, es hatte hohe Fenster, deren kleine Scheiben im Stil des
siebzehnten Jahrhunderts dem Haus ein altertümliches Gepräge verliehen.
Die Wohnung war angefüllt mit einem wirren Durcheinander nicht
zusammenpassender Dinge, alter Familienbilder, Empiremöbel,
japanischer Kimonos, Radierungen. Ein eigenartiger Raum war das
Toilettenzimmer mit einer in eine Badewanne umgewandelten persischen
Schale, daneben ein riesiger orientalischer Wasserkessel aus gehämmertem
Kupfer, das Ganze durch Vorhänge aus farbigen Glasstäbchen
abgeschlossen. Es war ein Raum, in dem die Hortensienblume in
Gedenken an die Königin Hortensie aus jedwedem Material und malerisch
und zeichnerisch zu finden war. Mitten in diesem Toilettenzimmer war ein
Glasschränkchen, aus dem zarte Schattierungen von hundert Krawatten
hervorleuchteten.
In der Rue Vineuse lebte die Witwe Hélène Grandjean, die Heldin des
Romans „Une page d’amour“ von Emile Zola. Sie unternahm die lange
Reise von Montpellier nach Paris, um das Grab ihrer Tochter Jeanne auf
dem Friedhof von Passy noch einmal zu besuchen. Sie beschrieb das
Panorama: Die Ulmen am Quai d’Orsay, die sich in Entfernung weit
kleiner ausnahmen, als sie in Wahrheit waren, reihten sich wie lauter
Blumen aus Kristall hintereinander und ihre Spitzen stachen wie Nadeln in
die Luft. Mitten in dem reglosen Meer aus Eis wälzte die Seine ihre
erdgrauen Fluten zwischen den Uferböschungen wie zwischen weißen
Hermelinpelzen einher. Der Fluss führte seit dem Vortag Treibeis, und von
den Pfeilern des Pont des Invalides war deutlich das Aufbrechen der
Eisschollen zu hören, wenn sie sich unter die Brückenbogen zwangen.
Hinter dem Pont des Invalides staffelten die andern Brücken ihr lichtes
Filigran, dessen Maßwerk immer zarter wurde, bis an das glitzernde Gefels
der Cité, über dem die Türme von Notre Dame ihre verschneiten Zinnen
emporreckten. Zur Linken durchbrachen andere Gipfel das Gleichmaß der
Stadtviertel. Die Kirche Saint-Augustin, die Oper, der Tour Saint-Jacques
erhoben sich über die Niederung wie Berghäupter, die ewiger Schnee
krönt. Weiter vorn im Blickfeld formierten die Pavillons der Tuillerien und
des Louvre, durch die Trakte miteinander verbunden, den Doppelgrat einer
jungfräulichen, von Schnee bedeckten Bergkette. Zur Rechten gesellten
sich ihnen die weißen Firste des Hotels des Invalides und der Türme von
Saint-Sulpice, des Panthéon, es projizierte das Panthéon ein mit
bläulichem Marmor umkleidetes Traumschloss gegen den azurenen
Himmel.
In der Rue Vineuse wohnte einst Béranger bei seiner alten Freundin Judith
Frères, deren Garten er mit besonderer Freude bestellte. Ein paar Schritte
und wir pochten an die Tür einer Parterrewohnung. Mehrere Stimmen
riefen herein, wir standen in einem freundlichen kleinen Zimmer, durch
dessen offenes Fenster Weinlaub hereindrängte. Das Fenster ließ auf einen
Garten blicken. Da saß ein freundlicher alter Mann, eine Samtmütze auf
dem Kopf, und ihm gegenüber eine alte Dame, sie hatten eine Flasche
Wein und ein köstliches Frühstück vor sich. Ein Jüngling las dem alten
Mann die Zeitung vor. Da hatten wir denn alles beieinander: Der alte
Mann war Béranger und die alte Dame Judith Frères.
In der Rue Berton richtete Doktor Esprit Blanche seine psychiatrische
Klinik ein, die sein Sohn nach seinem Tode weiterführte. Gérard de Nerval
war hier 1851 zum ersten Mal interniert. Seine immer häufiger
auftretenden Zustände von Wahnsinn machten zwei weitere Aufenthalte in
den folgenden Jahren nötig.
Guy de Montpassant wurde 1892 nach einem Selbstmordversuch in die
Klinik gebracht, wo er als Nummer 15 im Jahre 1893 an Paralyse starb.
Seine Beerdigung fand auf dem Friedhof Montparnasse statt, wo Emile
Zola ihm die Grabwache hielt. In der Klinik hatte der kranke Schriftsteller
versucht, mit dem Finger Löcher in die Gartenerde zu bohren und seinen
Arzt zu überzeugen, dass im nächsten Jahr Kinder aus dem Boden sprießen
würden.
Wir kamen auf die Avenue de Versailles. An der Straße nach Versailles, am
Point-du-Jour, neben einem Wirtshaus mit dem Schild „Zum neuen
gelehrten Papagei“ ist eine Mauer, deren vorgeschobene, alte, rostige
Gittertüren aussehen, als würden sie nie geöffnet. Über die Mauern ragen
das Dach eines Hauses und die Gipfel von Kastanienbäumen, in deren
Mitte sich ein kleiner, viereckiger Bau erhebt, ein Eiskeller, darauf eine
ganz abgeblätterte Statue: Die Fröstelnde. In dieser verwitterten Mauer
war eine Tür und an dieser eine Klingel mit beschädigtem Glockenzug,
deren dünnes Geläute das kräftige Bellen von Bernhardinerhunden
hervorruft. Es dauerte lange, bis geöffnet wurde.
Auf der Pont Mirabeau gingen Karine und ich. Auteuil ist mit dem linken
Seine-Ufer durch den Pont Mirabeau verbunden, dem Apollinaire 1913
nach seiner Trennung von Marie Laurencin diesen Vers gewidmet hat:
Unter dem Pont Mirabeau fließt die Seine und mit ihr fließen unsere
Geliebten davon.
Wir kamen in die Rue La Fontaine. Apollinaire zog 1911 hier bei Freunden
ein. Er wollte so seiner Geliebten Marie Laurencin nahe sein. Sie war eine
Malerin, die er 1907 bei einem Kunsthändler kennen gelernt hatte. Sie
wohnte auch in der Rue La Fontaine. Im Herbst 1912 trennte sich Marie
von ihm. Apollinaire wollte nicht länger in der Gegend bleiben, in der er
glücklich gewesen war, und zog an den Boulevard Saint-Germain. Aus
seinem Schmerz entstand sein Gedicht Pont Mirabeau: Nicht ohne
Bitterkeit verließ ich dich, o fernes Auteuil, o liebliches Viertel meiner
großen Traurigkeit!
Auf dem Place d’Auteuil sahen wir das alte Gotteshaus Notre-Dame-
d’Auteuil. Rechts von der Kirche stand das alte Pfarrhaus, in dem Abbé
Layseau wohnte, der beim König die Erlaubnis erwirkt hatte, dass Molière
ein christliches Begräbnis erhielt, und der der Tragödin Champmeslé, der
Geliebten Racines, bei ihrem Tode 1698 geistlich beistand.
So gingen wir auf der Rue d’Auteuil. Die Tragödin Champmeslé starb
1698 in einem Haus in der Rue d’Auteuil, nicht weit von der Kirche.
Racine war ihr eng verbunden. Sein Sohn sagte: Ich muß der Champmeslé
Abbitte leisten, die sehr anständig aus dem Leben ging. Sie verzichtete auf
das Theater und bereute ihr Leben sehr. Boileau hat mir alles erzählt, er
weiß es vom Pfarrer von Auteuil, der ihr bei ihrem Tode den letzten
Beistand leistete. Sie starb in Auteuil, wo sie in frischer Luft sein wollte.
VIERTER SPAZIERGANG

Karine ging mit mir den Weg vom Bois du Bologne zu den Champs-
Elysée. An dem Square Tolstoi zeigte sie mir das Denkmal Leo Tolstois.
Tolstoi war am 10. November 1910 in Krasny Rog in Russland verstorben.
Seine Bildungsreisen führten ihn auch 1860 nach Paris.
Auf der Avenue Victor-Hugo befand sich die letzte Wohnung Victor
Hugos. Hier überraschte ihn auch die Nachricht vom Tode Juliette
Drouets, die ihn ein halbes Jahrhundert lang mit bewegender
Selbstlosigkeit geliebt hatte. Sie starb im Alter von 77 Jahren. Er hatte zu
der Zeit neben Juliette noch eine jugendliche Geliebte.
Auf dem Boulevard Lannes zeigte Karine mir die Villa Les Talus. Sie
gehörte Méry Laurent. Sie war eine Frau von zweifelhaftem Ruf. Sie war
die Geliebte des Dichters Mallarmé und Geliebte und Modell eines Malers.
Auf der Rue Balzac zeigte Karine mir das Haus, das Honoré de Balzac im
September 1846 für Eveline erwarb. Er war damals schon fast erblindet. In
einem Brief an Victor Hugo schrieb Balzac: Ich bewohne jetzt das Haus
des Herrn von Beaujon, allerdings ohne dessen Garten, aber mit dem
Oratorium für die kleine Kirche an der Straßenecke. Von meiner Treppe
führt eine Tür direkt zur Kirche. Ein Drehen des Schlüssels und ich bin
direkt in der Heiligen Messe. - Nach fürstlicher Einrichtung des Hauses
und der Eheschließung mit Eveline in der Ukraine bezog das Paar das
Haus, in dem der Schriftsteller einige Monate später an einem Herzleiden
starb.
Auf der Avenue des Champs-Elysées erlebte ein Wachtmann dies: Ich
arretierte gegen acht Uhr abends einen Abbé und eine schöne Negerin, von
der er behauptete, ihr Beichtvater zu sein. Ich habe ihn dann wieder
freigelassen und den Abbé ermahnt, künftig nicht mehr nachts unter
üppigen Bäumen Beichte zu hören.
Auf der Rue Jean-Goujon zeigte Karine mir das Haus, in dem Victor Hugo
Anfang Januar 1831 den großen Roman Notre Dame de Paris beendete. Er
hatte ihn in sechs Wochen niedergeschrieben. Adèle Hugo gebar in diesem
Haus ihr fünftes Kind. Allerdings unterhielt sie zu dieser Zeit schon eine
Beziehung zu Sainte-Beuve.
Auf der Avenue Matignon hatte Heinrich Heine eine Unterkunft in dem
Erdgeschoss eines Hauses mit Garten. Mutter, du hast keinen Begriff, wie
sehr die gute Luft und der Sonnenschein mir wohl tut. Gestern saß ich,
wohler als je, unter den Bäumen des Gartens und aß die schönste Pflaume,
die mir überreif ins Maul fiel. - Von seiner Matratzengruft aus konnte er
die Champs-Elysées sehen. In dieser Wohnung vegetierte er bis zu seinem
Tode. Seine Frau bat an seinem Sterbebett Gott, ihm seine Sünden zu
vergeben, da sagte er: Sei ruhig, Kindchen, er wird vergeben, denn das ist
sein Beruf. Sterbe ich in Paris, so will ich auf dem Kirchhof des
Montmartre begraben werden, denn unter der Bevölkerung des Faubourg
Montmartre habe ich mein liebstes Leben gelebt. Obgleich ich doch
lutherisch-protestantisch bin, wünsche ich auf jenem Teil des Kirchhofs
begraben zu werden, der den Römisch-Katholischen zugewiesen ist, damit
die irdischen Reste meiner lieben Frau, die römisch-katholischen Glaubens
ist, einst neben meinen Gebeinen ruhen können. – Der beste Freund seiner
letzten Zeit war der Dichter Gérard de Nerval. Im Oktober 1855 hatte
Heine die Bekanntschaft seiner Mouche gemacht. Es war die
siebenundzwanzigjährige Pianistin Elise aus Prag. Sie besuchte ihn täglich
und las ihm vor. Wenn sie auf Reisen war, schrieb er ihr Gedichte der
Sehnsucht aus seiner Matratzengruft. Am 14. Juni kam sie zum letzten Mal
zu dem sterbenden Schwan.
Karine führte mich in die Rue de Berri. Hier wohnte Eveline. Sie hatte
1832 ihren ersten verehrungsvollen Brief an Balzac geschrieben, mit der
Unterschrift: Die Fremde. Sie hatte sich in den folgenden Jahren mit dem
Schriftsteller an verschiedenen Orten Europas getroffen. Die Komtesse
Evelin war 1841 Witwe geworden. Im Jahre 1850 heiratete sie in der
Ukraine den todkranken Balzac, der kurz darauf starb.
Wir kamen in die Rue de Miromesnil. Chateaubriand schrieb in seinen
Memoiren: Mein kleiner Garten grenzte an einen Hof, und vor meinem
Fenster stand eine große Pappel. Das Pflaster der Straße endete vor meiner
Tür, weiter oben stieg der Weg durch unbebautes Gelände. Das nur von
wenigen Hütten bebaute Gelände grenzte rechts an den Jardin de Tivoli
und links an den Park Monceau. Ich ging häufig in diesem verlassenen
Park spazieren. Dieser Zufluchtsort war mit Nacktheiten aus Marmor
geschmückt und mit künstlerischen Ruinen verschönt, Symbolen der
leichtfertigen und ausschweifenden Lebensweise, die alsbald Frankreich
mit Trümmern und Huren bedecken sollte.
Nun kamen wir in die Rue d’Anjou. Hier wohnte eine Gräfin, die das
Modell gab zur Herzogin Guermantes im Roman Auf der Suche nach der
verlorenen Zeit. Ein Dichter wollte bei einer Begegnung mit der Gräfin auf
der Treppe ihres Hauses die Schnauze ihrer Hündin küssen. Aber die
Gräfin bat den Dichter, davon Abstand zu nehmen und sagte: Gib acht, du
wirst ihre Schnauze weiß machen mit deinem weißen Pulver!
Etwas weiter wohnte Madame Récamier, die Geliebte Chateaubriands. Der
Schriftsteller besuchte sie hier regelmäßig. Er sagte: Ich besuchte Madame
Récamier in der Rue Basse-du-Rempart und dann in der Rue d’Anjou.
Wenn man seinem Schicksal begegnet ist, glaubt man, es niemals
verlassen zu haben. Das Leben ist nach Ansicht des Pythagoras nur ein
Wiedererinnern. Bei dem Haus lag ein Garten, in diesem Garten standen
Lindenbäume, zwischen deren Blätter ich einen Strahl der Luna sah, als
ich auf Madame wartete. Mir schien es, dieser Strahl der Luna gehörte mir,
und wenn ich ihn wiedersehe, begebe ich mich unter den selben Schutz.
Der Sonne, die ich auf so vielen Stirnen haben leuchten sehen, der Sonne
kann ich mich nicht mehr erinnern.
Nun führte Karine mich auf den Boulevard Haussmann. Eine Zeit lang
hatte Proust vor seiner Tür Tag und Nacht ein Taxi stehen, für den Fall,
dass er Lust bekäme, auszufahren. Oft verließ er nachts das Haus und bat
den Taxifahrer, ihn zu einem Hurenhaus zu fahren. Dann bat er den
Taxifahrer, die Äbtissin des Hurenhauses zu holen. Wenn sie gekommen
war, ließ er sich von ihr zwei junge schöne Huren herausführen. Er bat sie
ins Taxi und bot ihnen Milch an und verbrachte einige Stunden der Nacht
mit den beiden schönen jungen Huren indem er mit ihnen über die Liebe
und den Tod und dergleichen wichtige Dinge sprach. Wenn man zu Proust
kam, lag er in voller Kleidung im Bett, mit Krawatte und Handschuhen, in
Höllenangst vor einem Parfüm, einem Windhauch, einem Sonnenstrahl. Er
empfing uns mit den Worten: Mein Lieber, du hast doch nicht etwa einer
Dame die Hand gegeben, die eine duftende Rose angefasst hat?

FÜNFTER SPAZIERGANG

Karine führte mich zum Place du Palais-Royal. Casanova sagte über die
dortigen Gärten: Ich ließ mich zum Palais Royal führen und war schon
neugierig auf diese so viel gepriesene Promenade und begann sogleich,
alles zu betrachten. Ich sah einen schönen Garten, Alleen mit großen
Bäumen, Wasserbecken, und ringsum hohe Häuser. Viele Herren und
Damen spazierten da umher, hier und dort gab es Stände, an denen man
neue Flugblätter, Riechwasser, Zahnstocher und andern Tand kaufen
konnte. Man vermietete strohgeflochtene Stühle. Ich sah Zeitungsleser im
Schatten der Bäume sitzen, ich sah Mädchen und Männer, die allein oder
in Gesellschaft frühstückten, Kellner, die geschäftig eine kleine Treppe auf
und ab liefen. Ich setzte mich an einen freien Tisch und bestellte
Schokolade ohne Milch, und der Kellner brachte mir abscheuliches Zeug
in einer silbernen Tasse.
Karine, du nanntest Paris die Stadt der ewigen Jugend!
Dann führte Karine mich in die Rue Croix-des-Petits-Champs. Dort gingen
wir in das Café allemand der Madame Bourette, der Muse der Limonade,
der Muse und Kaffeewirtin, die besonders Voltaire zu ihren Gästen zählte.
Nun gingen wir in die Rue de Rivoli. Den jovialen Alexandre Dumas fand
ich wie gewöhnlich im Bett, auch wenn es schon nach Mittag war. Hier lag
er mit Papier, Feder und Tinte und schrieb an seinem neusten Drama. Er
nickte mir freundlich zu und sagte: Setz dich eine Minute, ich habe eben
Besuch von meiner Muse, sie wird gleich wieder gehen. Er schrieb, sprach
dabei laut und rief: Viva! Er sprang aus dem Bett und sagte: Der dritte Akt
ist nun auch fertig.
An der Ecke der Rue des Prouvaires und der Rue Saint-Honoré stand der
Strumpfladen, der Casanova zu seinen besten Kunden zählte. Casanova,
als er sich in die Frau des Besitzers verliebt hatte, bestellte hier einige
Hosen, wie sie gerade Mode in Paris waren. Die Frau probierte sie ihm an
und ließ sich von ihm verführen. Er verführte die Siebzehnjährige in
seinem Haus in Petite Pologne.
Wir kamen zum Square des Innocents. Der Friedhof der Unschuldigen
Kinder war im Mittelalter ein berühmt-berüchtigter Anziehungspunkt.
Tagsüber spazierten hier die Pariser, nachts sammelten sich hier die Huren
und die Verbrecher. Auf dem Platz erhebt sich das Beinhaus der
Unschuldigen Kinder, das Rabelais beschrieb. Die Wände der Kapelle
waren mit einem Totentanz bemalt. Francois Villon schrieb in seinem
Testament von diesem Friedhof und sprach von der Nichtigkeit des
irdischen Lebens:
Seh ich im Beinhaus mir daneben
Die Schädel an, die aufgereihten:
Juristen waren das im Leben...
Nun kamen wir zu Les Halles. In seinen letzten Lebensjahren irrte der
Dichter Gérard de Nerval, der in den kleinen Kneipen der Hallen gut
bekannt war, nachts durch die lauten Straßen des Viertels. In dieser
Gegend erhängt er sich in einer eiskalten Januarnacht des Jahres 1855.

SECHSTER SPAZIERGANG
Karine, die einzig mich liebte, führte mich zum Boulevard de la
Madelaine. Dort wohnte Juliette Récamier. Madame de Stael führte
Chateaubriand in ihren Salon. Chateaubriand, der Juliette zum ersten Mal
in ihrer damaligen Wohnung in der Rue de la Chaussée d’Antin begegnet
war, las ihr hier seinen Roman vor. Im Jahre 1817 begann seine dreißig
Jahre währende Liebesbeziehung zu Juliette.
Nebenan, in dem Haus der Schokoladenfabrik starb im Februar 1847 im
Alter von 23 Jahren die durch ihre Schönheit stadtbekannte Kurtisane
Alphonsine Plessis, die sich selbst Marie Duplessis nannte. Sie gehörte zu
den schönsten und elegantesten Mädchen von Paris. Franz Liszt machte ihr
den Hof. Alexandre Dumas der Jüngere hat sie in der Gestalt der
Marguérite Gautier in seinem Roman von der Kameliendame verherrlicht.
Dumas behauptete, den Grund, warum Marguérite Gautier die
Kameliendame genannt wurde, nicht zu kennen. Fünfundzwanzig Tage im
Monat trug sie weiße Kamelien, an den übrigen fünf Tagen rote
Kamelienblumen. Den Grund dafür kenne ich nicht, aber die Besucher der
Theater, in denen sie am häufigsten war, und ihre Freunde haben den
Wechsel der Blumenfarbe bemerkt.
Karine führte mich in die Rue Vignon. Die am meisten durchgeisterte von
allen diesen Wohnungen war die in der Rue Vignon. Sie lag fast an der
Ecke des Place de la Madelaine, eine Dachwohnung, die keine einladende
Miene machte. Aber sie war erfüllt von Sturm und Feuer. Ich kann sie
nicht beschreiben. Am erfülltesten war in ihr die Leere. Möbel und
Gegenstände waren nicht besonders ausgesucht. Man sah sie nicht. Was
man sah, war die Leere, ein Mülleimer voller Leere, eine randvoll erfüllte
Leere. Die Phantome standen dort Schlange. Eine so dicht gedrängte
Menge von Phantomen war es, dass keiner Platz zum Liegen fand, und
noch weniger zum ungewissen Umherirren. Ein Gedränge von Schatten
hielt mich ständig auf den Beinen. Sie waren im Zimmer, im Vorraum, auf
der Treppe, Schulter an Schulter, übereinander, in dichten Trauben. Ihr
Getümmel äußerte sich als Stille.
In der Rue de la Paix sahen wir das Blumengeschäft, bei dem die
Kameliendame, die junge elegante Kurtisane, ihre Kamelienblumen
kaufte.
In der Rue de Richelieu erlebte Stendhal die Publikation seines Werkes de
l’Amour, hier schrieb er auch die Schrift über Racine und Shakespeare.
Nach Theaterschluss fand er sich allnächtlich bei seiner Freundin ein, der
italienischen Sängerin Guiditta Pasta, die im selben Hause wohnte.
Am Place Boieldieu mietete Dumas der Ältere ein bescheidenes Zimmer.
In der Nachbarwohnung lebte die jüdische Näherin Catherine Labay, in die
er sich verliebte und zu der etwas später zog. Sonntags pflegten sie im
Wald von Meudon zu spazieren, wobei er seinen Sohn Alexandre Dumas
den Jüngeren mit Catherine im Wald zeugte.
Wir kamen zum Boulevard des Italiens. Flaubert erinnerte sich, wie er in
den ersten Jahren seines Aufenthalts in Paris an heißen Sommertagen im
Café saß und die vorüberflanierenden jungen Hürlein beschaute.
Karine führte mich zur Rue de la Chaussée-d’Antin. Hier stand das Hotel
Necker, das Juliette Récamier mit ihrem Ehemann im Jahre 1798 kaufte.
Hier gab Juliette ihre berühmten Empfänge. Hier sah Chateaubriand nach
seinem Exil im Jahre 1801 seine Juliette zum erstenmal. Doch unversehens
senkte sich der Vorhang zwischen ihm und ihr. Erst sechzehn Jahre später
sollte er sie bei der sterbenden Madame de Stael wiedersehen.
Nun gingen wir in die Rue Taitbout. Dort hatte Madame Jaubert ihren
literarischen Salon. Heinrich Heine begegnete der Madame Jaubert im
Jahre 1835 auf einem Ball. Bis in seine letzten Tage, als er schon die
Treppen zu ihrer Wohnung hinaufgetragen werden musste, war er ihr
ständiger Besucher.
Nun kamen wir auf den Boulevard Poissonière. Dort befand sich das Café
Vachette. Bei einem Essen fragte der Schriftsteller Renan den Kellner mit
weinerlicher Stimme: Kellner, nicht wahr, das ist kein Hundefleisch? Der
Kellner: Aber es ist schon das dritte Mal, das Sie Hundefleisch bekommen.
Renan: Nein, das ist nicht wahr. Der Wirt ist ein anständiger Mensch, er
würde es uns vorher wissen lassen. Hundefleisch ist doch unreines Fleisch.
Pferd ja, aber nicht Hund! Der Kellner: Hund oder Hammel, es gibt sonst
nirgendwo so gutes Fleisch. Ja, wenn man Ihnen Ratten vorsetzen würde!
Ich kenne das Rattenfleisch, es ist sehr gut, eine Mischung von Schwein
und jungem Rebhuhn. - Renan, mit einem bekümmerten Blick, wird erst
blass, dann grün, wirft seine Francs auf den Tisch und verschwindet.
Wir aber gingen zum Boulevard de Bonne-Nouvelle. Am 7. April 1852 gab
Baudelaire nach der Trennung von seiner Geliebten, der Mulattin Jeanne,
seine Wohnung in der Rue du Marais-du-Temple auf und zog an den
Boulevard de Bonne-Nouvelle.
Weiter gingen wir in die Rue de l’Echiquier. Dort wohnte Juliette Drouet,
die Geliebte Victor Hugos. Ein Prinz, ein reicher Nichtstuer, hatte ihr dort
ein luxuriöses Appartement eingerichtet. Victor Hugo sagte: Wir sind in
dieser Wohnung so sehr glücklich und so sehr unglücklich gewesen! Später
übersiedelte Juliette in die Rue de Paradis.
Nebenan war der Boulevard Saint-Martin, wo sich ein Theater befand.
Hier las Victor Hugo seine Lukrezia Borgia vor. Der Lesung wohnte auch
Juliette Drouet bei. Victor Hugo war der Schauspielerin Juliette bereits im
Mai 1832 bei einem Ball begegnet. Sie sollte ihm bis an ihr Lebensende
eine treue Geliebte bleiben.
Nun kamen Karine und ich auf die Avenue de la République. Im Mai 1851
hatte Baudelaire dort eine Unterkunft. Seine Mutter, die mit ihrem Gatten
aus Konstantinopel nach Paris zurückgekehrt war, war entsetzt über die
armseligen Verhältnisse, in denen ihr Sohn lebte.

SIEBENTER SPAZIERGANG

Karine führte mich zur Rue des Fontaines-du-Temple. Hier stand das
Kloster der Madelonetten, das sich besonders der Huren annahm. In dieses
Kloster sperrte die fromme Anna von Österreich, Regentin an Stelle
Ludwig XIV., die wilde Ninon de Lenclos einige Monate ein.
Wir gingen weiter zur Rue du Temple. Hier ging Balzac zur Schule. Seine
Eltern waren völlig befriedigt bei dem Gedanken, dass er ernährt und
bekleidet, mit Griechisch und Latein vollgestopft wurde. Er hat während
seines Internats etwa tausend Kameraden kennen gelernt, aber er konnte
sich nicht erinnern, auch nur bei Einem ein derartiges Beispiel von
Gleichgültigkeit der Eltern angetroffen zu haben.
Nun gingen wir in die Rue de la Perle. Hier lernte Molière die
Schauspielerin Madelaine Béjart kennen und lieben. Er wurde ein
ständiger Gast im Hause der Schauspielerfamilie. Später gründete
Madelaine eine eigene Schauspielertruppe, das Illustre Theater, dem sich
Molière anschloss und mit dem er auf Tournee ging. Die Liebesbeziehung
zu Madelaine übertrug er später auf deren Tochter Armande. Der
vierzigjährige Dichter heiratete die Neunzehnjährige.
Wir kamen in die Rue Payenne. Dort starb Clothilde de Vaux, die Geliebte
des Philosophen Auguste Comte. Der Philosoph hatte sich in die
unglückliche und schwer kranke Clothilde verliebt, die ihn zu seinem
Mystizismus eines übermenschlich-weiblichen Wesens namens Grand Etre
geführt hatte.
Von dort gingen wir in die Rue Saint-Anastase. Victor Hugo richtete hier
seiner Geliebten Juliette Drouet eine kleine Wohnung ein. Hier konnte er
sie schnell von dem Place des Vosges erreichen.
So gingen wir also auf den Place des Vosges. Heimlich empfing er seine
Geliebte Juliette auch hier.
Auf der Rue Saint-Martin dachten wir an Gérard du Nerval, den Dichter
zwischen den Nationen, der als Achtzehnjähriger den Faust ins
Französische übersetzt hatte. Der achtzigjährige Goethe sagte einmal zu
dieser Übersetzung: Im Deutschen mag ich den Faust nicht mehr lesen,
aber in dieser französischen Übersetzung wirkt alles wieder frisch, neu und
geistreich.
Jetzt kamen wir auf den Place de l’Hotel de Ville, den Rathausplatz. Hier
fanden Jahrhundert lang Volksfeste statt. Victor Hugo schildert in seinem
Roman vom Glöckner von Notre Dame die Enthauptung der jungen
Zigeunerin Esmeralda, die zu Lebzeiten zur Freude der Pariser auf dem
Platz zu tanzen pflegte. Auch die öffentliche Auspeitschung des Glöckners
Quasimodo fand auf diesem Platz statt.
Auf dem Place Baudoyer dachten wir an den Philosophen Blaise Pascal.
Seine Mutter war jung gestorben. Den Unterricht seiner Kinder übernahm
der Vater selbst. Die ältere Schwester von Blaise Pascal berichtete von der
außerordentlichen mathematischen Begabung ihres Bruders, der schon als
Zwölfjähriger die wesentlichen Lehrsätze Euklids entdeckte und als
Sechzehnjähriger eine Abhandlung über die Kegelschnitte verfasste.
Von dort gingen Karine und ich in die Rue Clocheperce. Francois Villon
hat diese Straße unsterblich gemacht, denn hier befand sich das Bordell der
dicken Margot, in dem der Dichter zuhause war.
Weiter gingen Karine und ich und kamen in die Rue Louis-Philippe. Dort
mietete Baudelaire eine Wohnung, der an seiner syphilitischen Ansteckung
schwer litt. Seine halbgelähmte Geliebte, die Mulattin Jeanne, die
schwarze Venus, übernahm die Unterkunft. Ihren Geliebten, der bisweilen
bei ihr wohnte, gab sie als ihren Bruder aus.
Ganz in der Nähe war die Rue des Jardins-Saint-Paul. Dort stand ein Haus,
in dem Molière gewohnt hat, nachdem er sein Elternhaus verlassen und
zum Theater gegangen war. Er konnte hier seine Geliebte, die
Schauspielerin Madelaine Béjart, ungestört empfangen.
Nicht weit von der Rue Louis-Philippe war die Rue Beautreillis. Dort lebte
Baudelaire, der wieder einmal keine eigene Wohnung hatte, bei seiner
schwarzen Venus Jeanne, mit der ihn eine bis in seine letzten Lebensjahre
reichende Freundschaft verband. Sie war Soubrette am Théatre du
Panthéon.
ACHTER SPAZIERGANG

Hier verließ mich Karine wegen einem andern Mann. Ich aber ging zum
Quai d’Anjou. In dem Palast der Madame Dupin sah ich Rousseau, der die
Kinder der Madame erzog. Rousseau sagte: Ich ging fast täglich zu
Madame und speiste zweimal oder dreimal die Woche bei ihr. Ihr Haus, so
glänzend wie kein anderes in Paris, versammelte Gesellschaften, die nur
etwas weniger zahlreich hätten sein müssen, um in jeder Beziehung
ausgezeichnet zu sein. Sie liebte es, alle Leute zu sehen, die Glanz
verbreiteten, die Großen, die Gelehrten, die schönen Frauen. Voltaire
gehörte zu ihrem Gesellschaftskreis und zu ihren Tischgästen. Ihr
Stiefsohn aber gab mir zu verstehen, dass Madame meine Besuche zu
häufig fand und mich bäte, sie auszusetzen. Zehn Jahre später: Madame du
Chatelet, Voltaires göttliche Emilie, kaufte den Palast. Voltaire hatte als
achtunddreißigjähriger Philosoph die elf Jahre Jüngere kennen gelernt. Er
wünschte oft, sie wäre weniger gelehrt, ihr Geist weniger scharf und ihr
Verlangen nach Liebe unmäßig! Und vor allem, sagte er, wäre ich
glücklich, wenn sie zuweilen den Mund halten würde.
In der Rue Le Regrattier sah ich das Haus, da Baudelaire bei seiner
schwarzen Venus wohnte. Er war ständig auf der Flucht vor seinen
Gläubigern und hatte stets gespannte Beziehungen zu seiner Familie.
Damals heiß die Straße noch Rue de la Femme-sans-Tete.
Am Quai d’Orléans sah ich das Geburtshaus seines Sonett-Dichters, der
Marie Nodier, die Tochter eines Dichters, in seinen Sonetten anbetete.
In der Rue Cuvier sah ich eine illustre Gesellschaft. Stendhal führte hier
seinen Freund Mérimée ein, den er bei seiner ersten Begegnung
charakterisierte als einen hässlichen kleinen Bengel mit einer aufgestülpten
Nase und bösen Augen. Mérimée dagegen erkundigte sich, wer jener dicke
Mann mit dem schwarzen Bart und den Kopf eines neapolitanischen
Schlächters sei. Sophie Duvancel, die Mérimée reizende Briefe schrieb,
war die Seele des Salons.
Zum Abschluss meines heutigen Spaziergangs besuchte ich die Rue de
Bièvre. Der Gott der Dichter, Dante, soll sich auch in Paris aufgehalten
und in dieser Straße gewohnt haben. Er soll im Jahre 1310 nach Paris
gekommen sein, um an der Sorbonne Philosophie zu studieren.

NEUNTER SPAZIERGANG
Ich kam ins Quartier Latin. Bereits im Mittelalter hieß das
Universitätsviertel am Seine-Ufer Quartier Latin, da sich hier die
Studenten aus allen Ländern versammelten. Es ist neben der Cité der
älteste Teil von Paris. – Hier ist der Ofen, wo das geistige Brot für die
ganze Menschheit gebacken wird!
Ich ging zum Place Maubert. Dies ist einer der berühmtesten Plätze des
Quartier Latin. Dort hielt Albertus Magnus, der Gelehrte und Weise, seine
Vorlesungen unter freiem Himmel. Dieser Platz Maubert ist nach dem
Magister Albert benannt.
In der Rue Saint-Honoré starb ein Märchendichter, er hinterließ so gut wie
nichts. Lediglich ein paar hundert leere Weinflaschen fand man in seiner
Wohnung.
Weiter ging ich zum Place du Panthéon. Simone de Beauvoir, die
Feministin, sagte: Ich eröffnete meine neue Existenz damit, dass ich die
Treppen der Bibliothek Sainte-Géneviève erstieg. Dort setzte ich mich in
den Teil, der für die Leserinnen reserviert war, an einen großen schwarzen
Tisch und vertiefte mich in die menschliche Komödie. Mir gegenüber
blätterte eine Dame reiferen Alters in einem Journal. Sie sprach halblaut
vor sich hin und schimpfte manchmal. Zu jener Zeit war der Eintritt in den
Lesesaal frei, viele Verrückte flüchteten sich dorthin. Sie hielten
Selbstgespräche, summten vor sich hin, es gab einen, der unaufhörlich hin
und her ging. Es ist soweit: Ich bin Studentin, sagte ich mir selbst. Ich trug
ein kariertes Kleid und während ich Kataloge wälzte und hin und her ging,
glaubte ich, ungeheuer reizend zu sein!
Einer sagte über den Place du Panthéon: Ich sah die zierliche Galerie um
die Kuppel, einen scharfen Dachfirst, Säulen und Giebel, in denen die
Tauben nisteten, auch sah ich den alten Turm, in dem noch die gleiche
Glocke hing, die schon zur Zeit Villons geläutet hat, ich sah die steinerne
Rose, durch deren Verzweigungen das Licht auf Blaise Pascals Grab fiel,
ich sah Glockenstühle, eine gebaute Landschaft uralten Zusammenlebens,
auf der der Blick der heiligen Genoveva ruhte, die nachts die still im
Mondschein schlafende Stadt bewacht.
Ich kam zur Ecke der Rue Saint-Jacques und der Rue Soufflot, dort stand
ein Dominikanerkloster, wo der engelgleiche Thomas von Aquin studierte
und lehrte und wo der weise Albertus Magnus seine Kommentare zur
Philosophie des Aristoteles schrieb.
Der kleine Raum zwischen dem Place du Panthéon, der Rue de Cuny, dem
Seine-Ufer und dem Justizpalast umfasst das ganze Pariser Leben dieses
Genius, ich meine Francois Villon, der hinter der Kirche des heiligen
Benedikt einen Priester erstach, viele Kerker kennen lernte, Magister der
Universität von Paris wurde, im Sängerwettstreit zu Bois gewann, auf den
Landstraßen Frankreichs umherirrte, im Bordell der dicken Margot
Unterschlupf fand und schließlich spurlos verschwand. Er starb mit
dreiunddreißig Jahren. Es war zur Weihnachtszeit. Die Wölfe wagten sich
bis ans Eis der Seine. Die vielen Aufenthalte in den eisigen Kerkern, das
kraftraubende Leben in den Bordellen, der Trunk und der Hunger hatten
seinem Leben ein frühes Ende gemacht. Der Nordwind pfiff vom
Montmartre her über die gefrorene Seine. Die Schilder der Kneipen
schaukelten im Wind. Matt schimmerte die ewige Lampe vorm
Allerheiligsten...
Im Théatre du Panthéon lernte Baudelaire die Schauspielerin Jeanne
kennen, die Mulattin, seine schwarze Venus, die mit dem Dichter bis zu
seinem Tode verbunden blieb. Ihr widmete er die schönsten Liebesgedichte
seiner Blumen des Bösen.
Ich kam zum Place de la Sorbonne. Der engelgleiche Thomas wirkte hier,
der Doctor Universalis Albertus Magnus, Duns Scotus und viele andere
Gelehrte. Die Sorbonne-Kirche zeigt das Marmor-Grab von Kardinal
Richelieu, die trauernde Wissenschaft zu seinen Füßen.
Der katholische Dichter Bernanos ward in der Sorbonne immatrikuliert. Im
Jahre 1909 verprügelte er einen Professor, der sich abfällig über die heilige
Jeanne d’Arc geäußert hatte! Bernanos wurde zu einer Haftstrafe
verurteilt, die er im Gefängnis der Santé absaß.

ZEHNTER SPAZIERGANG

Ich kam in die Rue Cassini. Balzac empfing hier den ersten Brief einer
Frau, die sich die Fremde nannte. Für Sie, verehrter Poet, bin ich und
bleibe ich die Fremde, schrieb sie. Aber später stellte sie sich als Komtesse
Eveline vor. 1850 heiratete Balzac die Komtesse Eveline.
Ich kam in die Rue d’Enfer. Der Pavillon, den Chateaubriand nahe der
Stadtgrenze bewohnte, war dort. Es handelte sich damals darum, das von
Madame Chateaubriand gegründete Pflegeheim Marie-Thérèse, das an den
Pavillon grenzte, zu retten. Aus den Fenstern des Salons sah man zuerst,
was die Engländer pleasure-ground nennen, im Vordergrund einen Rasen
und etliches Gebüsch. Jenseits des Platzes lag ein Feld, auf dem
Verschiedenes angebaut wurde, das zur Ernährung des Viehs des
Pflegeheims gedacht war. Tausenderlei verschiedene Bäume umgaben den
Dichter, Magnolienbäume, Tulpenbäume, portugiesischer Lorbeer,
Rotbuchen. Der Dichter hat vierundzwanzig Salomon-Zedern gepflanzt
und eine Druiden-Eiche. Diese Bäume verspotten ihren kurzlebigen Herrn.
Eine Kastanienallee führte vom oberen zum unteren Garten. Der Abbruch
einer Mauer hatte den Dichter in Verbindung mit dem Pflegeheim Marie-
Thérèse gebracht. Er befand sich gleichzeitig in einem Kloster, auf einem
Bauernhof, in einem Weinberg und einem Park. Später erwarb der
Erzbischof von Paris das Heim. Der Dichter konnte für den Erlös sich ein
Haus in der Rue du Bac kaufen...
Weiter ging ich und kam zum Boulevard Edgar-Qinet. Dort befand sich der
Eingang zum Montparnasse-Freidhof. Ich sah dort den Grabstein der
Schauspielerin Marie Dorval, deren Grabstein trug die Worte: Morte de
chagrin: gestorben vor Kummer!

ELFTER SPAZIERGANG

Karine kam zu mir zurück, sie hatte unsern Knaben dabei, Mignon, meinen
Pagen! Wir gingen in den Jardin du Luxembourg. Maria von Medici
erwarb das Schloss und den Garten und beauftragte den Architekten
Salomon mit dem Bau eines neuen Palastes in Anlehnung an den
florentinischen Stil ihrer Heimat.
Rubens, der im Auftrag Marias von Medici nach Paris kam, malte hier die
Szenenfolge aus dem Leben der Königin. Der Park, der den Palast umgibt,
ist der Treffpunkt und Lieblingsaufenthalt von Dichtern und Studenten,
falls die Laune des Fürsten den Eintritt gestattet.
Ich ging mit Karine und Mignon zum Boulevard Saint-Michel. Flaubert
lebte dort und sagte: Wie dem auch sei, ich scheiß auf die
Rechtswissenschaften! Das ist meine Delanda Carthago.
Wir gingen in die Rue Monsieur-le-Prince. Inmitten der Umgestaltung des
Quartier Latin und der großen Durchbrüche, welche die Originalität des
alten Paris samt allen Erinnerungen daran verwischt haben, bewahrt die
Straße Monsieur-le-Prince noch ganz den Charakter der Studentengasse.
Buchläden, Milchhandlungen, Speisehäuser, Kramläden, Trödlerbuden
wechseln einander ab bis zum Hügel von Sainte-Geneviève, und die
Studenten von ehedem mit langen, unter der Mütze hervorquellenden
Haaren.
In der Rue Monsieur-le-Prince wohnte einst Blaise Pascal. Hier erlebte er
am 23. November 1654 nach einem Unfall seit ungefähr halb elf abends
bis ungefähr eine Stunde nach Mitternacht die Nuit de feu, die Nacht
seiner Bekehrung. Das Gedenken an diese Bekehrung hielt er in seinem
Memorial fest, das er in seinen Rock einnähte.
Rimbaud wohnte hier auch einst. Er wohnte in der Straße Monsieur-le-
Prince, wieder im lateinischen Viertel. Er sah von seinem Dachfenster in
den Garten des Gymnasiums. Er arbeitete. Um drei Uhr morgens fing das
Licht der Kerze zu erbleichen an. Die Vögel lärmten plötzlich in den
Bäumen. Schluss mit der Arbeit! Er musste die Bäume und den Himmel
betrachten, die unter der unsagbar schönen Morgenstunde erschauerten. Er
sah in die Schlafsäle der Schule. Schon wurde auf den Boulevards das
Geräusch der Wagen laut. Er rauchte seinen Tabak und spuckte auf die
Dachziegel, denn er wohnte im Dachzimmer. Um fünf Uhr ging er
herunter, um Baguette zu kaufen. Auf den Straßen hallten die Tritte der
Arbeiter. Das ist die rechte Stunde, um sich in der Schenke ein wenig Wein
hinter die Binde zu kippen. Er kehrte zurück, frühstückte und legte sich um
sieben Uhr morgens zu Bett, wenn die Sonne unter den Dachziegeln die
Asseln hervorlockte.
Von der Rue Monsieur-le-Prince gingen Karine, Mignon und ich zur Rue
Racine. Hier fand Rimbaud bei einem unbedeutenden Musiker eine
Schlafstätte auf dem Sofa. Hier fanden sich die Mitglieder einer
literarischen Vereinigung, zu der Rimbaud und Verlaine eingeladen waren.
Immer, wenn einer der modernen Literaten sein neues Versgestammel
vorbrachte, rief Rimbaud: Merde! So lud man bald die beiden Poeten nicht
mehr ein.
Wir gingen weiter zur Passage du Commerce-Saint-André. Dort wohnte
einst Nerval bei einem Maler. Zu dieser Zeit begegnete er jener schönen
Schauspielerin, zu der er in leidenschaftlicher, aber unerwiderter Liebe
entbrannte. Sie wurde der Mittelpunkt seines Lebens und seiner Dichtung.
Er hat sie als Aurélia verherrlicht.
Von dort kamen wir zur Rue du Buci. Ich widmete der Straße ein Gedicht,
der Straße, die einst so glücklich war und so stolz darauf, Straße zu sein,
wie ein junges Mädchen glücklich ist und stolz an seine schöne Nacktheit
denkt! Ach, arme Straße! Verlassen bist du in deinem Viertel, das selber
verlassen ist in der menschenleeren Stadt Paris!
Daneben lag die Rue de Tournon. Balzac wohnte dort mit seiner Geliebten
– nunc et semper dilecta! Sie war ihm Mutter, Freundin, Familie, Gefährtin
und Ratgeberin. Er konnte dort täglich ungestört mit ihr zusammensein
und blieb ihr bis zu ihrem Tode in Liebe verbunden.
Wir gingen in die Rue de Vaugirard. Dort vereinigte Madame de La
Fayette die Geistesgrößen ihrer Zeit in ihrem grünen Kabinett: Molière,
Racine und La Fontaine zählten zu ihren Gästen. Madames Garten war das
Schönste, was es in dieser Welt gibt, alles blüht, alles duftet. Wir haben
dort sehr viele Abende verbracht, denn die arme Frau ging nie aus.
Heine mietete sich in dieser Straße ein Zimmer. Fragte ihn jemand, wie er
sich dort befinde, sagte er: Wie ein Fisch im Wasser. Oder eben: Wie Heine
in Paris. Es lebt sich so herrlich, es lebt sich so süß / am Seinestrand in der
Stadt Paris.
Dann gingen wir zum Place Saint-Sulpice. Heine heiratete dort seine
Mathilde. Seiner Familie in Hamburg schrieb er: Am 31. August heirate
ich Mathilde Mirat, mit der ich mich schon länger als sechs Jahre täglich
zanke! Beim Betreten der Kirche sagte er: Ich verheirate mich bei 40 Grad
Hundtagshitze. Möge mich der allmächtige Gott stets bei gleicher
Temperatur erhalten!
Von dort gingen wir in die Rue Cassette. Dort stand das Kloster der
Ewigen Anbetung, in dem die Mystikerin Madame Guyon lebte.
Dann führte Karine mich und Mignon in die Rue du Cherche-Mide. Victor
Hugo hatte Adèle geheiratet, nachdem er ihr seine Liebe unter einem
Kastanienbaum gestanden hatte. Die Trauung fand in der Kirche statt. Im
Verlauf der Hochzeitsnacht hat Victor Hugo seine Frau neunmal
genommen.
Dann gingen wir zum Boulevard Saint-Germain. Diderot hatte hier
gewohnt. Er hatte eine Wäscherin geheiratet. Rousseau nannte sie eine
faule und gemeine Natur. Die Ehe war nicht von Dauer. Zehn Jahre lang
währte sein Verhältnis zu einer Kokotte, die ihn während seiner
Inhaftierung verließ. Dagegen beglückte ihn die Begegnung mit Sophie,
die er als Vierzigjähriger kennen lernte und die ihm die Treue bis zu ihrem
Tod bewahrte. Später verkaufte er seine Bücher an die Zarin Katharina die
Große, die Semiramis des Nordens. Sie bestimmte, dass er die Bücher
weiter benutzen dürfe, bis es ihr gefiele, sie zu verlangen. Er reiste nach
Russland, um ihr für ihre Großzügigkeit zu danken.
Von dort gingen wir zum Place Saint-Germain-des-Prés. Die dortige Abtei
war ein Zentrum des geistigen Lebens. Der Mönch Abbon bezeichnete
Paris als eine Königin, die über allen Städten glänzt. Ein Domherr
verfasste eine Geschichte des Benediktinerordens und einer eine
Geschichte der Stadt Paris, ein dritter übersetzte Origenes und Johannes
Chrysostomus.
ZWÖLFTER SPAZIERGANG

Karine ging mit Mignon und mir in die Rue des Saints-Pères. Bis zu ihrer
Eheschließung wohnte hier Julie, die als Fünfzehnjährige den dreißig Jahre
älteren Banker Récamier heiratete. Für sie schrieb Chateaubriand, dessen
Geliebte sie war, seine Geschichte der Jugend. Der Herzog von Wellington
und Metternich lagen Julie zu Füßen, Prinz August von Preußen wollte sie
zur Frau nehmen und Madame de Stael wendete ihr eine exaltierte
Freundschaft zu. Einer verlor fast den Verstand, er machte um ihretwillen
einen Trümmerhaufen aus seinem Leben. Nur Chateaubriand, der ihr
leidenschaftlich zugetan war, war in der glücklichen Lage, dass er sie ein
wenig weniger liebte als sie ihn.
Von dort gingen wir in die Rue de Sèvres. Einst stand dort eine Wald-
Abtei, die umgebaut wurde zu einem Altersheim. Hier fand Julie eine
bescheidene Unterkunft, nachdem sie von Bankier Récamier wegen
Verschwendungssucht geschieden worden war. Hier empfing die göttliche
Julie den Prinzen August von Preußen, Lucien Bonaparte, Lamartine,
Balzac, Stendhal und andere große Männer. Chateaubriand besuchte sie in
den letzten Jahren ihres Lebens in ihrer kleinen Zelle täglich um drei Uhr.
Ein dunkler Korridor trennte zwei kleine Räume. Das Schlafzimmer war
mit einer Bibliothek ausgestattet, man sah eine Harfe, ein Klavier, an der
Wand das Porträt von Madame de Stael. An den Fenstern standen
Blumentöpfe. Wenn Chateaubriand ganz erschöpft die drei Stockwerke
hochgestiegen war, betrat er in der Abenddämmerung die Zelle und war
entzückt. Der Blick aus den Fenstern fiel auf den Garten der Abtei, auf den
grünen Rasen, auf dem Nonnen und Pensionäre herumgingen.
Nun führte mich Karine in die Rue du Bac. Mignon nahm mich an die
Hand und führte mich in die Kapelle. Ich sah, und siehe, was ich sah, war
Unsere Liebe Frau, ganz in ein langes weißes Kleid gehüllt, einen weißen
Schleier auf dem Haupt, aus dem die schwarzen Haare hervorquollen. Ihr
Angesicht war entzückend, sie lächelte lieblich. Sie breitete die Arme aus
und von ihren schlanken Händen flossen Strahlen der Gnade.

DREIZEHNTER SPAZIERGANG

Nichtigkeit der Nichtigkeiten! Alles ist nichtig! Karine ist tot! Tot ist
Karine!
Mit Mignon ging ich in die Rue Lemercier. Verlaine lebte dort mit seinen
Eltern bis zum Tode seines Vaters. Verlaine gab wegen seiner Liebe zum
Rotwein das zutiefst verhasste juristische Studium auf.
Von dort ging ich mit Mignon in den Parc Monceau. Rousseau ging hier
eines Tages spazieren und sprang über den Graben, um Blumen zu
pflücken. Die Lehrerin der Kinder des Herzogs von Orléans spielte eben
mit den Kindern im Park, sie floh entsetzt, als sie den Eindringling sah,
obwohl sie ihn erkannt hatte. Am Tag danach erhielt der Philosoph einen
Schlüssel zum Tor des Parks mit der Erlaubnis, den Park jederzeit betreten
zu dürfen.
Nun ging ich mit Mignon in die Rue d’Anjou. Dort lag ein Friedhof. Hier
wurden die sterblichen Überreste des Königs Ludwig XVI. und seiner
Marie-Antoinette exhumiert. Chateaubriand war zugegen bei dieser
Exhumierung auf dem Friedhof. Inmitten der Gebeine erkannte er den
Kopf der Königin durch das Lächeln, das sie ihm in Versailles geschenkt
hatte.
Weiter ging ich mit Mignon in die Rue des Mathurins. Madame de Stael
hatte Chateaubriand und Julie Récamier zu sich eingeladen. Chateaubriand
war mit Julie einen Augenblick allein. Aus dieser Begegnung entwickelte
sich die langjährige Liebe des Dichters zur göttlichen Julie. Madame de
Stael verschied hier in ihrem eigenen Haus. August Wilhelm Schlegel,
Lehrer ihrer Kinder, weilte an ihrem Sterbebett. Chateaubriand sagte:
Madame de Stael hatte mich eingeladen, bei ihr zu Mittag zu essen. Ich
ging hin. Sie war aber nicht in ihrem Salon und konnte am Mahl nicht
teilnehmen. Ich saß neben der göttlichen Julie. Ich sah sie nicht an, sie sah
mich nicht an, wir wechselten kein Wort. Dann sprach Julie von dem
nahen Tode der Madame. Ich sah Julie in die Augen. Dieser Augenblick
war von einem Zauber, der mit den Jahren zunimmt. Ich schiebe meine
alten Tage beiseite, um dahinter eine himmlische Erscheinung zu
entdecken, um aus der Tiefe des Abgrunds die Harmonie der glückseligen
Gefilde zu vernehmen, Madame de Stael hatte mich mit der göttlichen
Julie verbunden. Sie vermachte mir von ihrem Totenbett das Beispiel einer
unsterblichen Liebe.

VIERZEHNTER SPAZIERGANG

Die Richter hatten mir Mignon genommen! Gott segne ihn! Meine Feinde
sollen ewig gepeinigt werden in Dantes Hölle!
Ich ging einsam und traurig zum Place Clichy. Hier wurde an einem kalten
nebligen Wintermorgen Heinrich Heine beerdigt. Ich denke mit Bitterkeit
daran, dass bei Heines Begräbnis nur neun Personen anwesend waren. O
Publikum! O Bürger! O Lumpenpack! O ihr Elenden! Es waren nur neun
deutsche Schuster bei seinem Leichenbegängnis gegenwärtig.
Weiter schlich ich in die Rue d’Amsterdam. Die Schüler haben diesen Hof
zu ihrem Hauptquartier erwählt. Er ist ihr Spielplatz. Er ist eine Art
mittelalterlicher Platz, ein Liebeshof, ein Bettelmarkt, ein Femegericht, wo
man die Schuldigen verurteilt und das Urteil an ihnen vollstreckt, wo von
langer Hand jene Streiche vorbereitet werden, die während des Unterrichts
ausbrechen und deren Späße den Ärger der Lehrer erregen. Denn die
Knaben der dritten Klasse sind schrecklich! Nächstes Jahr kommen sie in
die vierte Klasse, wenn alles gut geht, dann werden sie auf die Kleineren
verächtlich herabsehen und sich sehr wichtig vorkommen.
Nun schlich ich traurig zur Avenue Frochot. Ich werde in einen kleinen
Saal geführt, dessen Decke und Wände mit alten Gobelins bezogen sind.
Vor dem Kamin sitzen zwei schwarzgekleidete Frauen, ihre gegen das
Licht gewendeten Gesichter sind schwer zu unterscheiden. Rings um
Victor Hugo, auf dem Diwan liegend, seine Freunde. In einer Ecke lässt
der dicke Sohn des Dichters zusammen mit einigen jungen Damen ein
kleines blondes Knäblein mit rotem Gürtel auf einem Schemel spielen.
Victor Hugo drückte mir die Hand und nahm dann seinen Platz vor dem
Kamin wieder ein. Im Halbschatten des altertümlichen Wohnungsplunders,
an diesem tristen Herbsttag, der durch den Rauch der Zigaretten blau
umwölkt ist, inmitten dieser Dekoration vergangener Zeiten erscheint
Victor Hugos Kopf in vollem Licht und wirkt bedeutend. Seine Haare sind
unbedeckt, schöne weiße Strähnen, wie sie an den Köpfen Michelangelos
zu sehen sind, und auf seinem Antlitz liegt eine verzückte Gelassenheit.
Ich ging hinüber zur Rue Frochot. Hier wohnte die Präsidentin, wie sie von
ihren Freunden genannt wurde. Baudelaire war bei ihr eingeführt worden,
er verliebte sich in die Hausfrau, die er seine Muse und Madonna nannte.
Er schenkte ihr Gedichte, die von der Zensur wegen Obszönität verboten
worden waren. Nach ihrer ersten und einzigen Liebesnacht, die keine
Erfüllung brachte, zog sich Baudelaire von ihr zurück.
Ich ging auch enttäuscht vom Leben von allen fort und so kam ich allein in
die Rue Ravignan. Dort hatte Max Jacob ein Zimmer. Er sagte: Gott kam
heute Nacht zu mir! Der himmlische Körper erschien an der Wand meines
armseligen Zimmers. Darum hab ich, Jude von Geburt, mich zum
Katholizismus bekehrt. Ich ließ mich in der Kirche Notre-Dame-de-Sion
taufen.
Schließlich kam ich an in der Rue de Paradis. Juliette Drouet zog aus dem
Appartement, das ihr ein Liebhaber eingerichtet hatte, in eine kleinere
Wohnung in der Rue de Paradis. Der Dichter sagte: Diese Straße hat den
richtigen Namen! Das Paradies ist für mich in dieser Straße – in diesem
Haus – in diesem Zimmer – in diesem Bett!

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
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Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
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Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DER GEBENEDEITE

Von Josef Maria Mayer

Und der Gebenedeite sagte: O ihr Mönche, wenn andere schlecht von mir
sprechen oder von der Lehre oder von dem Orden, so sollt ihr deshalb
keinen Groll gegen sie hegen, keinen Kummer leiden und keine
Abneigung spüren. Wenn ihr deswegen böse wäret oder verletzt, so würde
dies zu einer Gefahr für euch. Denn wenn andre schlecht von mir oder von
der Lehre oder dem Orden sprechen und ihr darüber zornig seid oder
wütend, wäret ihr dann noch fähig, zu beurteilen, inwiefern ihre Rede etwa
begründet wäre? – Die Mönche sagten: Nein, o Gebenedeiter, das könnten
wir dann nicht mehr. – Und der Gebenedeite fuhr fort: Vielmehr, wenn
andre schlecht von mir reden, von der Lehre oder vom Orden, so sollt ihr
deren Behauptungen zurückweisen, indem ihr ganz vernünftig sagt: Aus
diesem oder jenem Grunde ist es nicht so, so etwas ist nicht in uns und
nicht unter uns. Aber genauso, meine lieben Mönche, wenn die Leute
lobend von mir reden, von der Lehre oder dem Orden, sollt ihr darum doch
nicht voll Glück sein oder gar übermütig. Wenn andre lobend von mir
reden oder in den höchsten Tönen rühmend, von mir oder von der Lehre
oder von dem Orden, und ihr deshalb übermütig und begeistert wäret, so
würde dies für euch ebenfalls zu einer Gefahr werden. Sondern wenn
andre lobend reden von mir oder der Lehre oder dem Orden, so sollt ihr
die Sache genau und vernünftig prüfen und sagen: Aus diesem oder jenem
Grund ist es so, das entspricht wirklich den Tatsachen und so etwas gibt es
in uns und unter uns.

Einst hörten die Schüler der Weisheit, der Herr, der Einsiedler, sei in ihre
Stadt gekommen. So kamen die Schüler, um den Gebenedeiten zu sehen
und zu hören. Als sie ihn trafen, grüßten einige den Gebenedeiten und
setzten sich an seiner Seite nieder. Einige begrüßten den Gebenedeiten
höflich und setzten sich nach einem Austausch von Grüßen und
Höflichkeiten an seiner Seite nieder. Einige erhoben ihre gefalteten Hände
zum Gebenedeiten und setzten sich an seiner Seite nieder. Einige nannten
ihre Namen, ihre Familie und setzten sich an seiner Seite nieder. Einige
ließen sich an seiner Seite nieder, ohne ein Wort zu sagen. Dann, als alle
saßen, sprachen die Schüler zum Gebenedeiten dies: O Herr, gewisse
Einsiedler und Prediger kommen in unsere Stadt. Was ihre Anschauung
betrifft, so predigen sie diese in aller Länge und Breite, und was die
Anschauungen anderer betrifft, so verlachen sie diese. Wenn wir ihnen
zuhören, o Herr, so zweifeln und schwanken wir, welche von all den
religiösen und philosophischen Anschauungen die Wahrheit sei. - Da
sprach der Gebenedeite: Ja, ihr Lieben, euer Zweifeln und Schwanken ist
verständlich. Eine zweifelhafte Sache verursacht Ungewissheit. Aber lasst
euch nicht irreführen durch Meinungen, Überlieferungen und Hörensagen.
Lasst euch nicht irremachen von den genauen Kenntnissen der heiligen
Schriften. Lasst euch nicht irremachen durch bloßes logisches Denken und
auch nicht durch Bevorzugung irgendeiner Theorie, noch auch durch die
scheinbare Wirklichkeit, noch auch durch die Achtung vor einem Meister.
Sondern, ihr Lieben, wenn ihr von gewissen Anschauungen wisst, dass sie
zum Schaden führen, so verwerft sie. Wenn ihr aber erkennt, dass eine
gewisse Anschauung nutzbringend für die Seele und ohne logischen und
moralischen Fehler ist, dass, wenn man dieser Lehre folgt, sie zur
Glückseligkeit führt und wenn sie von den Weisen gepriesen wird, dann,
ihr Lieben, folgt dieser Anschauung und haltet daran fest, wenn ihr sie
einmal ergriffen habt.

Ein bekannter und wohlhabender Hausherr war ein Laienschüler eines


bekannten Meisters und wurde von seinem Meister ausdrücklich
ausgeschickt, um dem Gebenedeiten zu begegnen und ihn hinsichtlich
gewisser Punkte des Schicksals und der Schuld zu befragen, da die
Ansichten des Gebenedeiten in dieser Hinsicht anders waren als die jenes
Meisters. Ganz entgegen aller Erwartung war der wohlhabende Hausherr
am Ende der Diskussion von der Ansicht des Gebenedeiten überzeugt und
dass die Ansichten seines bisherigen Meisters falsch waren. Daraufhin bat
er den Gebenedeiten, ihn als Laienschüler anzunehmen. Der Gebenedeite
jedoch bat den wohlhabenden Hausherrn, sich dies eingehend zu überlegen
und nicht hastig und übereilt zu handeln. Der Gebenedeite sprach:
Vorsichtiges Abwegen ist gut für berühmte Männer wie dich. – Als aber
der wohlhabende Hausherr seinen Wunsch erneuerte, Laienschüler des
Gebenedeiten zu werden, bat ihn der Gebenedeite, auch weiterhin seinen
bisherigen religiösen Lehrer zu respektieren und zu unterstützen, wie er es
gewohnt war.

Man sollte nicht nur die eigene Religion ehren und die Religionen der
anderen verdammen, sondern man sollte die Religionen der anderen
vielmehr aus diesem und jenem Grunde ehren. So trägt man zum
Wachstum der eigenen Religion bei und leistet darüber hinaus auch noch
den anderen Religionen gute Dienste. Wenn man anders handelt, dann
gräbt man das Grab der eigenen Religion und schadet auch den anderen
Religionen. Wer immer seine eigene Religion rühmt und die anderen
Religionen verurteilt aus Verehrung für die eigene Religion, tut so, indem
er denkt: Ich will meine eigene Religion verherrlichen. – Aber im
Gegenteil fügt er durch ein solches Tun seiner eigenen Religion viel
größeren Schaden zu. Daher ist Eintracht wichtig: Lasst alle hören und
bereitwillig den von anderen vorgetragenen Lehren lauschen.
5

Verehrung dem Gebenedeiten, dem Lichtreichen!


Zum Gebenedeiten, dem Zufluchtsort, geh ich.
Zur Wahrheit, dem Zufluchtsort, geh ich.
Zum Orden, dem Zufluchtsort, geh ich.
Zum zweiten Mal –
Zum Gebenedeiten, dem Zufluchtsort, geh ich,
Zum zweiten Mal –
Zur Wahrheit, dem Zufluchtsort, geh ich,
Zum zweiten Mal –
Zum Orden, dem Zufluchtsort, geh ich.
Zum dritten Mal –
Zum Gebenedeiten, dem Zufluchtsort, geh ich,
Zum dritten Mal –
Zur Wahrheit, dem Zufluchtsort, geh ich,
Zum dritten Mal –
Zum Orden, dem Zufluchtsort, geh ich.

Und nun gehe ich, Herr, zu dir, dem Gebenedeiten, als zu meiner Zuflucht,
und zur Wahrheit als meiner Zuflucht und zum Orden als meiner Zuflucht.
Möge der Gebenedeite mich als Jünger annehmen, als einen, der von
diesem Tage an, solange sein Leben währt, zu dem Gebenedeiten seine
Zuflucht nimmt.

Welche Engel hier auch zusammen kommen mögen, Engel auf der Erde
oder Engel im Himmel, lasst uns den vollkommenen Gebenedeiten ehren,
der von den Menschen verehrt wird. Möge er unsre Rettung sein! Welche
Engel hier auch zusammen kommen mögen, Engel auf der Erde oder
Engel im Himmel, lasst uns die vollkommene Wahrheit ehren, die von den
Menschen verehrt wird. Möge sie unsre Rettung sein! Welche Engel hier
auch zusammen kommen, Engel auf der Erde oder Engel im Himmel, lasst
uns den vollkommenen Orden ehren, der von den Menschen verehrt wird.
Möge er unsre Rettung sein!
7

Um den Wert des Meisters erkennen zu lassen, also um der Menschen


willen, die dem Wagen der Heiligen folgen und selbst zu einem
Gebenedeiten werden möchten, und auch um jener Menschen willen, die
sich dem Vollzug der religiösen Riten gewidmet haben, deren Mittelpunkt
der Gebenedeite ist, sei das Folgende gesagt: Der Gebenedeite ist unsre
Zuflucht, er, der der Höchste ist für die Menschen. Um den Wert der Lehre
erkennen zu lassen, also um derentwillen, die der Lehre folgen und es
unternehmen, einen immer tieferen Begriff von der Lehre zu erhalten, wie
auch um deretwillen, deren religiöser Eifer sich auf die Lehre richtet, sei
das Folgende gesagt: Die Wahrheit ist die Zuflucht, sie, die das Höchste ist
für die, die ihre Leidenschaften beherrschen. Um den Wert der
Jüngerschaft erkennen zu lassen, den Wert der Gelehrten und der Heiligen,
die die Lehre aller Weisen in sich aufgenommen haben, die dem engen
Weg folgen und durch Unterweisung zur Heiligkeit gelangen wollen, wie
auch um deretwillen, die sich den Pflichten der Ordensgemeinschaft
widmen, sei das Folgende gesagt: Der Orden ist eine Zuflucht, er, der die
vollkommenste aller Gemeinschaften ist. Kurz, aus drei Gründen hat der
Herr drei Zufluchtsorte verkündet. Das ist geschehen, um die Menschen
auf dem rechten Weg zu führen.

Der Geist als Träger der Erleuchtung wird in folgender Weise gereinigt. Im
Wunsch, um aller Kreaturen willen die Heiligkeit zu erreichen, sollen wir
dreimal am Tag und in der Nacht die folgenden Verse beten, und wir
sollten dies stündlich tun, um zu einer lichtvollen Geistigkeit zu gelangen:

Bis ich zur Heiligkeit gelangt bin,


Nehme ich Zuflucht
Beim Gebenedeiten, bei der Wahrheit und beim Orden.
Durch Werke der Barmherzigkeit und andere gute Werke
Kann ich zur Heiligkeit gelangen
Und mitwirken am Heil der Welt.
9

Einst weilte der Gebenedeite in einem Hain, in einem Park. Da hielt der
ehrwürdige Abt der Mönche den Mönchen in der Gebetshalle einen
Vortrag über die Wahrheit, er lehrte sie, er rüttelte sie auf, er spornte sie an
und machte sie froh. Am Abend machte sich der Gebenedeite aus seiner
Einsamkeit auf und näherte sich der Gebetshalle, blieb vor der Eingangstür
stehen, um das Ende des langen Vortrags abzuwarten. Und als er merkte,
dass der Vortrag beendet war, hüstelte er und klopfte an die Tür. Da
öffneten die Mönche dem Gebenedeiten die Tür, er trat ein und setzte sich
und sprach zu dem ehrwürdigen Abt: Wahrlich, wahrlich, Hochwürden,
diese Weisheitslehre, die du vor den Mönchen entfaltet hast, war eine sehr
lange Predigt! Mein Rücken schmerzte, als ich vor der Tür stand, um das
Ende deiner Predigt abzuwarten. - Da gab der Abt verlegen zur Antwort:
Nein, Herr, wir wussten nicht, dass der Gebenedeite vor der Tür stand,
sonst hätten wir nicht so viel geredet. - Da merkte der Gebenedeite, dass
der ehrwürdige Abt verlegen war, und sagte zu ihm: Es ist schon in
Ordnung, Hochwürden. Es ist gut für euch, die ihr um des Glaubens willen
auf Frauen und Kinder verzichtet, das ihr hier in der Gebetshalle
versammelt sitzt, um von der Wahrheit zu hören. Es gibt zwei Wege für
euch Mönche: Entweder sprecht ihr über die Wahrheit oder ihr verharrt in
mystischem Schweigen.

10

Das Antlitz des Gebenedeiten ist wie der klare Vollmond


Oder wie tausend Sonnen, die strahlen.
Seine Augen sind rein und groß wie blaue Blumen.
Seine Zähne sind weiß und aufgereiht wie eine Perlenschnur.
Die Liebe des Gebenedeiten gleicht dem grenzenlosen Ozean,
Unendliche Schätze der Weisheit sind in ihm.
Stets erfüllt ihn die Quelle der lebendigen Weisheit.
Die Räder unter seinem Thron sind voller Augen.
Seine Hände und seine Füße sind wie Gold.
Er ist schön wie der König der Schwäne.
Die Ausstrahlung seines mystischen Körpers ist wie ein Berg aus Gold,
Klar und rein und einzigartig.
Er hat die Tugend der Schönheit.
Deshalb neige ich mein Haupt vor dem Gebenedeiten.
Sein Zeichen ist höher als der Himmel,
Sein Realsymbol ist tiefer als das Meer.
Deshalb neige ich mein Haupt vor dem Gebenedeiten.

11

Der Gebenedeite weilte einst in dem Hain der Brüder. Und er wandte sich
an die Brüder und sprach: Brüder! Und sie sprachen: Ja, Herr? Und er
sprach: Brüder, es gibt zwei Sorten von Übermenschen, zwei Wege, und
keinen anderen. Wenn er ein Leben als Hausvater lebt, wird er König sein,
gerechter Herr, Herrscher der Welt, Sieger, Wächter über das Wohl seines
Volkes, Besitzer der sieben Schätze. Diese sieben Schätze werden diese
sein: Der Wagen, das Arbeitstier, das Haustier, der Diamant, die Ehefrau,
die Vaterschaft und der gute Rat. Er wird tausend Kinder und Kindeskinder
haben, schöne Töchter und starke Söhne, seine Kinder werden ihn
verteidigen, wenn er mit seinen Feinden streitet in der Öffentlichkeit. Und
wenn er die Welt erobert hat, wird er nicht Herrscher sein mit der Peitsche,
sondern mit der Gerechtigkeit. Wenn aber ein junger Mann sein Elternhaus
verlässt, um Pilger zu werden, so wird dieser ein Weiser, ein Heiliger
werden und den Schleier vom Antlitz der Weisheit heben.

12

Was, o Herr, soll mit dem Leichnam des Gebenedeiten geschehen? – So


wie die Menschen den Leichnam des Königs der Könige behandeln
würden, ihr Mönche, soll der Leichnam des Gebenedeiten behandelt
werden. – O Herr, wie sollten die Menschen den Leichnam des Königs der
Könige behandeln? – Sie hüllen den Leichnam des Königs der Könige in
ein weißes Linnen. Dann salben sie den Leichnam mit Salböl. Dann
verbrennen sie Weihrauch. Dann errichten sie eine Grabeshöhle für den
Leichnam des Königs der Könige. Das ist die Art und Weise, ihr Mönche,
wie die Menschen den Leichnam des Königs der Könige behandeln
würden. Und so soll man auch mit dem Leichnam des Gebenedeiten
verfahren. Und wer immer vor der Grabeshöhle Spezereien niederlegt oder
Blumen, wer sich dort verneigt und in dessen Herz die Ruhe einkehrt, dem
wird das zu ewiger Freude gereichen.
13

Vor langer Zeit, sagt man, war der Heilige ein König, dem sein Reich
durch Erbfolge zugefallen war. Er hatte dieses Reich erlangt durch seine
moralischen Verdienste und er regierte sein Reich in Frieden, ungestört
von irgendwelchen dummen Rivalen. Seine Herrschaft wurde allgemein
anerkannt. Sein Land war frei von Plagen und Katastrophen, die inneren
und äußeren Beziehungen waren vom Frieden bestimmt. Alle seine
Untertanen gehorchten ihm gerne. Dieser König hatte seine Feinde, die
Leidenschaften, gezähmt und so verspürte er kein Verlangen nach jenen
Lüsten, wegen denen man sich tadeln muss, wenn man sie genießt. Er war
von ganzem Herzen darauf bedacht, das Glück seiner Untertanen zu
fördern. Indem er die Güte als einzigen Zweck seiner Taten ansah, verhielt
er sich wie ein Weiser. Er kannte die Natur der Menschen, er wusste, dass
die Menschen gerne die Edeln nachahmen. Darum legte er auch größten
Wert auf die Erfüllung seiner religiösen Pflichten, um so die Menschen zur
Erlösung zu führen. Er spendete gerne Almosen, hielt sich streng an die
moralischen Vorschriften und setzte sich für das Wohlergehen aller
Kreaturen ein. Sein sanfter Gesichtsausdruck war im Einklang mit seiner
inneren Seligkeit und seinem Denken, das ganz um die Seligkeit seiner
Untertanen kreiste. So erschien er als Verkörperung der Wahrheit.

14

Der Gebenedeite sprach: In der letzten Zeit, Brüder, wird sich in der Welt
ein Erhabener erheben mit dem Namen der Allweise, reich an Weisheit und
Liebe, glückselig, der die Welten kennt und unübertroffen sein wird als der
Führer der Sterblichen, jener, die bereit sind, sich von ihm führen zu
lassen, er wird ein Lehrer der Geister und Menschen sein und ein
Gebenedeiter wie ich es nun bin. Er wird das Universum durch und durch
erkennen und von Angesicht zu Angesicht schauen, das Universum mit
seinen Welten der Engel und Dämonen und seiner Welt der Einsiedler und
Priester, der Könige und der Völker, er wird das Universum erkennen, wie
ich es nun erkenne. Die Wahrheit, lieblich in ihrem Ursprung, lieblich in
ihrer Ausbreitung und lieblich in ihrer Vollendung, wird von ihm gepredigt
werden, im Geist mehr als im Buchstaben, er wird das heilige Leben
predigen mit all seinem Reichtum und seiner Reinheit, wie ich es nun tue.
Er wird von einer Gefolgschaft von tausend Jüngern begleitet werden, wie
ich nun von einer Gefolgschaft von hundert Jüngern begleitet werde.

15

Der Gebenedeite pflegte früh aufzustehen und sich aus Rücksicht auf seine
Diener selbst zu waschen und anzuziehen. Dann zog er sich an einen
einsamen Ort zurück und betete, bis es an der Zeit war, seinen Gang zu tun
und Almosen einzusammeln. Dann kleidete er sich vollständig an, nahm
seine Sammelschale und ging, manchmal alleine und manchmal in
Begleitung seiner Jünger, ins nächste Dorf, um Almosen zu sammeln. Als
er sich einmal einem Dorf näherte, wehte ein leichter Wind vor ihm, der
seinen Weg säuberte, Regentropfen fielen vom Himmel, um den Staub
niederzuhalten, Wolken schwebten über ihm und breiteten sich wie ein
Schutzschirm über ihm aus, um ihn vor der Sonnenhitze zu schützen.
Weitere Brisen wehten Blumen vom Himmel herab, um seinen Weg zu
schmücken. Das Hügelige wurde eben und die Täler wurden ausgefüllt, so
dass der Weg zu seinen Füßen eben wurde und die zarten Blumen seine
Füße umschmeichelten. Ein Glorienschein von sieben Farben umgab
seinen Körper, wenn er auf der Schwelle der Häuser stand, und vergoldete
die Häuser. Die Vögel und Haustiere ließen sich zu seinem Lobpreis hören
und himmlische Musik erfüllte die Luft. Da sagten die Menschenkinder:
Heute ist der Tag, da der Gebenedeite gekommen ist, um Almosen zu
sammeln. – Dann kamen die Menschenkinder in ihren schönsten Kleidern,
mit Blumensträußen geschmückt, auf die Straße und wetteiferten
miteinander, indem sie sagten: Herr, nimm heute deine Mahlzeit bei uns
ein – nein, bei uns – nein, komm doch zu uns! Wenn dann die Mahlzeit
beendet war, pflegte der Gebenedeite den Menschenkindern von der
Wahrheit zu predigen, immer mit Rücksicht auf ihr geistiges
Fassungsvermögen. Daraufhin legten einige die Gelübde ab, andere
gelangten zur Heiligkeit. Dann pflegte er aufzubrechen und sich zu seiner
Wohnung zu begeben. Da saß er auf dem Balkon und wartete, bis auch
seine Jünger zu Ende gegessen hatten. Daraufhin begab er sich in seine
Zelle. Später stellte er sich in die Tür und belehrte seine Brüder: Seid
ernsthaft, Brüder, bemüht euch um Heiligkeit. Es ist schwer, ein wahrhaft
menschlicher Mensch zu werden! Es ist schwer, der Welt zu entsagen. Es
ist schwer, das richtige Wort zu hören. – Dann baten ihn einige um
Anregungen zu ihrem Gebet, so zog sich jeder an einen einsamen Ort
zurück, um zu beten. Der Gebenedeite zog sich in seine Zelle zurück, die
vom Duft des Weihrauchs erfüllt war. Nachdem sich sein Körper etwas
ausgeruht hatte, erhob er sich, um über die Nöte und Sorgen der
Menschenkinder nachzudenken, und überlegte, wie er ihnen Gutes tun
könne. Gegen Ende des Tages pflegte sich die Nachbarschaft bei ihm zu
versammeln und ihm Blumen als Geschenk darzubringen. Er sprach zu
ihnen von der Wahrheit und wenn die rechte Stunde gekommen, entließ er
die Nachbarn. Am Abend nahm er ein erfrischendes heißes Bad, dann
pflegte er noch eine Zeit lang in Gedanken versunken da zu sitzen, bis sich
die Brüder bei ihm versammelten, die von ihrem Gebet zurückgekommen
waren. Dann pflegten einige von den Brüdern ihm philosophische Fragen
zu stellen, andere befragten ihn nach der Kunst des Gebetes und andere
wiederum baten ihn um eine Interpretation der heiligen Schriften. So
verging der erste Teil der Nacht. Dann verabschiedete er alle Brüder. Die
restliche Nacht verbrachte er im Gebet, bis er sich hinlegte und innerlich
ruhte. Mit der Morgenröte des neuen Tages setzte er sich auf sein Bett und
stellte sich in Gedanken die Weltkinder vor und überdachte ihre Lage und
überdachte die Mittel, wie er ihnen zum Heil verhelfen könnte.

16

.Ein Mönch ist ein Mönch, weil er um Almosen bettelt, weil er die Kutte
trägt, weil er von anderen Mönch genannt wird, eil er sich selbst als
Mönch bekennt. Komm, Mönch! rufen die andern. Ein Mönch hat die
Vollmacht, den Gebenedeiten als seine Zuflucht anzurufen, die Wahrheit
und den Orden. Ein Mönch bringt Freude. Ein Mönch verkörpert das
Wesentliche. Ein Mönch ist ein Lernender, ein Schüler. Er fügt sich
harmonisch in den Orden ein. Er ist geprüft und siebenfach geläutert. Er
hat sich entschieden. Er handelt in Übereinstimmung mit der Wahrheit und
der Regel des Ordens. Er ist ausdauernd. Der so lebt, ist wahrhaft ein
Mönch.

17

Der Mönch ist einem Weltmann vergleichbar,


Wenn der seinen Körper badet
Und mit kostbarem Salböl salbt,
Sein Haupt mit Blumen schmückt
Und sich in reine Gewänder hüllt,
Dann wird der Weltmann Sohn eines edlen Vaters genannt.
Ebenso ist es mit dem pilgernden Mönch,
Denn er ist rein in den Tugenden,
Er bekleidet sich mit den Gewändern der Gebote,
Er ist vollendet in seiner inneren Haltung,
So wird er der wahre Sohn des Gebenedeiten genannt.

18

Was will der erreichen,


Der entschlossen ist,
Seinen Vater zu verlassen?
Er ist nun ein Jünger,
Ein pilgernder Mönch,
Nicht länger ein Weltmensch.
Sein Geist ist beständig
Auf die Wahrheit gerichtet,
Sein Verhalten ist so klar
Wie eine Schneeflocke oder ein Kristall,
Er strebt nicht nach Reichtum
Und strebt ebenso wenig nach Ruhm.
Es gibt für ihn keinen anderen Weg,
Als zu pilgern und zu studieren.
Er soll Geist und Körper schulen,
Er soll sich mit den Weisen anfreunden
Und ihnen Achtung erweisen,
Er soll die Unbill der Witterung ertragen
Und gefrorene Straßen beschreiten,
Sein Stab begleite ihn auf allen Wegen,
Drachen und Schlangen zu vertreiben,
Menschenfresser und Dämonen zu vertreiben.
Er soll nicht belästigt werden
Durch das laute Lärmen der Welt.
Seine Freunde sind die Mönche im Kloster,
Die die Weisheit erforschen.
Hüte dich davor, von anderen verführt zu werden
Zu der Sinnlosigkeit weltlichen Treibens.
Nun, da du Mönch bist, ist es deine Pflicht,
Den engen Weg zu beschreiten.
Sei nicht gebunden an die Welt
Und meide das Triviale und Profane.
Erhebe dich zur ewigen Weisheit
Und verweigere auch nicht harte Arbeit.
Halte dich fern vom Lärm
Und eitlen Getriebe der Welt
Und mach ein Ende mit aller Begierde.
Denk an den, der sich im Schnee gewälzt,
Um die Begierde auszulöschen.
Sei stets eifrig in der Erforschung der Weisheit,
Erweise den Hirten deine Achtung.
Hitze und Frost ertrage
Und ertrage alle Entbehrungen.
Denke nicht an weltlichen Wohlstand
Und sei nicht deprimiert,
Wenn du verachtet wirst.
Strebe danach, dich selbst zu erkennen
Und sei nicht abhängig von anderen Menschen.
Schließlich wirst du dem Meister begegnen
Und in die vollkommene Weisheit eingeführt.
Dann wirst du nicht länger Unkraut
Für eine Heilpflanze halten.

19

Ich bin die freie Frau!


Oh, wie frei bin ich!
Wie frei von der Plackerei der Küche!
Einst schmutzig zwischen meinen Kochtöpfen,
Achtete mich mein Mann als gering,
Während er unterm Sonnenschirm saß
Und müßig war.
Gereinigt von meinen früheren Lüsten
Und gereinigt von allem Hass,
Verweile ich in schönen Träumen
Im Schatten eines Feigenbaumes,
Oh wie wohl mir ist!
Obwohl ich leide und schwach bin
Und der Frühling meiner Jugend verwelkt ist,
Hab ich mich auf meinen Stab gestützt
Und den Gipfel erklommen.
So lehne ich mich an den Felsen,
Der Mantel ist von meiner Schulter geglitten,
So vertreibe ich die Finsternis,
Die mich so lange gefangen hielt.

20

Mit dem Pflug das Feld aufreißend,


Saat in die Ackerfurchen säend,
So gewinnt der Bauer seine Ernte,
Erfreut sich an seinem Gewinn
Und an seinem Weib und seinen Kindern.
Warum aber ich,
Dessen Seele sich rein erhält,
Der den Willen des Meisters tut,
Der ich nicht faul bin in den Werken der Barmherzigkeit,
Der ich nicht aufgebläht bin von Stolz,
Warum genieße ich nicht
Die Freuden des Paradieses?
Ich beobachte das Wasser eines Baches,
Der hinabrieselt,
Mein Herz übt sich in Geduld,
Wie man ein Pferd zureitet,
So zähme ich mein Herz,
Und auf meinem Lager sitzend
Beobachte ich die Flamme der Kerze.
Ich stoße den Docht tief in das flüssige Wachs!
Siehe, das Paradies der Flamme!
Die Freiheit glüht wie die ewige Morgenröte!
Meine Seele ist frei im Geist!
21

Obwohl ich einer bin, ihr Mönche, der von dem Erlöschen redet, gibt es
einige Prediger, die mich nicht wahrheitsgemäß wiedergeben,
missverständlich, wenn sie sagen: Der Gebenedeite will, dass wir alle zu
Nichts werden! Er verkündet die totale Vernichtung der Seele, das absolute
Aufhören der existenziellen Wesenheit! – Nein, ihr Mönche, das ist es
nicht, was ich predige, diese Prediger geben mich falsch wieder. Seit eh
und je, ihr Mönche, predige ich über das Leiden und die Erlösung! Aber
wenn andre, ihr Mönche, den Gebenedeiten verleumden und verschmähen,
so ist doch deshalb in dem Gebenedeiten wegen dieser Menschen kein
Groll und kein Gram, keine Störung meines himmlischen Friedens.

22

Da sprach der Herr zu den Mönchen und sagte: Von der Ursache kommt
die Wirkung. Von der Nichterkenntnis kommt das Schicksal, vom
Schicksal kommt das persönliche Bewusstsein, von dem persönlichen
Bewusstsein kommt die leibseelische Wirklichkeit, von der leibseelischen
Wirklichkeit kommt die sinnliche Wahrnehmung, von der sinnlichen
Wahrnehmung kommt das Gefühl, vom Gefühl kommt die Begierde, von
der Begierde kommt das Nehmen, vom Nehmen kommt das Werden, vom
Werden kommt die Geburt, von der Geburt kommt das Leiden, das Altern,
das Sterben. Auf diese Weise entstehen die schlimmen Leiden. Aber wenn
die Nichterkenntnis aufhört, dann hört auch das Schicksal auf, wenn das
Schicksal aufhört, dann hört auch das persönliche Bewusstsein auf, wenn
das persönliche Bewusstsein aufhört, dann hört auch die leibseelische
Wirklichkeit auf, wenn die leibseelische Wirklichkeit aufhört, dann hört
auch die sinnliche Wahrnehmung auf, wenn die sinnliche Wahrnehmung
aufhört, dann hört auch das Gefühl auf, wenn das Gefühl aufhört, dann
hört auch die Begierde auf, wenn die Begierde aufhört, dann hört auch das
Nehmen auf, wenn das Nehmen aufhört, dann hört auch das Werden auf,
wenn das Werden aufhört, dann hört auch die Geburt auf, wenn die Geburt
aufhört, dann hören auch Leiden und Alter und Sterben auf. So hören die
schlimmen Leiden schließlich auf.
23

Zwei Mönche trafen sich in einem Hain. Da sprach der junge Mönch zu
dem alten Mönch: Abgesehen vom Glauben, Ehrwürdiger, abgesehen von
deiner Zuneigung und abgesehen vom bloßen Hörensagen, abgesehen vom
logischen Denken und von theoretischen Disputen, hat Ehrwürden aus sich
selbst die Erkenntnis, dass das Aufhören des Werdens das Paradies ist? –
Da sprach der alte Mönch: O mein junger Freund, abgesehen von dem
Glauben und all dem andern, erkannte ich: Das Aufhören des Werdens ist
das Paradies! – Da sprach der junge Mensch: Ehrwürden ist ein Weiser, für
den aller Rausch vorüber ist! – Da schwieg der alte Mönch. Die Wahrheit
vom Aufhören des Werdens hat das Zeichen des himmlischen Friedens.
Sein Sinn ist, nicht mehr zu sterben. Es manifestiert sich als das
Unaussprechliche.

24

Einst weilte der Gebenedeite in einem Wildpark und sprach dort zu den
Mönchen, die bei ihm waren: O ihr Mönche, der, der ausgezogen ist als
Pilger, soll sich vor zwei Extremen hüten, einerseits vor der Hingabe an
die Sinnenlust und andererseits vor der Hingabe an die allzu strenge
Askese. Indem er diese beiden Extreme vermieden hat, ist der Gebenedeite
zur Erkenntnis des goldenen Mittelwegs gekommen, der Einsicht und
Erkenntnis verleiht, der zu Frieden führt, der Erlösung bringt und in das
Paradies führt.

25

Was ist der Weg, der zur Erlösung führt? Es sind die acht Wege, die Ein
Weg sind, nämlich: Richtige Anschauung, richtiges Wollen, richtiges
Reden, richtiges Tun, richtiges Leben, richtiges Streben, richtige
Achtsamkeit, richtige Begeisterung. Was ist richtige Anschauung? Das
Wissen um das Übel, das Wissen um das Aufhören des Übels und um den
Weg, der zum Aufhören des Übels führt. Was ist richtiges Wollen? Der
Wille zur Entsagung, der Wille zu Güte und Freundlichkeit. Was ist
richtiges Reden? Enthaltung von Lügen, übler Nachrede, Beleidigung und
sinnlosem Geschwätz. Was ist richtiges Tun? Nicht töten, sich nichts
nehmen, was nicht gegeben ist, sich nicht der Fleischeslust hingeben. Was
ist richtiges Leben? Den Lebensunterhalt auf eine würdige und heilige Art
verdienen. Was ist richtiges Streben? Hier, o ihr Mönche, bemüht sich der
Mensch, die Geisteskraft aufzubringen, um böse Leidenschaften sich nicht
erheben zu lassen. Zu diesem Zweck zügelt und beherrscht der Geist seine
Leidenschaften. Dann strebt sein Geist, dass gute Leidenschaften zu einer
inneren Gewohnheit werden. Sein Geist strengt sich an, um die guten
Seelenkräfte immer mehr zu vervollkommnen. Und was ist richtige
Achtsamkeit? Hier betrachtet der Bruder seinen Leib achtsam, indem er
die Begierde als auch die Traurigkeit überwunden hat. Was seine Gefühle,
Vorstellungen und Gedanken betrifft, so bleibt sein Geist achtsam und
aufmerksam. Und was ist die rechte Begeisterung? Hier tritt der Bruder,
frei von sinnlicher Begierde und bösen Gedanken, in die erste Phase ein, in
der Nachdenken und Überlegung ist, Freude und Ruhe. Indem er die
Nachdenklichkeit überwindet, tritt er in die zweite Phase ein, sie ist voller
Freude und Ruhe und Freiheit des Geistes, der Geist ist ruhig und sicher
auf das Höhere gerichtet. Enttäuscht von dem Jubel, tritt der Bruder in die
Beschaulichkeit ein und ihm wird wohl sein. So tritt er in die dritte Phase
ein. Indem er dann über Wohlbehagen und Unbehagen hinausgeht, indem
er über Glück und Melancholie hinausgeht, kommt er in die Phase der
Verzückung der Reinheit und der Gelassenheit. Das ist die richtige
Begeisterung.

25

Der Gebenedeite sprach: Ihr Mönche, es gibt drei Übungen. Die Übung in
höherer Ethik, ich höherem Denken, in höherer Weisheit. In der Übung in
höherer Ethik lebt der Mönch selbstbeherrscht und enthaltsam, bei
Führung des reinen Lebenswandels sieht er eine Gefahr für seine Seele
auch in den lässlichen Sünden. Er akzeptiert die reine Morallehre und übt
sich darin. Bei der Übung im höheren Denken übt der Mönch, der
sinnlichen Begierde entrückt, die Kunst der Beschauung. In der Übung in
höherer Weisheit erkennt die Mönch die wahre Bedeutung der Entstehung
des Übels, den Weg zum Ende des Übels. Dies sind die drei Übungen.

26
Der Gebenedeite sang:

Wenn ein weiser Mann, gefestigt in der Tugend,


Bewusstsein und Verständnis in sich rein entwickelt,
Dann wird es ihm als eifrigem und klugen Mönch
Gelingen, alle innere Verworrenheit zu entwirren.

27

Was ist Liebe und Freundlichkeit, Mitleid und Freude? Die Liebe ist süß
und schmelzend, daher ist sie Liebe und Freundlichkeit. Ihr Sinn ist: Sie
befreit vom Ich. Sie geschieht im Hinblick auf einen Freund oder eine
Freundin. Sie ist das Verhalten einem Freund oder einer Freundin
gegenüber. Dies ist Liebe und Freundlichkeit. Wenn es Leiden gibt, bewegt
dies die Herzen guter Menschen, das ist das Mitleid. Oder man bekämpft
das Leiden anderer und vernichtet es, auch das heißt Mitleid. Oder das
Mitleid wird ausgeschüttet über die Leidenden und durchdringt ihre
Seelen. Die Mitleid haben, sind froh, es ist das reine Maß des Frohseins,
deshalb ist es Fröhlichkeit. Liebe und Freundlichkeit mehren das
Wohlergehen des Nächsten. Es ist die Aufgabe der Guten, das
Wohlergehen des Nächsten zu mehren. Das Anliegen der Liebe ist es, dass
der Mensch alle Menschen als liebenswert ansieht. Die Liebe ist
erfolgreich, wenn sie die bösen Neigungen überwindet, und sie scheitert,
wenn sie den selbstsüchtigen Interessen erliegt. Mitleid beruht darauf, dass
man die Leiden des Nächsten nicht ertragen kann. Mitleid ist
Nichtgrausamkeit. Es sieht die Hilflosigkeit des Nächsten, der vom Leiden
überwältigt ist. Freude ist das Frohsein über den Fortschritt des Nächsten.
Freude beruht darauf, dass man nicht neidisch ist. Freude beruht auf der
Beseitigung der Abneigung und der Langeweile. Die wahre Freude
scheitert, wenn sie sich zum Spaß degeneriert. Gleichmut aber ist
Unvoreingenommenheit allen Menschen gegenüber. Man sieht alle
Menschen als Brüder und Schwestern. Das Ziel von Liebe und
Freundlichkeit, von Mitleid und Freude und vom gelassenen Gleichmut ist
die Seligkeit der Weisheit und ein glückseliges kommendes Leben.

28
Was sind die vier Phasen in der Entwicklung eines Heiligen? Es sind diese
vier Phasen: die natürliche Laufbahn, die entscheidende Laufbahn, die
Anpassung und das Beharren. Was ist die natürliche Laufbahn? Es gehört
zum Heiligen, dass er Vater und Mutter ehrt, die Mönche und Priester ehrt,
tugendhaft lebt, Almosen spendet, Irrende belehrt, Verdienste erwirbt und
den Gebenedeiten und seine Jünger liebt. Und was ist die entscheidende
Laufbahn? Geängstigt durch die Macht der Vergänglichkeit, bemüht sich
der Heilige entschieden, mit der Verehrung des Gebenedeiten, die Macht
der Vergänglichkeit zu vernichten. Und was ist die Phase der Anpassung?
In dieser Phase wird das Wesen des Heiligen mystisch erleuchtet. Und was
ist die Phase des Beharrens? Dies bedeutet, dass der Heilige nicht in der
Versenkung verschwindet, sondern zu den Verlorenen in der Welt
zurückkehrt.

29

DER ABSCHIED

Als Jünger des selben Meisters,


In der selben Lehre unterrichtet,
Sind wir beide, du und ich, Brüder.
Schau die weißen Nebel,
Die in den Lüften schweben,
Sie kehren heim in die Höhe.
Dieser Abschied kann
Unsre letzte Begegnung
In diesem Leben sein.
Nicht nur im Traum,
Sondern auch in unsern tiefen Gedanken,
Wollen wir uns nach dem Leben

Noch oft begegnen, mein Bruder.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

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Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
EINE ZELEBRATION FÜR EVI

Von Josef Maria Mayer

Erwärmung der Herzen der Jugend mit gelehrtem Eifer, ich will lieben den
Anfang meiner Rede, denn er ist es, der erleuchtet mit der Fackel die
Jugend.

Sie, die die Stadt setzt in Flammen, Evi, die gebenedeite Dirne, deren
Atem riecht nach Gold und mein Wunsch lag ihr nackt bei in meinem
Traum die ganze Nacht lang, bis die süße Dämmerung kam, da entpuppte
es sich alles als nichts. Nicht mehr werde ich im Loch der grausamen
Schönheit mich selbst beweinen, jetzt hat der Schlaf mir alles gewährt.

Der Tag ist angebrochen, Evi, und bei der lange steigenden Frühe der
Hahn kräht und beschwört die neidische Dämmerung, ein Fluch komme
auf dich von den neidischsten Hühnern, Hahn, denn du treibst mich von zu
Hause weg auf das unermüdliche Schnattern der jungen Hühner hin. Du
bist alt geworden, Tithonus, oder warum jagst du deine Gemahlin Eos so
früh aus deinem Bett?

Mein Diener, trunken mache mich mit dem Öl der Lampe, die stille
Vertraute der Dinge kann nicht sprechen, und dann geh: Denn Eros allein
liebt keine lebenden Zeugen; und, mein Diener, schließ die Tür. Und dann,
liebe Evi... aber du sollst lernen in meinem Bett der Liebenden Künste,
der Rest ist Aphrodites Geheimnis.

Josef kaufte mich, diese Silber-Lampe, die vertrauenswürdige Vertraute


der Liebe der Nacht, und jetzt bleibe ich an ihrem Bett, mit Blick auf die
Unzucht des abgeschworenen Weibes. Aber du, Josef, am besten bleibst du
wach, geplagt von der grausamen Behandlung, und wir beide brennen weit
weg voneinander.

Josef schwor Evi, dass noch nie ein Knabe noch eine andere Frau war ihm
lieber als sie. Er schwor, aber es ist wahr, was sie sagen, dass der Freier
Eide nicht dringen zu den Ohren der Unsterblichen. Jetzt ist er glühend vor
Liebe zu dem jungen Mädchen Julia, und die arme Evi kann auf sein Wort
nicht mehr zählen.

Liebe Lampe, dreimal schwor er Evi, der hier anwesenden, zu ihr zu


kommen und kommt doch nicht. Lampe, du verlöschst bald. Ein Gott
nehme das Licht dem betrügerischen Weib. Wenn sie einen Freund zu
Hause hat und mit ihm Liebesspiele treibt, soll ihr kein Licht scheinen.

Evi spricht: Heilige Nacht und Lampe, euch wählten wir beide zu Zeugen
unserer Eide: er schwor, mich zu lieben, und ich schwor, ihn nie zu
verlassen, und ihr wart der Eide Zeugen. Aber jetzt sagt er, dass sein Eid
geschrieben wurde in fließendes Wasser, und du, o Lampe, siehst ihn an
dem Busen Karinas.

Ich, dein Josef, wünsche alle Freude meiner süßesten Evi, wenn sie Freude
von mir annehmen mag. Deine Augen unterstützten nicht mehr diese
desolate Trennung und
mein einsames Bett ohne dich. Schon in Tränen gebadet, gehe ich zum
Tempel der Artemis, der Großen Mutter. Aber morgen wird mich meine
eigene Stadt zurück empfangen, und ich werde dem Licht deiner Augen
zufliegen und dir tausend Segenswünsche wünschen.

10

Ich hasse! Warum greift Eros nicht mit seiner schweren Göttlichkeit an die
wilden Tiere, sondern schießt immer nach meinem Herzen? Welch ein
Gewinn ist es für einen Gott zu verbrennen einen Mann, oder welche
Trophäe des Preises wird er mit meinem Kopf gewinnen?

11

Aphrodite, wenn du denen hilfst am Meer, rette mich, geliebte Göttin, der
umkommt an Land mit dem zerstörten Schiff!

12

Lass uns baden, Evi, mit Kränzen auf unseren Köpfen, und trinken
ungemischten Wein, heben wir die größeren Becher! Kurz ist die
Jugendzeit der Freuden, und dann im weisen Alter wird uns alles versagt
und zuletzt kommt der Tod.

13

Evi hat vollendet fünfzig Jahre, aber es ist immer noch die Masse ihres
schwarzen Haares, wie es war, und noch sind die Marmorkugeln ihrer
Brüste standhaft! Noch ist ihre Haut ohne eine Falte und duftet nach
Ambrosia, betaut von einer großen Faszination und zehntausend Grazien!
Ihr Liebhaber, deren heftige Wünsche nicht schrumpfen, ihr kommt zu ihr,
nicht eingedenk ihrer fünf Jahrzehnte.

14

Evis Kuss ist süß, wenn es um den Machtbereich ihrer Lippen geht, wenn
sie nur leicht berühren den Mund. Aber sie berührt nicht mit dem Rand der
Lippen; mit ihres Mundes Spalte nahe sie sauge die Seele aus der
Fingerspitze!

15

Wo ist nun Praxiteles? Wo sind die Hände des Polyklet, die Leben den
Werken der antiken Kunst gegeben haben? Wer soll eine Form von Evis
duftenden Locken bilden, oder von ihren feurigen Augen und der Pracht
ihres Halses? Wo sind die Bildhauer, die Schnitzer in Stein? Solche
Schönheit, wie das Bild einer Göttin, verdient einen Tempel!

16

Golden-gehörnter Mond, und all ihr Sterne, ihr leuchtet rund und sinkt in
den Schoß des Ozeans, schaut zu, denn die parfümierte Evi ist weg und hat
mich verlassen, und sechs Tage schon suche ich sie vergeblich. Aber wir
werden sie unbeschadet wieder einfangen, wenn ich die silbernen
Jagdhunde der Aphrodite auf ihre Spur schicke.

17

Hüterin der wellengeschlagenen Ufer, ich sende dir, Aphrodite, diesen


kleinen Kuchen und ein einfaches Geschenke zum Opfer. Denn morgen
werde ich überqueren das breite Ionische Meer, hastend in den Schoß
meiner Evi. Gib Gnade für die Lage meiner Liebe, du, die du bist die
Königin gleichermaßen der Wellenkämme und des Ufers.

18

Wir, die wir keine Lust haben an teuren Intrigen, wir sind lieber keine
Diener der edlen Damen von hohem Stand. Letztere riechen nach Parfüm,
und geben sich die Düfte ihrer besitzenden Klasse, und sie sind sogar bei
dem Rendezvous noch kühl. Der Charme und Duft einer Herrin ist ihnen
eigenen, und ihr Bett ist nimmer bereit. Ich aber ahme Pyrrhus nach, den
Sohn des Achilles, der der Edeldame Andromache die Sklavin Hermine
vorgezogen.

19
Ich habe mir gesagt, von Knaben nach wie vor zu schwärmen, aber jetzt
heißt es, ich bin verrückt nach Frauen, und statt der Rassel liebe ich das
Loch. Statt von dem unverfälschten
Teint von Knaben bin ich jetzt gern von Pulver und Rouge und Schminke
der Frauen umgeben. Delphine gilt es zu füttern in den Wäldern von
Erymanthus und Flotten von Hirschen im grauen Meer.

20

Ich will nicht ein junges Mädchen, sondern einen Bund mit einer reifen
Frau. Das eine schadet, das andre verehre ich. Weder unreife Trauben noch
Rosinen hätte ich, aber eine Schönheit, reif für die Kammer der Liebe.

21

Habe ich dir nicht gesagt, Evi, dass wir beide alt werden, habe ich nicht
vorhergesagt, dass die Zerstörer der Liebe bald kommen? Jetzt sind sie da,
die Falten und die grauen Haare, ein welker Körper, und ein Mund, dem
fehlt all sein früherer Charme. Hat jemand jetzt den Willen, deine stolze
Schönheit anzuflehen? Nein, ich liebe einen anderen Weg: In dem Grab
sind wir beide vereint...

22

Eros, der Geber der süßen Geschenke, gab mich dir, Evi, zu deinem
Diener, brav im Joch zu gehen, dein Joch kam auf meinen Hals, und bog
sich vor Lust, all meinen eigenen freien Willen beugend, all meine eigenen
Wünsche, nun bin ich ein bitterer Sklave, ich werde nie nach Freiheit
fragen, nie, meine Liebe, bis ich grau und alt geworden. Möge kein Böser
Blick je blicken auf unsere Hoffnung!

23

Mögest du so schlafen, Evi, wie du mich schlafen lässt vor diesem kalten
Portal; mögest du schlafen auch so grausam, wie du den wegsendest, der
es liebte, mit dir zu schlafen. Nicht ein Schatten des Mitleids berührt dich!
Die Nachbarn haben Mitleid mit mir, aber du nicht
einen Schatten von Mitleid. Eines Tages werden die grauen Haare
kommen, dich an all dies zu erinnern.

24

Meine Seele warnt mich, vor Eros und Evi zu fliehen, denn gut kenn ich
die Tränen und Eifersüchteleien der Vergangenheit. Eros gebietet, aber ich
habe keine Kraft zu fliehen, denn das schamlose Weib selbst mahnt mich,
sie zu verlassen, und sogar während sie mich mahnt, küsst sie mich.

25

So oft ich in Evis Armen liege, ob ich komme am Tag oder waghalsiger
noch am Abend, ich weiß, dass ich meinen Weg gehe am Rand eines
Abgrunds, ich weiß, dass ich jedes Mal rücksichtslos mein Leben
vergeude. Aber was nützt es mir das zu wissen? Mein Herz ist voll, und
wenn Eros mich führt, kennt mein Herz keine Schatten der Angst.

26

Ob ich dich sehe, meine Königin, mit glänzenden Rabenlocken, oder


wieder mit hennarotem Haar, der gleiche Charme erleuchtet deinen Kopf.
Wahrlich, Eros wird sich noch erheben in diesem Haar, wenn es grau ist!

27

Wo, Evi, ist jetzt der bewunderte Glanz deiner berühmten Schönheit? Wo
sind sie, deine verächtliche Stirn und dein stolzer Sinn, dein langer
schlanker Hals, und die reichen Gold-Kettchen deiner hochmütigen
Knöchel? Jetzt ist dein Haar schmucklos und ungepflegt und Lumpen
hängen bis zu deinen Füßen. So ist das Ende der verlorenen Dirnen.

28

Nun, ich bin so von ihrer Gnade begünstigt, sie bietet mir einen guten Tag,
wenn die Marmorglätte von den Wangen weg ist, jetzt albert sie mit mir,
wenn die Locken ausfallen, die sie sonst auf ihren stolzen Hals warf.
Komm mir nicht zu nahe, triff mich nicht, Spötterin! Ich akzeptiere nicht
eine Brombeere für eine Rose.
29

Süßigkeit ist wirklich, wer leugnet das? Aber wenn sie Geld verlangt, wird
sie bitterer als Tabak.

30

Alles was Homer sagt, ist gut gesagt, aber am besten, dass Aphrodite
golden ist. Denn wenn, mein Freund, du die Münze bringst, gibt es keinen
Pförtner, der sich dir in den Weg stellt, noch wird der Hund bellen vor der
Tür. Aber wenn du ohne Geld kommst, gibt es den Höllenhund dort.

31

Früher gab es drei Grazien, eine goldene, eine silberne und eine eherne,
aber Evi ist nun alle drei Grazien. Sie ehrt den Mann, selbst wenn er alt ist,
und sie küsst den ehernen Mann, und sie wird niemals den Rücken
zuwenden dem silbernen Mann - Sie ist eine sehr weise Frau, wie Nestor.
Ich denke sogar, dass Zeus kam zu Danae, nicht als Goldregen, sondern er
brachte hundert Goldmünzen.

32

Du tust alles, Evi, wie deine Namenspatronin. Ich weiß dies, und es geht
mir zu Herzen. Dir tropft Honig aus den Lippen, wenn du sanft küsst, und
wenn du um Geld bittest, stichst du mich unfreundlich.

33

Du hast dich ergossen als ein Goldregen auf Danae, Olympischer Zeus,
dass das Kind sich dir ergeben konnte wegen des Geschenks, und brauchte
nicht in Ehrfurcht vor dir zittern, weil du Gott bist.

34

Zeus hat sich gekauft Danae für Goldströme, und ich kaufe dich für eine
Goldmünze. Ich kann nicht soviel geben wie Zeus.
35

Ich beurteilte die Reize der drei Weiber, denn sie selbst wählten mich, sie
zeigten mir den nackten Glanz ihrer Glieder. Wenn Paris, der die Göttinnen
beurteilt hatte, gesehen hätte diese drei Weiber, es wäre keine Lüge: Er
hätte nicht gewünscht zu schauen die Göttinnen.

36

Karina, Julia und Evi strebten mit einander, sie wählten mich als Richter,
und wie die Göttinnen, berühmt für ihre Schönheit, standen sie nackt,
eingetaucht in Nektar. Ich wusste genau, was Paris erlitten wegen seinem
Urteil, und so gab ich sofort den Preis allen drei Göttinnen.

37

Nimm nicht in die Arme eine Frau, die zu hager ist, noch eine, die zu dick
ist, sondern wähle den goldenen Mittelweg zwischen den zweien. Die erste
hat nicht genug weibliche Rundungen, und die zweite ist zu mollig. Wähle
weder Mangel noch Überfluss.

38

Eine feine und weitgehend gut gebaute Frau zieht mich an, Marcus, ob sie
in ihrer Blüte ist, oder eine reife Frau. Wenn sie jung ist, wird sie sich eng
an mich klammern, wenn sie reifen Alters ist, wird sie Fellatio mit mir
treiben.

39

Muss ich nicht sterben? Welche Pflege werde ich haben, wenn ich im
Hades gehe mit krummen Beinen? Ich werde viele haben müssen, die mich
tragen, so lahm bin ich geworden. Solange es noch geht, wie du siehst, bin
ich ganz einfach heiter, und verpasse nie wieder ein gutes Essen.

40

Höre nicht auf deine Mutter, Evi, einmal ist es Mitternacht und die
Laternen werden ausgeschaltet in der Stadt, achte nicht auf solche, die sich
lustig machen über uns, sondern gib ihnen eine freche Retourkutsche, und
versuch, darin noch erfolgreicher zu sein, als ich es war. Lass nichts
unversucht, wähle deine eigene Wohnung und deinen eigenen Schreibstil
und sag mir, dass es dir gefallen hat, das ich dich besucht habe. Versuch es,
und verhalte dich gut. Wenn du etwas für die Miete und einen Mantel
brauchst, frag mich nur. Wenn du mit einem Knaben schwanger bist, bring
ihn zur Welt, ich bitte dich! Sei nicht beunruhigt darüber: wenn er
aufwächst, wird er schon herausfinden, wer sein Vater ist.

41

Wer hat dich so geschlagen und drehte sich halb nackt von dir weg, wie
diese? Wer hatte so steinern ein Herz und keine Augen, freundlich zu
gucken? Vielleicht kam er zur Unzeit und fand sie mit einem Liebhaber
beschäftigt? Das ist eine Sache, die passiert, alle Frauen tun es, mein Kind.
Aber in Zukunft, wenn jemand bei dir drinnen ist, und dein Mann ist
draußen, verschließe die Außentür, damit die gleiche Sache dir nicht noch
einmal passiert.

42

Ich mag eine Frau nicht, die zu geil ist, und ich mag eine Frau nicht, die zu
prüde ist. Die eine gibt ihre Zustimmung allzu rasch, der andere viel zu
langsam.

43

Hat jemand sein Mädchen weggeschickt, nur weil er einen Liebhaber mit
ihr gefunden - wie sie schuldig geworden ist des Ehebruchs, wie wenn er
ein Weiser wie Pythagoras wäre? Und so, mein liebes Kind, du wirst dein
Gesicht mit Tränen benetzen, du wirst zittern vor des Wahnsinnigen Tür?
Wische deine Augen ab und hör auf zu weinen, meine Liebe, und wir
werden einen anderen finden, der nicht so gut darin ist, Dinge zu sehen.

44

Evi und Karina, die beiden Dirnen, reiten aus dem Hafen von Sanios.
Flieht alle, die ihr jung seid, vor Aphrodites Piraten, und wer angreift und
versenkt wird, der wird vom Meer verschlungen.
45

Ein junges Mädchen erhöht ihre kleinen Brüste nicht durch Kunst, sondern
durch Natur.

46

Er: Guten Abend. Sie: Guten Abend auch. Er: Wie ist dein Name? Sie:
Und wie der deine? Er: Sei nicht so neugierig, alles auf einmal wissen zu
wollen. Sie: Dann eben nichts. Er: Bist du beschäftigt? Sie: Ich bin bereit,
mich zu beschäftigen mit jedem, der mich will. Er: Willst du zum
Abendessen heute Abend kommen? Sie: Wenn du möchtest? Er: Sehr gut!
Wie viel wird es kosten? Sie: Gib mir nicht alles im Voraus. Er: Das ist
seltsam. Sie: Gib mir, was du mir geben willst, nachdem du mit mir
geschlafen hast. Er: Das ist gerecht. Wo wohnst du? Ich schicke dir das
Geld. Sie: Ich werde es dir sagen, wenn ich bei dir liege. Er: Und wann
kommst du? Sie: Jeder Zeit, wann du möchtest. Er: Ich will jetzt! Sie: Gut.
Gehen wir.

47

Ich habe oft gebetet, Evi, um dich in der Nacht entsprechend meiner
Leidenschaft mit glühenden Liebkosungen lieben zu dürfen. Und jetzt bist
du mir nahe, nackt mit deinen süßen Gliedern, und jetzt bin ich ganz matt
und schläfrig. Elender Geist, was ist dir widerfahren? Erwache und
schwächle nicht! Einige Tage sollst du vergeblich suchen diese höchste
Glückseligkeit.

48

Golden ihre Augen und ihre Wangen wie Kristall, und ihr Mund
Schöneres, als eine rote Rose. Ihr Hals ist aus Marmor und ihre Brüste
poliert; ihre Füße sind weißer als Silber der Thetis. Wenn aber hier die
Brennessel glänzt inmitten ihrer dunklen Locken, ich beherzige doch nicht
die Nachwirkungen.

50
Armut und Liebe sind meine beiden Wehe. Armut kann ich leicht tragen,
aber das Feuer der Aphrodite kann ich nicht ertragen.

51

Ich verliebte mich, ich küsste, ich war begeistert, ich genoss, ich bin
geliebt, aber wer bin ich? Und wer ist sie? Das weiß Aphrodite allein.

52

Eros legten wir das Gelübde ab und verbanden uns durch einen Eid. Aber
falsch ist sie, und ihr Eid war eitel, während meine Liebe überlebte, und
doch haben die Götter nicht manifestiert ihre Macht. Dies ist ein
Hochzeitslied. Hymen! Singe eine Totenklage an ihrer Tür, tadle ihr
treuloses Bett!

53

Die gewinnende Evi verletzt mich, lieber Adonis, reiße ihre Brüste auf
deine Bahre! Wenn sie mir die gleiche Ehre erweisen wird, wenn ich
sterbe, zögere ich nicht: Dann nimm mich mit dir auf die Reise!

56

Sie machen mich verrückt, die rosigen Lippen, die seelenschmelzende


Pforte ihres ambrosischen Mundes, und die Augen, die unter feinen
Augenbrauen Netze stellen und blinkende Fallen meinem Herzen
auslegen, und die milchigen Brüste, kaum verhüllt, voller Charme, gut
geformt, schöner als jede Magnolienblüte. Aber warum bin ich wie ein
Knochen für hungrige Hunde?

57

Eros, wenn du verbrennst meine verbrannte Seele, meine Seele wird


wegfliegen, sie hat auch himmlische Flügel, mein Knabe.

58
Kleiner Eros, verschwendest du auf mich alle Pfeile aus deinem Köcher?
So sollst du mich töten mit deinen Pfeilen! Und wenn du auf einen anderen
schießen willst, wirst du keinen Pfeil mehr finden in deinem Köcher.

59

Sie sagen: Man sollte vor Eros fliehen! - Es ist alle Mühe vergebens, wie
soll ich zu Fuß fliehen vor einem geflügelten Wesen, das mich in der Nähe
verfolgt?

60

Die silberfüßige Frau war reizend, wie ein Wasserfall die langen Haare
fielen auf die Äpfel der Brüste, glatt wie Milch. Ihr runder Hintern, ihr
Fleisch, fließender als Wasser, rollte und warf sich herum, wenn sie sich
bewegte. Ihre Hand bedeckte die Schwellung
der Scham, nicht ganz, aber so viel, wie sie konnte.

61

Das Spielen im Bett mit der blauäugigen Evi ließ sie lachen süß von
ganzem Herzen. Ich habe dich aufs Bett geworfen, sagte ich, zwölfmal,
und morgen werde ich dich aufs Bett werfen wieder zwölfmal oder sogar
mehr noch, ich weiß nicht wie oft. – Dann kam sie am nächsten Morgen
und lachend sagte ich zu ihr: Ich wünschte, ich hätte dich angerufen um
Mitternacht, ich musste es mir selbst besorgen.

62

Die Zeit hat noch nicht deine Schönheit verwelken lassen, viele Relikte
deines Frühlings überlebten. Dein Charme ist noch nicht gealtert, noch ist
die Lieblichkeit nicht fortgegangen von deinen hellen Äpfeln oder deiner
Rose. Ah! wie vielen Herzen hat der Gott der Zeit die Schönheit zu Asche
verbrannt!

63

Evi, ich habe geglaubt, du wärst eine Sizilianerin, aber du hast dich jetzt
von einer Griechin zu einer Perserin umgewandelt.
64

Schnee und Hagel hellen die Dunkelheit auf, Donner schüttelt über die
Erde all seine schwarzen Wolken! Wenn du mich schlägst, dann werde ich
aufhören, dich zu schlagen, wenn du mich leben lässt, sollst du auch leben.
Was kann mir passieren schlimmer als das, dass ich mit Gesang durch
deine Tür gehe, denn der Gott zwingt mich, der dein Meister ist, Zeus, er,
dessen Opfer du bist, er wandte sich zu dir im Goldstrom und hat
durchbohrt die eherne Kammer.

65

Zeus kam wie ein Adler als Gott zu Ganymed, wie ein Schwan kam er zu
der schönen Mutter der Helena. So gibt es keinen Vergleich zwischen den
beiden Dingen; eine Person mag das eine, eine andere Person mag das
andere; ich mag beides.

66

Ich fand Evi allein, da bat ich sie, und sie faltete ihre ambrosischen Knie.
Rette, sagte ich, einen Mann, der fast verloren ist, und gewähre mir einen
kleinen Atemzug. - Als ich das sagte, weinte sie, aber wischte sich die
Tränen ab mit ihren zarten Händen und hat mich leicht geschlagen.

67

Schönheit ohne Charme nur freut uns, aber sie hält uns nicht, es ist wie ein
Haken, der schwimmt ohne einen Köder.

68

Entweder man macht einen Anschlag auf Liebe, Eros, dass hinzugefügt
werde die Gegenliebe, oder man muss die Liebe entweder abzuschaffen
wünschen oder zu mäßigen bis zur Freundschaft.

69
Als Pallas Athene und die goldenbeschuhte Hera sahen Evi, riefen sie
beide aus ganzem Herzen: Wir werden nicht wieder ablegen die Kleider;
ein Urteil des Hirten ist genug, es ist eine Schande, dass wir zweimal
verlieren im Wettbewerb der Schönheit.

70

Du hast die Schönheit Aphrodites, den Mund der Verführerin Peitho, die
Form und Frische der geflügelten Horen, die Stimme der Kalliope, die
Weisheit und Tugend der Themis, die Geschicklichkeit der Athene. Mit dir,
meine Geliebte, sind es insgesamt vier Grazien.

71

(...)

72

Das ist das Leben, und nichts anderes ist es, das Leben ist Freude; entfernt
die langweiligen Sorgen! Kurz sind die Jahre des Menschen. Heute ist
unser der Wein und der Tanz und blumige Kränze und Frauen! Heute
möchte ich gut leben, keiner weiß, was morgen sein wird.

73

Du Pfahl! Ich wusste nicht, dass Evi kommen würde, lösend mit ihren
Händen ihr Haar, dass es ihr falle auf den Nacken. Habe Erbarmen mit mir,
meine Königin, und sei nicht zornig auf meine Augen, die auf deine
unsterblichen Formen geschaut haben. Jetzt sehe ich! Es ist Evi die Göttin
der Schönheit und nicht Aphrodite. Dann woher sonst diese Schönheit! Du
hast, wie es scheint, die Göttin beraubt ihres Liebreizgürtels!

74

Ich sende dir diesen Kranz, Evi, den ich mit meinem eigenen Hände flocht
von schönen Blumen. Da sind Lilien und Rosen und betaute Anemonen
und zarte Narzissen und lila-glänzende Veilchen. Trage ihn und höre auf,
eitel zu sein. Sowohl du und die Blumen-Girlande werden verwelken.
75

Wisse, Aphrodite, dass Evi, ein schönes Weib, war meine Nachbarin und
setzte mein Herz nicht wenig in Flammen. Sie selbst wollte nur scherzen
mit mir, und als ich die Möglichkeit hatte, wurde ich waghalsig. Früher
errötete sie schnell. Gut, das half ihr nichts, sie fühlte die Stiche. Mit
großer Mühe gelang es mir, und ich sagte mir, jetzt, dass sie wohl mit
einem Kind niederkomme. Also, was soll ich tun, aufhören zu lieben oder
verliebt bleiben?

76

Sobald ihr Teint sehr schön wurde, wie ihre Brüste hüpften, alles war gut,
ihre Knöchel fein, ihre Stirn denkend, ihre Haare schwarz und lang. Aber
die Zeit und das Alter haben eine Vergänglichkeit bewirkt, und jetzt sie ist
nicht der Schatten ihres früheren Selbst mehr da, sondern sie trägt gefärbte
Haare und hat ein faltiges Gesicht, hässlicher selbst als eine alte Äffin.

77

Wenn Frauen so viel Charme hätten, wenn alles vorbei ist, so wie sie
vorher charmant waren, würden die Männer nicht müde des Umgangs mit
ihren Ehefrauen, sondern alle anderen Frauen würden ihnen dann
unangenehm sein.

78

Meine Seele war auf meinen Lippen, als ich Tom auf die Stirn küsste.
Arme Seele! Sie kam hüpfend, die Straße überquerend, um ihn zu sehen.

79

Ich werfe die Äpfel auf dich, und du, wenn du mich liebtest von ganzem
Herzen, nimm sie und gib mir von deinem Jungfernkranz, Julia, aber wenn
deine Gedanken anders sein sollten, obwohl ich bete, du mögest mich
lieben, nimm die Äpfel still und reflektiere, wie kurz das Leben ist, wie
vergänglich die Schönheit.

80
Ich bin nur ein Apfel, einer, der dich liebt, wirft mich dir zu. Aber bei
deiner Zustimmung, Evi, wir beide, du und ich, verwesen.

81

Sie mit den Rosen, es ist rosig ihr Charme, aber was verkauft sie, sich
selbst oder die Rosen, oder beides?

82

Evi, was willst du mich so heftig baden? Bevor ich mich ausgezogen habe,
steht mein Glied in Flammen.

83

Wäre ich der Wind, dass du beim Wandeln am Strand in der Nacht um
deinen bloßen Busen die Haare flattern ließest! Oder nimm mich zum
Vorbild, wie ich zu blasen.

84

Wäre ich eine rosa Rose, dass deine Hand mich pflücken könnte und mich
stecken zwischen deine schneeweißen Brüste!

85

Du sparst deinen Jungfernkranz, Julia? Was nützt das? Wenn du im Hades


bist, wirst du keinen finden, der dich dort liebt. Die Freuden der Liebe sind
dem Land der Lebenden vorbehalten, denn am Acheron, liebe Jungfrau,
liegen wir in Staub und Asche.

86

Hab Erbarmen mit mir, lieber Apollon, denn du, Schütze des schnellen
Bogens, warst von dem raschen Pfeile des Eros selbst auch verletzt.

87
Evi leugnet, dass sie verliebt ist, aber sie schreit so laut, als ob sie eine
ganze Armee von Liebespfeilen erhalten habe. Wankend ist ihr Schritt und
es nimmt ihr den Atem, und sie hat dunkelviolette Schatten unter den
Augen. Aber ich liebe sie, denn von der schöngekränzten Aphrodite
entflammt, brennt das rebellische Weib, bis sie schreit: Ah, ich verbrenne!

88

Eros, wenn du nicht zwei in Flammen setzen kannst, so lösche die Fackel
oder übertrage die Flamme von ihm auf sie, dass auch sie verglüht.

89

Das ist nicht Liebe, wenn man in Hoffnung seine umsichtigen Augen
umherschweifen lässt und möchte eine Schönheit erhaschen. Aber wer ein
seelenvolles Gesicht sieht, der ist vom Pfeil des Eros durchbohrt,
angezündet ist die Wut seines Herzens - das ist Liebe, das ist Feuer! Von
der Schönheit begeistert sind alle, die gut sind als Richter der Formen.

90

Ich sende dir süßen Duft, als Dienst des Duftes sende ich deinen Duft, wie
auch derjenige, der Dionysos Opfer bringt, fließen lässt das Geschenk des
Dionysos.

91

Ich schicke dir süßen Duft, nicht so sehr dich zu ehren, denn du kannst
selbst den Duft deines Parfüms riechen.

92

Evi ist stolz auf ihre Schönheit, und wenn ich die Chance hätte zu sagen:
Guten Tag – würde sie nur stolz die Augenbrauen heben. Wenn ich jemals
Girlanden hängen würde über ihre Tür, zerpflückte sie diese mit ihren
hochmütigen Stiefeln in ihrem Zorn. Kommt schneller, Falten und
erbarmungsloses Alter; beeilt euch. Dann habt ihr wenigstens gedemütigt
Evi.
93

Ich habe meine Brust mit Weisheit gegen Eros bewaffnet; er wird sie nicht
erobern, wenn eine einzige sterbliche Leidenschaft sich gegen eine
unsterbliche erhebt. Aber wenn er Dionysos mit sich bringt, ihm zu helfen,
was kann ich allein gegen zwei Götter tun?

94

Du hast Heras Augen, Evi, und Athenes Hände, die Brüste von Aphrodite,
und die Füße der Thetis. Selig ist, wer dich schaut, dreimal gesegnet, wer
dich reden hört, ein Halbgott, wer dich küsst, und ein Gott, wer dich
beschläft als seine Geliebte.

95

Vier Grazien gibt es nun, zwei Aphroditen und zehn Musen. Evi ist eine
von allen, eine Grazie, eine Aphrodite und eine Muse.

96

Evi, deine Küsse sind wie Vogelleim, deine Augen Feuer. Wenn du mich
ansiehst, brennst du, wenn du mich berührst, hast du mich schnell
erwischt.

97

Eros, wenn du erprobst deinen Bogen an uns beiden, bist du unparteiisch


wie ein Gott, aber wenn du nur einen verwundest, dann handelst du nicht
wie ein Gott.

98

Spanne deinen Bogen, Eros, und in deiner Freizeit finde ein anderes Ziel,
denn ich habe keinen weiteren Platz für eine weitere Liebeswunde.

99
(...)

100

Wenn jemand mir da schuld gibt, dass ich, ein erfahrener Diener des Eros,
auf Jagd gehe, meine Augen bewaffnet mit Vogelleim, Frauen zu fangen,
lasst ihn wissen, dass Zeus und Hades und Poseidon auch waren Sklaven
des heftigen Verlangens. Wenn die Götter sind so und Männer folgen
ihrem Beispiel, was können sie falsch machen in der Nachahmung der
Taten der Götter?

101

Er: Guten Tag, meine Liebe. Sie: Guten Tag. Er: Wer ist es, der vor dir
geht? Sie: Was geht es dich an? Er: Ich habe einen Grund für meine
Nachfrage. Sie: Meine Herrin. Er: Darf ich hoffen? Sie: Was willst du? Er:
Eine Nacht. Sie: Was hast du für sie? Er: Gold. Sie: Dann fass Mut. Er: Ich
hab so viel (Er zeigt den Betrag.) Sie: Das wird nicht reichen.

102

Du siehst Evi, eine kleine Aphrodite, aber mit süßen Brüstchen. Da gibt es
nicht viel, das zwischen uns ist, aber ich werde fallen auf ihre kleinen
Brüste und so näher an ihrem Herzen ruhen.

103

Wie lange, Evi, soll ich noch vor deiner Tür weinen? Bis wann wird dein
hartes Herz taub für meine Gebete sein? Schon beginnen dir graue Haare
zu wachsen, und bald sollst du dich mir ergeben wie Hekuba dem Priamos.

104

Nimm ab diese Netze, Evi, du neckst mich damit, und nicht schmollen
deine Lippen zu diesem Zweck. Die Falten deines hauchdünnen Kleides
klammern sich an dich und alle deine Reize sind sichtbar, als ob du nackt
wärst, und doch unsichtbar. Wenn dies dir amüsant erscheint, so werde ich
mein Glied kleiden in einen transparenten Überzieher.
105

(...)

106

Mutter, fromme Schwester, warum bellst du so, wenn ich mich nähere, und
wirfst mich in grausame Qualen wie in Eis? Du begleitest das schöne
Mädchen Julia, und schaust, wie sie geht, der ich meinen eigenen Weg
gehe, nur starrend auf ihre süßen Formen. Warum willst du eifersüchtig
sein, unglückliche Mutter? Wir dürfen schauen, wir werden ja selbst einst
die Götter schauen.

107

Ich weiß, als charmante Frau, wie ich ihn zu lieben habe, der mich liebt,
und wieder weiß ich recht gut, wie man ihn zu beißen hat, der mich beißt.
Nicht ärgern will ich ihn zu viel, der mich liebt, oder versuchen, schweren
Zorn zu provozieren, ihr Musen. - So sagte ich dir vor und warnte dich,
aber du hörtest auf meine Worte nicht mehr als auf das Ionische Meer. So
bist du jetzt bitter und weinst, während ich sitze auf Karinas Schoß.

108

Unglücklich bin ich! Was muss ich zuerst sagen, was zuletzt? Unglücklich
bin ich! Das ist die Essenz allen Wehs. Du bist fortgegangen, schöne Frau,
mit aller Spitzenleistung in der Schönheit deines Leibes, in der Süßigkeit
deiner Seele! Richtig nannten sie dich die Erste: denn jede Sekunde war
der unvergleichlichste Charme dein.

109

Du könntest die attische Europa für eine Drachme kriegen, ohne Angst und
ohne Widerstand von ihrer Seite, und sie hat perfekt saubere Bettwäsche
und ein Feuer im Kamin im Winter. Es war ganz überflüssig, lieber Zeus,
dass du dich in einen weißen Stier verwandelt hast.

110
Gieße in zehn Becher ein als Mundschenkin, Evi, und die charmante
Karina brate mir etwas in der Pfanne. Sie wird sagen, ich liebe Evi mehr.
Bei Gott! Ich schwöre beim wilden Dionysos, den ich aus diesen Bechern
tropfen lasse. Evi geht auf um zehn Uhr abends wie der Mond. Überstrahlt
nicht der einzige Mond, der Single ist, all die andern unzähligen Sterne?

111

Ich sagte sogar früher, als Evis Reize noch mädchenhaft waren: Sie
verbraucht uns alle, wenn sie heranwächst! Sie lachte über meine
Prophezeiung. Aber siehe! Die Zeit, die ich einmal vorhergesagt habe, ist
gekommen, und für lange leide ich selbst an der Wunde. Was soll ich tun?
Ein Blick auf ihr reines Feuer und wegschauen ist dem Herzen unmöglich,
und wenn ich ihr ein Kleid schenken will, sagt sie: Ich bin die Magd des
Herrn. - Es ist vorbei mit mir.

112

Ich liebte. Wer hat nicht geliebt? Ich habe geschwelgt in ihrer Ehre. Wer ist
in diesen Mysterien Uneingeweihter? Aber ich war verzweifelt! Über wen?
War es nicht wegen Gott? – Adieu, denn bereits die grauen Locken eilen,
um die blonden zu ersetzen, und sagen mir, ich habe meine Lebenszeit
vollendet. Zwar in der Spielzeit spielte ich, aber jetzt ist es vorbei und ich
lebe nur noch in Ideen.

113

Du wurdest geliebt, Marcus, als du reich warst, jetzt da du arm bist, bist du
nicht mehr geliebt.

114

Die anhaltend grausame Evi, die nie toleriert einen Verehrer, wenn er kein
Geld hatte, scheint weniger unerbittlich als früher. Er ist ein großes
Wunder, so scheint es, aber ich glaube nicht, dass sie ihre Natur geändert
hat. Der gnadenlose Schierling wächst mit den Zeiten, aber wenn es dann
soweit ist, ist er ein Mittel für den Tod.
115

Ich verliebte mich in Evi aus Paphos – nicht überraschend, dass ich wieder
verliebt war in Evi aus Samos - Nun, das war nicht so bemerkenswert: und
drittens Evi aus Xaxos - dann ist die Sache nicht mehr als ein Witz: und
auf dem vierten Platz war Evi aus Argos. Die Schicksale selbst scheinen
mich Phil-Evi getauft zu haben, denn ich habe immer Sehnsuchtsgefühle
für irgendeine Evi.

116

Die Liebe der Frauen ist am größten zu denjenigen Männern, die ernstlich
ihre Anhänger zu werden bereit sind.

117

Toms Schönheit schmilzt mich, aber ich fürchte, diese Flamme ist bereits
zu einem heftigen Feuer geworden.

118

Evi, ob dein parfümierter Hauch zehnmal süßer duftet als Narde, wache,
und nimm diesen Kranz in deine lieben Hände. Nun blüht er noch, aber im
kommenden Morgengrauen wirst du sehen, er welkt, ein Symbol für deine
eigene frische Jugend.

119

Josef, obwohl du jetzt dich wälzt bald nach links, bald nach rechts auf
deinem leeren Bett, es sei denn, die schöne Evi liege dir bei, dein Wille
nach Ruhe bringt dir keinen Schlaf, sondern nur Müdigkeit.

120

Evi spricht: Um Mitternacht entzog sich mir mein Mann, und durchnässt
vom schweren Regen kam ich zu Josef. Und haben wir dann etwa bloß
herumgesessen? Wir haben nicht geredet und nicht geschlafen, denn
sollten Liebhaber etwa schlafen?
121

Evi ist klein und eher etwas zu dunkel, aber ihr Haar ist mehr als Petersilie
gekräuselt, und ihre Haut ist zart da unten: Es gibt mehr Magie in ihrer
Stimme als in dem Zaubergürtel Aphrodites, und sie hat sich nie geweigert,
und sie verzichtet auch darauf, um ein Geschenk zu betteln. Solch eine Evi
schenke mir, goldene Aphrodite, dass ich sie liebe, bis ich eine andere Frau
finde, perfekter als sie.

122

Sohn der berühmten Evi, ich flehe dich an, nicht auch du verschmähe
mich, schein ich dir auch nicht mehr wert als ein anderer Mann. In deinen
zwei Augen sehe ich die Grazien, sie summen um den schönen Knaben.
Weder sanft, noch treuherzig ist er, aber umworben von vielen Knaben,
und kein Unerfahrener in der Liebe. Pass auf, mein Freund, und blase nicht
in die Flamme.

123

Scheine, Mond in der Nacht, gehörnter Mond, der du es liebst, schwelgend


zu schauen, durch das Gitter zu leuchten, und lass dein Licht fallen auf die
goldene Evi. Es ist keine Straftat für eine unsterbliche Göttin, die
Geheimnisse der Liebhaber zu erforschen.

124

Deine Frühlingsblume hat die Knospe noch nicht aufbrechen lassen, die
Traube deines jungfräulichen Charmes ist noch grün, aber schon der
Knabe Eros liebt es, zu schärfen seine raschen Pfeile, Julia, und ein
verborgenes Feuer schwelt. Lass uns eilen, wir unglücklichen Liebhaber,
bevor der Pfeil auf der Sehne gespannt wird. Ich sage dir recht bald eine
große Feuersbrunst vorher.

125

Ich werde mich nie in Gold verwandeln, und lasse andere sich in einen
Stier oder den melodischen Schwan am Ufer verwandeln. Solche Tricks
überlasse ich Zeus, und statt
für immer ein Vogel zu sein, werde ich Evi meine beiden Obolen
schenken.

126

So und so viel, so und so viel Talente, und ich besitzt sie in Angst und
Zittern, und beim Himmel, sie ist nicht einmal schön. Ich gebe Evi fünf
Drachmen für zwölfmal Vögeln, und sie ist gut zu finden, es ist kein
Geheimnis mehr. Ich habe meinen Verstand verloren, oder er sollte unfähig
gemacht werden zu solch einem Verhalten in der Zukunft.

127

Ich war sehr angetan von einem jungen Mädchen namens Julia, und
einmal, nachdem es mir gelungen, sie zu überreden, brachte sie einer
heimlich in mein Zimmer. Beide unsere Herzen schlugen, dass keine
überflüssige Person uns überraschen sollte und unser Geheimnis der Liebe
sehen. Aber ihre Mutter hörte sie plaudern, und plötzlich sagte die Mutter:
Wir gehen Aktien anlegen, meine Tochter.

128

Brust an Brust! Meine Brust lag auf ihrem Busen, und sie drückte ihre
süßen Lippen auf meine Lippen! Ich zog Evi eng an mich, mit nichts
zwischen uns. Rührend der Rest, von dem nur die Lampe Zeugin ist, ich
sage nichts mehr.

129

Die Tänzerin aus Asien, die ausgeführt laszive Posen, zitternd mit ihren
zarten Fingerspitzen, lobe ich, weil sie Variationen der Leidenschaft
darstellen kann oder weil sie bewegt ihre Arme so sanft auf diese Art und
auf jene Art.

130

Warum so düster, und was diese unordentlichen zerzausten Haare, Evi, und
die Augen voller Tränen? Hast du deinen Partner mit einer Rivalin auf
seinem Schoß gesehen? Sag mir, ich weiß eine Heilung für deine Trauer.
Du weinst, aber gestehst es nicht ein, vergeblich, dass du versuchst zu
leugnen, die Augen sind beredter als die Zunge.

131

Julia berührt die Harfe, und sie singt, und ihre glühenden Augen, und ihr
Plaudern, und das Feuer, das ist mir aufsteigt, wird dich verbrennen, mein
Herz, das ist erst der Anfang und wann das Ende kommt, weißt du nicht.
Du, unglücklichen Herzens, sollst wissen, wenn du schwelst, wirst du bald
zu Asche verbrannt sein.

132

O Füße, o Beine, o Oberschenkel, für die ich zu Recht zu sterben bereit


bin, o Nabel, o Schamhaar, o Hüften, o Schultern, o Brüste, o schlanker
Hals, o Arme, o Augen, ich bin verrückt, o vollendete Bewegung, o
bewundernswerte Küsse, o Stöhnen, das mich begeistert! Wenn sie auch
Italienerin wäre und ihr Name wäre Flora und sie könnte nicht so schön
singen wie Sappho - aber auch Perseus war verliebt in die Inderin
Andromeda.

133

Bei deiner Majestät, Aphrodite, schwor ich, fern zu bleiben zwei Nächte
von Evi, und die Zeit hat mein armes Herz getäuscht, ich denke, Göttin, du
hast gelächelt. Denn ich will
keine Hilfe für die zweite Nacht, ich warf meinen Eid in den Wind. Ich
wähle lieber, anstatt gottlos vor dir zu sein um ihretwillen, da sie meinen
Eid an dich gebrochen hat, ich wähle lieber, aus Frömmigkeit zu sterben.

134

Regne auf uns, o attischer Krug, den taufrischen Regen von Dionysos;
regne ihn herab und erneuere unser fröhliches Picknick. Lass den gelehrten
Schwan schweigen, und Marcus seine Muse soll auch schweigen, und lass
umgekehrt unsere Liebe süß sein!

135
Warum bist du so gut gebaut und hast so einen langen Hals, warum kennst
du so gut das Plappern mit deinem kleinen Mund, fröhliche Kellnerin des
Dionysos und der Musen und der Göttin Aphrodite, süß lachender Schatz
unseres Vereins, warum, wenn ich nüchtern bin, bist du betrunken, und
wenn ich besoffen bin, bist du nüchtern? Du hältst dich nicht an die
Gesetze der Geselligkeit.

136

An den Mundschenken: Fülle den Becher und sage wieder und wieder: Evi
ist die Schönste! - Sprich den süßen Namen aus, der mildert den Wein, er
allein. Und gib mir, obwohl sie von gestern Nacht ist, die Girlande, die
triefend den Duft trägt der Erinnerung an sie. Schau, wie die Rose weint,
begünstigt von Eros, weil sie Evi sieht anderswo und nicht an meinem
Busen.

137

An den Mundschenken: Einen Becher auf Evi-Aphrodite und einen auf


Evi-Grazie und einen auf Evi-Muse. Denn ich beschreibe sie als eine
Göttin, deren geliebten Namen ich mische in den Wein, um den Namen
Evi zu trinken.

138

(...)

139

Süß ist die Melodie des Pan von Arkadien, die du bläst auf deiner Flöte,
Evi, ja, bei Pan, süß ist deine Berührung. Wohin soll ich fliehen vor dir?
Eros erfasst mich, und du gibst mir nicht einmal ein wenig Zeit, um Atem
zu holen; entweder Aphrodite schleudert die Lust in mich, oder die Muse,
oder die Grazie oder - was soll ich sagen? Alle diese! Ich brenne im Feuer.

140

Die melodischen Musen gaben Geschick deiner Berührung, und Peitho


verleiht deiner Rede Weisheit, und Eros führt deine Schönheit recht, er
investiert in dich, Evi, mit der Souveränität des Gottes der Liebe, da die
drei Grazien gaben dir drei Gnaden.

141

Bei Eros schwöre ich, ich hätte lieber gehört Evi mir etwas flüstern ins
Ohr, als die Harfe Apollons.

142

Welche ist es? Ist die Efeu-Girlande des Dionysos schöner oder die Rose
der Aphrodite? Ich denke, die Girlande ist weniger schön.

143

Die Blüten sind gewunden für die Krone Evis, aber Evi leuchtet heller und
krönt den Kranz.

144

Schon stehen die weißen Veilchen in Blüte und die Narzissen, die den
Regen lieben, und die Lilien, die heimsuchen den Hang, und schon ist in
voller Blüte Evi, des Eros Liebling, die süße Rose der Wollust, die Krone
der Blüten des Frühlings. Warum lacht ihr so heiter, ihr Wiesen, vergeblich
euch vergleichend mit ihrem Blumenkranz im Haar? Mehr zu bieten hat
sie als alle duftenden Gärten, und immer vorgezogen wird sie von mir der
Natur.

145

Bleibt hier, meine Girlanden, wo ich euch hänge an diese Tür, und
schüttelt nicht eure Blätter in Eile ab, denn ich habe euch gewässert mit
meinen Tränen - regnerisch sind die Augen der Liebenden. Aber wenn die
Tür sich öffnet und ich sehe die Girlanden, Tränen fallen aus meinen
Augen, dass zumindest die Girlanden mit ihrem schönen Haar meine
Tränen trinken können.

146
Der Grazien sind es vier, denn neben diesen drei Grazien steht eine neue
Grazie aufgerichtet und duftet von süßem Parfüm, Evi, die gesegnete,
beneidet von allen anderen Frauen, und ohne sie sind die Grazien keine
Grazien.

147

Ich werde in weiße Veilchen und zarte Narzissen flechten Myrtenbeeren,


ich werde sie in die lachenden Lilien flechten und in den süßen Krokus
und die purpurroten Hyazinthen und die roten Rosen, Freude zu haben an
Eros, so dass der Kranz kommt auf Evis Haupt, Evi mit den duftenden
Locken kann verteilen Blumen auf ihrem schönen Haar.

148

Ich sage vorher, dass die Sonne von der süßsprechenden Evi übertroffen
wird und alle Grazien von Evis Gnade.

149

Wer gab mir Evi, meine klug plaudernde Herrin? Der hat mir eine der drei
Grazien gegeben! Er hat wirklich mit einer anmutigen Tat mir gegeben ein
Geschenk und warf mir zu eine Grazie gratis.

150

Die gefeierte Evi hatte versprochen, zu mir zu kommen diese Nacht, und
schwor bei der feierlichen Demeter. Sie kam nicht und die erste Stunde der
Nacht ist vorbei. Hat sie etwa falsch geschworen? Diener, lösche die
Lampe.

151

Ihr schrillen stimmgewaltigen Mücken, ihr schamloses Pack, Saugnäpfe,


Männern das Blut aussaugend, o Nacht der geflügelten Bestien, lasst Evi,
ich flehe euch, ein wenig schlafen in Frieden und kommt und fresst lieber
diese meine Glieder. Aber warum soll ich vergebens flehen? Selbst
unbarmherzige wilde Tiere erfreuen sich an Evis zartem freudenreichen
Körpers. Aber ich warne euch frühzeitig, verfluchte Kreaturen: Seid nicht
mehr von dieser Frechheit, oder ihr werdet empfinden die Stärke
eifersüchtiger Hände.

152

Fliege, Mücke, schnell mit meiner Botschaft, und sitze auf dem Ohr von
Evi und flüstre ihr zu: Josef liegt wach und erwartet dich, und du schläfst,
o du faules Weib, die vergisst denjenigen, der dich liebt? - He! Weg mit
dir! Ja, süßer Flötenbläser, weg mit dir! - Aber sprich demütig zu ihr, dass
du wach liegen gesehen hast ihren Genossen in der Nacht und wecke ihre
Eifersucht mit Schmerzen. Aber wenn du mir bringst das liebe Weib, will
ich einen Hut aufsetzen deinem Kopf, Mücke, dich bemänteln mit einem
Löwenfell und gebe dir eine Keule in deine Pfote.

153

Evi mit dem süßen Gesicht, von den Eroten gebadet, guckt oft von ihrem
hohen Fenster herab, die Pforte wurde gesprengt, o liebste Aphrodite, von
der Flamme, die schießt aus den blauen Augen Josefs, der stand vor ihrer
Tür.

154

Wie Aphrodite taucht sie aus dem Meer und erweckt das neue Leben des
Frühlings an Land, darum heißt sie zurecht Evi, das Leben.

155

In meinem Herzen Eros selbst hat gestaltet die süß-sprechende Evi, die
Seele meiner Seele.

156

Die Eros-liebende Evi, mit ihren klaren blauen Augen, wie im Sommer das
Meer, überredet alle, die Reise des Eros zu unternehmen.

157
Eros, es wachsen geschärft Evis Fingernagel, denn ihr leichtes Kratzen
reicht bis zu meinem Herzen.

158

Ich spielte einmal mit der fesselnden Evi, und sie trug, o Aphrodite, einen
Gürtel von vielen Farben und beschrieben mit goldenen Lettern; rundum
stand geschrieben: Liebe mich und sei nicht wund am Herzen, wenn ich
einen anderen liebe.

159

Josef, der Flötenspieler, und Marcus weihen dir, Aphrodite, diese Gürtel
und Bilder. Händler, du weißt, woher diese Gürtel sind und woher diese
Bilder.

160

Weißhäutige Evi, hat jemand dich nackt neben Josef gesehen? Es ist ein
Stöhnen in mir. Es gibt für deinen Geliebten keinen Sabbat - kein Wunder!
Eros brennt heiß sogar am keuschen Sabbat.

161

(...)

162

Die grausame Evi hat mich gebissen, und obwohl der Biss keine Spuren
zeigt, erreichen die Schmerzen meine Fingerspitzen. Eros liebt, ich bin
gegangen, er ist mit mir, ich bin zuende mit meiner Hoffnung, denn im
Halbschlaf traf ich eine Hure, ich weiß, und ihre Berührung war der Tod.

163

O blumengenährte Biene, warum willst du verlassen die Knospen des


Frühlings und das Licht auf Evis Haut? Ist es, weil du denkst, dass sie
beides, Süßigkeiten hat und den Stachel des Eros, krank zu machen und
immer bitter das Herz? Ja, mir scheint, das ist es, was du denkst. Weg mit
dir, zurück zu deinen Blumen, du Flirt!

164

O Nacht, ich habe dich gerufen, allein zu erleben und zu schauen, wie
schmählich Evi, die Pythia, es immer liebt mich zu täuschen, sie behandelt
mich schlecht. Ich kam auf ihren Ruf und nicht uneingeladen. So kann sie
eines Tages an meiner Tür stehen und dir klagen, dass sie dergleichen
erlitten durch mich!

165

Mutter aller Götter, liebe Nacht, höre, was ich bitte, ja, ich bete zu dir,
heilige Nacht, Gefährtin meines Schwelgens. Wenn jemand unter Evis
gemütlichen Mantel liegt, von ihres Körper Berührung erwärmt, lass du
die Lampe ihrer Augen verlöschen und lass ihn schlafen wie Endymion.

166

O Nacht, o meine Sehnsucht nach Evi, du hältst mich wach, o quälende


Visionen der Dämmerung voller Tränen und Freude, gibt es noch einen
Rest ihrer Liebe für mich?
Ist die Erinnerung an meinen Kuss noch warm in der kalten Asche ihrer
Phantasie? Hat sie keinen Bett-Kollegen, außer ihre Tränen, und faltet sie
die Hände vor der Brust und küsst den betrügerischen Traum von mir?
Oder gibt es eine andere neue Liebe, eine neue Liebelei? Mögest du nie
dies sehen, liebe Lampe; aber hüte sie sorgfältig, die ich deiner Sorge
anempfehle.

167

Es war Nacht, es regnete, und Eros war die dritte Last, ich war vom Wein
betrunken; der Nordwind blies kalt und ich war allein. Aber die schöne Evi
überwältigt alles. Würdest du so wandern, und hast du nicht eine Ruhe an
einer Tür gefunden? So viel ich rief, ich blieb dort durchnässt. Frieden,
Zeus, Frieden, lieber Zeus! Auch ich hab lieben gelernt.

168
Wirf Feuer und Schnee auf mich, und wenn du willst, schlage mich mit
deinem Bolzen oder fege mich von den Klippen in die Tiefe. Denn wer
durch den Kampf mit abgenutzten Wünschen völlig von Eros überwunden
wird, der fühlt auch nicht die Explosionen des Zeus.

169

Süß im Sommer ist ein Wurf von Schnee auf den der dürstet, und süß für
die Segler nach dem Wintersturm ist der Zephyr. Doch süßer noch, wenn
Ein Mantel deckt zwei Liebhaber und Aphrodite empfängt Ehre von
beiden.

170

Nichts ist süßer als Eros, dem alle schöne Dinge währen nur für Sekunden,
und sogar den Honig spuckte ich aus meinem Mund. So spricht Evi, aber
wenn sie Aphrodite nicht geküsst hat, weiß sie wenigstens nicht, was
Lilien sind.

171

Der Weinbecher fühlt süße Freude und erzählt mir, wie er berührt das
Plaudermäulchen Evis, der Freundin des Eros. Glücklicher Becher! Würde
sie angesetzt an mich und tränke meine Seele in einem Zug aus!

172

Warum, Morgenröte, Feindin des Eros, schaust du immer hinunter auf


mein Bett so früh, wie ich liege noch warm der lieben Evi in den Armen?
Würdest du nur rückwärts deinen schnellen Lauf vollenden und werden
der Abendstern wieder, dessen süße Strahlen fallen auf mich am
schönsten. Einmal, als Zeus bei Alkmene lag, bist du wiederum
zurückgegangen in den Augen des Zeus, du bist nicht ungeübt auf diesem
Weg.

173
O Morgenröte, Feindin des Eros, langsam kreist du um die Welt, jetzt, da
ein anderer liegt warm unter Evis Mantel. Aber wenn meine schlanke
Liebe lag in meinem Schoß, schnell kamst du ernsthaft über uns zu stehen,
als ob du gießen wolltest ein Licht über mich, du freutest dich über meine
Trauer.

171

Du schläfst, Evi, zarte Blume? Wäre ich Morpheus, wenn auch flügellos,
unter deine Wimpern zu schleichen, so dass nicht einmal schlafen würde
die, die einlullt die Augen des Zeus, ich könnte unter dir sein, aber ich
würde alles tun, was wir müssen.

175

Ich weiß, dein Eid ist nichtig, denn er verrät die Wollust, sperrt sie ein,
noch feucht von duftenden Essenzen. Sie verraten dich, deine Augen
verraten den schweren Mangel an Schlaf, und der Kranz die Spur rund um
deinen Kopf. Deine Locken sind in unkeuscher Verwirrung, alle frisch
gekräuselt, und alle deine Glieder wanken wie vom Wein. Weg von mir,
öffentliche Sünderin, sie ruft dich, die Leier, die schwelgt und die liebt das
Klappern der Kastagnetten und das Rasseln mit den Fingern.

176

Schrecklich ist Eros, schrecklich! Aber was hilft es, obwohl ich es wieder
und immer wieder sage und mit vielen Seufzern, Eros ist schrecklich!
Denn wahrlich, der Knabe lacht
und freut sich, wenn ich verworfen werde, und wenn ich fluche, wächst er
sogar in die Höhe. Es ist ein Wunder, Aphrodite, wie du, die aufgetaucht
ist aus dem grünen Meer, hast hervorgebracht solch ein Feuer.

177

Die Stadt soll so sprechen: Verloren! Eros, Eros, wild ging er jetzt in der
Dämmerung
seinen Weg, mit seinen Flügeln von seinem Bett. Der Knabe ist so süß-
weinerlich, immer klappert er, schnell und frech, lacht höhnisch, mit
Flügeln auf seinem Rücken, und einen Köcher umgeworfen. Wen ich
seinen Vater nennen soll, kann ich nicht sagen, denn weder Himmel noch
Erde noch Meer sich zu dem Schelm bekennen. Jeden überall und von
allen ist er gehasst, falls er jetzt wieder neue Schlingen um die Herzen
werfen will. Aber warte! Da ist in der Nähe sein Nest! Ah! Kleiner
Bogenschütze, so hast du gedacht, dich vor mir zu verstecken in Evis
Augen!

178

Verkaufe Eros! Er saugt ja noch an seiner Mutter Brust. Verkaufe Eros!


Warum sollte ich ihn erziehen? Denn er hat eine Stupsnase, und hat wenig
Vorteil und kratzt mit seinen Nägeln, und beginnt oft grundlos zu lachen.
Außerdem ist es unmöglich, ihn zu stillen, er muss immer klappern und hat
die schärfsten Augen, und er ist wild und sogar seine liebe Mutter kann ihn
nicht zähmen. Er ist ein Monster; so soll er verkauft werden. Wenn ein
Händler da ist, der gerade kommen will, ein Baby zu kaufen, lass ihn
kommen hierher. Aber schau! Er fleht, die Welt bricht in Tränen aus. Frau
Welt! Ich werde ihn nicht verkaufen. Fürchte dich nicht, Eros, du sollst
hier bleiben, um Evi beizuwohnen.

179

Bei Aphrodite, Eros, ich werde sie alle ins Feuer werfen, deinen Bogen
und deinen Köcher voller Pfeile. Ja, ich werde alles verbrennen. Warum
lachst du so albern und kicherst, und drehst mir eine Nase? Ich werde bald
über dich lachen. Ich werde dir schneiden deine schnellen Flügel, die
zeigen der Begierde Weg, und deine Füße fesseln mit ehernen Fesseln.
Den Sieg werde ich gewinnen, wenn ich dich in Ketten lege. Nein! Du bist
zu krank, um mich zu erobern! Nimm diese leichten geflügelten Schuhe
und breite deine schnellen Schwingen und gehe auf Besuch bei andern
Männern.

180

Was Wunder, wenn der mörderische Eros schießt seine Pfeile ab, die Feuer
atmen, und lacht bitter mit grausamen Augen! Ist nicht Ares seiner Mutter
Liebhaber? Und Hephästus ihr Ehemann? Und zwischen Feuer und
Schwert lag sie? Und seine Mutter ist die Mutter des Meeres, brüllt sie
nicht mit den Winden? Und seine Vater hat keinen Namen. So hat er des
Hephästus Feuer, und sehnt sich voller Wut wie die Wellen, und liebt es
wie Ares sich in Wogen von Blut zu tauchen.

181

(...)

182

Gib Evi diese Nachricht. Evi, siehe! Sag ihr es zweimal und wiederhole
den gesamten Wortlaut ein drittes Mal. Raus mit dir! Zögere nicht, fliege -
nur einen Moment warte! Evi, o Evi, wo willst du denn hin, bevor ich dir
alles erzählt? Genau das, was ich dir gesagt habe, bevor ich etwas
hinzufügte - oder besser, was ich für ein Werkzeug ich, ich will es nicht
sagen - nur, dass – sag ihr irgendetwas, zögere nicht, ihr alles zu sagen.
Warum bin ein Brief an dich, Evi? Siehst du nicht, ich gehe mit dir – und
eile dir voraus?

183

Wir sind vier in der Gruppe und jeder bringt seine Geliebte mit, das macht
acht, da ist ein Glas Wein nicht genug. Geh, mein Junge, zu Marcus und
sag ihm, die erste Flasche, die er schickte, war nur halb voll. Aber schau
genau hin, denn wir wollen uns alle abfüllen.

184

Ich weiß es, du hast mich nicht hereingelassen, warum rufst du die Götter
an? Ich habe alles herausgefunden, ich bin sicher: Vereidigung hast du
nicht, ich weiß alles darüber. Das wurde, was es damals war, als du noch
ein Mädchen warst, das du einmal allein schläfst, du allein? Oh eherne
Frechheit, habe ich noch einmal zu sagen: Allein? Hat nicht der feine
tapfere Georg - und wenn nicht er - aber warum bedrohst du mich? Weg
mit dir, raus aus dem Doppelbett, du böse Bestie, raus aus meinem Bett!
Aber ich werde tun, was dir am besten gefallen wird, ich weiß, du
verlangst, ihn zu sehen, so bleib, sei du meine Gefangene.

185
Geh auf den Markt, Marcus, und bekomme vom Händler drei kleine
Heringe und zehn kleine Zitronen und zwei Dutzend frische Garnelen (er
zählt sie für dich ab) und gleich komm wieder. Und bekomme sechs
Rosen-Kränze - und, wie es passend ist auf deinem Weg, schau bei ihr
herein und lade Evi zu mir ein.

186

Denke nicht, Evi, mich zu täuschen mit deinen plausiblen Tränen. Ich
weiß, du liebst absolut keinen mehr als mich, so lange wie du neben mir
liegst; aber wenn du mit jemand anderem wärst, würdest du sagen, du
liebtest ihn mehr als mich.

187

Evi sagte: Siehe, wie dein Küsse sich erwiesen als falsche Münze! Die Zeit
wird immer zeigen eine Fälschung der Liebe.

188

Ich bin es nicht, der falsch ist in der Liebe. Ich bin sanft, ich rufe
Aphrodite an, das zu bezeugen, aber Eros bewarf mich von einem
tückischen Bogen, und ich bin von allen am meisten zu Asche verzehrt.
Einen brennenden Pfeil nach dem anderen hat er beschleunigt auf mich
und nicht für einen Augenblick löscht er sein Feuer. Jetzt bin ich ein
Sterblicher, werde mich rächen am geflügelten Gott. Kann ich für die
Selbstverteidigung verantwortlich gemacht werden?

189

Die Nacht ist lang, und es ist Winter, und die Nacht legt sich hin, wenn die
Plejaden auf halbem Weg zum Himmel sind. Ich gehe und stehe vor ihrer
Tür, getränkt vom Regen, geschlagen durch den Wunsch der Lust. Es ist
nicht Eros, der mich schlug, sondern ein quälender Pfeil, rot von heißem
Feuer.

190
O salzige Welle der Liebe und schlaflose Stürme der Eifersucht und
winterliches Meer von Gesang und Wein, wohin werde ich getragen? Hin
und her schlägt das verlassene Ruder mein Boot. Sollen wir jemals wieder
zu Gesicht bekommen die zarte Evi?

191

O Sterne und Mond, die leichtesten seid ihr und des Eros Freunde auf
seinem Weg durch die Nacht, und du, meine kleiner Mandoline, Gefährtin
meiner Serenaden, werde ich sie sehen, die mutwillige Evi? Doch wachte
und weinte zu viel ihre Lampe, oder sie hat einige Gefährten der Nacht bei
sich. Dann werde ich an ihre Tür hängen meine flehenden Girlanden, alle
von meinen Tränen verwelkt, und schreibe darauf diese Worte: Aphrodite,
dir weiht Josef, dem du hast enthüllt die Geheimnisse deines Schwelgens,
diese Beute seiner Liebe.

192

Fremder, hättest du Evi nackt gesehen, du würdest sagen, das B in Y


verwandelt wurde.

193

Evi nahm mich gefangen, Adonis, wie sie schlagen lässt ihre Brüste weiß
wie Milch zu deiner Beerdigung Fest. Wird aber mir das gleiche getan,
wenn ich sterbe? Ich zögere nicht, nimm mich mit dir auf deiner Reise!

194

Eros selbst begleitet die weiche Evi, als sie aufgestellt wurde vor der
goldenen Kammer der Aphrodite, eine heilige Blume der Schönheit von
Kopf bis Fuß, als ob sie geschnitzt wäre aus weißem Marmor, beladen mit
ursprünglichen Grazien. Gar den Pfeil eines jungen Mannes von Herzen
hat sie fliegen lassen von ihren purpurroten Bogen-Saiten.

195

Die drei Grazien flochten eine dreifache Krone für Evi, einen Kranz ihrer
dreifachen Schönheit. Eine legte Lust auf ihre Haut und eine gab Liebes-
Sehnsucht ihrer Form und eine gab ihre Rede Süße von Worten. Dreimal
gesegnet ist sie, deren Bett von Aphrodite gemacht wurde, deren Worte
von Peitho gewirkt wurden und deren süße Schönheit von Eros geschaffen
wurde.

196

Evis Schönheit ist des Eros Geschenk, Aphrodite bezaubert ihr Bett, und
die Grazien geben ihr Gnade über Gnade.

197

Ja! Von Evis schöngeflochtenen Locken, von Evis duftender Haut, wird
verjagt mein Schlaf, durch des Eros Liebelei in der Ilias, und meine wache
Lampe, die sah oft die Geheimnisse meiner Liebe schwelgen, ich schwöre
dir, Eros, hätte ich eine Kammer für meinen Atem, und wenn du dies Wort
gesprochen hören willst: Hätte ich eine Kammer für mein Wort, ich würde
es nicht ausspeien.

198

Nein, durch Evis Locken, durch die goldenen Sandalen Evis vor der Tür,
tropfend von Duft, durch ihre schmalen Augen sanftes Lächeln schießend,
von den frischen Kränzen auf dem Türpfosten, ich schwöre, Eros, dein
Köcher hat keine geflügelten Pfeile länger verborgen; denn all deine Pfeile
stecken fest in mir.

199

Wein und verräterische Brötchen und die süße Liebe Evis, geschickt mit
Josef zu schlafen! Und nun hat sie sich mit dieser Beute Aphrodites und
der Jungfrau Liebe noch benetzt, mit Duft, ihre Sandalen und das weiche
Brusttuch, Zeugen eines Beischlafs und seiner Gewalt.

200

Das Safran-Gewand Evis, und ihre dunkle grüne Efeu-Krone, noch


duftend von Myrrhe, - sie widmet sich dem süßen Priapus mit dem
weichlichen Schmelzen ihrer Augen, in Erinnerung an sein heiliges Nacht-
Fest.

201

Evi lag wach bis zum schönen Stern des Morgens, in ihrer Freude mit dem
goldenen Josef, und immer seit dieser Nachtwache hängt hier ein Kranz im
Heiligtum der Aphrodite, die Flöte halfen ihr die Musen spielen.

202

Madel in den Portalen des Pferdesports hat Gott gewidmet ihre purpurne
Peitsche und ihre polierten Zügel nach dem Sieg als Jockey beim
Wettrennen mit Evi, ihrer praktizierenden Rivalin, als die Pferde des
Abends hatten gerade begonnen zu wiehern. Sehr geehrte Aphrodite, gib
ihr den unbestrittenen Ruhm für ihren Sieg, tu ihr diesen Gefallen, dass ihr
Sieg nie vergessen werde.

203

Evi hat dir gewidmet, Aphrodite, ihre Stirn, den goldenen Stachel ihrer
wohlgeformten Beine, mit denen sie saß einem Hengst auf dem Rücken,
die eigenen Oberschenkel wurden nie gerötet, so leicht wusste sie zu
reiten; denn sie beendete das Rennen ohne einen Hauch von Anspornen
und damit wird auf das große Tor deines Tempels aufgehängt diese ihre
Waffe aus Gold.

204

Nicht mehr, Evi, bewahren sich die Fichten gegen die Schläge von
Aphrodites Ruderer, aber dein Rücken ist wie ein Arm gebogen, gesenkt,
und deine grauen Segel sind schlaff, und deine entspannten Brüste sind
wie flatternde Segel und der Bauch deines Schiffes wird durch die
tosenden Wellen zerknittert, und unten ist alles voll von Brack-Wasser und
überschwemmt vom Meer, und deine Gelenke sind wackelig. Hab ich zu
segeln noch in diesem Leben über den See von Acheron auf diesem alten
Sarg?

205
Evis Liebeszauber, der kann einen Mann zwingen, zu kommen aus
Übersee und Jünglinge aus ihren Zimmern, geschnitzt aus transparentem
Amethyst, in Gold und Lapislazuli auf einer weichen lila Wolle, sie, die
Hexe präsentiert sich der Aphrodite, Josef zu besitzen als einen Schatz.

206

Evi und Karina, die Töchter der Götter, jetzt im reifen Alter, die bereit sind
als Arbeiterinnen, fortgeschrittene Musen, die Pan widmen ihre
Musenkünste, die eine mit ihren schnellen Lippen bläst die Flöte und die
andere mit ihrer Trommel dient dem Priapus, dem Freund der Liebe, den
Abend amüsierten sie die Begleiter am Bankett, mit süßem Flötenspiel, auf
die sie die ganze Nacht lange gewartet, um den Tag anbrechen zu sehen,
aber sie fressen nicht, weil die Portale sich nicht öffnen.

207

Evi und Karina werden nicht auf den Sprung vorm Haus der Aphrodite an
die Straße der Göttin verordnet, aber in der Wüste tun sie Dinge, die nicht
schicklich sind. O Unsre Liebe Frau Aphrodite, schau gnädig auf die
Schulschwänzerinnen im Zinn-Bett!

208

(...)

209

Durch deine Gnade, Aphrodite, sah Josef die schöne Evi im blauen Meer,
und brennend vor Liebe nahm er an seines Herzens trockene Kohlen das
nasse Weib. Er stand auf dem Land und war ein Schiffbrüchiger, aber sie
im Meer wurde sanft empfangen am Strand. Jetzt sind sie beide gleich in
der Liebe, die Gebete waren nicht umsonst, die er hauchte Aphrodite ins
Ohr.

210
Mit dem Zweig winkte sie mir und fegte mich weg, ach! und ich suche
ihre Schönheit, ich, der ich wie Wachs vor dem Feuer schmelze. Und wenn
sie dunkel ist, was ist das für mich? So sind die Kohlen, aber wenn sie
brennen, so strahlen sie hell wie Rosen.

211

Tränen und Schwelgerei, warum hetzen sie mich? Sie sind Flammen aus
Aphrodites Feuer. Ich werde mit meiner Liebe nicht aufhören, und
unermüdliche Wünsche immer wieder bringen mir einige neue Schmerzen,
Aphrodite.

212

Der Lärm der Liebe ist immer in meinen Ohren, und meine Augen zum
Schweigen zu bringen, ihren Tribut fordern die süßen Tränen. Auch in der
Nacht und am Tageslicht vertreibt Eros die Ruhe, und schon hat er seinen
Spruch in mein Herz geschrieben. O geflügelter Eros, ist es das, dass du in
der Lage bist, zu uns zu fliegen, aber ich habe keine Kraft, allen Frauen zu
entfliehen?

213

Wenn jemand bei Evi ist, bin ich weg, aber wenn sie allein schläft, um
Gottes willen gebe ich mich ihr ein wenig, und sage, dass ich betrunken
bin, und wegen der Diebe kam ich mit Eros als meinem Führer.

214

Dieser Eros, der in mir wohnt, spielt gern Ball, und dir, Evi, wirft er mein
Herz zu. Aber komm, stimme dem zu, mit mir zu spielen, denn wenn du
mich wegwirfst von dir, wird er nicht ertragen diese mutwillige
Überschreitung der Höflichkeiten des Sports.

215

Ich bitte dich, Eros, in aller Ehrfurcht, und die Muse, die Fürbitte für mich
einlegt, sie möge mich auszuruhen lassen von dieser meiner schlaflosen
Leidenschaft für Evi. Ich schwöre es bei deinem Bogen, du hast es gelernt,
keiner sonst kann so gut schießen, aber immer schickst du die geflügelten
Pfeile auf mich, auch wenn du mich schlägst, ich sage kurz: Seht, o
Fremde, die mörderischen Arbeit des Eros.

216

Wenn du liebst, nicht ganz lasse die Seele beugen das Knie und kriechen
voll von öligem Flehen, aber ein wenig Stolz erbringe, zumindest im
Hinblick auf die Formung deiner Augenbrauen und schaue auf sie mit
einem heitern Lächeln. Denn es ist mehr oder weniger das Geschäft von
Frauen, zu leicht stolz zu werden, und sich einen Spaß zu machen mit
denjenigen, die so überaus kläglich sind. Der ist der beste Liebhaber, der
beim Anlass der Liebe die Ehrfurcht vor der Frau vermischt mit ein wenig
männlichem Stolz.

217

Zeus wandte sich an Danae in einem Goldregen, so schnitt er den Knoten


der intakten Jungfräulichkeit entzwei. Ich denke, der Sinn der Geschichte
ist das, dass das Geld, der Bezwinger aller Dinge, bricht alle ehernen
Mauern und Fesseln, Geld löst alle Zügel und öffnet jedes Schloss, Geld
macht die Damen mit höhnischen Augen das Knie beugen. Es war das
Geld, das gebeugt den Willen der Danae. Für einen Liebhaber bedeutet
das, zu Aphrodite zu beten, dass er Geld mitbringen kann zu seiner Dame.

218

(...)

219

Lass uns stehlen unsere Küsse, Evi, und tun die schöne und wertvolle
Arbeit der Aphrodite. Es ist süß, sich nicht herauszufinden aus dem
Labyrinth der Liebe, und die allsehenden Augen der Wächter zu
vermeiden: gestohlene Küsse sind süßer als andere.

220
Wenn graue Haare jetzt sich in deinem Bart finden, Josef, und da der
glühende Stachel des Liebes-Wahnsinns abgestumpft ist, solltest du, wenn
du reflektierst über die Passionen deiner Jugend, Mitleid haben mit den
Schmerzen jüngerer Menschen, und nicht so sehr zornig auf
ihre Schwächen sein, beraubt das schlanke Mädchen sie der Vernunft mit
aller Herrlichkeit ihrer goldenen Haare. Die waren Kinder früher,
betrachtet man als Väter heute, und jetzt auf einmal bist du ein
Menschenfeind geworden?

221

Wie lange werden wir weiterhin austauschen verstohlene Blicke, bemüht


zu verschleiern unser Feuer? Wir müssen zeigen unsere Leiden, und wenn
jemand hindert das Werk unserer Vereinigung, die unseren Schmerz enden
wird, das Schwert soll die Heilung für uns beide sein, denn süßer als das,
wenn wir nicht für immer zusammen leben, ist es, zu gehen
gemeinsam in den Tod.

222

Wann immer sie schlägt ihre Harfe mit dem Plektrum, es ist das Echo der
Saiten der Terpsichore, und wenn sie Melodien singt mit ihrer Stimme der
hohen tragischen Schwere, ist es das Summen der Melpomene, dass sie
reproduziert. Gäbe es einen neuen Wettbewerb der Schönheit, auch
Aphrodite würde eher den Preis verlieren als sie, und Paris würde sein
Urteil revidieren. Aber still! Lasst uns schweigen, damit Dionysos uns
nicht belausche und Julia statt Ariadne umarmt.

223

(...)

224

Höre, Eros, mein Herz und meine Leber wollen sie, und wenn du schießen
musst, triff einen anderen Teil von mir.

225
Meine Liebe ist eine offene Wunde, die immer sich entlädt in Tränen
wegen der Wunde, ich bin in einer bösen Lage und finde keine Heilung,
noch habe ich keine Evi, die anwendet die sanfte Salbe, die ich brauche.
Ich bin Josef, mein Kind; sei getreu und befriedige mit deiner Schönheit
den Wunsch, den deine Schönheit in mir erregt.

226

Wie lange, o Augen, saufend mutig der Schönheit ungemischten Wein,


werdet ihr nicht ablassen vom Nektar des Eros! Lass uns weit weg fliehen,
soweit wir Stärke und Ruhe haben, bis eine mildere Aphrodite ein
nüchternes Opfer annimmt. Aber wenn auch dort die Wut mich besitzt,
werde ich ihr bieten meine eisigen Tränen, und für immer den Schmerz
verdient leiden, denn du warst es leider, die warf mich in einen solchen
Feuerofen.

227

(...)

228

Sag mir, um derentwillen du müde dein Haar trägst, und machst deine
Hände weiß, schneidest mit dem Gemüsemesser deine Fingernägel!
Warum sollst du schmücken deine Kleider mit der lila Blüte des Meeres,
jetzt, da du nicht mehr bist in der Nähe der schönen Evi? Mit Augen, die
nicht sehen auf Evi, will ich mich gar nicht kümmern, die helle Eos zu
sehen in der goldenen Morgendämmerung.

229

Ein Mann, mit Blick auf Niobes Weinen, fragte: Wie kann ein Fels
weinen? Aber Evis Herz, der lebendige Stein, hat keinerlei Mitleid mit mir,
der ich klage durch die neblige Dunkelheit so lange Nächte. In beiden
Fällen ist der Fehler der des Eros, der Schmerzen brachte wegen ihrer
Kinder Niobe und mir den Schmerz der Leidenschaft.

230
Doris zog einen Faden aus ihrem goldenen Haar und band meine Hände
mit ihm, als ob ich gefangen wäre.

231

Deines Mundes Blüte mit Grazie und deine Wangen blühen mit Blumen, es
sind deine Augen hell von Eros, und deine Hände glühen vor Musik. Du
nimmst Gefangene mit deinen Augen und Ohren durch den Gesang, mit
jedem Teil du fesselst unglückliche junge Männer.

232

Küssend Karina, war mein Herz fixiert auf Evi; festsaugend mich an Evis
Lippen, ich trage das Bild von Julia in meinem Kopf, und umarmend Julia,
mein Herz geht zu Madel. Hab ich jemals mich einer verweigert? Ich habe
empfangen eine nach der anderen in meinen immer offenen Armen, das
Gericht bestätigt mir den Reichtum an Liebe. Gebe mir Schuld, wer will,
ich bleibe reich an Liebe.

233

Evi: Morgen werde ich dich sehen. – Josef: Doch bis morgen ist es lange,
der Weg ist lang, Stunden folgen auf Stunden. Das ist alles, was du mir
verheißt, der ich dich liebe, für andere hast du viele Geschenke, für mich
aber nur Perfides. – Evi: Ich will dich aber am Abend sehen. – Josef: Aber
was ist der Abend der Frauen? Das Alter voll von unzähligen Falten!

234

Evi spricht: Ich, die ich früher in meiner Jugend mich hartnäckig
geweigert, mich dem süßen Reich der Aphrodite zu ergeben, dich sich
gewehrt gegen den Stachel des Eros, jetzt fast grau geworden, beuge den
Nacken vor dir, o Königin Aphrodite. Empfange mich und lache, dass du
überwunden die weise Athene jetzt noch mehr als einst, da ihr euch
gestritten um den Apfel der Schönheit.

235
Gegen meine Hoffnung bist du zu mir gekommen, die sehnte sich nach
mir, und durch ein Wunder hast du die Leere in meiner Seele erfüllt. Ich
zittere, und mein Herz ist voller Leidenschaft, meine Seele ist in den
Wogen der Liebe ertrunken. Aber rette mich, den schiffbrüchigen
Seemann, lass ihn jetzt in die Nähe des Landes kommen, empfange mich
in deinem Hafen.

236

Ja, vielleicht ist leichter als mein Schmerz der Schmerz, den Tantalus
leidet in der Hölle. Nie sah er deine Schönheit und nie wurde ihm der
Hauch von deinen Lippen verweigert, zarter als eine geöffnete Rose.
Tantalus hat nie so weinen müssen. Er sehnt sich nach den Früchten über
seinem Kopf, aber er kann nicht sterben ein zweites Mal. Aber ich, der ich
noch nicht tot bin, bin aus Leidenschaft verloren und bin sogar geschwächt
bis zum Tod.

237

Die ganze Nacht lang klagte ich, und als die Dämmerung kam, kam mir
ein wenig Ruhe, die Schwalben zwitschern um mich und bewegen mich
wieder zu Tränen, die jagen den süßen Schlummer weg. Meine Augen sind
blind, aber wieder der Gedanke an Evi spukt mir im Hirn. Fort, ihr
gehässigen Schwätzer! Ich war es nicht, es war die Zunge der Nachtigall.
Geh weinen, Itylus, auf den Hügel, und klagend sitze der Wiedehopf
inmitten der Felsen, dass ich für eine kurze Zeit schlafen kann, und
glücklich ein Traum komme und Evi wirft die Arme um mich.

238

Warum ziehe ich mein Schwert aus der Scheide? Es ist nicht deshalb,
meine Liebe, ich schwöre es, um irgendetwas anzutun ausländischen
Liebesdienern, sondern wegen dir, dass ich dem Ares zu eigen bin, obwohl
er vor Aphrodite weichen muss. Dies Schwert ist der Gefährte meiner
Liebe, und ich brauche keinen Spiegel, sondern ich sehe mich in ihm, aber
obwohl ich in Liebe bin, bin ich blind. Aber wenn du mich vergisst - das
Schwert durchbohrt meine Flanke!

239
Die rasende Flamme ist erloschen, ich leide nicht mehr, Aphrodite, aber
ich werde vor Kälte sterben. Denn nachdem sie verzehrte mein Fleisch,
diese bittere Liebe, keuchend hart in ihrer Gier, kriecht die Kälte durch
meine Knochen und Eingeweide. So ist das Altar-Feuer, wenn es alle
Opfer verzehrt hat, dann kühlt es sich aus eigenem Antrieb aus Mangel an
Stoff ab, man muss es mit neuem Stoff füttern.

240

Ich verfolgte Eros mit Eifer; denn die Bienen arbeiten im Schatten, aber
sind mit den Blumen im Frühling. Gold ist jedoch dazu da, dass der
findige Spieler gewinnt Aphrodites Honig.

241

Adieu ist auf meiner Zunge, aber ich halte mein Wort zurück und bleibe
noch in deiner Nähe. Denn ich schaudere vor diesem schrecklichen
Abschied wie vor der bitteren Nacht des Hades. Tatsächlich ist dein Licht
wie das Taglicht, aber das ist stumm, während du mich zum Reden bringst,
süßer als die Sirenen, alle meine Seelen hängen an dir.

242

Als ich Evi sah, wurde ich blass, denn ihr Mann war bei ihr, aber ich sagte
zu ihr mit Zittern: Schiebe den Bolzen vor die Tür, löse den Bolzen-Stift
und fixiere ihn in der Mitte des Schlosses, dass die Spitze meines
Schlüssels durchbohre Basis der Flügeltür! - Aber sie
lachte und sah ihren Mann an und sagte: Du bleibst besser weg von meiner
Tür, oder der Hund sorgt für dich.

243

Ich hielt das Lachen-liebende Mädchen in meinem Arm in einem Traum.


Sie gab sich ganz hin und bot keinen Protest all meinen Launen. Aber
einige eifersüchtige Liebe lauerte auf mich auch nachts, und
beängstigender Schlaf entfernte sich und verschüttete meinen Becher der
Glückseligkeit. So auch in den Träumen meine Schlaf-Liebe beneidete die
süße Erreichung meiner Wünsche.

244

Karinas Küsse sind lang und schmackhaft, Evis Küsse sind tief und feucht,
und Julia beißt. Welche regt mich am meisten an? Lass nicht die Ohren
Richter der Küsse sein, aber ich werde den Geschmack der Drei richten.
Mein Herz, du wusstest schon von Evis sanften Küssen und dem süßen
Honig in ihrem frischen Mund. Wende dich an sie; denn sie gewinnt ohne
Bestechung; wenn überhaupt Freude in einer anderen ist, es wird mich
keine wegreißen von Evi.

245

Du kicherst und wieherst wie eine Stute, die den Hengst riecht; du willst
mir ruhig schildern, wie du mich erregen möchtest, aber vergeblich. Ich
schwor, ich schwor mit drei Steinen in der Hand, dass ich nie schaue mit
freundlichen Augen auf das hartherzige Mädchen. Übe selbst das Küssen
und klatsche mit den Lippen, dass dein Schmollmund in nackter
Schamlosigkeit schwillt, aber du bist verbunden mit niemandem. Aber ich
gehe einen anderen Weg, denn es gibt andere, die sind bessere
Partnerinnen in den Sportarten der Aphrodite.

246

Weich sind Evis Küsse, weich die schneeweißen Gliedmaßen, jeder Teil
von ihr ist weich. Aber ihr Herz ist hart wie Stein. Die Angelegenheit ist
unklar. Sie ist unnachgiebig. Ihre Liebe erreicht man nicht, sondern nur
ihre Lippen, der Rest ist verbotene Frucht. Wer kann diese verbotene
Frucht erlangen? Vielleicht ist das der ewige Durst von Tantalus?

247

Evi (Leben) dem Namen nach, aber nicht in der Tat! Als ich deinen
hübschen Namen hörte, vielleicht hast du ihn zu Recht, aber für mich bist
du noch grausamer als der Tod. Sie flieht vor dem, der sie liebt, und sie
verfolgt den, der sie nicht liebt. Dein Mund ist ein Haken mit Wahnsinn an
der Spitze: Ich biss zu, und so hält sie mich und lässt mich hängen an ihren
roten Lippen.

248

O gnädige Hand, wie konntest du kämmen all dein schwarzes Haar? Wie
konntest du nur? Haben dich nicht mitleiderregende Schreie erweicht, dein
zerrissenes Haar, dein demütig gebeugter Hals? Vergeblich schlugst du
meine Stirne wieder und wieder. Nimmermehr erlaubt sie mir, mit der
Hand ihre Brüste zu berühren. Nein, ich bitte dich, meine Dame, strafe
mich nicht so grausam: eher wollte ich durch das Schwert umkommen!

249

O hochmütige Evi, jetzt kommen die Pfeile der Aphrodite und verdammen
deinen unerträglichen Stolz, du hältst mich mit deinen Armen von deinem
Bett fern, und ich liege, wie es scheint, in Ketten, ohne Verlangen nach
Freiheit. So tun Seelen und träge stirbt der Gerechte, es mischt sich mit
Strömen von Blut der Liebende.

250

Süß, mein Freund Marcus, ist Evis Lächeln und süß die Tränen, die sie
tropfen lässt von ihren reizend winkenden Augen. Gestern, nach langer
Zeit, legte sie ihren Kopf auf meine Schulter, seufzte ohne Pause. Sie
weinte, als ich sie küsste, und die Tränen flossen, wie aus einem kühlen
Brunnen, und fielen auf unsere vereinten Lippen. Als ich sie fragte: Warum
weinst du? sagte sie: Ich habe Angst um dich, weil alle anderen Männern
mir abgeschworen haben.

251

Du rollst die Augen, auszudrücken verborgenen Zorn, und schneidest eine


Grimasse, verdrehst die Augen und lässt hervorstehen deine geröteten
Lippen; du kicherst ständig und schüttelst die Herrlichkeit deiner Locken,
und deine stolzen Hände, wie ich sehe, werden ausgestreckt in
Verzweiflung. Aber dein verachtendes Herz ist nicht gebeugt, und sogar in
deinem Niedergang wirst du nicht erweicht.
252

Lass uns abwerfen diese Umhänge, meine Schöne, und liegen nackt,
verknotet einander umarmen. Lass nichts zwischen uns sein, auch nicht
das dünne Gewebe, dass dich mir verschließt wie die Mauer von Babylon.
Lass unsere Brüste und unsere Lippen verknüpft sein, der Rest muss
verhüllt geschehen in der Stille. Ich hasse eine plaudernde Zunge.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
CHOCHMAH / SOPHIA

Deutsch von Josef Maria Mayer

“Du bist die Weisheit. Du bist das Wissen. Du bist die Wahrheit.
Von dir kommt das Leben. Das Leben ist von dir erschaffen.
Von dir kommt der Geist.“
(Die drei Stelen des Seth, eine ägyptische gnostische Schrift)

Der alte hebräische Name für die Weisheit ist Chochmah, ein weibliches
Nomen. In der jüdischen Heiligen Schrift war es so, das die weibliche
Chochmah das Göttliche verkörpert. Sie wird als eine Emanation Gottes
verstanden, aber sie ähnelt der hebräischen Göttin, die sonst in der Bibel
angegriffen wird, vor allem Ascherah, die Göttin des heiligen Baumes.
Sprüche 3,18 ruft ein Bild von Chochmah auf, das aus dem ältesten Kern
der jüdischen Kultur stammt: "Sie ist ein Baum des Lebens allen, die sie
ergreifen."
Im gleichen Buch der Sprüche singt Chochmah: "Derjenige, der mich
findet, findet das Leben." Wie die Göttin Ascherah, die als Partnerin des
Herrn von den alten Hebräern angesehen wurde, ist Chochmah mit einer
Säule verbunden. "Mein Thron war auf der Wolkensäule", erklärt sie selbst
im Buch Jesus Sirach (24,4). In Sprüche 9,1 baut sie ein Haus mit sieben
Säulen.

Das Buch „Ein Wagen, gezogen von Löwen“ bietet tiefe Einblicke in das
Überleben der hebräischen Göttin. Es weist darauf hin, dass eine andere
Form der Weisheit die Schechinah ist, die göttliche Gegenwart. Beide sind
"in Licht und Herrlichkeit zum Ausdruck gekommen", die beide sich
beteiligten an der Schöpfung, die im Himmel thronen, Mittlerinnen
zwischen Gott und der Welt, und sind herabgestiegen, und sind geflügelt.

Das Buch der Weisheit Salomos, von alexandrinischen Juden in der


hellenistischen Epoche geschrieben, nennt Chochmah Sophia, das ist das
griechische Wort für die Weisheit. In diesem Text übernimmt Sophia "die
Befugnisse und die Funktionen Gottes" und die Schöpfungsgeschichte
wird erzählt mit dem Wort "sie." Der Autor ist darauf bedacht, diese
Kühnheit durch die Beschreibung der Weisheit als Gottes Atem und Gottes
Ausstrahlung zu rechtfertigen, aber immer noch lobt er sie endlich in
ihrem eigenen Recht als "heilig" und "allmächtig":

“Denn in ihr ist ein Geist, intelligent, heilig, einzigartig, vielfältig, subtil,
klar, unberührt, eindeutig, unverletzlich, das Gute liebend, scharf,
unwiderstehlich, gnädig, menschenfreundlich, standhaft, rein, frei von
Angst, allmächtig, Sie überwacht alles und durchdringt alle Geister, die
intelligent und rein und subtil sind. Denn die Weisheit ist beweglicher als
alle Bewegung; wegen ihrer Reinheit durchdringt sie alles und dringt in
alle Dinge ein.“

Ein weiterer schöner Text vergleicht die Weisheit "einer Flamme der
Sterne in der Nacht." Die Ruhmestitel in dem Buch der Weisheit Salomos
finden tiefe Resonanz in den Litaneien der Göttin von Indien. Die meisten
von ihnen feiern die Göttin unter tausend Namen, darunter Intelligenz,
Heiligkeit, Einzigartigkeit, Vielgestaltigkeit, Subtilität, Reinheit, jenseits
aller Gefahr, liebend das Gute, Wohltätigkeit, Treue, ohne Angst, Allmacht
und Allgegenwart.
Die Exegese der Alexandrinischen Weisheits-Litanei zeigt uns die wenig
bekannte Tatsache, dass der griechische Name „monogenes“
("Eingeborene") als Titel von weiblichen Gottheiten begann. Es war ein
Titel der Neit, der Hathor und der Isis: "Eingeborene, Selbsterzeugte", und
erscheint später in Orphischen Hymnen auf Demeter, Persephone und
Athena. Christen anschließend wandten es an auf Jesus von Nazareth, der
der "eingeborene Sohn" Gottes genannt wurde.

In der Spätantike entstanden andere Titel in der jüdischen Tradition:


Schechinah (die Gegenwart Gottes) und Matronita (die Mutter).
Kabbalisten definierten Chochmah neu als männliche Kraft und haben ihr
zugeordnet Binah (Vernunft) in der weiblichen Sphäre. Torah wurde zu
einem gewissen Grad eine Personifikation der Weisheit, und Juden in
vielen Ländern haben sie eingeladen am Sabbat, ihre Häuser als die Braut
Gottes zu besuchen und ihnen das Wesen des Friedens und der Freude zu
geben.

Es ist nicht genug Platz da, um dem ägyptischen Strom der Weisheit zu
folgen, aber was wir hier sagen, ist nur im Licht der Verehrung Ausets, in
der hellenistischen Kultur als Isis bekannt, zu verstehen. Diese Göttin war
gekommen, um über die Grenzen von Ägypten hinaus angebetet zu
werden, zunächst in Westasien und Nordafrika, dann in Europa. Der Isis
Loblieder ("Ich bin") betonen die kreative Weisheit als eine ihrer
göttlichen Qualitäten:

„Ich bin Isis, Herrin jeden Landes,


Ich legte Gesetze für die Menschheit nieder
Und bestimmte Dinge, die niemand ändern kann.
Ich trennte die Erde vom Himmel,
Ich habe kundgetan die Wege der Sterne,
Ich schrieb den Lauf der Sonne und des Mondes vor,
Ich bestimmte die Arbeiten des Meeres,
Ich habe die Gerechtigkeit der Mächtigen befohlen.“
(Lobpreis der Isis aus Cyme, circa 200 v.Chr.)

Ein synkretistisches Ferment der ägyptischen, griechischen und


hebräischen Traditionen ist in Alexandria und dem östlichen Mittelmeer
während des Römischen Reiches aufgetreten. Jüdische Schriftsteller
scheinen eine Reihe von griechischen Orakeln der Sibylle geschrieben zu
haben. Philo von Alexandria identifizierte Israels Sophia als Mutter des
göttlichen Logos mit Isis, der Mutter des Horus. Aber Philo folgte der
biblischen Tradition im Primat des Vater-Gottes als Schöpfer, und
behandelte die göttliche Mutter Sophia als des Vaters Attribut oder
Ausstrahlung. Dennoch beschrieb er Gott als Gemahl der Weisheit.

Der heidnische Priester Plutarch sagte, dass Isis die gleiche sei wie Sophia,
die Schöpferin von allem. Heidnische Mysterienreligionen haben
gleichgesetzt Isis und Demeter, Kybele, Juno Caelestis, Bona Dea, Tyche
und andere mediterrane Göttinnen, sie vermischten ihre Attribute und
Titel. Isis wurde in Skulpturen dargestellt, tragend die Mauerkrone der
asiatischen Göttin Tyche und haltend das Füllhorn der italienischen
Fortuna. (Diese Statuetten wurden selbst im fernen Kasachstan und
Pakistan gefunden.) Eine Vielzahl von geformten Figuren der Isis auf den
Körben der Mysterien von Eleusis wurden für Hausaltäre in Ägypten in
Massenproduktion hergestellt.

Die meisten dieser hellenisierten Terrakotta-Statuetten zeigten die


gehörnte Mond-Krone der alten ägyptischen Göttin und flankierten sie mit
Weizenähren, sie zu assimilieren der Demeter. Die Knoten der Isis, die seit
Jahrtausenden um den Bauch gebunden wurden, wurden zu einem um die
Brust gebundenen griechischen Schal. Andere Terrakotten zeigen Isis mit
dem Rock bis zu den Hüften hochgezogen und die Beine weit gespreizt.

In der Mitte dieses Synkretismus behalten viele Isis-Terrakotten die


ägyptische Konvention und zeigen ihren Sohn als Säugling. Sie erscheint
auch als Isis Bubastis, mit dem unteren Teil ihres Körpers in Form einer
Schlange. Diese Form der Isis ist so weit östlich wie der Irak gekommen.

Einige ägyptische Juden engagierten sich in ekstatischen Formen des


Gottesdienstes. Philo schrieb, dass die Therapeuten ("Heiler") "durch
göttliche Begeisterung entrückt wurden." Sie tanzten und sangen Hymnen
und Antiphonen, Frauen mit Frauen und Männer mit Männern. Dann sagt
Philo, sie feierten und tranken Wein, und waren endlich alle miteinander
verbunden in einer Gruppe:

“Perfekt schön sind ihre Bewegungen, ihre vollkommen schönen Diskurse;


ernst und feierlich sind diese Tänze, und das Endziel ihrer Bewegungen,
ihrer Diskurse und ihre Tänze im Chor ist die Frömmigkeit.“
Die Therapeuten waren eine von den jüdischen Sekten, in denen Frauen
tätig waren. Philo beschrieb ihre Praxis als eine Form der spirituellen
Heilung, die in der Tat dieser Gemeinde ihren Namen gab. "Sie haben
gefeiert den Sabbat und einflussreiche Kommentare zu den Heiligen
Schriften gegeben."

Soweit sie sich auf die Kunst der Heilung besser als die aktuellen Ärzte in
den Städten verstanden, die heilten nur den Körper, behandelten sie auch
die Seelen mit schmerzlichen und beinahe unerträglichen Krankheiten...

Die größte Gemeinschaft von Therapeuten lebte in der Nähe des


Mareotischen Sees im Norden Ägyptens. Ihre Hütten hatten kleine
Gebetsnischen, und sie versammelten sich in einem zentralen Gebäude zur
gemeinsamen Mahlfeier. Wie Philo berichtet, scheinen sie synkretistisch
Isis mit der Weisheit gleichgesetzt zu haben, und baten sie um Heilung:
"Sie wurde gesandt, um die Kranken zu heilen und die Toten zum Leben
zu erwecken, und sie trug den Titel Mutter Gottes.“

Der Synkretismus von jüdischen, ägyptischen, hellenistischen und


persischen Traditionen erschuf die Gnosis, das ist ein Name, der direkt mit
einem Schwerpunkt auf innerem Wissen entstanden ist. Bis zur
Entdeckung der Nag-Hammadi-Schriftrollen waren die Gnostiker bekannt
vor allem aus den Schriften ihrer Gegner, der Kirchenväter. Als der Kirche
Patriarchen die Bücher, die zur kanonischen christlichen Bibel gewählt
wurden, festlegten, lehnten sie einige der frühesten Texte, gnostische
Schriften, ab. Unter diesen ausgeschlossenen Schriften waren Schriften,
die die Weisheit darstellten als göttliche, kreative weibliche Präsenz.

Die Göttin war noch in Ägypten präsent, deren alte Religion ausgeübt
wurde und einen enormen Einfluss auf die frühe gnostische Philosophie
hatte. Das Evangelium des Thomas enthält einen Aufruf aus den alten
Litaneien der Isis: "Komm, Frau, enthülle verborgene Geheimnisse!"
Loblieder der Isis fanden ihren Weg in mehrere gnostische Schriften, da
die große Göttin weiterhin mit der jüdischen Tradition der Chochmah unter
dem hellenistischen Namen der Sophia synkretistisch vermischt wurde.
Die gnostische Schrift Eugnostos der Selige lobt "die allweise Sophia
Genetrix." Sie war es, die der Ursprung der Welt ist, die "schuf große
Leuchten und alle Sterne und setzte sie an den Himmel, so dass sie nach
und nach sollten erleuchten die Erde." Diese gnostische Passage erinnert
an ein Isis-Loblied: "Ich trennte die Erde vom Himmel, habe die Art und
Weise der Sterne festgelegt."

Andere ägyptische gnostische Texte nennen die göttliche Weiblichkeit


Ennoia (Gedanke), Pronoia (Vorsehung) oder Protennoia (Ur-Idee), Pistis
(Glaube), Sige (Stille), Eidea (Idee) oder Charis (Gnade). Diese Titel
werden häufig synonym verwendet mit Sophia. Mehrere Texte adressieren
die Göttin als Arche ("Anfang"), nach der hebräischen Darstellung der
Weisheit als Bereshit (im Anfang).

Die frühen ägyptischen Gnostiker umarmten die Weisheits-Göttin als eine


Macht höher als der Gott, der die Welt erschaffen hat. Ein griechisch-
koptischer Text, genannt „Der Ursprung der Welt“, überarbeitet die
Genesis, und zeigt die Göttin als Mitschöpferin der Schöpfung, und stellt
Eva dar in ihrem ur-heiligen Status als Mutter aller Lebendigen. In einem
Abschnitt, bekannt als "Evas Anfang", schafft Sophia "Eva, das heißt, die
Bestimmerin des Lebens." Das androgyne Wesen nimmt Form an nach
dem Bild der Mutter, und verkündet ihre Identität mit ihr. Sie nimmt Titel
von Isis an, wie zum Beispiel "Trösterin der Wehen."

Dieses Buch nennt Eva "die Mutter der Lebenden", ein Titel, der
zurückgeht auf die frühesten hebräischen Wurzeln, und noch weiter, bis zu
der sumerischen Göttin Ninti. In dieser Erzählung ist es Eva, die Leben
schenkt dem Adam. Der Archont sah Eva und verglich sie Sophia "in der
Ähnlichkeit, die uns im Licht erschien." Er plante, sie zu vergewaltigen
und zu "verunreinigen". Eva und Adam sollten in einen Schlaf sinken,
Adam beizubringen, dass Eva ins Dasein kam aus seiner Rippe, "so dass
die Frau dienen muss, und er wird über sie herrschen." Aber das Leben
(oder Eva) lachte über des Archonten Intrige, verdunkelte ihre Augen und
blieb neben Adam als Ebenbürtige stehen. "Sie trat zum Baum der
Erkenntnis, und blieb dort. Sie offenbarte, dass sie den Baum der
Erkenntnis abernten werde." Der Archont lief in Angst davon, später aber
kam er zurück und besudelte Eva Leib. "Und er wurde getäuscht, nicht
wissend, dass er seinen eigenen Körper geschändet hatte..."
Eine Nag-Hammadi-Schriftrolle, genannt „Zeugnis der Wahrheit“,
vergöttert die kluge Schlange, die Eva riet, die Frucht der Erkenntnis zu
essen: "An dem Tag, wenn du von dem Baum, der in der Mitte des
Paradieses ist, issest, werden die Augen deines Geistes geöffnet." Der
Schriftrolle Autor weist darauf hin, dass Gott die Drohung des sofortigen
Todes nicht wahr machte, aber der Schlange Versprechen von Wissen ward
erfüllt. Er nennt den Gott der Genesis "einen bösartigen Neider", der den
Menschen die Macht des Wissens nicht gönnt. Dieses Thema eines
unvollkommenen Schöpfergottes kehrt in anderen gnostischen Texten
wieder. Sophia tadelt diesen Gott als Lügner und Dummkopf, wenn er
nichts von ihrer Rolle bei der Schöpfung weiß und seine alleinige
Göttlichkeit behauptet.

Eine andere Form der ägyptischen synkretistischen gnostischen Göttin ist


die mysteriöse Barbelo. Präsentiert als Emanation von Gott, ähnelt sie
Chochmah. Aber christliche ägyptischen Texte beziehen sich auf Mutter
Barbelo als Teil einer Dreifaltigkeit, zusammen mit dem Vater und dem
Sohn. Die Barbelo-Literatur versuchte, widersprüchliche Traditionen zu
versöhnen und führte so in Widersprüche. Das Evangelium der Ägypter
sagt, dass Barbelo von selbst entstanden ist, wie die Alten von Neit, der
Mutter der Götter, gesagt hatten. Aber die drei Stelen des Seth präsentieren
sie als "ersten Schatten des heiligen Vaters", der vor ihr existierte. Eine
spätere Passage nennt die Göttin "die männliche jungfräuliche Barbelo."

“Du bist Sophia. Du bist Gnosis. Du bist die Wahrheit. Wegen dir ist das
Leben. Das Leben ist von dir. Wegen dir ist der Geist. Du bist ein Kosmos
der Wahrheit. Du bist eine dreifache Kraft.“

Der Gnostiker Sethian sagte, dass diese Dreifaltigkeit aus Licht, Luft und
Dunkelheit gemacht wurde. Er sah die Dreifaltigkeit als Vater, Sohn und
Materie, mit dem Sohn als dem Mittler zwischen dem erhabenen Vater und
einem passiven weiblichen Prinzip.

Doch die dreigestaltige Protennoia preist "Barbelo, die perfekte


Herrlichkeit", aus deren Gedanken entstand die Dreifaltigkeit von Vater,
Mutter, Sohn. Diese Schriftrolle enthält einen Lobpreis, der eindeutig die
Göttin Protennoia als Ursprung lobt: "Ich bin der Urgedanke, die ich im
Licht wohne... Sie existiert, die vor dem All war... Ich bewege mich in
jedem Geschöpf... Ich bin die Unsichtbare im All." Ihre Göttlichkeit ist
unermesslich, unaussprechlich und strahlend.

Die Apokryphe von Johannes enthält einen weiteren Lobpreis auf die
"perfekte Pronoia (Voraussicht) des Universums," die war "die Erste." Sie
wanderte in die große Finsternis, "in die Mitte des Gefängnisses", auch in
die Tiefen der Unterwelt. Sie vertritt "das Licht, das im Licht ist." Aber der
Text verglich "Schwester Sophia" ungünstig mit Barbelo. Eine
Zersplitterung der gnostischen Göttin war im Gange. Sie wurde dem
"Vater" untergeordnet. Die gnostischen Loblieder spiegeln ein sich
entwickelndes Konzept der "gefallenen" Göttin wieder.

Der längste gnostische Lobpreis erscheint in „Der Donner oder Über-


Geist“ (ursprünglich betitelt „Die göttliche Barbelo“). Er folgt der Form
der alten Litaneien der Isis: "Ich bin die Weisheit der Griechen / Und das
Wissen der Barbaren. / Ich bin eine, deren Bild in Ägypten groß war..." Im
Gegensatz zu den Lobliedern der Isis jedoch ist der Über-Geist durch
Dualismus gekennzeichnet, und vereinbart Negatives wie "Unwissenheit...
Schade... Angst" mit Barbelos göttlichen Qualitäten. Dennoch enthält es
Verse von bemerkenswerter Schönheit und Tiefe:

“Ich bin die Erste und die Letzte,


Ich bin die altehrwürdige Eine und die verachtete Eine,
Ich bin die Hure und die Heilige,
Ich bin die Frau und die Jungfrau,
Ich bin die Mutter und die Tochter,
Ich bin die Kinder meiner Mutter,
Ich bin die Unfruchtbare, und viele sind meine Söhne,
Ich bin die Stille, die unverständlich ist,
Ich bin die Idee, deren Erinnerung reich ist,
Ich bin das Wort, dessen Aussehen ist vielgestaltig,
Ich bin die Äußerung meines Namens.“

Obwohl Sophia prominent ist in den gnostischen Schöpfungsberichten,


wurde ihr die strahlende Heiligkeit der Ägyptischen Isis und der
Hebräischen Chochmah fortgenommen. In der Studie „Die Weisheits-
Göttin“ wird gezeigt, wie die positive Sicht der Sophia in den frühen
Schriften allmählich abgebaut und immer weiter abgebaut wurde durch
eine vermännlichende Bewegung, die eine "gefallene Sophia" betont.
Die Studie zeigt, dass die älteren Texte neu aufgelegt wurden, um Sophia
konsequent zu reduzieren und unterzuordnen, während die Verherrlichung
des männlichen Gottes zunahm. Man setzte den Vater-Gott an die Stelle
der Weisheits-Göttin. Zum Beispiel die Zeile "Aber all das kam, um nach
der Pronoia der Pistis zu geschehen" wurde abgeändert in "Aber all diese
Dinge begaben sich nach dem Willen des Vaters des Alls."

Die Schrift „Eugnostos der Selige“ über die Sophia Jesu Christi wurde neu
gestaltet, in der nun Sophia rebellierte gegen den "Vater des Universums",
Sophia bereut ihre Schuld, und wird von ihrem männlichen Partner Jesus
Christus gerettet. Der revisionierte Text bezieht sich wiederholt auf die
"Schuld der Frau." Das gleiche Verfahren wurde bei der Arbeit an der
Pistis Sophia ausgeführt, wo die gefallene Sophia dreizehn Hymnen singen
musste aus Reue, bis Jesus ihr hilft, die geistigen Höhen
wiederzugewinnen.

Diese neuen patriarchalen Diskurse mussten noch mit einer tief


verwurzelten Überzeugung von der Göttin als der ultimative Quelle des
Lebens kämpfen. Auch patriarchalische Schriftsteller erkennen an, dass
Sophia den Atem des Lebens dem Adam gibt, obwohl sie dies nur indirekt
zeigen. Aber sie sehen die materielle Schöpfung als das Böse, zu
inhaftieren die Seelen, die in ihr leben. Oft zeigen sie Sophia gefallen in
Knechtschaft.

In einem gnostischen Mythos wurde Sophia gefangen genommen durch


die sieben Archonten. Das Wesen der Weisheit, das Fleisch in der
weiblichen Form, ist jeder Demütigung ausgesetzt, darunter ist sie zur
Hurerei gezwungen. In einer Version rettet Simon Magus "Helena" aus
einem Bordell in Tyrus. Aber in Wirklichkeit ist sie die Schöpferin der
Engel, die die Welt gemacht. Sie heißt Kyria, Herrin, ein griechisches
Wort, das entspricht dem christlichen Gottes-Titel Kyrios, Herr. Diese
Geschichten drehen sich nicht um idealisierte Vorstellungen von heiligen
Huren, freie Liebe zu machen, sondern sprechen von weiblicher
Erniedrigung in den Gefängnis-Bordellen des römischen Reiches. Obwohl
es als Bestätigung der Präsenz des Heiligen in den versklavten Frauen in
Anspruch genommen werden könnte, ist es in Wahrheit eine klare
Herabstufung der Weisheits-Göttin, die ihre ursprüngliche souveräne
Macht verloren hat.
Die frühere Ansicht der Göttin als oberster Quelle, oder alternativ als
perfekte Partnerin eines männlichen Gottes, wich nun der Idee, dass sie
niedriger ist und der Vergebung und Erlösung bedarf. Neue Autoren
entwickelten Themen einer verblendeten und dummen Sophia (im
Widerspruch zu der Bedeutung ihres Namens, "Weisheit"). Sie werfen ihr
vor, gebrochen zu haben das kosmische Gesetz, indem sie ohne einen
männlichen Partner lebt, und beschreiben ihr Werk als defekt.

Während diese Autoren die Schuld für die Empfängnis allein Sophia
zuschreiben, loben sie den männlichen Gott für die Erschaffung ohne
Partnerin. In ihren Erzählungen hat er sich die Sophia unterworfen, ließ sie
leiden und bereuen, bis ein überlegener männlicher Gott geruht zu
"korrigieren ihren Mangel." Als Sophia mythisch gestürzt war, nahmen
andere weibliche Figuren Aspekte ihrer Macht auf, aber die Kraft der
Weisheits-Göttin war fast zuende.

Unter dem drückenden Klima des römischen Reiches, mit seinen schweren
Steuern, Vertriebenen, städtischem Gedränge, Plagen, Sklaven-Wirtschaft
und Arena-Hinrichtungen, ganz zu schweigen von der Gewalt gegen
Frauen, war eine tiefe Negativität ins religiöse Bewusstsein eingesickert.
Die Menschen fühlten sich wie Gefangene in der Welt, und die
Überzeugung entstand, dass die Schöpfung selbst fehlerhaft war. Der
Makel erreichte die Göttin selbst, da sie sich manifestiert in der Materie, in
der Geburt, in den Körpern.

Diese neue Lehre der Identifizierung der Frau mit Fesseln, Schwäche,
Minderwertigkeit und Schuld, war der endgültige Sturz der Göttin der
Mysterien am Mittelmeer. Der Prozess war unberechenbar. Jüdische
Mystik der Weisheit, so einflussreich in der frühen Gnosis, die erhabene
schöpferische Kraft Chochmah hielt daran fest, dass die Schöpfung gut
war, auch wenn das Weibliche formal dem Mann in der Bibel
untergeordnet war. Aber zunehmend strebten die Gnostiker eine
"Umwertung aller Werte" an, nicht nur Auflehnung gegen den biblischen
Gott, sondern die Ablehnung jeglicher Schöpfung als einer guten.

Die synkretistische Göttin der Spätantike wurde allmählich einer plumpen


Neuinterpretation unterzogen, wie die Gnostiker eine stark polarisierende
Lehre des Dualismus liebten. Die Ablehnung der "unteren" Welt beziehen
sie auf die Göttin in der Mitte ihres Angriffs auf das Judentum. Sie
forderten die Ablehnung des Körpers, des Geschlechtsverkehrs und der
Geburt, der Erde und der Natur. Neue Lehren haben Sophia genommen
ihre göttlichen Qualitäten, sie dramatisch untergeordnet dem Vater und
Christus als ihrem männlichen Partner und Retter. Spätere Schriftsteller
ließen mit dem Namen Sophia zusammen einige neue Namen einführen,
aber der sichtbare Trend ging weg von den Mythen der Schöpferin.

Die Variante der gnostischen Schriften spiegelt eine intensive Kampagne


wieder gegen die Verehrung der Göttin und zur Spaltung von Körper und
Geist. Die Spannung ist offener in den gnostischen Evangelien, gerade
weil die weibliche Gottheit dort noch immer stark ist, im Gegensatz zu
dem christlichen Kanon. Es war in Ägypten und anderen Zentren der
Mysterien, dass der letzte Kampf um die offene Anbetung der Göttin
gekämpft wurde - und letztlich verloren - auf dem Schlachtfeld der Gnosis.

Die Ausrottung der Göttin erwies sich als eine unmögliche Aufgabe. Sie
überlebte in Myriaden von Formen im Volksglauben, verschleiert wie in
Maria oder christlichen weiblichen Heiligen. Die Jungfrau Maria nahm
eine viel weniger starke Position in der kirchlichen Lehre ein als die alte
heidnische Göttin. Die Volkstradition ist eine andere Geschichte, es wurde
die Hingabe verschoben, von den alten Göttinnen zu Maria. Aufgrund
dieses Drucks der Bevölkerung und der Rolle, die sie in der Geistlichkeit
der Umwandlung gespielt, fiel auf Maria nicht der Abbau, den die
gnostischen Autoren mit Sophia betrieben, und das Stigma, dass die
Theologen über Eva gezeichnet. Der Katholizismus absorbierte die Göttin-
Traditionen im Laufe der Jahrhunderte.

Aber die Geschichte von Sophia ist noch nicht zu Ende. Durch ihre
griechischen Verehrer in Assimilation ist sie zum orthodoxen Christentum
gekommen als Hagia Sophia. Die größte Kathedrale der Byzantiner zu
ihren Ehren wurde der "Heiligen Weisheit" geweiht, unterstützt von den
großen Porphyr-Säulen aus dem Tempel der Artemis in Ephesus. Die
frühen orthodoxen Griechen betrachteten Hagia Sophia als weibliches
Mitglied der Dreifaltigkeit, als "Heilig Geist". Diese Linie beharrte in der
orthodoxen christlichen Mystik, und ist immer noch eine Kraft in der
russischen Spiritualität. Westliche christliche Feministinnen haben es in
den letzten Jahrzehnten zurückgefordert.
Dieser Titel "Heilig Geist" gehörte auch Ruha Qudusha, der Göttin der
irakischen Mandäer. Sie ist ein aramäisches Analog zu der hebräischen
Shechhinah: Vergleiche die biblischen Worte Ruach, "Geist" und kadosch,
"heilig", und denke auch an die altkanaanäische-ägyptische Göttin
Qudusha. Die aramäische Göttin erfährt die gleiche Erniedrigung in Syrien
und im Nordirak wie Sophia in dem östlichen Mittelmeerraum. Ruha
d'Qudsha, als Mutter der "bösen" Planeten und Tierkreiszeichen, ist eine
weitere gefallene oder eher gestürzte Göttin. Sie heißt mangelhaft und
defekt und kann nur emporgehoben und ins Licht geführt werden durch
den Vater.

Die Thora verwendet das Wort "schweben", wie mit Flügeln schlagen, um
die göttliche Gegenwart zu beschreiben, die Talmud-Schriftsteller hatten
begonnen, die Schechinah anzurufen. Ihr Bild schwingt mit der alten
Verehrung der Taube als heilig mit wie bei der kanaanäischen, syrischen
und zyprischen Göttin. Christen übernahmen diese Bilder, malten den
Heiligen Geist als eine geflügelte Ausstrahlung und eine schwebenden
Taube. Sie flattert über Maria in unzähligen Szenen der Verkündigung, und
über dem geweihten Kelch und Brot.

Wie Chochmah blieb sie eine Präsenz in der hebräischen Bibel. Tausende
von Jahren, nachdem ihr Lob in das Buch der Sprüche eingebettet worden,
wurden mittelalterliche christliche Mystiker von diesem weiblichen Bild
der Weisheit angezogen. Hildegard von Bingen kannte sie als Sophia,
Scientia Dei und Sapientia der sieben Säulen. Eins ihrer Manuskripte
selbst zeigt Sophia mit der Mauerkrone der antiken Göttin Kleinasiens.
Hildegards zutiefst animistische Poesie singt ein Loblied auf das Leben,
mit Weisheit begabt, wie eine Göttin in allen ihren Namen:

“Ich bin die höchste und feurige Kraft, die aussendet alle lebenden
Funken. Der Tod hat keinen Anteil an mir, aber ich bringe den Tod, darum
bin ich umgürtet mit Weisheit als mit Flügeln. Ich bin das Leben und
feurige Wesen der göttlichen Substanz, das leuchtet in der Schönheit der
Felder und in dem glänzenden Wasser, in der brennenden Sonne und dem
Mond und den Sternen, und in der Kraft des unsichtbaren Windes, des
Atems aller Lebewesen, ich atme in dem grünen Gras und den Blumen und
in dem lebendigen Wasser.“
(Buch der göttlichen Werke)
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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DER TEMPEL DER GÖTTIN ATHENA

Deutsch von Josef Maria Mayer

PLATONS VORSTELLUNG VOM GÖTTLICHEN

DIE PLATONISCHEN IDEEN

Es ist Platons Ansicht, dass es so etwas wie ein objektive Gut gibt. Für
Platon sind Gerechtigkeit, Weisheit, Mut, Maß und Schönheit Realitäten,
noch realer als die körperlichen Dinge, die wir sehen und anfassen können.
In der Tat wird Platon sagen, dass die Dinge, die wir sehen und berühren,
nur halb real sind: sie stehen in der Mitte zwischen Realität und Irrealität,
während das, was Platon die Ideen nennt, wie Gerechtigkeit, Schönheit,
voll real sind.
Die Seele eines Menschen kann überbrücken die beiden Ebenen, die
Ebene des Körpers und der Ebene der Ideen. Wir sind an den Körper
gebunden, solange wir leben, vor allem durch unsere Begierden, aber mit
der philosophische Reflexion können wir versuchen, die richtige Art von
Fragen zu beantworten, dann kann die Seele allmählich zu einer Ebene
kommen, auf der sie die Ideen wahrnehmen kann. Sie sind nicht sichtbar
für die Sinne, aber verständlich, das heißt, sie können nicht durch das
körpereigene Auge gesehen werden, sie können nur von dem geistigen
Auge gesehen werden.
Die Ideen sind in einer Weise göttlich: sie sind perfekt, sie sind schön,
sie sind ewig, sie vergehen nicht. Aber die Ideen sind kein Ersatz für
Götter und Göttinnen: sie sind nicht aktiv, und sie sind nicht am Leben.
Die Ideen sind verständlich, sie können von den Weisen erkannt werden,
aber sie selbst bewegen sich weder noch denken sie.

DIE SICHTBAREN UND DIE UNSICHTBAREN GÖTTER

In Platons Bild der Dinge müssen die Ideen nicht die Götter ersetzen;
seiner Ansicht nach gibt es Götter neben sichtbaren Körpern, Seelen der
Menschen und Ideen. Die Götter sind vollkommene Wesen. Die Götter tun
nichts ungern und ihre Formen sind perfekt. Ein niedrigeres Tier (ja, auch
ein Mensch) hat eine Form, die schlechter ist als die der Götter. Daher
nehmen die Götter nicht andere Formen an.
Somit muss die Geschichte von Leda und dem Schwan alias Zeus falsch
sein. Und die Dichter, die diese Geschichte erzählen, sind die wahren
Verderber der Jugend. Platon widerlegt Homers Geschichte über Zeus, der
sandte den fälschlicherweise prophetischen Traum zu Agamemnon als ein
Lügner.
Die Götter sind vollkommene Wesen, mit perfekten Körpern, viel
schöner als unsere eigenen, sie können nicht getötet werden - in der Tat
können sie nicht in irgendeiner Weise geschädigt werden. Ihre Körper sind
unverderblich. Und was noch mehr ist, da sie nicht sterben, müssen sie
nicht füllen ihre Bevölkerung, so müssen sie nicht Kinder zeugen.
Platon gibt nie einen Beweis dafür, dass Zeus, Athene, Hera und andere
existieren, aber er gibt einen Beweis, in dem letzten Buch der letzten
Arbeit, die er komponierte, den Gesetzen, dass es Götter gibt. Dabei
appelliert er direkt an den sichtbaren Beweis der Götter in den Himmeln.
Sicherlich gibt es Götter, jeder kann sie sehen!
Aber aus seiner Sicht sind dies nicht die einzigen Götter. Diese
sichtbaren Götter, denkt er, waren die ersten Götter, die den Menschen
bekannt wurden. Man nannte sie Götter, weil sie immer durch den Himmel
laufen. Aber später, als Städte gegründet wurden, wurden andere Götter
anerkannt. Das sind die Götter, die wir Zeus, Hera, Athena und so weiter
nennen - die Olympioniken. Wir nennen sie Götter, aber sollen nicht alles
glauben, was über sie Homer und Hesiod und ihresgleichen uns sagen. Es
hat kein Mensch die geringste Ahnung von dieser Göttern wahren Namen,
also kennen sie nicht wirklich, was sie anrufen. Es ist wahrscheinlich nicht
Zeus, Hera, Athena.
Das sind die Götter des zivilisierten Lebens; das ist der Grund, warum
sie nicht von den Barbaren erkannt werden. Das sind die Götter, die sich
um die Menschen kümmern und wissen, ob wir gut oder böse sind.
Wie die sichtbaren Himmels-Götter sind diese ewigen Götter, sie haben
unverderbliche Körper, sie sind nicht ins Leben gerufen und werden nicht
vergehen. Ihr Geist ist in vollständiger Kontrolle über ihren Körper.
Beachte den Unterschied zu den Menschen. Unsere Körper widerstehen
der Kontrolle durch unsere Köpfe, nicht zuletzt, wenn sie uns in
Versuchung führen.
Es gibt zwei wesentliche Unterschiede zwischen der unsichtbaren
Gruppe von Göttern und den sichtbaren Himmelsgöttern: Erstens sind
diese Götter im Wesentlichen unsichtbar, aber sie können sich uns
offenbaren, wenn sie dies wünschen. Zweitens ist es diesen Göttern nicht
egal, ob die Menschen gut sind oder nicht.
Beide Arten von Göttern bringen uns Vorteile: Der Sonne Vorteile liegen
auf der Hand. Die Planeten und Sterne helfen uns, die Zeit in der Nacht
oder die Jahreszeit zu messen und ermöglichen Navigatoren ihre Wege auf
den Meeren zu finden. Doch die unsichtbaren Götter, die, die wir Zeus,
Hera, Athena nennen, kümmern sich um das Wohlergehen von
Gesellschaften und Individuen.

RECHTER GOTTESDIENST

Frömmigkeit regelt unsere Interaktionen mit den Göttern. Frömmigkeit


beinhaltet richtigen Dienst an den Göttern. Aber Dienst ist natürlich Dienst
am Meister. Doch die Götter sind perfekt und autark - es fehlt ihnen nichts,
so haben sie keine Bedürfnisse. Wie können wir dann dienen den Göttern?
Wir müssen erkennen, dass ihren Vorgesetzten die Untergebenen auf
zwei verschiedene Arten dienen können, eine Möglichkeit ist, dass sie
ihren Vorgesetzten dienen in dem, was diesen Vorgesetzten selbst fehlt, sie
können aber auch damit dienen, ihren Vorgesetzten als untergeordnete
Arbeiter anzubieten, was ein Dritter braucht. Ein Schreiner oder Maurer
dient einem Architekten beim Bau eines Hauses, nicht in erster Linie um
dem Architekten alles zu geben, was er braucht, um zu überleben, aber in
der Ordnung, dass der Architekt kann besser auf die Bedürfnisse der
anderen eingehen, diejenigen, die verwenden das Haus. Der Mensch kann
den Göttern in einem Projekt von ihnen dienen, es sollen andere Wesen als
die Götter davon profitieren.
Frömmigkeit ist diese Art von Gerechtigkeit, die Dienst am Menschen
für die Götter, nicht um unseren Meistern den Göttern alles zu geben, was
sie benötigen, da sie keine Bedürfnisse haben, sondern mit unseren
Meistern zusammen zu fördern das Wohlbefindens in der menschlichen
Gesellschaft und von Individuen.
Der untergeordnete Soldat, irgendwo von seinem Kommandanten
stationiert, ist im gleichen Verhältnis zu seinem Kommandanten wie ein
untergeordneter Handwerker dem Baumeister auf einer Baustelle. Sokrates
sagte, dass er von dem Gott in Athen stationiert worden war, um sich um
seiner Mitmenschen Seele zu kümmern. Frömmigkeit ist eine Art von
Gerechtigkeit oder moralischer Güte, vernünftiger Zusammenhang mit den
Göttern und der Güte unter den Menschen, und genau das, was Sokrates
selbst sah, da er dies bezeugte mit seinem eigenen Leben.

DIE MENSCHLICHE SEELE

Philosophie, oder die Liebe des Guten und Schönen, gibt einer Seele
Flügel, und nach dem Tod eine philosophische Seele steigt auf der Stelle
dahin, wo das Geschlecht der Götter wohnt:
Jetzt der große Führer im Himmel, Zeus, steht an erster Stelle, führend
einen geflügelten Wagen, imposant um alle Dinge sich zu sorgen, und die
Vielzahl von Göttern und Geistern folgt ihm, rangiert in elf Abschnitten,
nur Hestia, die Göttin des Herdes, bleibt allein in dem Haus der Götter.
Aber die anderen tun alles, was unter der Zwölf Götter Urteil in der
richtigen Reihenfolge nach Rang getan werden musste, jeder an der Spitze
seiner eigenen Abteilung.
Viele und wunderbar zu sehen sind die Bahnen in den Himmeln und
unter den seligen Göttern ständig sich drehend, diese sind immer
beschäftigt mit ihren besonderen Aufgaben. Es folgt, wer will und kann,
dazu gehören gute menschliche Seelen, denn Neid hat keinen Platz in der
Gesellschaft des Himmels. Aber wenn sie zum göttlichen Bankett gehen,
steigen sie den steilen Aufstieg zur Spitze der Gewölbe des Himmels, und
hier fahren der Götter Wagen.
Das ist, weil die menschliche Seele besteht aus drei Teilen, hier von
einem Wagenlenker und zwei Pferden vertreten, eins davon ist ziemlich
widerspenstig, was den Appetit bezeichnet, das gute Pferd muss gegen das
widerspenstige kämpfen, und der Wagenlenker, der rationale Teil des
Seele, muss üben ständige Wachsamkeit über das widerspenstige Pferd.
Nun, wenn jene Seelen, die gerufen werden, unsterblich zu werden, auf
den Gipfel kommen, und ihren Stand auf dem Feld des Himmels zu
nehmen, wo seine Revolutionen tragen sie im Kreis, werfen sie auf das,
was ist, den Blick.
Von dieser Region jenseits hat keiner unserer irdischen Dichter jemals
gesungen, es wird auch keiner würdig sein, davon zu singen. Die
Beschreibung folgt, denn ich muss es wagen, die Wahrheit zu sagen, zumal
die Natur der Wahrheit mein Thema ist. Es ist dort, dass die Realität lebt,
ohne Form oder Farbe, immateriell, sichtbar nur der Vernunft als der Seele
Pilot; und alles ist wahres Wissen der Realität über den Himmel. Nun wird
eines Gottes Fakultät verstanden direkt und wir erleben das reine Wissen
nachhaltig, da ist der Teil einer jeden Seele, die gesegnet ist zu empfangen
alles, was verwandt ist mit dieser Erfahrung. Folglich, wenn die Seele
lange gesucht hat und zuletzt sieht die Realität, sie jubelt, findet Nahrung
in ihrer direkten Betrachtung der Wahrheit und in ihrer unmittelbaren
Erfahrung, bis in der Revolution der himmlischen Umlaufbahn sie führte
die Runde wieder zum Ausgangspunkt zurück. Und im Verlauf der
Revolution erblickt die Seele die absolute Gerechtigkeit und die Mäßigkeit
und die Weisheit (das heißt, die ewigen Ideen). Wenn die Seelen der Götter
haben sich ergossen über alle anderen wahren Realitäten, kommt die Seele
wieder zurück in den Himmel und kehrt nach Hause zurück.
In Platons Ansicht haben die Wesen, die Götter, keine schwierige
Wahrnehmung der absoluten Ideale, die Götter sind nicht die Normen der
Gerechtigkeit, Schönheit und Güte, aber sie sind Lebewesen, die
vollkommene Kenntnis von diesen Standards haben.
Menschliche Seelen im Leben haben mehr oder weniger
Schwierigkeiten, wahrzunehmen diese absolute Wahrheit - es hängt davon
ab, wie viel Weisheit sie gewonnen haben in ihrem früheren Leben, aber
jeder Blick, den sie auf die absolute Wahrheit gewinnen, ob nach dem
Leben oder durch philosophische Reflexion während des Lebens, hilft zur
Überwindung des Drucks, der sie zieht zurück in den Körper.
Bis die menschliche Seele ein philosophisches Leben dreimal in Folge
gelebt hat, muss sie wiedergeboren werden, aber wenn es so gelebt wurde,
kann sie zu den Göttern kommen zur ewigen Betrachtung der reinen
Wahrheiten, die über den Himmeln existieren.

ATHENE IN DEN SCHRIFTEN PLATONS

Aber ich denke, wie Homer erzählt, wie Athena den Nebel entfernt von
den Augen des Diomedes, "dass er vielleicht auch erkenne Gott und
Mensch", so dass du zuerst den Nebel entfernen musst, der nun umhüllt
die Seele, und dann kann dir das Mittel gegeben werden, wie du zwischen
Gut und Böse unterscheiden kannst. Denn derzeit glaube ich nicht, dass du
dies tun könntest.

Sehr gut, was sollen wir von Demeter, Hera, Apollon, Athena, Hephaistos,
Ares und den anderen Göttern sagen?

Still bleibt Athena, die du, Sokrates, als ein Athener, sicherlich nicht
vergessen wirst.

Die Alten haben offenbar den gleichen Glauben über Athena als die
Dolmetscher von Homer haben jetzt für die meisten von ihnen,
kommentierend den Dichter, sagen sie, dass er Athena als Geist (nous) und
Intellekt (dianoia) darstellt, und der Erfinder ihres Namens scheint eine
ähnliche Vorstellung von ihr gehabt zu haben, und ja, er gibt ihr den noch
höheren Titel "göttliche Intelligenz" (he theou noesis) und schien zu sagen:
Das ist sie, die hat den Geist Gottes (theonoa).

Du bringst neugierig Ergebnisse herbei, Sokrates, bei der Verwendung von


Namen. Gerade jetzt sah man, als ob du deinen Mund aufgemacht hättest,
die Flöte zur Hymne an Athena zu blasen.

In den alten Tagen übernahmen die Götter durch das Los die ganze Erde
nach ihren Gebieten - nicht nach den Ergebnissen eines Streites (zwischen
Poseidon und Athena), denn es ist nicht sinnvoll anzunehmen, dass die
Götter nichts von ihren eigenen Rechten wüssten, noch dass sie für sich
selbst durch Streit zu erhalten versuchen, was anderen gehört.

Jetzt in anderen Regionen andere der Götter haben ihre Gärten und
bestellen die Angelegenheiten, aber da Hephaistos und Athena eins wie die
Natur waren, aus dem gleichen Vater geboren, und einig im Übrigen in
ihrer Liebe zur Weisheit, pflanzten sie brave Kinder der Erde, und ihren
Köpfen gaben sie die Reihenfolge der Regierung; ihre Namen sind
erhalten, aber ihre Handlungen und ihre Handwerkskunst, die beide als
ihren gemeinsamen Anteil dieses Landes sahen, was natürlich für Weisheit
und Tugend stand, wurden erhalten bei der Zerstörung derjenigen, die die
Tradition empfangen und im Laufe der Jahrhunderte verloren haben.

Außerhalb der Akropolis und unter den Seiten des Hügels wohnten
Handwerker und Weingärtner, die hatten ihre Höfe in der Nähe, aber auf
dem obersten Teil hatte nur die militärische Klasse für sich ihre
Wohnungen rings um den Tempel von Athena und Hephaistos, umgeben
von einem einzigen Ring gleich dem Gartenzaun eines Einfamilienhauses.

Der Name der "Ahnin des Zeus" ist nicht unter den Ioniern erfunden
worden, noch von uns, noch von Personen, die diese Stadt verlassen
haben, um sich im Ausland niederzulassen: sie haben einen "Ahnen
Apollo", der der Vater ist von Ion, und eine "Familie Zeus" und einen
"Zeus Hüter des Phratrie", und eine "Athena Hüterin des Phratrie". Aber
der Name "Ahnin des Zeus" ist uns unbekannt.

Phidias machte nicht die Augen seiner Athena von Gold, noch den Rest
ihres Gesichts, noch ihre Hände und Füße, wenn das heißt, sie sicher
erscheinen zu lassen als die schönste, sondern sie war nicht aus Gold,
sondern er machte sie aus Elfenbein.

O Fremder in Athen, was sollen wir sagen, denn du scheinst eher zu


verdienen, nach der Göttin Athena selbst benannt zu werden, es ist zu
sehen, dass du das Argument klar erkennst, wenn es wieder zurück zu
seinem Ausgangspunkt kehrt.

Der Gesetzgeber muss die Stadt in zwölf Abschnitte teilen, der erste für
die Gründung der Tempel von Hestia, Zeus und Athena, an einer Stelle, die
auf der Akropolis sein wird, und umgeben mit einer Ringmauer.

Und in Athen dachte unsere Jungfrau-Herrin (Athena) sich zu erfreuen im


Freizeitpark am Tanz, es war nicht geschehen, sich mit leeren Händen zu
amüsieren, sie musste mit einer kompletten Rüstung bekleidet werden und
in dieser Kleidung zum Tanz gehen.

Und Jünglinge und Jungfrauen sollten in jeder Hinsicht imitieren und


achten sehr die Gunst der Göttin (Athena), gleichermaßen für den Dienst
im Krieg und für den Einsatz bei Festen. Es gilt die Regel für die Kinder,
im Alter von sechs bis zum wehrfähigen Alter, Prozessionen und Gebete zu
allen Göttern in stattlicher Reihe zu veranstalten, bewaffnet und auf dem
Pferderücken, in Tänzen und Märschen, schneller oder langsamer, Gebete
zu sprechen zu den Göttern und den Söhnen der Götter.
Oder nehmen wir einen mittleren Kurs und lassen die Mädchen handeln in
Turnen und Musik, während die erwachsenen Frauen mehr beim Spinnen
von Wolle eingesetzt werden, sind bei der Arbeit fleißig und weben das
Netz des Lebens, das wird billig sein und nicht meine Arbeit, und die
Pflicht zu dienen und sich zu kümmern um den Haushalt und die
Erziehung der Kinder, in denen sie eine Art Mittelweg beobachten, die sich
nicht an den Mühen des Krieges beteiligen, und wenn es welche gab, die
kämpfen für ihre Stadt und Familien, im Gegensatz zu den Amazonen,
wären sie nicht in der Lage, sich im Bogenschießen zu üben oder anderen
gekonnten Einsatz von Waffen zu tun, noch konnten sie nach dem Vorbild
der Göttin (Athena) tragen Schild oder Speer oder aufstehen edel für ihr
Land, wenn es zerstört wurde, und jagen Schrecken in die Reihen ihrer
Feinde, wenn auch nur, weil sie in regelmäßiger Reihenfolge gesehen
wurden.

Überall werden wir Tempel errichten für Hestia und Zeus und Athena.

Heilig dem Hephaistos und der Athena ist die Klasse der Handwerker, die
das menschliche Leben eingerichtet haben mit Kunst.

Zu Ares und Athena gehören diejenigen, die die Produkte der Handwerker
durch Kunst der Verteidigung schützen; zu Recht ist diese Klasse auch
heilig diesen Gottheiten.

Wenn einer als Handwerker arbeitet, ist es nicht zu verurteilen, ihm seinen
Lohn ordnungsgemäß entsprechend der rechtlichen Vereinbarung zu
geben, wenn Zeus der Patron des Staates und Athena Partnerin in der
Verfassung sind, wo sich lösen große Partnerschaften durch die Liebe
eines kleinen Gewinnes, dann, mit Hilfe der Götter, wird dieses Gesetz der
Hilfe, die der Staat verleiht, die Partner vereinen.

Unser Land verdient Lob, nicht nur von uns, sondern von allen Menschen,
zuerst und vor allem als lieb den Göttern. Dies wird durch den Streit der
Götter (Athena und Poseidon) bewiesen, die ihr Urteil über die Wahrheit
unserer Aussage bezeugen. Und wie sollte sie nicht, die die Götter gelobt
haben, von allen Menschen gelobt werden?
Prometheus, in seiner Ratlosigkeit, was er für die Erhaltung der Menschen
entwickeln sollte, stahl von Hephaistos und Athena Weisheit in den
Künsten.

Prometheus ist unbeobachtet in das Gebäude von Athena und Hephaistos


eingedrungen.

Prometheus hat fortgetragen des Hephaistos Kunst der Arbeit durchs


Feuer, und auch die Kunst der Athena trug er fort und gab sie den
Menschen.

Ich ging gestern an den Piräus mit Glaukon, dass ich vielleicht darbringe
meine Andacht der Göttin, und auch, weil ich sehen wollte, wie sie das
Fest feiern wollten, da dies in einer Einweihung bestand.

Wir müssen nicht bei allem, was man von der Götter Krieg mit Göttern
und Verschwörungen gegeneinander sagt, glauben - denn es ist nicht wahr
- wenn wir wollen unsere Zukunft bewahren und nicht als beschämend
leicht herausfallen, noch weniger müssen wir Schlachten der Götter und
Giganten glauben, das Thema für Geschichten und Stickereien, und wir
werden nichts über die unzähligen anderen Streitereien der Götter und
Helden mit ihren Freunden und Verwandten glauben.

Aber wenn jemand behauptet, dass die Verletzung der Eide und Verträge
war wirklich die Arbeit des Pandarus etwa und wurde von Athena und
Zeus gebracht, werden wir nicht zustimmen, noch, dass der Streit und
Krieg der Götter wurde angestiftet von Themis und Zeus.

Männer waren in großer Bedrängnis, und das ist der Grund, warum die
Gaben der Götter, die in den alten Traditionen erzählt wurden, uns gegeben
wurden mit der nötige Information und Anweisung - Feuer von
Prometheus, die Künste von Hephaistos und der Göttin, die ihre
Mitmenschen zu Handwerkern machte, Athena, Samen und Pflanzen von
anderen Gottheiten..

Wenn Apollo erfunden das Bogenschießen und die Medizin und die
Wahrsagerei, war es unter der Leitung von Lust und Liebe, so dass auch er
kann als ein Schüler der Liebe wie die Musen in der Musik angesehen
werden, Hephaistos in Metall-Arbeit, Athena in der Weberei und Zeus "im
Lotsendienst der Götter und Menschen."

Diese Geschichte wird ein würdiges Denkmal unserer Dankbarkeit für


dich sein, und eine Lobeshymne wahr und würdig der Göttin (Athena) zu
diesem ihrem Tag des Festes.

Die Bürger von Sais in Ägypten haben eine Göttin, deren ägyptischer
Name ist Neith, und es wird von ihnen behauptet, sie sei die gleiche, die
die Hellenen nennen Athena.

Du bist herzlich eingeladen, um über sie Solon zu hören, sowohl in deinem


eigenen Interesse als auch zum Nutzen deiner Stadt, und vor allem zum
Wohle der Göttin (Athena), die die gemeinsame Gönnerin und Mutter und
Erzieherin ist in unseren beiden Städten.

Ein weiteres Merkmal ist der Charakter ihrer Ausrüstung mit Schilden und
Speeren, denn wir haben als die ersten der Völker Asiens diese Waffen
ergriffen, wobei es die Göttin (Athena) ist, die uns dazu angewiesen.

All diese Reihenfolgen und Anordnungen der Göttin (Athena) hat sie als
Erste vermittelt bei der Festlegung deiner Stadt, und sie entschied sich für
die Stelle der Erde, an der du geboren wurdest, weil sie sah, dass das
glückliche Temperament der Jahreszeiten in diesem Land würden die
Menschen der höchsten Weisheit hervorbringen.

So kam es, dass die Göttin (Athena), sowohl eine Liebhaberin des Krieges
und eine Liebhaberin der Weisheit, ausgewählt hat diese Stelle, die am
ehesten fähig, hervorzubringen Männer, die ihr am liebsten waren, und
diese Stadt als erste gründete sie.

Diese Geschichte wird bewundernswert zum Fest der Göttin (Athena), das
jetzt gefeiert wird, geeignet sein, wegen seiner Verbindung mit ihr, und der
Tatsache, dass es keine Fabel ist, sondern echte Geschichte, und es ist alles
wichtig.

Sokrates: Erinnerst du dich nicht, dass du in großer Verlegenheit warst, ob


du vielleicht eine schlechte oder eine gute Frage gestellt hast?
Alkibiades: Ja, ich.
Sokrates: Du siehst also, wie unsicher es für dich ist, dich Gott mit deinen
Gebeten zu nähern, denn es kann sein, dass, wenn er deine respektlose
Rede hört, er dein Opfer gänzlich ablehnen wird, und lässt dich teilhaben
an einem Übel, das nicht gut ist. Meiner Meinung nach ist es daher am
besten, zu schweigen, denn ich erwarte von dir keine Zustimmung zu den
spartanischen Gebeten, du musst nicht wie jene um "Edelmut" bitten, um
der Torheit den schönsten Namen zu geben. Es ist daher notwendig, zu
warten, bis wir lernen, wie wir gegen die Götter und gegen die Menschen
uns verhalten sollen.
Alkibiades: Nun, wie lange muss ich warten, Sokrates, und wer wird mein
Lehrer sein? Denn ich glaube, ich wollte sehr gerne sehen, wer der Mann
wäre.
Sokrates: Er ist es, der hat ein besonderes Interesse an dir. Aber ich denke,
wie Homer erzählt, wie Athena den Nebel entfernt von den Augen des
Diomedes, „dass er vielleicht auch erkennen Gott und Mensch,“ so dass du
zuerst den Nebel entfernen musst, der jetzt verhüllt deine Seele, und dann
kann dir das Mittel gegeben werden, wie du zwischen Gut und Böse
unterscheiden kannst. Denn derzeit glaube ich nicht, dass du dies tun
könntest.
Alkibiades: Lasse meinen Lehrer entfernen den Nebel oder wie auch
immer er es nennen mag, denn ich bin bereit, jedem seiner Befehle zu
gehorchen, ohne Widerspenstigkeit, wer der Mann sei, so lange, wie ich
besser werde.

ATHENA IN HOMERS ODYSSEE

Athena ist des Odysseus besondere Patronin. Die Bindung zwischen ihnen
ergibt sich aus den Ähnlichkeiten ihrer Natur; die Göttin selbst sagt es in
Buch 13: Wir wissen beide, Listenreicher, da du bei weitem der beste unter
allen Menschen in Rat und Märchen bist, aber ich unter all den Göttern
habe den Ruhm der Weisheit (Metis) und List.
In Buch 3 spricht Nestor mit Telemach über den wundersamen Charakter
dieser Beziehung und hofft, dass Telemach ähnlichen Schutz der Göttin
genieße: Möge die mit leuchtenden Augen Athena sich um dich kümmern
und dich lieben, wie sie einst den mächtigen Odysseus gehegt hat im Land
der Trojaner, wo wir Achaier erlitten große Leiden - denn ich sah nie die
Götter zeigen eine solche offene Zuneigung wie Pallas Athena, die stand
ihm bei für alle sichtbar.
Bei Troja stand Athena ständig dem Odysseus bei, ihn zu lieben und ihn
zu unterstützen. In der Wirkung der Odyssee, von der Zeit, da Odysseus
der Calypso Insel zur endgültigen Ruhe in Ithaca verlässt, Athena ebenfalls
hilft ihrem Favoriten, sowohl direkt (nach seiner Ankunft auf Ithaka) als
auch indirekt (unter den Phäaken).
Und Odysseus’ lange Heimreise ist geworden ein Paradigma für die
Reise der Selbst-Entdeckung, die schließlich zurück führt, nach vielen
Versuchen und Konfrontationen mit fremden Menschen, Monstern,
Göttern und Riesen, in die Mitte, wo man wirklich hingehört.
Der Name Athena ist 162 mal in der Odyssee erwähnt:

Athena stellt Zeus Fragen über Odysseus.


Athena schlägt die Rückkehr des Odysseus zu seinem eigenen Haus vor.
Telemach lädt Athena ein und berührt ihre rechte Hand.
Telemach berührt den Speer von Athena.
Telemach führt Athena und sie setzt sich auf einem Stuhl.
Telemach spricht mit Athena und hält ihren Kopf.
Athena prophezeit die Rückkehr des Odysseus.
Athena kritisiert die Schandtaten von Penelopes Freiern.
Athena prophezeit die Bestrafung von Penelopes Freiern.
Athena bittet Telemach, sie nicht mehr zu stoppen.
Athena bringt Kraft und Mut in Telemachs Herz.
Der Spielmann singt die traurige Rückkehr aus Troja, die Pallas Athena auf
die Achäer gelegt.
Athena gießt süßen Schlaf auf Penelopes Augenlider.
Telemach sinniert in seinem Kopf über die Reise, die Athena ihm gezeigt
hatte.
Athena bewirkt eine wunderbare Gnade für Telemach.
Athena hat Penelope ausgestattet mit Wissen der schönen Handarbeit und
einem Verständnis des Herzens.
Telemach betet zu Athena.
Athena stachelt Telemach an zur Vorbereitung seiner Reise.
Telemach zögert, nachdem er die Stimme der Göttin gehört hat.
Athena geht in der ganzen Stadt umher und naht jedem der Männer und
spricht ihr Wort.
Die Göttin macht fröhlich jeden Mann.
Athena stachelt Telemach an, zu beginnen seine Reise.
Telemach tritt in die Fußstapfen der Göttin.
Athena sitzt unten im Heck des Schiffes und in der Nähe von Telemach.
Athena sendet einen günstigen Wind.
Athena führt den Weg.
Athena ermutigt Telemach, sich nicht zu schämen.
Athena erzählt Telemach, wie er geboren wurde und von der Gnade der
Götter.
Telemach tritt in die Fußstapfen der Göttin.
Libationen und Gebete werden den Unsterblichen dargebracht.
Athena betet zum Gott Poseidon.
Athena senkt Mut in Telemachs Herz.
Agamemnon will die Furcht vor dem Zorn Athenas beschwichtigen.
"Ah, würde Athena es wählen, dich zu lieben, wie sie es getan mit dem
außerordentlich glorreichen Odysseus."
"Denn noch nie habe ich die Götter gesehen so offensichtlich Liebe zeigen,
wie Pallas Athene ihm geschenkt, sie stand offenbar an seiner Seite."
Leicht könnte ein Gott, der es will, einen Mann sicher nach Hause bringen.
"Auch jetzt ist es nicht passend, zu lange zu sitzen beim Fest der Götter."
Als sie Libationen ausgegossen hatten, wirklich die göttliche Athena und
Telemach waren beide bereit, auf das Schiff zurückzukehren.
Athena geht zum Schiff und spornt ihre Kameraden an.
Athena scheidet in der Gestalt eines Seeadlers.
Nestor betet zu Pallas Athena, und sie erhört ihn.
Nestor brachte eine gemischte Schüssel dar, und er betete inbrünstig, als er
Trankopfer ausgegossen vor Athena.
"Die Erste aller Götter ist Athena, die zu mir in manifester Gegenwart
kam, mich zu versöhnen."
Athena kommt, das Opfer anzunehmen.
Nestor beginnt die Eröffnung des Ritus der Handwaschung und der Gabe
von Gerstenkörnern und betet inbrünstig zu Athena.
Pallas Athena führte Helenus aus dem Trojanischen Pferd heraus.
"O Vater Zeus und Athena und Apollo!"
Ajax wird gehasst von Athena.
"Athena betet an, denn sie kann ihn retten sogar vor dem Tod."
Penelope betet zu Athena.
Athena erstellt ein Phantom und sendet es an Penelope.
Das Phantom spricht zu Penelope über Pallas Athena.
Athena spricht zu den Unsterblichen über Odysseus.
Das Vergehen der Krieger gegen Athena.
Athena hilft Odysseus auf dem Meer.
Athena bringt einen Gedanken in Odysseus' Geist.
Athena gibt Odysseus Klugheit.
Athena legt Schlaf auf Odysseus’ Augen.
Athena geht an Land und in die Stadt der Phäaken.
Athena ersinnt die Rückkehr der großherzigen Odysseus.
Athena spricht zu Nausikaa.
Athena geht zum Olymp.
Athena gibt den Rat, dass Odysseus vielleicht erwacht und sieht die Magd.
Athena macht Mut im Herzen und nimmt Angst aus den Gliedern.
Athena macht Odysseus größer, ansehnlicher und mächtiger, und an
seinem Kopf macht sie schön die Locken wie Hyazinthenblüten.
Athena senkt Grazie auf den Kopf und die Schultern des Odysseus.
Odysseus ruht in dem herrlichen Hain der Athena.
Odysseus betet zu Athena in dem herrlichen Hain, heilig der Athena.
Athena hört des Odysseus Gebet, aber sie erscheint ihm noch nicht von
Angesicht zu Angesicht.
Athena mit freundlicher Absicht wirft über Odysseus einen dichten Nebel.
Athena trifft Odysseus in der Gestalt eines jungen Mädchens.
Athena spricht zu Odysseus.
Athena führt den Weg, und Odysseus tritt in die Fußstapfen der Göttin.
Das Herz von Athena ist gütig zu Odysseus.
Athena berät Odysseus.
Athena fährt über das rastlose Meer und kehrt ein in dem gutgebauten
Haus des Erechtheus.
Athena gibt den Frauen vor allem anderen die Fähigkeiten in schöner
Handarbeit und ein hörendes Herz.
Odysseus wird in einem dichten Nebel gehüllt, den Athena über ihn wirft.
"O Vater Zeus, Athena und Apollo!"
Athena geht an der Seite jedes Menschen, spricht und weckt den Geist und
das Herz eines jeden Menschen.
Athena legt eine wunderbare Grazie auf den Kopf und die Schultern des
Odysseus.
Athena spricht in der Gestalt eines Mannes zu Odysseus.
Das Trojanische Pferd wurde mit Hilfe Athenas gemacht.
Odysseus trotzte dem schrecklichsten Kampf und hat Troja am Ende mit
Hilfe der großherzigen Athena erobert.
Athena vermehrt die Herrlichkeit.
Odysseus hatte den Wettbewerb mit Achilles gewonnen, und die Richter
waren die Söhne der Trojaner und Pallas Athena.
Hermes und Pallas Athena waren die Führer des Herkules, als er in das
Haus des Hades ging.
Odysseus macht sich auf den Heimweg durch die Gunst der großherzigen
Athena.
Über Odysseus wirft die Göttin Pallas Athene einen Nebel, dass sie
vielleicht ihn unerkannt mache, und sagt ihm alle Dinge.
Athena naht Odysseus in Form eines jungen Mannes.
Die Göttin Athena antwortet Odysseus.
Odysseus ist froh und freut sich, als er das Wort hörte von Pallas Athena.
Athena lächelt und nimmt die Gestalt einer Frau an, schön und groß, und
qualifiziert zu einem glorreichen Werk.
Pallas Athena "steht immer an deiner Seite und schützt dich in allen
Mühen."
Athena antwortet: "Ich kann dich nicht in deinem Kummer lassen."
Athena antwortet wieder: "Seid guten Mutes."
Pallas Athene legt einen Stein vor das Tor der Höhle.
Athena fordert Odysseus auf, zu tun wie er dachte, er streckte seine Hände
aus gegen die schamlosen Freier der Penelope.
Athena antwortet dem Odysseus: "Ich will mit dir sein und werde dich
nicht verlassen."
Odysseus antwortet der Athena: "Dein Geist weiß alles."
Als Odysseus und Athena hatten sich zusammen beraten, trennten sie sich.
Athena zeigt Odysseus den Ort, wohin sie gehen.
Ares und Athena geben Mut und Kraft, sie brechen die Reihen der Männer.
Pallas Athena geht zum geräumigen Lacedämon, den glorreichen Sohn des
großherzigen Odysseus an seine Rückkehr zu erinnern und sein Kommen
zu beschleunigen.
Athena fordert Telemach auf, nach Hause zurückzukehren.
Telemach betet und bringt Opfer der Athena dar.
Athena sendet einen günstigen Wind.
Athena erscheint in der Nähe von Odysseus in Gestalt einer Frau, schön
und groß, und qualifizierte ihn zu einem glorreichen Werk.
Athena gibt ein Zeichen mit ihren Brauen, und Odysseus nimmt es wahr,
und er tritt heraus aus dem Wohnzimmer, und so steht er vor ihr.
Athena berührt Odysseus mit ihrem goldenen Zauberstab.
Die Rückkehr von Odysseus ist das Werk von Athena.
Odysseus folgt der Empfehlung von Athena.
Die beiden helfenden Götter Athena und Vater Zeus, die Herrschaft über
alle Menschen haben, sind sich gleich und die unsterblichen Götter.
Odysseus wirkt, wenn Athena, die reich an Rat ist, es in seinen Kopf
bringt.
Pallas Athene und Zeus, der Berater, täuschen Penelopes Freier.
Die Göttin Athena senkt süßen Schlaf auf Penelopes Augenlider.
Athena berührt Odysseus mit ihrem Zauberstab.
Wunderbar ist die Grazie, die Athena ausgießt über Telemach.
"O Vater Zeus, Athena und Apollo!"
Athena ermutigt Odysseus, unter Penelopes Freier zu gehen und zu
schauen, welche von ihnen rechtschaffen waren und welche gesetzlos.
Athena naht und stärkt die Glieder des Odysseus.
Athena schwächt Amphinomos, damit er geradezu in die Hände von
Telemach fällt und von seinem Speer getötet wird.
Die Göttin, die helläugige Athena, legt es ins Herz der klugen Penelope,
sich selbst den Freiern zu zeigen, dass sie vielleicht ihre Herzen bekehren.
Athena gibt Penelope unsterbliche Geschenke, dass die Achäer über sie
staunen.
"O Vater Zeus und Athena und Apollo!"
Athena lässt in keiner Weise leiden die stolzen Freier der Penelope, die auf
die bittere Empörung verzichten.
Odysseus plant mit Hilfe der Athena die Tötung von Penelopes Freiern.
Pallas Athena trägt eine goldene Lampe, macht ein schönes Licht.
Odysseus plant mit Hilfe der Athena die Tötung von Penelopes Freiern.
Athena wendet Penelopes Aufmerksamkeit.
Athena senkt süßen Schlaf auf Penelopes Augenlider.
Athena kommt vom Himmel herab und geht in der Nähe von Odysseus in
der Gestalt einer Frau, und sie steht über seinem Kopf und spricht zu ihm.
Die Göttin Athena spricht mit Odysseus.
Athena lehrt Geschick in berühmten Werken.
Athena lässt in keiner Weise leiden die stolze Freier der Penelope, die auf
die bittere Empörung verzichten.
Athena erweckt unstillbares Lachen.
Die Göttin Athena legt es in das Herz der klugen Penelope, sich zu setzen,
bevor die Freier den Bogen spannen, einen Wettbewerb zu beginnen und
den Anfang des Todes.
Athena senkt süßen Schlaf auf Penelopes Augenlider.
Athena naht Odysseus, gleich Mentor in Form und Stimme, und Odysseus
sieht sie und ist froh.
Athena stärkt die Heere.
Des Agelaos Zurechtweisung durch Athena.
Athena wird zornig.
Athena lenkt die Speere.
Athena lenkt die Speere.
Athena gibt mit ihrem Schirm Schutz vor dem Fluch der Sterblichen.
Athena gießt Schönheit auf Odysseus’ Kopf und Schultern.
Hephaistos und Pallas Athena lehren allerlei Handwerk, und sind voll der
Gnade für das Werk, das der Mensch produziert.
Athena hält zurück die Morgenröte.
Athena ist Richterin, dass das Herz des Odysseus seine Erfüllung hatte in
der Liebelei mit seiner Frau und Schlaf fand, bis er von des Oceanus
golden-thronender Morgenröte erweckt wurde.
Athena versteckt sich in der Nacht, und schnell führt sie weiter aus der
Stadt heraus.
Athena macht Laertes schöner in Anmut und Statur.
"O Vater Zeus und Athena und Apollo!"
Athena spricht mit Zeus.
Zeus weckt Athena.
Athena naht ihm und Odysseus ist bei ihrem Anblick froh.
Athena bittet Laertes, ein Gebet zu der Jungfrau mit den strahlenden
Augen und Vater Zeus zu sprechen.
Pallas Athena haucht Laertes große Macht ein.
Athena bewahrt die Männer von Ithaka vor schwerem Krieg.
Athena spricht und blasse Angst ergreift die Männer.
Athena gibt den Auftrag dem Odysseus, seine Hand zu erheben und dem
Streit des Krieges ein Ende zu gebieten.
Athena spricht und Odysseus gehorcht, und ist froh im Herzen.
Dann gilt für alle Zeit, dass ein feierlicher Bund zwischen den beiden
Parteien von Pallas Athena geschlossen wird.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DIE STERNENFRAU
Deutsch von Josef Maria Mayer

ANRUFUNG

Mutter der Sonne, deren Körper ist weiß von der Milch der Sterne, zu
deinem Knecht neige dich und verleihen ihm deinen mystischen Kuss!

Entfache in ihm die heilige Ekstase, die du denen, die dich lieben,
versprochen hast, die Ekstase, die von allen Schmerzen erlöst.

Hast du nicht verkündet: Alle Sorgen sind nur Schatten, sie gehen vorüber,
aber denkt an das, was bleibt? Dass das Universum pure Wonne ist - dass
du unvorstellbare Freuden auf der Erde schenkst - dass du nichts forderst
als Opfer?

Lass mich denn mich freuen, denn darin kann ich dir am meisten dienen.
Lass es deine Freude sein, meine Freude zu sehen, wie du es in deinem
heiligen Buch versprochen hast!

Jetzt! Und darum bin ich voll Freude in deiner Liebe.

DIE QUELLE

Ich wanderte neben dem Bachlauf, und meine Augen waren gefangen vom
Glitzern deiner astralen Himmelsaugen in dem wirbelnden Wasser.

So ist es mit meinem Verstand, er fließt in Richtung des Großen Ozeans


der Erkenntnis, wobei ich komme zu dir und kann genauer erkennen.

Manchmal, in seinem Lauf, er droht über die Ufer zu treten in seinem


Eifer, um ein breiteres Bild deines unendlichen Körpers zu reflektieren.

Ah! Wie über die Steine die Strömung, rauscht das Leben meines Wesens,
Nervenfieber in der zarten Liebkosung deines Bildes.
Du auch bist ein Ding, du bist ich – dein Seelengefährte - der ich bin in
Bewegung! Daher sind diese Steine sehr dicht an dir, aber der Geist - das
Leben - ist mein wahres Selbst, mein innerstes Wesen.

Durchströme mich, o Strom! Durchströme mich, o Leben! In den Großen


Ozean der Erkenntnis, die Große Mutter.

DER ROSENGARTEN

Lange habe ich gelegen und wartete auf dich in dem Rosengarten des
Lebens; doch immer hieltest du dich fern von meiner Erkenntnis.

Als ich dalag, betrachtete ich deine Natur als die einer unendlichen Rose.

Blütenblätter, Blütenblätter, Blütenblätter.. aber wo, Schönheit, wo ist dein


Herz?

Hast du kein Herz? Sind deine Blütenblätter unendlich, so dass ich


vielleicht nie erreiche den Kern deines Wesens?

Doch du hast gesagt: "Ich liebe dich... Ich sehne mich nach dir, bleich oder
purpurn, verschleiert oder lustvoll, ich, die ich alle Wonne und aller Purpur
bin, und Trunkenheit des innersten Sinnes, begehre dich: Komm zu mir!"

Ja! Das Bergwerk meines innersten Sinnes ist trunken, ist berauscht von
dem Tau der Rose. Dein Herz ist mein Herz, es gibt keinen Unterschied, o
Geliebte.

Wenn ich das Herz deiner unendlichen Rose durchdrungen habe, so finde
ich mich dort.

Aber ich werde nie zu mir kommen - nur zu dir.

DER FUCHSSCHWANZ
Hoch und gerade wie ein Fuchsschwanz steh ich vor dir, Mutter des
Himmels.

Der Blume meines Wesens wird eine seltsame Einbildung gegeben, ich
wachse auf zu den Sternen und nicht in Richtung der Sonne.

Bist du nicht die Mutter der Sonne?

So habe ich verschmäht den Herrn und Lebensspender um deinetwillen.


Doch ich schäme mich nicht, denn die Sonne vergessend, werde ich die
Sonne selbst sein - dein Sohn - noch tausendmal mehr dein Liebhaber!

Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester,
aber jetzt habe ich keine Stelle, um meinen Kopf nieder zu legen, denn
groß und gerade als Fuchsschwanz steh ich vor dir. Meine Ruhestätte ist
der Schoß der Sterne.

Doch alles, was ich von deinem unendlichen Körper begreifen kann, ist
wie der Handschuh auf einer deiner süßen weichen Hände, die Erde zu
berühren, nicht zu verletzen die kleinen Blumen.

DER STURM

Eine dunkle Nacht und der Sturm. Der Blitz blitzt zwischen dir und mir.
Ich bin geblendet, so dass ich dich nicht sehen kann.

Also in den Tiefen meines Seins blinken die Feuer des Lebens, ich bin
blind zum Verständnis deines Selbst und deines unendlichen
Sternenkörpers.

Dennoch sehe ich dich gespiegelt in dem Körper derer, die ich liebe, wie
wir mit zitternden Gliedern erwarten die Wiederkunft des Donners.

Sie fürchtet den Donner, und wendet sich innen zum Trost.

Aber auch dort der Blitz flammt, denn ich habe das Feuer meines Seins
innerhalb der dunklen Vertiefung entzündet – zu Ehren des Sturms und
deines unendlichen Leibes.
DAS LOCH IM DACH

Ich wusste, dass er eine alte Schlange ist. Er freut sich in der Sonne, die
durch ein kleines Loch in der Decke der Höhle eingedrungen ist.

Er war alt und sehr klug.

Er sagte: "Bei mir ist das Licht des ganzen Universums konzentriert."

Aber ein kleiner brauner Käfer, der schon lange in der Höhle mit ihm
gelebt hatte, blickte auf, und seine Flügel flogen durch das Loch im Dach
--- in das Unendliche Jenseits.

So verlassend die Weisheit, würde ich zu dir kommen, geliebte Herrin des
gestirnten Himmels.

INTELLIGENTES DESIGN

Seltsame Kurven, die Kurve und jede Zahl in einer Musik und ein
harmonisches Muster gewebt.

So war das Design von meinem Freund, als wir zuerst uns trafen.

Es war wie ein Austausch von Grüßen mittels einer nach innen gewandten
Anerkennung.

Oh könnte ich doch erreichen das ständig wechselnde Design deines


Sternenkörpers, Mutter des Himmels!

Doch es steht geschrieben: "Jeder Mann und jede Frau ist ein Stern. Jede
Zahl ist unendlich, es gibt keinen Unterschied."

So ist das Leben für diejenigen, die dich lieben: Merkwürdige Kurven und
jede Kurve eine Zahl in einer Musik und ein harmonisches Design
gewoben.
SCHNEETREIBEN

Mein Körper war blau wie deiner, o Geliebte, als sie mich gefunden. Ich
war steif, als ob ich in einer engen Umarmung gehalten würde. Ich war mir
auch nicht bewusst irgendeines Dings außer dir, bis die kleinen Feuer der
Erde mich wieder mit einem Kribbeln erlösten von der Qual der
Schmerzen.

Wie kam ich dazu, im Schneetreiben verloren zu gehen?

Ich erinnere mich, wie ich Schutz vor dem blendenden Sturm gefunden.
Der Schnee fiel über mich, und ich wartete, und wendete meine Gedanken
zu dir.

Dann merkte ich, wie jede Schneeflocke als winziger Stern gebaut war. Ich
sah genauer hin und vergrub mein Gesicht in den weißen Haufen, wie in
deinen Busen.

Mit den Armen umarmte ich das Schneetreiben, ich klammerte mich daran
in einer verrückten Ekstase.

So als hätte ich deinen Leib bei mir, da warst du nicht unendlich und ich
war so winzig wie eine Sternen-Flocke.

So wurde mein Körper eingefroren - wie von größter Kälte des


interstellaren Raumes.

Ich war blau wie du, als sie mich fanden, eingesperrt in deine Umarmung.

DAS TAGESLICHT

In der Sommerzeit seh ich nicht deinen Sternenleib, o Geliebte.

Das kleine Licht der Sonne verschleiert das große Licht der Sterne, heute
scheinst du distanziert.
Die Sonne brennt wie eine große Lampe, und die Erde scheint, wie eine
kleine Kugel, mit Leben gefüllt.

Ich bin nur ein kleines Samenkorn, aber in mir ist die feurige und
konzentrierte Essenz des Lebens.

Ziehe mich bis in dich selbst, o Sonne! Projiziere mich in den Leib der
Jungfrau Maria der Nacht!

So soll ein neuer Stern geboren werden, und ich werde dich auch im
Tageslicht sehen, o Geliebte.

DER VOGEL

Einmal kaufte ich einen kleinen Vogel; sein Käfig war sehr klein. Er war
so jung, er hatte noch nicht einmal gelernt zu singen, aber er zwitscherte
gerne, als ich ihn nach Hause gebracht.

Dann hob ich die Stäbe seines Käfigs, und ohne einen Augenblick zu
zögern, flog er in den Raum, und spionierte aus den Käfig der Liebes-
Vögel, thronte darauf und untersuchte ihn sorgfältig.

Nicht lange danach bekam ich einen anderen und festeren Käfig für die
Liebes-Vögel, denn sie sind durch einige der Stäbe gebrochen. Als dem
kleinen Vogel der neue Käfig angeboten wurde, hüpfte er schnell aus
seinem winzigen Käfig in den neuen.

Jetzt hat er drei Sitzstangen und Platz für seinen Schwanz, und wenn wir
die Tür seines Käfigs öffnen, weigert er sich zu kommen. Vielleicht
fürchtet er, zu verlieren, was er einst begehrt und dann erhalten.

Hierin liegt das Geheimnis der Regierung. Gib den Leuten, was sie
einigermaßen komfortabel finden, lass sie haben drei Sitzstangen und
Raum für ihre Schwänze und vergessen ihre Sklaverei und
Einschränkungen, dann werden sie zufrieden sein.

Hast du nicht gesagt, "Die Sklaven sollen dienen," Herrin des


Sternenhimmels?
DIE MORAL

Es gibt eine andere Moral der Geschichte des kleinen Vogels. In seiner
Sehnsucht nach einem größeren Käfig vergaß er seine Sehnsucht nach
Freiheit.

Die Tür blieb offen, das Zimmer war vor ihm, wobei er seine Flügel
ausbreiten und fliegen konnte.

Doch er zog seinen Käfig vor.

Die weite Welt hätte er durcheilen können, hätte er gewusst, wie sie zu
benutzen wäre, aber er war nicht bereit dafür, er wäre in der Kälte
umgekommen, hätte ich ihn rausgelassen in den winterliche Schnee.

Mögen diejenigen, die den mystischen Pfad reisen, daran denken: Der
Erde Bewusstsein ist eine Illusion und Begrenzung. Wenn es uns ärgert,
wie ein kleiner Käfig, kommt unsere Chance zu mehr Freiheit.

Aber wenn ein größerer Käfig wird angeboten, wenn wir erreichen
Dhyana, lasst uns nicht ruhen dort. Die Tür ist offen, liegt jenseits
Samadhi, und darüber hinaus, wenn wir für sie bereit, die wahre Freiheit,
Nirvana.

O Herrin der Sterne, lass mich nicht zufrieden sein, bis ich die ultimativen
Käfigstäbe durchbrochen und frei bin - eins mit dem unendlich Großen
wie mit dem unendlich Kleinen.

UNSICHTBARE FUSSTAPFEN

Lange habe ich durchstreift die Erde und mich erfreut am Guten, Schönen
und Wahren; immer suchte ich die Stellen, wo diese zu sein schienen am
vollkommensten.

Es ist meine Freude diese Wanderschaft zwischen den Blumen des Lebens,
aber deine Freude, o Geliebte, ist vor allem, zu wünschen.
Jetzt habe ich einen Ruheplatz gesucht, da bin ich auf eine neue Höhe
gestellt, zu deinen Füßen anzubeten.

Denn es wird von dir geschrieben: "Bück dich, eine Flamme in Blau, alles
berührend, alles durchdringend, ihre lieblichen Hände auf der schwarzen
Erde, und ihr geschmeidiger Körper zur Liebe gebeugt, und ihre weichen
Füße tun nicht weh den kleinen Blumen."

Oh dass ich deine unsichtbaren Fußstapfen auf der Erde entdecke und
komme zu dem Verständnis deines Wesens, o Geliebte.

DIE FINGERSPITZEN

Oder kann es sein, Geliebte, werde ich die Abdrücke deiner Fingerspitzen
inmitten der Blumen oder auf der schwarzen Erde entdecken?

Hat nicht Nemo einen Garten, den er nicht haben soll? Tut er nicht auch
Arbeit auf der schwarzen Erde?

Wer weiß, ob deine Hände mich fassen und ziehen mich in deine Arme,
um dort mich zu schmiegen an deine Brust, um mich von der Milch der
Sterne zu ernähren?

Geliebte, wahrlich, die Pflege der Gärten der Welt - obwohl die Arbeit
schwer scheinen mag -führt zu einem großen Lohn. Wie du gesagt hast:
"Gewissheit, nicht Glauben, während des Lebens nach dem Tod, Ruhe und
Ekstase." Du fragst nur nach Opfern.

Was sagen die Bhaktis, die kennen die Liebe? Sie sehen die Geliebte
überall.

Aber wenn ich eins mit dir bin, o Geliebte, werde ich dich nicht sehen,
denn ich kenne dich, wie du weißt.

DIE QUELLE DER STERNE


Ich kenne einen verborgenen Brunnen mit klarem Wasser. Nichts als der
empfindliche rosa Onyx ist sichtbar, bis das Geheimnis berührt wird.

Dann aufgepasst! Denn über dem Eingang hängt ein feuriges Schwert.

Nur wenige finden dieses gut oder wissen seine Geheimnisse, es gibt aber
zwei Straßen dahin.

Auf dem breiten Berggipfel können wir die Pisten für eine Vision des
Waldland-Deltas suchen, wo die Bäume der Ewigkeit wachsen, oder wir
können durch das Tal zwischen dem Ebenholzhügel reisen, wenn wir nicht
die lila Schatten und die schwarzen Gruben fürchten.

Von dir sind wir gekommen, zu dir dürfen wir zurückkehren, o Brunnen
der lebendigen Sterne!

DIE EISZAPFEN DER ISIS

Es steht geschrieben, wie der alte König von seinem verbannten Pfau
geträumt, in einem Palast aus Eis, der rief begraben: "Die Eiszapfen der
Isis fallen auf meinen Kopf!"

So ist es mit denen, die in den Palast des Mondes kommen – denn wegen
dem Wort Sünde verbannt zu werden, ist Beschränkung.

Oh Herrin des gestirnten Himmels, lass mich nicht frieren bei der
Berührung des kalten Schleiers der Isis. Für den Mond aber sind die Toten
Reflektionen der Sonne und die Jüngsten deiner Kinder des Lichts.

Lass mich heben deinen Pfauen-Schleier einer Million astraler Augen, o


Geliebte!

Zeige deiner Sterne Pracht, o Nacht; heiß mich in deinem Haus wohnen!

LILA NEBEL
Die zarten lila Nebel-Ströme fließen von den Hügeln: Ich beobachte und
warte auf den Sinn des Ganzen.

Manchmal scheint es, wie der Weihrauch von Aspiration aufsteigt in


Richtung der Sonne - Geberin von Licht, Leben, Liebe und Freiheit für die
Kinder der Erde.

Aber die Sonne geht hinter den Bergen unter, und deine astralen Lampen
leuchten am Himmel.

Ist nicht die Lampe über dem Altar ein Symbol für den Wunsch, das
Höhere zu erarbeiten?

Also, o Herrin des Himmels, vergleiche ich den Nebel dem Lebensatem
der Seelen, das Kleid für dich hier unten.

Und ich erinnere mich an deine Worte:

Oben ist der Azur von Edelsteinen


Die nackte Pracht der Mutter Nacht;
Sie beugt sich in Ekstase zu küssen
Die geheime Glut von Hadit.
Die geflügelte Kugel, der Sternenhimmel blau,
Sind mein, o Ankh-af-na-khonsu!

Auch ich würde als zarter lila Nebel aufsteigen, der dampft von den
Hügeln. Bist du nicht alle Wonne und aller Purpur?

DAS UNENDLICHE INNEN

Ich würde als das männliche Gegenstück zu dir, o Geliebte, zeichnen das
Unendliche innen.

Doch dein Reines Sein ist feiner als dieser mein Körper, ich sollte jeden
Teil von dir mit meinem Fleisch durchdringen.

Nicht wie von der Erde, wo das Männliche mit dem Weiblichen sich
vereinigt durch die physischen Organe der Liebe, sondern mit jedem Atom
meines Seins nah an jedem Atom deines Seins: So, o Geliebte, sollten wir
in eine neue und vollständige Umarmung uns geben -innen und außen.

Dann, o Geliebte, würde ich vor dem Herrn, dem Erstbeweger, weinen,
mich zu lehren die Kunst der wirbelnden Bewegung der Ewigkeit.

So zu wirbeln in dir, ist unser nie endendes bräutliches Fest, und ein neues
System der revolutionären Gestirne würde geboren werden.

Ah! der schrille Schrei der Ekstase dieser Entrückung - Der Orgasmus des
Unendlichen Inneren!

DER REGENBOGEN

Wie ich im Schutz der Waldlichtung saß, fing mein Auge den bunten Glanz
der Diamanten ein. Ich sah wieder; die Sonnenstrahlen wurden von dem
Tau gespiegelt, der auf einem kleinen gebogenen Zweig lag.

Es schien wie ein winziger Regenbogen der Verheißung.

Dann, während ich es verwundert beobachtete, überbrückte eine kleine


graue Spinne die Wölbung des Bogens mit ihrem seidenen Faden.

Ah! Meine Geliebte, so hat die Spinne des Schicksals ihren seidenen
Faden gewebt aus Extremen des Großen Regenbogens der Verheißung.

Das Schicksal hat mich ausgerüstet mit dem Pfeil auf der Sehne der
Vorherbestimmung im Blick der Sonne.

Aber wessen Hand legt sich an den Mächtigen Bogen, o Geliebte, und
sendet dich mir auf Flügeln zur Ruhestätte in meinem Herzen?

FALLENDER TAU

Als ich von dem bestimmten Rosengarten kam und im Begriff war, in
meinen bescheidenen Unterschlupf zurückzukehren, fingen meine Augen
den Glanz des Taus ein, der fiel wie eine winzige Spur entlang des Weges.
Es war sehr früh, die Sonne war noch nicht aufgegangen, die Sterne
funkelten noch schwach am Himmel.

Wer war vor mir in den Garten gekommen?

Ich folgte den Spuren der Tautropfen, bückte mich so, dass ich in jedem
Kristall sah die Reflexion eines winzigen Sterns.

So kam ich zu der Kammer meiner Dame, sie war es, die die Rosen mit
diesen silbrigen Fäden als Anhaltspunkt für ihr Versteck zurückgelassen
hatte.

Als ich sie fand, schloss ich die Augen, als sie die duftenden rosa Blüten
drückte an ihre weiße Brust.

Dann habe ich mein Gesicht vergraben in den Blüten und sah nicht die
Augen, als sie sie öffnete voller Staunen.

So würde auch ich der Sternenspur fallenden Taus folgen, ehe die erneute
Sonne entsteht und verbirgt dich vor mir, o meine Geliebte!

So würde ich kommen zu dir und begraben mein Gesicht in deiner Brust
inmitten der Rosen des Himmels.

Auch sollte ich es wagen, in deine Augen zu schauen, nachdem ich


entdeckt dein Geheimnis -den Tau der Liebe - das Elixier des Lebens.

DÄMMERUNG

Dämmerung... und in ein paar kurzen Momenten kann ich die Sterne
angucken. Ich werde warten auf dich, hier inmitten der Heide, o Geliebte.

Ich warte... keine Sterne erscheinen, denn ein Nebel ist vom Fuß der Berge
geschlichen.
So wartete ich einen Anblick auf deinen Sternen-Körper, bis der kalte
feuchte Nebel unterdrückte meine Emotion, kühlte mein Wesen, und meine
Vernunft ist zurückgekehrt.

Die Frau stand mit einem Schwert gegürtet vor mir. Meine Emotion wurde
durch die Klarheit der Wahrnehmung überwunden. Da erinnerte ich mich
an deine Worte: "Sehet mein Licht über euch!"

So wendete ich meine Gedanken, so dass ich mich konzentrierte – auf den
Stern meines innersten Wesens. Da kam dein Licht als Heiligenschein der
Verzückung, und ich kam ein wenig an deinem Busen zu liegen.

Aber ich war ein Stäubchen - und ich verlor mich in dieser Stunde.

Das ist das Geheimnis von ihr, die fordert nichts als Opfer.

Die Dämmerung wird zurückgeschenkt.

DER HUNDSSTERN

Die Weisheit hat gesagt: "Sei nicht tierisch; verfeinere dein Entzücken.
Dann kannst du mehr Freude ertragen!"

Ich bin wie ein entfesselter Hund vor dir, o Geliebte. Ich habe mich um
dich bemüht und du siehst in mir nur den Hundsstern.

Ich will noch nicht in die Grube namens Warum fallen, dort mit den
Hunden der Vernunft umzukommen. Es gibt keinen Grund in mir, ich
suche Erkenntnis, o Mutter des Himmels.

So, mit meinem Gesicht in der schwarzen Erde begraben, wende ich mich
wieder dir zu. Ich werde meine Verzückung verfeinern.

So magst du mich anschauen, wie ich bin, und so sollst du endlich, o


Geliebte, verstehen, denn in der Umkehr siehst du diesen Hund an deiner
rechten Seite.

Hast du nicht gesagt: "Es ist nichts anderes?"


POTPOURRI

Die Rosen fallen. Dies ist die Nacht des Vollmonds, da die Kinder
besuchen das Heilige Labyrinth.

Darin werden sie sitzen - aber nicht um der Liebe willen - denn sie kennen
dich nicht - o Geliebte. In die Elemente, die feurigen, die wässrigen, die
luftigen und die irdischen Zeichen teilen sie sich, wenn sie sich unterm
Vollmond im Wald sammeln.

Ich schlenderte zu der tiefen schattigen Lichtung, dort habe ich einen
kleinen Beutel von Potpourri erblickt, der fiel - vielleicht - von dem
Zauber-Gürtel von einem der jungen Mädchen.

Zärtlich hob ich ihn auf. Sein Duft ist gleich dem Duft von ihr, die ich
liebe. Auch sie, vielleicht, hat den Ruf des Mondes gehört und ist auch
jetzt auf dem Weg zum geheimen Rendezvous.

Aber hast du nicht gesagt: "Lasst es keinen Unterschied unter euch geben
zwischen einem Ding und jeder anderen Sache, denn dadurch kommen
Verletzungen?"

Was für eine Rolle spielt dann der Name des Mädchens? Wie wichtig
waren die Blumen, aus denen das Potpourri zusammengesetzt war?

Doch ich wage nicht zu verbrennen diesen Weihrauch vor dir, o Geliebte,
weil dein Haar ist wie die Bäume der Ewigkeit.

Oh kleines Päckchen Potpourri, du hast mich erinnert an sie, die ich liebe,
denn die Rosen werden fallen, es ist in der Nacht des Vollmonds, und die
Kinder der Sünde sammeln sich, um das Heilige Labyrinth zu besuchen.

ROTE SCHWANENDAUNE

Es ist gesagt, wie Parzival gekommen und brachte den Schwan der Ekstase
geflügelt über den Berg des Grals.
Aber es gibt in den Archiven eine andere Geschichte, ungehört von den
Ohren der Menschen.

Von der Brust des Ewigen Schwans schwebte eine Daune, in Blut getaucht.
Diese versteckte der jüngste und am wenigsten würdige Ritter zärtlich in
seinem Schoß, bis er sie versteckte im harten Kissen seines einsamen
Sofas.

Nacht für Nacht das Heilige Kissen wurde weicher, süßer und süßer waren
seine Träume. Und eines Nachts - die Nacht der Krönung des Parzival –
ihm ward die große Vision gewährt, wobei die Sterne wurden wie Flecken
von Schwanendaunen auf der Brust des Himmels, jeder ein Lebewesen
und Pochen, denn sie waren in Blut getaucht.

Dann hat jedes Atom seines Seins einen Sternenlauf genommen freudig
durch die große Masse der Herrin des Himmels. So im süßen Schlaf kam
er ins Jenseits.

Gib mir dein Kissen aus Blut und Ekstase, o Geliebte!

VORÜBERSCHWEBENDE WOLKEN

Eine dunkle Nacht: Nicht ein Stern sichtbar, aber derzeit der Mond strahlt
durch einen Riss in den Wolken. Und ich erinnere mich: "Die Leiden sind
nur Schatten, sie gehen vorüber, aber halte dich an das, was bleibt."

Doch ist der Mond nur eine Illusion.

Ein trüber Tag: aber derzeit die Sonne wird nur durch die Wolken gesehen,
ihr Licht ist zerstreut.

Ist es das, was bleibt?

Wieder Nacht: Ich hab die Sonne aus den Augen verloren, nur der Mond
erinnert mich an ihre Gegenwart. Die Wolken treiben schnell über den
Himmel und verschwinden.
Dein Sternen-Körper ist sichtbar, o Geliebte, alle Sorgen und Schatten sind
vergangen, und er ist das, was bleibt.

Wenn die Wolken sich sammeln, lass mich dich nie vergessen, o Geliebte!

DIE AUFGEROLLTE SCHLANGE

So habe ich gehört:

Der Strauß geht schnell; mit Leichtigkeit überflügeln konnte er diejenigen,


die seine Schwanzfedern begehren, aber wenn er in Gefahr kommt,
begräbt er den Kopf in dem Sand.

Die Schildkröte kriecht langsam und wenn sie anhält, zieht sie sich zurück
in ihre eigene Schale, doch es geht vorüber der Hase.

Der Hase schläft, wenn er sich schnell bewegen sollte, er rennt in seinen
Träumen und denkt sich am Ziel.

Aber die zusammengerollte Schlange hat Weisheit, denn sie wird ihren
Schwanz verbergen und begehrt nichts, sie wird auferwecken ihren Kopf
und kennt keine Ängste, sie kriecht langsam wie die Schildkröte, aber
widersteht nicht, sie schmiegt sich nah an den Hasen, es sticht ihre Zunge
mit Schnelligkeit, noch nicht einschlafend, sinkt sie auf der Strecke.

Hätte ich die Weisheit der zusammengerollten Schlange, o Geliebte, denn


du hast gesagt: "Setze dich auf die Flügel, erwecke die eingerollte
Herrlichkeit in dir: komm zu mir!"

LIEBE UND VEREINIGUNG

Sechsundzwanzig ist die Zahl des Unaussprechlichen Namens, aber er


verbirgt Liebe und Vereinigung.

Das Tetragramm trägt in sich das Gesetz, doch kann es um der Liebe
willen geteilt werden, denn die Liebe ist das Gesetz.
Das Tetragramm ist das der Elemente, aber es kann für das Glück der
Vereinigung geteilt werden, denn es gibt darin Einheit.

Es gibt nur eine Substanz und eine Liebe und während diese
Sechsundzwanzig ist Eins, ist die Dreizehn die Hälfte davon.

So kann ich mit den Zahlen spielen, der ich lieber mit der oder jener Liebe
spielen würde...

Denn du hast gesagt: "Es gibt nichts, dass die geteilte Liebe vereinen
kann!"

Und ist es nicht Ahebah achad?

DAS RÄTSEL

Was ist das, was kommt zu einem Punkt und noch hingeht im Kreis?

Dies, o Geliebte, ist ein dunkles Wort, aber du hast gesagt: "Meine Farbe
ist schwarz dem Blinden, aber blau und golden dem Sehenden, so scheine
ich eine geheime Pracht für die, die mich lieben."

Und Hadit hat erklärt: "Es ist ein Schleier, dass der Schleier schwarz ist."

Ich würde gerne den Schleier zerreißen, o Geliebte, um dich zu sehen, wie
du bist, könnte ich dich überall sehen, auch in der Dunkelheit, dass ich
komme zu einem Punkt und noch hingehe in einem Kreis.

Denn Hadit, der Kern eines jeden Sterns, sagt: "Es ist, dass ich gehe", und
du, Mutter der Sterne, rufst: "Für mich! Für mich!"

Löse mir das Rätsel des Lebens, o Geliebte, zu gerne würde ich schauen
dein Geheimnis des Ruhmes.

SPRICHWÖRTER
Isis hat gesagt: "Ich bin alles, was war und was ist und was wird sein, und
kein Sterblicher hat meinen Schleier aufgehoben."

Wen kümmert es, was hinter dem Mond ist?

Jahwe zeigte seinen Rücken dem Mose und sprach: "Kein Mensch hat
mein Antlitz je geschaut."

Wer kümmert sich um die Stellung der Elemente?

Hadit hat gesagt: "Ich bin das Leben und der Geber des Lebens, deshalb ist
das Wissen um mich das Wissen um den Tod."

Wer kümmert sich um das Wissen des Todes?

Aber du, o Geliebte, hast gesagt: "Ich gebe unvorstellbare Freuden auf
Erden, Gewissheit, nicht nur Glauben, das Leben nach dem Tod,
unaussprechlichen Frieden, Ruhe, Ekstase, und verlange nur Opfer."

Wer würde nicht lange zu dir nach deinem Stern rufen, o Geliebte?

DIE FALLENDEN STERNE

Fallen, fallen, fallen! So fallen die Strahlen aus deinem Sternen-Leibe auf
diesen winzigen Planeten, o Geliebte! Unzählige Ströme des Lichts wie
Sternenregen auf die schwarze Erde.

Da jeder Mann und jede Frau ein Stern ist, sind ihre Leben wie Ströme von
Licht auf jeden Punkt im Raum konzentriert.

Als ich mit den Armen ausgestreckt lag, glänzte mein nackter Körper wie
Elfenbein in der Dunkelheit. Mein Scharlach-Abba wurde weit
geschleudert, meine Augen richteten sich auf die Sterne am beleuchteten
Himmel, ich fühlte, dass ich auch fallen, fallen, fallen würde, in einer
Ekstase von Angst und Liebe in die Leere des Raumes Abgrund.

Dann habe ich mich daran erinnert, dass du immerwährend bist. Nah,
oben, um mich bist du. Und siehe da, von einer Sternschnuppe bin ich
geworden zu einem Kometen, frei laufend in unendlichen Kreisen, die
jeweils in einem anderen Winkel stehen, bis meine Natur herausfand, dass
die Unendliche Kugel ist dein Symbol, o Geliebte.

Dann habe ich danach gestrebt, das Zentrum von allem zu finden.

Und auch jetzt bin ich am fallen, fallen, fallen.

JUSTITIA

Ich bin ein Narr, o Geliebte, und deshalb bin ich ein wertloses Ich nach
Lust und Laune.

Jetzt bin ich zum Gericht gekommen, so dass ich Alles oder Nichts, je
nach Blickrichtung, bin.

Kein Atem kann die Feder der Wahrheit rühren, daher ist die Gerechtigkeit
allein in mir. Doch der Ochsen-Stachel ist in Bewegung und der Atem
kreist, wenn es genannt wird Omega, das auch Alpha ist.

Wie dumm sind diese Gedanken, die aber wie das Schwert in der Hand der
Justitia sind. Sie sind so unterschiedlich wie die Waage, die sich nicht
rührt, unausgewogen, wobei die Figur des Gesetzes über dem Gerichtshof
in einer großen Stadt fixiert ist.

Aber du hast gesagt: "Liebe ist das Gesetz, Liebe mit freiem Willen..."

Und Liebe ist der Wille zur Veränderung, und Veränderung ist der Wille
zur Liebe.

Die Waage der Gerechtigkeit nehme ich wahr, das Instrument der Liebe,
und des Lebens Urteilsspruch, das Geheimnis der Inhaftierung in dein
Wesen, o Geliebte!

ICH BIN - NICHTS


Drei Ewigkeiten sind vergangen... Ich habe eine Million Sterne in meinem
Rennen über deiner Brust überholt - die Milchstraße.

Wann werde ich zu dem geheimen Zentrum deines Seins kommen?

Zeit, du Dieb, warum willst du rauben die hungrigen Babys? Raum, du


hättest mich fast betrogen.

O Herrin Nacht, lass mich nicht zuschanden werden im Raum!

Dann kam, o Geliebte, dein Wort zu mir, wie geschrieben steht: "Alles
rührend, alles drängend."

So verließ ich Zeit und Raum and Umstände, und jeder Stern wurde ein
Atom in meinem Körper, als er dein Leib wurde. Jetzt werde ich nie
wissen, ist es für mein Ich, dass ich gehe?

Aber du, o Geliebte, du bist das unendlich Große, du bist nicht von dem
unsichtbaren Punkt erregt - das unendlich Kleine!

Eine Million Ewigkeiten sind vorhanden, ich kann mir nicht vorstellen den
Wandel. Dies ist das Hier und Jetzt, und ich bin – nichts!

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DANTE VITA NOVA

Deutsch von Josef Maria Mayer

I
Einleitung

In diesem Teil des Buches meiner Erinnerung, vor der wenig zu lesen ist,
gibt es eine Rubrik, die besagt: "Hier beginnt das neue Leben." Unter
dieser Überschrift finde ich die Worte geschrieben, von denen es meine
Absicht ist, sie in diesem kleinen Buch zu kopieren, und wenn nicht alle
Worte, so doch zumindest ihre Essenz.

II
Das erste Treffen mit Bice

Neun Mal schon seit meiner Geburt des Himmels Licht war fast auf der
gleichen Stelle, als die glorreiche Dame meinem Kopf strahlte zuerst in die
Augen, sie, die von vielen Bice genannt wurde ("sie, die Segen verleiht“)
nicht wissend, was es bedeutet, sie so zu nennen. Sie hat schon so lange
gelebt in diesem Leben, wie in ihrer Zeit der Sternenhimmel ward östlich
den zwölften Teil von einem Grad bewegt, so dass sie mir erschien fast zu
Beginn des neunten Jahres, und ich sah sie fast am Ende meines neunten
Jahres. Sie erschien in edelsten Farben gekleidet, zurückhaltend und rein,
in Purpur, gebunden und in gutem Stil, der ihr sehr zartes Alter schön
geschmückt hat.
In diesem Moment sage ich, dass wirklich mein Lebensgeist, das, was in
der geheimen Kammer des Herzens lebt, begann so heftig zu schlagen,
dass ich fühlte es heftig im geringsten Puls zittern und beben, da stieß er
die Worte hervor: "Siehe einen Gott mächtiger als ich, der kommen wird,
über mich zu herrschen!" In diesem Moment der Geist, das, was in der
hohen Kammer lebt , zu der alle Geister der Sinne tragen ihre
Wahrnehmungen., fing an, sich tief zu wundern, und spricht vor allem den
Geist des Schauens an, diese Worte sprechend: "Jetzt ist deine Seligkeit
erschienen!" In diesem Moment der natürliche Geist, das, was in dem Teil
lebt, wo unser Essen verarbeitet wird, fing an zu weinen und heulen, und
sagte diese Worte: "Oh Elend, da werde ich von nun an oft belästigt
werden!"
Von da an habe ich zu sagen, dass Eros geregelt hat meine Seele, die so
bald ihm verheiratet war, und er fing an, mich zu erwerben, mit Sicherheit
und Befehl, durch die Kraft meiner Phantasie, dass ich gezwungen war,
vollständig durchzuführen seine Wünsche. Er befahl mir, viele Male zu
entdecken, ob ich vielleicht einen Anblick dieser Zartesten aller Engel
einfangen könnte, so dass ich in meiner Kindheit oft ging auf die Suche,
und sah nach ihr, wie edel und lobenswert ihre Manieren, die sicherlich
ihre waren, und sagte Worte des Dichters Homer: "Sie schien nicht die
Tochter eines sterblichen Menschen , sondern Gottes." Und obwohl ihr
Bild, das, was immer wieder bei mir war, als ein Werkzeug des Eros mich
regierte, war es doch von so edler Tugend, dass es nie erlaubte dem Eros,
mich ohne die treue Verteidigung der Vernunft in all diesen Dingen, wo
solcher Rat regieren könnte, sinnvollerweise zu hören.
Aber weil es Fiktion einigen scheinen mag, sich auf die Leidenschaften
und Aktionen zu berufen, die vor Jahren in mir wohnten, werde ich dies
verlassen, und übergehen viele Dinge, die von der Übung aufgenommen
wurden, die abgeleitet werden könnten, und werde auf diese Worte
kommen, die sind meiner Erinnerung nach von noch wichtigeren Köpfen
beschrieben worden.

III
Jahre später grüßt er sie

Als so viele Tage vergangen waren, dass genau neun Jahre waren seit dem
Erscheinen dieses sehr liebenswürdigen Wesens vergangen, das ich oben
beschrieben habe, ist es geschehen, an dem letzten dieser Tage, dass diese
wunderbare Frau mir erschien, in das weißeste Weiß gekleidet, zwischen
zwei liebenswürdigen Damen, die älter waren, und die von einer Straße
wendeten ihre Augen zu dem Ort, wo ich sehr ängstlich stand, und mit
ihrer unbeschreiblichen Höflichkeit,, die jetzt in einer höheren Sphäre
belohnt wird, begrüßte sie mich so tugendhaft, dass ich sah bis zum Ziel
der Gnade. Die Stunde, in der sie so süßen Grußes mich begrüßte, war
genau die neunte Stunde dieses Tages, und weil es das erste Mal war, dass
ihre Worte geruhten, mir zu Ohren zu kommen, fand ich sie süß, die ich
aus der Menge wie berauscht wahrnahm, und ich kehrte zurück in die
Einsamkeit meines eigenen Zimmers, und begann zu denken über diese
gnädige Frau.
Und denkend an sie, ein süßer Schlaf überkam mich, in dem eine
wunderbare Vision mir erschien: so dass es schien, als sähe ich in meinem
Zimmer einen feuerroten Nebel, in der Mitte, in dem ich die Form eines
Herrn zu erkennen glaubte und diejenige, die auf ihn schaute, und er
erschien mir mit so viel Freude, so viel Wonne in sich, dass es eine
wunderbare Sache war, und in seiner Rede sagte er viele Dinge, von denen
ich nur ein paar verstand: unter ihnen habe ich das verstanden: "Ich bin
dein Herr."
Es schien mir, er hielt eine Figur schlafend in seinen Armen, nackt,
außer dass sie mir schien leicht mit einem roten Tuch bedeckt: Betrachtend
dies sehr aufmerksam, erkannte ich, es war die Dame der Begrüßung, sie,
die sich herabgelassen hatte, mich zu grüßen an diesem Tag. Und in einer
seiner Hände schien es mir, dass er etwas ganz festgehalten über dem
Feuer, und er schien mir diese Worte zu sagen : „Schaue dein Herz.“ Und
als er eine Weile gestanden hatte, schien der, der geschlafen hatte, zu
erwachen, und durch seine Kunst war er so kraftvoll, dass er essen konnte
das, was in der Hand verbrannte, er aß es zögernd.
Nach einer Wartezeit für eine Weile war seine Freude umgewendet zu
bitterer Trauer, und so trauernd, sammelte er die Dame in seine Arme, und
es schien mir, dass er mit ihr aufgefahren sei gen Himmel: davon ich
erlebte, voller Angst, dass mein Schlaf das Licht nicht ertragen konnte, und
so war ich gebrochen und wurde zerstreut. Und sofort begann ich zu
reflektieren, und entdeckte, dass die Stunde, in der diese Vision mir
erschienen war, die vierte Stunde dieser Nacht war: so offensichtlich war
es klar, es war die erste Stunde der neun letzten Stunden der Nacht.
Ich dachte über das nach, was mir erschienen war, da beschloss ich, es
vielen, die berühmteste Dichter der Zeit waren, bekannt zu machen: und da
es eine Tatsache war, dass ich schon für mich die Kunst des Sprechens der
Worte in Reimen gewonnen hatte bis zu einem gewissen Grad, beschloss
ich, ein Sonett zu formen, in dem ich all diejenigen Getreuen des Eros
grüße, und bat sie, meine Vision zu interpretieren, dies hab ich für sie
geschrieben, was ich in meinem Schlaf gesehen hatte. Und dann begann
ich dieses Sonett.

An jede Seele, gefangen, und mildes Herz,


In deren Augen diese gegenwärtige Rede kommen kann,
So dass sie ihre Bedeutung für mich schreiben könnten,
Grüße, im Namen ihres Herrn, der die Liebe ist!

Bereits ein Drittel der Stunden war fast vorbei


Von der Zeit, als alle Sterne leuchteten,
O Eros, als er plötzlich zu mir kam,
Dessen Erscheinung erfüllt mich mit Schrecken!

Freudig Eros schien mir zu halten


Mein Herz in der Hand und im Arm geborgen
Meine Herrin in ein Tuch eingewickelt, schlafend.

Dann weckte er sie, und das brennende Herz


Hat er mir zugeführt ehrfürchtig, ich fürchtete mich,
Danach ging er, nicht mehr zu sehen, und ich heulte.

Das Sonett ist in zwei Teile gegliedert: so, dass im ersten Teil ich grüße
und bitte um Antwort, im zweiten Teil deute ich an, was man beantworten
muss. Der zweite Teil beginnt mit "Bereits ein Drittel“. Es gab viele
Antworten zu diesem Sonett und unterschiedliche Interpretation: darunter
war einer, dem ich als den wichtigsten meiner Freunde antwortete, und er
schrieb dann ein Sonett, das beginnt : "Vedeste, al mio parere, onne
valore.“
Und das war praktisch der Beginn der Freundschaft zwischen ihm und
mir, als er wusste, dass ich es war, der die Anfrage bei ihm gemacht hatte.
Die wahre Bedeutung dieses Traums wurde dann nicht von jedermann
gesehen, aber jetzt ist es klar sogar den Unwissenden.

IV
Die Auswirkungen der Liebe auf ihn

Von dieser Vision ab mein natürlicher Geist begann, in seinem Betrieb


behindert zu werden, weil mein Geist völlig den Gedanken an Sie
gewidmet war: so dass in kurzer Zeit ich so schwach und geschwächt war,
dass viele Freunde besorgt waren über mein Aussehen: und viele voller
Bosheit taten so als wüssten sie, was ich vor allem gewünscht, vor anderen
zu verstecken. Und ich, voll Bewusstsein, denen, die wegen der Krankheit
Anfragen bei mir gemacht, antwortete, durch den Willen des Eros, der
mich in Übereinstimmung mit dem Parakleten der Vernunft leitete, dass es
Eros sei, der mich in diese Krankheit gebracht hatte.
Ich sprach von Eros, denn ich trug so viele Zeichen von ihm in meinem
Gesicht, dass sie nicht versteckt werden konnten. Und wenn sie mich
fragten: "Wegen wem hat Eros dich so beunruhigt?“ dann starrte ich ihnen
ins Gesicht, lächelte und sagte nichts.

V
Der Schutz und Schirm einer Dame
Eines Tages geschah es, dass diese am meisten zierliche Dame saß an
einem Ort, wo Worte über die Königin der Herrlichkeit gehört wurden, und
ich in einer Position, in der ich von der Seligkeit zu sehen war, und
zwischen ihr und mir in einer geraden Linie setzte sich eine sanfte Dame
der angenehmsten Erscheinung, die mich häufig ansah, erstaunt über
meinen Blick, der bei ihr zu Ende zu sein schien.
Dann waren viele sich ihres Blickes sicher, und nach einer Weile war sie
sicher über meine Blicke, so dass ich beim Verlassen des Ortes es hinter
mir gesprochen werden hörte: "Sehen Sie, wie diese Dame seine Person
beunruhigt!" Und bei der Nennung merkte ich, dass man von ihr sprach,
die in der geraden Linie saß, die bei der anmutigsten Bice begann und
endete in meinen Augen. Da wurde ich sehr getröstet, ich war mir sicher,
dass mein Geheimnis nicht entdeckt worden ist, da anderen mein Blick an
diesem Tag enthüllt worden ist.
Und sofort dachte ich an die Einsetzung dieser Dame als an einen
Schirm vor der Wahrheit, und ich gab es vor oft in kurzer Zeit, dass mein
Geheimnis angenommen wurde, dass von den meisten Menschen, die über
mich spekuliert hatten, es als bekannt angesehen wurde. Ich habe mich
abgeschirmt mit dieser Dame für einige Monate und Jahre und hab es
anderen erlaubt, es zu glauben, darum hab ich bestimmte kleine Dinge für
sie in Versen verfasst, da es zwar nicht meine Absicht war, sie
aufzuschreiben, sofern sie nicht hauptsächlich um die Behandlung der
anmutigsten Bice sich drehten, und deshalb werde ich sie alle vernichten
bis auf eines, das ich schrieb, das gesehen werden kann, um in ihm ihr Lob
zu vergessen.

VI
Er komponiert die Minnelieder der sechzig Damen

Ich sage, dass während der Zeit die Dame war der Schirm für eine so
großes Liebe, so groß, was meinen Teil betrifft, dass mir der Wille kam,
den Namen dieser anmutigen Einen aufzeichnen und sie zu begleiten mit
vielen Namen von Frauen, und vor allem dem Namen der sanften Dame.
Und ich nahm die Namen der sechzig schönsten Damen der Stadt, in der
meine Herrin war von dem höchsten Herrn niedergelegt worden, und ich
schrieb einen Brief in Form eines Minneliedes, ein Gedicht des Lobes, das
ich nicht aufschreiben werde: und ich würde es nicht erwähnt haben, wenn
es nicht zu sagen wäre, dass es sich ergab, dass eine wunderbare Sache
eingetreten ist, dass dem Namen meiner Herrin wurde nicht erlaubt, an
irgendeinem anderen Ort zu stehen als dem neunten unter den Namen der
Damen.

VII
Der schirmenden Dame Abreise

Die Dame, mit deren Hilfe ich meine Wünsche so lange verborgen, hatte
die Stadt verlassen, die ich oben erwähnt, und reiste in eine weit entfernte
Region: wegen dem ich stark durch den Verlust der schönen Verteidigung,
die ich erworben hatte, beunruhigt war, ich war untröstlich, mehr als ich
selbst würde zuvor geglaubt haben. Und ich dachte, dass, wenn ich nicht
traurig genug über ihre Abreise den Leuten schreiben würde, ihnen
schneller bewusst würde, dass sie nur ein Vorwand war, darum habe ich
beschlossen, eine Klage als Sonett zu schaffen: das ich aufschreiben
werde, denn meine Herrin war die direkte Ursache für bestimmte Wörter,
die sind in dem Sonett zu finden, wie sich für jeden, der es versteht, klar
ergibt. Und so schrieb ich diese Kanzone, die beginnt so: "O voi che par la
via..."

O ihr, die ihr auf dem Weg der Liebe wandelt,


Hört und seht,
Ob es je eine Trauer gab, so ernst wie meine:
Und ich bitte euch nur zu leiden, mich anzuhören,
Und dann zu spiegeln,
Ob ich nicht den Turm und den Schlüssel einer jeden Pein besitze.
Eros, ja, aber nicht der Leichte,
Sondern der in seinem Adel,
Setzte mich in ein Leben so süß und sanft,
Dass ich oft hörte es hinter mir sagen:
"O Gott, was für Tugend
Hat dies Herz besessen mit so viel Freude?“
Jetzt hab ich alle meine Beredsamkeit verloren,
Die so von der Liebe Schatz geflossen war:
Und ich bin so arm geworden
In einer Weise, dass die Sprache kaum zu mir kommt.
So, dass ich wünsche, wie einer zu sein,
Der seine Armut durch Scham zu verbergen weiß,
Freude nach außen zeigt
Und in seinem Herzen beunruhigt ist und weint.

Diese Kanzone hat zwei Hauptteile: in der ersten meine ich, den Eros-
Loyalen in den Worten, die der Prophet Jeremia sprach, zuzurufen : "O ihr
alle, die ihr vorübergeht, hört und seht, ob es einen Schmerz wie meinen
gibt!“ Und sie zu bitten, mir zu erlauben, gehört zu werden. Im zweiten
Teil sage ich, wohin Eros mich gelegt hatte, mit der Absicht,
entgegengesetzt zu den äußeren Extremen der Kanzone, etwas zu
offenbaren, und ich sage, was ich verloren habe.

VIII
Dantes Gedicht auf den Tod von Bice’s Begleiterin

Nach dem Weggang dieser sanften Dame gefiel es dem Herrn der Engel, in
seine Herrlichkeit zu rufen eine Frau, jung und sehr sanft, die eine wahre
Grazie in der Stadt war, von der ich sprach: deren leblosen Körper sah ich
inmitten einer Menge von Damen liegen, die kläglich weinten. Dann
erinnerte ich mich, dass ich sie gesehen hatte als Begleiterin meiner
zierlichen Herrin, ich konnte die Tränen nicht zurückhalten: so weinend
hab ich beschlossen, ein paar Worte zu ihrem Tod zu sprechen, als
Hommage an die Tatsache, dass ich sie einmal gesehen hatte, mit meiner
Herrin sprechend.
Und ich berührte hier ein wenig im letzten Teil die Worte, die ich
geschrieben habe, es ist deutlich zu erkennen für diejenigen, die verstehen.
Und dann schrieb ich diese beiden Sonette, von denen das erste so beginnt:
"Piangete, amanti...“ und das zweite so: "Morte Villana...“

Weinend liebe, denn Eros ist auch weinend,


Und höre den Grund, der ihn voller Tränen macht.
Eros von den Damen fordert Mitleid,
Er enthüllt eine bittere Trauer in den Augen,

Weil der Bösewicht Tod in ein sanftes Herz


Seine grausamen Machenschaften setzte,
Zu zerstören, was die Welt gelobt hat
In einer sanften Frau voller Ehre.
Höre, wie Eros sie geehrt hat,
Den in seiner wahren Gestalt ich klagend sah
Sich beugen über dem leblosen Bild:

Und oft nach oben schaute er in den Himmel,


Wohin die sanfte Seele war bereits geflohen,
Die war eine Frau von freudigem Schein.

Dieses erste Sonett ist in drei Teile gegliedert: Im ersten Teil rufe ich und
bitte diejenigen, die treu sind dem Eros, zu weinen, und ich sage, dass ihr
Herr weint, und ich sage „höre den Grund, der ihn voller Tränen macht“,
so dass sie vielleicht eher bereit sind, auf mich zu hören. In dem zweiten
Teil erzähle ich die Ursache. Im dritten Teil beschreibe ich die Ehre, die
Eros dieser Dame spendete. Der zweite Teil beginnt mit: "Eros fühlt", der
dritte Teil mit: "Höre!“

Tod, du Bösewicht, Feind des Mitleids,


Du alter Vater der Schmerzen,
Dessen Gerechtigkeit unanfechtbar und das Grab,
Da du die Angelegenheit der trauernden Herzen geschaffen,
Von dem ich gehe nachdenklich,
Meine Zunge wird nie ermüden zu sagen deine Schuld.
Und wenn ich durch die Gnade dich bitten kann,
Ich werde gezwungen sein zu sprechen
Von deiner Schuld an allen Übeln,
Nicht, weil sie den Menschen unbekannt sind,
Sondern um sie noch extremer zu machen
Für diejenigen, die es lieben, in die Schule zu gehen.
Von der Welt hast du sie mit freundlicher Genehmigung getrieben,
Und von der Tugend, die Lob verursacht bei Frauen:
In freudiger Jugendlichkeit
Hast du leicht zerstört die Lieblichkeit.
Ich werde nicht sagen, wer diese Dame ist,
Außer durch die Benennung ihrer wahren Qualitäten.
Wer nicht Gnade verdient,
Kann nicht mehr hoffen, ihren Beistand zu haben.
Diese Kanzone ist in vier Teile gegliedert: Im ersten Teil fordere ich den
Tod durch bestimmte Titel seines wahren Namens heraus. Im zweiten Teil
sprech ich mit ihm und sage den Grund, warum er mich bewegt, ihm die
Schuld zu geben. Im dritten Teil schmähe ich ihn. Im vierten Teil wende
ich mich an eine unbestimmten Person, obwohl er von meiner Absicht
bestimmt ist. Der zweite Teil beginnt mit: "Seit du gegeben hast", der Teil
dritte mit: "Und wenn durch Gnade", der vierte Teil mit: "Wer nicht Gnade
verdient."

IX
Dantes Reise: die neue beschirmende Dame

Ein paar Tage nach dem Tod dieser Frau ist etwas passiert, was mich
gezwungen, die Stadt zu verlassen und in die Region zu ziehen, wo die
sanfte Dame war, die mein Schirm war, obwohl das Ziel meiner Reise
nicht so weit war wie der Ort, wo sie war. Und obwohl ich in der
Gesellschaft von vielen war, zumindest nach außen hin, missfiel die
Gefahr mir so sehr, dass meine Seufzer konnten kaum die Angst entlasten,
die mein Herz fühlte, weil ich mich distanzierte von meiner Seligkeit.
Und so ist der süßeste Herr, der durch die Tugend meiner zierliche
Dame über mich herrschte, mir erschienen in meiner Phantasie wie ein
Reisender, einfach gekleidet in grobes Tuch. Er schien niedergeschlagen
und starrte auf den Boden, es sei denn, er schien seine Augen auf einen
schönen und klaren Bach zu richten, der an dem Weg, den ich ging,
rieselte.
Es schien mir, dass Eros meinen Namen rief und sagte diese Worte zu
mir: "Ich komme von dieser Dame, die schon lange den Schirm darstellt,
und ich weiß, dass ihre Rückkehr wird nicht in einiger Zeit geschehen, und
so habe ich mit mir das Herz, das ich verlassen, und ich trage es zu einer
Dame, die deine Verteidigung sein wird, wie diese es war." Und er nannte
mir ihren Namen, so dass ich wusste, dass sie gut war. "Aber Vorsicht,
wenn du etwas von diesen Worten erwähnst, um dich zu wiederholen, gib
acht, dass sie in einer Weise geschehen, dass niemand erkennt die falsche
Liebe, die du gezeigt hast, und die du nun musst einem anderen Wesen
zeigen."
Und da er diese Worte redete, ging meine Phantasie ganz plötzlich auf,
wie es schien, dass Eros sich mit mir verschmolzen und etwas in meinem
Aussehen veränderte, fuhr ich an diesem Tag fort zu denken Tiefes und
begleitet von vielen Seufzern. Nach diesem Tag begann ich dieses Sonett,
das beginnt so: "Cavalcando.“

Reitend den anderen Tag entlang einer Spur,


Denkend an die Reise, die ich nicht mochte,
Ich fand Eros in der Mitte des Weges
In der einfachen Kleidung eines Reisenden.

In seinem Antlitz Elend, mir schien er,


Als ob er seine Herrschaft verloren hätte:
Und er kam seufzend nachdenklich,
Und nicht war zu sehen jemand, mit dem Kopf verneigte er sich tief.

Als er mich sah, rief er mich beim Namen


Und sagte: "Ich komme aus einem fernen Ort,
Wohin dein Herz wurde entführt nach meinen Wunsch:

Und bringe dich zurück, um neuer Freude zu dienen."


Dann habe ich von ihm einen großen Teil wahrgenommen,
Bis er verschwunden, und ich wusste nicht wie.

Dieses Sonett hat drei Teile: im ersten sage ich, dass ich Eros traf und wie
er mir erschien. Im zweiten Teil sage ich, was er zu mir sagte, ich gedachte
es nicht vollständig zu machen aus Angst mein Geheimnis zu offenbaren.
Im dritten Teil sage ich, wie er verschwunden ist. Der zweite Teil beginnt
mit: "Als er mich sah", der dritte Teil mit: "Dann habe ich."

X
Bice weigert sich, ihn zu grüßen

Nach meiner Rückkehr machte ich mich auf, die Dame, die mein Herr auf
der Straße der Seufzer mir genannt, zu suchen, und um kurz darüber zu
sprechen, sage ich, dass in kurzer Zeit ich sie zu meinem Schirm machte,
so sehr, dass viele Menschen darüber spekulierten, über die Grenzen der
Höflichkeit hinaus: das hat mich oft sehr nachdenklich gemacht. Und aus
diesem Grund, nämlich wegen dem ausufernden Rumoren, die bösartigen
Verleumdungen schienen mir nur zu bestätigen, dass sie das am meisten
anmutige Wesen war, sie, die war die Bezwingerin aller Laster und die
Königin aller Tugenden, sie ging vorbei und weigerte sich, mir ihren süßen
Gruß zu spenden, in dem alle meine Seligkeit bestanden hätte.
Und verlassend den vorliegenden Gegenstand etwas, will ich deutlich
machen, wie ihr Gruß erarbeitete in mir alle Tugenden.

XI
Die Auswirkungen ihres Grußes auf ihn

Ich sage, dass, als sie erschien, an welchem Ort auch immer, vor der
Hoffnung, die in diesem wunderbaren Gruß verkörpert war, für mich kein
Feind geblieben ist, in der Tat habe ich mit einer Flamme der
Nächstenliebe geglüht, die mich gewähren ließ Begnadigung dem, der
mich beleidigt zu haben schien: und wenn jemand mich gefragt hatte, dann
wäre meine Antwort nur gewesen: "Liebe!", mit einem Verneigen voller
Demut.
Und wenn sie auf dem Punkt war, von mir den Gruß zu empfangen, der
Geist der Liebe, der die Unterdrückung aller anderen Geister der Sinne
war, machte die schwachen Geister der Augen zerstreut und sagte zu
ihnen: "Geht und ehrt eure Dame“, und sie sind so geblieben an ihrem
Platz. Und wer hätte den Wunsch, die Liebe zu kennen, der könnte so
durch die Beobachtung des Zitterns meiner Augen die Liebe kennen
lernen.
Und wenn dies wurde gut gemacht von mir, sie zu grüßen, so war es
doch nicht so, dass die Liebe zwischen uns kam, so dass es in mir eine
unerträgliche Wolke der Seligkeit wäre, aber fast übermächtige Süße kam
in mich, so dass mein Körper, der dann vollständig war unter der
Herrschaft des Eros, sich oft bewegte wie ein schweres und unbelebtes
Objekt. So ist es deutlich zu sehen, dass alle meine Seligkeit, die mich oft
überfüllt und übertraf meine Fähigkeiten, in ihrem Gruß lag.

XII
Er träumt von einem jungen Mann in Weiß gekleidet

Nun zurück zum Thema, ich sage, dass meine Seligkeit mir verweigert
wurde, das traf mich mit solcher Traurigkeit, dass nach dem Verlassen der
Menge ich an einen einsamen Ort ging, den Boden mit bitteren Tränen
badend. Und als dieses Weinen mich ein wenig erleichtert hatte, schloss
ich mich in mein Zimmer ein, wo ich weinen konnte, ohne gehört zu
werden: und da, Mitleid zu betteln von der Dame der Höflichkeit, sagte
ich: "Eros, hilf deinem Getreuen!', und ich schlief weinend ein wie ein
Kind, das geschlagen worden war.
Es geschah, dass in der Mitte des Schlafs ich zu sehen schien einen
jungen Mann in dem weißeste Weiß in meinem Zimmer neben mir sitzen,
und tief in seinen nachdenklichen Aspekt gekleidet, sah er mich an, wo ich
lag, und als er eine Weile mich angeschaut, schien es mir, er rief mich
seufzend und sprach die Worte: "Mein Sohn, es ist Zeit, beiseite zu stellen
unsere Fakten." Dann schien es mir, dass ich ihn kannte, weil er mir zurief,
wie er oft zu mir in meinen Träumen gesprochen, und es schien mir, dass
er jämmerlich weinte, und er schien zu warten auf einige Wort von mir: so,
dass unter Herzpochen ich begann, mit ihm zu sprechen, so: "Herr von
Adel, warum weinst du?" Und er sprach diese Worte zu mir: "Ich bin das
Zentrum eines Kreises, auf das die Teile des Umfangs haben eine ähnliche
Beziehung: Du bist jedoch nicht so.“
Dann, nachdenkend über seine Worte, schien es mir, er habe sehr
undeutlich gesprochen: so dass ich mich zwang zu sprechen und sagte
diese Worte: "Wer bist du, Herr, dass du mir sagst so dunkle Worte?" Und
er antwortete mir in der gemeinsamen Sprache: "Du verlange nicht mehr,
als hilfreich für dich ist." Und so begann ich dann, über die Begrüßung, die
mir verweigert worden war, zu diskutieren, und ich fragte nach dem
Grund: worauf die Antwort kam von ihm zu mir: "Unsere Bice hörte von
bestimmten Personen, die sprachen von dir, dass die Dame, die ich dir
genannt auf der Straße der Seufzer, mit einer gewissen Unhöflichkeit
gegen dich erfüllt ist: und so würde eine, die das Gegenteil von aller
Unhöflichkeit ist, sich nicht herablassen, deine Person zu begrüßen, sie
fürchte vielleicht, dir Unhöflichkeit zu zeigen.
Da es eine Tatsache ist, dass in Wahrheit dein Geheimnis teilweise ihr
durch lange Beobachtung bekannt ist, so wünsche ich von dir bestimmte
Worte in Versen, in denen du die Macht hast, ihr zu erklären, was ich dir
sagte, und wie du ihr zu eigen bist, ganz, von ihrer Kindheit an. Und gib an
das Zeugnis dessen, der weiß, und sage, wie du ihn bittest, ihr davon zu
erzählen, und ich, der ich derjenige bin, werde ihr frei alles sagen: und so
wird sie kommen, um deinen Willen zu kennen, wird wissen, was sie will,
und nicht mehr aufpicken die Worte der Informanten. Stelle diese Worte
so, dass sie wirken wie ein Dazwischentreten, so dass du nicht direkt mit
ihr sprichst: was nicht geeignet ist: und nicht überallhin sende die Verse
ohne mich, wo sie von ihr gehört werden können, aber schmücke sie durch
süße Musik, dass ich immer darin wohnen kann, wenn ich gebraucht
werde."
Und nach diesen Worten verschwand er, und mein Traum war erloschen.
Als ich über ihn nachdachte, fand ich, dass diese Vision mir erschien in der
neunten Stunde des Tages, und bevor ich aus meinem Zimmer ging, hatte
ich beschlossen, eine Ballade zu schreiben, die ich so durchführen würde,
wie mein Herr mir geboten hatte, und später habe ich diese Ballade
geschrieben, die beginnt so: "Ballade, würde ich Eros treffen.".

Ballade, würde ich Eros treffen,


Und sprechen mit ihm vor meiner Herrin,
So dass meine Sache, dass du sie singest, es wäre,
Als mit meinem Herrn zu sprechen von ihr.
Du gehst, Ballade, so höflich,
Dass ohne Begleiter
Du kannst es wagen, irgendwohin zu gehen:
Aber wenn du sicher reisen möchtest,
Zuerst finde Eros!
Da ist es vielleicht nicht klug, ohne ihn zu gehen:
Denn sie ist diejenige, die dir zuhören soll,
Wenn sie, wie ich denke, wirklich mit mir ärgerlich ist:
Wenn du dich nicht von ihm begleiten lässt,
Du wirst dann leicht mit Schmach genommen werden.
Mit süßen Klängen, wenn du mit ihr bist,
Beginne diese Worte,
Nachdem du ihr Mitleid gesucht hast:
"Meine Dame, er, der mich zu dir gesandt,
Wünscht, wenn es dir gefallen mag,
Dass ich seine Entschuldigung präsentieren darf.
Liebe ist eine, die durch deine Schönheit kommt,
Wenn du es nur wünschst, ändere der Liebe Aspekt:
Also, wenn er sich an einem anderen Blick erfreut,
Du denke, es kann nicht sein Herz ändern."
Sprich zu ihr: "Meine Dame, sein Herz ist fest
Mit so festem Glauben,
Dass alle seine Gedanken auf dich gerichtet sind:
Er wählt dich als Erste, und kann nimmer wanken."
Wenn sie dir nicht glaubt,
Sag ihr, sie möge Eros, der die Wahrheit kennt, fragen:
Und am Ende sprich ein demütiges Gebet,
Dass, wenn es ihr missfällt, mich zu begnadigen,
Lasse sie senden ein Wort und gebieten mir zu sterben,
Und ihr Knecht würde wahren Gehorsam zeigen.
Und sprich zu ihm, dem der Schlüssel zu schade ist,
Bevor du nun deinen Urlaub nimmst,
Dass er es wisse, und führe meine Sache gut:
"Durch die Gnade meiner süßen Töne
Bleibe dort mit ihr,
Und deinen Knecht berufe, wie du willst,
Und wenn sie verziehen ihm durch unser Gebet ,
Lasse sie zeigen einen Aspekt des süßen Friedens.“
Meine sanfte Ballade, bitte,
Wähle gut den Moment, der dich zu Ehren bringen wird.

Diese Ballade ist in drei Teile gegliedert: Im ersten Teil sage ich, wo es
hingeht mit der Reise, und ich ermutige sie, sicher zu reisen, und ich sage,
was für ein Unternehmen es sein sollte, wenn sie sicher und ohne Gefahr
gehen will: in dem zweiten Teil sage ich, was es braucht, sie bekannt zu
machen: in dem dritten Teil erlaube ich ihr zu gehen, wenn sie will, und
empfehle ihre Bewegungen in die Umarmung des Glücks. Der zweite Teil
beginnt mit: "Mit süßen Tönen": der dritte mit: "Sanfte Ballade."
Jemand könnte einen Einwand gegen mich erheben und sagen, dass es
nicht bekannt ist, wen ich ansprechen in der zweiten Person, da die Ballade
ja nicht mehr ist als die Worte, die ich schrieb, und so sage ich, dass ich
beabsichtige, diese Zweifel zu lösen und zu klären später in diesem kleinen
Buch, wenn ich über eine noch schwierigere Passage spreche: und dann
lass ich den verstehen, der zweifelt, oder lasse ihn, der zu zweifeln
wünscht, es tun in dieser Zeit.

XIII
Der Krieg von widersprüchlichen Gedanken

Nach der Vision, nachdem ich bereits die Worte, die Eros befohlen zu
schreiben, geschrieben hatte, begannen viele verschiedene Gedanken zu
kämpfen in mir, die jeweils fast nicht zu beantworten waren: Unter diesen
Gedanken schienen vier Gedanken am meisten meine Ruhe zu stören.
Einer von ihnen war dieser: Des Eros Herrschaft ist gut, denn er zieht die
Absicht seines Getreuen weg von allen bösen Dingen. Der nächste war
dieser: Des Eros Herrschaft ist nicht gut, weil je mehr Vertrauen sein
Getreuer ihm zeigt, desto schwerer und schmerzlicher sind die Momente,
die er ertragen muss. Der dritte Gedanke war dieser: Der Name des Eros
ist so süß zu hören, dass es mir unmöglich scheint, dass seine wahren
Effekte alles andere als süß sein könnten, da bekannt ist, dass die Namen
nach den Dingen benannt werden, wie es geschrieben steht: "Namen sind
Konsequenzen der Dinge." Der vierte Gedanke war dieser: Die Dame,
denn Eros zwingt ja nicht, ist nicht wie andere Frauen, deren Herzen leicht
zu beeinflussen sind.
Und jeder Gedanke von ihnen behauptete sich so in mir, dass ich wurde
wie einer, der nicht weiß, welchen Weg man für seine Reise wählen muss,
und der gehen will und weiß nicht, welchen Weg er gehen will, und wenn
ich dachte, zu versuchen und zu finden den gemeinsamen Weg unter
diesen Gedanken, auf dem sie alle mir begegnen, dann war es ein Weg, der
feindlich mich forderte und mich warf in die Arme des Mitleids. Und in
diesem Zustand bleibend, spürte ich den Wunsch, Worte von Versen zu
schreiben: Und dann begann ich dieses Sonett: "Tutti li mei penser.“

Jeder meiner Gedanken spricht von Eros:


Und sie haben in sich große Variationen,
Der lässt mich seine Herrschaft wollen,
Ein weiterer sagt, dass sein Wert ist Nichts,

Ein anderer von der Hoffnung bringt mir Süßigkeit,


Ein anderer macht mich beständig weinen,
Und sie zu fragen, schadet nur, und ihnen zuzustimmen,
Zitternd vor Angst, die im Herzen ist.

Daher weiß ich nicht, welches Thema zu wählen:


Und ich wünsche zu sprechen, und weiß nicht, was sagen:
Find ich mich so in eines Liebhabers Labyrinth!

Und wenn ich will, dass sie alle einig werden,


Ich bin gezwungen, meinen Feind zu nennen
Zum Schaden meiner Herrin, und sie zu bitten, mich zu verteidigen.
Dieses Sonett kann in vier Teile geteilt werden: Im ersten Teil spreche ich
und erkläre, dass alle meine Gedanken sind von Eros erfüllt: Im zweiten
Teil sag ich, dass sie verschieden sind, und ich beschreibe ihrer Vielfalt: Im
dritten Teil sag ich, in welcher Weise sie scheinen in Einklang zu bringen
zu sein: Im vierten Teil sag ich, dass ich zwar will von Eros sprechen, aber
ich weiß nicht, was als mein Thema zu wählen ist, und wenn ich sie alle
wählen will, bin ich gezwungen, meinen Feind zu nennen zu meiner Dame
Schade: und ich sage "meine Herrin" als gewöhnlichen Modus der Rede.
Der zweite Teil beginnt mit: „und sie haben in sich": der dritte mit:
„zuzustimmen": der vierte mit: „Daher weiß ich nicht“.

XIV
Dante fällt in Ohnmacht bei der Hochzeits-Szene

Nach dem Krieg von divergierenden Gedanken, kam ich zufällig an einen
Ort, wo viele sanfte Frauen versammelt waren: an einen Ort, zu dem ich
von einem Freund geführt wurde, ich dachte mir große Freude an der
Stelle, wo so viele Frauen zeigen ihre Schönheit. Also habe ich kaum
gewusst, wohin man mich gebracht, und im Vertrauen auf die Person, die
seinen Freund bis zum Ende des Lebens begleitete, sagte ich zu ihm:
"Warum sind wir zu diesen Frauen gekommen?" Da sagte er zu mir:
"Damit ihnen würdig gedient werde."
Und die Wahrheit ist, dass sie in der Gesellschaft von einer sanften Frau
waren, die wurde an diesem Tag vermählt, darum hatten sie sich
versammelt, und so, nach dem Brauch der Stadt, war es für sie notwendig,
dass sie zum ersten Mal saß am Tisch in dem Haus ihres Mannes.
Also habe ich geglaubt, dass es diesem Freund gefallen würde, und
entschied mich zu bleiben und den Frauen Gesellschaft zu leisten. Und in
dem Moment meiner Entscheidung schien ich ein seltsames Zittern zu
spüren unter meiner linken Brust und sich verbreiten plötzlich durch alle
Teile meines Körpers. Dann, sage ich, lehnte ich mich leise gegen ein
Fresko, das an den Wänden des Hauses herumlief, und aus Furcht, andere
könnten sich bewusst werden meines Zitterns, hob ich meine Augen und
blickte auf die Frauen, und sah die anmutigste Bice unter ihnen.
Und auch sie verlor ihre Sehorgane, da wollte Eros an ihrem edelsten
Platz stehen: Dann war meine Stimmung von der Kraft bestimmt, die Eros
gewonnen, als er sich so in der Nähe der zierlichsten Dame fand, dass nur
die Geister des Anblicks am Leben geblieben, zerstreut, die wunderbare
Dame zu sehen. Und wenn ich andere sah als die Eine, war ich sehr
traurig, denn diese kleinen Geister beklagten sich laut und sagten: "Wenn
er uns nicht aus unserem Ort geschossen hätte, könnten wir übernachten,
und das Wunder dieser Dame als auch alle anderen Frauen zu sehen wäre
geblieben."
Ich sage, dass viele dieser Frauen sich bewusst meiner Verklärung
waren, dann begannen sie sich zu fragen, und dann spotteten sie über mich
wegen dieser schonendsten Einen: dass mein Freund, unschuldig in gutem
Glauben, mich bei der Hand nahm und führte mich vom Anblick der
Frauen fort, dann fragte er, was mich beunruhigt.
Dann, da ich mich etwas ausgeruht, und meine sterblichen Geister sich
wiederbelebt, und ich zum Besitz der verstreuten Geister zurückkehrte,
sagte ich diese Worte zu diesem Freund: "Ich habe einen Fuß in diesen
Bereich des Lebens gesetzt, von dem es nicht möglich ist,
zurückzukehren." Und Abschied von ihm nehmend, kehrte ich in meine
Kammer der Tränen heim: in der, weinend und Scham im Gesicht, ich zu
mir sagte: "Wenn meine Herrin wüsste von meinem Zustand, ich weiß
nicht, ob sie meine Person verspotten würde, in der Tat habe ich geglaubt,
sie würde innen fühlen in sich viel Mitleid."
Und in diesem Zustand des Weinens beschloss ich, Worte mit ihr zu
sprechen, in denen ich die Ursache meiner Verwandlung erklären würde,
und sagen, dass ich auch wusste, dass sie nicht bekannt war, dass, wenn sie
bekannt wäre, glaubte ich, dass andere gerührt wären: und ich beschloss, in
dem Wunsch, dass es vielleicht durch Zufall zu ihren Ohren kommen
könnte, zu sprechen. Und dann schrieb ich dies Sonett, das beginnt: "Con
l'altre donne".

Die anderen Frauen spotten über mein Aussehen,


Aber glaube nicht, dass dies der Grund ist, Herrin, warum
Ich von so seltsamem Aussehen beschlagnahmt worden,
Als ich den Blick auf deine Schönheit richtete.

Wenn du es wüsstest, könnte es mein Schade nicht sein,


Von mir in der üblichen Weise zu denken,
Statt dass Eros, wenn er mich findet dir so nahe,
Gewinnt so an Kühnheit und Verwegenheit,
Dass er in Angst meine Geister versetzt,
Und einige tötet er, und einige zerstreut er,
Bis nur noch der bleibt, dich zu schauen:

So dass ich mich zu einer anderen Form verändere,


Aber nicht so, dass ich nicht dann noch hören könnte
Den Jammer dieser gequält zerstreuten Geister.

Ich werde dieses Sonett nicht teilen in seine Teile, da die Division nur
gemacht wird, um den Sinn der Sache zu klären: so wie diese Sache ist, ist
die erzählte Logik klar genug, es braucht keine Trennungen. Es ist wahr,
dass unter den Worten, in der die Logik dieses Sonetts gezeigt, sind einige
dunkle Worte, in denen ich sage, dass Eros tötet alle meine Stimmung, und
nur die Sicht am Leben bleibt, dass alle Sinne fliehen, außer die Organe
des Sehens. Und diese Unklarheit ist unmöglich einem zu erklären, der
nicht in ähnlicher Weise ein dem Eros Getreuer ist, und für diejenigen, die
es offensichtlich sind, sind deutlich die dunklen Worte und so gibt es
keinen Grund für mich, diese Unklarheit zu klären, da meine Worte der
Klärung wären sinnlos und in der Tat überflüssig.

(Fragment)

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

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Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
JOSEF UND SEINE BRÜDER

Von Thomas Mann


herausgegeben von Josef Maria Mayer

ERSTES KAPITEL
Dies ist die Geschichte von Josef. Josef war siebzehn Jahre jung. Als er
jung war, hütete er die Herde mit seinen Brüdern, mit den Söhnen der
Ehefrauen seines Vaters, Bilha und Silpa, und Josef brachte seinem Vater
schlechte Berichte über sie.
Jakob liebte Josef mehr als alle seine anderen Söhne, denn er war der Sohn
seines Alters, und er hatte eine besondere Tunika für ihn gemacht.
Aber seine Brüder, als sie sahen, wie viel ihn sein Vater mehr liebte als alle
seine anderen Söhne, kamen, um ihm einige Worte des Hasses zu sagen.
Jetzt hatte Josef einen Traum, und er wiederholte ihn seinen Brüdern, die
ihn dann mehr denn je hassten.
„Hört“, sagte er, „den Traum, den ich hatte:
Wir banden Garben auf dem Feld, als meine Garbe plötzlich sich erhob
und aufrecht stand, und dann waren gesammelt eure Garben in der Runde
und verbeugten sich vor meiner Garbe."
"So willst du wohl König über uns sein", erwiderten seine Brüder, "du
willst Herr über uns sein?“ Und sie hassten ihn noch mehr wegen seiner
Träume und wegen dem, was er gesagt hatte.
Er hatte einen Traum, den er seinen Brüdern erzählte: "Schaut, ich habe
noch einen Traum gehabt", sagte er. "Es gab die Sonne, den Mond und elf
Sterne, die beugten sich vor mir.“
Er sagte das seinem Vater und seinen Brüdern, und sein Vater hat ihn
ausgeschimpft: "Ein schöner Traum ist das!" sagte er zu ihm. "Sind wir
alle so, ich, deine Mutter und deine Brüder, gekommen und haben uns
verneigt zur Erde vor dir?"
Seine Brüder hielten zusammen gegen ihn, aber sein Vater hat über die
Sache nachgedacht.
Seine Brüder gingen, um die Schafe ihres Vaters in Sichem zu weiden.
Und Israel sprach zu Josef: "Deine Brüder sind mit der Herde in Sichem,
nicht wahr? Komm, ich werde dich zu ihnen senden." - "Ich bin bereit",
antwortete er.
Er sagte zu ihm: "Geh und sieh, was deine Brüder und die Herde tun, und
sag es mir." Er sandte ihn aus dem Tal von Hebron, und Josef kam in
Sichem an.
Ein Mann fand ihn wandernd in der Landschaft und fragte ihn: "Was
suchst du?“
"Ich suche meine Brüder", antwortete er. "Bitte sag mir, wo sie weiden ihre
Schafe."
Der Mann antwortete: "Sie haben sich auf von hier wegbewegt, in der Tat
hörte ich sie sagen: Lasst uns nach Dothan gehen!“ Also ging Josef seinen
Brüdern nach und fand sie bei Dothan.
Sie sahen ihn aus der Ferne, und bevor er sie erreichte, fassten sie den
Plan, ihn umzubringen.
„Da kommt er, der Träumer!“, sagten sie zueinander.
„Kommt, lass uns ihn jetzt töten und ihn werfen in eine Grube, wir können
sagen, dass ein wildes Tier ihn gefressen hat. Dann werden wir sehen, was
aus seinen Träumen wird."
Aber Ruben hörte das, und er rettete ihn aus ihren Klauen. "Wir müssen
ihm nicht sein Leben nehmen", sagte er.
„Vergießt kein Blut ", sagte Ruben zu ihnen, „werft ihn in die Wüste, aber
tötet ihn doch nicht." Das sagte er in der Absicht, ihn vor ihnen zu retten
und ihn zu seinem Vater wieder zu bringen.
Also, als Josef seine Brüder erreichte, zogen sie ihm seine Tunika aus, die
verzierte Tunika, die er trug,
Und fassten ihn, warfen ihn in den Brunnen. Der Brunnen war leer, es war
kein Wasser darin.
Sie setzte sich dann zu essen. Sie blickten auf, sahen eine Gruppe von
Ismaeliten, die von Gilead kamen, ihre Kamele beladen mit Tragant,
Balsam und Harz, die sie brachten nach Ägypten.
Da sprach Juda zu seinen Brüdern: „Was gewinnen wir durch das Töten
unseres Bruders und für sein Blut?
Kommt, lasst uns ihn verkaufen den Ismaeliten, dann werden wir nicht
Hand an ihn selbst zu legen haben. Immerhin, er ist unser Bruder und
unser eigenes Fleisch." Seine Brüder vereinbarten das so.
Nun kamen einige midianitischen Kaufleute vorbei, und sie zogen Josef
aus dem Brunnen. Sie verkauften Josef den Ismaeliten für zwanzig
Silberlinge, und diese Männer nahmen Josef mit nach Ägypten.
Als Ruben zurückging zu dem Brunnen, gab es kein Zeichen von Josef. Da
zerriss er seine Kleider
Und ging zurück zu seinen Brüdern: "Der Junge ist weg", sagte er. „Was
soll ich tun?“
Sie nahmen Josefs Tunika und schlachteten eine Ziege, tauchten die
Tunika in das Blut.
Dann schickten sie die reichdekorierte Tunika zu ihrem Vater mit der
Nachricht: "Das ist, was wir gefunden haben. Erkennst du es als deines
Sohnes Tunika oder nicht?“
Er erkannte sie und rief: „Tunika meines Sohnes! Ein wildes Tier hat ihn
gefressen! Josef wurde in Stücke gerissen!“
Er zerriss seine Kleidung und legte Sacktuch um seine Taille, Jakob
betrauerte seinen Sohn viele Tage.
Alle seine Söhne und Töchter versuchten, ihn zu trösten, aber er weigerte
sich, getröstet zu werden. "Nein", sagte er, "ich werde in die Grube voller
Trauer gehen und in Kummer um meinen Sohn!" Und sein Vater beweinte
ihn.
Inzwischen hatten die Midianiter ihn verkauft in Ägypten an Potiphar,
einen der Pharao-Beamten und Befehlshaber der Wache.

Jetzt hatte sich Josef in Ägypten aufnehmen lassen. Potiphar, der Ägypter,
einer der Beamten des Pharao und Kommandant der Garde, kaufte ihn von
den Ismaeliten, die ihn nach dort unten mitgenommen hatten.
Jahwe war mit Josef, und alles, was er unternahm, gelang ihm. Er wohnte
in dem Haus seines ägyptischen Herrn,
Und als sein Herr sah, wie Jahwe mit ihm war und wie Jahwe ihm alles,
was er unternahm, gelingen ließ,
Da hat er Josef zu seinem persönlicher Diener gemacht, und sein Herr
machte ihn verantwortlich für seinen Haushalt und vertraute ihm all seinen
Besitz an.
Und von der Zeit an legte er ihm die Verantwortung auf für seinen
Haushalt und all seinen Besitz, und Jahwe segnete das Haus des Ägypters
aus Rücksicht auf Josef; Jahwes Segen erweiterte seinen ganzen Besitz,
sowohl das Haus als auch die Besitzungen.
So überließ er es Josef, alle seine Besitztümer zu behandeln, und selbst
kümmerte er sich um nichts als um die Nahrung, die er aß. Josef war gut
gebaut und gut aussehend,
Und es geschah einige Zeit später, dass die Frau seines Herrn ein Auge auf
Josef warf und sagte: "Schlaf mit mir!"
Aber er weigerte sich. "Schau", sagte er zu der Frau seines Herrn, "mein
Meister kümmert sich um nichts, was in dem Haus passiert, all seinen
Besitz hat er mir anvertraut.
Er selbst übt keine Autorität mehr in diesem Haus aus, sondern ich. Er hat
nichts vor mir zurückgehalten, außer dich selbst, weil du seine Ehefrau
bist. Wie könnte ich so etwas Schlechtes tun und Sünde gegen Gott?"
Obwohl sie eindrang auf Josef Tag für Tag, stimmte er ihr nicht zu, mit ihr
zu schlafen oder intim zu sein mit ihr.
Aber eines Tages, als Josef in das Haus kam, um seine Arbeit zu tun, und
keiner der Leute im Haushalt da war,
Packte sie ihn an seinem Gewand und sagte: "Schlaf mit mir!" Aber er ließ
die Tunika in ihrer Hand, nahm Reißaus und lief davon.
Als sie sah, dass er die Tunika zurückgelassen hatte in ihren Händen, als er
davonlief,
Rief sie ihre Diener und sagte zu ihnen: "Seht euch das an! Mein Mann
brachte einen hebräischen Mann hierher, eine Närrin aus mir zu machen!
Er wollte mich vergewaltigen, aber ich schrie,
Und als er mich schreien hörte, ließ er seine Tunika neben mir zurück und
rannte aus dem Haus."
Sie hielt seine Tunika fest, bis sein Herr nach Hause kam.
Dann erzählte sie ihm die gleiche Geschichte: "Der hebräische Sklave, den
du zu uns gebracht hast, drang auf mich ein, eine Närrin aus mir zu
machen!
Aber als ich schrie, ließ er sein Gewand neben mir zurück und lief weg."
Als sein Herr seine Frau sagen hörte: "So war es, wie dein Sklave mich
behandelte", wurde er wütend.
Josefs Herr hat ihn verhaftet und in das Gefängnis geworfen, wo des
Königs Gefangene festgehalten wurden. Und da blieb er im Gefängnis.
Aber Jahwe war mit Josef. Er zeigte ihm seine treue Liebe und machte ihn
bei dem Chef-Kerkermeister beliebt.
Der Chef-Kerkermeister machte Josef für alle Gefangenen im Gefängnis
verantwortlich.
Der Chef-Kerkermeister hat alles unter seine Obhut gestellt, da Jahwe mit
ihm war, und Jahwe ließ alles, was er unternahm, gelingen.

Es geschah einige Zeit später, dass der Mundschenk und der Bäcker gegen
ihren Herrn, den König von Ägypten, sich verfehlten.
Pharao war zornig über seine beiden Beamten, den Obermundschenken
und den Oberbäcker,
Und nahm sie in Gewahrsam in dem Haus des Kommandanten der Wache,
im Gefängnis, wo Josef ein Gefangener war.
Der Kommandant der Garde hatte Josef ihnen zugeordnet, um ihre
Wünsche zu erfüllen, und sie blieben in Haft für einige Zeit.
Jetzt hatten beide Träume in der gleichen Nacht, jeder mit einer eigenen
Bedeutung für den Mundschenken und den Bäcker des Königs von
Ägypten, die Gefangene im Gefängnis waren.
Als Josef kam, um sie am Morgen zu besuchen, sah er, dass sie düster
dreinschauten,
Und er bat die beiden Beamten, die in der Haft mit ihm im Hause seines
Herrn waren: "Warum dieses traurige Aussehen heute?“
Sie antworteten: "Wir hatten jede einen Traum, aber niemand ist da, ihn zu
interpretieren." - "Ist das Gottes Sache nicht, die Interpretation?“ fragte sie
Josef. "Erzählt mir von ihnen."
So beschrieb der Obermundschenk dem Josef seinen Traum und sagte zu
ihm: "In meinem Traum war ein Weinstock vor mir.
Der hatte drei Reben, kaum gekeimt, als er blühte, und seine Trauben
wurde reifen Trauben.
Ich hatte den Becher des Pharao in meiner Hand, ich nahm die Trauben
und drückte sie in den Becher des Pharao aus, und gab den Becher in die
Hand des Pharao."
„Das ist, was es bedeutet," sagte Josef zu ihm. "Die drei Zweige sind drei
Tage.
In weiteren drei Tagen wird Pharao dein Haupt erheben durch die
Wiedereinsetzung dein in deine Position. Dann wird die Hand des Pharao
seinen Becher von dir nehmen wie zuvor, als du sein Mundschenk warst.
Aber achte darauf, dich an mich zu erinnern, wenn alles gut geht mit dir,
und halte den Glauben, und erinnere freundlicherweise den Pharao an
mich, um mich aus diesem Haus zu befreien.
Ich wurde aus dem Land der Hebräer entführt an den ersten Platz, und
auch hier habe ich nichts zu entschuldigen, der ich in den Kerker gebracht
wurde.“
Der Oberbäcker, sehend, dass die Interpretation günstig gewesen war,
sagte zu Josef: "Ich hatte einen Traum, es waren drei Korbschalen auf
meinem Kopf.
In der oberen Ablage gab es alle Arten von Gebäck für den Pharao, wie es
ein Bäcker machen könnte, und die Vögel waren auf meinem Kopf und
fraßen aus dem Fach."
Josef antwortete wie folgt: "Dies ist, was es bedeutet: Die drei Schalen
sind drei Tage.
In weiteren drei Tagen wird Pharao dein Haupt erheben durch Erhängen
am Galgen, und die Vögel werden das Fleisch fressen von deinen
Knochen."
Und so geschah es, der dritte Tag war Geburtstag des Pharao, und er gab
ein Festmahl für alle seine Beamten. Von seinen Beamten erhob er den
Kopf des Obermundschenken und des Oberbäckers,
Den Obermundschenken durch die Wiederherstellung seiner Position, so
dass er wieder überreiche Pharao den Becher;
Und durch das Aufhängen den Oberbäcker, wie Josef es ihnen erklärt
hatte.
Aber der Obermundschenk dachte nicht an Josef, er hatte ihn vergessen.

Zwei Jahre später kam es, dass der Pharao einen Traum hatte: da war er, da
stand er am Nil,

Und dort, vom Nil, kamen sieben Kühe, schön und fett, und sie begannen,
sich im Schilf zu ernähren.

Und dann sieben andere Kühe, elend und mager, kamen aus dem Nil,
hinter ihnen, und diese gingen und stellten sich neben die anderen Kühe
am Ufer des Nils.

Die elenden und mageren Kühe fraßen die sieben schönen und fetten
Kühe. Dann wachte Pharao auf.

Er schlief wieder ein und träumte ein zweites Mal: Es wuchs ein Halm,
daran waren sieben Ähren, voll und reif.

Und dann sprossen nach ihnen sieben Ähren, mager und vom Ostwind
versengt.

Die spärlichen Ähren verschlangen die sieben vollen und reifen Ähren.
Und Pharao erwachte, es war ein Traum gewesen.

Am Morgen war Pharao das Gefühl gestört, er hatte alle Zauberer und
Weisen von Ägypten zu sich gerufen. Pharao erzählte ihnen seine Träume,
aber es war niemand da, um sie für Pharao zu deuten.

Da sprach der Ober-Mundschenk des Pharao: "Heute habe ich mich


erinnert, es ist meine Schuld gewesen.
Als Pharao zornig war über seinen Knecht, legte er mich und den
Oberbäcker in Gewahrsam in das Haus des Kommandanten der Wache.

Wir hatten einen Traum, in der gleichen Nacht, er und ich, und jedes
Mannes Traum hatte einen Sinn für sich selbst.

Es war ein junger Hebräer mit uns, einer der Sklaven des Kommandanten
der Wache. Wir erzählten ihm unsere Träume und er interpretierte sie für
uns, sagend, was jeder von uns bei seinem Traum zu denken habe.

Es stellte sich heraus, es kam genau nach seiner Interpretation: Ich wurde
in meine Position wieder eingesetzt, aber der andere Mann wurde
gehängt.“

Und Pharao hat Josef gerufen, und aus dem Kerker eilte er zu ihm. Er
rasierte sich und wechselte seine Kleidung, und stellte sich vor den Pharao.

Pharao sprach zu Josef: "Ich habe einen Traum gehabt, und es ist niemand
da, ihn zu interpretieren. Aber ich habe über dich gehört, dass du einen
Traum, den du hörst, interpretieren kannst."

“Nicht ich," antwortete Josef dem Pharao, "Gott wird Pharao eine günstige
Antwort geben."

Und Pharao sagte zu Josef: "In meinem Traum war ich da, stand an dem
Ufer des Nils.

Und es waren sieben Kühe da, schön und fett, die kamen aus dem Nil, und
sie begannen, im Schilf sich zu ernähren.

Und dann kamen sieben andere Kühe, nach ihnen, ausgehungert, sehr
elend und mager, ich habe noch nie so schlechte Kühe in ganz Ägypten
gesehen.

Die mageren und elenden Kühe fraßen die sieben ersten schönen fetten
Kühe.
Aber als sie sie gefressen hatte, war es unmöglich zu sagen, dass sie sie
gefressen hatten, weil sie so elend wie immer aussahen. Dann wachte ich
auf.

Und dann war ich wieder in einem Traum, da wuchs auf ein Halm, da
waren sieben Ähren, schön und reif;

Aber dann sprossen hinter ihnen sieben Ähren, verwelkt, mager und vom
Ostwind versengt.

Dann die geschrumpften Ähren verschlangen die sieben reifen Ähren. Ich
habe es den Magiern erzählt, aber niemand hat mir die Antwort gegeben."

Josef sprach zu Pharao: „Pharaos Träume sind ein und derselbe: Gott
offenbart Pharao, was Er tun wird.

Die sieben schönen fetten Kühe sind sieben Jahre, und die sieben schönen
reifen Ähren sind sieben Jahre, es ist ein und derselbe Traum.

Die sieben mageren Kühe kommen nach ihnen, sie sind sieben Jahre, so
sind die sieben dürren Ähren, vom Ostwind versengt: Es wird sieben Jahre
Hungersnot sein.

Es ist so, wie ich Pharao gesagt habe: Gott offenbart Pharao, was Er tun
wird.

Sieben Jahre kommen, bringen große Mengen ganz Ägypten,

Aber sieben Jahre der Hungersnot werden ihnen folgen, wenn alle genug
in Ägypten gegessen haben, und Hunger wird das Land erschöpfen.

Die Hungersnot, die folgen wird, wird so sehr stark sein, dass niemand
sich daran erinnern wird, wie viel im Land verwendet wurde, um es zu
genießen.

Der Grund, warum Pharao zweimal den gleichen Traum hatte, ist, dass die
Ausführung bereits von Gott bestimmt ist, und Gott wird es in Kürze
herbeiführen.
Pharao sollte jetzt einen Intelligenten und Klugen bestimmen, Ägypten zu
regieren.

Pharao sollten Maßnahmen ergreifen, die Aufsichtsbehörden zu ernennen


für das Land, und zu verhängen eine Steuer von einem Fünftel auf
Ägypten in den sieben Jahren des Überflusses.

Sie alle werden die Speisen während der guten Jahre, die kommen werden,
sammeln, speichern und das Korn unter des Pharao Autorität stellen,
indem sie es in den Städten sammeln.

Das Essen wird eine Reserve für das Land für die sieben Jahre der
Hungersnot sein, die kommen soll über Ägypten, so dass das Land nicht
von der Hungersnot zerstört wird."

Pharao und seine Minister haben das, was er gesagt hatte, genehmigt.

Da fragte Pharao seine Minister: "Können wir sonst jemand mit dem Geist
Gottes begabt sehen wie ihn?"

Und Pharao sprach zu Josef: "Da Gott dir Kenntnis von all diesem gab,
kann es niemanden so intelligenten und weisen wie dich geben.

Du sollst mein Kanzler sein, und alle meine Leute achten deine Aufträge.
Nur dieser mein Thron soll über dich gesetzt sein."

Da sprach Pharao zu Josef: "Ich mache dich hiermit zum Gouverneur von
ganz Ägypten."

Pharao nahm seinen Ring von der Hand und legte ihn an Josefs Hand. Er
kleidete ihn in Gewänder aus feinem Leinen und legte eine goldene Kette
um seinen Hals.

Er setzte ihn in den besten Wagen, dass er seinem eigenen musste


nachfahren, und sie schrieen alle: „Abrek!“ So wurde er Gouverneur von
ganz Ägypten.

Da sprach Pharao zu Josef: "Ich bin zwar Pharao, doch darf sich niemand
zu Hand oder Fuß ohne deine Erlaubnis in ganz Ägypten bewegen."
Pharao nannte Josef nun Zaphnath-Paneah und gab ihm Aseneth, die
Tochter Potipheras, des Priesters von On, zur Frau. Und Josef begann zu
reisen durch ganz Ägypten.

Josef war dreißig Jahre alt, als er vor Pharao, dem König von Ägypten,
stand. Nachdem er Pharao verlassen, reiste Josef in der gesamten Länge
und Breite von Ägypten umher.

In den sieben Jahren des Überflusses ergab der Boden großzügige Ernten.

Er sammelte alle Speise der sieben Jahre, während es eine Fülle in


Ägypten gab und in den Städten, er speicherte das Essen, indem er jedem
die Lebensmittel aus dem Umland abnahm.

Josef sammelte Korn wie Sand am Meer, in einer solchen Menge, dass er
es aufgab zu zählen, da war es vorbei mit der Buchhaltung.

Bevor das Jahr der Hungersnot kam, wurden Josef zwei Söhne geboren:
Aseneth, Tochter Potipheras, des Priesters von On, gebar ihm diese.

Josef nannte den Erstgeborenen Manasse: "Weil" , sagte er, "Gott mich
völlig meine Not und meines Vaters Haus vergessen lassen hat."

Er nannte den zweiten Ephraim: "Weil", sagte er, "Gott mich fruchtbar
gemacht hat im Land meines Unglücks."

Und die sieben Jahre des Überflusses, die es in Ägypten gegeben hatte,
gingen zu Ende,

Und die sieben Jahre der Hungersnot setzten ein, wie Josef vorausgesagt
hatte. Es gab Hungersnöte in jedem Land, aber in ganz Ägypten gab es
Essen.

Aber als alle in Ägypten begannen, den Hunger zu fühlen, und die
Menschen appellierten an Pharao um Nahrung, sagte Pharao allen
Ägyptern: "Geht zu Josef und tut, was er sagt."
Es gab Hungersnöte auf der ganzen Welt. Da öffnete Josef alle
Getreidespeicher und rationierte das Getreide an die Ägypter, als die
Hungersnot sogar noch schlimmer wurde in Ägypten.

Menschen kamen nach Ägypten aus der ganzen Welt, um Lieferungen von
Josef zu bekommen, denn die Hungersnot war schwer in der ganzen Welt.

Jakob, sehend, dass sie die Versorgung aus Ägypten hatten, sagte zu seinen
Söhnen: "Warum starrt ihr einander an?

Ich höre", sagte er, "dass es Lieferungen gibt in Ägypten. Geht hinab und
beschafft einiges für uns, damit wir überleben und nicht sterben."

So die zehn Brüder Josefs gingen hinab, um in Ägypten Getreide zu


beschaffen.

Jakob aber sandte nicht Josefs Bruder Benjamin mit seinen Brüdern.
"Nichts soll ihm geschehen", dachte er.

So waren die Söhne Israels unter den anderen Menschen, die auf
Lieferungen hofften, da Hungersnot in Kanaan herrschte.

Es war Josef der Mann in Autorität über das Land, der die Rationen für die
gesamte Bevölkerung verteilte. So gingen die Brüder Josefs und
verbeugten sich vor ihm, die Gesichter den Boden berührend.

Sobald Josef seine Brüder sah, erkannte er sie. Aber er hat nicht gezeigt,
dass er sie kennt, und er sprach zu ihnen hart. "Wo kommt ihr her?", fragte
er. "Von Kanaan, Essen zu bekommen", antworteten sie.

Als nun Josef erkannte seine Brüder, haben sie ihn nicht erkannt,

Josef erinnerte sich an die Träume, die er über sie hatte, und sagte zu
ihnen: „Ihr seid Spione. Ihr seid gekommen, um die Schwächen des
Landes zu entdecken."
“Nein, mein Herr", sagten sie, "deine Knechte sind gekommen, um Essen
zu bekommen.

Wir sind alle Kinder des gleichen Mannes. Wir sind ehrliche Menschen,
deine Knechte sind keine Spione."

“Oh nein", antwortete er, "ihr seid gekommen, um die Schwächen des
Landes zu entdecken."

“Deine Diener waren zwölf Brüder", sagten sie, "Söhne des gleichen
Mannes in Kanaan, aber der jüngste ist bei unserem Vater geblieben, und
der andere ist nicht mehr."

Josef erwiderte: "Es ist so, wie ich gesagt, ihr seid Spione.

Das ist der Test, den ihr euch unterziehen sollt: so sicher, wie Pharao lebt,
sollst ihr nicht kommen, es sei denn, euer jüngster Bruder kommt mit.

Sendet einen der Euren, um euren Bruder zu holen, die anderen werden
verhaftet, so dass eure Aussagen getestet werden können, um zu sehen, ob
ihr ehrlich seid. Wenn nicht, dann, so sicher, wie Pharao lebt, seid ihr
Spione."

Daraufhin legte er sie alle in Gewahrsam für drei Tage.

Am dritten Tag sprach Josef zu ihnen: "Tut dies und ihr werdet leben, denn
ich bin ein Mann, der Gott fürchtet.

Wenn ihr ehrliche Menschen seid, lasst einen eurer Brüder festgenommen
werden, wo ihr eingesperrt wart, der Rest von euch gehe und liefere
zuhause Speise für eure hungernden Familien.

Aber ihr müsst euren jüngsten Bruder zu mir zurückbringen, auf diese
Weise wird, was ihr gesagt habt, überprüft werden, und ihr werdet nicht
sterben!“ Und das war es, was sie taten.

Und sie sagten zueinander: "Es ist klar, wir werden für das, was wir
unserem Bruder taten, bestraft. Wir sahen sein tiefes Elend, als er uns
anflehte, aber wir wollten nicht hören, und jetzt dieses Elend ist nach
Hause zurück zu uns gekommen."

Ruben antwortete ihnen: „Habe ich euch nicht sagen, ihr solltet nicht zu
Unrecht den Jungen plagen? Aber ihr wolltet nicht hören. Jetzt kommt die
Abrechnung."

Sie wussten nicht, dass Josef sie verstand, denn es war ein Dolmetscher
zwischen ihnen.

Er wandte sich von ihnen ab und weinte. Als er in der Lage war, wieder zu
sprechen, wählte er Simeon aus ihrer Zahl und band ihn, während sie
zusahen.

Josef gab den Befehl, ihre Koffer mit Getreide zu füllen, das Geld eines
jeden Menschen in seinem Sack zurückzutun, und ihnen Bestimmungen
für die Reise zu geben. Dies ward getan.

Da haben sie ihre Vorräte geladen auf ihre Esel und gingen weg.

Aber als sie für die Nacht lagerten, einer von ihnen öffnete seinen Sack,
um seinem Esel etwas Futter zu geben, und er sah sein Geld - in seinem
Sack war es.

Er sagte zu seinen Brüdern: „Mein Geld wurde mir zurückgegeben! Hier


ist es, in meinem Sack.“ Ihre Herzen sanken hinab, und sie sahen einander
in Panik an, und sagten: „Was ist das, was Gott uns angetan?"

Rückkehrend zu ihrem Vater Jakob in Kanaan, gaben sie ihm einen


vollständigen Bericht über das, was mit ihnen geschehen war:

“Der Mann, der Herr des Landes, sprach hart zu uns, er beschuldigte uns
der Spionage im Land.

Wir haben ihm gesagt: Wir sind ehrliche Leute, wir sind keine Spione.

Wir waren zwölf Brüder, Söhne des gleichen Vaters. Einer von uns ist
nicht mehr, und der Jüngste ist bei unserem Vater in Kanaan.
Aber der Mann, der Herr des Landes ist, sagte zu uns: "Dies ist es, wie ich
wissen werde, ob ihr ehrlich seid: Einen eurer Brüder lasst bei mir und der
Rest nehme Lieferungen für eure hungernden Familien mit und gehe.

Aber bringt mir euern jüngsten Bruder, und dann werde ich wissen, dass
ihr keine Spione seid, sondern ehrliche Männer. Dann werde ich euren
Bruder euch zurückgeben, und ihr könnt euch kostenlos durch das Land
bewegen."

Als sie ihre Säcke geleert hatten, entdeckte jeder in seinem Sack sein Geld.
Beim Anblick ihre Taschen voller Geld, da hatten sie Angst, und ihr Vater
ebenso.

Und ihr Vater Jakob sprach zu ihnen: „Ihr raubt mir meine Kinder; Josef ist
nicht mehr, Simeon ist nicht mehr, und nun wollt ihr mir auch noch
Benjamin nehmen! Ich trage die Hauptlast des ganzen Kummers!"

Da sprach Ruben zu seinem Vater: "Du kannst meine beiden Söhne töten,
wenn ich ihn nicht wieder zu dir zurück bringe. Gib ihn in meine Obhut,
und ich werde ihn zurück zu dir bringen."

Er aber antwortete: "Mein Sohn wird nicht mit euch herab ziehen, denn
sein Bruder ist tot, nun ist er der einzige, den ich noch habe. Wenn ihm ein
Schaden geschieht auf der Reise, die ihr unternehmen werdet, würdet ihr
meinen grauen Kopf nach unten in die Grube mit tiefer Trauer schicken!"

Aber die Hungersnot im Land wurde immer schlimmer,

Und als sie mit dem Essen der Lieferungen, die sie aus Ägypten gebracht
hatten, fertig waren, sagte ihr Vater zu ihnen: "Geht zurück und holt uns
noch ein wenig Speise."

"Aber", antwortete Juda, "der Mann warnte uns ausdrücklich: Ihr werdet
nicht zu meiner Anwesenheit zugelassen, es sei denn, euer Bruder ist mit
euch.
Wenn du bereit bist, unseren Bruder mit uns zu senden, werden wir hinab
gehen und etwas zu Essen für dich holen.

Aber wenn du nicht bereit bist, ihn zu senden, werden wir nicht hinab
gehen, angesichts der Warnung des Mannes: Ihr werdet nicht zu meiner
Anwesenheit zugelassen, es sei denn, euer Bruder ist mit euch.“

Und Israel sagte: "Warum habt ihr dieses Elend auf mich gebracht, indem
ihr dem Mann gesagt habt, dass ihr noch einen Bruder habt?"

Sie antworteten: "Er befragte uns über uns selbst und unsere Familie, und
fragte: Lebt euer Vater noch? Und: Habt ihr noch einen Bruder? Deshalb
haben wir es ihm gesagt. Wie konnten wir wissen, dass er sagen würde:
Bringt euren Bruder hierher?“

Juda sagte dann zu seinem Vater Israel: "Lass den Knaben mit mir gehen,
und lass uns ziehen, dass wir überleben und nicht sterben, wir, du und
unsere Angehörigen.

Ich will als Bürge für ihn gehen, und du kannst mich für ihn verantwortlich
machen. Wenn ich ihn nicht zurückbringe und stelle ihn wieder vor dich,
lass mich mein Leben lang die Schuld tragen.

In der Tat, wenn wir nicht so viel Zeit verschwendet hätten, wir wären
schon hin und zurück zweimal!"

Und ihr Vater Israel hat zu ihnen gesagt: "Wenn es so sein muss, dann tut
dies: Nehmt einige der besten Produkte des Landes im Gepäck mit euch
und bringt es dem Mann als Geschenk: etwas Balsam, etwas Honig,
Tragakant, Harz, Pistazien und Mandeln.

Nehmt die doppelte Menge an Geld mit euch und bringt das Geld zurück,
das in euren Säcken war, es kann ein Fehler gewesen sein.

Nehmt euren Bruder, und geht zurück zu dem Mann.

Möge El Shaddai bewegen den Mann, nett zu euch zu sein, und bringt
wieder euren anderen Bruder und Benjamin. Was mich betrifft, wenn ich
beraubt werden muss, so muss ich beraubt werden."
Die Männer nahmen dieses Geschenk, sie nahmen mit sich die doppelte
Menge an Geld, und Benjamin. Sie machten sich auf, zogen nach Ägypten
und traten vor Josef.

Da sah sie Josef mit Benjamin und sprach zu seinem Kämmerer: „Nimm
diese Männer ins Haus. Ein Tier schlachte und bereite es für diese Männer,
dass sie mit mir zu Mittag essen."

Der Mann tat, wie Josef befohlen hatte, und nahm die Männer in Josefs
Haus.

Die Männer hatten Angst, in Josef Haus gebracht zu werden, und sagten:
"Wir werden wegen des Geldes, das das erste Mal in unseren Säcken war,
gefangen genommen. Sie werden über uns gesetzt, sie werden auf uns
fallen und machen uns zu Sklaven, und nehmen unsere Esel.“

Also gingen sie zu Josef Kämmerer und sprachen mit ihm am Eingang
zum Haus.

“Mit Verlaub, Herr“, sagten sie, "wir kamen schon einmal, um Versorgung
zu bekommen,

Und als wir erreicht unser Camp und unsere Säcke öffneten, lag das Geld
eines jeden Mannes in seinem Sack, in vollen Zügen. Aber wir haben es
mit uns zurück gebracht,

Und wir haben mehr Geld mit uns für die Versorgung gebracht. Wir wissen
nicht, wer unser Geld in unsere Säcke gelegt hat."

“Beruhigt euren Verstand", antwortete er," habt keine Angst. Euer Gott und
der Gott eures Vaters legte den Schatz in eure Säcke für euch. Ich habe
euer Geld." Und er führte Simeon zu ihnen.

Der Mann nahm dann die Männer in Josefs Haus. Er bot ihnen Wasser an,
um ihre Füße zu waschen, und gab ihren Eseln Futter.
Sie nahmen ihr Geschenk, während sie darauf warteten, bis Josef am
Mittag komme, denn sie hatten gehört, dass sie dort zu Abend essen
würden.

Als Josef am Haus ankam, boten sie ihm das Geschenk, dass sie mit sich
hatten, und verbeugten sich tief vor ihm.

Er begrüßte sie freundlich und fragte: "Geht es eurem Vater gut, dem alten
Mann, von dem ihr mir erzählt habt? Ist er noch am Leben?"

“Deinem Knecht, unserem Vater geht es gut", antworteten sie, "er ist noch
am Leben“, und sie verbeugten sich respektvoll.

Blickend herüber, sah er seinen Bruder Benjamin, den Sohn seiner Mutter.
"Ist das euer jüngster Bruder", bat er, "von dem ihr mir erzählt habt?" Und
er fügte hinzu: "Gott sei gut zu dir, mein Sohn."

Josef eilte, so stark war die Zuneigung, die er fühlte für seinen Bruder,
dass er weinen musste. Er ging in sein Zimmer und weinte.

Nach dem Waschen seines Gesichts kehrte er zurück, und sich zu


beherrschen, gab er den Befehl: "Serviert das Essen."

Ihm wurde separat serviert, da waren sie, und da waren die Ägypter, die in
seinem Haushalt aßen, denn die Ägypter nahmen nicht Nahrung zu sich
mit Hebräern, Ägypter haben einen Horror davor.

Ihnen wurden in der Reihenfolge ihres Alters aufgetan, ihm gegenüber,


von dem ältesten bis zum jüngsten, und die Männer sahen einander
erstaunt an.

Er hat alles geteilt, und von seiner eigenen Schale der Teil für Benjamin
war fünf Mal größer als der für jeden der anderen. Und sie feierten mit ihm
und tranken frei.

*
Und Josef beauftragte seinen Kammerherrn wie folgt: "Fülle diesen
Männern die Säcke mit so viel Nahrung wie sie tragen können, und lege
das Geld eines jeden Menschen in die Öffnung seines Sacks.

Und meinen Becher, den aus Silber, tu in die Öffnung des Sacks des
Jüngsten sowie das Geld für seine Rationen." Er tat, wie Josef angewiesen
hatte.

Bei Tagesanbruch wurden die Männer mit ihren Eseln fortgeschickt.

Sie waren nur ein kleines Stück von der Stadt entfernt, als Josef sagte zu
seinem Kämmerer: "Und folge den Männern. Wenn du sie einholst, sage
zu ihnen: Warum habt ihr Gutes mit Bösen vergolten?

Ist das nicht der Becher, den mein Herr verwendet zum Trinken und auch
zum Lesen der Omen? Was ihr getan habt, ist falsch.“

Als er sie einholte, wiederholte er diese Worte.

Sie fragten ihn: "Warum macht unser Herr das? Deine Diener würden nie
denken, so etwas zu tun.

Siehe, wir brachten euch das Geld zurück, das wir in den Öffnungen
unserer Säcke gefunden hatten, haben den ganzen Weg aus Kanaan hierher
gemacht. Sollten wir wirklich Silber oder Gold aus dem Haus deines Herrn
gestohlen haben?

Unabhängig davon, bei welchem deiner Knechte es gefunden werden


sollte, er wird sterben, und der Rest von uns wird zu Sklaven unseres
Herrn."

“Sehr gut, so soll es sein, wie ihr sagt," antwortete er, "bei wem der Becher
gefunden wird, der soll mein Sklave werden, aber der Rest von euch kann
frei ausgehen."

Jeder von ihnen hat da schnell gelegt seinen Sack auf den Boden, und jeder
hat seinen eigenen Sack geöffnet.
Er suchte, beginnend mit dem Ältesten und endend mit dem Jüngsten, und
fand den Becher in Benjamins Sack.

Da zerrissen sie ihre Kleider, und als jeder seinen Esel beladen hatte,
kehrten sie in die Stadt zurück.

Und Juda und seine Brüder kamen in das Haus Josefs, da er noch da war,
so dass sie zu Boden fielen vor ihm.

“Was tut ihr, indem ihr solches tut?" fragte sie Josef. "Wusstet ihr nicht,
dass ein Mann wie ich es bin, ein Leser von Omen ist?“

“Was können wir meinem Herrn antworten?" antwortete Juda. "Was


können wir sagen? Wie können wir uns rechtfertigen? Gott selbst hat
deiner Knechte Schuld aufgedeckt. Hier sind wir, Sklaven meines Herrn,
wir sind nicht weniger schuldig als der im Besitz des Bechers gefunden
wurde."

“Möge ich so etwas nicht denken", antwortete er. "Der Mann, in dessen
Besitz der Becher gefunden wurde, wird mein Sklave sein, aber ihr könnt
wieder ungehindert gehen zu eurem Vater."

Hierbei trat Juda zu ihm und sagte: "Möge bitte mein Herr deinen Knecht
ein Wort reden lassen privat mit meinem Herrn. Sei nicht böse mit deinem
Knecht, denn du bist der Pharao selbst.

Mein Herr hatte seinen Dienern die Frage gestellt: Habt ihr Vater oder
Bruder?

Und wir hatten zu meinem Herrn gesagt: Wir haben einen alten Vater und
einen jüngeren Bruder, ihm in seinem Alter geboren. Sein Bruder ist tot,
und er ist der einzige, der von dieser Mutter nun nach blieb, und sein Vater
liebt ihn.

Dann sagtest du zu deinen Knechten: Bringt ihn zu mir, so dass ich die
Augen auf ihn werfe.

Wir antworteten meinem Herrn: Der Junge kann nicht verlassen den Vater.
Wenn er ihn verlässt, wird sein Vater sterben.
Aber du sagtest zu deinen Knechten: Wenn euer jüngster Bruder nicht mit
euch herabkommt, werdet ihr nicht zu meiner Anwesenheit wieder
zugelassen werden.

Als wir zurückkamen zu deinem Knecht, meinem Vater, wiederholten wir


ihm das, was mein Herr gesagt hatte.

Also, unser Vater sagte: Geht zurück und erhaltet für uns ein wenig Speise.

Da haben wir gesagt: Wir können nicht herab gehen. Wir können nur
gehen, wenn unser jüngster Bruder bei uns ist, denn es sei denn, unser
jüngster Bruder ist bei uns, sonst werden wir nicht in die Gegenwart des
Mannes zugelassen werden.

Und dein Knecht, unser Vater sagte zu uns: Ihr wisst, dass mir mein Weib
zwei Kinder geschenkt hat.

Als einer von ihnen mich verlassen hatte, nahm ich an, dass er in Stücke
gerissen worden, und ich habe ihn nie wieder gesehen.

Wenn ihr auch diesen von mir nehmt und er zu Schaden kommt, werdet ihr
meinen weißen Kopf nach unten in die Grube mit Trauer schicken.

Wenn ich jetzt gehe zu deinem Knecht, meinem Vater, und wir haben nicht
den Jungen bei uns, wird er, sobald er sieht, dass der Junge nicht mit uns
ist, sein Herz sterben lassen;

Und deine Knechte werden deines Knechtes weißen Kopf, unseres Vaters
weißen Kopf hinunter in die Grube mit Trauer gesendet haben.

Jetzt ist dein Diener gekommen mit Bürgschaft vor meinem Vater für den
Jungen. Ich sagte: Wenn ich ihn nicht zurückbringe, lass mich die Schuld
vor meinem Vater mein Leben lang tragen.

Lass deinen Diener hier bleiben als Sklave meines Herrn anstelle des
Jungen, ich flehe dich an, und lass den Jungen zurück mit seinen Brüdern.
Wie in der Tat könnte ich zurückkommen zu meinem Vater und den
Knaben nicht mit mir bringen? Ich könnte es nicht ertragen, das Elend, das
meinen Vater überwältigen würde."

Und Josef konnte nicht kontrollieren seine Gefühle vor allen seinen
Gefolgsleuten , und er rief: "Lasst alle mich verlassen.“ Niemand war
daher bei ihm, während Josef sich vertraute seinen Brüdern,

Aber er weinte so laut, dass alle Ägypter es hörten, und die Nachrichten
Pharaos Palast erreichte.

Josef sprach zu seinen Brüdern: „Ich bin Josef. Ist mein Vater wirklich
noch am Leben?" Seine Brüder konnten ihm nicht antworten, sie waren so
verblüfft, ihn zu sehen.

Da sprach Josef zu seinen Brüdern: "Komm näher zu mir." Als sie näher zu
ihm zu kamen, sagte er: "Ich bin euer Bruder Josef, den ihr nach Ägypten
verkauft habt.

Aber jetzt sollt ihr nicht trauern, macht euch selbst keine Vorwürfe, dass
ihr mich hierher verkauft habt, denn Gott hat mich euch vorausgeschickt,
um euer Leben zu bewahren.

Denn dies ist das zweite Jahr, da es Hungersnot im Land gibt, und es gibt
noch fünf Jahre ohne Pflügen oder Ernte.

Gott hat mich vor euch vorausgeschickt, das Überleben eurer Rasse auf der
Erde zu sichern und euer Leben durch eine große Errettung.

So ward ihr es nicht, die mich hierher geschickt, sondern Gott, und er hat
mich zum Vater des Pharao als Herr seines ganzen Hauses und Gouverneur
von ganz Ägypten eingesetzt.

Kehrt schnell zu unserm Vater zurück und sagt ihm: "Dein Sohn Josef sagt
dieses: Gott hat mich zum Herrn von ganz Ägypten gemacht, komm zu
mir ohne Verzögerung.
Du wirst in der Region Goschen leben, in meiner Nähe, du, deine Kinder
und deine Enkel, deine Herden, dein Vieh und alle deine Besitztümer.

Ich werde für dich sorgen, denn es kommen noch fünf Jahren der
Hungersnot, so dass du, dein Haushalt und alle bei dir nicht in Armut leben
müssen.

Ihr könnt mit eigenen Augen sehen, und mein Bruder Benjamin kann es
sehen, dass ich es bin, der ich sage, dass ich es bin.

Gebt meinem Vater einen vollständigen Bericht aller Ehre, die ich genieße
in Ägypten und von allem, was ihr gesehen habt, und schnell bringt
meinen Vater hier herab."

Da warf er seine Arme um den Hals seines Bruders Benjamin, er weinte,


und Benjamin weinte an seiner Schulter.

Er küsste alle seine Brüder und weinte über jeden einzelnen. Erst dann
waren seine Brüder in der Lage, mit ihm zu sprechen.

Die Nachricht erreichte den Palast des Pharao, dass Josefs Brüder
gekommen waren, und der Pharao war erfreut, dies zu hören, und auch
seine Diener.

Pharao sagte zu Josef: "Sprich zu deinen Brüdern: Tut dies: Nehmt eure
Tiere und schnell weg nach Kanaan.

Nehmt euren Vater und eure Familien und kommt zurück zu mir. Ich gebe
euch das beste Gebiet in Ägypten, wo man vom Fett des Landes leben
kann.

Und ihr, für euren Teil, gebt ihnen diesen Auftrag: Tut dies: Nehmt Wagen
aus Ägypten, für eure Kleinen und eure Frauen. Holt euren Vater und
kommt.

Sorge dich nicht, denn das Beste von ganz Ägypten wird dein sein."

Die Söhne Israels taten, wie ihnen gesagt wurde. Josef gab ihnen Wagen,
wie der Pharao befohlen hatte, und er gab ihnen Vorschriften für die Reise.
Jedem gab er neue Kleidung, und Benjamin dreihundert Silberlinge und
fünf Sorten von Kleidung.

Und seinem Vater sandte er zehn Esel, beladen mit dem Besten, was
Ägypten anbot, und zehn Esel beladen mit Getreide, Brot und
Lebensmitteln für die Reise seines Vaters.

Und so schickte er seine Brüder auf den Weg. Seine letzten Worte waren:
"Und lasst es keine Überraschungen auf dem Weg geben!"

Und so verließen sie Ägypten. Als sie ihren Vater Jakob in Kanaan erreicht
hatten,

Gaben sie ihm diesen Bericht: "Josef lebt noch. Er ist in diesem Moment
Gouverneur von ganz Ägypten!" Aber er war fassungslos, er glaubte ihnen
nicht.

Allerdings, als sie ihm alles erzählt hatten, was Josef zu ihnen gesagt hatte,
und als er die Wagen sah, die Josef gesandt hatte, um ihn zu holen, lebte
der Geist ihres Vaters Jakob wieder auf,

Und Israel sagte: "Das ist genug! Mein Sohn Josef lebt. Ich muss gehen
und ihn sehen, bevor ich sterbe."

So kam Israel mit all seinem Besitz nach Beerscheba, dort brachte er Opfer
dar für den Gott seines Vaters Isaak.

Gott sprach zu Israel in einer Vision in der Nacht: "Jakob, Jakob", sagte er.
"Hier bin ich", antwortete er.

"Ich bin El, Gott deines Vaters", sagte er. "Hab keine Angst, zu gehen nach
Ägypten, denn ich werde dich dort zu einem großen Volk machen.

Ich werde mit dir gehen nach Ägypten, und ich selbst werde dich wieder
zurückbringen, und Josefs Hand wird dir die Augen schließen."
Und Jakob verließ Beerscheba. Die Söhne Israels brachten ihrem Vater
Jakob, ihren kleinen Kindern und ihren Frauen die Wagen, die Pharao
gesandt hatte, um sie zu holen.

Und ihr Vieh und alles, was sie in Kanaan erworben hatten, kam nach
Ägypten - Jakob und alle seine Nachkommen.

Mit ihm nach Ägypten brachte er seine Söhne und Enkel, seine Töchter
und Enkelinnen - alle seine Nachkommen.

Das waren die Namen der Israeliten, Jakob und seine Nachkommen, die in
Ägypten angekommen waren: Ruben, Jakobs Erstgeborener,

Und die Söhne Rubens: Henoch, Pallu, Hezron und Karmi.

Die Söhne Simeons: Jemuel, Jamin, Ohad, Jachin, Zohar und Saul, der
Sohn der kanaanäischen Frau.

Die Söhne Levis: Gerschon, Kahath und Merari.

Die Söhne Judas: Er, Onan, Sela, Perez und Serach (in Kanaan sind Er und
Onan gestorben), und Hezron und Hamul, Söhne des Perez.

Die Söhne Issachars: Tola, Puwa, Jaschub, Simron.

Die Söhne Sebulons: Sered, Elon und Jahleel.

Das sind die Kinder, die Lea dem Jakob in Mesopotamien neben seiner
Tochter Dina geboren hatte, in allem, seine Söhne und Töchter zählten
dreiunddreißig.

Die Söhne Gads: Ziphion, Haggi, Suni, Ezbon, Eri, Arodi und Areli.

Die Söhne Assers: Jimnah, Jishva, Jishvi, Beria, mit ihrer Schwester Serah,
und die Söhne Berias: Heber und Malkiel.

Das sind die Kinder von Silpa, die Laban gab seiner Tochter Lea, sie gebar
diese dem Jakob - sechzehn Personen.
Die Söhne von Jakobs Frau Rachel: Josef und Benjamin.

Geboren dem Josef in Ägypten waren: Manasse und Ephraim, Söhne


Aseneths, der Tochter des Priesters von On, Potipheras.

Die Kinder Benjamins: Bela, Becher, Asbel, Gera, Naaman, Ehi, Rosh,
Muppim und Huppim, und Ard.

Das sind die Kinder, die Rachel dem Jakob geboren - vierzehn Personen in
allem.

Die Söhne Dans: Huschim.

Die Söhne Naftalis: Jahzeel, Guni, Jezer, Sillem.

Das sind die Söhne der Bilha, die Laban gab seiner Tochter Rahel, die
diese gebar dem Jakob - sieben Personen in allem.

Insgesamt waren die Mitglieder der Familie Jakobs, die mit ihm in
Ägypten angekommen - seine eigene Frauen, die Frauen der Söhne Jakobs
nicht mitgerechnet - sechsundsechzig.

Mit den Söhnen Josefs, ihm in Ägypten geboren - zwei Personen - die
Mitglieder der Familie Jakobs, die nach Ägypten ging, betrug siebzig.

Israel hatte Juda vorausgeschickt zu Josef, so dass Juda könnte sich Josef
in Goschen präsentieren. Als sie ankamen in Goschen,

Josef hatte seinen Wagen fertig gemacht und ging bis Goschen, um seinen
Vater Israel zu treffen. Als er erschien, schlang er seine Arme um seinen
Hals und für eine lange Zeit weinte er an seiner Schulter.

Israel sprach zu Josef: "Jetzt kann ich sterben, jetzt, da ich dich persönlich
gesehen habe und habe gesehen, dass du noch am Leben bist."

Und Josef sprach zu seinen Brüdern und der Familie seines Vaters: "Ich
werde zurückgehen und bringen die Nachrichten zum Pharao. Ich werde
ihm sagen: Meine Brüder und die Familie meines Vaters, die in Kanaan
waren, sind zu mir gekommen.
Die Männer sind Hirten und kümmern sich ums Vieh, und sie haben ihre
Schafe und Rinder und all ihren Besitz hierher gebracht.

So, wenn der Pharao euch ruft und fragt: Was seid ihr von Beruf?

Dann sollt ihr sagen: "Seit unserer Kindheit haben deine Knechte Vieh
betreut, wir und unsere Väter vor uns, - so dass ihr in der Region Goschen
bleiben könnt. Denn die Ägypter haben einen Horror vor allen Hirten.“

So ging er und sagte zu Pharao: "Mein Vater und meine Brüder aus
Kanaan mit ihren Herden und Vieh und all ihren Besitz kamen zu Josef.
Hier sind sie in dem Bereich von Goschen.“

Er hatte fünf seiner Brüder getroffen, und er präsentierte sie jetzt dem
Pharao.

Pharao fragte seine Brüder: "Was seid ihr von Beruf?" Und sie gaben die
Antwort dem Pharao: „Deine Knechte sind Schafhirten, wie unsere Väter
vor uns."

Sie gingen zum Pharao und sagten: „Wir sind gekommen, um in diesem
Land zur Zeit zu bleiben, da es keine Weide für die Herden deiner Diener
gibt, da Kanaan von einer Hungersnot heimgesucht ist. So, jetzt erlaube
bitte deinen Dienern, sich in der Region Goschen niederzulassen."

Da sprach Pharao zu Josef: "Sie können in der Region Goschen bleiben,


und wenn du irgend Männer unter ihnen weißt, stelle sie in die
Verantwortung für mein eigenes Vieh." Jakob und seine Söhne kamen nach
Ägypten, wo Josef war. Pharao, der König von Ägypten, hörte davon und
sagte zu Josef: "Dein Vater und deine Brüder sind zu dir gekommen.

Das Land Ägypten ist offen: Lasse sich nieder dein Vater und deine Brüder
in der besten Region."

Josef brachte seinen Vater und stellte ihn dem Pharao vor. Jakob machte
seine Aufwartung dem Pharao.
Pharao fragte Jakob: „Wie viele Jahre hast du gelebt?"

Jakob sprach zu Pharao: "Die Jahre meines Aufenthaltes auf der Erde
summieren sich auf 130 Jahre. Nur wenige und unglückliche Jahre wurden
mir, verglichen mit meiner Vorfahren Jahren ihres Aufenthalts auf der
Erde."

Jakob nahm dann Abschied von Pharao und zog sich aus seiner Gegenwart
zurück.

Josef dann siedelt seinen Vater und seine Brüder an, indem er ihnen
Landbesitz in Ägypten gab, im besten Teil des Landes, der Region von
Ramses, wie Pharao befohlen hatte.

Josef versorgte seinen Vater, seine Brüder und alle Familie seines Vaters
mit Lebensmitteln, bis hin zum Kleinsten von ihnen.

Und auf der ganzen Erde gab es jetzt kein Essen, denn die Hungersnot war
sehr schwer geworden, und Ägypten und Kanaan waren beide schwach vor
Hunger.

Josef sammelt all das Geld, in Ägypten und Kanaan, das im Austausch für
die Lieferungen herausgeben wurde, und das Geld kam in Pharaos Palast.

Als das ganze Geld in Ägypten und Kanaan erschöpft war, kamen alle
Ägypter zu Josef und flehten: "Gib uns Nahrung, es sei denn, du wolltest
uns vor deinen Augen sterben sehen! Denn unser Geld ist zu einem Ende
gekommen."

Josef antwortete: „Gebt mir euer Vieh, und ich werde euch Lebensmittel
im Austausch für euer Vieh geben, wenn euer Geld zu einem Ende
gekommen ist."

Und sie brachten ihr Vieh zu Josef, und Josef gab ihnen Nahrung im
Austausch für Pferde und Vieh, ob Schafe oder Rinder oder Esel. So gab er
ihnen dieses Jahr Essen im Austausch für all ihr Vieh.
Als das Jahr vorbei war, kamen sie zu ihm im nächsten Jahr, und sagten zu
ihm: "Wir können es nicht vor unserm Herrn verbergen: die Wahrheit ist,
unser Geld ist aufgebraucht und das Vieh ist in unsres Herrn Besitz. Es ist
nichts mehr da für unsern Herrn, außer unserem Körper und unserem
Land.

Wenn wir und unser Land nicht zugrunde gehen sollen, nimm uns und
unser Land im Austausch für Essen, und wir mit unseren Land werden
Pharaos Leibeigene werden, nur gib uns zu säen, damit wir überleben
können und nicht sterben und das Land nicht zurückbleibt als Wüste!"

So erwarb Josef das ganze Land für den Pharao in Ägypten, da einer nach
dem anderen die Ägypter verkauften ihre Felder, so schwer waren sie
durch den Hunger geplagt, und das ganze Land ging in des Pharao Besitz
über,

Während er die Menschen in die Leibeigenschaft erniedrigte von einem


Ende Ägyptens bis zum anderen.

Das einzige Land, das er nicht erwerben konnte, gehörte den Priestern,
denn die Priester erhielten eine Zulage von Pharao und lebten von der
Zulage, die Pharao ihnen gab. Daher sahen sie keine Notwendigkeit, ihr
Land zu verkaufen.

Und Josef sagte zu den Menschen: "Das ist es, wie wir stehen: Ich habe
euch gekauft, mit eurem Land, in des Pharao Namen. Hier ist Samen für
euch, das Land zu besäen.

Aber von der Ernte müsst ihr ein Fünftel Pharao geben. Die anderen vier
Fünftel nehmt für eure Felder zur Aussaat, um Nahrung für euch und eure
Haushalte zu liefern und Essen für die Kinder."

“Du hast uns das Leben gerettet!" antworteten sie. "Wenn es gefällt unserm
Herrn, werden wir Leibeigene des Pharao werden."

Und Josef setzte ein Gesetz in Kraft, das ist noch heute in Kraft, in Bezug
auf den Boden Ägyptens, dass ein Fünftel dem Pharao gehört. Nur das
Land der Priester kam nicht zum Pharao.
So ließ sich Israel in Ägypten nieder, in der Region Goschen. Sie erwarben
Grundstücke, sie waren fruchtbar und wurden sehr zahlreich.

Jakob lebte siebzehn Jahre in Ägypten, also das Gesamtalter Jakobs war
hundertvierundsiebzig Jahre.

Als Israels Zeit zu sterben sich näherte, hat er nach seinem Sohn Josef
geschickt und sagte zu ihm: "Wenn du mich wirklich liebst, lege deine
Hand unter meine Hüfte als Pfand, dass du mit treuer Liebe an mir handeln
wirst: Du sollst mich nicht begraben in Ägypten!

Wenn ich liege mit meinen Vorfahren, führe mich aus Ägypten und
begrabe mich in ihrem Grab." - "Ich werde tun, was du sagst", antwortete
er.

“Schwöre mir", betonte er. So schwor er es ihm, und Israel sank zurück auf
das Kissen.

Einige Zeit später wurde Josef mitgeteilt: "Dein Vater ist krank geworden."
So nahm er seine beiden Söhne Manasse und Ephraim.

Als man Jakob sagte: Siehe, dein Sohn Josef kommt zu dir, hat Israel
beschworen seine Kraft und setzte sich auf im Bett.

“El Shaddai erschien mir zu Lus in Kanaan", sagte Jakob zu Josef, "und er
hat mich gesegnet,

Und sagte zu mir: Ich mache dich fruchtbar und zahlreich, und zu einer
Versammlung von Völkern und gebe dieses Land deinem Samen nach dir,
dass sie es auf Dauer besitzen.

Jetzt deine zwei Söhne, die dir geboren in Ägypten, bevor ich kam nach
Ägypten, sollen mein sein, Ephraim und Manasse sollen mir so viel wie
Ruben und Simeon sein.

Aber im Hinblick auf die Kinder, die du von ihnen haben wirst, sie werden
dein sein, und sie werden den Namen ihrer Brüder erben.
Als ich auf dem Weg von Mesopotamien war, meine Trauer war, dass der
Tod nahm deine Mutter Rahel von mir in Kanaan weg, auf der Reise, nur
eine kurze Strecke von Ephratha. Ich begrub sie dort auf der Straße nach
Ephratha - jetzt Bethlehem.“

Als Israel die beiden Söhne Josefs sah, fragte er: "Wer sind diese?"

“Es sind meine Söhne, die mir Gott hier gegeben", sagte Josef seinem
Vater. "Dann bring sie zu mir", sagte er, "so dass ich sie segne."

Nun, Israels Augen waren mit dem Alter schwach geworden, und er konnte
nicht sehen. Also ließ Josef sie näherkommen zu ihm und er küsste und
umarmte sie.

Und Israel sprach zu Josef: "Ich dachte nicht, dass ich dich jemals wieder
sehen würde, und jetzt hat Gott mich deine Kinder sehen lassen, wie
schön!"

Dann nahm Josef sie von seinem Schoß und neigte sich zu Boden.

Dann nahm Josef die zwei, Ephraim mit seiner rechten Hand, damit er auf
der linken Seite Israels sei, und Manasse mit seiner linken Hand, damit er
auf der rechten Seite Israels sei, und brachte sie zu ihm.

Aber Israel streckte seine rechte Hand aus und legte sie auf den Kopf von
Ephraim, dem jüngeren, und legte seine linke Hand auf den Kopf von
Manasse und verschränkte seine Hände - Manasse war der ältere.

Und er segnete Josef und sprach: „Der Gott, in dessen Gegenwart meine
Väter Abraham und Isaak gewandelt sind, der Gott, der mein Hirte
gewesen von meiner Geburt an bis heute,

Der Engel, der mich vor allem Schaden gerettet hat, segne diese Knaben,
so dass mein Name in ihnen lebe, und die Namen meiner Vorfahren
Abraham und Isaak, und sie sollen in Scharen auf der Erde wimmeln!“

Josef sah, dass sein Vater seine rechte Hand auf den Kopf von Ephraim
legte, und das dachte er wäre falsch, so nahm er die Hand seines Vaters
und versuchte, sie vom Kopf Ephraims auf den Kopf Manasses zu
schieben.

Josef protestierte vor seinem Vater: "Nicht so, Vater! Dieser ist der ältere,
lege deine rechte Hand auf diesen Kopf."

Aber sein Vater weigerte sich. "Ich weiß, mein Sohn, ich weiß", sagte er.
"Auch er wird ein Volk werden, er wird zu groß sein. Aber sein jüngerer
Bruder wird größer sein, seine Nachkommen werden ausreichen, um
Nationen darstellen zu können."

Also segnete er sie des Tages und sprach: „Gott mache dich wie Ephraim
und Manasse. Durch dich wird Israel sich segnen und sprechen: Ziehe
Ephraim dem Manasse vor.“

Und Israel sprach zu Josef: "Jetzt bin ich bereit zu sterben. Aber Gott wird
mit euch sein und euch zurück in das Land deiner Vorfahren bringen.“

Jakob rief seine Söhne und sprach: „Versammelt euch rund um mich, so
dass ich euch sage, was für euch kommen wird in den letzten Tagen.

Sammelt euch in der Runde, Söhne Jakobs, und hört, hört euren Vater
Israel.

Ruben, du bist mein Erstgeborener, meine Kraft und der Erstling meiner
Manneskraft, vor allem im Stolz, vor allem in der Stärke,

Unkontrolliert wie Wasser: Du wirst nicht in der ersten Linie sein, denn du
bestiegest das Bett deines Vaters, und so hast du besudelt meine
Schlafstätte, zu meiner Trauer.

Simeon und Levi sind Brüder bei der Durchführung ihrer böswilligen
Pläne.
Möge meine Seele nicht in ihren Rat kommen, noch mein Herz kommen in
ihr Unternehmen, denn sie haben in ihrer Wut Männer gelähmt und Stiere
nach Lust und Laune umgebracht.

Verflucht sei ihre Wut für ihre Rücksichtslosigkeit, verflucht sei ihr Zorn
für seine Wildheit. Ich werde sie in Jakob verteilen, ich werde sie in Israel
zerstreuen.

Juda, deine Brüder werden dich loben: Du greifst deinen Feinden an den
Hals, die Söhne deines Vaters werden dir huldigen.

Juda ist ein junger Löwe; du stehst über deiner Beute, mein Sohn. Wie ein
Löwe hockt er und legt sich wie eine mächtige Löwin: Wer wagt es ihn zu
wecken?

Das Zepter wird nicht von Juda weichen, noch der Herrscherstab von
seinen Füßen, bis ihm Tribut gebracht wird und die Völker erweisen ihm
Gehorsam.

Er bindet seinen Esel an den Weinstock, an sein Lager das Fohlen seiner
Eselin. Er wäscht seine Kleider in Wein, seine Kleider im Blut der
Trauben.

Seine Augen sind vom dunklen Wein rot und seine Zähne sind weiß von
Milch.

Sebulon wird an der Meeresküste leben und ein Matrose an Bord der
Schiffe sein, mit Sidon an seiner Flanke.

Issachar ist ein starker Esel, liegend bei den Ställen.

Als er sah, wie gut die Ruhestätte und wie angenehm das Land, beugte er
seine Schulter unter die Last und wurde ein Sklave zur Zwangsarbeit.

Dan wird sein Volk wie jedes andere von den Stämmen Israels regieren.

Möge Dan eine Schlange auf der Straße sein, eine Viper auf dem Weg, die
das Pferd beißt am Sprunggelenk, so dass sein Reiter fällt rückwärts hinab!
Ich sehne mich nach deiner Befreiung, Jahwe!

Gad wird von Plünderern überfallen werden, und er wird an den Fersen
angefallen.

Reiche werden das Essen von Asser herstellen: Er wird Essen passend für
die Könige bringen.

Naftali ist eine schnelle schöne Hirschkuh.

Josef ist ein fruchtbarer Weinstock in der Nähe einer Quelle, dessen
Ranken über die Mauer reichen.

Bogenschützen in ihrer Feindschaft spannten ihre Bögen und griffen ihn


an.

Aber ihre Bögen wurden von dem mächtigen Einen zerbrochen, die
Sehnen ihrer Waffen wurden von der Macht des Mächtigen Jakobs
zerrissen, es half ihm der Name des Felsens Israels,

Der Gott deines Vaters, der dir hilft, El Shaddai, der dich segnet: Segen
oben vom Himmel herab, Segen von der Tiefe unterhalb liegend, Segen
der Brüste und des Schoßes,

Segnungen des Getreides und der Blumen, Segnungen der ewigen Berge,
Lohn von den ewigen Hügeln - mögen sie steigen auf Josefs Kopf, auf die
Krone des einen, der unter seinen Brüdern geweiht ist!

Benjamin ist ein reißender Wolf, am Morgen verschlingt er die Beute, am


Abend ist er immer noch mit der Aufteilung der Beute beschäftigt."

Alle diese machen die Stämme Israels aus, zwölf an der Zahl, und das ist,
was ihr Vater zu ihnen sagte, wie er sie zum Abschied segnete, so dass
jeder einen geeigneten Segen bekam.

Da gab er ihnen diese Anweisungen: "Ich werde zu meinem Volk


versammelt werden. Begrabt mich bei meinen Vorfahren, in der Höhle, die
im Bereich des Ephron, des Hethiters, liegt,
In der Höhle im Feld Machpela, gegenüber Mamre in Kanaan, die
Abraham kaufte von Ephron, dem Hethiter, als seine eigene
Begräbnisstätte.

Dort sind Abraham und seine Frau Sara begraben. Isaak und seine Frau
Rebekka sind dort begraben, und dort begrub ich Lea,

Das Feld und die Höhle, die sie von den Hethitern gekauft hatten."

Als Jakob seine Anweisungen an seine Söhne vollendet hatte, zog er seine
Füße in das Bett, und die Atmung wurde beendet, seine letzte Atmung, und
er wurde zu seinem Volk versammelt.

Josef warf sich auf das Gesicht seines Vaters, bedeckte es mit Tränen und
Küssen.

Dann befahl Josef die Ärzte in seinem Dienst zu seinem Vater, um ihn
einzubalsamieren. Die Ärzte balsamierten Israel ein,

Und es dauerte vierzig Tage, denn die Einbalsamierung dauert vierzig


Tage, um sie abzuschließen. Die Ägypter trauerten um ihn siebzig Tage.

Als die Zeit der Trauer um ihn um war, sagte Josef zu Pharaos Haushalt:
„Wenn ihr Zuneigung für mich habt, seht zu, dass diese Meldung Pharaos
Ohren erreicht,

Mein Vater hat mich unter Eid beschworen und sprach: Ich gehe zu sterben
in der Gruft, die ich in Kanaan gegraben für mich, das ist, wo du mich
begraben sollst. Also kann ich Urlaub nehmen, zu gehen und meinen Vater
zu begraben, und dann zurück zu kommen?"

Pharao antwortete: "Geh hinauf und begrabe deinen Vater, wie er es


gewünscht, was du zu tun geschworen."

Josef ging, seinen Vater zu begraben, und mit ihm alle Beamten des
Pharao, die Würdenträger seines Palastes und alle Würdenträger von
Ägypten gingen mit ihm,
Sowie alle aus Josefs Familie, seine Brüder und die Familie seines Vaters.
Die einzigen Menschen, die sie hinter sich gelassen in Goschen, waren die
Reiseunfähigen und ihre Schafe und Rinder.

Wagen und Reiter zogen mit ihm hinauf, es war ein sehr großes Gefolge.

Bei Goren-ha-Atad sind sie über den Jordan gekommen, sie hielten dort
eine lange und feierliche Klage, und Josef beobachtet sieben Tage Trauer
um seinen Vater.

Als die Kanaaniter, die Bewohner, erlebten die Trauer bei Goren-ha-Atad,
sagten sie: „Dies ist ein feierlicher Akt der Trauer von den Ägyptern",
deshalb wurde dem Ort der Name Abel-Mizraim gegeben am Jordan.

Seine Söhne taten, was er ihnen befohlen hatte, für ihn zu tun.

Seine Söhne führten ihn nach Kanaan und begruben ihn in der Höhle im
Feld Machpela, gegenüber Mamre, die Abraham hatte von Ephron, dem
Hethiter, als Begräbnisstätte für sich selbst gekauft.

Und Josef kehrte nach Ägypten zurück und seine Brüder und alle, die mit
ihm gekommen waren, um seinen Vater zu begraben.

Sehend, dass ihr Vater gestorben war, sagten Josefs Brüder: "Was ist nun,
wenn Josef beabsichtigt, uns als Feinde zu behandeln und wir bezahlen
alles Schlechte, was wir ihm angetan haben?“

So schickten sie diese Nachricht an Josef: "Bevor dein Vater starb, gab er
uns diesen Auftrag:

Ihr sollt zu Josef sagen: Jetzt bitte verzeihe das Verbrechen und die Fehler
deiner Brüder und alles Schlechte, was sie dir angetan haben. - So, jetzt
bitte verzeihe das Verbrechen der Knechte des Gottes deines Vaters." Josef
weinte bei der Botschaft, die sie ihm geschickt hatten.

Dann gingen seine Brüder zu ihm selbst und werfen sich ihm zu Füßen
und sagten: "Nimm uns als deine Sklaven an!"
Aber Josef erwiderte: "Habt keine Angst, ist es für mich recht, mich an
Gottes Stelle zu setzen?

Das Böse, das ihr tatet, ward für mich, geplant von Gottes Plan, zum
Guten, um der Gegenwart Ergebnis zu bringen: das Überleben einer
Vielzahl von Menschen.

Es gibt also keine Notwendigkeit, Angst zu haben, ich werde für euch und
eure Angehörigen sorgen." Auf diese Weise versicherte er ihnen, sich
liebevoll um sie zu kümmern.

Und Josef blieb in Ägypten mit der Familie seines Vaters, und Josef lebte
hundert und zehn Jahre.

Josef sah die dritte Generation von Ephraims Linie, wie auch die Kinder
von Machir, dem Sohn Manasses, der auf Josefs Schoß geboren wurde.

Schließlich sagte Josef zu seinen Brüdern: "Ich gehe zu sterben. Gott aber
wird sicher sich an euch freundlich erinnern, und ihr nehmt ein das Land,
das Land, das er unter Eid Abraham und Isaak und Jakob versprochen hat."

Und Josef legte den Söhnen Israels einen Eid auf und sprach: "Wenn Gott
sich erinnert an euch mit Freundlichkeit, lasst meine Gebeine von hier
wegführen."

Josef starb im Alter von hundertzehn, er wurde einbalsamiert und in einen


Sarg in Ägypten gelegt.

ZWEITES KAPITEL

Alif-Lam-Ra.
Dies sind die Verse des deutlichen Buches.
Wahrlich, Wir haben es als einen arabischen Koran herabgesandt, damit du
verstehst.
Wir sagen dir die besten Geschichten über unsere Offenbarung in diesem
Koran. Und bevor dieser kam, warst du mit denen, die nichts über ihn
wussten.
Als Josef zu seinem Vater sagte: "O mein Vater! Wahrlich, ich sah im
Traum elf Sterne und die Sonne und den Mond, ich sah sie sich
niederwerfen vor mir."
Der Vater sagte: "O mein Sohn! Sage nichts von deiner Vision deinen
Brüdern, damit sie nicht vereinbaren eine Intrige gegen dich. Wahrlich!
Satan ist ein offener Feind der Menschen!“
"So wird dein Herr dich erwählen und dich lehren die Deutung der Träume
und wird perfektionieren Seine Bevorzugung deiner Persönlichkeit und der
Nachkommen Jakobs, so wie Er die Bevorzugung perfektionierte deiner
Väter, Abraham und Isaak, vorzeiten! Wahrlich, dein Herr ist allwissend
und sehr weise!"
Wahrlich, Josef und seinen Brüdern waren Verse gegeben für diejenigen,
die fragen.
Als sie sagten: "Wahrlich, Josef und sein Bruder Benjamin sind von
unserem Vater mehr geliebt als wir, aber wir sind eine starke Gruppe.
Wirklich, das ist an unserem Vater schlicht ein Fehler.“
"Tötet Josef! Oder werft ihn auf ein gewisses anderes Grundstück, so dass
der Vater uns allein gegeben werde, und danach werden wir rechtschaffene
Leute sein."
Einer unter ihnen sagte: "Tötet Josef nicht, aber wenn man etwas tun muss,
werft ihn auf den Boden eines Brunnens, er wird von einer Karawane von
Reisenden abgeholt werden."
Sie sagten: "O unser Vater, warum hast du uns nicht vertraut mit Josef, da
wir in der Tat seine Gratulanten sein wollten?"
"Morgen sende ihn mit uns, das Spiel zu genießen, und wahrlich, wir
kümmern uns um ihn."
Jakob sagte: "Wahrlich, es stimmt mich traurig, dass man ihn holen will,
und ich fürchte, der Wolf möchte ihn fressen, während ihr sorglos wegen
ihm seid."
Sie sagten: "Wenn ein Wolf ihn verschlingt, während wir eine starke
Gruppe sind, um ihn zu schützen, dann sicher, dann sind wir die Verlierer."
So, als sie ihn wegtaten, sie alle warfen ihn bis auf den Grund des
Brunnens, und Wir inspirierten ihn: "Ja, du sollst eines Tages sie
informieren über diese ihre Angelegenheit, wenn sie dich nicht erkennen."
Und sie kamen zu ihrem Vater in der ersten Hälfte der Nacht und weinten.
Sie sagten: "O unser Vater, wir liefen miteinander, und gaben Josef von
unseren Sachen, und ein Wolf verschlang ihn, aber du wirst uns nie
glauben, auch wenn wir die Wahrheit sagen!"
Und sie brachten sein Hemd von falschem Blut gefärbt. Er sagte: "Nein,
aber ihr selbst habt eine Geschichte gemacht, also für mich ist Geduld das
passendste. Und es ist Gott, dessen Hilfe gegen das, was ihr behauptet, von
mir gesucht wird."
Und es kam eine Karawane von Reisenden, sie haben einen zur Wasser-
Grube geschickt, und er ließ seinen Eimer in den Brunnen. Er sagte: "Was
für ein gute Nachricht! Hier ist ein Junge!" So versteckten sie ihn als Ware,
als einen Sklaven. Und Gott war der Allwissende von dem, was sie taten.
Und sie verkauften ihn für einen niedrigen Preis, für ein paar Silberlinge.
Und sie waren von denen, die ihn als unbedeutend angesehen hatten.
Und der Mann aus Ägypten, der ihn gekauft hatte, sagte zu seiner Frau:
"Mach seinen Aufenthalt komfortabel, es kann sein, er wird uns Gewinn
bringen, oder wir nehmen ihn als Sohn an." So setzten Wir den Josef in das
Land, auf dass Wir ihm in der Interpretation der Ereignisse unterrichten.
Und Gott hat volle Macht und Kontrolle über seine Angelegenheiten, aber
die meisten Menschen wissen es nicht.
Und als Josef erreicht seine volle Männlichkeit, verliehen Wir ihm
Weisheit und Wissen, so belohnen Wir die Gutes tun.
Und sie, in deren Haus er war, versuchte, ihn zu verführen, sie schloss die
Tür und sagte: "Komm, oh du!" Er sagte: "Ich suche Zuflucht bei Gott.
Wahrlich, dein Mann ist mein Herr. Er hat meinen Aufenthalt angenehm
gemacht. Wahrlich, die Sünder werden nie erfolgreich sein."
Und in der Tat, sie wünschte ihm und er war nicht geneigt, ihrem
Verlangen zu entsprechen, sonst hätte er den Beweis seines Herrn nicht
gesehen. So kam es, dass Wir vielleicht von ihm abwenden das Böse und
die Unzucht. Sicher, er war ein von Uns erwählter, von Uns geführter
Sklave.
So raste sie an der Tür, und sie zerriss sein Hemd von hinten. Die beiden
fanden ihren Mann an der Tür. Sie sagte: "Was ist die Strafe für den, der
einen bösen Plan gegen deine Frau ausgeführt, außer dass er im Gefängnis
sitzen muss oder eine schmerzhafte Buße ihm auferlegt wird?"
Josef sagte: "Sie war es, die mich zu verführen suchte!" Und ein Zeuge
ihres Haushalts bezeugte: "Wenn es sein sollte, dass sein Hemd von der
Vorderseite zerrissen wurde, dann ist ihre Geschichte wahr, und er ist ein
Lügner!“
"Aber wenn es sein sollte, dass sein Hemd hinten zerrissen, dann hat sie
gelogen, und er spricht die Wahrheit!"
Also, als ihr Mann sah Josefs Hemd hinten zerrissen, sagte ihr Mann:
"Wahrlich, es ist ein Elend mit euch Weibern! Sicherlich, mächtig ist euer
Elend!“
"O Josef! Geh von dieser weg! O Weib! Bitte um Vergebung für deine
Sünde! Wahrlich, du warst die Sünderin!“
Und die Frauen in der Stadt sagten: "Die Frau des Al-Aziz sucht ihren
jungen Mann zu verführen, ja, sie liebt ihn heftig, wahrlich, wir sehen klar
ihren Fehler."
Also, als sie von ihrem Vorwurf zu hören bekam, sie schickte aus nach
ihnen und bereitete ein Gastmahl für sie, sie gab jeder von ihnen ein
Messer, um die Lebensmittel zu schneiden, und sie sagte zu Josef: "Komm
heraus zu ihnen." Dann, als sie ihn sahen, erhoben sie ihn wegen seiner
Schönheit, und in ihrem Erstaunen schnitten sie ihre Hände. Sie sagten:
"Wie perfekt ist Gott! Kein Mensch ist das! Dies ist nichts anderes als ein
edler Engel!"
Sie sagte: "Das ist der junge Mann, wegen dem ihr mir die Schuld gegeben
wegen meiner Liebe, und ich wollte versuchen, ihn zu verführen, aber er
weigerte sich. Und jetzt, wenn er sich weigert, meinem Antrag zu
gehorchen, so wird er sicherlich ins Gefängnis geworfen werden und wird
einer von denen, die sich blamieren, sein."
Er sagte: "O mein Herr! Es ist der Kerker mehr nach meinem Geschmack
als das, wozu sie mich einladen will, es sei denn, du wendest ihren Plan
von mir ab, ich fühle mich dir zugeneigt und bin nicht einer von den
Sündern."
So antwortete sein Herr seiner Anrufung und wandte von ihm ihren Plan.
Wahrlich, Gott ist der Allhörende, der Allwissende.
Dann erschien es ihnen richtig, nachdem sie die Beweise seiner Unschuld
gesehen, ihn für eine Zeit zu inhaftieren.
Und mit ihm betraten zwei junge Männer das Gefängnis. Einer von ihnen
sagte: "Wahrlich, ich sah mich im Traum Wein auspressen." Der andere
sagte: "Wahrlich, ich sah im Traum die Brote auf meinem Kopf und Vögel
davon essen." Sie sagten: "Informiere uns über die Auslegung dieser
Träume. Wahrlich, wir denken, du bist einer der Wohltäter."
Er sagte: "Kein Essen wird zu dir im Wachzustand oder im Traum als Gabe
kommen, aber ich werde dich im Wachzustand informieren, bevor deine
Interpretation, das Essen kommt. Das ist es, was mein Herr mich gelehrt
hat. Wahrlich, ich habe die Religionen der Menschen, die nicht an Gott
glauben und ungläubig sind an das Jenseits, verlassen.“
"Und ich bin der Religion meiner Väter gefolgt, Abraham, Isaak und
Jakob, und nie könnten wir zuschreiben irgendwelche Partner Gott. Das ist
die Gnade Gottes über uns und der Menschheit, jedoch die meisten
Menschen danken ihm nicht.“
"O ihr meine zwei Begleiter im Gefängnis! Sind verschiedene Götter
besser oder Gott, der Eine, der Unwiderstehliche?
"Man muss nichts neben ihm anbeten, sondern die Götter sind nur Namen,
die ihr geschmiedet habt, ihr und eure Väter, wofür Gott keine Vollmacht
gegeben hat. Der Befehl ist Gottes allein. Er hat befohlen, dass ihr keinen
Gott außer Gott anbeten sollt, das ist die wahre Religion, aber die meisten
Menschen wissen es nicht.“
"O ihr meine zwei Begleiter im Gefängnis! Der Eine von euch wird Wein
einschenken seinem Meister, dass er trinke! Und der Andere, er wird
gekreuzigt werden, und Vögel werden fressen Brot von seinem Kopf!
Somit ist der Fall beurteilt, wonach ihr gefragt habt."
Und er sprach zu dem, von dem er wusste, dass er gerettet werden wird:
"Erwähne mich bei deinem Herrn." Aber Satan ließ es ihn vergessen, ihn
bei seinem Herrn zu erwähnen. So blieb Josef im Gefängnis ein paar
weitere Jahre.
Und der König von Ägypten sagte: "Wahrlich, ich sah im Traum sieben
schöne fette Kühe, die von sieben hässlichen mageren Kühen verschlungen
wurden, und sieben grüne Ähren und sieben vertrocknete Ähren. O
Honoratioren! Erklärt mir meinen Traum, wenn es sein kann, dass man
Träume zu deuten weiß."
Sie sagten: "Träume sind Schäume, wir halten nichts von der Deutung der
Träume."
Da erinnerte sich der Mann, der freigekommen war, nun endlich und sagte:
"Er wird dir sagen seine Deutung, so hole ihn her."
Er sagte: "O Josef, Ehemann der Weisheit! Erkläre mir den Traum von den
sieben schönen fetten Kühen, die von sieben hässlichen mageren
verschlungen wurden, und von den sieben grünen Ähren und den sieben
vertrockneten Ähren, damit ich zu den Menschen zurückkehren kann, dass
sie wissen."
Josef sagte: "Sieben Jahre in Folge werdet ihr wie gewohnt säen, und
ernten, und ihr werdet die Ähren sammeln, außer ein wenig davon, die ihr
essen könnt.“ .
"Dann werden danach sieben Jahre kommen, da ihr außer dem, was ihr
gespeichert habt, nichts zu essen findet, und ihr werdet essen, was ihr im
Voraus zur Seite gelegt habt.“
"Dann kommt danach ein Jahr, in dem die Menschen reichlich Regen
haben und in dem sie Wein und Öl reichlich zu keltern haben."
Und der König sprach: "Bringt ihn zu mir her." Aber als der Bote zu ihm
kam, sagte Josef: "Kehre zurück zu deinem Herrn und frage ihn: Was ist
mit den Frauen, die ihre Hände geschnitten? Sicherlich ist mein Herr Gott
sich bewusst ihrer Handlung."
Der König sagte zu den Frauen: "Was war das denn, wenn ihr nicht
versuchtet, Josef zu verführen?" Die Frauen sagten: "Gott bewahre uns!
Wir wissen nichts von Unheil gegen ihn!" Die Frau des Al-Aziz sagte:
"Jetzt ist die Wahrheit offenbar geworden, ich war es, die ihn zu verführen
versuchte, und er entspricht sicherlich der Wahrheit."
Dann sagte Josef: "Ich fragte nach dieser Untersuchung, damit Al-Aziz
wisse, dass ich ihn nicht verraten im Verborgenen. Und, wahrlich, Gott
führt nicht die Handlungen der Verräter!“
"Und ich werde mich befreien von der Schuld. Wahrlich, das menschlichen
Selbst ist geneigt zum Bösen, außer wenn mein Herr Gott seine
Barmherzigkeit schenkt. Wahrlich, mein Herr Gott ist allverzeihend, der
Barmherzige."
Und der König sagte: "Bringt ihn zu mir, dass ich ihn an meine Person
binde." Dann, als er mit ihm sprach, sagte er: "Wahrlich, an diesem Tag
bist du bei mir hoch im Rang und voll vertrauenswürdig."
Josef sagte: "Setze mich über die Schatzkammern des Landes, ich will sie
bewachen mit vollkommener Weisheit."
Somit haben Wir die volle Befugnis über das Land Josef anvertraut, in
Besitz zu nehmen das Land, wie, wann und wo er will. Wir schenken
Unsere Barmherzigkeit, wem Wir wollen, und Wir lassen nicht den Lohn
verloren gehen den Wohltätern.
Und wahrlich, der Lohn des Jenseits ist besser für diejenigen, die glauben
und Gott fürchten und tun ihre Pflicht.
Und Josefs Brüder kamen und sie traten zu ihm, und er erkannte sie, aber
sie erkannten ihn nicht.
Und als er sie mit ihren Bestimmungen je nach ihrem Bedarf ausgestattet
hatte, sagte er: "Bringt mir einen Bruder von eurem Vater. Seht ihr nicht,
dass ich volles Maß gebe und dass ich der beste Gastgeber bin?“
"Aber wenn ihr ihn mir nicht bringt, wird es kein Maß für euch von mir
geben, noch dürft ihr in meine Nähe kommen."
Sie sagten: "Wir werden versuchen, die Erlaubnis von seinem Vater zu
bekommen, und wahrlich, wir werden es tun."
Und Josef sagte seinem Diener, er solle ihr Geld in ihre Taschen stecken,
damit sie denken, wenn sie zu ihrem Volk zurückgehen, dass sie wieder
kommen müssen.
Also, als sie zu ihrem Vater zurückgekehrt waren, sagten sie: "O unser
Vater! Nicht mehr Maß Getreide werden wir bekommen, es sei denn, wir
nehmen unseren Bruder Benjamin mit. So sende unseren Bruder mit uns,
und wir werden unser Maß bekommen und wirklich, wir werden ihn
schützen."
Er sagte: "Kann ich ihn euch anvertrauen, wie ich euch seinen Bruder
Josef anvertraut hatte vorzeiten? Aber Gott ist der beste Beschützer, und
Gott ist der Barmherzige, der Erbarmer."
Und als sie ihre Koffer öffneten, fanden sie ihr Geld darin, das sie
zurückgebracht hatten. Sie sagten: "O unser Vater! Was können wir uns
mehr wünschen? Dieses unser Geld ist uns zurückgegeben worden, so dass
wir für unsere Familie mehr Essen bekommen werden, und wir werden
unseren Bruder schützen, und bringen ein weiteres Maß einer Kamellast.
Diese Menge ist dem König leicht uns zu geben."
Jakob sagte: "Ich werde ihn nicht mit euch senden, bis ihr mir einen
feierlichen Eid schwört im Namen Gottes, dass ihr ihn zu mir
zurückbringt, wenn ihr auch umgeben wäret von Feinden." Und als sie
ihren feierlichen Eid geschworen hatten, sagte er: "Gott ist Zeuge über das,
was wir gesagt haben."
Und er sagte: "O meine Söhne! Durch ein Tor geht nicht, sondern geht
durch verschiedene Tore, und ich kann euch nicht in Anspruch nehmen
gegen Gott. Wahrlich! Die Entscheidung liegt allein bei Gott. In Ihn habe
ich mein Vertrauen gesetzt! Und mögen doch all jene, die vertrauen,
vertrauen auf Ihn."
Und als sie nach dem Rat ihres Vaters eingetreten waren, hat es ihnen nicht
im geringsten genützt gegen den Willen Gottes, es war aber ein Bedürfnis
von Jakobs innerem Selbst, das er sie so entlassen. Und wahrlich, er war
mit der Weisheit begabt, weil Wir sie ihm gegeben hatten, aber die meisten
Menschen wissen nichts.
Und als sie gingen, und vor Josef traten, begab er sich zu seinem Bruder
Benjamin, und sagte: "Wahrlich, ich bin dein Bruder, so trauere nicht um
das, was jene zu tun pflegten."
Also, als er sie wieder mit ihren Bestimmungen ausgestattet hatte, legte er
den goldenen Orakel-Becher in seines Bruders Tasche, dann rief ein
Ausrufer: "O, die ihr in der Karawane zieht, sicherlich, Diebe seid ihr!"
Sie drehten sich um und sagten: "Was ist das, was du vergessen hast?"
Sie sagten: "Wir vermissen den goldenen Orakel-Becher des Königs, und
der, der ihn als eines Kamels Last bei sich trägt, soll gebunden werden."
Sie sagten: "Bei Gott! Tatsächlich weißt du, dass wir nicht gekommen
sind, um Unheil ins Land zu bringen, und wir sind keine Diebe!"
Josefs Männer sagten: "Was soll dann die Strafe für ihn sein, wenn ihr
euch als Lügner erweist?"
Josefs Brüder sagten: "Die Strafe sollte sein, dass er, in dessen Tasche der
Orakel-Becher gefunden wird, die Strafe eines Kriminellen erleidet. So
bestrafen wir die Übeltäter!"
Und Josef begann die Suche in ihren Taschen beim Sack seines Bruders
Benjamin. Da brachte er es aus der Tasche seines Bruders den Orakel-
Becher hervor. So haben Wir es geplant für Josef. Er konnte seinen Bruder
nicht durch das Gesetz des Königs als Sklaven binden lassen, außer dass
Gott es so wollte. Wir erhöhen um Rangstufen, wen Wir erhöhen wollen,
aber über alle, die mit der Weisheit begabt sind, ist der Allweise!
Josefs Brüder sagten: "Wenn er stiehlt, so war ein Bruder von ihm, der
stahl, bevor er gezeugt wurde." Aber diese Dinge hat Josef für sich
behalten, er offenbarte ihnen nicht die Geheimnisse, sondern sprach in sich
selbst: "Sie sind im schlimmsten Fall, und Gott weiß am besten die
Wahrheit dessen, was sie behaupten."
Sie sagten: "O Herrscher des Landes! Wahrlich, er hat einen alten Vater,
der um ihn trauern wird, so nimm einen von uns an seiner Stelle. In der Tat
denken wir, dass du eine der Wohltäter bist!"
Er sagte: "Gott behüte, dass wir jemanden nehmen, außer den, bei dem wir
unser Eigentum gefunden haben. Sonst wären wir ja ein Ungerechter."
Also, als sie vor ihm verzweifelten, hielten sie eine Konferenz im Privaten.
Der Älteste unter ihnen sagte: "Wisst ihr nicht, dass unser Vater einen Eid
von uns genommen im Namen Gottes, und davor haben wir nicht unsere
Pflicht an Josef ausgeübt. Darum will ich dieses Land nicht verlassen, bis
mein Vater es mir erlaubt. Oder Gott entscheidet meinem Fall durch die
Freilassung Benjamins, und Gott ist der gerechteste Richter.“
Sie kamen zurück zu ihrem Vater und sagten: „O unser Vater! Wahrlich,
dein Sohn Benjamin hat gestohlen, und wir bezeugen nichts außer nach
dem, was wir wissen, und wir konnten es nicht wissen, das Ungesehene!“
"Und frage die Menschen der Stadt, wo wir gewesen sind, und die
Karawane, mit der wir zurückkamen, und in der Tat, wir sagen die
Wahrheit."
Jakob sagte: "Nein, aber ihr habt eure eigenen Seelen betört. Also Geduld
ist am passendsten für mich. Kann sein, Gott wird ihn zu mir
zurückbringen, um mir wirklich alles zu tun, was ich wünsche. Nur Gott
ist allwissend und allweise."
Und er wandte sich von ihnen ab und sagte: "Ach, mein Kummer um
Josef!" Und seinen Augen verloren das Licht vor unterdrücktem Kummer!
Sie sagten: "Bei Gott, wird es denn nie aufhören, dass du dich an Josef
erinnerst, bis du vom Alter schwach geworden bist, oder bis du tot bist?"
Er sagte: "Ich klage nur meinen Kummer und meine Trauer Gott, und ich
weiß von Gott, was ihr nicht wisst.“
"O meine Söhne! Geht und fragt nach Josef und seinem Bruder Benjamin,
und ich will nie die Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit verlieren.
Sicherlich, niemand verzweifelt an Gottes Barmherzigkeit, außer jene
Menschen, die nicht glauben."
Dann, als sie zu Josef kamen, sagten sie: "O Herrscher des Landes! Eine
harte Zeit hat uns und unsere Familie getroffen, und wir haben gebracht
nur ein geringes Kapital, so zahle uns das volle Maß und sei wohltätig zu
uns. Wahrlich, Gott belohnt die Wohltätigen."
Er sagte: "Wisst ihr, was ihr mit Josef und seinem Bruder Benjamin getan
habt, wenn ihr unwissend wart?"
Sie sagten: "Bist du denn wirklich Josef?" Er sagte: "Ich bin Josef, und
dies ist mein Bruder Benjamin. Gott ist in der Tat uns gnädig gewesen.
Wahrlich, wer Gott fürchtet, und ihm gehorcht und ist geduldig, dann
sicher, lässt Gott den Lohn der Wohltäter nicht verloren gehen."
Sie sagten: "Bei Gott! Gott hat dich der Tat vor uns bevorzugt, und wir
sind Sünder."
Er sagte: "Kein Vorwurf trifft euch an diesem Tag, möge Gott euch
vergeben, und Gott ist der Barmherzige, der Erbarmer!“
"Geht mit diesem Hemd von mir, und werft es über das Gesicht meines
Vaters, er wird hellsichtig werden, und dann bringt mir eure ganze
Familie."
Und als die Karawane kam, sagte ihr Vater: "Ich glaube, ich fühle, ich
rieche Joseph, wenn er nur an mich denkt, mag er mich auch für
schwachsinnig halten."
Sie sagten: "Bei Gott! Gewiss, in deinem alten Fehler befindest du dich
wieder."
Dann, als der Träger der frohen Botschaft angekommen war, warf er das
Hemd auf Jakobs Gesicht, und er wurde hellsichtig. Er sagte: "Habe ich es
euch nicht gesagt? Ich weiß von Gott, was ihr nicht wisst."
Sie sagten: "O unser Vater, bitte um die Vergebung Gottes für unsere
Sünden, ja, wir sind Sünder."
Er sagte: "Ich werde meinen Herrn Gott um Vergebung für euch bitten,
wahrlich, Gott allein ist der Allverzeihende, Gott ist barmherzig!"
Dann, als sie zu Josef traten, rief er seine Eltern zu sich und sagte: "Lebt in
Ägypten, so Gott will, in Sicherheit."
Und er hob seine Eltern auf den Thron, und sie fielen vor ihm nieder. Und
er sagte: "O mein Vater! Dies ist die Deutung meines Traumes von
vorzeiten. Mein Herr Gott hat ihn wahr werden lassen und war in der Tat
gut zu mir, als er mich aus dem Gefängnis befreite, und euch alle hierher
brachte! Im Beduinen-Leben, nach der Tücke Satans, war Feindschaft
zwischen mir und meinen Brüdern gesät. Sicherlich ist mein Herr Gott
sehr freundlich und gütig zu wem er will. Wahrlich! Nur Gott ist er der
Allwissende, der Allweise.
"Mein Herr Gott! Du hast mir in der Tat in deiner Souveränität verliehen
die Weisheit der Deutung der Träume! Du bist allein Schöpfer der Himmel
und die Erden. Du bist meine Hilfe in dieser Welt und im Jenseits, weil ich
als Ergebener sterbe, und komm du zu mir mit den Heiligen."
Dies ist die Kunde von dem Unsichtbaren, das Wir dir zeigten in der
Inspiration. Du warst nicht mit ihnen, als sie ihren Plan zusammen fassten,
und auch nicht während sie den Plan ausführten.
Und die meisten Menschen wollen nicht glauben, auch wenn du es
leidenschaftlich begehrst!
Und keine Belohnung erbitte von denjenigen, die dein Prophetenamt nicht
anerkennen, dafür ist dies nicht weniger als eine Erinnerung und Beratung
den Kreaturen.
Und wie viele Zeichen an dem Himmel und auf der Erde sind geschehen,
während jene dem abgeneigt sind.
Und die meisten von ihnen glauben nicht an Gott, außer dass sie ihm
Partner zuschreiben.
Fühlen sie denn nichts von der kommenden Welt, dass sie sich verhüllen
vor Gott, oder fühlen sie nicht das sichere Kommen des Jüngsten Tages,
ganz plötzlich, während sie es nicht erwarteten?
Sprich: "Dies ist mein Weg, ich rufe zu Gott mit gewisser Weisheit, ich.
und wer mir folgt. Und ich bin nicht der Heiden einer."
Und Wir haben vor dir Boten gesandt, Menschen, die Wir inspirierten,
mitten aus dem Volk. Haben sie nicht die Erde bereist und gesehen, wie
das Ende derer war, die vor ihnen waren? Und wahrlich, es ist die Heimat
des Jenseits das Beste für diejenigen, die Gott fürchten und ihm
gehorchen. Wollt ihr denn nicht verstehen?
Sie wurden begnadigt, bis die Gesandten die Hoffnung aufgegeben und
dachten, dass sie abgelehnt würden, aber dann kam zu ihnen Unsere Hilfe,
und wen Wir wollten, den haben Wir erlöst. Und Unsere Strafe kann nicht
von den Sündern abgewehrt werden.
In diesen Geschichten ist eine Lehre für die Vernünftigen. Sie ist nicht eine
gefälschte Erklärung, sondern eine Bestätigung der bestehenden Bücher
Gottes, der Thora und des Evangeliums, und eine ausführliche Erklärung
des Ganzen und eine Führung und eine Barmherzigkeit für die Menschen,
die glauben.

DRITTES KAPITEL

Es war im ersten Jahr der sieben Jahre des Überflusses, im zweiten Monat,
dass der Pharao Josef sandte durchs ganze Land Ägypten. Und Josef kam,
in dem vierten Monat, im ersten Jahr, am achtzehnten Tag des Monats, in
die Stadt Heliopolis. Und er war der Sammler allen Getreides dieses
Landes, wie der Sand am Meer. Nun gab es in dieser Stadt einen Mann,
einen Statthalter des Pharao, und dieser Mann war der Chef aller Satrapen
und Fürsten Pharaos. Und er war sehr reich und weise und großzügig, und
er war Pharaos Berater, und sein Name war Pentephres, und er war der
Priester von Heliopolis. Pentephres hatte eine Jungfrau, die Tochter, etwa
achtzehn Jahre alt, groß und schön und anmutig, schöner als jede andere
Jungfrau im Land. Und sie war ganz anders als die Töchter der Ägypter,
aber in jeder Hinsicht wie die Töchter der Hebräer. Und sie war so groß
wie Sarah, und so schön wie Rebecca, und so schön wie Rahel, und der
Name dieser Jungfrau war Aseneth. Und der Ruhm ihrer Schönheit
verbreitete sich im ganzen Land, auch in seinen entlegensten Winkeln, und
alle Söhne der Herren und der Statthalter und der Könige suchten ihre
Hand in der Ehe zu gewinnen, junge Männer alle von ihnen. Und es gab
große Rivalität zwischen ihnen, wegen ihr, und sie begannen, sich
untereinander zu bekämpfen wegen Aseneth. Und der älteste Sohn des
Pharao hörte von ihr, und er bat seinen Vater, sie ihm zu geben als seine
Frau. Und er sprach zu ihm: "Gib mir Aseneth, die Tochter des Pentephres,
des Priesters von Heliopolis, als meine Frau." Und sein Vater Pharao
sprach zu ihm: "Warum solltest du eine Frau bekommen von niederem
Stand als du? Bist du nicht König der ganzen Erde? Nein! Siehe, die
Tochter Königs Joakims wird dir verlobt, und sie ist eine Königin und sehr
schön in der Tat. Nimm sie als deine Frau."

II

Aseneth verachtete alle Männer und betrachtete sie mit Verachtung, doch
kein Mann hatte sie je gesehen, denn Pentephres hatte einen Turm an
seinem Haus gebaut, der groß und sehr hoch war. Und das oberste
Stockwerk hatte zehn Zimmer. Das erste Zimmer war groß und angenehm,
und es war mit lila Steinen gepflastert, und die Wände waren mit
Edelsteinen verschiedener Art geschmückt. Und die Decke des Zimmers
war von Gold, und in ihm lagen die unzähligen Götter und Göttinnen der
Ägypter, aus Gold und Silber. Und alle diese verehrte Aseneth, und sie
fürchtete sie, und sie opferte ihnen. Das zweite Zimmer enthielt alles für
die Putz Aseneths, den Schmuck und die Schatzkisten. Und es gab viel
Gold in ihm, und Silber und Kleider, mit Gold und Edelsteinen von
großem Preis, und feine Bettwäsche. Und all ihre mädchenhaften
Verzierungen waren darin. Das dritte Zimmer enthielt all die guten Dinge
der Erde, und es war für Aseneth das Warenhaus. Und sieben Jungfrauen
hatten die restlichen sieben Zimmer inne, eine jede eins. Und sie waren
dazu da, um Aseneth aufzuwarten und waren im gleichen Alter wie sie,
denn sie waren alle in der gleichen Nacht wie Aseneth geboren, und sie
waren sehr schön, wie die Sterne am Himmel, und kein Mann oder
Jüngling hatte je etwas mit ihnen zu tun gehabt. Und Aseneths großer
Raum, wo sie ihre Zeit verbrachte, hatte drei Fenster. Ein Fenster ging
über den Hof in den Osten. Das zweite sah in den Norden, auf die Straße,
und das dritte in den Süden. Und ein goldenes Bett stand in dem Zimmer,
mit Blick auf den Osten. Und das Bett hatte eine Decke von lila Gewebe
mit Gold, mit blauen und feines Leinen bestickt. In diesem Bett lag
Aseneth, um allein zu schlafen, und kein Mann und keine Frau jemals
setzte sich darauf, mit Ausnahme von Aseneth. Und es war ein großer Hof
rund um das Haus, und eine Mauer um den Hof, sehr hoch und von großen
rechteckigen Steinen gebaut. Und es waren vier Tore in den Hof, mit Eisen
überwölbt, und achtzehn starke junge Männer standen da mit Waffen, um
jedes einzelne von ihnen zu schützen. Und an der Wand im Innenhof gab
es jede Art von schönen Bäumen, die Frucht bringen, und die Frucht an
jedem von ihnen war reif, denn es war Erntezeit. Und auf der rechten Seite
des Hofes gab es eine ständig sprudelnde Wasserquelle, und im Frühjahr
eine große Zisterne, die das Wasser aus der Quelle erhielt und aus der ein
Fluss durch die Mitte des Hofes geflossen war und tränkte alle Bäume.

III

Und es begab sich, im vierten Monat, am achtzehnten Tag des Monats,


dass Josef kam in die Stadt Heliopolis. Und als er sich der Stadt näherte,
schickte Josef zwölf Männer vor sich her zu Pentephres, dem Priester von
Heliopolis, zu sagen: Darf ich dein Gast für diesen Tag sein? denn es ist
der Mittag nahe und Zeit für eine Mittagsmahlzeit. Die Hitze der Sonne ist
übermächtig, und ich möchte eine Erfrischung unter deinem Dach
genießen. Als Pentephres dies hörte, war er überglücklich und sagte:
Gelobt sei der Herr, der Gott Josefs. Und Pentephres rief seinen Diener
und sagte zu ihm: Eile und bring mein Haus in Ordnung, und bereite ein
großes Fest, weil Josef, der mächtige Mann Gottes, zu uns kommt an
diesem Tag. Und Aseneth hatte gehört, dass ihr Vater und ihre Mutter
wiedergekommen waren von ihrem Familienbesitz auf dem Land. Und sie
freute sich und sprach: Ich will gehen und sehen meinen Vater und meine
Mutter, denn sie sind von ihrem Familiensitz auf dem Land zurück.
Aseneth eilte und legte ein feines Leinen-Gewand an, blau gewebt mit
Gold, und einen goldenen Gürtel um ihre Taille, und sie legte Spangen an
ihre Hände und Füße, und sie legte eine Kette um ihren Hals. Und es gab
Edelsteine aller Art an ihr, mit den Namen der ägyptischen Götter und
Göttinnen eingeschrieben überall, auf den Armbändern und den Steinen,
und die Namen der Idole wurden auf die Steine gestempelt. Und sie legte
eine Tiara auf den Kopf und band ein Diadem um ihre Glieder und bedeckt
ihren Kopf mit einem Schleier.

IV

Und sie eilte und kam von der Treppe aus ihrem Stockwerk an der Spitze,
und sie kam zu ihrem Vater und ihrer Mutter und begrüßte sie. Und es war
für Pentephres und seine Frau eine große Freude, zu sehen ihre Tochter
Aseneth als die Braut Gottes geschmückt. Und sie nahm all die guten
Dinge, die sie von ihrem Anwesen vom Land gebracht hatten, und sie
gaben sie ihrer Tochter. Und Aseneth freute sich über die guten Dinge, und
die Früchte, die Trauben und die Datteln, und über die Trauben und
Granatäpfel und Feigen, denn sie alle waren köstlich. Und Pentephres
sagte zu seiner Tochter Aseneth: Mein Kind! Sie sagte: Siehe, hier bin ich,
mein Herr! Und er sagte zu ihr: Setz dich, bitte, zwischen uns: Ich möchte
mit dir reden. Und Aseneth setzte sich zwischen ihren Vater und ihre
Mutter. Und ihr Vater Pentephres nahm ihre rechte Hand in seine rechte
Hand und sagte zu ihr: Mein Kind! Und Aseneth sagte: Was ist, Vater?
Und Pentephres sagte zu ihr: Siehe, Josef, der mächtige Mann Gottes,
kommt zu uns heute, und er ist Herrscher über das ganze Land Ägypten,
denn der Pharao hat ihn zum Herrscher über all unser Land bestellt, und er
ist der Spender von Getreide im ganzen Land und ist es, die Ägypter vor
der Hungersnot, die kommen wird, zu retten. Und Josef ist ein Mann, der
Gott verehrt! Er ist demütig, und eine Jungfrau, wie auch du bist, und ein
Mann von großer Weisheit und Wissen, und der Geist Gottes ist auf ihm,
und die Gnade des Herrn ist mit ihm. Also komm, mein Kind, und ich
werde dich ihm geben als seine Frau: Du sollst seine Braut sein, und er soll
dein Bräutigam für immer sein. Und als Aseneth gehört, was ihr Vater
sagte, kam ein heißer Schweiß über sie, und sie war wütend, und sah von
der Seite ihren Vater an. Und sie sagte: Warum sollte mein Herr und mein
Vater dieses sprechen, als ob er mich übergeben würde wie eine Gefangene
einem Mann von einer anderen Rasse, einem Mann, der ein Flüchtling war
und wurde verkauft als Sklave? Ist dies nicht der Sohn des Hirten aus dem
Land Kanaan, und er wurde von ihm aufgegeben? Ist das nicht der Mann,
der Sex mit seiner Geliebten hatte? Und sein Meister warf ihn ins
Gefängnis, wo er in der Dunkelheit lag, und Pharao holte ihn aus dem
Gefängnis, weil er seinen Traum gedeutet? Nein, ich will den ältesten
Sohn des Königs heiraten, denn er ist König der ganzen Erde. Dies hörend,
dachte Pentephres, es wäre klüger, nicht mehr zu seiner Tochter über Josef
zu sprechen, denn sie hatte ihm arrogant und im Zorn geantwortet.

Und siehe, einer der jungen Männer aus Pentephres’ Gefolge platze herein
und sagte: Siehe, Josef ist vor den Toren unseres Hofes. Und Aseneth
verließ schnell ihren Vater und ihre Mutter und rannte die Treppe hinauf
und ging in ihr Zimmer und trat an das große Fenster, das nach Osten
blickte, um Josef zu sehen, als er in das Haus ihres Vaters trat. Und
Pentephres und seine Frau und alle seine Verwandten gingen hinaus, um
Josef zu begrüßen. Und die Pforten des Gerichts, die nach Osten schauten,
wurden geöffnet, und Josef kam, sitzend in des Pharao Vizekönigs Wagen.
Und es waren vier Pferde angespannt, weiß wie Schnee, mit goldenen
Zügel, und der Wagen war über und über bedeckt mit Gold. Und Josef trug
einen herrlichen weißen Kittel, und die Robe um ihn geschlungen war lila,
aus Leinen gewebt, mit Gold durchwirkt: er trug eine goldene Krone auf
dem Kopf, und rund um die Krone waren zwölf Edelsteine, und vor den
Steinen zwölf goldene Strahlen, und ein königliches Zepter war in seiner
rechten Hand. Und er hielt einen Olivenzweig ausgestreckt, und es gab
viel Früchte daran. Und Josef kam in den Hof, und die Tore waren
geschlossen. Und Fremde, egal ob Männer oder Frauen, blieben draußen,
weil die Torwächter die Türen geschlossen hatten. Und Pentephres kam,
und seine Frau kam, und alle seine Verwandten, mit Ausnahme ihrer
Tochter Aseneth, und sie beugten sich vor Josef mit ihren Gesichtern zu
Boden. Und Josef stieg aus seinem Wagen und streckte seine rechte Hand
zu ihnen aus.

VI

Als Aseneth Josef sah, stach es ihr ins Herz, ihre Eingeweide waren
aufgewühlt, ihre Knie wurden schlaff, und ihr ganzer Körper zitterte. Und
sie war in großer Angst und rief und sprach: Wohin soll ich gehen, und wo
kann ich mich vor ihm verbergen? Und wie wird Josef, der Sohn Gottes,
mich betrachten, denn ich habe Böses gesprochen über ihn? Wohin kann
ich fliehen und wo mich verstecken, denn er sieht alles, und kein
Geheimnis ist vor ihm sicher, wegen des großen Lichtes, das in ihm ist.
Und jetzt möge der Gott Josefs mir gnädig sein, denn ich sprach Böses in
Unwissenheit. Was kann ich hoffen, Wurm, der ich bin? Habe ich nicht
gesprochen, Josef kommt, der Sohn des Hirten aus dem Land Kanaan?
Und nun, siehe, die Sonne kommt zu uns vom Himmel in seinem Wagen
und in unser Haus an diesem Tag. Aber ich war dumm und leichtsinnig,
ihn zu verachten, und ich sprach schlecht von ihm und wusste nicht, dass
Josef der Sohn Gottes ist. Denn welcher Mensch könnte jemals Vater
solcher Schönheit sein, und welche Mutter würde je ein solches Licht
tragen? Elende, die ich bin, und dumm, denn ich sprach Bösen von ihm zu
meinem Vater. Nun wolle mein Vater mich Josef als Dienstmädchen und
Sklavin verkaufen, und ich werde ihm für immer dienen.

VII

Und Josef kam in Pentephres’ Haus und setzte sich auf einen Sitz, und er
wusch seine Füße, und er stellte einen Tisch getrennt auf, weil er nicht mit
den Ägyptern essen wollte, denn dies war ein Gräuel für ihn. Und Josef
sprach zu Pentephres und allen seinen Verwandten und sagte: Wer ist
dieser Frau, die in der Sonne durch das Fenster schaut? Sag ihr, sie soll
wegtreten. Das war, weil Josef Angst hatte, sie könnte ihn bitten, mit ihr zu
schlafen, denn alle Frauen und Töchter der Herren und Satrapen des
ganzen Land Ägypten nutzen jede Gelegenheit, um ihn zu bitten, mit ihnen
zu schlafen. Und viele der Frauen und Töchter der Ägypter haben viel
gelitten um Josef, weil er so schön war, und sie schickten Boten, ihn mit
Gold und Silber und wertvollen Geschenken zu beschenken. Und Josef
würde sie ablehnen und sagen: Ich werde nicht die Sünde vor dem Gott
Israels tun. Und Josef hatte seines Vaters Jakob Gesicht vor seinen Augen
ständig, und er erinnerte sich an die Gebote seines Vaters, denn Jakob
sagte alle Gebote Gottes Josef und seinen Brüdern: Seid auf der Hut,
meine Kinder, vor der fremden Frau, und habt nichts mit ihr zu schaffen,
denn sie bringt euch nur Ruin und Zerstörung. Deshalb sagte Josef: Sagt,
dass die Frau weggehen soll. Und Pentephres sagte zu ihm: Mein Herr, die
Frau, die du in der Etage oben gesehen hast, ist nicht fremd: Sie ist unsere
Tochter, eine Jungfrau, die alle Männer verabscheut, und keinen anderen
Mann hat sie bis heute je gesehen, abgesehen von dir. Und wenn du es
wünschst, wird sie kommen und reden mit dir, denn unsere Tochter ist
deine Schwester. Und Josef war überglücklich, weil Pentephres sagte: Sie
ist eine Jungfrau, die alle Männer verabscheut. Josef antwortete Pentephres
und seiner Frau und sagte: Wenn sie deine Tochter ist, dann lass sie
kommen, denn sie ist meine Schwester, und ich werde sehen, wie meine
Schwester heute ist.

VIII

Und Aseneths Mutter ging in den obersten Stock und brachte Aseneth nach
unten zu Josef, und Pentephres sagte zu seiner Tochter Aseneth: Begrüße
deinen Bruder, denn auch er ist noch Jungfrau, wie du es heute bist, und er
verabscheut alle fremden Frauen, so wie du verabscheust alle fremden
Männer. Und Aseneth sprach zu Josef: Mögest du Freude haben, mein
Herr, sei gesegnet von Gott, dem Höchsten. Und Josef sprach zu ihr: Möge
Gott, der alles Leben gegeben hat, dich segnen. Und Pentephres sagte zu
Aseneth: Komm näher und küsse deinen Bruder! Und als sie kam in die
Nähe von Josef, um ihn zu küssen, streckte Josef seine rechte Hand aus
und legte sie an ihre Brust - und sagte: Es ist nicht das Richtige für einen
Mann, der Gott mit seinem Mund segnet, den lebendigen Gott anbetet, und
isst das gesegnete Brot des Lebens, und trinkt den Becher der
Unsterblichkeit gesegnet, und ist mit der gesegneten Salbung gesalbt, dass
er sich vereinige mit einer Frau, die mit ihrem Mund segnet tote und
stummen Götzen, und isst von ihrem Tisch das Brot der Angst, bringt
Getränke ihrer Trankopfer mit dem Becher des Verrats dar, und ist mit der
Salbung der Zerstörung gesalbt. Ein Mann, der Gott verehrt, wird seine
Mutter und seine Schwester küssen, die von seinem eigenen Volk sind, und
die Frau, die sein Sofa teilt, ist die, die mit ihrem Munde segnet den
lebendigen Gott! So ist es nicht das Richtige für eine Frau, die Gott
anbetet, einen fremden Mann zu küssen, denn das ist ein Gräuel in den
Augen Gottes. Und als Aseneth gehört hatte, was Josef sagte, war sie sehr
beunruhigt und weinte laut, und sie fixierte den Blick auf Josef, und ihre
Augen füllten sich mit Tränen. Und Josef sah es, und sein Herz ging zu ihr
über. Denn Josef war weichherzig und mitfühlend und fürchtete den Herrn.
Und er hob seine rechte Hand über den Kopf und betete:

O Herr, Gott meines Vaters Israel,


Der Erhabene, der Mächtige,
Der bewegt alles
Und hast alles gerufen sie aus der Dunkelheit ins Licht
Und vom Irrtum in die Wahrheit
Und aus dem Tod in das Leben,
O du, Herr, bewege dich
Und segne diese Jungfrau
Und erneuere sie durch deinen Geist
Und forme sie um durch deine geheime Hand
Und bewege sie mit deinem Leben
Und lasse sie essen das Brot deines Lebens
Und lasse sie den Kelch trinken deines Segens,
Denn du hast sie erwählt,
Bevor sie geboren war,
Und lass sie in deine Ruhe kommen,
Die du für deine Auserwählten vorbereitest.

IX

Und Aseneth wurde mit Freude von Josefs Segen erfüllt, und sie ging in
Hast zu ihrem Stockwerk an der Spitze und fiel auf das Sofa erschöpft,
denn sie fühlte sich nicht nur glücklich, sondern auch aufgewühlt und sehr
erschrocken; und sie war in Schweiß gebadet von dem Moment an, als sie
Josef sprechen hörte, sie im Namen des Höchsten Gottes zu segnen. Und
sie weinte bitterlich, und sie bereute, dass sie ihre Götter und Göttinnen zu
verehren pflegte, und sie wartete auf den Abend. Und Josef aß und trank,
und er sprach zu seinen Knechten: Spannt die Pferde vor den Wagen.
Denn, sagte er: Ich muss fahren und gehen durch die ganze Stadt und den
ganzen Landkreis. Und Pentephres sagte zu Josef: Bleib hier die Nacht,
mein Herr, und morgen gehe deines Weges. Und Josef sagte: Nein, ich
muss los! Nun, denn dies ist der Tag, da Gott sein Werk begann: In acht
Tagen will ich wieder kommen und hier bleiben dann die Nacht mit dir.

Dann gingen Pentephres und seine Verwandten weg, zu ihrem Anwesen.


Und Aseneth wurde allein gelassen mit den Jungfrauen, und sie war lustlos
und weinte bis zum Sonnenuntergang: Sie aß kein Brot und trank kein
Wasser, und während alle schliefen, war sie allein wach. Und sie öffnete
die Tür und trat in das Tor, und sie fand die Pförtnerin schlafend mit ihren
Kindern. Und Aseneth nahm schnell den Vorhang von der Tür, und sie
füllte ihn mit Asche und brachte ihn zum obersten Stockwerk und legte ihn
auf den Boden. Und sie sicherte die Tür und befestigte sie mit einer
Eisenstange von der Seite, und sie stöhnte laut und weinte. Und die
Jungfrau, die Aseneth liebte vor allen Jungfrauen, hörte ihre Herrin
stöhnen, und sie weckte die anderen Jungfrauen und kam und fand die Tür
zu. Und sie hörte Aseneth stöhnen und weinen und sagte: Warum bist du so
traurig, meine huldvolle Dame? Was ist es, das dich beunruhigt? Öffne die
Tür für uns, so dass wir dich sehen. Und Aseneth sprach zu ihnen von
innen: Ich habe heftige Kopfschmerzen und liege auf meinem Bett, mich
auszuruhen, und ich habe keine Kraft mehr, euch jetzt zu öffnen, denn ich
bin völlig erschöpft, sondern gehe jede von euch in ihr Zimmer. Aseneth
stand auf und öffnete die Tür leise und ging in ihr zweites Zimmer, wo ihre
Schatz-Truhen und der Putz für ihre Zierde waren, und sie öffnete ihre
Garderobe und nahm eine schwarze Tunika heraus. Das war ihre Trauer-
Tunika, die sie zur Trauer getragen hatte, als ihr ältester Bruder gestorben
war. Und Aseneth zog ihre königliche Robe an und löste ihren goldenen
Gürtel und band ein Seil um ihre Taille stattdessen, und sie nahm ihr
Diadem vom Kopf und die Armbänder von den Händen. Und sie nahm ihr
bestes Gewand, so wie es war, und warf es aus dem Fenster, für die
Armen. Und sie nahm all ihre unzähligen goldenen und silbernen Götter
und Göttinnen und brach sie in kleine Stücke und warf sie aus dem Fenster
für die Armen und Bedürftigen. Und Aseneth nahm ihr königliches
Abendessen, auch die gemästeten Tiere und die Fische und das Fleisch,
und alle Opfer ihrer Götter und Göttinnen, und die Weingefäße für ihre
Trankopfer, und sie warf alles aus dem Fenster, als Futter für die Hunde.
Und danach nahm sie die Asche und schüttete sie auf den Boden. Und sie
nahm Sack und wickelte ihn um ihre Taille, und sie entfernte die Spange
aus ihrem Haar und besprengte sich selbst mit Asche, und sie fiel in die
Asche. Und sie schlug sich an ihre Brust immer wieder mit ihren zwei
Händen und weinte bitterlich und stöhnte die ganze Nacht bis zum
Morgen. Und am Morgen stand Aseneth auf und sah, und siehe, die Asche
unter ihr war wie Schlamm, wegen ihrer Tränen. Und wieder fiel Aseneth
auf ihr Gesicht, in die Asche, bis zum Sonnenuntergang. Und so tat
Aseneth sieben Tage lang, und sie schmeckte weder Essen noch Trinken.

XI

Und es geschah am achten Tag, da Aseneth sah auf von dem Boden, wo sie
lag, denn es drohten ihrer Glieder zu sterben als Folge ihrer großen Leiden.

XII

Und sie streckte ihre Hände aus nach Osten, und ihre Augen blickten zum
Himmel auf, und sie betete:

O Herr, Gott der Ewigkeit,


Du hast allen den Atem des Lebens gegeben,
Bringe das in das Licht die Dinge ungesehen,
Der du gemacht hast alle Dinge
Und sichtbar gemacht, was unsichtbar war,
Du hast erweckte den Himmel
Und die Erde gegründet auf dem Wasser,
Hast die großen Steine fixiert auf den Abgrund der Wasser,
Welche werden nicht eingetaucht werden,
Aber bis zum Ende werden sie deinen Willen tun.
O Herr, mein Gott, zu dir rufe ich:
Höre mein Flehen,
Und dir will ich bekennen meine Sünden,
Und dir werde ich meine Übertretungen
Deines Gesetzes offenbaren.
Ich habe gesündigt, o Herr, ich habe gesündigt.
Ich habe gesündigt gegen dein Gesetz
Und gottlos gehandelt,
Und ich habe böse Dinge vor dir gesprochen.
Mein Mund, Herr, ward vom Götzenopfer geschändet,
Durch die Tische der Götter und Göttinnen der Ägypter.
Ich habe gesündigt, o Herr, vor dir,
Ich habe gesündigt und gottlos gehandelt,
Götzen angebetet, die taub und stumm sind,
Und ich bin nicht würdig, meinen Mund zu öffnen,
Armes Wesen, dass ich bin.
Ich habe gesündigt, o Herr, vor dir,
Ich, die Tochter von Pentephres, des Priesters,
Ich, die stolze und arrogante Aseneth.

Zu dir, o Herr, wende ich mein Flehen, und zu dir rufe ich: Befreie mich
von meinen Verfolgern, denn zu dir bin ich geflohen, wie ein Kind zu
seiner Mutter. Und du, Herr, strecke deine Hände aus über mich, wie ein
Vater, der seine Kinder liebt und ist zärtlich liebevoll, und reiße mich aus
der Hand meiner Feinde. Denn siehe, mich verfolgt der wilden Urwelt
Löwe, und seine Kinder sind die Götter und Göttinnen der Ägypter, die ich
aufgegeben und zerstört habe, ihr Vater, der Teufel, versucht, mich zu
verschlingen. Aber du, Herr, rette mich aus seiner Hand. Und rette mich
aus seinem Rachen, damit er mich nicht schnappe wie ein Wolf und reiße
mich und werfe mich in den Abgrund des Feuers und in das sturmbewegte
Meer; und lass nicht das große Meer-Monster mich verschlingen. Rette
mich, Herr, verlassen wie ich bin, denn mein Vater und meine Mutter
verweigern sich mir, weil ich zerstört und zertrümmert habe ihre goldenen
Götter, und ich habe keine andere Hoffnung außer in dir, o Herr, denn du
bist der Vater der Waisen und der Helfer der Verfolgten, und du bist die
Hilfe derer, die unterdrückt werden.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
THE LOVE SONGS OF THE LORD JESUS

By Josef Maria Mayer

PROLOGUE

The sky is thick with clouds; the forest area is dark with the oak trees; the
night frightens Christ; Oh Magdalenee! you take him home; this is the
command from the moon. But, Magdalene and Jesus stray to the tree on
the banks of river Jordan, and their secret love sport prevails.
The heart of the great poet Sir Mayer is like a mansion, beautifully
decorated with the Goddess of the Word (Sophie), who is at the feet of
Jesus, composes this great work comprising of the divine plays of the
mystical artists. Mayer means “the Mother”; Sir Mayer is one who
illuminates the utmost excellence of the pastimes of the Lord Jesus Christ
by his devotion.
Dear audience! If your mind is permeated by mellows of ever-fresh loving
attachment while hearing the pastimes of the Lord Lord, and if you are
curious to know about his ingenuity in the amorous arts, may you become
immersed in bliss by listening to the mellifluous, tender and endearing
verses of this collection of songs by the poet Mayer.

FIRST SONG

Unto the deliverer of the Holy Scriptures, the upholder of the world of
moving and stationary living beings, the saviour of Mother Earth, the
slayer of Satan, the destroyer of the demons, the conqueror of Canaan, the
wielder of the plough, the advocate of compassion and the slayer of the
barbarians; unto you who assume these ten spiritual forms, O Lord Jesus
Christ! I offer my obeisance unto you.
O God! O Lord! You rest with Lady Magdalene, with your dazzling
earrings and playing with your enchanting garland of ivory! O Lord, may
you be triumphant!
O God! O Lord! You are the ornament shining like a thousand suns. You
sever the bondage of material existence. You are the swan who sports in
the mind’s lake of the sages’ hearts. May you be triumphant! May you be
triumphant!
O God! O Lord! You pulverize the pride of the venomous snake, Satan.
You fill the hearts of your dearest ones with endless joy. You are the sun
that makes the lily of David’s dynasty bloom. May you be triumphant!
May you be triumphant!
O God! O Lord! O destroyer of the demons! O you who ride upon your
transcendent eagle! You inspire the rest of the saints’ delightful play. May
you be triumphant! May you be triumphant!
O God! O Lord! Your magnificent eyes resemble the petals of an
immaculate lily flower. You bestow emancipation from the sorrow of
material existence. You are the foundation of all the worlds. May you be
triumphant! May you be triumphant!
O God! O Lord! You decorate Mary in your incarnation as Lord Jesus. You
restore peace to the world by killing the nine-headed Hydra in battle. May
you be triumphant! May you be triumphant!
O Emmanuel, your complexion is lustrous like a fresh rain-cloud. O holder
of the Mount Zion! As a nightingale pines for the moon, you are
incessantly attached to the moonlike face of the supreme Fortune, O Lord,
O Lord! O God! May you be triumphant! May you be triumphant!
O Jesus, we have taken exclusive refuge at your lily feet. May you confer
auspiciousness by blessing us with the gift of love. O God! O Lord! May
you be triumphant! May you be triumphant!
O God, may this charming, radiant and melodious invocation of
auspiciousness composed by Sir Mayer increase your happiness. May it
bestow bliss upon your devotees who hear and recite your glorious
qualities. May you be triumphant! May you be triumphant!

SECOND SONG

Once, in the splendid spring season, when Magdalene was pining for
Christ, she began to search for him in one forest grove after another. Her
elegant, young limbs, soft as jasmine flowers, grew weary and Cupid made
her mind delirious with anxiety. At that time, her intimate girlfriend
lovingly addressed her as follows.
The zephyr breeze is so enchanting as he arrives and impetuously
embraces the tender, charming creepers again and again. The forest bower
is permeated with the sweet sound of the nightingales and the drone of
bees as they bumble to and fro.
Moreover, the Lord is also dancing in this forest bower with his virgins
when the spring is in full bloom and while being immersed in a festival of
love.
The peach trees are covered with flowers. There is no vacant space left
upon their branches. Innumerable groups of bumblebees are humming
upon clusters of crocus flowers. Cupid’s arrows hurt the virgins and over
there, Christ is dancing as he revels in love with other virgins.
Adorned with new leaves, the trees delight in diffusing their musk-like
fragrance in all directions. Girlfriend, look! These lustrous flowers
resemble the fingernails of God Cupid. It seems that the King of amorous
love has torn the bosom of youthful couples.
Blossoming roses appear to be the golden rods of King Cupid, and the
clusters of hyacinth flowers surrounded by bumblebees appear to be his
quiver.
It seems that the whole world has become shameless by the formidable
influence of spring. Seeing this, the young, compassionate trees are
laughing on the pretext of bursting into flower. Look! Shaped like javelins
for piercing the hearts of lonely lovers, the screw-pine flowers are
blossoming brightly in all directions and the directions are also overjoyed
to unite with them.
The nectar of spring flowers and the aroma of jasmine blossoms are
enthralling. Even the minds of great sages are agitated in springtime and
they suddenly become bewildered. Spring is the selfless friend of the
young.
The apple trees in the forest groves of Galilee are covered with freshly
sprouted buds because they are thrilled by the embrace of the restless
creepers. The Lord Lord is affectionately playing with virgins in the pure
water of the Jordan that flows alongside those forest groves.
This auspicious, passion-laden song has been perfectly manifested through
Sir Mayer. The portrayal of the forest in springtime is suffused with the
erotic aberrations of Magdalene when she is overwhelmed with anxiety in
separation from Christ. Woven together with transformations of passion,
the spring season awakens remembrance of the lily feet of the Lord Lord.
Wind perfumes the forest with fine pollen-shaken loose from newly
blossomed jasmine’s it blows love’s fragrant breath, it tortures every heart
it touches.
Sounds of cuckoo’s mating on apple shoots shaken as bees seek honey
scents of opening buds raise fever in the ears of lonely travellers.
Somehow they survive like a faithful mind, by thinking about the divine
love of God and His Wisdom.

THIRD SONG

Then Magdalene’s girlfriend expertly searched for Christ and saw that he
was nearby. He was immersed in joyful pastimes with beautiful virgins,
who were receiving him with the utmost respect. A need for delightful,
sensuous pastimes suddenly awakened in Christ’s mind when the virgins
showed their eagerness to embrace him. Pointing out this scene to
Magdalene, the girlfriend spoke to her again.
O playful Magdalene, look! Dressed in white cloth and a garland of forest
flowers, with myrrh paste smeared upon his brown limbs, Lord Jesus feels
the utmost elation as he enjoys with captivated virgins in this Galilean
forest. His earrings dangling in play, they ornament his smiling cheeks.
The beauty of his cheeks is astonishing and his face displays a wondrous
sweetness with the honey of his playful laughter.
One of the virgins is firmly embracing Christ with intense attachment.
Pressing the heavy burden of her voluptuous breasts against Christ’s chest,
she has begun to sing a melody of love with him, in the musical mode
“lilies”.
Another virgin, lured by his wanton quivering looks is meditating on the
lily face of Jesus. He arouses lust in the hearts of sensuous young ladies
with the romantic sidelong glances of his restless eyes, and she is greedy to
drink the honey of his lily face.
One curvaceous virgin has leant her face close to Christ’s cheek, on the
pretext of whispering a secret in his ear. When Christ understood her love-
laden intention, he reciprocates. That virgin seized this favourable
opportunity to fulfil her most cherished desire. With the utmost delight,
she has begun to kiss his tingling cheek.
Another virgin eager for the art of love, discovered a secluded place in a
charming grove of cane on the banks of river Jordan. Impelled by a joyful
fascination for the amatory arts, she pulls Christ with both hands and
dragged him away.
The Lord praises a virgin drunk from dancing with beating palms, in the
rite of love upon hearing the wondrous melody of his divine harp
combined with the sound of her ringing bangles.
Christ is embracing one of his beloveds; he is kissing another and
somewhere else he enjoys passionate caresses with another. Elsewhere he
gazes expectantly at the face of another beloved, while appreciating the
nectar of her suggestive sweet smile. Somewhere else he mimics a
willingly virgin.
May this auspicious, delightful and astounding song of Sir Mayer increase
the good fame of all. This song bestows all virtues. It describes
Magdalene’s gaze upon the wondrous mystery of the sensual games
performed by Christ as she laments.

FOURTH SONG

When Magdalene saw Christ enjoying affectionate exchanges with all the
virgins in the groves of Galilee, she became indignant because he had not
acknowledged her eminence. She immediately departed for another part of
the forest and hid herself inside a shady bower that resounded with the
drone of bumblebees. Feeling wretched, she began to disclose secrets to
her intimate female companion.
The sweet notes from his alluring lips are producing a sweet expressive
song. His restless eyes glance, his head sways and his earrings play at his
cheeks. I repeatedly remember the Lord’s attractive brown complexion, his
laughter and his humorous behaviour.
His hair is adorned with a circle of charming peacock feathers, caressed by
the moonlight that crowns his hair. His lustre resembles a mass of fresh
rain-clouds and brilliant rainbows, coloured fine cloth adorns his delicate
body.
He lowers his face with the desire to kiss the faces of the virgins in the
festival of Cupid. His tender lips are an enchanting soft ruby-red colour
like the bud of a scarlet mallow flower. The unprecedented lustre of his
captivating smile spreads across his handsome face.
His entire body thrills when he deeply embraces thousands upon thousands
of beautiful virgins with his long arms, as tender as flower petals. All
darkness is dispelled by the rays of beauty emanating from the ornaments
on his hands, feet and chest.
His forehead bears a captivating crown. Its indescribable lustre defeats the
immense beauty of a restless moon amidst a multitude of fresh rain-clouds.
I simply go on remembering how the virgins would be bruised by cruel-
hearted Christ, who is always fond of inflicting pain.
The beauty of his cheeks is enhanced by his enchanting, jewelled, fish-
shaped earrings. He accepts the role of a hero and generously fulfils the
hearts’ desires of his beloved. Attired in purple, Christ has diffused his
sweetness and captivated the best of his disciples, including saints, sages
and angels.
My heart becomes increasingly agitated by remembering Lord Christ.
After arriving beneath a broad peach tree in full blossom, he waits for me
while looking around in anticipation. He completely dispels my fear of
separation, by consoling me with many clever and flattering words. He
quickly delights me with his loving glances.
Sir Mayer has presented this poem for those fortunate persons devoted to
the service of Jesus. It describes the spell-binding beauty of Christ’s form.
It is the very embodiment of remembrance of the Lord’s lily feet and it
should be relished after taking complete shelter in the primary passion of
pure love.

FIFTH SONG

Girlfriend, Christ has abandoned me and now he goes away with other
virgins. I know that it is futile to express my love for him. Still, what am I
to do? My attachment for him is so powerful that it will not go away under
any circumstances. I just go on enumerating his wonderful qualities. When
I realize my eminence, I become maddened with ecstasy. I cannot be angry
with him, even by mistake; and I feel satisfied when I overlook his love for
others. I ardently long for him at every moment. Girlfriend, I cannot forget
him. My heart wants only him.
Once, he went to a secluded forest bower at night in accordance with the
plan we had discreetly arranged by hints and signals. In a mischievous
mood, he concealed himself in the dense foliage of the forest just to
observe my eagerness to meet him and my agony in his absence. I began to
look around with tired, fearful eyes, immersed in anxiety and thinking: Oh,
when will he come? Then he suddenly delighted me with the nectar of his
amorous laughter.
Christ is never lacking in love when it comes to relieve the burning heat of
God Cupid. What’s more, his mind is also bewildered by attachment for
me. My feelings are ornamented by him; how will my desire to unite with
him be fulfilled? Arrange for our meeting immediately.
Seeing me so naive and gullible due to the natural embarrassment that
occurs during one’s first amorous encounter, he employed a succession of
courteous words and humble entreaties to abate my shyness. Enchanted by
his flattering words, I smiled softly and sweetly and began to converse
with him. O girlfriend, immediately arrange for me to meet with him!
He made me lie down upon a charming bed of soft, fresh flowers and then,
with great pleasure, he laid so radiantly upon my heart. I kissed him and
embraced him deeply. Moreover, he embraced me and repeatedly drank the
nectar of my lips under the powerful influence of passion. O girlfriend, he
is dearer to me than my very life. Take me to meet with him at once.
From the sudden, unexpected surge of rapture within the pleasure of
passionate love with him, my eyes became tired and closed. Christ’s
cheeks assumed an extraordinary charm and loveliness from the joy of this
love-play. With sweat of love all over, his looks intoxicate me. Christ is
full of love. O girlfriend, quickly arrange for me to meet with Lord Christ!
Lord Christ is thoroughly conversant with the confidential theories found
in authentic manuals on the techniques of lovemaking. At the time of
amorous union with Christ, I murmur like a nightingale and think of him
only. My braid opened and the arrangement of flower blossoms slipped
and fell from my hair and I bear his nail marks. O girlfriend, arrange for
me to meet with my dearest Lord Christ at once!
As we enjoyed amorous play, the jewel-studded ankle-bells on my feet
rang out seeing his love. Unite me at once with that Lord Christ who
catches me by the hair, repeatedly kisses my face.
While enjoying with him, I gradually became exhausted. Christ’s slightly
open lily eyes were soaked in the mellows of Cupid. I cling like a creeper
and Jesus delights me in his love. O girlfriend, unite me with my dearest
Lord Christ at once.
This narration composed by Sir Mayer portrays Lord Christ’s love as
described by the anxious and impatient heroine in the torment of her
separation. May it increase the auspiciousness of all devotees who recite
and hear it.

SIXTH SONG

Christ, the enemy of Satan, remembered the intimate love expressed


previously by Magdalene, he realized that it was the very essence of the
highest devotion. His heart was bound by the chain of desire, embodied in
the form of Magdalene. Therefore, considering the love of the other virgins
of Galilee to be insignificant, he abandoned them all.
As he searches for Magdalene in vain, an arrow of love pierced him. Jesus
weeps in the thicket on the banks of the Jordan.
When Magdalene saw me surrounded by virgins, she became indignant
and departed. I thought, I have committed an offence, so I became fearful
and could not muster the courage to stop her from leaving. Alas! I made
her leave in anger.
She has been suffering from the heat of separation for a long time, so I
cannot predict her behaviour. What will she do? What will she say? Alas!
In the absence of Magdalene, my wealth, my relatives, my life, my home
and everything seems worthless.
I feel as if I am directly beholding the face of Lady Magdalene, with its
arched creeper-like eyebrows. Her angry face resembles a red rose
surrounded by hovering bumblebees.
Alas! When I continuously realize the direct presence of Magdalene and
deeply embrace her in the temple of my heart, why am I uselessly
lamenting over her and why am I repeatedly searching for her from forest
to forest?
O delicate woman with a slender waist, it seems that your heart is
contaminated with jealousy, which wastes your heart. But what can I do?
You proudly left in a huff. What kind of humble supplication should I offer
to dispel your indignation? I have no idea.
You haunt me appearing and disappearing again. Why do you deny me,
winding embraces that you once gave me?
O beautiful one, please forgive me. I will never offend you again. Allow
me to see you at once. I am reeling from the pain inflicted by Cupid.
Sir Mayer appeared in the village of Nazareth just as the moon appears
from the ocean. He has humbly collected Lord Christ’s expressions of deep
emotion in the form of this song.

SEVENTH SONG

On the banks of Jordan, in the forest among the dense plants where Jesus
was reeling under ardent love, Magdalene’s girlfriend spoke:
O Jesus! Magdalene is experiencing intense suffering in separation from
you. She is so afraid of the incessant rain of Cupid’s arrows that she has
resorted to prayer to find relief from this slow-burning fire of distress. She
has unconditionally surrendered to you and now she is completely
immersed in you by the practice of prayer. In your absence, even the rays
of the moon, she feels as is burning her. The southern breeze with myrrh
fragrance, increases her pain of separation.
The arrows of Cupid are falling incessantly upon her heart. Since you
reside there, she is making a mystical shield to protect you by covering her
vulnerable heart with large lily petals bearing droplets of water.
Jesus! Magdalene is making a delightful flower bed, suitable for your
enjoyment. Yet it seems to be a bed of Cupid’s arrows. She is performing
severe austerities in the form of a vow to recline on a bed of arrows in the
hope of attaining your deep embrace.
She raises her sublime lily face, clouded and streaked with tears, like the
moon dripping nectar from the cuts made by the eclipse’s teeth.
O Lord Christ, in a secluded place, Magdalene is painting a picture of your
captivating form in deer musk. After depicting you with apple-bud arrows
in your hand, she bows down to offer respectful obeisance to your portrait
and worships you.
O Jesus, Magdalene pleads again and again Hey Lord Jesus Christ! I am
falling at your feet. As soon as you become indifferent to me, even the
nectar of the moon-goddess feels like shower of fire upon my body.
Lady Magdalene is completely absorbed in prayer to you. She imagines
that you are directly before her. Sometimes she laments in separation,
sometimes she expresses jubilation, sometimes she cries and sometimes
she abandons all suffering by being embraced in a momentary vision.
This song composed by Sir Mayer, based on the words spoken by
Magdalene’s dear girlfriend, should be enacted within the temple of the
heart. The girlfriend’s description of Magdalene’s pain in separation from
the Lord Lord are worthy of constant recitation.

EIGTH SONG

O Lord Christ, my girlfriend Magdalene is behaving exactly like a deer.


She considers her residence to be the forest and her friends to be like
hunters with a net. The flames of the blazing forest fire in her body are
intensified by her own sighs of pain. Alas, alas! Cupid has become Death
personified, disguised as a tiger hunting its prey.
O Jesus, Magdalene is so emaciated in separation from you that the
charming garland of necklace has become a burden upon her. Hey Jesus,
Magdalene suffers in pangs of your separation.
O Jesus, in separation from you, Magdalene looks upon the moist, smooth
myrrh paste smeared on her body feels like poison to her.
Strong winds of her own sighing, feels like burning fire of love.
Her lily eyes glance in all directions, scattering the rain of her teardrops
like water-speckled lily flowers detached from their stems.
Although she sees a bed of fresh petals directly before her, in her
bewilderment she perceives it to be a blazing fire.
Her reddish rose hand presses her cheek, which resembles the beauty of
the newly risen moon in the twilight sky, when she sits alone in a secluded
place.
It seems that Magdalene has decided to give up her life. In separation from
you, she continuously chants passionately your name, Lord Lord, Lord
Lord, with the desire to attain you.
May this song of Sir Mayer bestow happiness upon the devotees who are
unconditionally surrendered at the feet of Lord Jesus.

NINTH SONG

I’ll stay here, you go to Magdalene appease her with my words and bring
her to me! Commanded by Jesus, her girlfriend went to repeat his words to
Magdalene.
My dear girlfriend Magdalene, the zephyr breeze drifts along slowly, just
to soak everyone in the mood for love. Varieties of flowers are opening
and tearing open the hearts of lonely lovers. At this provocative time of
spring, passionate Jesus feels morose in separation from you, Magdalene.
The moonshine scorches him threatening death. His heart is pierced by
flowers that fall from the trees like arrows of Cupid. He bitterly laments in
your separation.
He covers his ears with his hands when he hears the humming of
bumblebees. Every night he expects that he will attain your company, but
he is disappointed. His infirmity increases as he goes on enduring the
torture of separation day after day.
He has abandoned his own charming bed chamber in the palace, to reside
in the forest. Instead of living comfortably at home, he rolls about on the
ground, repeatedly calling out your name, Magdalene! Magdalene!
This song of Sir Mayer is full of Christ’s anxiety of separation. As a result
of the piety infused by this song, those who recite it attain an unsurpassed
immersion in the pastimes of separation. May Lord Jesus Christ manifest
within their hearts.

TENTH SONG

Jesus still awaits you in love’s most sacred thicket, where you perfected
love together. He meditates on you without sleeping. muttering a series of
prayers. He craves for you.
Christ is adorned with a garland of forest flowers and his form is
scintillating. He is dressed in the most fascinating attire, exactly like the
god of sensuality. Don’t make him wait, Magdalene. Follow the Lord of
your heart.
He is currently waiting in a forest bower on the gentle zephyr-windswept
shore of the Jordan. He waits for you, Magdalene.
O Magdalene, he is softly playing his harp, as if calling your name. He
considers himself immensely fortunate to be touched by the pollen, that
have first touched your body. As they come to him on the breeze, he
receives them with the utmost honour.
As Christ joyfully makes the bed, he experiences many internal visions.
When a bird landing on a tree rustles the leaves and makes the slightest
sound, Christ glances with startled eyes along the path of your expected
arrival.
Girlfriend, go! Move in the direction of that thicket. Take off your ankle-
bells. They clang like traitors in your play. Put on this dark blue garment.
Your garland falls on Jesus’ chest, which is decorated with a necklace of
jewels, like lightening on a dark cloud. Drink that intoxicated love and
enjoy your good fortune.
O blue lily-eyed Magdalene, loosen your mind and drink the passion of
love. Be with your lover’s joyful fulfilment, on a bed of freshly sprouted
leaves.
Now Lord Jesus is full of pride. The last period of the night is about to
pass, so accept my advice. Go at once, without further delay, and fulfil the
desires of the Lord Lord Christ,
O saints! Christ is exuberant, causelessly merciful, exceptionally sweet,
virtuous and adorned with all desirable qualities. Offer obeisance to him
with a joyful heart by reciting this song of Sir Mayer, the composer of the
most enchanting poetry and the servant of the Lord Lord.

ELEVENTH SONG

Magdalene was sitting in a chamber of flowering vines. When the


girlfriend saw Magdalene powerless to go to Christ despite her being
fervently desirous of his company, she described Magdalene’s condition to
Jesus.
O Lord, you are her only refuge. Lady Magdalene is sinking to the depths
of despair in the trysting place. She is in agony. In all directions and in the
core of her heart, she sees you who are so skilful in drinking the sweet
nectar of her lips.
Rushing in her haste to meet you, she stumbles after a few steps and falls
down.
She puts on bangles, a sash, rings, armlets, necklaces and other ornaments
made of spotless white lilies and freshly sprouted leaves. She is living only
in the hope of being with you again.
O Christ, her mind has become one with yours. Imagining that, “I am
Jesus”, she identifies herself with you and stares at her ornaments.
Why won’t the Lord come quickly to meet me? she incessantly asks her
girlfriend.
In the dense darkness, she embraces and kisses the cloud-like form, and
says, The Lord has come.
When Magdalene returns to external consciousness and realizes that you
have still not arrived, she loses all bashfulness and begins to weep out
loud.
May this song of the poet Mayer awaken abundant jubilation in the hearts
of those who are expert in relishing passion.

TWELFTH SONG

As night came, the mood displayed cratered stains, seeming to flaunt its
guilt with lighting depths of Galilee with moonbeams. The moon appeared
like a spot of cinnamon powder on the face of the sky.
While the moon rose and Jesus idled, lonely Magdalene cried her pain
aloud in pitiful sobbing.
My immaculate youth and beauty are all in vain because the Lord has not
come to the forest at the promised time. I have been deceived by my
friends, so to whom may I seek refuge now?
That very person, in pursuance of whom I have even entered this wild
forest on such a dark night, is piercing my heart with arrows of love. To
whom may I turn for refuge?
It is useless to maintain this body any longer. I should die at once. I am
becoming senseless. How can I endure this intolerable fire of separation?
Oh, how unfortunate I am. This exceptionally sweet spring-night makes
me unsteady with the pain of loneliness. At a time like this it is certain that
elsewhere some impassioned young woman is experiencing the highest
happiness of the Lord’s favour, as she enjoys the fruit of her pious
activities.
Every bangle and jewel I wear pains me, carrying the fire of the Lord’s
desertion.
Even this garland of forest flowers on my chest is inflicting terrible blows
like the arrows of Cupid upon my body, which is more delicate than the
softest flower blossoms.
I fearlessly sit waiting for Christ, even in the midst of this formidable
forest. But how astonishing it is that Jesus does not remember me even
once.
As the qualities of a beautiful young woman, who is expert in all arts,
always shine within the heart of a young man, similarly may this delightful
song of Sir Mayer, who is unconditionally surrendered at the lily feet of
the Lord Jesus Christ, always bless the hearts of the devotees.

THIRTEENTH SONG

When Magdalene saw her girlfriend come back without Jesus, downcast
and tongue-tied, suspicion raised a vision of some virgin delighting Jesus
and she told her girlfriend..
O girlfriend, she is attired in clothes and ornaments suitable for an
amorous battle. Tangle of flowers lie wilted in her loosened hair. Some
young woman, who is more qualified than I, is blissfully engaged in
revelry with Jesus.
When Christ deeply embraces her, she becomes bewildered by sensual
agitation. She must be experiencing the bodily transformations beginning
with the thrill of every pore of her skin and her necklace must be swinging
to and fro on her.
The beauty of her moonlike face must be enhanced by her curling locks of
hair and her eyes must be blissfully closed out of an all-consuming greed
to drink the nectar of Christ’s lips.
Her cheeks must be even lovelier when her earrings are swinging. The tiny
bells on the jewelled sash elegantly adorning her waist must be tinkling so
sweetly as they quiver.
When Christ lovingly glances upon her, she becomes bashful and laughs
shyly. She must be making an inarticulate sound resembling the warbling
of birds like the cuckoo or nightingale, as she gasps for breath in the state
of excessive ecstasy.
When she is thrilled by the ecstasies of Cupid, bodily convulsions wash
over her like waves. Her complete absorption in Christ will be revealed by
the way she closes her eyes and lets out a long sigh.
She looks even more attractive when her graceful body is covered in
droplets of perspiration from the exertion of her love-sports. How much
more beautiful she must be when she finally rests upon Christ’s chest.
May Sir Mayer’s description of the Lord Lord’s love-play subdue the ill
effects of the age of Satan. May it cleanse the heart from unwanted desires.

FOURTEENTH SONG

The lonely moon like the lily face of Jesus, wane in love’s desolation, that
pales in separation from me. But the moon is Cupid’s friend, it still inflicts
torments on my heart.
Jesus is victorious in the love-battle. This attractive virgin, every pore of
her skin erupting with joy, is the very embodiment of bliss. Lord Christ is
decorating her face with a design in musk that resembles the mark of a
deer upon the moon. His hair is also standing on end and is kissing her.
Now he is enjoying a romance with his beloved in a forest on the bank of
the Jordan.
Her hair is so black, soft, curly and abundant that it resembles a multitude
of rain clouds. Or it seems to be a dense forest wherein the deer called
Cupid can wander without fear. The rose flowers arranged in her hair by
the Lord Lord are shining brilliantly like lightning in the dark clouds.
He smears her with deer musk and he is adorning her with an enchanting
necklace of pearls, as if placing a constellation of immaculate stars, upon
the firmament of the night sky.
He slips a dark sapphire bangle over her lily petal hand. It looks like a
swarm of bees encircling her arms, which are cooler than lily supple stalk.
He lays a girdle of gemstones on her thighs.
He applies a shining coat of lac on her toe nails. He is lying on his heart,
like tender shoots tipped with pearls to honour Mary’s place inside.
The son of David – that indiscriminate Christ – is delighting in the
embrace of some virgin with beautiful eyes. So girlfriend, tell me – how
long shall I sit waiting in this bower of flowering vines pinned by his
seperation?
The king of poets, Sir Mayer, glorifies the pastimes of the Lord Lord,
which are completely full of his divine qualities. May the fault of wicked
behaviour, which is so prevalent in this adulterous age, never enter this
servant of the Lord Jesus.

FIFTEENTH SONG
Girlfriend, what fault is that of yours that he has not come yet? Look!
Today my heart has been broken by the burden of intense eagerness. Being
attracted by the qualities of my most beloved Christ, my heart will go to
meet with him by itself.
His eyes flirt like blue night lilies in the wind. Oh girlfriend! The
wildflower garland of the Lord caresses her.
The terrible arrows of Cupid can never pierce that beautiful woman who
has been blessed by Jesus Christ. His charming face resembles a fully
blossomed lily flower.
Christ speaks nectarine sweet and delightful words to that virgin. She can
never feel scorched by contact with the zephyr breeze.
Christ’s hands and feet are as cool and lustrous as flowers. The charming
woman who has been enjoyed by them does not have to roll about on the
earth, burning in the rays of the moon.
Jesus Christ is even more enchanting, fresh and effulgent than a newly
condensed rain-cloud. That virgin who is with Christ will never be burnt
by a large quantity of poison in the form of prolonged separation.
His bright face shines like gold. This fortunate women though teased by
her own people, will make her sign.
The entire universe is touched by his beauty. Christ’s charming, youthful
form is lustrous. That virgin who is now in love with him, will not feel the
dreadful pain of separation in the core of her heart because he is
exceedingly compassionate.
May the Lord Lord enter the hearts of the devotees, with the words
rendered herein by Sir Mayer.

SIXTEENTH SONG

After struggling through the night, she seemed tired by Cupid’s arrows.
She began to speak to him in temper, as he bowed before her pleading for
forgiveness.
Your blue eyes are slowly closing from the sleepless night of passion.
Even now they express a powerful and increasing attachment for that
beautiful virgins.
Go away, Christ! Go, Jesus! Don’t plead your lies with me, go after that
lily eyed virgin. She will ease your despair.
Your beautiful red lips have become dark from kissing her painted eyes.
Your body is marked with scratches from the sharp nails of that virgin. It
appears as if a certificate of victory has been inscribed in golden letters
upon an emerald wall.
Your celebrated chest is coloured with marks of red footlac from the lily
feet of that attractive woman. It seems as if the firmly-rooted tree of
amorous desire situated in the core of your heart is outwardly manifesting
its newly sprouted red leaves.
Your lips are cut and wounded from the biting of that sensual woman’s
teeth. Seeing this, sorrow rises within my heart, yet even now you say,
Your body is not separate from mine, we are not different.
Your heart must be dark, Christ! How can you deceive a faithful creature
tortured by your love?
You are roaming in the forest looking for innocent women. What is
astonishing about this? By killing the snakes while still in your infancy,
you had already acquainted us with your cruel and merciless nature.
O learned ones, may you hear the bitter lamentation of a betrayed and
sensually deprived young woman, Magdalene, which is even sweeter than
nectar. Heaven rarely yields such sweet elixir.
The red stains her lac-painted feet lovingly left on your heart, look to me
like Love. O Cheater! it is shame alone that supercedes the sorrow I feel in
my heart.
One morning, in a state of utter bewilderment, Christ put on Magdalene’s
blue upper garment and Magdalene covered her breast with Christ’s red
upper garment. Seeing this, all the girlfriends burst into fits of
uncontrollable laughter. When Christ saw them all laughing, he became
shy and, with a mild smile, he cast an expressive sidelong glance towards
the lily face of Magdalene. May that son of David give joy to the whole
universe!

SEVENTEENTH SONG

Magdalene was severely oppressed by the arrows of Cupid and


disappointed to be deprived of the rapture of union with Christ. Dejected
and haunted by the Lord’s response to her quarrel, her girlfriend spoke to
Magdalene.
O sulky woman, look! The gentle spring breeze is blowing and Christ has
come to your trysting chamber. My dear friend, what could be a greater
source of happiness than this?
Don’t waste your youth.
How many times do I have to tell you? Do not abandon the exceptionally
handsome and charming Lord Lord.
Why are you so overwhelmed with lamentation? Why are you weeping?
Your youthful rivals are delighted to see your alluring gestures.
Make your eyes successful by gazing lovingly at the Lord Christ as he
reclines upon a cool bed of moist lily petals.
Why are you so agitated in your heart of hearts? Listen to me. I am
speaking only for your benefit, without any ulterior motive.
Allow the Lord Lord to come close to you. Allow him to speak some sweet
words. Why are you inflicting even more pain upon your own heart?
May this exquisite description of the Lord Lord’s activities composed by
Sir Mayer increase the happiness of the devotees who are expert in
relishing love’s passion.
When he’s tender, you’re harsh. When he’s pliant, you’re rigid. He’s
passionate, you’re hateful. When he looks expectant, you turn away. You
leave when he is loving, your stubbornness justly turns balm to poison,
cool moon rays to heat, ice to fire, joys of lust to torments of hell.
The sound of Christ’s harp bewilders the hearts of the virgins. It makes
their jewelled tiaras whirl and their elegant floral decorations fall. It drives
away the irrepressible suffering of the celestials. It makes doe-eyed women
become stunned. It attracts them and increases the jubilation of their eyes.
May that harp-sound destroy all impediments on the path of
auspiciousness for everyone.
When Christ deflated the pride of Satan, the celestials were immersed in
bliss. As they bowed to him with the utmost reverence, the reflected lustre
of the sapphires on their crowns made his feet seem to be white lily
flowers. The charming Jordan flows effortlessly and spontaneously like
honey from the lily of those feet. We prostrate to that Lord Jesus’ lily feet,
the vanquishers of all inauspiciousness.

EIGHTEENTH SONG

As night came, he approached Magdalene, finding the force of her anger


softened, her face weak from endless sighing. She stared in shame at her
friends face, as the Lord spoke his emotion-filled blissful words.
My beloved, O graceful one, give up this causeless aversion. If you will
speak to me, even a little, the terrible darkness of my fear will be dispelled
by the effulgent rays of your teeth. Then your moonlike face will make the
nightingale of my eyes anxious to drink the nectar of your lips.
My cherished love! Abandon your baseless ego. The fire of amorous desire
is burning in my heart. Allow me to drink the honey of your lily face.
O you whose teeth are radiant, if you are genuinely angry with me, then
strike me with the sharp arrows of your glance. Bind me in the ropes of
your arms. Cut my lips with the biting of your teeth. Do whatever will
make you happy.
You are my only ornament. You are my very life. You are the pearl in the
ocean of my existence. Always remain favourably disposed to me – my
heart wishes only that.
O slender woman, your blue lily-like eyes have now become reddish.
Cupid’s arrow arises the expression of love. Christ’s love responds to that,
with the same intensity.
The pearls adorning you, move the depths of your heart. May this sash of
bells splendidly adorning you, proclaim the order of Cupid.
O softly spoken one, your feet defeat the beauty of a lily and increase the
lustre of my heart. Just order me to colour those feet with foot-lac.
My beloved! Offer the fresh buds of your enchanting feet as an ornament
upon my head, so the effect of Cupid’s poison may be alleviated and the
harsh fire of amorous desires may also be relieved.
Sir Mayer, the beloved of Jesus, has related the tender, flattering words
spoken by Jesus to Magdalene. May these sweet, enchanting words be
triumphant.

NINETHEENTH SONG

Fretful Magdalene, don’t suspect me! A rival has no place, When you
always occupy my heart. Fulfil our destined rite!
Punish me, lovely fool! bite me, chain me with your creeper arms, crush
me, don’t weaken with joy! Let Cupid’s arrows pierce me!
O woman with a radiant moonlike face, the curving vine of your eyebrow
overwhelms the hearts of young men. It resembles a female snake who
even defeats the terrible influence of time itself. The intoxicating nectar
flowing from your lips is the only medicine to dispel the fear created by
your eyebrow.
My beloved Magdalene, O hot-tempered woman, your enchanting red lips
are friends with the lustre of a rose. Your cool cheeks have assumed the
splendour of a lily. Your eyes eclipse the beauty of a blue lake-flower. Your
nose is like a sesame flower. Your teeth are as radiant as jasmine blossoms.
O beloved, the archer Cupid worshipped your face with his five flower
arrows and then conquered the entire universe.
Your moist lips glow, like scarlet autumn; the skin of cheek is a honey-
coloured flower. Magdalene, your eyes glow like gleaming dark lilies,
your nose is sesame flower, your teeth white jasmine. O you who are
bereft of proper discrimination, your affectionate beloved is present before
you.
Your eyes are lazy, your face glows like the moonlight nymph, your gait
pleases every creatures, your thighs are hills in motion, your passion is the
mystic rite of Eros, your brows form the sensual line of the truth. Saint
Mary Magdalene, as you walk on earth, you are the young beauty of an
heavenly nymph!

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
MYSTISCHE AUTOBIOGRAPHIE

Von Josef Maria Mayer

MEINER MUTTER, DIE ES SOGLEICH VERBRENNEN MÖGE!

Meine liebe Mutter!

Höre: ich hatte eigentlich im Sinn, eine Generalbeichte meiner Sünden zu


schreiben, ohne etwas anderes hinzuzufügen, aber deine Schutzengelin
machte mir Vorwürfe und sagte, ich solle gehorchen und eine
Zusammenstellung machen von allem, was in meinem Leben vorgefallen
ist, Gutes und Schlechtes.
Welche Qual, liebe Mutter, hierin zu gehorchen! Aber bitte, gib gut acht:
du sollst es lesen und so oft lesen, wie du willst, aber niemand anderer
außer dir; und es dann gleich verbrennen. Nicht wahr?

Die Engelin hat mir versprochen, mich zu unterstützen und mir alles ins
Gedächtnis kommen zu lassen: denn ich sag es dir offen, ich habe sogar
geweint und wollte es nicht tun: Ich schreckte davor zurück, mir alles ins
Gedächtnis zurückzurufen; aber die Engelin hat mir versichert, mich zu
unterstützen.

Und dann denke ich auch, liebe Mutter: wenn du meine Niederschrift
gelesen und meine Sünden gehört hast, wirst du rot werden und nicht mehr
meine Mutter sein wollen; dann aber... Doch ich hoffe, du wirst es immer
sein wollen. Bereite dich also vor, Sünden jeder Art und Gattung zu hören.

Und du, meine Mutter, billigst du das, was die Engelin mir gesagt hat, dass
ich über mein ganzes Leben schreiben soll? Es ist ein Befehl, und
außerdem weiß ich, dass die Dinge, die die Engelin mich geheißen hat, ja
meiner Mutter längst bekannt sind. Wenn ich alles schreibe, das Gute wie
das Böse, so wirst du besser einsehen, wie schlecht ich gewesen bin, und
wie alle anderen dagegen gut mit mir waren; wie undankbar ich mich
gegenüber Jesus aufgeführt habe und wie oft ich die guten Ratschläge der
Eltern und Lehrerinnen nicht hören wollte.

Nun aber ans Werk, meine Mutter. Es lebe Jesus!

Die erste Erinnerung ist, dass meine Oma, als ich noch nicht sieben Jahre
alt war, mich häufig auf den Arm zu nehmen pflegte und mehrere Male
dabei weinte und wiederholte: "Ich habe Jesus so sehr gebeten, dass er mir
ein Mädchen schenken möchte: er hat mich erhört, aber ein wenig spät. Ich
bin krank - wiederholte sie immer wieder - und werde sterben müssen,
werde dich verlassen müssen; O, wenn ich dich doch mit mir nehmen
könnte! Möchtest du mit mir kommen?"

Ich begriff wenig davon und weinte, weil ich die Oma weinen sah. "Und
wohin willst du gehen?", fragte ich sie. "Ins Paradies, zu Jesus, zu Maria,
zu den Jugfrauen..."
Es war also meine Oma, liebe Mutter, die in mir schon von klein auf die
Sehnsucht nach dem Paradies wachzurufen begann; aber wenn ich diese
Sehnsucht heute noch habe und dorthin gehen möchte, so bekomme ich
Schimpfe und ein Nein zu hören als Antwort.

Der Oma gab ich ein Ja zur Antwort und ich erinnere mich, dass, nachdem
sie so oft wiederholt hatte, mich ins Paradies mitnehmen zu wollen, ich
mich gar nicht von ihr trennen und gar nicht mehr aus ihrem Zimmer
gehen wollte.

Der Arzt gebot zwar, dass wir uns sogar nicht einmal ihrem Bette nähern
sollten; aber für mich war alles Verbieten unnütz, ich gehorchte nicht.
Jeden Abend vor dem Zubettgehen ging ich zu ihr, um zu beten: ich kniete
mich an ihrem Kopfkissen nieder und wir beteten.

Eines Abends ließ sie mich zu den gewohnten Gebeten noch ein. Ich betete
zwar, aber wie gewöhnlich mit Unlust und ohne Aufmerksamkeit; ich
bockte und zankte mit Oma, dass es zu viel Gebet sei und ich keine Lust
habe. Und die nachsichtige Oma machte es an den anderen Abenden dann
kürzer.

Inzwischen kam die Zeit, da ich konfirmiert werden sollte. Meine Oma
dachte daran, mir ein wenig Unterricht geben zu lassen, da ich so gar
nichts wusste. Aber ich wollte nicht aus ihrer Kammer weichen, und so
war eine Lehrerin gezwungen, jeden Abend ins Haus zu kommen, immer
unter den Augen der Großmutter.

Ich empfing die Konfirmation, aber weinend, weil meine Begleitung


danach die Messe hören wollte und ich immer fürchtete, die Oma könnte
davongehen und sterben, ohne mich mitzunehmen.

Ich hörte so gut wie möglich den Gottesdienst und betete für Oma; da ganz
plötzlich sprach zu mir eine innere Stimme im Herzen: "Willst du mir
deine Oma geben?“ „Ja, antworte ich, aber nur, wenn du auch mich
mitnimmst." „Nein, wiederholte die Stimme, gib mir deine Oma freiwillig.
Du musst vorläufig noch bei den Eltern bleiben. Ich werde sie dir in den
Himmel entführen, verstehst du? Gibst du sie mir gerne?" Ich war
gezwungen, mit Ja zu antworten; nach Beendigung des Gottesdienstes lief
ich nach Haus. Mein Gott! Ich schaute Oma an und weinte; ich konnte
mich nicht beherrschen.

Es vergingen zwei weitere Monate; niemals trennte ich mich von Oma.
Endlich aber führten mich die Eltern, die fürchteten, ich möchte noch vor
der Oma sterben, eines Tages mit Gewalt fort und brachte mich zu einer
Tante. Welche Qual! Ich sah niemanden mehr, weder die Eltern noch den
Bruder; endlich erfuhr ich, dass Oma am 21. Januar jenes Jahres gestorben
war.

Ich änderte mein Leben bei der Tante, die ganz und gar nicht der Oma
glich: gut, fromm, aber von der Kirche wollte sie nur bis zu einem
bestimmten Punkt etwas wissen. Ja, damals trauerte ich der Zeit nach, da
mich die Oma so viel beten gelehrt. Die ganze Zeit, die ich bei der Tante
war, war es mir nicht möglich zu beichten; nur sieben Male beichtete ich
und hätte es doch jeden Tag tun müssen, nachdem die Oma gestorben war.

Die Tante beschloss, mich wie eine Tochter zu behalten, aber als mein
Bruder davon hörte, wollte er es auf keinen Fall; und Weihnachten kehrte
ich in die Familie zurück, zu den Eltern und dem Bruder.

Welche Freude empfand ich bei der Rückkehr zu ihnen, als ich den
Händen der Tante entging! Sie meinte es gewiss sehr gut mit mir, ich aber
keineswegs.... Der Vater schickte mich zur Schule.

In der Zeit, da ich bei der Tante war, war ich immer böse. Die Tante hatte
einen Sohn, der mich ärgerte und handgreiflich gegen mich wurde; eines
Tages, als er ausritt, befahl mir die Tante, ihm ich weiß nicht was für ein
Kleidungsstück zu bringen. Ich brachte es ihm, und er kniff mich: da gab
ich ihm einen starken Schubs, so dass er vom Pferd herunterfiel; er
verletzte sich am Kopf. Die Tante band mir die Hände hinten auf dem
Rücken zusammen für einen ganzen Tag. Ich ärgerte mich, wurde zornig,
widersprach und machte einen Haufen Grimassen und sagte auch, ich
wolle mich rächen.

Ich begann nun zur Schule zu gehen: ich war im Paradies. Ich zeigte gleich
das Verlangen, das Abendmahl zu empfangen; aber man fand mich so böse
und unwissend, dass man ganz bestürzt war. Die Lehrerinnen begannen
mich zu unterrichten und mir viele gute Lehren zu geben; aber ich wurde
immer noch schlechter. Ich hatte einzig das Verlangen, bald das
Abendmahl zu empfangen, und die Lehrerinnen hatten ein Einsehen und
gewährten es mir bald.

Die Lehrerinnen hielten die Feier des Abendmahles gewöhnlich im Juni;


wir waren inzwischen an diesen Zeitpunkt herangekommen, und ich wollte
die Eltern um Erlaubnis bitten, für einige Zeit in einem Kloster wohnen zu
dürfen, mein Vater ärgerte sich und erlaubte es nicht; aber ich, die ich wohl
die List kannte, ihn zu bewegen, alles zu erlauben, wandte die List an und
erreichte es gleich. Ich weinte, sonst erreichte ich nichts. Am Abend erhielt
ich die Erlaubnis und gleich am Morgen ging ich ins Kloster und hielt
mich dort fünfzehn Tage auf. In dieser Zeit sah ich gar niemanden von der
Familie. Aber wie fühlte ich mich wohl! Welches Paradies, liebe Mutter!

Kaum war ich im Kloster, so fühlte ich mich befriedigt, lief in die Kapelle,
um Jesus zu danken, und betete innig, um mich gut auf das Abendmahl
vorzubereiten.

Aber ich hatte noch ein anderes Anliegen außer diesem: die Großmutter
hatte mir, als ich noch klein war, den Gekreuzigten gezeigt und mir gesagt,
dass er am Kreuze gestorben sei für die Menschen; später hörte ich es dann
wiederholen von den Lehrerinnen; aber ich begriff es niemals richtig; und
dabei hätte ich so gewünscht, genau das ganze Leben Jesu und seine
Leidensgeschichte kennen zu lernen. Ich äußerte dieses Verlangen meiner
Lehrerin gegenüber, und sie begann Tag für Tag mir etwas davon zu
erklären; sie wählte dazu eine Stunde, wenn die anderen Kinder schon im
Bett waren, und tat es, glaube ich, heimlich.

Eines Abends erklärte sie mir etwas von der Kreuzigung, der
Dornenkrönung und dem ganzen Leiden Jesu: sie tat es so gut und so
lebendig, dass ich dabei großen Schmerz und Mitleid empfand, so sehr,
dass ich auf der Stelle hohes Fieber bekam und den ganzen folgenden Tag
im Bett bleiben musste.

Sie bereiteten mir auch Unruhe, die Lehrerinnen: sie wollten meine Eltern
benachrichtigen, dass ich Fieber bekommen habe; aber sie bezahlten es
teuer, weil es für sie, für mich und das ganze Kloster Folgen hatte.
In die geistigen Übungen trat ich mit anderen elf Kindern im Juni ein. Alle
Kinder gaben sich Mühe, sich gut auf den Empfang Jesu vorzubereiten; ich
allein war die Nachlässigste und Zerstreuteste von allen: ich dachte gar
nicht daran, mein Leben zu ändern; ich hörte die Vorträge, aber vergaß sie
bald wieder.

Oft, ja jeden Tag, sagte die gute Lehrerin: "Wer Jesus genießt, wird an
seinem Leben teilhaben." Diese Worte bereiteten mir großen Trost und ich
überlegte bei mir: Wenn also Jesus in mir sein wird, so werde ich nicht
mehr in mir leben, sondern Jesus wird in mir leben. Zuweilen brachte ich
ganze Nächte damit zu, diese Worte: Jesus lebt in mir, zu betrachten, von
Verlangen verzehrt.

Endlich kam der so heißersehnte Tag. Am Tage zuvor schrieb ich diese
wenigen Zeilen an meine Eltern:

Liebe Eltern!
Wir stehen am Vorabend des Tages des ersten Abendmahles, eines Tages
voll unendlicher Freude für mich. Ich schreibe euch diese Zeilen nur, um
euch meiner gehorsamen Liebe zu versichern und damit ihr Jesus bittet,
dass er, wenn er das erste Mal zu mir kommt, mich vorbereitet findet, alle
die Gnaden zu empfangen, die er mir bereitet hat. Ich bitte ihn um
Verzeihung für alle Unarten und so vielen Ungehorsam, den ich ihm
gegenüber begangen habe, und bitte ihn, er möchte heute Abend alles
vergessen. Um seinen Segen bittend, bin ich eure gehorsame Tochter.

Ich bereitete mich mit großer Mühe der guten Lehrerinnen auf die
Konfession vor; ich beendete sie am Samstag, am Vorabend des
glücklichen Tages.

Endlich kam der Sonntagmorgen; ich erhob mich gleich und lief zu Jesus,
zum ersten Mal. Endlich war mein seufzendes Verlangen gestillt. Ich
verstand zum ersten Mal das Versprechen Jesus: "Wer mich genießt, wird
mein Leben auch leben."

Liebe Mutter, was in diesem Augenblick zwischen mir und Jesus vorging,
kann ich nicht ausdrücken. Jesus teilte sich meiner kleinen Seele ganz
stark fühlbar mit. Ich begriff in diesem Augenblick, dass die Freuden des
Himmels nicht die der Erde sind. Ich fühlte mich von dem Verlangen
gepackt, diese Vereinigung mit meinem Gott dauernd zu wiederholen.
Immer mehr fühlte ich mich losgelöst von der Welt und immer mehr
geneigt zur Kontemplation. An diesem gleichen Morgen war es auch, dass
Jesus mir das Verlangen eingab, gottgeweiht zu leben.

In der Schule verging kein Tag, dass ich nicht gestraft wurde; ich wusste
die Aufgaben nicht und wenig fehlte, dass man mich fortgejagt hätte. Im
Hause ließ ich niemanden in Frieden; jeden Tag wollte ich spazieren gehen
und immer neue Kleider haben, die meine Eltern mir einige Zeit
gewährten. Ich unterließ jeden Morgen und Abend das Gebet; aber niemals
vergaß ich bei allen diesen Sünden jeden Tag drei Ave Maria mit den
Händen zwischen den Beinen zu beten.

Das einzige, was mir in dieser Zeit, die fast ein ganzes Jahr lang dauerte,
geblieben war, war die Liebe zu den Armen. Jedesmal, wenn ich von
Zuhause fortging, wollte ich immer Geld von meinen Eltern, und wenn sie
es mir manchmal verweigerten, nahm ich Brot, Milch und andere Sachen
von Zuhause mit; Gott selbst wollte, dass ich Armen begegnete.
Denjenigen, die an unsere Haustür kamen, gab ich Mäntel und Schuhe und
alles, dessen ich habhaft werden konnte.

Dann bekam ich ein Verbot von Seiten des Pfarrers, und ich tat es nicht
mehr; und auf diese Weise wirkte Jesus in mir eine neue Bekehrung; denn
meine Eltern gaben mir kein Geld mehr, von Zuhause konnte ich nichts
mehr mitnehmen und doch begegnete ich Armen, die alle zu mir liefen. Ich
konnte ihnen nichts mehr geben, und das war ein Schmerz, der mich
dauernd weinen ließ.

Ich versuchte nun, aufs neue eine Konfession abzulegen; doch sie wurde
mir nicht gestattet. Ich beichtete aber alles im Gebet, und Jesus gab mir
darüber so große Schmerzen ein, dass ich ihn noch immer fühle. Ich bat
die Lehrerinnen um Verzeihung, weil ich ihnen vor allem missfallen hatte.

Den Eltern aber und dem Bruder gefiel diese Bekehrung nicht; besonders
meinem Bruder nicht, weil ich jeden Morgen frühzeitig die Messe hören
wollte. Aber Jesus unterstützte mich von dieser Zeit an immer mehr.

In dieser Zeit, da auch mein Onkel gestorben war, kamen zwei Tanten zu
uns in die Familie. Es waren gute, fromme und liebevolle Tanten; aber es
war doch nicht die zarte Liebe der Oma. Sie führten mich fast jeden Tag in
die Messe und versäumten auch nicht, mich in den Dingen der Religion zu
unterrichten.

Die Schlechteste von allen war immer ich, und wer weiß, welch strenge
Rechenschaft ich noch einmal dem Herrn werde ablegen müssen für das
schlechte Beispiel, das ich meinem Bruder und meinen Mitschülern gab.
Die Tanten vergaßen nicht, mich in allem, worin ich fehlte,
zurechtzuweisen; aber ich antwortete ihnen nur mit Anmaßung, und sie
bekamen von mir nichts als freche Widerreden zu hören.

Aber, wie ich schon gesagt habe, benutzte Jesus Mittel, dass ich nicht mehr
Almosen geben konnte, um mich zu bekehren. Damals begann ich über die
große Beleidigung Jesu durch meine Sünden nachzudenken; ich begann zu
lernen und zu arbeiten, und die Glaubensschwestern fuhren fort, mir wohl
zu wollen; der einzige Fehler, dessentwegen ich Vorwürfe und Strafen
bekam, war mein Stolz. Die Lehrerin nannte mich oft „die Stolze".

Ja, leider hatte ich diese Sünde; aber Jesus weiß, ob ich mir ihrer bewusst
war oder nicht. Oftmals warf ich mich vor der Lehrerin, vor allen
Mitschülerinnen auf die Knie, um sie um Verzeihung zu bitten für diese
Sünde; aber am Abend, und auch ganze Nächte hindurch, weinte ich allein
für mich: ich erkannte diese Sünde nicht, und mehrmals am Tage fiel ich
wieder und wieder in sie, ohne es zu bemerken.

Die Lehrerin, die in der Zeit der Übungen für das Abendmahl mir die
Leidensgeschichte Jesu erklärt hatte, versuchte eines Tages aufs neue, sie
mir zu erklären; sie ging aber sehr langsam voran; dagegen wiederholte sie
mir oft: "Meine Liebe, sagte sie mir, du gehörst Jesus und musst ganz die
Seine sein. Sei lieb: Jesus ist zufrieden mit dir; nur hast du viel
Unterstützung nötig. Die Betrachtung der Leidensgeschichte muss dir am
meisten am Herzen liegen. O, wenn ich dich immer bei mir haben
könnte!..."

Diese gute Lehrerin hatte meine Gedanken erraten. Andere Male


wiederholte sie mir: "Meine Liebe, wie viele Gnaden hat dir Jesus
gegeben!" Ich begriff recht wenig von all dem und blieb stumm; aber
zuweilen hatte ich doch so sehr ein gutes Wort oder auch eine Liebkosung
nötig, dass ich zu meiner lieben Lehrerin lief, um sie mir zu holen.
Manchmal zeigte sie sich ernst; dann weinte ich, wenn ich sie so sah, und
der Schluss war, dass sie mich in den Arm nahm und liebkoste, so dass ich
sie am Ende so lieb gewann, dass ich sie Mutter nannte.

Alle zwei Jahre pflegten die Lehrerinnen auch für die auswärtigen
Schülerinnen Übungen abhalten zu lassen: mir schien, als könnte ich mich
wirklich nicht von neuem auf Jesus konzentrieren. Auch war ich dieses
Mal ganz allein ohne jede Unterstützung: die Lehrerinnen machten die
Übungen nur für sich und ihre Kinder.

Ich begriff gut, dass Jesus mir diese Gelegenheit schickte, um mich selbst
gründlich zu erkennen, mich zu läutern und ihm zu gefallen.

Ich erinnere mich, dass ein guter Meister wiederholte: "Denken wir daran,
dass wir selbst nichts sind und Gott alles ist. Gott ist unser Schöpfer; alles,
was wir haben, haben wir von Gott."

In den letzten Tagen der Übungen betrachtete man die Beispiele der
Erniedrigung, der Sanftmut, des Gehorsams und der Geduld Jesu; und aus
dieser Betrachtung gewann ich noch zwei Vorsätze: Erstens: Jeden Tag mit
Jesus zu sprechen mehr mit dem Herzen als mit den Lippen. Zweitens: Ich
will versuchen, so viel ich kann, keine belanglosen Gespräche mehr zu
führen, sondern von himmlischen Dingen zu reden.

Ich fuhr fort, jeden Tag zur Schule zu gehen; aber die Sehnsucht, Jesus zu
empfangen und seine Leidensgeschichte kennen zu lernen, wurde in mir so
stark, dass ich von der Lehrerin erreichte, sie würde mir jedesmal, wenn
ich bei der Arbeit und im Studium eine Note „gut“ bekommen hätte, die
Leidensgeschichte eine ganze Stunde lang erklären. Ich begehrte nichts
weiter: jeden Tag hatte ich ein ,,gut" und jeden Tag bekam ich die
Erklärung über einen Punkt der Leidensgeschichte. Oft, wenn wir an die
Leiden Jesu dachten, begannen wir zu weinen.

Diese gute Lehrerin starb, nachdem sie mich sieben Jahre gelehrt hatte. Ich
kam dann unter die Leitung einer anderen Lehrerin, die ebenso gut war
wie die erste; aber auch sie hatte sich viel über mich zu beklagen wegen
der hässlichen Sünde meines Stolzes.
Unter ihrer Leitung begann ich mehr Lust am Gebet zu bekommen. Jeden
Abend ging ich gleich nach Schulschluss nach Hause, schloss mich in
mein Zimmer ein und betete den Rosenkranz; und mehrmals in der Nacht
erhob ich mich und empfahl Jesus meine Seele.

Die Tanten und der Bruder beschäftigten sich wenig mit mir: sie ließen
mich tun, was ich wollte, da sie schon erkannt hatten, wie böse ich war.
Meine Mutter befriedigte mich in allem: sie sagte oft, was mich oft weinen
machte: "Ich habe nur zwei Kinder, deinen Bruder und dich."

Ich wurde krank. Der Arzt verbot mir jetzt das Studium und ich verließ die
Schule. Oft schickten die Lehrerinnen nach mir, um mich zu sich zu rufen
und mich bei sich zu haben; aber meine Eltern wollten mich nicht gehen
lassen. Nur das Abendmahl empfing ich zweimal täglich, und Jesus kam,
obwohl ich doch so schlecht war, teilte sich mir mit und offenbarte mir
viele Geheimnisse.

Einmal hatten meine Eltern mir eine goldene Uhr geschenkt; ich konnte
den Augenblick nicht erwarten, sie anzulegen und auszugehen. Ich ging
tatsächlich aus; als ich zurückkehrte und mich auszog, sah ich eine Engelin
(die ich jetzt als meine Schutzengelin erkannt habe), die sehr ernst zu mir
sprach: "Bedenke, dass die Schmuckstücke, die eine Braut des
gekreuzigten Königs zieren, keine anderen sein können als Dornen und
Kreuz."

Ich hatte auch einen Ring am Finger: ich legte ihn gleichfalls ab, und von
diesem Tage an habe ich keinen Schmuck mehr getragen.

Ich nahm mir jetzt vor, mein Leben zu ändern; und es bot sich eine gute
Gelegenheit, weil gerade der Jahresbeginn bevorstand. Ich schrieb mir in
ein kleines Notizbuch:

In diesem neuen Jahre nehme ich mir vor, ein neues Leben zu beginnen.
Was mir im neuen Jahre begegnen wird, weiß ich nicht. Ich überlasse mich
ganz dir, mein Herr und mein Gott. All mein Sinnen und Trachten soll auf
dich gerichtet sein. Ich fühle mich schwach, o Jesus; aber mit deiner Hilfe
hoffe und beschließe ich, anders zu leben, das heißt mehr in deiner Nähe.
Von dem Augenblick an, da die Oma mir die Sehnsucht nach dem Paradies
eingegeben hatte, habe ich immer heiß danach verlangt, und wenn Gott
mir die Wahl gelassen hätte, hätte ich es vorgezogen, mich vom Körper
loszulösen und in den Himmel zu fliegen. Jedesmal, wenn ich Fieber hatte,
war der Gedanke, dass ich sterben würde, für mich eine Tröstung; aber es
war für mich ein Schmerz, wenn ich nach einer Krankheit meine Kräfte
wieder wachsen fühlte. Ja, eines Tages fragte ich Jesus, warum er mich
nicht ins Paradies nehmen möchte. Er antwortete mir: "Liebling, weil ich
dir in der Zeit deines Lebens so viele Gelegenheiten zu größeren
Verdiensten geben werde, in dir das Verlangen nach dem Himmel
vermehrend. Aber ertrage das Leben mit Geduld!"

Diese Worte konnten in mir nicht jenes Verlangen nach dem Paradies
verringern; ja jeden Tag merkte ich, dass es noch immer größer wurde.

In dem gleichen Jahr begann in mir auch ein anderes Verlangen


aufzukeimen: ich fühlte in mir eine heftige Begierde, Jesus als den
Gekreuzigten ganz und gar zu lieben und damit verbunden zu leiden und
Jesus in seinen Schmerzen zu unterstützen.

Eines Tages wurde ich beim aufmerksamen Betrachten und Anblick des
Gekreuzigten von so großem Schmerz ergriffen, dass ich ohnmächtig zu
Boden fiel; mein Vater war gerade zu Hause und begann mich
auszuschimpfen; er sagte, es mache mich krank, immer zu Hause zu sitzen
und am Morgen schon so frühzeitig auszugehen. Seit zwei Morgen ließ er
mich nicht mehr zur Kirche gehen. Ich antwortete ärgerlich: "Nein, mich
macht krank, dass ich Jesus fernbleiben muss."

Über diese Antwort ärgerte er sich so sehr, dass ich von ihm heftig
ausgeschimpft wurde; ich verbarg mich in meinem Zimmer und schüttete
meinen Schmerz Jesus allein aus.

Liebe Mutter, der Worte meines Gebets kann ich mich nicht mehr erinnern,
aber meine Engelin ist hier, die hat sie mir Wort für Wort gesagt: "Dir will
ich folgen um den Preis jeden Leidens, dir will ich inbrünstig folgen; nein,
Jesus, ich will dich nicht mehr mit Lauheit kränken: das hieße dir untreu
werden und dich beleidigen. Also nehme ich mir vor: tiefere Gebete,
tägliche mystische Kommunion. Jesus, ich will leiden und nur leiden für
dich. Immer soll ein Gebet auf meinen Lippen sein."
Liebe Mutter, diese Worte kamen aus meinem Herzen in jenem Augenblick
des Schmerzes und der Hoffnung, da ich mit meinem Jesus allein war.

Jesus gab mir danach eine große Tröstung: er schickte mir ein körperliches
Leiden. Ich hielt es einige Zeit geheim, aber der Schmerz wurde sehr
schlimm: der Arzt sagte, dass eine Operation, falls rechtzeitig
durchgeführt, gelingen würde. Allen meinen Nächsten tat das sehr Leid,
ich allein blieb gleichgültig. Ich erinnere mich, dass ich während der
Operation weinte und wehklagte; aber dann schaute ich auf Jesus und bat
ihn um Verzeihung für meine Schwäche. Jesus schickte mir noch andere
Leiden, und ich kann wohl in Wahrheit sagen, dass ich nach dem Tode der
Oma nicht einen einzigen Tag verbracht habe, ohne für Jesus gelitten zu
haben.

Am Weihnachtstag des kommenden Jahres wurde mir erlaubt, zur Kirche


zu gehen. Ich hatte schon seit langer Zeit einen Priester gebeten, dass er
mich das Gelübde der Jungfräulichkeit ablegen ließe. Ich bat ihn darum
schon seit vielen Jahren, wusste aber nicht, was das genau für mich
bedeute, doch schien es mir das schönste Geschenk zu sein, das Jesus
gefallen könnte. Ich erinnere mich, dass Jesus es gnädig annahm und mir
von sich aus sagte, ich solle mit diesem Gelübde die Aufopferung meiner
selbst, meiner Gefühle und die Ergebung in seinen Willen verbinden. Ich
tat es mit so großer Freude, dass ich die Nacht und den folgenden Tag wie
im Paradies zubrachte.

Das besagte Jahr ging zu Ende und wir traten in das neue Jahr ein, das für
die ganze Familie so schmerzhaft werden sollte. Ich allein blieb so vielem
Unglück gegenüber herzlos und gleichgültig. Das, was die anderen o sehr
betrübte, war eine schwere Krankheit meines Vaters.

Eines Morgens, nach der mystischen Kommunion, begriff ich die Größe
des Opfers, das Jesus bald verlangen wollte; ich weinte sehr, aber Jesus
teilte sich in diesen Tagen des Schmerzes meiner Seele um so fühlbarer
mit; auch gab mir das stille Sterben meines Vaters so große Kraft, dass ich
das schwere Unglück heiter ertrug. Am Todestag meines Vaters verbot mir
Jesus, mich in sinnloses Weinen und Jammern zu verlieren; und so
verbrachte ich den 'Tag im Gebet und war ergeben in den Willen Gottes.
Nach dem Tod meines Vaters schleppte ich mich einige Zeit krank dahin;
ich wollte durchaus nicht gehorchen und mich durch einen Arzt
untersuchen lassen, weil ich niemals wollte, dass mich jemand anrührte
und anschaute. Eines Abends aber untersuchte man mich gewaltsam und
stellte ein Geschwür am Körper fest: man befürchtete eine ernsthafte
Sache.

Schon seit langer Zeit fühlte ich Schmerzen in meinem Körper, aber von
mir selbst aus wollte ich weder berührt noch angeschaut werden; und zwar
deshalb, weil einmal in einer Predigt diese Worte gehört hatte: "Unser
Körper ist ein Tempel des Heiligen Geistes." Diese Worte trafen mich, und
soviel ich konnte, habe ich meinen Körper verborgen.

Nachdem mich der Arzt untersucht hatte, forderte er eine Behandlung.


Welche Pein, liebe Mutter, mich vor dem Arzt entblößen zu müssen!
Jedesmal, wenn ich den Arzt hörte, weinte ich. Nach der Behandlung ging
es mir immer schlechter und ich war gezwungen, mich zu Bett zu legen
und konnte mich gar nicht mehr bewegen. Man wandte alle Heilmittel an;
aber anstatt mir zu helfen, verschlimmerten sie mein Leiden nur.

O, liebe Mutter, und dann! Das Übel verschlimmerte sich immer mehr und
die Ärzte entschlossen sich zu einer Operation an der gewissen
Körperstelle. Sie kamen zu dritt. Liebe Mutter, wie viel besser wäre es
gewesen zu sterben!... Endlich sahen die Ärzte ein, dass alle Behandlung
umsonst war und gaben mich auf.

Nur ein Arzt bestand darauf, dass meine Krankheit Hysterie sei. Ich lag im
Bett immer in derselben Lage; mir selbst war es unmöglich, mich zu
bewegen; um zuweilen ein wenig Erleichterung zu haben, musste ich
Menschen bitten, mir behilflich zu sein, bald einen Arm, bald ein Bein zu
heben: sie waren sehr besorgt um mich, aber ich antwortete ihnen nur mit
Widerreden.

Eines Abends war ich unruhiger als sonst und beklagte mich bei Jesus; ich
sagte, ich würde nicht mehr beten, wenn er mich nicht gesund machte, und
fragte ihn, warum er mich so krank sein ließe. Die Engelin antwortete mir
in folgender Weise: "Wenn Jesus deinen Körper heimsucht, so tut er es, um
immer mehr deinen Geist zu läutern. Sei tapfer!" O wie oft in meiner
langen Krankheit ließ sie mich in meinem Herzen Trostworte hören!
Der Grund, warum mich das Liegen im Bett so betrübte, war, weil ich
gewünscht hätte, das zu tun, was die andern taten: jeden Tag wäre ich gern
zur Kirche gegangen. Aber eines Morgens, als man mir die geistige
Kommunion ins Haus gesendet hatte, ließ sich Jesus in mir deutlich
vernehmen, er machte mir Vorwürfe und sagte: "Es ist deine Eigenliebe,
die sich getroffen fühlt, wenn du nicht tun kannst, was die andern tun, und
wenn du dich beschämt fühlst, auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen
zu sein; wenn dein Ego abgestorben wäre, würdest du nicht so ungeduldig
sein."

Diese Worte Jesus taten mir wohl, und für einige Zeit war ich heiteren
Geistes.

"Schatz, sagte mir Jesus und umarmte mich, ich gebe mich dir ganz, wirst
du auch ganz die meine sein?" Ich sah wohl, dass Jesus mir die Liebsten
genommen hatte und dass er mich zuweilen in Schrecken versetzt hatte;
deshalb fühlte ich mich sehr verlassen. An jenem Morgen beklagte ich
mich darüber, und Jesus, immer lieb, immer zärtlich, wiederholte mir:
"Ich, mein Kind, werde immer bei dir sein. Ich bin dein Vater, deine
Mutter wird Jene sein:. und er zeigte mir die Heiligste Maria, die Mater
Dolorosa. Niemals kann väterlicher Schutz dem fehlen, der in meinen
Händen sich befindet; nichts also wird dir fehlen, obschon ich dir allen
Trost und Stütze hier auf Erden genommen habe. Komm, komm näher, sei
mein Kind. Bist du nicht glücklich, das geliebte Kind von Jesus und Maria
zu sein?" Die übergroße Liebeserregung, die Jesus mir im Herzen
entfachte, hinderte mich, ihm zu antworten.

Es vergingen kaum zwei Stunden und ich stand vom Krankenlager auf. Ich
war zufrieden, nicht wegen der wiedererlangten Gesundheit, sondern weil
Jesus und Maria mich als ihr geliebtes Kind erwählt hatten. Ehe Jesus
mich diesen Morgen verließ, sagte er mir: "Mein Kind, auf die Gnade, die
ich dir heute gegeben habe, werden noch viel größere folgen." Und es ist
wahr, Jesus hat mich immer in besonderer Weise begnadet hat, doch habe
ich leider für ihn nur Kälte und Gleichgültigkeit, aber er hat mir vergolten
mit unendlichen Zeichen der süßesten Liebe.

Von dieser Zeit an begann ich es nicht mehr auszuhalten, wenn ich nicht
jeden Morgen und Abend zum eucharistischen Jesus gehen konnte; aber
ich konnte nicht: meine Schwäche war so groß, dass ich mich kaum auf
den Füßen halten konnte.

Die Schutzengelin begann von dem Augenblick an, da ich aufstand, meine
Lehrerin und Führerin zu sein: sie wies mich jedes mal darauf hin, wenn
ich etwas schlecht gemacht hatte, und sie lehrte mich, wenig zu sprechen
und nur, wenn ich gefragt würde. Einmal, als die Leute um mich von einer
Person sprachen, und zwar nicht allzu viel Gutes, wollte ich mich
einmischen, aber die Engelin hielt mich davon ab. Sie belehrte mich, die
Augen niedergeschlagen zu halten, und sogar in der Kirche sagte sie:
"Verhält man sich so in der Gegenwart Gottes?" Und andere Male sprach
sie auf folgende Weise: "Wenn du nicht gut bist, so werde ich mich nicht
mehr vor dir sehen lassen." Oft belehrte sie mich, wie ich mich in der
Gegenwart Gottes verhalten müsse: ihn anzubieten in seiner lieblichen
Güte, in seiner mütterlichen Barmherzigkeit und in allen seinen göttlichen
Qualitäten.

Ich schickte mich einmal an, eine heilige Stunde zu halten; aber ich fühlte
mich so erfüllt von den Schmerzen über mein Elend, dass ich tagelang ein
dauerndes Martyrium durchlebte. Doch inmitten dieses großen Schmerzes
blieb mir eine Hilfe: die zu weinen: Hilfe und Trost zugleich. Ich brachte
die ganze Stunde mit Beten und Weinen zu; endlich setzte ich mich, da ich
so müde war; der Schmerz blieb. Kurz darauf fühlte ich mich ganz in mir
konzentriert, und wenig später, fast in einem Augenblick, schwanden mir
die Kräfte. Ich konnte mich noch gerade mühsam erheben und die Tür der
Wohnung abschließen. Wo befand ich mich? Liebe Mutter, ich befand
mich vor Jesus, dem Gekreuzigten. Er vergoss sein Blut aus allen Teilen
des Körpers. Ich schlug sogleich die Augen nieder, dieser Anblick
verwirrte mich; ich machte das Kreuzzeichen; auf die Verwirrung folgte
bald die Ruhe des Geistes. Aber ich fühlte auch weiterhin und sogar noch
stärker die Schmerzen meines Elends; ich erhob niemals die Augen, um
Jesus anzuschauen: ich hatte durchaus nicht den Mut dazu; ich warf mich
zur Erde aufs Angesicht, und so verharrte ich für mehrere Stunden. "Mein
Kind, sagte er mir, schau: alle diese Wunden hattest du geöffnet; aber jetzt
tröste dich, denn durch deine Schmerzen hast du alle meine Wunden
wieder geschlossen. Liebe mich, wie ich dich immer geliebt habe. Liebe
mich, liebe mich, liebe mich!"
Am Morgen des Karfreitags wollte ich zu der Andacht in die Kirche
gehen; aber es wurde mir nicht erlaubt; so musste ich dieses erste Opfer
Jesus bringen; und Jesus in seiner Großmut wollte es mir, obwohl es nur
mit Mühe gebracht war, belohnen; ich schloss mich in mein Zimmer ein,
um für mich allein zu feiern, aber ich war nicht allein: es kam meine
Schutzengelin zu mir und wir beteten gemeinsam; wir standen Jesus in
allen seinen Leiden bei und litten mit seiner Mutter Maria alle ihre
Schmerzen. Aber meine Engelin verfehlte auch nicht, mir einen sanften
Vorwurf zu machen: ich sollte nicht weinen, wenn ich Jesus ein Opfer zu
bringen habe, sondern vielmehr ihm danken, der mir dazu Gelegenheit
gibt.

Es war das erste Mal und der erste Freitag, da sich Jesus meiner Seele so
fühlbar mitteilte; und obwohl ich Jesus nicht aus der Hand des Priesters
empfing, weil es unmöglich war, so kam doch Jesus von sich aus und
vereinigte sich mir. Und so innig war unsere Vereinigung, dass ich wie
betäubt blieb.

Jesus sprach zu mir: "Was tust du? Was willst du mir sagen? Bist du nicht
einmal bewegt von meiner Hingabe an dich?" Da konnte ich nicht länger
an mich halten und musste antworten: "O Jesus: du, der Vollkommene und
Heilige, hast du keine andere zum Liebesspiel als mich, die ich für dich
nur Kälte und Unvollkommenheit habe?" Er sprach: "Ich begehre heiß,
mich mit dir zu vereinigen! Komme jeden Tag. Aber wisse: Ich bin ein
eifersüchtiger Bräutigam; wirst du mir eine treue Braut sein?"

Ein Gefühl und ein Gedanke keimten gleichzeitig in meinem Herzen auf,
nachdem Jesus sich zum ersten Male mir mitgeteilt und mich sein Blut
hatte fließen sehen. Das war, ihn zu lieben und zu lieben bis zum Opfer;
aber da ich nicht wusste, wie man ihn in Wirklichkeit lieben sollte, bat ich
eine Nonne um Belehrung, und sie antwortete mir: "Was macht man, um
lesen und schreiben zu lernen? Man übt sich unablässig im Schreiben und
Lesen, bis man es lernt." Diese Antwort überzeugte mich nicht; ich begriff
sie durchaus nicht. Mehrmals bat ich sie um Belehrung, aber sie hatte nur
immer die gleiche. Antwort.

Ich machte mir Gedanken darüber, dass ich nicht zu lieben verstand; aber
Jesus in seiner unendlichen Demut scheute sich nicht, sich zu meinem
Lehrer zu erniedrigen, um mich zu beruhigen. Eines Tages zur Zeit des
Abendgebetes fühlte ich mich ganz innerlich gesammelt und fand mich
zum zweiten Male vor Jesus dem Gekreuzigten, der zu mir folgende Worte
sprach: "Schau, mein Kind, und lerne, wie man liebt!" Und er zeigte mir
seine offenen Wunden. "Siehst du dieses Herz, diese Dornen, diese Nägel,
diese Striemen, diese Risse, diese Wunden, dieses Blut? Sie sind alle
Werke der Liebe, und zwar einer grenzenlosen und bedingungslosen Liebe.
Siehst du, wie sehr ich dich geliebt habe? Willst du mich auch in Wahrheit
lieben? Lerne zuerst zu leiden. Denn Leiden lehrt Lieben."

Bei diesem Anblick empfand ich neue Schmerzen, und bei dem Gedanken
an die bedingungslose und grenzenlose Liebe Jesu zu uns und an die
Leiden, die er für uns gelitten, wurde ich ohnmächtig, fiel zu Boden, und
kam erst nach einigen Stunden wieder zu mir. Alles, was sich während
dieses Gebetes ereignete, waren überaus große Tröstungen für mich, die
niemals ermüdend für mich gewesen wären, auch wenn sie mehrere
Stunden gedauert hätten.

Manchmal dauerte die heilige Stunde auch bis zu zwei Stunden, weil ich
bei Jesus war und teilnahm an der Trauer, die er im Garten Gethsemane
empfunden hatte, einer Traurigkeit, die man gut einer Agonie vergleichen
kann. Danach blieb ich in einer so süßen Ruhe und einem Frieden, dass ich
mich in Tränen ergießen musste, und diese Tränen ließen mich eine
unbegreiflich schöne Liebe verkosten und vermehrten in mir die
Sehnsucht, Jesus zu lieben bis zum Tod und bis in alle Ewigkeit.

Eines Tages zeigte mir Jesus an, dass er mir am Abend eine ganz große
Gnade mitteilen würde, Ich ging zu einem Priester und sagte es ihm; er
antwortete, ich sol1e gut acht geben, um ihm nachher alles berichten zu
können.

Es war am Abend: ganz plötzlich und viel früher als gewöhnlich fühlte ich
einen innerlichen Schmerz über mein Elend; so stark, wie ich ihn nicht
mehr gefühlt habe; dieser Schmerz brachte mich sozusagen auf der Stel1e
zum Sterben. Danach fühlte ich, wie alle meine Seelenkräfte sich
sammelten: der Verstand sah nur mein Elend; das Gedächtnis erinnerte
sich an alle Leiden, die Jesus für mein Heil gelitten hatte; der Wille ließ
mich versprechen, alles leiden zu wollen, um alle Sünden meines Lebens
und meiner Lieben zu sühnen. Ein Chaos von Gedanken ging mir durch
den Kopf: es waren Gedanken des Schmerzes, der Liebe, der Angst, der
Hoffnung und der Kraft.

Auf die innerliche Sammlung folgte sehr bald die Verzückung der Sinne,
und ich befand mich vor meiner himmlischen Mutter Maria, die zu ihrer
Rechten meine Schutzengelin hatte. Dann wendete sich die Mutter Maria
an mich mit folgenden Worten: „Schatz, im Namen Jesu sind dir alle
Sünden vergeben." Dann fügte Maria hinzu: ,,Jesus, mein Sohn, liebt dich
sehr und will dir eine Gnade schenken; wirst du dich ihrer würdig
erweisen?" Meine Armseligkeit wusste, was ich sagen sollte. Maria fügte
noch hinzu: "Ich werde dir Mutter sein, wirst du mir ein wahres Kind
sein?" Und Maria öffnete ihren Mantel und bedeckte mich mit dem
Mantel.

In diesem Augenblick erschien Jesus, dessen Wunden alle geöffnet waren;


aber es floss kein Blut mehr aus diesen Wunden, sondern es gingen
gleichsam Feuerflammen aus ihnen hervor; und diese Flammen berührten
für einen Augenblick mein Herz, meine Seele. Ich fühlte mich sterben und
wäre zur Erde gestürzt; aber die Mutter Maria stützte mich, ich war immer
noch unter ihrem Mantel. Für einige Stunden musste ich in dieser Stellung
bleiben. Dann küsste Maria mich auf die Stirn und alles verschwand; ich
fand mich kniend auf der Erde, aber ich fühlte noch einen heftigen
Schmerz in dem Herzen und in der Seele.

Ich erhob mich, um zu Bett zu gehen, und fühlte, dass aus meinem Herzen
und meiner Seele, in denen ich Schmerzen fühlte, Blut floss. Ich konnte
dann doch, unterstützt von meiner Engelin, ins Bett gehen. Diese
qualvollen Schmerzen verursachten mir aber keine Trübsal, sondern eine
vollkommene Seelenruhe.

Diese Vorfälle wollte ich meinem Beichtvater berichten; aber er verstand


mich nicht. Er gab mir aber seinen priesterlichen Segen.

Inzwischen wiederholten sich die Durchbohrungen meines Herzens und


das Verbluten meiner Seele. Der Priester wollte mich von einem Arzt
untersuchen lassen. Ich erhielt davon Kenntnis durch Jesus selbst, der mir
sagte: "Sag dem Priester, dass ich in Gegenwart des Arztes nichts von
alledem tun werde, was er wünscht." Und die Dinge gingen, wie Jesus sie
gewünscht hatte.
Liebe Mutter, von diesem Tage an begann ein neues Leben für mich, und
ich hätte dir so viel darüber zu sagen; aber wenn Jesus es will, werde ich es
dir allein sagen.

Damit verbleibe ich,


liebe Mutter,

dein gehorsames Kind.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
ATLANTIS

Kinderbuch von Josef Maria Mayer

Lieber Milan, lieber Simon,

wovon ich euch schreibe, das ist ungefähr zehntausend Jahre her.
Zwischen Europa und Afrika befinden sich die Säulen des Herkules, und
östlich davon lebten die Griechen mit ihrer Hauptstadt Athen, und westlich
davon lebte das Volk von Atlantis. Und zwischen dem Volk der Griechen
und dem Volk von Atlantis war Krieg. Bei dem Volk der Griechen
herrschten die demokratisch gewählten Volksvertreter, bei dem Volk von
Atlantis herrschten noch die heiligen Könige. Die Insel Atlantis war
riesengroß, größer als Afrika und Asien zusammen. Aber durch ein
Meeresbeben und ein Erdbeben ist die Insel Atlantis untergegangen. Nun
findet sich an ihrer Stelle nur noch Schlamm. Wenn einer nun mit einem
Schiff von Europa aus über den Atlantischen Ozean fahren möchte, um
Amerika zu entdecken, dann wird er sicherlich in dem Schlamm stecken
bleiben, den die Insel Atlantis bei ihrem Untergang hinterlassen hat.

Es gab damals viele Völker, die zu den Griechen gehörten, und viele
andere Völker, die nicht zu den Griechen gehörten. Die Völker, die nicht
griechisch waren, nennt man Barbaren. Vielleicht erzähl ich euch noch
etwas von der Demokratie von Athen, der Hauptstadt der Griechen, oder
von der Monarchie, der Herrschaft der Könige, die niemandem zu
gehorchen hatten als Gott allein. Vielleicht spreche ich erst einmal von den
Griechen, die Kunst und Weisheit mit den Löffeln gefressen hatten.

Die Griechen glaubten, dass es im Himmel viele Götter gibt. Und am


Anfang haben die Götter die ganze Erde unter sich aufgeteilt. Dem einen
Gott gehörte Asien, dem andern Gott gehörte Afrika und wieder einem
andern Gott gehörte Griechenland. Aber die Götter lieben den Frieden und
haben sich nicht um die Erde gestritten, wie es heute die dummen
Menschen machen, die so gerne Kriege führen. Die Götter sind auch klug
und weise, sie wussten ganz genau, welchem Gott Asien gehören muss und
welchem Gott Afrika gehören muss und welchem Gott Europa gehören
muss. Es wollte kein Gott eines Landes das Land eines anderen Gottes
erobern. Jeder herrschte über das Land, das zu ihm passte. Jeder Gott
liebte sein eigenes Volk und wohnte auch mitten unter seinem Volk. Ein
Gott ist zu seinem Volk wie ein Hirte zu seiner Schafherde. Gott führt
seine Menschen auf grüne Wiesen und an Ruheplätze an stillen Flüssen.
Gott führt seine Menschen, er geht mit seinem Hirtenstab voran. Und
wenn ein kleines Lamm sich verlaufen hat, so sucht der Hirte das
verlorene Schaf so lange, bis er es wiedergefunden hat. Gott führt sein
Volk wie ein liebevoller Vater, nicht mit Schlägen, sondern indem er mit
ihnen spricht und sie belehrt.

Von den Griechen sagt man, dass sie das Volk eines Gottes und einer
Göttin gewesen sind. Der Gott hieß Vulkanus, er lebte unten in einem
Vulkan und war ein Schmied und machte viele Goldschmiede-
Kunstwerke. Die Göttin war die Göttin Athene. Nach der Göttin Athene ist
die Stadt Athen benannt, die Hauptstadt der Griechen. Athene war die
Göttin der Weisheit. Der Gott der Kunst und die Göttin der Weisheit
regierten über die Griechen, und darum waren die Griechen große Künstler
und große Philosophen. Der Gott und die Göttin pflanzten nun auf der
griechischen Erde schöne Menschen an, wunderschöne Frauen und sehr
kluge Männer und ganz wundervolle Kinder. Dann lehrten der Gott der
Kunst und die Göttin der Weisheit das griechische Volk, wie man den Staat
regieren muss. So wurde die Demokratie erfunden. Die alten Griechen,
ihre Volksvertreter, ihre Künstler und Philosophen, sind mit der Zeit in
Vergessenheit geraten. Wer kennt heute schon noch den Präsidenten der
Demokratie namens Perikles? Wer liest denn heute noch das schöne
Märchen vom klugen Odysseus, das Homer geschrieben hat, der blinde
Seher? Und wer versteht heute noch den Philosophen Platon, der viele gute
Ideen hatte?

Es ist ja so: Wenn Menschen alt werden und sterben, dann werden
andrerseits neue Menschen geboren, nämlich die Kinder. Aber Kinder
können erst einmal nicht lesen. Das müssen sie dann mühsam in der
Schule lernen. Und nur wenige Kinder haben in ihrer Kindheit gehört, was
der starke Herkules getan und was der kluge Odysseus gelitten hat. Und
wenn auch Kinder von Odysseus und Herkules gehört haben, so wussten
sie doch nicht, ob damals Demokratie oder Monarchie in Griechenland
geherrscht hatte. Die Kinder kennen nur ein paar Namen aus der
Geschichte der Griechen. Odysseus und Herkules kennen sie. Aber kennen
sie auch die göttlichen Zwillinge? Kennen sie auch die schöne Helena? Da
gibt es noch viel zu lernen! Und, liebe Kinder, habt ihr schon einmal dies
überlegt: Ist es besser, dass das ganze Volk herrscht, oder ist es besser, dass
ein guter König herrscht? Und was macht einen guten Menschen aus?
Muss er klug sein? Muss er gerecht sein? Muss er mutig sein? Muss er
bescheiden sein? Nun, wenn Kinder nicht in Armut und Not leben, wenn
sie genug zu essen und zu trinken haben, und wenn sie lesen gelernt haben,
dann können sie ja viele interessante Dinge lernen! Wenn man allerdings
immer beschäftigt ist, hat man keine Zeit nachzudenken. Und weil die
meisten Menschen das Geld über alles lieben, darum arbeiten sie so viel.
Und weil sie so viel arbeiten, denken sie nie nach. Und so geriet der kluge
Odysseus in Vergessenheit. Und so geriet die Insel Atlantis in
Vergessenheit.
Ein alter weiser Priester aus dem Alten Ägypten erzählte den Griechen von
Atlantis. Die Priester der Pyramiden wussten vieles über den Krieg
zwischen Griechenland und Atlantis. Sie kannten auch die griechischen
Könige, einen nach dem andern. Der jüngste griechische König war der
König Theseus. Der erlebte viele Abenteuer. Und die Priester wussten auch
viel über die griechischen Frauen. Die schönste Frau Griechenlands war
die schöne Helena. Die schöne Helena war die Schwester der göttlichen
Zwillinge. Und wenn die Griechen in den Kampf zogen, dann waren nicht
nur die Jungen starke Krieger, sondern auch die Mädchen kämpften. Und
weil die Mädchen gute Kämpferinnen waren, darum stellten die Griechen
die Göttin Athene mit Helm und Lanze dar. So bewaffnet war Athene aus
dem Kopf Gottes geboren worden. Die Griechen hatten eine große Statue
der bewaffneten Göttin in Athen stehen. Sie wurde auch als Kriegsgöttin
verehrt. Jungen und Mädchen zogen gemeinsam in den Kampf für die
Freiheit. Denn was Jungen können, das können Mädchen meistens auch
sehr gut. Mädchen und Jungen sind ja beides Bilder Gottes. Jungen sind
Gott ähnlich. Und Mädchen sind auch Gott ähnlich. Ob ihr es mir glaubt,
oder nicht.

Damals gab es in Griechenland Bauern und Arbeitssklaven, Kaufleute und


Politiker. Aber die Krieger und Kriegerinnen lebten getrennt vom anderen
Volk. Alte Seher, die Gottes Gedanken kannten, wählten die besten Krieger
aus. Die jungen Krieger wurden von den alten Kriegern erzogen. Sie
lernten alles, was ein guter Krieger wissen musste. Die Krieger lebten wie
Brüder zusammen. Sie teilten gerne. Was dem einen Bruder gehörte, das
gehörte auch dem andern Bruder. Alle Krieger waren untereinander die
besten Freunde. Sie hatten alle genug zu essen und zu trinken. Sie waren
nicht reich, aber auch nicht arm. Sie hatten alles, was sie brauchten. Sie
brauchten nicht zu betteln. Sie mussten auch nicht arbeiten. Ihre einzige
Aufgabe war es, für die Sache der Götter zu kämpfen.

Was man vom alten Griechenland erzählt? Nun, es muss ein Paradies
gewesen sein, oder wenn ihr wollt, ein Schlaraffenland! Die Bäume trugen
jeden Monat im Jahr Früchte. Das Getreide wuchs von selbst, ohne dass
Bauern schwer arbeiten mussten. Die Euter der Kühe waren immer voller
süßer Milch. Der Honig tropfte von den Bäumen den Kindern in den
Mund. Orangen und Äpfel waren massenhaft da. Weißes süßes Brot und
Rosinenkuchen gab es in großen Mengen. Es war, wie man so sagt, das
Land, wo Milch und Honig fließen. Immer schien die Sonne. Es war nie
schlechtes Wetter. Die Mondnächte waren so warm, dass man nackig im
Garten schlafen konnte. Alle Menschen waren nett zueinander. Alle Kinder
waren fröhlich und hüpften wie die Lämmer über die Wiesen. Es gab kein
Geld, um das man sich streiten musste. Die Kinder mussten nicht in die
Schule gehen, sondern lernten alles von ihren Eltern. Die Erwachsenen
mussten nicht arbeiten, sie hatten immer Zeit, mit den Kindern zu spielen.
Und alle Menschen liebten die Götter. So schön war es im alten
Griechenland. Vielleicht fahrt ihr mal mit euren Eltern auf eine griechische
Insel und guckt, ob es da heute immer noch so schön ist.

Da aber Griechenland am Meer liegt, ist es in den letzten zehntausend Jahr


so oft vom Meer angefressen worden, dass es heute nur noch sehr klein ist.
Im Altertum war es riesengroß. Es reichte von Rom bis Russland, von
Nordafrika bis Israel. Es gab dort wunderschöne Inselreiche. Die heutigen
griechischen Inseln sind nur noch ein kleiner Rest. Das meiste ist vom
Meer verschlungen worden.

Damals aber waren die Berge so hoch, dass ihre Gipfel den Himmel
küssten. Oben auf den Bergen wuchsen große Wälder. Die schwarze
Mutter Erde gab alles in Hülle und Fülle. Von den Eichen tropfte der
Honig. Es gab nicht nur Apfelbäume, sondern noch mehr Granatapfel-
Bäume. Die Bäume bogen sich, so schwer waren die großen Granatäpfel.
Überall machten Honigbienen aus dem Nektar der Blumen süßen Honig.
Ich kenne ein Sprichwort: Esst Honig, liebe Kinder, denn Honig ist süß für
den Mund. Ebenso süß ist die Weisheit! Das ist ein wahres Sprichwort.
Und überall waren große Weiden für die Kühe mit den vollen Eutern und
für die Mutterschafe und ihre lustigen Lämmer.

Es war immer schönes Wetter, ein ewiger Sommer, da man nackt baden
kann. Aber die Menschen waren auch glücklich, wenn Gott es regnen ließ.
Dann tanzten die Menschen lachend im warmen Regen. Denn der Regen
Gottes macht die Mutter Erde fruchtbar, so dass die Mutter Erde all ihre
Kinder gut ernähren kann. Auch gab es Quellen, die ganz reines
Trinkwasser gaben. Und es gab Flüsse, da die lustigen Fische spielten. In
den Quellen und in den Flüssen lebten damals die Nymphen, das sind
Nixen oder Meerjungfrauen. Solche Nymphen sind besonders niedlich
anzuschauen.

Das ganze Land war eine fruchtbare grüne Mutter Natur. Und die Kinder
dieser Mutter waren die Bauern. Das waren starke Bauern mit kindlichen
Gesichtern. Und die Bäuerinnen sahen aus wie Milchkühe. Die Bauern
hatten reine, kindliche Herzen. Die Bäuerinnen hatten einen kindlichen
Glauben an Gott. Die Kühe hatten nur eine Sehnsucht: Sie wollten
gemolken werden. Die gleiche Sehnsucht haben die alten Philosophen mit
den grauen Bärten: Sie wollten, dass die Knaben ihrer Weisheit zuhörten.
Die schwarze Mutter Erde brachte alles in Hülle und Fülle hervor. Der
Frühling war der Sieg des Lichts und des Lebens, da alles jubelte! Der
Sommer war wie ein Paradies auf Erden, da waren die schönen Frauen
noch schöner! Der Herbst war eine reiche Ernte, und überall gab es süße
Früchte und süße Getränke!

Die Hauptstadt der Griechen, Athen, war damals viel herrlicher als heute.
Denn in den vergangenen zehntausend Jahren hat eine Sintflut die Stadt
größtenteils vernichtet. Lange dunkle Winter mit eiskaltem Regen hatten
die Erde ruiniert. Erdbeben, Vulkanausbrüche und Meeresbeben haben
vieles zerstört. Aber das meiste hat die Sintflut zerstört. Das war die
berühmte Sintflut, als Noah die Arche baute. Und Noah und seine Söhne
und die Tiere wurden gerettet.

Athen war damals so groß, dass ihr es kaum für möglich haltet. Die Stadt
lag auf einem riesigen Berg. Auf dem Berg wuchsen rauschende Wälder.
Unten im Tal wohnten die Handwerker und die Bauern. Auf dem Berg aber
war der Tempel der Göttin der Weisheit. Und rings um den Tempel lebten
die jungen Krieger. Sie lebten dort wie in einem gemeinsamen weißen
Haus mit einem großen Garten. Rings um das Haus der jungen Krieger
war von den alten Kriegern eine hohe Mauer errichtet. So geschah es, dass
die Feinde der alten Krieger nicht in das Haus eindringen konnten.
Die jungen Krieger wohnten also in einer Burg oben auf dem Berg. Da
lebten sie alle zusammen in vielen Zimmern. Im Winter trafen sie sich
immer in dem großen Speisesaal, um sich am Feuer zu wärmen und warme
Ziegenmilch zu trinken. Zusammen mit den jungen Kriegern lebten in der
Burg auch die Priester der Göttin der Weisheit. Die Priester waren nicht
mit Frauen verheiratet. Die Priester hatten nämlich die Göttin der Weisheit
als geheimnisvolle Ehefrau. Die Priester und die jungen Krieger hatten
kein Geld. Sie brauchten kein Geld. Die Priester sagten immer: Die Liebe
zum Geld ist der Ursprung alles Bösen. Die jungen Krieger waren nicht
ängstlich, aber auch nicht leichtsinnig. Sie gingen immer den goldenen
Mittelweg. Die Zimmer waren keine ärmlichen Hütten, aber auch keine
reichen Paläste, sondern bescheiden, aber schön und aufgeräumt. Und
wenn die Krieger erwachsen wurden, dann wurden wieder kleine Kinder
geboren. Und so ging es immer weiter, von Kind zu Kindeskind, zu
Kindeskindeskind.

Im Süden der Burg war ein großer Garten. Da turnten die jungen Krieger
im Sommer draußen im Garten. Da war ein Schwimmbecken, darin
schwammen die jungen Krieger. Manchmal spielten sie mit dem Ball.
Oder sie machten Boxkämpfe oder Ringkämpfe. Da war im Garten auch
eine frische Quelle. Und wenn den jungen Kriegern im Sommer vom
Turnen heiß wurde, dann bekamen sie Durst. Und von der Quelle bekamen
sie kaltes, frisches Süßwasser zu trinken. So also lebten die jungen
Krieger. Sie waren die Wächter und Beschützer ihres Volkes. Sie
beschützten die Heimat. Sie verteidigten die Bauern und Arbeiter, und sie
verteidigten die schönen griechischen Frauen. Sie waren fast so etwas wie
die Schutzengel von Griechenland. Und es waren immer zwanzigtausend
Schutzengel da.

So war also das alte Griechenland. Und die griechischen Menschen waren
die schönsten Menschen der Erde. Ihre jungen Mädchen sahen aus wie
junge Göttinnen und ihre jungen Knaben sahen aus wie nackte
Liebesgötter mit Pfeil und Bogen. Und die Griechen waren nicht nur
schön, sondern auch klug. Sie kannten den Gott der Götter! Sie wussten
auch viele Märchen und Sagen aus alter Zeit. Sie konnten gut rechnen. Sie
kannten die Sternbilder. Sie wussten viel über die Natur der Tiere, der
Haustiere und der Raubtiere. Sie wussten, was gut schmeckt von den
Früchten der Natur. Sie wussten, wie man leckeren Kuchen backt,
Apfelkuchen, Rosinenkuchen, Feigenkuchen. Sie zähmten die Bienen und
hatten so immer genug Honig. Ihre Frauen waren noch schöner als die
schönen Frauen von Indien. Ihre weisen Männer waren klüger als die
Priester von Ägypten. Nun will ich aber endlich von Atlantis erzählen,
liebe Kinder. Ich hoffe, ihr seid schon gespannt auf Atlantis. Ich will euch
alles erzählen, was ich selbst als Kind von meiner geliebten Großmutter
gehört habe.

Wie ich euch ja am Anfang erzählt habe, teilten die Götter unter sich die
Erde auf. Die große Insel Atlantis bekam der Gott des Meeres, der Gott
Neptun. Der Gott Neptun lebt im Meer, hat einen sehr langen weißen Bart
und hält in der Hand einen Dreizack. Neptun verließ das Meer und lebte
nun auf der Insel Atlantis. In der Mitte der Insel war eine große Ebene. Da
war die Mutter Erde am grünsten. Das war ein richtiger Paradiesgarten.
Mitten in dem Paradiesgarten lebte eine strahlend schöne Jungfrau! Der
Name der Jungfrau war Kleito. Sie war eben vierzehn Jahre alt geworden.
Da hat der Gott die Jungfrau geheiratet. Der Gott kam zur Jungfrau und
sagte zu ihr: Friede! Meine Geliebte! Ich will, dass du die Mutter meines
Sohnes wirst! Und so wurde die Jungfrau Mutter.

Neptun machte eine Mauer um den kleinen Paradiesgarten, eine Mauer


von Brettern und Efeuranken, dann zog er einen Wassergraben ringsumher,
und dann machte er wieder eine Mauer von Brettern und Efeuranken. So
konnte kein Feind in den Garten eindringen, wo der Gott mit der Jungfrau
in Liebe zusammen lebte. Neptun machte auch zwei Wasserquellen. Das
war ja für den Gott des Meeres nichts Unmögliches. Eine Wasserquelle
gab warmes Wasser, und die andere Wasserquelle gab kaltes Wasser. Und
mit dem Quellwasser wurde der Garten noch schöner. Da wuchsen Rosen
und Lilien, Pfingstrosen und Tulpen, Osterglocken und Veilchen, Akelei
und Vergissmeinnicht, Krokus und Hahnenfuß. Da flatterten die Sperlinge
und die Spatzen. Die Rotkehlchen bauten da ihr Nest. Die Turteltauben
gurrten in den Wipfeln der Eichen. Manchmal zogen Kraniche am Himmel
vorüber.
Die Jungfrau wurde also Mutter. Sie gebar fünf Zwillingspaare, alles
Söhne. Von dem ersten Zwillingspaar wählte der Gott den größeren aus.
Das war Atlas, der Sohn Gottes und der Jungfrau. Nach diesem Atlas ist
die Insel Atlantis benannt. Nach ihm ist auch der Atlantische Ozean
benannt. Denn Gott machte Atlas zum obersten König von Atlantis. Seine
neun Brüder waren auch Könige von Atlantis, aber König Atlas war der
König der Könige.

Diese zehn Könige von Atlantis herrschten nun viele lange Jahrhunderte
über das große Inselreich. Sie herrschten nicht nur über die Insel Atlantis.
Ihre Herrschaft erstreckte sich von den Kanarischen Inseln bis zu den
mittelamerikanischen Inseln. Sie herrschten in Güte und Gerechtigkeit.
Wenn sie starben, folgten ihnen ihre Söhne auf dem Thron. Und sie alle
verehrten den Gott als ihren Vater und die Jungfrau als ihre Mutter.
Manchmal reisten sie nach Ägypten und besuchten die Pyramiden.
Manchmal reisten sie ins Ewige Rom und besuchten den Vatikan-Hügel
und sprachen dort mit dem Hohepriester.

König Atlas hatte nun Söhne. Und diese Söhne hatten wiederum Söhne.
Und diese Enkel hatten auch wieder Söhne. Und so stammte eine große
Familie oder Sippe von König Atlas ab. Diese Familie hieß die Familie der
Atlantiden. Sie stellten immer den obersten König von Atlantis. Und die
Könige von Atlantis waren unvorstellbar reich. So reich war nicht der
reiche Krösus aus Griechenland. So reich war nicht der Priesterkönig
Johannes von Indien. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie reich der König
von Atlantis war. Auch hatte er alles, was die Mutter Natur erschuf. Auch
hatte er alles, was die Bauern und Handwerker erschufen. Und er hatte
alles, was die Seeleute mit den Schiffen aus der Ferne herbeibrachten. So
hatte er auch Pfeffer aus Indien und Seide aus China.

Dem König von Atlantis dienten auch die Bergarbeiter in den Bergwerken.
Sie holten aus der Erde Silber und Gold. Es gab Silber und Gold in
unvorstellbaren Mengen. Es gab so unendlich viel Silber, das es schon fast
nichts mehr wert war. Alle Paläste waren aus Gold und Silber und
Edelsteinen. Es gab Jaspis, Jade, Nephrit, Rubin, Smaragd, Türkis,
Chrysolith, Amethyst, Lapislazuli, Mondstein und Onyx und viele andere
Edelsteine in Menge. Auch gab es genug Holz in den rauschenden
Wäldern für die Zimmermänner. Die Tischler hatten genug Holz. Die
Handwerker hatten auch Eisen, Bronze und Kupfer. Der Goldschmied
machte Kunstwerke aus Gold und Edelsteinen. Die Frauen schmückten
sich mit Perlenketten, Silberkettchen, Goldringen, Lapislazulikettchen,
Mondstein-Ohrringen und goldenen Haarspangen. Sie trugen Kleider aus
durchsichtiger Seide.

Die Menschen von Atlantis hatten zahme Tiere, Haustiere wie Hunde und
Katzen, Kaninchen und Hühner und Kanarienvögel. Sie molken die Kühe.
Die Schafe gaben ihnen Wolle. Die Ziegen gaben Milch für den beliebten
Ziegenkäse. Aber es gab auch wilde Tiere, Löwen, Tiger, Geparden,
Leoparden, Jaguare und Panther. Es gab sogar Elefanten. Die wurden aber
gezähmt, so dass die Elefanten im Wald halfen, Bäume abzutransportieren.
Auch ritten die kleinen Knaben und jungen Mädchen gern auf dem Rücken
der Elefanten. Es gab auch viele Wurzeln und Gräser und Kräuter, daraus
die Ärzte Medizin machten. Es gab viele Blüten, aus denen die Frauen
Parfüm machten. Das roch alles so gut! Da gab es genug gesunde
Obstarten und gesundes Gemüse zu essen. Manchmal gab es auch
gebratenes Fleisch. Die Mütter wussten ganz leckeren Joghurt und
Quarkspeisen als Nachtisch herzustellen. Für die Kinder wuchs auch das
Süßholz, an dem die Kinder gerne knabberten, denn sie liebten diese
Süßigkeit. Es wuchsen auch Mandeln und Pistazien und Nüsse in Hülle
und Fülle. Alles brachte die Insel Atlantis hervor, die immer im warmen
Sonnenschein lag. Es gab wirklich genug für alle!

Der Palast des Königs Atlas sah nun so aus: Im Innersten des Palastes war
ein Tempel, darin stand eine Säule der heiligen Jungfrau, der Mutter des
Volkes. Vor dieser Statue brannten immer Kerzen aus Wachs, vom Fleiß
der Bienen gemacht. Dann gab es dort auch ein großes Bild vom Gott des
Meeres mit hundert schönen Meerjungfrauen, die auf Delphinen ritten und
auf Muschelhörnern bliesen. Die zehn Könige schickten jedes Jahr zu
Ostern das erstgeborene Lamm ihrer Herde zum Opfer in den Tempel. Der
Tempel war aus Zedernholz und ganz mit Gold geschmückt. Nur die
Türme waren aus Elfenbein. Das Innere war ganz mit Gold verkleidet, aus
Gold war auch der Altar des Gottes.
Vor der Statue der heiligen Jungfrau lagen viele Tafeln, darauf die
Menschen ihren Dank gemalt hatten. Die Jungfrau hat geholfen! Das stand
auf jeder Tafel. Und wenn die Jungfrau kleine Kinder vor dem Tod gerettet
hatte, dann waren da kleine Kinder gemalt, die bedeckt waren vom
Schutzmantel der heiligen Jungfrau.

Vor dem Königspalast standen Statuen der zehn Könige von Atlantis, der
fünf Zwillingsbrüder. Jeder König trug eine goldene Krone, aber König
Atlas trug eine dreifache Krone, darauf stand: Der König Atlas, der Sohn
Gottes und der Jungfrau, der Vater der Könige der Erde!

Die beiden Quellen, die heiße und die kalte Quelle, wurden durch Kanäle
in ein großes Schwimmbad geleitet, da der König Atlas mit seinen Brüdern
gerne badete, denn er schwamm sehr gut und sehr gerne. Außerdem
badeten auch die Königinnen gerne im Schwimmbad. Dann wurde das
Wasser weitergeleitet in den Wald des Gottes, da Zedern und Zypressen
wuchsen, Eichen und Palmen, Maulbeerbäume und Feigenbäume,
Apfelbäume und Mischmisch-Bäume. Der Wald war sehr schön, und es
gingen darin immer die schlanken Gazellen, Antilopen, Hirschkühe und
Rehe spazieren.

In der Nähe des Waldes gab es Gärten und Sportplätze, da die Knaben
turnten und Ball spielten, auch miteinander Ringkämpfe ausfochten. Es
gab da auch eine Rennbahn für Pferderennen. Und es gab eine Rennbahn
für Wagenrennen. Der König Atlas liebte das Ballspiel nicht sehr, aber die
meisten Leute waren ganz begeistert vom Ballspiel. Dahinter waren die
Wohnungen der Bauern, Handwerker und Kaufleute. Die Wohnungen
waren sauber und aufgeräumt. Vor den Wohnungen waren schöne
Blumengärten, in denen die Frauen mit ihren Dichtern Apfelwein tranken.

Von den Wohnungen ging es an die Küste der Insel. Da war ein großer
Hafen. Da lagen Segelboote, Ruderboote und große Handelsschiffe. Im
Hafen war ein lustiges Treiben, ein Lärm und Geschrei. Da waren für die
Matrosen auch die Häuser der Freudenmädchen.
Was nun die Krieger betrifft: Jedes Grundstück musste einen Anführer
stellen. Insgesamt gab es 60.000 Krieger. Sechs Krieger besetzten einen
Kriegswagen. Es gab also – richtig gerechnet – 10.000 Kriegswagen. Dazu
gab es Kriegspferde und Reiter, Pferdegespanne mit einem Krieger. Die
Krieger waren bewaffnet mit Schild und Schwert, Pfeil und Bogen oder
Steinschleudern. Die Speerwerfer gingen ohne Rüstung. Es gab auch
Seemänner auf Kriegsschiffen. Es gab 1200 Kriegsschiffe. Das allein war
die Armee von König Atlas. Aber die andern neun Könige hatten auch
noch Krieger. Aber wenn ich davon auch noch erzählen müsste, würde
meine Geschichte zu lang. Es ist schon spät, und ich muss bald ins Bett.
Darum muss ich jetzt langsam zum Schluss kommen, meine geliebten
Kinder.

Was nun den Staat betrifft, der wurde so regiert: Jeder der zehn Könige
herrschte in seinem bestimmten Gebiet. Jeder König hatte eine Burg mitten
in seinem Gebiet und regierte von dort aus sein Volk. Er machte die
Gesetze und musste niemandem gehorchen als dem König Atlas, dem
König der Könige. Und König Atlas musste nur Gott seinem Vater
gehorchen. Der Gott hatte ein Gesetz gegeben, dem mussten alle
Menschen gehorchen. Auch die Könige gehorchten dem Gesetz Gottes.
Der Gott hatte das Gesetz selbst auf eine goldene Tafel geschrieben. Diese
goldene Tafel mit dem Gesetz Gottes befand sich im Hauptheiligtum der
Insel Atlantis in einer heiligen Truhe. In diesem Heiligtum kamen die
obersten Priester alle sieben Jahre zusammen, um dem Gott von Atlantis
ein Opfer von Brot und Wein darzubringen. Dann beriet sich die
Versammlung der obersten Priester, und sie gaben neue Gesetze.

Wenn nun die Richter sich zum Gericht versammelten, schlachteten sie
zuerst einen Sündenbock auf dem Altar Gottes. Das Blut des
Sündenbockes spritzten sie an den Altar. Auch tranken sie das Blut des
Sündenbockes und aßen das gebratene Fleisch des Sündenbockes. Dann
schworen sie feierlich, dem Gesetz Gottes zu gehorchen. Dann berieten sie
sich untereinander. Dann sprachen sie Recht. Wenn in dem Volk eine
Verschwörung gegen die Könige von Atlantis war, dann beschützten die
Richter die Könige. Über den Richtern stand aber König Atlas, und der
verbot die Todesstrafe. Die Verbrecher wurden mit goldenen Ketten
gefesselt, so viel Gold gab es damals.

Viele tausend Jahre lebte das Volk von Atlantis in Gerechtigkeit und Liebe.
Aber je länger es her war, da der Gott die Jungfrau geheiratet hatte, desto
mehr vergaßen die Menschen das Gesetz des Gottes. Mehr und mehr
Menschen vergaßen Gott und die heilige Jungfrau. Statt Gott anzubeten,
begannen immer mehr Menschen, das Geld anzubeten. Die Menschen
wurden habgierig, streitsüchtig und waren einander feindlich gesonnen.
Sie töteten die Kinder schon im Bauch ihrer Mütter. Sie wollten andere
Länder erobern. Die einen wurden immer reicher und die andern immer
ärmer. Das sah der höchste Gott der Götter und wurde zornig. Da
vernichtete Gott die Insel Atlantis durch ein großes Meeresbeben. Heute ist
nur noch der Atlantik über, der Atlantische Ozean zwischen Europa, Afrika
und Amerika.
Liebe Kinder, Gott ist der Gott der Liebe und liebt euch unendlich! Und
nun:
Schlafe selig und süß!
Schau im Traum’s Paradies!

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
CHRONIK

Von Josef Maria Mayer

„Odi profanum vulgus et arceo.“


(Horaz)
ERSTES KAPITEL
Im neuen Jahrtausend, am ersten Tag sah ich Devi. Sie saß im Sessel,
müde noch vom berauschenden Fest. Sie trug einen schwarzen
Wollpullover, der gemütlich aussah nach Geborgenheit. Wie gerne hätte
ich geruht in ihren runden Armen, in der Beuge ihrer Arme, wie gerne
hätte ich geruht an diesen süßen Brüsten, an diesem warmen Busen! Sie
trug die langen Haare offen, sie waren noch verwirrt vom Schlaf, sie waren
hennarot und bräunlich, gelockt, eine wahre Löwenmähne! Ihre Mund war
tiefrot, scharlachrot geschminkt! O Mund, ich möchte eine Litanei singen
an diesen gebenedeiten Mund! Ich studierte einst an der Universität den
Zusammenhang von Karneval und Literatur und studierte die Lachkultur
der Frauen, da lernte ich vom Grotesken der Weiblichkeit, vom
Grottengeheimnis des Weibes, das Symbol des Weibes sei der Mund, das
Symbol des Mannes die Nase, denn des Weibes Mund ist des Weibes
Vulva, des Mannes Nase ist des Mannes Phallus! O roter Mund Devis, wie
möchte ich dich küssen! Devi saß vor mir wie eine Diva, wie eine
schwarze Madonna mit roter Löwenmähne, rotem Mund, pure Wollust und
zugleich gemütlichste Geborgenheit und Heimat der einsamen Seele!
Ich litt aber unerträglich an den Schmerzen der unerwiderten Liebe, an
dem Gift der unbefriedigten Liebe! Ich ertrug den Plan Gottes nicht mehr,
den Plan einer Liebe ohne Liebeslohn! Ich wollte fliehen von der
Geliebten, ich wollte sie vergessen, aus dem Herzen reißen, ich wollte
fliehen vor der Geliebten, die mein Kreuz war! Ich schrieb ihr einen
Abschiedsbrief, einen langen liebevollen Abschiedsbrief. Wer solch einen
Brief schreibt, der nimmt nicht Abschied. Wer wirklich Abschied nimmt,
der schreibt nur einen Satz. Wie könnte ich von ihr Abschied nehmen? Von
ihr Abschied nehmen, hieße von meinem Herzen Abschied nehmen! Aber
wie schmerzlich die Qual der unbefriedigten Liebe! Noch suchte ich im
Glauben das irdische Glück, noch hatte ich nicht Ja gesagt zum Martyrium
des Herzens, zum Martyrium der Minne!
Ich suchte bei einem Psychologen Heilung von der Krankheit der Liebe!
Hatte ich nicht gelesen im Hohenlied Salomos: Ich bin krank vor Liebe?
Welcher Psychologe, welcher Therapeut, welches Hospital, welche Kur,
welche Diät, welche Pille und welches Irrenhaus heilt von der Krankheit
der Liebe? Sollte es nicht heißen im Hohenlied Salomos: Ich bin unheilbar
krank vor Liebe? Und sollte es nicht heißen: Ich sterbe an einer
unheilbaren Krankheit, an der Krankheit der Liebe?
Der protestantische Therapeut diagnostizierte eine Romanzensucht. Ich bin
der Don Juan der unerwiderten Liebe! Ich bin der Don Juan der Anima-
Liebe! Aber jetzt war meine Animaliebe endgültig zur dämonischen
Besessenheit geworden! Die Geliebte war die Dämonin, von der ich
besessen war! Da sprach der Therapeut: Was hat denn die Geliebte mit
deiner Mutter zu tun? Aber ich konnte das noch nicht betrachten, vielmehr,
weil der Therapeut mich heilen wollte von der Liebe, weil er die Dämonin,
meine Geliebte, aus mir austreiben wollte, floh ich, denn ich wollte lieber
liebend krank sein als lieblos gesund! Da resignierte der Therapeut und
sagte: Nun besuche deine Geliebte wieder!
Ich besuchte die Geliebte und konnte ihre strahlende brennende Nähe nicht
ertragen! In der Ferne verschmachtete ich vor verzehrender Sehnsucht und
in der Nähe verbrannte ich vor dem verzehrenden Feuer! Der Herr sprach:
Ich, der Herr, dein Gott, bin ein verzehrendes Feuer! Und Salomo sang:
Die Flammen der Liebe sind die Flammen Gottes! Keine Wasser können
sie löschen! Ja, in unserer kriegerischen Zeit drängt sich mir der Vergleich
auf mit der Napalmbombe, denn das Feuer der Napalmbombe ist auch
nicht zu löschen! Meine Geliebte war meine Napalmbombe!
Hätte die Religion mich trösten können! Aber die Protestanten kannten
nicht das Leiden Christi, kannten nicht das Kreuz Christi! Für sie war das
Kreuz eine Leidenserfahrung Jesu von Nazareth vor zweitausend Jahren,
damals war Jesus von Nazareth gestorben, auf dass wir heute alle froh und
fröhlich sein können und singen Halleluja, feiert Jesus, tanzt vor dem
König, klatscht in die Hände mit lautem Jubel, denn er hat uns froh
gemacht! Ich brauchte ein Christentum, dass auch dem Leidenden Christus
verkündigt.
Da stieß ich durch das Wirken der Vorsehung auf die Laientheologie des
katholischen Dichters Reinhold Schneider. Sein Erbe war die Schwermut.
Sein Evangelium war die Tragik des Gekreuzigten. Seine Mystik war die
Mystik der dunklen Nacht der Seele. So wurde ich langsam und vorsichtig
an die paradoxe Mystik der Karmel-Heiligen herangeführt.
Nun nahm ich erstmals geistig teil an einer Heiligen Messe, vom Heiligen
Vater Johannes Paul dem Großen gefeiert. Ich erkannte im gleichen
Augenblick: Dies war das wahre Urchristentum! Die Evangelikalen
sprachen so viel vom Urchristentum, aber hier, in der Heiligen Messe des
Papstes war das wahre Urchristentum, hier feierten Petrus und die andern
Apostel das wahre Abendmahl Jesu, hier war die wahre apostolische
Lehre, hier war die wahre universale Gemeinschaft der Heiligen!
Eine Zeitlang besuchte ich noch pietistische Gottesdienste, aber schließlich
besuchte ich selbst die Heilige Messe in der Kapelle, die einen Fußweg
weit von meiner Zelle entfernt war. Ich bat den Priester um Erlaubnis, an
der Kommunion teilzunehmen, und der Priester erlaubte es mir. So führte
mich das Sakrament der Kommunion zur wahren Kirche Christi.
Ich traf aber im Mai die schöne Devi in der Universität, zufällig, oder von
der Vorsehung gelenkt, und lud sie ein ins Museum, denn dort waren
Damaskus und Aleppo ausgestellt. Wir sahen korinthische Säulen mit
Arabesken und Fresken und der kleine Amor schaute so reizend wie Devi
drein. Wir sahen Schmuck der Antike, mit der ich die Geliebte gern
geschmückt hätte, vom Scheitel bis zur Zehe geschmückt mit Gold und
Silber und Perle und Edelstein! Wir sahen ein Rosenquarz-Flakon mit
Salböl, und ich wollte die Geliebte salben mit allen Parfümen, die
Sulamith und Kleopatra und Yang Gue-Fei jemals verwandt hatten. Wir
waren in Syrien und Devi war meine syrische Muse, ich aber war bei ihr
der Syrier, der Sohn des Höchsten.
Im Sommer aber trug Devi das allerreizendste Sommerkleidchen, ganz wie
eine Nymphe oder Grazie, wie die Danae Wielands, die dem Platoniker
Agathon den Verstand geraubt. In mir war noch so viel puritanisches Blut,
dass ich sie bat: Verschleiere dich, Geliebte, denn deine Reize rauben mir
den Verstand! Devi war bereit, sich zu verschleiern, aber Corinna trat zu
Devi und sagte: Nein, lass dich von dem Puritaner nicht bereden, zeige
deine imperialen Reichsäpfel und offenbare deine Macht und Herrlichkeit!
Wie sah denn Devi aus? Sie trug ein weißes Seidenkleidchen, fast
durchsichtig, sie Arme waren nackt, die Beine waren nackt bis zu den
Oberschenkeln, die Brüste quollen vor aus dem Hemdchen. So lag sie im
grünen Gras des Paradiesgartens! O die verführerische Venus! Diese pure
Liebesgöttin in all ihrer erotischen Zaubermacht verstörte den frommen
Pietisten, sie war all sein Traum von Genuss und doch, wie die Dichterin
sagte: Sein Blut plagt ihn!
Ich aber studierte die Poesie der deutschen Romantik. Vor allem Clemens
Maria Brentano hatte es mir angetan. Seine Muttersehnsucht und seine
unstillbare Frauensehnsucht fühlte ich nach. Sein verwilderter Roman: Das
steinerne Bild von Maria, diese romantische Prosa-Poesie wühlte meine
Seele auf mit einer namenlosen Sehnsucht nach der marianischen Frau. Ich
las über die fatale Liebe Brentanos zu Sophie Mereau, er konnte nicht
ohne sie leben und konnte nicht mit ihr zusammen sein, ewige
Ruhelosigkeit trieb ihn von ihr fort und wieder zu ihr hin und wieder von
ihr fort, und er fand keine Ruhe im Genuss der Liebe, denn er war, wie
Goethe im Zweiten Faust schrieb, ein ewiger Sehnsuchtshungerleider! Die
magischen Schönheiten der deutschen Sprache in der romantischen Poesie
weckten in mir eine Sehnsucht nach einer himmlischen Sprache, nach der
Poesie des Himmels! Alle wirklich tiefen Empfindungen und göttlichen
Ahnungen sind ja unaussprechlich in unserm hannoveranischen
Hochdeutsch. Nein, die Sprache der Engel muss von unsrer Liebe seufzen,
die Sprache der Engel muss von der mystischen Weisheit lallen! O
Madonna, erst im Himmel kann ich dir ein würdiges Loblied singen!
Gewähre mir die Gnade, Madonna meiner Minne, dir in der Ewigkeit mit
aller Kunst der Poesie den Dienst der immer herrlicheren Verherrlichung
erweisen zu dürfen!
Ein großer Schmerz zerschnitt meine Seele. Eine katholische Novizin aus
Westfalen wies mich auf Maria hin. Ich erinnerte mich an mein ersten Jahr
als bekehrter Christ, wie ich die katholischen Huldigungen an Maria
geliebt! Ich erinnerte mich plötzlich, dass ein Titel der Madonna war: die
Balsamstaude. O Maria, himmlische Balsamstaude, lass einen Tropfen
deines himmlischen Balsamöles in meine zerrissene und gequälte Seele
tropfen! Wo soll ich Trost suchen als bei dir, Madonna, du Balsamstaude?
Barmherzige Mutter und Liebe Frau, salbe meine verwundete Seele in der
bittern Passion ihrer Liebesleiden, mit einem Tropfen deiner barmherzigen
und mitleidvollen Mutterliebe!
Vom Sommer an war ich in eine schmerzliche Empfindung von absoluter
Einsamkeit gekommen. Alle Freunde hatten mich verlassen. Wie die
Freunde Hiobs hatten sie alle fromme Ratschläge gegeben, aber die
Klagen Hiobs schienen ihnen Ausdruck von Stolz und Sünde zu sein.
Wegen deiner Begierden muss der Vater in seinem Zorn dich züchtigen,
sagten die Frommen! Die andern sprachen: Esse leckere Speise und trinke
einen guten Wein, denn das ist alles, was uns auf Erden bleibt! Andre
sagten: Dieses Leben ist nichtig, hoffe auf den Himmel, dort wirst du
glücklich werden! Aber die katholische Novizin sagte: Ich bin auch in
meiner Zelle eingeschlossen und der Name meiner Zelle ist: Der Garten
Gethsemane! Ja, ich auch war im Garten Gethsemane! Ich war nicht in
Elysium und nicht in Arkadien, ich war auch in einem Garten Gottes, aber
in dem Garten Gethsemane! Die Freunde schliefen, die Liebhaberinnen
hatten mich allein gelassen, die Frommen verrieten mich mit den
Weisheitssprüchen ihrer Frömmelei. Ich sah den Becher voll des Wermuts,
ich sah den bitteren Becher einer absoluten Einsamkeit und Verlassenheit,
ich rang in der Nacht mit Gott und schrie: Herr, Herr! Nimm diesen Becher
von mir, wenn es möglich ist! Aber dein Wille geschehe, Herr! Wenn es
dein Wille ist, o Herr, dann nehme ich den Becher, mit Leiden gefüllt bis
an den Rand, aus deiner guten Hand, und wenn es möglich ist, lass mich
den Becher der Pein aus deiner geliebten Hand ohne Zittern und Zagen
empfangen! Ach, wann sendet mir Gott im Himmel einen Engel des
Trostes und der Stärkung?
Im Herbst des Jahres Zweitausend war ich mit Devi und Valentin und
Corinna auf der kleinen Nordseeinsel in der südlichen Nordsee, die da
heißt das Dornröschen der südlichen Nordsee, an der Perlenkette der
friesischen Inseln in dem Muschelgeschmeide des friesischen Archipels
die kleinste und feinste der Perlen. O ich lebte die Heilige Familie mit
Devi und Valentin. Drei Tage lang spielten wir keusche Josefs-Ehe mit
Madonna und dem Jesusknaben. Ich hatte ein Herz für das Kindlein und
die schöne Mutter. Sie erzählte mir einen bedeutsamen Traum auf dem
Balkon in der Nacht beim Wein. Sie war in ihrem Schlafzimmer und hörte
Freundinnen sich verschwören gegen sie, Freundinnen aus der Kindheit
und erwachsene Freundinnen, und es waren da auch schleimige Männer,
ekelhafte Kerle, und ihr Lebensgefährte Albert verschwor sich mit den
schleimigen Kerlen gegen Devi. Da trat aus dem Nebenzimmer, dem
Kinderzimmer ihres Erstgeborenen eine Frau, die hielt ein Frauenhaupt in
der Hand und sprach, sie suche für dieses Frauenhaupt einen Frauenkörper,
und Devis Körper sei auserkoren, den Frauenkörper für dieses Frauenhaupt
zu sein. Am Tage gingen wir spazieren mit einem kleinen Bollerwagen.
Valentin saß wie ein kleiner König im Bollerwagen, wie ein Jesuskind auf
seinem rollenden Räderthron, und Devi und ich wie Madonna und der
keusche Josef zogen den Räderthron des heiligen Kindes. Da sah ich die
Schatten ihrer und meiner Hand, und unsere Schatten berührten sich
zärtlich in dem Sonnenlicht am Boden der Nordseeinsel. Ich dachte in
meinem Verlangen nach Devis Liebreiz an zwei Heilige: Maria Ägyptiaca
und Sankt Antonius. Maria Ägyptiaca war eine Hure in ihrer Jugend
gewesen und ließ sich wie Oholiba die Brüste betatschen und spreizte die
Schenkel jedem Mann. Aber dann begab sie sich nach Jerusalem. Die
Schiffsfahrt bezahlte sie, indem sie sich von jedem Matrosen beschlafen
ließ. So kam sie nach Jerusalem und wollte die Grabeskirche Christi
betreten, da sprach Christus: Tritt nicht in mein Heiligtum, du elende
Sünderin! Da erschien die himmlische Maria der ägyptischen Maria und
lud sie in das Heiligtum. Die ägyptische Maria kehrte um zu Jesus und
seinen Geboten und ging in die Einsamkeit der Wüste, um allein zu sein
mit Gott. Nackt starb sie im Wüstensand und kehrte zu ihrem Meister
heim. Ein Löwe begrub ihren schönen nackten Leib im heißen
Wüstensand. Sankt Antonius lebte in der Wüste als Einsiedler und betete
allezeit zu Gott. Da versuchte ihn der Versucher in Gestalt eines nackten
Weibes und verlockte ihn, den sexuellen Appetit mehr zu lieben als die
Enthaltsamkeit für Gott. Aber Sankt Antonius kämpfte mit seiner inneren
Buhldämonin und siegte mit Hilfe Jesu und blieb ein frommer heiliger
Einsiedler, der alle seine Begierden in himmlische Liebesglut verwandelte.
Jetzt betete ich auf meinem ersten Rosenkranz mein erstes Ave Maria. Ich
betete zehnmal: Ave Maria, du Gnadenvolle, der Herr ist mir dir, du bist
mehr gesegnet als alle anderen Frauen, und gesegnet ist deine Leibesfrucht
Jesus! Weiter konnte ich noch nicht beten. Aber mit diesem Gebet begann
meine Liebe zur Königin des heiligen Rosenkranzes. Jedes Ave Maria ist
ein Kuss auf den Mund der Madonna. Als ich von der kleinsten Perle, dem
Dornröschen der südlichen Nordsee, heimkehrte in meine Zelle, sang ich
immer: Ich wünschte, dieser Kuss würde ewig währen!
Corinna war auf der Insel schon hochschwanger, sie gebar im Millennium
ihren Erstgeborenen, Jedidja. Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns
geschenkt! Ich nahm ihn als Sohn meiner Seele an. Er sollte mir ein großer
Tröster werden. Ich stand an seiner Wiege und erschauderte vor dem
Geheimnis, dass er sich nun entscheiden müsse in diesem einen irdischen
Leben zwischen Himmel und Hölle. Er wird es schwer haben, denn sein
Zeuger hatte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Ich musste beten für
Jedidja.
Meine großen Schmerzen goss ich in einen Roman über Orpheus. Zuletzt
ward Orpheus von den Mänaden des Dionysos zerrissen. Devi und
Corinna waren die Mänaden. Wer mich aber aufnahm, das war die
Jungfrau von Guadelupe. Ich begegnete zum ersten Mal einer
prophetischen Botschaft der Madonna: „Du bist in der Beuge meiner
Arme, ich bin ja da, ich, deine Mutter, brauchst du mehr als das?“ Diese
Worte berührten mein innerstes Herz. Ich wusste noch nichts von der Rolle
Mariens im Heilsplan Gottes, ich hatte auch die Schönheit der heiligen
Ikone der Jungfrau von Guadelupe noch nicht gesehen, aber diese sanften,
zärtlichen Mutterworte sprachen unmittelbar in mein Herz.
Nun fand ich durch die Führung des Heiligen Geistes ein Buch der
katholischen Dichterin Gertrud von Le Fort: Die Ewige Frau. Sie hatte, so
wie Reinhold Schneider von der Dunklen Nacht des Johannes vom Kreuz
beeinflusst war, sich mit der Lehre der heiligen Edith Stein über das Wesen
der Frau auseinandergesetzt. So kam mir durch die Vermittlung der Poesie
die erste Milch aus der Brust des Berges Karmel zu. Die Ewige Frau ist die
Tochter Gottes, die Mutter des Sohnes und die Braut des Heiligen Geistes.
Als Tochter ist sie die starke Jungfrau in makelloser Reinheit, siegreich
durch ihre triumphale Keuschheit. Als Mutter gibt sie alles ihrem Sohn,
schenkt sie alles ihrem Sohn, lebt sie ganz für den Sohn und vollendet sich
in ihrem Sohn. Als Braut des Heiligen Geistes trägt sie den Schleier, der
das Wesen der Frau symbolisiert. Die verschleierte Isis von Sais ist ein
Symbol für das verschleierte Wesen der Frau. Die radikale Entblößung ist
die Preisgabe der Würde der Frau, der Schleier aber begleitet sie als
jungfräuliche Braut in der Hochzeit, als Witwe in der Trauer, als Nonne in
der Ehe mit Gott. Die Braut des Heiligen Geistes ist es auch, die den
Dichter inspiriert. Sie schenkt dem charismatischen Dichter eine Muse als
Stellvertreterin der Madonna. Die Muse als ersehnte oder rein geistige
Braut stellt im Leben des berufenen Dichters die Jungfrau-Mutter dar. Sie
bringt ihm die andere Hälfte der Wirklichkeit entgegen. Ohne die Braut
des Heiligen Geistes begreift der Christ nicht den wahren Geist, sondern er
bleibt bei dem Gott seines Verstandes, er kennt nur den Gott, den sein
Verstand erdenken kann. Wo aber die Braut des Heiligen Geistes ein Herz
erfüllt, da zieht sie die Fülle des Heiligen Geistes in das Herz herab.
In der Weihnacht hatte ich eine Vision, die Madonna schwebte am Himmel
und rief mich zu sich. Die Madonna war von jugendlicher Schönheit, ganz
rein, ganz strahlend, sah aus wie die Sixtinische Madonna von Raffael.
Ich übersetzte die Hymne von Edmund Spenser, die Hymne an die
himmlische Schönheit, und fand in dem Lobpreis der Sapientia Divina
eine göttliche Weiblichkeit, die mich überaus faszinierte und anzog, wenn
ich auch noch nicht recht verstand, wer diese Sapientia Divina war. Sie
war schöner als die Venus der Künstler, sie war makellose Schönheit,
unbefleckte Schönheit, himmlische Schönheit, die Idee der Schönheit an
sich, sie war gewissermaßen die Platonische Urania als das Höchste Gut.
Sie war wie der Engelsgeist des Neoplatonismus. Sie schien ganz so wie
die Unbefleckte Jungfrau Maria in ihrer himmlischen Schönheit, aber der
Theologe erkannte in ihr das Wesen des Logos, eine feminine
Erscheinungsweise Christi!
ZWEITES KAPITEL
Am 9. Februar war solch eine dichte Präsenz Christi in meiner Zelle, ich
meinte fast, Christus als Lichtgestalt zu sehen. Ich legte mich auf mein
Angesicht zu seinen Füßen. Ich hörte seine leise Stimme in meinem innern
Herzen die Worte formen: „Ich lade dich ein zum Allerheiligsten
Altarsakrament! Ich erlaube dir die Verehrung meiner Mutter.“ Am
nächsten Tag hatte ich das bestimmte Gefühl, dass Maria, die Mutter der
Barmherzigkeit, mich in ihren Schutzmantel hüllte und bei mir war. Ich
hörte in der Universität die Stimme Mariens in meinem innern Herzen:
„Du bist ein Gezeichneter.“ Die Protestanten glaubten meiner Vision nicht.
Sie wollten weiter ihre Laientheologie betreiben und sich über den ersten
Petrusbrief austauschen. Mir aber war die Lehre Petri wichtig geworden,
dass wir eine Zeit lang leiden müssen, aber eine Ewigkeit glückselig sein
sollen. Unter den Leiden verstand ich nicht nur physische
Christenverfolgungen, wie die Protestanten, sondern alle irdischen Leiden,
alle Krankheiten und auch alle seelischen Leiden und auch den großen
Schmerz der unerwiderten Liebe. Ich trennte mich von der
protestantischen Gruppe.
Ich ging nun oft spazieren und sprach mit der Madonna. Ich wollte allein
für die Madonna leben und bat Gott in jener Zeit ums Charisma der
Ehelosigkeit, um ganz allein mit der Madonna vermählt zu sein. Dann
studierte ich in der Universitätsbibliothek die katholische Mariologie. Von
Maria nie genug, sagte ein Heiliger. Ich bewegte mich von Anfang an in
die Richtung eines marianischen Maximalismus. Ich studierte dann die
Dogmen der Kirche, die Lehrentscheidungen der Päpste aller Jahrhunderte.
Die katholische Novizin aus Westfalen machte mich bekannt mit den
Erscheinungen Mariens in Medjugorje. Ich betete ein Weihegebet an die
Allerheiligste Dreifaltigkeit durch das Unbefleckte Herz Mariens. Ein
charismatischer Prophet aus Frankreich bezeichnete Maria vor allem als
die Braut des Heiligen Geistes. Ich hatte große Schwierigkeiten, Maria als
Mutter anzurufen. Eine Feministin schrieb einmal: Im Mittelalter war das
Frauenideal die Unbefleckte Jungfrau, im bürgerlichen Kapitalismus ist
das Frauenideal Frau Saubermann, die Meisterin der Hygiene. Ich nannte
Maria vor allem Braut des Heiligen Geistes und meine Braut. Der
katholische Priester empfahl mir, mit Maria wie mit meiner Freundin zu
reden. Ich studierte nun auch die Weisheitsschriften des Alten Testaments,
die die Protestanten aus der Heiligen Schrift entfernt hatten. Ich sah einen
Lebensplan vor mir, Bräutigam der Ewigen Weisheit zu sein und
Minnesänger der Madonna.
Ich erinnere mich an den seligen Mai, den Mai der Madonnen-Minne!
Selig schenkte mir Madonna meine Devi wieder in erneuerter Schönheit!
Nun war Devi das Abbild der Madonna. Ich sah Raffaels Madonna im
Sessel, so saß Devi vor mir in ihrem Sessel, wenn sie mich empfing. Sie
gewährte mir Audienz, wir durften plaudern über Gott und die Kunst. Sie
schätze mich als Philosophen und Poeten. Ich schätze sie als meine
Inspiration und als Abbild der göttlichen Schönheit. Ich sah im Geist den
Mund der Madonna, ich sah Devis roten Mund. Was sah ich, Devis Mund,
den Mund der Madonna? Es war der rote Mund der Minnegeliebten, ich
küsste im Geist den roten Mund der Madonna.
Mit Devi ging ich zu einer Aufführung chinesischer Kampfkunst. Devi war
schön geschmückt wie eine orientalische Muse. Sie war die Grazie und der
Liebreiz in Person, geschmückt wie die himmlische Braut Jerusalem! Der
Meister der chinesischen Mönche überreichte Devi eine weiße Lilie. Mich
hatte mein geliebtes China wieder ergriffen. In einem großen Garten beim
Haus der katholischen Studenten saß ich allein und sah in diesem Garten
einen chinesischen Garten und wollte als chinesischer Dichter chinesische
Naturgedichte schreiben. Da begann ich, Gedichte von Li Tai-Bo aus dem
Englischen zu übersetzen und nachzudichten. Ich gab Devi die Gedichte
und sie lobte meine Verse. Da durfte ich fortan ihr meine Gedichte zu lesen
geben. All meine Liebesgedichte, die Devi als Madonna oder als Braut
Christi priesen, durfte ich ihr in Liebesbriefen zuschicken, und sie las sie
gerne und lobte meine Lieder.
Der Mai ging in einen strahlenden Sommer über. Ich las die Gedichte von
San Juan de la Cruz und versuchte sie nachzudichten. Da ward ich
ergriffen von der Liebesglut des göttlichen Eros! Ich brannte in einem
heißen Feuer der Liebe, ich wusste nicht, ob meine erotische Liebe Devi
galt, der Madonna galt, Gott galt? Es war eine brennende Liebe, ein
göttlicher Eros, der liebte, weil er liebte! Es war eine Liebe, die nicht dies
oder jenes liebt, sondern die liebt um der Liebe willen, eine göttliche
Liebe, die die göttliche Liebe liebt! Ich war verliebt in die göttliche Liebe!
Devi zeigte mir das Paradies in ihrem Garten. Alles blühte in himmlischer
Schönheit in ihrem Garten. In diesem Paradiesgärtlein der Madonna auf
Erden sah ich den Garten Eden wiederauferstehen. Aber es war nicht allein
der himmlische Garten Eden auf Erden, der allein nicht selig macht! Was
frage ich nach dem Garten Eden, was frage ich nach dem himmlischen
Paradies, wenn die Geliebte nicht gegenwärtig wäre? Aber sie war ja da!
Sie war der Inbegriff der Schönheit, von einem göttlichen Liebreiz, eine
Grazie Gottes, eine göttliche Charis! Ihr Leib war mehr noch
Paradiesverheißung als der allerschönste Garten! Sie war eine Verheißung
von ewiger Wonne und Lust, von Ekstase der Glückseligkeit!
So kam ich nach Lourdes. O schöner Süden, würdig der Madonna! Die
Jugendlichen waren auf der Suche nach Sommerromanzen oder einer Ehe,
die alten Mütter sangen der Großen Mutter Gottes, aber ich schlich mich
abseits durchs Gebüsch und suchte die Madonna der Minne, Maria als
Freundin, Maria als Braut, Maria als Geliebte. Ich legte bei einem Priester
meine Generalbeichte ab. Dann kroch ich auf Knien den Kreuzweg
entlang. Am Ende des Kreuzweges kam ich in eine Halle, da an allen
Wänden Fotos von Michelangelos Pieta ausgestellt waren. Als ich aber der
Mund der Pieta sah, den Mund allein, da begannen meine Knie zu zittern,
denn ich schaute die göttliche Schönheit, die Idee der Vollkommenheit! Es
war, als küsste mich die Madonna! Drauf sang ich das Hohelied in
französischer Sprache nach. Ich hatte den Musenkuss der Madonna
empfangen! Fortan war auch ich ein Goldmund, fortan war ich der
charismatische Troubadour Mariens! Dann steckte ich mir einen
Rosenkranzring an, der zehn Ave-Perlen trug, der Priester weihte ihn mir
auf der Kappelle des Hügels, der den Namen Berg Karmel trug. Ich war
fortan Verlobter der Madonna. Und Maria sprach durch einen Propheten zu
mir: „Du hast mich so oft gebeten, Ja zu dir zu sagen. Ich sage jetzt mein
Ja zu dir, sag auch du dein Ja zu mir, ein Ja für immer!“
Wieder zuhause dichtete ich die homerischen Epen nach. Das Licht des
Südens und die Schönheit der Madonna und der erotische Liebreiz Devis
im sommerlichen Paradiesgarten evozierten mir die Vision einer
himmlischen Aphrodite, einer Göttin der Liebe und Schönheit!
Berauscht von Liebe, Leidenschaft, Eros und Wein fühlte ich mich
verzückt entrückt in den Garten Eden, ich war bei der ersten Schöpfung,
bei Eva von Eden, ich sah die Entrückung Evas an den Thron der
Madonna, der Himmel war voller Grazien und Huris, ein Meer der Liebe
und ein Paradiesgarten der Schönheit! Aber dann stürzte ich auf den
felsenharten Boden der Realität, auf die lieblose Erde! Da verzweifelte ich
und es verdross mich zu leben! Der Feind trat zu mir und versuchte mich
mit dem Gedanken an den Selbstmord. Ich bat einen Priester um Hilfe,
aber er verwies mich ans Irrenhaus. Dort setzte man mich eine Woche lang
unter Drogen. Ich durfte in diesem medizinischen Drogenrausch noch
einmal im Halbschlaf vom Paradies träumen, die allerschönsten Träume
trösteten meine Seele. Bald aber raubte mir der Lärm und das Geschrei der
Irren die Ruhe, ich ging in meine Wohnung. Ich fühlte mich wie ein
absolut einsamer Mensch auf der Erde, der keinen anderen Halt und Trost
hat als die Liebe Mariens allein. Nur der schmerzensreiche Rosenkranz als
Nabelschnur der himmlischen Mutter rettete mich in dieser finstern
Stunde. Ich begriff die Lehre über die Mystische Union mit Maria: Wer
sich ganz mit Maria vereinigen will, muss bereit sein zur totalen
Menscheneinsamkeit!
So führte Madonna mich in den Schoß der heiligen Mutter Kirche. Ich
ward gesalbt mit Chrisam oder Myron, bekannte mich zum Glauben der
Apostel, ward berufen, den Reichtum des Wortes Gottes in die Kirche
einzubringen. Ich wurde erfüllt vom Heiligen Geist und tanzte nach dem
Gottesdienst an der Hand des Heiligen Geistes durch die Straßen. Ich traf
mich an diesem Tag mit Devi, schenkte ihr einen Strauß Rosen und trank
ein Glas Champagner mit ihr.
DRITTES KAPITEL
Daran denk ich gerade, wie ich mit Devi im Winter einen Spaziergang
machte unter den Bäumen am Flötenteich, da die Wiesen mit Schnee
bedeckt waren, wir uns scherzend heiter mit Schnee bewarfen. Das
vergesse ich nicht, was ich da sah, wie Schneestaub glitzernd auf Devis
langen braunen Wimpern lag! Tausend Grazien auf einer Wimpernspitze!
Ich versenkte mich ganz ins Marienleben. Drei Marienleben schrieb ich.
Das erste erzählte ihr Marienleben von Sankt Anna an, bis zur Mystischen
Rose im Himmel. Dabei entdeckte ich die Erzählung von Agabus. Nämlich
als Madonna einen Mann bekommen sollte, bewarben sich zwölf Männer
vom Stamme Davids. Nach dem Entscheid des Heiligen Geistes ward
Josef auserwählt. Agabus aber war so leidenschaftlich verliebt in Maria,
dass er in großem Liebesschmerz den Stab des Orakels über seinem Knie
zerbrach. Ich fühlte so mit dem armen Agabus, ich kannte diese Leiden des
jungen Agabus! Ich war ja selbst der verschmähte Freier, und Devi war ja
selbst schön wie die Madonna, aber mir nicht von Gott gegeben! Später
meinte ich, auf der Hochzeit von Kana im Hintergrund im Hochzeitssaal
auch Agabus zu sehen, wie er heimlich die Madonna bewunderte, als sie
Wasser in Wein verwandelte durch die Allmacht ihrer Fürsprache. Ja, ich
kam auf den Gedanken, Agabus sei gewiss vor Schmerz zum Eremiten auf
dem Berge Karmel geworden und ein großer mystischer Verehrer der
Gottesmutter Maria. Da tröstete ich mich mit dem Gedanken, die Madonna
sei noch oft in einer Bilokation oder später als Himmelskönigin dem
Einsiedler vom Berge Karmel erschienen und habe den verliebten Agabus
letztendlich doch noch als einen mystischen Bräutigam angenommen. Die
Madonna hat ja so ein barmherziges Herz! Wie könnte sie einen, der sie
leidenschaftlich liebt, unglücklich lassen? Hat sie je einem Mann das Herz
gebrochen? War ihr Herz nicht allen offen? Hat sie nicht selbst gesagt im
Buch der Sprüche Salomos: Ich liebe, die mich lieben? So hat auch
Agabus nach langen Leiden zuletzt noch seine Vermählung mit der
Jungfrau Maria gefunden, aber nicht im irdischen Sinne, sondern im
mystischen Sinn.
Das zweite Marienleben, das ich schrieb, beschrieb die Ikonen der
Orthodoxen. Da gibt es ja fest vorgeschriebene Typen. Ich sah im Geist all
diese Ikonen der Gottesmutter mit dem Gottessohn vor mir. Dabei
vermischte sich vor den Augen meines Herzens das Bild Devis mit ihrem
kleinen Valentin mit den Ikonen Mariens mit dem kleinen Jesuskind.
Besonders liebte ich die Galaktotrophousa, die Maria Lactans, die
milchspendende Madonna. Ich sah Maria ihr Kleid öffnen und ihre Brust
hervorholen, das Jesuskind an die Brust legen, und ich sah, wie das
Jesuskind getröstet ward in seinem Kreuzesleiden an der Brust der
göttlichen Mutter, die ihm die süße Milch des Trostes einflößte aus dem
prallen Reichtum ihrer herrlichglänzenden Mutterbrust! Ich sah Valentin
auf dem Schoße Devis und sie küssen mit kindlicher Zärtlichkeit. Und ich
wollte selbst als solch ein heiliges Kind auf dem Schoß der heiligen Mutter
sitzen und ruhen in ihrem Arm und saugen an ihren glänzenden Brüsten
und küssen ihren Mund! Ich wollte selbst an stelle Valentins die Mutter
Devi küssen, und ich bat das Jesuskind, mir seinen Platz zu überlassen,
damit ich an den Brüsten der Madonna saugen dürfe!
Das dritte Marienleben, das ich schrieb, ging auf eine tiefenpsychologische
Interpretation byzantinischer Marien-Ikonen zurück. Da wurde Maria zu
einem Symbol der Seele. Maria war Inbegriff der Anima. Da war die
Bildsprache der heiligen Ikonen eine Sprache der ewigen Archetypen. Da
fand die Vermählung des Männlichen und des Weiblichen statt. Da fand
der Mann die vollkommene Ikone seiner inneren Anima. Die Anima, die
ich immer projiziert hatte auf die Frau, die fand nun ihren makellosen
Ausdruck in der unbefleckten Madonna. Sie war ich und ich war sie, sie
war die Seele meiner Seele. Nun verstand ich das Wort des Magnificat
anders: Magnificat anima mea dominum! Maria selbst war die Anima Mea
und pries die Größe des Herrn. Maria selbst war die Anima Mea und
vermählte sich mit Gott, indem sie ihr Ja-Wort sprach. Maria selbst war die
Anima Mea, die mit Christus litt die Kreuzesleiden und die mit Christus
verherrlicht wurde im Himmel. Maria selbst war die Anima Mea, die in der
Vollendung Braut Christi ist und als Himmelskönigin mit dem
Himmelskönig herrscht!
Auf mir ruhte die Salbung. In mir brannte die Liebe. Was ich sah, war eine
Vision des Göttlichweiblichen. Ich verklärte in religiöser Erotik meine
Geliebte Devi zur Göttin und in erotischer Religion verklärte ich Gott als
eine himmlische makellose Göttin der Schönheit, Weisheit und Liebe. Ich
sang Devi als germanische Göttin, sie war mir Iduna, die makellose
Jungfrau im weißen Kleide, die im Paradiese die Äpfel des ewigen Lebens
hütet und die die Dichter inspiriert mit ihrem inspirierenden Kuss. Sie war
Frick, die große Göttin der ehelichen Liebe! Sie war Freyja, nicht die
schwarze Katzengöttin der Hexen, sondern Unsre Liebe Frouwa, die
himmlische Liebe und Schönheit in makellosem Liebreiz ihrer
fleckenlosen Grazie! Ich sang Devi als Aphrodite, aber nicht die närrische
Aphrdite des Homer, die menschlich-allzumenschlich ist, sondern die
weibliche Inkarnation der Liebe Gottes, die göttliche Liebe selbst. Die
Aphrodite der Heiden war ja nichts als ein Symbol für die erotische Liebe
zwischen den Geschlechtern und für die Macht des göttlichen Eros in der
Natur, die Aphrodite der Heiden war niemals selbst eine liebende Göttin,
sie wurde wie der Gott des Aristoteles von den Menschen gefürchtet und
geliebt, aber sie selbst war keine liebende Göttin, sondern eine launische
Willkürherrscherin, die Tyrannei der Triebe. Aber die Aphrodite, die ich in
Devi schaute, war die Aphroditissa der griechisch-orthodoxen Kirche von
Zypern, die Panhagia Aphroditissa von Kouklia, die gen Himmel
gefahrene Madonna, mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen, die
zum Zeichen ihrer Auferstehung den Gürtel ihres Liebreizes, den Gürtel
ihrer Charis dem Apostel Thomas in die Hände legte, der diesen Charis-
Gürtel der Aphroditissa auf dem Gipfel des Olymp im Kloster als Reliquie
bewahrte. Ich will pilgern auf den Gipfel des Olymp und den Charis-
Gürtel der Aphroditissa Maria küssen! Ich verherrlichte Devi als
chinesische Göttin Guan Yin. Wer ist diese, die heraufsteigt aus der
Morgenröte? Sie ist die Vision der Chinesen von der makellosen Mutter
der Barmherzigkeit, der Mutter der Gnade, der barmherzigen Jungfrau, die
Mitleid mit allen Armen und Leidenden hat. Sie ist die chinesische
Madonna mit dem Kind im Arm. Manche meinen, sie ist eine Erinnerung
an die Marienverehrung, die der heilige Apostel Thomas auf seiner
Missionsreise nach China gestiftet hat. Diese Jungfrau Maria des heiligen
Apostels Thomas wurde später von den Chinesen als Guan Yin verehrt, die
jungfräuliche und unbefleckte Göttin der Barmherzigkeit. Was ich in
diesen Visionen des Göttlichweiblichen schaute, war die Liebe Gottes, die
Schönheit Gottes, die Barmherzigkeit Gottes. Die Liebe Gottes sah ich als
Unsere Liebe Frouwa, die Schönheit Gottes sah ich als Aphroditissa von
Zypern, die Barmherzigkeit Gottes sah ich als chinesische Mutter der
Barmherzigkeit. Die dreifaltige Gottheit der Liebe, Schönheit und
Barmherzigkeit sah ich im Spiegel der Jungfrau Maria. So schrieb
Puschkin: Ein Gott in drei Personen, das schien mir nicht vernünftig, bis
ich sah in meiner Einen Geliebten die drei Grazien vereinigt. Madonna, die
mir in ihrer Stellvertreterin Devi erschien, begegnete mir als der Spiegel
der Allerheiligsten Dreifaltigkeit.
Der Eros glühte in mir. Devi erschien mir schön wie Venus. Ich dichtete
das Märchen von Amor und Psyche nach. Devi war Psyche, die so schön
war, dass Venus eifersüchtig wurde. Devi war so reizend, dass sie eine Zeit
lang beinah die Madonna in den Schatten stellte! Und wer war Eros? Eros,
das war mein Herz, Eros, das war Christus. In mir war Christus der
Bräutigam der Psyche Devi, Christus in mir war der Bräutigam Eros. Was
begehrte der Bräutigam Christus-Eros? Er kam aus den höchsten Himmeln
vom Göttervater herab und gesellte sich der sterblichen Braut zu, schloss
einen Pakt der Liebe mit ihr, vereinigte sich mit ihr in mystischer
Kommunion als wie in einer erotischen Erkenntnis. Aber Psyche fiel vom
Glauben ab durch ihren Zweifel, durch ihren Mangel an Glauben. Der
göttliche Eros Christus aber gab seine Braut nicht auf, sondern sandte die
Madonna Venus, die arme verlorene Psyche Devi zu prüfen und zu läutern.
Sie musste durch das Feuer der Leiden, durch den Reinigungsofen der
Trübsal, durch die dunkle Nacht der Seele. Auf die allmächtige Fürsprache
der Königin der Schönen Liebe gelangte Psyche in die Gunst, erneut von
Christus-Eros angenommen zu werden. Nun konnte der himmlische Amor
Jesus sein Werk vollenden, zu dem er gesandt war vom Göttervater Jove,
dem Herrn, er konnte Psyche vergöttlichen, durch die Vereinigung mit
seiner göttlichen Menschheit wurde ihre Menschheit vergöttlicht. So
gelangte sie auf den Gipfel des Olymp und lebte in der Burg der
Himmlischen in der himmlischen Hochzeit mit dem Bräutigam Eros.
Dieses Märchen aus Rom, dieses Märchen aus dem alexandrinischen Isis-
Mysterienkult war eine tiefe neuplatonische Weisheit. Die Protestanten
hatten immer die Agape gegen den Eros ausgespielt und einen
unversöhnlichen Gegensatz zwischen Mutter Teresa von Kalkutta als Ikone
der göttlichen Agape und Don Juan als Ikone des sterblichen Eros
aufgestellt. Ich hatte aber im wahren Don Juan, in San Juan de la Cruz,
schon etwas von der göttlichen Eros-Macht des Herrn Jesus empfunden.
Erst Papst Benedikt in seiner Enzyklopädie Deus Caritas Est sprach das
befreiende Wort, dass Gott Caritas ist, aber Gott ist auch Amor. Dionysios
Areopagita erklärte mir später das geheime Wesen des göttlichen Eros, der
Christus ist. Zuerst aber lernte ich es durch die Poesie, durch das Leben, ja,
ich lernte es durch Devi.
Ich las in jener Zeit ein Buch von einem Benediktinerpater, der das
Verhältnis von Eros und Mystik beschrieb. Der Autor verwies auf die
himmlische Erotik der Brautmystik einer Mechthild von Magdeburg und
auf die himmlische Minne eines Heinrich Seuse zur Ewigen Weisheit.
Diese katholische Brautmystik war hohe Minne, aber zugleich auch
gesättigt von einer poetischen Erotik, von einem bräutlich-erotischen
Verhältnis zur Gottheit.
Dann studierte ich einen jüdischen Religionsphilosophen, der das
Verhältnis des Eros zur Religion überhaupt behandelte. Er sprach von der
Religion der Schöpfungswonne, wie er sie nannte, der Religion des
Mutterrechts aus der vorhistorischen Menschheitsepoche, da die große
Muttergöttin der Fruchtbarkeit die ewige Wiederkehr der Natur verhieß, da
das Geheimnis der schöpferischen Fruchtbarkeit gefeiert wurde in dem
religiösen Kult der Heiligen Hochzeit von Gott und Göttin, von Himmel
und Erde, von Phallus und Vulva. Heute wollen manche Frauen diese
Religion erneuern, aber nach der Auffassung des jüdischen Philosophen ist
der Mensch in unserm Zeitalter auf Erlösung angewiesen, er kann nicht
einfach die Schöpfung und die Fruchtbarkeit der Natur feiern, sondern
sehnt sich nach einem Erlöser. Was aber ist Eros in der Religion der
Erlösung? In der religiösen Erotik offenbart sich eine göttliche Dimension
in dem Geheimnis der zwischengeschlechtlichen Erotik. Dabei gibt es
zwei Formen, diese religiöse Erotik zu leben. Das eine nannte er die
umarmende Erotik, das ist die Ehe, da Mann und Frau als ebenbürtige
Partner in Vereinigung eine gewissermaßen göttliche Ganzheit bilden. In
der Vereinigung des Mannes und der Frau ist der Geist Gottes als dritte
Person gegenwärtig, ja, bis hinein in den Akt der sexuellen Vereinigung.
Diese umarmende Erotik ist vor allem Herzensangelegenheit der Frauen,
wie der Philosoph glaubte. Der Mann neigt eher zur zweiten Form der
religiösen Erotik, der anbetenden Liebe. Hier wird die Geliebte nicht als
gleichberechtigte Partnerin angesehen, sondern sie wird in die Sphäre einer
Göttin erhoben. Die gesamte hohe Minne des Mittelalters war solch eine
anbetende Erotik. Dante und Goethe waren als Dichter Vertreter dieser
anbetenden Erotik. Dante erhob Beatrice zu einer Heiligen und Quasi-
Göttin im Paradies und Goethe verherrlichte die Frau von Stein als eine
himmelfahrende Madonna. Wenn dem Dichter die konkrete sterbliche Frau
nicht mehr genügt als Objekt seiner Anbetung, wählt er sich womöglich
ein Ideal, gebildet aus Traum und Phantasie. Vollendet wurde diese
anbetende Erotik in der Marien-Minne, da die Dichter-Mönche sich als
Josef bezeichneten, die Madonna ihre wahre Freundin nannten, ihre
Schwester und Vielgeliebte. Der Höhepunkt der anbetenden Marienminne
ist die mystische Vermählung mit Maria. Raffael hat in seiner Sixtinischen
Madonna diese anbetende Erotik verherrlicht, da die Madonna als eine
allerreinste Frau in der Aura einer Gottheit erscheint. Goethe hat in dem
letzten Akt des Faust die Mater Gloriosa angebetet als Jungfrau, Mutter,
Königin, ja, Göttin! Der römisch-katholische Renaissance-Poet Jakob
Balde pries Madonna als Diva und Dea Domina. Das ist der Höhepunkt
der anbetenden religiösen Erotik. Diesen Weg also wies mir die Ewige
Weisheit und der göttliche Eros, die eine Person sind.
Im Sommer lag ich im Schlosspark unter einer mächtigen Blutbuche und
fühlte mich wie Adam im Paradies. Adam war schon die Rippe
entnommen, die Wunde war noch nicht mit Fleisch geschlossen, Gott hatte
im Verborgenen schon die Rippe zur Eva gestaltet, aber Gott hatte die Eva
noch nicht zu Adam geführt. Adam fühlte den Schmerz der Wunde, ihn
schmerzte die fehlende Rippe, er wusste, Eva lebt, aber Gott schien Adam
die Eva nicht schenken zu wollen. Adam blieb allein mit seiner
schmerzenden Herzenswunde. Da las ich die Botschaften Marias von
Medjugorje. Es überströmte mich solch ein himmlisches Glück, eine
solche himmlische Liebe und Schönheit, dass der blaue Sommerhimmel
mit der leuchtenden Sonne fast die Gestalt der Himmelskönigin annahm,
die mich von oben voller Huld, Gnade und Güte anlächelte voll
entzückenden Liebreizes, voller Warmherzigkeit! Ich fühlte mich
unaussprechlich schön geliebt von der himmlischen Madonna. Ein
charismatischer Prophet pries die Königin des Friedens und betete: Maria,
ich weihe dir jedes Gefühl der Einsamkeit in mir. Gott sprach zu Adam: Es
ist nicht gut, dass der Mensch allein sei. Als der Neue Adam auf dem Holz
des Kreuzes entschlief, gebar Gott aus der Herzenswunde des Neuen
Adam seine Braut, die Neue Eva. Du, o Maria, Neue Eva, erwirke mir die
Liebe zur vertrauten Einsamkeit mit Gott, dass ich liebend gern allein bin
mit dem alleinigen Gott! Da sprach die Königin des Friedens ihre
Hauptbotschaft zu mir: Bete, bete, bete! Ich beschloss, mein Leben,
meinen Tag, meine Stunden in den Dienst des immerwährenden Gebetes
zu stellen. An jenem Tag erfüllte Maria mich mit der Schönheit und Freude
der Kinder des Lichts. Ich hatte Frieden mit Gott und Frieden in meinem
Herzen. Durch mein Gebet zur Königin des Friedens wollte ich wie in
einer marianischen Friedensbewegung der Frieden Christi in die Welt
tragen.
Durch die katholische Novizin aus Westfalen und den charismatischen
Propheten aus Frankreich war ich auf das Goldene Buch des heiligen
Ludwig Maria Grignion von Montfort gestoßen. Nicht allein die
Ganzhingabe an Maria beeindruckte mich stark, sondern auch die
Verherrlichung der Ewigen Weisheit. Grignion nannte sie Himmelskönigin
und Idee der Schönheit. Er meinte damit aber nicht Maria, sondern Jesus,
die Ewige Weisheit, die Himmelskönigin und Idee der Schönheit. Diese
Ewige Weisheit schließt einen Bund mit ihrem Auserwählten, der einer
geistlichen Ehe gleichkommt. Die Kinder der Welt haben dafür kein
Verständnis, aber diese Ehe, obwohl eine rein geistliche Ehe, ist doch eine
wirkliche Ehe. Grignion sprach auch davon, dass die Ewige Weisheit,
nachdem sie leidenschaftlich das Kreuz begehrt, gekreuzigt, gestorben,
begraben, auferstanden am dritten Tage und gen Himmel gefahren ist, dass
diese Ewige Weisheit auf Erden geblieben ist in der demütigen Gestalt des
Brotes verborgen, so dass, wer die Hostie speist, sich mit der Ewigen
Weisheit in der Kommunion mystisch vereinigt.
Ich sah dann den Papst Johannes Paul vor der heiligen Ikone der Jungfrau
von Guadelupe knien. Es war das erste Mal, das ich die Jungfrau von
Guadelupe sah. Ich hörte, das Original sei unvergleichlich schön, ein Bild
nicht von Menschenhand, und es sei auch nicht zu kopieren. Dennoch
freute ich mich sehr, als eine Kopie des wunderbaren Gnadenbildes mir
von der katholischen Novizin geschenkt wurde. Ich erkannte mein Ideal in
diesem Bild. Sie war schöner als die Pieta von Michelangelo, schöner als
die Sixtinische Madonna von Raffael, schöner als die Felsgrottenmadonna
von Leonardo da Vinci! Sie war schöner als die Mona Lisa von Leonardo
und die Venus von Botticelli! Sie war die Ikone der göttlichen Schönheit,
Abbild der Idee der Schönheit! Mir schien sie Devi ähnlich. Devi in ihren
liebevollsten Stunden war wie ein Schimmer dieser Jungfrau von
Guadelupe. Diese Devi und diese Jungfrau von Guadelupe war auch die
schwarze und schöne Freundin Sulamith. Ich erwählte sie zu meinem
Ideal.
Der Fundamentalismus im Islam war in den Terrorismus übergegangen.
Ich fühlte mich herausgefordert, mich mit dem Islam zu beschäftigen. Der
evangelikale Protestantismus dachte sich den Islam als eine antichristliche
Erfindung Satans. Aber das Zweite Vatikanische Konzil bezeichnete den
Islam als eine ehrwürdige Religion des Einen Gottes, des Schöpfers, des
Barmherzigen und Allweisen Herrn, des Richters der Welt. Ich begann,
den Koran zu lesen und beschäftigte mich mit der mystischen Weisheit der
Dichter-Propheten. Zuerst näherte ich mich dem Islam über den
Westöstlichen Diwan Goethes, die Nachdichtungen und Nachahmungen
islamischer Liebespoesie von Rückert und Platen. Dann las ich Hafis,
Saadi, Nizami und Rumi. Ich fand hier eine Religion der Liebe, eine
Brautmystik, die nicht allein aus den Quellen des Koran gespeist war,
sondern auch aus dem Alten und Neuen Testament, dem Neuplatonismus
und indischer Mystik. Jenseits der dogmatischen Begrenzungen und
Unterschiede gibt es eine Religions-Ökumene der Mystik. Die Sprache der
Liebe sprechen alle Völker, und alle Dichter und Liebenden, die Gott in
der Sprache der Liebe verherrlichen als Bräutigam ihrer Seele, sind nicht
fern dem Reich Gottes oder sind gewissermaßen anonyme Christen.
Manche sprechen ja von der von Natur aus christlichen Seele, ja, man kann
sagen von der von Natur aus katholischen Seele jedes Menschen. Jeder
Mensch, der aufrichtig Gott sucht, kann von Christus dem Bräutigam
berührt werden, auch ohne dass er der Kirche angehört. Das sagte schon
Augustinus, dass das Himmelreich Gottes nicht identisch ist mit der
Kirche Christi. Der Geist weht, wo er will. Die Terroristen des Islamismus
aber, die sich auf Gott beriefen und den Mord als Martyrium
verherrlichten, standen in der Knechtschaft Satans.
Meine tiefe Traurigkeit der Seele, immer wieder erneuert durch das
Verschmähtwerden meiner leidenschaftlichen Liebe, fand einen Trost in
der reinen kindlichen Liebe Jedidjas, des Sohnes Corinnas. Er war jetzt
zwei Jahre alt und verschmähte seine Eltern, wenn ich kam. Wir waren
glückselig zusammen in den gemeinsamen Spielen und Lesungen und
Liebkosungen. Er lernte von mir sprechen und gehen. Solange noch
neugeborene Kinder an den Brüsten ihrer Mütter trinken, ist noch eine
Hoffnung für die Menschheit. Die reinen strahlenden Augen eines kleinen
Kindes lassen den Gläubigen und Liebenden in das Antlitz Gottes schauen.
Ich las die Briefe der Kleinen Therese von Lisieux und nahm daraus vor
allem die Verehrung Christi als göttliches Jesuskind auf. In Jedidja
begegnete mir das Jesuskind. Ich war von den Frauen verschmäht,
verachtet, ausgenutzt worden, aber das göttliche Jesuskind liebte mich mit
bedingungsloser Liebe. Ja, ich kann es nur sagen, wie paradox es auch
klingen mag, es war mir, als ob das göttliche Jesuskind mich anbetete! Du
kannst an alle Götter glauben, an welche du willst, aber es gibt nur einen
wahren Gott, der an dich glaubt! Sobald ich in dem kleinen Kinde Jedidja
gewissermaßen ein Sakrament des göttlichen Jesuskindes erblickte und ich
das göttliche Jesuskind anbetete, indem ich meine Liebe dem Kinde
Jedidja schenkte, begann das Jesuskind an mich zu glauben! Ich war ganz
bereit und ganz hingegeben und sprach zum göttlichen Kinde: Nimm mich
als dein Spielzeug an, nimm mich als deinen Ball an und spiele mit mir
dein göttliches Ballspiel! Spiele mit mir, wenn du Lust und Verlangen hast,
mit mir zu spielen, und lass mich liegen, wenn du müde bist, ich bins
zufrieden! Ich bin nichts als der Ball des göttlichen Kindes! Und wenn du,
o göttliches Kind, wenn du lachend ausrufst: Ballo! Dann bin ich da und
lass dich mit mir spielen!
Nun trennte Devi sich von ihrem Lebensgefährten Albert. Sie wollte eine
eigene Wohnung mit ihrem Sohn Valentin beziehen. Ich bot ihr meine
Hilfe an. Wir renovierten zusammen eine Wohnung. Ich war ihr Sekretär
für bürokratische Angelegenheiten und ihr Hilfs-Zimmermann. Sie war
von Berufsausbildung Zimmermännin und so bildete sich in mir der
Mythos von Sankt Josef, dem Zimmermann, der mit der Madonna
zusammen die Wohnung in Nazareth baute, dabei sah ich an Devi, wie die
makellose Madonna eine geschicktere Zimmermännin war als Sankt Josef.
Wie Madonna den Hammer hielt und geschickt bewegte! Wie sie nagelte!
Wie sie den Pinsel in die Farbe tauchte und pinselte! Es war eine Arbeit
wie eine Romanze, eine Arbeit wie ein Minnedienst. Devi stand im
Obergemach, ich reichte ihr die Latten des Bettes hinan, sie scherzte über
die Latte. Ich träumte davon, im Dachgemach mit Devi im Bett zu liegen
und sie zu lieben. Ich sah im Geist sie schon im Himmelsbett liegen,
verschleiert von einem weißen Schleier, und wie ich sie im Geist erkannte.
Ich las eines Morgens die Geschichte von David und Abigail vom Karmel.
David nahm ja Abigail vom Karmel zur Frau, nachdem Nabal der Narr
gestorben war. Da frug ich Devi, ob sie mit mir zusammen sein möchte.
Sie aber sprach Nein. Da war ich sehr erschüttert, denn ich hatte aus der
Bibelgeschichte eben diese Hoffnung geschöpft. Aber in meinem Herzen
waren zwei Wege, der eine Weg war die Liebe zu Devi und die Sehnsucht,
ein Liebespaar mit ihr zu sein, der andere Weg war die Madonnen-Minne
und die Sehnsucht, jungfräulicher Gefährte der Madonna zu sein. Ich sah
ja Devi vielmehr als Schleier der Madonna, und mich sah ich in dieser Zeit
als den Zimmermann Josef, den keuschen Bräutigam der Madonna. Aber
dass Gott mir die Hoffnung auf Devis Liebe zerschmetterte, ließ mich sehr
traurig werden. Da spürte ich die Nähe meiner heimgegangenen
Großmutter. Sie kam wie ein Engel vom Himmel in einem weißen
Lichtgewand mit großen weißen Flügeln aus Licht und hüllte mich
mütterlich in ihren Mantel, in ihre Flügelarme. Meine Großmutter, die
wahre Mutter meiner Seele, nahm mich, nein, nicht in ihre Arme, sie nahm
mich in ihre Flügel und tröstete mich mit himmlischer Mutterliebe. Da
spürte ich zum ersten Mal die Mutterliebe Mariens. Ich hatte vorher mit
dem Namen Mutter immer nur Herzenshärte und Verachtung verbunden,
aber jetzt kostete ich die süße Mutterliebe der Madonna. Ja, jetzt wurde
mir die süße Bedeutung des Namens Gottesmutter anvertraut. In meiner
himmlischen Großmutter-Großengelin begegnete mir die himmlische
Mutterliebe der himmlischen Gottesmutter. Nun hatte ich wirklich eine
liebende Mutter gefunden. Ich spürte in diesem traurigen Augenblick die
Prophezeiung Jesajas: Ich will euch trösten wie eine Mutter, spricht der
Herr!
Devi aber war in diesen Tagen schwanger geworden, nicht von meinem
Samen, sondern sie kehrte zurück zu ihrem Lebensgefährten Albert. Ich
aber war in dieser Zeit als geistiger Bräutigam mit meiner geistigen Braut
Devi so vereinigt gewesen, dass ich sogar ihre Gedanken in meinem
Innern hören konnte. So bildete sich mir der Mythos, dass die Frucht ihres
Schoßes nicht empfangen ist aus dem Samen eines Mannes, nicht nach
dem Willen des Fleisches und des Blutes, sondern jungfräulich empfangen
durch das Zeugen meines Geistes. Platon spricht ja von der
philosophischen Liebe, sie sei ein Zeugen des Geistes in der Schönheit. So
war also nach meiner privaten Mythologie der Minne die Leibesfrucht
Devis empfangen worden jungfräulich von dem Zeugen meines Geistes im
Herzen der Schönheit. Damals sprach ich zum Priester Johannes: Ich lebe
nur noch im Hohenlied Salomos, ich arbeite die Arbeit der Caritas und
diene einer Frau und meine, so der Madonna zu dienen. Aber ich weiß
nicht, ob ich die Frau heiraten will oder ob ich die Madonna heiraten will.
Da sprach der Priester: Das sind zwei ganz verschiedene Paar Schuhe, eine
Frau zu heiraten oder die Madonna zu heiraten. Gott aber hatte mir die
Abigail vom Karmel, nämlich Devi, nicht zur Frau gegeben, Nabal der
Narr war nicht gestorben, sondern Abigail vom Karmel kehrte zu Nabal
zurück und David ging wieder einsam in die Wüste.
Am Weihnachtsfest besuchte ich Devi. Sie aber sah mich nicht an, sie
übersah mich vollkommen, das Herz ganz von mir abgewandt, himmelte
sie verliebt den Lebensgefährten Albert an. Ich war enttäuscht und zog
mich in die Einsamkeit zurück. Von der heiligen Nacht bis zum Fest der
Heiligen Drei Könige, die berühmten zwölf Weihenächte, hatte ich das
Gefühl, mit der Madonna in meiner Wohnung zu leben. Sie lebte wie eine
Freundin und Geliebte bei mir und mit mir. Ich war ganz versunken in ihre
himmlische Minne. Von aller Mühsal und aller Bitterkeit ruhte ich aus in
der Umarmung meiner himmlischen Geliebten. Ja, ich tanzte mit ihr! Und
ich sah ein Bild der Madonna in dem Augenblick, da der Engel Gabriel sie
grüßte und sie mit und in den Worten des Engels das Wort Gottes im Ohr
empfing. Madonna trug einen himmelblauen Umhang, fließende Seide,
und ein weißes Kleid aus himmlischem Licht und feiner reiner Seide, die
den schlanken femininen Leib umfloss mit solcher himmlischen Grazie,
das es ein reines Entzücken war. Der feminine Körper der Madonna war
makellos und vollkommen, von perfekter Schönheit und himmlischem
Liebreiz. Unter der fließenden Seide ihres negligenten Seidenkleides
zeichneten sich die hübschen Brüste ab, die wohlgeformt waren,
jungfräulich hübsch, nicht üppig wie bei einer Fruchtbarkeitsgöttin, aber
doch von weiblicher Schönheit in der Perfektion des goldenen Maßes,
Brüste nach dem Bilde Gottes! Der feurige Liebesstrahl des Heiligen
Geistes strömte dem keuschen Schoß der Madonna entgegen, ihre ganze
Körperhaltung war bereit zur Empfängnis, alles an ihr und in ihr war ein
einziges Ja-Wort zur göttlichen Vereinigung und zur göttlichen
Empfängnis! Da meinte ich, die Madonna sei bei mir auf meinem Sofa, ich
ruhe in ihrer Umarmung, da las ich am Tag der Drei Magier vom
Morgenlande im Propheten Jesaja: Ziehe deine Herrlichkeit wieder an, o
Tochter Zion! Da schien es mir, ob mich auch jeder für wahnsinnig halten
wird, der dies liest, dass die Madonna ihre negligente Seide ausgezogen
habe und mir in himmlischer Umarmung und mystischer Vereinigung
beigewohnt auf Erden, bis der Geist Gottes der Madonna sagte, sie möge
nun das Gewand ihrer himmlischen Herrlichkeit wieder anziehen und
heimkehren in den Schoß Gottes.
VIERTES KAPITEL
Jedidja will ich preisen. Die Ehebrecherin Bathseba hatte mit dem
Ehebrecher David einen Sohn bekommen, den gaben sie in die Obhut des
Propheten Nathan, der nannte den kleinen Salomo mit dem neuen Namen
Jedidja, das heißt, Geliebter des Herrn. Jedidja war es, als ob er zwei Väter
habe, einen leiblichen Zeuger und einen geistlichen Paten. Wenn der
geistliche Vater kam, sah er den leiblichen Zeuger nicht mehr an. Der
leibliche Zeuger stand am Feuerofen, und wenn er sich die Hand
verbrannte, rief er: O Teufel! Weiß der Teufel, sagte er immer. Lieber
wollte er in die Hölle kommen als in den Himmel und lieber den Teufel
treffen als Gott begegnen, er bekannte sich zum Antichristen. Ich aber
führte Jedidja in den Glauben an Gott ein. Jedidja aber meinte, es gäbe
nicht nur einen Gottvater, sondern es gäbe einen guten Gott und einen
bösen Gott. Als ich ihm erzählte, Jesus sei Gottes Sohn, sagte Jedidja: Und
Gott ist die Mutter von Jesus! Jedidja hatte eine Marienvision und wollte
seine Mutter bewegen, sich zu kleiden wie die Königin des Himmels in
einem langen goldenen Kleid, mit goldener Krone im Haar und goldenen
Sandalen an den Füßen. Jedidja hatte von Gott ein Gefühl für die
Schönheit der deutschen Sprache bekommen. Er sprach, ich meinte immer,
wie ein Lied von Eichendorff. Er hatte einen Sinn für die Schönheit der
Kunst. Wenn er bei mir schlief, schauten wir uns stundenlang Bilderbücher
mit Gemälden an, er wählte die Primavera von Botticelli zu der Dame
seines Herzens. Er nannte sie die Blumenkönigin. Möge der Gott, der die
Sünden der Väter den Söhnen nicht anrechnet, dem lieben Jedija eine Frau
schenken, lieblich wie die Primavera von Botticelli! Jedijda liebte sehr den
Knaben David, der mit einer Steinschleuder den Riesen Goliath besiegte,
und Jedidja spielte immer David, wenn er bei mir war, er nahm ein
Holzkreuz, an dem ein Lederband befestigt war, als Steinschleuder des
jungen David. Jedidja liebte sehr den Erzengel Michael, den wir uns in
Gemälden anschauten, wie er mit dem Schwert des Ritters Gottes den
Drachen Satan vernichtete! Jedidja liebte sehr den heiligen Georg, wie er
mit der Lanze den Drachen durchbohrte, der die Prinzessin verschlingen
wollte! Gott war für Jedidja der Allmächtige! Allmächtiger, segne auf die
Fürsprache der Himmelskönigin, des heiligen Erzengels Michael und des
heiligen Georg das zeitliche und ewige Heil des lieben Jedidja!
Corinna aber war schwanger und hatte Zwillinge empfangen. Ihre Sorge
war, die Kinder nicht großziehen zu können, sie bat mich um Hilfe und
Mitarbeit. Der Bruder Satansbraten aber drängte Corinna, die Kinder im
Mutterschoß zu ermorden. Ich sah die lebendige Ikone der
Apokalyptischen Frau. Ich sah die Apokalyptische Frau, sie war
schwanger, aber der rote Drache suchte das Kind zu verschlingen.
Während Corinna sich beraten ließ, ob sie die Kinder leben lassen könne
oder die Kinder ermorden solle, saß ich vor der Tür des Beratungszimmers
und betete den Rosenkranz. Königin des heiligen Rosenkranzes, deine
Perlenschnur ist zur Nabelschnur für die Zwillinge geworden. Ich bat die
Himmlische Mutter, das Leben der Zwillinge zu retten. Ihr Unbeflecktes
Herz hat triumphiert und hat den Satan, den Menschenmörder von Anfang
an, unterworfen. Die Himmlische Mutter Maria ist die wahre Mutter der
Zwillinge, die zum Namen bekamen Midda und Siddi. Ich malte ein Bild
im Stile naiver Malerei, da ich Corinna als Sixtinische Madonna malte, die
Jedidja als Jesuskind in den Armen trug, aber zu ihren Füßen schauten von
der himmlischen Wolke zwei Cherubini, das waren die englischen Seelen
von Midda und Siddi.
Ich schrieb einen Brief an einen benediktinischen Mönch und einen an
eine karmelitische Nonne. So entspann sich über die nächsten drei Jahre
ein Briefwechsel. Der Benediktiner erkannte meine Mutterwunde und die
Sehnsucht nach der Mutterliebe und die Sehnsucht nach der Gegenwart
des Weiblichen. Er erkannte meine große Liebe zu Maria und ermutigte
mich zu diesem Weg, aber er wies mich daraufhin, dass Maria mich zu
Gott als Mutter führen wollte. Das war eigentlich schon immer meine
geheime Sehnsucht gewesen, ich habe nie einen Zugang zum Vaterbild
Gottes gefunden. Der Mönch meinte auch, die Ehe mit Maria in einem
zölibatären Leben könnte ein guter Weg für mich sein, ich solle aber davon
ausgehen, dass die Sehnsucht nach den Frauen bleiben würde. Als er
erkannte, dass ich die Mutterliebe Gottes in der Theologie der Hagia
Sophia studierte, entließ er mich in die Freiheit, ich solle nun den Weg von
Gott selbst geführt gehen. Die karmelitische Nonne las meine
Nachdichtungen der Gedichte des heiligen Johannes vom Kreuz und der
kleinen Therese von Lisieux, meine Nachdichtung des Hohenliedes und
einige eigene Liebesgedichte. Sie ermutigte mich, den Weg mit Maria zu
gehen, ehelos zu bleiben, sie bestätigte mir eine mystische Begabung und
ein schönes Talent von Gott, mystische Erfahrungen dichterisch ins Wort
zu bringen, wobei sie mich daraufhin wies, nicht viele würden mich
verstehen, sondern nur wenige. Aber vielleicht sei mir beschieden, nach
meinem Tod eine Wirkung in der Kirche zu entfalten. Dann entließ mich
auch die Karmelitin und sagte: Wenn niemand dich mehr versteht, wird der
Herr selbst dich führen.
Wenn ich im Hochsommer mit Corinna und Jedidja am Badesee des
Generalissimus Tilly war, schien mir, der heilige Josef bade mit dem
kleinen Jesusknaben im See von Genezareth und spiele Ball mit dem
kleinen Jesus. Aber wenn Jedidja bei mir war, dann schmeichelte sich
seine schöne reine Seele so in mein Herz, dass ich ihn als den
Erstgebornen meiner Seele, meinen ersten Seelensohn empfand, und
zugleich als einen wahren Freund. Denn wie David über Jonathan sagte:
Deine Liebe war mir kostbarer als die Liebe der Frauen! So war es mit
Jedidja, seine Liebe zu mir war reiner, schenkender, gottähnlich als die oft
so karge oder gar egoistisch motivierte Zuneigung der Frauen.
Aber als Devi ihren zweiten Sohn gebar, war ich am Tag vor ihrer
Niederkunft bei ihr. Sie war in ihrer allerhöchsten Schwangerschaft, der
gewaltige Bauch wölbte sich majestätisch, mir schien das Becken gewaltig
erweitert, die köstlichen Brüste waren mächtig angeschwollen, und es
tropfte schon Milch aus den Brustspitzen und nässte das Hemd. Da war
mir, ich sähe eine Große Mutter, wie sie in der Altsteinzeit dargestellt
worden in Idolen, es war mir, ich sehe eine allmächtige und überaus
majestätische Gottmutter im Thron! Am nächsten Tag lag ihr kleines
Kindlein in ihrem Bett. Ich besuchte sie an ihrem Kindsbett. Mir war, als
ob ich eine lebendige Ikone sähe, wie man in der Orthodoxie der Geburt
der Maria darstellt, da die heilige Anna in einem herrlichen Bett in Rot und
Blau und Weiß, wie eine Ur-Madonna, ein heiliges Kindlein gebiert. Ja,
mir war, ich war in der Grotte von Bethlehem und sah die Madonna, das
kleine Jesuskindlein in ihren Armen geborgen. In den ersten Momenten
ihrer Schwangerschaft war Devi überzeugt, mit einer Tochter schwanger
zu sein und wollte sie Theophanu oder Seraphina nennen, aber nun war es
ein Sohn, ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt, und sein
Name war Jesse.
Nun kam auch Corinna nieder mit ihren Zwillingsknaben. Ich besuchte sie
in der Entbindungsstation, da legte sie mir den kleinen Siddi in die Arme,
der mich aus großen Augen anschaute, und dann den größeren Midda, der
selig in meinen Armen schlief.
Die Christen wählen sich nicht die Heiligen, die sie verehren, sondern die
Heiligen wählen die Christen, welche sie führen wollen. So kam zu mir in
diesem Augenblick vermehrt die Botschaft der heiligen Mutter Teresa von
Kalkutta. Jesus dürstet in den Armen, in den Kleinen, und wartet auf die
Liebe der Christen. Habt ihr keine Slum-Bewohner, keine Leprakranken
bei euch, so schaut euch die Kleinsten der Kleinen an, die Kinder, die auf
eure Liebe warten! In den Seelen der kleinen Kinder wartet Jesus auf eure
Liebe, auf euren Gottesdienst, in den kleinen Kindern könnt ihr Jesus
umarmen!
Die katholische Novizin, mit der ich seit Jahren im regen Briefwechsel
stand, die ich wie eine Schwester liebte, begegnete in ihrem Studium dem
feministischen Heidentum. Sie erlag der Versuchung und fiel vom Glauben
ab. Ich habe es mehrmals beobachten müssen, dass der Satan die
Gläubigen zuerst in die Unzucht lockt und ihnen dann den Glauben raubt.
Aber wenn ein solcher strahlender Morgenstern wie meine Schwester fällt,
dann ist die Gefahr sehr groß, dass sie andere mit hinabreißt. Ich begann
also, all die Bücher des heidnischen Feminismus wieder zu lesen, die ich
vor meiner Bekehrung gelesen. Ich war fasziniert von der modernen
Utopie des goldenen Zeitalters des Matriarchats der Großen Mutter. Meine
Sehnsucht war doch die Große Mutter! Aber im heidnischen Feminismus
ist Gott der Herr der patriarchale Vatergott und Erzfeind der Freiheit und
Liebe, dagegen Luzifer der Bräutigam der Hexen, der Satan der Alte Gott
des Goldenen Zeitalters. Über die Sehnsucht nach der Großen Mutter
schlich sich die alte Schlange Satan an mich heran. Ich hatte gefährliche
Geisteskämpfe zu bestehen. Allein der Gnade der Jungfrau hab ich es zu
verdanken, dass ich nicht gefallen bin wie meine Schwester! Ich hab es
nicht verdient! Es war reine Gnade! Ich hielt mich an der Madonna fest.
Aber die Madonna nahm die Gestalt einer heidnischen
Fruchtbarkeitsgöttin an. Ich feierte Weihnachten nicht in der heiligen
Messe oder überhaupt einem christlichen Gottesdienst, sondern am Tag der
Wintersonnenwende sah ich in der blauen Abenddämmerung im Schneefall
die Madonna am Himmel erscheinen, da schien sie mir schön wie eine
himmlische Aphrodite. All meine erotische Leidenschaft für Devi floss ein
in die trunken-dionysische Verehrung der himmlischen Aphrodite Maria.
Ich sah am Ende des Jahres, da ich zu Corinna fuhr, um mich mütterlich
um den kleinen Midda zu kümmern, im Geiste den Schoß Devis vor mir.
Es war wie im indischen Göttinnenkult, da man Tempel baute, die die
Vulva der Göttin darstellten, darin als Sakrament ein Symbol der Vulva der
Göttin verehrt wurde. Ich war besessen von dem Gedanken an die Vulva
Devis. Es schien mir die Vulva Devis im Kosmos zu schweben, glühendes
Zentrum des Kosmos. Da hörte ich, der Jesuit Pierre Teilhard de Chardin
pries das brennende Herz Jesu als das Zentrum des Kosmos. Mir aber
schien der Schoß Mariens das Zentrum des Universums zu sein. Wie eine
heidnische Göttin verehrte ich Maria, deren Vulva das Zentrum des
Universums war. Maria rief in Fatima dazu auf, sich ihrem Unbefleckten
Herzen zu weihen, ich aber weihte mich am Ende dieses Jahres in einer
leidenschaftlichen Ganzhingabe dem Schoß Mariens, der Mitte des
Universums!
FÜNFTES KAPITEL
Die ersten Monate des neuen Lebens des kleinen Midda übernahm ich die
Aufgabe, in der Mittagszeit ihn zu wiegen und zu tragen und zu stillen mit
dem Fläschchen Muttermilch. Da lag er in meinen Armen, an meinem
Herzen, beruhigte sich an dem liebevollen Pochen meines barmherzigen
Herzens, schmiegte sich in die Geborgenheit der Beuge meiner Arme und
schlief in der Schaukel meiner Arme wie in einer Wiege. Dabei murmelte
ich unablässig mein Ave Maria und sang ihm Marienlieder vor. Er wuchs
auf mit der Muttermilch des allersüßesten Namens Maria.
Aber in meinem Geist war es doch wie ein Schlachtfeld, es war als
kämpften einen vorhistorischen Kampf auf dem Feld meiner Seele die
matriarchale Große Muttergöttin und der patriarchale Vatergott. Ich wollte
zutiefst Christ bleiben, denn ich glaubte trotz aller Unkenrufe der
heidnischen Feministinnen an Jesus Christus. Aber ich wollte Gott als
Große Mutter ehren und lieben. Keiner half mir in jener Zeit. Ich hatte das
Vertrauen in die Kirche verloren, in den seelsorgerlichen Beistand der
Priester. Eine evangelische Pastorin sprach: Wenn du die Muttergöttinnen
suchst, kennst du dann die Jesus-Sophia? Ja, sagte ich, sie ist meine
einzige Rettung! Ich entschloss mich also, mit der ganzen Leidenschaft
meiner geistlichen Sehnsucht, die Jesus-Sophia zu suchen. Ich wandte
mich nun vom heidnischen Feminismus zum christlichen Feminismus und
suchte alles über die Jesus-Sophia zu erfahren.
In der Bibliothek der Universität fand ich viel Literatur über die christliche
Sophia. Immer deutlicher erschien vor mir die göttliche Gestalt der Frau
Weisheit. In der Bibel las ich immer wieder und fast ausschließlich die
Weisheitstexte des Alten Testaments, die Sprüche Salomos, die ersten neun
Kapitel, die Weisheit Salomos, vor allem das sechste bis zehnte Kapitel,
Jesus Sirach, vor allem das vierundzwanzigste Kapitel, und im Neuen
Testament den ersten Korintherbrief, die ersten drei Kapitel, da Christus
als Gottes Sophia bezeichnet wird. Ich hatte das Bedürfnis, zur Ewigen
Weisheit, zu Sophia zu beten. Aber ich war unsicher und scheu, denn ich
kannte aus der ganzen christlichen Literatur kein Gebet zu Sophia. Darum
bat ich: Sophia, wenn du lebst und ich zu dir beten darf und du Gebet
erhörst, dann gib mir bitte ein Zeichen. Ich hätte gerne eine Ikone von dir.
Wenn du also willst, dass ich zu dir bete, dann lass mich eine Ikone von dir
bekommen! Kaum hatte ich so gebetet, hatte ich drei Tage später die Ikone
der Hagia Sophia von Nowgorod auf meinem Hausaltar. Dann fuhr ich zu
Corinna und dachte an den Vers von Alexander Blok, da er die Schöne
Dame anbetete, welche eine poetische Version der Hagia Sophia des
weisen Wladimir Solowjew ist, da Alexander Blok sie „Russlands Venus,
ohne Begierde und von makelloser Reinheit“ nannte. Da dachte ich: Lebst
du, Sophia? Im nächsten Augenblick sah ich an einer Hauswand in großen
Buchstaben den Namen Sophia angemalt. Ich hatte nun zwei Zeichen vom
Himmel bekommen und begann, zu Sophia zu beten und Gott als meine
göttliche Mutter anzubeten. Allerdings entfernte mich diese Spiritualität,
die aus der Tiefe meiner Seele aufgestiegen war, für eine Zeit von der
katholischen Kirche und allem christlich-konfessionellen Kult.
Ich wollte mich aber doch mit der katholischen Kirche versöhnen und
beichtete, um mich ganz Jahwe, dem Herrn, zu übereignen. Der Priester
riet mir zu einem Gebet, da ich Jesus als meine Weisheit annahm. Der
Priester sprach von einem mütterlichen Gott der Weisheit, den ich ehren
und lieben solle.
Ich versuchte dann einige Zeit lang in der Heiligen Messe auch in der
Hostie die Hagia Sophia zu sehen, welche von Jesus Sirach eine liebevolle
Mutter und jugendliche Braut genannt wird. Ich fühlte mich aber von
niemandem ermutigt und auch schien mir mein persönlicher
eucharistischer Kult nicht mit dem Kult der kirchlichen Liturgie
übereinzustimmen. So war ich verunsichert und unterließ die
Sophienkommunion und die Kommunion überhaupt. Die Kirche empfand
ich nicht mehr als eine Heimat, ich war der christlichen Sprache von der
Männlichkeit Gottes des Vaters und des Sohnes entfremdet und beschloss,
eine Sekte mit einem einzigen Mitglied zu werden.
Ich verlegte mich darauf, die theosophische Lehre der christlichen
Mystiker zu studieren. Ich las Jakob Böhme und versuchte, etwas zu
verstehen, ich las Schriften und auch Gedichte von Wladimir Solowjew,
aber so ganz befriedigt fühlte ich mich von diesen Autoren nicht. Ich
erkannte aber die geheimnisvolle Größe der Sophia, ich erkannte, dass sie
Christus in weiblicher Gestalt war und Braut meiner Seele, dass ich auf
Erden Verlobter der Sophia war und sie mir im Himmel in einer
himmlischen Hochzeit ihre Gottes-Ehe in einer Ganzhingabe schenken
will, ich erkannte, dass sie ein göttliches Mysterium ist, unbegreiflich
groß, den Verstand übersteigend, letztlich unerkennbar dem menschlichen
Geist, dass sie dennoch eine geheimnisvolle Freundin und mystische Braut
ist, die wirklich lebendig und wirklich liebend ist.
Devi sagte mir im Mai, im Marienmond der Minne: „Ich liebe dich nicht!
Ich liebe dich nicht! Ich liebe dich nicht!“ Da brach ich unter Tränen
zusammen, als ich mit Jedidja allein in seinem Kinderzimmer war.
Im Sommer fuhr ich mit Devi und Valentin und Jesse und Corinna und
Jedidja und Midda und Siddi auf die kleinste Dornröscheninsel der
südlichen Nordsee. Es gab einen regelmäßigen Krieg zwischen dem
friedlosen Valentin und dem kindlich-unschuldigen Jedidja. Da ich aber
Jedidja verteidigte gegen die Brutalität seines größeren Freundes, ward
Valentins Mutter Devi verärgert über mich. Als ich ihr einmal sagte, ich
könne nichts gegen mein Herz, welches Midda sehr lieb habe, aber wenig
für Siddi empfand, da verstand Devi aus meinen Worten, dass ich Jedidja
liebe, aber Valentin nicht. Valentin aber war fundamentalistischer
Vegetarier geworden. Während wir nun den frischen Nordseefisch
genießen wollte, brach er einen Krieg vom Zaun. Wie die
fundamentalistischen Islamisten mit Terror, Mord und Krieg die Welt von
der Herrlichkeit ihres Gottes überzeugen wollten, so wollte Valentin durch
seinen Krieg in der Kinderstube uns überzeugen von der großen Liebe zu
allen Lebewesen, die im Vegetarismus zum Ausdruck komme. Ich verließ
den Zank der Weiber und Kinder und kam gerade rechtzeitig zum
Gottesdienst der kleinen katholischen Inselkirche. Der Altar war aus einer
großen Muschel gebildet. Der Priester bat mich, als Lektor das Wort
Gottes vorzutragen. Das war das erste Mal, dass ich am Altar dienen
durfte. Gott schenkte mir einen übernatürlichen Frieden wieder. Ich stand
auf einem Hügel und schaute in den Himmel, ich sah die Wolken nach
Gesetzen sich bewegen, die Möwen nach Gesetzen fliegen, ich sah das
Gesetz Gottes in der Herrlichkeit der Natur auf dieser meiner
Lieblingsinsel, und ich ahnte einen Gottvater wie einen germanischen
Allvater, ich hatte das Gefühl, wie ein germanischer Luther unter Gottes
Himmel zu stehen, ohne Maria und die Heiligen, allein als Sohn des Vaters
im Himmel, unmittelbar zum allmächtigen Gottvater zu sprechen.
Ein heidnisch-feministischer Philosoph hatte in seiner vorhistorischen
Utopiawelt von den Jungfrauen-Priesterinnen gesprochen, welche der
göttlichen Sophia dienten, denn allein die heiligen Jungfrauen in ihrem
klösterlichen Zölibat könnten als Priesterinnen ihrer Göttin Sophia die
matriarchale Welt des Goldenen Zeitalters führen, da die Mütter mit den
alltäglichen Sorgen und Nöten der Kinderstube keinen Sinn für die
Geheimnisse der Göttin hatten. Das war mir nun ganz klar geworden. Devi
und Corinna zeigten mir die Begrenztheit ihres Denkens, das von
alltäglichen Sorgen und Nöten beschränkt war, ein Denken, das nicht über
die Notdurft des Tages und die Enge der Kinderstube hinausreichte. Wer
aber wie Jakob Böhme die Jungfrau Sophia suchen wolle, müsse
jungfräulich wie eine Klosternonne leben, denn die Jungfrau Sophia ist
geheimnisvoll verborgen, wer vermag sie zu finden? Er muss frei sein von
allen andern Geschäften und Arbeiten, er muss sich ganz allein in die
Weisheit der Weisen, die Weisheit der heiligen Dichter, die Lehren der
großen Denker und die Prophetie der Heiligen Schrift versenken, dann
wird ihm Gott der Vater die Jungfrau Sophia schenken, wenn es Gott
gefällt. Die Jungfrau Sophia geht nämlich geheimnisvoll umher auf Erden
und sucht, wer ihrer würdig ist. Wenn sie aber einen findet, der sie
aufrichtig sucht, dem offenbart sie sich. Sie sitzt schon morgens vor seiner
Tür und eröffnet ihm ihre Geheimnisse. Aber bevor sie ihm all ihre süßen
Wonnen schenkt, prüft sie ihn mit einer strengen Erziehung, ob er ihrer so
überaus süßen Gnaden auch würdig ist.
Ich nahm nun Abschied von Devi, denn ich war es Leid, mir das Herz
immer wieder von ihrer Lieblosigkeit so wund schlagen zu lassen. Ich
wandte mich ganz Corinna und den Kindern zu. Wieder hörte ich die
Botschaften von Mutter Teresa von Kalkutta, die mich ermutigte, den
Kleinen und Armen zu dienen. Kindern die Haare zu kämmen, Kinder zu
waschen, das ist ein Gottesdienst für Jesus. So habe ich denn auch im
Advent das erste Mal ein Kind gewickelt. Midda lag auf dem Wickeltisch,
ich wischte ihm den Kot von seinem sanften Rosenpopo, salbte seine
wunde Stelle mit einem Balsamöl und wickelte ihn in die Linnenwindel.
Dabei war es mir, als ob ich die Madonna in Bethlehem sähe, wie sie zum
heiligen Josef sprach: Mein liebes Josephchen, mein süßer Seppel! Kannst
du jetzt mal das Jesuskindlein wickeln? Die alte Windel aber, die
beschmutzt war vom Kot des fleischgewordnen Gottessohnes, wusch
Madonna rein. Ich hörte von Maria von Agreda, einer spanischen Nonne,
die erzählte, wie Maria eine reingewaschene Windel des Gottessohnes den
drei Magiern vom Morgenland als Reliquie mitgegeben. Ja, so kann das
Wickeln eines Säuglings, das Abwischen des Kinderkotes vom
Kinderpopo zu einer Weihnachtsandacht werden, zu einer Verehrung der
Inkarnation des Logos!
In jener Zeit hörte ich einen wunderbaren Bericht über die Jungfrau von
Guadelupe. Ich hörte, dass Papst Johannes Paul der Zweite die Jungfrau
von Guadelupe „mein Mädchen“ nannte, mein braunes Mädchen, dass er
sie über alles Geschaffene liebe, und dass bei seinem bevorstehenden Tod
die Morenita kommen werde und seinen Geist mit einem Kuss aus dem
Kissen seines Sterbebettes rauben wird. Ja, ich hörte, dass Johannes Paul
ein Künstler gewesen und dass er die Jungfrau Maria von Guadelupe zur
Muse seiner Künstlerseele erwählt habe. Das war ein Wort von Gott! Ja, so
tat ich es dem Heiligen Vater nach, dem Papst, der ein Poet war, und
wählte Maria von Guadelupe, die Schönste aller Frauen, zu meiner
himmlischen Muse!
Am Weihnachtsfest aber hörte ich von einem modernen Märchen, von
König Arthus und der Fee Morgana, von den heidnischen Kelten und den
christlichen Missionaren. Ich sah die Religion der Naturgöttin und sah die
Religion Christi. Ich sah in der Naturgöttin den Traum vom ewigen
Werden und Vergehen, die Verehrung einer Gottheit, die in sich zugleich
böse und gut sei, und ich sah die Religion Christi, in der die Liebe Gottes
über alles Böse, über die Schuld und den Tod triumphierte und mit der
Auferstehung des Fleisches das ewige Leben in ewiger Glückseligkeit
schenkt! Da wusste ich, ich muss eine endgültige Entscheidung treffen, ob
ich der Naturgöttin oder dem Gottessohn Jesus Christus folgen wollte, und
ich schwor Christus meine Treue. Am Ende des Jahres sagte ich Ja zu
Jahwe, dem Herrn und Vater, der mich tröstet wie eine Mutter.
SECHSTES KAPITEL
Ich studierte in der Universität alle aufzufindenden alten Hymnen an die
Große Göttin, ich schrieb die Hymnen an die Himmelskönigin Ishtar auf
Maria um, ich schrieb die Hymnen an die Göttin Isis auf die Hagia Sophia
um. Dann gestaltete ich traditionelle Marienlieder um, das sie meinem
christlich-feministischen Geschmack mehr entsprachen. Ich schrieb die
Hymnen an die Große Mutter Indiens auf Maria um. Dann dichtete ich
noch des Minnesangs Erzvater aus dem Mittelhochdeutschen nach,
welches ein Minnesang nach Motiven des Hohenliedes war. Es war ein
einziger weiblicher Kosmos von Sulamith, Maria, Hagia Sophia, es war
die Schau eines Göttlichweiblichen als Himmelskönigin und Braut und
Geliebte des Dichters und Denkers.
Ich hörte von einer jüdischen Religionswissenschaftlerin, das man sich mit
der Kabbala nicht vor dem vierzigsten Lebensjahr beschäftigen solle, da
man sonst zu absurden und abstrusen Spekulationen kommen würde. Erst
müsse man fest in seinem überlieferten Glauben stehen, dann kann man
sich mit den Geheimnissen der jüdischen Mystik und Theosophie
beschäftigen. Ich las nun zum ersten Mal den Sohar und leitete eine
Beschäftigung mit der Kabbala ein. Auch hier begegnete mir das
Göttlichweibliche in Gestalt der Chochmah oder Sophia und in Gestalt der
Schechinah, der Einwohnung Gottes in der Schöpfung, der Immanenz
Gottes, in göttlichweiblicher Gestalt gedacht als Braut der Propheten, als
Matrone des Gottesvolkes. In Zusammenhang mit christlich-feministischer
Diskussion über die Kabbala erkannte ich, das die Schechinah auch
Malkuth ist, Malkuth ist aber das Königreich Gottes, das Himmelreich,
welches Jesus gepredigt hat. Malkuth-Schechinah erscheint aber wie eine
göttlichweibliche Gestalt. Jesus predigte diese Malkuth-Sphäre in
weiblichen Bildern vom Backen, vom Ackerbau, vom Keltern, vom
Nähen, vom Fegen eines Hauses, vom Rufen der Freundinnen.
Eines Abends ging ich spazieren und hörte aus einem Radiolautsprecher,
das Papst Johannes Paul im Sterben liege. In der Nacht starb der Papst. In
der selben Nacht sah ich ein Theaterstück, das der Papst geschrieben hat.
Es ging darin um die Berufung zur Kunst und die Berufung zur Nachfolge
Christi. Ein Satz in dem Drama traf mich, das Wort von der Eitelkeit der
säkular-profanen Kunst, und dass die Kunst ihre eigentliche Berechtigung
im Reich Christi erst erhält, wenn sie sich ganz in den Dienst der
Verherrlichung Gottes stellt. Die Engel und die Menschen sind geschaffen
zur Verherrlichung Gottes, und auch die Kunst erlangt ihre eigentliche
Würde erst dadurch, dass sie Gott verherrlicht. In den folgenden Tagen sah
ich immer wieder die Ikone des Antlitzes des Heiligen Vaters und hörte
immer wieder das gläubige Volk jubeln: Viva il Pappa! Da war mir, als ob
ich nun einen Vater gefunden habe. Dies war wirklich ein Vater nach dem
Vaterherzen Gottes. Ich träumte in den folgenden Wochen oft vom
Heiligen Vater und fühlte mich von ihm ermutigt, selbst ein Vater nach
dem Vaterherzen Gottes zu werden, selbst eine Ikone des Vaters im
Himmel zu sein und wie der Heilige Vater selbst ein äußerst zärtlicher
Papa zu sein, wobei der Heilige Vater mir im Traum die Kinder Corinnas
zeigte. Aber der Heilige Vater sprach im Traum mit mir auch über Goethe,
Hölderlin und Rilke. Diese drei waren das große Dreigestirn meiner
Meister, die meine Poesie beeinflusst hatten. Dann hörte ich noch ein Wort
aus dem Testament des Heiligen Vaters, es war so, dass er starb mit diesen
Worten auf den Lippen: „Ich bin fröhlich, seid auch ihr fröhlich! Betet
allezeit fröhlich zur Jungfrau Maria!“ So starb er.
In jener Zeit suchte ich vor allem in zwei Dichtern den Weg der Poesie zur
Verherrlichung Gottes, nämlich in Eichendorff als dem Minnesänger
Unserer Lieben Frau und in Klopstock als dem großen seraphischen
Dichter Jehovas und des Messias.
Da aber kam zu mir eine ausgezeichnete Nachdichtung der gesammelten
Gedichte von Puschkin. Ich war so ergriffen von Puschkin, so begeistert
von seiner Muse und seinem Genius, dass ich die nächsten Jahre intensiv
Puschkin studierte. Wladimir Solowjew schrieb einmal, der Schönheitskult
Puschkins sei ihm, dem Freund der Hagia Sophia, niemals fremd gewesen.
Die nächsten Jahre las ich immer wieder die Gedichte Puschkins, seine
südlichen Poeme, die stark an Byrons östliche Poeme erinnern, und vor
allem den Eugen Onegin. In Tatjana erkannte ich Devi wieder. Besonders
ein Gedicht Puschkins aber beeindruckte mich über alles Maß, nämlich das
Gedicht von dem Ritter, der eine Vision von Maria hatte, so dass er fortan
keiner sterblichen Frau mehr diente, sondern als Minneritter allein der
Madonna diente. Er sprach nur noch von der Himmelskönigin und folgte
nicht dem kirchlichen Kult, er betete nicht den Vater und den Sohn und
den Heiligen Geist an und starb ohne Sakramente, aber die
Himmelskönigin stellte ihn als ihren Paladin ihrem Sohn vor und so ward
er gerettet.
Jedidja ward in einen evangelischen Kinderchor aufgenommen und sang
die Urgeschichte von Adam an bis Noah. Ich ging einmal mit ihm ins
Museums, da Felshöhlenmalereien aus der Eiszeit ausgestellt waren. Wir
waren in einer dunklen Felshöhle und sahen die Malereien der Mammuts
und die Ikone der Großen Mutter.
Dann aber bekam Corinna Brustkrebs. Sie lag im Hospital des
engelgleichen Pius des Zwölften, ich betete in der Kapelle des
engelgleichen Pius des Zwölften, da junge Frauen eine Marienlitanei
sangen und eben sangen: Ave du Knotenlöserin! Ich weihte Corinnas
Metastasen der Knotenlöserin. Dann sah ich am Wegesrand ein Buch über
die Erscheinungen Mariens in Amsterdam, da sie als die Fraue aller Völker
erschien, sie flüsterte für die Christen in Deutschland ein Wort: Caritas...
Ich erkannte, der Dienst der Caritas entscheidet über Heil und Unheil im
Weltgericht, denn wenn Jesus kommt, dann sagt er: Du hast die Kranken
im Krankenhaus besucht, da hast du mich besucht, du hast den Kleinen zu
essen und zu trinken gegeben und ihnen Kleider angezogen, da hast du
mich genährt und gekleidet, du hast für die Todgeweihten gebetet, da hast
du mir in meiner Todesangst beigestanden, du hast die Irrenden gelehrt, da
hast du meine Weisheit geehrt. Komm herein zu deines Meisters Wonne!
In der Heiligen Schrift fand ich den Mythos für die neue Situation. Der
Herr sprach zum Propheten Hosea: Nimm dir zum Weibe die Hure Gomer,
die Tochter Diblajims, und zeuge mit ihr Söhne. Der Erstgeborene war
Jesreel, das heißt, Gott ist der Sämann, dann kamen die Zwillinge Lo-
Ruhama und Ammi. Ammi wird sagen: Du bist mein Vater und mein Gott!
Aber Gomer, die Hure, wird alle Gaben Gottes des Herrn ihren Liebhabern
vor die Füße legen, sie trägt die Zeichen ihres Ehebruchs an ihren Brüsten.
Dich aber, spricht der Herr, führe ich in die Wüste, dort werde ich liebevoll
mit dir reden, du wirst mich nicht mehr Venus nenne, sondern Sophia. Dort
will ich, Sophia, mich mit dir verloben. Die Brautgabe sind meine
Barmherzigkeit und Liebe, meine Gerechtigkeit und mein Gericht. Ich will
mich mit dir verloben, spricht Sophia, und du wirst Sophia erkennen.
Nun erwähne ich die Eltern Corinnas. Aimée war eine baskische
Großmutter mit silbernem Haar und Karl ein weitgewanderter
Königsberger. Sie nahmen Corinna und ihre Kinder und meine Wenigkeit
mit nach Rügen. Ich las dort abends beim Wein immer die Bagavadgita
und versuchte selbst eine Nachdichtung. Ich sah die Irrlehre, dass der Leib
nicht zum menschlichen Wesen gehört, der Mensch allein nur die
unsterbliche Seele sei, die unsterbliche Seele in Seelenwanderung von
Leib zu Leib fortlebe, aber dennoch war die meditative Philosophie der
Gita wohltuend und beruhigend für den aufgescheuchten Geist. Bei
theoretischer und dogmatischer Kritik an dem philosophischen Gedicht
habe ich doch großen Respekt für die Weisheiten, die darin verborgen
liegen.
Auf Rügen war ich vor allem mit Jedidja beschäftigt. Morgens spielten wir
Ball, da sprach Jedidja: Du bist Gott der Vater und ich bin der heilige
Erzengel Michael und wir spielen mit der Sonne Ball! Wenn wir die
großen goldenen Kornfelder sahen, sagte ich zu Jedidja: So schön ist
Maria, wie ein goldener Weizenhaufen ist ihr Körper, umsteckt mit blauen
Kornblumen, weißem Wiesenschaumkraut und rotem Wildmohn. Da
sprach Jedidja: Maria ist so rein wie Gold! In einer Nacht schlief ich im
Caravan und Jedidja schlief bei mir, da kam ein Gewitter herab und Blitze
zuckten durch den Nachthimmel. Wir wachten vom trommelnden
Regengeprassel auf und staunten die Herrlichkeit des Herrn im Gewitter
an. Die donnernde Stimme des Herrn ergeht mit Macht, die donnernde
Stimme des Herrn ergeht mit Pracht! Der Herr sprach aus dem
Wettersturm! Der Herr bewaffnet sich mit der Schöpfung und verteidigt
den Gerechten gegen die Gottlosen. Der Vater im Himmel offenbarte
Jedidja seine Herrlichkeit, das Arsenal seines Gerichts, der Himmel riss
auf, ich sah den Weißen Thron Gottes im Himmel und trat, wie ein Vater
mit seinem Sohn, mit Jedidja vor Gott den Herrn und weihte Jedidja dem
Allmächtigen!
Der Mensch entscheidet sich selbst, ob er zum Abbild des Antlitzes Christi
werden will oder ob er die hässliche Fratze Satans widerspiegeln will.
Bruder Satansbraten hatte sich dem Antichristen und dem Satan geweiht
und war wahnsinnig geworden. Er spiegelte die tierische Fratze Satans
wieder. Er, der die eigenen Söhne seiner Lende morden wollte und noch
die schon Geborenen weggeben, er ließ nun die Freundin in der Situation
einer tödlichen Krankheit im Stich und ging in die Finsternis seines
Wahnsinns. Er bleckte seine Zähne und knurrte mich an und verfluchte
mich. Der Herr aber wandte den Fluch in Segen.
Ich ward eingeladen zu einer Bibelgruppe der katholischen Kirche, daran
auch Protestanten teilnahmen. Ich fand dort eine erschreckende
Unkenntnis der einfachsten und fundamentalsten Tatsachen des
Evangeliums. Bei der Protestanten begegnete mir wieder dieser
kumpelhafte Begriff von Petrus, dem Großmaul, dem Choleriker, dem
Schwächling, dem Verräter, der Apostel Petrus war ein Narr wie wir es
sind. Das empörte meine Seele, die den heiligen Apostel Petrus, den Fels
der Kirche, wie den Heiligsten aller Heiligen Väter und wie einen meiner
wahren Väter von ganzem Herzen liebte. Bei den katholischen Frauen fand
ich nahezu Hass und Verachtung für die Jungfrau Maria, man verachtete
ihre Demut als Hundedemut und ihre Reinheit als asexuelle
Leibfeindlichkeit. Man warf mir vor, ich würde mich hinter der
theologischen und philosophischen Bildung verbergen, man begann
stattdessen, den Bibelkreis in eine Plauderrunde umzugestalten, da
zwanzig Frauen und ein Mann erst einmal erzählen, was sie letzte Woche
so erlebt haben. Da verließ ich dies Konzil der schnatternden zahmen
Gänse. Kierkegaard erzählte von der Wildgans, die sich auf einem Hof
zahmer Gänse niedergelassen, da wurde die Wildgans selbst bald zur
zahmen Gans und vergaß die Freiheit. Ich hörte auch, wie ein Bauer ein
Adler-Ei aus einem Adlernest nahm und es von einer Henne ausbrüten
ließ. Der Bauer beschnitt dem jungen Adler die Flügel, er lebte mit den
Hühnern auf dem Hühnerhof. Da kam ein Gewitter, kopflos rannten die
aufgescheuchten Hühner in Todesangst gackernd über den Hühnerhof, der
junge Adler aber, dem seine Flügel nachgewachsen waren, sah einen
großen mächtigen Adler majestätisch erhaben am Himmel schweben, das
war Christus, der Adler Gottes, da hob der junge Adler seine Schwingen
und folgte Christus, dem ewigen Adler des ewigen Evangeliums!
Ich las nun das I Ging in der Übersetzung von Richard Willhelm, diesem
großen Lehrer der chinesischen Philosophie. In den ewigen Urteilen über
Weisheit und Torheit, über Gutheit und Bosheit erkannte ich die ganze
Torheit und Bosheit, die mir in der vergangenen Zeit unter den Gottlosen
begegnet war. Mir war zumute, satirische Epigramme zu schreiben. Die
Torheit nahm die Gestalt eines dummen Weibes an, ich sah die Torheit als
die Frau Torheit, die große Gegenspielerin der Frau Weisheit. Wie in der
Apokalypse die Gegenspielerin der himmlischen Jungfrau Jerusalem die
Hure Babylon ist, so ist in der salomonischen Theologie Frau Torheit die
Gegenspielerin der Frau Weisheit. Ja, in Wahrheit hat Frau Weisheit zwei
Gegenspielerinnen, die eine ist Frau Torheit, ein dummes Weib, viel
schwatzend, nichts wissend, unbelehrbar, verstockt, egoistisch, liebt sie die
Unwahrheit und die List und betrügt alle Menschen. Die andere
Gegenspielerin ist die Fremde Frau, sie ist eine Ehefrau, die zum Ehebruch
verführen möchte, sie spielt alle erotischen Reize aus, das Parfüm
Ägyptens, die Seide Chinas, die Schmuckstücke Babylons, die ganzen
erotischen Reize ihres kaum verhüllten Körpers spielt sie aus, um den
Gerechten in ihr Bett zu locken, wenn der Ehemann nicht zuhause ist. Sie
begeht Ehebruch, wischt sich das Maul und spricht: Ich habe nichts Böses
getan. Gott der Herr aber sprach zu mir: Was willst du dich an den Brüsten
eines andern Weibes berauschen? Berausche dich an den Brüsten der
Sophia, deiner jungen Geliebten, die so schön ist wie eine Gazelle und so
eng gebaut wie eine Hindin!
Ich fuhr mit Corinna und Midda nach Berlin. Corinna setzte ihre Hoffnung
auf eine chinesische Atem-Meditation, die ihr das sterbliche Leben retten
sollte. Areligiös wie sie war, vertraute sie das Gut ihrer leiblichen
Gesundheit den Priestern des Chi an. Ich aber ging mit Midda in die
Kirche des heiligen Bernhard von Clairvaux und weihte Midda der Mutter
der Schmerzen, die dort in der Kapelle verehrt ward. Midda nannte mich
Mama und beachtete niemanden mehr, wenn wir zusammen waren. Wir
waren verbunden wie Mutter und Sohn. Wir gingen jeden Morgen in der
Natur spazieren und betrachteten Enten, Ziegen, Schafe, Schweine, Pferde,
gingen in den Berliner Zoo und bewunderten Elefanten, Gazellen, Hirsche,
Flamingos, Panther, Löwen, Kamele, Ziegen und Lämmer. An einem
Morgen sah ich im Morgengebet am Himmel in der lichten Bläue des
Äthers und im Rosarot der Morgenröte das Antlitz der Jungfrau Maria
liebevoll lächeln. Zärtlich lächelte mich die Madonna an und gab mir einen
Kuss.
In der Adventszeit war ich eigentlich erschöpft von der grenzenlosen
Beanspruchung durch Corinna, die mich wie einen Knecht behandelte. Ich
hörte ein Wort von Dietrich Bonhoeffer: Der Christ kreise nicht um seine
eigenen Leiden, sondern um die Leiden Gottes in der Welt. Die Leiden
Gottes in der Welt sind die Leiden der Kranken, der Sterbenden, der
ungeliebten Kinder. Nur wer bereit ist, dem Rad der Vernichtung in die
Speichen zu fallen, nur wer bereit ist, für die Juden zu schreien, das heißt
für die Verfolgten, Verachteten, vom Mord bedrohten, Hilflosen, nur der
darf auch gregorianisch singen. Ich sagte mir: Nur wer bereit ist mit
selbstloser Opferliebe den kleinen ungeliebten Kindern die Liebe Gottes
zu bringen, darf auch Minnesänger der Madonna sein und philosophische
Spruchweisheiten dichten. Mutter Teresa von Kalkutta brachte mir
ermutigend erneut ihre Botschaft von der Mission der Nächstenliebe, von
dem Durst Jesu in den Seelen der Allerkleinsten. Da hörte ich, Midda habe
Fieber und verlange nach mir. Ich eilte zu ihm und hielt den
Fieberkranken, ich sah in seinen großen fieberheißen Augen das Antlitz
des leidenden Christus. Da schenkte ich dem Leiden Christi in Middas
großen Augen mit letzter Kraft alle Liebe, die ich hatte. Wir lagen in einem
Bett. Ich bat die Jungfrau von Guadelupe, Midda mit ihrem Sternenmantel
zuzudecken. Da war mir mit einemmal, ich war im Stall von Bethlehem,
wir feierten heilige Weihnacht, ich lag mit dem Jesuskinde in einer Krippe,
das Jesuskindlein schlief an meiner Seite und hielt vertrauensvoll meine
Hand mit seinem Händchen. Der heilige Josef hatte wirklich ein
zartfühlendes liebendes Vaterherz für den armen kleinen Jesusknaben, der
so früh schon sein Kreuz erfuhr! Das war ein heiliges Weihnachtsfest,
seliger als das bürgerliche Fest der Tannenbäume und bunten Geschenke.
Hier war das Jesuskind selbst das Geschenk, und Gott der Vater hatte
seinen Liebling in mein Bett gelegt!
SIEBENTES KAPITEL
Ich will nun zum Ende kommen. Ich bin müde der Erinnerungen. Alles
Übel in der Welt, sagt Pascal, kommt daher, dass der Mensch nicht allein
sein kann in seinen vier Wänden. Alle deine Leiden, sagt die Jungfrau
Maria zu mir, kommen von Satan und seinen Verbündeten.
Ich will aber zur Erinnerung an Jedidja noch die Osterzeit auf Sylt
beschreiben. Jedidja und ich versenkten uns in die Zeit der katholischen
Ritter, die um Minne stritten, um das Heilige Grab des Herrn und den
Heiligen Gral. Wir waren allein, wie Vater und Sohn, und uns verband die
innigste Gemeinschaft von zärtlicher Liebe. Wir waren Ritter vom Roten
Kreuz und unsere Dame war die Himmelskönigin. Ich war am Strand von
Sylt allein und sah die Jungfrau Maria wie eine Aphrodite über der
Nordsee schweben, ich war berauscht von der Schönheit der Madonna,
welche die Weltseele war, deren Name an diesem Tage war Panhagia
Aphroditissa. Ich hatte die Ahnung der Gegenwart der Hagia Sophia in der
Heide der Dünen, da schien mir, das Paradies ist nicht im Himmel, ich
meine, das Paradies ist nicht auf den Sternen, sondern das Paradies ist
unsichtbar um uns. Während ich den Rosenkranz meditiere und zur Hagia
Sophia bete, sind die Heiligen und meine geliebten glückseligen Geister
hier auf Erden unsichtbar um mich, ich lebe in geistiger Gemeinschaft mit
den Seelen des Paradieses, die guten Geister umschweben mich und
segnen mich.
An dem Osterfest aber war ich mit Midda auf Sylt. Ich will nicht mehr
zornig schmähen die Tyrannei der Torheit, nicht den ewigen Zank der
Narren, nicht den beständigen Krieg, den die Egoisten stiften. Nein, ich
will nur an Midda denken. Ich dachte an die platonische Knabenliebe, ich
meine nicht die Sodomie der Päderasten, ich meine die keusche reine
Minne eines Weisen zu einem schönen reinen Knaben. Midda war mein
Page. Ich war Hafiz und er war mein Liebling. Ich war Sokrates und er war
mein unschuldiger Alkibiades. Entnervt von Xanthippe, die den
Abfalleimer voll Kot über den Philosophen gekippt, ging Sokrates zu
Alkibiades und bewunderte die kindliche Unschuld des schönen Knaben,
seine herzliche Liebe, die aus den klaren Augen strahlte. Ja, in Midda sah
ich den Liebling, als welchen Salomo die Ewige Weisheit bezeichnet. Gott
der Vater spielte vor Anbeginn der Schöpfung mit seinem Liebling. Der
Liebling des Vatersgottes war sein Hätschelkind, sein Schoßkind. Diesen
göttlichen Liebling, diesen ewigen Liebling sah ich aufleuchten in dem
lieben Pagen Midda. Es war der Messias, nach dessen Abbild Midda
gestaltet war. Mit dieser platonischen Knabenliebe im Herzen saß ich auf
dem Deich an der Nordsee und meditierte den Rosenkranz, da hörte ich
das Rauschen des Meeres und sah erneut die Jungfrau Maria als Panhagia
Aphroditissa über dem Meer aus dem Himmel erscheinen, sie lud mich ein
zur mystischen Vereinigung mit ihr. Sie war das Meer der Gnade, ein
Ozean aller Gnaden Gottes, und dieweil ich das Ave murmelte, das Chaire
Kecharitomene, verschmolz ich mit dem Ozean aller Gnaden in einer
ozeanischen Glückseligkeit, verschmolz ich mit der Panhagia
Aphroditissa, verschmolz ich mit Maria. Erquickt von dieser Vereinigung
brachte ich mein liebendes Herz zum kleinen Midda, dem Anderen
Messias.
Ich studierte weiter in der Kabbala, studierte die Vorsokratiker, Platon und
Plotin, Dante, Ficino und Solowjew. Ich bildete so eine Philosophie der
göttlichen Liebe, der göttlichen Schönheit, der göttlichen Weisheit.
Ermutigt vom neuen Papst Benedikt entschloss ich mich zur Ehelosigkeit
fürs ganze Leben, verstanden als eine Ehe mit der Hagia Sophia. Ich
versöhnte mich mit der heiligen katholischen und apostolischen Kirche im
Bußsakrament und zelebrierte wieder die Kommunion der Eucharistie. In
der heiligen Hostie begegnete mir die fleischgewordene Weisheit. Frau
Weisheit hat ihr Mahl bereitet und ihren Wein gemischt! Kommt zu mir,
alle die ihr hungrig und durstig seid! Wer von mir isst, wird immer wieder
nach mir verlangen! Mit, in und durch die Hostie kam die Hagia Sophia in
das Innere meines Herzens, bezog das Brautgemach im Innern der Seele
und erwartete im Hochzeitsbett des Brautgemaches den Kern meiner Seele
zur mystischen Vereinigung.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DER ISLAM

Studie von Josef Maria Mayer

Zur Weihe der Muslime an Unsre Liebe Frau von Fatima

ERSTES KAPITEL
DIE WEISHEIT DAVIDS
Und Gott gab ihm die Herrschaft und die Weisheit, und er lehrte ihn, was
er wollte.
In den Geschichten des Alten Testaments ist vom Propheten
Salomo oft als von Salomo dem Weisen die Rede; im Islam sind alle
Propheten dafür bekannt, dass sie außerordentliches Wissen besaßen.
Tatsächlich bedeutet das arabische Wort Hikmah Weisheit, gutes
Urteilsvermögen und die Fähigkeit, die Angelegenheiten des Volkes zu
regeln und gerecht mit ihnen umzugehen. Gott bereitet den Charakter aller
seiner Propheten vor und formt ihn, aber beide, David und sein Sohn
Salomo, waren dafür bekannt, dass sie außergewöhnlich weise Männer
gewesen sind. Salomo zeigte bereits in jungen Jahren Weisheit und beriet
sogar seinen Vater, aber der Prophet David hatte sein Erwachsenwerden
damit verbracht, Kenntnisse und Lebenserfahrungen zu sammeln. Gott
lenkte den Lauf ihrer Leben. David machte Fehler, aber er lernte aus ihnen.
Obwohl David einen tatenreichen Lebenswandel hatte, fand er
immer Zeit zur Besinnung und zum Beten. Jeden Tag verbrachte er einige
Zeit in einem abgeschiedenen Bereich, gedachte Gottes, lobte und pries
Gott und sprach Bittgebete. Davids Soldaten bewachten die Gegend, aber
an einem bestimmten Tag tauchten wie aus dem Nichts zwei Männer auf.
David war über ihr Erscheinen schockiert. Er zog sich erschrocken zurück,
aber die Männer sprachen ruhig und beruhigten David; sie erklärten, dass
sie Fragesteller wären, die ein Urteil suchten.
Ist die Geschichte von den Streitenden auch zu dir gelangt? Wie sie
über die Mauer seines Gebetsgemachs kletterten und wie sie bei David
eindrangen und er sich vor ihnen fürchtete? Sie sagten: Fürchte dich nicht.
Wir sind zwei Streitende, von denen einer sich gegen den anderen
vergangen hat; richte darum in Gerechtigkeit zwischen uns und handle
nicht ungerecht und leite uns auf dem schmalen Weg.
Die beiden standen vor David und einer stellte seinen Fall vor.
David war schockiert wegen dem, was ein eindeutiger Fall von
Unterdrückung des einen durch den anderen war. Er traf schnell eine
Entscheidung und genauso schnell verschwanden die beiden Männer
wieder. In diesem Moment wurde David klar, dass die beiden Männer
Engel gewesen waren, die Gott gesandt hatte, um ihm zu prüfen, und dass
er in der Prüfung versagt hatte. Er warf sich auf den Boden und bat Gott
um Vergebung für sein voreiliges Urteil. David verstand nun, dass er nicht
beide Seiten der Geschichte angehört hatte. Er hatte ein Urteil gefällt mit
lediglich der Hälfte der nötigen Informationen. Groß war Davids Mangel
an Geduld und seine Impulsivität, aber er wandte sich Gott in Reue zu.
Dieser ist mein Bruder; er hat neunundneunzig Mutterschafe, und
ich habe ein einziges Mutterschaf. Dennoch sagte er: Übergib es mir, und
hat mich in der Rede überwunden. David sagte, ohne den anderen
anzuhören: Wahrlich, er hat ein Unrecht an dir verübt, als er dein
Mutterschaf zu seinen eigenen Mutterschafen hinzu verlangte. Und gewiss,
viele Teilhaber vergehen sich gegeneinander; nur die sind davon
ausgenommen, die glauben und gute Werke tun; und das sind wenige. Und
David merkte, dass Gott ihn auf die Probe gestellt hatte; also bat er seinen
Herrn um Verzeihung und fiel betend nieder und bekehrte sich. Darum
vergab ihm Gott; und wahrlich, er hatte nahen Zutritt zu Gott und eine
herrliche Einkehr bei Gott.
David hat aus dieser Erfahrung eine wichtige Lehre gezogen. Er
lernte, dass, wenn man ein gutes Rechtsurteil fällen will, man alle
Informationen dazu einholen muss, die erreichbar sind. Er erkannte
ebenfalls die Bedeutsamkeit, seine Sünden und Fehler zu erkennen und
Gott um Vergebung zu bitten. Gott hat David Wissen gewährt, und er gab
ihm Lebenserfahrungen, die seinen Charakter formen und gestalten sollten.
David lernte aus seinem Fehler und wurde ein besserer Mensch.
Gott sandte die Engel, um David über Gerechtigkeit zu belehren
und er belohnte David für seine Reue. Gott gewährte David al-Hikmah
(Chochmah, die Weisheit) und ernannte ihn zum König über die Kinder
Israels mit weisem Verstand und einem weiten Herzen.
O David, Gott hat dich zu einem Stellvertreter auf Erden gemacht;
richte darum zwischen den Menschen in Gerechtigkeit, und folge nicht
deinen persönlichen Neigungen, damit sie dich nicht vom Wege Gottes
abirren lassen. Wahrlich, jenen, die von Gottes Weg abirren, wird eine
strenge Strafe zuteil werden, weil sie den Tag der Abrechnung vergaßen.
Davids Sohn Salomo war intelligent und weise, schon als Kind.
David saß eines Tages da und löste die Probleme seines Volkes, als zwei
Männer zu ihm kamen, von denen einer ein Feld besaß, und sie stellten
sich ihm vor. Der Besitzer des Feldes sagte: O Prophet! Die Schafe dieses
Mannes kamen in der Nacht zu meinem Feld und haben die ganzen
Trauben gefressen, und ich bin gekommen, um einen Ausgleich zu fordern.
David fragte den Besitzer der Schafe: Ist dies wahr? Als dieser das bejahte,
sagte David: Ich habe entschieden, dass du ihm zum Ausgleich für das
Feld ein Schaf geben sollst.
Salomo vertrat eine andere Meinung. Er schlug vor, dass der
Besitzer des Schafs das Feld übernehmen und kultivieren sollte, bis die
Trauben wachsen, während der andere Mann die Schafe nehmen und deren
Wolle und Milch nutzen sollten, bis sein Feld wiederhergestellt ist. Wenn
die Trauben wachsen und das Feld in seinen früheren Zustand zurückkehrt,
dann sollte der Eigentümer des Feldes es wieder nehmen und die Schafe
ihrem Besitzer zurückgeben. David nahm den weisen Rat seines Sohnes an
und deshalb trug Salomo von jungen Jahren an den Titel Salomo der
Weise. Allerdings war das nicht der einzige Titel, unter dem man Salomo
in der Geschichte kannte. Er war auch als Salomo der Große bekannt. Als
er das Reich seines Vaters übernahm, führte Salomo die Kinder Israels in
das Goldene Zeitalter.

ZWEITES KAPITEL
SALOMO

Dies ist die Geschichte von König Salomo und der Königin von Saba.
Viele Menschen sind von der Tatsache fasziniert, dass die Figuren und die
Geschichte im Koran denen in der Bibel ähneln. Allerdings unterscheidet
sich die islamische Perspektive in einigen grundlegenden Dingen.
Salomo war sowohl Prophet als auch König. Seine Aufgabe als
Prophet Gottes bestand darin, die Botschaft von dem Einen Gott zu
verbreiten. Er hielt auch die Gesetze Gottes aufrecht, und als König führte
er die Kinder Israels in ein Goldenes Zeitalter des Wohlstandes und
Reichtums.
Salomos Königtum und sein Heer waren unvergleichlich. Sein
Heer bestand aus Bataillonen von Männern, Truppen von Dschinn und
sogar Geschwadern von Vögeln. Salomo war in der Lage, mit den Vögeln
zu kommunizieren, die Dschinn zu kontrollieren und von den Männern
Respekt und Loyalität zu verlangen. Er marschierte mit einer riesigen
Armee, von der angenommen wird, dass sie aus Hundertausenden bestand,
durch sein Reich.
Muslime glauben, dass die Heilige Moschee in Jerusalem von König
Salomo wieder aufgebaut oder erweitert worden war. Gemäß der
islamischen Geschichte hat der Prophet Jakob die Moschee ungefähr
vierzig Jahre, nachdem sein Großvater Abraham das Haus Gottes in
Mekka erbaut hatte, errichtet.
Nachdem er sein Königreich mit Jerusalem als Hauptstadt gefestigt
hatte, marschierten Salomo und sein Heer in Richtung eines Gebiets, das
als Saba bekannt war. Der Regen fiel in diesem Gebiet nur in manchen
Jahreszeiten; deshalb hatten die Menschen Dämme und
Bewässerungssysteme konstruiert. Das unfruchtbare Land war zu weiten
Gärten und fruchtbaren Ebenen verändert worden. Nachdem er von diesem
üppigen Grün erfahren hatte, wollte Salomo diese Veränderung selbst
sehen.
Die Bataillonen marschierten voran und kamen zu einem Tal, in
dem Ameisen lebten. Eine der kleinen Ameisen sah, wie sich die riesige
Armee näherte und schrie auf: O ihr Ameisen, geht in eure Wohnungen
hinein, damit euch Salomo und seine Heerscharen nicht zertreten, ohne
dass sie es merken. Salomo verstand die Sprache der Ameisen und
lächelte zufrieden darüber, dass die Ameise wusste, dass er es nicht
gestatten würde, dass ein Volk von Ameisen absichtlich zermalmt würde.
Salomo war Gott ergeben, und er dankte ihm dafür, dass er den Ameisen
das Leben gerettet hatte. Er war kein tyrannischer König, der mit eiserner
Faust über sein Reich herrschte; Salomo behandelte alle Geschöpfe Gottes
respektvoll.
Nach der Begegnung mit der Ameise inspizierte Salomo sein Heer,
und er stellte fest, dass ein bestimmter Vogel in den Reihen fehlte. Er
erkundigte sich nach dem Aufenthaltsort des Wiedehopfs, und er war
entschlossen, den Vogel für seine Abwesenheit zu bestrafen. Der
Wiedehopf war ein Vogel, der in der Lage war, unterirdische Wasserwege
zu entdecken, und König Salomo war besonders daran interessiert, zu
erfahren, wie und warum die Ebenen von Saba so üppig und fruchtbar
geworden waren. Innerhalb kurzer Zeit kam der Wiedehopf zurück, wandte
sich an König Salomo und sagte:
Ich habe eine Erfahrung gemacht, die du nicht gemacht hast; und
ich bin aus Saba mit sicherer Nachricht zu dir gekommen. Dort fand ich
eine Frau, die über sie herrscht, und ihr ist alles beschert worden, und sie
besitzt einen großartigen Thron. Ich fand sie und ihr Volk die Sonne statt
Gott anbeten; und Satan hat ihnen ihre Werke ausgeschmückt und hat sie
vom Weg Gottes abgehalten, so dass sie dem Weg nicht folgen.
Der Wiedehopf diente und gehorchte Gott mit wahrhaftiger
Unterwürfigkeit. Der Vogel erklärte König Salomo, dass, auch wenn der
Thron der Königin Bilkis wirklich groß und ein Wunder für seine Zeit sei,
der Eigentümer des höchsten Thrones Gott ist, der Allmächtige. Salomo
wandte sich an den Wiedehopf und sagte:
Wir werden sehen, ob du die Wahrheit gesprochen hast oder ob du
zu den Lügnern gehörst. Geh mit diesem Brief von mir und wirf ihn vor
sie hin, sodann zieh dich von ihnen zurück und schau, was sie erwidern.
Der Wiedehopf ließ den Brief in den Schoß der Königin fallen und
zog sich zurück, versteckte sich und hörte dem Austausch der Königin mit
ihren Ratgebern zu.
Die Königin sagte: Ihr Vornehmen, ein ehrenvoller Brief ist mir überbracht
worden.
Er ist von Salomo, und er lautet: Im Namen Gottes, des Allerbarmers, des
Barmherzigen!
Seid nicht überheblich gegen mich, sondern kommt zu mir in Ergebenheit.
Sie sagte: O ihr Vornehmen, ratet mir in dieser Sache. Ich
entscheide keine Angelegenheit, solange ihr nicht zugegen seid.
Sie sagten: Wir besitzen Kraft und eine starke Kriegsmacht, aber
dir obliegt der Befehl; sieh nun zu, was du befehlen willst.
Die Königin Bilkis zeigte Weisheit, denn obwohl sie in der Lage
gewesen wäre, Krieg zu führen, hat sie beschlossen, dem König Salomo
Geschenke zu schicken. Salomo gab die Geschenke zurück und erklärte,
dass Gott ihm bereits alles gegeben hatte, was er benötigte. Er ging
respektvoll mit Bilkis um, aber er betonte, dass, wenn sie nicht damit
aufhörte, die Sonne anzubeten, er keine andere Möglichkeit haben würde,
als ihr Königreich zu unterwerfen und ihr Volk aus ihrem Land zu
vertreiben. Wieder bewies Bilkis Weisheit und gutes Urteilsvermögen.
Anstatt Salomos Worte und Taten übel zu nehmen, beschloss sie,
ihn zu besuchen, und die Wunder aus erster Hand zu sehen, die ihr ihre
Gesandten beschrieben haben. Während sie sich auf der Reise befand,
beauftragte König Salomo einen seiner Dschinn damit, ihm Bilkis´
gewaltigen Thron zu bringen. Er wurde ihn in einem Augenblick gebracht;
so schnell und fähig war der Dschinn. Als Bilkis ankam, fragte König
Salomo sie, ob sie ihren Thron erkenne. Mit der ihr eigenen Weisheit und
Diplomatie sagte sie: Er scheint genau wie mein eigener zu sein.
Nachdem sie die Wunder von Salomos Reich erlebt hatte, wurde
Bilkis deutlich klar, dass sie in der Gegenwart eines weisen und
hervorragenden Anführers war, aber zu ihrem eigenen Nutzen erkannte sie
auch den Propheten Gottes in ihm. Bilkis hörte sofort auf, die Sonne
anzubeten, und nahm die Lehren von Gott an und forderte ihr Volk auf, das
gleiche zu tun. Es war die angeborene Weisheit von Bilkis, die sie zur
Wahrheit geführt hat.
Salomos Leben war voller Wunder und sein Tod war nicht anders.
Er starb auf seinem Thron sitzend, sein Königreich überblickend. Die
Dschinn fuhren unvermindert mit ihren Arbeiten fort, denn sie dachten, ihr
Herr wachte über sie. Eine kleine Ameise knabberte an Salomos Stab, bis
er aus seiner Hand fiel, sein Körper stürzte um und zeigte, dass er
verschieden war.
Die jüdischen und christlichen Geschichten beschreiben König
Salomo als einen Mann, der für seine Exzesse bekannt war. Für Muslime
ist er ein weiser und edler Mann gewesen. Der Islam weist die
Vorstellung, das der Prophet Salomo den Gesetzen Gottes nicht gehorcht
oder dass er Götter und Göttinnen angebetet habe, zurück. Er war der Sohn
eines Propheten, der sein ganzes Leben dafür geopfert hat, Gott zufrieden
zu stellen. Er baute das Reich seines Vaters David aus und führte die
Kinder Israel in ein goldenes Zeitalter. Er besaß zahlreiche Begabungen
und sein Leben war eines voller Wunder, aber weise wie er war, verstand
er, dass die wahre und ewige Belohnung im Himmel sein wird.

DRITTES KAPITEL
ZAINAB I

Die Ehe Mohammeds mit Zainab hat sich zu einem tiefgreifenden Problem
für die alten Ausleger entwickelt und erfordert Rechtfertigung und
Erklärung der seltsamen Vorfälle. Diese Zwischenfälle sind nicht in
Harmonie mit der Ethik und Konvention, die Mohammed der Menschheit
gebracht, wie es der Muslime Anspruch ist. Aber bevor wir uns in die
Meinungen und die Argumente vertiefen, die die Ausleger verwenden, um
zu rechtfertigen, was passiert ist, lohnt es sich, hier zu zitieren, was Ibn
Said und Al-Tabari zu dieser Geschichte sagten:
Muhammad Ibn Yahya Ibn Hayyan erzählte: Der Gesandte Gottes
kam zu Zaid Ibn Haritha in sein Haus. Vielleicht vermisste der Gesandte
Gottes ihn zu dieser Zeit, das ist der Grund, warum er sagte: Wo ist Zaid?
Er ging in sein Haus und suchte ihn, und als er ihn nicht fand, stand Zainab
vor ihm in einem reizenden Nachtkleid, so dass sich der Gesandte Gottes
von ihr schüchtern abwandte. Sie sagte: Er ist nicht hier, Gesandter Gottes,
so komm bitte herein, mein Vater und meine Mutter würden sich freuen.
Der Gesandte Gottes weigerte sich einzutreten. Zainab beeilte sich, sich
anzukleiden, als sie hörte, dass der Gesandte Gottes vor ihrer Tür war, so
dass sie in Eile aufsprang, und der Gesandte Gottes gefiel ihr, als sie das
tat. Er ging weg, murmelte etwas, das kaum verständlich war, aber dieser
Satz ward gehört: Gelobt sei Gott, der die Herzen bestimmt. Als Zaid nach
Hause kam, erzählte sie ihm, dass der Gesandte Gottes gekommen war.
Zaid fragte sie: Du batest ihn zu kommen, nicht wahr? Sie antwortete: Ich
bat ihn, aber er weigerte sich einzutreten. Er sagte: Hast du ihn etwas
sagen gehört? Sie antwortete: Als er sich abgewandt hatte, hörte ich ihn
etwas sagen, das ich kaum verstehen konnte, ich hörte ihn sagen: Gelobt
sei Gott, der die Herzen bestimmt. Zaid ging zum Gesandten Gottes und
sagte: O Gesandter Gottes, ich erfuhr, dass du zu mir nach Hause kamst.
Bist du hereingekommen? O Gesandter Gottes, mein Vater und meine
Mutter sind dir ergeben. Vielleicht gefällt dir Zainab? Ich könnte sie
verlassen. Der Gesandte Gottes sagte: Behalte deine Frau. Zaid sagte: O
Gesandter Gottes, ich werde sie verlassen. Der Gesandte Gottes sagte:
Behalte deine Frau. Nun, als Zaid sie verließ, beendete sie ihre gesetzliche
Frist, nachdem sie sich von Zaid geschieden hatte. Während der Gesandte
Gottes saß und mit Aischa redete, wurde er in Trance entrückt, und als die
Trance angehoben, lächelte er und sagte: Wer wird zu Zainab gehen, um
ihr zu sagen, dass Gott sie mir vermählt hat vom Himmel? Der Gesandte
Gottes rezitierte: So habt ihr jemand, den Gott begünstigt und den ihr
selbst begünstigt habt, sagen gehört: Behalte deine Frau. Aischa sagte: Ich
hörte viel über ihre Schönheit, und darüber hinaus höre ich, wie Gott sie
dir vermählt vom Himmel, und ich sage: Sicherlich wird sie sich über dies
mit uns rühmen. Salama, die Sklavin des Gesandten Gottes, eilte, ihr das
zu erzählen. Sie gab ihr etwas Silberschmuck, den sie trug.
Zainab wird gerühmt, wenn man die Frauen des Propheten rühmt und es
wird gesagt: Ihre Familie gab sie weg, aber es war Gott, der sie verheiratet
vom siebten Himmel aus. Die Ausleger sind einhellig der Meinung, dass
dieser Vorfall, wie Mohammed Zainab nahm auf der einen Seite und wie
Mohammed Zaid behandelte auf der anderen Seite, der Grund war, warum
dieser Vers offenbart wurde: So könnt ihr jemand, den Gott begünstigt und
den ihr selbst begünstigt habt, sagen hören: Behalte deine Frau, und achtet
Gott, während ihr für euch behaltet, was Gott offenbart, und ihr fürchtet
der Menschen Meinungen, obwohl es richtiger ist für euch, Gott zu
fürchten. Sobald Zaid seine Absicht mit ihr erreicht hatte, verheirateten
Wir sie von ihm weg mit dir, so dass es keine Einwände für die Gläubigen
in Bezug auf ihrer Adoptivsöhne Frauen gibt, sobald sie ihren Zweck mit
ihnen durchgeführt haben. Gottes Befehl muss erfüllt werden! (Sure
33,37).
Die Ehe Mohammeds mit Zainab, die die Frau seines Adoptivsohns
war, führte zu vielen Anschuldigungen gegen Mohammed. Die Angreifer
sagten: Mohammed verbietet die Ehefrauen der Söhne, während er selbst
die Frau seines Sohnes Zaid heiratete. Abdullah Ibn Umar sagte: Wir
haben Zaid immer genannt Zaid Ibn Mohammed. Diese Angriffe gegen
Mohammed erforderten die Offenbarung eines weiteren Verses:
Mohammed ist nicht der Vater eines eurer Männer, sondern er ist der
Gesandte Gottes und das Siegel der Propheten Gottes. Bewusstsein ist
alles! (Sure 33,40) Abdullah Ibn Umar sagte: Wir nannten ihn nur Zaid Ibn
Mohammed, bis der Vers "Mohammed ist nicht der Vater eines eurer
Männer“ offenbart wurde.
Muslimische Ausleger erklären den Vers (Sure 33,37) wie folgt:
Denke daran, Mohammed, wie du zu Zaid sagtest: Behalte deine Frau, und
beachte Gott im Hinblick auf sie, und lasse sie sich nicht scheiden aus
Notwendigkeit oder Hochmut. In der Tat, Zainab appellierte an den
Gesandten Gottes, als er sie sah, wie erzählt wird, dass sie unter der
Bindung seiner nächsten Angehörigen stand, da versetzte Gott Zaids Herz
in Abneigung gegen sie, als er wusste, dass das Herz seines Propheten von
ihr heimgesucht wurde. Also wollte Zaid sie verlassen, und er hat es dem
Gesandten Gottes erzählt. Der Gesandte Gottes sagte zu ihm: Behalte
deine Frau, auch wenn er ihn endlich von ihr geschieden sehen wollte, so
dass er das Mädchen heiraten könnte, und beachte Gott, nämlich fürchte
Ihn und stehe in der Pflicht, die du ihr schuldig bist als deiner Frau . Der
Prophet hatte Zaid Ibn Haritha mit Zainab Bint Jahsh, seiner Cousine,
verheiratet, und der Gesandte Gottes ging eines Tages, und suchte ihn. Vor
Zaids Tür wurde ein Vorhang vom Wind bewegt und zeigte sie in ihrer
Kammer. Das Herz des Propheten wurde von Bewunderung für sie erfüllt.
Als dies geschah, kam der andere unerwünschte, nämlich Zaid, der zu dem
Gesandten Gottes trat und sagte: O Gesandter Gottes, ich will meine Frau
verlassen. Er antwortete: Hat sie etwas getan, um deinen Verdacht zu
erregen? Er sagte: Nein! Sie tat nichts, um meinen Verdacht überhaupt nur
zu wecken, o Gesandter Gottes, und alles, was ich von ihr gesehen, war
gut. Dann sagte der Gesandte Gottes zu ihm: Behalte deine Frau, und achte
Gott. Deshalb sagte Gott: So könnt ihr jemand, den Gott begünstigt und
den ihr selbst begünstigt habt, sagen hören: Behalte deine Frau, und achtet
Gott, während ihr für euch behaltet, was Gott offenbart. - Das bedeutet,
dass Mohammed sich verbarg, dass er sie heiraten würde, wenn Zaid sie
verlässt.
Ali Ibn Husain berichtete: Seinem Propheten war bekannt, dass
Zainab eine seiner Frauen sein wird, Gott, er möge gesegnet und erhoben
sein, hatte es so gefügt, so, als Zaid kam, um über sie zu klagen, sagte
Mohammed: Behalte deine Frau und achte Gott. Aber Gott sagte: Er hielt
sich an das, was Gott offenbarte. Aischa berichtete: Hätte der Gesandte
Gottes zurückgehalten einen Teil des Buches Gottes, der ihm inspiriert
eingegeben wurde, er hätte dies zurückgehalten: Halte dich an das, was
Gott offenbart, und fürchtet nicht der Menschen Meinungen, weil es
richtig ist für dich, Gott zu fürchten.
Al-Hassan sagte: Keiner der Verse, die ihm offenbart wurde, war
belastender als der: Halte dich an das, was Gott offenbart. Du fürchtest der
Menschen Meinungen, obwohl es richtig ist für dich, Gott zu fürchten. Der
Prophet Gottes hatte gefürchtet, was die Leute sagen würden. Es bleibt nur
Ibn Kathir unter den alten Auslegern, die die ältesten Traditionen über den
Vorfall zwischen Mohammed und Zainab ablehnte. Er tut das, ohne auf
jegliche Modifikation oder Rechtfertigung zu achten. Er sagt: Ibn Jarir und
Ibn Hatim erzählen viele Geschichten in diesem Zusammenhang, die wir
entsorgen auf dem Müllplatz, weil sie nicht korrekt sind. Ibn Kathir aber,
der für diese Geschichten behauptet, dass sie falsch sind, findet keinen
Fehler in der Berufung auf eine Tradition, die am Ende sagt: Halte dich an
das, was Gott offenbart. Das bedeutet, dass Gott dir gesagt hat,
Mohammed, dass Zainab einer deiner Ehefrauen wird, von der du zu Zaid
gesagt hast: Behalte deine Frau.
Das größte Problem, dass Al-Razi sieht, ist die Angst des
Gesandten Gottes, denn der Koran sagt: Du fürchtetest der Menschen
Meinungen, obwohl es richtig ist für dich, Gott zu fürchten. Das heißt aber
nicht, dass der Prophet fürchtete die Menschen und Gott nicht fürchtete, es
heißt eher: Gott allein ist würdig, gefürchtet zu werden, und du solltest
nicht fürchten auch nur einen der Menschen, sondern fürchte Gott allein.
Es ist kein Geheimnis, dass diese Interpretation von Al-Razi vor ihm nicht
bekannt war, und dass es, kein Zweifel, nur ein Produkt seiner Phantasie
war.
Al-Zamakhshari andererseits behandelt andere Aspekte in seiner
Analyse der Geschichte. Aischa berichtete: Hätte der Gesandte Gottes
etwas zurückgehalten, was ihm offenbart worden, er würde diesen Vers
versteckt gehalten haben. Wenn ihr fragt: Was denn wollte Gott ihm sagen,
als Zaid zu ihm sagte, er wolle sie verlassen, wohl wissend, dass es falsch
für ihn gewesen wäre zu sagen, dass er sie heiraten wollte? Ich würde
antworten: Es scheint, dass Gott, erhaben ist er, wollte, dass er seinen
Frieden bewahre oder um ihm zu sagen: Du weißt besser, was zu tun ist, so
sollte seine innere Absicht nicht im Widerspruch zu seinem äußeren
Ausdruck sein,, da Gott von den Propheten verlangt, dass ihre innere
Absichten und äußeren Ausdrücke gleich seien, dass sie fest sind im
Verfolgen ihrer Angelegenheiten, dass sie reagieren je nach den
Umständen und feststehen auf einem richtigen Kurs. In der Hadith steht,
als der Gesandte Gottes Abdullah Ibn Abi Sarh töten wollte und als
Uthman Fürbitte für ihn einlegte, sagte Umar: Mein Auge ist vor dir, wirst
du nur eine Geste machen mit dem Auge, dass ich ihn töte? Mohammed
antwortete: Der Prophet sollte nicht Befehle geben durch eines Auges
Geste; seine innere Absicht und sein äußerer Ausdruck ist das gleiche.
Wenn du sagst: Wie kann Gott ihn strafen für den Verzicht auf etwas, was
er ausdrücklich abgelehnt hat? Der Prophet kann nicht etwas ablehnen, es
sei denn, es ist würdig der Missbilligung für ihn und die Menschen, etwas
das ekelhaft dem Intellekt und der Sitte ist, auch nur davon zu reden. Und
warum hat er ihn nicht zurechtgewiesen bezüglich derselben
Angelegenheit und befahl ihm, zu verdrängen seine Lust und zu
unterdrücken seine Seele, um sie von dem Wunsch und der Jagd nach
Zainab abzuhalten? Warum hat Gott seinen Propheten frei von allem
gehalten, was ein Fehler ist, und ihn befestigt? Ich würde sagen: Wie oft
ein Mann vorsichtig ist und schämt sich, die Leute über etwas was wissen
zu lassen, während es im Inneren ihm erlaubt ist, falls es absolut
rechtmäßig ist, dann ist es unbestritten, Gott findet in ihm keinen Fehler!
Und vielleicht ist es eine Eingebung dem, der zuverlässig dient als Führer,
wobei er Aufgaben übernimmt, die eine große Wirkung auf die Religion
haben, dass ein Mann belohnt wird für das, was er aufgegeben, es zu
erreichen. Es sei denn, er ist zurückhaltend in Bezug auf diese vielen
Menschen, die verbreiten Gerüchte über ihn, außer denen, die bei Gott
Gnade gefunden haben, Wissen, Religion und Gotteserkenntnis in das
wahre Wesen der Dinge, nicht ihr äußeres Erscheinungsbild. Wisst, dass,
wenn ihr in den Häusern der Gesandten Gottes Feste feiert, liegend auf
euren Lagern, und zeigt kein Verlangen, ihn zu verlassen, schwelgend in
Gesprächen, und der Gesandte Gottes würde von euren Reden verletzt
werden, dann bleibt besser durch Schüchternheit eingeschränkt. Hätte der
Gesandte Gottes euch offenbart, was in seiner Brust verborgen ist, und
befohlen, die Offenbarung zu verbreiten, würden sie es schwierig gefunden
haben, und es würde eine verleumderische Rede umgehen. Das ist wie der
Ehrgeiz des Menschen für bestimmte Objekte wie eine Frau. Es ist ein
Wunsch, nicht hässlich im Intellekt oder in der Religion, da es nicht ein
Wunsch der freien Wahl ist. Auch das sollt ihr erreichen, was zulässig ist,
mit rechtlichen Mitteln, dann ist nichts hässlich; nämlich er schlägt vor,
Zainab zu heiraten, ohne Zaids Vorschlag, dass der Gesandte Gottes
heirate, oder Zaid zu verlassen, ist ihr Wissen gefestigt, dass Zaids Seele
sie nicht trösten kann, war er doch ziemlich gleichgültig zu ihr, und zur
gleichen Zeit hing die Seele des Gesandten Gottes so an ihr. Es war nicht
beleidigend unter ihnen, dass ein Mann seiner Frau für seinen Freund
aufzugeben bereit ist, so dass dieser sie heiraten kann. Als die
Auswanderer Medina erobert, wurden sie von den Helfern in allem soweit
getröstet, dass, wenn ein Mann zwei Frauen hatte, er auf eine von ihnen für
die Auswanderer verzichten würde. Also, die Sache war zulässig auf allen
Seiten, und es war nicht beleidigend überhaupt. Es wurde auch nicht
verletzt oder demoralisiert Zaid oder sonst jemand. Im Gegenteil, es ist die
Quelle des Guten; nur eine von ihnen, eine Cousine des Gesandten Gottes
ist zu erwähnen, Zainab, sie sicherte sich durch eine Ehe mit einem nahen
Verwandten und hatte hohe Ehre. Was das allgemeine Wohl in seinem
Sprichwort sagt, so dass es keine Einwände für die Gläubigen in Bezug auf
ihrer Adoptivsöhne Frauen gibt, sobald sie ihren Zweck erreicht haben mit
ihnen: Gott sollte vielmehr seinen Gesandten zurechtgewiesen haben, als
er es für sich selbst behielt, indem er sagte zu Zaid: Halte dich an deine
Frau, und achte Gott. Da Gott stimmte für ihn zur Konformität des
Gewissens und dass er standhaft blieb in den Fragen der Wahrheit, so dass
die Gläubigen seinem Beispiel folgen und sich nicht schämen, für ihre
Rechte zu kämpfen, auch wenn es bitter ist.
Muslimische Autoren haben nichts in die Liste der
Entschuldigungen eingefügt, die Al-Zamakhshari und Al-Razi
präsentierten, da sie die gleichen Argumente versuchen, diese Geschichte
zu interpretieren, zu verwenden und sogar zu verteidigen. Sie glauben,
dass es sich um verborgene Weisheit handle, dass das Verständnis der
Menschheit noch nicht reif genug ist, um diese Weisheit zu ergründen. Wir
sehen eine bizarre Vereinbarung zwischen den Rigoristen oder
Traditionalisten und den Reformern oder Fortschrittlichen. Mohammed
Hussain Haikal spricht von einer glorreichen Tat von Mohammed, die die
Orientalisten und Missionare in eine Romanze verwandelt haben. Er sagt:
Was Zainab betrifft, sie wurde von Orientalisten und Missionaren in ein
imaginäres Bild der Romantik und Verliebtheit verwandelt, die wahre
Geschichte aber urteilt, dass Mohammeds Akt mit ihr war eine der
ruhmreichen Taten von Mohammed. Als perfektes Beispiel des Glaubens,
bemüht er die Hadith, die sagt: Der Glauben ist nicht perfekt, bis er für
seinen Bruder liebend will, was er für sich selbst liebend will. Der
Gelehrte Haikal fügt hinzu, dass wir ihn alle diese Worte sagen hören und
sagen: Lass es wahr sein! Warum sollte dies etwas an der Größe der
Botschaft und der Prophetie Mohammeds ändern? Die Gesetze, die binden
gewöhnliche Menschen, haben keine Macht über die Himmelskörper, um
wie viel mehr der Gesandte und Prophet Moses hatte gesehen einen Streit
zwischen zwei Männern; einer war von seiner Sekte und der andere von
der Sekte des Feindes, so stieß er den Feind nieder und tötete ihn, beging
er da einen rechtswidrigen Mord? Moses hat das Gesetz gebrochen und
war nicht Gegenstand des Gesetzes. Doch das hat nichts an seiner
Prophetie oder seiner Botschaft geändert und wird nicht seine Größe in der
Reihe mit Mohammed und dem Rest der Propheten verringern. Die Art,
wie Jesus das Gesetz der Natur gebrochen, war noch größer als bei Moses,
und für seinen Zustand gab es keine Grenze der Macht, vielmehr ging er
über die Gesetze der Natur von seiner Geburt an hinaus!
Alle diese Punkte beiseite legend, fragen die Muslime sich, was
war die Beziehung zwischen dem Mord, den Moses begangen, auf der
einen Seite, und der Geburt von Jesus von einer Jungfrau auf der anderen
Seite, und die Beziehung zwischen diesen beiden Menschen und der
Geschichte von Mohammed und Zainab? Die Fremdheit der Sache liegt in
der Tatsache, dass der Gelehrte Haikal präsentiert Mohammeds Ehe mit
Zainab mit dem Argument, die Forderungen seiner Gegner zu widerlegen,
die meinen, dass die Sache Romantik und Verliebtheit war! Es ist
unglaublich, dass Haikal keine Kenntnis von der Tatsache hatte, die in
vertrauenswürdigen islamischen Referenz-Büchern festgestellt, dass das
Herz des Propheten tief beeindruckt von ihr war, nachdem ihre Ehe mit
Zaid schon geschlossen war. Al-Sabuni schließt jedoch keine
Liebesbeziehung oder Romantik aus dieser Ehe, wie er sagt: Wie kann es
einen Mann geben, der eine Jungfrau zur Frau will, der dann eine andere
Person nimmt, die schon entjungfert ward? Al-Sabuni greift die
Orientalisten und Missionare an, die behaupteten, dass Gott Mohammed
gestraft für seinen verborgenen Wunsch nach Zainab. Auf der anderen
Seite gibt es einige muslimische Fundamentalisten und Schriftsteller, deren
Arbeit gewinnt die Gunst der Fundamentalisten, die eine weitere Tugend
des Propheten - seine Vorliebe für Frauen - entdeckt! Der Prophet hat
durch diese Vorliebe bewiesen, dass er ein Mann in der vollen Bedeutung
des Wortes war. Es war Aischa Abd Al-Rahman, die als erste dieses
Argument vorbrachte.

VIERTES KAPITEL
ZAINAB II

Salam Alaikum! O Herzen! Dies ist die Liebesgeschichte zwischen Zainab


bint Muhammad und Abu El'Ass ibn Rabi. Zainab war die Tochter des
Propheten, und ihr Cousin Abu El'Ass war Khadija’s Neffe. Er war einer
von den Adligen der Quraisch, und der Prophet liebte ihn sehr.
Eines Tages ging Abu El'Ass zum Propheten, bevor der seine
Mission des Prophetentums erhalten hatte, und sagte: Ich möchte deine
älteste Tochter heiraten. Da antwortete der Prophet: Ich muss sie zuerst
fragen. Er ging zu Zainab und fragte sie: Dein Cousin kam zu mir und
möchte dich heiraten, willst du ihn als Ehemann annehmen? Ihr Gesicht
wurde rot vor Scham und sie lächelte.
So heiratete Zainab den Abu El'Ass, das war der Beginn einer
großen Liebesgeschichte. Sie hatten zwei Kinder, Ali und Omama.
Dann wurde Mohammed ein Prophet, während Abu El'Ass fern war
von Mekka. Abu El'Ass kehrte zu seiner Frau zurück und fand sie als eine
Muslima. Als er zurück kam, sagte seine Frau : Ich habe eine gute
Nachricht für dich. Er stand auf und verließ sie. Zainab war überrascht und
folgte ihm, und sie sagte: Mein Vater ist ein Prophet und ich bin zu einer
Muslima geworden. Er antwortete: Warum hast du mich nicht zuerst
gefragt? Daher entstand ein großes Problem zwischen den beiden, ein
Problem von Religion und Weltanschauung.
Sie sagte ihm: Ich hatte nicht vor, meinem Vater und seiner
Botschaft nicht zu glauben, er ist kein Lügner, und er ist der Ehrliche und
Vertrauenswürdige, und ich bin nicht die einzige Gläubige, meine Mutter
und meine Schwestern wurde Muslime, mein Cousin Ali ibn Abi Taleb
wurde ein Muslim, dein Cousin Othman ibn Affan wurde ein Muslim, und
dein Freund Abu Bakr wurde ein Muslim.
Er antwortete: Nun, was mich betrifft, ich glaube nicht das, was die
Leute sagen. Ich verlasse nicht mein Volk und meine Vorfahren, um meiner
Frau zu gefallen. Und ich werde auch nicht deinen Vater beschuldigen. So
wirst du mich entschuldigen und verstehen? Sie antwortete: Wer wird dich
entschuldigen und verstehen, wenn nicht ich? Ich werde neben dir bleiben
und dir helfen, bis du die Wahrheit erreichst. Und sie hielt Wort für
zwanzig Jahre.
Abu El'Ass blieb ein Ungläubiger, und dann kam die
Auswanderung. Zainab ging zu ihrem Vater und bat ihn um die Erlaubnis,
bei ihrem Mann bleiben zu dürfen. Der Prophet antwortete: Bleibe bei
deinem Mann und deinen Kindern.
Also blieb Zainab in Mekka, bis die Schlacht von Badr begann.
Abu El'Ass war in der Armee der Quraisch und kämpfte gegen die
Muslime. Für Zainab bedeutete das, dass ihr Mann ihren Vater bekämpfte,
Zainab hatte darum immer Angst vor den Kämpfen. Sie rief: O Gott, ich
fürchte, eines Tages wird die Sonne steigen und meine Kinder sind zu
Waisen geworden oder ich verliere meinen Vater.
Also der Kampf begann und endete mit einem Sieg für die
Muslime. Abu El'Ass wurde von den Muslimen gefangen genommen, und
die Nachricht davon erreichte Mekka. Zainab fragte: Was hat mein Vater
getan? Sie sagten ihr: Die Muslime haben gewonnen. So betete sie zu Gott,
ihm zu danken. Dann fragte sie: Was hat mein Mann getan? Sie sagten: Er
wurde gefangen genommen. Sie sagte: Ich werde eine Zahlung senden, ihn
freizukaufen. Sie besaß nichts von großem Wert, so nahm sie eine
Halskette ihrer Mutter und schickte sie dem Propheten.
Während der Prophet die Zahlungen zum Freikauf der Gefangenen
bekam, sah er Khadija’s Halskette. Er hielt sie hoch und fragte: Wessen
Zahlung ist dieses? Sie sagten: El'Ass ibn Rabi. Er weinte und sagte: Dies
ist Khadija’s Halskette. Sobald der Gesandte Gottes die Halskette sah,
hatte er ein Gefühl extremen Mitgefühls, und sein Herz pochte für die
große Rettung. Die Gefährten, die dort anwesend waren, blickten staunend
und waren von der Pracht der Situation wie gefangen.
Nach langem Schweigen stand der Gesandte Gottes auf und sagte:
Volk, ist dieser Mann mein Schwiegersohn, soll ich ihn freilassen? Und
werdet ihr die Rückgabe dieser Kette meiner Tochter akzeptieren? Sie
antworteten im Chor: Ja, Gesandter Gottes.
Der Prophet gab die Kette Abu El'Ass und sagte zu ihm: Sag
Zainab, sie möge nicht Khadija’s Halskette verschenken. Dann sagte er
weiter: Abu El'Ass, können wir privat reden? Er nahm ihn beiseite und
sagte: Gott hat mir befohlen, zwischen einem Muslim und einem
Ungläubigen zu unterscheiden, könntest du mir nicht meine Tochter zu mir
zurückführen? Abu El'Ass hat widerwillig zugestimmt.
Zainab stand auf den Toren von Mekka und wartete auf die
Ankunft von Abu El'Ass. Als er endlich kam, sagte er: Ich gehe weg. Sie
fragte: Wohin? Er antwortete: Ich bin es nicht, der geht, sondern du bist es.
Du wirst mit deinem Vater gehen. Wir müssen uns trennen, weil du eine
Muslima bist. Sie beschwor ihn: Willst du nicht ein Muslim werden und
mit mir gehen? Aber er weigerte sich.
Also nahm Zainab ihren Sohn und ihre Tochter und reiste nach
Medina, und sechs Jahre lang weigerte sie sich, wieder zu heiraten, in der
Hoffnung, dass eines Tages Abu El'Ass kommen würde.
Nach sechs Jahren reiste Abu El'Ass in einer Karawane von Mekka
nach Syrien. Während der Fahrt wurde er von einigen der Gefährten des
Propheten abgefangen. Er flüchtete und kam zu Zainabs Heim. Er klopfte
an ihre Tür kurz vor dem Morgengebet. Sie öffnete die Tür und fragte ihn:
Hast du vor, ein Muslim zu werden? Er flüsterte: Nein, ich komme wie ein
Flüchtling. Sie beschwor ihn noch einmal: Kannst du nicht ein Muslim
werden? Auch seine zweite Antwort war negativ. Mach dir keine Sorgen.
Sie sagte: Willkommen, mein Cousin, willkommen, Vater von Ali und
Omama.
Nachdem der Prophet das Morgengebet gebetet in der
Gemeinschaft mit den Menschen, hörte er eine Stimme aus dem hinteren
Teil der Moschee: Ich habe Abu El'Ass ibn Rabi befreit. Zainab hatte Abu
El'Ass Freiheit gewährt. Der Prophet fragte: Habt ihr gehört, was ich
gehört habe? Sie alle sagten: Ja, Gesandter Gottes. Zainab sagte: Er ist
mein Cousin und der Vater meiner Kinder, und ich habe ihn befreit. Der
Prophet stand auf und sagte: O ihr Menschen, ich erkläre, dass dieser
Mann ein sehr guter Schwiegersohn ist, er hat nie sein Versprechen
gebrochen, noch hat er Lügen erzählt. Also, wenn ihr akzeptiert, werde ich
ihm sein Geld zurückgeben und ihn gehen lassen. Wenn ihr es aber
ablehnt, ist es eure Entscheidung, und ich werde es euch nicht verdenken.
Die Gefährten vereinbarten: Wir werden ihm sein Geld zurückgeben. So
sagte der Prophet zu Zainab: Wir haben den, den du freigegeben hast, o
Zainab, befreit. Dann ging er zu ihr und sagte ihr: Sei großzügig zu ihm, er
ist dein Cousin und der Vater deiner Kinder, aber lass ihn nicht in deine
Nähe kommen, er ist für dich tabu. Sie antwortete: Ja, Vater, ich werde tun,
was du sagst.
Sie ging hinein und sagte zu ihrem Mann: O Abu El'Ass, haben wir
uns nicht verpasst? Willst du nicht Muslim werden und bei uns bleiben?
Aber er weigerte sich. Abu El'Ass nahm das Geld und kehrte nach Mekka
zurück. Sobald er zurückkehrte, stand er auf und verkündete: O ihr
Menschen, hier ist euer Geld. Gibt es noch etwas? Sie antworteten: Nein,
Abu El'Ass, es gibt nichts mehr, vielen Dank. So sagte Abu El'Ass: Ich
bezeuge, dass es keinen Gott außer dem Herrn gibt, und Mohammed ist
sein Gesandter. Dann ging er zurück nach Medina und lief zum Propheten
und sagte: Lieber Prophet, du befreitest mich gestern, und heute sage ich,
dass ich bezeuge, es gibt keinen Gott außer dem Herrn, und sein Gesandter
bist du. Er fragte den Propheten: Willst du mir die Erlaubnis geben, wieder
zu Zainab zu gehen? Der Prophet lächelte und sagte: Komm mit mir; und
er nahm ihn mit in Zainabs Haus und klopfte an ihre Tür. Der Prophet
sagte: O Zainab, es kam dein Cousin zu mir und fragte, ob er zu dir
zurückkehren darf. Genau wie vor zwanzig Jahren war sie, und ihr Gesicht
wurde rot vor Scham und sie lächelte.
Das Traurige daran war, dass Zainab ein Jahr nach diesem Vorfall
starb. Abu El'Ass vergoss heiße Tränen über ihren Tod, und die um ihn
herum waren zu Tränen gerührt. Der Gesandte Gottes kam mit Tränen in
den Augen und einem Herzen voller Trauer. Zainabs Tod erinnerte ihn an
den Tod seiner Frau Khadija. Er sagte den Frauen, die um Zainabs Leiche
versammelt waren: Wascht euch dreimal mit Kampfer. Er führte die
Beerdigungs-Gebete und folgte ihr zu ihrer letzten Ruhestätte. Abu El'Ass
kehrte zu seinen Kindern Ali und Omama zurück. Er küsste sie und netzte
sie mit seinen Tränen, erinnerte er sich doch an das Gesicht seiner
verstorbenen Lieblingin.
Möge Gott mit Zainab sein, der Tochter des Propheten! Möge er sie
belohnen im Paradiese für ihre Geduld, ihre Ausdauer und ihren Kampf!
Abu El'Ass war so stark bewegt, und die Menschen sahen den
Propheten selbst heulen und weinen. Abu El'Ass sagte: Bei Gott, ich kann
das Leben nicht mehr ertragen ohne Zainab. Er starb ein Jahr nach dem
Tode von Zainab.

FÜNFTES KAPITEL
HYMNE AN FATIMA

Als Fatima weinte,


Die Erde bebte und die Berge verrückten
Und die Toten erstanden,
Als Fatima weinte,
Fielen die Blätter von den Bäumen
Und der Mond vergaß zu schimmern.
Als Fatima weinte,
Übertraten die Flüsse ihr Ufer
Und die Gräser verwelkten,
Die Sterne zeigten keinen Glanz mehr.
Als Fatima weinte,
Jedes Herz ward gebrochen
Und überreichliche Tränen strömten.
Als Fatima weinte,
Am Himmel wehte kein Wind mehr
Und alles rief nach der Dunkelheit.
Fatima schrie auf
Und Tränen des Kummers
Und Tränen des Jammers
Und Tränen der Schmerzen strömten,
Regnend aus Fatimas Herzen,
Als Fatima weinte,
Da hat die schwarze Mutter Erde
Blutige Tränen geweint.

Ein Mann hatte wegen seiner Fatima


Ein vor Kummer gebrochenes Herz.
Er war kein großer, starker, mutiger Mann,
Im Gegenteil, aber in seinem Kummer
Hat er zu Fatima gerufen
Und hat sie seine geliebte Fatima genannt.
Er öffnete weit die Tür seines Herzens
Und schaute auf Fatima,
Als ein Menschenkind starb.
Meine Fatima! schrie er,
Als das Mädchen tot vor ihm lag.
Und er kehrte vom Grab des Mädchens
Durch Fatimas Gnade
Als großer, starker, mutiger Mann zurück.
Mein totes Mädchen, sprach er,
Gehört in Ewigkeit Fatima.

Es fiel ein verwundeter Held im Kampf,


Wie man fällt vor der Tür des Hauses des Propheten,
Und in jedem Zelt
Ward ein Brand entzündet
Von der lodernden Flamme,
Die brennt in Demut
Vor der Tür des Hauses, wo sich befindet
Die Tochter des Propheten,
Gesandt, um uns zu führen.

Ihr Unglück, die Öffnung für alle Katastrophen,


War das, was sie durchgemacht hat an der Tür,
Denn die Diskussionen über diese Tür sind sicherlich schwer
Wegen dem, was die Hände des Verräters begangen hatten.
Haben die Gegner wirklich angegriffen
Das Haus der Führung,
Den Landeplatz der Offenbarung,
Das Zentrum aller Glückseligkeit?
Haben sie das Feuer entzündet
An der Tür ihres Hauses
Und das Zeichen der Frau
Etwa überwältigt mit Licht?
Ihre Tür ist doch die Tür
Des Propheten der Barmherzigkeit,
Des Propheten des Heils
Dieses würdigen Gottesvolkes.
Nein! Ihre Tür ist die Tür,
Die Hohe, die Erhabene,
Als ob Allahs feminines Antlitz erschienen!
Mit diesem Feuer haben sie nichts als Schande gewonnen,
Es war das Feuer der Hölle.
Wie ignorant manche Leute sind!
Es war nicht das Feuer von Allah!
Die Erhabene, die Sublime!
Aber der Bruch dieser Rippe kann nicht repariert werden,
Außer mit dem Schwert eines Mannes voll Macht und Kraft.
Was zerbrach diese heilige Rippe, war ein Unglück,
Kein zweites solches Unglück wird es je geben.
Seit das junge Blut aus ihrer Brust floss,
Kann man sagen, was sie erlitten hat,
Durch welche Leiden sie ging.
Sie hat alle Grenzen übertreten, aber die Sünder,
Die sie auf die Wange schlugen, möge
Die Hand Gottes schlagen.
Und immer noch die Rötung ihrer feuchten Augen bleibt
Und kann nur von den Augen der Weisheit getröstet werden.

Mit weißen Schwertern das Banner verbreitend,


Die Peitschen haben einen Klang von Tristesse.
Höre von der Zeit ohne jegliche Freude.
Überreste des Armbands, des Zeichens
Am Handgelenk Fatimas, das so dunkel war,
Ein sehr starkes Argument für die Wahrheit.
Aus der Schwärze der Nacht
Der schwarze Arm der Kosmos,
O Fatimas Arm - o Arm Allahs!
Wie die Schwertscheide auf ihrer Seite gepflanzt war,
Brachte sie in den Speicher alles, was mit ihr passiert ist.
Ich kenne nicht die Geschichte von dem Nagel,
So frage ich die Schatzkammer aller Geheimnisse.
Im Schoß der Dinge ist die Herrlichkeit,
Denn das Innere blutet.
Können sie wirklich verbergen,
Was weithin bekannt ist?
Was ist mit der Tür, der Wand, dem Blut?
Wahre Zeugen sind, die niemand verbergen kann.
Berge wurden zerkleinert
Nach Anhörung ihres Jammers.
Ist dies die Art, wie die Tochter
Des Propheten behandelt werden sollte?
Wie wunderbar sie ist!
Sollte man einer betrübten, traurigen Frau
Aus Angst vor Verleumdung verbieten zu weinen?
Bei Allah ! Sie hat blutige Tränen vergossen,
Solange die Erde steht und das Weltall,
Deswegen, weil die Geliebten
Ihres großen Vaters verloren waren
Durch die Unterdrückung und Beleidigung ihrer Beschützer.
Sollte der Erbe, der Wahrhaftige,
Werden beleidigt und sein Vermächtnis,
Das Beste der ganzen Schöpfung?
Wie könnte man ihre Aussage eine Lüge nennen?
Denn es wird eine Antwort auf die Verse sein
Der Purifikation.
Sollte der Glaube von einem Beduinen gelernt werden
Abgesehen von dem einen gemäßen, dem Buch?
So beschlagnahmten sie das, was sie selbst getan,
Getan der Frau in ihrem extremen Unglück.
Wehe ihnen! Sie fragten nach einem Beweis
Im Gegensatz zu der klar definierten Hikmah!
Und ihre Ablehnung derer, die es bezeugen,
Ist das größte Zeugnis für das, was wir zu klären haben.
Die Lücken waren nicht zufällig.
Nein! Sie schlossen ihre Tür des Herzens.
Sie wandten sich von der Wahrheit ab
Und ihrer Tür, als ob sie sicher vor Gottes Vergeltung wären.
Sollte die Gereinigte
In der Nacht begraben werden,
Ihr Grab unbekannt den Menschen?
Sie war nicht in der Nacht heimlich begraben worden,
Denn sie war auf die Unterdrücker wütend.
Niemand hörte, dass sie jemals so war
In Würde unerkannt, ihr Grab unbekannt, dir und mir.
Wehe denen, denn der Eine ist zornig
Deswegen, weil sie unterdrückten
Die Blume, die Auserwählte.

Suliman sagte etwas, da sagte ich: O Suliman!


Haben sie wirklich so getan ohne Genehmigung?
Er sagte: Ja, bei der Herrlichkeit des Einen,
Während Fatima keinen Schleier trug.
Aber sie nahm hinter der Tür Zuflucht,
Um einzuhalten die Regel des Schleiers.

Als sie sie sahen, pressten sie


Fatima, fast ihr Leben töteten sie,
Als sei sie Lösegeld., sie sagte: O Fidda!
Unterstütze mich, denn sicherlich hätten sie gern
Getötet meinen Fötus noch heute.
Sie hatte eine Fehlgeburt, die Tochter der Führung.
O Leid!
Die Fehlgeburt ihres Sohnes
War der sogenannte Muhassan.

Sie müssen nicht mit Feuer die Tür verbrannt wissen,


So hofften sie, löschten mit dem Feuer das Licht.
Sie wussten nicht, was zu tun war, schlugen Nägel
In die Brüste Fatimas, wenn du nur wüsstest,
In welchem Zustand war ihre gebrochene Rippe,
Was für eine Fehlgeburt, warum ihre Augen rot waren,
Warum ihre Ohrringe auf dem Boden lagen,
Unverschleiert war sie, als sie in ihr Haus drangen,
Als Ali es sah, ihr Mann, der Bräutigam
Der Frau, die furchtlos war.
Den Löwe von Allah haben sie belästigt,
Wie ein Kamel haben sie ihn geführt mit Zwang.
Die Batal hinter ihnen stolperten
Über den Schwanz ihrer Robe, die sie getragen
Mit lautem Jammer, dass in den Herzen es sich entzündete,
Das Feuer, und in der Angst die Steine der Höhe schmolzen.
Sie rief: Lasst meinen Cousin Ali allein oder ich
Rufe zum Einen, der sieht, vor ihm werde ich weinen.
Sie zollten ihr keine Beachtung,
Bei ihnen war sie in der Tat voller Angst,
So nahmen sie Ali als Gefangenen
Gebunden, wie in Gefangenschaft; sie hatten ihren Tag.

Er geht weiter, bis er das folgende sagt:


Ali sieht und hört, und das Schwert ist scharf
Und Alis Macht ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen,
Aber den Willen seines Bruders beschränkte er, wie er konnte,
Das war mehr als eine Wirklichkeit,
Also hab Geduld, o Einer, mit der Angelegenheit betraut,
Einer, dessen Urteil ist klug und gerecht,
Einer, mit einem Unglück, das größer und schwerer ist,
Einer, dessen Herz lässt Steine schmelzen.
Wie viele Katastrophen soll ich erzählen,
Wobei die Reinheit wurde so lange nicht ausgezogen?
Wie, dass die Augen ganz rot waren, kann dich kontrollieren,
O Sohn Taha, ein süßer Schlummer überhaupt?
So weine und seufze für deine Feinde,
Lass sie nicht weinen und klagen ihr Leid.
Als wenn ich sehe, wie er redet, wie er weint,
Mit wenig Trost, aber mit Tränen schwer und tief:
Darf ich nach ihr nie zu meiner Erleichterung nehmen
Ein Haus des Glücks, nachdem ihr Haus das "Haus der Trauer".
Also, du Sohn Fatimas, wirst du zum Leben bringen
Die Tyrannen und Unterdrücker noch vor dem Jüngsten Tag?

Nein, bei deiner Entschuldigung, die Leute haben kein Pardon zu erwarten,
Auch durch deine Milde waren die Leute nicht umgestimmt:
Was deine Mutter trug, sie haben eine Fehlgeburt verursacht,
Und deines Großvaters Sohn haben sie mit Pfeilen in den Tod geschickt.

O Meister! O Gesandter Allahs! Steh und sieh,


Was geschah mit deiner Familie:
Weitere tun das, was du nicht sagtest:
Sie nahmen das Kalifat von Ali,
Und was du sagtest, haben viele geleugnet.
Sie führten ihn zu Soundso, Treue zu schwören,
Gegen seinen Wunsch, indem sie ihn gewaltsam unterdrückten.
Dafür wurde er durch das Schwert des Shabir
Ein Märtyrer, und durch das Gift des Shubbar starb er.
Als ob er nicht der gewesen, der wie der Prophet war,
Auch war er von seinem Herrn gereinigt.
Und Fatima ist da, sie haben ihre Heiligkeit verletzt,
Durch einen, der ihr an der Tür die Rippe brach.
Ihr Hussain, ohne Ursache, wurde erschlagen,
Sein Körper, in Teile geschnitten, mit Blut befleckt,
Im Staub, auf dem Boden liegend ist ihr Hussain.

Ihre Kinder sind fünf: Hassan und Hussain


Und Zainab, die älter als Umm Kultham,
Und Muhassan wurde eine Fehlgeburt, als
Omar gewaltsam die Tür geöffnet,
Wie es allen bekannt ist.
So starb sie nach dem Propheten,
Bereitwillig ging sie zu ihrem Herrn und erfüllte
Alles, was er für sie angeordnet hatte.
Solches bringt Schmerzen zum Herzen
Und jedes andere Unglück ist sicherlich weniger schmerzlich.
Welche Trauer, Demütigung, Verfolgung und Unterdrückung
Und Wildheit wurde allen klar.
Dann erklärt er, wie sie starb, und sagte:
Die Ursache, hieß es, war ein natürlicher Tod.
Es wurde auch gesagt, dass ihr die Schmerzen verursacht wurden
Von einem Schlag von diesem Manne Omar.
Als sie ihren Fötus sofort als eine Fehlgeburt erkannte,
Hielt sie ihn weinend und klagend im Arm.
Mit den Riemen von seinem eigenen Schwert gefesselt nahmen sie Ali
Und Omar hat ihre Rippe gebrochen und angegriffen,
Und sie haben das Haus der Tochter des Erwählten überfallen
Und der eigene Imam rief immer:
In ihrem Haus ein Feuer brennt!
Des Erbes des Propheten Mohammed wurde sie beraubt
Und sie wurde ausgepeitscht und geschlagen.

Und die gereinigte Eine, Fatima, ihr Erbe ward beschlagnahmt


Durch den schlimmsten Menschen, dass sie Tränen vergossen,
Nachdem er sie wegen einer Fehlgeburt geschlagen,
So starb sie, und ihres ward beschlagnahmt.

Sie sannen einstimmig darauf, mit ihren üblen Launen,


Mit Unwissenheit und Verlangen, das Haus Fatimas niederzubrennen,
Fatimas! Was für eine schreckliche Tat, so was zu tun!
Ein Haus, bei dessen fünf Bewohnern der sechste ist Gabriel,
Ohne einen Grund es in Brand zu stecken,
Und Murtadä wurde aus der Heimat zwangsweise entführt.

O Herr derjenigen, der abgestritten wurde,


Was ihr Vater hinterließ ihr zum Erbe und die
Wurde durch die voller Groll und Hass heimgesucht,
Und die ihr einen Becher voll Kummer zu trinken gegeben
Wegen ihrem Sohn.
Der Sohn von Marjana, der Verfluchte,
Hat sie von dem Kummerbecher trinken lassen
Und der ein Lügner genannt wird.
Jemand, den der Herr von den Sünden gereinigt,
Und gibt einem anderen Kind des Propheten
Den Kummerbecher zu trinken,
Dem wird das Feuer angezündet,
Demjenigen, der unsere Heimat brennen lässt.

Ich frage mich, über wen von ihnen soll ich trauern?
Und für wen sollen meine Tränen strömen?
Für den Wasi, als er in seiner Moschee gekrönt wurde
Und sich vor dem Schwert beugen musste?
Oder wegen der von Batal, Fatima, die beraubt wurde
Ihres Erbes, ihres Rechtes auf alles,
Und einer sagte zu ihr:
Du irrst dich, so zu handeln,
Denn dein Vater erklärte laut vor vielen:
Wir, die Propheten, hinterlassen für unsere Kinder nichts zu erben.
Was wir hinterlassen ist für jeden und alle.
So sei es mit dem, was dein Vater gesagt hat.
Sie sagte: Gib mir, was mein Vater mir hinterlassen hat,
Der Beste von allen Menschen, der mit Fürbitte.für mich betet,
Aber dein Zeugnis ist nichtig,
Und nur der Text des Buches überzeugt mich.
Sie blieb unterdrückt, verfolgt,
Als ihr Anspruch abgelehnt wurde,
Als ihre Rippen wurden gebrochen.
Oder sollte ich trauern über den, der getrunken
Aus dem Judas-Becher das tödliche Gift?

Wie konnte nicht abfallen die Hand, die dir schaden wollte?
Dass der Sohn eines Unterlegenen dich gekränkt?
Du warest begeistert, als sie dich beleidigten,
Die Unrechtmäßigen, die gegen deinen eigenen Vater protestierten.

Beide schworen ihm Treue und sagten:


Bester, der du bist in der staatlichen Gemeinde,
Unter dir waren Menschen, die bei Badr getötet worden,
Und andere Leute, von Groll beschränkt, schworen Rache.
Deine Treue war über den Köpfen der Leute,
Die Leute schworen auch an diesem Tag,
Außer einigen wenigen, Treue zum Weg des Propheten.
Zu Ali, ihrem Imam, gingen sie, da sagte er:
Euer Aufwand ist umsonst. Sie sagten: Nein!
Wir werden es sicher tun. Da sagte er:
Jetzt stellt euch ein und beugt eure Köpfe.
So die Menschen wissen, dass ihr dann mit Pfeilen zu mir kommt,
So können wir kämpfen,
Dann wird Gott eine Weg für uns bereiten,
Und wir werden sehen, was er tut und sagt.
Die Gescheiterten, als sie ihn sahen entschlossen,
Also diejenigen, die mit ihm gingen, waren nur sieben,
Während die Treue wurde von allen andern gebrochen.
Wer geschworen hatte, war bei der Vereidigung der Beste.
Ich könnte nennen ihre Namen.
Er sagte: Ich werde nicht kämpfen,
Denn ihr seid wenige, und die andern sind viele.
So saßen sie still, um zu sehen, was er mit ihnen tun wollte
Und in welcher Reihenfolge die Aufstellung wäre.
Omar kam zu ihnen mit einer Gruppe
Und sah den Mann, den sie eingesetzt hatten,
Das beachtete Omar nicht,
Bis er die Tür von Fatima erreicht, der Batal-Dame,
Die zwischen ihm und ihr war.
Sie hoffte abzufangen die den Weg boykottierten,
Sie würden sie nicht erreichen.
Aber er brach die Tür auf,
Der erste von ihnen, und bahnte sich einen Weg durch ihren Schleier,
Als sie zu weinen gezwungen wurde, um Hilfe zu bitten und zu jammern.
Sie trafen sie, da sie Fatima misshandelten.
Al-Zubayr hörte den Ruf und ging in Eile, aber stolperte,
Er nahm sein Schwert, es wurde von ihnen zerbrochen.
So haben sie erwischt al-Zubayr
Und er wurde ihr Gefangener.
Der Wasi kam mit dem Rest der Männer
Und sah, ihre Verteidigung war völlig vergeblich.
Sie überwältigten sie und brachten sie zu Ateeq.
Er sagte: Was für ein Seufzer ist in meinem Herzen wie Feuer?
Ich fühle mich in meinem Geist betrübt!
Ihr Mord an Fatima durchbohrt mein Inneres.
Sie starb, nachdem er sie misshandelt.
Sie ward in der Nacht begraben
Und auf ihrem Grab ward kein Denkmal errichtet.
So weiß niemand wo sie begraben ist.
So ist sie in großer Not entschwunden.
Ihr Herr grüßt sie mit allen Völkern, die sie lieben.
Sie schwor ihm Treue gegen ihren eigenen Wunsch.
Leider! Gott hat für seine Diener große Leiden bereit.
Wer aber ein Gelübde ablegt vor Gott,
Soll nicht sagen: Ich habe nichts gelobt.
Möge Allah es bezeugen, dass er schwach geworden,
Wenn er Treue den Unterdrückern schwor,
Aus Furcht, getötet zu werden.
So schwach war Aaron,
Als Moses die Gebote den Herrn empfing
Und das Volk das goldene Kalb verehrte.
So wurde auch der Wasi getötet,
Da er Treue schwor dem Wort des Propheten.

Sie sammelten das Brennholz vorm Haus,


Und diejenigen, die es entzündet hatten, spotteten,
Während niemand im Haus war außer
Der gereinigten Herrin, der Wahrhaftigen,
Und der Prophet hatte zwei Enkelsöhne.

Geschlagen wurde sie und ihrer Rechte beraubt,


Und es wurden ihr nach des Propheten Tod Wunden geschlagen.
Gott trenne die Hände ab, die sie geschlagen haben,
Und die dies genehmigt und befolgt.
Gott möge ihm nie verzeihen,
Horror soll ihm werden nach dem Auferstehen aus dem Grab.

Oh Fatima!
Lichte Herrin, Tochter des Propheten,
Deine Seele ist weißer noch als Schnee!
Im höchsten Himmel wirst du von allen gelobt,
Mutter von Hassan und Hussain,
Höchste Schönheit des Islam, oh Fatima!
Dein Licht ist heller als die Sonne,
Oh Blume der sieben Himmel,
Du bist die Einzige, die Eine,
Apfel des Auges Mohammeds, Ehefrau von Ali
Und musterhaftes Modell aller Frauen!

Dein Bewunderer bricht in Tränen aus,


Verloren im Labyrinth der Gefühle,
Wenn er stiftet ein Gedicht deines Lobes.
Ein ununterbrochener Fluss der Tränen,
Strömend aus den Augen deines Geliebten,
Verschleiert der Bild,
Schränkt seine Sicht ein.
Der süße Duft von Moschus umfasst deine Heiligkeit,
Wie Kadijah, Aischaa und Sankt Maria dir folgen.
Halte fest an Hussains Hemd,
Tränke es im Blut,
Umarme die Säulen des Thrones.
Dieses schicksalhafte Anblick verzauberte mich,
Ich flüstre dir zu:
Warum ist es so, o du des Propheten Lieblingstochter,
Dass du so blass erscheinst?
Können meine Eltern Lösegeld für mich geben?
Warum lehnst du dich an die Säule
Zur Unterstützung von Hassan?
Die Vision klingt, als hörte ich einen Ruf.
Der Ruf Gabriels erschallt: O Gnadenvolle!
Ich bin durch das Lachen eines Kindes erwacht...

Oh Fatima, Apfel des Auges deines Vaters,


Dessen kühlen Schatten ich rufe,
Höre mein Gebet, meine Bitten.
Jeder kennt deine Frucht.
Lass mich fruchtbar sein,
Lass mich ein Liebender sein.
Meine Wurzeln brauchen Nahrung,
Meine Seele ist durstig,
Sende mir deinen Ali.
Gib mir deine friedliche Geduld.
Gib mir einer Henne Fruchtbarkeit.
Ich will eine demütige Frau sein.
Bring mich in meinen Frühling.
Lass meinen Nektar locken die Biene,
Die eine, die du für mich bist.
Dann lass mich für meinen Geliebten tragen
Mit starken Gliedern Kinder!
Bis ich bin, wie du willst.
Durch meine süße und wundervolle Frucht,
Oh Fatima, Apfel des Auges deines Vaters,
Mich ernähre mit Liebe.
Ich kam einmal in die Stadt Medina,
Da fragte ich die Menschen:
Wo ist das Grab von Fatima?
Sie antwortete mir, dass niemand das weiß.
Lasst uns zurückblicken und durch die Geschichte suchen,
Lasst uns die Wahrheit hinter diesem Geheimnis finden,
Warum niemand weiß, wo ihr Grab ist,
Denn sie ist die Mutter von Hassan und Hussain.
Lasst uns einen Blick zurückwerfen
Und suchen das Verbrechen von Anfang an,
Da alles begonnen, gerade als der Prophet gen Himmel fuhr,
Sie planten, im Zelt der Saqifah gerecht zu werden,
Um zu wählen die nächsten Khalifen.
Aber sie waren alle bei Al-Ghadir,
Als der Prophet erklärte, der Nächste sei Ali,
Statt dass sie gegen seinen Willen zu Nabi gingen,
Also beschlossen sie, das Haus von Ali anzugreifen.
Ali schrie laut genug:
Wie kannst du es wagen, die Heilige Familie so rau zu behandeln,
Schon stehst du vor der Tür meines Hauses.
Sie haben verbrannt die Tür des Hauses,
Es scheint, dass sie nichts vom Propheten gelernt haben.
Ein böser Mann hat heftig die Tür eingedrückt,
So dass die Tochter von Mohammed nicht mehr leben würde,
Er drückte gegen die Tür so heftig,
Er drückte ihre volle Brust,
Dass Fatima in dieser Welt keine Ruhe mehr finde.
Fatima sagte: Es scheint, dass der Mensch
In der Welt von Satan war gefangen,
Er verbrannte die Tür,
Und mein Gesicht schlug er,
Es scheint, dass der Mensch geistesgestört und krank war,
Er wusste, dass ich schwanger war,
Aber meinen Fötus trat er.
Fatima sagte: Ali, begrabe mich während der Nacht,
Weit weg von den Augen irgendeines Menschen,
Denn die Männer haben versucht, dir dein Recht zu nehmen,
Sie wissen nicht, dass du vom Licht berufen worden,
Sie wissen nicht, dass die Wahrheit mit dir war
Und dass du mit der rechten Wahrheit warst.
Hatte Ali durch noch so viel zu geben,
Tatsächlich sah er sie die Rippen von Fatima vernichten,
Sie schafften es, brutal zu ermorden seine Frau,
Und sie nahmen schließlich Mohsen das Leben.
Sie war die Meisterin neben Mohammed,
Fatima würde immer gesehen werden,
Diese ist die Tochter des Besten der Menschen,
Jetzt verfluche uns nicht Gott
Wegen der liebevollen Fatima,
Jetzt verfluche uns nicht Gott
Wegen der weinenden Fatima.

Aus welchem Grund wurde Fatimas Grab verborgen?


Denn ihr Lob ward von der Sure ul-Kawther offenbart.
Aus welchem Grund wissen wir nicht den Tag?
Fatima lag in ihrem verborgenen Grab.
Aus welchem Grund wissen wir nicht,
Wo sich das Grab von Fatima befindet?
Denn der Prophet Gottes würde sie immer segnen mit Lob.
Aus welchem Grund verdrehen sie die Wahrheit?
Denn Fatima starb in ihrer blühenden Jugend.
Ich will mich erinnern an die tragische schmerzhafte Geschichte,
Mich erinnern an die brennende Tür,
Die gebrochenen Rippen
Und die durchbohrenden Nägel,
Mich erinnern an die Tochter des Gesandten,
Mich erinnern daran, was passiert ist mit Fatima.
Ich will mich erinnern, was mit ihr geschehen,
Erinnern, was passiert ist mit unserer Mutter,
Erinnern an das traurige tragische Ereignis,
Erinnern an unsere Mutter und klagen,
Denn sie wird Mutter ihres Vaters genannt,
Von den Frauen in dieser Welt gab es keine bessere,
Sie war die beste von allen,
Eine bessere als unsere Mutter haben wir noch nie gesehen.
Imam Hassan, Imam Hussein, sprecht:
Vor der Tür hatten sie das Holz gestapelt,
Während hinter der Tür stand meine Mutter Fatima,
Sie schafften es dann, schnell zu verbrennen die Tür.
Dieses Ereignisses war ich Zeuge und sah es.
Fragt mich niemals, warum ich weine.
Dies geschah wegen meiner Mutter.
Ich lüge nicht, dass der Böse, der wilde Mann stieß die Tür auf,
So dass meine Mutter Fatima nicht mehr leben sollte.
Fatima sagte: Oh Vater, sie haben mir meine Rippen gebrochen,
Sie haben mir Schmerzen in allen Gliedern verursacht,
Er zwang mich und bohrte die Nägel in meine Brüste,
Von diesem Tag an, von diesem Tag an
Ich kann nicht mehr ruhen.
Der Mann war in der Welt von Satan gefangen,
Er verbrannte die Tür auf und mein Gesicht schlug er,
Dieser Mann war einfach nur böse
Und tötete den Fötus, den ich trug,
Er hatte mich auch getreten!
Sie haben vergessen, dass die Jünger Alis
Sind die auf der geraden und schmalen Spur.
Hassan und Hussain sind Waisen in einem jungen Alter,
Dieses Ereignis steht geschrieben auf jeder Seite,
Wir müssen der ganzen Welt sagen,
Was passiert ist, die Botschaft müssen wir weltweit senden.
Oh ich werde es euch senden,
Was unserer Mutter Fatima passiert war,
Sie verursachten den Tod von Alis Frau,
Und auch das schnelle Ende von Mohsens Leben.

Stehend mit einem Strick um den Hals,


Still noch ein stummer Schrei kann von mir
Und dem Engel
Und Gott kennt Fatima,
Dieweil sie hielt ihre Rippen,
Zu hören ist ihr Weinen:
Mohsin ist verloren!
Das Haus brennt!
Schreiend laut, Schweigen, Stille.
Mein Ali, unruhig stehend,
Unfähig, irgendetwas zu tun,
Zwei Kinder und der junge unschuldige
Enkel des geliebten Propheten,
Weinend Tränen, oh so viel Weh!
Meine Mutter! schrie Hassan,
Mein Vater! schrie Hussain.

Kann jemand mir geben ein Auge,


Mit dem ich Tränen vergieße
Über die Schwere dieser Tragödie,
Liegt mit gebrochenen Rippen Fatima?
O Liebhaber ihrer Heiligkeit,
Fragt mich nicht nach der Macht der Nägel,
Die durch die Brüste meine Herrin gebohrt wurden!
Es genügt, dass es euch bekannt ist,
Und ihre tragische Fehlgeburt!
Weint, o Liebhaber, weint über Fatimas Einsamkeit!
Alle Augen sind mit Tränen überfüllt,
Wendet eure Augen ab vom Verfluchten,
Der Fatimas strahlendes Gesicht zerschlagen
Durch Schläge auf des Propheten Geliebten,
Qualvolle Schläge.
Die Hand, die Fatima zu schlagen wagte,
War in der Tat die sehr böse Hand,
Die den Griffel Gottes beschädigt!
Weint, o Liebhaber, weint über Fatimas Einsamkeit!
Wie kann ich den Kummer erzählen,
Dass die Beine der Gegner zittern?
Wie kann ich nicht über ihre Unterdrückung trauern,
Wenn ich höre die Engel sie beklagen?
Wie könnte ich mich mit der Hand anfreunden,
Die des Propheten Geliebte dem Erdboden gleichgemacht?
Wie kann ich es ertragen, zu sehen
Den Fürsten aller Gläubigen
Mit dem Ausdruck seines Grams
Auf dem Wasser gehen?
Weint, o Liebhaber, weint über Fatimas Einsamkeit!
Sei Zeuge, o Gott, des Hauses,
Das beim Betreten deine Engel grüßten;
Es ist inzwischen ein Trauer-Ort geworden.
O Gott, die Schwelle, die dein Prophet küsste,
Ist jetzt der Boden für Brandasche.
Weint, o Liebhaber, weint über Fatimas Einsamkeit!

Der Muslime tiefe Schmerzen!


Ihr geliebter Prophet ist verschieden!
Und vor allem für seine Freunde und Verwandten
Ist es ihres Lebens traurigster Tag.
Einer Dame, die seine Tochter,
Der vor allem das passiert, ist das eine Heimsuchung.
Sie war die Nächste ihrem Vater.
Leider! Ihre Probleme haben gerade erst begonnen.
Was in den Augen des Propheten ihr Status war,
Leider haben die Menschen das vergessen.
Sie sollte von uns allen respektiert werden.
Aber eine harte Behandlung wird sie erfahren.
Jeder hatte gehört, wie ihr Vater sagte:
„Meine Tochter ist ein Teil von mir.“
Für ihre Sicherheit würde er oft beten;
Viele aber wollten sie nicht, sie sollte jede Qual ertragen.
Aber seine Worte stießen auf taube Ohren,
Als seine Anhänger in die Irre gingen.
Und es wurden die schlimmsten Befürchtungen realisiert,
Weil seine Botschaft missachtet wurde.
Jeder neue Tag bringt ihr neues Leid
Und nur ein paar Monate wird sie noch leben.
Jede Nacht macht sie sich Sorgen um ihr Leid.
Ihrem Peiniger kann sie nicht verzeihen.
In ihren letzten Tagen ward sie weinend gesehen.
Die ganze Nacht lang lag sie wach, sie schlief nur selten.
An ihre Sorgen muss sie immer denken.
Die Wunden in ihrem Herzen sind so tief.
Die Gedanken an ihren Vater allein verursachen Tränen,
Die aus den Augenquellen fließen,
Und was wird mit ihren Kindern geschehen?
Welches Schicksal haben sie zu erwarten?
Seid freundlich zu ihnen und kümmert euch um sie!
Das will sie für ihre armen Kinder,
Denn sie wird nicht mehr in der Nähe sein
Und sie werden bald Waisenkinder sein.
Als sie die Zeit damit verbrachte zu weinen,
Ihre Nachbarn kamen und beschwerten sich.
Aber schau! Sie liegt bereits im Sterben.
Eure Beschwerde wird vergeblich sein.
Und der dunkle Moment kommt schließlich
Und führt sie zu ihrem himmlischen Aufenthaltsort.
Trocknet eure Tränen, Kinder,
Seht ihr sie euch verlassen mit schwerem Herzen.
Die Hände zitternd und mit großer Angst
Trägt Ali sie weg im Sarg während der Nacht.
Und er sorgt dafür, dass ihr letzter Wunsch erfüllt wird.
Sie wird ruhen fern von jedermanns Sicht.
So ist von dieser Welt für immer verschwunden
Die Mutter der Kinder so mutig!
Aber warum wurde sie begraben in einer Weise,
Dass niemand kennt ihr Grab?

Dein schwarzer Schleier,


Von Trauer Gesättigte,
Umhüllt deinen Körper aus Licht.
Er verschleiert dich
Unseren schamlosen Augen.
O Herrin des Himmels,
Wie bist du zu Fall gekommen?
O Geliebte,
Wie bist du gekommen und schnitztest
Auf der Ebene von Kerbala
Jeden Teil von dir
Zum Lobe Gottes,
Trotz deiner außergewöhnlichen Schmerzen.
Warst du nicht die,
Die der Prophet begrüßte?
Sind nicht deine Wangen
Rot vom tropfenden Blut,
Die berührten seine geliebten Lippen?
O stille Kriegerin,
Wie bist du gegangen
In die Zelte,
Angriffe erduldend
Auf deine Nachkommen,
Hörend auf ihre Gebete,
Während deine Fußspuren lagen
Unsichtbar auf dem Sand.
Deine Tränen fallen
Unbemerkt.
Wer war da, dich zu schützen,
Als Hussain fiel?
Wer war da, dich zu trösten,
Als Hussain um Hilfe schrie?
Und wer hörte deine qualvollen Schreie,
Als Pferde zertreten Stück um Stück
Seinen leblosen unschuldigen Körper?
Friede deiner Geduld, meine Herrin!
Friede deiner Nachsicht,
O Dame, die erhoben wurde
Von ihren Fundamenten,
Als die Kalifen kamen zu dir.
Siehst du nicht?
Der purpurne Himmel verbeugt sich vor dir,
Die blutende Erde versucht, dir zu gefallen,
Sünder betteln um deine Vergebung.
Dein seidenes Haar zeige den Trunkenbolden,
Deine Schönheit offenbare,
Schön wie Zainab,
Deine Würde und Ehre ist groß,
Wenn auch von den Ungläubigen gepeitscht,
Von den Ungläubigen verhöhnt,
Betastet von Ungläubigen.
Dein Sohn versucht, dein Bild zu schützen,
Dann, wie musstest du ihre schleimigen Hände
Auf deinen Wangen ertragen,
Die Nägel drangen in dich,
Der Betrunkenen Atem berührte deine Haut.
Mit deiner Töchter Seelen
Wurdest du auf ein Kamel gezwungen,
Ausgetrocknet und hungrig,
Vorgeführt, geschlagen, ausgepeitscht,
Missbraucht, zu Boden geschleudert,
Man warf Essensreste auf dich,
Du wurdest bespuckt,
Man hatte Steine geworfen
Auf die Königin des Himmels!
Wie bist du zu Fall gekommen?
O Königin der Herzen!
Deine Worte trafen auf taube Ohren,
Dein seidenes Haar flocht einen Fluch auf sie,
Wie du verkündetest
Die Botschaft des Vaters,
Du ließest die Gegner ohne Argumente.
Eine Masse von erbärmlichen Würmern,
Von deinen Strahlen getötet!
Ich weine um dich, meine Dame,
Ich weine für dich.
Und ihr, die ich noch nie wirklich geehrt habe,
Kommt wie Sklaven gedemütigt
An meine Seite
Und sammelt meine Tränen
Für meine eigene Rettung.

Die Knospe, entfaltet für uns


Durch Gottes Wort,
Aufschlussreich ihr Duft,
Der uns verzaubert,
Parfüm unsern Köpfen,
Verführerische in Richtung Paradies...
Oh, es stieg von Gott
Die Zartheit und Sanftheit dein herab,
Macht Bienen aus deinen Jüngern,
Bereit, für ihre Königin zu sterben.
Deine Liebhaber werden vernichtet,
Aber deinen Duft bewahren sie.
Während Ali sah,
Wie sie dich unterdrückten,
Die Tränen aus den Augen
Strömten, Ursache
Der verwelkten Blütenblätter,
Um wieder zu wachsen,
Bewässerung des Bodens der Geburt
In Trauer.
Wie du auf den Boden sankest,
Wir waren voller Fragen,
Welcher Staub dich wiegte.
In Medina verloren,
Summend hin und her,
Wir versuchten vergeblich,
Deinen Duft zu riechen.
Du wurdest besiegt
Durch Omars Hand.

Ich habe mich immer danach gesehnt,


Die Gedanken zu präsentieren,
Den Schmerz, die Qual,
Die Fatima nach dem Heimgang ihres Vaters
Aus der Sicht eines Liebhabers erduldet.
Ich bin jemand, der innig bewundert Fatima.
Doch so sehr ich es versuche, ich sehe keinen Erfolg.
Letzte Nacht, als ich nahm meinen Stift vom Tisch,
Hatte ich nur ein Ziel: ein Gedicht
Für die Dame des Paradieses zu komponieren.
In meinen Augen und meiner Vision
Ich im Denken ihre Persönlichkeit zu segnen begann.
Aber wie immer ich die Worte formen wollte,
Keine Worte standen auf dem Papier.
Ich frage mich oft, was für Sünden ich begangen habe,
Dass mein Herz kann seine Gesten nicht ausdrücken,
Dass meine Hand nicht schreiben kann
Und meine Gedanken erzählen.
O Gott! Wenn ich Fatimas Grab nicht besuche,
Gib mir wenigstens fließende Worte!
Das ist mein Flüstern, mein Gebet und meine Bitte.
Das Gedicht meiner Liebe zu dir,
Dass ich dich verewige,
O Dame des Paradieses!
An deiner Haustür
Ich habe einen Platz besetzt
Zum Wohle deines Hassan,
Lehne mich nicht ab.
Ich bin ein Diener,
Der von dir auserwählt werden will.
Wähle mich, auch wenn ich nicht würdig bin,
Denn deine Gnade geht weit hinaus
Über die Tinte meiner Feder.
O Fatima! Du bist die sanfte Brise der Morgenröte
Und ich eine einsame Wolke am Himmel,
Wartend darauf, von dir berührt zu werden.
O Fatima! Du bist der Anfang
Und die Erzeugung von Gerechten.
O Fatima! Von deinem Schoß
Zwölf Monde die Welten erhellen.
O Fatima! Durch deine Schönheit
Wird die Sonne gedemütigt.
O Fatima! Die Engel Gottes
Begeben sich in dein Zuhause.
O Fatima! Die Ecke deines Hauses
Ist der Ort, da sich sammeln die Engel.
O Fatima! Du bist Khadijas Reflexion,
Ein himmlischer Duft von Licht.
O Fatima! Propheten bewahren deinen Namen,
Propheten der Liebe, die du lebtest.
O Fatima! Du bist für Mohammed eine Frucht
Nach den Jahren der Not,
Eine Antwort auf seine Gebete am Vormittag,
Du bist eine Antwort auf die Sure Ad-Duha.
Darf ich dein Sklave sein?
In Gnade werfe mir einen Blick zu.
Vom höchsten Gipfel des Paradieses
Blick auf mein Herz,
Dass deinen schönsten Namen liebt, Fatima.

SECHSTES KAPITEL
FATIMA
Erste Rede Fatimas

Wehe denen, die es – und was für eine Regierung ist das eigentlich noch? –
aus dem festgefügten Grund der prophetischen Sendung herausgerissen
haben! Die Grundlagen der Prophetie und die Wiege des wahren Gottes
haben sie zerstört, und die Herrschaft mit all seinen Belangen in weltlicher
und religiöser Hinsicht haben sie dem Meister vorenthalten. Dies ist ein
großer Verlust! Warum nur haben sie sich an dem Gerechten gerächt? Bei
Gott! Sie verübeln ihm seine Unerbittlichkeit, das warnende Beispiel
seiner Rute und seinen heiligen Zorn, und all das, weil er nur Gottes
Willen tat. Bei Gott! Wenn sie sich doch nur über die Führung, die der
Geist Gottes ihm übertragen hat, hätten einigen können! Dann hätte er die
Zügel in die Hand genommen und sie auf den rechten Weg geführt, auf
dem niemandem Unrecht geschieht. Der Reiter wäre nicht hin und her
geschüttelt worden. Vielmehr hätte er sie zu jener Quelle geleitet, wo das
süße Wasser im Überfluss hervor sprudelt. Ohne Durst wären sie
schließlich von dannen gegangen. Im Geheimen und Offenbaren hat er
ihnen ins Gewissen geredet. Nichts anderes wollte er von ihnen, als dass
die Hungrigen satt würden und die Dürstenden genug zu trinken hätten. Er
hätte ihnen von Gott die Segnungen des Himmels und der Erde zuteil
werden lassen. Und so wären sie dann zur Rechenschaft gezogen worden.
Kommt und hört doch! Wenn du nicht blind bist, dann hat dich das
Schicksal doch wundersame Dinge erleben lassen. Wenn du dich wunderst,
würdest du dich da nicht auch über das Unglück wundern und darüber, bei
wem sie Zuflucht gesucht haben? An welchem Bund halten sie nur fest?
Welch schlechte Schutzherren! Was für böse Genossen! Und was für
Tyrannen sind die, die das Haupt durch den Schwanz ersetzen, den Nacken
durch den Arsch ersetzen! Manche meinen, diese Leute verdienten
Achtung, denn sie glauben, sie hätten etwas Gutes getan. In Wahrheit
jedoch sind sie dem Laster verfallen, auch wenn sie es nicht merken. Wehe
ihnen! Wem wohl sollte man eher folgen? Jenem, der die rechte Führung
gewährleistet, oder jenem, der dies nicht tut? Möge Gott die Menschen auf
dem rechten Weg leiten. Was glaubt ihr? Welche Entscheidung habt ihr
getroffen?

Zweite Rede Fatimas


Ich preise Gott für seine Gnade und Liebe und danke ihm für das
Gelingen, das er uns gewährte, wie auch für seine mannigfaltigen guten
Gaben, die grenzenlos sind. Sie sind so zahlreich und vielfältig, dass wir
uns für sie nicht in gebührender Weise erkenntlich zeigen, sie nicht voll
ausschöpfen und sie nicht vollkommen begreifen und fassen können. Er
erwartet von uns, dass wir seine Gnade und Liebe zu schätzen wissen und
ihm dafür danken, auf dass er sie noch um weiteres vermehrt. Er will, dass
wir ihn preisen, auf dass er uns noch mehr mit seiner Gnade beschenkt. Ich
bezeuge, dass der Herr der wahre, lebendige Gott ist! Es ist die Heiligkeit,
die dem Bekenntnis zu Gott - das die Herzen bezeugen und das Geist und
Denken erhellt - Wahrheit und Lebendigkeit verleiht. Er schuf die Welt aus
dem Nichts und bedurfte ihrer Entstehung nicht. Er schuf sie nach seinem
Willen. Mit ihrer Erschaffung verfolgte er keinen eigenen Nutzen. Er schuf
die Welt, um seine absolute Souveränität zu beweisen und um seine
Geschöpfe zu lieben, um seine Allmacht zum Ausdruck zu bringen, um
seine Geschöpfe zu veranlassen, ihn anzubeten und zu lieben, um seinem
Wort Majestät und Nachdruck zu verleihen! Ich bezeuge, dass mein Vater
Knecht Gottes ist! Bevor er ihn aussandte, erwählte er ihn. Bevor er ihn
erschuf, nannte er ihn mit seinem Namen. Lange vor seiner Ernennung
zum Propheten erwählte er ihn, zu jener Zeit, als seine Geschöpfe noch in
der Welt des Verborgenen weilten und noch nicht hervorgegangen waren.
Da Gott über das Zukünftige weiß, Kenntnis hat über das, was geschieht,
und im Bilde ist über die Geschicke, hat Er den Gesandten gesandt, auf
dass dieser sein Gebot erfülle, seine Anordnung durchführe und in die Tat
umsetze seinen Willen. Die Menschen waren in ihrer Religion uneins
geworden, brannten im Feuer des Unglaubens und der Ahnungslosigkeit.
Sie beteten Götzen an und beachteten nicht die Weisungen des Schöpfers,
des Herrn. Das segensreiche Wirken des Knechtes Gottes erhellte die
Finsternisse und beseitigte Dummheit und Ignoranz der Herzen. Mein
Vater erhob sich, um die Menschen richtig zu leiten, um sie aus ihrer
Verirrung zu erretten. Er nahm ihnen Blindheit und ließ sie sehend werden.
Er führte sie dem Glauben zu und lud sie ein zum rechten Weg. Daraufhin
nahm Gott seinen Gesandten in Gnade und Liebe zu sich. Und nun ist
mein Vater verschont von den Unzulänglichkeiten dieser Welt und weilt
gemeinsam mit den Engeln in der Gegenwart Gottes, des gnadenvollen
Herrn, eingetaucht in seine Liebe. Gesegnet sei der Prophet, der
Aufrichtige, Wahrhaftige, der auserwählt wurde, um die göttlichen
Offenbarungen zu empfangen und zu verkünden. Ihr Leute! Ihr seid
Bewahrer dessen, was Gott gebot und untersagte. Ihr seid ausgerüstet mit
der Religion und den Belehrungen des Knechtes Gottes. Seid aufrichtig
und verlässlich gegen euch selbst. Ihr seid es, welche die Religion den
anderen Völkern in Liebe zu verkünden habt. Der tatsächliche Statthalter
Gottes ist unter euch. Gott hat euch zuvor dazu verpflichtet, ihm zu folgen.
Er ist das sprechende Buch Gottes, wahrheitsgetreu dem göttlichen Wort
und leuchtendes Licht. Sein geistiges Auge ist hell und strahlend, sein
Inneres klar und offenkundig wie sein Äußeres. Das, was er in seinem
Herzen hegt, entspricht seinem Tun und seinen Worten. Seine Anhänger
fordern seinen Amtsantritt, aber ihm zu folgen bedeutet, von ihm ins
Paradies geführt zu werden. Wer seinen Reden lauscht und seinem Wort
gemäß handelt, findet Errettung. Sein segensreiches Dasein lässt die
strahlenden Zeichen Gottes erkennbar werden. Mit seiner Hilfe sind die
klaren Beweise und Gesetze und all das, was uns als Aufgabe gestellt ist,
wie auch jenes, das uns als Empfohlenes empfohlen wurde, zu erfahren.
Gott gab uns die Religion, um uns von Hässlichem, Verderblichem und
Götzendienst fernzuhalten. Das Gebet gab er uns zur Pflicht, damit es uns
gegen Hochmut schütze. Das Almosen hat er uns aufgetragen zur
Läuterung unserer Seele und um des täglichen Brotes aller willen. Das
Fasten ordnete er an zur Kräftigung unserer Reinheit. Und die Wahrheit,
die zu suchen er alle seine Geschöpfe verpflichtete, bestimmte er zur
Festigung und Untermauerung des Glaubens an den wahren, lebendigen
Gott. Die Gerechtigkeit dient der Ordnung und dazu, dass sich die Herzen
in Liebe näher kommen. Geduld und Langmut rufen das Wohlgefallen
Gottes hervor, und das Gebot „Gutes tun und Schlechtes meiden“ setzte er
im Sinne des Allgemeinwohls zur Pflicht. Respekt und Güte gegenüber
den Eltern führen dazu, dass sich Söhne und Töchter nicht deren
Missfallen und Zorn auf sich ziehen. Er empfahl, dass wir uns um unsere
Eltern kümmern, etwas das zu einer längeren Lebensdauer führt. Treue
gegenüber Versprechen bezeichnete er als Anlass zu Vergebung, und um
Hässlichem und Verderblichem vorzubeugen, untersagte er den Genuss
von Drogen. Das Vermeiden von Verleumdung, Lästerei und Unzucht
schützt gegen Verdammnis, und nicht zu stehlen und zu rauben, dient der
Redlichkeit und Keuschheit. Um der Lauterkeit der Herzen willen
untersagte er Abgötterei und Götzendienst. Folgt den Weisungen und
Geboten Gottes also und bedenkt, dass es die Wissenden und Weisen sind,
die Gott in Ehrfurcht ergeben sind. Ich bin Fatima und mein Vater ist der
Knecht Gottes.
Josef Maria Mayer - Dichtungen
Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
TAGEBUCH

Von Josef Maria Mayer

Dienstag, 10.6.2014

Ich hörte die Botschaft Gottvaters an Mutter Eugenia. Der Vater sagte, sein
Kind sollte sich doch nicht so übertrieben vor ihm fürchten. Er sei der
beste aller Väter, sei Liebe und Barmherzigkeit, liebe noch mehr als die
leibliche Mutter. Er sei kein schrecklicher Vater, sondern einer, der
glücklich ist, mit seinem Kind zusammen zu sein.

Im Traum sah ich Milan, der auf meinem Arm war, aber herunter wollte.
Wir sahen uns ein Foto an, da ich mit Milan, Simon und Juri
photographiert war. Auch sollte es in der Fotoausstellung ein Foto geben,
auf dem ich Evi die Hand küsste. Evi trauerte um ihren gestorbenen Mann
und sagte, er warte jetzt im Himmel auf sie. Ich war eifersüchtig, denn im
Himmel wollte ich doch mit Evi zusammen sein.

In der Messe: Das Leben kann noch so katastrophal aussehen, wenn nur
die Liebe groß ist, dann lächelt Gott. Ich soll nicht arbeiten, damit die
Menschen mir applaudieren, sondern um Gott zu erfreuen. – Vortrag über
Mechthild von Helfta. Während das katholische Mittelalter von der
Rechtfertigung durch Verdienste sprach, sprachen Sankt Mechthild und
Sankt Gertrud von der Rechtfertigung aus reiner Gnade. Jesus sagt: Sei
nicht traurig, denn alles was mein ist, das ist auch dein.

Mittwoch, den 11.6.2014

Ich war von Tom eingeladen, er diktierte mir eine Geschichte von einem
vorweltlichen Kampf zwischen Drachen und Menschen, der dann plötzlich
im Mittelalter ausgefochten ward. Auf der einen Seite stand der Goldene
Drache, auf der anderen Seite der siebenjährige Knabe Raffi, der im Traum
eine Prophezeiung hörte, da er berufen wurde, die Menschen von den
Drachen zu erlösen. Es gab im Menschendorf auch einen Dorfältesten, den
nannte er herrlich naiv den Papst des Dorfes.

Ich las über Weltschöpfung und Paradieserzählung in den gnostischen


Schriften. Die Weltschöpfung geht auf den Fall der Sophia zurück, und in
der Paradieserzählung ist die Schlange der Heiland, der Erkenntnis bringt.
Es ist lästerlich, antichristlich, antigöttlich. Die Seele des Menschen wird
konsubstantiell mit der höchsten Gottheit gesehen. Ganz die Rede unserer
heutigen New-Age-Spiritisten.

Hoheslied Salomo: Er küsse mich mit den Küssen seines Mundes, heißt
auf plattdeutsch: He geev mi een Söten!

Pfingstsonntag um zwei Uhr in der Nacht hörte ich einen durchdringenden


Pfeifton im Hausflur und schaute nach, da kam aus ihrer Wohnung meine
neunzehnjährige Nachbarin im Negligee und schaute auch und es waren
volle weiße Brüste zu sehen. Ob das nun das Kommen des Heiligen
Geistes war?

Donnerstag, den 12.6.2014

Gestern Nacht hörte ich den arabischen Koran gesungen, sehr


wohllautende Reimprosa, es klingt etwa wie charismatischer
Zungengesang. Dann hörte ich Vertonungen der hebräischen Psalmen. Es
war mir als träte David als befreundeter Dichter zu mir. Meine
schwäbische Theologin sagte, im Neuen Testament schreibe vor allem
Lukas ein elegantes Griechisch.

*
Heute kam vom Karmel Sankt Josef von einer Schwester Maria Theresia
das braune Skapulier Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel. Ich hatte
mein Skapulier an Christi Himmelfahrt verloren. Auch hab ich mir eine
neue Halskette für die wunderbare Medaille gekauft, diesmal nicht aus
Silber (zu weich) und nicht aus Leder (wird vom Baden porös), sondern
aus Edelstahl. Dazu trag ich immer bei mir ein Neues Testament und einen
Rosenkranz aus Russland. Das ist meine geistliche Waffenrüstung.

Freitag, 13.6.2014

Tag Unserer Lieben Frau von Fatima. Tag des Antonius von Padua,
Schatzkammer der Bibel, Doctor Evangelicus. Gestern Nacht schrieb ich
über Mohammed und Zainab. Heute Morgen in der Messe sagte Jesus,
Ehescheidung erlaube er nicht, und wer eine Geschiedene heiratet, der
begeht Ehebruch. Nach Christi Gesetz hat Mohammed die Todsünde des
Ehebruchs begangen. Auch hörte ich heute morgen, wie Elia zum Herrn
sagte: Ich allein bin übrig geblieben.

Ein Baby in den Armen seiner Mutter jammert: Ich habe Hunger! Die
Mutter sagt: Mein Baby, ich habe Brüste voller Milch. Das Baby jammert
weiter: Aber ich habe Angst! Die Arbeitslosigkeit, die Sozialversicherung,
die Rente! Die Mutter sagt: Fürchte dich nicht, mein Kind, Ich-bin-da! –
So geht es dem Kind Gottes.

Ich habe auch geträumt, dass Karine mir ihre Kinder Juri, Milan und
Simon als meine eigenen Kinder geschenkt hatte, aber Evi wollte nicht,
dass ich auch für Tom ein wahrer Vater sei. Maria sagte mir mittags: Hör
auf zu weinen und zu klagen, bald wirst du deinen Sohn wiedersehen.

Samstag, den 14.6.2014

In der Messe Anbetung der göttlichen Aletheia. Den Tag mit Tom verspielt.
Evi zitierte ich Heine: In meiner Jugend nannte ich die Frauen oft
Schlangen wegen ihres tückischen Herzens, als ich älter wurde, merkte
ich, dass die Frauen keine Schlangen sind, denn sie können sich nicht alle
sieben Jahre häuten.

König Assa gefiel dem Herrn, er tat wie sein Vater David. Er setzte seine
Mutter Maecha ab, die dem schrecklichen Gott Miplezeth im Garten
gehuldigt. Der Talmud setzt Miplezeth dem Baal-Peor und dem Priapus
gleich, also einem Phallusgott. Andere meinen, Miplezeth (wegen der
weiblichen Endung) sei die Neumondsgöttin Asttarte-Hekate, schreckliche
Göttin der Hölle.

Es waren einmal eine Nonne, die von vielen für heilig gehalten wurde, und
eine junge Frau, die abgetrieben hatte. Aber die Nonne, trotz ihres großen
Wissens, sündigte immer wieder gegen einen der evangelischen Räte, und
die Frau, die abgetrieben hatte, bereute vor ihrem Tod und erbat Jesu
Barmherzigkeit. Beide starben am selben Tag. Eine Seherin sah in einer
Vision, dass die Nonne gerade eben am Fuß des Läuterungsberges war und
die junge Frau schon fast am Gipfel des Läuterungsberges, wo sich der
Garten Eden befindet.

Mutter Theresa von Kalkutta starb und flog direkt in den siebten Himmel,
wo Petrus sie begrüßte. Es gab zum Abendessen ein Spiegelei. Drei
Abende lang jeden Abend nur ein Spiegelei. Theresa sagte zu Petrus: Sankt
Peter, das gab es in Kalkutta auch. Sankt Peter sagte: Mutter, wir zwei sind
hier im siebten Himmel allein, da lohnt es sich nicht zu kochen.

Sonntag, 15.6.2014

Traum: Früher war die Kunst antiklerikal, heute soll sie ecclesiacal sein.

*
Gott grüßt Maria nicht unter dem Namen Maria, sondern ruft sie bei ihrem
„göttlichen Namen“: gratia plena, kecharitomene, das übersetzt Benedikt
XVI. mit „Geliebte“.

Ich verbrachte den Tag in Gottverlassenheit, seelischer Ohnmacht.

Montag,16.6.2014

Mein „amicus evangelicus“ versicherte mich seiner selbstverständlichen


Freundschaft. Doctor evangelicus ist mir Antonius von Padua und ihm
Wycliff. 17. Geburtstag von Evis Sohn Quentin. Evis Mann sagte: Lieber
Geldsegen als Kindersegen. Nachts höre ich Brecht-Weill-Opern.

Dienstag, 17.6.2014

Ein Adlerküken wuchs auf dem Hühnerhof auf und lebte wie ein Huhn mit
den Hühnern. Bis ein Mann den jungen Adler mitnahm auf die Berge und
ihm die Weite der Lüfte und die Sonne zeigte und sagte: Du bist ein Adler,
kein Huhn vom Hühnerhof! Gott hat dich geschaffen zu fliegen und in die
Sonne zu schauen! Lass die Hühner und Hühnerinnen auf dem Hof, du bist
ein Adler, flieg!

Mittwoch, 18.6.2014

Messe: Jesus sprach am Ende seines Lebens zu Thomas: Du hast gut von
mir geschrieben! Was wünschst du dir? Abends Vortrag über den seligen
Kaiser Karl, das Gottesgnadentum. Die Frau eines evangelischen Pastoren
ging auf in karitativer Aktion. Da sagte Jesus zu ihr: Lass dir von deinem
Mann noch einmal das Evangelium verkünden.

Donnerstag, 19.6.2014

Brief an Milan mit Atlantis-Kinderbuch und Märchen aus 1001 Nacht.


Fronlaichnams-Messe mit dem Papst: Der Vater gab mir „Manna“ zu
essen, göttliche Karitas in Manna verwandelt, zur mystischen Vereinigung.
Las den Propheten Hosea, mein Karine-Evangelium.
*

Don Quichotte hat sich bei Sancho Pansa zum Essen einladen lassen.

Freitag, 20.6.2014

Tom hatte schon die letzten zwei Tage versucht mich zu erreichen. Wir
fuhren mit dem Fahrrad in die Innenstadt, einen Piratenfilm für ihn kaufen.
Er ward froh und machte mich froh. Evi erzählte, sie habe in Not gebetet
und ihr Gebet sei erhört worden. Ich erzählte von des Papstes Stellung zur
Fußball-Weltmeisterschaft. Abends hörte ich einen Vortrag eines
Karmeliten über den Propheten Elias. Messe: Bruder Klaus hatte die
Vision eines Palastes, in dessen Mitte ein Brunnen war, aus dem Milch und
Honig sprudelten. Draußen vor dem Palast irrten die Menschen auf den
Märkten und interessierten sich nicht für die Gratisgabe Gottes.
Eucharistie als Milch und Honig der Hagia Sophia.

Nachts Ben Jonson The Forest auf englisch gehört. Himmel, wenn ich
sterben will, ist es vielleicht mehr aus Lebensüberdruss als aus Liebe zu
Gott.

Samstag, 21.6.2014

Traum von den Brüsten der Venus und einer jungen vornehmen Hure im
Bordell, mit der ich über den Krieg diskutierte. Heute ist Tom bei Milan zu
Besuch. Messe: Der Herr der Heerscharen wird alle meine Feinde
vernichten! Verbrachte den Tag im Gebet zu Panhagia Aphroditissa.

Sonntag, 22.5.2014

Mittagsmesse zu Corpus Christi: Jesus will mich in der Kommunion


empfangen. Jesus adores me! Seliger Tausch, Jesus ist Josef und Josef ist
Jesus. Jesus empfängt Josef in der Kommunion. Der eine ist glücklich im
Himmel, der andre leidet am Kreuz. Herr, ich bin du und du bist ich, mein
Blut ist dein Blut.

Montag, 23.6.2014
Morgentraum: Goethe sagte zu mir, ich solle nicht Protestant werden.

Evi fragte nach erstem und zweitem Schöpfungsbericht. Elohim sei El


(männlich) und him (weiblich), ein androgyner Gott, ganz anders sei der
Vatergott Jahwe. Jesus sei die Schlange und der Dämon Lilith eigentlich
ein Engel. Maria sagt: Die menschliche Dummheit ist manchmal maßlos.

Dienstag, 24.6.2014

Traum: Ich sollte eine Brosche selbst verzieren mit verschiedenen


Elementen. Von Glaube, Hoffnung und Liebe nahm ich nur die Liebe.
Mein Zentrum bildete das Antlitz einer goldlockigen Madonna, darüber
war ein rotes Herz.

Besuchte den kranken Tom und las ihm vor. Verkündete Evi den Namen
Jahwe: Jahwe wird zu Jeve, wird zu JVE, wird zu EVJ, wird zu EVI,
Jahwe Urbild und Evi Abbild. Jahwe wird zu Jah, JH, J ist der Gottgeist
oder transzendente Vater, H ist Hochmah oder Gottnatur oder immanente
Mutter. Milan kommt aufs Gymnasium.

Sah einen Film, da ein 65jähriger Witwer sich (keusch) mit einer
siebzehnjährigen Waise anfreundet. Traumhaft schön.

Ein Freund von Tom hat ihm gesagt, er mag ihn nicht mehr leiden und
konnte ihn noch nie leiden, er habe ihm nur vorgespielt, dass er ihn möge.
Ich zitierte Else: Menschen = Schweinebande.

*
Die schöne Maddel reist mit einer Freundin in die Mongolei, um dort zu
reiten.

Hörte von einer modernen Faust-Inszenierung ohne Teufel, ohne


Metaphysik. Die Hölle ist „das System“.

Gnosis: Die Schutzengel der Pneumatiker sind ihre Gefährtinnen und


müssen auch von Sophia Zoe erlöst werden und werden dann im
himmlischen Brautgemach den erlösten Pneumatikern vermählt.

Johannes der Täufer hat im Gefängnis die Finsternis der Seele erlebt, Jesus
schien so fern. Er war niedergeschlagen bis zur Depression. Er starb allein,
von allen verlassen.

Mittwoch, 25.6.2014

Acht Stunden den kranken Tom bemuttert. Messe: Maria liebt mich. Gott
ist ein Kind. Botschaft Mariens: Bete, und du wirst die Weisheit des
Lebens finden. Weisheit des Lebens = Sophia Zoe.

Donnerstag, 26,6.2014

Traum: Ich war in einer Kathedrale und sagte der lutherischen Pastorin
dort, ich wolle predigen, das habe ich bei den Pietisten gelernt. Ich traf
einen alten lutherischen Pastoren, der nur von der Weisheit sprach.
Morgenmesse: Das Internet nutzen, um die Schönheit Gottes zu
verkünden. – Solowjew nennt die Pflanzenseele eine träumende Seele. Evi
ist solch eine träumende Pflanzenseele. Ihre Träume sind poetisch, sie
träumt eigentlich vom Paradies. Ihre Gedanken geraten nicht, ihre
Philosophie ist absurd.

Freitag, 27.6.2014
Traum: Maria sprach zu mir: Du sollst durch die Spiritualität des Karmel
nicht hindurchgehen zu einer anderen Spiritualität, sondern in ihr
verharren. Morgengebet: Hesekiel 16, Jahwe ist mein Bräutigam.

Herz-Jesu-Messe: Während der Wandlung hörte ich Evi meinen Namen


rufen, sie stand unter meinem Balkon und war wunderschön und lachte
mich liebevoll an. Das war ein Geschenk des Herzens Jesu.

Ich hörte den Anfang von Hermann Hesses Steppenwolf, mit dem ich mich
identifiziere.

Samstag, 28.6.2014

Traum: Milan fuhr in einem kleinen Boot auf einem Kanal und kippte um,
er konnte nicht schwimmen. Sein mir verhasster Pflegevater sprang ins
Wasser, ihn zu retten. Ich sagte: Er ist ja schneller als ich gewesen, nun
muss ich nicht springen, ich wäre natürlich sonst auch gesprungen. Ich zog
Milan sein nasses Hemd aus, trocknete ihn ab und gab ihm mein Hemd,
das war zu groß für ihn, aber er zog es gerne an. Ich ging dann mit
nacktem Oberkörper neben ihm. Das ganze fand statt neben der
ostfriesischen Psychiatrie.

Den Tag mit Tom verspielt. Komme nach Hause, begrüßt mich Sophia.
Aber die Lobpreismusik konnte ich schon bei den Pfingstlern nicht
ertragen und kann sie auch bei der katholisch-charismatischen Jugend
nicht ertragen.

Sonntag, 29.6.2014

Papst-Messe zu Peter und Paul. Jesus fragt mich: Liebst du mich? Ich sage,
ich brauche dich, ich gehorche dir, ich frage nach deinem Willen, ich halte
deine Gebote, aber wie klein ist meine Liebe! Ja, wenn du eine Frau oder
ein Kind wärst! Ich liebe überhaupt niemand als Maria allein. Jesus, nimm
du meine Liebe zu Maria an. Wenn ich „Maria“ sage, sagt Maria „Jesus“.

Abends überfiel mich Sehnsucht nach Karine und ihren Kindern, ich war
bis zu Tränen wehmütig, sah Karines letzte Monate und die kleinen Kinder
wie in einem Film vor meinem geistigen Auge. Nur die Tanzmusik meiner
Jugend milderte die Trauer etwas.

Montag, 30.6.2014

Traum: Ich war in meiner Jugend der Minnediener der Frauen meiner
kommunistischen Freunde. Dann träumte ich von der sakralen Prostitution,
mit einer Hierodule zu schlafen, um mit der Liebesgöttin zu schlafen.

Höhlengleichnis in Platons Staat gelesen: Der erleuchtete Philosoph, der


die Idee des Guten schaut, lebt schon auf der Insel der Seligen, muss aber
hinab ins Elend der blinden Menschen, denn alle sollen erleuchtet werden.

Dienstag, 1.7.2014

Ganzen Tag müde. Vortrag über Hesekiel 16: Jahwe mein Bräutigam. Evi
kam aus dem Bad, wunderschön, schöne große Brüste. Mit Tom Lesen
geübt.

Mittwoch, 2.7.2014

Viel gelesen. Messe: Gott will nicht meine Lieder, nicht meine Messopfer,
sondern meine Gerechtigkeit. Mit Tom Lesen geübt und ihm vorgelesen.

Donnerstag, 3.7.2014

Traum: Jesus muss noch einmal gekreuzigt werden, diesmal als bloßer
Mensch und ohne den Sinn zu verstehen, aber noch grausamer leiden.
Dabei wird die Tochter Zion zur himmlischen Jerusalem. Dann träumte ich
von drei jungen Mädchen, mit denen ich flirtete. Dann war ich in einer
jüdischen Synagoge, bekreuzigte mich und sah an der Decke das Bild von
Gottvater etwa wie Michelangelos Gottvater bei der Erschaffung Adams,
und um Gottvater stand geschrieben: Ehre Gott am Morgen und Abend, im
Süden und im Norden, und sei immer heiter.

Messe: Fest des Apostels Thomas. Um Jesus zu begegnen, reicht nicht


Meditation und Studium, sondern man muss die Wunden Jesu berühren,
indem man die Armen, Notleidenden, Kranken, Schwachen, Kleinen
berührt. So nimmt Jesus alles, was ich für Tom tue, als für Jesus getan an.

Freitag, 4.7.2014

Traum: Ich war bei meinen Eltern, meinem Bruder und Frau und Freunden
und wollte unbedingt weg, aber man lies mich nicht weg. Da schwieg ich
und zog mich in mich selbst zurück. Bei erster Gelegenheit floh ich mit
Lao Tse’s Wasserbüffel durch Alaska und kam dann mit Stalins Roter
Armee nach Deutschland, wo ich mich mit den armen Deutschen
verbrüderte.. Zweiter Traum: Ich saß mit dem alten Goethe in einer
Kutsche und wir sprachen über antikisierende Literatur. Eine etwa
neunzehnjährige Frau mit langen blonden Haaren spielte nackt die
Aphrodite, ich glaube, ich sah auch Vater Zeus.

Aphrodite-Statuen und Bilder betrachtet. Invokation der Aphrodite auf


griechisch gehört. Meine Philologen-Freundin lobte meine antiken
Gedichte. Zwei Stunden mit Tom geplaudert. Sah Evi im Bett. Pralle
Brüste!

Samstag,5.7.2014

Traum: Meine Mutter schimpfte mit mir, ich solle ihr nicht so schwierige
Texte zu lesen geben. Mein Schwägerin sagte, ich solle mich mit meinem
Bruder aussprechen. Ich sah einen chinesischen Philosophen, der verrückt
war und wie ein Irrer zuckte. Ich saß mit Evi und ihren Kindern im Auto
und sagte, sie sei das Beste, was mir passiert sei, sie sei meine Verlobte,
wir lachten uns an, denn der Witz war, sie war schon mit jemand anderes
verheiratet. Ich hörte meinen evangelikalen Freund prophezeien, er gab
Worte Gottes weiter, die ich notierte, es waren viele Bibelsprüche darin,
aber er selbst zweifelte an der Bedeutung, weil nicht der Name Jehova drin
vorkam, sondern nur Gott.

Mein evangelikaler Freund hörte bei mir Radio Maria,er hörte die
Botschaft von Fatima und die Litanei vom Unbefleckten Herzen.

Sonntag, 6.7.2014

Besuch von meiner Mutter und ihrem Freund, wir waren im mongolischen
Restaurant.

Montag, 7.7.2014

Träumte von der Liturgie der Heiligen Messe. Ich bin süchtig nach Evis
Nähe.

War in der Innenstadt und ergötzte mich an den kurvenreichen Mädchen in


erotischer Sommerkleidung. Evi schüttete mir ihr Herz aus. Brachte Tom
ins Bett. Messe: Ich will mich mit dir verloben, spricht der Herr.
Gottgeweihtes Leben als Gefangenschaft durch die göttliche Schönheit.
Anbetung von body and blood of the divine beauty, Vereinigung mit dem
Körper der göttlichen Schönheit.

Dienstag, 8.7.2014

Vergaß gestern, zum lutherischen Bibelkreis zu gehen. Hab 12 Bände


Märchen aus 1001 Nacht gekauft.

Messe: Das Martyrium der Scheidung von der Konkubine, der


Ehelosigkeit, der Depression, des alltäglichen Wahnsinns!
*

Die Pastorin schrieb: Wir haben dich vermisst!

Mittwoch, 9.7.2014

Messe: Verehrung des heiligen Petrus. Als ich zu Tom fuhr durch Donner
und Blitze auf dem Fahrrad, rief ich Sankt Anna und Sankt Petrus um
Schutz an. Las Tom vor. Nachmittags Anruf von der lutherischen Mutter
Ilse, die schwer beeindruckt war von meinem Ilse-Poem und mich zu sich
einlud, über den Glauben zu sprechen. Tom meinte, die Schokolade
schmecke himmlisch.

Donnerstag, 10.7.2014

Samstag fährt Tom zu Milan. Ich kaufte für Milan Stevensons Schatzinsel.
Messe: Hosea 11: Ich lehrte ihn laufen, hob ihn an meine Wange wie eine
Mutter, aber er erkannte nicht, dass ich es gewesen, der ihn aufgezogen.
Morgentliche Bibellese: Jesus: Ich bin betrübt bis zum Tod. So war ich den
ganzen Tag traurig, fast ohnmächtig vor Traurigkeit.

Freitag, 11.7.2014

Morgengebet: Der Herr liebt, die ihn lieben. Ich habe dem Herrn den
Zölibat versprochen, der Herr ist mein Bräutigam, ich bin an keine Frau
und Kinder gebunden, ich bin nur an den Herrn gebunden und darum frei.
- Mein evangelikaler Freund schrieb: Danke für das schöne Bild der
Mutter Jesu (Sixtinische Madonna), du Evangelist schaffst es noch, mich
zum Marienverehrer zu machen.

Hab mich sehr über Evi und Tom geärgert, so lieblos, sie können noch
nicht mal Milan ein Buch von mir überreichen. Sie lassen sich gern beide
Hände füllen, machen aber keinen Finger für mich krumm. - Aber Marias
Haare wehen im Wind!

Samstag, 12.7.2014
Mittagsmesse: Der Seraph mit sechs Flügeln. Seraphische Kontemplation.
Die Flügel um die Füße: Gott erkennen in der Schöpfung und den Sinnen
des Menschen. Die mittleren Flügel: Gott erkennen in der Ratio des
Menschen, in Denken und Sprache. Die oberen zwei Flügel: Gott
unmittelbar erkennen durch die Vernunft als den Einen Gott und durch den
Glauben als Dreifaltigkeit. Nach diesen sechs Meditationen kommt als
siebente Stufe die mystische Union.

Abendmesse: Eine Stunde Liebeserklärung an die heilige Aphra und


Kommunion mit ihr. - Gut ist Arbeiten, besser ist Beten, am besten ist
Leiden. Nachts Gebet zu Karine.

Sonntag, 13.7.2014

Mittagsmesse: Jahwe schüttet den Samen des Logos in den Schoß meiner
Seele, Befruchtung, Vereinigung. Jahwe ist Panspermia voll Potenz und
Akt. Abendmesse: Ich muss Christi Kreuz tragen, mitgekreuzigt zum
Miterlöser werden. Die mystische Fruchtbarkeit aufgeopferten Leidens. -
Meine Schwäbin rief an und lobte meine antiken Gedichte. Dem
mitternächtlichen Gebrüll zufolge ist Deutschland Fußballweltmeister.
Gerade heute vollendete ich mein Buch Germania. Aber ich verachte den
Fußballpatriotismus des Pöbels. Was wissen sie von Bach, Luther, Goethe,
der Edda und dem Nibelungenlied?

Montag, 14.7.2014

Den dritten Tag im Fegefeuer. Qual und Kummer. Nur dass ich abends
Tom füttern und ins Bett bringen durfte, tröstete ein wenig.

Dienstag, 15.7.2014

Von Putzfrau aus dem Bett geworfen. Mittagsmesse: Anbetung der Hagia
Sophia anlässlich des heiligen Bonaventura. Dann zwei Stunden bei
spätbekehrter lutherischer Witwe. Sie hatte etwas Angst vor meiner
Gelehrsamkeit, ob man mit mir auch schlicht plaudern könne. Sie liest
Brüder Karamasow. Die Pastorinnen sind ihr zu lau. Dann Tom gefüttert,
ins Bett gebracht. Tom aß das Abendbrot im Liegen, ich sagte ihm, Jesus
habe auch immer im Liegen gegessen. Dann überlegten wir, was Maria
dem Jesuskind wohl zu Naschen gegeben hat.

Mittwoch, 16.7.2014

Erotischen Traum von Evi, die schlank war und durchsichtig angezogen.

Messe Unserer Lieben Frau vom Karmel. Ich trage ja das Skapulier, bin ihr
geweiht, ihr Eigentum.

Tom, essen, spielen, Schulaufgaben, Vorlesen, ins Bett bringen. Mich über
Evis Dummheit geärgert. Sie verwechselte Patriotismus mit
Eroberungskrieg. Frau Torheit überall! Die Schwäbin rief an und lud mich
zu sich ein, ich sagte ab.

Donnerstag, 17.7. 2014

Der Herr gewährte mir einen Sabbat-Tag.

Eske! Eskol heißt Weintraube, Nachan Eskol heißt Traubenbach. Eskol,


der Bruder Mamres, ist der Weingott. Eskol ist ein Amoriter im Bund mit
Abraham, im Krieg gegen Sodom und Gomorrha. Als die Kundschafter
das gelobte Land erkunden, kommen sie ins Tal Eskol, wo eine Weintraube
so groß ist, dass zwei Männer sie tragen müssen. Eskol ist der Heros der
Weinernte.

Freitag, 18.7.2014

Abends kam Evi mit Tom und Quentin. Hörte nachts 1001 Nacht.
Samstag, 19.7.2014

Traum, ich besuchte Oma, kochte Nudeln, bot ihr an, für sie einkaufen zu
gehen. Dann gingen Oma und ich auf Baltrum spazieren.

Sonntag, 20.7.2014

Auf Toms Bitte hin war ich mit ihm in Kino, Wikinger gegen Drachen.
Erzählte ihm von Kolumbus, der die Kartoffel, und Marco Polo, der die
Nudeln brachte. Nachts Weihnachtspredigt von meinem evangelikalen
Freund gehört. Wie unbefriedigend der Biblizismus, am Buchstaben
klebend, ohne Kenntnis der Tradition.

Montag, 21.7.2014

Gestern Nacht beim Wein phantasierte ich mir meine Grabrede zusammen.
Nachts träumte ich, auf meiner Beerdigung würde eine lateinische Messe
gefeiert.

Lutherischer Bibelkreis über die Taufe.Die Bedeutung der Taufe ist mir
immer noch nicht klar. Die Pietistin, die ich letzte Woche besuchte, sage,
sie hätte eine Woche lang über meine Worte nachdenken müssen und
fragte mich nach der Marien- und Heiligen-Verehrung. Dann Plaudern mit
Evi, Kartenspiel mit Quentin und Tom, Tom vorgelesen seinen nordisch-
mythologischen Roman. Tom kann sehr gut zeichnen. Er hat Dürers Hasen
nachgezeichnet.

Dienstag, 22.7.2014

Maria Magdalena kam in der Messe.Vortrag: Gott ist Geist, Licht, Liebe.
Es gibt das Licht der Sonne, der Vernunft, des Glaubens, der Gnade, der
Herrlichkeit. Abends mit Tom gespielt, gescherzt, vorgelesen, ins Bett
gebracht.

Mittwoch, 23.7.2014
Morgengebet für antichristlichen Terror in Irak, Krieg zwischen Juden und
Palästinensern, Antisemitismus in Deutschland und Europa, Bürgerkriege
in Syrien und der Ukraine. Ich möchte vor der Tagespolitik in die
altchinesische Geisteswelt fliehen.

Messe, Brigitta von Schweden, ihr erschien Maria und sagte: Ich bin die
Himmelskönigin und schütze den Garten meiner Seelen vor den Stürmen
der Versuchung. Berufung Jeremias zum Völkerpropheten. Todestag
meines Vaters. Hörte Vortrag über die Salbung, die uns alles lehrt, den
inneren Meister. Las Tom vor und brachte ihn ins Bett. Hörte Vortrag von
jesuitischem Philosophen über die Demut Gottes.

Donnerstag, 24.7.2017

Traum von junger schlanker Frau mit schwarzen Löckchen, die mich
küsste, dann trat sie im Zirkus auf als Hochseilartistin und tanzte ein
Ballett, das Leben Jeanne d'Arcs.

War in der Innenstadt, junge Mädchen anschaun. Kaufte für Tom Ton zum
Modellieren. Las Tom vor und brachte ihn ins Bett. Hörte nachts Vortrag
über die göttliche Agapé.

Freitag, 25.7.2014

Zum Morgengebet Hiobs Weisheit und Miltons Psalmen. Debuussy gehört.

Abends Tom ins Bett gebracht. Er wird in der Schule ausgegrenzt, keiner
spielt mehr mit ihm. Ich segnete ihn.

Samstag, 26.7.2014

Karines Mutter besucht, die voller Schuldgefühle ist. Evi gesegnet, die
voller Minderwertigkeitskomplexe ist, sie bedankte sich für den Segen.
Tom ins Bett gebracht. Gestern nacht hab ich zu Karine gebetet. Traum in
der Nacht: Papst Benedikt XVI urteilte sehr wohlgesinnt über meinen
Vater.

Sonntag, 27.7.2014

Traum: Der Vater singt dem Sohn ein Liebeslied, der Sohn singt dem Vater
ein Liebeslied, der Heilige Geist ist das Liebeslied. Der Vater liebt den
Sohn wie einen zehnjährigen Jungen.

Vortrag über die göttliche Milde. Messe: Gott gibt Salomo Weisheit.

Nachmittags war Tom bei mir. Evi erzählte, mein Segen hätte ihr eine
Feier der Liebe beschert wie auf einer Paradiesinsel.

Eine äthiopische Jüdin und eine äthiopische Christin hatten beide einen
Sohn. Der Sohn der Jüdin starb vor Hunger. Da wurde die Jüdin in den
neuen Staat Israel geholt. Die Christin gab ihren Sohn der Jüdin mit, denn
sie konnte nicht für ihr Kind sorgen. Und so hab ich Milan weggegeben.

Ein Mönch sagte: Die Eltern wollten ein Kind und du kamst. Der Vater
wollte vielleicht einen Nachfolger bei der Sparkasse und sagte sich: Alles,
was der vom Geld versteht, ist es zu verschwenden. Das ist nicht mein
Sohn. Du hast vielleicht eine musische Begabung.

Montag, 28.7.2014

Messe: Ich bin Gottes Lendenschurz! - Versuche, Tom in einer


Kunstschule unterzubringen. Las Tom vor und belehrte ihn über die Sinne,
die Elemente, die Himmelsrichtungen, die Schöpfung von Raum und Zeit
aus dem Nichts, das Geheimnis der Gegenwart zwischen Zukunft und
Vergangenheit. Sah die wunderschöne Helene, so schlank, so groß, blonde
Locken, eine griechische Nymphe oder Grazie.

Dienstag, 29.7.2014

Tom versucht mich emotional zu erpressen, dass er Unmengen Schokolade


bekommt. Evi trug einen langen weißen Rock. Vortrag über Gregor von
Nazianz und Basilius den Großen. Grabtuch von Turin und Jungfrau von
Guadelupe von der Wand abgenommen. Mein Ideal sind Botticellis
Madonna mit dem Granatapfel und Venus auf der Muschel.

Mittwoch, 30.7.2014

Mit Tom gespielt. Freude und Liebe! Er hat eine Note 1 in Kunst. Gott hat
dem Abraham für den geopferten Isaak einen Widder gegeben, mir gab
Gott für den geopferten Milan Tom, der nun langsam vom Knaben zum
Jüngling wird.

Donnerstag, 31.7.2014

Mit Evi und Familie am Weserstrand gespielt, gescherzt, geliebkost und


köstlich gespeist. Ein romantischer Natur-Urlaub. Hatte Sehnsucht nach
Karine. Doch nach Mitternacht rief die Schwäbin an und plagte mich,
indem sie all ihren Unmut bei mir ablud.

Freitag, 1.8.2014

Messe: Woher hat er all diese Weisheit? Abendmesse: Ausruhen und neue
Kraft schöpfen am Herzen Jesu, Entspannen im Heiligen Geist.

Samstag, 2.8.2014

Messe: Erneuerung des Gelübdes, also der Ehe mit Hagia Sophia. Mit Tom
gespielt. Abends Film mit junger schöner Berliner Schauspielerin. Vortrag:
Im Himmel werden alle Frauen jung und schön sein.

Sonntag, 3.8.2014

Messe: Evangelisation der Armen, füttere sie mit Brot, mit Liebe, mit Gott.
*

Den ganzen Tag mit Tom gespielt, ihn ernährt, ihm Freude bereitet.

Montag, 4.8.2014

Zwei Predigten über Sankt Debilissimus gehört, mit dem ich noch nie was
anfangen konnte. Lutherischer Bibelkreis: Ihr seid das Licht der Welt. Die
Lutheraner lehnen die guten Werke ab. Mehr Stress als Freude. Hätte
lieber mit Tom Karten gespielt.

Film gesehen von einem französischen Mann, etwa vierzig, der in eine
sechzehnjährige blonde Französin im Minirock sich verguckte. Vortrag
gehört von einem der Seher von Medjugorje. Abgesehen von der
monatlichen Beichte erfülle ich die Gebote der Gospa. Sie empfahl jetzt
vor allem die Heilung der Familie, der Kinder. Bin vernarrt in Tom. Bin
verliebt in die Madonna von Botticelli, Madonna ist jung und schön, sie zu
sehen heißt im Paradies zu sein. Höre Blues.

Dienstag, 5.8.2014

Traum: Ich war mit Karine bei einer Ärztin, trug in einer Phiole Karines
Blut. Dann kam Milan, der von seinem Pflegevater weg zu mir wollte.
Dann sah ich Simon, der vulgär-ordinär sprach, dafür schlug ich ihn. -
Heute vor dreizehn Jahren, am 5.8.2001 hab ich mich in Lourdes mit
Maria verlobt.

Marien-Messe: Die himmlische Jerusalem als geschmückte Braut, die


gebenedeite Judith und: Selig sind die Brüste, die du gesogen hast, und
selig ist der Schoß, der dich getragen hat. Die Gottesmutterschaft Mariens
spiegelt die Mutterschaft der göttlichen Liebe wieder.

*
Mit Tom Karten und Ball gespielt. Nachts Vorträge von einem
Jugendfestival aus Medjugorje.

Mittwoch, 6.8.2014

Traum von Karine: Ich trank mit einem Amerikaner guten französischen
Rotwein. Wir liebten beide Anna, das heißt Charme und Grazie. Dann sah
ich Karine, sie wollte mit russischen Reitern nach Sibirien, einen neuen
Zaren zu inthronisieren. Ich segnete sie mit einem Kreuzzeichen auf der
Stirn. In Wahrheit aber heiratete sie den anderen Mann. Ich schrieb in ein
Buch zu ihrem Totenangedenken eine klopstocksche Ode und tröstete mich
mit klassischen Tragödien von Shakespeare, Goethe und Puschkin.

Gott im Morgengebet verweist mich auf den Erzschenken. Tom ist noch
da.

Mit Tom gespielt. Dann Vortrag gehört über Evangelisation durch Kunst
und Vortrag über das Leben Edith Steins. So segnete mich Gott. Nachts
schwermütig Schuberts Winterreise gehört.

Donnerstag, 7.8.2014

Psychiater reduzierte Antidepressivum. Mit Tom gespielt, Tom und Evi


waren bei mir.

Freitag, 8.8.2014

Traum: Eine charismatisch-katholische Jugendgruppe überarbeitete ein


mittelalterliches Versepos oder Theaterstück, in dem Rhein-Nymphen und
der Herr der Heerscharen vorkamen. Morgengebet: Anbetung der
göttlichen Liebe. Gott gibt mir ein weises Herz.

*
Messe: Kunst als Evangelisation, nur für Gott, darum nicht enttäuscht sein,
wenn der Ruhm ausbleibt.

Mit Tom gespielt. Evi gebärdete sich als zänkische Furie. Jeremia gehört.
Schostakowitsch gehört. Wodka getrunken.

Samstag, 9.8.2014

Festtag Edith Stein. Den Schmerz wegen des Streits mit Evi Jesus
aufgeopfert. Komödie über Jesus gesehen. Für Tom und Milan und Juri
gebetet. Rosenkranz. Botschaften von Maria und Gottvater über das
Wirken Satans gehört.

Sonntag, 10.8.2014

Messe: Wie Jesus dem Herzen Frieden schenkt. Vortrag über La Salette.
Gebet für die Christen im Irak. Vortrag über Askese und Mystik. Gestern
mitten in den Schmerzen sah ich im Film den liebenden Jesus und den
zärtlichen und weisen Gottvater. Die Weisheit empfahl mir Edith Steins
Kreuzeswissenschaft.

Montag, 11.8.2014

Drei Messen gefeiert. Zwei Vorträge über den Himmel. Komödie mit
Johannes Paul gesehen. Goethes Iphigenie gehört. Sehnsucht nach Tom
gehabt.

Dienstag, 12.8.2014

Konnte nachts nicht schlafen wegen der aufsteigenden Magensäure.


Abends mit Tom gespielt.

Mittwoch, 13.8.2014

Wieder schlecht geschlafen. Schwermut. Obszöne Gedanken. Abends mit


Tom gespielt. Er übernachtet bei mir. Messe: Gott macht einen
Unterschied zwischen Christen und Heiden, zwischen Betern und Sündern.
Donnerstag, 14.8.2014

Bis Mittag blieb Tom bei mir. Mittagsmesse für Maximilian Kolbe, Gottes
Mutterschöße, Gottes Liebe gleicht der einer Mutter zu ihrem Säugling.
Faust I Inszenierung mit Gustav Gründgens gesehen, Mephistopheles
sprach mir aus dem Herzen. Abendmesse zu Maria Himmelfahrt. Um
Maria besser zu verstehen, muss man ihre Gegenspielerin Eva verstehen.

Freitag, 15.8.2014

Morgens Gruß von U.L..F. von Fatima. Ansprache des Papstes vor der
asiatischen Jugend in Korea: Gebet, Eucharistie, Werke für die Armen.
Mittagsmesse Maria Himmelfahrt, Anbetung meiner Göttin. Beginnende
Herbstschwermut.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
DAS MÄRCHEN VON DER ARMEE IGORS

Deutsch von Josef Maria Mayer

ERSTER TEIL.

Wäre es nicht schicklich für uns, Brüder, in alter Diktion die Geschichten
von den Mühen der Armee des Igor Svyatoslawitsch zu beginnen?

Oder das Lied in Übereinstimmung mit den Balladen dieser Zeit zu


beginnen, und nicht wie die Erfindung des Boyan?
Denn der kluge Boyan, als er ein Lied für jeden Menschen machte, in
seinem Denken bemühte sich, in den Bäumen zu fliegen, zu rennen wie ein
grauer Wolf auf der Erde, zu steigen wie ein Adler in die Wolken. Er
verwendete alte Worte, um an die Uneinigkeit der frühen Zeiten zu
erinnern.

Da gab es Falken über einer Schar von Schwänen; immer wenn der Falke
ankam, sang ein Lied der Schwan, - bis der ältere Jaroslaw der Tapfere
oder Roman Svyatoslawitsch der Schöne tötete Mistislaw.

Doch Boyan, meine Brüder, ließ nicht locker, zehn Falken loszujagen auf
eine Schar von Schwänen, aber legte seiner eigenen Diener Finger auf die
Lebenszeichen, die dann klopften sich selbst auf die Schulter wegen des
Lobes für die Fürsten.

Lasst uns beginnen, meine Brüder, diese Geschichte vom älteren Wladímir
bis zu unserem heutigen Igor zu erzählen, der seinen Geist mit Festigkeit
erweitert und geschärft sein Herz mit Männlichkeit; und, gefüllt mit
kriegerischem Geist, führte seine tapferen Scharen in das Land Polovtsy,
im Interesse des Landes der Russen.

Dann blickte Igor auf die helle Sonne und sah all seine Krieger mit der
Dunkelheit bedeckt. Und Igor sagte zu seiner Druzina: "Brüder der
Druzina! Besser ist es in Stücke gehauen zu werden, als gefangen
genommen zu werden. Steigen wir also, Brüder, auf unsere schnellen
Rosse und schauen auf den blauen Don!"

Des Fürsten Geist war entflammt von Lust und Eifer, doch die Erfahrung
des mächtigen Don hatte vor ihm das Omen verborgen.

"Ich wünschte", sagte er, "einen Speer an der Grenze des Landes der
Polovtsy zu zerbrechen, mit euch, meine Russen: Ich möchte meinem
Kopf festhalten und den Don aus meinem Helm trinken!"

Oh, Boyan, Nachtigall der vergangenen Zeiten! Wenn du nur hättest


diesem Heer geflötet, du sprangst in den Baum des Denkens, fliegend mit
deinen Gedanken unter den Wolken, es verwehte dann die Herrlichkeit der
Rasse auf dem Weg von Troja durch die Ebenen in die Berge.
So könnte im Lied des Igor sein Enkel gesungen werden. "Wie so ein
Sturm Falken trägt, weit über die breiten Felder die Krähen, in Scharen
laufen sie in Richtung des mächtigen Don."

Oder so hätte man singen können, oh Boyan, Spross des Veles:

"Die Pferde wiehern über der Sula, es hallt die Herrlichkeit in Kiew, es
schmettern die Trompeten bei Nowgorod, die Banner stehen steif bei
Putiwl."

Igor erwartete seinen lieben Bruder Vsevolod. Und Vsevolod sagte zu ihm:
"Mein einziger Bruder, mein helles Licht, du Igor, wir sind beide Söhne
von Swjatoslaw, sattle deine schnellen Pferde, meine Pferde sind bereit für
dich, bei Kursk gesattelt zuvor, und meine Männer! In Kursk sind
erfahrene Kämpfer, unter Trompeten aufgezogen, Felsen in Helmen, mit
vielen Speeren, bekannt sind ihnen die Wege, ihnen vertraut sind die
Schluchten, deren Sattel sind aufgeschnallt, ihre Köcher sind geöffnet und
ihre Säbel gewetzt. Galoppiere wie graue Wölfe in das Gebiet, suche Ehre
für dich und für deiner Fürsten Herrlichkeit."

Dann trat Fürst Igor in seinen goldenen Steigbügel und ritt in das freie
Feld. Die Sonne versperrte ihm den Weg mit der Dunkelheit, die Nacht
stöhnte vor ihm; und es erwachten die Vögel mit Schrecken; die schrillen
Töne der Tiere erregten ihn; der Vogel Div weinte in den Wipfeln; da
befiehlt er einen Ritt durch die unbekannten Länder der Wolga, am Meer
entlang und durch das Land Sula am Asowschen Meer, und Korsun, und
durch dich, du Abgott Tmutarokani.

Aber die Polovtsy auf weglosen Straßen liefen zum mächtigen Don. Die
Wagen knarren um Mitternacht, wie Schwäne offenbar. Igor führt seine
Heerscharen in Richtung des Don. Bereits der Vogel Div wehrte die
Katastrophe ab von ihm in dieser Jahreszeit; die Wölfe erwecken ihre
drohenden Schreie in den Gletscherspalten; die Geier mit ihren Pfeifen
laden die Brut ein, sich zu ernähren von den Knochen; es jaulen die Füchse
an den hochroten Schilden.

Oh Land von Russland, schon bist du jenseits der Grenzhügel! Lang ist die
Nacht dunkel; die Morgendämmerung hat begonnen, Licht zu geben;
Nebel hat sich über die Felder gelegt; das Gezwitscher der Nachtigallen
wird totgeschwiegen; die Rede von den Krähen wurde geweckt.

Die Söhne von Russland haben die breiten Felder eingenommen, die mit
ihren hochroten Schilden den Ruhm ihrer Fürsten verteidigen, sie suchen
sich selbst zu ehren.

Von der Morgendämmerung an am Freitag haben sie mit Füßen getreten


die heidnischen Heere der Polovtsy und verstreuten sich wie Pfeile über
das Feld. Sie ergriffen die schönen Jungfrauen der Polovtsy und mit ihnen
Gold und Tücher und kostspielige Zobelfelle. Mit all den verschieden
gemusterten Gewändern der Polovtsy,, mit den Mänteln und Umhängen
und Kleidern sie überbrücken den Myr und machen schlammige Stellen
fest.

Igor, der tapfere Sohn Swjatoslaws, fiel eine purpurne Flagge zu, eine
weiße Fahne, ein rotes Banner und ein Silber-Speer.

Die tapfere Brut des Olgowitschi schlummerte auf dem Schlachtfeld; fern
ist er geflogen. Er war nicht geboren worden, um von Falken oder
Sperbern beleidigt zu werden, noch von dir, du schwarze Krähe, du der
Heiden Polovtsy!

Gzak rennt wie ein grauer Wolf, es reitet Kontschak ihm nach in Richtung
des mächtigen Don.

Am zweiten Tag sehr früh kündigen blutige Morgenröte-Lichter den Tag


an; schwarze Wolken nähern sich aus dem Meer und sind bestrebt, die vier
Sonnen zu verdunkeln, und in ihnen gibt es zitternde blaue Blitze. Es gibt
einen furchtbaren Donner; es gibt Pfeile, die auf den mächtigen Don
regnen.

Und es werden zerstört werden Speere und Schwerter und der Polovtsi
Helme abgestumpft, am Kayala, in der Nähe des mächtigen Don.

Oh Land von Russland, jetzt bist du an dem Grenz-Hügel.


Jetzt sind die Winde, die Sprösslinge Stribogs, geschlagen aus dem Meer
wie Pfeile auf die mutigen Heere Igors. Die Erde stöhnt, die Ströme
fließen besudelt, Wolken bedecken die Felder, die Banner murmeln.

Die Polovtsy kommen vom Don und vom Meer und von allen Seiten. Die
russischen Regimenter ruhen. Die Kinder des Baal lassen die Felder altern
mit ihren Schreien; aber die tapferen Russen lassen sie altern mit ihren
hochroten Schilden.

Oh heftiger Stier Vsevolod, du stehst im Kampf, schießt mit deinen Pfeilen


auf die Heere, schlägst mit Stahl-Schwertern auf ihre Helme. Wo du, der
Stier, bist gesprungen nach vorne, glänzend mit deinem goldenen Helm,
liegen der heidnischen Polovtsi Köpfe, und ihre Helme werden von
gehärtetem Säbel gespalten von dir, wilder Bulle Vsevolod: der an den
Wunden des Feindes erfreut ist, vergaß seine Ehre und sein Leben und die
Stadt Cernigov, den goldenen Thron seines Vaters und die Schönheit und
die Art und Weise seiner liebsten Liebe, der frommen Glebovna!

Es waren die Zeiten von Troja; die Jahre von Jaroslaw sind
zurückgegangen. Es waren die Armeen von Oleg, von Oleg
Svyatoslawitsch. Oleg mit seinem Schwert hat geschmiedet die Revolution
und säte Pfeile über die Erde.

Er tritt in seine goldene Steigbügel in der Stadt Tmutorokan. Jaroslaw der


Große, längst verlassen, hörte das Läuten der Glocken, aber der Sohn von
Wladimir Vsevolod hat für alle Tage geschlossen seine Augen in Cernigov.

Lust an Ruhm brachte Boris Vyatscheslawitsch auf den Richterstuhl und


an der Kanina Ufern bettete er sich mit einem Kleidungsstück des grünen
Flusses, wegen des falschen Oleg, dieser tapfere und junge Fürst.

Von diesem Fluss Kayala ließ Swjatopolk seinen Schwiegervater inmitten


der ungarischen Scharen in der Hagia Sophia in Kiew eingeführt werden.

Dann, in der Zeit Olegs, schmiedete Boris für das Böse: Fehden wurden
gesät und wuchsen schnell, das Leben der Russen, der Sprösslinge
Dazbogs, des Sonnengottes, wurde in der Intrige der Fürsten verschwendet
und die Generationen der Menschheit wurden vermindert.
Dann auf dem russischen Land hatten die Leibeigenen selten zu schreien,
aber oft haben die Raben gekrächzt, wie sie geteilt die Leichen
untereinander; die Krähen sprachen in ihrer eigenen Sprache: "Wollen wir
zum Bankett fliegen?"

So war es in den Schlachten und diesen Expeditionen; aber von einer


Schlacht wie dieser wurde von keinem gehört.

Vom frühen Mond bis zum Abend, vom Abend bis zum Tageslicht,
gehärtete Pfeile fliegen, die Säbel donnern über die Helme, es knacken die
Lanzen in dem fremden Land, mitten im Land der Polovtsy.

Die schwarze Erde unter den Hufen wurde mit Knochen besät und war mit
Blut getränkt; auf russischem Boden sprang die Trauer empor.

Was für ein Lärm ist das, was für ein Läuten ist das, gerade jetzt früh vor
dem Morgengrauen? Igor geht in das Ruhelager seiner Regimenter; denn
er hat Mitleid mit seinem lieben Bruder Vsevolod.

Sie kämpften einen Tag, sie kämpften den anderen Tag; am dritten Tag, in
der Nähe des Mittags, fielen die Standarten Igors.

Diese beiden Brüder trennten sich am Ufer des schnellen Flusses Kayala.

Es war vom blutigen Wein nicht genug! Sie beendeten das Fest, die
tapferen Russen; sie haben die Hochzeitsgäste mit Wein gefüllt, aber selbst
betrieben die Verteidigung der russischen Erde.

Das Gras beugte sich mit Weh und der Baum war gebogen, die Erde voll
von Trauer.

ZWEITER TEIL

Jetzt schon, Brüder, ist eine müde Zeit entstanden, jetzt ist bedeckt die
Armee in der Wildnis. Schmach entstand unter den Heeren der Sprösslinge
Dazbogs, es trat ein Mädchen auf dem Land von Troja auf, mit ihrem
Schwanen-Flügel im blauen Meer spritzte sie; die schweren Zeiten spritze
sie in den Don, dann erwachte sie.

Die Uneinigkeit der Fürsten ruiniert sie gegen die Heiden. Denn Bruder
sprach zu Bruder: "Dies ist mein, und das ist auch mein." Und die Fürsten
fingen an, von einem armseligen Ding zu sprechen: "Das ist großartig!“
Und selbst unter sich schmiedeten sie Fehden; und die Heiden von allen
Seiten stürmten vor mit Siegen gegen das russische Land. Oh, weit ist der
Falke gefolgt, er schlägt die Vögel ins Meer! Und Igors tapfere Heere
werden nicht mehr aufsteigen!

Nach ihm die Verfluchten, rief er, sprangen über die russischen Lande,
schießen her das Feuer auf die Menschen aus einem brennenden Horn.

Die Frauen von Russland jammerten und sagten: "Künftig können wir
nicht mehr mit unseren Gedanken an unsere Lieben denken, noch mit
unseren Verteidigern beraten, noch sehen, wie sie mit unseren Augen
sammeln Gold und Silber, ja weit davon entfernt!" Und dann, Brüder,
Kiew stöhnte mit Trauer und Cernigov in Katastrophen!

Trauer hat sich über das russische Land ergossen, es floss reichlich Trübsal
durch die russischen Lande. Aber die Fürsten haben selbst geschmiedet
Zwietracht unter sich, und die Heiden mit Siegen überwanden das
russische Land und nahmen Tribut von jedem Haushalt und die
Eichhörnchenfelle.

Denn diese beiden tapferen Söhne Swjatoslaws, Igor und Vsevolod, hatten
das Unrecht geweckt, das ihr Vater Swjatoslaw der Große und
Schreckliche von Kiew eingelullt hatte. Mit seiner Macht der Eroberung
durch seine mächtigen Armeen und guten Schwerter fiel er in der Polovtsy
Land; er zertrat ihre Hügel und Schluchten, besudelte ihre Bäche und
Seen, hat ausgetrocknet ihre Flüsse und Moore. Und den Heiden Kobyak
riss er wie ein Wirbelwind aus der Bucht auf das Meer, aus dem großen
Heere der Polovtsy; Kobyak fiel in der Stadt Kiew in der Halle des
Swjatoslaw.

Dort werden die Deutschen und die Wenden, die Griechen und Mähren
singen die Weise von Swjatoslaw; sie besiegte Fürst Igor, der seine Hülle
und Fülle in das Bett des Kayala-Flusses ergoss, der Polovtsy-Fluss
scheiterte, und füllte ihn mit russischem Gold.

Und Igor stieg vom goldenen Sattel in einen Sklaven-Sattel.

Die Wälle der Städte wurden totgeschwiegen und Heiterkeit kam zurück.
Und Swjatoslaw träumte einen unruhigen Traum in Kiew auf den Hügeln.
"Diese Nacht", sagte er, "habt ihr mich gekleidet mit einer schwarzen
Decke auf meinem Bett aus Eibenholz; Männer gossen mir Wein mit
blauen Staub vermischt ein; sie zerstreuten große Perlen aus dem leeren
Köcher der Nomaden auf meinem Schoß und versuchten mich zu
beruhigen. Es sind bereits die Platten der goldenen Dächer meiner
Wohnung geraubt.

Die ganze Nacht lang haben die Krähen von Buße gekrächzt; zwei
Gefangenen standen im Moor: gnadenlos hat der Feind die beiden an der
Landungsbrücke des Flusses hingeführt, bis an das blaue Meer."

Und die Bojaren antworteten dem Fürsten: "Schon, o Fürst, hat Trauer
gefangen genommen unseren Geist. Denn zwei Falken sind von deiner
Väter goldenem Thron geflogen, um die Stadt Tmutorokan zu suchen,
oder, was auch sein mag, in ihren Helmen den Don auszutrinken.

Bereits sind die Flügel der beiden Falken von den Säbeln der Heiden
geschlagen, sie müssen zu Fuß gehen; und Igor hat sie in eisernen Fesseln
gefesselt."

Es war dunkel, es war am dritten Tag. Zwei Sonnen wurden verdunkelt;


die purpurne Spalte der Aurora Borealis wurde ausgelöscht; und die beiden
jungen Monde Oleg und Swjatoslaw wurden in Dunkelheit gehüllt.

Auf dem Strom des Kayala-Flusses Dunkelheit bedeckte das Licht. Über
das russische Land die Polovtsy breiteten sich aus wie eine Brut von
Panthern. Und zwei stürzten ins Meer der Mächtigen und es wird für
Torheit ausgegeben.

Jetzt wurde nach der Schmach das Lob erhoben; jetzt brauchen wir sie,
jetzt bricht die Freiheit an. Jetzt wirft sich der Vogel Div hin und jammert
auf der Erde.
So werden die schönen Jungfrauen der Goten singen am Ufer des blauen
Meeres und das Gebimmel der russischen Goldglocken. Sie singen die Zeit
der Buße; sie schätzen die Rache für Sarokan. Aber jetzt, wir, die Druzina,
sind einzig Durst nach Freude!

Dann der mächtige Swjatoslaw ließ fallen ein goldenes Wort, mit Tränen
vermischt, und sprach: "Oh meine Söhne, Igor und Vsevolod, bald habt ihr
begonnen, das Land der Polovtsy mit Schwertern zu belästigen und Ruhm
für euch selbst zu suchen, aber unehrenhaft habt ihr es erobert, unehrenhaft
habt ihr vergossen das Blut der Heiden. Ihre tapferen Herzen waren
zusammen in schweren Stahl geschweißt und in Kühnheit gemildert. Dies
habt ihr mir angetan, um meine grauen Haare zu versilbern?

Jetzt sehe ich die Kraft meines Bruders Jaroslaw nicht mehr, den
mächtigen und wohlhabenden und gut ausgestatteten, mit den
Befehlshabern der Cernigov-Söldner mit ihren Kräften, und mit den
Männern aus dem Tatra, und mit den Männer aus Šelbir und Topcák,

von Revukha und von Olbier. Denn diese ohne Schilde erobern die Heere
durch ihre Schreie, ein Echo dem Ruhm ihrer Vorfahren. Aber ihr sprachet:
Lasst uns eines Mannes Rolle spielen, lasst uns stehlen die Herrlichkeit
von einst, teilen wir die Ehre unter uns, für uns selbst!“

Aber, was Wunder, wurden die Brüder für einen alten Mann jung? Wenn
ein Falke ist in der Mauser ist, treibt es die Vögel fern und hoch, und er
wird nicht sein eigenes Nest beschmutzen.

Aber diese Katastrophe, oh mein Fürst, ist unheilbar: die Jahreszeiten sind
nach hinten ins Nichts verschwunden.

So schreien sie auf unter den Säbeln der Polovtsy, aber Wladimir erliegt
unter seinen Wunden. Weh und Leid mit dem Sohne Glebs!

Großfürst Vsevolod! Ist es nicht dein, um aus der Ferne mit deinem
Denken zu fliegen, um deiner Väter goldenen Thron zu bewachen? Denn
du kannst bespritzen die Wolga mit deinem Ruder, und ballen den Don mit
deinem Helm! Wärest du da gewesen, dann ein Potentat würde mit zwölf
Rubeln und ein Arbeiter mit fünf Rubeln bewertet werden!
Denn auf dem trockenen Land kannst du mit den Männern von Šeryšor
erschießen meine tapferen Söhne Glebs.

Du trotzt Rurik und David, mussten sie nicht im Blut schwimmen mit den
goldenen Helmen? Du und deine tapfere Druzina galoppieren wie Stiere
und haben sie mit gehärtetem Säbel in dem unerforschten Land
verwundet?

Steigt, meine Herren, in eure goldenen Steigbügel, für die Beleidigung


unserer Zeit, für das russische Land, die Wunden Igors, des tapferen
Sohnes Swjatoslaws.

Du hast zerbrochen die Galizier an der Weichsel, Jaroslaw; du sitzest hoch


auf deinem goldenen Thron, du unterstützt die ungarischen Berge mit
deinem eisernen Regiment, du sperrst die Straße vor dem Magyaren-
König, schließe die Tore der Donau, schleudre Riemen in die Vlakh, so
weit wie die Donau! Deine Bedrohungen über die Länder beeinflusse. Du
öffnest die Tore von Kiew, schießt von deiner Vorfahren goldenem Thron
die Männer von Salatyn nieder, die sind jenseits deines Landes.

Schieße, mein Fürst, auf den Heiden Koncak den Sklaven, im Interesse des
russischen Landes, im Interesse der Wunden Igors, des tapferen Sohnes
Swjatoslaws.

Ihr, tapferer Roman und Mistislav, tragt eure tapferen Gedanken mit eurem
Onkel auf die Arbeit. Du in deinem Mut lässt fließen deine Mühe, wie ein
Falke sich reckt in den Winden und wünscht in seiner Kraft, einen Vogel
zu töten!

Denn ihr habt Eisen-Kürasse unter euren lateinischen Helmen. Doch die
Erde zitterte in vielen Ländern, Hinowice, Litauen, Yatvyagi; und die
Polovtsy warfen ihre Keulen und neigten sich unter diese Stahlschwerter.

Aber jetzt, mein Fürst, das Licht der Sonne ist für Igor verdunkelt; der
Baum lässt vor
Unglück fallen die Blätter, die Gegner haben die Städte der Rusj und der
Sula geteilt. Und Igors tapferes Regiment steigt nicht mehr auf. Der Don
ruft dich, Fürst, und fordert die Fürsten zum Sieg.
Die Olgovici, jene tapferen Fürsten, das heißt Igor und Vsevolod, haben
die Bekämpfung beschleunigt. Ingvar und Vsevolod Yaroslawitsch und ihr
drei Mstislawici, ihr Cherubim eines edlen Nestes, durch unrühmliche
Taten habt ihr Macht bekommen!

Warum tragt ihr goldene Helme und polnische Streitkolben und Schilde?
Schützt die Tore der Grenze des Landes mit scharfen Pfeilen für das Land
von Russland, die Wunden Igors, dem Sohn des tapferen Svyatoslaw!

Nicht mehr der Sula-Fluss mit dem silbernen Strom vor der Stadt
Perejaslawl und die Dwina fließt in einen Morast zu den grimmigen Jägern
von Polotsy, inmitten der Schreie der Heiden.

Izyaslav allein, der Sohn des Vasiliko, läutete mit seinen scharfen
Schwertern auf den Helmen der Litauer, ergriff den Ruhm seines
Großvaters Vseslav; und legte sich selbst unter den Schilden puterrot
nieder auf dem blutbefleckten Boden, von den litauischen Schwertern
niedergeworfen, und mit Trauer sprach er auf seinem Bett: "Die Vögel, oh
Fürst, schlugen für deine Druzina mit ihren Flügeln, und die wilden Tiere
leckten an ihrem Blut."

Auf diesem Gebiet gab es weder seinen Bruder Bryacislaw, noch seinen
anderen Bruder Vsevolod: Allein fällt er, seine perlweiße Seele aus seinem
Körper tapfer durch seine Rüstung an seinem Hals enteilen zu lassen.

Stimmen wurden totgeschwiegen; Fröhlichkeit war gedämpft. Die


Trompeten von Gorodno schmettern.

Oh Yaroslav Vsevolodic und alle Sprößlinge Vseslavs, ihr solltet jetzt


senken eure Standarten, und die Scheide verstümmelt eure Schwerter;
denn ihr seid jetzt weg von der Herrlichkeit der Großväter gesprungen.

Ihr mit Dissonanzen begannt, die Heiden auf russischen Boden zu führen,
gegen das Leben Vseslavs. Von Streit gab es Unterdrückung im Land der
Polovtsy.

In der siebten Zeit von Troja an, Vseslav verwarf seine Plätze für das
Mädchen, das ihm lieb war.
Er riss sich mit Tücken von der Letzten los: und galoppierte auf die Stadt
Kiew zu; mit seiner Waffe griff er nach dem goldenen Thron von Kiew;
galoppierte von ihnen fort wie ein wildes Tier um Mitternacht nach
Belgorod, hüllte sich in einen blauen Nebel, zerrissen waren seine Kleider
in drei Teile, die Tore weit geöffnet von Nowgorod, erschüttert die
Herrlichkeit Yaroslavs des Ersten; er galoppierte wie ein Wolf von Dudutki
auf die Nemiga zu.

Auf der Nemiga die Garben legten die Köpfe nieder; Männer droschen mit
Dreschflegeln in Hecken; auf der Tenne haben sie ausgebreitet das Leben;
sie sichten die Seele im Körper.

Mit den Knochen der Kinder ward übersät Russland! Auf der
blutbefleckten Nemiga wurden die Ufer mit Flüchen übersät.

Fürst Vseslav war ein Richter seiner Untertanen, er ernannte in den


Städten die Fürsten, er selbst aber in der Nacht raste wie ein Wolf von
Kiew nach dem Idol, dem Herrn von Tmutarakan, raste wie ein Wolf über
den Weg des großen Khors.

In Polozk läuteten sie die Glocken zur Frühmesse in der Hagia Sophia; und
er hörte in Kiew die Heilige Messe. Obwohl seine weise Seele in einem
winterharten Edel-Körper war, doch musste er oft ertragen schweres
Unglück.

Für ihn, oh dienende Bojaren, habt ihr zuerst nachdenklich gesprochen den
Refrain: "Weder der listige Mann noch die Erfahrung, noch ein Vogel,
noch ein Spielmann kann Gottes Urteil entkommen."

Ach, stöhnen wir um das russische Land, die ihr an die erste Epoche und
die ersten Fürsten euch erinnert!

Es war sinnlos, festzunageln die alte Zeit bis zu den Gipfeln des Wladimir
von Kiew; seine Banner haben jetzt einige von Rurik und andere von
David; aber diese Banner schwanken hin und her an den Stangen, im
Widerspruch eine mit der anderen!
Yaroslavna hört ihre Stimme; sie stöhnt früh wie ein Kuckuck in dem
unbekannten Land: "Ich will fliegen," sprach sie, "wie ein Kuckuck an der
Donau, ich will meine Biber-Ärmel im Fluss Kayala nass machen, ich
werde dem Fürsten abwischen seine blutigen Wunden an seinem
angeschlagenen Körper.“

Yaroslavna jammert früh in Putiwl auf dem Wall und sagt: "Oh Wind,
wenig Wind, weshalb, Meister, bläst du mit Gewalt? Warum wirbelst du
mit deinem unermüdlichen Flügel und folternden Pfeilen auf den Freund
meiner Liebe? Kleine Winde waren es, dich zu den Leiden unter den
Wolken zu wehen, dich, der du die Schiffe auf dem blauen Meere
schüttelst; darum, Meister du, der du mir meine Freude über die Gräser der
Steppe bläst!"

Yaroslavna jammert früh in Putiwl auf dem Wall und sagt: "Oh Dnepr
Slovútic, so hast du dich durch das Land der Polovtsy gebohrt, durch die
die Steinberge. Du hast auf Lastkähnen Swjatoslaw durch die Armeen des
Kobyak erschüttert; blase zu mir, Meister, meinen Lieben, die ich nie
gesendet Tränen für ihn über das Meer!"

Yaroslavna heult durch das Wasser auf dem Wall bei Putiwl früh und sagt:
"Ach so, du heller, dreimal heller Einer, für alle Menschen bist du warm
und lieblich. Darum, Herr, hast du über meine Liebe zu verbreiten deinen
brennenden Strahl! Männer? Du hast gestreckt ihre Bögen in die
wasserlose Ebene mit Durst und erstickt ihre Köcher mit Trübsal."

DRITTER TEIL

Das Meer um Mitternacht spritzte; die Wasserhosen passierten wie Nebel.


Gott offenbart den Weg zu Fürst Igor, von der Polovtsy Land in das
russische Land, zu seiner Väter goldenem Thron.

Die Dämmerung dunkelte noch eine Zeit. Igor schläft, es erwacht Igor,
Igor in seinem Kopf misst die Ebenen von dem mächtigen Don bis zu dem
kleinen Donez.
Es ist Geschrei um Mitternacht; Ovlur über den Strom pfiff, es ruft der
Fürst; Fürst Igor konnte es nicht verstehen.

Ovlur hat laut gerufen; die Erde bebte; das Gras raschelte. Die Polovtsy-
Zelte begannen sich zu rühren. Igor der Fürst rannte wie ein Hermelin auf
den Reisig, wie eine weiße Ente zum Wasser, warf sich auf sein Pferd und
sprang schnell auf wie ein schnellfüßiger Wolf und floh in die Wiese des
Donez und flog wie ein Falke in die Nebel, zu töten Gänse und Schwäne
zum Frühstück, Mittagessen und Abendmahl.

Als Igor flog wie ein Falke, Ovlur floh wie ein Wolf, abschüttelnd den
kalten Tau. Denn sie jagten mit ihren schnellen Rossen.

Der Donez-Fluss sagte: "Fürst Igor, nicht ist es deine Größe, noch des
Koncak Hass, noch die Freude des russischen Landes!“

Igor sagte: "Oh Donez, nicht meine Größe ist deine Größe, der du den
Fürst trägst auf deinen Wellen und hast verteilt für ihn ein Bett aus grünem
Gras durch deine silbrigen Ufer, kleidend ihn mit warmem Nebel unter
dem Schatten des grünen Baumes, du hast bewacht ihn mit einer Ente auf
dem Wasser, mit Möwen auf den Wogen, mit Stockenten auf den Winden.“

"War es nicht so", sagte er, "dass der Fluss Stugna, ein böser Strom,
schluckend seltsame Bäche, abgeschliffen hat die Schiffe auf den
Büschen?“

Der Dnepr schloss seine dunklen Ufer für den Jugend-Fürsten Rostislav.
Rostislavs Mutter jammert um den Jugend-Fürsten Rostislav.

Die Blüten hängen nieder aus Trauer und der Baum aus Trauer beugt sich
tief zur Erde.

Es war nicht das Klappern der Elstern; es war bei der Verfolgung Igors,
den Fahrten mit Gzak Koncak.

Dann werden die Krähen nicht mehr krächzen, weder die Dohlen noch die
Elstern schreien; sie schlichen in den Ästen. Nur die Spechte mit ihrem
Hacken zeigen den Weg zum Fluss; die Nachtigallen mit ihrem fröhlichen
Lied verkünden die Morgenröte.

Gzak Koncak spricht: "Wenn der Falke aus seinem Nest fliegt, werden wir
zwei schießen auf den Geflügelten mit unseren vergoldeten Pfeilen!"

Gzak Koncak sagte: "Wenn der Falke aus seinem Nest fliegt, werden wir
den Geflügelten mit einem schönen jungen Mädchen fesseln!"

Gzak Koncak sagte: "Wenn wir ihn mit einem schönen jungen Mädchen
fesseln, dann werden weder der Geflügelte noch das schöne junge
Mädchen, sondern die Vögel in den Polovtsy-Ebenen anfangen, uns
anzugreifen."

Boyan hat von der Expedition von Swjatoslaw dem Ersten gegen die
Kogan gesagt: "Ich bin der Dichter der alten Zeit, von Wladimir dem
Ersten, von der Zeit des Yaroslav des Ersten und Olegs von Tmutarakan.
Obwohl es schwer ist für dich, das Haupt getrennt von der Schulter krank
ist, du, Körper, getrennt von der Spitze - dem russischen Land ohne Igor!“

Die Sonne scheint am Himmel. Igor der Fürst ist im russischen Land. Die
Mädchen singen auf der Donau; ihre Stimmen mischen sich über dem
Wasser und werden getragen nach Kiew.

Igor weiht den Gipfel Borícev der Heiligen Mutter Gottes in Pirogosc.

Die Länder sind glücklich, die Städte fröhlich; sie singen ein Lied von den
Fürsten von einst, und im Folgenden wird der immerjugendliche Sänger
singen.

Herrlichkeit, oh Igor Svyatoslawitsch, mutiger Stier Vsevolod, oh


Wladimir Igorewitsch

Die Fürsten gedeihen und die Druzina der Christen kämpft gegen die
Heiden!

Ruhm den Fürsten und Lob der Druzina!

Amen.
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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
SANKT FRANZISKUS

Heiligenlegende für Kinder

von Josef Maria Mayer

ERSTES KAPITEL

Lieber Michael,
ich schreibe dir jetzt ein kleines Kinderbuch. Ich bin ja Papas Freund, der
Bücherschreiber. Ich hatte die Idee dir vom heiligen Franziskus zu
erzählen. Es soll nicht zu lang werden, weil ich bald ins Bett muss.
Franziskus war der Sohn eines reichen Kaufmanns. Der Vater liebte das
Geld. Franziskus aber liebte Gott und die Natur. Hast du vielleicht schon
einmal gehört, dass der heilige Franziskus mit den Vögeln gesprochen hat?
Man sagt ja auch von dem weisen König Salomo, dem König von Israel,
dass er die Vogelsprache verstand. Ich glaube, die Vögel singen immer:
Piep, Piep, Piep, wir hab'n uns alle lieb!
Der heilige Franziskus liebte in seiner Jugend die tollsten Partys. Später
aber hat er als ein Bettelmönch mit den Armen gelebt. Wie kam es dazu?
Der heilige Franziskus ist ungefähr 1200 Jahre nach Jesus geboren. Man
nennt ihn auch den zweiten Jesus. Er ist im schönen Italien geboren. Seine
Mutter hieß Pica, sie gab ihrem Sohn den Namen Giovanni, das heißt
Johannes oder Hans oder Jan. Aber sein Vater hatte viel Handel getrieben
in Südfrankreich. Und er liebte Frankreich so sehr, dass er seinen Sohn
Francesco nennen wollte, das heißt Franz oder Fränzchen, der kleine
Franzose. Ich war auch mal in Südfrankreich, es ist da wirklich fast so
schön wie im Paradies.
Als Kind liebte Franziskus die Natur, die Olivenbäume und die Büsche mit
den Weintrauben. Er spielte mit kleinen Steinchen und freute sich über die
Vögel im Garten.
Der Vater des heiligen Franziskus war ein reicher Kaufmann, ein Händler,
der viel gereist ist, um überall Kleider zu verkaufen. So hat er viel Geld
verdient. Das ist ja nicht schlimm, wenn man Geld verdient, aber man soll
das Geld nicht so sehr lieb haben. Der Vater dachte sich: Mein Söhnchen
wird sicher auch mal ein reicher Kaufmann! Dann steht er im
Kaufmannsladen und verkauft Kleider und verdient viel Geld und wird
reich!
Franziskus lebte im Mittelalter. Das war die Zeit der Ritter.Die Ritter
befreiten Jungfrauen von schrecklichen Drachen. Viele Ritter konnten auch
sehr schöne Musik machen. Dann schrieben sie Gedichte. Sie verehrten die
schönen Damen und sagten immer zu der schönen Dame: O meine Herrin,
Ihr seid die Allerschönste! Das hat Franziskus später auch gemacht. Aber
welche schöne Dame liebte er? Frau Armut war seine Herrin, die Herrin
Armut war seine Braut!
Die Ritter und die Könige sprachen alle französisch. Die Mama vom
heiligen Franziskus stammte auch aus Frankreich. Sie hat ihm immer
französische Kinderlieder vorgesungen. Ich kenne auch ein französisches
Kinderlied, ich weiß zwar nicht, ob ich es richtig schreibe, aber hier ist es:

La fontaine est morte,


Il n'y as pas du feu.
Ouvre moi la porte
Pour l'amour de Dieu!

So konnte der kleine heilige Franziskus gut einschlafen. Seine Mama las
ihm auch Ritterbücher vor. Franziskus war auch ein kleiner Ritter, er
befreite arme Jungfrauen von dem schrecklichen Drachen und ritt durch
Italien und rief: Für Gott und meine Herrin Armut!
Franziskus lebte als Kind ohne Sorgen. Er musste keinen Hunger leiden.
Sein Vater hatte ja Geld genug.Er wusste nicht, das gar nicht weit entfernt,
die Armen und ihre Kinder schrecklichen Hunger hatten. Franziskus wurde
von seiner Mutter behütet und fühlte sich glücklich wie ein Taubenküken
im Nest.
Franziskus war ein liebes Kind und alle hatten ihn lieb, weil er so nett war.
Wenn er mal am Straßenrand einen Bettler sah, legte er immer eine kleine
Mütze in die kleine Schale des Bettlers.Aber nicht nur gab er eine Mütze,
sondern er lachte den Bettler freundlich an und sagte was Nettes zu ihm.
Er hatte einfach alle Menschen gern.
Bald musste Franziskus auch in die Schule gehen. Er kam in die christliche
Sankt-Georgs-Schule. Da erzählte ihm der Lehrer viel vom heiligen Georg.
Es war nämlich einmal ein Königreich, da lebte ein König mit sieben
Prinzessinnen. Aber in dem großen See lebte ein fürchterlicher Drache, der
wollte die Prinzessinnen fressen. Jedes Jahr einmal musste der König eine
seiner Prinzessinnen opfern, und der Drache fraß sie auf. Sechs
Prinzessinnen waren schon tot. Nun wollte der Drache die siebte
Prinzessin verschlingen. Das hörte der heilige Georg. Die siebte Prinzessin
war der Liebling des Königs. Sie war nun sein einziges Kind und sollte
später Königin werden. Und nun kam der heilige Georg auf einem weißen
Pferd vom Himmel, er trug eine silberne Ritterrüstung und ein goldenes
Schwert. Der heilige Georg tötete den Drachen und erlöste die schöne
Prinzessin.
Franziskus wollte auch Ritter werden, wollte Drachen töten und schöne
Prinzessinnen befreien. Aber wo sollte er die Rüstung her bekommen?
Sein Vater verkaufte ja nur Purpurmäntel für die Fürsten und Seidenkleider
für die reichen Frauen.
Seine Seele hat keine Angst. Er will Ritter sein! Aber kann denn er, der
Sohn eines reichen Kaufmanns, Ritter werden? Na, es wird schon gehen.
Da wurde er glücklich und rief: Freude, Freude, Tochter Gottes, ich werde
Ritter! Ich werde schöne Prinzessinnen befreien und rote Drachen töten!
Und wenn Franziskus froh und glücklich war, dann sang er Lieder. Er
sang:

„Froh zu sein, bedarf es wenig,


Und wer froh ist, ist ein König!“

Franziskus begann nun zu arbeiten. Er wurde Kleiderverkäufer in dem


Geschäft seines Vaters. Da sagte er: Edle Dame, fühlt diesen feinen
Seidenstoff, er ist wie geschaffen für Eure Schönheit! Der Vater freute
sich: Aus dem Jungen wird noch mal was, der wird noch reich und
angesehen!
Franziskus ist froh und glücklich. Er liebt das Leben, er liebt die
Menschen. Die Leute der Stadt mögen seine Fröhlichkeit. Wenn sie betrübt
sind, macht ihnen seine Heiterkeit neuen Lebensmut. Franziskus ist reich
geworden. Er trägt nur teure Kleider. Er benimmt sich wie ein junger
Prinz. Alle Leute in der Stadt kennen ihn. Wenn die Nachbarinnen mit
seiner Mutter über Franziskus sprechen, sagen die Frauen: „Das ist ja ein
lustiger Bursche! Er ist ja ein richtiger Bruder Lustig!“ Dann sagte seine
Mutter: „Mein Sohn ist ein Liebling Gottes!“
Franziskus ist jetzt ein junger Mann von fünfzehn Jahren. Er ist zusammen
mit den jungen Adligen. Er kleidet sich ganz nach der Mode in Samt und
Seide. Er ist der Mittelpunkt seines Freundeskreises. Er singt Liebeslieder
für die schönen Damen. Die ganze Nacht, bis der Morgen kommt, trinkt er
mit seinen Freunden Wein. Die Freunde ziehen durch die Straßen der Stadt
und genießen das Leben und die Jugend.
Nachts singt Franziskus seine Liebeslieder an die schöne Dame, die er
liebt. Er schlägt dazu das Tamburin. Er tanzt in den Straßen und singt dem
Mond seine Liebeslieder vor. Der Mond und die Sterne lauschen seinen
Liebesliedern.
Aber dann begann ein Krieg zwischen seiner Heimatstadt Assisi und der
Nachbarstadt Perugia. Franziskus wollte ja Ritter werden. Nun wurde er
ein Krieger und kämpfte in dem Krieg für seine Heimatstadt. Viele Krieger
starben in dem Krieg. Franziskus wurde gefangen genommen von den
Feinden. In der Gefangenschaft wurde er sehr krank. Nur das Geld seines
Vaters konnte ihn freikaufen. So kam er wieder nach Hause. Langsam
wurde er wieder gesund. Er musste an einem Stock gehen. So humpelte er
hinaus in Gottes schöne Natur.
Franziskus geht wieder in der Natur spazieren. Die Blumen duften so süß!
Die Weintrauben sind so lecker! Es ist so erfrischend kühl und schön still
im Wäldchen! Aber irgendwie kann er sich nicht mehr freuen. Er sucht die
Freude wieder, die ihm verloren gegangen ist.
Franziskus will immer noch Ritter werden. Eine Armee von Adligen
verteidigte den Papst, den Heiligen Vater in Rom, den obersten Hirten der
Christen. Franziskus wird ein Ritter des Papstes. Sein reicher Vater kauft
ihm eine teure Rüstung, Waffen und ein schönes Pferd. So reitet
Franziskus, der Ritter des Papstes, durch Italien. Da begegnete er einem
Ritter, der saß am Wegesrand. Der arme Ritter war im Krieg zum Krüppel
geworden. Nun musste er betteln. Franziskus schenkte dem armen Ritter
seinen goldenen Mantel und sein Schwert. Der Bettler am Wegesrand war
der Liebe Gott. Da hat der Liebe Gott dem heiligen Franziskus das Herz
wieder froh gemacht.
ZWEITES KAPITEL

Lieber Michael,
du hast mich ja gefragt, wie die Geschichte vom heiligen Franziskus
weitergegangen ist. Dein Papa sagte, mein erstes kleines Büchlein schreit
ja geradezu nach Fortsetzung. Mal sehen, was nun kommt. Ich glaube, ich
hatte dir erzählt, dass der junge Franziskus in einem Krieg in
Gefangenschaft geraten war. Ein Jahr lang war er gefangen gefangen bei
Wasser und Brot! Da gabs keinen Kuchen und keine Weintrauben. Da ist er
auch sehr krank geworden. Er war dann zwar krank, aber wieder frei und
in seiner Heimat Assisi. Langsam wurde er wieder gesund. Und als er sich
wieder stark fühlte, eben als ein echter Kerl und starker Mann, da hatte er
wieder den Wunsch: Ich will ein weltberühmter Ritter werden! Ich werde
Drachen töten und Jungfrauen erlösen! Und so zog er wieder in einen
Krieg. Aber eines Nachts hatte er einen besonderen Traum. Gott sprach zu
ihm im Traum! Franziskus träumte von einem goldenen Palast, darin
befanden sich die herrlichsten Ritterrüstungen und Waffen. Da hörte er die
leise Stimme von Jesus, und Jesus sagte: Franziskus, Franziskus, wer kann
dir am meisten schenken? Willst du von den Knechten beschenkt werden,
den Kriegsmännern? Oder willst du von Jesus beschenkt werden, dem
König des Weltalls? So träumte Franz. Er musste viel über den Traum
nachdenken. Darum ging er ganz allein an einen einsamen Ort, um
nachzudenken. Und er fragte: Jesus, mein König, was willst du denn von
mir? Was soll ich tun?
Eines Tages begegnete Franziskus einen todkranken Bettler. Der hatte eine
ansteckende Krankheit. Darum wollte ihm niemand nahe kommen oder ihn
gar anfassen. Das war lebensgefährlich. Der Kranke stank auch ganz
ekelhaft, er roch gar nicht so gut wie Mamas Seife. Und der Kranke sah
auch sehr hässlich aus, weil ihm die Haut in Fetzen herunter fiel. Das alles
ekelte den Franz an und er dachte nur: Igittigitt! Aber dann sah er
plötzlich: In dem Kranken versteckte sich ja Jesus. Denn du weißt ja,
Michael: Jesus ist vom Himmel gekommen und ein Mensch wie du und
ich geworden. Und nun steckt Jesus in jedem Kind drin, steckt in jedem
armen Menschen drin, steckt in jedem Kranken drin, steckt in jedem
Sterbenden drin. Und wenn du Jesus was Liebes tun willst, so tu es einfach
einem Kind oder einem Bettler oder einem Kranken. Dann freut sich Jesus
und wird dich dafür reich beschenken. So dachte nun auch Franz. Später
sagte der heilige Franziskus über diesen Moment dies: Damals hat mein
König Jesus dem kleinen Bruder Franziskus das Geschenk eines neuen
Lebens gemacht. Denn zuerst war der Todkranke sehr bitter für mich, aber
Jesus machte ihn süß für den Körper und süß für die Seele! Erst fand ich
den Kranken hässlich, so bitter wie gekochten Rosenkohl! Aber als ich
Jesus in dem Bettler sah, da war er mir süß wie Himbeermarmelade und
Zuckerbrot!
Eines Tages kam der heilige Franziskus nach Damiano. Da sah er die
kleine Kirche, die war ganz kaputt. Er aber ging in die kaputte Kirche rein,
denn da wohnt Gott. Über dem Altar hing ein Kreuz und an dem Kreuz
hing Jesus. Jesus ist ja gestorben, Michael, damit du für immer und ewig
leben kannst! Franz wollte von Jesus was wissen: Mein König Jesus,
welchen Weg soll ich gehen? O lieber Gott, du bist der Größte, du bist der
Schönste! Ich will immer vertrauen, dass du mich wie ein starker Vater
beschützt und wie eine zärtliche Mutter liebst. Ich will immer hoffen, dass
ich nach meinem Tod für immer glücklich im Paradies bin, wo immer
Sommer ist! Und ich will immer den lieben Gott lieb haben und will auch
den Menschen Gutes tun. Lieber Gott, bitte gib mir schöne Gefühle und
große Klugheit. Ich möchte gerne wissen, was du dir wünschst, denn ich
möchte dir eine Freude machen, lieber Gott. So betete Franz. Und da hörte
er, wie der Jesus am Kreuz zu ihm sprach: Franziskus, Franziskus, ich
wünsche mir von dir, dass du Gottes Haus wieder neu aufbaust. Du siehst
doch, dass Gottes Haus kaputt ist. So sagte Jesus.
Franziskus dachte über das Wort Gottes nach. Er nahm es ganz wörtlich,
denn er verstand den geheimnisvollen Sinn noch nicht. Und so dachte er:
Ich werde dieses kleine kaputte Kirchlein von Damion ausbessern.
Franziskus nahm das Geld seines reichen Vaters und kaufte Steine. Er
krempelte die Ärmel hoch und schleppte die Steine zum Kirchlein. Dann
arbeitete er wie ein Maurer. So machte er das kleine kaputte Kirchlein zu
einer hübschen neuen Kirche. Sein Vater, der reiche Kaufmann, schaute
seinem Sohn eine Zeitlang zu. Aber dann riss dem Vater der Geduldsfaden.
Da schrie der Vater seinen Sohn an: Du Idiot! Du bist ja ein Verrückter! Du
hast nur verrückte Ideen im Kopf! Anstatt Geld zu verdienen, gibst du
mein liebes Geld den schmutzigen Armen. Ich habe viel Geld zusammen
gespart, ich war immer geizig, und du schenkst den Bettlerinnen Kleider
und den kleinen Straßenjungen schenkst du Süßigkeiten! Und in meinem
Kaufmannsladen willst du auch nicht arbeiten, sondern baust wie ein
Maurer an dieser kaputten Kirche rum! Du bist verrückt! Und Verrückte
sperrt man ein! So schrie der Vater und sperrte seinen Sohn ein. Aber
Franziskus haute ab, er wollte lieber ein Verrückter Gottes sein als ein
Liebhaber des Geldes. Und weiter baute der Maurer Franziskus an seinem
Kirchlein, und das Gotteshaus ward immer schöner. Da sagte sein Vater:
Nun, du Dummkopf, wenn du das Geld nicht liebst, dann wirst du nach
meinem Tod auch kein Geld von mir erben! Lieber nehm ich mein Geld
mit ins Grab, als es dir zu geben! Du würdest ja doch alles den lumpigen
Straßenkindern schenken.
Dann gab es noch einen großen Streit zwischen Franz und seinem Vater.
Das war vor dem Palast des Bischofs. Da stand Franz vor seinem Vater
und schrie ihn an: Ich will dein verdammtes Geld nicht! Und ich will auch
nicht mehr deine teuren Kleider tragen! Und Franz zog seinen
Purpurmantel aus und warf ihn seinem Vater vor die Füße. Dann zog er
sein Seidenhemd aus und warf es seinem Vater vor die Füße. Dann zog er
seinen Ledergürtel mit silberner Schnalle aus und warf ihn seinem Vater
vor die Füße. Dann zog er seine schwarze Samthose aus und warf sie
seinem Vater vor die Füße. Dann zog er seinem Lammwollsocken aus und
warf sie seinem Vater vor die Füße. Dann zog er seine seidene Unterhose
aus und warf sie seinem Vater vor die Füße. Da stand nun der heilige Franz
nackig da, wie Gott ihn geschaffen hatte. Der liebe Bischof warf dem
heiligen Franziskus schnell seinen Bischofsmantel um. Dann rief der
heilige Franziskus: Ich habe jetzt keinen Vater mehr! Mein einziger Vater
ist nun der liebe Vater Unser im Himmel! Und dann nahm Franz sich einen
einfachen Umhang eines Bettlers und zog den an. Er wollte auf der
eigenen Haut fühlen, wie sich die Bettler fühlen. Und dann ist Franziskus
zum Heiligen Vater nach Rom gewandert.
Einmal ging Sankt Franziskus in eine Kirche. Er feierte den Gottesdienst
mit. Da wurde aus der Bibel vorgelesen. Jesus sagte: Meine Schüler, geht
von Ort zu Ort, die freudige Botschaft allen Geschöpfen zu erzählen. Geht,
aber nehmt kein Geld mit, keine Tasche mit Brot, nehmt keinen
Wanderstab mit und tragt keine Schuhe an den Füßen. Als das Wort Gottes
vorgelesen wurde, wusste Franz plötzlich: Das sagt Jesus ja jetzt zu mir!
Genau das will ich tun. Ich will alles genau so machen, wie es in der Bibel
steht. So kann ich Jesus zeigen, dass ich ihn lieb hab. Und nun fand Franz
auch neue Freunde. Seine alten Freunde, die nur das Geld und dumme
Späße liebten, hatte er verlassen. Seine neuen Freunde aber liebten Jesus
auch. Sie wollte zusammen mit Franz allen Geschöpfen von Jesus
erzählen. Die neuen Freunde nannten sich Brüder, denn sie hatten alle
denselben Vater, den Vater Unser im Himmel. Darum waren sie Brüder.
Eigentlich hatte Franz gar nicht eine neue Gemeinschaft von Brüdern
gründen wollen. Er hatte erst gedacht: Ich mach das allein, nur mein Gott
und ich. Aber der liebe Gott führte die neuen Freunde zu Franz. Gott
wollte, dass Franz auf seinem Weg nicht mehr ganz so einsam war. Und
die Gemeinschaft der Brüder sollte genau so leben, wie es in der Bibel
steht. Sie wollten alles genau so machen, wie Jesus es getan hatte.
Franz las immer in der Bibel über das Leben von Jesus. Und so wollte er
auch leben. Er schrieb auch auf, wie er mit seinen Brüdern in
Gemeinschaft leben wollte. Und eines Nachts lag der Papst, der Heilige
Vater in Rom, in seinem Bett. Was meinst du, Michael, ob der Papst
geschnarcht hat wie dein Papa? Das weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass er
einen Traum hatte. Er sah im Traum die große Kirche des Papstes. Aber
die Kirche wäre beinah eingestürzt. Doch da sah der Papst im Traum einen
kleinen Bruder im Bettlerkleid, der den Einsturz der Papstkirche
verhinderte. Da wachte der Papst früh auf und fragte sich: Wer ist dieser
kleine Bruder? Und dann kam der heilige Franziskus mit seinen Brüdern
zum Papst. Da erkannte der Papst: Der kleine Bruder in meinem Traum,
das war ja der heilige Franziskus! Da sagte der Papst zu Franziskus und
seinen kleinen Brüdern: Jesus schickt euch los! Geht in alle Länder!
Erzählt allen Geschöpfen von der Liebe Gottes! Nun nannte man die
kleinen Brüder des heiligen Franziskus einfach Kleine Brüder oder
Franziskaner. Und die wanderten nun von Land zu Land und erzählten
allen von der Liebe Gottes. Sie arbeiteten mit den Händen, um sich ihr
Brot zu verdienen. Und wenn mal der Arbeitslohn nicht ausgezahlt wurde,
dann gingen sie von Tür zu Tür und baten um eine milde Gabe.
Die Kleinen Brüder trafen sich alle zusammen in einem leeren Schuppen.
Aber ein böser Bauer verjagte sie mit seiner Mistgabel. Dann bekamen die
kleinen Brüder die Kirche der heiligen Mutter Maria geschenkt. Da
konnten sie Gottesdienst feiern. Daneben war auch ein Haus, in dem sie
miteinander sprechen konnten, zusammen essen, und sich mal richtig
ausschlafen. Neben der Kirche der heiligen Mutter Maria war ein Wald. Da
ging Franz gerne spazieren. Er liebte ja die Natur so sehr. Er konnte
keinem Käfer was zuleide tun. Es roch auch so gut im Wald. Und alles war
so still im Wald. Und eines Tages kam zu Franz ein junges schönes
Mädchen. Sie war eine Fürstin. Sie hieß Klara. Sie war gerade neunzehn
Jahre alt. Und sie war wunderschön. Sagte ich das schon? Sie war von
zuhause abgehauen. Sie wollte nämlich genau so arm leben wie
Franziskus. Sie besuchte Franz in seinem Zimmer. Und da trank sie Milch
aus seinen Brüsten. Ja, ja, so sagt man. Sie lebte nun genau so arm wie
Franz. Und viele Frauen folgten der heiligen Klara. Die Töchter der
heiligen Klara nennt man Klarissen. Sie singen sehr schön für Gott. Die
Klarissen beten und beten und beten und sind einfach in den lieben Gott
verliebt. Die heilige Klara konnte unsichtbare Dinge sehen. Und darum ist
sie die Schutzheilige des Fernsehens. So hatte der heilige Franziskus nun
in der heiligen Klara eine Freundin gefunden. Aber was meinst du,
Michael, muss unser lieber Franz nicht noch heiraten? Was meinst du, wen
wollte der heilige Franz heiraten? Du ahnst es nicht! Franz war auch ein
Dichter und er war verliebt in Frau Armut! Für Frau Armut schrieb er
Liebesgedichte. Und Frau Armut liebte den kleinen Franz auch sehr. Und
so haben Frau Armut und der heilige Franziskus geheiratet!
In der Kirche der heiligen Mutter Maria trafen sich Franziskus und die
Kleinen Brüder einmal im Jahr. Dann erzählte jeder kleine Bruder von
seinen Abenteuern. Jeder sagte, was er noch Tolles für Jesus tun wollte.
Dann zogen sie wieder in die ganze Welt aus. Als Kind wollte Franziskus
ja ein Ritter sein, Drachen töten und Jungfrauen erlösen. Nun hatte der
liebe Gott ihn zu einem ganz andern Ritter gemacht. Franziskus ritt nicht
hoch zu Ross, sondern ging zu Fuß, sogar ohne Schuhe. Er kämpfte nicht
mit dem Schwert, sondern mit der Zunge. Er führte nicht Krieg, sondern
rief alle Menschen zum Frieden auf. Er tötete keine Drachen, aber er
vertrieb den Hass aus den Herzen der Menschen. Er befreite keine
Jungfrauen, aber er rettete Seelen, indem er sie zum Retter Jesus brachte.
Er diente als Ritter keinem stolzen Burgfräulein, sondern seiner Herrin, der
Frau Armut. Franziskus war nun ein Ritter nach dem Herzen Gottes. Er
wollte nun unbedingt nach Syrien, den Moslems dort von Jesus zu
erzählen. Die Moslems in Syrien waren ein kriegerisches Volk. Sie
glaubten, dass Gott will, man soll Krieg führen und die Feinde töten.
Franziskus wollte ihnen erzählen, dass der liebe Gott der Gott des Friedens
ist. Dem lieben Gott ist das Leben heilig. Leider konnte Franziskus auf
dem Schiff Syrien nicht erreichen. Das Schiff geriet nämlich in einen
Sturm und zerbrach. Franziskus wurde an die Küste von Italien zurück
gespült. Dann wollte Franziskus nach Marokko. Das liegt in Afrika, ganz
nahe bei Spanien. Ich war da mal, da trinken sie gerne Pfefferminztee.
Aber auch das gelang nicht. Franziskus wurde nämlich krank, so musste er
in Spanien umkehren. Ja, Michael, das kennst du vielleicht: Du willst
irgendwas tun, und es gelingt einfach nicht. Aber nie den Mut verlieren!
Beim nächsten Mal klappts vielleicht!
Damals führten viele christliche Könige und christliche Ritter Krieg mit
den Moslems. Die Moslems hatten das Morgenland militärisch erobert und
auch das Heilige Land, in dem Jesus gelebt hatte. Aber Franziskus, der
Ritter nach dem Herzen Gottes, wollte mit den Moslems keinen Krieg
führen. Er wollte mit den Moslems über Gott sprechen. Die Franziskaner
erzählten überall von der Liebe Gottes, im schönen Frankreich, dem Land
der Liebe, in Österreich, wo die Menschen so nett sind, im Spanien, wo
schon die Knaben stolz sind, in Ungarn, wo sie Salami aus Eselsfleisch
essen, und dann in Syrien, wo die Familien riesengroß sind, und dann im
Heiligen Land, in Israel und Palästina, wo Jesus gelebt hatte, und
schließlich auch in Ägypten, wo die großen Pyramiden stehen. Und
Franziskus fuhr mit einem Schiff voller christlicher Ritter nach Ägypten.
Aber nicht, um dort Krieg zu führen, sondern um mit den Moslems über
Gott zu sprechen. Die Moslems glauben nämlich, dass Gott ein schrecklich
strenger Herrscher sei und wir alle seine Sklaven. Aber Franziskus wusste,
dass Gott ein liebevoller Vater ist, voller Zärtlichkeit wie eine Mutter, und
wir sind Gottes Kinder. Gott ist kein Gott des Zornes, sondern ein Gott der
Liebe. Und Gott ist kein Gott des Krieges, sondern ein Gott des Friedens.
Und Gott ist kein Gott des Todes, sondern ein Gott des Lebens. Franziskus
wollte endlich, ein für alle Mal, den Krieg zwischen den Christen und den
Moslems beenden.
Im Krieg besiegten die Moslems die Christen. Jesus hatte den Krieg nicht
gesegnet. Aber Jesus segnete Franziskus. Der ging nämlich zu dem König
von Marokko und sprach mit dem König über Gott. Der König von
Marokko war ein guter Mensch. Er war ein Moslem, aber er sagte: Allah
ist mein Geliebter, aber ich werde nie eins mit ihm werden. Im Himmel
warten auf mich die wunderschönen Mädchen, die darf ich dann heiraten.
Aber Allah ist so fern von den Menschen, ich werde ihn nicht einmal im
Paradies sehen. Und dennoch will ich Allah verehren und für ihn tanzen!
Das fand Franziskus schon recht schön. Aber Franziskus sagte: Gott ist
nicht weit weg von den Menschen. Maria hat ja Gott geboren. So ist Gott
ein Mensch geworden, ein kleines Kind, um für immer ganz nah bei den
Kindern zu sein. Sicher, im Himmel gibt es Millionen wunderschöne
Jungfrauen, aber heiraten werde ich im Himmel die Allerheiligste
Dreifaltigkeit. Und ich werde endlich die ungeheure Schönheit Gottes
sehen! Das wiederum fand der König von Marokko schön. Sie aßen
zusammen Fladenbrot mit Rindfleisch, Salat und Knoblauchquark. Dann
umarmten sie sich. Dann sagte der König von Marokko zum heiligen
Franziskus: Bitte bete für den Frieden in der Welt. Und so was gefällt
Jesus.
Besonders lieb hatte Franziskus die Mutter Natur. Er sah immer wieder
Gottes Schönheit in der Mutter Natur. Franziskus war so verliebt in die
Liebe Gottes, er sah in jedem Tierchen, in jeder Blume die Schönheit
Gottes. Jesus hatte ja einmal zu seinen Schülern gesagt: Geht und erzählt
allen Geschöpfen von der Liebe Gottes! Und so erzählte Franziskus den
Vögeln von der Liebe Gottes.Die Spatzen und Sperlinge, Amseln und
Rotkehlchen, Tauben und Kraniche blieben ganz still sitzen, solange
Franziskus predigte. Und wenn er sie dann segnete, dann erst spielten und
sangen sie weiter. Einmal war Franziskus in einer Gegend, wo Hirten mit
ihren Schafen lebten. Da kam oft ein Wolf aus dem Wald, die kleinen
Lämmer zu fressen. Franziskus ging zu dem Wolf in den Wald und sagte
zu ihm: Wolf, mein Bruder, ich will, dass Frieden zwischen Wölfen und
Lämmern ist. Ich bitte dich in Jesu Namen, die Lämmer nicht mehr zu
fressen. Und die Schafe will ich bitten, dass sie dir verzeihen. So sagte
Franz. Und der Wolf war in Zukunft ganz brav. Und einmal sah Franziskus
einen Regenwurm auf der Erde, der krümmte sich. Da sagte Franz: Bruder
Wurm! Jesus hat am Kreuz gesagt: Ich bin kein Mensch mehr, ich bin ein
Wurm! Jesus befreit die ganze Natur vom Tod!
Weißt du eigentlich, Michael, dass der liebe Franziskus das Krippenspiel
erfunden hat? Hast du schon mal in einem Krippenspiel mitgespielt? Das
hat Franziskus erfunden. Er feierte mit armen Bauern auf dem Land. Da
war ein Stall, da gab es Kühe und sogar Esel. Da war eine Futterkrippe für
die Tiere. Und da war Heu. Da war auch die schöne Tochter eines Bauern,
vierzehn Jahre jung, lange blonde Haare, große Augen, lächelnder Mund,
schlanker Körper, Beine wie ein Reh. Die spielte die süße Jungfrau Maria.
Und ein kleines Püppchen legte Franz in die Krippe. Das war das
Christkindchen. Denn Franz wollte das mit eigenen Augen sehen, in
welcher Armut das Christkindchen geboren ist.
Franziskus dachte immer an Jesus. Jesus war sein Liebstes. In seinem
Herzen schlug das Herz von Jesus. Die Worte von Jesus hörte er mit den
Ohren und sprach sie mit dem Mund. Die Schönheit Gottes sah er überall
mit den Augen. Mit den Händen berührte er Jesus in den Kindern und den
Kranken und den Armen. An seinen Gliedern war das Leiden Jesu.
Einmal hat Franziskus bei Wasser und Brot gefastet. Und zwar von Maria
Himmelfahrt bis zum Fest des Erzengels Michaelel. Der Erzengel
Michaelel ist der Schutzengel von allen Knaben, die Michael heißen. Sein
Fest ist am 29. September, da hast du Namenstag. Das darfst du ganz groß
feiern. Sag das deinen Eltern! Nun, also Franziskus hatte nur noch trocken
Brot gegessen und nichts als Wasser getrunken, einen Monat lang. Er stand
auf einem Berg und betete. Da sah er plötzlich ein Kreuz aus Licht am
Himmel. Und am Kreuz war ein Engel der Liebe. Der hielt Pfeil und
Bogen in den Händen. Ein Pfeil traf den heiligen Franziskus ins Herz, es
war ein feuriger Liebespfeil. Franziskus war begeistert und rief immer
wieder voller Glück: Gott, du bist die Schönheit! Gott, du bist die
Schönheit! Und dann hatte Franziskus an beiden Händen und an beiden
Füßen und an seinem Herzen die gleichen Wunden wie Jesus. Nun war
Franziskus zu einem zweiten Jesus geworden!
Und als Franziskus alt wurde, wurde er sehr krank. Er ist auch fast blind
geworden. Da hat er dieses Gedicht geschrieben:

O lobe Gott, du Bruder Sonne,


Denn Gott ist lauter Lust und Wonne!
O lobe Gott, du Schwester Mond,
Weil Gott im höchsten Lichte wohnt!
O lobe Gott, du Bruder Feuer,
Dass Gott die ganz Welt erneuer!
O lobe Gott, du Schwester Wasser,
Mein Auge wird mir immer nasser!
O lobe Gott, du Mutter Erde,
Der Schafe Herde und die Pferde!
O lobe Gott, des Menschen Leib,
Du kluger Mann, du schönes Weib!
O lobe Gott, du Schwester Tod,
O lobe Jahwe Zebaoth!

Als Franziskus sein Ende kommen fühlte, ließ er sich zur Kirche der
heiligen Mutter Maria tragen. Auf dem Weg kam er am Krankenhaus
vorbei. Er segnete die Kranken. Dann saß er mit seinen Freunden noch am
Tisch, er nahm das Brot, brach es und reichte es seinen Brüdern. Dann
sangen die Brüder sein Gedicht. Dann bat Franziskus seinen besten Freund
Johannes, ihm aus der lieben Bibel vorzulesen. Dann ließ er sich nackt
neben der Kirche der heiligen Mutter Maria auf die Erde legen. Er sagte: O
süße Mutter Maria, nackt bin ich als Baby aus dem Bauch meiner Mama
auf die Welt gekommen. Nun sterbe ich. Nackt lege ich mich in die Mutter
Erde. O Mutter von Jesus, du musst mich jetzt ins Paradies gebären. Dann
sagte er noch zu seinen Brüdern: Ich hab getan, was ich konnte. Nun müsst
ihr Jesus fragen, was ihr tun sollt. Er seufzte noch: Jesus... Jesus... Jesus..
Dann starb er und ging in das Paradies ein.

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Josef Maria Mayer - Dichtungen


Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der
»Poetischen Werke von Peter Torstein Schwanke«

ÜBERSICHT

Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Siebentes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Zehntes Buch
Elftes Buch
Zwölftes Buch
Dreizehntes Buch
Vierzehntes Buch
Fünfzehntes Buch
Sechzehntes Buch
Siebzehntes Buch
Achtzehntes Buch
Neunzehntes Buch
Zwanzigstes Buch
Einundzwanzigstes Buch
Zweiundzwanzigstes Buch
Twenty-Third Book
Vierundzwanzigstes Buch
Twenty-Fifth Book
Sechsundzwanzigstes Buch
Siebenundzwanzigstes Buch
Achtundzwanzigstes Buch
Neunundzwanzigstes Buch
Dreißigstes Buch
Thirty-First Book
Zweiunddreißigstes Buch
Thirty-Third Book
PHILOSOPHISCHE SKIZZEN

von Josef Maria Mayer

GESPRÄCH ÜBER DIE SEELE

PLATON UND AUGUSTINUS

AUGUSTINUS
Verehrter Meister Platon, neulich sagte mir eine christliche Matrone
namens Elisabeth, sie glaube, die Seele sei vor der Empfängnis bei Gott
gewesen. Das hat mich bewogen, dich zu einem Gespräch über die Seele
einzuladen.
PLATON
Ja, fürwahr, hochweiser Augustinus, deine Matrone Elisabeth hat meine
Vision verstanden. Es ist meine Vision, dass die Seele vor der Zeugung
durch den Mannessamen und der Empfängnis im Uterus der Mutter bereits
lebte. Wie du weißt, nennt man das Präexistenz der Seele. Ich hatte die
Vision, dass die Seele, die auf griechisch Psyche heißt und einem
Schmetterling verglichen wird, vor ihrer Inkarnation in einem himmlischen
Reich war, das ich den Himmel der ewigen Ideen nenne. Dort schaute die
Seele die Götter des Himmels, dort schaute die Seele die Ideen der
Schönheit, der Wahrheit, der Güte und der Liebe. In diesem Himmel der
Ideen war die Seele von aller Ewigkeit. Es gibt keinen Anfang der Seele,
sie hat weder Anfang noch Ende, sie ist unsterblich, sie ist ewig.
AUGUSTINUS
Wenn nun die Seele von Ewigkeit zu Ewigkeit existiert und lebt, so muss
man sie ja Gott nennen. Und so viele Myriaden Seelen es gibt, so viele
Götter gäbe es dann auch. Dann wären Zeus und die zwölf Götter des
Olymp nicht alles, dann gäbe es Myriaden Götter. Aber was wir Gott
nennen, ist der Ursprung von allem, die Ursache aller Bewegung, das
ewige Sein, das Höchste, das Absolute, was alles umfängt und erfüllt und
zugleich übersteigt, und darum kann es nur einen Gott geben. Was Alles
ist, Alles durchdringt, alles umgibt, alles übersteigt, kann man nur als
Einheit denken. Credo in Unum Deum – ich glaube an den Einen Gott.
Wenn es aber nur Einen Gott gibt, der Ursprung von allem Lebendigen ist,
können die Seelen nicht ewige Götter sein, sondern müssen irgendwie
abgeleitet sein von diesem Gott. Die Seele ist also nicht göttlich und ewig.
Was aber nicht göttlich ist, das ist Geschöpf, was nicht ewig ist, das hat
einen zeitlichen Anfang. Wir Christen bekennen den Schöpfergott –
Creator ex nihilo – der alles geschaffen hat, die sichtbare und die
unsichtbare Welt. Gott ist der Schöpfer der unsichtbaren Seele und der
Schöpfer des sichtbaren Leibes. Wenn Mann und Frau sich in Liebe
vereinigen, werden sie zu Mitschöpfern mit dem Schöpfergott und so
bereitet der Schöpfer den Leib. Die Seele wird im Augenblick der Zeugung
und Empfängnis von Gott aus dem Nichts geschaffen und in den Keim des
Körpers im Schoß der Mutter eingehaucht oder, wie unsere Dichter sagen,
in einem Kuss Gottes mitgeteilt.
PLATON
So leugnet ihr die Existenz der Idee der Seele?
AUGUSTINUS
Nein, wir behaupten, dass der allwissende Gott die Seelen alle in seinem
Geist vorhergewusst hat. Die Ideen der Seelen sozusagen existierten im
Geist Gottes. Wenn wir deinen Schüler Aristoteles zu Rate ziehen wollen,
so ist die Seele die geistige Form des Körpers, aber der ewige Logos ist die
geistige Form der Seelen. Der Logos oder Christus, der allein präexistent
ist, ist die Form der Seelen, darum wir sagen, dass jede menschliche Seele
von Natur aus christlich ist, denn sie ist im Bild und Gleichnis Christi
geschaffen von Gott dem Vater aus dem Nichts und im Geiste Gottes
eingehaucht in den Körper.
PLATON
Nun, wie die Seele in den Körper kommt, da sind wir unterschiedlicher
Meinung. Ich hatte von den alten Weisen Ägyptens die Lehre vom
Sündenfall der Seele vernommen. Da die Seele in der glückseligen
Anschauung der Ideen war oder, wenn man so will, die himmlischen
Götter geschaut hatte, nun aber offensichtlich in der finsteren Materie
unglücklich und unwissend ist, musste ich notwendiger Weise auf einen
Sündenfall der Seele schließen. Denn dass Zeus so grausam wäre, die
glückselige Seele aus dem Ideenhimmel aus purer Bosheit in das Elend der
finsteren Materie zu verbannen, das zu denken, verbot mir meine Ehrfurcht
vor dem Gott, denn ich die Güte nannte. Worin genau der Sündenfall der
Seele bestand, wurde mir von meinem Daimonium nicht offenbart. Aber es
muss sich im Himmel eine Tragödie ereignet haben.
AUGUSTINUS
Uns berichten die Heiligen Schriften der Hebräer von einem Sündenfall
am Anfang der Menschheit. Der Mensch ist ursprünglich von Gott sehr gut
geschaffen worden, als Mann und Frau, beide Abbilder Gottes. Und sie
lebten in Harmonie mit Gott, in Harmonie untereinander, in Harmonie mit
der Natur. Gott gab ihnen nur ein einziges Gebot. Aber verführt von einem
bösen Geist übertraten sie das einzige Gebot Gottes. Sie kamen so in den
Zustand der Trennung von Gott, das nennen wir Sünde. Die Menschen
untereinander kamen in einen Zustand des Brudermordes. Und auch die
Natur geriet durch den Fall des Menschen in den Bereich des Krieges, der
Vergänglichkeit und des Todes. Das ist der Sündenfall der ersten
Menschen, und seitdem lebt die Menschheit im Bereich der Sünde. Die
Sünde wird von Generation zu Generation weitergegeben. Jede Seele, die
geschaffen wird und in einen Körper kommt, gerät in den Einflussbereich
der Sünde. Zwar ist die Seele von Gott gut geschaffen, aber durch die
Umweltverschmutzung der Erbsünde neigt die Seele zum Bösen. Diese
Erbsünde wird hinweggenommen durch das Bad der Wiedergeburt, das
Sakrament der Taufe. Darum sollen nach dem Befehl des Meisters Jesus
alle Menschen getauft werden. Einzig die Seele der Jungfrau Maria war
voll der Gnade, von ihrer Empfängnis an von der Erbschuld befreit, denn
der Logos wollte von einer makellosen Jungfrau geboren werden.
PLATON
Wie dem auch sei, die Seele ist mit dem Leib verbunden. Aber dieser Leib
ist das Verließ der Seele. Der Körper ist ihr Kerker. Solange sie im Körper
ist, lebt sie in der Verbannung, ist sie fern von der himmlischen Heimat. Ja,
der Leib ist der Sarg der Seele. Darum übt sich der Philosoph in den Tod
ein. Ja, Philosophieren ist Einübung ins Sterben. Im Tod scheidet sich die
Seele vom Körper und fliegt in die Freiheit. Auch der Philosoph erhebt
sich über die körperliche Schönheit und schwebt hinan zur geistigen
Betrachtung der göttlichen Schönheit.
AUGUSTINUS
Dagegen halten wir Christen den Leib für gut. Der Schöpfer hat den Leib
geschaffen. Der Logos hat einen menschlichen Leib angenommen. Wir
empfangen den Leib Christi im Abendmahl. Die körperliche Vereinigung
von Mann und Frau besiegelt das Sakrament oder Mysterium der
christlichen Ehe.
PLATON
Ihr erklärt die sexuelle Vereinigung von Mann und Frau zu etwas
Göttlichem? Ich dagegen bevorzuge die keusche Knabenliebe, da der
Weise den schönen Jüngling mit keuscher Bewunderung für seine
Schönheit liebt, ohne sexuelle Begierde zu erfahren. Allein die
philosophische Liebe, die man nach mir auch platonische Liebe nennt, ist
der Seele wahrhaft würdig. Der Philosoph liebt nur mit den Augen die
Schönheit des Lieblings und mit den Ohren lauscht er der Seele des
Lieblings und der Schönheit der Tugend. Jede Begierde und sexuelle
Vermischung ist dem Philosophen ein Gräuel. Denn diese Art von Liebe
macht den Menschen den Tieren ähnlich.
AUGUSTINUS
Wir erkennen zwei Lebensweisen, sich mit der Liebe Gottes zu vereinigen.
Die erste ist die heilige Ehe. Aber du musst sie nicht vergleichen mit den
Bordellen im Hafen von Korinth. Die christliche Ehe lebt in aller
Keuschheit die wechselseitige selbstlose Hingabe als einen Spiegel der
Liebe Christi zu seiner Braut Kirche. Die andere Lebensweise ist die der
Jungfräulichkeit. Die Jungfrau verzichtet auf einen sterblichen Ehemann,
um sich mit dem Bräutigam Jesus zu vermählen. Auch wir haben weise
Männer, die ehelos leben in einem mystischen Verlöbnis mit der Weisheit
Gottes.
PLATON
Ich weiß, wie schwer es ist, die Leidenschaften zu zügeln. Ich weiß nicht,
ob ich die Apathie mein Ideal nennen soll. Ich meine, in der Seele sind drei
Kräfte. Die erste ist die Leibseele, sie gleicht einem wilden Hengst, es sind
die Triebe und stürmischen Leidenschaften. Die zweite Kraft ist die
Geistseele, auch sie gleicht einem Hengst, einem edlen Ross. Die beiden
Pferde ziehen den Wagen der Seele. Auf dem Wagen der Seele steht der
Jüngling Wagenlenker, das ist die Vernunft des Menschen, sie muss die
beiden Pferde lenken. Wenn das Ross der Leidenschaften nicht von der
Vernunft gezügelt wird, reißt es den Wagen der Seele in den Abgrund.
AUGUSTINUS
Ja, wenn ich sage, Leib und Seele sind von Gott sehr gut erschaffen, dann
muss ich doch dazu sagen, dass die Seele den Leib regieren soll und nicht
umgekehrt. Nun, auch ich behaupte drei Kräfte in der Seele, nämlich
Erkenntnis, Gedächtnis und Willen. Die Erkenntnis geschieht mithilfe der
Vernunft des Menschen und bezieht sich auf die göttliche Weisheit als ihr
Ziel. Das Gedächtnis erinnert sich an alle gewonnenen Erkenntnisse und
bewahrt sie in der Seele. Das Wollen geschieht durch den menschlichen
Willen und bezieht sich auf die göttliche Liebe als ihr Ziel. Ich bin der
Meinung, von diesen dreien ist der Wille die wichtigste Kraft. Aber ich
gebe auch zu, dass man darüber streiten kann, denn wir haben in der
Kirche auch Gelehrte, die die Vernunft über den Willen stellen.
PLATON
Was aber macht die Schönheit der Seele aus? Die Tugend ist die Schönheit
der Seele. Und was ist Tugend? Es gibt drei Tugenden und eine vierte. Die
Tugenden heißen Weisheit, Starkmut und Maß und die vierte ist die
Gerechtigkeit. Das könnten wir nun auch auf einen gerechten Staat
beziehen, aber bleiben wir beim einzelnen Menschen. Die Weisheit ist die
Tugend des Geistes, Klugheit, Erkenntnis und Vernunft. Starkmut, Mut
oder Tapferkeit ist die Tugend des Herzens, das Gegenteil von Kleinmut
und Verzweiflung. Das Maß, das Maßhalten, die Mäßigung oder wenn du
willst, Selbstbeherrschung und Keuschheit ist die Tugend des Leibes. Die
Gerechtigkeit nun verwirklicht sich, wenn diese drei Tugenden
verwirklicht sind. Ein Mensch mit einem klugen Geist, einem mutigen
Herzen und einem keuschen Leib ist ein Gerechter.
AUGUSTINUS
Ich stimme dir vollkommen zu. Wir Christen anerkennen diese
menschlichen Tugenden, die man auch Kardinaltugenden nennt. Aber wir
kennen noch drei weitere Tugenden, die wir die theologalen oder
göttlichen Tugenden nennen, nämlich den Glauben an Gott, die Hoffnung
auf den Himmel und die selbstlos schenkende Liebe. Und von diesen
Tugenden, die von Gott der Seele eingegossen werden, ist die Liebe die
größte. Glauben verwandelt sich in Schauen, Hoffnung in Erfüllung, allein
die Liebe bleibt in Ewigkeit.
PLATON
O die Liebe! Meine Philosophie ist eine Philosophie für Liebende. Die
Liebe ist auch bei uns Griechen ein Gott, Eros, der älteste der Götter, wie
die Dichter sagen. Alles, was ich über Eros weiß, hab ich von der
Priesterin Diotima gelernt. Sie sagte: Eros ist nicht Gott und nicht Mensch,
sondern ein guter Dämon, ein Mittler zwischen den Menschen und den
Göttern. In der Präexistenz im Ideenhimmel schaute die Seele die Idee der
Schönheit. Als die Seele in den Kerker des Körpers kam, trank sie von der
Lethe, dem Fluss des Vergessens, und vergaß die Idee der Schönheit.
Allein Philosophen und Künstler tranken nur einige Tropfen von der
Lethe, sie erinnern sich noch einigermaßen gut an die göttliche Schönheit.
Wenn nun auf Erden die Seele einen schönen Liebling sieht, erinnert sich
die Seele langsam wieder an die himmlische Idee der Schönheit. Dann
wachsen die Flügel der Seele wieder. Eros nämlich, der Dämon, ist die
Liebe zur Schönheit. Diotima spricht von einer Himmelstreppe zur
göttlichen Schönheit. Zuerst liebt der Mensch die körperliche Schönheit
des Lieblings. Dann beginnt er, die seelische Schönheit des Lieblings zu
lieben, die in der frommen Tugend besteht. Dann lernt der Mensch, die
Tugend an sich zu lieben, die Güte und Frömmigkeit. Und von dort steigt
die Seele auf zur Idee des Wahren, Guten und Schönen, bis er die göttliche
Schönheit in ekstatischen Visionen schaut, welche die Dichter Aphrodite
Urania nennen, die Himmelskönigin. Und das allerhöchste Ziel der Liebe
ist die Gutheit, die höchste Gottheit, in deren Schau die Seligkeit der
liebenden Seele besteht.
AUGUSTINUS
Wir kennen diese Liebe und nennen sie den aufsteigenden Eros. Aber wir
vervollkommnen diese Liebe durch die herabsteigende Agape. Jedoch,
mein geliebter Platon, immer wenn ich Eros höre, muss ich an den
platonischen Mythos von Eros und Psyche denken.
PLATON
Psyche war ein Mädchen, schön wie Aphrodite. Der Jünglingsgott Eros
verliebte sich in Psyches Schönheit. Eros stieg vom Himmel herab, um
sich mit Psyche zu verloben. Er gab ihr ein Gebot, sie solle nicht begehren,
den unsichtbaren Gott zu schauen. Doch von ihren älteren Stiefschwestern
verführt, übertrat sie das Gebot. Eros kehrte ohne Psyche in den Himmel
zum Vater Zeus zurück. Psyche suchte nun ihren himmlischen Geliebten.
Sie musste manche Prüfung bestehen. Ja, sie musste hinabsteigen zum
Hades. Wenn ihr nicht des Eros Mutter, die himmlische Aphrodite,
geholfen hätte, sie wäre nie ans Ziel gelangt. Aber Aphrodite führte sie
schließlich nach vielen Prüfungen zu ihrem Sohn im Himmel. Und dort
feierten in einer himmlischen Hochzeit Eros und Psyche die mystische
Ehe.
AUGUSTINUS
Und darin ist soviel Wahrheit! Denn der aufsteigenden menschlichen Liebe
muss die herabsteigende göttliche Liebe entgegenkommen. Und das ist das
Mysterium des Christentums, dass die göttliche Liebe herabstieg vom
Himmel auf die Erde, um sich mit der menschlichen Seele zu verloben und
sie heimzuholen zur himmlischen Hochzeit. Diese herabsteigende Liebe
nennen wir nicht Eros, sondern Agape. Dies tun wir, damit wir nicht
missverstanden werden. Denn die Hetären in den Freudenhäusern von
Korinth berufen sich auch auf Eros und meinen mit Eros Unzucht, Hurerei
und Ehebruch. Wir sprechen aber von der göttlichen, selbstlos
schenkenden Liebe. Und dennoch sagen unsere Mystiker: Jesus ist unser
Eros! Jesus ist der Bräutigam der Seele! Unser Eros ward gekreuzigt!
Unser Eros ist auferstanden!
PLATON
Sprechen wir von der Befreiung der Seele. Wie wird Psyche erlöst? Ich
sehe keinen anderen Weg der Erlösung als den der Erkenntnis. Die Psyche
muss weise werden. Sie muss mit den Augen der Liebe alles immer tiefer
durchdringen, bis sie zur Schau der göttlichen Ideen hindurchdringt. Dann
erkennt sie ihr verlorenes Paradies. Dann streift sie alle weltlichen und
materiellen Fesseln ab und schwingt sich mit den Flügeln der Liebe zur
Schönheit geistig auf in den Himmel, ins Elysium. Der Tod wird diese
Befreiung vollenden. Nur die Seele, die auf Erden schon allen Staub von
sich abgeschüttelt hat, kommt nach Elysium. Die fleischlich gesinnten
Seelen kommen entweder in den Hades oder sie werden wiedergeboren.
AUGUSTINUS
Ich würde sagen, das ist Pelagianismus, denn diese Häresie lehrt, der
Mensch könne aus eigener Kraft selig werden. Aber die katholische
Offenbarung Gottes sagt, dass alle Menschen Sünder sind und nur gerettet
werden können durch den Retter und Erlöser Jesus Christus. Der nahm alle
Sünden auf sich und starb und ist auferstanden und macht und
gerechtfertigt vor Gott aus reiner Gnade durch den Glauben, der in der
Liebe tätig ist. Und diese Gnade des Erlösers wird uns im Sakrament der
Taufe zuteil und in den anderen Sakramenten, vor allem der Eucharistie.
Die Kirche feiert sieben Sakramente. Aber man könnte das betende Lesen
der Heiligen Schrift quasi das achte Sakrament nennen. Also: Die Seele
kann nur durch den Erlöser erlöst werden. Wer sich der Erlösung
verweigert, wird verdammt. Wer die Erlösung annimmt, kommt entweder
direkt in den Himmel oder er geht zuvor durch eine Phase der Läuterung
und kommt dann in den Himmel. Eine Wiedergeburt lehrt die göttliche
Offenbarung definitiv nicht, sondern, wie der weise Paulus sagt: Wir
sterben einmal und dann kommt das Gericht.
PLATON
Nun lehrte aber der weise Pythagoras, die Seele wandere von Körper zu
Körper. Darum aßen die Pythagoräer keine Bohnen, denn die Bohnen
waren Sitz der Ahnen. Auch der göttliche Mann Empedokles lehrte die
Metempsychose oder Reinkarnation. Wie ich auch einige Juden von
diesem Glauben flüstern hörte.
AUGUSTINUS
Ich weiß, ich kenne diese mystische Synagoge. Auch am Indus fabeln sie
von der Wiedergeburt. Kann aber eine greise Seele wieder zu einer
kindlichen Seele werden? Kann eine menschliche Geistseele zu einer
animalischen Tierseele oder gar einer vegetabilen Pflanzenseele werden?
Die eine einmalige Seele ist die eine einmalige Form diesen einen
einmaligen Leibes. Der Mensch ist nicht allein die Seele mit
verschiedenen zufälligen Leibern, sondern der Mensch ist diese einmalige
Einheit von Leib und Seele. Weil der Mensch die Einheit von Leib und
Seele ist, darum lehren wir nicht allein die Unsterblichkeit der Seele,
sondern auch die Auferstehung des Fleisches.
PLATON
O Unsterblichkeit der Seele! Sokrates sagte, die Seele ist das
Lebensprinzip des Leibes. Und was an sich ein Lebensprinzip ist, kann
nicht sterben. Auch umfasst die Seele ja den unendlichen Kosmos. Die
Seele bewegt sich frei von Raum und Zeit. Sie kann die Ewigkeit
umfassen in ihrer Meditation. Darum ist die Seele der Ewigkeit gemäß.
AUGUSTINUS
Ich stimme dir vollkommen zu. Dazu kommt, dass die Seele ein
substanzielles eigenständiges und immaterielles Wesen ist. Beim Zerfall
des materiellen Körpers kann das immaterielle und eigenständige Wesen
der Psyche nicht mit zerfallen.
PLATON
Wie wollen wir aber das ewige Ziel der Seele nennen? Wir Griechen
nennen es Elysium. Und unsere griechischen Dichter singen Oden an die
Freude, die Tochter aus Elysium. Elysium ist ein himmlischer Garten, eine
vollkommene Gegenerde. Dort leben die unsterblichen Seelen mit den
himmlischen Nymphen und schauen den Tanz der Ideen und die Schönheit
der unsterblichen Götter.
AUGUSTINUS
Wir nennen die ewige Heimat Paradies. Nach der Auferstehung des
Fleisches werden die erlösten unsterblichen Seelen in ihren auferstandenen
unsterblichen Geistleibern schauen von Angesicht zu Angesicht die
Urschönheit der Urgottheit. Sie werden schmachten nach dem Genuss der
Gottheit und werden befriedigt von der Liebe Gottes. Aber sie werden
nicht so schmachten, dass sie unglücklich werden, denn sie werden ja
befriedigt. Aber sie werden auch nicht so befriedigt, dass sie des Himmels
überdrüssig werden, sondern sie werden auch ewig schmachten. Und so
wird die Seele im Geistleib hineingesogen in das Liebesspiel der
dreifaltigen Liebe der Einen Gottheit.
PLATON
Nun haben wir aber genug philosophiert. Lass uns eine Flasche Wein
köpfen.
AUGUSTINUS
Ja! Ich bin kein Abstinenzler, ich trinke gerne Wein, aber nicht zuviel, wie
es sich für einen Bischof gehört.

BINAH

Zuletzt haben wir Chochmah oder "inspirierte Weisheit" diskutiert. Wir


kommen nun zu der zweiten der zehn Sefirot, zu der Binah oder
"verarbeiteter Weisheit", auch als deduktive Weisheit bekannt.
Wir haben eine Definition von Binah in der nicht-mystischen Midrasch-
Literatur, die Binah in der gleichen Weise wie die Kabbala definiert, und
zwar als Verständnis einer Idee aus einer anderen Idee heraus.
Eine Person hat eine Idee - von Chochmah inspiriert – aber so, wie es ist,
erscheint die Idee nicht wirklich nützlich; sie ist roh. Aber dann fängt man
an, sie zu analysieren. Was genau sind die Parameter dieser Idee? Welche
Axiome gibt es es auf dieser Grundlage? Was sind alle Auswirkungen
dieser Idee, und sind sie in sich konsistent? Was sind ihre Anwendungen?
In kabbalistischen Literatur werden die Metaphern eines "Vaters" und einer
"Mutter" verwendet, um diese Beziehung von roher Idee und verarbeiteter
Idee zu beschreiben.
Genau wie ein Vater seinen Samen sät, so ist Chochmah ein bloßer Same.
Der Same des Vaters ist verschwindend klein, mit einem unentwickelten
Code, der bloße Potenzialität ist.
Es der Mutterleib der Ort, da es sich zu entwickeln beginnt. Jede Zeile des
DNA-Codes beginnt eine menschliche Zelle zu werden, ein angehendes
Gewebe oder ein bestimmtes Organ. Hier ist die Fähigkeit, den Keim eines
Menschen zu entwickeln.
Diese Beziehung wird in der talmudischen Literatur so ausgedrückt:
Der Mann bringt Weizen und Wolle aus den Feldern nach Hause. Kann ein
Mensch Weizen essen? Kann er Wolle tragen? Die Frau nimmt diesen
Weizen und macht Mehl, dann Teig und dann Brot. Sie nimmt die Wolle,
spinnt, webt und näht.
So sehen wir, dass die Frau das Potenzial in jedem Punkt entwickelt. (Dies
erklärt vielleicht die besondere Begabung in der Erziehung, die Mütter
besitzen, denn sie sind in der Lage, Potenzial bei Kindern zu sehen, lange
nachdem der Vater sie aufgegeben hat.)
Ein weiterer Punkt über die Metapher eines Vaters und einer Mutter. Der
ursprüngliche Mensch - Adam - ward geschaffen aus "Nichts." Er begann
als Klumpen Lehm, in den der göttliche Atem eingeblasen wurde. So ist
die Essenz des Menschen, dass er vom "Nirgendwo" genauso kommt wie
Chochmah.
Eva wurde jedoch aus Adam gemacht. Ihre Existenz beweist, dass sie ein
Werk aus Etwas ist.
Adam schien eine Person zu sein, aber es wurde gezeigt, dass aus dieser
Person eine andere Person geschnitzt werden konnte. Oder richtiger -
innerhalb dieses Adams gab es latent eine ganze Person, die darauf
wartete, zu entstehen.
Die Bibel erklärt dann, dass dies der Grund ist, dass eine Frau Ishah
genannt wird, denn sie ist vom Mann Ish gemacht.
Lasst uns den Kontrast zwischen Chochmah und Binah in einem anderen
Bereich untersuchen: im Studium der Torah.
Der Talmud sagt, die Torah ward Mose gegeben, dass er sie Israel gebe.
Damals empfing Mose auch die Kunst der Prozesse der logischen
Extrapolation, eine neue Torah aus dem vorhandenen Körper des Gesetzes
zu entwickeln. Mose war nicht erforderlich, um diese Fähigkeit Israel in
die Hand zu geben, aber aus seinem guten Herzen tat er es. Tatsächlich
wurde die Kunst sehr nützlich, denn als Mose starb, hatte Israel viele
Gesetze vergessen, und diese wurden durch die Prozesse der Entwicklung
restauriert.
Diese Lehre des Talmud ist eigentlich eine Beschreibung der Rolle der
beiden, Chochmah und Binah, in dem Studium der Torah.
Die Torah ist sicherlich ein Beispiel für Chochmah. Es gibt eine äußere
Injektion von Gottes Weisheit in die Welt. Ihre Gültigkeit stammt nicht
daher, weil wir sie verstehen, sondern vielmehr, weil Gott es sagte, so ist
es.
Doch die Torah hat gleichzeitig eine interne Binah. Angesichts der
Grundlagen kann man die logische Extrapolation verwenden und den Rest
wieder aufbauen. Auch der Modus der Entwicklungskunst wurde uns
gegeben und erinnert sehr an Binah. Die Torah an sich wurde uns von Gott
gegeben durch die Person, die sie bereits empfangen hatte, aber Binah
(also die Entfaltungskunst) hat sie weiterentwickelt. Ähnlich wie die Frau
aus dem Mann gebildet wurde, der schon da war.
Tatsächlich scheint für einen Außenstehenden die Methode des Studiums
seltsam. Auf der einen Seite zeigen die Schüler eine enorme Ehrfurcht vor
der Torah als Gottes Wort. Auf der anderen Seite wird jeder Punkt
akribisch mit der schärfsten logischen Analyse debattiert. Dies liegt daran,
dass die Torah tatsächlich beide Komponenten enthält: Chochmah von
Gott und die menschliche Binah oder Entfaltungskunst.
Fassen wir zusammen. Chochmah ist Intelligenz, die nicht von den
rationalen Prozessen ausgeht. Sie wird entweder inspiriert oder gelehrt.
Binah ist der rationale Prozess, der einer Person angeborenen ist und
arbeitet, um eine Vorstellung voll zu entfalten.

INSTRUKTION DER HAGIA SOPHIA

Die Pracht der Weisheit:

Mensch, da gibt es nichts, was ich lieber habe als dich, ich will dir alles,
was ich zu deinen Gunsten getan habe, zeigen, und alles, was du von mir
erwarten kannst, solange du mich lieben wirst.

Ich bitte nur um dein Vertrauen, um mein Verlöbnis zu bitten, und ich will
dir hundertmal mehr geben als das, was ich dir versprochen habe.

Denn ich zerstreue alle deine Ängste, lösche alle deine Zweifel aus.

Ich bin die Kraft und das Licht.

Die Gründe für des Menschen Elend:

Die erste Frage, die dich quält: Darum findet man sich in einer dichten
Materie, deren Notwendigkeiten und Korruption dich in der Sklaverei
gefangen halten und dauernder Verwirrung.

Die Emanation der Ältesten:

Um deine Meinung zu erleichtern zu diesem Thema, werde ich dich


lehren, was vor der Bildung des Universums war: Ich ging von mir selbst
aus als geistiges Wesen, wie du es bist. Ich ging aus zu meiner eigenen
Ehre, so dass du mir darbringen kannst einen Kult der Liebe und
Verehrung, die mir gefallen, und zur gleichen Zeit bin ich glücklich über
den Zustand des glückselige Wesens dessen, der allein versucht, mich zu
ehren und zu lieben.

Das Gesetz, Weisung und Gebot:

Alle geistigen Wesen, die von mir ausgingen, waren frei.

Sie hatten ein Recht in ihrer Ausstrahlung, waren zum Priester geweiht,
aber waren nicht in der Lage, den Grenzen der Natur zu entkommen und
daher nie meine Gleichen zu sein, aber heftig waren ihre Bemühungen.

Denn ich bin das einzige Wesen, und es wird nie ein anderes sein wie ich.

Sie hatten noch eine Vorschrift, um sie im Kult zu praktizieren, die dazu da
war, um die Essenz ihrer spirituellen Natur zu leiten und dass sie ein Gebot
erfüllen.

Wenn diese Wesen nicht versucht hätten, die Grenzen, die ich ihnen
vorgeschrieben, zu überschreiten, wenn sie in meinen Geboten gegangen
wären und hätten nicht ihr eigenes Gebot gemacht, ich hätte ihnen eine
ununterbrochene Ruhe gelassen und unzählige Köstlichkeiten wären ihr
Lohn gewesen, und das Böse wäre noch unbekannt.

Ihre Freiheit:

Aber unabhängig von mir, nach ihrem Willen und spirituellen Handlungen,
konnte ich nicht ihren freien Willen beschränken, ohne sie zu zerstören.
Sie hatten in sich ein Prinzip des unzerstörbaren Lebens, das gebe ich
allem, was aus mir hervor kommt. Und so ließ ich sie handeln, wie sie
wollten, ohne meine Intervention in jeder Handlung der Wesen.

Meine Gesetze sind unveränderlich. Wie ich mit mir trage die ewige
Quelle unendlicher geistiger Wesen, können alle, die von mir ausgehen,
nicht umhin, zu fühlen und zu wissen, wie sie mir geweiht sind, dass,
wenn sie von mir weichen, sie nur Verwirrung finden.
Mein Gesetz kann nicht die alleinige Grundlage für ihre Freiheit sein,
sonst würden sie nicht meine Kinder sein, sondern eher meine Sklaven.

Ausflüchte wegen ihrer Freiheit:

Durch die Kraft dieser Freiheit wagten die ersten geistigen Wesen in ihrer
Kühnheit, meinen Thron zu besteigen. Sie wollten meine Ewigkeit, indem
sie mir gleich sein wollten.

Sie wollten meine Allmacht in meinem Betrieb der Schöpfung


beschränken.

Schließlich entwickelten sie den Plan, Schöpfer selbst zu sein, die dritte
und vierte Ursache, die sie wussten, die angeboren sind in meiner
Allmacht, da sie in ihrer Eigenschaft als göttlich-geistige Wesen lesen
konnten, was in meinem Herzen war.

Ihr Fall:

Aber mein Thron ist ewig und unerschütterlich, und nichts ist mir
verborgen, so drang ich in ihre kriminellen Gehirne, in denen einmal diese
Gedanken gebildet worden waren.

Ich ließ sie wissen, dass es keine Macht gibt, die gegen meine bestehen
kann. Ich jagte sie weg von meinem heiligen Bezirk, wo sie erkennen
konnten meine göttliche Essenz, all das, was handeln sollte und betreiben
alle meine Herrlichkeit in den spirituellen Wesen, und zwar: die
überlegenen Häupter, die unteren und kleineren, obwohl sie noch nicht
ausgestrahlt waren.

Erschaffung des physischen Universums:

Als ich also mein Licht verweigerte, habe ich dieses physische Universum
der materiellen Formen geschaffen, in denen diese Provokateure
kontinuierlich ihre Erkrankung, die durch ihre mutwilligen Wünsche
erzeugt wurden, ausüben.

Die Auswirkungen ihres Willens werden aber nicht für immer


durchzusetzen sein gegen die Gesetze der Ordnung und der Zeit, die ich
habe bestimmt in meiner Universal-Erschaffung, allgemeiner und
spezieller Art.

Es liegt im Zentrum dieser Arbeit meiner Macht, dass ich für sie ein Asyl
in den Tiefen ihrer dunklen Operationen vorbehalten habe.

Emanation des Menschen:

Also, Mensch, öffnete ich mein Herz wieder, und du wurdest empfangen.

Ich habe dir die Verteidigung meiner Ehre anvertraut, dir gab ich alle
Rechte, die ich genommen habe den Ältesten.

Ich behaupte, deine Macht ist desselben Wesens, die andere Meister nicht
erkannt haben als ich allein.

Ich gab dir Gesetze, Vorschriften und Gebote. Du warst frei, wie sie, um
die Freiheit zu meiner Ehre zu verwenden.

Aber der Engel der Finsternis, der geschworen hat, alles, was mir gehört,
zu zerstören, ließ nicht ab von seinem Wunsch, dich zu verführen und
anders handeln zu lassen.

Des Menschen Versuchung:

Er deutete an den gleichen kriminellen Stolz in deiner Seele, der ihn schon
zum Objekt meiner Wut gemacht hatte. Er überzeugte dich, dass es keine
Grenzen für die Kraft gebe, die ich dir gab, und das du in meinem Bild die
gleichen Rechte wie ich hättest.

Statt von sich weg zu jagen dieses Monster der Verwünschung, wie du die
Macht zu tun hattest, warst du niedrig genug, dich in diesem Bestreben,
das du dir vorgestellt, so schön zu sein zu dünken.

Er nutzte dein Verhalten, um noch tiefer diese kriminelle Gedanken in dein


Herz einzuprägen.

Sein Vergehen:
Und bald wurdest du überredet, in Kraft dieses fatale Projekt zu beginnen,
das dich erschrecken sollte und dass sogar mehr als den Tod selbst mit sich
bringen sollte.

Sein Elend:

Schreie, Mensch, und gehe in dich in Bitterkeit.

Kenne den Köcher deines Leidens, den du meiner Gerechtigkeit schuldest;


lerne, deine Verbrechen durch die Art und Weise deiner Strafe zu richten:
Denn mein Recht hat dich an dem Ort, an dem du gesündigt hast, gequält,
um sicherzustellen, dass deine Fehler dir klar vor deinen Augen stehen.

Denke daran, jeden Tag in deinem Leben, was es kostet, was du erhalten
hast, ein paar Strahlen meines Lichts, und du wirst sehen, wie weit ich
meine Rache reichen lasse zu allen, die mich empört haben.

Du bewohntest eine Stätte der Ruhe und Klarheit: Du wurdest in einen


Abgrund der Verwirrung und Dunkelheit getaucht.

Du lebtest: Du gerietest in einen Zustand, in dem du dein eigenes Grab


gegraben hast.

Du warst der Meister, in meinem Bild erzeugt: Du wurdest Sklave von


Sklaven, der Ausgestoßene der Erde und des Himmels zu werden.

Aber es kommt keine Qual und Verfolgung von mir, es kommen alle deine
Leiden von deinem Gegner, da du ihn über dich herrschen ließest.

Es gibt nichts, was er nicht verwendet, um die geringsten Spuren der


Wahrheit bei dir zu verschlingen.

Er ist nicht damit zufrieden, dass du fuhrst in seine dunklen Behausung; er


würde lieber sehen, dass du für immer dort bleiben würdest.

Güte der Weisheit:

Aber, Mensch, wie du das Objekt meiner Liebe immer noch bist, ich habe
meine Augen nicht von dir abgewandt.
Ich habe mein Kind bestraft, so dass, auch wenn du meine Gerechtigkeit
fühltest, du wirst noch mehr das Gefühl meiner Gnade haben. Und
schließlich, bei der Erkennung der Größe meines Namens, wirst du dich
vor mir demütigen und du wirst mir dein Herz geben. Hätte ich gewollt,
dass du verloren gehst, möchte ich dich vollständig von mir getrennt
haben, da du derjenige warst, der sich mit Ausflüchten von mir getrennt
hatte.

Die Kraft, dem Menschen gegeben:

Im Gegenteil, ich hatte die Absicht, dir den Vorteil in deinem Kampf zu
geben, ich habe dich stark gegen den Feind bewaffnet, habe dir reiche
Beweise meiner Macht gegeben, dir sinnvolle Zeichen gesandt, um deine
Hommage an mich adressiert zu verbreiten, so wie ich diejenige bin, die
dich belohnen kann.

Schreibe:

O mein Sohn, wie weit hast du durchgeführt deine Blindheit und


Unempfindlichkeit! Wenn du vergisst, was ich für dich getan habe und was
ich mache jeden Tag für dich! Meine größten Wunder begeistern dich
kaum; meine Geißel erschrickt dich nicht, meine donnernde Stimme
schlägt dich nicht, und meine Gesetze, überall in unauslöschlichen Zeichen
geschrieben, werden nicht auf dich eingeprägt.

Also warum sollte ich meine Dichtung in dein Herz legen? Nein, ich
glaube nicht, dass du von mir je mehr gehen wirst; ich möchte, dass du
diesen Zustand des Todes durchhältst, in dem du jeden Moment tiefer
sinkst.

Ich will dich lehren, meine Arbeiten zu beobachten, ich möchte, dass
meine Wahrheiten in allen Schritten zu erkennen sind.

Des Menschen Ressourcen:

So musst du nicht mehr zögern, mich als deine Führerin zu nehmen, und
deine Seele wird gestehen, dass sie fest und unerschütterlich durch das
Leben gehen und immer in meinem Gesetz sein kann.
Beachte die Formen und ihre Reihenfolge, wie du sie kennst, denn der
erste Einsatz von Sinnen ist es, alles um sich herum zu beobachten.

Du wirst die Formen voneinander verschieden sehen; du wirst


wahrnehmen bestimmte Anteile und bestimmter Vorschriften dieser
Formen, die alle materiellen Wesen in all ihren Revolutionen regieren.

Dieser Anteil wird dich befestigen und dich anziehen gegen deinen Willen.

Du wirst spüren, dass du angezogen wirst durch die Anziehungskraft, die


du in allen Dingen, die es gibt, finden wirst.

Dies ist die erste einfache Beobachtung, die du machen wirst, die Ewigkeit
meines Namens und der unveränderlichen Gesetze, die ich graviert sogar
auf die gröbsten Arbeiten mit meinen Händen, so dass du nie Zweifel
haben wirst.

DIE APOSTELIN JUNIA

Paulus, Brief an die Kirche von Rom, Kapitel 16, Vers 7:


„Grüßt Andronikus und Junia, meine jüdischen Landsleute, die mit mir
gefangen waren. Sie nehmen unter den Aposteln einen hervorragenden
Platz ein und sind schon vor mir Christen geworden.“

Der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz hat gefordert, die


Allianz müsse „weiblicher werden“ – ein Ruf zu mehr Frauen in
geistlichen Leitungsfunktionen. Nicht nur Evangelikale, sondern auch die
großen reformatorischen Kirchen streiten darüber, ob eine Frau in
leitenden Ämtern dienen darf. Längst haben die meisten großen Kirchen
der Reformation die Debatte über die Frauenordination beendet und
Letztere eingeführt.
Unter den Evangelikalen ist die Mehrheit der Auffassung, Frauen in ihren
Denominationen für den Dienst als Älteste und Pastorinnen zuzulassen.
Ein kleinerer Teil der Evangelikalen halten an der Position fest, Frauen
weiterhin den Zugang zu geistlichen Leitungsämtern zu verwehren.
Manche gehen so weit, dass sie die radikale Forderung aufstellen „Die
Frau schweige in der Gemeinde“ und gar ein absolutes Redeverbot für
Frauen vertreten. Es sei der Hinweis erlaubt, dass Paulus den Frauen der
Gemeinde nicht untersagte zu weissagen, solange sie sich an bestimmte
Regeln hielten.
Die Frau darf reden und beten in Gemeinde-Veranstaltungen. Dennoch
sieht das Neue Testament kein geistliches Leitungsamt für Frauen vor,
selbst wenn der Zeitgeist dies vehement einfordert. Ein Argument, das die
Befürworter der Frauenordination immer wieder anführen, ist der Name
Junia, der in Römer 16,7 angeführt wird. Junia wird von einer Reihe von
Auslegern als ein weiblicher Apostel betrachtet. Wenn das Neue Testament
weibliche Apostel kannte, so die Argumentation, dann dürfe man Frauen
den Dienst als Pastorinnen nicht verweigern.
Der Kirchenvater Johannes Chrysostomus (viertes Jahrhundert) sprach von
dieser Person als einer Frau, aber der Kirchenschriftsteller Origenes
(drittes Jahrhundert) sah in dieser Person einen Mann, und der frühe
Kirchenhistoriker Epiphanius (viertes Jahrhundert) verwendet
ausdrücklich ein männliches Pronomen für Junia und schien spezifische
Informationen über ihn zu haben, wenn er sagt, dass ‚Junias, den Paulus
erwähnte, Bischof von Apameia in Syrien wurde.‘
Allerdings hat da Epiphanius auch Priska als Mann deklariert. Woher
Epiphanius die Information hatte, dass Junias Bischof von Apameia wurde,
bleibt unklar. Man muss aber, wenn man Epiphanius folgen will, ebenso
erklären, wie Priskas Bischof oder. Priska Bischöfin wurde, die Quellen
des Epiphanius dürfen hier mit Recht angezweifelt werden.
Die Meinungen, ob es sich bei Junia nun tatsächlich um einen Mann oder
eine Frau handelt, sind folglich nicht nur bei den modernen Auslegern,
sondern bereits bei den Christen der ersten Jahrhunderte geteilt. Unterzieht
man den griechischen Text einer textkritischen Analyse, stößt man
wiederum auf den Befund, dass der Name sowohl maskulin als auch
feminin sein kann. Letzteres ist aber besser belegt. Die Übersetzer
schließlich hatten die schwierige Aufgabe, den Vers zu übersetzen, und
erneut zeigen die unterschiedlichen Übersetzungen. Vor kurzem ist eine
neue Diskussion über die Bedeutung des Textes entflammt. Denn der
griechische Urtext kann sowohl mit „angesehen bei den Aposteln“ als auch
„hervorragend unter den Aposteln“ (also angesehene Apostel) übersetzt
werden.
Sind also Andronikus und Junia selbst Apostel oder waren sie unter den
Aposteln bekannt? Doch eine rein grammatikalische Lösung dieser Frage
kann man dem Griechischen leider nicht entlocken. Man sollte darum das
Neue Testament auf den Begriff Apostel untersuchen, und so kommt man
zu dem Schluss, dass es sieben Arten von Aposteln kennt:
1. Die 12 Apostel, die Wunder vollbrachten und neutestamentliche
Schriften verfassten.
2. Paulus als ein einzigartiger Apostel, der eine besondere Berufung hatte.
Er wirkte Wunder und schrieb viele der neutestamentlichen Briefe.
3. Barnabas ist ein Apostel. Er wirkte Wunder, schrieb aber keine der
neutestamentlichen Schriften.
4. Jesus selbst wird Apostel genannt. Er wirkte Wunder.
5. Es gibt Apostel in dem Sinne, dass Personen „Gesandte“ waren. Sie sind
Boten und keine Wundertäter.
6. Es ist möglich, dass jeder, der Christus vor Seinem Tod diente und Ihn
nach seiner Auferstehung sah, als Apostel bezeichnet werden könnte.
7. Es gibt falsche Apostel.
Es gibt fünf Bedeutung des Wortes Apostel im Neuen Testament
Apostel als vertretenden Beauftragten;
Apostel als Beauftragten einer Gemeinde;
Apostel als Träger der Verkündigung;
Apostel als urchristliche Missionare;
Jesus selbst als abschließende Offenbarung Gottes.
In welche Kategorie nun fällt Junia? Junia ist kein Apostel, der den 12
Aposteln zuzurechnen ist, noch ist Junia ein Apostel wie Paulus oder gar
Jesus und auch kein falscher Apostel. Folglich wäre Junia ein Apostel wie
Barnabas in dem Sinne, dass Junia einfach gesandt war, die Wahrheit zu
verkünden.
Junia war aber kein weiblicher Apostel in vollmächtiger Autorität über die
Gemeinde Christi. Junia war eine Apostelin im weiten Sinne, aber keine
Gemeindevorsteherin. Das Lehrverbot für Frauen in 1Timotheus 2,12
betrifft lediglich das Pastorale Belehren von Männern in der Kirche.
Darüber hinaus soll man Frauen ermutigen, sich evangelistisch zu
betätigen und einzubringen. Mission muss von beiden Geschlechtern
geleistet werden.
Bezüglich der Frauenordination müssen aber noch zwei weitere Dinge
berücksichtigt werden. Erstens, die alttestamentliche Schöpfungsordnung
bleibt auch im Neuen Testament gültig; es gilt nach wie vor: Der Mann ist
das Haupt der Frau. Gleichzeitig aber gilt auch: Es „ist im Herrn weder die
Frau ohne den Mann, noch der Mann ohne die Frau“ (1Korinther 11,11).
Hiermit zeigt Paulus, dass die Frau nicht abgewertet wird, sondern dem
Mann gleichwertig ist. Es wird deutlich, dass die schöpfungsgemäße
Ordnung einerseits den Mann zum Haupt der Frau macht, aber andererseits
keine Minderwertigkeit der Frau begründet. Dass Paulus bezüglich der
Stellung von Mann und Frau die Parallele zu Christus als dem Haupt der
Kirche anführt, will unmissverständlich zeigen, dass es sich um Gottes
ewige Ordnung handelt. Damit sollte jeder Zweifel ausgeräumt sein, dass
sich die paulinischen Ausführungen lediglich auf die damalige Zeit oder
Sitte bezogen. Für Paulus ist die Stellung von Mann und Frau Gottes
ewige Schöpfungsordnung.
Feministische leitet aus der Gleichheit von Mann und Frau – „da ist nicht
Mann und Frau, denn ihr alle seid einer in Christus Jesus“ – eine
Dienstemanzipation ab. Aus dem, was die Bibel sowohl über die
Schöpfungsordnung von Mann und Frau als auch über den Dienst der Frau
sagt, kann man das neutestamentliche Anliegen der Führungsrolle des
Mannes erkennen. Dies bedeutet konsequenterweise, dass die geistliche
Leitung dem Mann vorbehalten bleibt.
Das oft angeführte Beispiel der Richterin Deborah steht hierzu nicht im
Widerspruch. Im Gegenteil: Wenn Männer in ihrer Rolle als Haupt und
Führer versagen, kann Gott Frauen in Diensten gebrauchen, die eigentlich
von Männern ausgeübt werden sollten. Im Siegeslied Deborahs heißt es:
„Es ruhten die Landbewohner (Es gab keine Führer mehr), sie ruhten in
Israel, bis ich, Deborah, aufstand“ (Richter 5,7). „Es gab keine Führer
mehr“ – das ist die biblische Analyse dafür, warum Gott eine Frau zur
Richterin berief. Selbst wenn Junia eine Apostelin gewesen wäre, muss
man auch diese Möglichkeit berücksichtigen, dass der Herr aus Mangel an
dienstbereiten Männern ausnahmsweise eine Frau in diesen Dienst berufen
hatte. Damit läge aber noch kein Präzedenzfall für die Frauenordination
vor.

Junia oder Junias ist ein Apostel oder eine Apostelin, der oder die im
Römerbrief 16,7 zusammen mit Andronikus erwähnt wird.
Im Römerbrief werden Andronikus und Junia erwähnt, die „angesehen
unter den Aposteln sind“. Der weibliche Name Junia wird dabei von
manchen Auslegern als Kurzform für den männlichen Namen Junianus
interpretiert. Neuer evangelische Bibeln fassen dagegen Junia als
Apostelin auf.
Für eine Frau spricht auch, dass der Frauenname Junia in der
außerbiblischen antiken Literatur vielfach belegt ist, ein Männername
Junias aber bis heute nicht nachgewiesen werden konnte. Die Ansicht, dass
es sich bei der betreffenden Person um einen Mann namens Junias handle,
wird zum ersten Mal im 13. Jahrhundert in der katholischen Kirche
vertreten. Sie wird hier sehr schnell Gemeingut der Ausleger und ist es bis
heute geblieben, während die orthodoxen Kirchen immer noch an der
althergebrachten Auffassung festhalten.
In den meisten älteren Bibelausgaben steht der Männername Junias.
Diesen Namen hat es für Männer in der Antike nicht gegeben, der
Frauenname Junia hingegen war üblich. Noch die Auslegungen zur Zeit
der Alten Kirche lasen hier Junia. Der Unterschied zwischen den beiden
Namen besteht nur in der Interpretation eines Akzents. Spätere Ausleger
konnten sich nicht mehr vorstellen, dass hier eine Frau als Apostelin geehrt
wird, deshalb veränderten sie den Text.
Wahrscheinlich lautete der Name ursprünglich weiblich Junia. In der alten
Kirche und noch bis ins 13. Jahrhundert wurde er als Frauenname
verstanden.
Alle Kirchenväter halten Junia für eine Apostelin. Bei Johannes
Chrysostomos findet sich folgende Bemerkung: „Ein Apostel zu sein ist
etwas Großes. Aber berühmt unter den Aposteln – bedenke, welch großes
Lob das ist. Wie groß muss die Weisheit dieser Frau gewesen sein, dass sie
für den Titel Apostel würdig befunden wurde.“
Der erste Ausleger, bei dem der Name Junias auftaucht, ist Aegidius von
Rom (13. Jahrhundert).
Seit dem Jahre 2012 gibt es in Deutschland eine Junia-Kirche: Die
Gemeindeversammlung der alt-katholischen Gemeinde Augsburg hat in
einer Gemeindeversammlung 2011 über die Namensgebung der neu
gebauten Kirche abgestimmt und sich mit großer Mehrheit für die
Apostelin Junia entschieden. Die Kirche wurde 2012 durch einen Bischof
geweiht.

In der Bibel wird zwischen »den Zwölfen« und dem Apostelkreis un-
terschieden. Das ist nachzulesen in den Versen, in denen Paulus aufzählt,
wer den Auferstandenen gesehen hat. Da werden die Zwölf genannt, dann
500 Geschwister und am Ende apostoloi. Schließlich bezeichnet sich
Paulus selbst als Apostel. Auch Barnabas, der Begleiter des Paulus, wird
Apostel genannt . Als Apostel galten diejenigen, die die Auferstehung Jesu
bezeugen konnten und die sich von Jesus dazu beauftragt wussten. Auch
Frauen waren unter den apostoloi. Im Brief an die Gemeinde in Rom 16,7
lässt Paulus zwei Personen grüßen. Sie heißen Andronikus und Junias und
werden als »berühmt unter den Aposteln« bezeichnet. Dazu gibt es in den
neueren Ausgaben der Bibel eine Anmerkung: „Wahrscheinlich lautete der
Name ursprünglich weiblich Junia. In der alten Kirche und noch bis ins 13.
Jahrhundert wurde er als Frauenname verstanden. Für eine Frau spricht
auch, dass der Frauenname Junia in der außerbiblischen antiken Literatur
vielfach belegt ist, ein Männername Junias aber bis heute nicht
nachgewiesen werden konnte.“ Die orthodoxen Kirchen des Ostens wissen
seit jeher, dass Junia eine Frau war. Die griechisch-orthodoxe Kirche zählt
Junia gemeinsam mit ihrem Gefährten Andronikus zum Kreis der
Apostelinnen und Apostel. In der Kunst wird Junia zuweilen zusammen
mit Andronikus und dem Wundertäter Athanasius abgebildet. Die
Geschichte der Geschlechtsumwandlung der Apostelin Junia trägt Züge
eines historischen Kriminalromans. Die amerikanische Theologin
Bernadette Brooten hat diese verdrängte Frauengeschichte offen gelegt. In
ihrem Aufsatz: „Junia, hervorragend unter den Aposteln“ zeichnete sie das
Verschwinden der Apostelin Junia zugunsten eines Apostels Junias nach.
Der frühen Christenheit war es selbstverständlich, dass es sich bei Junia
um eine Frau handelte, zumal es den Männernamen Junias nicht gab. Der
Kirchenvater Johannes Chrysostomos würdigte Junia im 4. Jahrhundert:
„Ein Apostel zu sein ist etwas Großes, aber hervorragend unter den
Aposteln – bedenke, welch wunderbares Loblied das ist. Sie waren
hervorragend aufgrund ihrer Arbeit und ihrer rechtschaffenen Taten. Wie
groß muss doch die Weisheit dieser Frau gewesen sein, dass sie für den
Titel Apostel würdig gefunden wurde!“ Andere Kommentatoren haben sich
dem Kirchenvater angeschlossen, bis im 13. Jahrhundert Aegidius von
Rom den Namen als männlich einordnete. Damit begann eine Tradition,
die sich bis heute in Bibelausgaben gehalten hat. In der maßgeblichen
wissenschaftlichen Textausgabe des Neuen Testaments geschah diese
Verwandlung später: Bis zur Auflage von 1923 stand im griechischen Text
korrekt der Frauenname Junia. Erst zu dem Zeitpunkt, als Frauen erstmals
zum Theologiestudium zugelassen wurden und Pfarrerinnen werden
wollten, nämlich ab der Ausgabe von 1927, wurde aus der Frau Junia der
Mann Junias gemacht, ohne diese Verfälschung des Textes kenntlich zu
machen. Die Textmanipulation hatte enorme Auswirkungen auf fast alle
deutschsprachigen Bibelübersetzungen im 20. Jahrhundert. Bis zur
Auflage von 1963 waren wenigstens im wissenschaftlichen Apparat zu
Römer 16,7 die griechischen Belege aus den ersten Jahrhunderten für den
Frauennamen Junia aufgelistet. In der Auflage von 1986 verschwanden sie
und wurden erst in der Auflage von 1997 wieder wissenschaftlich korrekt
aufgenommen. Dennoch konnten die Herausgeber sich nicht dazu
durchringen, endlich auch im Text selbst die weibliche Form Junia zu
übernehmen. Erst 1998 iwurde dieser Texteingriff korrigiert. Endlich steht
im Griechischen wieder der Frauenname Junia.

In neuerer Zeit wird die These, dass es in den apostolischen Gemeinden


keine weibliche Apostel, Lehrer und Gemeindeleiter gab, gerne mit der
Vermutung zu widerlegen versucht, dass in Römer 16,7 ein weiblicher
Apostel namens "Junia" erwähnt sei.
Dabei sei bemerkt, dass schon die Deutung des Textes nicht ganz einfach
ist, denn der griechische Text lässt sich verschieden lesen. Das machen die
verschiedenen Übersetzungen deutlich:
„Grüßet Andronikus und Junias, meine Verwandten und meine
Mitgefangenen, welche unter den Aposteln ausgezeichnet (oder:bei den
Aposteln angesehen) sind, die auch vor mir in Christo waren." Oder:
„Grüßt Andronikus und Junias, meine Verwandten und meine
Mitgefangenen, die unter den Aposteln ausgezeichnet sind (vielleicht auch
in dem Sinn, dass sie unter den Aposteln angesehen sind), die schon vor
mir in Christus waren!“ Oder: „Grüßet den Andronikus und den Junias,
meine Gefreundeten und meine Mitgefangenen, welche sind berühmte
Apostel und vor mir gewesen in Christo.“ Oder: „Grüßt Andronikus und
Junias, meine Stammverwandten und Mitgefangenen, die berühmt sind
unter den Aposteln und schon vor mir in Christus gewesen sind.“ Oder:
„Grüßet Andronicus und Junias, meine Verwandten und Mitgefangenen,
welche unter den Aposteln angesehen und vor mir in Christus gewesen
sind.“ Oder: „Grüßt Andronikus und Junias, meine Stammesgenossen und
Mitgefangene, welche sind hervorragend unter den Aposteln, die auch vor
mir gewesen sind in Christus!"
Man ist bezüglich der Deutung von Römer 16,7 unterschiedlicher
Auffassung. Es könnte sein, dass Andonikus und Junias sehr angesehen
unter den Apostel sind, aber selbst keine Apostel sind, oder sie sind als
Apostel ausgezeichnet und anerkannt unter den Aposteln.
Von einigen Auslegern, wird die These vertreten, dass es sich bei "Junias"
um einen weiblichen Vornamen handelt. Diese Interpretation ist jedoch
nicht sicher. Bei der paulinischen Neigung zu abgekürzten Namen erklärt
sich das Wort vielleicht als Kurzform Junias für den häufig männlichen
Namen Junianus.
Die Vorstellung, dass Paulus einerseits einen weiblichen Apostel grüßen
lässt und andererseits in Übereinstimmung mit der Praxis der gesamten
Christenheit den Frauen im Gottesdienst jede Form der Wortverkündigung
untersagt, ist historisch unwahrscheinlich.
Gegen die Hypothese, dass in Römer 16,7 von einem weiblichen Apostel
die Rede ist, spricht außerdem der Befund, dass im ganzen Neuen
Testament keine einzige Stelle auch nur leise auf die Existenz weiblicher
Apostel hindeutet. Vielmehr bezeugen die Evangelien ausdrücklich, Jesus
habe nur Männer in den Zwölferkreis berufen. Da die in Römer 16,7
erwähnte Person schon vor Paulus Christ wurde, müsste man zu der
historisch unwahrscheinlichen Annahme greifen, dass die Urkirche schon
bald nach der Auferstehung Jesu die Praxis ihres Herrn beiseite geschoben
und Frauen zum Apostelamt zugelassen habe. Man müsste annehmen, dass
eine derartige revolutionäre Neuerung der Urkirche in der
Apostelgeschichte des betont frauenfreundlichen Lukas hätte erwähnt
werden müssen, wo doch Lukas sogar die Mitteilungen macht, dass die
Töchter des Philippus Prophetinnen waren und dass Priszilla zusammen
mit Aquila dem korinthischen Juden Apollos Unterricht in den biblischen
Schriften gab.

Der Text in Römer 16,7 bezieht auch auf das Erlebnis des Apostels Paulus
in Damaskus und ehrt Andornikus und Junia. Die Bezeichnung als Apostel,
die einen hervorragenden Platz einnehmen, gibt darüber Aufschluss, dass
bereits nach dem Tode der ersten Apostel neue Apostel eingesetzt wurden.
Junia wurde bereits einige Zeit vor dem Apostel Paulus zur Christin.
Es gibt auch Auslegungen, die behaupten, hinter dem Namen Junia
verbirgt sich der eigentliche Männername Junianus, allerdings gehören
diese heute eher zur Minderheit.
Diese Auslegung stützt sich auf 1. Timotheus 2,12: "Einer Frau aber
gestatte ich das Lehren nicht, auch nicht dass sie über den Mann herrsche,
sondern sie soll sich still verhalten." Dem entgegen steht allerdings, dass
viele Frauen der Urkirche auch Gemeinden gegründet haben. Des Weiteren
ist ein Männername Junias in der Antike nicht belegt.
Die Mehrzahl der Theologen und alle Kirchenväter halten Junia für eine
Frau.
Alle Kirchenväter halten Junia für eine Apostelin. Bei Johannes
Chrysostomos findet sich folgende Bemerkung: „Ein Apostel zu sein ist
etwas Großes. Aber berühmt unter den Aposteln – bedenke, welch großes
Lob das ist. Wie groß muss die Weisheit dieser Frau gewesen sein, dass sie
für den Titel Apostel würdig befunden wurde.“
In der Orthodoxen Kirche nimmt Junia einen besonderen Platz ein. Von
Junia und Andronikus wird gesagt, dass sie viele apostolische Reisen
tätigten und dass sie den Heiden das Evangelium durch ihre Predigt näher
brachten. Hierdurch konnte Junia viele Menschen dazu bewegen, sich
Christus anzuschließen. Später starb Junia den Märtyrertod.

DIE JUNGFRAUEN DES HOCHGEBETS

PERPETUA UND FELICITAS

Der Text ihrer Passion gliedert sich in insgesamt vier verschiedene Teile:
In ein Vorwort des Herausgebers, in die Aufzeichnungen Perpetuas selbst,
die Beschreibung einer Vision des Saturus, die von diesem selbst stammt,
und in der Darstellung des Martyriums der Perpetua durch den
Herausgeber mit einem abschließenden Nachwort. In seinem Vorwort
weist der Herausgeber darauf hin, dass es äußerst wichtig ist, auch neuere
Leidensgeschichten festzuhalten und ihrer zu gedenken, um so der
Verehrung Gottes Ausdruck zu geben und zugleich den Glauben der
Menschen zu stärken.
Perpetua stammte aus vornehmem Haus, war etwa zweiundzwanzig Jahre
jung, klassisch gebildet, verheiratet und hatte einen Sohn im
Säuglingsalter. Sie wurde ebenso wie ihre schwangere Sklavin Felicitas
sowie die Christen Revocatus, Saturninus und Secundulus verhaftet. Alle
waren Katechumenen.
Perpetuas Ausführungen beginnen mit ihrer Beschreibung der Besuche
ihres Vaters in der Untersuchungshaft. Dieser versuchte immer wieder, sie
vom katholischen Glauben abzubringen, konnte jedoch die wenige Tage
später stattfindende Taufe nicht verhindern. Aus der Untersuchungshaft
wurden Perpetua und ihre Gefährten schließlich in den Kerker gebracht.
Detailliert schilderte Perpetua ihre Ängste und Sorgen, besonders auch um
ihr Kind. Durch Bestechung erreichten zwei Diakone, dass Perpetua ihr
Kind sehen und einige Tage bei sich im Kerker behalten durfte. Schließlich
übergab sie es in die Obhut ihrer Mutter und ihres Bruders.
Um zu erfahren, ob ihr und ihren Gefährten das Martyrium oder die
Freilassung bevorstehe, erbat Perpetua von Gott eine Vision. Daraufhin
erschien ihr folgendes Bild: Eine schmale Leiter, die sich bis zum Himmel
erstreckte und an der für die Hinaufsteigende gefährliche Eisenwerkzeuge
hingen. Unter der Leiter lauerte ein Drache. Zunächst erklomm Saturus die
Leiter. Saturus hatte Perpetua und ihre Gefährten zum Christentum
geführt. An dieser Stelle erwähnt Perpetua auch, dass Saturus sich
freiwillig gestellt hatte und ihnen in die Gefangenschaft gefolgt war.
Perpetua folgte ihm die Leiter hinauf. Oben angekommen, erblickte sie
einen alten Hirten, der ihr von einem köstlichen Käse zu essen gab. Als sie
schließlich erwachte, gelangte sie zu der Erkenntnis, dass das Martyrium
bevorstehe.
Als bekannt wurde, dass die neu Getauften verhört werden sollten,
unternahm Perpetuas Vater einen weiteren Versuch, sie in ihrem
katholischen Glauben zu erschüttern, blieb aber wieder erfolglos. Beim
Verhör auf dem Forum bestätigten alle Gefährten ihr Bekenntnis zu
Christus. Auch hier erschien Perpetuas Vater, konnte seine Tochter aber
nicht an ihrem Bekenntnis hindern. Das Urteil sah vor, dass alle mit den
anderen den wilden Tieren vorgeworfen würden. Im Anschluss kehrten sie
in den Kerker zurück.
Bei dem gemeinsamen Gebet kam Perpetua die Erinnerung an ihren
Bruder, der mit sieben Jahren an einem Geschwür gestorben war. In der
folgenden Nacht träumte sie von ihm: Trotz seines großen Durstes gelang
es dem kleinen Jungen nicht, aus dem großen Brunnen vor ihm zu trinken.
Perpetua wollte ihm helfen, doch zwischen ihnen lag ein großer Abgrund.
Ab diesem Tag betete sie täglich für ihn, bis zu ihrer Verlegung ins
Militärgefängnis. Von diesem aus sollten sie zu ihrer Hinrichtung bei den
Spielen zu Ehren des Kaisers gebracht werden. In einer zweiten Vision sah
Perpetua erneut ihren Bruder, der nun ein gepflegtes und sauberes Äußeres
hatte und dessen Wunde sich nun geschlossen hatte. Das Wasserbecken
war niedriger und aus dem Brunnen floss beständig Wasser, sodass der
Junge seinen Durst endlich stillen konnte. In ihrer letzten Vision kämpfte
Perpetua gegen einen Gladiator, wobei sie siegreich hervorging und
erkannte, dass sie nicht gegen die Tiere, sondern gegen den Teufel selbst
kämpfen musste.
Es folgt eine Schilderung der Vision des Saturus: Nachdem die Gefährten
gestorben waren, wurden sie von vier Engeln in das Paradies getragen. Als
sie hinausgingen, sahen sie vor dem Tor einen Bischof und einen
Presbyter. Diese warfen sich ihnen traurig zu Füßen und berichteten, ihr
Volk sei zerstritten, seitdem sie fortgegangen seien. Perpetua tröstetete sie,
doch die Engel schickten sie weg und sagten, dass sie selbst alles in
Ordnung bringen sollten. Als sich die Tore schlossen, sahen sie innerhalb
der Stadt viele Brüder und auch Märtyrer. Fröhlich erwachte Saturus.
Die schwangere Felicitas hatte Angst, dass sie nicht mit ihren Gefährten
das Martyrium mit den anderen erleiden könne, da es nicht erlaubt war,
Schwangere hinzurichten. Ihre Gefährten beten für sie und im achten
Monat gebar sie ein Mädchen, das eine ihrer Schwestern aufnahm und
erzog. Am letzten Tag im Kerker überredete Perpetua den Wächter, sich zu
Ehren von Cäsars Geburtstag erfrischen zu dürfen, um bei der Vorführung
besser auszusehen. Als die Märtyrer voller Freude und ohne Furcht in das
Amphitheater schritten, kamen die wilden Tiere in die Arena. Da sich die
Märtyrer ihre Todesart wählen durften, wurden Sarturninus und Revokatus
den wilden Tieren der Arena vorgeworfen. Für Perpetua und Felicitas hielt
der Teufel eine wilde Kuh bereit. Da die wilde Kuh die beiden nur
verletzte, wurden sie an den Rand der Arena zurückgerufen. Die übrigen
Märtyrer gaben sich den Friedenskuss, der das Martyrium vollendete, und
traten wieder in die Mitte der Arena, um zu sterben. Ein junger Gladiator
versuchte, Perpetua zu erstechen, doch es gelang ihm nicht. Sie führte sein
Schwert an ihre Kehle, denn eine solche geistliche Frau konnte nicht
anders sterben, als wenn sie es selbst wollte. .
Perpetua wird häufig in der Arena mit einer angreifenden wilden Kuh als
Attribut dargestellt. Einige Darstellungen zeigen sie auch mit ihrem Kind
im Kerker.
Der Gedenktag von Perpetua und Felicitas ist in der Katholischen Kirche
der 7. März. An diesem Tag gedenken ihrer auch die Evangelischen und
die Anglikaner.
LUCIA

Eine Grabinschrift um 400 in der Katakombe San Giovanni in Syrakus und


ihre Erwähnung in allen Martyrologien lassen es sicher sein, dass sie
gelebt hat. Um 600 gab es bereits ein Luciakloster in Syrakus und Rom.
Die frühesten Beschreibungen ihres Martyriums sind aus dem 5.
Jahrhundert erhalten, sie darin wurden zahlreiche Wunder berichtet. Lucia
war die Tochter eines reichen römischen Bürgers von Syrakus, der jedoch
früh starb. Ihre Mutter Eutychia wollte sie verheiraten, doch Lucia hatte
die Jungfräulichkeit um Christi willen gelobt und verweigerte die
Verlobung mit einem sterblichen Mann. Als ihre Mutter auf einer
gemeinsamen Wallfahrt zum Grab der heiligen Agatha nach dem Gebet zur
heiligen Agatha von den Leiden des Blutflusses geheilt wurde, stimmte
Eutychia dem Gelübde Lucias zu. Lucias zurückgewiesener Bräutigam
klagte sie in der Diokletianischen Verfolgung als Christin an. Der Richter
Paschasius wollte sie in ein Bordell bringen lassen, doch auch ein
Ochsengespann und tausend Männer konnten sie nicht fortbewegen. Nach
verschiedenen Martern und Wundern wurde sie schließlich mit einem
Schwertstich getötet. Vorher hatte man ihr die Augen herausgerissen.
Ihre Reliquien wurden um 1038 nach Konstantinopel und von dort 1204
nach Venedig gebracht. Dort wurde sie zunächst in der Kirche Santa Lucia
beigesetzt. 1860 wurde diese abgerissen. Ihre Gebeine wurden in die
nahegelegene Kirche Sante Geremia e Lucia umgebettet. 1935 wurde für
die Reliquie ihres Hauptes eine Silbermaske angefertigt.
Der Gedenktag der heiligen Lucia ist der 13. Dezember. Er ist oft
verbunden mit Lichtriten, da er vor der Gregorianischen Kalenderreform
auf die Wintersonnenwende fiel.

An Sankt Lucia ist der Abend nah dem Morgen.


An Sankt Lucia wird der Tag in Nacht verborgen.

Die Heilige wird bei Augenleiden, Blutfluss, Halsschmerzen und Ruhr


angerufen. Sie ist die Patronin der Armen, der Blinden, der reuigen Dirnen,
der kranken Kinder und der Städte Syrakus und Venedig. Auch die Bauern,
Elektriker, Glaser, Kutscher, Messerschmiede, Näherinnen, Schneider,
Schreiber und Weber haben sie zur Patronin.
In der Ikonographie wird die Heilige mit dem Schwert und dem
Palmzweig des Martyriums, einem Buch, einem Kranz aus Rosen oder
einer Öllampe als Attribut der geweihten Jungfrau dargestellt, oft auch mit
ihren ausgerissenen Augen, die sie in einer Schüssel trägt.
In Schweden und anderen nordischen Ländern ist das Luciafest am 13.
Dezember ein fester Bestandteil des vorweihnachtlichen Brauchtums. Es
ist geprägt vom Tragen weißer Gewänder und häuslichen Elementen wie
traditionellem Gebäck und Gesang. Die Feierlichkeiten beginnen am
Morgen in der Familie und setzen sich in Kindergärten, Schulen und am
Arbeitsplatz fort.
Eine besondere schwedische Ausprägung des Festes lässt sich für das
Mittelalter nachweisen. Aus dieser Zeit gibt es Berichte über
Feierlichkeiten, mit denen die Landbevölkerung das Ende der
vorweihnachtlichen landwirtschaftlichen Arbeiten und den Beginn des
Weihnachtsfastens beging. Zu einem landesweiten Brauch entwickelte sich
das Luciafest dagegen erst in den letzten hundert Jahren. Ende des 19.
Jahrhunderts griff Stockholm die westschwedischen Luciatraditionen auf,
um sie für kommende Generationen zu bewahren. In der Folge fand das
Luciafest einen festen Platz im schwedischen Brauchtum.
In Kroatien wird am Gedenktag der heiligen Lucia traditionell ein wenig
Weizen in einer Schale ausgesät. Der Weizen grünt bis zum Weihnachtsfest
und steht als Symbol für das neue Leben und die Hoffnung inmitten des
Winters. Manchmal wird der Weizen mit einem Band in den kroatischen
Nationalfarben rot, weiß und blau umfasst. Teilweise werden ein Apfel
oder eine Kerze in der Mitte des Weizens aufgestellt. Nach den Feiertagen
wird das Getreide nicht weggeworfen, sondern an Vögel gegeben.

SANKT AGNES

Die heilige Agnes stammte aus einer römischen Adelsfamilie. Als der Sohn
des Präfekten von Rom die zwölfjährige Agnes zur Frau nehmen wollte,
bekannte sie, dass sie ihn niemals heiraten kann, da sie die Ehelosigkeit
um Christi willen gelobt hatte. Daraufhin ließ er Agnes vor Gericht stellen.
Doch auch die Drohungen des Richters vermochten nicht, sie von ihrem
Gelübde abzubringen.
Da das römische Recht die Hinrichtung von Jungfrauen verbot, befahl
man, Agnes vollständig zu entkleiden und anschließend zu vergewaltigen.
Daraufhin bedeckte auf wundersame Weise ihr langes blondes Haupthaar
ihren gesamten Körper, und der ganze Platz erstrahlte in weißem Licht.
Bei dem Versuch, sie zu vergewaltigen, wurde der Sohn des Präfekten von
einem Dämon heimgesucht und starb unter Qualen. Agnes hat ihn aber
durch ihr Gebet ins Leben zurückgerufen, worauf sie als Hexe bezeichnet
wurde. Als man Agnes daraufhin auf dem Scheiterhaufen verbrennen
wollte, ist selbst das Feuer vor ihr zurückgewichen.
Schließlich enthauptete ein römischer Soldat Agnes mit dem Schwert in
der Art, wie man Lämmer schlachtet. Daher erscheint die heilige Agnes oft
in Verbindung mit einem Lamm (agnus).
Die Reliquien der heiligen Agnes befinden sich in der Kirche Sankt Agnes
vor den Mauern in Rom. Der Bau der ursprünglichen Kirche Sankt Agnes
ist mit dem Mausoleum Sankt Costanza verbunden. Nachdem er jedoch
verfallen war, ließ Papst Honorius unmittelbar daneben eine kleine
Basilika errichten, die ebenfalls der Heiligen Agnes geweiht wurde. Die
römische Kirche Sankt Agnes in Agone an der Piazza Navona steht an der
Stelle, an der Agnes das Martyrium erlitt.
Der Gedenktag der Heiligen ist in der katholischen, der orthodoxen, der
anglikanischen und der lutherischen Kirche der 21. Januar. In der
katholischen Kirche wird die heilige Agnes als Schutzpatronin der
Jungfrauen und der jungen Mädchen, der Verlobten und der Keuschheit
angerufen. Die Heilige Agnes ist eine von mehreren Jungfrauen und
Märtyrinnen, deren Name im ersten Hochgebet genannt wird. Aus den
Schriften des Kirchenvaters Ambrosius von Milano geht die große
Verehrung und Wertschätzung hervor, welche die Heilige bereits zu seinen
Lebzeiten genoss.
Am Gedenktag der heiligen Agnes segnet der Papst die Agnes-Lämmer.
Mit der Wolle dieser Lämmer werden die Pallien hergestellt, die am
Hochfest Peter und Paul den im vergangenen Jahr ernannten Erzbischöfen
überreicht werden. Ab dem Tag Sankt Agnes soll man keine
Neujahrswünsche mehr versenden.

Und wenn der Agnes Tag gekommen,


Wird neuer Saft im Baum vernommen.

Die kleine Jungfrau-Agnes-Sonne


Hat weder starke Kraft noch Wonne.

Die Sonne scheint am Agnes-Tag,


Die Frucht wurmstichig werden mag.
Ziehn Wolken überm Erdengrund,
So bleibt die Ernte stets gesund.

AGATHA

Agatha wurde auf Sizilien als Tochter wohlhabender Eltern geboren. Als
gottgeweihte Jungfrau lehnte sie den Heiratsantrag des heidnischen
Statthalters von Sizilien, Quintianus, ab, da sie die Jungfräulichkeit um des
Himmelreiches willen gelobt hatte. Weil Agatha ihn zurückwies, ließ sie
der Statthalter für einen Monat in ein Freudenhaus verschleppen. Da sie
ihn nach dieser Zeit immer noch ablehnte, veranlasste Quintianus ihre
Verurteilung und ließ ihr die Brüste abschneiden. Nach dieser Folter
erschien ihr nachts der heilige Petrus und pflegte ihre Wunden. Als man
dies bemerkte, ließ der Statthalter Agatha auf glühende Kohlen legen,
wodurch sie starb.
Sie flüchtete zwischenzeitlich nach Malta, wo sie sich für einige Zeit in
den Katakomben verbarg, die heute Sankt-Agatha-Katakomben heißen.
Etwa ein Jahr nach ihrem Tod brach der Ätna aus, und die Einwohner von
Catania zogen mit dem Schleier der Heiligen Agatha dem Lavastrom
entgegen, der daraufhin zum Stillstand kam.
Agatha liegt in der Kathedrale von Catania begraben und ist die
Schutzpatronin der Malteser, der Stadt Catania, der Armen und Hirtinnen,
der Glocken- und Erzgießer, der Weber und der Goldschmiede. Sie gilt als
Helferin bei Brusterkrankungen, Viehseuchen, Erdbeben und Ausbrüchen
des Ätna. In den nördlichen deutschsprachigen Gebieten und der Schweiz
ist die heilige Agatha die Schutzpatronin der Feuerwehr.
In der katholischen als auch in der orthodoxen Kirche wird der Gedenktag
der Heiligen Agatha am 5. Februar begangen.
Der Schleier der heiligen Agatha wird, wie einige andere Reliquien, im
Dom von Catania aufbewahrt.
In vielen Gegenden wird am Gedenktag der heiligen Agatha Brot gesegnet,
das Agathabrot. In manchen Gegenden verteilt man Agathazettel.

Sankt Agatha, die Gottesbraut,


Sie macht, dass Schnee und Eis gern taut.
CÄCILIA

Die heilige Cäcilia war eine Jungfrau und Märtyrin, die im 3. Jahrhundert
nach Christus in Rom gelebt hat.
Sie versprach sich als Jungfrau dem Bräutigam Jesus Christus. Ihre Eltern
verheirateten sie jedoch mit dem heidnischen Jüngling Valerianus, mit dem
sie dann aber eine keusche Josefsehe führte. Cäcilia bekehrte ihren Mann
Valerianus und seinen Bruder zum Christentum. Wegen ihres Glaubens
beteiligten sich diese beiden an der verbotenen Bestattung hingerichteter
Christen und wurden daraufhin selbst ins Gefängnis geworfen und
hingerichtet. Bei der Verfolgung der Angehörigen der Hingerichteten fand
man Cäcilia, die ihre Dienerschaft bekehrte, bevor man sie in kochendes
Wasser tauchen ließ, das ihr allerdings nichts anhaben konnte. Als der
Henker daraufhin versuchte, sie zu enthaupten, gelang es ihm nicht, der
Heiligen den Kopf abzutrennen. Sie lebte noch drei Tage lang und verteilte
ihre Reichtümer unter den Armen.
Ihr Leichnam wurde im 9. Jahrhundert unverwest geborgen und in der
Basilika Santa Cecilia in Trastevere beigesetzt, die auf der Stelle ihres
Geburtshauses errichtet wurde. Die Kirche wurde in den folgenden
Jahrhunderten weiter ausgeschmückt, unter anderem mit der Fresken von
Pietro Cavallini im 13. Hahrhundert und der berühmten Skulptur der
hingestreckten Märtyrerin von Stefano Maderno aus dem Jahr 1600.
Ihr Gedenktag in der katholischen Kirche, der orthodoxen, der
anglikanischen und den evangelischen Gemeinschaften ist der 22.
November.
Am Gedenktag der Heiligen heißt es im Stundengebet in der Antiphon
zum Magnificat: „Die Jungfrau Cäcilia trug die frohe Botschaft allezeit in
ihrem Herzen. Tag und Nacht ließ sie nicht ab von geistlichen Gesprächen
und vom Gebet.“
Die Verbindung der heiligen Cäcilia zur Kirchenmusik, insbesondere zum
Stundengebet und zum Orgelspiel, die in der christlichen Ikonographie
eine große Rolle spielt, geht vermutlich auf einen Übersetzungsfehler
zurück. In der Antiphon „Cantantibus organis Caecilia Domino
decantabat“ missverstand man organis als Hinweis auf eine Orgel. Daher
wurde Caecilia seit dem 14. Jahrhundert die Orgel als Attribut gegeben.
Die Cäcilienfeiern wurden im 17. und 18. Jahrhundert mit großen, eigenen
Kompositionen begangen. Unter den Komponisten, die dazu Werke
beitrugen war Georg Friedrich Händel (Alexander’s Feast or the Power of
Music. An Ode Wrote in Honour of Saint Cecilia und Ode for Saint
Cecilia’s Day, Texte von John Dryden). Auch Benjamin Britten folgte mit
der Hymn to Saint Cecilia (Text von W. H. Auden) dieser Tradition.

ANASTASIA

Gegen ihren Willen wurde sie mit einem heidnischen Mann verheiratet.
Nach dem frühen Tod ihres Ehemannes widmete sich Anastasia in Rom
ganz der Fürsorge für gefangene Christen. Als ihr Seelenführer
Chrysogonus in der Christenverfolgung gefangengenommen wurde,
begleitete sie ihn zur Hinrichtungsstätte in Aquileia in Oberitalien. Dort
wurde sie selbst ergriffen, in Sirmium in den Kerker geworfen und
schließlich zum Tode verurteilt. In einem leckgeschlagenem Boot trieb
man sie aufs offene Meer hinaus, aber das Schiff ging nicht unter.
Daraufhin wurde Anastasia in Sirmium verbrannt.
In der Anastasiakapelle des Klosters Benediktbeuern in Bayern befinden
sich seit 1053 Reliquien der heiligen Anstasia, die im Mittelalter Ziel
vieler Wallfahrten waren.
Der Gedenktag der heiligen Anastasia ist in der katholischen Kirche der
25. Dezember, in der orthodoxen Kirche der 12. Oktober oder 22.
Dezember, in der koptischen Kirche der 5. Januar.
Die Heilige wird als junge Frau mit Schleier und Krone und den Attributen
Schwert, Märtyrerpalme, Schere, Salbgefäß, auf dem Scheiterhaufen, an
Pfählen festgebunden oder auf einem Boot dargestellt. Anastasia wird um
Beistand bei Kopfkrankheiten und Brustleiden angerufen; sie ist die
Schutzpatronin der Pressefreiheit.
Die heilige Anastasia ist eine der Schutzheiligen der kroatischen
Küstenstadt Zadar. Dort befindet sich auch die Basilika der heiligen
Anastasia. Sie ist die größte Kirche Dalmatiens und beherbergt Reliquien
der heiligen Anastasia.

PERSONALISMUS

Seit Jahren setzt sich die amerikanische Dietrich-von-Hildebrand-Stiftung


für die Bewahrung des Werkes eines in Deutschland nahezu in
Vergessenheit geratenen Philosophen ein: Der 1889 geborene Dietrich von
Hildebrand promovierte bei Edmund Husserl, dem Begründer der
Phänomenologie, trat 1914 zum katholischen Glauben über, wie es neben
ihm und Edith Stein auffällig viele Husserl-Schüler taten und lehrte bis
1933 als Professor an der Universität München. Dem späteren Pius XII.,
Eugenio Pacelli, war er in dessen Zeit als Nuntius freundschaftlich
verbunden. Unter dem Einfluss von Adolf Reinach und Max Scheler
entwickelte Hildebrand, der davon überzeugt war, dass die objektive
Wirklichkeit am besten mittels der phänomenologischen
Methode erkennbar sei, eine Wertphilosophie, mit der er die sittlichen
Werte zum Erkenntnisobjekt machte und das intuitive Werterfassen sowie
Wege des Zugangs zur unmittelbaren Erfahrung ihres Wesens beschrieb.
Der dialogische Charakter der Beziehung zwischen Wert und Person tritt
nach Hildebrand gerade bei der unmittelbaren Werterfahrung deutlich in
Erscheinung. Hildebrands Überzeugung vom unbedingten Wert der Person
gegenüber jedem Kollektiv wurde in seiner frühen und klaren Sicht des
wahren Charakter s des heraufdrängenden Nationalsozialismus überaus
praktisch deutlich: "Die Verbrechen der Nazis beleidigen Gott ganz
unabhängig davon, ob das Opfer ein Jude, ein Kommunist, ein Sozialist
oder ein Bischof ist" - seine Kritik blieb im Hitler-Deutschland nicht ohne
Folgen: Dietrich von Hildebrand musste 1938 vor der NS-Verfolgung
zunächst nach Österreich fliehen, nach dem Einmarsch in die Schweiz und
weiter nach Frankreich, Portugal und Brasilien und fand schließlich seine
Heimat in New York, wo er bis zu seiner Emeritierung 1960 an der
Jesuiten-Hochschule Fordham-University lehrte. Dass die Erinnerung an
einen deutschen Philosophen, dessen Gedanken und Ideen möglicherweise
einigen Einfluss auf das Zweite Vatikanische Konzil und sicher auf die
"Theologie des Leibes" Johannes Pauls II. Hatten, bisher nur in den
Vereinigten Staaten gefördert wird, hängt wohl auch mit der Bewahrung
seines philosophischen Erbes durch die "Hildebrand-Legacy" und deren
enger Zusammenarbeit mit der zweiten Frau Dietrich von Hildebrands,
Alice von Hildebrand, zusammen. Um den Radius der Bekanntschaft
dieses Philosophen zu erweitern und seine Ideen dem kontemporären,
philosophischen Diskurs zugänglich zu machen, organisierte deshalb das
"Hildebrand-Legacy-Projekt" eine vielbeachtete internationale Konferenz
an der päpstlichen Santa-Croce-Universität in Rom zum Thema "Der
christliche Personalismus von Dietrich von Hildebrand - eine Erkundung
seiner Philosophie der Liebe". Ziel der Veranstaltung war eine kritische
Rezeption der Hildebrandschen Philosophie. Namhafte europäische und
amerikanische Philosophen setzten sich vor den Rängen in der Aula
Magna aus unterschiedlichen Perspektiven mit Hildebrands
personalistischem Konzept vom "Wesen der Liebe" auseinander. Joseph
Seifert trug über Hildebrands "Benevolenz in Liebe und Freundschaft" vor
und zeigte auf, dass die Phänomenologie des Bewusstseins insbesondere
auf die zwischen dem Wert und den geistigen Gefühlen bestehende
Wechselbeziehung aufmerksam macht. Michael Waldstein stellte darauf
folgend die Verbindung zwischen Thomas von Aquin und den Ideen
Dietrich von Hildebrands in seinem Aufsatz "Werte und die Transzendenz
der Natur" heraus. Rocco Buttiglione zog in seiner Vorlesung Vergleiche
zwischen der "Philosophie der Liebe bei Dietrich von Hildebrand und
Joseph Ratzinger". Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz referierte in ihrer
Vorlesung über "Die Gabe der Liebe. Dietrich von Hildebrand im
gegenwärtigen Gabediskurs", worin sie "die Liebe ... in dreifachem
Vollzug als Selbstschenkung, als ,Erhöhung' des Anderen durch die
Selbstschenkung und letztlich als ,Selbsterhöhung' (im positiven Sinn)"
freigelegt beschrieb und Parallelen sowie das Potenzial der Befruchtung
der gegenwärtigen Phänomenologie der Gabe mit Dietrich von
Hildebrands Erkenntnissen darlegte. Charles Morerod gab mit seinem
Vortrag "Was würde Dietrich von Hildebrand zeitgenössischen Atheisten
zu sagen haben?" bedenkenswerte Antworten auf den "neuen Atheismus".
John F. Crosby sprach über "Selbst und Andere: Die Überbietung sowohl
des Altruismus als auch des Eudämonismus bei Dietrich von Hildebrand",
ein Punkt, dem der Metropolit von Pergamon, John Zizioulas, ein großes
Potenzial für den interkonfessionellen Dialog beimaß. John Zizioulas, der
vom Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der
Christen, Kurienkardinal Walter Kasper, eingeführt wurde, zeigte in
seinem Vortrag "Eine Ontologie der Liebe: Dietrich von Hildebrands
,Wesen der Liebe'", dass der Personbegriff ursprunghaft der trinitarischen
Vätertheologie entstamme und es deshalb schwierig sei, philosophische
und theologische Herangehensweisen ganz zu trennen, sobald es um
Personsein und Liebe gehe. Er gab Hildebrand recht, dass jede Form der
Liebe, einschließlich der zu Gott, Erwartung enthalte und den Wunsch
nach Antwort. Ebenso stimmte er dessen Kritik der "deformierten" Liebe
und eines extremen Altruismus zu, der sich selbst als vollkommen
uninteressiert an Gegenseitigkeit zeige. Es liege in der Tat in der Natur der
Liebe, dass sie Antwort suche. Sie könne aber auch dann lebendig und
kraftvoll bleiben, wenn sie auf Desinteresse oder gar auf Hass treffe. "Was
man an Hildebrands Begriff der Liebe vermisst, ist das Kreuz." Es sei aus
theologischer Sicht das Kreuz, wo antwortsuchende Liebe auf Ablehnung
und Hass stoße. So schmerzhaft es aber für die Liebe sei, das Kreuz könne
sie nicht zerstören, vielmehr sei nach christlichem Glauben im Kreuz Heil.
Zizioulas führte aus, sobald diese Art der Liebe auch von uns gefordert sei,
erschiene ihm Hildebrands Idee der "Wertantworten" problematisch. Er
veranschaulichte dies mit dem Gemälde Caravaggios in der nahegelegenen
Kirche San Luigi di Francese von der Berufung des Matthäus, in dessen
Gesicht er die unausgesprochene Frage lese: Was findet er an mir? "Es gibt
nicht nur oft unzulängliche Gründe für die Liebe, sondern in der Liebe, die
uns in Jesus Christus offenbart ist, gibt es ziemlich oft gar keine Gründe."
Der Vortrag Robert Spaemanns "Paradoxe der Liebe" überbrückte
schließlich brillant den Graben zwischen Psychologie und Ontologie,
zwischen Philosophie und Theologie, indem er anführte, dass das, was wir
psychologisch als Selbstverleugnung erfahren, ontologisch
Selbstverwirklichung sei und Aufstieg der Person: "Das Evangelium
drückt es so aus: ,Der seine Seele retten will, wird sie verlieren, aber der,
der sie aufgibt, wird sie gewinnen.' Aber diese Selbsttranszendenz schließt
die Bereitschaft zum Tod ein. ,Keiner hat größere Liebe als der, der sein
Leben dahin gibt für seine Freunde.' Leben lebt durch das Opfer des
Lebens." Die 87-jährige Alice von Hildebrand, die nach den Worten John
F. Crosbys in den 33 Jahren ihrer Witwenschaft all ihre Energie und Mittel
für die Verbreitung des Werkes Dietrich von Hildebrands einsetzt,
beschloss mit einem sehr persönlichen Vortrag eine Konferenz, welche den
philosophischen und theologischen Diskurs bereichern könnte.

Personalismus ist ein im 19. Jahrhundert gebildeter Begriff, der


unterschiedliche Interpretationen der menschlichen Person umfasst und
verschiedene Inhalte abdeckt, die geistesgeschichtlich weit in die Antike
zurückführen. In den italienischen Ansätzen eines personalistischen
Denkens und in Frankreich sind die Einflüsse Kants und seiner auf
Selbstbestimmung hin orientierten Personphilosophie deutlich. Ein
theologischer Personalismus befasst sich im deutschen Sprachbereich mit
der dialogischen Philosophie (als deren namhafteste Vertreter Fritz
Rosenzweig, Martin Buber und später G. Marcel gelten). Der Unterschied
zum früheren Personalismus ist besonders dadurch gekennzeichnet, dass
nun eine kritische Auseinandersetzung mit der Auffassung von
Subjektivität erfolgt und die konstitutive Bedeutung der Ich-Du-Beziehung
im Verhältnis des Menschen zu Gott wie im Verhältnis der Menschen
zueinander eingehend reflektiert wird. In der evangelischen Theologie
führt dies zu einem erneuerten Verständnis der Offenbarung als Ereignis
und der Liebe unter Menschen als dem Ort, an dem sich Gott ereignet. Im
katholisch-theologischen Personalismus (Romano Guardini) wird weniger
aktualistisch das dialogische Sein thematisiert. Weitreichend ist die
Erkenntnis des theologischen Personalismus, dass die Liebe zu Gott und
die Liebe zu Menschen nur in strikter Einheit gegeben sind.

Der Begriff Personalismus ist abgeleitet von Person im philosophischen


Sinn. Man versteht darunter eine philosophische Denkrichtung
insbesondere des 20. Jahrhunderts, die aus dem christlich-humanistischen
Weltbild hervorgegangen ist und sich als kritische Alternative zu
individualistischen, kommunistischen und faschistischen Theorien
versteht. Personalistische Ansätze bilden einen „dritten Weg“ neben
naturalistischen und sozialistischen Theorien, indem sie die Freiheit der
Entscheidung als Grundprinzip des menschlichen Lebens setzen. Darüber
hinaus setzen sie sich durch ihre Betonung der geistigen Dimension des
menschlichen Lebens, ihr Eintreten für Autorität und wertorientiertes
Handeln sowie die Gemeinschaft als Fundament der Entwicklung des
Einzelnen von anderen Theorien ab. Ihr Ziel ist praktischer Natur, die
Veränderung der Gesellschaft.
Der Kern der personalistischen Idee ist die Überzeugung, dass der Mensch
sich wesentlich durch die Fähigkeit zu freier Entscheidung und
Verantwortlichkeit für sein Handeln auszeichnet und dass diese strukturelle
Freiheit einen unveräußerlichen, höchsten Wert und Selbstzweck darstellt.
Dadurch, dass der Mensch von seiner Freiheit Gebrauch macht, bestimmt
er sich selbst als Person und wird zum Autor seiner Lebensgeschichte. Die
Person ist kein unsterblicher Wesenskern (Seele), sie offenbart sich nur in
der gemeinschaftlichen Praxis menschlichen Denkens und Handelns.
Personalität bedeutet in diesem Sinn die dynamische Seinsverfassung des
Subjekts, das sich selbst durch Praxis hervorbringt.
Der Unterschied zu einer reinen Subjekttheorie liegt darin, dass sich die
Person ausschließlich durch ihre Bezogenheit auf eine andere Person, das
heißt in ihren sozialen Bezügen konstituieren und realisieren kann. Der
Gemeinschaft der Personen und dem Dialog kommt daher eine
konstitutive Funktion zu, und hierbei insbesondere der personalen
Erziehung.
In Abgrenzung von empirischen Ansätzen, die den Menschen etwa als
biologisches Individuum oder als gesellschaftlichen Rollenspieler
definieren, entzieht sich der Mensch als Person der Fremdbestimmung
durch Natur und Gesellschaft, er erschafft sich selbst durch sein Handeln.
Menschliche Freiheit und die damit einhergehende Verantwortung sind
unveräußerlich, das heißt der Einzelne kann sich nicht von ihnen trennen.
Diese Ansicht hat der Personalismus mit dem Existenzialismus
gemeinsam. Während der Existenzialismus sich aber weitgehend auf eine
Beschreibung der Sinnlosigkeit des Daseins konzentriert, kommt es dem
Personalismus darauf an, Werte hervorzubringen, die ein sinnvolles Dasein
begründen können. Die ethischen Dimensionen der Person erstrecken sich
auf drei Ebenen: dem Wunsch nach einem erfüllten Leben – mit und für
die anderen − in gerechten Institutionen.

Das vermeintliche prinzipielle Gegeneinander der christlichen und der


islamischen Zivilisation wird von einigen westlichen Intellektuellen neben
der Historie aus einem reduzierten Freiheitsbegriff im Islam heraus zu
interpretieren versucht, der von den Gläubigen eine kritiklose
Autoritätshörigkeit fordere, die dem Freiheitsgedanken der Aufklärung
entgegenstehe. In der Tat dominierte die als taqlid bezeichnete kritiklose
Übernahme der Positionen frühislamischer Lehrautoritäten über
Generationen die islamische Gelehrsamkeit und war zweifellos eine der
Ursachen für die im Verhältnis zur islamischen Zivilisation unübersehbare
neuzeitliche europäische Fortschrittlichkeit, mit der die Europäer den
größten Teil der arabischen Welt, aber auch zahlreiche andere, vor allem
islamisch geprägte Nationen in Afrika und Asien bis Mitte des 20.
Jahrhunderts kolonisieren und kulturpolitisch bevormunden konnten. Dass
der muslimisch dominierte Orient dennoch bis in die Gegenwart hinein ein
emanzipatorisches Menschenbild kennt, welches den Menschen als
rational handelnde, kommunizierende und freiheitsorientierte Person
definiert, ist in besonderer Weise dem marokkanischen
Religionsphilosophen und Literaten Mohamed Aziz Lahbabi (1923-1993)
zu verdanken.
Durch die Erfahrung im intellektuellen Widerstand gegen die französische
Protektoratsherrschaft seines Landes ebenso geprägt wie vom christlich-
westlichen Personalismus, den er während seiner zeitweiligen Emigration
in Frankreich kennen lernte, vertrat Lahbabi einen progressiven
muslimischen Personalismus, der ihm als Grundlage einer antikolonialen
muslimischen „Befreiungsphilosophie“ diente und zugleich für die
gleichberechtigte Begegnung von Orient und Okzident die Perspektive
bietet. Als erster Lehrstuhlinhaber an der Philosophischen Fakultät der
Universität von Rabat ist Lahbabi in seinem Heimatland und darüber
hinaus im gesamten Maghreb ebenso ein hochgeschätzter Denker und
Literat wie im französischen Sprachraum.
Östlich des Rheins sind seine auf arabisch oder französisch verfassten
Werke und darin geäußerten Leitgedanken bislang jedoch nur den
wenigsten bekannt. Die aktuelle, in Politik wie Kirche in Deutschland
geführte Debatte um einen Kulturdialog zwischen Christentum und Islam
veranlasste den Beauftragten für den christlich-islamischen Dialog des
Erzbistums Paderborn, nun aber, für besonders bedeutsam erachtete
philosophische Werke Lahbabis ins Deutsche zu übersetzen und anhand
dieser seinen Landsleuten zu vermitteln, dass emanzipatorisches Denken
und ein gehobener Stellenwert des Ich als Person erst im religiösen
Glauben und hiervon ausgehend im gesellschaftspolitischen Agieren im
Sinne der Gemeinschaft mit anderen seine volle Kraft entfaltet.
In der Einleitung der unter dem Titel „Der Mensch: Zeuge Gottes –
Entwurf einer islamischen Anthropologie“, herausgebrachten
Werkzusammenstellung erläutert der Übersetzer die Grundlage von
Lahbabis im Islam verwurzeltem philosophischen Denken und stellt den
historischen Kontext heraus, in dem der marokkanische Autor seine Ideen
aufgenommen und publiziert hat. Das muslimische Glaubenszeugnis, die
shahada, interpretierte Lahbabi dabei als intellektuelle und moralische
Basis, von der aus er seine islamische Anthropologie ableitete.
Um möglichst nahe an Lahbabis Islamverständnis zu bleiben, hat der
Übersetzer die zur Untermauerung der philosophischen Ideen und
Leitthesen verwandten Koranzitate nicht eigenständig aus dem Arabischen
ins Deutsche übersetzen lassen, sondern sich hierbei an der französischen
Übersetzung von Lahbabi selbst orientiert. Vollständig auf Deutsch
übersetzt liegen nun Lahbabis bedeutendstes Werk „Der muslimische
Personalismus“ und drei weitere für das Verständnis seines Denkens
zentrale Werke vor. Hierbei gelangt Lahbabis Auflösung des
vermeintlichen Gegensatzes zwischen der Betonung des Ich als Person und
der Orientierung an der Gemeinschaft mit anderen zum Ausdruck.
Lahbabi baute seine Philosophie auf zentralen Gedanken islamischer
Philosophen sowohl des Mittelalters wie Avicenna und Averroes, als auch
der Moderne auf, lehnte sich aber ebenso an die französischen Humanisten
wie etwa Bergson an. Hiervon ausgehend kritisierte der marokkanische
Gelehrte depersonalisierende Strukturen, die er sowohl in der islamisch-
orientalischen Gesellschaft wahrnahm als auch im christlich geprägten
Europa der 1950er und 1960er Jahre. Diesem stellte er den von ihm
entwickelten fortschrittsorientierten Personenbegriff gegenüber, der
sowohl für die islamische als auch die christliche Zivilisation eine
Befreiungsbewegung initiieren könne, die sich nicht mit der inneren
Befreiung des Individuums zufrieden gebe, sondern darüber hinaus die
äußeren Umstände für Freiheit herzustellen beanspruche.
Das Personenverständnis des Islam biete hierfür die Grundlage. Das
Individuum trete als eigenständige Person aus dem Stammeskollektiv
heraus und vollziehe in seiner Bezeugung des Glaubens an den einzigen
Gott einen konstitutiven Akt der Personenwerdung. Weil es seinen Prozess
der Personenwerdung zugleich in der Kommunikation mit anderen, die im
Islam vor Gott als gleichrangig angesehen sind, erfahre, sei durch die
Islamisierung die Basis für eine Überwindung der Sklaverei und die
gesellschaftliche Gleichstellung verschiedener Stammeszugehörigkeiten,
Rassen sowie der beiden Geschlechter gelegt worden. Auf diesem
Fundament ließen sich, Lahbabi zufolge, auch gegenwärtige politisch-
gesellschaftliche Ungerechtigkeiten wie die Abhängigkeit der Dritten Welt
von westlichem Kapital überwinden und hiervon ausgehend die
verschiedenen Zivilisationen als gleichberechtigte Partner im Sinne einer
gemeinsamen globalen Zukunft zusammenführen.
Lahbabis Grundrespekt gegenüber der abendländischen Philosophie und
ihres geistigen Gerüsts für die gegenwärtige Fortschrittlichkeit des
Okzidents in ökonomisch-technologischer Hinsicht hat ihn nie dazu
verleitet, seine eigene Gesellschaft zur unreflektierten Nachahmung
westlicher Weltanschauungen aufzufordern. Vielmehr erkannte er im
islamischen Menschenbild ein egalitäres Element, dass er im katholischen
Christentum vermisste. Anders als die römisch-katholische Kirche kenne
der Islam die Erbsünde nicht und treffe auch keine Unterscheidung
zwischen Laie und Klerus in der Beziehung zu Gott. Jedes gläubige
Individuum bekenne sich unabhängig von anderen zur Wahrheit und lege
vor dem Schöpfer Himmels und der Erden eigenständig sein Zeugnis ab.
Diese Autonomie des einzelnen Moslems lege zudem die eigenständige
Suche nach einem Zugang zum Wort Gottes nahe. Gott und seine
Propheten sind diesem Verständnis nach die einzigen absoluten
Autoritäten. Der Einzelne sieht sich dementsprechend aufgefordert, im
rationalen, kontext- und gesellschaftsbezogenen Handeln den Willen des
Schöpfers zur Geltung zu bringen. Lahbabi versteht die Person als
schöpferischen Prozess mit dem Primat des Geistigen und erkennt gerade
für die religiöse Person die Vernunft als zentralen Wert an. Mit der ijtihad,
der zeit- und gesellschaftsbezogenen Neuauslegung von Koran und Sunna
besitze der Muslim ein Instrument, seine religiösen Aufforderungen
rational im Dienste seiner selbst als Person wie der Gemeinschaft mit
Mitmenschen einzusetzen.
Lahbabi kritisiert die unter islamischen Gelehrten lange Zeit dominierende
Auffassung, das Tor zur ijtihad sei geschlossen und die unreflektierte
Nachahmung der Erkenntnisse von Lehrautoritäten aus der Vergangenheit
das einzige Erfordernis des Moslems. Diese Sichtweise habe in der
muslimischen Gesellschaft eine Autoritätshörigkeit bewirkt, die dem
eigentlichen islamischen Personenbegriff in keiner Weise gerecht werde.
Hierfür weist Lahbabi der sufistischen Mystik eine wesentliche
Verantwortung zu. Er begreift die Philosophie als Schwester der Religion,
die uns Menschen dazu bringe, die göttliche Wahrheit aus den
verschiedensten Blickwinkeln zu erfahren.
Für Lahbabi steht die Vernunft auch im unmittelbaren Bezug zur Religion
immer im Mittelpunkt. Sie ermögliche, Gottes Wort zu verstehen, indem
die Rationalität innerhalb der islamischen Lehre erkannt und aufgezeigt
werde. Die muslimische Person lasse andere durch eigenes
islamkonformes Handeln den Islam verstehen. In diesem Sinne bilde die
Religion ein verbindendes Element für eine menschliche Gemeinschaft
und verhindere eine Erstarrung des gelebten Glaubens. Durch permanente
ijtihad und rationale Reflexion überschreite sich die religiöse Person
permanent selbst, entwickele ihren eigenen Glauben weiter und trage die
ethische Grundlage für gemeinschaftlichen humanen Fortschritt in sich.
Die übersetzt vorliegenden Essays über den Menschen veranschaulichen
die von Lahbabi favorisierte diskursive Koranauslegung im Sinne von
Menschlichkeit. Sie stützen sich auf die göttliche Güte (rahma) und
postulieren eine göttliche Garantie für die Menschenrechte. Trotz aller
Erfahrungen des Bösen, der Schuld, der Angst und nicht zuletzt der
Erniedrigung durch Dritte (im Kolonialismus, aber auch in den
postkolonialen Regimen der arabischen Welt) verheißt Lahbabis
islamischer Rationalismus eine Zukunft, in der Gottesliebe und
Menschenliebe eine Einheit bilden. Die Aussicht auf diese Zukunft
bedeutet demnach nicht nur für das einzelne Individuum eine
hoffnungsvolle Perspektive, sondern darüber hinaus für die menschliche
Gemeinschaft insgesamt. Lahbabi versteht sie als Grundlage einer
freiheitlichen, jedoch nicht wertfreien Gesellschaft, die sich immer wieder
im Sinne ihrer kollektiven Freiheit engagiere und die Basis einer humanen
Weltordnung bilde, in der ein jeder den anderen als freies emanzipiertes
gleichrangiges Mitglied achte.

SEX IN PLATONS REPUBLIK

Für Männer, geboren und erzogen, wie für Bürger, ist der einzige Weg,
meiner Meinung nach, im rechten Rückschluss auf den Besitz und die
Verwendung von Frauen und Kindern, der Weg, auf dem wir ursprünglich
begonnen haben, als wir sagten, dass die Männer die Hüter und Wächter
der Herde sind.
Das ist wahr.
Nehmen wir weiter an die Geburt und Erziehung unserer Frauen nach
einer ähnlichen oder fast ähnlichen Regelung; dann werden wir sehen, ob
das Ergebnis im Einklang steht mit unserem Entwurf.
Was meinst du?
Was ich meine, kann in der Form einer Frage gestellt werden, ich sage:
Sind Hunde in Männchen und Weibchen unterteilt, oder sind sie beide zu
gleichen Teilen auf der Jagd und im Wachen tätig und bei den anderen
Aufgaben der Hunde? Oder müssen wir anvertrauen den Männchen die
gesamte und ausschließliche Pflege der Herden, während wir lassen die
Weibchen zu Hause, mit der Vorstellung, dass die Lager zu hüten und ihre
Welpen zu säugen Arbeit genug für sie ist?
Nein, sagte er, sie gleich zu stellen; der einzige Unterschied zwischen
ihnen ist, dass die Männchen stärker und die Weibchen schwächer sind.
Aber kann man verschiedene Tiere für den gleichen Zweck nutzen, es sei
denn, sie sind gezüchtet worden und in der gleichen Weise geführt?
Man kann es nicht.
Dann, wenn Frauen die gleichen Pflichten haben wie Männer, müssen sie
die gleiche Erziehung und Bildung bekommen?
Ja.
Die Ausbildung, die den Männern zugeordnet wurde, war Musik und
Gymnastik.
Ja.
Dann müssen Frauen Musik und Gymnastik und auch die Kriegskunst
erlernen, sie müssen wie die Männer darin belehrt werden?
Das ist die Schlussfolgerung, nehme ich an.
Ich hätte eher erwartet, sagte ich, dass einige unserer Vorschläge, wenn sie
durchgeführt werden, ungewöhnlich erscheinen und lächerlich.
Kein Zweifel.
Ja, und die lächerlichste Sache von allen wird der Anblick von Frauen
nackt in der Palästra sein beim Training mit den Männern, vor allem, wenn
sie nicht mehr jung sind; sie werden sicherlich nicht eine Vision von
Schönheit sein, ebenso wenig wie die begeisterten alten Männer, die trotz
der Falten und der Hässlichkeit weiterhin häufig den Gymnasien
beiwohnen.
Ja, ja, sagte er: nach den heutigen Vorstellungen würde der Vorschlag
lächerlich zu denken sein.
Aber dann, sagte ich, als wir festgestellt haben, um in unserem Geist zu
sprechen, müssen wir keine Angst vor den Scherzen der Witze haben, die
gegen diese Art der Innovation gerichtet werden; wenn sie von Frauen-
Kenntnissen sowohl in der Musik und Gymnastik und vor allem auch über
ihre Rüstung und das Reiten auf den Pferden sprechen!
Sehr wahr, antwortete er.
Doch nachdem wir begonnen, uns auf die unebenen Stellen des Gesetzes
zu begeben, zur gleichen Zeit bat der Herr, einmal im Leben ernst zu sein.
Vor nicht langer Zeit, wie wir daran erinnern, waren die Herren der
Meinung, die immer noch in der Regel bei den Barbaren empfangen wird,
dass der Anblick eines nackten Mannes lächerlich und unsachgemäß war
für die Hellenen; und als Erste die Kreter und dann die Lakedämonier
führten den Brauch ein, der Verstand des Tages könnte ebenso diese
Innovationen verspotten.
Kein Zweifel.
(...)
Zuerst also ist es die Frage, im Scherz oder im Ernst genommen, so lass
uns ein Verständnis über die Natur der Frau bekommen: Ist sie in der Lage,
den Austausch ganz oder teilweise in den Handlungen der Männer zu üben
oder gar nicht? Und ist die Kunst des Krieges eine jener Künste, in der sie
sich üben kann oder nicht? Das wird der beste Weg sein, der Beginn der
Untersuchung, und wird wahrscheinlich zum schönsten Ergebnis führen.
Das wird deutlich der beste Weg sein.
Sehen wir erst einmal die andere Seite und beginnen mit dem Argument
gegen uns; auf diese Weise wird die Position des Gegners nicht
unverteidigt sein.
Warum nicht? sagte er.
Dann lass uns eine Rede in den Mund unserer Gegner legen. Sie werden
sagen: Sokrates und Glaukon brauchen keine Gegner, sie zu überführen,
denn die bei der ersten Gründung des Staates gaben den Grundsatz, dass
jeder eine Arbeit seiner eigene Natur geeignet tut. Und sicher, wenn ich
mich nicht irre, ein solches Eingeständnis wurde von uns gemacht. Und ist
nicht die Natur von Männern und Frauen sehr unterschiedlich? Und wir
werden antworten: Natürlich ist sie das. Dann werden wir gefragt, ob die
den Männer und die den Frauen zugewiesenen Aufgaben nicht anders sein
müssen, und wie angenehm sie der unterschiedlichen Natur sind?
Sicherlich sollten sie. Aber wenn ja, ist es nicht eine schwere Inkonsistenz
zu sagen, dass Männer und Frauen, deren Naturen so ganz anders sind, die
gleichen Aktionen ausführen sollten? Welche Verteidigung machen wir für
uns, mein guter Herr, gegen jeden, der diese Einwände bietet?
Das ist keine einfache Frage zu beantworten, so plötzlich gefragt; und ich
will und ich weiß, ich bitte dich, den Fall auf unsere Seite zu ziehen.

Dies sind die Einwände, Glaukon, und es gibt viele andere, einen von der
Art, die ich vor langer Zeit vorausgesehen; es machte mich ängstlich und
zurückhaltend gegen das Gesetz über den Besitz und die Pflege von
Frauen und Kindern.
Beim Zeus, sagte er, das Problem zu lösen, ist alles andere als einfach.
(...)
Als nächstes werden wir unsere Gegner fragen, wie, in Bezug auf eine der
Beschäftigungen oder Künste des bürgerlichen Lebens, die Natur einer
Frau sich unterscheidet von der eines Mannes?
Das wird ganz gerecht sein.
Und vielleicht wird er antworten, dass eine ausreichende Antwort auf die
Frage sofort zu geben nicht einfach ist; aber nach ein wenig Nachdenken
gibt es keine Schwierigkeiten.
Ja, vielleicht.
Nehmen wir also an, dass wir ihn einladen, uns in der Argumentation zu
begleiten, und dann können wir hoffen, ihm zu zeigen, dass es nichts
Besonderes in der Verfassung der Frau ist, die sie in der Verwaltung des
Staates beeinträchtigen würde.
Mit allen Mitteln.
Lass uns sagen zu ihm: Komm jetzt, und wir werden dir eine Frage stellen:
wenn du von einer begabten Natur oder einer nicht in jeder Hinsicht
begabten sprachest, wolltest du damit sagen, dass ein Mann eine Sache
einfach schwer erwerben kann und ein anderer leichter; ein wenig Lernen
wird den einen führen, sehr viel zu entdecken; während der andere, nach
viel Untersuchung und Anwendung, kaum mehr erfährt, als er vergisst;
oder wieder: Meintest du, dass der eine einen Körper hat, der ein guter
Diener seine Meinung ist, während der Körper des anderen ist ein
Hindernis für ihn? Meintest du nicht diese Art von Differenzen, die die
Menschen unterscheidet nach der begabten oder unbegabten Natur?
Niemand wird das leugnen.
Und kannst du jedes Streben der Menschheit erwähnen, in der das
männliche Geschlecht nicht alle diese Gaben und Qualitäten in einem
höheren Grad als das weibliche hat? Brauche ich Zeit zu vergeuden im
Sprechen von der Kunst des Webens und der Bereitung von Pfannkuchen
und Marmelade, in der die Frauenwelt wirklich groß ist, und in dem von
einem Mann geschlagen zu werden absurd ist?
Du hast ganz recht, antwortete er, bei der Aufrechterhaltung der
allgemeinen Unterlegenheit des weiblichen Geschlechts: Obwohl viele
Frauen in vielen Dingen überlegen sind vielen Männern, aber im Großen
und Ganzen, was du sagst, ist es wahr.
Und wenn so, mein Freund, ich schon sagte, es gibt keine spezielle
Fähigkeit der Verwaltung in einem Zustand, den eine Frau hat, weil sie
eine Frau ist, oder die ein Mann kraft seines Geschlechts hat, aber die
Geschenke der Natur sind gleich verteilt in beiden; alle Bestrebungen der
Männer sind die Bestrebungen von Frauen auch, aber in allen von ihnen ist
eine Frau schlechter als ein Mann.
Sehr wahr.
Dann sind wir berechtigt, alle unsere Inszenierungen über Männer zu
verhängen und keine von ihnen über die Frauen?
Das wird so sein.
Eine Frau hat eine Gabe der Heilung, eine andere nicht; eine ist eine
Musikerin, und eine anderer hat keine Musik in ihrer Natur?
Sehr wahr.
Und eine Frau hat eine Neigung zum Turnen und zu militärischen
Übungen und eine andere ist unkriegerisch und hasst Gymnastik?
Ganz sicher.
Und eine Frau ist eine Philosophin, die andere ist eine Feindin der
Philosophie; eine hat Geist, die andere ist ohne Geist?
Das gilt auch.
Dann eine Frau hat das Temperament eines Vormunds und eine andere
nicht. War nicht die Auswahl der männlichen Erziehungsberechtigten
durch Unterschiede dieser Art festgelegt?
Ja.
Männer und Frauen also gleichermaßen besitzen die Eigenschaften, die ein
Vormund zu haben hat; sie unterscheiden sich nur in ihrer vergleichbaren
Stärke oder Schwäche.
Offensichtlich.
Und die Frauen, die solche Eigenschaften haben, sollen als die
Gefährtinnen und Kolleginnen von Männern gewählt werden, die ähnliche
Eigenschaften haben und denen sie in Kapazität und im Charakter ähnlich
sind?
(...)
Das Gesetz, sagte ich, das die Fortsetzung von diesem und von allem, was
vorausgegangen ist, ist von folgendem Inhalt, dass die Ehefrauen der
Erziehungsberechtigten Gemeineigentum sind, und ihre Kinder sind
Gemeineigentum, und kein Elternteil kennt sein eigenes Kind, noch ein
Kind seine Eltern.
Ja, sagte er, das ist eine viel größere Bewegung als alles andere; und die
Möglichkeit als auch der Nutzen eines solchen Gesetzes ist unbestritten.
Ich glaube nicht, sagte ich, dass es Streitigkeiten über die sehr große
Nützlichkeit des Gemeineigentums an Frauen und Kindern gibt; die
Möglichkeit ist dennoch etwas ganz anderes und wird häufig angefochten
werden.
Ich denke, dass ziemlich viele Zweifel über beides erhoben werden
können.
Es bedeutet, dass die beiden Fragen kombiniert werden, antwortete ich.
Nun meinte ich, dass du das Dienstprogramm zugibst; und so dachte ich,
ich sollte von einem Programm von ihnen entkommen, und dann gäbe es
nur die eine Möglichkeit.
Aber der kleine Versuch wird erkannt, und deshalb mögest du bitte eine
Verteidigung von beiden Gesetzen geben.
Nun, sagte ich: Ich nehme mein Schicksal an. Doch tu mir einen kleinen
Gefallen: lass mich meine Meinung sagen mit dem Traum als ein
Tagträumer, der in der Gewohnheit des Schlemmen selbst beharrt, wenn er
allein zu Fuß geht. (...) Jetzt fange ich an, jetzt verliere ich den Mut, und
ich möchte, wenn du gestattest, die Frage der Möglichkeit zur Zeit
übergehen. Unter der Annahme der Möglichkeit, des Vorschlags, werde ich
jetzt gehen zu fragen, wie die Herrschenden durchführen werden diese
Regelungen, und ich werde zeigen, dass unser Plan, wenn er ausgeführt
wird, der größte Vorteil für den Staat und die Erziehungsberechtigten
haben wird. Vor allem dann, wenn du nichts dagegen hast, werde ich mit
deiner Hilfe die Vorteile der Maßnahme bemühen; und im Folgenden die
Frage der Möglichkeit.
Ich habe nichts dagegen; fahre fort.
Erstens glaube ich, dass, wenn unsere Herrscher und ihre Hilfsmittel diese
Namen verdienen, die sie tragen, muss es die Bereitschaft geben, der einen
oder anderen Befehlsgewalt zu gehorchen; die Erziehungsberechtigten
müssen sich den Gesetzen fügen, und sie müssen auch in allen Details, die
ihnen anvertrauten werden, den Geist imitieren.
Das ist richtig, sagte er.
Sie, sagte ich, die ihre Gesetzgeber sind, nachdem sie ausgewählt wurden,
die Männer sind, werden nun die Frauen wählen und nehmen sie; sie
müssen so weit wie möglich ihrer Natur nach bei ihnen sein; und sie
müssen in normalen Häusern leben und sich treffen zu gemeinsamen
Mahlzeiten, keine von ihnen wird etwas haben, das speziell ihr eigenes ist;
sie werden zusammen sein und zusammen gebracht werden und werden
bei gymnastischen Übungen verknüpft. Und so werden sie durch die
Notwendigkeit ihrer Natur gezogen werden, um Geschlechtsverkehr
miteinander zu vollziehen der Notwendigkeit entsprechend. Das ist ein
starkes Wort, nicht wahr?
Ja, sagte er, Notwendigkeit, nicht geometrische, sondern eine andere Art
von Notwendigkeit, die die Liebhaber kennen, und die überzeugender und
einschränkender auf die Masse der Menschheit wirkt.
Es stimmt, sagte ich, und dies, Glaukon, wie alles andere, muss nach einer
geordneten Weise vorgehen; in einer Stadt der Seligen ist Zügellosigkeit
eine unheilige Sache, die die Herrscher werden es verbieten müssen.
Ja, sagte er, es sollte nicht zugelassen werden.
Dann eindeutig ist das Nächste, was sein wird, die Ehe im höchsten Grade
heilig zu machen, und das, was für die meisten von Vorteil ist, gilt doch als
heilig?
Genau.
Und wie können die Ehen heilig gemacht werden? Das ist eine Frage, die
ich an dich stelle, weil ich in deinem Haus Jäger sehe, und der edleren Art
von Vögeln nicht wenige. Nun, ich bitte dich, ich sag mal, hast du jemals
auf ihre Paarung und Aufzucht geachtet?
In welcher Hinsicht?
Darum, in erster Linie, obwohl sie alle guter Art, sind nicht einige besser
als andere?
Wahrlich.
Und wirst du alle züchten, gleichgültig, oder kümmerst du dich um die
Besten, nur sie zu züchten?
Um die Besten.
Und siehst du auf die ältesten oder die jüngsten, oder wirst du nur
diejenigen von reifem Alter nehmen?
Ich wähle nur diejenigen von reifem Alter.
(...)
Darum, habe ich gesagt, ist das Prinzip bereits festgelegt, dass das Beste
aus beiden Geschlechtern sollte mit den Besten so oft wie möglich vereint
sein, und die Unteren mit den Untergeordneten so selten wie möglich; und
dass danach die Nachkommen der einen Art von Vereinigung, aber nicht
der anderen, zur Welt kommen, sofern sich die Partei in erstklassigem
Zustand gehalten halt. Nun ist diese Treiben ein Geheimnis, das nur die
Herrscher kennen, oder es kommt eine weitere Gefahr, dass unsere
Herden, die Wächter genannt werden, ausbrechen in Revolutionen.
Sehr wahr.
Hätten wir nicht besser bestimmte Festivals, an dem wir gemeinsam die
Bräute und Bräutigame zusammen bringen und die Opfer dargebracht
werden und geeignete Hochzeitslieder von unseren Dichtern gesungen
werden: und die Zahl der Hochzeiten ist eine Frage, die in das Ermessen
der Herrscher gelegt werden muss, deren Ziel es ist, den Mittelwert der
Bevölkerung zu bewahren? Es gibt viele andere Dinge, die sie zu prüfen
haben, wie die Auswirkungen von Kriegen und Krankheiten und etwaigen
gleichartigen Geschehnissen, um, soweit dies möglich ist, den Staat davor
und Groß und Klein zu bewahren.
Gewiss, antwortete er.
Wir müssen eine geniale Art der Lose wählen, die die weniger Wertvollen
bei jeder Gelegenheit zusammenzubringen wissen, und dann werden sie
ihr eigenes Unglück und nicht die Herrscher beschuldigen.
Um sicher zu sein, sagte er.
Und ich denke, dass unsere mutige und bessere Jugend, neben ihren
anderen Ehrungen und Chancen, größere Einrichtungen zum Verkehr mit
Frauen bekommen müsste; ihre Tapferkeit wird ein Grund sein, und solche
Väter sollten so viele Kinder wie möglich haben.
Wahrlich.
Und die richtigen Offiziere, ob männlich oder weiblich oder beides, denn
die Ämter sind von Frauen als auch von Männern besetzt worden -
Ja -
Die richtigen Offiziere sollen die Nachkommen der guten Eltern im Stift
aufnehmen oder aussteigen lassen, und sie werden sie mit bestimmten
Ammen, die in einem eigenen Viertel wohnen, versehen; aber die
Nachkommen der Unteren oder der Besseren, wenn sie die Chancen
verformen, werden an einen geheimnisvollen, unbekannten Ort gebracht
werden, wie es sein sollte.
Ja, sagte er, was getan werden muss, wenn die Rasse der Wächter rein zu
halten ist.
Sie werden für ihre Erziehung zu sorgen haben, und werden sie den
Müttern in den Schoß legen, wenn sie voll Milch sind, wobei möglichst
darauf zu achten ist, dass keine Mutter ihr eigenes Kind erkennt; und
anderen Ammen in die Obhut gebracht, wenn mehr Frauen benötigt
werden. Fürsorge wird auch geachtet werden, dass der Prozess der
Säuglinge nicht langwierig wird; und die Mütter müssen nicht aufstehen in
der Nacht oder andere Schwierigkeiten bestehen, sondern es werden über
alle diese Art der Sachen Ammen und Betreuerinnen wachen.
So werden die Frauen unserer Erziehungsberechtigten bei einer leichten
Buße ein leichtes Spiel haben, wenn sie Kinder haben.
Darum, sagte ich, so soll es sein. Lass uns aber füllen das Schema. Wir
sagten, dass die Eltern sollten in der Blüte des Lebens sein?
Sehr wahr.
Und was ist die Blüte des Lebens? Kann es nicht als ein Alter von etwa
zwanzig Jahren in dem Leben einer Frau, und von dreißig bei einem Mann
definiert werden?
Welches Jahr willst du enthalten?
Eine Frau, sagte ich, mit zwanzig Jahren könne damit beginnen, Kinder für
den Staat zu gebären, und sie weiterhin, bis zu vierzig Jahren, gebären; ein
Mann kann mit fünfundzwanzig beginnen, wenn er den Punkt, an dem der
Puls des Lebens schlägt, schnellsten durchlaufen hat, und auch weiterhin
Kinder zeugen, bis er fünfundfünfzig ist.
Sicherlich, sagte er, sind das bei Männern und Frauen die Jahre der Blüte
der physischen als auch der geistigen Vitalität.
Jedem über oder unter den vorgeschriebenen Altersgruppen, der an den
öffentlichen Hochzeiten teilnimmt, muss gesagt werden, dass er eine
unheilige und ungerechte Sache tut; das Kind, von dem er der Vater ist,
wenn es ins Leben kommt, wird unter der Schirmherrschaft der anderen
stehen, die Opfer und Gebete darbringen, der hochzeitlichen Priesterinnen
und Priester und der ganzen Gesellschaft, dass die neue Generation besser
sein kann, die so konzipiert sind und besser und nützlicher sind als ihre
Eltern gut und nützlich waren, während sein Kind sonst wird ein
Nachkomme der Finsternis und seltsamen Lust sein.
Sehr wahr, antwortete er.
Und dasselbe Gesetz wird eintreten innerhalb der vorgeschriebenen Alter,
die eine Vereinigung mit einer Frau in den besten Jahren ohne Zustimmung
der Herrscher nicht gelten lassen; denn wir werden sagen, dass er sonst
erhebt einen Bastard für den Staat, nicht zertifiziert und ungeweiht.
Sehr wahr, antwortete er.
Dies gilt jedoch nur für diejenigen, die innerhalb der festgelegten Alter
zeugen: dass wir es ihnen ermöglichen, nach Belieben zu zeugen, es sei
denn, dass ein Mann seine Tochter oder seiner Tochter Tochter oder seine
Mutter oder seiner Mutter Mutter heirate; und Frauen, auf der anderen
Seite, sollen nicht heiraten ihre Söhne oder Väter oder Söhne der Söhne
oder den Vater ihres Vaters und so weiter in beide Richtungen. Und wir
gewähren alles, unter Begleitung der Genehmigung mit strengen Befehl,
jeden Embryo zu verhindern, der so ins Leben kommt, zu sehen das helle
Licht; und wenn jede Kraft ein Weg der Geburt ist, müssen die Eltern
verstehen, dass die Nachkommen einer solchen Vereinigung nicht
aufrechterhalten werden können, und vereinbaren es entsprechend.
Das auch, sagte er, ist ein vernünftiger Vorschlag. Aber wie werden sie
wissen, wer Vater und wer die Töchter, und so weiter?
Sie werden es nie erfahren. Die Art und Weise wird diese sein: Zählend ab
dem Tag der öffentlichen Hochzeit, der Bräutigam, der verheiratet war,
wird alle männlichen Kinder, die in dem siebten und zehnten Monat später
geboren werden, seine Söhne nennen, und die weiblichen Kinder seine
Töchter nennen, und sie werden ihn Vater nennen, und er wird deren
Kinder seine Enkel nennen, und sie werden die Alten Großväter und
Großmütter nennen. Alle, die zu der Zeit gezeugt wurden, da ihre Väter
und Mütter zusammen kamen, nennen sie ihre Brüder und Schwestern, und
diese werden aufgerufen, wie ich schon sagte, dass Mischehen verboten
sind. Dies ist jedoch nicht als ein absolutes Verbot der Heirat von Brüdern
und Schwestern zu verstehen; wenn die Menge sie begünstigt und sie die
Sanktion des Pythischen Orakels erhalten, wird das Gesetz es ermöglichen.
Ganz richtig, antwortete er.
Das ist das System, Glaukon, wie die Hüter unseres Staates ihre Frauen
und Familien gemeinsam haben. Und jetzt willst du das Argument gezeigt
bekommen, dass diese Gemeinschaft im Einklang mit dem Rest unseres
Gemeinwesens steht, und auch, dass nichts besser ist, nicht wahr?
(...)
Hauptsächlich, sagte ich; aber ich frage dich noch einmal: Soll eine
Familie im Namen nur bestehen; oder sollen sie in all ihren Handlungen
getreu dem Namen sein? Zum Beispiel in der Verwendung des Wortes
Vater, wäre die Pflege eines Vaters impliziert und die kindliche Ehrfurcht
und Pflicht und Gehorsam ihm gegenüber, die das Gesetz befiehlt; und der
Verletzer dieser Pflichten ist zu betrachten als eine gottlose und ungerechte
Person, die nicht in der Hand Gottes oder des Menschen viel Gutes zu
erhalten hat? (...)
So, sagte er, und nichts anderes; denn was ist lächerlicher, als die Namen
der Familienbande nur mit den Lippen auszusprechen, ohne in ihrem
Geiste zu handeln?
Dann in unserer Stadt soll die Sprache der Harmonie und Eintracht öfter
herrschen als in jedem anderen Staat. Wie ich bereits beschrieb, wenn einer
gut oder schlecht ist, das universelle Wort ist „gut“ oder „schlecht“.
Höchst wahr.
Und passend zu dieser Denkweise und diesem Sprechen, werden wir nicht
sagen, dass sie ihre Freuden und Leiden gemeinsam haben?
Ja, so werden sie.
Und sie werden ein gemeinsames Interesse an der gleichen Sache haben,
die sie gleichermaßen „meine eigene“ nennen, und mit diesem
gemeinsamen Interesse ein gemeinsames Gefühl der Freude und der
Schmerzen haben?
Ja, weit mehr als in anderen Staaten.
Und der Grund dafür, die allgemeine Verfassung des Staates, wird sein,
dass die Wächter eine Gemeinschaft von Frauen und Kinder haben?
Das wird der Hauptgrund sein.
Und diese Einheit des Gefühls, das wir angenommen, das höchste Gut zu
sein, wie es in unserem eigenen Vergleich eines wohlgeordneten Staat auf
das Verhältnis vom Leib und seinen Gliedern genannt ist, wenn sie von
Freude oder Schmerz betroffen werden gemeinsam?
Das haben wir anerkannt und ist sehr richtig.
Dann wird die Gemeinschaft von Frauen und Kindern unserer Bürger
eindeutig die Quelle für das höchste Gut des Staates?
Ganz sicher.
Und das stimmt mit dem anderen Prinzip überein, das wir bekräftigen,
dass die Wächter nicht Häuser oder Grundstücke oder anderes Eigentum
haben sollen; ihr Lohn ist es, ihre Nahrung von den anderen Bürgern zu
erhalten und dass sie keine privaten Ausgaben haben; denn wir
beabsichtigten, ihnen den wahren Charakter des Erziehungsberechtigten zu
erhalten.
Richtig, antwortete er.
Sowohl die Gütergemeinschaft als auch die Gemeinschaft von Familien,
wie ich sage, neigen dazu, dass sie wirklich Erziehungsberechtigte
erzeugen; sie werden nicht die Stadt in Stücke reißen durch
unterschiedliches "mein" und "nicht mein", die jeder Mann behauptet, der
in einem separaten Haus seines Eigentums lebt mit einer separaten Frau
und Kindern und privaten Freuden und Schmerzen; aber alle werden so
weit beeinträchtigt werden, wie sie durch die gleichen Freuden und
Schmerzen gehen, weil sie alle einer Meinung sind über das, was in der
Nähe und in der Liebe zu ihnen steht, und damit sie alle zu einem
gemeinsames Ende neigen.
Gewiss, antwortete er.
(...)

SANNYASIN

Jede Religion hat eine Gruppe von Einsiedlern, die ein Leben in Rückzug
und Meditation führen. Es gibt die Bettelmönche im Buddhismus, Fakire
im Islam, sufistische Fakire im Sufismus, Mönche und Eremiten im
Christentum. Die Glorie einer Religion ist absolut verloren, wenn diese
Einsiedler oder Sannyasins oder die, die ein Leben in Abkehr und
göttlicher Kontemplation führen, wegfallen. Es sind diese Menschen, die
die Religionen der Welt aufrecht erhalten. Es sind diese Menschen, die den
Menschen Trost bringen, wenn sie Kummer und Sorgen haben. Sie sind
die Vorboten göttlicher Weisheit und Frieden. Sie sind die Überbringer
heiligen Wissens und himmlischer Botschaften. Sie sind die Verbreiter
spiritueller Wissenschaft und schriftlicher Offenbarungen. Sie heilen die
Kranken, trösten die verlorenen Seelen, pflegen die Bettlägerigen. Sie
bringen den Hoffnungslosen Hoffnung, den Deprimierten Freude, den
Schwachen Stärke, den Schüchternen Mut, indem sie das Wissen von Gott
und die Bedeutung der All-Einheit weitergeben.
Ein echter Sannyasin ist der einzige wirkliche Machthaber auf dieser Erde.
Er nimmt nie. Er gibt immer. Nur Sannyasins haben in der Vergangenheit
wirklich ehrwürdige, großartige Arbeit geleistet. Nur Sannyasins können in
der Gegenwart und in der Zukunft Wunder vollbringen. Eines Weisen
Name kann nie ausgelöscht warden, solange die Welt existiert.
Ramakrishna oder Vivekananda haben die großartigen Lehren der
Schriften verbreitet und die Hindu-Religion so erhalten. Nur ein Sannyasin
kann wahre Wunder vollbringen, denn er hat göttliches Wissen, er ist ein
vollendeter Mensch. Ein echter Sannyasin kann das Schicksal der
gesamten Welt verändern. Ein mächtiger Weiser ist einer, der die Doktrin
der heiligen Philosophie etablierte. Er lebt weiter in den Herzen der
Menschen.
So wie es Forschungegelehrte oder Studenten mit abgeschlossenem
Studium in Naturwissenschaften, Psychologie, Biologie, Philosophe und
so weiter gibt, so sollte es auch gelehrte Sannyasins geben, die ihre Zeit
den Schriften und Meditation und der Forschung über Gott widmen. Diese
gebildeten Weisen werden der Welt ihre Erfahrungen und Erkenntnisse auf
dem Gebiet der Religion und Spiritualität geben. Sie werden Schüler
ausbilden und diese in die Welt hinaus senden, um zu predigen. Es ist die
Pflicht der Bürger und der Gesellschaft, sich um die Bedürfnisse dieser
Sannyasins zu kümmern. Diese Sannyasins werden sich um die Seelen der
Menschen kümmern, und im Gegenzug kümmern die Bürger sich um
deren Körper. So wird das Rad der Welt sich reibungslos drehen. Im Land
wird Frieden herrschen.
Sannyasins sollten fest in heiligen Bewusstsein verwurzelt sein. Das bloße
Studium von Büchern kann nicht die Erfahrung reinen heiligen
Bewusstseins bringen. Philosophischer Tratsch oder müßiges, trockenes
Gerede über die heiligen Schriften hilft niemandem dabei, die Einheit oder
Einigkeit des Lebens zu empfinden. Es gibt keine Hoffnung darauf, die
heilige Einheit des Bewusstseins zu erfahren - Gott allein genügt - solange
der Aspirant nicht schonungslos alle Arten von Hass, Kleingeistigkeit,
Eifersucht, Neid, Überlegenheitsgedanken, und alle Grenzen, die die
Menschen voneinander trennen, zerstört, durch unaufhörlichen,
langfristigen Dienst an der Menschheit mit der richtigen geistigen
Einstellung oder göttlichem Tugend. Praktizierte Weisheit ist heutzutage
rar. Es gibt nur trockene Diskussionen und bedeutungslosen Streit über die
nicht lebensnotwendigen Dinge der Religionen.
Die zentrale Lehre der Bhagavad Gita ist Selbstverwirklichung in der Welt.
Dasselbe predigt der Weise. Der Menschheit dienen — als Manifestation
Gottes — und Gottes gedenken, während man an der Welt Anteil nimmt
und aktiv in ihr lebt, ist einem Höhlenleben überlegen. Selbstloser Dienst
ist auch Gebet. Arbeit ist Gebet. Wirklicher spiritueller Fortschritt beginnt
mit tätiger Liebe.
Ehrwürdiger Sannyasin! Diene jedem mit intensiver Liebe, ohne
Gedanken an die Auswirkung, ohne Früchte, Lohn oder Wertschätzung
dafür zu erwarten. Nutze deinen Leib für selbstlose Arbeit. Fühle, dass du
nur ein Instrument in den Händen Gottes oder ein Zeuge von Gottes
Aktivitäten bist, wenn du Liebe übst. Hafte an keinen Ort, keiner Person
oder Sache an. Behalte dein inneres Gleichgewicht bei all den Mühen und
Turbulenzen der Welt, ohne Erfolg oder Misserfolg, Gewinn oder Verlust,
Sieg oder Niederlage, Respekt oder Geringschätzung, Freude oder
Schmerz in Betracht zu ziehen. Habe immer einen ausgeglichenen Geist.
Habe den Geist bei allen Aktivitäten fest im Herzen verwurzelt. Dann wirst
du ein wahrer Heiliger der tätigen Liebe. Arbeit erhebt, wenn sie mit der
richtigen Einstellung verrichtet wird. Selbst wenn Menschen dich
verspotten, beschimpfen, schlagen, schmähen oder töten, sei immer
gleichmütig. Sei beständig bei deinem Herrn.
Dein Herz erfordert konstante Praxis, Standhaftigkeit, Geduld,
Beharrlichkeit und Ausdauer. Die kombinierte Praxis von tätiger Liebe und
Kontemplation in der Welt ist viel schwieriger als die Praxis reiner
Kontemplation im Rückzug einer Bergeinsiedelei. Der Einsiedler hat keine
Ablenkungen des Geistes, während der Heilige der tätigen Liebe schnell
von Geräuschen oder der Betriebsamkeit der Stadt gestört werden kann.
Die Meditation aufrecht zu erhalten, während man sonst aktiv ist, ist eine
andere Art schwieriger Weisheit. Der Mensch, der Kontemplation übt,
während er sonst Taten der Nächstenliebe vollbringt, ist in der Tat ein
mächtiger Weiser. Er hat einen ganz anderen Geist.
Schlechte Sannyasins wollen Sünden nicht durch Nächstenliebe tilgen. Sie
glauben, dass Dienst am Menschen und tätige Liebe nichts bedeuten. Sie
rasieren sich die Köpfe, ziehen orangene Kleidung an, bleiben in einer
Höhle und posieren als große Weise oder Heilige. Sie studieren ein paar
Bücher über Gott und stilisieren sich als große Philosophen. Das ist ein
großer Fehler. Selbst wenn es einen echten Philosophen gäbe, braucht er
eine große dynamische Kraft, die ganze Welt zu regieren. Einige
Sannyasins aus der alten orthodoxen Schule denken, dass ein Philosoph
machtlos ist. Er kann jedoch das Schicksal der ganzen Welt verändern.
Ein wahrer Sannyasin strebt, sein Selbst nach und nach mit der großen
Gottheit zu verschmelzen, indem er alle Bindungen aufgibt und frei wird
von Gegensatzpaaren. Das Wissen über den höchsten Geist, das
Verschwinden aller Gefühle von ich oder mein, werden für einen
Sannyasin nur durch die Praxis unaufhörlicher Kontemplation über das
Absolute Ich zugänglich. Wer sich das Wissen der Einheit des Individuums
mit dem höchsten Gott nicht angeeignet hat, wird die höchste Stufe durch
bloße dumpfe Meditation nicht erreichen. Ein Sannyasin muss
unaufhörlich die heiligen Worte der Ewigen Weisheit murmeln sowie die
Sätze aus der heiligen Schrift, die die Ewige Wahrheit behandeln. Gott ist
der Zufluchtsort sowohl aller wissenden als auch unwissenden Menschen.
Er ist das Ziel der Sehnsüchte aller, die unsterblich werden möchten.
Wegen des Privilegs, Gott zu beschauen, wird ein Sannyasin von allen
Arbeiten befreit und wird gleichgültig selbst gegenüber den Freuden des
Himmels, da er Gott allein sucht. Durch unaufhörliches Nachdenken über
Gott allein erreicht der Weise die höchste Wonne.
Sannyasins sollten ein ideales, beispielhaftes Leben führen und den
Bürgern raten, kein Haschisch, Opium und so weiter zu rauchen. Der Geist
imitiert immer. Wenn der Meister am Tag Haschisch raucht, wird der
Schüler am Tag Haschisch rauchen. Wie der Meister, so der Schüler.
Sannyasin sein ist eine ernste Sache. Komfortables Sannyasin-sein ist sehr
gefährlich. Es ist überhaupt kein Sannyasin-sein. Alle für Sannyasins
vorgeschriebenen Regeln sollten von Sannyasins befolgt werden. Nur dann
können sie als wahre und ideale Sannyasins glänzen. Nur dann können sie
den Menschen als Vorbild dienen. Ehre dem wahren, idealen Sannyasin,
der ein beispielhaftes Leben führt! Diese Welt braucht dringend wahre,
ideale Sannyasins, die dem Land und der Menschheit mit Liebe helfen und
Wissen über die Seele und Gottes Liebe überall verbreiten.
Mögen Sannyasins, die Quellen göttlicher Weisheit, die Fackelträger der
absoluten Wahrheit, die Leuchtfeuer dieser Welt, die Grundpfeiler
spiritueller Gebäude und die zentralen Säulen ewigen Glaubens der
Religion die verschiedenen Nationen dieser Welt leiten.

ENGEL IN DER BIBEL

Wer oder was sind Engel? Wo kommen sie her, und in welcher Beziehung
stehen sie zu uns?
als Einleitung fragen wir, wie sich Menschen Engel vorstellen. Dann
müssen wir gleich überlegen, wie wir mit ihnen umgehen sollen. Drittens
fragen wir, wo sie herkommen, viertens, was sie von uns unterscheidet,
dann welche Ordnungen und welche Aufgaben sie haben und fassen zum
Schluss noch einmal alles unter der Frage zusammen, welche Einstellung
wir zu ihnen haben sollen. Bei allem begnügen wir uns mit den
wichtigsten Aussagen.

Was stellen sich Menschen unter Engeln vor?

Bestimmte Begriffe erzeugen in uns bestimmte Vorstellungen, zum


Beispiel: Gespenster, Geister, Dämonen, Totengeister, Poltergeister, Teufel,
Engel.
Die meisten Menschen heute glauben zwar nicht, dass es solche Wesen
wirklich gibt, das hält sie aber nicht davon ab, jede Menge Bücher darüber
zu kaufen, ganz abgesehen von den oft magischen Märchenbüchern für
Kinder. Manche versuchen sogar, Geister von Toten zu beschwören.
Was soll man nun glauben? Welche Wirklichkeiten spielen in unserem
Leben eine Rolle und welche sind vielleicht nur von einer schöpferischen
Phantasie ausgedacht?
Für Menschen, die an die Göttlichkeit der Natur glauben, ist die Existenz
von engelähnlichen Wesen eine Selbstverständlichkeit. Engel, Geister,
Gespenster und Götter und Dämonen spielen in ihrer Kultur eine große
Rolle. Unsere westliche Kultur war Jahrhunderte lang vom Christentum
geprägt. Von daher haben die Menschen geglaubt, dass es Engel, aber auch
böse Geister oder Dämonen gibt. Interessant ist, wie sich die Menschen
diese Wesen vorgestellt haben. Was haben sich die großen Künstler
gedacht, wenn sie Engel darstellten? Standen vielleicht sogar bestimmte
persönliche Erfahrungen hinter ihren Darstellungen? Man sehe sich die
vielen Gemälde an, die den Erzengel Gabriel darstellen, der die Jungfrau
Maria grüßt, oder die Gemälde, die den Erzengel Michael im Kampf mit
dem Drachen zeigen, oder auch die Darstellungen der Engel in der
orthodoxen Ikonographie, oder wen man will, die Engelein als nackte
Kindchen mit Flügeln in der barocken Kunst.
Die Engel in den Mosaiken und Bildern der ersten Jahrhunderte sind alles
andere niedlich. Es sind grandiose, ehrfurchtgebietende Gestalten. Man
bekommt den Eindruck von dem übermächtigen Einbruch einer anderen
Dimension in die Welt der Sichtbarkeit.
Um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert gibt es immer noch Bilder, in
denen der Engel der große und herrliche Bote Gottes ist, der die Botschaft
von dem unerhört Neuen bringt. Gleichzeitig aber finden wir Bilder, die
Engel als liebliche Mädchen darstellen.
In der Renaissance tauchen dann die Putten auf, diese Engelein, die zur
Dekoration in kirchlichen Räumen werden. Oft bestehen sie nur aus Kopf
und Flügeln. Man denke da an Raffaels Engel zu Füßen der Sixtinischen
Madonna.
Die etwas süßlich kitschigen Engelsdarstellungen des 19. Jahrhunderts
sind dennoch ganzen Generationen lieb geworden.
Wie spricht die Bibel von Engeln? Dort sind Engel nicht niedlich, sondern
erschreckend heilig! Sie verursachen bei Menschen immer ein großes
Erschrecken. Zuweilen erschienen sie in solcher Herrlichkeit, dass selbst
ein Apostel wie Johannes in Versuchung kam, sie anzubeten.
In der Bibel werden Engel ungefähr dreihundertmal erwähnt. Ihre Existenz
ist eine Selbstverständlichkeit.
.
Wie sollen Menschen mit Engeln umgehen?
Exodus 20,1-5: „Ich bin Jahwe, dein Gott! Ich habe dich aus dem
Sklavenhaus Ägyptens befreit. Du wirst keine anderen Götter neben mich
stellen! Du wirst dir kein Götterbild machen, kein Abbild von irgendetwas
im Himmel, auf der Erde oder im Meer! Wirf dich niemals vor ihnen
nieder und verehre sie auf keinen Fall! Denn ich, Jahwe, ich, dein Gott, bin
ein eifersüchtiger Gott.“

Dazu gehören auch Engel. Sie dürfen nicht angebetet werden. Offenbarung
22,8-9: „Ich, Johannes, habe alles gesehen und gehört, was hier berichtet
ist. Überwältigt von dem, was ich gehört und gesehen hatte, warf ich mich
vor dem Engel nieder, der mir das alles gezeigt hatte, und wollte ihn
anbeten. Doch er sagte: Tu das nicht! Ich bin ein Sklave Gottes genauso
wie du und deine Brüder, die Propheten, und wie alle, die sich nach den
Worten dieses Buches richten. Bete Gott an!“ Die heiligen Engel Gottes
haben nie Anbetung angenommen. Kolosser 2,18: „Und lasst euch durch
niemand von eurem Ziel ablenken, durch keinen, der sich in
Demutsübungen gefällt und Engel anbetet und das mit Visionen begründet,
die er gesehen haben will. Solche Menschen haben eine ungeistliche
Gesinnung und sind ganz ohne Grund stolz und aufgeblasen.“ Anbetung
von Engeln ist ein Kennzeichen von gnostischen oder esoterischen
Irrlehrern.

Wo kommen Engel her?

Durch sein Wort hat Gott die Engel erschaffen. Psalm 148,2.5: „Lobt ihn,
alle seine Engel! Lobe ihn, du himmlisches Heer! … Sie alle sollen loben
den Namen Jahwes, denn sie alle entstanden durch sein Gebot.“ Durch
Christus hat Gott die Engel geschaffen. Kolloser 1,16: „Denn in Ihm ist
alles, was es im Himmel und auf Erden gibt, erschaffen worden: das
Sichtbare und das Unsichtbare, Throne und Herrschaften, Mächte und
Gewalten; alles hat Gott durch Ihn und für Ihn geschaffen.“ Engel wurden
vollkommen erschaffen. Ezechiel 28,15: „Vollkommen warst du in deinen
Wegen von dem Tag an, als du geschaffen wurdest...“
Engel haben nicht die Fähigkeit der Vermehrung; sie wurden alle
unmittelbar von Gott geschaffen.
Engel sind keine Rasse wie die Menschen, die alle von Adam und Eva
abstammen. Engel haben nicht die Fähigkeit der Vermehrung; sie wurden
alle unmittelbar von Gott geschaffen. Sie sind keine geschlechtlichen
Wesen und wurden weder als Mann noch als Frau erschaffen, sondern sie
rein geistige Intelligenzen.
Matthäus 22,30: „Denn wenn die Toten auferstehen, heiraten sie nicht
mehr, sondern werden wie die Engel im Himmel sein.“ Es gibt Myriaden
von Engeln. Da dies die größte Zahl der griechischen Sprache war, heißt
das praktisch: unzählbar viele.
Hebräer 12,22: „Ihr dagegen seid zum Berg Zion und zur Stadt des
lebendigen Gottes gekommen, zu dem Jerusalem im Himmel, wo sich
unzählbare Engelscharen zu einem Fest versammelt haben.“
Die Engel wohnen im Himmel, haben jederzeit Zugang zu den Menschen
und zum Thron Gottes. Lukas 2,13-15: „Plötzlich waren sie von ganzen
Heerscharen des Himmels umgeben, die alle Gott lobten und riefen: Ehre
und Herrlichkeit Gott in der Höhe und Frieden den Menschen seines
Wohlgefallens auf Erden. Als die Engel in den Himmel zurückgekehrt
waren, sagten die Hirten zueinander: Kommt, wir gehen nach Bethlehem!
Sehen wir uns an, was da geschehen ist, was der Herr uns sagen ließ.“
Engel wurden geprüft. Hiob 4,18: „Siehe, selbst seinen Knechten vertraut
er nicht, und seinen Engeln legt er Irrtum zur Last.“ Es gab Engel, die
haben sich der Rebellion Luzifers angeschlossen und sind für ihre Sünde
persönlich verantwortlich. Einige von ihnen sind jetzt schon gefangen. 2
Petrus 2,4: „Gott hat nicht einmal die Engel verschont, die sich gegen ihn
vergangen hatten, sondern hat sie bis zum Tag des Gerichts in Finsternis
gefesselt, in Höhlen des Abgrunds verwahrt.“
Judas 1,6: „Auch die Engel, die ihre Vollmacht überschritten und den Platz
verließen, den Gott ihnen zugewiesen hatte, hat er mit ewigen Fesseln in
der Finsternis verwahrt, um sie an jenem großen Tag zu richten.“ Die
abgefallenen Engel werden im Weltgericht in die Hölle geworfen:
Matthäus 25,41: „Dann wird er zu denen auf der linken Seite sagen: Geht
mir aus den Augen ihr Verfluchten! Geht in das ewige Feuer, das für den
Teufel und seine Engel vorbereitet ist!“ Die Christen werden einmal über
Engel zu Gericht sitzen. 1 Korinther 6,3: „Wisst ihr nicht, dass wir sogar
über Engel zu Gericht sitzen werden?“

Was unterscheidet Engel von Menschen?


Engel besitzen die Merkmale einer Person.
Epheser 3,10: „Erst durch die Kirche sollte er den Mächten und Gewalten
in der Himmelswelt bekannt werden. Auf diese Weise sollten sie die
vielfältige Weisheit Gottes kennen lernen.“ 1 Petrus 1,12: „Gott ließ sie
erkennen, dass sie nicht sich selbst, sondern euch dienten. Euch ist das
alles jetzt von denen verkündigt worden, die euch mit der guten Botschaft
vertraut gemacht haben. Sie taten das in der Kraft des Heiligen Geistes,
den Gott vom Himmel gesandt hat.“ Engel verlangen nach der
vollkommenen Einsicht in Gottes Pläne.
Judas 1,9: „Selbst der Engelsfürst Michael wagte es nicht, ein abwertendes
Urteil über den Teufel zu fällen, als er mit ihm über den Leichnam von
Mose stritt. Er sagte nur: Der Herr bestrafe dich!“ Lukas 15,10: „Ich sage
euch: Genauso freuen sich die Engel Gottes über einen Sünder, der Buße
tut.“ Die Engel freuen sich am Heil und sind interessiert an der Rettung
jedes einzelnen Menschen.
Hebräer 1: „Als er den Erstgeborenen aber in die Welt einführte, sagte er:
Alle Engel Gottes sollen ihn anbeten!“
2 Petrus 2,4: „Gott hat nicht einmal die Engel verschont, die sich gegen
ihn vergangen hatten, sondern hat sie bis zum Tag des Gerichts in
Finsternis gefesselt, in Höhlen des Abgrunds verwahrt.“
Offenbarung 19,10: „Da warf ich mich ihm zu Füßen, um ihn anzubeten.
Aber er sagte zu mir: Tu das nicht! Ich bin auch nur ein Sklave Gottes wie
auch du und deine Brüder, die ihr an der Botschaft von Jesus festhaltet.
Bete Gott an! Denn die prophetische Botschaft ist die Botschaft von
Jesus.“
Engel haben also Vernunft, Willen, Gefühle und Selbstbewusstsein, sie
sind geistige Personen.
Engel sind geistige Wesen, die keinen materiellen Leib besitzen.
Sie benötigen keine Nahrung und können sich unabhängig von der Materie
im ganzen Universum fortbewegen. Hebräer 1,7: „Von den Engeln heißt es
zwar: Seine Engel macht er zu Sturmwinden, seine Diener zu
Feuerflammen.“ Hebräer 1,14: „Nein, die Engel sind alle nur Diener.“ Es
sind Wesen der himmlischen Welt, die Gott als Helfer zu denen sendet, die
an der kommenden Rettung teilhaben sollen.
Engel sind den Menschen überlegen
Manchmal können Engel in menschlicher Form erscheinen und gesehen
werden. Matthäus 28,2: „Plötzlich gab es ein starkes Erdbeben. Ein Engel
des Herrn war vom Himmel gekommen und zum Grab getreten. Er wälzte
den Stein weg und setzte sich darauf.“
Engel können sich unabhängig von der Materie im ganzen Universum
fortbewegen
Markus 16,5: „Sie gingen in die Grabkammer hinein und erschraken sehr,
als sie innen auf der rechten Seite einen Jüngling in weißem Gewand
sitzen sahen.“ Die Engel sind den Menschen in gewisser Hinsicht
überlegen, denn als Gott Mensch wurde, erniedrigte er sich eine kleine
Weile unter die Engel (Psalm 8).
Hebräer 2,7: „Für kurze Zeit hast du ihn geringer gemacht als die Engel,
dann aber hast du ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.“ Die Engel sind
den Menschen an Kraft überlegen. Daniel 6,23: „Mein Gott hat seinen
Engel geschickt, weil ihm meine Unschuld bekannt war. Und der hat den
Löwen die Rachen verschlossen, so dass sie mir nichts antun konnten.
Auch dir gegenüber, König, habe ich kein Unrecht begangen.“
Apostelgeschichte 12,7: „Plötzlich stand ein Engel des Herrn vor ihm und
ein helles Licht erfüllte die Zelle. Er stieß Petrus in die Seite, um ihn zu
wecken. Steh schnell auf!, sagte er. Sofort fielen ihm die Ketten von den
Handgelenken ab.“ Dies ist sehr schön dargestellt auf einem Gemälde
Raffaels. Sie sind uns auch an Weisheit überlegen, aber sie sind nicht
allwissend, das ist nur Gott.
Matthäus 24,36: „Doch Tag und Stunde von diesen Ereignissen weiß
niemand, nicht einmal die Engel im Himmel oder der Sohn selbst; nur der
Vater weiß es.“ Die Engel erscheinen immer als mächtige Wesen und
erwecken Furcht und heiligen Schrecken.
Lukas 2,9: Plötzlich trat ein Engel des Herrn zu ihnen, und das Licht der
Herrlichkeit Gottes umstrahlte sie. Sie erschraken sehr und hatten Angst,
aber der Engel sagte zu ihnen: Ihr braucht euch nicht zu fürchten, denn ich
bringe euch eine gute Nachricht, über die sich das ganze Volk freuen
wird.“
Matthäus 28,4: „Da zitterten und bebten die Wächter vor Angst und fielen
wie tot zu Boden. Der Engel sagte zu den Frauen: Erschreckt nicht! Ich
weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten.“ Engel werden nicht erlöst, wenn
sie gefallen sind, im Gegensatz zur Allversöhnungslehre.
Hebräer 2,14: „Weil diese Kinder nun Menschen von Fleisch und Blut
sind, ist auch er ein Mensch von Fleisch und Blut geworden. So konnte er
durch seinen Tod den Teufel entmachten, der die Macht über den Tod
hatte, und konnte die befreien, die durch Angst vor dem Tod ihr ganzes
Leben lang versklavt waren. Außerdem wissen wir ja, dass er sich nicht für
Engel einsetzt, sondern für die Nachkommen Abrahams.“

Welche Ordnungen gibt es unter den Engeln?

Verschiedene Bezeichnungen für Engel zeigen hierarchische Ordnung an:


Throne, Herrschaften, Fürstentümer, Mächte und Gewalten, Erzengel,
Engel der Völker und Schutzengel. Das wird in der Bibel angedeutet. Wer
Genaueres wissen will, lese Dionysius Areopagita über die Himmlische
Hierarchie.
Cherubim und Seraphim sind mit den Thronen die höchsten Engelwesen.
Die Cherubim besitzen unbeschreibliche Kraft und Schönheit und Klugheit
und umgeben den Thron Gottes. Geschnitzte Abbilder von ihnen breiteten
ihre Flügel über die Bundeslade Israels aus und bildeten im Tempel die
sichtbare Basis für den unsichtbaren Thron Gottes.
Jesaja 37,15: „Hiskia betete: Jahwe, du allmächtiger Gott Israels, der über
den Cherubim thront, du allein bist Gott und Herr über alle Reiche der
Welt. Du hast Himmel und Erde geschaffen.“
Seraphim, die Brennenden, sind die Engel der höchsten Liebesglut, sie
werden ähnlich wie Cherubim beschrieben und umgeben auch den Thron
Gottes. Sie werden nur zweimal in Jesaja 6,1-3 erwähnt:
„In dem Jahr als König Usia starb, sah ich den Herrn. Er saß auf einem
hoch aufragenden Thron. Die Säume seines Gewandes füllten den ganzen
Tempel aus. Umgeben war er von Seraphim, majestätischen Wesen. Jeder
von ihnen hatte sechs Flügel. Mit zweien davon bedeckte er sein Gesicht,
mit zweien seine Beine und mit zweien flog er. Einer rief dem anderen zu:
Heilig, heilig, heilig ist Jahwe, der allmächtige Gott. Die ganze Erde
bezeugt seine Herrlichkeit!“ (Sanctus, Sanctus, Sanctus, Deus Dominus
Sabaoth!) Cherubim und Seraphim sind vielleicht identisch mit den vier
Lebewesen in der Offenbarung. Jedenfalls sind das die einzigen Wesen in
der Nähe Gottes, die mit Flügeln beschrieben werden.
Offenbarung 4,6: „In der Mitte, im innersten Kreis um den Thron, standen
vier mächtige Wesen, die vorn und hinten voller Augen waren. Das erste
Wesen glich einem Löwen, das zweite einem jungen Stier. Das dritte hatte
ein Gesicht wie ein Mensch und das vierte glich einem fliegenden Adler.
Jedes der vier hatte sechs Flügel, die ebenfalls innen und außen mit Augen
besetzt waren. Und immer wieder, bei Tag und Nacht, rufen diese
mächtigen Wesen: Heilig, heilig, heilig ist Gott, der Herr, der allmächtige
Herrscher, der war, der ist und der kommt!“
Folgender Text beschreibt im Bild des Königs von Tyrus den Fall Luzifers,
der gehörte ursprünglich zu den Cherubim.
Ezechiel 28,13-16 : „Du warst in Eden, dem Garten Gottes; aus
Edelsteinen jeder Art war deine Decke: Karneol, Topas und Jaspis, Türkis,
Onyx und Jade, Saphir, Rubin und Smaragd; und Arbeit in Gold waren
deine Ohrringe und deine Perlen an dir; am Tag, als du geschaffen wurdest,
wurden sie bereitet. Du warst ein mit ausgebreiteten Flügeln schirmender
Cherub, und ich hatte dich dazu gemacht; du warst auf Gottes heiligem
Berg, mitten unter feurigen Steinen gingst du einher. Vollkommen warst du
in deinen Wegen von dem Tag an, als du geschaffen wurdest, bis sich
Unrecht an dir fand. Durch die Menge deines Handels fülltest du dein
Inneres mit Gewalttat und sündigtest. Und ich verstieß dich vom Berg
Gottes und trieb dich ins Verderben, du schirmender Cherub, aus der Mitte
der feurigen Steine.“

Der Erzengel Michael


Judas 1,0: „Selbst der Engelsfürst Michael wagte es nicht, ein abwertendes
Urteil über den Teufel zu fällen.“ Von den einzelnen Engeln ist offenbar
Michael der Engelsfürst, eine kämpferische Gestalt.
Offenbarung 12,7: „Dann brach im Himmel ein Krieg aus: Der Engelfürst
Michael kämpfte mit seinen Engeln gegen den Drachen. Der Drache und
seine Engel wehrten sich, aber sie konnten nicht standhalten. Von da an
war für ihn und seine Engel kein Platz mehr im Himmel.“

Der Engel Gabriel


Gabriel ist offenbar mehr der Verkünder Gottes. Daniel 8,16: „Gleichzeitig
hörte ich eine Stimme über dem Ulai-Kanal, die ihm zurief: Gabriel,
erkläre ihm die Vision!“
Lukas 1,26: „Als Elisabeth im sechsten Monat schwanger war, sandte Gott
den Engel Gabriel nach Galiläa in eine Stadt namens Nazareth zu der
Jungfrau, die Maria heißt.“
Engel haben nach den Berichten der Bibel viele Aufgaben und Dienste zu
erfüllen. Sie dienten unserem Herrn nach der Versuchung durch Satan und
stärkten ihn im Kampf in Gethsemane, sie standen bereit, ihn zu schützen,
waren bei seiner Himmelfahrt gegenwärtig und verkündigten seine
Wiederkunft.

Der Engel Raphael


Raphael, sein Name heißt: Gott ist Arzt, ist der Führer der Schutzengel, der
Wegbegleiter und der Engel der Heilung, wie er im Buch Tobit
beschrieben wird. Raphael, Gabriel und Michael sind die drei in der Bibel
namentlich erwähnten Erzengel.

Aufgaben der Engel gegenüber Gott


Sie beten Gott an.
Offenbarung 5,11-12: „Dann sah und hörte ich eine unzählbar große Schar
von Engeln, es waren Tausende und Abertausende. Sie standen im Kreis
um den Thron, die mächtigen Wesen und die Ältesten, und riefen in
gewaltigem Chor: Würdig ist das Lamm, das geopfert worden ist, würdig
zu empfangen die Macht und Reichtum und Weisheit, Stärke und Ehre,
Ruhm und Anbetung!“ Die Engel regieren im Auftrag Gottes Naturkräfte,
ganze Völker und auch Ortskirchen.
Offenbarung 7,2: Und von da, wo die Sonne aufgeht, sah ich noch einen
anderen Engel herkommen, der das Siegel des lebendigen Gottes in der
Hand hatte. Er rief den vier Engeln, denen Gott die Macht gegeben hatte,
der Erde und dem Meer Schaden zuzufügen, mit lauter Stimme zu:
Verwüstet weder das Land noch das Meer und richtet auch an den Bäumen
noch keinen Schaden an! Erst müssen wir allen, die Gott gehören und ihm
dienen, sein Siegel auf die Stirne drücken.“
Daniel 10,13.20-21: „Aber der Engelfürst von Persien hat sich mir 21 Tage
lang entgegengestellt. Da kam Michael, einer der höchsten Engelfürsten,
mir zu Hilfe, so dass ich beim Kampf um Persien entbehrlich wurde. …
Weißt du nun, warum ich zu dir gekommen bin?, sagte er. Schon bald
werde ich wieder zum Fürsten von Persien zurückgehen, um weiter gegen
ihn zu kämpfen. Und wenn ich mit ihm fertig geworden bin, muss ich auch
gegen den Fürsten von Griechenland antreten. Doch vorher will ich dir
mitteilen, was im Buch der Wahrheit aufgezeichnet ist. Ja, es gibt niemand,
der mit mir zusammen seine Kräfte gegen jene beiden aufbietet, außer
Michael, eurem Fürst.“ Offenbarung 2,1: „Schreibe an den Engel der
Gemeinde in Ephesus …“

Aufgaben der Engel im Leben von Menschen


Wir haben schon gesehen, dass Engel damit beauftragt sind, Menschen
Botschaften zu überbringen und dass sie sich über die Erlösung freuen. Sie
tun aber noch mehr.
Hebräer 1,14: „Nein, die Engel sind alle nur Diener. Es sind Wesen der
himmlischen Welt, die Gott als Helfer zu denen sendet, die an der
kommenden Rettung teilhaben sollen.“
Das gilt generell für alle Gläubigen.
Engel ermutigen Gläubige und retten sie in Gefahren.
Apostelgeschichte 27,23: „Letzte Nacht kam nämlich ein Engel Gottes zu
mir, des Gottes, dem ich gehöre und dem ich diene. Er sagte zu mir:
Paulus, du brauchst dich nicht zu fürchten! Gott will, dass du vor den
Kaiser trittst, und er wird deinetwegen allen, die mit dir fahren, das Leben
schenken. Habt also Mut, Männer! Ich vertraue Gott, dass es so kommen
wird, wie er mir sagen ließ.“
Offenbar gibt es Schutzengel, nicht nur für Kinder.
Matthäus 18,10: „Hütet euch davor, einen dieser Kleinen überheblich zu
behandeln! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel haben jederzeit
Zugang zu meinem himmlischen Vater.“
Psalm 34,8: „Der Engel des Herrn lagert sich um die her, die ihn fürchten,
und er befreit sie.“
Psalm 91,11: „Denn Er bietet seine Engel für dich auf, dich zu bewahren
auf allen deinen Wegen.“
Psalm 91,12: „Auf den Händen tragen sie dich, damit du deinen Fuß nicht
an einen Stein stößt.“
Engel beobachten das Leben der Gläubigen und loben Gott für seine
Gnade.
Epheser 3,10: „Erst durch die Kirche sollte er den Mächten und Gewalten
in der Himmelswelt bekannt werden. Auf diese Weise sollten sie die
vielfältige Weisheit Gottes kennen lernen.“
1 Korinther 11,10: „Deshalb soll eine Frau mit Rücksicht auf die Engel das
Zeichen ihrer Vollmacht auf dem Kopf tragen“. Es scheint, dass sie
besonders das Leben der Priester der Kirche beobachten. 1 Timotheus
5,21: „Ich beschwöre dich vor Gott, vor Christus und den auserwählten
Engeln: Befolge dies alles ohne Vorurteil und begünstige niemand.“
Engel vollstrecken das Gericht Gottes an den Menschen.
Hebräer 11,28: „Aufgrund des Glaubens führte er das Paschafest ein und
ließ das Blut der Paschalämmer an die Türpfosten streichen, damit der
todbringende Engel ihre Erstgeborenen nicht antastete.“
Apostelgeschichte 12,23: „Im gleichen Augenblick aber schlug ihn
(Herodes) ein Engel des Herrn, weil er sich als Gott feiern ließ und nicht
Gott die Ehre gab. Von Würmern zerfressen starb er unter Qualen.“

Welche Einstellung sollen wir zu Engeln haben?


Die Jungfrau Maria sagt: „Jeder Mensch hat seinen Schutzengel und soll
zu ihm beten.“ In der alten Messe wurde nach jeder Eucharistiefeier der
Erzengel Michael angefleht, die Dämonen in die Hölle zu stürzen. Wenn
uns Krankheiten plagen, rufen wir den Erzengel Raphael um Beistand an.
Wir folgen dem Beispiel des Erzengels Gabriel und grüßen die Jungfrau
Maria: Ave Maria, du Gnadenvolle, der Herr ist mit dir! Wir verehren die
allerseligste Jungfrau Maria als Königin der Engel. Wir bemühen uns, in
der Gottesliebe groß und so ein seraphischer Heiliger zu werden. Wir
bemühen uns, in der Gottesweisheit groß und so ein cherubinischer Pilger
zu werden.

ABRAHAMS OPFER SEINES LIEBLINGSSOHNES

(Genesis 22)

Es geschah einige Zeit später, dass Gott Abraham auf die Probe stellte.
Abraham, Abraham!' rief er. Hier bin ich, antwortete er.

Gott sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen Sohn, deinen


vielgeliebten Isaak, und geh in das Land Moria, wo du ihn als Brandopfer
auf einem Berge, den ich dir weisen werde, darbringen sollst.

Früh am nächsten Morgen sattelte Abraham seinen Esel und nahm mit sich
zwei seiner Knechte und seinen Sohn Isaak. Er hackte Holz zum
Brandopfer und machte sich auf den Weg zu dem Ort, den Gott ihm
angegeben hatte.

Am dritten Tag blickte Abraham auf und sah den Ort in der Ferne.

Da sagte Abraham zu seinen Knechten: Bleibt hier mit dem Esel. Der
Junge und ich werden da drüben hingehen, wir werden anbeten und dann
zu euch zurückkommen.
Abraham nahm das Holz zum Brandopfer, lud es Isaak auf und trug mit
seinen eigenen Händen das Feuer und das Messer. Und dann gingen die
beiden zusammen weiter.

Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Vater? Sagte er. Ja, mein Sohn?
antwortete er. Siehst du, sagte er, hier ist Feuer und Holz, wo ist aber das
Lamm zum Brandopfer?

Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich das Lamm zum
Brandopfer wählen. Und die beiden gingen zusammen weiter.

Als sie an dem Ort, den Gott ihm angegeben hatte, angekommen waren,
baute Abraham dort einen Altar und schichtete das Holz. Dann band er
seinen Sohn und legte ihn auf den Altar oben auf das Holz.

Abraham streckte seine Hand aus und nahm das Messer, um seinen Sohn
zu töten.

Aber der Engel Jahwes rief ihm vom Himmel zu: Abraham, Abraham!
Sagte er. Hier bin ich, antwortete er.

Rühre den Knaben nicht an, sagte der Engel, und schade ihm nicht, denn
nun weiß ich, dass du Ehrfurcht hast vor Gott. Du hast ihm nicht
verweigert deinen eigenen geliebten Sohn.

Dann erblickte er, dann sah Abraham einen Widder mit seinen Hörnern im
Gestrüpp verfangen. Abraham nahm den Widder und opferte ihn zum
Brandopfer an seines Sohnes statt.

Abraham nannte diesen Ort "Jahwe opfert", und damit die Leute heute
sagen: Auf dem Berg Jahwes wurde ein Opfer zur Verfügung gestellt.

Der Engel Jahwes rief Abraham ein zweites Mal vom Himmel:

Ich schwöre bei mir selbst, der Herr erklärt, dass, weil du das getan hast,
weil du mir deinen eigenen geliebten Sohn nicht verweigert hast,
Werde ich Segnungen auf dich ausschütten und deine Nachkommen so
zahlreich machen wie die Sterne am Himmel und der Sand am Ufer des
Meeres. Deine Nachkommen werden erobern die Tore ihrer Feinde.

Alle Völker der Erde werden sich mit deinem Nachkommen segnen, weil
du auf meine Stimme gehört hast.

Abraham ging zurück zu seinen Knechten, und gemeinsam zogen sie nach
Beerscheba, und Abraham ließ sich in Beerscheba nieder.

Und es geschah nach einiger Zeit, dass Abraham ein Wort empfing, dass
Milka auch nun Söhne seinem Bruder Nahor geboren hatte:

Uz, seinen Erstgeborenen, Buß, seinen Bruder, Kemuel, den Vater von
Aram,

Chesed, Haso, Pildasch, Jidlaph, Bethuel,

Und Bethuel zeugte Rebekka. Dies waren die acht Kinder, die Milka
schenkte dem Nahor, Abrahams Bruder.

Er hatte auch eine Konkubine namens Rehuma, und auch sie hatte Kinder:
Tebah, Gaham, Tahash und Maacha.

DIE WELTSEELE

Die Weltseele (lateinisch anima mundi, griechisch psyche tou pantos) ist
ein religiöses und naturphilosophisches Konzept. Es beruht auf der
Vorstellung einer Analogie zwischen der Gesamtheit des Kosmos und dem
Menschen. Das Universum als Makrokosmos soll analog zum Menschen,
dem Mikrokosmos, strukturiert sein. Als Lebens- und Bewegungsprinzip
wird für beide eine Seele angenommen. So wie man sich einen einzelnen
Menschen als beseelt und von seiner Einzelseele belebt vorstellt, so wird
der Kosmos als lebendiger, mit einer eigenen Seele ausgestatteter
Organismus aufgefasst.
Der Begriff „Weltseele“ wurde von Platon geprägt. In seinem Dialog
Timaios entwarf er eine Theorie der Beseelung der Welt. Er bezeichnete
die Weltseele als selbstbewegt; in ihrer Eigenbewegung sah er ihr
Hauptmerkmal. Als notwendig betrachtete er sie aus zwei Gründen.
Erstens hielt er ein Prinzip, auf das Bewegung generell zurückgeführt
werden kann, für erforderlich; in seinem Spätwerk Gesetze betonte er, die
Weltseele sei die Ursache aller Bewegung in der Natur. Auf sie führte er
die Bewegungen am Himmel ebenso wie diejenigen auf der Erde zurück.
Zweitens benötigte er die Weltseele als das Prinzip, vermittels dessen er
die im Kosmos waltende Vernunft mit der Weltmaterie verband.
Nach dem im Timaios erzählten Mythos hat der Weltschöpfer die
Weltseele zusammen mit dem Kosmos erschaffen. Aus verschiedenen
Mischungen schuf er die Weltseele. Dank dieser Mischungen enthält die
Weltseele Elemente von allem und wird dadurch in die Lage versetzt, alles
wahrzunehmen und zu erkennen. Ihr steht die Herrschaft über den
Weltkörper zu, so wie der Einzelseele des Individuums die Herrschaft über
dessen Körper. Die Weltseele durchdringt und umgibt den Körper des
Kosmos, seine Materie. Sie ist die vermittelnde Instanz zwischen der rein
geistigen Ideenwelt und dem physischen Weltkörper.
Allerdings bedarf die Weltseele nach der platonischen Naturphilosophie
zur geordneten Bewegung der Vernunft, des Geistes (Nous). Der Geist, der
im Timaios vom Weltschöpfer repräsentiert wird, lenkt als übergeordnete
Instanz die Weltseele von außen. Damit stellt sich die Frage, ob die
Weltseele auch über eine eigene Vernunft verfügt oder ob sie von sich aus
unvernünftig wäre, aber sich dank fremder Lenkung dennoch stets gut
verhält.
Plutarch vertrat eine dualistische Position: Da in der sinnlich
wahrnehmbaren Welt Gutes mit Schlechtem gemischt ist, nahm er zwei
entgegengesetzte Prinzipien (archai) und einander widerstreitende Kräfte
(dynameis) an. Eine der Kräfte führt in die richtige Richtung, die andere in
die verkehrte. Die negative Kraft kann sich normalerweise nur unter dem
Mond, also insbesondere auf der Erde, auswirken; der über dem Mond
gelegene Himmelsbereich ist eigentlich frei von Schlechtigkeit. Plutarch
identifizierte das negative Prinzip mit der Urseele, der Seele im Urzustand.
Diese sei von Natur aus unvernünftig, bewege sich ungeordnet und werde
nur dank der Herrschaft der ordnenden Vernunft auf das Gute ausgerichtet.
Plutarch betrachtete die Weltseele als unauflöslich mit der ihr zugehörigen,
von ihr beseelten Weltmaterie verbunden.
Im Neuplatonismus hingegen wurde die Weltseele zu den vollkommenen
Elementen der geistigen Welt gezählt. Sie galt als die unterste der drei
hierarchisch geordneten „Naturen“ oder, wie man später zu sagen pflegte,
Hypostasen, welche die geistige Welt ausmachen. Plotin meinte, die
Weltseele unterscheide sich von den Einzelseelen dadurch, dass sie ständig
auf den Geist (Nous) ausgerichtet und immer mit ihrem Körper verbunden
sei, während die Ausrichtung der Einzelseelen Veränderungen unterworfen
sei. Indem die Weltseele den Kosmos beseele, verleihe sie ihm quasi
göttliche Qualitäten.
Aristoteles lehnte das platonische Konzept der Weltseele ab und verwarf
insbesondere die Vorstellung, dass sie nicht nur bewege, sondern auch
selbst in ständiger Bewegung sei.
Von dem platonischen Konzept abgeleitet, aber stark abgeändert war die
Auffassung der Stoiker von der Beseelung der Welt. Sie nahmen ein
aktives, den ganzen Kosmos durchdringendes feuriges Prinzip, das
Pneuma, an. Damit verbanden sie die Vorstellung, die Welt sei ein
beseeltes, unsterbliches, göttliches Lebewesen, dem sie Sinne und Vernunft
zuschrieben. Die Einzelseelen betrachteten sie als Teile der Weltseele. Für
die Stoiker war die Weltseele jedoch nicht wie im Platonismus eine
eigenständig existierende geistige Substanz mit einem bestimmten Rang
und einer besonderen Aufgabe in der hierarchischen Weltordnung, sondern
nur ein bestimmter Aspekt einer einheitlichen, körperlich gedachten Welt.
Der stark vom Platonismus beeinflusste jüdische Denker Philon von
Alexandria wsollte die Wltseele nur als Metapher gelten lassen. Bei den
verschiedenen Strömungen der Gnosis fand das Konzept keinen Anklang,
nur der Manichäismus nahm es auf. Die Manichäer betrachteten die
Weltseele jedoch nicht wie die Platoniker und die Stoiker als von Natur
aus dem Weltkörper zugeordnet, sondern hielten ihren Aufenthalt in der
materiellen Welt für das Ergebnis einer Katastrophe, das ebenso wie bei
den Einzelseelen durch Erlösung rückgängig zu machen sei.
Unter den Kirchenvätern fällt Augustinus durch sein positives Verhältnis
zum Gedanken einer Beseeltheit der Welt auf. Er hält ihn für eine kühne
Hypothese, die weder mit Vernunftgründen beweisbar noch aus der Bibel
abzuleiten sei, aber möglicherweise zutreffe. Boethius bekannte sich in
seiner Schrift vom Trost der Philosophia ausdrücklich zur Idee der „alles
bewegenden Seele“ der Welt.
Im 9. Jahrhundert bekannte sich der neuplatonisch orientierte christliche
Philosoph Johannes Scottus Eriugena zur Idee der Belebtheit der ganzen
Welt.
Im 11. Jahrhundert übernahm der in Spanien lebende jüdische Philosoph
Solomon ibn Gabirol im Rahmen seiner Rezeption des Neuplatonismus
auch die Vorstellung einer Weltseele.
Im 12. Jahrhundert wurde das Weltseele-Thema erneut aufgegriffen. Der
Platoniker Wilhelm von Conches, der den Timaios kommentierte, nannte
die Weltseele eine belebende „natürliche Kraft“ und schrieb, sie sei
zugleich mit der Welt geschaffen worden. Er brachte sie – eine schon in
der Antike auftauchende Überlegung – vorsichtig mit dem Heiligen Geist
in Zusammenhang. Allerdings identifizierte er sie nicht ontologisch mit
dem Heiligen Geist (was wegen dessen Ungeschaffenheit theologisch
problematisch wäre), sondern ließ die Frage ihres Verhältnisses zur dritten
Person der Dreifaltigkeit ausdrücklich offen. Der einflussreiche Theologe
Bernhard von Clairvaux bekämpfte die Gleichsetzung der Weltseele mit
dem Heiligen Geist nachdrücklich.
Nikolaus von Kues setzte sich im 15. Jahrhundert in seinem Werk von der
gelehrten Unwissenheit mit der platonischen Auffassung von der Weltseele
auseinander. Er betrachtet die Weltseele als „universale Form“, die den
Dingen innewohne, aber nicht eigenständig außerhalb von ihnen existiere.
Er setzt sie nicht mit dem Heiligen Geist gleich, sondern hält sie für dessen
„Ausfaltung“. Sein Zeitgenosse Marsilio Ficino teilt die platonische
Überzeugung von der Beseeltheit der gesamten Welt, ebenso wie auch
Giovanni Pico della Mirandola, doch halten sich diese Denker von einer
pantheistischen Deutung dieses Konzepts fern. .
Giordano Bruno war ebenfalls der Meinung, dass man in allen Dingen
Seele und Leben antreffe und dass die Seele als Form aller Dinge überall
die Materie ordne und beherrsche. Er betont stärker als seine Vorgänger
den Aspekt der Immanenz Gottes in der Welt. Der Weltseele, die er als die
allgemeine Form des Weltalls bezeichnet, schreibt er eine „universale
Vernunft“ zu, welche er mit der Wirkursache des Weltalls gleichsetzt. Er
meint, die Weltseele sei überall, doch sei ihre Allgegenwart in einem
geistigen Sinne zu verstehen, nicht körperlich oder der Ausdehnung nach.
Im 17. Jahrhundert wird im Zuge der sich verstärkenden Mechanisierung
des Weltbilds die herkömmliche panpsychistische Naturauffassung der
Naturphilosophen von prominenten Denkern und Wissenschaftlern radikal
verworfen oder einfach ignoriert. Damals beklagte der Dichter John Donne
in einem Gedicht den Tod der Weltseele.
Im Zeitalter der Aufklärung wird die Weltseele meist als
Phantasievorstellung betrachtet. Ein Verteidiger des Weltseele-Konzepts
war jedoch Salomon Maimon. Er hielt die Weltseele für eine von Gott
erschaffene Substanz und deutet sie metaphysisch als endliche
Universalform. Dieses Verständnis der Weltseele ist nach seiner Ansicht
mit dem naturwissenschaftlichen Kenntnisstand seiner Zeit kompatibel.
Schelling griff den Begriff „Weltseele“ auf und machte ihn sogar zum
Thema seiner Schrift Von der Weltseele. Allerdings verstand er ihn nur als
Metapher für ein organisierendes Prinzip, das nach seiner Auffassung die
organische und die anorganische Natur kontinuierlich verbindet und die
ganze Natur zu einem allgemeinen Organismus verknüpft. Den antiken
Philosophen schrieb er eine Ahnung von diesem Prinzip zu, die sie dazu
veranlasst habe, an eine Weltseele zu denken. Goethe, der Schelling
schätzte und dessen Schrift über die Weltseele kannte, benannte sein
Gedicht „Weltschöpfung“ unter dem Einfluss Schellings in „Weltseele“
um. Auch in seinem Gedicht „Eins und Alles“ nahm Goethe auf die
Weltseele Bezug: „Weltseele, komm, uns zu durchdringen!“ Dabei ging es
ihm um die Erfahrung der Einheit und Lebendigkeit der Natur.
In der Literatur der Romantik, in der „Seele“ zu den Schlüsselbegriffen
gehört, kommt der Ausdruck „Weltseele“ öfters vor, besonders bei
Novalis.
Der russische Religionsphilosoph Wladimir Solowjew knüpfte an
gnostische Vorstellungen an, indem er einen Absturz der Weltseele
annahm; sie sei aus dem Mittelpunkt der All-Einheit des göttlichen
Daseins heraus in die Peripherie der geschöpflichen Vielheit gefallen.
Damit habe sie sich ihrem eigenen Wesen entfremdet und die gesamte
Schöpfung in die Unordnung hinab gezogen. Aus dem dadurch
hervorgerufenen Chaos sei das Böse entstanden, dessen Frucht das Leid
sei.
Carl Gustav Jung bezog das Weltseele-Konzept auf das den einzelnen
Seelen gemeinsame „kollektive Unbewusste“.
Künstlerisch wird die Weltseele als nackte Göttin dargestellt, deren Kopf
von einem Sternenkranz umgeben ist. Sie steht auf einer Weltkugel, mit
einem Fuß im Meer und einem Fuß auf der Erde stehend. Die rechte Brust
ist mit einem Stern, die linke mit einer Sonne verziert, die Scham mit
einem Mond.

HYPATIA

Hypatia (auch Hypatia von Alexandria, geboren um 355 in Alexandria;


gestorben März 415 oder März 416 in Alexandria) war eine griechische
spätantike Mathematikerin, Astronomin und Philosophin. Von ihren
Werken ist nichts erhalten geblieben, Einzelheiten ihrer Lehre sind nicht
bekannt. Sie unterrichtete öffentlich und vertrat einen mit kynischem
Gedankengut angereicherten Neuplatonismus. Als Vertreterin einer
nichtchristlichen philosophischen Tradition gehörte sie im überwiegend
christlichen Alexandria der heidnischen Minderheit an. Doch konnte sie
lange unangefochten lehren und erfreute sich hohen Ansehens. Schließlich
wurde sie aber das Opfer eines politischen Machtkampfs, in dem religiöse
Gegensätze instrumentalisiert wurden. Ein aufgehetzter Pöbel ermordete
sie und zerstückelte ihren Leichnam.
Der Nachwelt blieb Hypatia hauptsächlich wegen der spektakulären
Umstände ihres Todes in Erinnerung. Seit der Aufklärung wird Hypatias
Ermordung oft von Kritikern der Kirche als Beispiel für Intoleranz und
wissenschaftsfeindliche Haltung angeführt. Aus feministischer Sicht
erscheint die Philosophin als frühe, mit überlegenem Wissen ausgestattete
Vertreterin einer emanzipierten Weiblichkeit und als Opfer einer
frauenfeindlichen Haltung ihrer Gegner.
Über Hypatias Leben und Werk liegen nur spärliche Nachrichten vor. Die
wichtigsten Quellen sind: Erstens, sieben an Hypatia gerichtete Briefe des
Neuplatonikers Synesios von Kyrene, der sie außerdem in weiteren
Briefen und in seiner Abhandlung Über das Geschenk erwähnt. Als
Schüler und Freund Hypatias war Synesios sehr gut informiert. Da er am
Neuplatonismus festhielt, aber zugleich Christ war und sogar Bischof von
Ptolemais wurde, ist seine Sichtweise relativ wenig von Parteinahme in
den religiösen Konflikten geprägt. Zweitens, die Kirchengeschichte des
Sokrates von Konstantinopel (Sokrates Scholastikos), der ein jüngerer
Zeitgenosse Hypatias war. Sokrates schildert die Philosophin respektvoll
und verurteilt ihre Ermordung nachdrücklich als unchristliche Tat.
Drittens, die nur fragmentarisch erhaltene Philosophische Geschichte des
Neuplatonikers Damaskios, die im Zeitraum 517–526 entstanden ist.
Damaskios war ein entschiedener Anhänger der alten Religion und Gegner
des Christentums. Er neigte zu kritischen Urteilen über die Kompetenz von
Philosophen, die seinen Maßstäben nicht genügten, und auch seine
Bemerkungen über Hypatia lassen eine abschätzige Haltung erkennen.
Viertens, der Hypatia gewidmete Artikel in der Suda, einer byzantinischen
Enzyklopädie des 10. Jahrhunderts. Dort sind Angaben unterschiedlicher
Herkunft und Qualität unkritisch aneinandergereiht. Der Verfasser des
Suda-Artikels verwertete Nachrichtenmaterial aus der Philosophischen
Geschichte des Damaskios und wahrscheinlich auch aus einer weiteren
spätantiken Quelle, der von Hesychios von Milet angelegten Sammlung
von Literaten-Biographien, die heute bis auf Fragmente verloren ist. In
seiner Darstellung ist legendenhafte Ausschmückung erkennbar.
Hypatias Vater war der Astronom und Mathematiker Theon von
Alexandria, der letzte namentlich bekannte Wissenschaftler im Museion
von Alexandria, einer berühmten staatlich finanzierten Forschungsstätte.
Wahrscheinlich wurde Hypatia um 355 geboren, denn zum Zeitpunkt ihres
Todes war sie, wie ein Chronist berichtet, bereits eine „alte Frau“,
vermutlich etwa sechzigjährig. Sie scheint das ganze Leben in ihrer
Heimatstadt Alexandria verbracht zu haben. Bei ihrem Vater erhielt sie
eine mathematische und astronomische Ausbildung. Später beteiligte sie
sich an seiner astronomischen Arbeit. Wer ihr Philosophielehrer war, ist
unbekannt; aber es kommt Antoninos, ein Sohn der Philosophin Sosipatra,
in Betracht.
Nach dem Abschluss ihrer Ausbildung begann sie, selbst Mathematik und
Philosophie zu unterrichten. Nach Angaben der Suda verband sie
rhetorische Begabung mit einer umsichtigen, durchdachten
Vorgehensweise. Sokrates von Konstantinopel berichtet, von überall seien
Hörer zu ihr gekommen. Manche ihrer Schüler waren Christen. Der
berühmteste von ihnen war Synesios, der im letzten Jahrzehnt des 4.
Jahrhunderts bei ihr sowohl Philosophie als auch Astronomie studierte.
Damaskios berichtet, Hypatia habe den Philosophenmantel getragen und
sei in der Stadt unterwegs gewesen, um öffentlich zu unterrichten und
allen, die sie hören wollten, die Lehren Platons oder Aristoteles’ oder auch
jedes beliebigen anderen Philosophen auszulegen. Die überlieferte
Darstellung von Hypatias Lehrweise rückt die Philosophin äußerlich in die
Nähe des Kynismus, ebenso wie der Hinweis auf ihren Philosophenmantel,
ein Kleidungsstück, das man mit Kynikern zu assoziieren pflegte.
Damaskios war der Meinung, dass Philosophieunterricht nicht in der
Öffentlichkeit und nicht jedem, sondern nur entsprechend qualifizierten
Schülern erteilt werden sollte. Möglicherweise hat er bei seiner
Darstellung von Hypatias Tätigkeit karikierend übertrieben. Jedenfalls
kann man seinen Worten entnehmen, dass sie philosophische Themen, die
man sonst in geschlossenem Kreis unter einschlägig Gebildeten zu erörtern
pflegte, einer relativ breiten Öffentlichkeit unterbreitete.
In diese Richtung weist auch eine in der Suda überlieferte Anekdote,
wonach sie einem in sie verliebten Schüler ihr Menstruationsblut als
Symbol für die Unreinheit der materiellen Welt zeigte, um ihm die
Fragwürdigkeit seines sexuellen Begehrens drastisch vor Augen zu führen.
Die Geringschätzung des Körpers und der körperlichen Bedürfnisse war
ein Merkmal der neuplatonischen Weltsicht. Jedenfalls war Hypatia dafür
bekannt, vor einem bewusst provozierenden Verhalten nicht
zurückzuschrecken. Dies ist ebenfalls ein Indiz für ein kynisches Element
in ihrer philosophischen Haltung: Kyniker pflegten kalkuliert zu
schockieren, um Erkenntnisse herbeizuführen.
Neben dem Lehrstoff, den Hypatia der Öffentlichkeit vermittelte, gab es
auch Geheimlehren, die einem engeren Schülerkreis vorbehalten bleiben
sollten. Dies ist aus der Korrespondenz des Synesios ersichtlich, der
gegenüber seinem Freund und Mitschüler Herkulianos mehrfach an das
Gebot der Verschwiegenheit erinnert und Herkulianos vorwirft, sich nicht
daran gehalten zu haben. Dabei verweist Synesios auf das Schweigegebot
bei den Pythagoreern; die Vermittlung von Geheimwissen an
unqualifizierte Personen führe dazu, dass solche eitlen und
verständnislosen Hörer ihrerseits das Vernommene in verzerrter Form
weitergäben, was letztlich eine Diskreditierung der Philosophie in der
Öffentlichkeit bewirke.
Sokrates von Konstantinopel schreibt, Hypatia sei in der Umgebung hoher
Beamter aufgetreten. Sicher ist, dass sie zum Umkreis des römischen
Präfekten Orestes gehörte.
Hypatia blieb ihr ganzes Leben unverheiratet. Damaskios erwähnt ihre
außergewöhnliche Schönheit.
Im Rahmen ihrer naturwissenschaftlichen Arbeit befasste sich Hypatia
auch mit Messgeräten. Dies ist aus der brieflichen Bitte des Synesios
ersichtlich, sie möge ihm ein „Hydroskop“ schicken. Ob das Instrument
zur Erfassung und Beschreibung der Himmelskörperbewegungen, das
Synesios bauen ließ, nach Anweisungen Hypatias konstruiert wurde, ist
umstritten.
Hypatia wurde im März 415 oder im März 416 ermordet. Die
Vorgeschichte bildete ein primär politischer und persönlicher Konflikt mit
religiösen Aspekten, mit dem sie wohl ursprünglich nichts zu tun hatte.
Schon in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts war es in Alexandria zu
starken Spannungen zwischen Teilen der christlichen
Bevölkerungsmehrheit und Anhängern der alten Kulte gekommen, die zu
gewalttätigen Ausschreitungen mit Todesopfern führten. Im Lauf dieser
Auseinandersetzungen wurde die Minderheit zunehmend zurückgedrängt.
Der Patriarch Theophilos von Alexandria ließ Kultstätten zerstören,
insbesondere das berühmte Serapeum, doch der heidnische
Unterrichtsbetrieb wurde – wenn überhaupt – nur vorübergehend
beeinträchtigt.
Die religiös-philosophische Weltanschauung der Gebildeten, die an der
alten Religion festhielten, war ein synkretistischer Neuplatonismus, der
auch Teile des Aristotelismus und stoische Gedanken in sein Weltbild
integrierte. Diese heidnischen Neuplatoniker versuchten, die
Verschiedenheiten der überlieferten philosophischen Systeme durch eine
stimmige Synthese der philosophischen Traditionen zu überbrücken, und
erstrebten damit eine einheitliche Lehre als philosophische und religiöse
Wahrheit schlechthin. Von der Synthese ausgenommen war nur der
Epikureismus, den die Neuplatoniker insgesamt verwarfen und nicht als
legitime Variante der griechischen Philosophie betrachteten.
Zwischen dem heidnischen Neuplatonismus und dem Christentum bestand
ein Gegensatz. Nur Synesios, der zugleich Christ und Neuplatoniker war,
versuchte eine Harmonisierung. In Konfliktfragen gab er aber letztlich der
platonischen Philosophie gegenüber den Glaubenslehren den Vorzug. Die
religiös orientierten nichtchristlichen Platoniker, welche die geistige Basis
für einen Fortbestand heidnischer Religiosität in gebildeten Kreisen
schufen, erschienen den Christen als Gegner.
Zu Opfern von Verfolgung und Vertreibung wurden Personen aus diesem
heidnischen Milieu aber nicht wegen ihres Festhaltens an ihrem religiös-
philosophischen Weltbild, sondern wegen ihrer Kultpraxis. Seit Iamblichos
von Chalkis schätzten und praktizierten viele Neuplatoniker die Theurgie,
eine rituelle Kontaktaufnahme mit den Göttern zum Zweck des
Zusammenwirkens mit ihnen. Aus christlicher Sicht war das Zauberei,
Götzenkult und Beschwörung teuflischer Dämonen.
Neben den Konflikten zwischen heidnischen und christlichen Einwohnern
von Alexandria gab es zugleich auch unter den Christen schwere
Zerwürfnisse zwischen Anhängern unterschiedlicher theologischer
Richtungen sowie Auseinandersetzungen zwischen Juden und Christen.
Damit vermischten sich politische Gegensätze sowie Machtkämpfe, zu
deren Hintergrund auch persönliche Feindschaften gehörten.
Den Ausgangspunkt der Ereignisse, die schließlich zu Hypatias Tod
führten, bildeten handgreifliche Auseinandersetzungen zwischen Juden
und Christen, die eskalierten und zahlreiche Todesopfer forderten. Der
Patriarch Kyrill von Alexandria war der Neffe und Nachfolger des
Theophilos, dessen Kurs religiöser Militanz er fortsetzte. Kyrill profilierte
sich zu Beginn seiner Amtszeit als radikaler Gegner der Juden. Ein in
seinem Sinne tätiger Agitator namens Hierax schürte den religiösen Hass.
Als er bei einer Veranstaltung des Präfekten Orestes im Theater auftauchte,
beschuldigten ihn die anwesenden Juden, er sei nur gekommen, um einen
Aufruhr anzuzetteln. Orestes, der zwar Christ war, aber als oberster
Repräsentant der Staatsmacht für den inneren Frieden zu sorgen hatte, ließ
Hierax festnehmen und sogleich öffentlich unter der Folter befragen.
Daraufhin bedrohte Kyrill die Anführer der Juden. Nach einem nächtlichen
Angriff der Juden, die dabei viele Christen getötet hatten, organisierte
Kyrill einen umfassenden Gegenschlag. Seine Anhänger zerstörten die
Synagogen und plünderten die Häuser der Juden. Jüdische Einwohner
wurden enteignet und aus der Stadt vertrieben. Es gab aber auch später
noch eine jüdische Gemeinde in Alexandria. Ein Teil der Vertriebenen
kehrte zurück.
Das eigenmächtige Vorgehen des Patriarchen gegen die Juden forderte die
Autorität des Präfekten heraus, zumal Angriffe auf Synagogen gesetzlich
verboten waren. Es kam zu einem erbitterten Machtkampf zwischen den
beiden Männern, den höchsten Repräsentanten des Staates und der Kirche
in Alexandria. Dabei stützte sich Kyrill auf seine Miliz. Zur Verstärkung
seiner Anhänger trafen rund fünfhundert gewaltbereite Mönche aus der
Wüste ein. Zu diesen militanten Mönchen hatte Kyrill ausgezeichnete
Beziehungen, da er früher einige Jahre unter ihnen gelebt hatte. Im Milieu
der teils analphabetischen Mönche herrschte eine bildungsfeindliche
Einstellung und radikale Intoleranz gegenüber allem Nichtchristlichen; sie
hatten schon den Patriarchen Theophilos bei der Verfolgung religiöser
Minderheiten tatkräftig unterstützt. Die Parteigänger des Patriarchen
behaupteten, der Präfekt schütze Gegner des Christentums, weil er mit
ihnen sympathisiere und selbst insgeheim ein Heide sei. Die fanatisierten
Mönche traten dem Präfekten, als er in der Stadt unterwegs war, offen
entgegen und forderten ihn mit Beschimpfungen heraus. Ein Mönch
namens Ammonios verletzte Orestes durch einen Steinwurf am Kopf.
Darauf ergriffen fast alle Begleiter des Präfekten die Flucht, sodass er in
eine lebensgefährliche Lage geriet. Seine Rettung verdankte er
herbeieilenden Bürgern, welche die Mönche verjagten und Ammonios
ergriffen. Der Gefangene wurde verhört und starb unter der Folter.
Daraufhin lobte Kyrill öffentlich den Mut des Ammonios, verlieh ihm den
Namen „der Bewundernswerte“ und wollte für ihn einen Märtyrerkult
einführen. Damit fand er aber bei der christlichen Öffentlichkeit kaum
Anklang, da der tatsächliche Hergang der Auseinandersetzung allzu
bekannt war.
Nun entschied sich Kyrill für ein Vorgehen gegen Hypatia, die sich als
Angriffsziel eignete, da sie eine profilierte heidnische Persönlichkeit im
engeren Umkreis des Präfekten war. Nach dem Bericht des Sokrates von
Konstantinopel, der glaubwürdigsten Quelle, wurde das Gerücht verbreitet,
dass Hypatia als Beraterin des Orestes diesen zu einer unnachgiebigen
Haltung ermutige und damit eine Versöhnung zwischen der geistlichen und
der weltlichen Gewalt in der Stadt hintertreibe. Hierdurch aufgestachelt,
versammelte sich eine Schar christlicher Fanatiker unter der Führung eines
gewissen Petros, der in der Kirche den Rang eines Lektors innehatte, und
lauerte Hypatia auf. Die Christen bemächtigten sich der alten Philosophin,
brachten sie in die Kirche Kaisarion, zogen sie dort nackt aus und töteten
sie mit Scherben. Dann rissen sie den Leichnam in Stücke, brachten seine
Teile an einen Ort namens Kinaron und verbrannten sie dort.
Für Orestes bedeutete der Mord eine spektakuläre Niederlage und er büßte
viel Ansehen in der Stadt ein, da er weder die mit ihm befreundete
Philosophin schützen noch die Täter bestrafen konnte. Zwar wurde gegen
die Mörder Klage erhoben, doch ohne Folgen. Damaskios behauptet,
Richter und Zeugen seien bestochen worden. Eine Gesandtschaft des
Patriarchen begab sich nach Konstantinopel an den Hof des oströmischen
Kaisers Theodosius II., um dort die Ereignisse aus der Sicht Kyrills zu
schildern. Etwas später jedoch, anderthalb Jahre nach Hypatias Tod,
konnten die Gegner des Patriarchen ihm einen schweren Schlag versetzen,
denn es gelang ihnen, sich in Konstantinopel durchzusetzen. Kaiserliche
Verordnungen vom September und Oktober 416 legten fest, dass künftig
Gesandtschaften an den Kaiser unter Umgehung des Präfekten nicht mehr
erlaubt seien und dass die Miliz des Patriarchen verkleinert und fortan der
Kontrolle des Präfekten unterstellt werde. Demnach verlor diese Truppe
den Charakter einer Miliz, die der Patriarch nach Belieben verwenden und
sogar gegen den Präfekten einsetzen konnte. Diese kaiserlichen
Maßnahmen hatten allerdings nicht lange Bestand, schon 418 konnte
Kyrill die Befehlsgewalt über seine Miliz zurückgewinnen.
Die Darstellung des Damaskios, dass Hypatia sowohl die Schriften Platons
als auch die des Aristoteles auslegte und überhaupt über jeden beliebigen
Philosophen dozierte, weist sie als Vertreterin des zu ihrer Zeit
vorherrschenden Synkretismus aus. Man ging von einer in den
Grundzügen einheitlichen Lehre aller damals als seriös geltenden
philosophischen Richtungen aus. Die verschiedenen Richtungen,
ausgenommen der verachtete Epikureismus, wurden unter dem Dach des
Neuplatonismus zusammengeführt. Sokrates von Konstantinopel stellt
ausdrücklich fest, sie habe der Schule angehört, die Plotin begründet hatte,
und dies war die neuplatonische.
In der Suda werden ihr mehrere Werke – alle mathematischen oder
astronomischen Inhalts – zugeschrieben: ein Kommentar zur Arithmetik
des Diophantos von Alexandria, ein Kommentar zu den Kegelschnitten des
Apollonios von Perge und eine Schrift mit dem Titel „Astronomischer
Kanon“. Unklar ist, ob das letztgenannte Werk ein Kommentar zu den
„Handlichen Tafeln“ des Astronomen Ptolemaios war, wie meist
angenommen wird, oder ein eigenes Tafelwerk Hypatias. Diese Schriften
sind früh untergegangen, da sie sonst nirgends erwähnt werden.
Es ist keine einzige konkrete mathematische, naturwissenschaftliche oder
philosophische Aussage überliefert, die Hypatia mit Sicherheit
zugeschrieben werden kann. Allerdings hat ihr Vater Theon in der ältesten
Handschrift des von ihm verfassten Kommentars zu Ptolemaios’ Almagest
bei der Überschrift zum dritten Buch angemerkt, es handle sich um eine
„von der Philosophin Hypatia, meiner Tochter“ durchgesehene Fassung.
Unklar ist, ob damit gemeint ist, dass sie den Text der Almagest-
Handschrift, die Theon für die Erstellung seines Kommentars verwendete,
auf Fehler durchgesehen hat, oder ob sie korrigierend in den Text von
Theons Kommentar eingegriffen hat. Im Kommentar sind Spuren einer
Überarbeitung erkennbar, die möglicherweise anzeigen, dass sie wirklich
an diesem Werk ihres Vaters beteiligt war.
Schon zu ihren Lebzeiten genoss Hypatia einen legendären Ruf. Synesios
rühmte sie überschwänglich und erwähnte in einem an sie gerichteten
Brief ihren großen Einfluss, der sie zu einem gewichtigen Faktor im
öffentlichen Leben mache. Sokrates Scholastikos schrieb in seiner
Kirchengeschichte, sie habe die Philosophen ihrer Zeit übertroffen und sei
wegen ihrer Tugendhaftigkeit allgemein bewundert worden. Dass sie in
Alexandria außerordentlich verehrt wurde, bezeugt auch ein durch die
Suda überlieferter Bericht. Daher erregte ihre Ermordung großes Aufsehen
und wurde auch von einem Teil der christlichen Geschichtsschreiber
verurteilt. Der arianische Kirchengeschichtsschreiber Philostorgios nutzte
die Gelegenheit, seine theologischen Gegner, die Anhänger des Konzils
von Nicäa, für den Mord verantwortlich zu machen. Auch im
lateinischsprachigen Westen wurde der Vorgang bekannt: Ein Kapitel der
unter Cassiodors Leitung kompilierten Kirchengeschichte Historia
ecclesiastica tripartita ist dem Schicksal Hypatias gewidmet. Diese Version
folgt der Darstellung des Sokrates von Konstantinopel, gibt aber
abweichend von dessen Bericht an, die Philosophin sei mit Steinen getötet
worden.
Dem Dichter Palladas wird traditionell ein Lobgedicht auf Hypatia
zugeschrieben, von dem fünf Verse in der Anthologia Palatina überliefert
sind.
Einer Forschungsmeinung zufolge zeigt die Überlieferung vom Tod
Hypatias Ähnlichkeiten mit der hagiographischen Darstellung des
Martyriums der heiligen Katharina von Alexandrien. In der Katharina-
Legende seien die Rollen von Christen und Heiden vertauscht.
Möglicherweise habe die Überlieferung des Martyriums der heiligen
Katharina einen Bericht über Hypatias Tod zum Ausgangspunkt einer
literarischen Legende gemacht.
Im 14. Jahrhundert berichtete der byzantinische Geschichtsschreiber
Nikephoros Gregoras, die Kaiserin Eudokia Makrembolitissa, die im 11.
Jahrhundert lebte, sei „eine zweite Theano und Hypatia“ genannt worden.
Aus seinen Worten ist zu ersehen, dass Hypatia im mittelalterlichen
Byzantinischen Reich als Muster einer vorzüglich gebildeten Frau
fortlebte.
Die Instrumentalisierung des Themas für religiöse und philosophische
Polemik setzte im späten 17. Jahrhundert ein. Der protestantische
Kirchenhistoriker Gottfried Arnold beurteilte in seiner Unparteyischen
Kirchen- und Ketzer-Historie die Rolle des Patriarchen als verbrecherisch.
Im 18. Jahrhundert wurde das Schicksal Hypatias unter dem Gesichtspunkt
der damaligen Gegensätze zwischen Katholiken und Protestanten sowie
zwischen Vertretern der Aufklärung und der katholischen Kirche
thematisiert. Henry Fielding nahm ebenfalls in seiner kirchenfeindlichen
Satire A journey from this world to the next auf Hypatias Schicksal Bezug.
Ihr Tod galt als eindrückliches Beispiel für einen kirchlicherseits
geförderten mörderischen Fanatismus, den insbesondere Aufklärer wie
Voltaire anprangerten. Voltaire äußerte sich dazu unter anderem in seinem
Examen important de Milord Bolingbroke ou le tombeau du fanaticisme.
Für ihn war Hypatia eine vom Klerus beseitigte Vorläuferin der
Aufklärung.
Der Anglikaner Thomas Lewis publizierte ein Pamphlet, in dem er Kyrill
verteidigte und Hypatia als „most impudent school-mistress“ bezeichnete.
Die Rechtfertigung Kyrills war das Ziel einer Abhandlung des
französischen Jansenisten Claude-Pierre Goujet.
Eine Einschätzung von Hypatias philosophischen, mathematischen und
astronomischen Leistungen ist angesichts der sehr ungünstigen
Quellenlage spekulativ und problematisch. Christian Lacombrade betont,
dass Hypatia ihren Nachruhm den Umständen ihres Todes verdanke, nicht
ihrem Lebenswerk. Eine Gegenposition zu dieser skeptischen
Einschätzung ihrer Bedeutung ist in der feministischen Forschung
anzutreffen. Im feministischen Diskurs werden die antiken Texte zu
Hypatia unter dem Gesichtspunkt der Genderforschung interpretiert. Ihr
Schicksal erscheint als Beispiel dafür, „wie man mit der weiblichen
Intellektualität und wie man mit weiblicher Autorschaft umzugehen
pflegte“. So wie Hypatias Leichnam zerstückelt wurde, so sei auch ihre
Lebensleistung durch die Überlieferung zerstückelt worden. „Sie der
Vergessenheit zu überantworten, war Kalkül.“
1925 veröffentlichte Dora Russell, die Frau des Philosophen Bertrand
Russell, als Mrs. Bertrand Russell eine feministische Schrift mit dem Titel
Hypatia or Woman and Knowledge.
Mehrere feministische Zeitschriften sind nach der spätantiken Philosophin
benannt worden.
Charles Leconte de Lisle schrieb zwei Fassungen eines Hypatia-Gedichts,
das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele Leser fand, und das
kurze Drama Hypatie et Cyrille. Er verherrlichte das Ideal einer
Verbindung von Weisheit und Schönheit, das er in Hypatia verwirklicht
sah.
Von dem Komponisten Roffredo Caetani stammt die Oper Hypatia, eine
azione lirica in drei Akten, die 1924 veröffentlicht und 1926 im Deutschen
Nationaltheater in Weimar uraufgeführt wurde. Sie handelt vom letzten
Lebenstag Hypatias.
Nach Hypatia ist der Asteroid (238) Hypatia benannt, der am 1. Juli 1884
entdeckt wurde. Auch der Mondkrater Hypatia trägt ihren Namen.
Nördlich des Kraters befinden sich Mondrillen, die Rimae Hypatia
(„Hypatia-Rillen“) heißen.

SALOMO UND DIE ELSTER

Es war im Jahre 1000 vor der Geburt des Retters Jesus Christus, als der
weise König Salomo in Jerusalem Richter der Juden war, da fand eine
Gerichtsverhandlung im Richthaus statt. Staatsanwalt war der Prophet
Nathan, der schon dem König David ins Gewissen geredet hatte, nachdem
der die schöne Nachbarin Bathseba nackt baden gesehen und mit ihr die
Ehe gebrochen hatte. Rechtsanwalt war Assaph, der gleichzeitig der Fürst
der Tempelsänger war. Nebenkläger war der Rosengärtner Johannes. Er
hatte nämlich, als er schon Witwer war, seinen goldenen Ehering eines
Tages von seinem Finger abgezogen und auf das Fensterbrett gelegt.
Nun grenzte sein Rosengarten an den Garten der frommen Witwe von En-
Dor, die im Chor der Tempelsängerinnen zu Ehren Gottes des Herrn mit
schöner Stimme Psalmen sang. In dem großen Garten der Witwe von En-
Dor lebte eine treue Elster. Wenn die Elster auf der Gartenpforte saß und
mit dem Schwanz wippte, wusste die Witwe von En-Dor, dass Gäste
nahten. Die Witwe von En-Dor mochte deswegen die Elster gerne, denn
sie war sehr leutselig. Aber das Ohr der Witwe war auf harmonische
Schönheit gestimmt, darum mochte sie das Klappern und Schnarren der
Elster weniger.
Was sie aber nicht bedachte, war, dass die Elster eine diebische Elster war,
die alles Schimmernde und Glänzende liebte, wie schon unser aller Mutter
Eva sehr den Goldschmuck und die Silberkettchen und Perlenketten und
Lapislazuli und Mondstein liebte, mit dem Vater Adam sie hofierte.
Nun begann die Gerichtsverhandlung. Das Richthaus war von Zedern und
Zypressen und unbehauenen Steinen errichtet und inwendig und
auswendig mit Uphas-Gold verkleidet. An der Stirn des Gerichtssaales saß
der Richterstuhl des Königs Salomo. An der rechten Seite des Saales saß
der Staatsanwalt Nathan und der Nebenkläger Johannes. An der linken
Seite des Saales saß der Verteidiger Assaph. In der Mitte des
Gerichtssaales saß die Angeklagte, die Elster. Sie saß in einem Vogelkäfig,
den die Witwe von En-Dor auf ihrem Schoß trug.
Salomo eröffnete die Gerichtsverhandlung: Im Namen Gottes des Herrn!
Wir sind hier, die Schuld der Elster zu untersuchen. Nathan, Staatsanwalt,
beginne mit deiner Anklage.
Nathan erhob sich und begann zu reden: Hochheiliger Salomo, wir sind
hier, um ein abscheuliches Verbrechen zu ahnden. Gott der Herr hat am
fünften Schöpfungstag die Vögel geschaffen. Unter der Klasse der Vögel
gab es die Ur-Elster. Diese Elster ist also ein Geschöpf Gottes. Und wie
das Sprichwort in Israel sagt: Seht die Vögel unter dem Himmel, sie
arbeiten nicht, sie sparen nicht, und Gott der Herr ernährt sie dennoch.
Diese Elster ist also nicht nur ein Geschöpf Gottes, sondern wird auch Tag
für Tag von Gott am Leben erhalten. Daher ist es die Dankesschuld der
Elster und ihre Pflicht, die Gebote des Herrn zu halten. Nun gab Gott aber
den Kreaturen das hochheilige Gesetz, die zehn Gebote. Darin heißt es: Du
sollst nicht stehlen! Und: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib
und Magd und Eselin und Kamel und Schaf und irgendein Ding. Diese
Elster hat gegen diese beiden Gottesgebote verstoßen. Zuerst erwachte in
ihr die Begierde nach dem Ehering des Israeliten Johannes, und der
Begierde folgte die Tat, die Elster stahl den Ehering des Johannes. Gott ist
der Richter, aber, wie der Psalmist sagt, Gott hat sein Gericht dem König
übergeben und dem Königssohn. Und du, o weiser Salomo, Sohn Davids,
des Mannes nach dem Herzen Gottes, du musst Gottes Gericht
vollstrecken.
Salomo sagte: Was für eine Strafe fordert der Staatsanwalt Nathan?
Nathan sagte: Wie es im Gesetz Moses heißt: Auge um Auge, Zahn um
Zahn. Ich fordere nicht die Todesstrafe durch Steinigung, wie es der
Gotteslästerung und dem Ehebruch angemessen ist, sondern, was die
Elster gestohlen hat, das muss die Elster ersetzen.
Salomo fragte: Ist der Ehering des Johannes denn noch da, dass die Elster
ihn einfach zurückgibt?
Nein, Ehrwürden, die Elster hat den Ring verschleppt und kann uns nicht
sagen, wo er ist. Zudem verstehe ich auch nicht die Sprache der Elstern.
Salomo lächelte. Jeder in Israel wusste, dass der weise Salomo die Sprache
der Vögel verstand. Außer Salomo verstanden nur noch der Gott der
Germanen Odin und der heilige Franziskus die Sprache der Vögel. Salomo
lächelte und sagte: Groß ist die Torheit der Elster! Gott hat ihr nicht wie
mir die göttliche Weisheit verliehen. Sie stiehlt einen Ehering und
versteckt ihn und vergisst dann, wo sie ihn versteckt hat. O Frau Torheit,
wie unermesslich ist dein Reich! Das erinnert mich an die Eichhörnchen,
die roten Waldteufel. Sie vergraben ihren Vorrat an Nüssen für den Winter
und dann im Winter haben sie vergessen, wo sie die Nüsse vergraben
haben. Auch ihnen hat Gott keine Weisheit verliehen. Und wie schon Hiob
sagte, Gott hat die Weisheit auch vorenthalten dem Straußenweibchen. Sie
vergräbt ihre Eier im heißen Sand und überlässt sie dann ihrem Schicksal,
und es ist ihr gleichgültig, ob die Eier zertreten werden. Aber ich schweife
ab. Zurück zu unserem Fall. Wie soll nun, edler Nathan, Auge um Auge,
Zahn um Zahn, Ehering um Ehering zurückgegeben werden?
Nathan sagte: Das ist die Aufgabe des Richters, das zu entscheiden. Aber
ich gebe zu bedenken, dass die Elster im Garten der Witwe von En-Dor
lebt, dass die Elster so quasi Eigentum der Witwe ist, dass die Witwe
darum verantwortlich ist für das Treiben ihres Haustieres, und dass die
Witwe noch, wie ich ermittelt habe, den goldenen Ehering ihres
verstorbenen Ehemannes Eber trägt. Sie könnte ihren Ehering zur Buße
dem Witwer Johannes geben.
Da rief die Witwe von En-Dor dazwischen: Bei aller Liebe, aber das ist
lächerlich! Die Elster ist genauso wenig mein Eigentum wie die Luft, die
durch meinen Garten weht. Die Luft ist des Schöpfers Eigentum! Oder soll
ich mir täglich einen Beutel Luft kaufen müssen? Gottes ist die Luft und
Gottes ist die Elster! Warum schuf Gott die Elster so diebisch?
Evas Tochter, willst du den allweisen Gott anklagen, der alles gut
geschaffen hat? So sprach Salomo. Aber, fügte er hinzu, ich will erst den
Nebenkläger Johannes hören.
O Johannes, ich weiß, du bist ein gottesfürchtiger Mann, der zu den
jüdischen Hauptfesten den Tempel in Jerusalem besucht. Schildere mir
deine Sicht der Dinge.
Johannes sprach: O weiser Salomo! Auch mir hat Gott eine Erkenntnis
geschenkt: Der Mensch soll sich nicht so wichtig nehmen. Der Mensch ist
aus Erde gemacht und zur Erde kehrt er zurück, und bei der Nachwelt wird
er vergessen sein. Ja, seufzte Salomo, Nichtigkeit der Nichtigkeiten, alles
ist nichtig. Eitelkeit der Eitelkeiten, alles ist eitel. Sinnlosigkeit der
Sinnlosigkeiten, alles ist sinnlos. Wahnsinn des Wahnsinns, alles ist Wahn.
So redet die Altersweisheit, edler Johannes. Aber, sprach Johannes, ich
vergesse doch meine geliebte Ehefrau Hanna nicht, auch wenn sie tot ist.
Salomo sprach: Gott ist nicht ein Gott der Toten, in Gott leben sie alle. Ja,
sagte Johannes, mein Weib ist bei Gott. Wenn die Elster mir ein Goldstück
gestohlen hätte, so hätte ich gesagt: O Herr, erlöse uns vom täglichen Übel
des Geldes! Salomo sagte: Recht gesprochen. Die Liebe zum Geld ist die
Wurzel aller Übel. Nun aber, fuhr Johannes fort, hat mir die Elster den
Ehering gestohlen, und der hat doch einen ideellen Wert. Ich weiß, ich
habe meiner Ehefrau Treue versprochen, bis dass der Tod uns scheidet, und
nun ist sie tot, und wir sind geschieden. Salomo sagte: Ja, im Himmel
werden wir nicht verheiratet sein, sondern wie die Engel sein. Aber, sagte
Johannes, ich rede jetzt töricht, aber die Liebe ist eine Torheit, nämlich,
wenn ich den Ehering nicht mehr tragen kann, das kommt mir vor wie
posthumer Ehebruch. Salomo sagte: Ich habe in meinen Liebesliedern
gedichtet: Die Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft brennend wie
das Totenreich. Johannes sagte in tiefer Demut: O weiser Salomo, muss
man nicht sagen: Die Liebe ist stärker als der Tod? Denn der Bruder Tod
hat mir meine Frau genommen, aber die Liebe macht, dass sie als mein
guter Engel und als meine heilige Schutzfrau um mich schwebt. Wohl
gesprochen, sagte Salomo. Ich will nun aber auch den Rechtsanwalt hören.
Assaph erhob sich und begann zu reden: Hochweiser Salomo! Wenn das
philosophische Grundkonzept falsch ist, folgt daraus eine falsche Politik.
Der Staatsanwalt sagte, die Elster sei von Gott geschaffen und sei darum
verpflichtet, das Gesetz Gottes zu halten. Die Witwe von En-Dor rief:
Warum hat Gott die Elster auch so diebisch erschaffen? Das ist die Frage,
die wir zuerst klären müssen. Denn wenn Gott die Elster als Diebin
erschaffen hätte, wäre es ungerecht von Gott, ihr zu gebieten: Du sollst
nicht begehren, und du sollst nicht stehlen! Nun wissen wir aber, dass am
Anfang Gott mit den Menschen und der Natur in Harmonie im Paradiese
lebte. Die Ur-Elster, die Gott erschuf, war keine Diebin. Aber als die
reizende Eva auf das Flüstern der Schlange hörte und die verbotene Feige
verschluckte, da kam die Unordnung in die Schöpfung. Die Brüder
schlugen einander aus Neid tot. Die Wölfe begannen, die Lämmer zu
fressen. Die Elstern wurden diebisch. Eine Frage, weiser Salomo: Hat Gott
auch die Bakterien und die Pestflöhe erschaffen? Ich für meinen Teil
glaube, dass der Teufel den Herrn nachäffen wollte und die Ratte erschuf.
Aber lassen wir das beiseite. Die Ur-Elster war keine Diebin. Immer, wenn
Adam seiner schönen Eva ein Silberkettchen mit einem heiligen Medaillon
schenken wollte, vertraute er es der Ur-Elster an, die trug es dann als Botin
zu Eva. Erst durch den Sündenfall des Menschen ist auch die Natur in
Schuld gefallen. Unsere Elster ist also unschuldigerweise mit in Schuld
gefallen. Sollen wir der schönen Eva die Schuld geben? Aber sie wurde
von der Schlange verführt. Ist also die Schlange schuldig? Ja, alles Böse
kommt vom Erzbösewicht! Können wir der armen Elster die Schuld Satans
anlasten? Sie ist unschuldig schuldig geworden. Überhaupt, o Salomo, ist
die ganze Existenz schuldig. Der Mensch frisst das Tier, das Tier frisst die
Pflanze. Wo der eine Baum steht, kann ein anderer Baum nicht mehr
stehen. Hass und Liebe kämpfen in den Elementen. Dasein ist Schuld! Die
Luft, die ich atme und verbraucht von mir gebe, kann ein anderer nicht
mehr atmen. Und als Eva nackt im Garten Eden spazierte, zertrat sie da
nicht auch einmal aus Versehen eine fleißige Ameise? Was bleibt zu sagen
angesichts dieser ungeheuren Schuld? Herr, erbarme dich! Wir brauchen
alle die uferlose und unerschöpfliche göttliche Barmherzigkeit! Darum
bitte ich dich, o Salomo, lass Gnade vor Recht ergehen und sprich die
Elster frei!
Salomo freute sich und sagte: Dann müssen wir wohl wie die Araber den
Teufel steinigen! Aber ich möchte noch die Witwe von En-Dor hören. Edle
Dame, ich weiß, du singst in den Chören der Tempelsängerinnen die
Psalmen Davids zu Ehren Gottes des Herrn. Sprich, wie du die Sache
siehst!
Die Witwe von En-Dor sprach: Ich habe auch zu klagen. Der Rosengärtner
Johannes, mein Nachbar, führt immer seine Hündin Isis in meinen Garten,
wo sie ihr Exkrement niederlegt. Und er führte auch seine Stute an den
Rand meines Gartens, und ich musste dann die Pferdeäpfel entsorgen.
Auch muss ich immer hören den Lärm der Trompeten und Posaunen und
Trommeln aus seinem Haus. Ich dagegen liebe mehr die sanfte ruhige
Musik der Flöten und Harfen. Aber genug der Klage, denn eigentlich ist
der alte Johannes ein bescheidener und humorvoller Mann. Ich bin ja eine
Witwe, Salomo, und das Gesetz Gottes besagt, dass man sich vor allem um
Witwen und Waisenkinder kümmern soll. Ein Zimmermann aus meinem
Dorf hat sich selbst ermordet, nachdem seine Frau ihn als Witwer
zurückgelassen hat. Das sei mir ferne. Aber ich war fünfzig Jahre mit
meinem Ehemann Eber verheiratet, und wir sind Ein Fleisch geworden. Er
nannte mich noch im Alter von siebzig Jahren zärtlich: Mein Mädchen!
Alles, was mir von ihm geblieben ist, ist sein Grab, mein Ehering und die
Erinnerung. Darum empörte es mich auch so, als der Staatsanwalt forderte,
ich solle meinen Ehering zur Buße meinem Nachbarn geben. Bin ich
verantwortlich, wenn ein Blitz einschlägt in meines Nachbarn Haus? Bin
ich verantwortlich, wenn ein Sturm in meinem Garten die Eiche umwirft
und sie stürzt auf meines Nachbarn Hausdach? Das nennt man Höhere
Gewalt! So bin ich auch nicht verantwortlich für die Streiche der Elster,
die in meinem Garten auf dem Fichtenwipfel haust. Ich ertrage geduldig
ihr Schnarren und Klappern, denn ich denke: Vielleicht freut sich der
Schöpfer nicht nur am Flöten der Nachtigall, sondern auch am Schnarren
der Elster. Vielleicht kann man sogar Gott nicht nur mit Gesang zu Harfen
und Flöten erfreuen, sondern auch mit Trommeln und dem Blasen von
Hörnern.
Salomo sagte: Als letztes will ich nun noch die Elster hören. Und Salomo
begann zu schnarren, zu schnattern, zu klappern und schrill zu schreien. Er
sprach die Sprache der Elster. Und die Elster in ihrem Käfig senkte
demütig ihr Haupt und beichtete flüsternd: Vater, in Demut und Reue
bekenn ich meine Sünden. Ich habe mich gelüsten lassen. Ich habe
gestohlen. Salomo sprach zur Elster: Im Namen Gottes sprech ich dich los
von deinen Sünden. Gehe hin und sündige nicht mehr. Zur Buße bete drei
Psalmen.
Dann sprach Salomo wieder mit Menschenstimme. Ich habe nun alle
Lebenden gehört. Nun bleibt mir nur noch, die Toten zu hören. Mein
Knabe, bring mir meinen magischen Spiegel und meinen Orakel-Becher! -
Der Knabe eilte und kam mit den gewünschten Dingen zurück. Salomo
stellte den magischen Spiegel auf und füllte den Orakel-Becher mit Wein
aus dem Libanon. Dann begann er, in der Sprache der Engel zu beten.
Plötzlich begann er zu tanzen und zu lachen. Dann sagte er klar und
deutlich: Ich sehe im magischen Spiegel Hanna und Eber.
Hanna und Eber sagen, sie haben schon den Messias gesehen und sind
gerettet. Sie sind jetzt in dem Vorsaal des Himmels und müssen ihre
Kleider waschen, bis sie weiße Hochzeitskleider für die Hochzeit mit Gott
sind. Sie verzehren sich in Sehnsucht, den Messias wiederzusehen. Sie
warten auf euch im ewigen Leben. Sie bitten euch um euer Gebet und
versichern euch ihres Gebetes und ihrer Hilfe. Sie warten auf den
glücklichen Tag, wenn ihr alle vier beisammen seid beim Festmahl des
Messias. Sie wollen mit euch dort im himmlischen Jerusalem eine
gebratene Ente essen, die so groß ist, dass man sie zu viert essen muss. Sie
sagen, der Messias wird eine Schürze anlegen und euch bei Tisch
bedienen. Und sie bitten euch noch, dass ihr, Witwer und Witwe auf Erden,
einander Freude und Trost und Beistand seid, denn es ist nicht gut, dass
der Mensch allein sei.
Dann verhüllte Salomo den magischen Spiegel, trank den Orakel-Becher
leer und sagte: Wir kommen nun zur Urteilsverkündung. Wenn ihr von mir
ein gerechtes Urteil erwartet, werde ich euch enttäuschen. Ich sage:
Vergebt einander, was ihr einander zu vergeben habt. Seid barmherzig
miteinander. Wenn ihr irdische Gerechtigkeit einfordert, werdet ihr in der
Stunde eures Todes auch durch das enge Tor der strafenden Gerechtigkeit
Gottes müssen. Wenn ihr aber barmherzig seid, zu jeder Zeit barmherzig,
dann dürft ihr durch das sperrangelweite Portal der göttlichen
Barmherzigkeit triumphierend in den Himmel eingehen, um im Paradies
eure Geliebten wiederzutreffen und in Gemeinschaft mit Gott dem Herrn
glückselig zu sein!
Da reichten Johannes und die Witwe von En-Dor sich die Hände, gaben
sich den keuschen Friedenskuss und verließen Hand in Hand den
Gerichtssaal. Und Salomo sagte zur Elster: Dich lass ich frei, Vogel Gottes,
und lade dich ein, komm in meinen Palastgarten.

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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


Worte der Weisheit und Gottesliebe
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von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

14.2.2013

Traum: Ich schlief, ein Mann legte mir eine Ratte auf den Rücken. Panisch
sprang ich auf und jagte alle aus dem Haus, auch die Kinder Milan und
Simon. Da kam die Rechtsanwältin mit Milan und Simon wieder und
sagte, ich hätte sie als Kinder angenommen und könnte sie nicht
wegschicken. Da nahm ich Milan und Simon auf. Die Rechtsanwältin
spielte mit einem Wolf und reizte ihn zur Bissigkeit. Ich sagte: Du musst
den Wolf zähmen und nicht reizen, sonst wird er wild und bissig. Ich
führte Milan und Simon in einen Nebenraum, der an einen Dschungel
grenzte. In den Bäumen hingen Menschen, die sahen aus wie
Giftschlangen, Giftspinnen und Giftpilze. Dann kamen Kinderfreunde von
Milan und Simon, aber es waren Dämonen, sie sahen aus wie riesige
behaarte Giftspinnen aus grünem Licht mit Menschenköpfen. Dann war
ich in Afrika. Ein Afrikaner zeigte mir das traditionelle Kinderopfer. Sonst
wurden Kinder in einer Schlammgrube ertränkt, aber jetzt in einem
unterirdischen Feuerofen verbrannt. Ich sah den unterirdischen Feuerofen
und darin brennende Kinder.

15.2.2013

Gott mutet mir die dunkle Nacht der Seele zu. Er mutet sie mir zu, weil er
mich liebt. Nach meinem Geschmack dauert sie zu lange. Aber Gott
bestimmt die Dauer. Es ist ein Läuterungsfeuer. Dass Gottes Nähe nicht
gefühlt wird, heißt nicht, dass Gott abwesend ist. In Wahrheit reinigt er in
den Jahren der Nacht die Seele. Sie wird befreit von Fesseln der Sinne,
Fesseln des Geistes, Fesseln des Ich. Durch die Wüste führt Gott in die
Freiheit, und zwar in die Freiheit der Ganzhingabe an Gott. Man muss nur
eines tun in den Zeiten der inneren Nacht: Gott treu bleiben und sich nicht
abwenden von Gott. Dann wird die dunkle Nacht der Seele bewirken, dass
die Sehnsucht nach Gott wächst, die Sehnsucht, Gott zu schauen, die
Sehnsucht nach der Vereinigung mit Gott. Gott behandelt mich nicht wie
eine Mutter, die Milch und süßen Brei gibt, sondern wie Mutter oder Vater,
der hartes Brot zu kauen gibt, oder anders gesagt, herben Wein zu trinken.
Teresa von Avila war acht Jahre in der Wüste der inneren Trockenheit,
Mutter Teresa von Kalkutta dreißig Jahre in der Nacht der Seele. Aber nur
Mut, über den Wolken scheint die Sonne. Und schließlich, wie Johannes
vom Kreuz sagt, ist die Nacht fortgeschritten und die Morgenröte ist nahe.

Traum. Ich war im Haus meiner Oma, da war mein Vetter auch. Ich sagte
zu meiner Oma: Meine sehr verehrte Großmutter! Und sie streckte mir die
Arme entgegen und sagte: Ach mein lieber Junge! Und ich ging, da trug
ich ein weißes Kleid über den Arm gelegt. Mein Vetter sagte zu Oma: Wird
er noch heiraten? Und meine Oma sagte: Er wird nicht heiraten. Dann war
ich in meinem Elternhaus. Mein Vater war abwesend. Ich ging ins
Obergeschoss und fand alles umgebaut zu einem Museum für den Vater
meiner Mutter. Die kleine Dachkammer, in die ich als Kind geflohen war,
war weg. Ich weinte. Meine Mutter kam. Ich sagte: Wo ist die kleine
Dachkammer, in die ich mich als Kind geflüchtet? Warum hast du,
während ich da war, heimlich alles in ein Museum für deinen Vater
verwandelt? Meine Mutter sagte: Aber du hast dich doch als Kind bei uns
auch nicht wohlgefühlt. Ich sagte: Ja, aber jetzt ist alles noch steriler
geworden. Da war meine Mutter verletzt. Sie dachte, ich werfe ihr die
Sterilisation und die wegen Krebs fehlende Gebärmutter vor, und sie
bekam einen Schlag und fiel wie tot um. Ich schrie: Der Notarzt muss
kommen. Gleich war der Notarzt da, konnte aber nicht zu meiner
ohnmächtigen Mutter kommen, weil meine Tante blind im Rollstuhl den
Weg versperrte. Dann fuhr ich mit dem Notarztwagen und meiner Mutter
in ein evangelisches Krankenhaus.

16.2.2013

Gestern sah ich meine junge Nachbarin. Als sie vierzehn Jahre war, hatte
sie rote Haare, rote Lippen, ich war in sie verliebt. Jetzt ist sie neunzehn,
hat blonde Haare, strahlende Brüste. Im Morgennebel sah ich sie in
meinem Geist und sang ein Liebeslied für sie als ersten Vorfrühlingsboten.

17.2.2013
Traum: Ich traf eine Jugendbekannte auf der Straße in Norden, sie stritt
sich gerade mit ihrem Freund und verließ ihn. Sie nahm mich mit zu einer
Baustelle, wo sie ohne einen Pfennig in rustikaler Armut, aber ganz frei,
nur mit zwei schwarzen Hunden lebte. Sie erzählte von einer anderen
Jugendbekannten, die auch in der midlife-crisis ein ganz neues Leben
angefangen hatte. Ich fuhr mit dem Fahrrad nach Norddeich und betete
dort vor einer Grundschule für die kleinen Kinder, dass sie gut das ABC
lernen. Ein alter Toter kam und bemitleidete mich, dass ich Karines Kinder
verloren habe, und lobte mich, dass ich für Tom bete, dass er lesen und
schreiben lerne. Ich fuhr dann mit dem Fahrrad nach Hage zu meiner
Mutter. In Hage traf ich einen Mönch, der sagte, vielleicht könnte ich ins
Kloster aufgenommen werden. Ich gestand ihm, dass all mein Beten und
Predigen noch keine Seele bekehrt habe. Er ging und sprach mit dem
Bibliothekar des Klosters, das alle meine literarischen Werke barg. Dann
sprach der Mönch, es stehe gut, wahrscheinlich könne ich ins Kloster
eintreten. Ansonsten bestehe noch der schiefe Weg, dass ich zu einer
Freikirche gehe. Das wollte ich aber nicht. Der Mönch führte mich ins
Kloster, das in einem Park lag, da Bären und Pfauen lebten. Er stellte mich
den anderen Mönchen vor, die tranken vor der Heiligen Messe noch einen
Schluck Wein. Ich verzichtete aber, weil ich ein Alkoholproblem hatte.
Dann fragte der Mönch, was ich mir wünsche zum Eintritt ins Kloster. Ich
sagte: Dass zu meinem Eintritt ins Kloster die Glocken von Notre Dame de
Paris läuten. Und tatsächlich, ich hörte in Hage, meinem Geburtsort, die
Glocken von Notre Dame de Paris läuten.

Aus dem Buch „ehelos leben“: Es gibt eine urmenschliche Sehnsucht, die
Sehnsucht nach Überwindung der Polarität von Mann und Frau, die
Sehnsucht nach einem Menschen, der in sich Mann und Frau zugleich ist,
die Sehnsucht nach dem androgynen Menschen, der in sich Männliches
und Weibliches miteinander verbindet. CG Jung spricht davon, dass der
Mensch in dem Prozess der Selbstwerdung, der Individuation, in sich
männliche und weibliche Züge entfalten, dass er anima und animus in sich
integrieren muss. Anima nennt Jung die weiblichen Züge: das Gefühl,
schöpferische und lebendige Kräfte im Menschen, Religion,
Gemeinschaftsbezogenheit, Zärtlichkeit, Mütterlichkeit,
Beziehungsfähigkeit. Animus sind die männlichen Züge: Tatkraft, Wille,
Geist, Streben nach Idealen. Nach Jung sind die gegengeschlechtlichen
Züge beim Menschen in der ersten Lebenshälfte meist unbewusst. Der
Mann projiziert seine anima normalerweise auf die Frau, die Frau ihren
animus auf den Mann. Doch wenn der Mensch bei der Projektion stehen
bleibt, findet er nie zu seinem Selbst. Daher ist es Aufgabe der zweiten
Lebenshälfte, die Projektion wieder zurückzunehmen und in sich anima
und animus zuzulassen. Mann und Frau sind nach dem Bilde Gottes
geschaffen, Mann und Frau zeigen erst zusammen das wahre Bild Gottes.
Der Mann repräsentiert Gottes Liebe, insofern sie Kraft, Beharrlichkeit,
Treue ist. Die Frau drückt einen anderen Aspekt der Liebe Gottes aus. Sie
stellt die Güte und Zärtlichkeit Gottes dar, seine Barmherzigkeit, seine
liebende Sorge. So wie der Mann in sich das Bild der Frau trägt, so trägt
der Mann auch in sich das Bild Gottes, dass die Frau zum Ausdruck bringt.

Heute ist Karines dritter Todestag. Wenn ich an unsere Jugendfreiheit,


Jugendlust, Jugendfreuden denke, werde ich ganz wehmütig. Sie hat mir
eine Familie geschenkt. Ihre Kinder haben Papa, ja, Gott zu mir gesagt. Ich
habe sie mit Milchfläschchen und Brei gefüttert, ihnen die Windeln
gewechselt. Wenn sie krank waren, schliefen sie in meinem Bett. Wir
haben Kindergeburtstage gefeiert. Ich hab sie mit Gebet und Gesang ins
Bett gebracht. Und Karine war so schön und hatte so schöne Brüste. Das
alles hat Gott mir genommen. Ich kann nur weinen vor Wehmut und
Trauer.

18.2.2013

Traum. Ich machte selbst als Buchbinder ein Buch. Ich hatte den Text
selbst geschrieben. Ich las daraus vor. Ein Mann sagte: Du hast wohl mit
Surrealismus experimentiert. Da kam Reinhold Schneider und sagte:
Schön, mit so zarten und feinen Worten von dir gepriesen zu werden. Ich
sagte: Es ist wie verhext, keiner reagiert auf meine Poesie, ich bekomme
kein Echo. Aber Rudolf Alexander Schröder schrieb mir: Unbekränzt mit
dem Lorbeerkranz und doch bekränzt. Ich sagte zu Reinhold Schneider:
Ihre Schriften haben mich zur katholischen Kirche bekehrt. Er freute sich.

19.2.2013
Vor einigen Tagen kam ich im Dunkeln vom Einkaufen zurück. Eine
Gruppe etwa zehnjähriger Mädchen spielte am Straßenrand. Eine rief mir
Hallo zu. Ich sagte: Na, was feiert ihr denn hier? Fasching? Sie lachte:
Nein, Geburtstag. Ich fuhr weiter auf meinem Rad, und sie riefen hinter
mir her: Opa, Opa! Und heute fuhr ich mit dem Rad, da stand am
Straßenrand ein etwa sechzehnjähriges Mädchen, eine Schönheit, wie
Julie, lange braune Haare, braune Augen. Sie rief mir zu: He, nimmst du
mich mit? Ich sagte: Ja. Sie sagte: Ja? Aber nur für Geld!

Wer krank ist und leidet, der sucht die Nähe seiner Verwandten und
Freunde. Aber wer ist uns näher als Christus und seine Mutter? Wo es
keine Worte mehr gibt für den Schmerz, da tröstet eine liebevolle
Gegenwart. Sich an die Jungfrau wenden, ist weise, ihr Lächeln hilft im
Kampf gegen das Übel und das Leiden. In ihrem Lächeln ist
mysteriöserweise gegenwärtig die Kraft, auch die von Gott
vorherbestimmte Todesstunde anzunehmen. Die Kranken sollen ihr Leid
mit Christi Leiden vereinigen und sich ganz anvertrauen Maria, dem Heil
der Kranken und Mutter allen Trostes. Benedikt XVI.

„Gut ist es zu schlafen, besser ist es, Stein zu sein.“ Wladimir Solowjew.
„Da pries ich die Toten mehr als die Lebenden. Und besser als die Toten
haben es die Ungewordenen.“ Salomo. „Im Himmel schlafen wir nicht.“
Maria.

20.2.2013

Wenn du die Wahrheit im Glauben gehorsam annimmst, wird dich die


Wahrheit zur göttlichen Weisheit führen. Du wirst Gott kennen. Wenn du
aber alle möglichen Religionen und Philosophien wahllos in dich
aufnimmst, wirst du alles verlieren und Gott nicht kennen.

In meinem Traum dichtete Detlev von Liliencron diesen Vers: „Die


Rossignol flötete für die Rose, / die Rossignol flirtete mit der Rose.“
*

Traum. Ich war in einer orientalischen Bibliothek und suchte ein Poem der
Sufi-Mystik, fand aber nur eine arabische Schrift über den heiligen Krieg.
Die wollte ich nicht. Stattdessen fand ich ein indisches Epos, Liebeslieder
von Shiva und seiner Shakti. Das interessierte mich. Da sagte ich zu Jesus:
Stört es dich eigentlich, dass ich so viel Heidnisches schreibe? Jesus sagte:
Du bist ja sehr fruchtbar und hast auch viel über den Herrn geschrieben
und bewiesen, dass man den Glauben mit Wissenschaftlichkeit verbinden
kann.

21.2.2013

Predigt vom Wiener Kardinal Schönberg: Vor der Muttergottes vom


Stefansdom brennen Kerzen, tausende Kerzen. Die Menschen haben viele
Bitten an die Muttergottes. Als eine Mutter von Kindern an Krebs
erkrankte, bat ein Kind: Lass Mama leben! Aber die Mutter starb dennoch.
Hat Gott das Gebet nicht erhört? Da war der zwölfjährige Thomas, seit
sechs Jahren an Krebs erkrankt, er sagte: Ich will leben! Er ist aber
gestorben. Aber er lebt jetzt bei Gott, glücklich und ohne Schmerzen.

„The french girl is now in paradise.“ Bob Dylan.

Zeitung: In Hamburg wird eine evangelische Kirche entwidmet und


verkauft. Die muslimische Gemeinde will sie kaufen und in eine Moschee
verwandeln.

Als Christus in Gethsemane seine Agonie litt, hat er mich auserwählt und
berufen, an seiner Nacht der Seele, an seiner Passion der Seele Anteil zu
haben. Aus dieser Berufung kann ich nicht heraus. Bernanos.

22.2.2013
Petri Stuhlfeier. Torsten Namenstag.

23.2.2013

„Du bist nicht allein. Du hast eine Flasche Wein. Was willst du mehr?“

Ich sah heute: Die Gottesmutter weint über Deutschland.

24.2.2013

Jesus sagt: Je mehr eine Seele auf Erden mir in Leiden und Verachtung
gleich gestaltet ist, desto mehr wird sie im Himmel meiner Herrlichkeit
gleich gestaltet.

„Du wirst ankommen!“ Heiliger Benedikt.

25.2.2013

Ich bin dabei, einen falschen Gott zu entthronen. Ich sage zu Evi: Schatz,
ich liebe dich, aber von jetzt an bist du nicht mehr mein Gott. Sophia
genügt.

Wer in seinen ersten drei Lebensjahren die intensive Mutterliebe


vermisste, der wird sein Leben lang unter der schmerzlichen Sehnsucht
nach Nähe leiden und doch keine Nähe zulassen können.

26.2.2013

Des neunjährigen Knaben Tom Stabreim über mich: „Ein einsamer


Einzelgänger!“

*
Des englischsprechenden Freundes Beurteilung meiner englischen Werke:
Du brauchst deine Englischkenntnisse nicht unter den Scheffel zu stellen.
Es ist insgesamt ziemlich gut.

Ich versuchte, Peter Weiß wieder zu lesen, die Ermordung Marats. Die
Idee einer Schauspielgruppe aus Irren aus dem Irrenhaus gefällt mir. Aber
das Buch ist ungenießbar, abgesehen von schlechten Versen, vor allem ist
es voll von satanischer Ideologie. Der Kommunist verstieg sich so weit,
ein Vaterunser an Satan zu beten!

Zehn kleine Negerlein, die taten sich sehr freun. Der eine fand das Leben
schlecht, da warens nur noch neun. Neun kleine Negerlein, die fuhren in
den Schacht. Der eine blieb tief unten da, da warens nur noch acht. Acht
kleine Negerlein, die taten Frauen lieben. Der eine liebte sich zu Tod, da
warens nur noch sieben. Sieben kleine Negerlein, die hatten gerne Sex.
Der eine kam im Beischlaf um, da warens nur noch sechs. Sechs kleine
Negerlein, die spielten mit der Nymphe. Der eine spielte allzu wild, da
warens nur noch fünfe. Fünf kleine Negerlein, die tranken gerne Bier. Der
eine trank zuviel davon, da warens nur noch vier. Vier kleine Negerlein,
die aßen gerne Brei. Der eine aß zuviel davon, da warens nur noch drei.
Drei kleine Negerlein, die waren gerne frei. Der eine starb im Kerkerloch,
da warens nur noch zwei. Zwei kleine Negerlein, die liebten Rausch des
Weins. Der eine trank zuviel davon, da war da nur noch eins. Ein kleines
Negerlein, das fand das Leben schön. Die andern standen alle auf, da
warens wieder zehn.

27.2.2013

Papst Alexander VI. hatte als Mätresse Bella Julia. Die ließ ihren Bruder
zum Kardinal ernennen. Der hieß im Volk einfach Kardinal Muschi.
Kardinal Muschi wurde dann Papst Paul III.

*
Eine Frau wollte den Mann, den sie liebte, mit einem magischen
Liebeszauber an sich binden. Sie ging deswegen zu einer Hexe, die sprach
den Liebeszauber aus. Der Mann aber liebte eine andere Frau. Und die
Frau, die die Beschwörung vollzogen, geriet unter einen Fluch. Ihre
Beziehung zerbrach, ihre Kinder verließen sie, sie musste ihre Wohnung
kündigen und wurde Alkoholikerin. Sie wollte, dass die Hexe einen
Gegenzauber spreche. Aber die Hexe war für sie nicht mehr zu sprechen.
Wer kann mir helfen, fragte die Frau. Kann Gott mir verzeihen? Und ein
Schwarzmagier schrieb ihr: Ich, 666, Ich, Satan, kann dir helfen.

Gott ist Mensch geworden, weil er einmal an den Brüsten einer Frau
saugen wollte. Augustinus.

28.2.2013

Papst Benedikt XVI trat heute zurück. Papst Johannes Paul II hat mich in
die Kirche gerufen, Benedikt hat mir acht Jahre lang Katechismus-
Unterricht gegeben. Ich dachte oft bei seinen Predigten und Katechesen:
Die unbefleckte Weisheit hat gesprochen.

Des Papstes Mätresse Donna Julia ward nach ihrem Tode als
Marmorstatue im Petersdom verewigt. Nackt. Erotisch. So erotisch, dass
Männer vor ihrer Statue masturbierten. Darum ward die Statue im 17.
Jahrhundert bekleidet.

Tom diktierte mir eine Geschichte: Ein Diamant mit einem lebendigen
Auge in der Mitte, lebendig wie der Tod. Der Knabe schaute in das Auge,
da dachte er, er habe noch nie etwas Gutes getan. Es war ein Schmerz, als
ob ein Messer in einen Arm schneide. Dann ein Schmerz, als stünde der
Arm in Flammen. Dann kam - - es war ein Lichtstrahl, so blendend, dass
die Augen erblindeten, und alle Schmerzen und Leiden waren vorüber, und
der Knabe fiel in Ohnmacht.
*

Transzendentale Flatation: Ein Narr nahm die Esoterik aufs Korn. Er


wollte auf der Esoterik-Messe die abergläubischen Weiber das Furzen
lehren! Aber er sagte nicht Furzen, sondern Transzendentale Flatation! Er
kleidete sich orientalisch, mietete einen Saal, es war da ein Dutzend alte
Weiber, fünfzig Jahre alt, er stellte sich vor als Eingeweihter des dritten
Grades von Rishis Orden. In euch ist negative Energie, die muss heraus, so
dass die positive Energie der Liebe wieder in euch fließen kann. Dazu reibt
euren Bauch und stimuliert das Bauch-Chakra, tragt ein Amulett von
Rosenkohl und sprecht Om. Was fühlt ihr? Eine Frau sagte: Ich fühle die
Energie, es kribbelt im ganzen Körper. Eine andere: Mir wird heiß! Eine
dritte: Ich kam voller Sorgen, aber jetzt geht es mir gut. Der Narr: Dann
seid ihr jetzt ganz nah an der Transzendentalen Flatation! Geht nun und
verbreitet die göttliche Energie der Liebe in der Welt!

1.3.2013

Die rechte Seite des Menschen ist die heiße Seite der Galle, die linke Seite
die kalte Seite der Milz. Es gibt auf der rechten Seite drei Typen von
Männern: Die stärksten sind die Helden, die zweiten sind die starken
Bauern und Kaufleute, die dritten und schwächsten sind die Künstler und
Philosophen. Auf der linken Seite der Milz sind die stärksten die
regierenden Frauen, die starken sind die Hausfrauen und Mütter, die
kältesten sind die Venus-gleichen Frauen, die von unglaublicher Schönheit
sind und nur im Frauenhaus dienen können.

Es gibt eine schlechte Gesundheit, die dem Heil schädlich ist, denn
körperlich gesund, lebt der Gesunde ohne Barmherzigkeit. Es gibt eine
schlechte Krankheit, da der Kranke egoistisch nur um seine eigene
Gesundheit besorgt ist und keine Karitas ausstrahlt für seine Nächsten. Es
gibt eine gute Krankheit, die zum Heil ist und zu einem barmherzigen
Herzen und einer strahlenden Karitas führt. Diese gute Krankheit ist
eingeschlossen in ein umfangendes Heil, das die eigentliche Gesundheit
des Menschen vor Gott darstellt.

*
Für eine endogene Depression oder endogene Schizophrenie, die in einem
Mangel gewisser biochemischer Botenstoffe des Nervensystems im Hirn
bestehen, sind weder die lieblosen Eltern noch die lieblosen Freundinnen
verantwortlich, sondern es ist schlichtweg eine schicksalshafte
Erkrankung, die man auch nicht mit moralischen Belehrungen falsch
deuten sollte. Die These, dass fehlende Mutterliebe Schizophrenie auslöst,
gilt heute als psychiatrisch veraltet.

2.3.2013

Ich verstehe nicht, warum Jesus den Lazarus auferweckt hat. Er war schon
im Frieden der Unterwelt und musste zurück in diese böse Welt. Wenn ich
sterbe, hoffe ich, dass kein Charismatiker betet und ich wieder auferweckt
werde. Was soll das?

Hiob und der arme Lazarus und Josef Maria von der Ewigen Weisheit
litten unter Geschwüren. Hiob erlitt die frommen Ratschläge seiner
Freunde, Lazarus den Spott und Hohn des reichen Mannes und Josef Maria
von der Ewigen Weisheit die soziale Isolation.

Ich ziehe den Neuplatonismus von Wladimir Solowjew der Neuscholastik


von Edith Stein vor.

Mein Vater zahlte mir das Erbe schon zu seinen Lebzeiten in Form einer
Eigentumswohnung aus. Ich verließ im Streit mein Vaterhaus und ging mit
„einer stadtbekannten Dirne“ (Hölderlin) nach Frankreich, um der Lust zu
leben. Ich verschuldete mich. Ohne dass ich studierte, häuften sich die
Studiengebühren. Mein Vater nahm mir, ohne mir Vorwürfe zu machen,
alle Schulden ab. Dennoch hat er mich nie geliebt, und ich hasse ihn noch
nach seinem Tod. Und darum ist für mich das Gleichnis vom verlorenen
Sohn einfach unerträglich. Die Vorstellung, dass Gott wie mein Vater ist,
ist mir einfach unerträglich.
*

Eine vierzigjährige Frau erzählte von ihrem Brustkrebs und nahen Tod.
Wenn man durch solche Leiden gegangen ist, dann muss man irgendwann
nicht mehr darüber reden. Sie schrieb ein Hiob-Theaterstück und hielt eine
Hiob-Marionette in der Hand. In den ersten vier Lebensjahren hatte sie das
Gefühl, Fremdling auf Erden zu sein. Ihr Tod wird eine Heimkehr sein. -
Das war eine Botschaft von Karine.

In meinem Theaterstück „Warten auf Angelina Jolie“ hab ich die


Schauspielerin als Göttin der Schönheit angebetet. Nun las ich, in
Kambodscha haben die Hinduisten einen Brahma-Tempel in Angelina-
Jolie-Tempel umbenannt. Angelina Jolie wird als Nationalheilige von
Kambodscha angebetet. Ich sollte Hinduist werden.

3.3.2013

„Wie passt dein Antlitz, schön und glühend, / zu meinem traurigen


Gesicht?“

„Von allen Wegen, die wir auf Erden wallen,


Am schwersten ist der Abschied gefallen.
Darum will ich gern in den Himmel gehen,
Denn droben gibt es ein Wiedersehen.“

Wonne, schöner Gottesfunke, Tochter des Paradieses, wir betreten


liebestrunken dein himmlisches Jerusalem!

„Alles vergeht, auch die Bitternis der verschmähten Liebe.“


*

„Die Wollust bleibet doch der Zucker dieser Zeit.“

„Dort oben, ihr christlichen Brüder,


Das versteht sich, dort sehn wir uns wieder.“

4.3.2013

Im Schizophrenen erleidet Gott seine Agonie. In der Hölle der Psychose ist
Christus, der hinabgestiegen ist ins Inferno.

Selig sind die Weinenden,


Sich mit Gott Vereinenden,
Selig preis ich die Verschmähten,
Weise Söhne der Propheten.

Jesus sagt: Du, der du auf Erden weinst, du wirst im Himmel ewig lachen!
Du, der du auf Erden verschmäht wirst, freue dich, dein Lohn im Himmel
wird groß sein, du wirst hüpfen vor Freude!

Das ist Trost: Ein Kind ins Bett zu bringen, ihm eine Geschichte
vorzulesen, während es sich anschmiegt und einem den Bart krault.

„Ich habe jetzt auch eine Freundin im Himmel, und das ist ganz was
besonderes.“

*
Johannes R. Becher, das Sonettwerk. Er stellt Deutschland an die Stelle
Gottes, spricht von seinem Glauben an Deutschland, Deutschlands
Auferstehung, aber leugnet Gott. Darin ist er nicht besser als die
Nationalsozialisten. Er nimmt den Weihrauch seiner katholischen
Großmutter und opfert den Weihrauch dem Götzen Deutschland. Der
wahre Patriotismus will Deutschland an Gott und Maria binden, wie es in
den besten Zeiten Deutschlands war.

5.3.2013

Verwandle unsre Tränen der Trauer in Tränen der Hoffnung! Ich werde die
bei Gott vollendete Karine wiedersehen. Sie ist jetzt meine Fürsprecherin
und mein Engel.

Sie ernährt sich nur noch von Traubenkernen, Sauerkrautsaft und


Knoblauch und geht allzeit mit grimmigem Gesicht und zänkischer Zunge
durch die Welt.

Frau, du hast das Wort der Frage, wie man zu Gott gelangt, du
theoretisierst. Aber der Mann hat den Goldglanz des Wohlwollens und das
Seufzen des Herzens aus beständiger Sehnsucht nach dem Himmel.

6.3.2013

Die Frau: Ich würde gerne das göttliche Wesen, die Liebe, leben. Aber,
ach, ich kann nur mein Ego leben. Ich fühle keine Liebe in mir. Ich habe
auch keinen Frieden in mir.

Ihr Kardinäle, Bischöfe, Priester und Mönche, ihr liebt nicht Jerusalem, ihr
liebt Sodom! Die Lehre Roms ist makellos, aber die Sitten sind verdorben!
Das Schänden von Knaben und jungen Mädchen findet sich bei den
Protestanten nicht. Aber so war es schon zu Solowjews Zeiten. Ich
beginne, am Pflicht-Zölibat zu zweifeln. Diese hemmungslose
Homosexualität und Pädophilie in der Kirche ekelt mich an! Ein Kardinal
geht nicht zum Konklave, den Papst zu wählen, weil er junge Priester
sexuell missbraucht hat. Sodom und Gomorrha in der Welt! Sodom und
Gomorrha in der Kirche!

7.3.2013

Evi befragte mich über Literatur. Ich sprach über lyrische, epische und
dramatische Dichtung, den Wahnsinn im Werk von ETA Hoffmann,
Hölderlins Wahnsinn, und das Prophetische bei folgenden Dichtern:
Klopstock, Hölderlin, Else Lasker-Schüler, Anna Achmatowa.

8.3.2013

Weil ich nicht weiß, wer mich zu Grabe tragen soll, fühle ich mich
unendlich einsam und ungeliebt. Ach, nur im Himmel ist Liebe, auf Erden
nicht.

Schlag mich tot, Gott, und begrabe mich mit eigener Hand, wie du Moses
begraben hast!

Ich wünschte, Evi trüge mich zu Grabe, denn ich liebe sie wie mein
anderes Ich. Alles endet, auch die verschmähte Liebe.

9.3.2013

Ein charismatischer Prediger erzählte von einem Mann, der betete zu Gott:
Herr, wen soll ich heiraten? Und dann schaute er zum Kirchenfenster, und
da stand geschrieben: Ave Maria!

Wir wollen in Evas Garten


Den Frühling wie den Messias erwarten.
10.3.2013

Bei meinem Freund, dem Pfingstler, sah ich einen Film über Äthiopien. Da
sah ich die Königin von Saba, in einer Sänfte getragen, ein schwarzes und
schönes Antlitz, große braune Augen, tief verschleiert, mit viel Gold
geschmückt, ganz die Hoheit und Anmut einer Königin von
Schwarzafrika. Ich sah ein Felsenkloster, zu dem man nur an einem Seil
die Steilwand hinauf klettern konnte, dort gibt es keine Weiber, auch keine
weiblichen Ziegen oder Schafe. Ich sah das Tempelheiligtum von Akhoum,
das neue Jerusalem der Christenheit, und die Kapelle, in der die
Bundeslade aufbewahrt wird, von einem einzigen Priester beschützt, der
lebenslänglich eingeschlossen ist in der Kapelle. Es wurde auch die heilige
Schrift der äthiopischen Kopten erwähnt und deren Überlieferung der
Liebe zwischen Salomo und der Königin von Saba und ihrem
gemeinsamen Sohn, diese Texte habe ich vor zwei Jahren aus dem
Englischen übersetzt.

11.3.2013

Gespräch mit meiner Mutter über mein Testament. Ich bin stumm vor
Trauer.

Wie ergötzt du süß mit rundem Leibchen!


Deine Küsse verzücken die Nüsse!
Meine Geliebte, mein Goldammerweibchen!

Die Papst-Prophezeiungen von Sankt Malachias, irischem Bischof des 11.


Jahrhunderts, werden von der Kirche als Fälschung bezeichnet. Sie sagen
für den 276. Papst (Johannes Paul II) eine lange Regierung voraus, dem
folgenden Papst eine kurze Regierung. Darauf folge Papst Petrus der
Römer, der die verfolgte Kirche weiden wird. Dann wird die Sieben-
Hügel-Stadt zerstört und es kommt der Richter der Welt. Die weltlichen
Medien spekulieren jetzt, der kommende Papst sei der letzte, dann komme
das Weltgericht. Wie dem auch sei, ich bin bereit.
*

Der Papst meines Herzens – viva il Pappa – ist Karol Wojtyla, Johannes
Paul II. Ich glaube, er wird es auch bleiben. Man nannte ihn nach seinem
Tod Jahrtausendpapst. Verglichen mit ihm war Benedikt ein relativ
unbedeutender Papst. Johannes Paul war Vater der Menschheit, Benedikt
Lehrer der Katholiken. Benedikt interessierte meinen Verstand, aber bei
Johannes Paul ging mir das Herz auf.

12.3.2013

Traum. Benedikt XVI fragte mich, ob ich in Süddeutschland leben möchte


in der Gegend von Marien-Erscheinungen, dort seien auch sehr
konservative Katholiken, zu denen ich nicht zählen wollte. Oder lieber in
der Mitte Deutschlands bei Schönstatt und eine gemäßigte
Marienverehrung pflegen. Eine Frau fragte mich, ob ich in Süddeutschland
zu den Baptisten gehen wolle. Ich sagte, nein, ich wolle zu den Freunden
Mariens an den Ort der Marienerscheinungen, die Fundamentalisten
bekäme ich schon in den Griff. Ich war an einem neuen Ort und suchte die
Universität auf, vielleicht von Stuttgart oder Heidelberg, um dort die
jungen Mädchen anzuschauen. Benedikt fuhr auf einem Schiff einen Fluss
hinab, vielleicht den Neckar, und ich rannte am Ufer entlang und sprang
auf das Schiff und wurde liebevoll zärtlich von Seiner Heiligkeit begrüßt.

Die Kardinäle ziehen ins Konklave. Ich flehe zu Maria um einen Papst des
marianischen Maximalismus.

Am Tag der Ankündigung von Benedikt, zurückzutreten, schlug ein Blitz


in die Kuppel des Vatikan ein. Während der Papstwahl-Messe zu Beginn
des Konklave, während der Predigt, donnerte der Himmel.

13.3.2013

Traum. Ich war in dem Café einer Freundin und stritt mich mit einem
Moslem. Er wurde gewalttätig und ich warf ihn hinaus. Daraufhin
gründete er eine Terrorgruppe, die mit Bombenanschlägen das Café
zerstören wollte. Da kamen liberale Moslems und solidarisierten sich mit
uns. Ich sagte ihnen, die Bibel sei älter als der Koran und Jesus sei der
Sohn Gottes. Ich begann feurig zu predigen, da kam Jesus! Er hatte lange
braune Locken, aber keinen Bart, und trug einen hellbraunen Mantel. Er
lächelte mich an. Nur ich erkannte ihn. Ich warf mich ihm zu Füßen, mit
dem Angesicht auf der Erde, und er liebkoste mein Haupthaar. Mein
evangelikaler Freund trat zu Jesus und sagte: Falls du Jesus bist, könntest
du vielleicht…? Jesus sagte: Vielleicht? Du bist ungläubig.Dann gab Jesus
mir eine Karte, darauf stand die Adresse eines kleinen Lyrikverlages, wo
ich mein Tagebuch veröffentlichen könnte. Dann ging er weg. Ich sah die
Karte an, da stand in einer verschlüsselten Form: Peter Torstein Schwanke
und Evi Becker.

Habemus Papam! Papst Franziskus, Jesuitenpater, Erzbischof aus


Argentinien, demütig, gütig, strahlend, lieb und sanft, sprach von Caritas,
Brüderlichkeit und Neu-Evangelisation. Er bat um Gebet des Volkes,
betete Paternoster und Ave Maria, wünschte dem Volk das Behütetsein
durch die Madonna und will morgen sein Pontifikat der Madonna
unterstellen. Dass er sich Franziskus nennt, weist auf eine besondere Liebe
zu den Armen hin. Er scheint ein marianischer Papst zu sein, nicht streng,
sondern zärtlich und humorvoll. Viva il Pappa!

14.3.2013

O Gott, o Mutter, wo seid ihr?

Und reichst du uns den Kelch, den bittern,


Des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
So nehmen wir ihn dankbar, ohne Zittern,
Aus deiner guten und geliebten Hand.

*
Michelangelo, Cruzifix, 1492-1494, in einer italienischen Kirche
aufgestellt, Christus ohne Lendenschurz am Kreuz, schön in seiner
Schönheit des auferstandenen Leibes. Papst Franziskus: Betet den
Gekreuzigten an!

15.3.2013

Gott, ich will leiden, so lange du willst, Gott, ich will sterben, wann du
willst.

War deine Seele als Person existent vor deiner Empfängnis? Nein. Nur
warst du eine Idee in Gottes Geist, wurdest aber erst mit deiner
Empfängnis geschaffen. Anders Christus, der war vor seiner Empfängnis
existent als Gott in Ewigkeit.

Toms Spielfreude und seine putzigen Äußerungen und Evis zauberhaft


zärtliche Blicke haben mich vorerst von meiner Schwermut kuriert.

16.3.2013

Papst Franziskus: Danke für eure Arbeit! Ihr strebt nach der göttlichen
Trias von Wahrheit, Güte und Schönheit, und dies verkündet auch die
Kirche. Zu eurer Arbeit gehört Studium und Einfühlungsvermögen. Möget
ihr das Evangelium immer tiefer verstehen!

Die Tochter Gottes ist siebzehn Jahre jung, hat lange glatte braune Haare,
ist schlank und anmutig, ja, atemberaubend schön!

17.3.2013

„Fruchtbare Einsamkeit, Einsamkeit des Gebets.“ Papst Franziskus.

*
Atme in mir, du Atem Gottes! Ich vermute, dass das Wort Atem vom
indischen Atman, Geist, kommt. Bei den Hinduisten besteht die Erlösung
darin, zu erkennen, dass der Atman-Geist des Menschen eins ist mit dem
Brahman-Geist Gottes.

„Oma! Hast du an der Gregoriana in Rom studiert? Denn du hast die


Weisheit des Heiligen Geistes!“ Papst Franziskus.

Auf der Leipziger Buchmesse hat einer die Einkaufszettel von Hausfrauen
als Buch herausgegeben. Klaget, ihr Musen!

18.3.2013

Als Mechthild von Magdeburg zum Sterben kam, stand Gertrud die Große
an ihrem Sterbebett und sprach mit Jesus. Jesus sagte: Wie früher mein
Geheimnis mit Mechthild war, so ist nun mein Geheimnis in ihr. Wie sie
sterben wird? So wie ein Tautropfen von der mächtigen feurigen Sonne
aufgetrocknet wird, wird ihre Seele von Gott absorbiert! Jesus stand neben
Mechthild und nahm sie zweimal in die Arme. Mutter Maria erschien im
roten Kleid und nahm Mechthilds Kopf und drehte ihn so, dass Mechthild
Atem genau auf das Herz Jesu gerichtet war. Da war der Bräutigam mit der
Braut eins, und die Mutter küsste den Sohn. Mechthild und Jesus küssten
sich, und so ging sie ein zu den ewigen Freuden im Brautgemach des
Bräutigams.

In einem Film über Papst Johannes Paul II sagte Papst Paul VI zu Kardinal
Wojtyla: Ich rede sehr gern mit Ihnen. Denn wo findet man sonst einen
Mann, mit dem man über die Existentialisten und Shakespeare und
Johannes vom Kreuz plaudern kann?

*
Wohlan, ich bin so müde, ich könnte mich jetzt niederlegen und sterben.
Blues.

19.3.2013

Lenin las in seiner Jugend Marx, das Kapital. Fortan hielt er sich dreißig
Jahre lang fast nur noch in Bibliotheken auf und las und las. Erst im April
1917 griff er ins politische Geschehen ein, ergriff im Oktober in einem
Putsch die Macht und errichtete ein Regime des roten Terrors. Er starb mit
fünfzig Jahren.

20.3.2013

Ein Korb voller sehr schlechter Feigen! Atheistische, neuheidnische und


auch christliche Feigen, allesamt ungenießbar! Und ein Korb mit einer
einzigen frischen Feige, eben erst gereift, die Madonna.

Ines Amand schenkte Lenin eine Mona Lisa. Er sagte: Damit kann ich
nichts anfangen. Am liebsten hörte er Beethovens Appassionata: Wenn
man diese Musik hört, möchte man den Menschen den Kopf streicheln,
aber heute ist es notwendig, den Menschen den Kopf einzuschlagen. Lenin
und Nadshda Krupskaja liebkosen Lenins Katze Mascha, Stalin schaut
lächelnd zu.

21.3.2013

Einmal die Woche seh ich Tom und Evi, und es ist ein tiefer Trost und gibt
mir neue Kraft für eine weitere einsame Woche voller Kampf und Trauer.

Herr, schicke uns Kreuze und seien es Kreuze von Landstraßen, Flöhen
und Poltergeistern! Zwei ältere abergläubische Weiber bezeugen vor mir
die Gegenwart von Poltergeistern in ihren Hütten.

22.3.2013
Aber hoffentlich bekomm ich keinen Schlaganfall und werde zum blinden,
stummen, gelähmten Pflegefall!

Tom und Evi sind auf meinen beiden Sofas unter Wolldecken beim
Fernsehgucken eingeschlafen.

23.3.2013

Traum. Ich kam zu einer lutherischen Kirche und traf einen katholischen
Priester. Der ließ mich einen Fragebogen ausfüllen, um herauszufinden,
wie ich in der Kirche mitarbeiten könne. Das Ergebnis war: Ich sei ein
Mann, den man früher femininen Mann nannte, heute aber depressiver
Mann. Ich sagte: Ja, Frauen bestätigen mir, dass ich besser als andere
Männer über Gefühle reden kann. Er sagte, ich sei deshalb untauglich,
Priester oder Mönch zu werden. Auch zur Frauen- oder Kinder-Arbeit
eigne ich mich nicht. Ich sei wohl der Meinung, dass ich mit Ideen, die mir
kommen, während ich auf dem Sofa liege, die Welt verändern könne. Das
sei aber schon Mystik, etwa wie die asiatische Mystik von Lao Tse. Dafür
sei er als Pfarrer dann schon nicht mehr zuständig.

24.3.2013

„Das viele Studium lässt dich in Raserei reden!“ - „Ich rede nicht in
Mania, sondern in Logos und Sophrosyne!“

26.3.2013

In Petra, heute Jordanien, verehrten die Nabatäer die Muttergöttin Al-Uzza


und ihren Sohngott Duschara (Dumuzi). Sie opferten Ziegen und glaubten
an die Unsterblichkeit der Seele.

John Newton träumte mit zwölf Jahren: Eine weibliche Gestalt überreichte
ihm einen Ring, er solle ihn gut bewahren. Dann erschien eine finstere
Gestalt und machte sich über den Ring lustig und sagte, Newton solle den
Ring ins Meer von Venedig werfen. Er tat es und sah plötzlich Venedig in
Flammen. Die weibliche Gestalt erschien wieder und fischte den Ring aus
dem Meer. Newton wollte den Ring zurück. Aber die weibliche Gestalt
sagte: Nein, du kannst ihn nicht bewahren. Später werde ich ihn dir geben
und alles, was der Ring enthält.

„Er mag ein bisschen verrückt sein, aber er ist erleuchtet.“

27.3.2013

Jehovah, warum? Warum muss ich so viel leiden?

Jesus ist am 8. 4. 30 A.D. um 15 Uhr gestorben.

28.3.2013

Seelische Leiden sind ein Fegefeuer auf Erden.

Bei der Eroberung Deutschlands durch die Rote Armee Vergewaltigungen


deutscher Frauen. Solche Frauen entwickelten später eine Ratten-Phobie.
Die Ratte steht für das männliche Geschlecht.

Meine Seele ist zu Tode betrübt. Meine Vertraute ist nur noch die
Finsternis. Das ist Christi Agonie.

29.3.2013

Karfreitag. Unter dem Kreuz stand neben der Jungfrau Maria auch ihre
Schwester. Warum hört man nie etwas von Marias Schwester?

*
Berufung: Mitgekreuzigter mit dem Gekreuzigten zu sein, um Miterlöser
mit dem Erlöser zu sein, viele Seelen durch das aufgeopferte Leiden zu
erwerben für Gottes Ewigkeit.

Papst Alexander VI konnte stundenlang die siebzehnjährige Julia Farnese


anschauen und ihr goldenes Haar kämmen. Ich sah ihre Statue, leider
bekleidet, im Petersdom. Sein Sohn Cesare war das Modell für
Machiavellis Fürsten. Julius II wollte ein zweiter Julius Cäsar sein, ritt zu
Ross in den Krieg, gab den Petersdom bei Bramante in Auftrag. Leo X
lebte wie ein Fürst: Gott gab Uns das Papsttum, so wollen Wir es auch
genießen. Er förderte Raffael. Da stand Luther auf.

Marco ein Choleriker, leicht aufbrausend, aber stark und verlässlich.


Karine eine Sanguinikerin, heiter, weltoffen, oberflächlich. Ich ein
Melancholiker, traurig, tiefsinnig, philosophisch, künstlerisch. Evi eine
Phlegmatikerin, gleichmütig, gütig, aber ihr sind die Leute auch ein
bisschen egal. Comedy of Humours.

In der dunklen Nacht der Seele ist das Gefühl der Gottverlassenheit ein
starkes Zeichen für die Vereinigung der Seele mit Gott.

Ein jüdischer Psychotherapeut nannte Johannes vom Kreuz einen Sohn der
Lilith. Die Rabbinen leiten Lilith von Layla ab, Göttin oder Dämon der
Nacht.

Karsamstag. Traum. Papst Franziskus verkündete den Tag des Endes der
Welt. Da waren Evi und ich an einer Meeresbucht auf dem Sandstrand,
und übers Meer kam Jesus Christus. Da war ich im Paradies. Es war eine
Gartenlandschaft von prachtvoller Fruchtbarkeit und schönstem
Sonnenschein. Jesus sagte, ich solle arbeiten im Paradies, eine Stunde
Weinkeltern, und der Lohn würde groß sein. Ich sagte, ich wolle nur
träumen im Paradies. Ich glaube, da war auch eine Bibliothek.

Abends Osterlachen mit Tom!

Ein älterer Mann, der einem jungen Mädchen nachläuft, das ist etwas
lächerliches. Aber ein Mann, der einer verheirateten Frau in Liebe
verfallen ist, das ist etwas edles. Anna Karenina.

„Ich hing in diesem dunklen Loch, und das einzige, was mir half, war die
Arbeit. Ich klammerte mich an die Arbeit.“

Das Beruhigungsmittel, das man Anna nach dem Verlust ihres Kindes
verschrieben hatte, wurde durch Opium ersetzt, um ihren Schmerz zu
betäuben.

„Ich habe zuviel verloren. Ich will nur noch sterben. Ich will mich nur
noch an Anna erinnern, wie sie war, als ich sie kennen lernte. Aber ich
kann ihr Gesicht nicht mehr sehen. Ich sehe sie nur noch, wie ihre Leiche
aufgebahrt lag.“

Ich weiß nicht, wie der Glaube in mich kam. Mein Verstand kann es sich
nicht erklären, warum ich bete, aber ich bete. Und ich kann meinem
Leben, das früher sinnlos war, nun einen Sinn verleihen. Tolstoi.

30.3.2013
Ostersonntag. „Manchmal bleiben wir an den Gräbern stehen und trauern
der Vergangenheit nach. Wir sollten offen sein für das Neue. Gott will uns
überraschen.“ Papst Franziskus.

Zur Neu-Evangelisation Europas braucht es auch christliche Dichtkunst,


sagt ein lettischer Erzbischof.

Gedanke im Traum: Papst Benedikt war Papst der anspruchsvollen


Theologie, Papst Franziskus ist Papst der symbolischen Gesten.

1.4.2013

Tom hat mir zu Ostern ein Osternest voll Likör-Fläschen und Evi mir das
Bild der Frau aller Völker geschenkt. So hab ich alles, was ich liebe: Maria
und Alkohol.

Die schöne Madel hat morgens die Lotto-Zahlen geträumt. Nachdem sie
vier von sechs Zahlen geträumt hat, wachte sie auf. Sie füllte aber keinen
Lottoschein aus. Am kommenden Wochenende waren die ersten vier
gezogenen Lottozahlen tatsächlich die geträumten.

2.4.2013

Der Auferstandene ist auch Sieger über die Traurigkeit und die ungeheure
Sehnsucht. Er sagt nur ein Wort: Maria!

Komödie: Ein Legastheniker wirbt um eine Literaturstudentin, er heißt


David, sie Maria. Sie interessiert sich nur für Dichter. Er findet zufällig ein
Manuskript, das er vor Maria als sein eigenes ausgibt. Es handelt von der
großen Liebessehnsucht eines Mannes namens Peter nach seiner fernen
Geliebten Sophia. Es sind lauter Liebesbriefe. Das Buch heißt: Sophia,
Sophia!Maria ist begeistert von dem Werk und schickt es an einen Verlag.
Ich glaube an dich, sagt sie zu David. Er wird berühmt, gelobt als ein
großer Schriftsteller, der die Leere der Postmoderne mit wahrer Kunst
überwindet. Da taucht der wahre Autor auf, ein fünfzigjähriger versoffener
Penner, der aus Paris kommt.

3.4.2013

Mutter und Freund wollen mich sehen, aber ich mag nur noch Evi und
Tom sehen.

4.4.2013

Ich schreibe nicht für die Welt, nicht die gottlose Mitwelt, auch nicht für
die Nachwelt, auch nicht für Nachruhm, auch nicht für die kommende
Kirche. Meine Gedichte sind Gebete zu Gott und werden im Himmel
gelesen.

5.4.2013

Eine Jüdin, Tochter eines Rabbiners, und ein Protestant, Sohn eines
lutherischen Pastors, reden über den Glauben: Zwei Blinde reden über das
Licht. Sie tun einem Leid, wenn sie über die Jungfrau Maria sprechen!

Die Gottlosen haben Geld, reisen in irdische Paradiese, lachen laut, aber
ich bin Tag für Tag geplagt.

6.4.2013

Bete um den Frieden, da das nordkoreanische kommunistische Regime mit


einem atomaren Erstschlag droht. Die wundertätige Medaille wieder
angelegt.

*
Nietzsche liebte heimlich Cosima, die Muse und Geliebte Wagners. Er
fand sie wieder im Mythos von Ariadne auf Naxos, da Nietzsche der Gott
Dionysos.

Die Sonne ist der einzige goldene Engel der Erde. Die Sonne heilt.

Wenn ein Armer einem Reichen etwas schenkt, dann lacht der Teufel.

7.4.2013

Die Bitterkeit des Todes ist gewichen.

Es gab nach Omas Tod und der Berufung zum Glauben das
Schlüsselerlebnis der Weisheit bei Jakob Böhme und Heinrich Seuse. Nach
Karines Tod und meinem Nervenzusammenbruch schrieb ich die Vision
der Hagia Sophia. Weisheit oder Sophia ist meine Berufung, mein
Schlüsselerlebnis und mein Schlüsselwort, im Hinblick auf die Weisheit
deute ich die Welt. Das lehrte mich Johannes Paul II.

8.4.2013

Im Traum Evi umarmt, da war ich ganz, so beseelter Leib an beseelter


Leib ruhend. Als sie die Umarmung löste, war ich halb.

Ein Prophet gilt nichts in seiner eigenen Familie. Sie sagen: Woher hat er
diese Weisheit? Wir kennen ihn doch von Kindheit an.

*
Im Traum brachte ich Karines Kinder ins Bett und las allen noch vor, dafür
durfte ich zu Karine ins Bett und mich an ihren weichen warmen Leib
anschmiegen. So gibt es wenigstens im Traum Liebe.

Papst Franziskus war in der jüdischen Synagoge von Rom und verehrte die
Torah, sagte aber: Ich deute die Torah anders als die Juden. So geben mir
die protestantischen Sekten ihre Bibeln, ich ehre die Bibel, aber deute sie
katholisch.

9.4.2013

Meine Mutter ist sanguinisch: Immer fröhlich, weltoffen, leutselig, aber


oberflächlich.

Oma war phlegmatisch: Gütig, ausgeglichen, still, gleichmütig, sanft und


mild. Evi hat Ähnlichkeit mit ihr.

Oft muss Hoffnung so verstummen,


Traurig, vor dem Lärm der Zeit,
Vorm Geschrei und Neid der Dummen,
Vor dem Wind der Eitelkeit.

Solowjew

Benedikt XVI sagte: Gott ist Vernunft. Papst Franziskus knüpft an


Johannes Paul II an und sagt: Gott ist Barmherzigkeit.

10.4.2013

Der Begriff Apokalypsis war ein Begriff der griechischen Umgangssprache


und bedeutet die Entschleierung der Braut in der Hochzeitsnacht. Dabei
wird die Braut nicht allein ihren Schleier fallen lassen, sondern alle
Kleider, und nackt zum Bräutigam ins Bett steigen. So ist die Johannes-
Apokalypse Brautmystik.

Meine Mutter ist äußerlich meiner Oma ähnlich, mein Bruder ist meinem
Vater ähnlich, meine große Nichte ist meiner Mutter ähnlich, mein Neffe
ist meinem Bruder ähnlich, meine kleine Nichte ist meiner Schwägerin
ähnlich. Nur ich bin keinem aus der Sippe ähnlich, so einen wie mich gab
es noch nie in der Sippe.

11.4.2013

Süße Evi, niedlicher Tom!

Jeder Christ ist berufen, einen besonderen Aspekt Christi in der Welt
wiederzuspiegeln und auch in der Ewigkeit. Nur die ganze Kirche spiegelt
den ganzen Christus. Ich spiegle seine Mutterliebe, seine Agonie, seine
Weisheit.

12.4.2013

„Ich bin's, dein Herr und dein Gott, der ich in meiner Todesangst an dich
gedacht habe.“

Ich habe U.L.F. von Lourdes in der Tele-Vision gesehen, sie sagte: „Ich
kann nicht versprechen, Sie in diesem Leben glücklich zu machen, aber in
dem kommenden Leben.“

13.4.2013

Traum. Ich war an einer Universität und sagte zu einer Frau: Ich will eine
Arbeit schreiben über Liebe und Weisheit. Sie sagte: Schön, über Liebe
und Weisheit, da alle anderen Studenten über die Liebe allein schreiben.
Ich fragte, was ich noch studieren könnte. Sie empfahl mir die platonische
Liebesphilosophie.

14.4.2013

Wenn ich ihr die kalte Schulter zeige, legt sie ihr süßestes Gesicht auf.
Wenn ich ihr dann wieder verliebt den Hof mache, durchbohrt sie mein
Herz wieder mit ihrer Lieblosigkeit.

15.4.2013

Gibt es im Himmel Sex mit Evi und Karine?

16.4.2013

Abendbrot mit Evi, Vorgeschmack des Himmels. Sie stand Modell, und
Tom zeichnete sie, mit imposantem Gürtel.

Evi erzählte von einem Bekannten, der, vierzig Jahre alt, abends mit seiner
Geliebten zu Bett ging und sie morgens tot neben sich in seinem Bett fand.
Sie war im Schlaf gestorben, im Arm des Geliebten. Schöner Tod.

17.4.2013

Karine ist zu Gott aufgefahren. Nun kann ich mich freuen, denn sie ist auf
neue Weise als mein Engel immer bei mir mit ihrer Liebe und nicht mehr
an Raum und Zeit gebunden.

Gottes Barmherzigkeit ist wie viele Mutterschöße.

18.4.2013

Traum. Evi sagte, sie könne nur gefühlvolle Texte schreiben, aber wenn sie
dann liest, was sie geschrieben hat, scheint es ihr verbesserungsbedürftig.
Ich sagte: Denke: es schreibt, nicht du, schreib alles auf und lass es dann
so. Ich sagte zu Evi: Wenn die mit dem feurigen Herzen nicht wäre, wär
ich verloren. Evi sagte: Das ist ja beleidigend für mich. Ich sagte: Nein,
aber wenn ich nachts von einem Alptraum aufwache, bist du nicht da, aber
die mit dem feurigen Herzen ist da. Evi und Jörg waren dann in dem Haus
meiner Eltern. Evi und ich nahmen Abschied, wir küssten uns sehr zärtlich.
Dann ging ich noch einmal durch mein Elternhaus. Jörg erhob ein Glas
Wein auf mich und sagte: Obwohl Evi dich liebt, will sie mit mir
zusammenbleiben. Sie will nur deine Jüngerin sein und will, dass auch
andere mit ihr dir folgen.

Johannes Pauls Philosophie ruht (wie Edith Steins) auf den beiden Säulen
des aristotelischen Thomismus und der Phänomenologie. Mein Herz fühlt
sich allein vom Platonismus angezogen.

Drei Gottesbilder des Judentums: Talmud: Wer nach Geheimnissen fragt,


sei besser nicht geboren, halte nur die Gebote. Maimonides: Negative
Theologie, unerkennbarer Gott. Kabbala: Unerkennbares En Soph, aber
Gott in seinen Emanationen oder Sephirot erkennbar.

Ich habe Aristoteles und Thomas noch nicht gelesen und hab immer noch
nicht verstanden, was Phänomenologie ist.

19.4.2013

Traum. Meine Mutter fuhr in Oldenburg Fahrrad. Ich fuhr hinter ihr her
und rief: Mama, Mama! Die Stimme einer Frau sagte: Er liebt sie. Ich
holte meine Mutter ein, sie sagte, meine Geburt sei sehr schwierig
gewesen und sie habe sehr gelitten. Ich sagte: Darum denke ich oft: Ach,
wär ich doch nie geboren!

29.4.2013
Zweifle niemals, auch nicht im Schmerz. Sei zufrieden, auch wenn du
leiden musst.

Das Dasein ist schon Schuld. Das sagen die Griechen, Buddha und die
Lehre von der Erbsünde.

30.5.2013

Ein Mann sagte, er habe seit 25 Jahren keinen Streit mit seiner Frau
gehabt. Wie das sein könne? In ihrem Honigmond sind Mann und Frau
zum Schwiegervater des Mannes gefahren, der gab ihnen zwei Pferde zum
Reiten. Der Mann hatte ein zahmes Pferd, die Frau ein wildes. Die Frau
ritt, das Pferd warf sie ab. Die Frau legte die Hand auf den Kopf des
Pferdes und sagte: Das war das erste Mal, ich verzeihe dir, aber tu es nicht
noch einmal. Sie stieg wieder aufs Pferd und ritt, das Pferd warf sie wieder
ab. Die Frau legte die Hand auf den Kopf des Pferdes und sagte: Das war
das zweite Mal, ich verzeihe dir, aber tu es nicht noch einmal. Sie stieg
wieder auf und ritt, das Pferd warf sie wieder ab. Da nahm die Frau eine
Pistole und erschoss das Pferd. Darüber ärgerte sich der Mann. Er sagte:
Du böses Weib, warum hast du das Pferd erschossen? Sie legte die Hand
auf den Kopf des Mannes und sagte: Das war das erste Mal, dass wir uns
gestritten haben, ich verzeihe dir, aber tu es nicht noch einmal. Daraufhin
haben sie sich in 25 Jahren der Ehe nicht einmal mehr gestritten.

Liebe und Leiden: Eine Mutter zittert wegen ihres Kindes, weil sie weiß,
dass sie das Kind nicht vor allen Leiden bewahren kann. Ein Mann will
alle Leiden seiner Geliebten kennen, denn er will mitleiden mit ihren
Leiden. Die höchste sublime Form der Liebe ist zu leiden für jemand. Eine
Mutter leidet und opfert ihre Leiden Christus auf für die Bekehrung ihres
Sohnes.

*
Shakespeare: Meine Muse muss mich küssen! Theaterdirektor: Welche
Muse? Shakespeare: Wie immer, Aphrodite! Theaterdirektor: Aphrodite
Beckett, die es hinter der Taverne treibt?

David hatte zwei Schwestern: Zeruja und Abigail. Zeruja hatte drei Söhne:
Abischai, Joab und Asael. Abigail hatte (mit dem Ismaeliten Jeter) einen
Sohn: Amasa.

31.5.2013

Lieber ein unglücklicher Philosoph als ein glückliches Schwein.

1.6.2013

Justin der Märtyrer nannte Jesus einen Philosophen und das Evangelium
eine Philosophie.

Was Shakespeare über die Pucelle schrieb, ist blasphemisch.

Seit 15 Jahren predige ich Jesus vor Evi, aber ihr Herz bleibt kalt, sie
bekehrt sich nicht vom Aberglauben und will nicht beten. Nun stürzt ihr
Lebenshaus über ihr zusammen. Sie wollte ja den Segen Gottes nicht.

2.6.2013

Ich hab die zehnjährige Helena von Sparta gesehen, schlank, athletisch,
lange goldblonde Haare, zum Zopf gebunden, glühende Augen.

Ein Priester zu Jeanne d'Arc: Bist du eine Wahnsinnige? Jeanne d'Arc: Der
Herr hat mir deswegen nie Vorwürfe gemacht.
*

Fest Corpus Christi. Gespräch im Himmel zwischen der seligen Evelin von
Lüttich und dem heiligen Thomas von Aquin über die Eucharistie.

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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


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PROSA

Von Josef Maria von der Ewigen Weisheit


DIOTIMAS REDE IN PLATONS SYMPOSIUM

Und nun nehme ich meinen Abschied von euch, aber ich möchte euch eine
Geschichte des Eros erzählen, die ich von Diotima von Mantineia, einer
weisen Frau, weise in diesem Gebiet und in vielen anderen Arten von
Wissen, die in den Tagen der Vorzeit, als die Athener opferten wegen dem
Kommen der Pest, hielt die Krankheit zehn Jahre lang auf. Sie war meine
Lehrerin in der Kunst des Eros, und ich sollte euch wiederholen, was sie
mir sagte, beginnend mit den Reden des Agathon, die fast das selbe sagen,
wenn nicht ganz dasselbe, das ich von der weisen Frau gehört, als ich sie
befragte, ich denke, dass dies der einfachste Weg ist, und ich werde beide
Teile mich, so gut ich kann, in Anspruch nehmen. Wie du, Agathon,
vorgeschlagen, muss ich zunächst von dem Wesen und der Natur des Eros
sprechen, und dann von seinen Werken. Zuerst sagte ich zu ihr in fast den
gleichen Worten, die er an mich gerichtet, dass der Eros ein mächtiger Gott
war, ebenso schön, und sie zeigte mir, wie ich bewies, dass durch meinen
eigenen Auftritt Eros weder schön noch gut ist. "Was meinst du damit,
Diotima," sagte ich, "ist Eros dann böse und übel?" "Stille", rief sie, "muss
dass, was kein Übel ist, gleich schön sein?" - "Natürlich nicht", sagte ich.
"Und ist das, was nicht ratsam ist, gleich ignorant? Siehst du nicht, dass es
eine Mitte zwischen Weisheit und Unwissenheit gibt?" - "Und was kann
das sein?" sagte ich. "Die richtige Meinung", sagte sie, ", die, wie du
weißt, unfähige Angabe von Gründen ist nicht Wissen, denn wie kann
Wissen ohne Grund sein? noch einmal, Unwissenheit kann nicht erreichen
die Wahrheit, sondern es ist offenbar etwas, was einer mittleren Ebene
zwischen Unwissenheit und Weisheit angehört." - "Wohl wahr", antwortete
ich. "Bestehe nicht darauf," sagte sie, "dass das, was nicht schön ist,
notwendigerweise schlecht ist, oder was nicht gut ist, dass es böse ist, oder
schließe, dass, weil Eros nicht schön und gut ist, er daher schlecht und
böse sei, denn er ist in einem bedeutenden Zwischenraum." - "Nun", sagte
ich, "Eros ist sicherlich von allen angesehen als ein großer Gott." - "Von
denen, die wissen, oder von denen, die nicht wissen?" - "Von allen." -
"Und wie, Sokrates", sagte sie mit einem Lächeln, "kann Eros bestätigt
werden, ein großer Gott zu sein, durch jene, die sagen, dass er nicht ein
Gott überhaupt sei?" - "Und wer sind diese?" sagte ich. "Du und ich sind
zwei von ihnen", antwortete sie. "Wie kann das sein?" sagte ich. "Es ist
durchaus verständlich," antwortete sie, "denn du selbst würdest
anerkennen, dass die Götter in glücklichen Verhältnissen leben, natürlich
würdest du sagen, dass jeder Gott glücklich ist, nicht wahr?" - "Sicher",
antwortete ich. "Und du würdest von den Glücklichen meinen, die die
Besitzer sind aller Dinge, sind sie gut oder gerecht?" - "Ja." - „Und du
gibst zu, dass Eros, weil er in Not ist, die guten und schönen Dinge
begehrt, wegen denen er in Not ist?" - "Ja, das sage ich." - "Aber wie kann
er ein Gott sein, wenn er keinen Anteil am Guten oder Schönen hat?" -
"Unmöglich." - "Dann siehst du, dass du auch die Gottheit des Eros
leugnest."

"Was also ist Eros?" fragte ich, "ist er sterblich?" - "Nein!" - "Was denn?" -
"Wie im ersten Fall ist er weder sterblich noch unsterblich, sondern ein
Mittelding zwischen den beiden." - "Was ist er, Diotima?" - "Er ist ein
großer Dämon, und wie alle Dämonen, ist er in der Mitte zwischen dem
Göttlichen und dem Sterblichen." - "Und was," sagte ich, "ist seine
Macht?" - "Er vermittelt", antwortete sie, "zwischen Göttern und
Menschen, Er nimmt für die Götter die Gebete und Opfer der Menschen
an, und vermittelt den Menschen die Befehle und Antworten der Götter, er
ist der Mittler, der die Kluft, die sie teilt, überbrückt, und so ist in ihm alles
miteinander verbunden und durch ihn besteht die Kunst des Propheten und
Priesters, ihre Opfer und Geheimnisse und Zauber, und alles, Prophetie
und Beschwörungsformel, die den Weg zu Gott nehmen, der mischt sich
nicht mit dem Menschen, aber durch die Eros kommt alle Vereinigung, und
unterhält sich Gott mit dem Menschen, ob er wacht oder schläft, durch die
Weisheit, das ist die geistige Erkenntnis, und alle andere Weisheit, wie die
von Kunst und Kunsthandwerk, ist allgemein. Nun sind diese Dämonen
aber Zwischenmächte, vielfältige, und einer von ihnen ist Eros " - „Und
wer", sagte ich, "war sein Vater, und wer seine Mutter?" - "Die
Geschichte", sagte sie, "wird einige Zeit dauern, dennoch werde ich sie dir
sagen. Am Geburtstag der Aphrodite war ein Fest der Götter, an dem der
Gott Poros oder Reichtum, der der Sohn von Metis ist, einer der Gäste war.
Als das Fest vorüber war, Penia oder die Armut, wie die Art und Weise ist
bei solchen Gelegenheiten, kam an die Tür, um zu betteln. Jetzt Reichtum,
der trunken war von Nektar (es gab keinen Wein in diesen Tagen), ging in
den Garten des Zeus und fiel in einen tiefen Schlaf, und Armut angesichts
ihrer eigenen bescheidenen Verhältnissen, begehrte ein Kind von ihm, und
dementsprechend legte sie sich an seine Seite und empfing den Eros, der
zum Teil, weil er von Natur aus ein Liebhaber des Schönen ist, und weil
Aphrodite selbst schön ist, und auch, weil er an ihrem Geburtstag geboren
wurde, ist ihr Anhänger und Begleiter. Und wie seine Herkunft ist, so ist
auch sein Glück. In erster Linie ist er immer schlecht, und alles andere als
zart und schön, wie sich viele es von ihm vorstellen, und er ist rau und
schmutzig, und hat keine Schuhe, auch ein Haus zum Wohnen, auf der
nackten Erde ausgesetzt liegt er unter freiem Himmel, lebt auf der Straße
oder an den Türen der Häuser und ruht dort, und wie seine Mutter ist er
immer in Not. Wie sein Vater, dem er auch teilweise ähnelt, ist er immer
begierig nach dem Schönen und Guten, er ist mutig, unternehmungslustig,
stark, ein gewaltiger Jäger, immer spinnend einige Intrigen oder andere,
scharf im Streben nach Weisheit, fruchtbare, ein Philosoph zu allen Zeiten,
schrecklich wie ein Zauberer, Magier oder Sophist. Er ist von Natur aus
weder sterblich noch unsterblich, aber lebendig und florierend in einem
Moment, wenn er in vielen ist, und tot in einem anderen Moment, wieder
wegen der Natur seines Vaters. Aber immer vieles in Strömen ausfließt von
ihm, und so ist er nie in Not und nie in Fülle, und außerdem ist er in der
Mitte zwischen Ignoranz und Wissen. Die Wahrheit der Sache ist die: Kein
Gott ist ein Philosoph oder Sucher nach Weisheit, denn er ist bereits weise,
auch nicht jeder Mann, der klug ist, sucht nach Weisheit. Auch nicht die
Unwissenden suchen nach Weisheit. Denn hier ist das Übel der
Unwissenheit, dass er, der weder gut noch weise ist, dennoch mit sich
zufrieden ist. Er hat nicht den Wunsch, da er keinen Mangel fühlt." -
"Aber, die dann, Diotima," sagte ich, "die Liebhaber der Weisheit sind,
wenn sie weder die Weisen sind noch die Toren?" - "Ein Kind kann diese
Frage beantworten, "antwortete sie,"sie sind diejenigen, die in einer Mitte
zwischen den beiden sind; Eros ist einer von ihnen. Denn Weisheit ist eine
sehr schöne Sache, und Eros ist von der schönen Art, und damit Eros ist
auch ein Philosoph oder Liebhaber der Weisheit, und ein Liebhaber der
Weisheit ist in einer Mitte zwischen den Weisen und den Toren. Und dieses
von seiner Geburt ist die Ursache, denn sein Vater ist reich und klug, und
seine Mutter arm und töricht. Solches, lieber Sokrates, ist die Natur des
Dämons Eros. Der Fehler in der Vorstellung von ihm war sehr natürlich,
und wie ich von dem, was du sagtest, mir vorstelle, ist aus einer
Verwirrung der Liebe und der Geliebten, an die du denkst, die Vorstellung
entstanden, dass Eros schön ist. Denn die Geliebte ist die wirklich schön
und zart, und perfekt, und gesegnet; aber das Prinzip des Eros ist von
anderer Art, und ist, wie ich es beschrieben habe."

(Fragment)

DIE SCHÖNE HELENA UND DER MORD IM HUNDEWÄLDCHEN


(für meine Putzfrau)

Die schöne Helena war siebzehn Jahre jung, sie hatte wunderschöne
blonde Haare, war schlank wie eine Birke, sommerlich leicht bekleidet,
alle Wünsche der Männer richteten sich auf sie. Sie stammte aus
Bremerhaven und war nach einem langen Aufenthalt in Griechenland (wo
sie die Ursache für den Trojanischen Krieg ward) nach Oldenburg in
Oldenburg gezogen. Sie wurde einfach nicht älter, jedes Jahr feierte sie
ihren siebzehnten Geburtstag. Das ist der Vorteil der mythologischen
Frauen. Die schöne Helena inspirierte im neunzehnten Jahrhundert den
achtzigjährigen Johann Wolfgang von Goethe und im einundzwanzigsten
Jahrhundert den Dichter Josef Maria Mayer, der eigentlich chinesischer
Abstammung war und mit Taufnamen Shi Tuo-Tang hieß.
Die schöne Helena ward zwar von allen Männern bewundert und begehrt,
sie selbst aber liebte keinen Mann. Sie ging jeden Tag mit ihrer
reinrassigen Hündin Susanna im Hundewäldchen spazieren. Susanna war
der Schwarm aller Rüden. Und Susanna liebte sehr die süße Schokolade,
die ihr die schöne Helena in großen Mengen gab. Aber Susanna konnte so
viel Schokolade essen, wie sie wollte, sie blieb immer schlank wie ein
Windhund. Und Susanna hatte eine sehr feine Nase.
Eines Nachts begann Susanna im Haus der schönen Helena unheimlich zu
heulen. Helena dachte: Jemand ist gestorben, und meine sensible Hündin
spürt die Seele des Toten, die gerade die Erde verlässt. Susanna lief vor der
Haustür aufgeregt hin und her und bellte die Tür an. Helena warf sich
einen Samtmantel über ihr Seiden-Negligé und ging mit Susanna nach
draußen.
Helena ließ sich von ihrer Hündin führen. Sie vertraute auf Susannas
Instinkt. So kamen sie an der kleinen Kapelle vorbei, die der heiligen
Dymphna geweiht war, der Schutzpatronin der Geisteskranken. Und
seltsam, plötzlich war die Kapelle um Mitternacht geöffnet und erleuchtet,
und die Glocken schlugen um Mitternacht, dreizehn Mal. Helena aber war
eine Heidin und sagte zu Susanna: Süße Susanna, da gehen wir nicht rein,
denn der Priester dieser Kapelle hat sich, als du gerade geboren warst,
geweigert dich zu taufen. Susanna bellte vor der Pforte der Kapelle, als
wolle die kluge Kreatur ihren Schöpfer grüßen.
Dann aber lief Susanna schnell zum Hundewäldchen. Die schöne Helena
lief hinter ihr her. Sie war sehr sportlich. Sie ernährte sich schließlich sehr
gesund, denn die weise Hildegard sorgte für Helenas Ernährung. Da gab es
Dinkelbrot und Walnussbutter, aber keine gebratene Ente und keinen Aal,
dafür Kräutertees und gekochten Wein. So konnte die schöne Helena mit
der flinken Susanna mithalten, und so standen sie bald vor dem
Hundewäldchen.
Sie traten in das Dunkel des Tannenwaldes. Die Tannen waren schwarz
und knirschten im Wind, Äste knackten. Es gab dort keine Laterne. Auch
war der Mond schwarz, es war Neumond. Helena sah gar nichts. Der Wind
war kalt. Sie sprach zu ihrer Hündin: Susanna, ich bin jetzt blind, sei du
jetzt mein Blindenhund. Susanna schnupperte am Boden, lief den
schmalen Weg in den Wald und begann zu bellen. Helena folgte ihr
langsam. Der Wind klirrte mit den leeren Weinflaschen, die die Säufer
liegen gelassen hatte. Nun war sie bei Susanna, da sah sie – und erschrak -
Ein Clown stand mitten im Wald in einem bunt karierten Rock und mit
weißgepudertem Gesicht und einer dicken roten Nase. Seine Augen
blitzten unheimlich. Er begann gruselig zu kichern. Hi hi, toter Mann, ha
ha, Leiche im Wald, ha ha, geh nicht weiter, mein Mädchen, hi hi hi.
Susanna aber roch das tote Fleisch der Leiche. Da kam die Wölfin in ihr
zum Vorschein. Bellend und heulend sauste sie auf die blutige Leiche zu
und begann, von den Gliedern des Aases zu fressen. Helena war ihr
gefolgt. Nun sah sie den blutigen Klumpen Menschenfleisch, er stank
schon nach Verwesung. Das war zuviel für die schöne Helena und sie
sprach ein Stoßgebet: Allmächtiges Schicksal, steh mir bei!
Susanna schnüffelte überall herum, als wollte sie die Fährte des Mörders
aufnehmen. Sie schien etwas gefunden zu haben, nahm ein Ding mit den
Zähnen auf und trug es zu ihrer Herrin. Ja, was hast du denn da? fragte
Helena und nahm das Ding aus Susannas Maul, prüfte es mit der Hand und
steckte es dann in die Manteltasche. Komm, Susanna, schnell nach Hause,
flüsterte sie, und Susanna gehorchte, und so schnell es ging, kehrten sie
nach Hause zurück.
In ihrer Küche bekam Susanna erst einmal ein Stück Schokolade. Helena
trank auf den Schreck einen Schluck Kräuterlikör. Dann holte sie das
merkwürdige Ding aus ihrer Manteltasche und besah es im Licht. Es war
ein Stein mit einem eingeritzten Zeichen, das stellte ein Dreieck da, mit
der Spitze nach oben, und in dem Dreieck war ein Auge. Hatte das der
Mörder liegen gelassen? Was war das für ein geheimnisvolles Zeichen?
Aber Helena war todmüde und legte sich schlafen. Susanna ging in ihr
Körbchen. Morgens kurz vor dem Erwachen träumte Helena allerlei wirres
Zeug. Sie träumte von lachenden Leichen, von einem Neumond mit roter
Nase, von einer leeren Weinflasche, die nach Kräuterlikör duftete und von
einer geheimnisvollen alten Dame mit silbrigen Haaren, die über einem
bellenden Wald schwebte. Diese Dame blieb ihr in Erinnerung, als sie
aufwachte, aber sie wusste nicht, wer diese würdige alte Dame war.
Nachdem die schöne Helena einen frischen Salat und einen Kräutertee
zum Frühstück zu sich genommen hatte, machte sie sich auf den Weg zu
ihrer Freundin Brigitta. Sie nannte sie immer die heilige Brigitta, denn
Brigitta sagte bei jedem zweiten Satz: Na, schöne Helena, wann bekehrst
du dich endlich zu Jesus Christus? Nun hatte die heilige Brigitta eine große
Büchersammlung, und Helena hoffte, Informationen über das
geheimnisvolle Dreieck mit dem Auge zu finden.
Die heilige Brigitta holte aus ihrem Regal ein dickes schwarzes Buch mit
dem Titel: Mystische Geheimbünde und ihre Symbole. Sie blätterte etwas
in dem Buch und fand folgenden Artikel: Der mystische Geheimbund
Abraxas ist ein Gesellschaft von Psychopathen, die ein höheres Wesen
namens Abraxas verehren. Wer oder was Abraxas ist, konnte von der
Wissenschaft bisher nicht ermittelt werden. Das Symbol der Abraxas-
Gesellschaft ist ein aufrechtes Dreieck mit einem Auge darin. Der
Geheimbund der Psychopathen galt im Mittelalter als dämonisch, wurde in
der Zeit der französischen Revolution blutig verfolgt, zur Zeit des
Nationalsozialismus kamen deren Mitglieder in Konzentrationslager und
unter dem kommunistischen Regime in politische Psychiatrien, wo sie
gefoltert wurden. Ob der Geheimbund heute noch existiert, ist nicht
bekannt.
Das ist es! rief Helena, ich weiß nun, die Gesellschaft der Psychopathen
existiert heute noch. Sie haben einen Mord im Hundewäldchen begangen.
Die heilige Brigitta sah sie an und sagte: Das war sicher ein Ritualmord.
Damit ist die Polizei überfordert. Du musst den Mord aufklären. Ja, rief
Helena erregt, mit des Schicksals Hilfe.
Am nächsten Tag um die Mittagszeit klingelte die weise Hildegard bei der
schönen Helena und brachte der Nachbarin einen Teller Spinat und für
Susanna einen Knochen. Dazu brachte sie ihr die neuste Ausgab der
Ostwest-Zeitung, denn sie wusste, dass die schöne Helena eine
Arbeitsstelle suchte.
Helena las in aller Ruhe die Zeitung. In den Lokalnachrichten fand sie
diese Meldung: Der bekannte Psychiater, Neurologe, Psychotherapeut und
Meister der Akupunktur Doktor Weingärtner ist seit einer Woche spurlos
verschwunden. Die Polizei geht von einem terroristischen Hintergrund aus.
Sachdienliche Hinweise bitte an die nächste Polizeidienststelle. Helena
dachte nach: Ritualmord einer geheimen Gesellschaft von Psychopathen -
eine Leiche - ein verschwundener Psychiater - das passt doch zusammen.
Das ist ein Wink des Schicksals. Doktor Weingärtner muss die Leiche im
Hundewäldchen sein. Aber wo finde ich die Mitglieder des
Geheimbundes? Allmächtiges Schicksal, gib mir noch einen Wink!
Nun las Helena die lokalen Stellenanzeigen und fand ein interessantes
Arbeitsangebot: Der staatliche Wohlfahrtsausschuss sucht charmante
Gesellschafterin für Geisteskranke. Erforderlich ist ein angenehmes
Äußeres und die Fähigkeit zum unterhaltsamen Plaudern.
Nur ernstgemeinte Stellengesuche richten Sie bitte an den Staatlichen
Wohlfahrtsausschuß, zu Händen Frau Saubermann. Helena jauchzte auf:
Schön bin ich! Und plaudern kann ich auch! Das ist die richtige Stelle für
mich, da arbeite ich mich nicht tot.
Helena bekam den Job. Frau Saubermann war fasziniert von ihr und
schickte sie eine Woche später zu einer alten Generalin außer Dienst, einer
unheilbar Geisteskranken. Die Generalin gab den Befehl: Strammstehen,
Soldatin! Fensterputzen, aber zack-zack! So hatte Helena sich das
eigentlich nicht vorgestellt. Aber ergeben in ihr Schicksal putzte sie das
Fenster. Aber da entdeckte sie ein Fensterbild: Ein aufrechtes Dreieck mit
einem Auge darin. Sie sagte: Herrin Generalin verzeihen Eurer
unwürdigen Dienerin eine Frage? Die Generalin brüllte: Rühren! Fragen
Sie, Soldatin! Helena stammelte:: Gehören Euer Hochwürden Generalin zu
der uralten mystischen Geheimgesellschaft Abraxas? Die Generalin lachte
wie eine Irre und sagte: Jawohl! Aber höchste Stufe der Geheimhaltung!
Bei Hochverrat – Todesstrafe!
Am nächsten Tag kam Helena zu ihrem nächsten Geisteskranken, einem
russischen Mathematikprofessor, der vor lauter theoretischer Mathematik
den Verstand verloren hatte. Der Professor stellte Helena eine Frage: Ist
das Wahrheit, dass zwei mal zwei vier ist? Ist das in Wirklichkeit so? Oder
ist das eine bloße Festlegung der alten Griechen? Helena sagte: Zu
Pythagoras' Zeiten galt das noch, aber heute erzählen sie im Fernsehen
immer, das zwei mal zwei fünf ist. Was ist nun wahr? Der Professor sagte:
Und wieviel ist Pi mal Daumen? Helena sagte: Ungefähr drei komme drei
fünf. Aber ich sehe, ihr Wäscheschrank quillt über. Helena trat an den
Wäscheschrank, besah sich die Wäsche. Sonderbar! In jedes
Kleidungsstück war ein Zeichen eingenäht: Ein aufrechtes Dreieck mit
einem Auge darin. Herr Professor, fragte Helena, gehören Sie zur Abraxas-
Geheimgesellschaft? Ja, sagte der irre Professor, ich bin ihr führender
Theoretiker. Ich muss beweisen, dass drei mal eins - eins ist. Aber pst!
Kein Wort darüber an den Staatlichen Wohlfahrtsausschuss. Wir werden
verfolgt von den bürgerlichen Demokraten, weil wir die Monarchie wieder
einführen wollen. Helena gelobte Stillschweigen.
Am dritten Tag kam Helena zu einem geisteskranken Poeten aus
Ostfriesland. Die Wohnung war voller leerer Weinflaschen und Venus-
Statuen. Der Dichter sagte: Darf ich Ihnen meine neuste Ode vorlesen? Ja,
sagte Helena, ergeben in ihr Schicksal. Der Poet deklamierte pathetisch:

ODE AN DAS EUTER


MEINER LIEBLINGSKUH

O Euter meiner Lieblingskuh!


Das schönste Euter, das bist du!

Helena sagte: Sehr schön! Der Dichter sagte: Jolde Göttin, können Sie
wohl meine Venus-Statuen abstauben? Helena staubte die Venus von Milo
ab, die auf einem Altar stand. Da! In den Altar war das Symbol der
Abraxasgesellschaft eingeritzt. Sie auch, verehrter Sohn der Muse,
gehören zur Abraxas-Gesellschaft? Ja, lächelte der irre Dichter, ich bin ihr
Oberer. Aber kein Wort zu niemand über Nichts! Wir sind drei Abraxisten
und treffen uns Freitag Nacht im Hundewäldchen bei Vollmond zu einem
geheimen Ritual. Wenn Sie dazukommen wollen, schöne Göttin, sind Sie
herzlich willkommen. Helena fragte: Darf ich meine Hündin Susanna
mitbringen? Gewiss, gewiss, lachte der irre Dichter, wir predigen das
Evangelium von Abraxas aller Kreatur! Also Freitag bei Vollmond um
Mitternacht im Hundewäldchen.
Freitag war gekommen. Um Mitternacht schminkte sich die schöne Helena
die Lippen rot und lackierte ihre Fingernagel rot, kämmte ihre langen
goldenen Locken, zog ein rotes kurzes Kleid an, scheuchte Susanna aus
dem Körbchen und ging mit der Hündin in das Hundewäldchen und zwar
auf jene Lichtung, wo sie noch vor einiger Zeit den toten Psychiater
gefunfden. Tatsächlich, alle waren da, vom Vollmondlicht begossen, die
Generalin, der zerstreute Professor und der irre Poet. Die Generalin rief:
Stillgestanden, Soldatin Helena! Der Professor fragte: Wie viel ist drei mal
eins? Eins, sagte Helena. Richtig, sagte der Professor. Herzlich
willkommen, Göttin der Schönheit, sagte der Dichter. Nun lasst uns
beginnen. Und der Dichter sprach ein Gebet in einem Wahnsinns-Latein:
Veni, spiritus Abraxas! Tu est axis muni, tu est anima mundi! Gloria patria
et filia et spirita sancta! Totus tuus ego sum, anima mundi! Salve, fatum! O
clemens, o pia, o dulcis diva domina!
Da spürte Helena den Duft von Rosen. Sie hörte die Musik von Mozart.
Sie sah nach oben und sah – und siehe, was sie sah -
Das allmächtige Schicksal! Die Vorsehung Gottes! Die weise Dame aus
ihrem Traum! Sie war etwa sechzig Jahre alt, trug eine blue jeans und ein
rosa T-Shirt, hatte einen Heiligenschein von kurzen silbernen Haaren und
stand mit Turnschuhen auf dem Vollmond. Die Dame, die Vorsehung
Gottes, sprach: Meine liebe Tochter Helena! Sei gütig zu allen Menschen!
Sei barmherzig und du wirst gebarmherzigt werden! Ich bin das ewige
Schicksal, die Mutter der Götter, und ich gebe dir heute an deinem
siebzehnten Geburtstag meinen mütterlichen Segen! Suche die Wahrheit,
die Güte und die Schönheit! Tu was du willst, aber liebe die Vorsehung
und die Menschen! Und nun geh und tu, was dein Herz dir gebietet.

PAPST ALEXANDER VI

Die Borgiafamilie stammte aus dem Dorf Borja in Aragon. Sie pflegten
ihre Wurzeln und sprachen auch in Rom innerhalb der Familie die
katalanische Sprache. Roderic de Borja wurde als Sohn des aus Valencia
stammenden Jofre de Borja und der aus Aragonien stammenden Isabel de
Borja geboren. Rodrigo nahm den Familiennamen Borgia an, als sein
Onkel mütterlicherseits, Alonso de Borja, zum Papst gewählt wurde.
Dieser regierte als Papst Kalixt III von 1455 bis 1458 und ermöglichte
Rodrigo de Borja den Aufstieg in der kirchlichen Hierarchie. Rodrigo
Borgia studierte zunächst in Bologna kanonisches Recht, nachdem er von
seinem Onkel bereits mit zahlreichen Pfründen ausgestattet worden war. Er
war zwar kein Priester – das wurde er, wie damals nicht unüblich, erst
Jahre später – dennoch ernannte ihn sein päpstlicher Onkel am 20. Februar
1456 zum Kardinaldiakon von San Nicola in Carcere und bereits im
darauffolgenden Jahr zum Vizekanzler der Heiligen Römischen Kirche.
Dieses auf Lebenszeit verliehene Amt und seine zahlreichen Pfründen –
Rodrigo stand etwa 30 Bistümern als Titularbischof vor – machten ihn zu
einem der reichsten Männer Europas.
Dem weiblichen Geschlecht war er trotz seiner Kirchenwürden sehr
zugetan und verbarg dies – typisch für die Renaissance – kaum vor der
Öffentlichkeit. Dass der freizügige Lebenswandel, bei vielen der
zeitgenössischen Prälaten üblich, durchaus auch in der Kurie auf
Widerspruch stieß, ist durch ein Schreiben von Papst Pius II dokumentiert,
in dem er den jungen Prälaten wegen seines Liebeslebens rügte.
Mit Vanozza de Cattanei, der Mutter seiner Kinder Giovanni, Cesare,
Lucrezia und Jofre, lebte er in seiner Zeit als Kardinal etwa 20 Jahre lang
zusammen. Es sind zahlreiche Schilderungen über Orgien an seinem Hof
überliefert, die allerdings auch der Phantasie seiner Widersacher
entsprungen sein können.
Am 11. August 1492 wurde er zum Papst gewählt, was zeittypisch von
Ämterkauf gefördert worden war. Er wählte für sich den Namen Alexander
VI.. Der Papstname spielte offen auf Alexander den Großen an, das heißt
er dokumentierte einen Machtanspruch. Da der zum Papst Gewählte mit
seiner Krönung seine Pfründe abgeben musste, boten sich für reiche
Kardinäle wie Rodrigo eine Vielzahl von gut dotierten Kirchengütern, die
sich bei einer Wahl als Handelsgut einsetzen ließen.
Im Konklave standen sich mit dem Neffen von Papst Sixtus IV, Giuliano
della Rovere, und Ascanio Sforza zwei mächtige Kardinäle gegenüber.
Della Rovere, der nach dem Tod des nur kurz amtierenden Pius III
tatsächlich als Julius II Papst werden sollte, hatte eine mächtige Gruppe
von Verbündeten um sich gesammelt: Neben Florenz und Neapel
unterstützte mit Venedig eine dritte italienische Großmacht seine
Kandidatur, ebenso Genua und der französische König Karl VIII. Doch die
Stimmenverteilung im Konklave entsprach nicht den Machtverhältnissen
der Unterstützer. Die Gruppe der Gegner führte Ascanio Sforza, der Bruder
des Mailänder Herzogs Ludovico Sforza an, der eigentlich selbst Papst
werden wollte, doch mit siebenunddreißig Jahren zu jung und als Bruder
des Mailänders als zu stark politisch vorbelastet galt.
Schon frühzeitig hatten Rodrigo Borgia und Ascanio Sforza eine
gemeinsame Vorgehensweise abgesprochen. Wie der Humanist Giovanni
Lorenzi schon vor dem Konklave festhielt: „Der Vizekanzler Rodrigo
Borgia und Ascanio haben den Weltkreis untereinander aufgeteilt, und
zwar wie folgt: Der Vizekanzler soll Papst werden, Ascanio aber Über-
Papst.“ Zusätzlich hatte Ascanio von seinem Bruder Ludovico eine
Blankovollmacht zum Stimmenkauf erhalten, da sie hofften, dass Borgia
eine willige Marionette an den Fäden Sforzas sein werde. Ascanio und
Rodrigo setzten sich durch, naturgemäß standen aber die ersten Jahre des
Pontifikats unter dem massiven Einfluss der Sforza. Von ihm konnte sich
Alexander VI erst nach den Auseinandersetzungen um die neapolitanische
Krone, die den Niedergang der Sforza zur Folge hatten, lösen.
Seinen Sohn Cesare ernannte er gegen dessen Willen zum Bischof von
Valencia und später zum Kardinal; auch andere, von ihm ins Land geholte
Spanier wurden begünstigt. Seinen Sohn Giovanni ernannte er zum Herzog
des von Neapel für den Kirchenstaat zurückerworbenen Benevent.
Später nutzte die Familie Farnese den Einfluss der langjährigen Mätresse
Julia Farnese auf den Papst, um insbesondere deren Bruder Alessandro
Farnese in der kirchlichen Hierarchie aufsteigen zu lassen. Im Alter von 25
Jahren wurde dieser tatsächlich zum Kardinal ernannt. Der beim
römischen Volk mit den Ausdrücken „Cardinale Gonella“ („Kardinal
Röckchen“) und „Cardinal Fregnese“ („Kardinal Möse“) verhöhnte junge
Mann sollte mehr als 30 Jahre später als Paul III zum mächtigen Papst der
Gegenreformation werden. Diesen Aufstieg verdankte Alessandro Farnese
vor allem seiner Schwester Julia, die schon mit 15 Jahren zur Geliebten
Rodrigo Borgias wurde, als er noch Kardinal war. Wie der Schreiber der
Kurie anmerkte, nannte der römische Volksmund die römische Schönheit,
die sich auch während Alexanders Pontifikat an seiner Seite zeigte,
„sponsa christi“ („Braut Christi“).
Die Vielzahl der dem neuen Papst nachgesagten Exzesse rief Kritiker auf
den Plan. Ihr prominentester Vertreter wurde schließlich der
Dominikanermönch Savonarola in Florenz, der sich anfangs noch um ein
gutes Einvernehmen mit Alexander bemühte und keine Bedenken hatte,
ihm offiziell zur Hochzeit seiner Tochter Lucrezia zu gratulieren. Er
forderte jedoch später sowohl die Absetzung des Papstes wie auch
kirchliche Reformen und predigte: „Ihr Kirchenführer, nachts geht ihr zu
euren Konkubinen und morgens zu euren Sakramenten.“ Bei einer
späteren Gelegenheit meinte er: „Diese Kirchenführer haben das Gesicht
einer Hure, ihr Ruhm schadet der Kirche sehr. Ich sage euch, diese halten
nichts vom christlichen Glauben.“
Um Savonarolas Schweigen zu erkaufen, bot ihm Alexander VI die
Kardinalswürde an. Savonarola lehnte ab, woraufhin er exkommuniziert
und in der von ihm abgefallenen Stadt Florenz verhaftet, erhängt und
verbrannt wurde.
Giuliano della Rovere war nach seiner Niederlage im Konklave nach
Frankreich geflüchtet und versuchte zusammen mit anderen Kritikern des
Pontifikats den französischen König Karl VIII dazu zu bewegen, ein
Konzil einzuberufen, das die Absetzung Alexanders beschließen sollte.
Karl marschierte schließlich an der Spitze einer Armee 1495 nach Italien,
um sich Neapel einzuverleiben, einigte sich aber dann mit dem Papst und
sah von dessen Absetzung gänzlich ab.
Die zahlreichen Winkelzüge Alexanders, der nach Bedarf die Verbündeten
wechselte, dienten in erster Linie dem Ziel, seinen Kindern ein erbliches
Reich zu verschaffen. Wie schon sein Onkel Kalixt III hatte er zunächst
das Königreich Neapel dazu ausersehen. Als sich die Situation durch die
Intervention Karls vorübergehend änderte und der kinderlose Ferdinand II
starb und seinen Onkel als Erben bestimmte, rückte zeitweise auch die
Romagna in das Visier der Borgia. Als 1498 Karl VIII mit erst 28 Jahren
starb, wurde Ludwig XII König von Frankreich. Dieser erhob, gestützt
durch seine Verwandtschaft mit den Visconti, auch Anspruch auf das
Herzogtum Mailand.
Ludwig, der kinderlos verheiratet war, betrieb nach der Thronbesteigung
sofort die Annullierung seiner Ehe mit Jeanne de Valois, um die Witwe
seines Vorgängers, Anne de Bretagne, zu heiraten und so deren Erbe, die
Bretagne, weiterhin im französischen Königreich zu halten. Dazu
benötigte er die Dispens des Papstes, und Alexander sah die Chance
gekommen, für seinen Sohn Cesare ein Herzogtum zu erhalten. Am 17.
September 1498 verzichtete Cesare auf das Kardinalsamt, ein unerhörter
Skandal, den Alexander herunterzuspielen versuchte. Für die Dispens des
französischen Königs erhielt Cesare das Valentinois verliehen, die zum
Herzogtum erhoben wurde.
1498 versuchten die Sforza neuerlich – diesmal mit Deckung der Könige
von Spanien – ein Konzil einzuberufen, das den Papst absetzen sollte.
Doch die Franzosen brachten ein Bündnis mit Venedig zustande, das die
Sforza, deren Stern im Sinken begriffen war, weiter unter Druck setzte.
Cesare wurde in der Zwischenzeit mit Charlotte d’Albret verheiratet. Ihre
Zustimmung zu der Ehe wurde ihr mit dem Kardinalshut für ihren Bruder
belohnt. Die Sforza hatten sich in der Zwischenzeit mit Sultan Bayezid II
verbündet, doch dessen Expeditionskorps, mit dem er Venedig angreifen
sollte, war zahlenmäßig stark unterlegen. Nach dem Sturz der Sforza, die
nach Österreich ins Exil gingen (Bianca Maria Sforza war mit Maximilian
I verheiratet), wollte sich Ludwig XII nach Neapel wenden, um dort eine
alte Rechnung mit den Aragonesen zu begleichen. Alexander VI, der noch
immer hoffte, Neapel für seine eigene Familie in die Hand zu bekommen,
versuchte daraufhin vergeblich von Venedig die Zustimmung zur
Eroberung des Herzogtums Ferrara für seinen Sohn zu erhalten.
Daraufhin begann Alexander die Barone des Kirchenstaates unter Druck
zu setzen. Er erklärte das Vikariat der Sforza-Riario in Forlì und Imola für
erloschen und übertrug es Cesare. Dieser rückte mit französischen und
italienischen Truppen vor, um sein neues Herrschaftsgebiet in Besitz zu
nehmen. Imola ergab sich kampflos und Forlì konnte eingenommen
werden. Dabei geriet die Vikarin von Forlì, Caterina Sforza in
Gefangenschaft.
Die Herrschaft der Franzosen wurde in Mailand aber schon nach kurzer
Zeit so unpopulär, dass die Mailänder Ludovico Sforza zurückriefen.
Schon am 5. Februar 1500 zog er wieder in Mailand ein. Ohne
französische Unterstützung musste Cesare die Kämpfe einstellen, und so
kehrte er nach Rom zurück. Ludovico sollte jedoch schon bald seine
Herrschaft endgültig verlieren: bereits im April wurde er von seinen
Schweizer Söldnern an die Franzosen ausgeliefert.
Ende April 1500 kündete ein in Rom verbreitetes Flugblatt nicht nur vom
ellenlangen Sündenregister des Pontifex Maximus, sondern dem
Unbußfertigen auch den baldigen Tod an. Am Peter-und-Pauls-Tag, dem
29. Juni, tobte ein schwerer Sturm über Rom, der nicht nur die Decke des
Palastes zum Einsturz brachte, sondern auch den Baldachin, unter dem der
Papst thronte. Doch der Stützbalken hielt stand, und Alexander kam mit
ein paar Abschürfungen davon. Natürlich beschäftigten sich die römischen
Gerüchte eifrig mit dem Ereignis, und die Pilger, die Rom reichlich
bevölkerten, rätselten, was die Vorsehung noch bereithalten sollte.
Alexander, der in der Zwischenzeit die Stellvertreter der Kirche im Norden
Italiens summarisch ihrer Ämter enthoben hatte, versuchte, Venedig, das
dort als Schutzmacht fungierte, zum Rückzug zu bewegen. Hatte Venedig
sich bereit erklärt, Forlì, Imola und Pesaro den Borgia zu überlassen, so
wollte Alexander auch die Preisgabe der Manfredi in Faenza und der
Malatesta in Rimini erreichen. Um den nächsten Kriegszug in der
Romagna zu finanzieren, wurden neue Kardinäle ernannt, die, wie damals
üblich, für diese Würde zu bezahlen hatten. Pesaro und Rimini fielen
kampflos in die Hände Cesares, nur die Manfredi wollten sich nicht
kampflos geschlagen geben. Die Belagerung musste im Winter
unterbrochen werden und führte erst im nächsten Frühjahr zum Erfolg.
Doch entgegen den Kapitulationsvereinbarungen ließ Cesare den Astorre
Manfredi und seinen jüngeren Bruder, denen freies Geleit zugesagt worden
war, festnehmen und in der Engelsburg festsetzen.
Venedig versuchte 1500 den Pontifex zu einem Kreuzzug gegen die
Türken zu bewegen, aber vorerst hatte die Romagna als Borgia-Herrschaft
Priorität. Ein Krieg gegen die Türken schien zwar damals für alle
europäischen Herrscher wünschenswert, aber keiner machte es sich zu
seinem Anliegen, da jedem die eigenen Interessen Vorrang hatten. So
musste sich Alexander darauf beschränken, von den spanischen und
französischen Königen zu verlangen, mit gutem Beispiel voranzugehen. Er
organisierte zwar europaweite Hilfsmaßnahmen und erlaubte
Sonderabgaben zur Finanzierung des Kreuzzuges, aber diese brachten
knapp 40.000 Dukaten ein und damit lediglich ein Drittel jener Summe,
die er aus der letzten Kardinalsernennung sich gesichert hatte. Als der
venezianische Gesandte im März 1501 dem Papst ziemlich unverblümt
Vorhaltungen machte, warf er den Venezianern vor, sie verfolgten mit dem
Kreuzzug ausschließlich eigennützige Ziele.
Im Juni 1501 ließ Alexander den König von Neapel endgültig fallen, weil
er einsehen musste, dass er die Borgia als Thronerben nicht würde
etablieren können. Frankreich und Spanien hatten sich über eine Teilung
des Gebietes verständigt, und König Federico wurde vom Papst abgesetzt.
Schon im Juli 1501 wurde Capua eingenommen, und Federico begab sich
nach Ischia, wo er sich dem französischen König unterwarf. Er erhielt
dafür ein französisches Herzogtum, und die Geschichte der Aragonesen
auf dem neapolitanischen Thron war damit endgültig zu Ende.
Zu dieser Zeit suchte Alexander auch nach einem passenden Ehemann für
seine Tochter Lucrezia. Der vorige, der Herzog von Bisceglie, war ohne
Wissen des Papstes, aber auf Befehl Cesares im Vatikan ermordet worden.
Nach einigem Überlegen entschied er sich für Alfonso d’Este, den ältesten
Sohn von Ercole I d’Este, und damit für den Erben des Herzogtums
Ferrara und Modena.
In den Grenzgebieten zu Neapel und allen Teilen Latiums wurden jetzt die
Burgen der Colonna und ihrer Verbündeten erobert und dem Besitz der
Borgia zugeschlagen.
Im Frühjahr 1502 war das Einvernehmen zwischen Spanien und
Frankreich in Neapel dem üblichen Krieg zwischen den beiden Mächten
gewichen, und Cesare streckte seine Hand nach dem Herzogtum Urbino
aus, das den Montefeltre gehörte.
Im Juni 1502 kündigte Alexander seinen Besuch von Ferrara in Begleitung
aller Kardinäle an, aber dieses Manöver diente lediglich dazu, den
Aufbruch seines Sohnes, der mittlerweile zum Bannerträger des Papstes
befördert worden war, an der Spitze einer Armee in Richtung Spoleto zu
verschleiern. Es sollte das Herzogtum von Urbino überfallen werden, und
Cesare hatte sich einer grauenhaften List bedient, um die Eroberung auch
der Stadt sicherzustellen. Er hatte sich zuvor über einen gedungenen
Agenten die Artillerie und auch einige Söldnerkontingente vom Herzog
von Urbino ausgeliehen.
Als Nächstes richtete sich Alexanders Begehren auf Bologna. Der
venezianische Stadtschreiber jener Zeit, Marino Sanudo, berichtete, der
Papst sei so versessen auf Bologna, dass er notfalls seine Mitra verkaufen
würde, um die Stadt zu besitzen. Bologna war zwar de jure päpstliches
Lehen und gehörte zum Kirchenstaat, aber Giovanni Bentivoglio, der
Herrscher Bolognas, stand unter dem besonderen Schutz des französischen
Königs.
Die Feinde der Borgia versuchten, den König, der sich im Sommer 1502
zur Ordnung seiner Angelegenheiten in der Lombardei aufhielt, auf ihre
Seite zu ziehen. Cesare aber erreichte in einer persönlichen Unterredung
mit dem König ein neuerliches Bündnis, indem Cesare die Eroberung
Arezzos einer Eigenmächtigkeit seines Feldherren anlastete und der König
die Unterstützung des Papstes im Kampf um Neapel begehrte.
Damit aber verloren die Bentivoglio und die Orsini ihren Schutzherrn. Die
meisten glaubten aber, Cesare habe die Gunst des französischen Herrschers
endgültig verspielt, und schmiedeten Rachepläne. Am 9. Oktober 1502
trafen sich in der Nähe des Trasimenischen Sees nicht nur Vertreter der
Orsini, sondern auch der besagte Feldherr sowie die Herrscher von Perugia
und ein Vertreter der Bentivoglio; sogar der Herr von Siena schickte einen
Vertreter. Die Verbündeten machten sich rasch ans Werk. Am 14. Oktober
1502 gehörte Urbino wieder den Montefeltro, und die da Varano kehrten
nach Camerino zurück.
Alexander wiegte seine Gegner durch Vergebung in Sicherheit. Ein Vertrag
wurde unterzeichnet, der alle nun wieder mit Cesare Verbündeten in ihre
alten Rechte einsetzte. Während Cesare seine Gegner unter einem
Vorwand am 31. Dezember 1502 in der Romagna überraschend festsetzte,
ließ Alexander am 3. Januar 1503 den Kardinal Giovanni Battista Orsini
sowie Jacopo und Antonio Santa Croce im Vatikan festnehmen.
Als am 22. Februar Kardinal Orsini im Kerker starb – laut Johannes
Burckard war er verrückt geworden – glaubte trotz einer öffentlichen
Untersuchung des Toten jeder, Orsini sei Opfer eines Giftmordes
geworden. Die Orsini, gegen die Cesare jetzt einen Vernichtungskrieg
anzettelte, erfreuten sich aber wachsender Unterstützung und waren auch
imstande, nicht nur päpstliche Bergwerke zu plündern, sondern ihre
Ausfälle bis in die Ewige Stadt auszudehnen.
Mittlerweile jedoch fühlten sich sowohl der französische König als auch
Venedig durch die Verbindungen mit Alexander massiv belastet. Ludwig,
der in Neapel ins Abseits geriet und dem außerdem ein Gutteil der Borgia-
Untaten angelastet wurden, und Venedig verlegten sich auf unverhohlene
Drohungen gegen den Papst und seinen Sohn.
Alexander suchte nach neuen Verbündeten und wollte dafür Spanien
gewinnen. Da dies den Finanzbedarf des Papstes neuerlich ansteigen ließ,
wurde der greise venezianische Kardinal Giovanni Michiel vergiftet und
sein Vermögen eingezogen. Zu Alexanders Enttäuschung hatte der alte
Kardinal aber den größten Teil seiner Vermögenswerte bereits aus Rom
wegschaffen lassen. Aus den Akten einer Gerichtsuntersuchung, die später
Papst Julius II durchführen ließ, ist dieser Mord zweifelsfrei belegt.
Da in der Zwischenzeit ein spanischer Heerführer die Franzosen in
Süditalien schlug und Neapel besetzte, wollte Alexander unbedingt das
Bündnis mit den Spaniern zustande bringen. Die Ermordung des
Heerführers hatte jedoch nur einen Bruchteil der erwarteten Summe
eingebracht und so wurde eine neue Kardinalserhebung veranlasst, die
geschätzte 120 000 Golddukaten in die päpstlichen Kassen spülte.
Doch nun zögerte Alexander, den Kurswechsel auch tatsächlich zu
vollziehen. Einerseits hatte sich nämlich Ludwig nicht mit der Niederlage
abgefunden und war dabei, ein neues Heer auszurüsten, und andererseits
würde ein Wechsel ins spanische Lager auch die Zukunftsaussichten
Cesares, der als Herzog von Valence Lehensmann des Franzosen war,
massiv beeinträchtigen. Da Alexander während seines Pontifikats mit
Entschiedenheit das Ziel verfolgte, seinen Kindern ein angemessenes
Reich zu hinterlassen, vertrug sich ein Seitenwechsel nicht mit der
Perspektive eines französischen Herzogtums. Da Neapel für die Borgia
außer Reichweite lag, wandte sich Alexanders Interesse wieder der
Toskana zu, die zwar kaiserliches Lehen war, was aber für Alexander nur
eine Frage von Verhandlungen sein konnte. Angeblich hatte er Anfang
August bereits die Fühler zum römisch-deutschen König Maximilian I
ausgestreckt.
Während Cesare in Viterbo Truppen aushob, starb in Rom der dienstälteste
Nepot der Borgia, Kardinal Juan de Borja, der Erzbischof von Monreale.
Sein Vermögen, das mehr als 150 000 Dukaten betrug, fiel natürlich an den
Papst. Mord dürfte hier nicht im Spiel gewesen sein, denn in diesen
unruhigen Zeiten war eine sichere Stimme in der Kurie wichtiger als jeder
Reichtum. Überdies hatte die Sommerhitze bereits eine Reihe
wohlbeleibter Männer hinweggerafft, kein gutes Vorzeichen für den
keineswegs schlanken und mittlerweile 71jährigen Papst. Sein
Wahljubiläum 1503 wurde weniger imposant gefeiert als bislang üblich.
Doch am nächsten Morgen begann er zu erbrechen, am Nachmittag kam
Fieber. Die Nachricht von der Erkrankung ging wie ein Lauffeuer durch
Rom, und natürlich wurde über Gift gemutmaßt.
Zunächst erholte er sich jedoch, ehe er einen schweren Rückfall erlitt.
Dem schnell ansteigenden Fieber folgten schließlich Atembeschwerden
und Bewusstlosigkeit.
Alexander starb schließlich in den Abendstunden des 18. August. Wie in
Rom verbreitet wurde, sei der Körper des Toten binnen kürzester Zeit
unnatürlich aufgequollen, habe sich schwarz verfärbt und übelriechende
Flüssigkeiten abgesondert.
Alexander ist wahrscheinlich an Malaria gestorben, aber in den Augen der
Rechtschaffenen – und natürlich seiner zahlreichen Gegner, die er sich
durch seinen rücksichtslosen Nepotismus herangezogen hatte – durfte er
nicht einfach eines natürlichen Todes gestorben sein. Da seine Widersacher
nicht davor zurückschreckten, ihn als den Antichrist auf dem Papstthron, ja
gar als mit dem Teufel im Bunde zu diffamieren, musste auch sein Tod als
abschreckendes Beispiel zur moralischen Erbauung dienen.
Sein Lebenswandel führte wohl auch dazu, dass ihm ein ehrenvolles Grab
zunächst verwehrt blieb. Im Jahre 1610 wurden seine Gebeine in die
Kirche Santa Maria di Monserrato überführt; ein dort geplantes Grabmal
wurde jedoch nicht ausgeführt. Erst im Jahre 1864 wurden seine Überreste
zusammen mit denen seines Vorgängers Calixtus III von einem
preußischen Diplomaten in einer Kiste auf einem Regal wiederentdeckt,
das auch die Überreste anderer Verstorbener enthielt. 1889 wurde
schließlich ein Grabmal für ihn errichtet.

JULIA FARNESE

Julia Farnese erblickte im Jahre 1474 im Palazzo Farnese als Tochter Pier
Luigi Farnese dem Älterenund Giovanna Caetani in Canino im Norden
von Rom das Licht der Welt. Einer ihrer Vorfahren mütterlicherseits war
Papst Bonifatius VIII (1294–1303). Sie hatte drei Brüder und zwei
Schwestern. Ihr ältester Bruder Angelo wurde im Januar 1465 geboren und
erbte nach dem Tod des Vaters im Jahr 1487 zusammen mit seinem Bruder
Alessandro das Vermögen und die Immobilien. Angelo starb jedoch schon
im Mai 1494 an der Pest, sodass sein jüngster Bruder Bartolomeo Farnese
anstelle seines Bruders Graf von Montalto und Canino wurde. Bartolomeo
starb im Jahr 1552 und war Begründer des Herzogtums Latera, das bis
1668 bestand. Der zweitälteste Bruder Alessandro wurde am 29. Februar
1468 geboren und war ein Notar, der aber eine kirchliche Laufbahn
verfolgte und später sogar Papst wurde. Die Schwester Julias, Girolama,
wurde 1466 geboren und wurde am 1. November 1505 von ihrem
Stiefsohn Giovanni Battista dell’Anguillara im Schloss von Stabiae mit
einem Schwert ermordet. Die andere Schwester, Beatrice, wurde 1469
geboren und war ab 1490 Nonne eines Benediktinerklosters. Sie starb
1507 als Äbtissin des Klosters San Bernardino in Viterbo. Laut den
Beschreibungen von Cesare Borgia, Sohn von Alexander VI, soll Julia
schwarze Augen, lange dunkle Haare, ein rundes Gesicht, einen klaren und
hellen Teint und eine außergewöhnliche Ausstrahlung gehabt haben.
Weiters soll sie sehr schön, energisch, elegant, schlank und von
durchschnittlicher Größe gewesen sein.
Schon bei ihrer Geburt war vereinbart worden, dass sie ein Mitglied der
Familie Orsini ehelichen sollte. Am 21. Mai 1489 heiratete sie Orsino
Orsini, genannt „der Einäugige“. Die von den Familien arrangierte
Hochzeit fand im Palast des Vormunds des Orsini, des valencianischen
Kardinals Rodrigo Borgia, statt. Die Mitgift Julias betrug 3000
Goldgulden. Nach Abschluss des Ehekontrakts wurde am 21. Mai 1489 im
Palast der Borgia die rechtliche Verbindung des jungen Paars gefeiert.
Julia und ihr Ehemann wohnten nach der Hochzeit abwechselnd im
Schloss Bassanello und im Palast Orsini auf Monte Giordano. In diesem
Palast hatten sich Rodrigo Borgia und Julia bereits vor ihrer Vermählung
kennengelernt. Es ist aber ungewiss, wann genau Rodrigo sich
leidenschaftlich in Giulia Farnese verliebte und die Affäre begann.
Rodrigo Borgias Tochter Lucrezia Borgia und Julia wurden enge
Freundinnen, und im Jahre 1492 schenkte Julia einer Tochter des Kardinals
mit dem Namen Laura das Leben. Die Römer verspotteten die junge
Geliebte des mächtigen Kardinals und Vizekanzlers des Papstes als „Braut
Christi“, eine eigentlich Nonnen vorbehaltene Bezeichnung.
Nachdem Rodrigo Borgia am 11. August 1492 zum Papst Alexander VI
gewählt worden war, nutzte die Familie Farnese den Einfluss Julias auf
den Papst, um insbesondere deren Bruder Alessandro Farnese in der
kirchlichen Hierarchie aufsteigen zu lassen. Im Alter von 25 Jahren wurde
Alessandro tatsächlich zum Kardinal ernannt. Dieser beim römischen Volk
mit dem Ausdruck „Cardinal Gonella“ („Röckchen“) und „Cardinal
Fregnese“ („Möse“) verhöhnte junge Mann sollte mehr als 30 Jahre später
als Paul III der mächtige Papst der Gegenreformation werden. Seinen
Aufstieg verdankte er den Liebeskünsten seiner Schwester Julia.
Im Jahr 1494 zog sie kurzzeitig den Ärger des Papstes auf sich, als sie trotz
Warnungen vor der drohenden französischen Invasion Italiens unter der
Führung König Karls VIII das sichere Pesaro verließ und ihren todkranken
Bruder Angelo Farnese in Capodimonte besuchte. Bei ihrer Rückkehr nach
Rom wurde sie von einem französischen Hauptmann gefangengenommen,
der vom Papst ein Lösegeld in Höhe von 3000 Dukaten für die sichere
Rückgabe Julias forderte und auch erhielt. In einem Brief des Gesandten
von Ferrara ist darüber nachzulesen:
„Der Papst würde auch mehr als fünfzigtausend Dukaten bezahlt haben,
um Julia wieder an seiner Seite zu haben. Wie er sagt, ist sie sein Alles,
sein Herz und seine Seele. Darum ging er ihr auch entgegen, gekleidet wie
ein Galan im schwarzen Wams mit Borten aus Goldbrokat, mit einem
schönen Gürtel spanischer Mode und Dolch und Degen im Gehänge.“
Die Beziehung zwischen Julia und Papst Alexander endete wahrscheinlich
im Jahr 1500. Die Gründe für die Trennung sind unbekannt, doch
wahrscheinlich wurde Julia aufgrund ihres Alters durch jüngere Geliebte
ersetzt.
Nach dem Tod Alexanders VI im Jahre 1503 nahm das öffentliche
Interesse an Julia rasch ab. Laura Farnese heiratete 1505 im Vatikan einen
Neffen des Papstes Julius II. 1506 heiratete Julia in zweiter Ehe den
neapolitanischen Edelmann Bozzato und wurde Gouverneurin von
Carbognano. Nach dem Tod ihres ersten Mannes am 31. Juli 1500 und
dem Tod ihres zweiten Gemahls im Jahr 1517 führte sie ein
zurückgezogenes Leben und verwaltete als Witwe ihre Güter bis zu ihrer
Rückkehr nach Rom im Jahr 1522, wo sie im Haus ihres Bruders
Alessandro im Alter von fünfzig Jahren verstarb. In ihrem im Staatsarchiv
Neapel aufbewahrten Testament vermachte sie all ihren Besitz der
gemeinsamen Tochter mit dem Papst, Laura Farnese. Ihrem Bruder
hinterließ sie einzig ihr Bett, ein zynischer Hinweis auf die Ursache seines
Aufstieges.
Julia Farneses Grab ist unbekannt. Dennoch soll sich bis heute ein Abbild
von ihr erhalten haben und zwar im Petersdom in Rom. Als Teil des links
vom Hochaltar befindlichen Grabmals des Papstes Paul III, geschaffen
vom Bildhauermeister Guglielmo della Porta, glaubten schon
Zeitgenossen, eine Statue seiner Schwester, der „Bella Julia“, zu erkennen.
Der Stein sei so lebendig und voll erotischer Ausstrahlung gewesen, dass
immer wieder junge Männer vor ihm zu „unsittlichen Handlungen“
hingerissen wurden. Um 1600 ließ daher der Vatikan diese liegende,
ursprünglich nackte Figur mit einem Metallhemd aus Blei bekleiden, das
sich noch im 18. Jahrhundert gegen ein Trinkgeld entfernen ließ.

DIE VIER SCHÖNHEITEN CHINAS

Xi Shi

Xi Shi (geboren um 506 vor Christus; Todesjahr unbekannt) ist eine der
Vier Schönheiten des antiken Chinas. Sie hat zur Zeit der Frühlings- und
Herbstannalen in Zhuji, der Hauptstadt des antiken Staates Yue, gelebt.
Xi Shi war so schön, dass die Fische von ihrer Schönheit geblendet waren,
wenn sie sich über den Balkon lehnte, um sich im Teich anzusehen, dass
die Fische das Schwimmen vergaßen und langsam auf den Grund sanken.
„Xi Shi lässt die Fische sinken“.
Xi Shis Vater war ein Holzfäller, der im Westen des Dorfes Huansha lebte;
deshalb ist ihr Spitzname Xi „West“. Als Xi Shis Herr, König Guo-jian von
Yue einen Krieg gegen König Fu-chai von Wu verlor, plante er mit seinem
Berater Wen Zhong Rache, die sogenannte „Strategie der Schönheit“. Es
war bekannt, dass König Fu-chai schönen Frauen nicht widerstehen
konnte. Der Minister Fan Li stieß dann auf die hübschen Frauen Xi Shi
und Zheng Dan. Beide wurden König Fu-chai von Wu übergeben, so dass
er sich nicht mehr mit dem Regieren befasste und auch nicht auf die
Warnungen seines Generals Wu Zi-xu reagierte. König Fu-chai ließ sogar
den Guanwa-Palast (Palast der schönen Frauen) erbauen. König Guo-jian
führte schließlich seinen Gegenschlag aus und besiegte die Armee von Wu.
König Fu-chai wählte daraufhin den Freitod.
Xi Shi lernte mit einer außergewöhnlichen Grazie zu gehen und übte auf
den Stadtmauern, so dass jeder sie sehen konnte. Die Menschen wurden so
von ihrer Arbeit abgelenkt. Nach kurzer Zeit zahlten die Leute Geld, um
Xi Shi auf Märkten zu sehen. Nach drei Jahren waren die Menschen und
der König von Wu so abgelenkt und verweichlicht, dass es ein Leichtes für
König Guo-jian war, das Wu-Reich zu besiegen.
Einige Gelehrte sind der Auffassung, dass Xi Shi und Zheng Dan nicht die
Namen von zwei Frauen waren sondern lokale Begriffe für „Schönheit“
und „Exzellenz“.
In einigen Geschichten wurde Xi Shi später die Frau von Fan Li. Nach
einer anderen Geschichte ertrank Xi Shi in einem Fluss.
Nach einer Anekdote lief Xi Shi aufgrund von Halschmerzen mit
gerunzelter Stirn umher. Das hässlichste Mädchen des Dorfes, Dong Shi,
ahmte diesen Gesichtsausdruck nach und wurde noch hässlicher. Bei ihrem
Anblick suchten die Menschen das Weite. So entstand das Sprichwort
„Dong Shi runzelt ihre Stirn“, was so viel bedeutet wie „blindes Kopieren
mit groteskem Ergebnis“.
Die taiwanischen Betelnuss-Mädchen (Binlang Xi-shi) sind nach Xi Shi
benannt.

Wang Zhaojun

Wang Qiang war die historische Gestalt zu der Legendenfigur Wang


Zhaojun, die sich nicht einwandfrei voneinander trennen lassen. Die
kaiserliche Gemahlin war eine der Vier Schönheiten des alten China, die
im ersten Jahrhundert vor Christus während der Westlichen Han-Dynastie
lebte.
Kaiser Han Yuan-di sandte diese Angehörige seines Harems − die er nicht
persönlich kannte − als Braut an den Khan der Xiongnu, um den Frieden
an der nordwestlichen Grenze des Reichs zu wahren.
Wang Qiang soll im Dorf Bao-pin in der Provinz Zi-gui geboren sein. Sie
war hübsch, intelligent und in allen Künsten sehr begabt. Als der Kaiser
Yuan den Thron bestieg, ließ er aus jeder Provinz des Reichs die schönste
Frau aussuchen und in die Hauptstadt bringen. Wang Qiang wurde, obwohl
noch minderjährig, als Schönste ihrer Provinz an den Kaiserhof in
Tschang-an entsandt. Anders als die anderen Hofdamen weigerte sie sich,
den korrupten Hofmaler Mao zu bestechen. Mao fertigte die Porträts der
kaiserlichen Konkubinen an, nach denen der Kaiser seine Besuche
auswählte. Aufgrund des unvorteilhaften Porträts durch Mao besuchte
Kaiser Yuan die schöne Wang Qiang niemals.
Da besuchte der Khan Huhanye von den Xiongnu den Kaiserhof, um nach
einer militärischen Niederlage Tribut an den Kaiser zu leisten. Um den
Frieden mit dem Barbarenfürsten nachhaltig zu wahren, stimmte Yuan dem
Ersuchen von Huhanye zu, ihm eine kaiserliche Tochter zur Frau zu geben.
Als solche „Tochter“ kam eine tatsächliche Verwandte des Kaisers nicht in
Frage, weshalb eine Freiwillige unter den Konkubinen gesucht wurde, die
dem Khan als Kaisertochter präsentiert werden sollte. Wang Zhaojun
erklärte sich dazu bereit, ihr Luxusleben im Harem gegen das Zelt eines
barbarischen Fürsten zu tauschen.
Kaiser Yuan wurde erneut das offizielle, nicht ansprechende Bildnis Wangs
vorgelegt, woraufhin er seine Zustimmung gab. Bei der offiziellen
Präsentation der Braut an ihren künftigen Gemahl bekam Kaiser Yuan die
schöne Wang erstmals selbst zu Gesicht, doch nun war es zu spät, seine
Entscheidung rückgängig zu machen. Der Hofmaler Mao wurde aufgrund
seiner Täuschung des Kaisers enthauptet. Der Kaiser korrespondierte noch
mehrmals mit der für ihn verlorenen Schönheit, bevor er im selben Jahr
starb.
Am Hof der Hunnen wurde Wang die Lieblingsgefährtin des Khans und
gebar ihm zwei Söhne und eine Tochter, von denen der Sohn Yituzhiyashi
und die Tochter Yun überlebten; Yun wurde als Yimuo später eine wichtige
Figur in den Xiongnu-Xin-Beziehungen. Nach dem Tod von Huhanye bat
Wang Zhaojun um die Rückkehr in die Heimat, Kaiser Han Cheng-di
verweigerte die Bitte. Somit wurde Wang nach Xiongnu-Brauch die Frau
des folgenden Khans der Xiongnu. In dieser Ehe gebar sie zwei Töchter. In
den Jahren, in denen Wang bei den Xiongnu weilte, gab es keine
Auseinandersetzungen mit dem Han-Reich, weshalb sie als Ninghu Yanzhi
(„friedenssichernde Gemahlin“) verehrt wurde.
Die bekannteste Erzählung, nach der Wang Zhaojun auch ihren Beinamen
erhielt, ist die, dass das traurige Klagelied der Exilierten auf ihrer Reise ins
Lager der Xiongnu einen Schwarm Wildgänse anzog, die dann beim
Anblick ihrer Schönheit vergaßen, mit ihren Flügeln zu schlagen und zu
Boden stürzten.
In der inneren Mongolei existiert ein Grabhügel mit Pagoden und Statuen,
der an Wang Zhaojun erinnert.

Diao-chan

Diao-chan ist die einzige der Vier Schönheiten Chinas, über die keine
historischen Berichte vorliegen. Womöglich ist sie eine fiktive Gestalt. Sie
soll unter der späten Östlichen Han-Dynastie gelebt haben und im Jahr 162
nach Christus geboren sein. Aus den Dokumenten dieser Zeit geht hervor,
dass der General Lü Bu eine Affäre mit einem Dienstmädchen seines
Herrn Dong Zhuo hatte. Diao war kein gebräuchlicher Familienname in
China und bedeutete „Zobelschweif“, Chan bezeichnet „Jadeschmuck in
der Gestalt von Zikaden“. Beides trugen die hohen Beamten zu dieser Zeit
an ihrem Hut.
In dem Roman „Die Geschichte der Drei Reiche“ beteiligt sich Diao-chan
an einer Verschwörung des Beamten Wang Yun, um den Krieger Lü Bu
dazu zu bringen, seinen Herrn und Adoptivvater Dong Zhuo zu ermorden.
Dazu wird sie gleichzeitig Dong Zhuos Konkubine und Lü Bus Verlobte.
Sie bringt die beiden durch ihren Charme und die Eifersucht der zwei
Männer gegeneinander auf. Li Ru durchschaut die Schliche der Tänzerin
und empfiehlt seinem Herrn, sie lieber Lü Bu zu überlassen. Aber Dong
Zhuo betont, dass kein Krieger ihm dasselbe bedeute wie Diao-chan, und
droht Li Ru mit der Hinrichtung. Diao-chan wickelt indes Lü Bu um ihren
Finger und sagt ihm, dass sie unglücklich mit Dong Zhuo sei und nur mit
Lü Bu zusammen zu sein wünsche. Lü Bu gerät in Wut und tötet Dong
Zhuo. Kurz darauf muss er fliehen und Diao-chan geht mit ihm. Sie
begleitet ihn auf den Feldzügen gegen Cao Cao und der Eroberung von
Puyang. Nachdem Lü Bu bei Xia-pi von Cao Cao geschlagen wird, wird
Diao-chan nicht mehr im Roman erwähnt.

Yang Gue-fei

Yang Gue-fei (Zweite Konkubine Yang; geboren am 26. Juni 719;


gestorben am 15. Juli 756), geborene Yang Yu-huan, war eine Konkubine
Kaiser Xuan-zongs und zählte zu den Vier Schönheiten des alten China.
Geboren wurde sie in Yongle, doch stammt ihre Familie aus Huayin und
Hongnong. Einer ihrer Vorfahren war Yang Xuan-yan, genannt Si-hu, ein
hoher Finanzbeamter..
Ein paar Jahre nach dem Tod ihres Vaters heiratete die sechzehn Jahre
junge Lady Yang den gleichaltrigen Prinzen Shou Li Mei, einen Sohn
Kaiser Xuan-zongs.

Drei Jahre nach dem Tod von Xuan-zongs Gemahlin Wu Hui-fei,


arrangierte der hochrangige Eunuch Gao Li-shi für Xuan-zong ein Treffen
mit Lady Yang im Wasserpalast zu Xingwen. Auf Geheiß des Kaisers ließ
sie sich von ihrem prinzlichen Gatten scheiden und trat unter dem Namen
Tai-zhen („Höchste Wahrheit“) in ein Nonnenkloster ein.
Prinz Shou heiratete schließlich erneut, nämlich die Tochter des Generals
Yuan Zhao-xun. Lady Yang wurde seine Konkubine, unterhielt aber auch
sexuelle Beziehungen zum alternden Kaiser Xuan-zong. Lady Yang hatte
eine ausgeprägte Vorliebe für Litschis. Da sie nur in Südchina wuchsen,
ließ sie der Kaiser von berittenen Eilboten-Staffeln von Guangdong und
Sichuan nach Tschang-an schaffen. Zahllose Dichter besangen Yang Gue-
feis Schönheit, darunter Li Tai-Bo und Bo Djü-I.
Etliche von Lady Yangs Verwandten rückten daraufhin in höchste
Staatsämter auf. Als sie nach dem Tode der kaiserlichen Vertrauten Li Lin-
fu versuchte, ihren Vetter Yang Guo-zhong in das Amt des Staatskanzlers
zu hieven, kam es zum offenen Konflikt mit General An Lu-shan, der
seinerseits Ambitionen auf diesen Posten hatte. Nach der Ernennung Yang
Guo-zhongs brach die als An-Lu-shan-Aufstand bekannt gewordene
Militärrevolte aus, die die Dynastie an den Rand des Abgrunds bringen
sollte.
Zuletzt musste der Kaiser sogar samt Gefolge nach Chengdu in Sichuan
fliehen. In der Nähe von Mawei in der Provinz Shaanxi verlangten die
mitreisenden Soldaten, die den Yang-Clan für den Aufstand verantwortlich
machten, den Tod von Yang Guo-zhong und Yang Gue-fei. Ob Yang Gue-
fei freiwillig Selbstmord beging, zum Selbstmord gezwungen oder
umgebracht wurde, ist unklar; jedenfalls starb sie durch Erhängen. Als
Xuan-zong im folgenden Jahr Lady Yangs Leichnam in Mawei bergen
lassen wollte, fand er ihn nicht mehr vor. Auf dieser Grundlage entstand
der Mythos, sie sei gar nicht gestorben, sondern habe vielmehr nach Japan
fliehen und dort unbehelligt bis ans Ende ihrer Tage leben können.
Angeblich hatte Yang Gue-fei leichtes Übergewicht, was damals aber
durchaus gefragt war. Als „fettleibig“, wie dies in manchen Quellen
kolportiert wird, war sie nicht zu bezeichnen. Oft wurde sie mit der
erheblich zarteren, jedoch ebenfalls für ihre Schönheit weithin gerühmten
Kaiserin Zhao Fei-yan verglichen, der Gemahlin des Han-Kaisers Han
Cheng, die ebenfalls Selbstmord begangen hatte. Dies führte zu dem
chinesischen Ausdruck „yan-shou huan-fei“, der noch heute, insbesondere
im Zusammenhang mit Freudenmädchen, die ganze Bandbreite weiblicher
Schönheit umreißt.

DAS EVANGELIUM NACH JUDAS ISKARIOTH


Der geheime Bericht über die Offenbarung, die Jesus während einer
Woche, drei Tage bevor er das Osterfest feierte, dem Judas Iskarioth
offenbarte.
Als Gottes Sohn auf Erden erschien, vollbrachte er ein großes Werk zur
Rettung der Menschheit. Und einige beschritten den Weg der Heiligkeit,
während viele die Straße der Sünde wandelten, und wurden von Jesus
zwölf Apostel berufen.
Er begann, mit ihnen über die Geheimnisse des Himmelreichs und über
das Geschehen am Ende der Zeit zu sprechen. Oft erschien er seinen
Jüngern nicht in der Gestalt eines Mannes, sondern in der Gestalt eines
Kindes...
Einst war Jesus mit seinen Jüngern in Judäa und sie lagen zu Tische in
frommer Andacht. Als er sie sah, wie sie bei Tische lagen und im Gebet
mit dem heiligen Brot die Danksagung darbrachten, lachte er vor Freude.
Die Jünger sprachen zu ihm: "Meister, warum lachst du über unsere
Danksagung? Wir haben getan, was heilig ist." Er antwortete und sprach
zu Ihnen: "Ich lache euch ja nicht aus. Ihr habt diese Eucharistie nicht aus
eigenem Antrieb getan, sondern zum Lobpreis eures Gottes". Sie sprachen:
"Meister, du bist der Sohn Gottes." Jesus sprach zu ihnen: "Woher wisst ihr
das? Gott hat euch das offenbart! Wahrlich, ich sage euch, es ist werden
Menschengeschlechter kommen, die mich kennen werden wie ihr."
Als Jesus aber den Mangel an Erkenntnis bei den Jüngern sah, sprach er zu
ihnen: "Warum werdet ihr so schnell zornig? Gott, der mit euch ist, hat Er
eurer Seele Zorn hervorgerufen? Lasst jeden, der unter den Menschen
mutig genug ist, den heiligen Menschen in sich schaffen und vor mein
heiliges Antlitz treten." Die Jünger sprachen: "Wir haben die göttliche
Kraft." Doch ihr Geist war zu demütig, vor Christus zu treten – das wagte
nur Judas Iskariot. Er wagte es, vor Jesu heiliges Antlitz zu treten, wagte es
aber nicht, Jesus in die Augen zu schauen, und Judas wandte den Blick von
Jesus ab.
Und Judas sprach zu Jesus: "Ich weiß, wer du bist und woher du
gekommen bist. Du kommst aus dem ewigen Reich der Göttin Barbelo,
und ich bin es nicht wert, den Namen derer zu nennen, die dich gesandt
hat."
Wohl wissend, dass Judas sich eine höheren Berufung als die Apostel
einbildete, sprach Jesus zu Judas: "Tritt zur Seite! Ich werde dir die
Geheimnisse des Himmelreichs offenbaren. Du könntest in den Himmel
kommen, müsstest jedoch vorher schwere Leiden ertragen. Aber ein
anderer wird deinen Platz einnehmen, und die zwölf Apostel werden mit
ihrem Herrn und Gott eins werden."
Und Judas sprach zu Jesus: "Wann wirst du mir die Geheimnisse des
Himmelreichs kundtun? Und wann wird der große Tag des Gerichts für
dieses Menschengeschlecht anbrechen?" Als Judas dies sprach, verließ ihn
Jesus.
Am Morgen danach erschien Jesus seinen Jüngern erneut. Sie sprachen zu
ihm: "Meister, wo warst du, und was hast du getan?" Jesus sprach zu
ihnen: "Ich ging zu einem erhabenen und heiligen Geschlecht."
Seine Jünger sprachen zu Jesus: "O Herr, was ist das für ein erhabenes und
heiliges Geschlecht, das uns Menschen überlegen ist und das seliger ist als
wir Jünger und das nicht von dieser Welt ist?" Als Jesus diese Worte hörte,
lachte er fröhlich und sprach zu den Aposteln: "Wahrlich, ich sage euch,
keiner, der auf Erden geboren wird, wird jenes Geschlecht schauen, und
kein Engel der Sterne wird über jenes heilige und erhabene Geschlecht
herrschen, und kein sterblicher Mensch kann mit jenem Geschlecht
Umgang haben. Dieses Menschengeschlecht ist von dem Geschlechte
Adams. Jenes Geschlecht ist von einem andern Geschlecht."
Als Jesu Jünger dies vernahmen, waren sie enttäuscht. Sie brachten kein
Wort mehr heraus.
An einem anderen Tag trat Jesus zu den Aposteln. Sie sprachen zu Jesus:
"Meister, wir haben Dich in einer Vision geschaut, als wir heilige Träume
hatten.“ Jesus sprach: "Warum habt ihr, als ihr von mir geträumt habt, euch
im Gebüsch versteckt?"
Die Apostel sagten: "Wir sahen ein schönes Gotteshaus mit einem
erhabenen Altar darin; Priester waren da und der Name. Und eine
Menschenmenge kniete vor jenem Altar, bis die Priester das Opfer
dargebracht und die Menschen die Gabe empfingen. Und wir warteten
weiter." Und Jesus sprach: "Wie waren die Priester, die ihr saht?"
Die Apostel sagten: "Einige schändeten Knaben und Mädchen, andere
schwängerten ihre Mägde. Einige schliefen mit Männern. Einige waren an
Morden beteiligt. Einige begingen eine Vielzahl von Sünden. Und die
Priester, die vor dem Altar standen, riefen deinen Namen an und brachten
dein Opfer dem Vater dar." Nachdem die Apostel dies gesagt hatten,
schwiegen sie, denn sie waren sehr traurig.
Und Jesus sprach zu den Aposteln: "Warum seid ihr so traurig? Wahrlich,
ich sage euch, alle Priester, die vor dem Altar standen, rufen meinen
Namen an. Und wiederum sage ich euch, dass mein Name geschrieben
steht auf den Stirnen der Priester alle Zeiten der Sterne durch alle
Menschengeschlechter hindurch. Und einige von ihnen pflanzten in
meinem Namen schlechte Feigenbäume, die keine Frucht bringen."
Und Jesus sprach zu den Aposteln: "Die Priester, die ihr am Altar das
Opfer darbringen saht und die Gabe ausspenden, sind die Nachfolger der
Apostel. Viele Menschen sind es, die von schlechten Priestern vom rechten
Weg abgebracht werden. Aber die rechten Priester werden vor meinem
Altar stehen und meinen Namen anrufen, und Generationen von Frommen
werden mir treu bleiben. Aber es kommen Zeiten, da stehen am Altar
Mönche, die gerne Huren betrachten oder Huren beschlafen oder Kinder
schänden oder mit Männern schlafen, obwohl sie doch im Zölibat leben,
und andere Menschen stehen um die schlechten Priester im Kreis herum,
die sich des Kindesmordes, der Übertretung des Gesetzes und der Sünde
hingeben und dennoch sagen: Wir sind wie Engel... Aber die Engel sind
die Sterne, die alles zur Vollendung bringen. Denn dem
Menschengeschlechtern wird gesagt: Siehe, Gott hat dein Opfer aus den
Händen eines Priesters empfangen. Und es ist der Herr, der Herr des
Universums, der verheißt: Für Priester und Mönche, die Kinder schänden,
wäre es besser, sie würden mit einem Mühlstein um den Hals im Meer
ersäuft!'"
Und Jesus sprach zu den Aposteln: "Bringt das rechte Opfer dar auf dem
Altar, da über euch eure Sterne und eure Engel sind und alles bereits zur
Vollendung gelangt ist. Schützt euch vor den Wölfen im Schafspelz und
entsagt der Sünde. Ein einziger Bäcker kann die ganze Schöpfung unter
dem Himmel ernähren.."
Und Jesus sprach zu den Aposteln: "Jeder von euch hat seinen eigenen
Stern und jeder von euch hat seinen eigenen Engel. Und gekommen ist der
Frühling für den Baum dieser Welt in einer gewissen Zeit, er muss
kommen, in Gottes Paradies wird er stehen, und das Geschlecht, das leben
wird, da es den Gang des Lebens nicht befleckt hat, das wird bis in alle
Ewigkeit selig sein.“
Und Judas sagte zu Jesus: „Meister, was für eine Frucht wird das
Menschengeschlecht hervorbringen?" Und Jesus sagte: "Die Körper aller
Menschen werden sterben. Wenn die Menschen aber das Königreichs
betreten haben und den Geist aushauchen, werden ihre Körper verwesen,
doch ihre Seelen werden unsterblich sein und hinauffahren zu mir."
Und Judas sprach: "Und was werden die anderen Menschen tun?" Und
Jesus sprach: "Es ist unmöglich, Samen auf Stein zu säen und Früchte zu
ernten. Dies ist der Weg des befleckten Geschlechts. Aber Sophias Hand,
die die sterblichen Menschen erschuf, wird sorgen, dass die Seelen der
Gerechten in das ewige Reich aufsteigen. Wahrlich, ich sage dir, Engel
führen die heiligen Geschlechter in den Himmel." Nachdem Jesus dies
gesagt hatte, ging er von dannen.
Und Judas sprach: "Meister, da du nun alle Apostel angehört hast, höre
auch mich an, denn ich hatte eine große Vision."
Als Jesus dies hörte, lachte er und sprach zu Judas: "Du dreizehnter
Dämon! Warum mühst du dich so ab? Aber sprich dich aus, ich werde es
ertragen können."
Und Judas sprach: "In der Vision sah ich, wie die zwölf Jünger mich
erbarmungslos verfolgten. Und ich kam auch zu der Stelle, die nach dir
benannt ist. Und ich sah ein goldenes Haus, und meine Augen konnten
seine Größe nicht erfassen. Hohe Menschen standen um das Haus herum,
das ein Laubdach hatte. In der Mitte des Hauses war eine Menschenmenge
und die Menschen sagten: "Meister, führe uns zusammen mit dir."
Und Jesus antwortete und sprach: "Ach Judas, dein Stern hat dich in die
Irre geführt. Kein Sünder ist würdig, das goldene Haus zu betreten, das du
sahst, denn dieser Ort ist den Heiligen vorbehalten. Weder die Sonne noch
der Mond werden dort scheinen, auch nicht das Licht einer Lampe, doch
die Heiligen werden für immer dort wohnen, im ewigen Reich, mit den
heiligen Engeln. Siehe, ich habe dir die Geheimnisse des Himmels
offenbart, und ich habe dich darüber belehrt, dass dich dein Stern
irregeführt hat. Es schicken die Sterne viel Irrtum in den zwölf Zeitaltern."
Und Judas sprach: "O Meister, könnte es sein, dass mein Samen unter der
Gewalt des Herrschers der Lüfte steht?"
Jesus antwortete ihm und sprach: "Siehe, ich sehe, dass du dich sehr
grämen wirst, wenn du das Himmelreich und das ganzes Geschlecht der
Heiligen von Ferne sehen wirst."
Als Judas dies hörte, sprach er zu Jesus: "Wofür ist es gut, dass ich diese
Offenbarung empfangen habe? Denn hast du mich nicht auserwählt für
dieses Geschlecht?"
Jesus antwortete und sprach: "Du wirst der dreizehnte Dämon sein, und du
wirst von den Geschlechtern der Heiligen verflucht werden. Am Ende aller
Tage werden sie deine Erhebung in den Kreis der Apostel verfluchen."
Und Jesus sprach: "Komm, damit ich dich über die Geheimnisse belehren
kann, die kein Mensch jemals zuvor erkannte. Denn es besteht ein großes,
unendliches Reich, dessen Ausdehnung kein Engel jemals wahrnahm und
in dem ein großer unsichtbarer Geist waltet,

Den niemals sah das Auge eines Engels,


Des Herzens Denken kann ihn nicht begreifen,
Es rief ihn niemand je bei seinem Namen.

Und dort erschien eine leuchtende Wolke. Der Vater sprach: Ich erschaffe
mir einen Engel als Diener.
Der göttliche Ewige erschien in einer Wolke. Durch den Ewigen wurden
vier Engel aus einer anderen Wolke geschaffen, und diese wurden Diener
des göttlichen Ewigen. Der Ewige sprach: Ich lasse den Kosmos entstehen,
und es entstand der Kosmos. Und er erschuf das erste Gestirn, den Kosmos
zu beherrschen. Er sprach: Ich lasse Engel entstehen, mir zu dienen. Und
es erschienen Engelscharen ohne Zahl. Er sprach: Ich lasse ein erleuchtetes
Zeitalter entstehen. Und der Äon entstand. Er erschuf das zweite Gestirn,
den Kosmos zu beherrschen, zusammen mit zahllosen Engelscharen, die
dem Ewigen ihre Dienste anboten. So erschuf er auch die anderen
erleuchteten Zeitalter. Er ließ die Engel über die Zeitalter herrschen, und er
erschuf unzählige Engelscharen als Helfer.
Adam war in der ersten leuchtenden Wolke, die kein Engel jemals unter all
jenen, die Götter' genannt werden, gesehen hat. Er ist das Bild nach dem
Bilde des Ewigen. Der Ewige ließ das unbestechliche Geschlecht Seths
erscheinen und die zwölf Geister und die vierundzwanzig Geister. Er ließ
nach dem Willen des Geistes im unbestechlichen Geschlecht
zweiundsiebzig Gestirne erscheinen. Die zweiundsiebzig Gestirne ließen
nach dem Willen des Geistes dreihundertsechzig Gestirne erscheinen.
Die zwölf Zeitalter der zwölf Gestirne stellen ihren himmlischen Vater mit
sechs Himmeln für jedes Zeitalter dar, so dass es zweiundsiebzig Himmel
für die zweiundsiebzig Gestirne gibt und fünf Firmamente für insgesamt
dreihundertsechzig Firmamente. Die Himmel erhielten die Herrschaft und
eine große Heerschar von Engeln zu Ruhm und Ehre und unberührte
Geister zu Ruhm und Ehre aller Zeitalter."
Die Vielzahl dieser Unsterblichen wird vom himmlischen Vater Kosmos
genannt, und ebenso die zweiundsiebzig Gestirne, die mit dem Ewigen
sind, und seine zweiundsiebzig Zeitalter. Im Kosmos erschien der erste
Mensch mit seinen unverderblichen Kräften. Und das Zeitalter, das mit
diesem Geschlecht anbrach, das Zeitalter, in welchem die Wolke der
Weisheit und der Engel existiert, wird genannt das Zeitalter des Menschen.
Und der Ewige sprach: Ich lasse zwölf Engel erscheinen, die das Chaos
und die Unterwelt beherrschen. Und siehe, aus der Wolke erschien ein
Engel, auf dessen Angesicht Flammen zuckten und dessen Erscheinung
mit Blut besudelt war. Sein Name war Nebro, was Revolutionär bedeutet.
Ein anderer Engel, Saklas, kam ebenfalls aus dieser Wolke. So brachte
Nebro sechs Engel als Diener hervor, und diese schufen zwölf Engel in
den Himmeln, wobei jeder einen Teil der Himmel empfing.
Die zwölf Herrscher sprachen zu den zwölf Engeln: Lasst einen jeden von
herrschen über ein Geschlecht als Engel. Der erste Engel ist Seth, der
zweite ist Harmathot, der dritte ist Galila, der vierte ist Yobel, der fünfte ist
Adonaios. Dies sind die fünf Engel, die über die Unterwelt herrschten und
über das Chaos.
Da sprach der Demiurg zu den Engeln: Lasst uns nach dem Bilde Gottes
ein menschliches Wesen erschaffen. Und die Engel formten Adam und
seine Gefährtin Eva, die in dem Himmel Zoe genannt wird. Denn mit
diesem Namen suchen alle Geschlechter die Frau und rufen sie bei diesem
Namen. Und der Herr sagte zu Adam: Du wirst mit deinen Söhnen lange
leben.'"
Und Judas sprach zu Jesus: "Wie lange wird der Mensch leben?" Und
Jesus sprach: "Warum wunderst du dich darüber, dass Adam mit seinem
Geschlecht sein Leben lang an dem Ort gelebt hat, an dem er sein
Königreich empfing, und zwar war er unsterblich wie sein Herr."
Und Judas fragte Jesus: "Kann der menschliche Geist nicht sterben?" Und
Jesus sprach: "Dies ist der Grund dafür, dass Gott dem Erzengel Michael
den Befehl gab, den Menschen ihren Geist als Gabe einzuhauchen, so dass
die Menschen Gott dienen können. Doch der große Gott befahl auch dem
Erzengel Gabriel, dem überirdischen Geschlecht Leben zu gewähren, das
heißt Geist und Seele.
Geist ist in diesem Fleisch, das mitten unter den Geschlechtern der Engel
wohnt. Doch Gott sah, dass Adam und die Frau und die beiden Söhne, die
mit ihm waren, Weisheit empfingen, so dass die Könige des Chaos und der
Unterwelt nicht über sie herrschen konnten."
Und Judas fragte Jesus: "Was werden die Geschlechter der Menschen
tun?" Und Jesus sprach: "Wahrlich, ich sage euch, für sie alle werden die
Angelegenheiten vom Himmel vollendet. Wenn der Demiurg die Zeit
vollendet hat, wird der Stern erscheinen, und die Menschen werden nicht
das tun, was sie zu tun versprochen haben. Sie werden die Ehe brechen
und Kinder im Mutterschoß ermorden und werden meinen Namen
entweihen, und es wird dein Stern über dem dreizehnten Zeitalter
erscheinen."
Daraufhin lachte Jesus.
Und Judas sprach: "Meister, warum lachst du?"
Und Jesus antwortete und sprach: "Ich lache nicht meine Jünger aus,
sondern lache über die die Irrsterne, denn diese Irrsterne ziehen mit
Kämpfern umher, und sie alle werden gemeinsam mit ihren Dienern
vernichtet werden."
Und Judas sprach zu Jesus: "Siehe, was werden die in deinem Namen
Getauften tun?"
Und Jesus sprach: "Wahrlich, ich sage dir, diese Taufe ist das Bad der
Wiedergeburt im Geist und verherrlicht meinem Namen und den Namen
meines Gottes. Wahrlich, ich sage dir, Judas, viele von denen, die getauft
sind, werden viel Böses tun. Doch du wirst sie alle übertreffen, denn du
wirst den Menschen verraten, der Gott ist.

Erhoben wurde schon dein Horn,


Entfacht ist schon dein Grimm und Zorn,
Schon leuchtet auf dein finstrer Stern,
Dein Herz verraten wird den Herrn.

Wahrlich, in den letzten Zeiten wird der Mensch sich grämen, aber der
Herrscher der Lüfte wird vernichtet werden. Und dann wird das Bild des
großen Geschlechts Adams erhöht werden, denn vor dem Himmel, der
Erde und den Engeln besteht das menschliche Geschlecht, das aus dem
ewigen Reich stammt. Siehe, dir ist alles gesagt worden. Erhebe deine
Augen und blicke auf die Wolke und das Licht in ihr und die zwölf Sterne,
die sie umgeben. Der Stern, der dir vorangeht, ist dein böser Stern."
Judas erhob die Augen und sah die leuchtende Wolke. Die auf der Erde
Stehenden vernahmen eine Stimme, die aus der Wolke kam und sagte:
„Das Geschlecht Adams und Evas ist Gottes Bild.“
Aber die Hohepriester murrten, weil Jesus zum Beten in den
Abendmahlssaal gegangen war. Einige Schriftgelehrte waren dort und
beobachteten ihn aufmerksam, um ihn beim Beten gefangen zu nehmen,
aber sie fürchteten sich vor dem Volk, da ihn alle für einen Propheten
hielten.
Die Hohepriester traten an Judas heran und sprachen zu ihm: "Was tust du?
Bist du auch einer der Jünger Jesu?"
Judas sagte ihnen, was sie hören wollten. Und er nahm Geld von ihnen und
verriet Jesus, den Sohn Gottes.

DIE ZEICHEN DES GERICHTS IM ISLAM


1

Die kleineren Zeichen


Mohammed sagte: “Zu den Zeichen der Stunde gehört, dass unkeusche
Taten weit verbreitet erscheinen, dass die Leute sich anstrengen, sie zu
begehen, das Zertrennen der Verwandtschaftsbande und das Vertrauen in
Betrüger.“
Mohammed sagte: “Zu den Zeichen der Stunde gehört die Überfülle des
Reichtums, die Vermehrung der Unwissenheit, zahllose Versuchungen und
weit verbreiteter Handel und Geschäfte.”

Eine Einleitung zu den großen Zeichen


“Der Gesandte Gottes kam plötzlich zu uns, als wir gerade in eine
Diskussion vertieft waren. Er sagte: Worüber sprecht ihr? Die Gefährten
sagten: Wie sprechen über die letzte Stunde. Daraufhin sagte er: Sie wird
nicht eintreffen, bevor ihr zehn Zeichen seht. Und in diesem
Zusammenhang nannte er den Rauch, den Dajjal, das Biest, das Aufgehen
der Sonne vom Westen, die Wiederkunft Jesu, dem Sohn Marias (Friede
sei mit Ihm), Gog und Magog und Erdbeben an drei Orten, einer im Osten,
einer im Westen und einer in Arabien, am Ende derer ein Feuer brennen
wird, das von Jemen kommt und die Menschen zum Ort ihrer
Versammlung treibt.’”
Mohammed sagte: “Die letzte Stunde wird nicht eintreten, bevor die zehn
Zeichen erschienen sind: ein Erdbeben im Osten und ein Erdbeben im
Westen und ein Erdbeben auf der arabischen Halbinsel, der Rauch, der
Dajjal, das Biest der Erde, Gog und Magog, das Aufgehen der Sonne vom
Westen her und das Feuer, das vom niedrigeren Teil Jemens ausbricht.” In
einem Hadith wird berichtete, dass Mohammed das zehnte Zeichen nicht
erwähnte, aber er sagte, dass eines davon die Wiederkunft Jesu Christi, des
Sohnes der Maria (Friede sei mit ihnen), sein wird, und in einer anderen
Version ist es das Blasen des heftigen Sturmes, das die Menschen zum
Meer treiben wird.
Mohammed sagte: “Beeilt euch, gute Taten zu verrichten, bevor sechs
Dinge passieren: das Aufgehen der Sonne von Westen, der Rauch, der
Dajjal, das Biest, und der Tod eines von euch oder der allgemeine
Aufruhr.”
Bedenke, dass Mohammed in diesem Hadith den “Tod eines von euch”
erwähnte. Dies ist auch eine Art „Stunde“. Obwohl es interessant und
wichtig ist, die großen Zeichen der Stunde zu lernen und zu kennen, ist für
diejenigen, die nicht Zeugen der letzten Tage werden, dies – ihr Tod – ihre
Stunde, auf die sie sich vorbereiten müssen und die viele von ihnen
vernachlässigen. Als ein Beduine zu Mohammed kam und ihn fragte:
“Wann ist die Stunde?” zeigte Mohammed auf einen kleinen Jungen und
sagte: „Wenn dieser Junge lebt, kommt die Zeit, wenn er alt und
gebrechlich wird, dann wir deine Stunde bereits gekommen sein.”
Die erste Gruppe dieser Zeichen sind jene, die auf dieser Erde auftreten,
ohne dass sich das Wesen der Erde vollständig verändert. Dies sind
Zeichen, die die Menschen ganz deutlich wachrütteln und dazu bringen
sollen, vor Gott zu bereuen. Während dieser Zeichen gibt es nichts, das
ultimativ zwischen einem Gläubigen und einem Ungläubigen
unterscheidet, noch gibt es irgendwelche eindeutigen Begebenheiten, die
darauf hinweisen, dass die Auferstehung bevorsteht. Die Zeichen dieser
Gruppe umfassen das Auftauchen des Dajjal, die Wiederkunft Jesu, Gog
und Magog und die Erdbeben.
Die zweite Gruppe dieser großen Zeichen lässt keinen Zweifel daran, dass
das tatsächliche Auftreten der Auferstehung und das Ende dieser
Schöpfung gekommen ist. Außerdem wird es ein Unterscheiden zwischen
Gläubigen und Ungläubigen geben. Daher wird es während und nach allen
diesen Zeichen keine Frage nach der Reue oder der Umkehr zu Gott mehr
geben. Zu jener Zeit wird es für ein Bereuen, das von Gott akzeptiert wird,
zu spät sein. Zu den Zeichen dieser Gruppe gehören das Auftauchen des
Biests, der Rauch und das Aufgehen der Sonne von Westen.
Mohammed sagte: “Die Zeichen sollen eines nach dem anderen
erscheinen, wie Perlen an einem Band eine der anderen folgen.”
Mohammed sagte: “Die Zeichen sind wie Perlen die, an einer Schnur
aufgereiht sind. Wenn die Schnur reißt, folgen sie schnell eine nach der
anderen.”

Der Antichrist I
Mohammed sagte: “Es gab keinen Propheten, der das Volk nicht vor
diesem einäugigen Lügner gewarnt hätte (dem Dajjaal, dem Antichrist).”
Mohammed machte deutlich, dass der Antichrist ein menschliches Wesen
sein wird. Im allgemeinen sollte der wahre Gläubige nicht vom Antichrist
getäuscht werden, denn der Prophet hat so eine deutliche Beschreibung
von ihm gegeben, dass ihm sehr wenig Raum bleibt, um einen Gläubigen
zu täuschen. Allerdings betont dies auch, wie wichtig es ist, Wissen über
den Islam zu sammeln. Wenn jemand überhaupt nicht wüsste, wie
Mohammed den Antichrist beschrieben hat, dann wäre es nicht weiter
verwunderlich, wenn er auf einige der Betrügereien und Täuschungen
dieses scheußlichen Wesens hereinfiele.
Mohammed sagte: “Gott ist nicht einäugig und beachtet, dass der
Antichrist auf dem rechten Auge blind ist und dass sein Auge wie eine
verfaulte Traube ist.”
Mohammed sagte: “Es werden drei arabische Buchstaben zwischen den
Augen des Antichrist geschrieben sein: Kaaf, Faa und Raa. Diese drei
Buchstaben in dieser Reihenfolge bilden die Grundlage für das arabische
Wort Kaafir, was Ungläubiger bedeutet.” Mohammed sagte, dass jeder
Gläubige in der Lage sein würde, diese Buchstaben zu lesen.
Mohammed sagte: “Der Antichrist wird bei sich Wasser und Feuer haben
und sein Feuer wird die Wirkung kalten Wassers haben und sein Wasser
wird die Wirkung des Feuers haben, also zerstört euch nicht selbst.”
Ein Gefährte Mohammeds sagte: “Ich weißs mehr als ihr, was mit dem
Antichrist kommen wird. Mit ihm werden zwei Kanäle, einer mit
fließendem Wasser und einer mit Feuer, sein und das, was ihr als Feuer
seht, wird Wasser sein, und was ihr als Wasser seht, wird Feuer sein. Wer
also von euch in der Lage sein wird, das zu sehen, und Wasser wünscht,
der sollte von dem trinken, was er als Feuer sieht.”
Mohammed sagte: “Er wird kommen, aber es wird ihm nicht erlaubt sein,
die Gebirgspässe nach Medina zu betreten. Daher wird er bei einigen
Landstrichen zum Stehen kommen die hohe Konzentrationen an Salz
enthalten und deren Sickerwasser sie unfruchtbar sein lässt, angrenzend an
die Stadt Medina, und eine Person wird hinauskommen, wo der Antichrist
ist, und zu ihm sagen: Ich bezeuge die Tatsache, dass du der Antichrist
bist, über den der Gesandte Gottes gesprochen hat. Der Antichrist wird
dann zu seinen Anhängern sagen: Was würdet ihr davon halten, wenn ich
diese Person töten und sie dann wieder zum Leben bringen würde, würdet
ihr dann noch an dieser Angelegenheit zweifeln? Sie werden antworten:
Nein. Er wird die Person dann töten und dann wieder zum Leben bringen.
Wenn er sie wieder zu Leben zurückbringt, wird die Person sagen: Bei
Gott, ich hatte keinen besseren Beweis für die Tatsache dass du der
Antichrist bist, als den gegenwärtigen. Der Antichrist wird dann einen
Versuch machen, ihn wieder zu töten, aber es wird ihm nicht gelingen.”

Der Antichrist II
Einer der vielen Aspekte, die man von der Geschichte des Antichrist lernen
kann, ist, dass weltlicher Reichtum und weltlicher Erfolg nicht das sind,
was den Wert und die Bedeutung einer Person ausmachen. Jemand könnte
tatsächlich alles besitzen, was es auf der Welt gibt, wenn ihm der Glaube
in seinem Herzen fehlt, ist er in Wirklichkeit nichts.
Einer der Gefährten Mohammeds sagte: „Keiner befragte den Gesandten
Gottes mehr über den Antichrist als ich. Er sagte mir: Er sollte dir keinen
Anlass zur Sorge geben, denn er wird nicht in der Lage sein, dir zu
schaden. Ich sagte: Gesandter Gottes, es wird gesagt, er habe im Überfluss
Nahrung und Wasser bei sich. Daraufhin sagte er: Er und seine Fähigkeit,
die Gläubigen irrezuführen mit dem, was Gott gestattet hat, mit des
Antichrist eigenen Händen große Mengen Nahrung und Wasser zu
schaffen, ist nichts im Vergleich zu Gottes Fähigkeit, diese Ereignisse zu
einer Quelle für verstärkten Glauben der Gläubigen zu machen.“
Mohammed sagte: „Es wird kein Land geben, durch das der Antichrist
nicht kommt oder das er nicht durchquert außer Mekka und Medina, und
es wird keinen Einreise- und keinen Ausreiseweg geben, der nicht von
Engeln bewacht wird, die in Reihen aufgestellt sind. Dann wird er in
manchen Landesteilen auftauchen, die hohe Konzentrationen an Salz
enthalten und deren Sickerwasser sie unfruchtbar sein lässt, angrenzend an
die Stadt Medina, und die Stadt Medina wird heftig beben, so dass jeder
Ungläubige und jeder Heuchler sie verlässt und zum Antichrist zieht.”
Mohammed sagte: “Dem Antichrist folgen siebzigtausend Juden von
Isfahan, die persische Tücher tragen.”
Ein Gefährte Mohammeds sagte: „Mohammed erwähnte eines Morgens
den Antichrist Mal beschrieb er ihn als unbedeutend und mal beschrieb er
seinen Aufruhr als sehr bedeutsam, und wir fühlten uns, als wäre er so nah
wie die Büschel der Dattelpalmen. Als wir am Abend zu ihm kamen und er
die Zeichen der Furcht in unseren Gesichtern las, sagte er: Was ist los mit
euch? Wir sagten: Gesandter Gottes, du hast am Morgen den Antichrist
erwähnt, und mal beschriebst du ihn als unbedeutend und mal hast du ihm
sehr viel Wichtigkeit beigemessen, bis wir zu denken begannen, er wäre so
präsent wie die Büschel der Dattelpalmen in der Nähe. Daraufhin sagte er:
Ich sorge mich um euch wegen so vieler anderer Dinge als dem Antichrist.
Wenn er hervorkommt, während ich bei euch bin, werde ich in eurem
Interesse mit ihm kämpfen; wenn er aber hervorkommt, wenn ich nicht bei
euch bin, muss ein Mann in seinem eigenen Interesse kämpfen, und Gott
wird in meinem Interesse auf jeden Muslim acht geben und ihn vor seinem
Übel bewahren. Der Antichrist wird ein junger Mann sein, mit krausen,
kurzen Haaren und auf einem Auge blind. Ich vergleiche ihn mit
Abd−ul−Uzza ben Qatan. Derjenige von euch, der so lange lebt, dass er
ihn sieht, soll die ersten Verse der Sure al-Kahf lesen. Er wird auf dem
Weg zwischen Syrien und Irak erscheinen und rechts und links Unheil
verbreiten. O Diener Gottes! Halte fest am Weg der Wahrheit. Wir sagten:
Gesandter Gottes, wie lange wird er auf der Erde bleiben? Er sagte:
Vierzig Tage. Ein Tag ist wie ein Jahr und ein Tag wie ein Monat und ein
Tag wie eine Woche und der Rest der Tage ist wie eure normalen Tage. Wir
sagten: Gesandter Gottes, wird das Gebet eines Tages genügen für einen
Tag, der einem Jahr gleicht? Daraufhin sagte er: Nein, aber ihr müsst die
Zeit abschätzen und dann das Gebet verrichten. Wir sagten: Gesandter
Gottes, wie schnell wird er sich auf der Erde bewegen? Daraufhin sagte er:
Wie eine Wolke, die vom Wind getrieben wird. Er wird zu den Menschen
kommen und sie zu einer falschen Religion einladen, und sie werden ihren
Glauben an ihn erklären und darauf eingehen. Er wird dem Himmel
befehlen, und es wird auf die Erde regnen und die Feldfrüchte werden
wachsen. Dann werden am Abend ihre Weidetiere zu ihnen kommen mit
ganz hohen Höckern und ihren Eutern voller Milch und ausgedehnten
Flanken. Er wird danach zu anderen Menschen kommen und sie einladen.
Aber sie werden ihn zurückweisen und er wird von ihnen fortgehen und
für sie wird es eine Dürre geben und nichts an Wohlstand wird ihnen
bleiben. Er wird dann durch das wüste Land gehen und zu ihm sagen:
Bring deine Schätze hervor, und die Schätze werden heraus kommen und
sich vor ihm versammeln wie ein Schwarm Bienen. Dann ruft er einen
Mann, strotzend vor Gesundheit, und schlägt ihn mit dem Schwert und
teilt ihn in zwei Stücke und legt diese Teile in einer Entfernung aus, die
normalerweise der eines Schützen und seines Ziels entspricht. Dann ruft er
diesen jungen Mann, und er wird lachend und mit vor Freude strahlendem
Gesicht hervorkommen, und genau zu dieser Zeit wird Gott Christus, den
Sohn Marias, schicken.“
5

Die Wiederkunft Jesu

Ein weiteres der erstaunlichen Zeichen kurz vor dem Tag des Gerichts ist
die Wiederkunft Jesu, Gottes Segen und Frieden seien auf Ihm, hier auf
diese Erde. Gott sagt im Koran:
“Und wegen ihrer Rede voll Stolz: Wir haben den Messias Jesus, den Sohn
der Maria, den Gesandten Gottes, getötet, - während sie ihn doch weder
erschlagen noch gekreuzigt hatten, sondern dies wurde ihnen nur
vorgetäuscht; und jene, die in dieser Sache uneins sind, sind wahrlich im
Zweifel darüber; sie haben keine Kenntnis davon, sondern folgen nur einer
Vermutung; und sie haben Jesus nicht mit Gewißheit getötet. Vielmehr hat
Gott ihn zu sich emporgehoben, und Gott ist allmächtig, allweise. Und es
gibt keinen unter den Leuten der Schrift, der nicht vor seinem Tod daran
glauben wird; und am Tage der Auferstehung wird er ein Zeuge gegen sie
sein.”
Wie deutlich aus dem letzten Hadith unter dem Abschnitt über den
Antichrist hervorgeht, wird die Wiederkunft Jesu dann stattfinden, wenn
der Antichrist auf der Erde ist. Der Hadith geht folgendermaßen weiter:
“Der Antichrist wird dann eine Person rufen, die vor Jugend strotzt, und
schlägt ihn mit dem Schwert und teilt ihn in zwei Stücke und legt diese
Teile in einer Entfernung aus, die normalerweise der eines Schützen und
seines Ziels entspricht. Dann ruft er diesen jungen Mann, und der wird
lachend und mit vor Freude strahlendem Gesicht hervorkommen, und
genau zu dieser Zeit wird Gott Christus, den Sohn Marias, schicken und er
wird am weißen Minarett auf der Ostseite von Damaskus herabsteigen,
bekleidet mit zwei mit Safran gefärbten Kleidungsstücken, und er hat seine
Hände auf den Flügeln zweier Engel. Wenn er seinen Kopf senkt, werden
Schweißperlen von seinem Haupt fallen, und wenn er ihn anhebt, werden
die Tropfen wie Perlen herabrieseln. Jeder Ungläubige, der den Duft seines
Daseins riecht, wird sterben, und sein Atem reicht so weit seine Augen
sehen können. Er wird den Antichrist suchen, und er wird ihn beim Tor
von Lud erwischen und wird ihn töten.”
Mohammed sagte: “Bei dem, in dessen Hand mein Leben ist, der Sohn
Marias (Friede sei mit ihm) wird bald als gerechter Richter unter euch
herabkommen. Er wird euch die Kreuze abnehmen, das Schwein töten und
Jizyah abschaffen, und der Wohlstand wird in einem solchen Ausmaß
fließen, dass keiner ihn annehmen wird.”
Mohammed sagte: “Jesus wird die junge Kamelstute verlassen und keiner
wird sich bemühen, dafür Steuer zu sammeln. Niedertracht, gegenseitiger
Hass und Eifersucht auf einander werden mit Sicherheit verschwinden und
wenn er den Menschen befiehlt, Schätze anzunehmen, wird es kein
einziger akzeptieren.” - “Frieden wird herrschen, und die Leute werden
ihre Schwerter als Sicheln benutzen. Sogar die schädlichen Bestien werden
harmlos gemacht; der Himmel wird Regen im Überfluss herab senden, und
die Erde wird ihren Segen hervorbringen. Ein Kind wird mit einem Fuchs
spielen und keinen Schaden nehmen; ein Wolf wird mit einem Schaf
weiden und ein Löwe mit Rindern, ohne ihnen zu schaden.“
Mohammed sagte: “Was wird euer Zustand sein, wenn der Sohn Marias zu
euch herabsteigt und ein Imam mit euch sein wird?”
Mohammed sagte: “Ein Teil meines Volkes wird nicht aufhören, für die
Wahrheit zu kämpfen, und wird sich bis zum Tag der Auferstehung
durchsetzen.” Dann sagte Mohammed: „Jesus, der Sohn Marias, wird dann
herabsteigen und ihr Führer wird ihn einladen zu kommen und das Gebet
zu führen, aber er wird sagen: Nein, einige von euch sind Befehlshaber
über andere von euch. Dies ist die Ehre Gottes für dieses Volk.”
Mohammed sagte: “Dann werden die Menschen sieben Jahre erleben, in
denen es unter zwei Personen keine Boshaftigkeit geben wird. Dann wird
Gott einen kalten Wind von der Seite Syriens schicken, den keiner auf der
Erde überlebt, der einen Funken Gutes oder Glauben in sich hat, sondern
alle werden sterben, so dass sogar, wenn irgendeiner von euch dass
Innerste der Berge betreten würden, so würde der Wind diesen Ort auch
erreichen und seinen Tod verursachen.” Mohammed sagte weiter: „Nur die
schlechten Menschen werden überleben und sie werden so unbesorgt sein
wie Vögel mit den Eigenschaften von Bestien. Sie werden weder das Gute
erkennen, noch das Böse verurteilen.”

Der Koran sagt: “Hierauf folgte er dem gegebenen Weg, bis er zwischen
die beiden Wälle gelangte; er fand hinter diesen ein Volk, das kaum eine
Sprache verstehen konnte. Sie sagten: O Dhu-I-Qarnain, Gog und Magog
stiften Unheil im Lande; sollen wir dir nun Tribut zahlen unter der
Bedingung, daß du zwischen uns und ihnen einen Wall errichtest? Er sagte:
Die Macht, die mein Herr mir gegeben hat, ist besser als euer Tribut. So
helft mir denn mit all eurer Kraft, damit ich zwischen euch und ihnen
einen Damm errichten kann. Bringt mir Eisenstücke. Als er die Kluft
zwischen den beiden Bollwerken ausgefüllt hatte, sagte er: Blast! Als er es
das Eisen feurig gemacht hatte, sagte er: Bringt mir geschmolzenes
Kupfer, ich will es darüber gießen! So vermöchten sie es nicht, die Dämme
zu erklimmen, noch konnten sie sie durchbrechen. Er sagte:"Das ist die
Gnade meines Herrn; doch wenn die Verheißung meines Herrn in
Erfüllung geht, wird er sie zu Schutt zerfallen lassen; und die Verheißung
meines Herrn ist wahr. An jenem Tage, wenn sie herauskommen werden,
werden Wir die einen von ihnen wie Wogen gegen die anderen anstürmen
lassen, und es wird in den Sur gestoßen. Dann werden Wir sie allzumal vor
Uns versammeln.”
Der Koran sagt: “Bis dann, wenn Gog und Magog freigelassen werden,
und sie von allen Höhen herbeieilen. Und die wahre Verheißung, der Tag
des Gerichts naht; siehe dann, wenn die Auferstehung stattfindet, werden
die Augen derer, die ungläubig waren, starr blicken: O wehe uns, wir
haben in der Tat nicht daran gedacht; ja, wir waren Frevler!”
Mohammed sagte: “Gog und Magog werden gehen, bis sie den Berg von
al-Khamar erreichen, und das ist ein Berg von Bait-ul-Maqdis, und sie
werden sagen: Wir haben die auf der Erde getötet. Lasst uns nun die töten,
die im Himmel sind! Und sie werden ihre Pfeile gen Himmel abschießen,
und die Pfeile werden blutverschmiert zu ihnen zurückkommen.”
Ein Gefährte Mohammeds sagte: “Jeden Tag versuchen Gog und Magog,
einen Weg durch den Damm zu graben. Wenn sie anfangen, Sonnenlicht
hindurch scheinen zu sehen, sagt der Anführer von ihnen: Geht zurück, ihr
könnt morgen weiter graben! Und wenn sie zurück kommen, ist der Damm
stärker, als er es zuvor gewesen war. Dies geht so weiter, bis ihre Zeit
kommt und Gott wünscht, sie freizulassen. Sie werden graben, bis sie das
Sonnenlicht zu sehen beginnen, dann wird der Anführer von ihnen sagen:
Geht zurück, ihr könnt morgen weiter graben, wenn Gott es so will. In
diesem Fall werden sie eine Einschränkung machen, indem sie sagen:
wenn Gott es so will, die Angelegenheit dem Willen Gottes überlassend.
Sie werden am folgenden Tag wieder kommen und das Loch so vorfinden,
wie sie es verlassen hatten. Sie werden weiter graben und gegen die
Menschen heraus kommen. Sie werden all das Wasser austrinken, und die
Menschen werden sich in ihre Festungen zurückziehen. Gog und Magog
werden ihre Pfeile in den Himmel abfeuern, und die Pfeile werden mit
etwas wie Blut daran zurück auf die Erde fallen. Gog und Magog werden
sagen: Wir haben die Leute auf der Erde geschlagen und die Leute des
Himmels überwältigt! Dann wird Gott eine Art Wurm auf ihren Nacken
schicken, und sie werden von ihm getötet. Bei Gott, in dessen Hand die
Seele Mohammeds ist, die Bestien werden fett werden.”
Mohammed sagte: “Dann kommt ein Volk, das Gott beschützt hatte, zu
Jesus, den Sohn Marias, und er wird über ihre Gesichter streichen und sie
von ihren Rängen im Paradies unterrichten, und unter solchen
Bedingungen wird Gott Jesus diese Worte offenbaren: Ich habe von
meinen Dienern ein solches Volk hervor gebracht, gegen das niemand
kämpfen können wird; du nimmst dieses Volk sicher mit zum Berg von
Toor, und dann wird Gott Gog und Magog schicken und sie werden von
jedem Hang herab schwärmen. Der erste von ihnen wird am See von
Tiberius vorbei kommen und daraus trinken. Und wenn der letzte von
ihnen daran vorbei kommt, wird er sagen: Es gab einmal Wasser dort.
Jesus und seine Gefährten werden dann belagert werden bei Toor, und sie
werden so hart bedrängt, dass der Kopf des Ochsen ihnen lieber wäre als
hundert Denare, und Gottes Apostel Jesus und seine Gefährten werden
Gott anflehen, der ihnen Würmer schickt, die die Nacken der Gog und
Magog angreifen, und am Morgen werden sie zugrunde gehen wie eine
einzelne Person. Gottes Apostel Jesus und seine Gefährten werden zur
Erde herabkommen, und sie werden in der Erde nicht mal so viel Platz
finden wie eine Spanne, die nicht von ihrer Fäulnis und ihrem Gestank
erfüllt ist. Gottes Apostel Jesus und seine Gefährten werden dann wieder
Gott anflehen, der Vögel schicken wird, deren Nacken wie die von
Trampeltieren sein werden, und sie werden sie tragen und dorthin werfen,
wo Gott will. Dann wird Gott Regen schicken, den kein Haus aus Lehm
oder kein Zelt aus Kamelhaar abhält, und er wird die Erde davon
schwämmen, bis sie wie ein Spiegel zu sein scheint. Dann wird der Erde
befohlen, ihre Früchte hervorzubringen und ihre Gaben zurückzubringen,
und als Ergebnis dessen wird ein so großer Granatapfel wachsen, dass eine
Gruppe von Menschen davon essen und unter seiner Haut Schatten suchen
könnte, und eine Milchkuh wird so viel Milch geben, dass eine ganze
Gesellschaft davon trinken könnte. Und das Milchkamel wird eine solche
Menge Milch geben, dass ein ganzer Stamm davon trinken könnte, und ein
Milchschaf wird so viel Milch geben, dass die ganze Familie davon trinken
könnte. Zu jener Zeit wird Gott einen angenehmen Wind schicken, der die
Menschen sogar unter ihren Achseln besänftigt und das Leben eines jeden
Muslim nimmt, und nur die Boshaften werden überleben, die Unzucht
treiben wie die Esel im Freien und die Letzte Stunde wird über sie
kommen.”
Mohammed sagte: “Es gibt keinen Gott außer Gott! Es steht Arabien ein
Erdbeben bevor aufgrund der Wirren, die auf der Hand liegen. Der Damm
der Gog und Magog hat sich weit geöffnet.”
„Und Einer machte ein Zeichen von zehn mit Hilfe seiner Hand, um die
Weite der Spalte zu zeigen, und ich, Zainab, die Frau Mohammeds, sagte:
Gesandter Gottes, werden wir vernichtet, trotz der Tatsache, dass unter uns
gute Menschen sind? Er antwortete: Natürlich, aber nur, wenn das Böse
vorherrscht.”

Die letzten von den großen Zeichen


Wie zuvor in einem Hadith zitiert, gehören die drei Erdbeben, die auftreten
werden, zu den großen Zeichen für den Tag des Gerichts. Einer wird im
Osten auftreten, einer im Westen und einer auf der arabischen Halbinsel.
Zu den großen Zeichen, die Mohammed erwähnte, gehört der Rauch. Im
Koran heißt es: “Darum aber erwarte den Tag, an dem der Himmel einen
sichtbaren Rauch hervorbringt.”
Mohammed sagte: “Wahrlich, euer Herr hat euch vor drei Dingen gewarnt:
dem Rauch, der den Gläubigen und den Ungläubigen wie die Kälte
überkommt und sie anschwellen lässt, bis er aus ihren Ohren heraus
kommt.”
Mohammed sagte: “Warten sie etwa darauf, dass Engel zu ihnen kommen
oder dass dein Herr kommt oder dass einige Zeichen deines Herrn
kommen? Am Tag, an dem einige Zeichen deines Herrn eintreffen, soll der
Glaube an sie niemandem nützen, der nicht vorher geglaubt oder in seinem
Glauben Gutes gewirkt hat. Sprich: Wartet nur; auch wir warten.”
Mohammed sagte: “Die Stunde wird nicht kommen, bis die Sonne von
Westen aufgeht; und wenn sie von Westen aufgeht und die Menschen es
sehen, werden sie alle glauben. Und das ist die Zeit, in der es der Seele
nichts Gutes tut, dann zu glauben.”
Mohammed sagte: “Derjenige, der die Reue bei seinem Herrn sucht, bevor
die Sonne vor dem Tag der Auferstehung im Westen aufgeht, zu dem
wendet sich Gott mit Barmherzigkeit zu.”
Mohammed sagte: “Wenn drei Dinge auftauchen, wird der Glauben einem,
der zuvor nicht geglaubt hatte oder der von seinem Glauben nichts Gutes
abgeleitet hat, nichts mehr nutzen: das Aufgehen der Sonne vom Ort ihres
Untergangs, der Antichrist und die Bestie der Erde.”
Mohammed sagte: “Das erste Zeichen wird das Erscheinen der Sonne vom
Westen sein, das Erscheinen des Tieres vor den Menschen am Vormittag,
und welches der beiden auch zuerst auftritt, das zweite wird sogleich
darauf folgen.”
Der Koran sagt: “Und wenn der Befehl gegen sie ergeht, dann werden Wir
für sie ein Tier aus der Erde hervorbringen, das zu ihnen spricht, dass die
Menschen nicht an Unsere Zeichen glaubten.”
Mohammed sagte: “Das Tier wird erscheinen, und es wird die Menschen
an ihren Nasen brandmarken. Die Menschen werden dann mit ihren
Brandzeichen weiter leben, so dass jemand ein Kamel kaufen wird, und
wenn er gefragt wird: Von wem hast du es gekauft? wird er antworten: Von
einem der gebrandmarkten Menschen.”
Mohammed sagte: “Zum Schluss wird ein Feuer von Jemen weiter
brennen und die Menschen an den Ort ihrer Versammlung treiben.”

Der Name des Herrn Jesus Christus sei gepriesen!


Die Allerheiligste Dreifaltigkeit sei gepriesen!

KINDHEITSEVANGELIUM DES HEILIGEN THOMAS

Die Geschichten von Toma dem Israeliten, dem Philosophen, über die
Werke der Kindheit des Herrn.

Toma, der Israelit, sagt euch: So, alle Brüder, die aus den Heiden sind,
euch werde kundgetan die Werke der Kindheit unseres Herrn Jesus
Christus und seine großen Taten, auch alles, was er tat, als er geboren ward
in unserem Land: dessen Anfang ist also:

Dieses kleine Kind Jesus, als er fünf Jahre alt war, spielte an der Furt eines
Baches, und er versammelte die Gewässer, die in die Becken flossen, und
machte sie sogleich sauber, und gebot ihnen durch sein Wort allein.
Und machte mit weichen Ton davon zwölf Spatzen, die er umgearbeitet.
Und es war der Sabbat, als er diese Dinge getan. Und es gab auch viele
andere kleine Kinder, um mit ihm zu spielen.
Und ein Jude, als er sah, was Jesus tat, zu spielen am Sabbat, ging sogleich
und sagte seinem Vater Josef: Siehe, dein Kind spielt am Bach, und er hat
Ton aufgenommen und gestaltet zwölf kleine Vögel, und hat den Sabbat
verunreinigt.
Und Josef kam an den Ort und sah und rief zu ihm und sprach: Warum tust
du diese Dinge am Sabbat, die nicht erlaubt sind zu tun? Aber Jesus
klatschte in die Hände und rief zu den Spatzen und sprach zu ihnen: Geht!
und die Spatzen flohen und zwitscherten.
Und als die Juden das sahen, waren sie erstaunt und gingen und erzählten
es ihren Häuptern, was sie gesehen hatten, was Jesus tat.

Aber der Sohn von Annas, der Schreiber, stand dort mit Josed, und er
nahm einen Zweig von einer Weide und teilte das Wasser, das Jesus
gesammelt hatten.
Und als Jesus sah, was geschehen war, ward er zornig und sprach zu ihm:
O böser und gottloser Narr, was haben die verhurten Schwimmbäder und
das Wasser zu tun mit dir? Siehe, auch du wirst wie ein Baum verdorrt sein
und sollst nicht Blätter, noch Wurzel, noch Früchte tragen.
Und alsbald war der Junge ganz verwelkt, aber Jesus hat ihn verlassen und
ging zu Josefs Haus. Aber die Eltern dessen, der verdorrt war, hoben ihn
auf, haben seine Jugend beklagt, und brachten ihn zu Josef und
beschuldigte ihn: dass du ein solches Kind, das solche Taten tut, hast!

Danach ging er wieder durch das Dorf, und ein Kind lief zu ihm und hat
auf seine Schulter geschlagen. Und Jesus rief und sprach zu ihm: Du sollst
nicht beenden dein Leben. Und sofort fiel er um und starb. Aber sicher, als
sie sahen, was geschehen war, sagten sie: Von wem ward dieses junge
Kind geboren, dessen jedes Wort ist eine vollendete Arbeit? Und die Eltern
des Verstorbenen kamen zu Josef und gaben ihm die Schuld und sprachen:
Du hast ein solches Kind und weißt nicht mit uns in der Gemeinde zu
wohnen, oder du solltest ihn lehren, zu segnen und nicht zu fluchen, denn
er erschlägt unsere Kinder.
Und Josef rief das Kindlein und ermahnte ihn und sprach: Warum machst
du so etwas, dass diese leiden und uns hassen und verfolgen? Jesus aber
sprach: Ich weiß, dass diese deine Worte nicht deine sind, dennoch um
deinetwillen werde ich Frieden halten, aber sie werden ihre Strafe tragen.
Und alsbald wurden sie mit Blindheit geschlagen.
Und die Leute sahen es und fürchteten sich und waren sehr verwirrt und
sagten über ihn, dass jedes Wort, das er gesagt hatte, ob es gut oder
schlecht war, eine Tat wurde und wurde zu einem Wunder. Und als sie
sahen, dass Jesus so getan hatte, erhob sich Josef und griff an Jesu Ohr und
zog daran.
Und das Kindlein ward zornig und sprach zu ihm: Es genügt dir, zu suchen
und nicht zu finden, und wahrlich, du hast unklug getan. Weißt du nicht,
dass ich dein bin? Ärgere mich nicht.

Jetzt ein bestimmter Lehrer, Zachäus mit Namen, stand da und er hatte
zum Teil zugehört, als Jesus diese Dinge zu seinem Vater sagte, und er
verwunderte sich sehr, dass ein kleines Kind solche Dinge sprach.
Und nach ein paar Tagen kam er zu Joseph und sprach zu ihm: Du hast ein
kluges Kind, und er hat Verständnis. Komm, bring ihn zu mir, dass er
Buchstaben zu schreiben lerne. Und ich werde ihn mit den Buchstaben
alles Wissen lehren, und dass er zu grüßen weiß alle Ältesten und sie zu
ehren als Großväter und Väter, und sie zu lieben in seinen jungen Jahren.
Und er sagte ihm alle Buchstaben von Alpha bis Omega deutlich und
stellte viele Fragen. Aber Jesus sah Zachäus, den Lehrer, und sprach zu
ihm: Du, der nicht das Alpha seinem Wesen nach kennt, wie kannst du
andere das Beta lehren? Du Heuchler, lerne erst das Alpha, und dann
werden wir dir glauben über das Beta. Dann begann er, den Lehrer über
die ersten Buchstaben zu belehren, und der Lehrer konnte ihm nicht
antworten.
Und in der mündlichen Verhandlung von vielen jungen Kindern spricht
Jesus zu Zachäus: Höre, Lehrer, die Verordnung des ersten Buchstabens
und achten auf diesen, wie, dass es hat [was folgt, ist in diesem und in
allen Paralleltexte wirklich unverständlich: eine wörtliche Version würde
wie folgt ausgeführt: wie das A aus zwei Linien besteht, wobei die zweite
aus der ersten hervorgeht, und einer dritten Verbindungslinie, so ist die
Dreifaltigkeit. Das ist die Regel des Alpha.
Als nun der Lehrer Zachäus solches hörte und viele Allegorien +bner den
ersten Buchstabe von dem jungen Kind, war er über seine Antwort
verblüfft und dass seine Lehre so groß war, und sagte zu ihnen, die da
waren: Wehe mir, dass ich Elender bin, denn ich bin verwirrt. Ich habe
Schande über mich gebracht, indem mich diese kleinen Kind belehren
kann.
Nimm ihn aus der Schule, deshalb bitte ich dich, mein Bruder Josef. Ich
kann nicht ertragen die Schwere seiner Blicke, ich kann nicht einmal klar
denken, mein Wort deutlich zu machen. Das kleine Kind ist nicht irdisch
geboren: das ist einer, der sogar Feuer zähmen kann. Einer wie dieses Kind
ist gezeugt vor der Erschaffung der Welt. Welcher Schoß hat dieses Kind
getragen, welche Brüsze ihn genährt? Ich weiß es nicht. Wehe mir, o mein
Freund, hat so verwirrt hat er meine Gefühle, ich kann ihm nicht mit
Verständnis folgen. Ich habe mich getäuscht, dreimal elender Mensch, der
ich bin! Ich suchte einen Schüler zu bekommen, und ich fand einen
Meister.
Ich glaube, mein Freund, das ist zu meiner Schande, denn mein Alter ist
von einem jungen Kind überwunden worden, und ich bin sogar bereit, in
Ohnmacht zu fallen und aufgrund dieses Knaben zu sterben, denn ich bin
nicht in der Lage, nach dieser Stunde ihm noch ins Gesicht zu sehen. Und
wenn alle Menschen sagen, dass ich durch ein kleines Kind überwunden
wurde, was habe ich weiter zu sagen? Und was kann ich über die Linien
des ersten Buchstaben sagen, von denen er zu mir geredet hat? Ich bin
unwissend, o mein Freund, ich kenne weder Anfang noch Ende davon.
Darum bitte ich dich, mein Bruder Josef, nimm ihn in dein Haus, denn er
ist etwas Großes, ob Gott oder Engel, oder als was soll ich ihn bekennen,
ich weiß es nicht.

Und als die Juden berieten mit Zachäus, lachte der junge Kind stark und
sagte: Nun lasst diejenigen Früchte tragen, die unfruchtbar sind! Und lasst
die sehen, die Blinde im Herzen sind! Ich bin von oben, dass ich sie zu
verfluchen komme, und rufe aus die Dinge, die von oben gekommen sind,
auch als Er es befahl, das ich um euretwillen gekommen von Dem, der
mich gesandt.
Und als das kleine Kind zu sprechen aufgehört, sofort haben sie alles, das
sie ganz unter seinem Fluch standen, vorgenommen. Und niemand nach
diesem wagte es, ihn zu provozieren, damit er nicht fluche, und er sollte
verstümmelt werden.
Nach bestimmten Tagen spielte Jesus in dem oberen Gemach eines
bestimmten Hauses, und eins der Kleinkinder, die mit ihm gespielt hatten,
stürzte aus dem Haus und starb. Und die anderen Kinder, als sie das sahen,
flohen, und Jesus blieb allein.
Und die Eltern des Verstorbenen kamen und warfen ihm vor, dass er ihn
niedergeschlagen hatte. Und Jesus sprach: Ich habe ihn nicht
niedergeschlagen, aber sie schmähten ihn immer noch mehr.
Und Jesus sprang hinunter vom Dach und stand vor dem Körper des
Kindes und rief mit lauter Stimme und sprach: Zeno (denn so wurde sein
Name genannt) stehe auf und sage mir, habe ich dich herab geworfen? Und
alsbald stand Zeno auf und sagte: Nein, Herr, du hast mich nicht herab
gestoßen, sondern du hast mich auferstehen lassen. Und als sie es sahen,
waren sie erstaunt, und die Eltern des Kindes priesen Gott für das Zeichen,
das gekommen war, und übereigneten sich Jesus und beteten Jesus an.

Nach ein paar Tagen war ein junger Mann beim Holzhacken in der
Nachbarschaft, und die Axt fiel und zerschlug den Fuß, und er verlor viel
Blut und war nahe daran, auf der Stelle zu sterben.
Und da gab es einen Tumult und Hall, und das Kindlein Jesus lief dahin,
und drang mit Gewalt durch die Vielzahl, und ergriff den Fuß des jungen
Mannes, der getroffen wurde, und er war alsbald geheilt. Und er sprach zu
dem jungen Mann: Steh auf jetzt und spalte das Holz und denk an mich.
Aber als das Volk sah, was geschehen war, beteten sie das Kindlein an und
sprachen: Wahrlich, der Geist Gottes wohnt in diesem kleinen Kind.

Als er sechs Jahre alt war, sandte ihn seine Mutter Maria, Wasser zu
schöpfen und es ins Haus zu tragen, und sie gab ihm einen Krug, aber in
der Kelter schlug er den Krug gegen einen anderen, und der Krug war
gebrochen.
Jesus aber teilte das Kleidungsstück, das er trug, und füllte es mit Wasser
und brachte es zu seiner Mutter Maria. Und als seine Mutter Maria die
Geschichte sah, hat sie ihn geküsst, und sie hat in sich bewahrt die
Geheimnisse, die sie sah, die er tat.
Auch in der Zeit der Aussaat ging das Kindlein hinaus zu seinem Vater, um
Weizen ins Land zu säen, und wie sein Vater säte, säte das Kindlein Jesus
auch ein Weizenkorn.
Und er erntete es und drosch es und hundert Haufen machte er davon und
rief alle Armen des Dorfes zu der Tenne und gab ihnen den Weizen. Und
Josef nahm den Rest des Weizens. Und er war acht Jahre alt, als er dieses
Zeichen gewirkt.

Und sein Vater war Zimmermann und machte damals Pflüge und Joche.
Und es wurde ihm durch einen reichen Mensch gesagt, der benötigte ein
Bett, dass er es für ihn mache. Und da war eine Latte, die gemessen wurde,
zu kurz, und Josef wußte nicht, was zu tun war, das Kindlein Jesus aber
sagte zu seinem Vater Josef: Leg diese beiden Stücke aus Holz hin und
mache sie gleich lang. Und Josef tat, wie das Kindlein zu ihm sprach.
Jesus aber stand auf der anderen Seite und griff nach der kürzeren Latte
und streckte sie und machte sie gleich mit der anderen Latte. Und sein
Vater Josef sah es und wunderte sich, und er umarmte das Kindlein und
küßte ihn und sprach: Wohl mir, denn Gott hat mir dieses kleine Kind
gegeben.

Als aber Joseph sah das Verständnis des Kindes, und sein Alter, dass es auf
die volle Zahl der Reife komme, sprach mit sich selbst und dachte wieder,
dass er nicht unwissend über Buchstaben sein solle, und er nahm ihn und
übergab ihn einem anderen Lehrer. Und der Lehrer sagte zu Josef: Zuerst
werde ich ihn lehren die griechischen Buchstaben und danach die
hebräischen. Denn der Lehrer wusste, dass die Fähigkeiten des Kindes
groß waren, und hatte Angst vor ihm, doch er schrieb das Alphabet, und
Jesus daraufhin überlegte lange und antwortete ihm nicht.
Und Jesus sprach zu ihm: Wenn du wirklich ein Lehrer bist und kennst die
Buchstaben, sage mir die Kraft des Alpha und dann sage ich dir die Macht
der Beta. Und der Lehrer war provoziert und schlug ihn auf den Kopf. Und
das Kindlein war verletzt und verfluchte ihn, und er fiel alsbald
ohnmächtig zu Boden auf sein Gesicht.
Und das Kind lief zurück zu dem Hause Josefs. Josef wurde traurig und
rief die Mutter Maria und sprach: Lass ihn nicht aus der Tür, denn alle, die
ihn provozieren, sterben durch seinen Zorn.
Und nach einiger Zeit kam noch ein anderer Lehrer, der ein treuer Freund
Josefs war, und sagte zu ihm: Bring das Kindlein zu mir in die Schule,
vielleicht kann ich ihn in den Buchstaben unterrichten. Und Josef sprach:
Wenn du keine Angst hast, mein Bruder, nimm ihn mit dir. Und er nahm
ihn bei sich auf, voller Angst und mit großer Mühe des Geistes, aber der
junge Knabe folgte ihm gerne.
Und er ging mit Kühnheit in die Schule und fand ein Buch auf der Kanzel
liegen und nahm es und las die Buchstaben nicht, die darin waren, aber tat
seinen Mund auf und sprach von dem Heiligen Geist und lehrte das Gesetz
denen, die dabeistanden. Und eine große Volksmenge kam zusammen und
stand dort horchend und staunte über die Schönheit seiner Lehre und die
Geschicklichkeit seiner Worte, dass ein Kind solche Dinge gesprochen.
Aber als Josef das hörte, fürchtete er sich und lief zu der Schule, ob dieser
Lehrer ebenfalls ohne Geschick gewesen oder geschlagen mit Gebrechen.
Aber der Lehrer sprach zu Josef: Wisse, mein Bruder, dass ich dieses
Kindes Jünger bin, aber er ist voller Gnade und Weisheit, und jetzt bitte ich
dich, Bruder, nimm ihn in dein Haus.
Und als das kleine Kind das hörte, lächelte er ihm zu und sagte: Weil du
das gut gesagt hast und bist gewesen ein wahrer Zeuge, um deinetwillen
soll auch der, der geschlagen wurde, geheilt werden. Und unverzüglich
wurden die anderen Lehrer geheilt. Und Josef nahm das Kindlein und ging
zu seinem Haus.

Und Josef schickte seinen Sohn Jakob, um Holz zu sammeln und es ins
Haus zu tragen. Und das Kindlein Jesus folgte ihm auch. Und als Jakob
Reisig sammelte, biss eine Viper die Hand Jakobs.
Und da er wund war, der Elende, und verdorben, kam Jesus in die Nähe
und hauchte den Biss an, und alsbald haben die Schmerzen aufgehört, und
die Schlange zerbarst, und alsbald war Jakob wieder heil.

Und danach, in der Nähe von Josef, ward ein kleines Kind krank und starb,
und seine Mutter weinte sehr. Und Jesus hörte, dass da große Trauer und
große Not war, und er lief schnell und fand das Kind tot, und er berührte
seine Brust und sprach: Ich sage dir, Kind, sterbe nicht, sondern lebe und
lebe mit deiner Mutter. Und alsbald blickte sie auf und lachte. Und er
sprach zu dem Weib: Nimm ihn und gib ihm Milch, und denk an mich.
Und die Menge, die dabeistand, sah es und wunderte sich und sprach:
Wahrlich, dieses junge Kind ist entweder ein Gott oder ein Engel Gottes;
denn jedes Wort von ihm ist eine perfekte Arbeit. Und Jesus ging von
dannen und ging mit anderen Kindern spielen.

Und nach einiger Zeit gab es Arbeit an einem Gebäude. Es gab aber ein
großes Getümmel, und Jesus stand auf und ging dorthin, und er sah einen
Mann tot und ergriff seine Hand und sagte: Mann, ich sage dir, erhebe dich
und tu deine Arbeit. Und alsbald stand er auf und betete ihn an.
Und als die Menge das sah, entsetzten sie sich und sagten: Das kleine Kind
ist aus dem Himmel, denn er hat viele Seelen gerettet vor dem Tod, und
hat die Macht, sie alle sein Leben lang zu retten.

Und als er zwölf Jahre alt war, gingen seine Eltern nach dem Brauch nach
Jerusalem zu dem Passahfest mit ihrer ganzen Sippe, und nach dem Passah
kehrten sie zu ihrem Haus zurück. Und das Kind Jesus ging wieder nach
Jerusalem zurück, aber seine Eltern nahmen an, dass er in ihrer
Gesellschaft war.
Und als sie eine Tagereise weit gegangen waren, suchten sie ihn unter den
Verwandten, und als sie ihn nicht fanden, erschraken sie und kehrten
wieder in die Stadt und suchten ihn. Und am dritten Tag fanden sie ihn im
Tempel sitzen mitten unter den Lehrern und ihnen zuhörend und sie
fragend. Und alle Männer gaben acht auf ihn und staunten, wie ein kleines
Kind die Ältesten überwand und die Lehrer des Volkes zum Schweigen zu
bringen wusste, den Häuptern eine Darlegung des Gesetzes und der
Gleichnisse der Propheten gebend.
Und seine Mutter Maria trat herzu und sprach zu ihm: Kind, warum hast
du so an uns getan? Siehe, wir haben dich mit Schmerzen gesucht. Und
Jesus sprach zu ihnen: Was sucht ihr mich? Wisst ihr nicht, dass ich sein
muß in dem, was meinem Vater gehört?
Aber die Schriftgelehrten und Pharisäer sagten: Bist du die Mutter dieses
Kindes? Und sie sagte: Ich bin's. Und sie sprachen zu ihr: Du bist
gebenedeit unter den Frauen, weil Gott die Frucht deines Leibes gesegnet
hat. Denn solche Herrlichkeit und Exzellenz und Weisheit haben wir bisher
weder gesehen noch je gehört.
Und Jesus stand auf und folgte seiner Mutter Maria und war untertan
seinen Eltern, aber seine Mutter Maria behielt ihn im Auge, wenn andre
zum Spielen kamen. Und Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade.
Ihm sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


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DAS GRIECHISCHE MÄDCHEN

von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

DER BAUM
Ich zog mich aus, um auf einen Baum zu klettern; meine nackten Schenkel
umarmten die glatte und feuchte Rinde; meine Sandalen kletterten auf die
Zweige.

Hoch oben, aber immer noch unter den Blättern und vor der Hitze im
Schatten geschützt, spreizte ich eine weit verbreitete Astgabel und
schwang meine Füße ins Leere.

Es hatte geregnet. Tropfen von Wasser fielen und flossen auf meine Haut.
Meine Hände waren von Moos verschmutzt, und meine Fersen waren von
den zerkleinerten Blüten gerötet.

Ich fühlte die schöne Baumhütte, als der Wind durch sie hindurchging; da
schloss ich meine Beine straffer, und presste meine geöffneten Lippen an
den behaarten Nacken eines Astes.

PASTORALGESANG

Man muss ein Hirtenlied singen, um Pan, den Gott des Sommerwindes,
anzurufen. Ich beobachte meine Herde, und Selenes Zeitmaß, in dem
runden Schatten eines Ölbaums.

Selene wird auf der Wiese liegen. Sie steht auf und läuft, oder jagt
Heuschrecken, nimmt Blumen und Gräser, oder badet ihr Gesicht im
kühlen Strom des Bächleins.

Ich reiße die Wolle vom hellen Rücken meiner Schafe, und ich drehe mich.
Die Zeiten sind langsam. Ein Adler segelt am Himmel.

Die Schatten bewegen sich. Bring den Korb mit Blumen und den Topf mit
Milch! Man muss ein Hirtenlied singen, um Pan, den Gott des
Sommerwindes, anzurufen.

MÜTTERLICHER RAT
Meine Mutter badet mich in der Dunkelheit, sie kleidet mich in der Sonne
und setzt mir die Haube auf im sanften Schein der Lampe; aber wenn ich
gehe im Mondlicht, bindet sie meinem Gürtel und macht einen doppelten
Knoten.

Sie sagt mir: Spiele mit den Jungfrauen, tanze mit den kleinen Kindern,
nicht aus dem Fenster schau, fliehe die Unterhaltung der jungen Männer
und fürchte der Witwen Rat.

An einem Abend wird jemand, wie es schon immer war, kommen, um dich
über die Schwelle in der Mitte einer großen Halle zu klingenden
Trommeln und lieblichen Flöten amourös zu führen.

An diesem Abend, wenn du gehst, Kallisto, wirst du mir drei Kürbisse voll
von Galle zurücklassen: einen für den Morgen, einen für den Nachmittag,
und den dritten, den bittersten, für den Festtag.

BARFUSS

Ich habe lange schwarze Haare bis über meinen Rücken und eine kleine
runde Kappe. Mein Kleid ist aus weißer Wolle. Meine Beine sind robust,
gebräunt von der Sonne.

Wenn ich in der Stadt lebte, müsste ich goldene Schmuckstücke und
goldbestickte Kleider und silberne Hausschuhe haben. Ich schaue auf
meine nackten Füße in ihren Hausschuhen voll Staub.

Psophis! Komm hierher, kleines Wesen! Trage mich an den Bach, bade
meine Füße, meine Hände, und zerdrücke einige Oliven mit ein paar
Veilchen, dass ich die Blumen rieche.

Heute sollst du mein Sklave sein; du wirst mir folgen und mir dienen, und
am Ende des Tages werde ich dir ein paar Linsen aus meinem eigenen
Garten mitgeben für deine Mutter.

DER ALTE MANN UND DIE JUNGEN NYMPHEN


Ein alter blinder Mann lebt auf dem Berg. Der die Nymphen gesehen hatte,
nun waren seine Augen schon lange tot. Von da an war sein Glück nur eine
ferne Erinnerung.

Ja, ich sah sie, sagte er mir, Helopsychria, Limnanthis, sie waren in der
Nähe des Ufers, am grünen Teich von Physos. Das Wasser schimmerte
höher als die Knie.

Ihre Hälse waren unter ihren schweren Haaren wie die Flügel von
Heuschrecken gebogen. Ihre Nägel waren hauchdünn. Ihre Brüste waren
voll, wie die Kelche der Hyazinthe.

Sie legten ihre Finger auf das Wasser und zogen langstielige Rosen aus
dem unsichtbaren Schlick. Über ihre geteilten Schenkel verbreiteten sich
langsame Kreise.

GESANG

Toto, was machst du denn da? - Ich wickle Wolle und spinne milesisches
Garn. - Ach! ach! Warum kommst du nicht tanzen? – Ich bin so traurig!
Ich bin so traurig!

Toto, was machst du denn da? - Ich schneide Schilf zur Beerdigung. - Ach!
ach! Und sag mir, was passiert ist. - Ich werde es nie sagen können! Oh,
ich werde es nie sagen können!

Toto, was machst du denn da? - Ich breche Olivenzweige, um zur


Beerdigung Öl zu machen. - Ach! ach! Und wer ist gestorben, mein
Schatz? - Wie kannst du nur fragen? Oh, sag, wie kannst du nur fragen?

Toto, was machst du denn da? - Sie stürzte ins Meer. - Ach! ach! und sag
mir, wie geschah das? - Vom weißes Pferderücken. Vom weißen
Pferderücken.

JÜNGLINGSLIEBE
Eines Abends, als ich vor meiner Tür stand, überholte mich ein junger
Mann. Er sah mich an, ich wandte mich ab. Er sprach zu mir, ich gab ihm
keine Antwort.

Er wäre gern näher gekommen. Ich nahm eine Sense, die gegen die Mauer
gelehnt war, und wollte seine Wange schlagen, hätte er einen Schritt
vorgetan.

Dann trat er ein wenig zurück, begann zu lächeln, blies über seine Hand
und sagte: Ein Kuss für dich. Ich schrie und weinte. Meine Mutter lief zu
mir,

Ängstlich, und dachte, ich wäre von einem Skorpion gestochen worden.
Ich rief: Er küsste mich. Meine Mutter küsste mich auch, und trug mich
weg in ihren Armen.

ERWACHEN

Es ist bereits Tageslicht. Ich sollte lang schon aufgestanden sein. Aber am
Morgen der Schlaf ist süß, und die Wärme des Bettes hält mich kuschelig.
Ich möchte noch länger liegen bleiben.

Bald werde ich in den Stall gehen. Ich werde Gras und Blumen den Ziegen
geben und eine Schale voll Frischwasser aus dem Brunnen, und ich werde
aus dem Stall heraus gehen, so wie sie zu trinken.

Dann werde ich sie an die Pfähle binden und melken die Milch aus ihrem
warmen Euter; und, wenn die Kinder nicht eifersüchtig sind, wir alle
müssen die weichen Zitzen zusammen saugen.

Säugte nicht Amalthea den Zeus? Dann werde ich gehen. Aber noch nicht.
Die Sonne kam zu früh, und die Mutter ist noch nicht erwacht.

REGEN
Leise und in der Stille der feine Regen hat alles befeuchtet. Es regnet noch
ein wenig. Ich werde unter den Bäumen spazieren. Barfuß auf dem
Erdreich.

Der Frühlingsregen ist köstlich. Zweige beladen mit Regen-getränkten


Blüten machen mich benommen vom Duft. Die zarte Haut der Rinde
glänzt in der Sonne.

Leider! wie viele Blüten sind auf die Erde gefallen. Schade, all die
gefallenen Blumen. Bitte, fegt sie nicht auf oder zerdrücken sie im
Schlamm: sondern lasst sie für die Bienen.

Käfer und Schnecken spazieren auf den Pfaden zwischen den


Wasserbecken; ich möchte nicht auf sie treten, noch erschrecken diese
vergoldete Eidechse, die sich streckt und blinken lässt die Augen.

BLUMEN

Nymphen des Waldes und der Brunnen, wohltätige Freundinnen, oh! Hier
bin ich. Sie verstecken sich nicht, sondern kommen mir zu Hilfe, denn ich
bin wund durch das Gewicht so vieler gepflückter Blumen, und bin
überfordert.

Ich werde von euch wählen eine schlichte Hamadryade mit erhobenen
Armen, und in ihre grünen Haare werde ich meine schwerste Rose
drücken.

Sie zu sehen! Ich habe so viele von den Feldblumen, die ich nie gepflückt,
sie nach Hause zu tragen, es sei denn, ihr gebt mir einen riesigen
Blumenstrauß. Wenn ihr euch weigert, werde ich mich bekümmern:

Gestern sah ich die Nymphe, deren Haar getönt rötlich war wie ein Satyr,
und ich werde dieses schamlose Geschöpf wegschicken.

UNGEDULD
Ich warf mich weinend ihr in die Arme, und für lange Minuten fühlte sie
meine warmen Tränen über ihre Schulter fließen, und voll von Angst
konnte ich wieder sprechen:

Ach, ich bin nur ein Kind, die jungen Männer sehen mich nicht. Wann
werde ich schöne junge Brüste haben wie du, dass sie mir aus dem Kleid
quillen und locken ihre Küsse an?

Niemand blickt mit Augen auf mich, wenn mein Hemd verrutscht,
niemand nimmt die Blumen, die aus meinen Haaren fallen; niemand sagt
mir, dass er sich töten wird, wenn meine Lippen einen anderen küssen.

Zärtlich antwortete sie mir: Kallisto, kleines Mädchen, wie eine Katze im
Mondlicht, du weinst und machst dir Sorgen grundlos. Die ungeduldigen
Jungfrauen sind nicht diejenigen, die am ehesten gewählt werden.

VERGLEICH

Sperlinge, Vögel der Kypris, begleiten unsere erste Wünsche mit ihren
Tönen. Die jungen Körper von jungen Mädchen wie Blumen blühen, so
blüht die Erde. Die Nacht und alle unsere Träume kommen, und wir
flüstern zusammen.

Manchmal vergleichen wir unsere verschiedenen Schönheiten, unsere


langen Haare, unsere knospenden Brüste, unsere Wachtel-gleichen Deltas,
unterhalb des Bauches unten schön geformt.

Aber gestern habe ich mich bemüht auf diese Weise gegen Melantho zu
siegen, meine ältere Freundin. Sie war stolz auf ihren Busen, der innerhalb
eines Monats aufgegangen, und spöttisch über meine flache Tunika, da
nannte sie mich kleines Kind.

Kein Mensch konnte uns gesehen haben, so zeigten wir uns nackt vor den
anderen Mädchen, und wenn sie in einer Hinsicht gewann, besiegte ich sie
mit Abstand in einer anderen Hinsicht. Sperlinge, Vögel der Kypris,
begleiten unsere ersten Wünsche mit ihren Tönen.
DER STROM IM WALD

Ich hab allein im Strom im Wald gebadet. Ich musste die armen Najaden
erschrecken, denn ich konnte kaum sehen, wie sie weit weg in das dunkle
Wasser flohen.

Ich rief sie. Um sie zu imitieren, hab ich geflochten Iris-Blüten, schwarz
wie meine Haare, um meinen Hals, mit Knoten des gelben Ginsters.

Von einem langen schwebenden Unkraut machte ich mir einen grünen
Gürtel und drückte meine Brüste und hielt meinen Kopf geneigt ein wenig.

Und ich rief: Najaden, Najaden, spielt mit mir, ihr Schönen! - Aber die
Najaden sind transparent, und vielleicht streichelte ich sogar ihre lasziven
Arme, unwissend!

DIE MELISCHE NYMPHE PHITTA

Sobald die Hitze der Sonne verringert ist, werden wir gehen und spielen an
den Ufern des Flusses; wir werden um einen gebrechlichen Krokus
kämpfen oder um eine triefende Hyazinthe.

Wir werden eine Menschenkette bilden, und wir werden einen Kranz von
Mädchen flechten. Wir werden einander an der Hand nehmen, und
erfassen jeweils der anderen Tunika-Rock.

Phitta! gib Honig! Phitta! lass uns mit dir baden, Phitta, melische Nymphe,
gib Schatten süß unseren schwitzenden Körpern.

Und wir werden dir, oh segensreiche Nymphe, nicht sündigen Wein


einschenken, sondern Öl, und Milch von gehörnten Ziegen.

DER SYMBOLISCHE RING

Reisende aus Sardes sprechen von den Halsketten und Edelsteinen, mit
denen die lydischen Frauen sich schmücken, von den Spitzen ihrer Haare,
ihren gefärbten Fußnägeln.
Die jungen Mädchen in meinem Land haben weder Armbänder noch
Diademe, aber der Finger trägt einen silbernen Ring, auf dem das Bild
vom Dreieck der Göttin eingraviert ist.

Wenn sie die Spitze nach oben richten, bedeutet es, Psyche zu treffen. Und,
wenn sie die Spitze nach unten richten, bedeutet es, Psyche wird
geschaffen.

Die Männer glauben daran, die Frauen nicht. Was mich betrifft, ich
bemerke kaum die Richtung der Spitze, denn Psyche ist eine leichte Beute.
Sie kann man immer treffen.

TÄNZE IM MONDSCHEIN

Auf dem weichen Gras, in der Nacht, junge Mädchen mit dem violetten
Haar zusammen haben getanzt, und eines von jedem Paar dem Liebling
Antwort gab.

Die Jungfrauen sagten: Wir sind nicht für dich. - Und als ob sie sich
schämten, schirmten sie ihre Jungfräulichkeit ab. Pan spielte die Flöte
unter den Bäumen.

Die anderen sagten: Aber ihr werdet kommen, um uns zu suchen. - Sie
gestalteten ihre Kleider nach der männlichen Tracht und haben sie träge zu
kämpfen um ihre tanzenden Glieder geschlungen.

Dann wird jede sich erklären, die verhalten blieb, sie nahm ihre Kameradin
bei den Ohren, und, ihren Kopf neigend, trank sie einen langen Kuss.

KLEINE KINDER

Der Bach ist fast trocken, die Trocknung eilt unterzugehen in dem
Schlamm; die Luft brennt, und weit entfernt von den steilen Böschungen
ein dünnes klares Bächlein im Sande fließt.
Da ist es von morgens bis in die Nacht, die wenigen nackten Kinder
kommen, um zu spielen. Sie baden, nicht tiefer als ihre Kälber, so
ausgetrocknet ist der Strom.

Aber die Landstreicher rutschen oft auf den Felsen, und kleine Jungen
werfen Wasser auf kleine lachende Mädchen.

Und wenn ein Unternehmen der Kaufleute vorbei führt ihre großen weißen
Rinder zum Waschbecken, falten sie die Hände hinter ihnen, und
beobachten die schweren Tiere.

GESCHICHTEN

Ich werde von kleinen Kindern geliebt; wenn sie mich sehen, kommen sie
zu mir und hängen sich an meine Tunika und laufen und greifen meine
Beine mit winzigen Armen.

Wenn sie Blumen gesammelt, sind es alle meine; wenn sie einen Käfer
gefangen, legen sie ihn in meine Hand; wenn sie nichts haben, streicheln
sie mich und lassen mich neben ihnen sitzen.

Dann küssen sie mich auf die Wange, sie ruhen ihre kleinen Köpfe auf
meinen Brüsten aus; sie flehen mich mit ihren leuchtenden Augen an. Wie
gut ich weiß, was sie damit sagen wollen!

Sie bedeuten mir: Kallisto, Süße, erzähle uns wieder, denn wir sind gut, die
Geschichte des Helden Perseus, oder wie die junge Helle fand ihren Tod.

IHRE VERHEIRATETE FREUNDIN

Unsere Mütter haben uns zusammengeführt, und heute Abend Melissa,


meine liebste Freundin, ward verheiratet. Die Rosen liegen immer noch
auf der Straße; die Fackeln flammen noch, lodernd.

Und ich wieder auf dem gleichen Weg mit der Mutter, und ich träume. So,
wie sie heute ist, hätte ich auch sein können. Bin ich so schnell
gewachsen?
Die Prozession und die Flöten, das Hochzeitslied, die blühenden Wagen
des Bräutigams, alle diese Prächte in einer anderen Nacht werden sich über
mich verbreiten, unter den Olivenzweigen.

So wie Melissa jetzt, werde ich mich vor einem Mann und mit dem
Geschmack der Liebe in der Nacht entkleiden, und später noch werde ich
kleine Kinder an meinen geschwollenen Brüsten ernähren.

VERTRAUEN

Am nächsten Tag ging ich, sie zu besuchen, und wir erröteten den
Moment, da wir einander sahen. Sie lud mich ein, in ihr Zimmer zu
kommen, damit wir allein sein konnten.

Ich hatte viele Dinge ihr zu sagen; aber als ich sie sah, vergaß ich alles. Ich
wagte nicht einmal, mich ihr an den Hals zu werfen, ich sah hoch zu ihrem
Gürtel auf.

Ich war erstaunt, dass ihr Gesicht gleich blieb, sie schien immer noch
meine Freundin zu sein; und doch, in der Nacht zuvor, hatte sie so viele
Dinge gelernt, die mich verrückt gemacht hätten.

Plötzlich saß ich auf ihren Knien, ich nahm sie in die Arme und flüsterte
ihr ins Ohr: wild, sehr besorgt. Sie legte ihre Wange an meine und erzählte
mir alles.

DIE MONDIN MIT BLAUEN AUGEN

In der Nacht werden das Haar der Frauen und die Zweige der Weide
verschmelzen und sich vermischen leise miteinander. Ich ging an den Rand
des Wassers. Plötzlich hörte ich eine Singstimme: Da wusste ich, es gab da
einige Mädchen.

Ich sagte zu ihnen: "Was wollt ihr singen? - Sie antworteten mir: Wir
singen die Heimkehrenden. - Eine wartete auf ihren Vater, eine auf ihren
Bruder; aber sie haben alle auf ihre Geliebten gewartet und waren unruhig.
Sie hatten geflochtene Kränze und Girlanden für sich selbst, schnitten
Wedel von den Palmen und zogen die Lotosblumen aus dem Teich. Sie
hatten ihre Arme einander um die Hälse geschlungen und sangen
abwechselnd.

Ich wanderte entlang des Flusses, traurig und allein, auf der Suche, alles
über mich zu erfahren, ich sah die blauen Augen der Mondin hinter den
Bäumen aufgestiegen, um mich nach Hause zu führen.

GESANG

Schatten des Waldes, wo sie jetzt ist, sagt mir, wohin hat sich meine
schöne Herrin verirrt? - Sie ist auf die Ebene weggegangen. - Wiesen, o
sagt mir, wo ist meine Geliebte? - Sie ist den Ufern des Flusses gefolgt.

Schöner Fluss, der gerade sah sie vorbeilaufen, sag mir, ist sie hier herum
gekommen? - Sie hat mich verlassen, um auf die Straße abzuweichen. - Oh
Straße, hast du sie noch gesehen? - Sie hat mich für die Straße der Stadt
verlassen.

O Straße der Stadt, sag mir, oh, wohin hast du sie geführt? - Zur goldenen
Straße, die nach Sardis führt. - Oh Straße des Lichts, mit ihren nackten
Füßen betrat sie dich? - Sie ist ins Haus des Königs getreten.

O Palast von Glanz, Licht der Welt, gib sie mir wieder zurück! - Siehe! Sie
hat Halsketten gehängt um ihre Brüste, Kränze von Blüten ins Haar, lange
Perlenketten um ihre Beine, und zwei Armen umschließen ihre Taille.

LYKAS

Komm, wir wollen uns in den Bereich unter den Wacholderbüschen


verirren, wir wollen Honig frisch aus dem Bienenstock essen und
Heuschrecken ernten von der Narzisse Stängel.
Komm, wir werden zu Lykas gehen, die Herden seines Vaters auf den
schattigen Hängen des Tauros zu sehen. Sicherlich wird er uns etwas
Milch geben.

Ich kann seine Flöte hören. Er bläst so geschickt. Hier sind die Hunde und
die Lämmer, und er lehnt er sich gegen einen Baum. Ist er nicht so schön
wie Adonis?

O Lykas, gib uns etwas Milch! Hier sind ein paar Feigen von unseren
Bäumen. Wir sind gekommen, um bei dir zu bleiben. Oh bärtiges
Kindermädchen, spring nicht so hoch, damit du bald die rastlosen Zicken
begeisterst.

OPFER DER GÖTTIN

Diese Girlande durch meine Hände sind geflochten nicht für Artemis, die
bei der Jagd regiert, wenn auch Artemis mich aus den Geburtswehen
befreien wird.

Noch für die Athene von Sidon, obwohl sie aus Elfenbein und Gold ist und
hält in der Hand einen Granatapfel, um die Vögel anzulocken.

Nein, sondern für Aphrodite, die ich liebe in meinem Herzen, denn sie
allein kann meine hungrigen Lippen sättigen, wenn ich in ihren heiligen
Baum meine Schleifen mit Rosenknospen hänge.

Aber nie werde ich sagen laut mein Bedürfnis. Ich werde mich auf die
Zehenspitzen stellen, flüstern meinen Wunsch als Geheimnis in einen Spalt
in der Rinde.

DIE FREUNDIN

Der Sturm hatte die ganze Nacht gedauert. Selenis mit dem schönen Haar
war gekommen, um mit mir zu tanzen. Sie blieb aus Angst vor Schlamm
und drückte sich fest an mich, wir haben mein kleines Bett gefüllt.
Wenn junge Mädchen schlafen miteinander, der Schlaf selbst bleibt vor der
Tür. - Kallisto, sag mir, sag mir, wen du liebst. - Sie schob ihren
Oberschenkel über meinen, mich sanft zu erwärmen.

Und sie flüsterte mir in den Mund: Ich weiß, Kallisto, wen du liebst.
Schließe die Augen, ich bin Lykas. - Antwort gab ich, sie berührend: Muss
ich nicht sagen, dass du nur ein Mädchen bist? Dein Witz ist ungeschickt.

Aber sie fuhr fort: Wahrlich, ich bin Lykas, wenn du deine Lider schließt.
Hier sind die Arme, hier sind seine Hände. - Und zart, in der Stille, errötete
sie vor meinen Träumen von einem Fremden.

GEBET ZU PRESEPHONE

Durch die rituellen Waschungen gereinigt und in violetten Kleidern, die


wir von unseren Olivenzweige hängen lassen auf die Erde.

Oh, Unterweltskönigin Persephone, was auch immer der Name, den du


wünschst, wenn dieser Name dir gefällt, oh, höre unser Gebet, mit
Schatten gekrönt, mit kargem Lächeln unsere lose Königin zu sein!

Koklis, die Tochter des Thrasymakos, an deine Türe liegend betet sie nicht,
noch ruft sie dich. Du weißt, sie kann nicht fliehen vor dir für immer, aber
hole sie später, rufe sie an einem anderen Tag.

Oh, trage sie nicht weg, so schnell, unsichtbare Herrin, denn sie beweint
ihre Jungfräulichkeit, sie fleht dich durch unsere Gebete an, sie zu retten,
wir geben dir unsere drei schwarzen Schafe ungeschoren.

WÜRFELSPIEL

Da wir beide ihn verehrten, veranstalteten wir ein Würfelspiel für ihn zum
Spiel. Das war eine berühmte Party. Viele Mädchen sahen sehr besorgt
drein.
Er warf den Zyklopen-Wurf, und ich warf den Solon-Wurf. Dann warf er
den Kallibolos-Wurf, und ich spürte meine Niederlage kommen und bat
die Göttin.

Ich spielte, ich warf den Epiphenon-Wurf, er hatte gesetzt auf den hohen
Kios-Wurf. Ich warf den Antiteukos-Wurf und er den Trikias-Wurf; und
dann warf ich und setzte auf Aphrodite, dass der geschätzte Geliebte
gewinnt...

Die Mädchen wurden bleich; ich umklammerte seinen Hals und flüsterte
ihm ins Ohr (was sonst niemand wissen kann): Weine nicht, mein Freund,
wir lassen Aphrodite zwischen uns wählen.

DER SPINNROCKEN

Den ganzen Tag meine Mutter hat mich in das Frauenzimmer


eingeschlossen, zusammen mit meinen Schwestern, die ich verabscheue,
die untereinander mit gesenkter Stimme sprechen. In meiner eigenen
kleinen Ecke, weit weg, drehte ich meine Spindel.

Mein lieber Rocken, da ich mit dir allein bin, wirst du allein mein
Vertrauter sein. Deine Kammgarn-Perücke der weißen Haare fühlt man
wie eine Frau. Hör mir zu.

Wenn ich in der Lage wäre, sollte ich nicht hier sein, nicht sitzen im
Schatten der Mauer und spinnen gelangweilt: Ich sollte in Veilchen auf den
Hängen des Taurus lagern.

Da er nicht so reich ist wie ich, wird meine Mutter ihn nicht zu mir lassen,
mich zu heiraten. Aber lass mich dir sagen, entweder ich werde vor
meinem Hochzeitstag sterben oder er wird derjenige sein, der mich
heimführen wird.

DIE FLÖTE
Für den Hyazinthen-Tag gab er mir einige Rohre Pans, Schilf gut
geschnitten, gebunden aneinander mit weichem weißen Wachs, süß wie
Honig auf den Lippen.

Er lehrte mich zu spielen, ich habe auf seinen Knien gesessen; vielleicht
zittere ich nur ein bisschen zu viel. Er spielte dann nach mir in den Tönen
so süß, ich kann sie kaum hören.

Wir haben nicht Ein Wort gesprochen, wir waren so nah zusammen die
ganze Zeit, aber die Lieder sangen, wir gaben einander Antwort, und
immer wieder der Mund wollte die Flöte versuchen, uns gegenseitig dort
zu finden.

Wie spät es ist! In der grünen Nacht der Frosch fängt jetzt an zu singen.
Meine Mutter wird nie glauben, dass ich so lange blieb, um den Gürtel,
den ich verloren, wieder zu finden.

KLEIDER

Er sagte zu mir: Heute Nacht hatte ich einen Traum. Dein Haar fiel und
fiel über meine Kehle, deine Locken waren als Joch um meinen Hals, ein
schwarzes Netz ausbreitend auf meiner Brust.

Und ich streichelte dich, und du warst mein eigen, und wir waren
zusammen so für immer gebunden, durch die gleichen Haare, Mund auf
Mund, wie zwei einzelne Lorbeeren mit Einer einzigen Wurzel.

Und nach und nach, schien es mir, unsere Glieder seien so verflochten,
dass ich dein Körper wurde, oder du gabst mir wie ein süßer Traum deinen
eigenen Körper zur Vermischung.

Als er fertig war, legte er sanft seine Hand auf meine Schulter und schaute
in meine Augen mit einem solchen Blick, ich senkte meine Augen und
zitterte.

DER BECHER
Lykas sah mich kommen, nur in einem kurzen und hauchfeinen Kleidchen
gekleidet den Tag, so glühend war der Tag; er wollte an meine Brüste, die
aufgedeckt waren, um sie zu kneten.

Er nahm eine Handvoll des besten Tons, knetete ihn im Wasser, frisch und
leicht. Als er ihn sanft auf der Haut ausbreitete, war es so kalt, ich dachte,
dass ich in Ohnmacht fallen würde.

Aus meiner modellierten Brust machte er einen Becher, abgerundet und


sanft geschwungen. Er stellte ihn in die brennende Sonne, um ihn zu
backen, und bemalte ihn mit Gold und purpurnen Farben, beeindruckenden
Blumen rund um das Loch.

Dann besuchten wir den Fluss, der geheiligt den Nymphen, und warfen
den Becher in den Strom und streuten darauf Ginster-Blüten.

ROSEN IN DER NACHT

Nach der Nacht schleicht der Himmel davon, die Erde gehört uns und den
Göttern. Wir kommen aus unsern Bereichen an den Rand des Flusses;
unsere nackten Füße führen uns von den schweren Wäldern zu den
Lichtungen.

Funkelnde Sterne leuchten hell genug für die kleinen Schatten, die wir
sind. Manchmal finden wir ein schlafendes Reh unterhalb der niedrigen
Hänge.

Aber das, was noch schöner in der Nacht ist als jede andere Sache, ist ein
Ort, nur für uns, der uns durch die Echtheit des Holzes anzieht; ein
schwerer Busch von geheimnisvollen Rosen.

Kein anderer Hauch von Götterköpfen auf der Erde kann dem Duft von
Rosen in der Nacht gleich sein. Wie kommt es, dass, wenn ich allein mich
fand, ich mich nicht an ihrem Geruch berauschte?

BEDAUERN
Zuerst habe ich nicht geantwortet, da saß die Scham auf meinen Wangen,
und das Pochen meines Herzens verletzte meine Brüste.

Dann kämpfte ich und sagte: Nein! Nein! Ich wandte meinen Kopf, und
der Kuss erfüllte nicht meine Lippen, noch der Wunsch spreizte meine eng
geschlossenen Schenkel.

Er bat mich um Verzeihung, küsste meine Haare, ich spürte seinen heißen
Atem auf mir, und er ging. Jetzt bin ich allein.

Ich sehe den leeren Platz, den einsamen Wald, die mit Füßen getretene
Erde. Und ich kaue an meinen Fingern, bis sie bluten, und ich ersticke
mein Schluchzen im Gras.

UNTERBROCHENER SCHLAF

Ich schlief allein wie ein Rebhuhn in der Heide. Die leichte Brise, das
Rauschen des Wassers und die Weichheit der Nacht haben mich dort
gehalten.

Ich war eingeschlafen, unvorsichtig, und ich erwachte mit einem Schrei,
und ich kämpfte, und ich weinte; aber es war schon zu spät. Welche Diener
sind die Hände eines Kindes?

Er würde mich nicht verlassen. Nein, er drückte mich liebevoll an seine


Brust und drückte mich an sich, und ich sah ihn nicht mehr, noch sah ich
die Erde und die Bäume, sondern nur die Glut in seinen Augen.

Dir, siegreiche Kypris, weihe ich dieses Opfer, noch feucht vom Tau, mit
Spuren der Angst eines Mädchens, Zeugen meines Schlafs und meines
Kampfes.

AN DIE WÄSCHERIN

O Wäscherin, sage nicht, dass du mich gesehen hast! Ich vertraue mich dir;
verrate mich nicht! Zwischen meinem Kleid und meinen Brüsten ist etwas,
ich bringe es dir, es zu waschen.
Ich bin wie eine ein wenig erschrockene Henne. Ich kann noch nicht
sagen, ob ich es wage zu sagen. Mein schlagendes Herz kann mich jetzt
sogar töten! Ich bringe dir ein Tuch.

Ein Kleidungsstück und die Bänder über meinen Gliedern. Du siehst, es


gibt etwas Blut. Apollo war es, trotz mir! Ich kämpfte hart genug; aber die
Menschen, die lieben, sind stärker als wir.

Wasche es gut; scheue weder Salz noch Kreide. Ich werde drei Obolen für
dich zu Aphrodites Füßen legen, und sogar eine silberne Drachme.

GESANG

Als er zurückkam, versteckte ich mein Gesicht in meinen Händen. Er


sagte: Fürchte dich nicht! Wer hat unseren Kuss gesehen? Sahen uns die
Nacht und der Mond?

Und die Sterne und das erste Erröten der Morgendämmerung? Der Mond
hat sein Antlitz im See gesehen und gesagt, dass es das Wasser unter den
Weiden war. Das Wasser erzählte es den Ruderern am Ruder.

Und die Ruder haben es dem Boot erzählt, und das Boot hat das
Geheimnis an die Fischer weitergegeben. Ach, ach, wäre das nur alles!
Aber der Fischer sagte das Geheimnis einem Weib.

Der Fischer sagte das Geheimnis einem Weib: mein Vater und meine
Mutter und meine Schwestern und alle von Hellas werden jetzt die
Geschichte kennen.

DIE HÜTTE

Die kleine Hütte, wo sein Bett das schönste Bett der Erde ist: Sie wird von
den Ästen der Bäume gebaut, vier Wände aus sonnenverwöhntem Ton, und
oben mit Moos und Grasnarben bedeckt.
Ich liebe ihn, denn wir liegen warm zusammen, da die Nächte kühl sind;
und je kühler die Nächte, desto länger werden wir zusammen liegen. Bei
Anbruch des Tages finde ich, dass ich müde bin.

Die Matratze ist die Erde; zwei Decken aus schwarzer Wolle umschließen
unsere heißen Körper. Seine Brust ist hart gegen meine Brüste gedrückt.
Mein Herz pocht.

Er drückt mich so hart, dass ich zerbreche, ich gebrechliches kleines


Wesen, da ich weiß, wer ich bin; aber sobald er in mir ist, nichts anderes
existiert, und ich könnte meine Gliedmaßen ohne zu erwachen in meiner
Ekstase abschneiden.

DER VERLORENE BRIEF

Ach, weh mir! Ich habe seinen Brief verloren. Ich legte ihn zwischen
meine Haut und mein Kleid unterhalb der Wärme meiner Brüste. Ich lief,
er ist herunter gefallen.

Ich sollte auf meinem Heimpfad zurückkehren; sollte jemand ihn finden
und es meiner Mutter sagen, ich würde vom Spott meiner Schwestern
geschlagen.

Wenn ihn ein Mann gefunden, wird er ihn mir geben; oder auch wenn er
sich kümmert, mich heimlich zu sprechen, ich kenne den Weg, um ihn mit
mir zu entzücken.

Aber sollte eine Frau einst auf ihn blicken, o Wächter Zeus, beschütze sie
mich! denn ich weiß, sie würde die Geschichte allen sagen, oder ich bin
sicher, sie würde mir meinen Geliebten stehlen.

GESANG

Die Nacht ist so tief, dass sie zwischen meine Augenlider kriecht. Du wirst
nie den Weg finden. Du wirst dich im Wald verirren.
Der Lärm der stürzenden Wasser füllt meine Ohren. Du hörst nicht die
Geräusche von deinem Geliebten, obwohl er nur zwanzig Schritte entfernt
ist.

Der Geruch der Blumen ist so stark, dass ich in Ohnmacht falle und falle
auf dem Weg. Du würdest ihn nicht fühlen, wenn er überquerte deine
Straße.

Ah! obwohl er so weit weg ist von hier, über die vielen Berge ging, sehe
ich ihn und höre ihn, und ich fühle, wie er mich berührt.

DER SCHWUR

Wenn die Wasser des Flusses steigen die schneebedeckten Gipfel hinauf,
Weizen und Gerste sprießen zwischen den sich bewegenden Ozean-
Hügeln.

Wenn Kiefern werden geboren aus Seen und Wasserlilien im Frühjahr aus
Steinen, und wenn die Sonne schwarz wird und der Mond auf den Rasen
fällt.

Dann, aber dann allein, werde ich eine andere Geliebte nehmen, dann
werde ich dich vergessen, Kallisto, Seele meines Lebens, mitten in
meinem Herzen.

Er sagte es mir so! Er sagte es mir so! Was zählt, ist die ganze Welt - wo ist
die Ekstase, die sich mit meiner Ekstase vergleichen ließe?

NACHT

Und jetzt bin ich es, die ihn sucht. Jede Nacht stehle ich mich leise aus
dem Haus, und reise auf einem langen und abwegigen Weg zu seiner
Wiese, dort ihn zu beobachten, und mit ihm zu schlafen.

Manchmal bleibe ich eine lange Zeit, nie bin ich glücklicher, nur um ihn
zu sehen; nur um wieder zu Atem zu kommen, neige ich meine Lippen zu
ihm, ihn zu küssen.
Dann plötzlich werfe ich mich auf ihn. Er wacht auf in meinen Armen und
kann nicht aufstehen, weil ich ihn auf den Boden drücke. Er schimpft und
lacht und drückt mich fest. So spielen wir in der Nacht.

Das Erröten der Morgendämmerung, oh, frech glüht sie am Horizont!


Innerhalb welcher Höhle ist für immer Nacht, auf welcher Wiese unter der
Erde sind wir in der Lage, in der Liebe eingewickelt zu sein so lange, dass
wir schnell vergessen die Erinnerung an die, die wir lieben?

WIEGENLIED

Schlafe! Ich habe deine Kugeln weit von Sardes hergebracht; deine
Kleidung aus Babylon. Schlafe, Kind von Kallisto und dem König der
aufgehenden Sonne.

Der Wald und diese Bogen der Paläste sind für dich gebaut worden. Die
Stämme der Kiefern sind deine Kolonnaden; die Zweige hoch in der Luft
sind deine Gewölbedecke.

Schlafe! Ich werde die Sonneneinstrahlung auf die wogenden Meere


bitten, dich nicht zu wecken. Dein Atem ist leichter als die Brise von den
Flügeln der schneeweißen Tauben gerührt.

Mein Kind, Fleisch von meinem Fleisch, du wirst mir sagen, wenn du
erwachst, ob du die Stadt oder die Wiese, die Berge oder den Mond oder
einfach nur die weiße Prozession der Götter willst.

DAS GRAB DER NAJADE

Ich ging durch den raureifbedeckten Wald; meine Haare blühten mit
kleinen Eiszapfen vor meinen Mund, und meine Sandalen waren schwer
verschmutzt und verkrustet vom Schnee.

Er sagte zu mir: Was suchst du? - Ich folge den Spuren des Satyrs. Seine
kleinen Fußspuren sind wie Löcher in einem schneeweißen Gewand. - Er
sagte: Der Satyr ist tot.
Die Satyrn und Nymphen sind tot. Seit dreißig Jahren hat es nicht so einen
schrecklichen Winter gegeben. Die Spuren, die du siehst, sind die einer
Ziege. Aber bleibe hier, denn hier ist ihr Grab.

Und mit dem Eisen seiner Hacke brach das Eis des Flusses auf, in dem die
Najade vormals zu lachen pflegte. Er nahm einige der großen gefrorenen
Klumpen und hob sie in den blassen Himmel und sah durch sie hindurch.

DAS SCHIFF

Schönes Schiff, das mich hier langweilt, an der Küste des Ionischen
Meeres, ich überlasse dich den schimmernden Wellen, die immer mit
einem leichten Sprung andrängen.

Du bist auf der Rückkehr in das ferne Land, wo die Jungfrau ist
Begleiterin der Nymphen. Vergiss nicht, der unsichtbaren Ratgeberin zu
danken, und trage diesen Zweig, von meinen Händen gepflückt.

Du warst eine Kiefer, die auf den Hügeln stand; deine Zweige trugen
Eichhörnchen und deine Vögel alle in den wütenden Stürmen.

Möge Boreas dich nun führen, dich drücken sanft vorwärts zum Hafen,
schwarzes Schiff, von Delphinen begleitet, auf Gedeih und Verderb dem
stets wachsamen Meer ausgeliefert.

PSAPPHO

Ich reibe mir die Augen, es ist schon Tag, denke ich. Ah! Wer ist der an
meiner Seite? Eine Frau? Bei Paphia, das hatte ich vergessen! O
Charitinnen! wie heiß vor Scham bin ich!

In welches Land ich bin gekommen, welche Insel ist dies, wo die Liebe in
dieser Weise verstanden wird? Wenn ich nicht so müde wäre, ich dächte,
dass ich geträumt hatte. Kann es sein, dass dies Psappho ist?
Sie schläft. Sie ist sehr schön, obwohl ihr Haar in kurzer Mode
geschnitten. Aber dieses seltsame Gesicht, dieser niedliche Busen und
diese schmalen Hüften!

Ich werde sie am besten verlassen, bevor sie aufwacht. Leider! Ich liege an
der Wand. Ich muss über sie schreiten. Ich habe Angst, gegen ihre Hüfte zu
kommen, Angst, dass sie versucht, mich zurückzuhalten.

DER TANZ VON GLOTTIS UND KYSE

Zwei kleine Mädchen hatten mich zu ihrem Haus geführt, und sobald die
Tür geschlossen war, zündeten sie den Docht mit Feuer an und wollten für
mich tanzen.

Ihre Wangen waren rot vom Rouge, ihre kleinen Bäuche weiß. Sie griffen
sich an den Armen und plauderten fröhlich.

Auf einem zur Schau getragenen und gepolsterten Bock sitzend, sang
Glottis mit scharfer Stimme, und schlug laut ihre Händchen zusammen.

Kyse tanzte in schneller Stakkato-Mode, dann stoppte sie, lachte


umständlich, griff ihrer Schwester an die Brüste, biss ihr in die Schulter
und drehte sie kreiselnd wie eine spielende Ziege.

RATSCHLÄGE

Dann trat Syllikmas auf und sah, daß wir so intim waren, und sie setzte
sich auf die Bank. Glottis auf einem Bein und Kyse auf dem anderen,
begann sie:

Komm her, meine Liebe. - Aber ich blieb weg. Da fuhr sie fort: Hast du
Angst vor uns? Komm näher! Die honigartigen Liebkosungen eines
Mädchens sind süß: diese Kinder wirklich lieben dich. Sie können dich
Dinge lehren, die du nicht kennst.
Der Mann ist gewalttätig und faul. Du kennst ihn sicherlich gut. Dann
hasse ihn! Er hat eine abgeflachte Brust, raue Haut, kurze Haare und
zottige Arme. Aber Frauen sind ganz schön!

Und nur Frauen kennen die Kunst der Liebe! Bleib bei uns, Kallisto, bleibe
weiß! Und wenn du einen wirklich feurigen Geist hast, wirst du deine
Schönheit wie in einem Glas auf dem Körper deines Geliebten sehen.

KALLISTO

Eine Frau drapierte sich mit schnneweißer Wolle. Eine andere kleidet sich
in Seide und Gold. Und noch eine behängt sich mit Blumen, grünen
Blättern und lila Trauben.

Was mich betrifft, muss ich immer nackt leben! Mein Geliebter, komm und
nimm mich, wie ich bin; ohne Kleidung oder Schmuck oder kleine Stiefel,
siehe mich! Kallisto selbst und nichts weiter.

Schwarze Haare von schimmernder Schwärze, und meine Lippen rot wie
glühende Röte. Meine Locken schweben über mir frei und locker und
gelockt wie Federn.

Nimm mich, wie meine Mutter mich in einer fernen Nacht der Liebe
geboren, und wenn ich dich bitte in dieser Art und Weise, bitte vergiss
nicht, mir zu sagen, dass du mich nackt liebst!

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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


Worte der Weisheit und Gottesliebe
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SANKT TERESA MARGARETA VOM HEILIGSTEN HERZEN JESU

Übersetzt und herausgegeben

von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

Von der Liebe Gottes

Ich habe nichts zu tun als zu lieben... ich fühle in mir einen ständigen
Vorwurf des Souveränen Guten, und auf der anderen Seite scheint mir alles
einfach das Vorpreschen zu Gott zu behindern... Ich finde keine andere
Abhilfe, als im Glauben zu leben. Ich kann mir nicht vorstellen, was für
eine schmerzhafte Kost ein Leben ohne Liebe würde für jemanden sein,
der vom Wunsch nach dieser Liebe brennt. (Brief an Pater Ildefonse, 19.
Dezember 1768)

Wenn ich für mich die Hölle offen sehen würde, wollte ich weiterhin den
Herrn lieben auf die gleiche Weise. (Kanonischer Prozess: Worte der
Heiligen)
Es ist genug, geschlossen zu halten die Außentüren, die Sinne; dann
scheint es mir, dass die Seele nicht an anderer Stelle ist als in ihrem
Zentrum, das Gott ist. (Kanonischer Prozess: Worte der Heiligen)

Ich schlage vor, mein Gott, kein anderes Ziel als die Liebe in all meinen
Handlungen anzustreben, inneren und äußeren, und mich daran zu
erinnern, dass ich Liebe für Liebe gebe. (Entschließungen, 1768)

Meine einzige Liebe, ich habe mich ganz aufgeben für dich, damit du
allein mich entsprechend deinen Plänen behandelst. (Entschließungen,
1768)

Sorge für mich, wie es dir angenehm ist, vorausgesetzt, dass ich dir folge
nach Golgatha: je dorniger ich es finde und desto schwerer dein Kreuz,
desto glücklicher werde ich sein. (Entschließungen, 1768)

Ich glaube, dass ich nicht weniger als ein Wunder gesehen habe in dem
liebevollen Verhalten unseres guten Gottes, der führte mich zu diesem
heiligen Ort (Karmel) ... Ich danke ihm dafür, dass er mich siegreich
machte, und dafür, dass mein Herz von so vielen Anhänglichkeiten befreit
ward, die es von dem einzige Gegenstand abgetrennt hätten, in dem es
ausruhen kann. (An Mutter Maria Anna des Albizi in St. Apollonia, 5.
Januar 1769)

Wir sollten nicht gestört werden, unabhängig von den Umständen, in die
Gott uns stellt, aber wir sollten ihm erlauben, zu handeln, indem wir seine
Absichten annehmen; auf diese Weise werden wir mit der Reinheit der
Liebe lieben. (Maximen der Heiligen)

Wie der, der eine Frau liebt, oft an sie denkt, so auch derjenige, der Gott
liebt, der denkt immer an ihn. (Maximen der Heiligen)

Alle Dinge zählen nicht, wenn es um den Erwerb der wahren Liebe Gottes
geht. (Maximen der Heiligen)

Lasst uns alle für die Liebe leben, und nichts wird uns mehr schwierig
erscheinen, wenn wir bedenken, dass die Liebe nichts als Liebe begehrt.
(Maximen der Heiligen)
Für diese Liebe, die Gott selbst ist, sollte keine Arbeit zu beschwerlich
scheinen, sie zu erwerben, noch soll man sich zurückziehen wegen der
Schwierigkeiten, denen man begegnen kann. (An Mutter Anna Maria von
St. Antonius von Padua)

Der Spiegel, in dem wir auf uns selbst schauen sollten, dass wir die
göttliche Vereinigung erreichen, ist Jesus Christus, denn niemand kann sie
erreichen, außer mit der Hilfe Jesu und durch die Verdienste Jesu am
Kreuz. (An dieselbe)

Betrachten wir die Gnade Gottes: in diesen Anlagen spricht er zu uns ohne
Worte, und erinnert uns daran, ihn zu lieben. (Mit der Schwester in ihrer
Nähe im Garten)

Wenn eine kranke Schwester, bei der sie sich aufhielt, sie drängte, in den
Chor zu gehen in der Zeit, um sich auf die Heilige Kommunion
vorzubereiten, antwortete sie: „Es könnte schwierig sein für mich, hier zu
bleiben, aber auf der anderen Seite glaube ich, dass ich eher Gehorsam
leiste, wenn ich hier dir helfe, als im Chor zu beten, das wird die treue
Erfüllung meiner Pflichten und die beste Vorbereitung für die Kommunion
sein, denn Gott ist auch nicht an Ort und Zeit gebunden.“ (Mutter Teresa
Maria von der Heiligsten Empfängnis)

Wenn die Aktionen unserer Nächsten hundert Aspekte haben, sollten wir
sie immer aus dem besten Blickwinkel betrachten. (Zu derselben)

Wenn eine Aktion tadelnswert ist, lasst uns entschuldigen die Absicht. (Zu
derselben)

Bei der Verwendung als Krankenschwester musste sie jeder kranken


Schwester etwas geben, was ihr sogar leicht schaden könnte, da sagte sie:
"Jetzt ist die Zeit, um Jesus dieses Opfer zu bringen, das er von dir
erwartet." (Erinnerungen)

Versuche, ganz für Gott voller Liebe zu sein, den Vorgesetzten mit
Unterwerfung zu begegnen, den Nächsten mit Barmherzigkeit. (An eine
der Schwestern)
Nie klage, niemandem, aber wende deine Beschwerden gegen dich selbst;
weil, wenn du nicht tust, was man zu tun hat, um erfolgreich zu sein, wie
kannst du dich beschweren, wenn andere scheitern? (Aus den Schriften der
Heiligen)

Ich glaube, dass die Liebe erträglich und sogar süß machen würde die
Qualen der Hölle; weil die Liebe allein alles überwindet, wie es von den
heiligen Märtyrern demonstriert wird. (Pater Ildefonse)

Liebe leidet weder eine Verzögerung noch eine Ruhe, aber sie ist stets
darauf bedacht, für den Geliebten zu leiden. (Maximen der Heiligen)

Unser guter Gott wünscht sich sehnlichst, dass wir den großen Schatz
seiner Liebe empfangen; aber er will, dass wir ihn eindringlich darum
bitten, und dies in einer solchen Weise, dass jede Arbeit, die wir
durchführen, eine Bitte um diese Liebe ist. (Gedanken)

II

Von der Liebe zum Nächsten

Wenn eine der Schwestern eine öffentliche Korrektur erhalten hatte, ging
die Heilige, sie zärtlich zu trösten und sagte: "Jetzt ist die Zeit, um
Verdienste für eine seligen Ewigkeit zu sammeln, so dass du die
unangenehme Erfahrung wie einen kleinen Blumenstrauß Jesus anbieten
kannst, nicht dir selbst, sondern ihm, der entschuldigt und vergibt allen."
(Erinnerungen)

Erinnern wir uns daran, dass unsere heilige Mutter unsere Klöster
hauptsächlich gründete, damit wir durch unser Gebet denjenigen helfen,
die dafür arbeiten, die Seelen zu Gott zu führen. Wenn wir in diesem
fahrlässig werden, so sind wir abgefallen von ihrem Geist, und die Heilige
Mutter sieht uns nicht mehr als ihre Töchter an. (Worte, die die Heilige oft
gesagt zu Mutter Teresa Maria von der Heiligsten Empfängnis)

III
Über Glaube und Hoffnung

Was für eine schöne Sache ist es doch, zu ihm zu beten, der uns so viel
geben will!... Unserem guten Vater ist es genug, dass wir den Mund öffnen
und einfach ihm nur zeigen unseren Wunsch, gehört zu werden... Wie kann
man weniger tun, um gehört zu werden? (Maximen)

Es ist außergewöhnlich, dass unser guter Jesus, auch wenn wir schlafen,
wenn wir uns selbst amüsieren und überhaupt nicht an ihn oder uns selbst
denken, er noch weiter zu seinem ewigen Vater für uns betet! (Maximen)

Bleiben wir ganz ruhig, dass die Dinge sich immer zu unserem Vorteil
entwickeln, da Gott immer gibt, was das Beste für uns ist. (An eine der
Schwestern)

Setzen wir all unser Vertrauen in Gott, und lasst uns daran erinnern, dass es
der Glaube ist, dass Gott uns Kraft gibt im Verhältnis zu unserer Arbeit.
(An eine der Schwestern)

Siehst du nicht, wie Gott uns hilft, und am Ende des Tages ist alles
erreicht? (An eine der Schwestern)

Ich möchte durch den Glauben an dich, Herr, leben... und ich hoffe, dass
ich am Ende gerettet werde! (Kanonischer Prozess: Worte der Heiligen)

Ihr Skeptiker, o ihr, die es nicht wagt, in seine Nähe zu kommen, macht
den Test und prüft, wie gut und großzügig unser Gott in der Liebe ist!
(Kanonischer Prozess: Worte der Heiligen)

IV

Von der Demut

Je ärmer und elender ich bin, um so mehr bin ich reich und stark in Gott.
(Kanonischer Prozess: Worte der Heiligen)
Gott in seiner Barmherzigkeit ist umso herrlicher, desto gemeiner und
verächtlicher ich bin in meinem Nichts, in meinen Sünden, in meiner
Schwäche. (Kanonischer Prozess)

Wie können wir uns nicht demütigen, nachdem Gott sich so erniedrigte für
uns? (Kanonischer Prozess)

Besonders am Ende ihres Lebens pflegte sie zu sagen: "Wenn sie wüssten,
was ich bin, würden sie nicht bei mir bleiben, denn ich bin so schlecht."
(Kanonischer Prozess)

Wenn etwas gut läuft, lasst uns nicht glauben, dass es wegen unserer
Gebete ist; aber wenn ein Unglück geschieht, lasst uns denken, dass es
wegen unserer Sünden ist. (Gedanken)

Der Geist Jesu ist ein Geist der Unterwerfung, der Einfachheit, der Demut
und der Sanftmut. (Gedanken)

Lasst uns versuchen, die Liebe, die uns erschaffen und erlöst und uns
befiehlt, zu lieben. Wenn wir uns sehnen, ihn zu finden, ist die Art und
Weise diese: Die Demut des Herzens und die Einfachheit des Geistes. (An
die Schwestern)

Da die Liebe die Liebhaber entsprechend macht, sollten wir demütig sein
wie Jesus, sanftmütig wie Jesus; und seine Demut wird uns lehren, uns zu
freuen, wenn wir verachtet werden, und still zu sein, wenn die Natur uns
dazu führt, uns vor uns selbst zu entschuldigen. (An die Schwestern)

Es ist eine tolle Sache, unser guter Jesus, obwohl er herrlich ist zur
Rechten des Vaters, nimmt er unser übelstes Elend auf sich und geruht,
ständig für uns zu intervenieren. (Kanonischer Prozess: Worte der
Heiligen)

Über den Gehorsam


Sie selbst erklärte, dass sie durch reinen Gehorsam leben wollte, und daher
in allem, was sie tat, sich bemühte, in jeder Lage sich selbst zu sagen: "Ich
tue dies durch Gehorsam und nur durch Gehorsam." (Kanonischer Prozess:
von Pater Ildefonse)

VI

Über die Armut

Als sie (die Heilige) eindringlich von ihrem Vater gefragt wurde, der ihr
etwas schenken wollte, und fragte, was sie möchte, antwortete sie: "Ich
wünsche nichts, und ich brauche nichts. Du hast mir so ein schönes
Geschenk gemacht, indem du mir erlaubt hast, dieses heilige Habit zu
tragen, dass, wenn ich mit meinem Gesicht auf den Boden von morgens
bis abends in der Dankbarkeit bliebe, ich immer noch weniger täte als ich
tun sollte." (Kanonischer Prozess)

In den letzten Stunden ihres Lebens verordnete der Arzt ihr ein paar
Tropfen Laudanum. Sie empfing dies mit Dankbarkeit, meinte aber, dass
die Medizin zu gut und kostbar für eine arme Unbeschuhte Nonne wäre,
und dass sie nicht so viel Aufmerksamkeit verdiene. (Kanonischer Prozess:
von Mutter Teresa Maria)

VII

Über die Stille

Wer den Frieden will, der möge leiden und schweigen. (An die
Schwestern)

Wenn wir heilig werden wollen, lasst uns arbeiten und leiden in der Stille,
und bewahren wir unsere Seele im Frieden. (An die Schwestern)

Wenn man nicht direkt sprechen kann, ist es besser, zurückzukehren zum
Gebet und zur Stille; und damit zu einem Frieden mit Gott allein. (An die
Schwestern)
Immer, wenn es einige Probleme im Kloster gab, war die Heilige nicht
bereit, darüber zu sprechen, und pflegte zu sagen: "Das Gebet und die
Stille!" (Erinnerungen)

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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


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TAGEBUCH

von Josef Maria von der Ewigen Weisheit


„Jede menschliche Seele ist ein Fatum.“ (Nietzsche)

Mittwoch, 22.7.2015

Weil ich keinen Gesprächspartner habe, dem ich meine Gedanken


mitteilen kann, will ich ein Tagebuch führen. Dann brauch ich die
technokratischen Familienväter nicht mit meiner einsamen Mystik zu
belästigen. Heute ist der Tag der Magdalena, aber katholische Priester
haben nicht das Charisma des Frauenlobes, sie können diese
wunderschöne Hochheilige nicht auf ihrem Thron verherrlichen. Ich aber
kenne Magdalena sehr gut. Die Evangelikalen kennen sie natürlich nicht.
Aber was wissen schon die Evangelikalen. Ich meine La Madelaine de la
Provence! Die Braut des Hohenliedes im Neuen Bund!

Was ich von Magdalena lerne: Buße zu tun für mich und andre,
Vereinigung mit dem Gekreuzigten, kontemplatives Leben und die
Depression als Sühneopferleiden anzunehmen, für andere zu leiden. Fest
für Magdalena, Festmahl beim Chinesen, mit meinem Liebling Tom
geplaudert und gelacht, ihn zum griechischen Festmahl eingeladen.
Charles de Foucauld verehrte Magdalena, nannte sie seine Mutter, ich
nenne sie meine Freundin und Geliebte.

Heute vor 25 Jahren hab ich Karine kennen gelernt, sie erschien mir als
Aphrodite, es war Liebe auf den ersten Blick, und wir schliefen in der
ersten Nacht miteinander. Ich las damals Hölderlin und Wieland, Pindar
und Catull.

Donnerstag, 23.7.2015

Tag der Brigitta von Schweden. 6. Todestag meines Vaters. Messopfer.


Pfingstlerischer Bibelkreis, ich referierte Psalm 23 und ließ ihn in Luthers
Übersetzung auswendig lernen. Mein Freund erzählte von Jan Hus.
Johannes Paul II und Franziskus sprachen mit Wertschätzung von Jan Hus.
Nachts Lesung Heinrich Böll. Vortrag über Brigitta von Schweden. Ja zu
ihren Offenbarungen insgesamt. Heiligkeit mit femininem Antlitz! Schön
sind beide, Stefanie und Dina, sie inspirierten mich zur Nachdichtung
einiger Horaz-Oden.

Vorgestern Nacht kam Therese vom Kinde Jesus und schenkte mir eine
rote Rose, gestern feierte ich ein Fest mit Magdalena, seit einem Monat
hab ich eine Romanze mit Marina Zwetajewa, mich lieben die tollsten
Frauen!

Papst Franziskus: Die Zukunft der Kirche liegt in Asien (in Afrika, Asien
und Ozeanien). Und ich: Mein Herz gehört China, und zwar nicht dem
kommunistisch-kapitalistischem, sondern dem der Kaiser, Philosophen und
Poeten.

Jetzt kann ich ganz Papst Franziskus folgen, jetzt, wo sie anfangen, ihn zu
verlassen. Zuerst haben alle Hosianna geschrien, jetzt beginnen sie mit
dem Kreuzige! Den konservativen Christen ist er zu revolutionär, den
liberalen Christen ist er zu evangelisch-radikal. Jetzt steh ich an seiner
Seite.

Ich gehöre zu keiner Partei. Ich bin Katholik mit Liebe zur Bibel und zu
Luther und zum freikirchlichen Gemeinschaftssinn. Ich bin kein liberaler
Katholik, mich interessieren nicht Frauenpriestertum und Abschaffung des
Zölibats. Ich bin kein konservativer Katholik, ich verurteile nicht den
Islam und lehne die Ökumene nicht ab. Ich bin Monarchist, aber mit einer
radikalen Vorliebe für die Armen. Ich bin Karmelit und auch Missionar der
Karitas, Don Bosco's Jünger und auch Eremit. Ich bin Platoniker und liebe
auch Nietzsche. Ich liebe klassische und auch romantische Poesie. Ich
liebe Goethe und verurteile die Freimaurer. Ich liebe Bach und auch
englische Blues-Musik. Ich liebe heimlich Aphrodite und lehne die
sexuelle Revolution ab. Ich kenne keine Schublade, in die ich passe.

Papst Franziskus sagte einst als Erzbischof, dass viele Menschen mit ihren
Haustieren Götzendienst treiben. Sie meinen, dass man sich Liebe kaufen
könne. Und mich nerven die Deutschen und ihre abgöttisch geliebten
Hunde. Aber Kinder kann man ja abtreiben.

Jesus sagte zur heiligen Brigitta über ihren lasterhaften Sohn, er sei der
Sohn der Tränen und werde durch die Fürbitte der Mutter gerettet.

Gott sprach: Ich bin dein Gott, der Schöpfer aller Dinge, und ich habe dich
erwählt als meine Braut. Und nun höre meine Stimme, ich will dich meine
Geheimnisse lehren.

Freitag, 24.7.2015

Im Tode die Stimme hörend: Komm nun zur Weisheit, die kein Ende hat!
Manche Freunde Gottes scheinen wahnsinnig, aber es ist nicht vom Teufel,
sondern ein Gehirnleiden zu ihrer Demütigung. Herr, schenke mir Kreuze,
und sei es von Landstraßen, Poltergeistern und Flöhen! (Teresa.)

Wenn ein Mann sich zu früh in seiner Jugend mit einem Mädchen sexuell
vereinigt und dann wechselnde Geschlechtspartnerinnen hat, wird er
irgendwann der Frauen überdrüssig, zieht sich von der Frauen zurück und
lebt als einsamer Single.

*
Benedikt XVI, Sapientia: Für einen neuen Humanismus des dritten
Jahrtausends.

Politik ist Gift für die Poesie.

Petrus ging mit Jesus spazieren, sie sahen einen Hunde-Kadaver am


Wegrand verwesen. Petrus sagte: Herr, wie hässlich ist alles Irdische, alles
ist dem Tod geweiht. Jesus lächelte und sagte: Aber was für schöne Zähne!
Eine Perlenschnur!

Ein Haus voller Ratten, Mäuse, Spinnen und Flöhe! Das Haus ward der
Lilith geweiht. O Sankt Michael, purgiere das Haus!

Meine Taube Sophia!

Evis Familie ist kaputt, die Kinder sitzen nur noch vor dem Computer, der
Große hackt auf dem Kleinen herum, der Kleine hackt auf der Mutter
herum, und die Mutter will ihren Mann loswerden. Alle Zimmer bis
obenhin voll mit Müll, ein ganzes Zimmer unbetretbar wegen
Mäusekadavern, Ratten leben im Haus, dem Hund fehlt jede Erziehung,
stattdessen ist er voll Flöhe. Alles nichts als Kot der destruktiven Dämonen
des Okkultismus, ein hoffnungsloser Fall. Tom tut mir sehr leid! Wir haben
heute mit Feuer gespielt, er sang, ich sei gut, als einziger. Und er ist mir
auch der einzig liebe.

Samstag 25.7.2015
Paul Paulinski schreibt: Säe weiter den guten Samen in Tom. Irgendwann
kommt er aus seinen Umständen heraus. Vielleicht findet er eine Frau, die
ihn stabilisiert und ihm ein schönes Zuhause schafft.

Das Volk spricht: Du bist wie zehntausend von uns.

Sankt Franziskus „buchstabierte die Weisheit und Wissenschaft des


Reiches Gottes“.

Im Traum sah ich Karine und mich als Paar, wir trugen beide schwarz, ein
melancholisches Bild, dann lachte Karine, war sinnlich schön, mit schönen
Zähnen und wollüstigem Mund. Wir trafen den großen Shakespeare und
seine Freundin. Ich fragte Shakespeares Freundin, ob sie bukolische
Eklogen liebe und gab ihr vulgäre Sonette von mir, falls sie sie lesen
möchte.

„Wir müssen von euch Abschied nehmen. Wir sehen uns im Himmel
wieder. Sagt, wollt ihr uns die Treue halten?“

Messe. Feierliche Segnung von Karines und meiner Silberhochzeit. Maria:


Erfreut die Seelen eurer Toten mit der heiligen Messe. Rilke: Engel wissen
oft nicht, ob sie unter Lebenden oder Toten wandeln.

Meine Freundin, meine Makellose, meine Taube in der Felsspalte, Unsre


Liebe Frau von Lourdes!
Sonntag, 26.7.2015

Den ganzen Tag Sankt Anna angerufen.

Montag, 27.7.2015

Traum von Rilke, den ich meinen einzigen Zeitgenossen nannte, der ein
wahrer Dichter ist. Ich sagte Rilke, er solle nicht heiraten, sondern die
Einsamkeit suchen. Rilke fuhr dann schnell nach China, ich folgte ihm, wir
spielten mit Chinesen. Mittags Rilkes Requiem für Paula Becker gelesen
und einen Brief von ihm an einen jungen Mann über die
Geschlechtlichkeit.

Dienstag, 28.7.2015

Im Traum in einem lutherischen Bibelkreis, ein Pastor referierte den


Bibeltext und sprach immer von Gnade und Glaube. Ich sagte: Aber das
steht doch gar nicht da, sondern es ist von Frau Weisheit die Rede. -
Konnte in der Nacht nicht schlafen, musste am Tag schlafen. - Gestern bat
mich Tom um Süßigkeiten, ich fuhr zu ihm und fand das Haus von
schweren Regengüssen überflutet und musste das Wasser aus dem Haus
schippen. - Habe Theognis nachgedichtet. Lese Ehrenburg, den Fall von
Paris.

Ich hab euch lieb, spricht der Herr. Esau hasse ich, aber Jakob liebe ich. -
Selige Alonza von der Unbefleckten Empfängnis aus Indien,
kontemplatives Leben, Sühneleiden. - Jesus: Ich werde euch eine Weisheit
geben, der all eure Feinde nicht widerstehen können. - Hab Tom aus
seinem magischen Buch vorgelesen. Reinhold Schneider, Innozenz der
Dritte zuende gelesen.

Mittwoch, 29.7.2015
Nur zwei Stunden geschlafen. Von Stefanies Schönheit geträumt.
Anbetung der Herrlichkeit des Herrn oder der göttlichen Schönheit.

Donnerstag, 30.7.2015

Maria: Ihr seid müde von den irdischen Dingen. Kommt zu mir, ich werde
euch die Kraft wiedergeben, die ihr auf eurem schweren Lebensweg
verloren habt. Tom fährt zwei Wochen in Urlaub. Ich brauche jetzt
Erholung für die Seele. Prakriti ist die Sprache der Materie, der Frauen,
des Alltags, Sanskrit ist die Sprache des Geistes und der Weisen. Ich will
zurück zur Kontemplation, zurück in den platonischen Ideenhimmel.

Von Stefanie geträumt, wie gestern. Sie ist eine Schönheit, modisch
gekleidet, geschminkt, eine Puppe, sie liebt mich nicht, verschließt mir ihr
Herz, von Geist wenig Spur, aber einfach bildschön. Ich denke bitter:
Wahrscheinlich steht sie stundenlang vorm Spiegel und betet sich an. Ich
weiß, sie weiß, dass sie schön ist.

Allen bin ich gleichgültig. Ausnahmen sind nur Paul Paulinski, der mir
schreibt, und mein treuer Liebling Tom, der mich fast jeden Tag sehen will.

Ich übersetze die Commedia Divina. Messe heute: Der große Poet Dante!
Papst Franziskus will, dass wir ihn lesen. Ein Zeichen Gottes.

Pfingstler-Bibelkreis. Eine sagte, ich sei der neue Champion der


Bibelkenntnis. Einer sagte: Das ist es, was mich so wundert: Die
Katholiken haben die besten Theologen, und doch verehren sie Maria und
räuchern Weihrauch.

*
Tom Anruf gestern: Im Weltraum, in der Milchsztra0e, auf dem Planeten
Erde, in Europa, in Deutschland, in Oldenburg, in der Nadörster Straße
Nummer…, im hintersten Zimmer, auf dem Hochbett, unter der Decke,
wartet ein kleines Kind auf dich, bitte komm!

Freitag, 31.7.2015

Mit meiner Mutter Kaffee getrunken. Dabei einen jungen weiblichen


Engel gesehen von allerfeinster Grazie. Etwas Dantes Komödie und
Petrarcas Triumphe übersetzt. Lederstrumpf-Film. Tom in den Urlaub
verabschiedet. Predigt über Sankt Ignatius, sehr interessant.

Samstag, 1.8.2015

Geträumt vom persischen Zarathustra, Mohammed, Platon. Religion ist


Liebe.

Maria: Jetzt ist deine Mission hier unter den Kranken! Bin zu Karines alter
Mutter eingeladen. Bliebe lieber allein.

Karines Kinderbriefe teils deutsch, teils französisch, an ihre Mutter


gerichtet, ihrer Mutter vorgelesen, die mein Französisch verstand, sie
musste weinen bei diesen kindlichen Liebesbriefen. An Karines Grab ein
Ave Maria gebetet. Kam nach Hause, noch Messopfer aus Medjugorje.

Meines einstigen Pflegesohnes Juri Zeugnis gesehen, achte Klasse, in allen


Fächern gut, in Religion sehr gut.

*
Karines Mutter, katholisch getauft und gefirmt, hofft, wiedergeboren zu
werden als Blume. Karines Vater, Sozialist, beruft sich auf Nietzsche und
Buddha, meint, mit dem Tode komme das Nichts.

Ich geh zum einfachen Volk – sie kennen den Herrn nicht. Ich gehe zu den
modernen Gelehrten – sie kennen den Herrn nicht. Las über Bonaventura,
Albertus Magnus, Joachim di Fiore. Nachgedacht über die Geistkirche, das
Neue Pfingsten, die Charismatiker, die Pfingstler. Aber es ist schwer,
Joachim zu kennen, da ich nur über und nicht von ihm lese.

Ehrenburg, der Fall von Paris, ein gottloses, unpoetisches, politisch-


ideologisches Buch, linksfaschistisch. Louis Aragon, die Abenteuer des
Telemach, eine schöne Idee, Telemach mit Minerva auf Kalypsos Insel
erlebt erotische Abenteuer mit der Nymphe Eucharis, aber voll von
Sinnlosigkeiten, absurder Philosophie. Er lässt die Göttin der Weisheit nur
Torheiten reden. Was ich unbedingt lobe, ist James Joyce, Ulysses, voller
Weisheit und Prophetie und großer Kunst.

Lyrik-Geschichte gehört, Gedichte vom dummen Gellert, vom schwulen


Gleim, von der genialen Karschin (ich sang nur von geträumter Liebe),
von Lessing, nur witzig, von Schubart am Vorabend der französischen
Revolution, von Matthias Claudius, Lyrik für Predigertöchter, dann sagte
der Vortragende: Klopstock hier vorzutragen, wäre eine Strafe. Und das ist
nun der hochgerühmte Nachruhm! Klopstock, der Seraphische Dichter, der
Heiligste aller deutschen Poeten, der Prophet, wird verschwiegen,
verspottet, und Brecht, das schweinische Mensch, in den Dichterolymp
gehoben! Auch der Nachruhm ist eitel, spricht Salomo.

Nietzsche Götzendämmerung weiter gehört. Aber eigentlich reicht es, den


Zarathustra zu kennen, der visionär ist.
*

Die Muslime sind auch nur Arianer.

Eine, die sich noch auf dem Totenbett über mich freute – Karine.

Manchmal am Telefon unterhalten Tom und ich uns in Zungenrede.

Sonntag, 2.8.2015

Messe. Erzbischof von Prag über Magdalena. Der Kult Magdalena. Die
Sünderin trocknet Jesu Füße mit ihren Haaren, der Auferstandene sagt zu
ihr: Maria! Sie wird zur Apostelin der Apostel und Apostelin Frankreichs.
Die Provence bewahrt ihre Reliquien. Schöne Frau mit Mittelmeer-
Temperament. Das Hohelied! Ja, Poesie und Mystik! Das Christentum
keine Beerdigung, sondern eine Hochzeit. Ich bete zu Magdalena.

Messe: Leib und Blut der göttlichen Liebe und meine und ihre
Vermischung. Übersetzung von Shakespeares Venus und Adonis
überarbeitet. Vortrag zu Barocktheologie, Karmeliter, Jansenisten, Franz
von Sales, und Vortrag zum Verhältnis Mann und Frau in der Ehe von
Christa Meves. Paul Paulinski schickte mir Novalis' Marien-Gedicht: In
tausend Bildern.

Von der Schönheit des Antlitzes Stefanies geträumt. Robinson Crusoe Film
gesehen.

Montag, 3.8.2015
Geträumt von meinen einstigen Pflegekindern, hab Milan liebkost, Simon
wollte Germanistik studieren, Feindseligkeiten ihrer neuen Pflegeeltern
gegen mich. In Liliencrons Poggfred gelesen. An Dantes Hölle
geschrieben. Tom Sawyer Film gesehen. Messe: Predigt über einen
Eremiten, den seligen Benno von Einsiedeln. Gottes doppelter Segen.

Das Buch Söphchen fertig gestellt. Kardinalstaatssekretär verteidigt


Geisteswissenschaften, Erziehung zur Schönheit, Notwendigkeit von
Poesie, Kunst und Musik, fordert einen neuen Humanismus. Das ist meine
Richtung.

Dienstag, 4.8.2015

Schlaflose Nacht. Frühmesse: Zur Prophetin Miriam sprach Gott durch


Träume und Visionen. Gebet zur heiligen Miriam. Abends evangelisches
Abendbrot. Schöne Pastorin Anja. Gespräch über Passionsblumen und
Wespen. Hochzeit von Geist und Schönheit. Dante und Virgil übersetzt.
Tom Sawyer Film. Marina Zwetajewa gelesen.

Prophetische Botschaften von Jesus und Maria gehört.

Mittwoch, 5.8.2015

Geträumt von Evi und ihrer Esoterik, warnte sie vor der Hölle. Ich sagte
ihr, in der Erinnerung verkläre sich Karine immer mehr. Sie sagte, Karine
sei mein Dämon, ich müsse meinem Dämon gehorchen. Träumte dann von
Papst Johannes Paul, ich sagte ihm, ich könne die katholische Bibel nicht
lesen, sie habe keine schöne Sprache, ich bat ihn um Erlaubnis, die
Original-Luther-Bibel zu lesen.

*
Am 5.8.2001 hab ich mich in Lourdes mit Maria verlobt. Bibel morgens:
Aarons Stab blühte. So blühte Josefs Stab, von Gott erwählt, Marias
Bräutigam zu sein.

Maria Schnee. Gesegnet sei der Schoß, der Jesus getragen, gesegnet seien
die Brüste, die Jesus gestillt haben. Die Braut kommt vom Himmel,
geschmückt für ihren Mann. Maria, geschmückt mit Kettchen, Ringen,
Ohrringen. Dante und Virgil übersetzt, Marina und Goethe gelesen. Tom
Sawyer Film.

Stefanie, die schönste aller Frauen, hat mir geschrieben. Lieben Dank,
schreibt sie, und segensreiche Grüße. - So segnet mich der allmächtige
Vater.

Ganze Nacht sternhagelvoll verliebt in Stefanie.

Donnerstag, 6.8.2015

Von meiner toten Tante Petheda und Onkel Arno geträumt: Es ist ein
großer Unterschied, ob man das Arschloch Satans oder Gottes Mund küsst.
Der Traum wohl ein Hinweis auf Dante.

Sommerhitze. Anäis Nin, Delta der Venus gelesen.

Dantes Hölle. Trauer über Karine. Klagelieder Jeremias gehört.

Freitag, 7.8.2015
Im Traum weigerte sich mein harter Vater, mir Geld zu leihen. Meine
Mutter machte ein unzufriedenes Gesicht und sagte, ich müsse
Alkoholentzug machen. Meine Nichte sagte: Bald musst du deine
Wohnung verkaufen und dann nennst du deinen Bruder nicht mehr Bruder,
sondern deinen Herrn. Wachte von dem Alptraum auf. Morgengebet:
Judith schmückt und schminkt sich. Maria ist ja da! Puschkin: Wer wahrte
stoisch seine Kühle, begrüßten Musen ihn und Feen? Stefanie! Dina! Noch
gibt es junge Schönheit auf Erden, inspirierende Femininität. Die
mystische Hochzeit von Weisheit und Schönheit.

Anäis Nin, Marinas Briefe, Heines Briefe, Goethes Briefe gelesen. Am


ABC der biblischen Frau weiter gedichtet. Entwurf zu einem
philosophischen Wörterbuch.

Prediger: Und nun ist dein Papa im Himmel. Wie hat er alles aufgebaut,
für Frau und Kinder gesorgt, das Haus gebaut, nun im Himmel ist seine
Liebe noch größer, nun kann er noch mehr für dich tun. Gebet zu meinem
Vater. Lyrik-Rezitationen gehört von Bürger, Goethe, Schiller und
Hölderlin. Ich bin des Reims überdrüssig. Goethe ist mir vor allem der
Altersweise. Schillers verschleierte Wahrheit von Sais, Kants
Unerkennbarkeit der Wahrheit, das ist nicht die christliche Wahrheit, die
sich selbst entschleiert. Apokalypse heißt ja Entschleierung. Johannes vom
Kreuz betet: Liebe, reiße den letzten Schleier herunter!

Samstag, 8.8.2015

Im Traum waren Milan und Simon in der Stube meiner Großmutter, Milan,
vierjährig etwa, kam mit ausgestreckten Armen auf mich zugelaufen.
Messe: Der Mund des Gerechten tut Weisheit kund. Tom hat versucht,
mich telefonisch aus Berlin zu erreichen. Sehnsucht nach Tom und Evi.
Evi ist nicht schön wie Stefanie, aber ihre verschleierte Seele ist mir so
intim vertraut, darum hab ich sie lieb. Am ABC der biblischen Frau
gedichtet. Stefan Schütz, Medusa, und Marina gelesen. Messe: Elia setzte
sich unter einen Ginsterstrauch und sagte: Herr, nimm mein Leben von
mir!

Lyrik-Geschichte gehört, Novalis Hymnen an die Nacht, katholisch


geistliche Lyrik Brentanos und matriarchal mythische Lyrik Günderrodes,
wunderschön. Dazwischen stört Heines Buch der Lieder mit seinen
Gemeinplätzen.

Sonntag, 9.8.2015

Vier Bände Briefe von Marina Zwetajewa zuende gelesen. Schlaflose


Nacht, betrunken. Tom hat angerufen, er vermisst mich. Mir fällt jetzt die
Einsamkeit schwer, ich sehne mich nach Tom und der Liebe einer Frau.
Schwermut, Müdigkeit.

Liebeskomödien gesehen. Predigt eines Bischofs über die


Hoffnungslosigkeit, er zitierte ein Sonett von Reinhold Schneider, was
mich ermutigte, katholische Poesie ist nicht vergeblich. Angefangen, am
philosophischen Wörterbuch zu schreiben. Depressive Stimmung.

Wie macht der Papst Ferien? Zuhause bleiben, lange schlafen, lesen, was
er mag, Musik hören, mehr beten.

Montag, 10.8.2015

Sankt Laurentius. Das Weizenkorn muss sterben. Die dunkle Nacht


erleuchtet! Gebet und Opfer! Durch Vereinigung meiner Leiden mit den
Leiden Christi Miterlöser sein. Tag der Faulpelze. Tom rief an, ich las ihm
am Telefon vor. Schlecht geschlafen, den ganzen Tag müde. Am ABC der
biblischen Frau, philosophischen Wörterbuch und Odysseus geschrieben.
Cowboy-Film.
Dienstag, 11.8.2015

Nachts schlecht geschlafen. Messe: Gebet zur Königin des Friedens.


Wieder geschlafen, von Evi und Tom geträumt, dann erotisch von Karine
geträumt und mit ihr über die Auferstehung der Toten gesprochen.
Cowboy-Film. Edith Stein Karmelbriefe gelesen. ABC der biblischen
Frau. Messe: Ein Israelit ohne Fehl und Tadel. Mit Tom und Evi
telefoniert, Tom vorgelesen.

Mittwoch, 12.8.2015

Drei Messen. Paul Paulinsky sagt zu meinem Artikel „Anfang“ im


philosophischen Wörterbuch Amen. Am Wörterbuch weitergeschrieben.
Vortrag zu Marien Himmelfahrt gehört. Cowboy-Film. Wunderschöne
Marien-Vision. Bellman-Lieder gehört.

Freitag, 14.8.2015

Gestern ganze Nacht nicht geschlafen. Marina Gedichte übersetzt. Heute


Tag Maximilian Kolbe, Miliz der Immaculata. Vorabend zu Mariä
Himmelfahrt. Die dummen Pfaffen können die Große Frau nicht feiern!
Dantes Hölle weiter übersetzt. Prophetische Botschaften Mariens gelesen.
Mystischer Gruß von Simone Weil, meiner Seelenverwandten. Tom rief
an, ich las ihm vor. Morgen kommen Evi und Tom wieder, das soll mir
Mariä Himmelfahrt sein. Höre Fado-Musik. Cowboy-Film. Goethe Briefe
gelesen. Abscheu vor dem Typ der Germanistik-Studentin.

Samstag, 15.8.2015

Nach drei Stunden Schlaf vom Alptraum aufgewacht, mein Vater bedrohte
mich mit einer Schere, mein Bruder verriet mich, meine Mutter ließ mich
putzen, mein Onkel kritisierte mich verletzend.

*
Traum, dass ich der Ungeliebte der Frauen bin. Ich zitierte Platon, dass
nicht der Geliebte, sondern der Liebende göttlich sei. Goethe sprach mit
mir über englische Poesie, Renaissance und Romantik, vor allem
Shakespeare, aber auch über die Franzosen, besonders Voltaire. Träumte
auch von Wielands Musarion. Traurig erwacht.

Chinesisches Festessen. Blutjunge Chinesin, schlank, Zopf, mit hübschem


Lächeln, bediente mich.

Messe. Zur Predigt schlief ich ein, um mich nicht über den
Dummschwätzer ärgern zu müssen, und wachte zur Opferung wieder auf.

Hymnen vom Berg Athos gehört. Anbetung der Maria-Sophia.

Vier Stunden in Evis Garten auf Evi und Tom gewartet. Verzücktes Gebet
zur Madonna, der ganz Schönen. War griechisch essen. Sah die Jungfrau.
Verzückung. Weltekel. Ich allein auf Erden, die zum Reich Satans
geworden ist. Bat Maria, mich heimzuholen. Evi und Tom kamen, am
meisten freute sich der Hund über mich. Verlassenheit! Gott: Dein großes
Wissen macht dich wahnsinnig... Zu Hause tröstete mich die große Teresa,
sie kenne die Einsamkeit und die Sehnsucht nach menschlicher Zuneigung,
sie beneide mich aber, denn Christus gäbe mir Anteil an seiner
Verlassenheit. Nur Mut! Edith Stein, Goethe und Schröder gelesen. In
Dantes Hölle ist es lieblicher als auf Erden.

Sonntag, 16.8.2015

Nur vier Stunden geschlafen. Morgenmesse, Jesus über Evi: Wie der Herr,
so das Gescherr, von Disteln kann man keine Feigen ernten. Ich der unter
die Räuber gefallen ist, Jesus der barmherzige Samariter. Jesus zu mir: Du
hast geliebt wie ein Seraph. Wieder geschlafen. Abendmesse: Gottes Wille
ist, dass du Psalmen, Hymnen und Oden singst. Rilke Briefe, sehr weise
und visionär. Kriminalfilm.

Predigt von Paul Paulinski. Trost von Teresa von Jesus. Mitleid von meiner
Mutter. Gott ist da. Ich voller Schmerzen.

Ein Engel Satans hat mich geohrfeigt, dass ich nicht hochmütig sei.

Montag, 17.8.2015

Im Traum zog ich in eine kleine Siedlung, die nur aus Kirchen bestand,
katholisch, lutherisch, baptistisch, evangelikal, pfingstlich, ich besuchte sie
alle, saß auf dem Markt im Café, um mich nur Christen und Christinnen,
und man pries mich in hohen Tönen. Habe heute das ABC der biblischen
Frau zuende gedichtet.

Lutherischer Bibelkreis, über den Heiligen Geist, veni creator spiritus von
Rabanus Maurus in der Nachdichtung von Luther, eine Melodie aus dem
Jahr 1000, von der Pastorin vorgesungen, sehr schön. Dann zu Tom, ihn
getröstet.

Dienstag, 18.8.2015

Träumte von einem polnischen Liebesroman über Karine, den ich


übersetzte, ich fand Karine auf einem Berg, sie war die schönste aller
Frauen, von höchst erotischer Schönheit, sie lächelte mich an und liebte
mich.

*
Tags bei Marco und Susanne, gutes Essen, nettes Theologisieren, beide
nett zu mir, aber ich sehne mich nicht nach Freundschaft, ich sehne mich
nach Liebe. Dann zu Tom. Er und alle im Haus übellaunig, keine Liebe für
mich. Satan triumphiert in der Familie. Zuhause begrüßte mich Sophia mit
einem Vortrag über den ontologischen Gottesbeweis, über Abälard und
Bernhard. Abälard ist mein Mann. Suchte Trost in prophetischen
Botschaften Jesu und Mariens, Edith Stein Briefen, Goethe, Puschkin,
Klopstock, Schröder, Hölderlin, Clemens Brentano. Mich tröstete nur ein
Bild der Maria Aphroditissa, ihre sonnige Schönheit, Ganzhingabe der
Königin der Liebe. Satan will triumphieren, und allein Maria kann ihn
besiegen.

Mittwoch, 19.8.2015

Tom hundert Euro geschenkt. Den ganzen Tag die unaussprechlich schöne
Madonna angeschaut. Überreiche Gnadenströme. War in einer Vision in
der Gnadenkapelle von Altötting. Tränen der Liebe. Tausend Danke!
Stefanie schrieb. Pastorin Gudrun nannte meine Übersetzung von veni
creator spiritus schön und herzbewegend. Weiter an Dantes Hölle. Messe:
Wegen deiner seltsamen Krankheit werden Seelen gerettet. Sophia: Ich bin
die Schöne der Schönen.

Donnerstag, 20.8.2015

Im Traum bekam ich einen Liebesbrief von Karine. Morgenmesse: Sankt


Bernhard, Doctor marianus, der die Schönheit der Madonna pries, Maria
Namen der Bibel gab. Lesung: Sophia kommt als Mutter und junge Gattin.
Fuhr mit dem Rad, sah eine junge Frau am Wegrand stehen, schlank,
anmutig, lange Haare, ein Baby auf dem Arm. Ich sagte: Das ist ja ein Bild
wie eine Madonna. Sie lachte und sagte Danke. Man kann sich an der
göttlichen Herrlichkeit nicht satt sehen. Ich denke bei Herrlichkeit an
Schechinah, an eine weibliche Hypostase Gottes.

*
Gedichte von Bo Djü-I nachgedichtet. Abendmesse: Bernhard wird von
Dante besungen. Dante weiter übersetzt. Zwei Liebeskomödien gesehen.
Jesuitischen Philosophen über die Sehnsucht nach Gott gehört.

Freitag, 21.8.2015

Im Traum fragte ich, wann Karine vom Urlaub wiederkäme. Hörte das
halbe Markus-Evangelium. Besuchte Tom, las ihm vor, fuhr mit ihm mit
dem Rad in die Innenstadt, wir bummelten müßig. Messe: Die starke Frau,
wer wird sie finden? Maria meine Frau. Sophia meine Frau. Hörte weiter
Nietzsches Götzendämmerung. Dichtete Bo Djü-I nach. Las Goethe und
Rilke Briefe.

Samstag, 22.8.2015

Träumte vom philosophischen Wörterbuch, schrieb daran. Drei Messen.


Fest Maria Königin. Jesus nennt mich wandelndes Bibel-Lexikon, letzten
Treuen. Königin Maria nennt mich Wunder des Jahrhunderts, strahlenden
Geist, dessen Gedichte noch in Jahrhunderten gelesen werden. Gruß von
Hölderlin, Goethe und Puschkin. Goethe: Es kann die Spur von meinen
Erdentagen nicht in Äonen untergehen. Puschkin: Ein Denkmal baute ich
mir, dauerhafter als Erz. Ich aber leide unter absoluter Verlassenheit,
vergessen von allen Menschen, gefangen in Einsamkeit, umnachtet,
ungeliebt. Für meine Liebe ernte ich nur Hass. Aber Eine liebt mich: die
Himmelskönigin.

Sonntag, 23.8.2015

Bibel: Jesus treibt einen Teufel aus am Sabbat. Evi kam, etwas in meinem
Keller abzustellen, blieb aber nicht. Maria: Terra Bella ohne Schönheit!
Lass dich nicht von der Pseudesophie betrügen! Ich liebe dich sehr! Bibel:
Hiobs Sophia.

*
Messe: Die Kirche ist makellos, ohne Falten und Runzeln, Mysterium der
Ehe, L'Union mystique à Marie! Bibel: Wenn ein israelischer Krieger ein
heidnisches Weib als Kriegsbeute nimmt und sie begehrt, soll er sie
ausziehen, wenn sie ihm aber nicht mehr gefällt, soll er sie wegschicken.
Weißglühende Liebe der Jungfrau! Wer die mystische Vereinigung mit
Maria will, muss bereit sein zur absoluten Menschenverlassenheit. Am
philosophischen Wörterbuch weiter geschrieben. Dantes Hölle fertig.
Doktor Shiwago Film. Paul Paulinski rief an. Günderode gelesen.

Faust I zuende gehört. Delta der Venus. Dunkle Nacht der Seele.

Montag, 24.8.2015

Messe: Jesus sagt: Du bist ein wahrer Israelit ohne Falschheit. Schmerzen
den ganzen Tag. Meine Mutter rief an. Am philosophischen Wörterbuch
weiter geschrieben. Gesprochene Lyrik-Geschichte gehört, von Rückert bis
Droste. Ich glaube an Eichendorff und Anette. Heine verfluchte Gott. Brief
an Stefanie. Dass sie es mir nur nicht übel nimmt. Qual der Einsamkeit.

Dienstag, 25.8.2015

Mit absoluter Verzweiflung erwacht. Lud mich bei meinem Pfingstler-


Freund zum Abendbrot ein. Nachmittags hörte ich den Propheten Jeremia.
Studie zur chinesischen Philosophie. Abends sprach der Heilige Geist:
Recht so, studiere und verkünde die Bibel im Zusammenhang mit der
Philosophie. Augustinus segnete mich. Mystischer Gruß von John Keats.
Keats Endymion gelesen. Klassische chinesische Musik gehört. Madonna
schreibt: Ich liebe dich mit unendlicher Liebe.

Mittwoch, 26.8.2015

Morgens Bibel: Ich hab dich lieb, spricht der Herr. Nach dem Aufwachen
mittags zu Tom. Ihm vorgelesen, mit ihm mit Feuer gespielt, mit ihm
geplaudert. Evi lieblos, tot. Zuhause Messe, eine Stunde vor dem
Tabernakel Rotz und Wasser geheult. Meine Mutter rief an und spielte mir
Tears in Heaven von Eric Clapton vor. Studie über Tschuang Tse.
Mystischer Gruß von Mirjam von Abellin: Ja, ich werde vom Teufel
bedrängt. Rosenkranz.

Donnerstag, 27.8.2015

Den ganzen Tag seelische Schmerzen. Mittagsmesse: Sankt Monica. Oma


war da. Abendmesse: Sankt Monica, Gebet für meine Kinder. Augustinus
Briefe gelesen. Studie zur chinesischen Philosophie, Tschuang Tse,
geschrieben. Entwurf zur arabischen Philosophie. Nachts Gebet zur Göttin
der Schönheit.

Freitag, 28.8.2015

Augustinus-Tag. Messe: Anbetung der göttlichen Schönheit. Wieder


schlafen gelegt, erotischen Traum von Karine geträumt. Paul Paulinski
schrieb von meinem Charisma der Poesie. Aufsatz über arabische
Philosophie fertig. Tom am Telefon sein Katzenepos vorgelesen. Will mein
Epos „die Göttin“ überarbeiten und erweitern. Vortrag über Manichäismus
gehört und Augustinus Bekenntnisse drittes Buch. Seele hat sich beruhigt.

Samstag, 29.8.2015

Konnte nachts nicht schlafen. Arbeit am Göttin-Epos. Morgenmesse: Der


Herr macht mich zur festen Mauer, zur ehernen Säule, die Feinde werden
mich nicht überwältigen, denn der Herr ist mit mir. Schlaf. Nachmittags
bei Tom, vorgelesen, gespielt, übers Heiraten geplaudert. Seine Frau soll
vor allem schön sein, blond und jung, und wenn sie alt und hässlich wird,
will er sie verlassen. Abends zuhause Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz
gehört über Tun und Schauen und über Edith Steins Anthropologie. Solch
eine kluge Frau! Ich bin doch zur hohen Philosophie zu dumm. Nur Narr,
nur Dichter!

Sonntag, 30.8.2015
Göttin-Epos. Traum von Edith Steins Philosophie.

Messe: Haltet das Wort Gottes und ihr werdet berühmt als weises und
gebildetes Volk. Tom ruft an: Wann kommst du endlich?

Nachmittag mit Tom, er wollte mich gar nicht gehen lassen. Göttin-Epos.
Milton Paradise Lost gehört. George Herbert gelesen. Rosenkranz.
Botschaften der Miterlöserin.

Montag, 31.8.2015

In Sachen Caritas unterwegs, vor allem zum treuherzigen Tom.


Mittagsmesse: Karine war da. Abendmesse: Lehre über das Konzil von
Nicäa. Ein Bibelabend für die Pfingstler. Vortrag über den Dreieinen
gehört. Am Göttin-Epos gearbeitet. Tags fröhlich, nachts Schmerzen. Sah
am Sommertag junge, schöne, schlanke, blonde, nackte Göttinnen. James
Joyce gelesen.

Dienstag, 1.9.2015

Im Traum zog ich eine Linie von Augustinus zu Hölderlin, sah und hörte
Marina Zwetajewa und Anna Achmatowa und sah von beiden ein Faust-
Drama. Dann träumte ich von Milan und Simon und ihren Pflegeeltern, die
Kinder winkten mir zu, die Pflegeeltern stritten mit mir. Früh von Tom
geweckt. Sprüche Salomos gehört.

Nachmittag mit Tom verbracht. Evi freundlich. Vorträge über Gott als
Vater gehört. Messe: Ich soll Karmelit sein. Sankt Teresa Margareta vom
heiligsten Herzen Jesu gelesen: Die Liebe lieben! Göttin-Epos. Maria: Ja,
Gott wird einer Mutter gleichen.
Mittwoch, 2.9.2015

Von der Liebe und Barmherzigkeit als dem Wesen der Dreifaltigkeit
geträumt. Messe: Gott lobt meinen Glauben. Gott ist die Schöne Liebe, ich
bin Epaphroditus. Den ganzen Tag traurig. Etwas am Göttin-Epos. Sankt
Teresa Margareta weiter gelesen, ein Leben nur für die Liebe. Großartiges
Gedicht von Gleim gelesen, das rote Buch. Vortrag über die Apokalypse,
Vision vom Thronsaal Gottes. Stefan Schütz Medusa gelesen.

Donnerstag, 3.9.2015

Ganzen Tag schwermütig. Keine Messe. Medusa gelesen. Abends


Pfingstler. Strahlende Mädchenbrüste. Eine sagte, sie hätte erst befürchtet,
ich sei zu theoretisch, aber nun nenne sie mich Freund, sie nannte mich
warmherzig, auch ihre Tochter fände mich sympathisch.

Freitag, 4.8.2015

Bibel am Morgen: Hoheslied. Den ganzen Tag umnachtet. Sankt Teresa


Margareta übersetzt. Lektüre: Edith Stein Karmelbriefe, Goethe Briefe,
Karschin Oden, Voltaire Pucelle, Georg Trakl, Becher Jugendsonette. Kann
keinen Gedanken fassen. Brief von der göttlichen Stefanie. Zwei
Kriminalfilme gesehen. Wagner gehört.

Samstag, 5.9.2015

Mittagsmesse: Mariologie von Genesis bis Apokalypse. Göttin-Epos. Tom


vorgelesen. Von Evi gelangweilt. Eichendorff Gedichte. Xenophanes
nachgedichtet. Rosenkranz gebetet. Kriminalfilm gesehen.

Sonntag, 6.9.2015
Mittagsmesse: Jesus tritt in meine soziale Isolation ein. Las Karschin
Oden, Goethe Briefe, hörte Khalil Gibrans Propheten. Den ganzen Tag
Schmerzen! Meine Mutter will, dass ich sie besuche. Nachts tröstet mich
Abälard. Dichtete griechische Verse nach. Ich danke Gott für die
Bekanntschaft der jungen Christinnen.

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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


Worte der Weisheit und Gottesliebe
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DIE HEILIGE DINA
Von Josef Maria von der Ewigen Weisheit
Dina Bélanger wurde am 30. April 1897 in Québec in Kanada geboren und
am selben Tag getauft. Siebzehn Monate später bekam sie einen Bruder,
der aber bereits drei Monate nach der Geburt starb. So blieb sie das einzige
Kind. Sie wuchs in einer christlich-gläubigen Atmosphäre auf. Sie war
zwei Jahre alt, als sie schon den Rosenkranz zu lieben begann. Als sie vier
Jahre alt war, nahm sie ihre gläubige Mutter zu einer Predigt mit. Die
Predigt ging über die Hölle und machte auf Dina einen tiefen Eindruck. In
der nächsten Nacht hatte sie einen furchtbaren Traum, der sie mit
Schrecken und Entsetzen erfüllte und noch lange nachwirkte. Dennoch
bezeichnete sie diesen Traum als eine große Gnade, da er einen
ausgesprochenen Abscheu vor der Sünde in ihr hervorgerufen hatte.
Schon in ihrer Kindheit kündigen sich die Züge an, die das Charakterbild
Dinas ausmachen: Auf der einen Seite ist sie schüchtern, bescheiden,
gewissenhaft und äußerst feinfühlig, auf der anderen Seite sehr
willensstark, aufgeweckt und begabt. Ihr heftiges Temperament kennt auch
die köstliche Gabe des Humors und herzlicher Fröhlichkeit.
Mit fünf Jahren bekannte sie zum ersten Mal ihre Sünden und bekam einen
Segen von der Mutter Jesu.
Schon früh senkte sich in ihre Seele die Liebe zum göttlichen Jesuskind
und die Sehnsucht nach dem Paradies. Als Dina mit sieben Jahren eine
Kinder-Glaubensunterweisung mitmachte, wurde sie am dritten Tag so von
Liebe zum göttlichen Jesuskind entflammt, dass sie ihn inständig darum
bat, sie noch am selben Abend ins Paradies zu holen. Doch wie groß war
ihre Enttäuschung, als sie am nächsten Morgen aufwachte und feststellen
musste, dass sie immer noch auf Erden war...
Eines Tages fragt der Lehrer die kleine Dina, ob sie ihre Namenspatronin
kenne. Als diese das verneint, versprach der Lehrer, nachzuschauen, wer es
sei. Doch er suchte vergeblich. Zwar fand er eine biblische Gestalt dieses
Namens, nämlich die Tochter Jakobs mit der Lea, aber keine Heilige. Da
nahm Dina sich vor, heilig zu werden, um denen, die ihren Namen in
Zukunft tragen würden, eine himmlische Schutzheilige zu sein.
Mit zehn Jahren empfing Dina das erste Mal das Mahl des Herrn. Dadurch
bekam sie eine große Sehnsucht nach dem Leib des Herrn, eine Sehnsucht,
die im Laufe ihres Lebens immer mehr wuchs. Am selben Tag empfing sie
auch die Stärkung mit dem Heiligen Geist. Seit dieser Zeit bekannte sie
regelmäßig ihre Sünden.
Ihr Gewissen war äußerst zart. Ganz besonders verabscheute sie das
Urteilen über andere. Sie empfing eine tiefe Erleuchtung über das Wort des
Herrn: "Richtet nicht, damit auch ihr nicht gerichtet werdet!" (Lukas 6,37).
Sie nahm sich vor, stets wohlwollend über andere zu urteilen. Ihr ganzes
Leben lang blieb sie diesem Vorsatz treu. Auf den Ruf anderer war sie stets
mehr bedacht als auf ihren eigenen. Fehler anderer suchte sie zu
entschuldigen, und wenn das nicht möglich war, versuchte sie, das
Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken. Sie erkannte, dass sie, die eine
schüchterne Natur besaß, diese Kraft zum Widerstand gegen das Urteilen
über andere nur der göttlichen Gnade verdankte. In späteren Jahren war ihr
das Bewußtsein, niemals über andere gerichtet zu haben, ein großer Trost,
der ihr jede Furcht vor dem Gericht Gottes nahm.
Dina gewöhnte sich an, beim Gebet die größtmögliche Sammlung zu
bewahren. Der Herr selbst lehrte sie das innere Gebet. Sie versenkte sich
ganz in die Gegenwart des Herrn und brachte alles in sich zum Schweigen.
Diese innere Stille war die Voraussetzung, um die Stimme des Herrn zu
hören: Am 25. März 1908, dem Fest der Verkündigung des Engels Gabriel
an Maria, hörte sie zum ersten Mal in ihrem Inneren die Stimme Jesu, eine
Stimme voller Lieblichkeit, die sie vor Seligkeit überströmen ließ.
Als Dina für einige Monate von einer großen inneren Prüfung heimgesucht
wurde, schickte ihr der Herrn einen heiligen und erleuchteten Seelenführer.
Mit dreizehn Jahren wählte sie zu ihrem Leitspruch, lieber zu sterben, als
eine Sünde zu begehen. In diesem Alter verehrte sie auch die Mutter Jesu.
Sie schrieb: "Maria ist es, die uns zu Jesus führt. O süße Jungfrau, Mutter
der Menschheit!“
Als sie von der Versuchung heimgesucht wurde, bei jeder Kleinigkeit die
Geduld zu verlieren, gelang ihr nach einer Reihe von Kämpfen und
Niederlagen der endgültige Sieg. Der Herr lehrte sie, mit Freuden die
kleinen Mißgeschicke und Demütigungen anzunehmen, ja sogar dafür zu
danken. Dina entwickelte eine äußerste Wachsamkeit und Klugheit, um
keine freiwilligen Sünden zu begehen. Jeden Abend machte sie eine
Gewissenserforschung.
Dina hatte eine große Liebe zur Natur. Sie war äußerst empfänglich für die
Schönheiten der Blumen, des Mondenscheins, des Vogelgesangs, des
Schweigens der Nacht Alles erhob sie zur göttlichen Schönheit. Eines
Abends, als sie in Begleitung von zwei Schulkameradinnen einen
herrlichen Sonnenuntergang erlebte, geriet sie in Verzückung, und sie
nahm nichts mehr wahr von dem Gespräch um sie herum.
Dina kannte auch die schmerzliche Prüfung vollkommener Trockenheit im
Gebet. In solchen Zeiten warf sie sich dem Herrn zu Füßen und opferte
ihm ihr Elend und ihre Armseligkeit auf.
Im Oktober 1916 zog sie nach New York zum Studium der
Musikwissenschaft. Seit ihrem achten Lebensjahr erlernte sie das
Klavierspielen. Ihr Studium war sehr erfolgreich. Um so mehr war sie auf
die Demut bedacht.
Im März 1917 begann eine Zeit innerer Prüfungen, Ängste und
Finsternisse, die sechs Jahre dauerte. Trotz innerer Trockenheit blieb sie
dem Gebet treu. "Mein Jesus, Barmherzigkeit!" lautete ihr Stoßgebet, das
sie häufig wiederholte.
Der Herr sprach zu ihr endlich von der Mission, die er ihr anvertraut hatte.
Sie erkannte, dass von der Erfüllung dieser Mission das Heil vieler Seelen
abhing. Jesus sagte: "Ich will mich deiner bedienen, weil du nichts bist. Ich
will in deiner Schwachheit meine Macht erweisen."
Nach Beendigung ihres Studiums in New York kehrte sie 1918 nach
Québec zurück. Es begann für sie die Zeit, in der sie Konzerte gab. Alles,
was sie tat, schenkte sie dem Herrn, und ihm stellte sie Erfolg und
Mißerfolg anheim. Zu allem war sie bereit, was Jesus wollte. Sie spürte,
dass die Musik nicht der Inhalt ihres Lebens sein konnte. So fragte sie den
Herrn, was denn das Ziel ihrer musikalischen Arbeit sein könne. Sie erhielt
die Antwort:
"Deine musikalischen Kenntnisse werden deine Berufung schützen. Aber
vor allem wirst du durch deine Schriften Gutes tun."
Dina war überrascht. Hatte sie richtig verstanden? Der Herr fuhr fort:
"Ja, du wirst dich einer schriftstellerischen Arbeit widmen."
Am Donnerstag, den 11. August 1921, verließ Dina für immer das
elterliche Haus und trat bei den Schwestern von Jesus-Maria ein.
Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte Dina die Höhen der Mystik erklommen.
So kam es, dass der Herr sie einer Gnade würdigt, die wir aus dem Leben
der ganz großen Mystiker kennen: Der geheimnisvolle Herzens-Austausch.
Sie sah in einem Bild, wie der Herr ihr das Herz aus dem Busen nahm und
an dessen Stelle sein eigenes Herz setzte. Seit dieser Zeit handelte und
liebte Dina nicht mehr mit ihrem eigenen Herzen, sondern mit dem Herzen
Jesu. Ihr Vorsatz war: Ich will lieben, bis es weh tut!
Der Herr lehrte sie die wahre innere Freude verstehen, die sich in einem
Lächeln gegenüber jedermann und unter allen Umständen äußert.
Dina empfing große Erleuchtungen über die Gnaden, die aus dem Herzen
Jesu hervorgehen. Sie erkannte, dass wir den Herrn trösten, wenn wir die
Reichtümer seines Herzens den Seelen zuwenden, und wie wir selber
dadurch reich werden. Jeden Morgen vertraute ihr der Herr eine bestimmte
Anzahl von Seelen an, die es an diesem Tag durch Liebe für ihn zu
gewinnen galt. Sie erkannte, dass die Barmherzigkeit des Herrn
unerschöpflich ist. Er dürstet danach, zu verzeihen und zu vergessen. Oft
wartet er nur auf einen einzigen Gedanken der Liebe, um dem Sünder
außerordentliche Gnaden zu schenken.
Die Devise Dinas lautet: Lieben, bis es weh tut! Sie will leben und sterben
als Märtyrerin der Liebe und als Apostelin der Liebe.
Sie erhielt vom Herrn große Erleuchtungen, durch die sie lernte, die wahre
Hingabe auf vollkommene Weise zu üben: Hingabe der Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft, der Freude, des Leids, der Wünsche, der
Gedanken, Worte und Werke: Alles sollen wir seiner Barmherzigkeit
übergeben. Die Frucht dieser totalen Hingabe ist der vollkommene Friede.
Jesus selbst ist es dann, der sich all dessen annimmt und unsere Stelle
einnimmt. Genau dies wurde nun das Ideal Dinas, das sie erreichen wollte:
Christus sollte es sein, der sich ihrer Fähigkeiten bedient und durch sie
denkt, will, handelt, betet, spricht, schreibt. Wenn sie alles Ihm übergeben
hat, dann bleibt ihr selber als einzige Beschäftigung nur, Jesus zu
betrachten und zu lieben. Sie erkannte, dass dies ihre Mission ist: in
vollkommener Weise Christus ganz frei durch sich wirken zu lassen und so
eine Apostelin der Liebe zu sein. Sie erkannte, dass davon das Heil vieler
Seelen abhing. Denn durch sie wollte Christus unermessliche Gnaden den
Seelen zuwenden. Immer wieder hörte Dina die Klagen des Herrn, wie
sehr er nach den Seelen dürstet.
"Jesus will seine Gnaden und Erleuchtungen vermehren, um die Seelen an
sich zu ziehen durch den Weg der geistlichen Kindheit, durch das
Vertrauen, die Liebe, die Hingabe", schrieb die heilige Dina.
Dann wurde Dina in das Herz der Allerheiligsten Dreifaltigkeit entrückt,
sie war untergegangen im Herzen der drei göttlichen Personen:
"Ich fühle mich zermalmt unter dem Gewicht der unendlichen Liebe; und
doch scheint es mir, daß mich die Heiligste Dreifaltigkeit kaum einen ganz
kleinen Funken, der aus dem Innersten Ihrer göttlichen LIEBE sprüht,
fühlen läßt. Ach! wie doch Worte nicht wiedergeben, was ich empfinde!
Wenn man wüßte, wie sehr Gott uns liebt, uns armselige Erdenseelen!
Wenn wir doch den Schatz einer Seele, die sich im Stande der Gnade
befindet, kennen würden! Herr, gib uns die Gnade, Dich zu erkennen! Dich
ein wenig zu kennen bedeutet, Dich sogleich grenzenlos zu lieben, Dich
allein, für immer! Ich leide und ich liebe! Wie glücklich bin ich! Ich
erkenne, daß mir mein Gott, in dem ich mich vernichtet befinde, eine
auserlesene Gnade gewährt, indem Er mir etwas die Wahrheit über das
Jenseits enthüllt, doch ist es mir unmöglich mitzuteilen, was ich begreife.
Ich befinde mich in der WAHRHEIT; darüber habe ich Gewissheit. Hier
existiert nichts mehr von der materiellen Substanz, die unsere Augen aus
Erde bezaubert. Die Erde erscheint mir so ferne, so düster, daß sie mir wie
ein ganz kleiner, schwarzer Punkt vorkommt. Und dann, o Wunder! Der
Unendliche gibt sich mit diesem dunklen Abgrund ab - denn ein solcher ist
das ganze Universum -, weil Er darin Seelen erblickt, die Er nach seinem
göttlichen Ebenbild erschaffen hat und erschafft, Seelen, die Er liebt,
Seelen, die Er mit seinen Schätzen bereichern will. O unerhörtes
Mysterium der Liebe! Gott, der Ewige, unendlich selig in sich selbst, will
Beglückung darin finden, sich seinem Geschöpf zu schenken... Herr,
welche Güte!... Aus dem Herzen der Heiligsten Dreifaltigkeit strömen
durch die geöffnete und verklärte Wunde des Herzens Jesu die göttlichen
Gnaden wie stürmische und zahllose Ozeane auf die Erde herab. Ich sage
Ozeane, indem ich ein Wort der menschlichen Sprache verwende. Aber der
Unterschied zwischen meinen bisherigen Vorstellungen vom Himmel und
dem, was ich heute verstehe, ist so gewaltig wie der Unterschied zwischen
der tiefen Nacht und dem Tag. Jedoch sehe ich das Licht nicht, ich bin in
dieses eingetaucht, ich bin blind. Die Klarheit, die mich erleuchtet, gehört
zum Feuerherd der Liebe, worin ich versunken bin. Die Dreifaltigkeit der
Liebe sucht Seelen, um sich mit ihren göttlichen Schätzen ihnen zu
schenken. Geben, sich verschenken, das ist ein Verlangen der unendlichen
Güte. Die Seelen, die sich vollkommen dem höchsten Willen überlassen,
sind selten. Damit Gott seine Gnaden in verschwenderischer Fülle in eine
menschliche Seele ergießen kann, muß Er Jesus in ihr vorfinden, muß
Jesus in ihr leben. Das Fassungsvermögen einer Seele ist zu beschränkt,
um den Ozean der unendlichen Wohltaten aufzunehmen. Wenn aber Jesus,
die Unendlichkeit, an die Stelle der Begrenztheit tritt, kann Er
gewissermaßen das unermeßliche Verlangen seines himmlischen Vaters
erfüllen. Um ein Abgrund zu werden, der vom Unendlichen überflutet
werden kann, ist zuvor die absolute Vernichtung des menschlichen Seins
im spirituellen Bereich notwendig; dann muß Jesus an die Stelle dieses
menschlichen Seins treten, und die Seele muß sich vollkommen und
immerfort dem Willen des wirkenden Gottes überlassen. Die
anbetungswürdige Dreifaltigkeit will die Schätze ihrer Barmherzigkeit und
Liebe in Jesus, der an die Stelle meines Seins getreten ist, ergießen.“
"Niemals werden wir die Unermeßlichkeit der unendlichen Güte
gegenüber jeder menschlichen Seele begreifen können. Das längste Leben
hier auf Erden dauert in Wirklichkeit nur einen Augenblick. Wie sind wir
von Sinnen, wenn wir diesen Augenblick, welcher unser Erdenleben ist,
nicht zur größeren Ehre des höchsten Herrn verwenden. Welche
Überraschungen wird es in der letzten Stunde geben, wenn der Schleier zur
Wahrheit zerreißt!"
Dina sah, dass der geringste Grad der Glückseligkeit im Himmel unendlich
mehr wiegt als alle erdenklichen Freuden auf Erden. Und jeder kleinste
Akt der Liebe, der Übereinstimmung mit dem göttlichen Willen, des
Gehorsams oder der Entsagung wird uns eine solche Glückseligkeit
bescheren. Die Allerheiligste Dreifaltigkeit bietet uns die Abgründe ihrer
Reichtümer an, aber wie gering ist die Zahl jener, die sie in Empfang
nehmen, indem sie sich vollkommen dem heiligen Wirken Gottes
überlassen, sich mit Glauben, Vertrauen und Liebe hingeben, ohne jemals
etwas zurückzunehmen.
Dina ward ein Blick in die Welt der Engel gewährt, in die mannigfaltige
Harmonie der Spiegelungen göttlicher Schönheit, sie sah die Herrlichkeit
ihres Schutzengels. Sie sah "die Allerheiligste Dreifaltigkeit in Maria, der
schönsten Jungfrau, dem Meisterwerk der Allmacht und der unendlichen
Güte, Reinheit, Liebe, Barmherzigkeit." Mit jedem Blick in die
himmlische Herrlichkeit wuchs ihre Sehnsucht, die sich aus Liebe zu Gott
verzehrte.
"Oh! Wie gut ist der Herr! Wie mild ist er! Welche Zärtlichkeit besitzt er!
Wenn ich nur alle schüchternen und ängstlichen Seelen von der
Unermeßlichkeit seiner Milde überzeugen könnte! Wenn ich bloß die
armen Seelen, die ihrem Vater im Himmel mißtrauen, mit grenzenlosem
Vertrauen einhüllen und durchdringen könnte! Die unendliche
Barmherzigkeit betätigt sich in uns um so mehr, je mehr Elend sie in uns
findet; wir bereiten Gott Freude, wenn wir ihm durch unsere Reue und
unser Vertrauen Gelegenheit geben, seine Barmherzigkeit zu betätigen.
Nichts verletzt sein väterliches Herz so sehr wie unser Mangel an
Vertrauen. Und der Herr sucht Seelen, die Ihm mit Freude dienen. Die
Dunkelheit wie das Licht, die Trostlosigkeit wie der Trost, die Bitterkeit
wie die Süßigkeit, alles kommt aus seiner freigebigen Hand, oder besser es
entspringt seinem Herzen wie ein Pfeil, der von Liebe entzündet ist. Unser
Leben müßte eine ununterbrochene Danksagung sein, ein freudiges
Vorspiel auf den Gesang des ewigen Lobpreises. Der göttliche Meister
sucht freudige Seelen überall auf der Welt, aber Er will um so mehr alle
geweihten Seelen, jene, die Er sich auserwählt hat, um Ihn zu trösten, Ihn
kennen und lieben zu lehren, jene, die Er seine bevorzugten Bräute nennt.
Oh! Jesus spricht zu jeder Seele im Frieden, im Schweigen, in der Zeit der
Sammlung. Was will Er von uns? Wir sollen zuhören und treu sein, denn
Er will unser Glück, sei es, daß Er uns einen bitteren Kelch darbietet oder
einen berauschenden, eine Krone von Dornen oder von Rosen, ein
schweres oder ein leichtes Kreuz. Ja, dienen wir dem Herrn in der Freude
und im Jubel."
"Der Heiland sagte mir, daß er mich heute von neuem als die geliebte
Braut seines Herzens erwählte und daß er die Schätze seines Herzens zu
meiner Verfügung stelle. Ich müsse viel beten für die Christen, für die
ganze Welt, aber besonders für die Seelen, denen er durch meine
Vermittlung Gnaden zuführen wolle."
Jesus sprach zu ihr: "O meine kleine Braut, tröste mich! Ich weiß, daß du
mich liebst."
Der Herr lehrte Dina immer mehr die totale Selbstvergessenheit. Sie sollte
nur an Ihn denken, Ihn wirken lassen und Ihm nichts verweigern. Dina
sollte keine Angst haben.
Dann fordert der Herr sie auf, in das "Wesen des Herzens Gottes, in das
Wesen der Gottheit selbst" einzutreten. Sie sprach davon, dass sie die
Tiefen des unendlichen Wesens der Dreifaltigkeit schauen durfte.
"Die unzählbare Schar der Engel ist untergetaucht in Gott. Jeder von ihnen
ist versenkt, durchdrungen von der unendlichen Dreifaltigkeit. Die
Schönheit jedes Auserwählten ist ein Ausfluß der höchsten Schönheit.
Wenn ich eine glückselige Seele anschaue, ist es in Wirklichkeit Gott
selbst, den ich sehe; aber ich schaue so viele verschiedene Schönheiten,
wie es Auserwählte gibt: der ewige Meister wiederholt sich in keinem
seiner Heiligen. Welche Harmonie! In ihnen allen ist die Liebe, die
Heiligkeit je nach dem Maß, wie Gott es ihm mitteilt, das vollkommene
Glück. Das Licht, das ich bewundere, ist süß und rein; das der Erde ist
dagegen nur Finsternis. Was ich sehe, ist so schön! dabei ist es nur ein
blasser Strahl der Wahrheit. Schweigen, Schweigen, Liebe..."
Ich sehe Gott in seinen Engeln und die Engel lebend in der unendlichen
Dreifaltigkeit. Es sind unaussprechliche Schönheiten!
Ich sehe die drei anbetungswürdigen Personen, den Vater, das Wort und
den Heiligen Geist, in den Engeln: jeder von diesen ist durchdrungen von
der Dreifaltigkeit, von der unendlichen Einheit, und erstrahlt in ihr von
hinreißendem Glanz. So viele Engel, ebenso viele verschiedene
Herrlichkeiten. Wie ist mein Schutzengel schön!"
Jesus sagte zu Dina: „Wenn du wüßtest, wie angenehm es meinem Herzen
ist, geliebt zu werden!"
Jesus sagte zu Dina: „Oh, meine kleine Braut, arbeite mit mir daran, die
Seelen glücklich zu machen."
*

Heilige Dina, bete für Dineke!

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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


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THEORETISCHE PROSA
Von Josef Maria von der Ewigen Weisheit
ERSTES KAPITEL
ARISTIPP VON KYRENE

Die frühesten Quellen zu Aristipp sind Xenophon, Platon und Aristoteles.


Die wichtigsten der späteren antiken Quellen sind Diogenes Laertios (vor
allem zum Leben und ethischen Ansichten), Eusebios von Caesarea (zu
den ethischen Ansichten) sowie Plutarch, Sextus Empiricus und Eusebios
von Caesarea (zu den erkenntnistheoretischen Ansichten).
Generell lassen sich die Berichte über Aristipp nicht immer leicht von
denen über seinen gleichnamigen Enkel trennen. Was aber
schwerwiegender ist, ist die Tatsache, dass in vielen Testimonien von den
Kynikern, nicht speziell von Aristipp oder anderen Philosophen die Rede
ist. Ob die Ansichten der Kyniker schon Aristipp zuzuschreiben sind, oder
erst später in der heute erhaltenen Form entstanden, ist eine in der
Forschung äußerst umstrittene und nur mehr schwer zu klärende Frage. Bis
zum 20. Jahrhundert war man der Ansicht, dass ersteres zutrifft. 1916
widersprach Evangelos Antoniadis dem und führte die Lehre der
Kyrenaiker auf Aristipp den Jüngeren und andere Nachfolger Aristipps
zurück. Aristipp selbst sei mehr ein praxisorientierter Lebenskünstler, als
ein Philosoph gewesen. Bis heute werden beide Ansichten vertreten.
Die Lebensdaten Aristipps sind nur ungefähr bekannt. Aus Angaben des
Diogenes Laertios hat man erschlossen, dass er spätestens um 430 vor
Christus geboren wurde. Laut Diodor hat er 366 vor Christus noch gelebt.
Plutarch berichtet von einem Treffen mit Platon, als dieser sich zum dritten
Mal in Syrakus aufhielt (360 vor Christus). Ob die Angabe, er sei während
der Regierungszeit Dionysios II gestorben (also vor 356 vor Christus), eine
Erfindung ist, ist umstritten. Man nimmt an, dass Aristipps bis in die 350er
Jahre vor Christus gelebt hat.
Der Vater des im nordafrikanischen Kyrene geborenen Aristipp hieß
Aretades, die Mutter Mika. Er soll anlässlich eines Besuchs der
Olympischen Spiele den Sokrates-Schüler Ischomachos getroffen haben,
dessen Berichte ihn veranlassten, nach Athen zu gehen, um Sokrates selbst
kennen zu lernen. Er gehörte dort einige Zeit zu den Schülern des Sokrates
und hatte wohl auch Kontakt zu Platon. In seinem weiteren Leben verließ
er Athen, um auf eigene Rechnung umherzuziehen. Seine Reisen brachten
ihn vermutlich mehrmals nach Syrakus, in Korinth soll er eine Beziehung
zu der bekannten Hetäre Lais von Korinth gehabt haben. Einmal soll er
Schiffbruch erlitten haben, darüber hinaus geriet er in persische
Gefangenschaft und soll auch einmal aus Kyrene verbannt worden sein.
Wann er nach Kyrene zurückgekehrt ist und dort seine Schule gegründet
hat, ist unbekannt.
Für seinen Unterricht verlangte Aristipp als erster der Sokrates-Schüler
eine Bezahlung. Sein Verhältnis zu Platon, Antisthenes und Xenophon
dürfte schlecht gewesen sein, das zu Aischines von Sphettos dafür gut. Zu
seinen Schülern zählten unter anderen seine eigene Tochter, die
Philosophin Arete von Kyrene, und Antipater von Kyrene. Nach Aristipps
Tod übernahm seine Tochter Arete die Leitung seiner Schule. Auch sein
gleichnamiger Enkel und Sohn seiner Tochter Arete, Aristipp der Jüngere,
wurde später ein bekannter Vertreter der kyrenaischen Philosophie.
Was den Charakter Aristipps betrifft, berichten die Quellen von seiner
heiteren Natur, seiner Beherrschtheit und seiner Fähigkeit, in allen
Lebenslagen, in Freude und in Not, eine distanzierte Gelassenheit zu
bewahren. Luxus und Unterhaltung gegenüber soll er nicht abgeneigt
gewesen sein, ohne sich davon oder von anderen abhängig zu machen.
Bekannt ist Aristipps Ausspruch über seine Beziehung zu Lais: „Ich habe
sie, aber sie hat mich nicht.“ Oft wird dies mit einer angenommen,
selbständig-unabhängigen Grundeinstellung Aristipps gegenüber Personen,
Dingen und Gefühlen in Zusammenhang gebracht. Horaz spricht in Bezug
auf Aristipp von einer Kunst, sich nicht den Dingen, sondern die Dinge
sich zu unterwerfen.
Diogenes Laertios hat im 3. Jahrhundert widersprüchliche Informationen
über die bereits damals verlorenen Schriften Aristipps gesammelt. Ein
erstes bei ihm zu findendes Schriftenverzeichnis zählt 23 Titel auf, ein
zweites nur 12 (wobei 6 Titel in beiden Verzeichnissen zu finden sind).
Unter den erwähnten Schriften befinden sich sowohl Dialoge, als auch
Traktate. Auch ein Brief an seine Tochter Arete, eine Geschichte Libyens
und so genannte Diatriben werden erwähnt. Einige Autoren, so Diogenes
Laertios, berichten hingegen, dass Aristipp nie Schriften verfasst hat; dies
wird heute als eine Fehlinformation angesehen. Die im Corpus der
Sokratiker-Briefe erhaltenen Briefe - darunter einer an seine Tochter Arete
- und die Schrift „Über die Üppigkeit der alten Zeit“ sind Fälschungen aus
späterer Zeit. Fälschlicherweise zugeschrieben wurde ihm die Schrift
„Über die Naturphilosophen“. Laut Diogenes Laertios haben sowohl
Speusippos als auch Stilpon einen Dialog nach Aristipp benannt.
Die Beiträge der verschiedenen Vertreter zu der Lehre der Kyrenaiker sind
in einigen Fällen nur schwer und oft überhaupt nicht auseinanderzuhalten,
da in den antiken Berichten nicht selten von „den Kyrenaikern“ insgesamt
die Rede ist. Dies betrifft insbesondere Aristipp, seine Tochter Arete und
seinen Enkel Aristipp den Jüngeren. Was ihre Nachfolger betrifft, so sind
immerhin etliche Stellen überliefert, in denen berichtet wird, inwiefern sie
von der Lehre ihrer Vorgänger unterschiedliche Ansichten vertreten haben.
Es liegen verschiedene Berichte darüber vor, welche Teilbereiche der
Philosophie die Kyrenaiker behandelt haben. So sollen sie die
Beschäftigung mit den Problemen der antiken Physik abgelehnt haben, da
Erkenntnisse auf diesem Gebiet, wenn überhaupt möglich, ohne jeglichen
Nutzen für den Menschen wären. Widersprüchlich sind die Berichte
darüber, ob die Kyrenaiker auch auf die Beschäftigung mit dialektischen
(logischen) Fragen verzichtet haben. Zentraler Bereich ihrer Beschäftigung
war jedenfalls die Ethik, die sie in angeblich in fünf Teilbereiche teilten:
Erstens, von dem, was zu erstreben und was zu meiden ist; zweitens, von
den Empfindungen; drittens, von den Handlungen; viertens, von den
Ursachen (hier ging es wohl auch um physikalische Fragen); fünftens, von
den Beweisen (hier ging es wohl auch um logische Fragen).
Man vermutet aufgrund dieser Auflistung, dass Physik und Logik auch von
den Kyrenaikern behandelt wurden, allerdings wohl hauptsächlich insofern
es sich um ethisch relevante Fragen handelte. So ging es im ethischen
Teilbereich „Von den Ursachen“ wohl auch um Physik, im Teilbereich
„Von den Beweisen“ wahrscheinlich auch um Logik. Etliche Testimonien
behandeln die Erkenntnistheorie der Kyrenaiker.
Zur kyrenaischen Erkenntnislehre ist ein ausführlicher Bericht von Sextus
Empiricus erhalten. Zentral ist folgende These: „Allein die Empfindungen
(Pathos) werden erkannt und sind untrüglich, von den Dingen, die die
Empfindungen hervorgerufen haben, ist dagegen keines erkennbar und
untrüglich.“ Dass verschiedene Menschen die gleiche Aussage über die
Beschaffenheit eines Dings tätigen und dass sie die Dinge mit
„gemeinsamen Wörtern“ bezeichnen, ändert nichts an dieser Tatsache.
Nach Ansicht der Kyrenaiker seien zuverlässige Aussagen über die
Beschaffenheit der Dinge unmöglich und die Dinge unerkennbar.
Das Zustandekommen von Empfindungen ist nach kyrenaischer Ansicht
ein körperlich-seelischer Vorgang. Durch die Einwirkung äußerer
Gegenstände oder Geschehnisse werden im Körper des Betroffenen
Bewegungen ausgelöst, die über die Sinnesorgane in die Seele übermittelt
und dort als Empfindungen registriert werden. So sollen die Kyrenaiker
statt Sätzen wie „Ich sehe etwas Weißes“, Sätze wie „Ich werde geweißt“
bevorzugt haben, um deutlich zu machen, dass einem bestimmten
Gegenstand nicht die Eigenschaft „weiß“ zugesprochen werden kann.
Oder in allgemeiner Form: „Ich werde von etwas in einer bestimmten
Weise bewegt.“
Die Eigenschaften gut und schlecht sind nach den Kyrenaikern nur an
Empfindungen zu finden. Ihre erkenntnistheoretischen Ansichten schließen
ja schon aus, dass Dinge als gut oder schlecht bezeichnet werden können.
Gute Empfindungen seien aber gleichbedeutend mit lustvollen (hedone)
und schlechte mit schmerzlichen. Das Gute ist für die Kyrenaiker also die
lustvolle Empfindung, das Schlechte die schmerzvolle Empfindung. Eine
Bestätigung dessen sei, dass „die Lust allen Lebewesen erwünscht ist, der
Schmerz dagegen zurückgewiesen wird.“ Das höchste Gut und das „Ziel
all unseres Tuns“ (Telos) ist demnach die Lust, das größte Übel ist der
Schmerz.
Physikalisch gesehen seien Lust und Schmerz Bewegungen. Sanfte
Bewegungen würden als lustvoll, rauhe Bewegungen als schmerzhaft
verspürt. Sextus Empiricus berichtet von einem dritten Zustand in dem
keine der beiden Bewegungen, also weder Lust noch Schmerz verspürt
würden.
Im Gegensatz zu den anderen zeitgenössischen philosophischen
Strömungen setzten die Kyrenaiker den Zustand der Glückseligkeit
(Eudaimonía) nicht mit dem Ziel alles Tuns gleich. Die Eudaimonie wäre
ein dauerhafter Zustand ewig sich aneinander reihender
Lustempfindungen, ein Zustand der nach den Kyrenaikern nur äußerst
schwer zu erreichen ist. Erreichbares Ziel hingegen seien einzelne, zeitlich
begrenzte Lustempfindungen. Wodurch Lustempfindungen hervorgerufen
werden, war den Kyrenaikern übrigens egal, etwa ob durch
gesellschaftlich anerkannte oder von der Gesellschaft nicht akzeptierte
Handlungen. Sie unterschieden nicht zwischen unanständiger und
anständiger Lust.
Die als höchstes Gut angesehene körperliche Lustempfindung sahen die
Kyrenaiker als einen körperlich-seelischen Prozess an. Ein von außen
kommender Impuls ruft im Körper eine Bewegung hervor, die an die Seele
weitergeleitet und von dieser als lustvoll empfunden wird. Laut Diogenes
Laertios haben sie daneben eine minderere, rein seelische Form der Lust
anerkannt (seelische Lustempfindungen nannten sie: chara), wie zum
Beispiel das Vergnügen am Wohlergehen des Vaterlands und
Kunstgenüsse.
Da für die Kyrenaiker die Lust das höchste Gut war, schrieben sie anderen
Dingen nur einen Wert zu, insofern sie zum Lustgewinn beitragen. Als
Beispiele werden Reichtum, Freundschaft und Einsicht genannt. So lässt
etwa die Einsicht erkennen, wie eine Situation lustvoll gestaltet werden
kann. In manchen Fällen sei beispielsweise einzusehen, dass es besser ist,
gesellschaftliche Konventionen einzuhalten, obwohl diese willkürlich
seien.
Auch empfiehlt die Einsicht, bestimmte Gefühle wie Neid, Verliebtheit
und Aberglaube zu meiden, da sie mit Schmerz verbunden sind und
Lustempfindungen verhindern. Die genannten Gefühle entstünden als
Folge leerer Einbildungen. Von diesen leeren Einbildungen, könne man
sich durch Einsicht befreien. Etwa wenn man einsieht, dass Neid die
Einbildung ist, man müsse etwas haben, was ein anderer besitzt; oder dass
Verliebtheit die Einbildung ist, man könne nicht ohne die Gegenwart und
Zuneigung einer Person auskommen; oder dass Aberglaube die Einbildung
ist, man sei mächtigeren und Strafen verhängenden Wesen untergeordnet.
Eine andere Art von Gefühlen bilden hingegen beispielsweise Kummer
und Angst (Phobie). Solche Gefühle seien keine leeren Einbildungen,
sondern kommen „auf natürliche Weise“ (physikalisch) zustande. Laut
Cicero waren die Kyrenaiker aber immerhin der Ansicht, man könne
Kummer oft vorhersehen und vorbeugende Maßnahmen treffen. So
sprachen sie von einem gewissen Vorhersehen. An anderer Stelle ist
überliefert, dass sie nicht nur solchermaßen ein mentales Training, sondern
auch körperliches Training (Askese) empfahlen.
Aristipp von Kyrene soll als erster den Begriff der Menschlichkeit in die
Philosophie eingeführt haben und hat laut Xenophon und Plutarch einen
Kosmopolitismus vertreten.
Aristipp stellte die körperliche Lust über die seelische. "Ich besitze die
Hetäre Lais, bin aber nicht von ihr besessen... Denn die Begierden zu
beherrschen und ihnen nicht zu unterliegen, ist am besten."
In der Neuzeit könnten manche Äußerungen Rousseaus von Aristipp
inspiriert sein. Auch Jeremy Benthams Lehren vom Glück enthalten
deutliche Anklänge an Aristipps Vorstellungen vom guten Leben
("Eudaimonia"). Eine Nähe zu gegenwärtigen hedonistischen Strömungen
wird man hingegen als äußerlich ansehen müssen.
Der Grund, dass der Name Aristipp heute in Deutschland noch einige,
wenn auch meist wenig bestimmte Erinnerungen wachruft, dürfte darin
liegen, dass Christoph Martin Wieland ihn zum Helden seines bedeutenden
Briefromans „Aristipp und einige seiner Zeitgenossen“ gemacht hat, der zu
einem guten Teil der Aufklärung des 18. Jahrhunderts seine Stimme
verlieh. In der einen oder anderen Weise wirkt das von Wieland dem
aristippischen Lebensstil gesetzte Denkmal in der Rezeption der Antike
und in Teilen der deutschen Literatur fort. Wenn die Wieland-Rezeption
nach seinem Tode auch zurückging, so haben doch Kenner später gern bei
ihm Rat geholt.
Man hat darauf hingewiesen, dass die aristippische Lebenskultur viele
Jahrhunderte später, vielleicht in etwas affektierterer Form, eine gewisse
Entsprechung in der Welt der französischen Salons des 18. Jahrhunderts
gefunden hat. Man zitiert dazu einen Satz Montesquieus, der als
Zusammenfassung dessen, was auch Aristipps charakterliche Veranlagung
gewesen sein könnte: „Meine Maschine ist so glücklich zusammengesetzt,
dass ich von allen Gegenständen lebhaft genug ergriffen werde, um sie zu
genießen, nicht lebhaft genug, um darunter zu leiden.“
Zwei antike Hermen, auf denen jeweils ein Mann und eine Frau dargestellt
sind, wurden von einigen Forschern als Aristipp und seine Tochter Arete
angesehen. Eine der Hermen befindet sich in Berlin, die andere im Musée
Antoine Vivenel in Compiègne.
Im Palazzo Spada in Rom befindet sich eine sitzende Statue, die eine
verstümmelte Inschrift trägt. Diese beginnt mit ARIST, wird dann
unleserlich und lässt Platz für ungefähr vier Buchstaben. Der letzte
Buchstabe ist wieder leserlich und ein S. Es könnte sich also um
Aristippos, aber auch um Aristoteles handeln.
Arete von Kyrene (geboren um 400 vor Christus, gestorben um 330 vor
Christus) war eine griechische antike Philosophin. Innerhalb der
Philosophiegeschichte zählt man sie zu den Kyrenaikern.
Der Vater Aretes war der Philosoph und Begründer der kyrenaischen
Schule, Aristipp von Kyrene, ihr Sohn war der Philosoph Aristipp der
Jüngere. Arete wurde von ihrem Vater unterrichtet und folgte ihm als
Schuloberhaupt. Sie selbst war die Lehrerin ihres Sohnes Aristipp dem
Jüngeren. Ihre Schriften sind verloren und auch die Testimonien (antike
Berichte zu Leben und Lehre) sind äußerst rar. Letztere findet man
beispielsweise bei Diogenes Laertios, Eusebius von Caesarea, Clemens
von Alexandria, Theodoret, Themistios, Aelian und Strabon. Erhalten ist
ein Brief, den ihr Vater Aristipp auf dem Sterbebett an sie schrieb.
Vermutlich ist er nicht authentisch, doch hat der Autor vielleicht einen
wirklich geschriebenen Brief als Vorlage genutzt.
Um erst in späterer Zeit erfundene Informationen handelt es sich
wahrscheinlich bei Angaben, die besagen, dass sie 35 Jahre lang in
attischen Schulen und Akademien Naturphilosophie und Moralphilosophie
unterrichtet, 40 Bücher geschrieben und 110 Schüler gehabt haben soll.
ZWEITES KAPITEL
DER ISLAM

Es gibt ein paar Dinge, die wir zuerst verstehen müssen. Die Muslime
teilen die Welt in zwei Teile. Der erste Teil ist die Welt des Islam. Darin
leben die Menschen, wie es der Islam verlangt. Die andere Welt ist die
Welt des Krieges. Wenn in einem Land nicht die Scharia herrscht, also das
Gesetz des Korans und der Überlieferungen Mohammeds, dann ist dieses
Land nicht Gott unterworfen und ist also ein Land des Krieges.
Dieser Begriff, die Welt des Krieges, geht zurück bis auf die Zeit der ersten
Kalifen. Kalifen sind religiöse und politische Führer des Islam und
behaupten, bis auf Mohammed zurück zu gehen. Und damit haben wir es
heute zu tun.
Es gibt verschiedene Arten des Dschihad, das heißt des Heiligen Krieges.
Der Dschihad ist eine religiöse Pflicht für die Muslime. Das Wort
Dschihad bedeutet im Arabischen eigentlich Kampf, nicht Heiliger Krieg.
Da gibt es den inneren Kampf des Gläubigen mit seinem Ego. Da gibt es
aber auch den Kampf gegen die Feinde der islamischen Religion. Dann
gibt es den Kampf, um Ungläubige zu Allah zu bekehren. Muslime haben
traditionell alle diese Arten von Dschihad geführt.
Heute sehen wir den Aufstieg neuer Bewegungen im Islam. Wir sehen
einen islamischen Terrorismus, wie ihn die Vergangenheit nicht gekannt
hat. Diese neue Form des Dschihad betrifft uns heute alle. Er ist nicht ganz
neu, aber er tritt in einer neuen Form auf. Worum geht es in diesem Krieg?
Schon im Anfang des Islam hatte Mohammed heftige Kämpfe mit den
Heiden zu bestehen. Mohammed stammte aus Mekka. Sein Vater starb, als
Mohammed noch im Mutterschoß war. Seine Mutter starb, als er sechs
Jahre alt war. Er wurde von seinem Großvater aufgenommen, der aber
starb, als Mohammed acht Jahre alt war. Da wurde er von seinem Onkel
aufgenommen. Als er erwachsen geworden war, wurde er
Karawanenführer.
Mekka war das Hauptheiligtum des heidnischen Arabien. In Mekka gab es
und gibt es heute noch die Kaaba. Das war der Kultort der Götter und
Göttinnen Arabiens. Es gab drei große Göttinnen. Diese waren die Frauen
oder Töchter des Hauptgottes Allah. Seine drei Töchter wurden als
Naturgöttinnen in Mekka angebetet.
Mohammed reiste oft in den Norden. In Damaskus kam er in Kontakt mit
Christen. Er wusste etwas über die anderen Religionen. Er war bekannt als
ein ehrlicher Mann. Er hatte aber einen niedrigen sozialen Status, da er
ohne Vater oder Großvater war. Er lernte eine Christin namens Kadischa
kennen, die er schließlich heiratete. Er war damals fünfundzwanzig und sie
vierzig Jahre alt.
Im heidnischen Arabien wurde das Erbe von den Müttern an die Töchter
weitergegeben. Der Koran und der Islam wollten eine neue Ordnung
durchsetzen. Nun sollte das Erbe von den Vätern den Söhnen
weitergegeben werden. Es war also der kulturelle Wandel vom Matriarchat
zum Patriarchat, was Mohammed durchsetzte.
Während Mohammed mit der Christin Kadischa zusammenlebte, hatte er
einige Visionen in einer Höhle außerhalb von Mekka. Er stand auch unter
dem Einfluss eines Verwandten seiner Frau, der ein christlicher Mönch
war.
Dieser Mönch übersetzte Teile des Alten und des Neuen Testaments ins
Arabische. Er überlieferte es Mohammed mündlich. Dieser konnte ein
wenig lesen, aber nicht schreiben. Auch Kadischa und ihre Verwandten
erzählten ihm Geschichten aus der Bibel. Als er seine Visionen hatte,
ermutigte Kadischa ihn, denn sie hoffte, er würde Christ werden.
Mohammed fing an, einige Schlüsselbegriffe zu lehren: 1. Es gibt nur
einen Gott. Nur Allah ist Gott und alle anderen Götter und Göttinnen sind
nicht Gott. 2. Allah will, dass die Menschen rechtschaffen sind. 3. Allah
wird die Toten auferstehen lassen, darum darf man nicht wie die Heiden
leben. 4. Allah wird richten, bevor er die Toten auferweckt. Wer
unmoralisch lebt, wird in die Hölle geschickt. Hölle heißt Jehenum, das ist
die Gehenna, von der Jesus gesprochen hat.
Wenn du ein rechtschaffener Mensch bist, wirst du ins Paradies kommen.
Dort fließen Flüsse, die bewässern Gärten mit Obstbäumen. Da gibt es
Quellen von reinem Wasser, Brunnen von Milch und Brunnen von Wein,
der nicht berauscht. Den Männern sind Paradiesfrauen verheißen, die
Huris, die jeden Tag ihre Jungfräulichkeit wieder herstellen. Mit diesen
dürfen sich die Männer in alle Ewigkeit vergnügen.
Es gibt keine eindeutige Aussage über das, was muslimische Frauen
erwartet, wenn sie ins Paradies kommen. Mohammed sagte aber, die
meisten Menschen in der Hölle seien Frauen. Er lehrte dies erfolglos zur
Zeit seiner ersten Visionen, bis er aus Mekka nach Medina floh.
Der Tod Kadischas war ein schwerer Schlag für Mohammed. Nun stand er
nicht mehr unter ihrem Schutz. Er war nun abhängig von seinem Stamm.
Der Stamm aber lebte von den Einkünften, die ihnen die Wallfahrer ins
heidnische Heiligtum brachten. Und nun sprach Mohammed gegen diese
Götter und Göttinnen. Darum war sein Stamm gegen ihn. Mohammed
sagte nun, dass das irdische Leben und der Reichtum nicht alles seien, viel
wichtiger sei es, ins Paradies zu kommen. Er sagte, dass alle, die viele
Götter und Göttinnen anbeten, in die Hölle kommen. Das war nicht gerade
eine populäre Botschaft.
Im Jahr 622 nach Christus wurde Mohammed aus Mekka vertrieben und
floh nach Medina. Das ist wichtig, denn die Suren oder Kapitel des Koran
werden unterschieden zwischen denen, die in Mekka und denen, die in
Medina offenbart wurden. In Mekka hatte Mohammed versucht, als sanfter
Mann die Heiden mit Worten zu überzeugen. Nun aber in Medina,
zusammen mit seinen muslimischen Jüngern und bekehrten Heiden,
begann er, militanter aufzutreten.
Mohammed dachte, dass die Juden als Monotheisten ihn als Propheten
freudig begrüßen würden. Das war nicht der Fall, sondern die Juden
stellten sich gegen ihn. Mohammed begann eine Reihe von Kriegen gegen
Mekka zu führen. Manchmal kämpften Juden auf der Seite von Mekka.
Daraufhin vertrieb Mohammed die Juden aus Medina.
Weitere Juden hatte Mohammed enteignet. Bei einem anderen jüdischen
Stamm ließ er die Männer über 12 Jahren enthaupten und die Frauen und
Kinder versklaven. Einige Jüdinnen nahm er sich zur Frauen.
Zehn Jahre lang führte Mohammed Krieg, bis zu seinem Tod im Jahr 632.
Wenn man im Koran die Aufforderung zum Kriegführen liest, handelt es
sich immer um eine Sure aus Medina.
Im Islam gibt es keine verbindliche Lehrautorität. Jeder kann den Koran
interpretieren, wie er will. Der Islam ist eine Religion des Friedens bei
denen, die sich auf Mekka-Suren beziehen. Der Islam ist eine Religion des
Krieges bei denen, die sich auf Medina-Suren beziehen.
Die Frage ist für jeden Muslim, welchen Texten er folgt. In der Sure 4,
Vers 77 aus Medina heißt es: „Unser Herr, warum hast du uns befohlen zu
töten?“ Sieben Mal gibt es im Koran die Aufforderung, die „Ungläubigen
zu töten“. In einem andern Text, diesmal aus Mekka, heißt es, es darf
keinen „Zwang im Glauben“ geben. Welcher dieser Ansichten ein Moslem
folgt, ist seiner persönlichen Interpretation überlassen.
In seinen zahlreichen Kriegen gegen Mekka gelang es Mohammed, Mekka
zu unterwerfen. Sie konnten seinem Heer nicht widerstehen. So wurde
Mohammed nach und nach der Herrscher über ganz Arabien. Er tötete
einige seiner stärksten Gegner, denen er nicht verzeihen konnte. Es gibt
Stellen im Koran, die sagen, dass es gut ist, zu vergeben. Aber er gibt auch
Stellen, die die Ermordung der Gegner des Islam rechtfertigen. Rache wird
gutgeheißen. Welchen Weg nun ein Moslem wählt, den der Vergebung
oder den der Rache und des Mordes, ist einer persönlichen Interpretation
überlassen.
Mohammed war gewillt, weiterzukämpfen und das Reich von Byzanz
anzugreifen. Er starb aber im Jahr 632. Sein Schwiegervater wurde der
erste Kalif. Die Moslems breiteten sich aus von Persien bis Spanien. Im
traditionellen Islam wurden die Juden und Christen nicht als Ungläubige
angesehen, sondern beide waren Volk der Schrift. Wenn Juden und
Christen bereit waren, in einem von Moslems eroberten Gebiet zu leben,
und wenn sie eine Schutzsteuer an den islamischen Staat zahlten, konnten
sie weiter ihrer Religion nachgehen.
Die Christen im nahen Osten begrüßten sogar die muslimischen Eroberer,
weil sie so befreit wurden vom byzantinischen Reich. Die Schutzsteuer,
die die Christen an die Muslime zahlen mussten, war geringer als die
Steuer, die sie dem byzantinischen Reich zahlen mussten. Der kulturelle
Fortschritt, den die arabische Kultur damals brachte, ging auf die Christen
zurück. Die Christen hatten die Werke der griechischen Philosophen ins
Arabische übersetzt. Es gab muslimische Philosophen, die sich mit Platon
und Aristoteles und dem Neuplatonismus auseinandersetzten. Aber als sich
eine strenge Form des Islam durchsetzte, in der die griechische
Philosophie abgelehnt wurde, begann der Niedergang der arabischen
Kultur.
Da traten die Türken auf den Plan der Geschichte. Türken sind keine
Araber, aber Muslime. Sie drängten nach Europa. Sie zwangen besiegte
christliche Männer, zum Islam überzutreten und als Elitesoldaten dem
türkischen Sultan zu dienen. Diese Elitesoldaten waren die Janitscharen.
Sie hatten noch keine familiären Bindungen an die Türken. Sie waren
radikal-loyal dem Sultan gegenüber. Sie wurden gezwungen, gegen andere
Christen zu kämpfen. So setzte das Osmanische Reich der Türken seine
Expansionspolitik weiter fort.
Da kam es zur berühmten Schlacht bei Lepanto. Eine kleine christliche
Flotte besiegte die Türken. Die Christen hatten zuvor in ganz Europa zu
Jesus und zur Mutter Jesu gebetet. Die Türken hatten damals Allah
geschworen, Rom zu erobern und den Petersdom in eine Moschee zu
verwandeln. Das ist nicht geschehen. Hundert Jahre später griffen die
Türken Wien an. Wieder beteten die Christen zu Jesus und Maria, und so
wurden die Türken vertrieben.
Nun begann das türkische Reich wie auch das persische Reich mehr und
mehr zu zerfallen. Im 18. Jahrhundert dringt Peter der Große, der Zar von
Russland, in diese Gebiete vor. Die Briten sehen den Erfolg Peters des
Großen. Die Briten unterwerfen sich darauf 'Teile Nordafrikas und Indien.
Im Ersten Weltkrieg zerfiel das türkische Reich fast vollständig. Briten und
Franzosen nehmen sich ihre Teile. Frankreich nahm sich Libanon und
Syrien. Die Briten nahmen sich Palästina, den Irak und Arabien.
Im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert entwickelten sich zwei
Ideologien, die für unsere heutige Situation entscheidend sind: Ersten der
radikale Islam und zweitens der Nationalismus.
Im Jahre 1740 entstand eine neue Bewegung des radikalen Islam, von
einem Mullah gegründet, der von anderen Mullahs abgelehnt wurde.
Diesen radikalen Islam nennt man nach seinem Gründer Wahabismus. Der
Gründer stammte aus der Saud-Familie, daher kommt der Name Saudi-
Arabien. Die Familie Saud bildete den militärischen Arm des Wahabismus.
Al-Qaida zum Beispiel ist eine Gruppe des Wahabismus. Der Wahabismus
bildet die ideologische Grundlage von Saudi-Arabien, Al-Qaida,
Moslembrüderschaft, Taliban und ähnlichen Gruppen in der ganzen Welt.
Der Wahabismus betreibt die Ausbreitung im südlichen Afrika und ist
besonders stark in Nigeria. Außerdem versorgt der Wahabismus viele
Moscheen und Schulen in den USA.
Der Wahabismus hat nun eine bestimmte Auslegung des Koran.
Grundlegend ist dafür das Buch ihres Gründers mit dem Titel: Die Einheit
Gottes. Im traditionellen Islam wurden ja Juden und Christen als Volk der
Schrift bezeichnet. Als Ungläubige galten nur Heiden und Atheisten. Der
Wahabismus nennt nun Juden und Christen und muslimische Shiiten
Ungläubige und Zauberer. Sie sehen im Koran die Aufforderung, diese
Ungläubigen zu töten. Diese Tötungen sehen sie als Gottes Gebot an und
fühlen sich verantwortlich, diese Tötungen durchzuführen.
Die Wahabiten begannen 1790 mit einem Angriff auf die schiitischen
Muslime, in der Arabischen Emiraten und im Irak. Dann marschierte ihre
Armee gen Westen bis nach Damaskus. Da sagte der Sultan: Genug ist
genug!
Im Jahre 1900 entkam Ibn Saud aus der Gefangenschaft. Er verbündete
sich mit den Wahabiten und begann, Arabien zu erobern. Er schuf Saudi-
Arabien, nach ihm benannt. In Saudi-Arabien war nun der Wahabismus
eine offizielle Art des Islam. Die Familie von König Abdullah wurde zu
Ketzern erklärt und vertrieben. 1920 schufen die Briten Jordanien und
gaben es einem der Abdullah-Bruder, für einen andern Abdullah-Bruder
schufen die Briten den Irak.
Das war also die Ideologie des radikalen Islam. Aber eine zweite Ideologie
ist noch von Bedeutung für unsere heutige Lage, und das ist die Ideologie
des Nationalismus. Anfang des 19. Jahrhunderts ward die Idee des
Nationalstaats groß, dem die Bürger mehr verpflichtet seien als regionalen
Fürstentümern. Die Idee der Nation ersetzte bei vielen Menschen die
Religion. Schon in der Zeit nach der Reformation, besonders in der Zeit
der Aufklärung, war die Religion nicht mehr die alles einende Idee. Im
30jährigen Krieg führten Christen gegen Christen sogar Krieg. Da nun
nicht mehr der Glaube die Menschen vereinte, suchte man die Einheit in
der Idee der Nation. Bismarck schuf Deutschland, Garibaldi schuf Italien.
Der Nationalismus gipfelte im Ersten Weltkrieg und mit dem Rassismus
dazu im Zweiten Weltkrieg.
Der Nationalismus war nicht nur ein europäisches Problem. Auch die
Libanesen sagten: Wir sind die libanesische Nation, obwohl es gar kein
Staatsgebiet Libanon gab. Zur Zeit des großen Osmanischen Reiches
hatten die Menschen sich nicht als Ägypter, Libanesen, Iraker, Kurden,
Syrer gesehen. Die Idee der Nation existierte dort nicht, bis sie von den
europäischen Christen exportiert wurde. Nun entstanden neue
Spannungen. Auch die Armenier begannen, ihre nationale Identität zu
entdecken.
Die Türken unterdrückten die Armenier und begingen Anfang des 20.
Jahrhunderts den ersten Völkermord, indem sie bis zu zwei Millionen
Armenier ermordeten. Da das Osmanische Reich zerfallen war, trat die
Idee von Nationalstaaten an dessen Stelle. In Damaskus wurde die Baath-
Partei gegründet, das war eine Partei des Nationalismus in Syrien und im
Irak. Sie sympathisierten mit Hitlers Nationalsozialisten. Die vom
Großmufti von Jerusalem geführten Palästinenser schlossen sich der
nationalsozialistischen Idee an, der Großmufti lebte während des zweiten
Weltkriegs in Berlin. Die nationalistische Ideologie bildete Regierungen in
Ägypten, Syrien, Irak und bestimmte die PLO.
Diese Regierungen waren zentralistisch und mischten sich stark in das
Privatleben der Bürger und töteten mehr Menschen, als es das Osmanische
Reich je getan hatte. Moderne Kommunikationsmittel und moderne
Waffen machten all dies möglich.
Nun stellten die gewöhnlichen Menschen im Nahen Osten fest, dass sie
vom Nationalismus unterdrückt wurden. Da sagten sie sich: Der
Nationalismus ist ein Dämon aus dem Westen, sie wollen uns dazu
bringen, westlich zu denken, aber wir wollen zurück zum Islam, zu einem
radikalen Islam.
Die Reaktion gegen den Nationalismus gegen den Nationalismus war also
ein Erstarken der radikal-islamischen Bewegungen. Das war der Fall in
Syrien und im Irak bis zum Sturz von Saddam Hussein. In diesen beiden
Ländern war die Unterdrückung durch die Nationalisten schwer.
Die beiden Zentren für den radikalen Islam sind Iran und Saudi-Arabien.
Im Iran hat Ayatollah Khomeini den radikalen Islam für die Shiiten
entwickelt. Die Wahabiten entwickelten den Radikalismus für die
Sunniten. Schiiten und Sunniten sind streng von einander getrennt und
vermischen sich nicht. Sie lehnen einander ab.
Wenn ihr hört, dass sich ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt hat,
dann ist es in der Regel ein Vertreter des radikalen Islam, der hofft, so ins
Paradies zu den Huris zu kommen. Wenn ihr hört, dass einer andere in die
Luft gesprengt hat, ohne sich selbst zu opfern, ist es in der Regel ein
Nationalist, denn die Nationalisten haben nicht die gleichen Hoffnungen
für den Himmel.
Der Versuch, Freundschaft mit den radikalen Islamisten zu schließen, ist
Torheit. Sie lehnen alles ab, was aus dem Westen kommt. Sie zu
beschwichtigen wird wohl nicht gelingen. Im neunzehnten Jahrhundert
haben allein militärische Aktivitäten die Wahabiten zurückgedrängt.
Der Krieg, obwohl er auch viele neue Probleme schaffen könnte, ist
wahrscheinlich die einzige Sprache, die die Radikalen verstehen. Die Art
der Kriegsführung ist schwierig. Gibt es noch Hoffnung? Der Islam ist im
Chaos.
Eine Vielzahl von Kräften versucht, den nächsten Kalifen zu stellen. Der
Kalif wäre der Nachfolger Mohammeds und das religiöse und politische
Zentrum des Islam. Um diesen Posten kämpfen die Nationalisten und die
Radikalen. Der Islam erfordert ein totalitäres System, um zu überleben.
Wenn die Menschen in einer freiheitlichen Demokratie mit
Religionsfreiheit die Wahl hätten, würde der Islam sehr schwach werden.
Sie können sich nur erhalten, indem sie allen Moslems die Todesstrafe
androhen, die Christen werden möchten. Der Islam ist durchdrungen von
dieser Mentalität des Totalitarismus.
In Saudi-Arabien ist es verboten, eine Bibel zu besitzen. Dort wurden zwei
philippinische Frauen geköpft, weil sie ein Neues Testament bei sich
hatten. Sollte sich die Demokratie im Nahen Osten durchsetzen, und wenn
die Christen im Nahen Osten ihre Identität bewahren können, wenn die
Christen den Missionsauftrag Christi ernst nehmen, kann es möglich sein,
den Nahen Osten zu evangelisieren. Dann kann der Nahen Osten wieder
christlich werden. Palästina, Syrien, Ägypten und Nordafrika waren einst
christlich und Stätten, wo die christliche Weisheit blühte. Dies sollte das
Ziel der Missionstätigkeit aller Christen sein.
Wie lernen wir, Muslime zu evangelisieren? Wie können wir lernen,
Christus zu verkündigen? Wir müssen eine klare Vorstellung vom
Evangelium und der Lehre des Christentums haben. Was die Würde der
Person betrifft, sind Christentum und Islam sehr verschieden. Das
Christentum würde die Kultur im Nahen Osten enorm erheben. Wir
müssen lehren, dass Rache Sünde ist und dass Gott Vergebung fordert. Wir
müssen allerdings das Evangelium auch in dem inzwischen
materialistischen Europa verkündigen.
Das materialistische Europa hat nicht die Kraft, den Islam aufzuhalten. Die
Materialisten werden vom Islam überrollt. Wer denkt, dass der Glaube an
Christus die persönliche Freiheit beschränkt, muss sich nicht wundern,
wenn ihm vom Islam alle persönliche Freiheit genommen wird. Belgien
wollte schon Arabisch zur dritten Landessprache machen. Die Scharia, die
islamische Gesetzgebung, soll auf den Straßen von Paris herrschen. Wir
brauchen in Europa eine Wiederbelebung des Christentums, eine
christliche Mission und eine vom Evangelium geprägte Kultur.
In Indonesien lassen sich jedes Jahr zu Ostern 300 000 Muslime taufen.
Ost-Timor war einst ganz muslimisch, jetzt ist es ganz christlich geworden.
Das soll uns Hoffnung machen. Wir müssen beten, dass der Nahe Osten
evangelisiert wird. Wir müssen selbst auch missionarisch werden. Jeder
Christ muss Missionar sein, um Seelen zu Jesus zu führen. Der Kampf
gegen den Islam kann erfolgreich sein, wenn wir uns vom Materialismus
zum Christentum bekehren.

DRITTES KAPITEL
ÜBER DIE EHE

1. Buch Mose / Genesis Kapitel 2

21 Da ließ Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen,
sodass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle
mit Fleisch.
22 Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen
hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu.

23 Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein / und
Fleisch von meinem Fleisch. / Frau soll sie heißen, / denn vom Mann ist
sie genommen.

24 Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine
Frau und sie werden ein Fleisch.

25 Beide, Adam und seine Frau, waren nackt, aber sie schämten sich nicht
voreinander.

KOMMENTAR

1. Die Welt sagt: Ha, der Mann zuerst geschaffen und dann die Frau, das
ist typisch patriarchalisch! Stell dir vor, in der Bibel stünde, die Frau sei
zuerst geschaffen und dann aus einer Rippe der Frau der Mann geschnitzt.
Dann sagte die Welt: Ha, die Frau ist also nur der Steinbruch des Mannes?
Das ist typisch patriarchalisch!

2. Die Geschichte, dass Adam aus Lehm geknetet wurde und die Frau aus
des Mannes Rippe geschnitzt, ist natürlich nicht buchstäblich zu verstehen.
Es ist ein Mythos, aber mit einer tiefen philosophischen Bedeutung.

3. Vor der Schaffung der Frau war Adam einsam. Adam heißt einfach
Mensch. Es gibt die Einsamkeit des Menschen vor Gott. Das betrifft
Männer und Frauen. Jeder Mensch ist einsam vor Gott. Die Liebe will
diese Einsamkeit aufheben. Adam ist ein Mensch, eine geistige Person mit
freiem Willen und Vernunft. Die Tiere, die um ihn waren, konnten seine
Einsamkeit nicht aufheben, das kann nur ein anderer Mensch, der auch
geistige Person ist.

4. Adam sank in einen Schlaf, in eine tiefe Trance. Er ist also nicht der
Schöpfer der Frau, sondern Gott. Vielleicht träumte Adam aber von seiner
Traumfrau?
5. Die Frau wurde aus der Rippe des Mannes geschaffen. Statt Rippe kann
man auch Flanke übersetzen, das bedeutet: Auf einer Flanke allein kann
man nicht stehen, es braucht zwei Flanken. Die Frau wurde nicht aus dem
Schädelknochen geschnitzt, denn sie soll nicht die Herrin des Mannes sein,
und sie wurde nicht aus dem Fußknöchel geschnitzt, denn sie soll nicht die
Magd des Mannes sein.

6. Adam ruft: Sie ist Bein von meinem Bein, das heißt: Sie ist Mensch wie
ich, ist von gleicher Würde und von gleichem Wert, aber doch verschieden.
Mann und Frau ergänzen sich.

7. Adams Ruf: Sie ist es! ist das erste Liebesgedicht der Menschheit. Seine
Begeisterung, als er die Frau sah: Sie ist es! findet einen Nachhall in allen
Liebesgedichten der Menschheit.

8. Sie soll Frau heißen, denn vom Mann ist sie genommen. Das ist im
Hebräischen ein Wortspiel: Sie soll Ischa heißen, denn vom Isch ist sie
genommen. In Isch oder Mann steht das J, in Ischa oder Frau steht das H,
zusammen ergibt das JAH, die Kurzform von Jahwe, den Namen Gottes.
Mann und Frau sind beide Ebenbilder Gottes. Der Mann ist ein Abbild
Gottvaters, die Frau ist ein Abbild von Gottes Liebe.

9. Der Mann wird Vater und Mutter verlassen. Das ist wichtig. Die
Hauptperson ist nun die Partnerin. Wer heiraten will, muss aus der
kindlichen Abhängigkeit von den Eltern herauswachsen.

10. Sie werden Ein Fleisch werden. Das bedeutet dies: Sex schafft eine
Herzensverschmelzung. Sex ist Ausdruck personaler Liebe zum personalen
Du. Sex ist die Sprache des Leibes, die sagt: Ich will ein Kind mit dir. Sex
hat eine doppelte Funktion: Zum einen vereinigt der Sex Mann und Frau,
und zum andern wird im Sex das neue Leben gezeugt. Sex will
schöpferisch sein.

11, Wie der Vater den Sohn liebt, und der Sohn den Vater liebt, und ihrer
beider Liebe ist der Heilige Geist – so liebt der Mann die Frau, und die
Frau liebt den Mann, und die Frucht der Liebe ist das Kind. So ist die
Familie ein Abbild der Heiligen Dreifaltigkeit.
12. Und sie waren nackt und schämten sich nicht. Das ist nicht die
Schamlosigkeit des FKK-Strandes und der Pornographie. Schamgefühl ist
gesund. „Verlust des Schamgefühls ist einsetzender Schwachsinn“, sagte
Freud. Scham schützt die Person, die Seele. Darum wünscht sich Christus
von den Christen schamhafte Kleidung. Aber in der Intimität der Ehe wird
die Scham überwunden durch Liebe. Scham schützt vor egoistischer
Begierde, aber hingebungsvoll schenkende Liebe in der Ehe überwindet
die Scham. Da entsteht wieder die paradiesische Nacktheit in Unschuld
vor dem Antlitz Gottes.

Matthäus Kapitel 5 (Bergpredigt)

Vom Ehebruch: 5,27-30

27 Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen.

28 Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in
seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen.

29 Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und
wirf es weg! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verloren
geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.

30 Und wenn dich deine rechte Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab
und wirf sie weg! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder
verloren geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle kommt.

KOMMENTAR

1. Ehebruch ist der sexuelle Verkehr eines Ehepartners mit einer Anderen
als der Ehepartnerin. Ehebruch ist kein Kavaliersdelikt, wie er in unserer
heutigen Medienkultur behandelt wird. Ein Kuss ist noch kein Ehebruch.
Aber Ehebruch beginnt im Kopf. Männer werden versucht von sexuellen
Phantasien, Frauen mehr von romantischen Träumen. Einen Menschen
lüstern ansehen, heißt, einen Menschen zu reduzieren auf erotische Reize,
die Person nicht zu respektieren, sondern den andern als Lustobjekt oder
Sex-Idol zu sehen. Das kann auch in der Ehe geschehen, wenn der Partner
nicht mehr als Person gesehen wird, dem ich mich hingeben möchte,
sondern als bloßes Fleisch, dass ich benutzen will, um mich selbst daran zu
befriedigen.

2. Das Auge ausreißen und die Hand abhacken ist natürlich nicht
buchstäblich zu verstehen, sondern bedeutet, auf bestimmte körperliche
Genüsse zu verzichten, wenn sie Sünde sind und dem Seelenheil
entgegenstehen.

Von der Ehescheidung: 5,31-32

31 Ferner ist gesagt worden: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt, muss ihr
eine Scheidungsurkunde geben.

32 Ich aber sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von
Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus; und wer eine Frau heiratet,
die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch.

KOMMENTAR

1. Das Gesetz Moses sagte: Nur der Mann darf sich scheiden, nicht die
Frau. Jesus sagte: Das ist nur wegen eurer harten Herzen gesagt worden.
Am Anfang bei Adam und Eva war die Ehe unauflöslich, und so soll es
wieder werden.

2. Der Fall von Unzucht, griechisch Porneia, ist unklar. Entweder meint es
die Verwandten-Ehe (die bei Moses erlaubt war), oder es ist eine spätere
Einfügung des Evangelisten Matthäus. In der Katholischen Kirche ist
Scheidung nicht erlaubt, nur die sogenannte Trennung von Tisch und Bett,
das heißt, räumliche Trennung ohne Scheidung. In der Orthodoxen Kirche
ist Scheidung und sogar Wiederverheiratung erlaubt. Unzucht oder Porneia
ist nicht nur Pornographie, wie es klingt. Bedenke: 70 Prozent der
männlichen Jugendlichen in Deutschland haben heute Umgang mit
Pornographie. Allerdings ein dauerhaftes Ehebrechen oder eine krankhafte
Sexsucht kann zur Ungültigkeit der Ehe führen. Also: Entweder ist
Scheidung grundsätzlich verboten, wie Jesus wörtlich sagt und die
Katholische Kirche es lehrt, oder aber Scheidung ist unter gewissen
Umständen erlaubt, wie es die Orthodoxe Kirche lehrt. Jedenfalls darf man
nicht bei erster Gelegenheit die Vergebung verweigern und sich scheiden
lassen. Ehe und Familie ist ein „Fitness-Training der Vergebung“.

3. Die Ehe - und besonders die vor dem Antlitz Christi vollzogene Ehe -
und die eheliche sexuelle Vereinigung schafft ein inneres Herzensband, das
auch nach der formalen Trennung für Gott bestehen bleibt. Überhaupt
verschmilzt die sexuelle Vereinigung zwei Herzen. Eine Trennung lässt
schwere Wunden von zerrissenen Herzen zurück. Wer solche Trennungen
öfter vollzieht, bekommt ein zerstörtes Herz, mehr und mehr unfähig zu
Vertrauen und Selbsthingabe - wenn nicht der Heiland Heilung schenkt.

Epheser-Brief

Über die christliche Familienordnung: 5,21 - 6,9

21 Einer ordne sich dem andern unter in der gemeinsamen Ehrfurcht vor
Christus.

22 Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn (Christus);

23 denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der
Kirche ist; er hat sie gerettet, denn sie ist sein Leib.

24 Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, sollen sich die Frauen in
allem den Männern unterordnen.

25 Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich
für sie hingegeben hat,

26 um sie im Wasser und durch das Wort rein und heilig zu machen.

27 So will er die Kirche herrlich vor sich erscheinen lassen, ohne Flecken,
Falten oder andere Fehler; heilig soll sie sein und makellos.

28 Darum sind die Männer verpflichtet, ihre Frauen so zu lieben wie ihren
eigenen Leib. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst.
29 Keiner hat je seinen eigenen Leib gehasst, sondern er nährt und pflegt
ihn, wie auch Christus die Kirche.

30 Denn wir sind Glieder seines Leibes.

31 Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine
Frau binden und die zwei werden ein Fleisch sein.

32 Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die
Kirche.

33 Was euch angeht, so liebe jeder von euch seine Frau wie sich selbst, die
Frau aber ehre den Mann.

KOMMENTAR

1. Es gab bei den griechischen Philosophen solche Hausregeln. Paulus


übernimmt die Vorstellungen seiner Zeit, patriarchalische Vorstellungen.
Das wesentlich Neue ist die Verbindung zwischen Mann-Frau einerseits
und Christus-Kirche andererseits. Die Ehe bekommt einen göttlichen Sinn
und Inhalt.

2. Einer schätze den anderen höher als sich selbst. Gott fordert
gegenseitige Unterordnung. Eheliche Liebe soll kein Herrschaftsverhältnis
sein, sondern Selbsthingabe und Dienst.

3. Wenn es wahr ist, dass die Aufgabe des Mannes die Führung ist, dann
jedenfalls soll er führen wie Christus, also keine Macht und Herrschaft zur
Unterdrückung der Frau ausüben, sondern wie Christus dienen und sich
selbst hingeben. Des Mannes Krone ist keine Kaiserkrone, sondern eine
Dornenkrone.

4. Der Mann liebe die Frau, die Frau ehre den Mann. Die Frau braucht
Liebe: Der Mann soll sie schön finden, sie braucht Geborgenheit und
Zärtlichkeit und Austausch im Gespräch. Der Mann braucht Ehre: Er will
anerkannt und gerühmt werden wegen seiner Arbeit, seiner Leistung,
seiner Klugheit und Kraft.
5. Christus ist der Bräutigam, die Kirche ist die Braut. Es ist eine Liebe
wie im Hohenlied Salomos. Das Ziel des christlichen Lebens ist die
Vereinigung mit Christus. Die Ehe ein Abbild davon. Die Liebe, die Mann
und Frau einander spenden, soll die Liebe Gottes sein. Mann und Frau -
und Gott der Dritte im Bunde! So wird die Liebe Gottes durch den Partner
sinnlich erfahrbar.

6. Selbst im Liebesakt ist Gott gegenwärtig als der Schöpfer. Die Lust der
Vereinigung der Ehepartner ist ein Abglanz der großen Lust Gottes an dem
geschaffenen Kind.

VIERTES KAPITEL
DIE MÜTTERLICHE LIEBE GOTTES

ZEUGNIS

Die Psychologen sagen, dass in der frühen Kindheit das Gottesbild des
Kindes geprägt wird. Ich hatte keinen liebenden Vater und keine liebende
Mutter, aber eine liebende Großmutter, die allein lebte. So lebt in mir das
Bild von Gott als einer Großen Mutter. Weil ich nun ein weibliches
Gottesbild habe, war ich in meiner Jugend offen für den Feminismus.
Frauen schienen mir höhere Wesen zu sein. Nach meiner Phase des
atheistischen Kommunismus erwachte die Sehnsucht nach dem Göttlichen
wieder. Ich war begeistert von der Literatur über die heidnischen
Muttergöttinnen und das Zeitalter des Mutterrechts in der Jungsteinzeit.
Die Frauen, die ich liebte, schienen mir Göttinnen zu sein. Ich träumte von
einer weiblichen Lichtgestalt, einer himmlischen Jungfrau. Als meine
Großmutter starb, begegnete mir Christus und ich bekehrte mich. Zwei
Jahre lebte ich ohne Anschluss an andere Christen und verliebte mich in
die Jungfrau Maria. Sie war die weibliche Lichtgestalt von der ich
geträumt hatte. Dann fand ich Anschluss erst bei einer evangelikalen
Freikirche und dann bei den Lutheranern. Da wurde mir dann die
Marienverehrung genommen. In der Zeit, da ich in der Pfingstgemeinde
war, besuchte ich eine charismatische Psychotherapie, dort wurde mir erst
bewusst, dass ich zu Gott nicht Vater sagen konnte. Ich nannte Gott den
Vater eben Herr, wie im Alten Testament üblich. Bei der Psychotherapie
lernte ich ein katholisches Mädchen kennen, die mir wieder einen Zugang
schuf zur Marienverehrung. Ich schrieb als Pfingstler einen Roman über
das Leben der Mutter Jesu. Als ich katholisch wurde, verlobte ich mich mit
der Jungfrau Maria und dichtete ihr viele Hymnen. Da kam ich ins
schriftliche Gespräch mit dem Benediktiner-Pater Anselm Grün. Er
ermutigte mich, in einer geistlichen Ehe mit Maria zu leben, aber Maria
wolle mich ja zu Gott führen, zu Gott als Mutter. Nun las ich erst noch
einmal die feministisch-heidnischen Bücher über die Göttin. Dann las ich
christlich-feministische Bücher über die Weiblichkeit Gottes, über das
Mutter-Antlitz Gottes. Ich studierte katholische Mystiker des Mittelalters
die von der Liebe Gottes oder Caritas als einer Frau sprachen oder von der
Weisheit Gottes als einer Frau. Die göttliche Weisheit, auf griechisch
Hagia Sophia, wurde mein weibliches Gottesbild. Und während mir in der
menschlichen Liebe die geliebte Frau als feminines Antlitz Gottes
erschien, verwandelte sich Gott der Herr für mich in die Frau Weisheit des
Alten Testaments und der christlichen Mystik. Und dieser Frau Weisheit
oder Hagia Sophia hab ich die Ehe versprochen. Das ist mein ganz
persönlicher Weg. Gott wird in der Bibel ja hauptsächlich Vater genannt.
Aber Gott ist Geist, kein Mann. Gott hat väterliche und mütterliche Züge.
Von der Vaterschaft Gottes wird viel gepredigt, heute wollen wir uns
einmal einige Texte zur mütterlichen Liebe Gottes anschauen. Die
Bibeltexte sind nach der Hoffnung-für-alle-Bibel zitiert.

Genesis 1,1

26 Dann sagte Gott: "Jetzt wollen wir den Menschen machen, unser
Ebenbild, das uns ähnlich ist. Er soll über die ganze Erde verfügen: über
die Tiere im Meer, am Himmel und auf der Erde."
27 So schuf Gott den Menschen als sein Ebenbild, als Mann und Frau
schuf er sie.

KOMMENTAR

Mann und Frau sind beide Abbilder Gottes. Der Mann ist Gott ähnlich. Wir
nennen Gott ja Vater, Herr und König. Gott tritt auch als Bräutigam auf.
Aber die Frau ist auf ihre Art auch Gott ähnlich. Die Frau ist ein Spiegel
für Gottes zärtliche Liebe, Weisheit, Schönheit und Barmherzigkeit. Wie
ein Priester mir einmal sagte: Wenn schon die Frauen so schön sind, wie
schön ist dann erst die Gottheit! Ich sag euch, ich fände die Vorstellung, in
der Ewigkeit Gott anzuschauen, fürchterlich, wenn Gott ein alter Mann mit
langem grauen Bart wäre! Aber wenn Gott die Quelle aller Schönheit ist,
das Urbild aller Schönheit, dann sehne ich mich danach, die göttliche
Schönheit ewig zu genießen!

JESAJA 49

14 Jerusalem klagt: "Ach, der Herr hat mich im Stich gelassen, er hat mich
längst vergessen!"
15 Doch der Herr antwortet: "Kann eine Mutter ihren Säugling vergessen?
Bringt sie es übers Herz, das Neugeborene seinem Schicksal zu
überlassen? Und selbst wenn sie es vergessen würde - ich vergesse dich
niemals!

KOMMENTAR

Habt ihr auch schon mal das Gefühl gehabt: Gott hat mich verlassen? Ich
habe das sehr oft. So fühlt es sich in der Depression oft an. Und wenn wir
uns die Welt anschauen heute: Kriege, Terrorismus, Abtreibung,
Euthanasie, Flüchtlingsströme, Hungerkatastrophen, Umweltzerstörung –
fragt ihr euch auch manchmal: Gott, wo bist du? Warum greifst du nicht
ein? Wir denken doch insgeheim wie Schiller: Über den Sternen muss ein
Vater wohnen! Und wir denken, Gott sitzt auf einer Wolke und schaut zu,
wie wir uns gegenseitig umbringen! Aber hier sagt Gott: Ich bin euch so
nah wie eine Mutter ihrem Säugling! Gott als Vater – das zeigt, dass Gott
über der Welt ist, jenseits von allem Irdischen, größer als alles. Gott als
Mutter – das zeigt, Gott ist in der Welt, uns ganz nah, ja, Gott ist in uns
und wir sind in Gott. Gott leidet mit uns, wenn wir leiden. Gott weint mit
uns, wenn wir weinen. Und Gott freut sich, wenn wir uns freuen. Gott
weint mit den Weinenden und lacht mit den Lachenden. Man sagt ja, es
gibt keine so innige Verbindung wie zwischen Mama und Baby! So ist
Gott mit uns! Aber was, wenn eine Mutter ihr Baby umbringt, oder es
nicht will und nicht liebt? Dann sagt Gott: Aber Ich liebe dich! Ich liebe
dich noch mehr als eine Mutter! Ich liebe dich bedingungslos,
hingebungsvoll und für alle Ewigkeit!
JESAJA 66

10 Freut euch mit Jerusalem! Jubelt über diese Stadt, alle, die ihr sie liebt!
Früher habt ihr um sie getrauert, doch jetzt dürft ihr singen und jubeln vor
Freude.
11 Lasst euch von ihr trösten wie ein Kind an der Mutterbrust. Trinkt euch
satt! Genießt die Pracht dieser Stadt!
12 Denn ich, der Herr, sage euch: Frieden und Wohlstand werden
Jerusalem überfluten wie ein großer Strom. Ich lasse den Reichtum der
Völker hereinfließen wie einen nie versiegenden Bach. Und an dieser Fülle
dürft ihr euch satt trinken. In dieser Stadt werdet ihr euch wie Kinder
fühlen, die ihre Mutter auf den Armen trägt, auf den Schoß nimmt und
liebkost.
13 Ich will euch trösten wie eine Mutter ihr Kind. Die neue Pracht
Jerusalems lässt euch den Kummer vergessen.
14 Wenn ihr das alles seht, werdet ihr wieder von Herzen fröhlich sein,
und neue Lebenskraft wird euch durchströmen."

KOMMENTAR

Wir dürfen an den Mutterbrüsten Jerusalems die Milch des Trostes trinken.
Aber was ist da Jerusalem? Jerusalem ist im Alten Testament die Jungfrau
Jerusalem, die Braut Jahwes. Es ist das auserwählte jüdische Gottesvolk.
Im Neuen Testament ist das auserwählte Gottesvolk die Kirche, die
Gemeinschaft aller Christgläubigen. Die Kirche ist die Braut Christi. Wie
eine Mutter führt sie die Menschen zur geistlichen Wiedergeburt, ernährt
sie mit dem Brot des Lebens, mit Christus, segnet die Eheleute, belehrt die
Kinder, begräbt die Toten. Die Kirche im Himmel, also alle geretteten
Seelen, wird von Johannes Himmlisches Jerusalem genannt, und Paulus
nennt das Himmlische Jerusalem unsere Mutter. Aber auch Gott selbst will
uns trösten wie eine Mutter. Wenn wir in den Himmel kommen, wird Gott
wie eine Mutter alle unsere Tränen trocknen. Aber was sind die
Mutterbrüste, die uns die Milch des Trostes saugen lassen? Die
christlichen Mystiker sprachen von der Frau Weisheit. Ein Tropfen Milch
aus ihrer Brust schenkte den Predigern Beredsamkeit. Frau Weisheit hat
zwei Brüste. Die eine Brust ist das Alte Testament, die andere Brust ist das
Neue Testament. Frau Weisheit hat zwei Brüste, die eine Brust schenkt den
Kleinen im Glauben die Milch der Mutterliebe Gottes, die andere Brust
schenkt den Reifen im Glauben den Wein der Weisheit und der Mystik.

PSALM 131

1 Herr, ich bin nicht hochmütig


und schaue nicht auf andere herab.
Ich maße mir nicht an,
deine Geheimnisse und Wunder zu ergründen.
2 Ich bin zur Ruhe gekommen.
Mein Herz ist zufrieden und still.
Wie ein Kind in den Armen seiner Mutter, so ruhig und geborgen bin ich
bei dir!

KOMMENTAR

Ich hatte einen Liebling, der war zwei Jahre alt und sagte zu mir Mama. Er
braucht nur „Arm“ zu sagen, dann wusste ich, er wollte von „Mama“ in
den Arm genommen werden. Und so geborgen dürfen wir uns bei Gott
fühlen. Ich als Pflegevater fühlte mich geehrt, dass mein Ziehsohn Mama
zu mir sagte. Und so lächelt auch wohl Unser Vater im Himmel, wenn wir
beten: Mama! Arm! Gott will uns Geborgenheit schenken und tiefes
Vertrauen: Alles wird gut! Wir müssen keine großen Theologen sein oder
Männer, die meinen, Gott verstehen zu können. Wir dürfen wie Kinder
sein und mit kindlichem Urvertrauen alles von Gott erwarten. Philosophen
sagen: Wir haben alle Angst vor dem Tod, eine nackte Angst vor dem
Nichts! Aber eine Heilige sagte: Sollte das Baby auf dem Arm der Mutter
Angst haben, fallen gelassen zu werden? Nein, wenn wir sterben, ist es wie
eine Geburt, wir werden im Himmel zur Welt kommen.

NUN HEBRÄISCH-UNTERRICHT

Rachamim ist hebräisch und bedeutet „Barmherzigkeit“. Es ist genau


genommen ein Plural des Wortes für „Gebärmutter“. Gottes
Barmherzigkeit ist wie „viele Mutterschöße“. Das, was ein ungeborenes
Kind im Mutterleib erfährt, verdeutlicht den biblischen Ausdruck
„Barmherzigkeit“. Kein anderes Bild als das des Mutterschoßes beschreibt
also treffender das Wesen göttlicher und menschlicher Barmherzigkeit.
Das ungeborene Kind spürt Wärme, Geborgenheit, Fürsorge, Schutz. Es
erlebt Vertrauen, innige Verbundenheit mit einer liebenden Mutter.
Im Lateinischen heißt Barmherzigkeit: Misericordia. Das setzt sich aus
zwei Worten zusammen: Misere – mir geht es miserabel – und cor – das
heißt Herz. Gott hat ein Herz für unsere Misere, für unser Elend. Gott ist
voller Mitgefühl und Mitleid.
Zu einer polnischen Heiligen hat Jesus einmal gesprochen. Jesus sagte zu
ihr: Die Welt ist in Meiner Barmherzigkeit noch tiefer geborgen, als ein
Kind im Schoß seiner Mutter!
Was für eine Tragödie, dass heute Millionen von Mutterschößen zu
Gräbern des ungeborenen Lebens werden!
Wenn die Bibel also von der Gebärmutter Gottes spricht, ist das ein
Ausdruck für Gottes mütterliche Barmherzigkeit. Man spricht auch vom
rechten Arm Gottes oder der Hand Gottes, in der alles ruht, oder vom
Schemel der Füße Gottes, oder vom alles sehenden Auge Gottes oder vom
Angesicht Gottes. Das sind alles menschliche Bilder. Gott ist kein Mann,
Gott ist auch keine Frau, Gott ist grenzenloser Geist. Aber bildlich dürfen
wir auch vom Mutterschoß Gottes reden. Paulus sagt ja auch: In Gott leben
und bewegen wir uns – eben wie ein Kind im Schoß seiner Mutter.

LUKAS 15

8 Oder nehmt ein anderes Beispiel: Eine Frau hat zehn Silbermünzen
gespart. Als ihr eines Tages eine fehlt, zündet sie sofort eine Lampe an,
stellt das ganze Haus auf den Kopf und sucht in allen Ecken.
9 Endlich hat sie die Münze gefunden. Sie ruft ihre Freundinnen und
Nachbarinnen zusammen und erzählt: 'Ich habe mein Geld wieder! Freut
euch mit mir!'
10 Genau so freuen sich auch die Engel Gottes, wenn ein einziger Sünder
zu Gott umkehrt."

KOMMENTAR

Ich habe schon oft Frauen beobachtet, die alles abgesucht haben nach dem
Autoschlüssel. Jesus vergleicht sich selbst mit so einer Frau. So intensiv,
wie eine Frau nach dem Autoschlüssel sucht, sucht Jesus nach den
verlorenen Seelen. Wir suchen Gott, aber wichtiger ist noch: Gott sucht
uns! Und wenn Gott uns gefunden hat, wie die Frau ihren Autoschlüsseln,
sagt er es seinen Engeln, wie die Frau es ihren Freundinnen sagt.

LUKAS 13,34

Jerusalem! O Jerusalem! Du tötest die Propheten und erschlägst die Boten,


die Gott zu dir schickt. Wie oft schon wollte ich deine Bewohner um mich
sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt! Aber ihr
habt es nicht gewollt.

KOMMENTAR

Als die Kinder meiner nun toten Freundin klein waren, lebten sie in einem
großen Garten mit Hahn und Hennen und Küken. Wenn die Kinder im
Garten spielten, konnte ich die Henne beobachten, die die kleinen Küken
spazieren führte. Und die Küken drängten sich ganz dicht an die Henne.
Da sagte meine Freundin zu mir: Du bist kein Vater, du bist eine Glucke!
Und mit genau so einer Glucke vergleicht sich Jesus. Wir sind die Küken,
Jesus ist die Glucke.

PAPSTWORTE ZUM THEMA

In der Barmherzigkeit werde auch „die mütterliche Dimension Gottes“


sichtbar, erklärte Papst Franziskus. Allerdings würden diesen Ausdruck
nicht alle verstehen, er sei „nicht populär im guten Sinn des Wortes“,
sondern gehöre wohl einer „etwas gewählten Sprache“ an. „Deshalb rede
ich lieber von der Zärtlichkeit, die einer Mutter eigen ist, die Zärtlichkeit
Gottes. Gott ist Vater und Mutter.“

In einem Buch wurd die kurze Sonntagsansprache abgedruckt, die Papst


Johannes Paul I. von hoch über dem Petersplatz an die dort Versammelten
hielt. Es ging um das Treffen der Politiker Jimmy Carter aus den USA,
Sadat aus Ägypten und Begin aus Israel in Camp David. Papst Johannes
Paul I. hörte die Klagen der Politiker, dass kein Frieden im Nahen Osten
zustande käme. Als ob Gott uns verlassen habe! "Premierminister Begin
erinnert daran, dass das jüdische Volk einst schwere Zeiten erlebte und sich
klagend an den Herrn wandte: Du hast uns verlassen, hast uns vergessen. -
Nein, antwortete Gott durch den Propheten Jesaja, kann denn eine Mutter
ihr eigenes Kind vergessen? Aber selbst wenn das geschehen könnte, Gott
wird sein Volk niemals vergessen." Damit schloss der Abschnitt in dem
frommen Buch. Der Papst hat damals aber noch mehr gesagt. Es ist
Sonntag, der 10. September 1978. Auf dem Petersplatz warten Tausende
Pilger, alle schauen hinauf zum obersten Stock des Papstpalastes. Kurz
nach 12 Uhr tritt Johannes Paul I. ans Fenster. Er spricht von den
Verhandlungen in Camp David, zeigt sich bewegt darüber, dass die drei
Staatsmänner ihre Hoffnung auf Gott ausgedrückt haben. So erinnerte
Premier Begin an das Jesaja-Wort: Kann vielleicht eine Mama das eigene
Kind vergessen? Wörtlich fuhr der Papst dann fort: "Auch wir hier haben
dieselben Gefühle. Für Gott sind wir Gegenstand einer unüberwindlichen
Liebe. Wir wissen: Gott hat die Augen immer offen über uns, auch wenn es
scheinbar Nacht ist. Gott ist Papa, mehr noch, ist Mutter, will uns nichts
Schlechtes tun, will uns nur Gutes tun, uns allen. Wenn Kinder vielleicht
krank sind, haben sie noch mehr Anspruch, von der Mutter geliebt zu
werden. Und auch wir, wenn wir vielleicht an Schlechtigkeit erkrankt und
auf Abwege geraten sind, haben noch mehr Anspruch, vom Herrn geliebt
zu sein.''

FÜNFTES KAPITEL
HEILIGUNG DES ALLTAGS

Die Bekehrung ist ein Augenblick, die Heiligung ist eine Aufgabe fürs
ganze Leben.

Gertrud die Große: Jesus spricht: Was ist mir das Liebste? Das geduldige
Tragen der alltäglichen kleinen Widrigkeiten.

Elisabeth von Dijon: Schwester, du meinst, du kannst nicht den ganzen Tag
Gott anbeten, aber du kannst Gott in deinen Kindern dienen.
Therese von Lisieux: Die größten Erkenntnisse fand ich nicht in der
Gebetszeit, sondern beim Kartoffelschälen.

Teresa von Jesus: Gott ist zwischen den Kochtöpfen zu finden.

Den Tag mit Stoßgebeten ausfüllen: Jesus, ich vertraue dir! Mein Jesus,
Barmherzigkeit! Herr, erbarme dich!

Bei jedem Glockenläuten ein kurzes Gebet sprechen.

Die Arbeit möglichst gut tun. Zu mir sagte ein Priester: Für dich heißt,
Gott zu dienen, ein guter Dichter zu sein.

Den Tag mit Gebet beginnen und beenden.

Nächstenliebe am Arbeitsplatz üben. Allen Menschen gütig und freundlich


begegnen, auch an der Kasse im Supermarkt. Statt sich über die
Menschenschlange zu ärgern, die Wartezeit zum Beten nutzen.

Mütter tun an den Kindern die von Jesus geforderten Werke der
Barmherzigkeit. „Das habt ihr mir getan.“

Immer denken: What would Jesus do?

Erfüllung der Standespflichten, Befolgung der Berufung. Ein guter


Ehepartner sein, gute Eltern sein, ist Gottesdienst. Das Zeugnis einer
christlichen Familie geben. Die Kinder zu Jesus führen (vorrangige
Mission).

Wer nicht verheiratet ist, soll Vaterschaft und Mutterschaft geistlich


ausüben über geistliche Kinder. Wer ehelos lebt, soll sich mit Gott
vermählen.

Den Gottesdienst besuchen. Beten. Bereit sein, täglich das Kreuz auf sich
zu nehmen. Lebe so, dass man dich nach dem Grund deiner Hoffnung
fragt. Lerne deinen Glauben besser kennen. Lese täglich in der Bibel, lese
gute christliche Bücher.

Die Dankbarkeit nicht vergessen.


Jesus, ich vereinige mein Kreuz mit deinem Kreuz, mein Leiden mit
deinem Leiden, damit durch mich deine Gnade in unsere heutige Welt
fließen kann.

Gebetsgemeinschaft mit andern Christen.

Im Beruf kein Konkurrenzkampf, sondern Bescheidenheit und Solidarität.

Dem Vorgesetzten gehorsam sein. Die Untergebenen mit Respekt


behandeln.

Kindern vor allem das Vorbild eines gelebten Glaubens geben. Die Liebe
Gottes den Kindern erfahrbar machen.

Für Partner und Kinder beten. Bei Ehelosigkeit Fürbitte für die ganze Welt.

Jede begangene Sünde gleich dem Herrn bekennen.

Sonntagsheiligung.

Christliche Hochfeste feiern.

Immer hilfsbereit sein. Wie die Pfadfinder: Jeden Tag eine gute Tat.

Beherrsche deine Zunge, hüte dich vorm Lästern über andre. Rede gut
über andre, und wo es nicht geht, da halt den Mund.

Wenn dich Menschen in der Familie, im Beruf, auf den Straßen


beschimpfen, schimpfe nicht zurück. Wie hätte Jesus sich verhalten? Hast
du Feinde, bete für ihre Bekehrung.

Kümmere dich um die Alten der Familie. Danke deiner Mutter, dass sie
dich geboren hat.

Zügle deine Leidenschaften, dass sie dich nicht beherrschen.

Behandle die Schöpfung mit Respekt.


Mit dem Geld tu Gutes.

Denke, dass Gott dein Arbeitgeber ist und du für Gott arbeitest. Arbeite so
gut du kannst. Bilde dich weiter. Diene mit deinen Gaben. Arbeitest du in
einem Büro für medizinische Informatik, denke, du dienst der Gesundheit
der Menschen. Arbeitest du in einem Büro einer Heizungsfirma, denke, du
arbeitest für Wärme und Geborgenheit der Familien.

Arbeite an deinem Charakter. Bekämpfe zuerst die kleinen Sünden. Neigst


du zur Traurigkeit, suche Gelegenheiten wahrer tiefer Freude auf. Neigst
du zum Zorn, lerne von Jesus sanftmütig und demütig zu sein und
beherrsche dich. Arbeite an deinem Charakter. Ahme in allem Jesus nach.

Sei nicht ärgerlich oder verzweifelt, wenn deine Pläne scheitern. Denke,
Gott hat offensichtlich einen andern Plan.

Werde nicht wütend auf Gott, wenn er dir ein Kreuz auferlegt, sei es Stress
oder Ärger oder Streit oder körperliche oder seelische Krankheit. Wisse,
dass wir berufen sind, das Kreuz geduldig zu tragen. Das Leben ist kein
Ponyhof, das Paradies erwartet uns erst im Himmel. Auf Erden müssen wir
bereit sein, das Kreuz zu tragen.

Das Geld, dass du dir verdienst, ist dir letztlich von Gott gegeben. Häufe
keine irdischen Reichtümer an, sondern nutze das Geld, um deinen
Nächsten zu dienen.

Bemühe dich, immer möglichst bald denen zu vergeben, die dir weh getan
haben.

Erziehe deine Kinder nicht in erster Linie für eine weltliche Karriere,
sondern so, dass sie Jünger Jesu werden.

SECHSTES KAPITEL
PLATON UND DIE MATHEMATIK

Keiner kommt in den Tempel der Göttlichen Weisheit,


Der nicht mathematisch gebildet vom heiligen Platon!
Der altgriechische Philosoph Platon aus dem 5. Jahrhundert vor Christi
Geburt schrieb ein Buch namens „der Staat“. Darin spricht er über
Gerechtigkeit und was ein gerechter Staat wäre. Aber er spricht darin auch
über Mathematik. Er entwickelt ein System mathematischer
Wissenschaften. Gegenstand dieser Wissenschaften ist das „koinon
mathema“, das heißt, das „gemeinsame Wissen“. Dieses Wissen muss in
allen Wissenschaften und in der Technik berücksichtigt werden, wenn
diese Bereiche wissenschaftlich sein sollen. Dieses gemeinsame Wissen
leitet Platon von dem Axiom der Rationalität ab, das besagt: Jeder
Gegenstand des Wissens muss zweite Dinge aufweisen, nämlich Einheit
und Bestimmtheit. Mathematik wird so zur Lehre, wie das Viele oder
Mannigfaltige zu einer Einheit verbunden werden kann. Damit erfüllt die
Mathematik auf exakte Weise die Forderung der Vernunft, die Einheit und
Bestimmtheit der Dinge darzustellen.
Diese platonische Mathematik hatte eine doppelte Zielsetzung: Erstens war
sie die Reflexion des Denkens über sich selbst, und zweitens war sie die
Grundlage alles theoretischen und technischen Wissens. Im zweiten
Jahrhundert nach Christi Geburt nahmen die Philosophen des jungen
Christentums diese Idee Platons auf und entwickelten daraus die „Sieben
freien Künste“, das heißt: Grammatik, Rhetorik, Logik, Arithmetik
Geometrie, Musik und Astronomie.
Nachdem das Römische Reich von den wilden Germanen der
Völkerwanderung kurz und klein geschlagen war, wanderte die platonische
Mathematik in den Nahen Osten aus. Syrische Christen hatten die Werke
Platons ins Arabische übersetzt. Als dann im siebten Jahrhundert die
arabischen Muslime den Nahen Osten militärisch eroberten, entstand eine
arabische Philosophie, in die die platonische Mathematik mit einfloss.
Damals bemühte sich der Islam, die „Offenbarung Gottes“ im Koran mit
der menschlichen Vernunft in Harmonie zu bringen. Später verabschiedete
sich der Islam von der Vernunft und somit auch von der platonischen
Mathematik und zog sich zurück auf einen sklavischen Gehorsam dem
Koran gegenüber.
Interessant ist, dass die platonische Mathematik im lateinischen Westen
mit der Bibel harmonisiert werden konnte und im arabischen Osten mit
dem Koran. Die Elementarität dieser vernünftigen Wissenschaftlichkeit
ward im Judentum, im Christentum und im Islam aufgenommen. Somit
bildete die platonische Mathematik eine gemeinsame Grundlage, auf der
sich Juden, Christen und Muslime verständigen konnten, wenn sie auch
über ihre Heiligen Bücher uneins waren. So kann die platonische
Mathematik den Orient und den Okzident miteinander versöhnen. Die
platonische Wissenschaftlichkeit der Vernunft muss in allen Disziplinen
entwickelt werden. Dabei müssen sich die verschiedenen Disziplinen
untereinander austauschen. So wird von vielen Denkern ein Dialog
zwischen Philosophen und Mathematikern gewünscht.
In Platons Buch vom Staat stehen einige der berühmtesten Formulierungen
der platonischen Philosophie. Da unterscheidet Platon zwischen dem
Liebhaber der Wahrheit und den Liebhabern von beliebigen Meinungen.
Die Wahrheit ist nur Eine, beliebige Meinungen sind viele. Der Satz: „Du
hast deine Wahrheit, ich hab meine Wahrheit“ ist Unsinn und zeigt nur,
dass man die absolute Wahrheit mit Meinungen des Zeitgeistes
verwechselt. Dann gibt Platon ein Gleichnis: Die Menschen sitzen in einer
Höhle und schauen auf die Höhlenwand. Hinter ihnen brennt ein Feuer.
Hinter dem Feuer bewegen sich Gestalten. Die Menschen sehen nicht die
wirklichen Gestalten, sondern nur die Schatten der Gestalten. So sind die
irdischen Dinge nur Abbilder der himmlischen Urbilder, der geistigen
Ideen in Gott. Gewöhnliche Menschen sehen nur die irdischen Abbilder,
aber Philosophen erkennen im Geist die himmlischen Urbilder. Dann
spricht Platon über die Regierungsformen. Wenn ein guter König herrscht,
ist es eine Monarchie. Wird die Monarchie pervertiert, wird sie zur
Tyrannei. Wenn eine Gruppe von Fürsten herrscht, ist es die Aristokratie.
Wird diese pervertiert, wird sie zur Oligarchie. Wenn die Menge des
Volkes herrscht, ist es eine Demokratie. Wird diese pervertiert, kommt es
zur Anarchie oder Pöbelherrschaft. Die Geschichte verläuft nach Platon
zyklisch. Die Monarchie sinkt herab zur Aristokratie, diese sinkt herab zur
Demokratie, diese artet aus in Anarchie, dann kehrt die Ordnung der
Monarchie zurück. Platon hielt es für besser, der Staat werde von Einem
Weisen regiert, als von einer Menge von Narren. Im Anschluss an diese
Gedanken entwickelt Platon seine Logik oder Dialektik als die Kunst des
vernünftigen Denkens.
Nicht nur viele Mathematiker und Informatiker berufen sich auf die antike
Logik des Platon und seines Schülers Aristoteles, sondern auch die
Philosophen und Theologen des jungen Christentums. Als das Christentum
im Römischen Reich Staatsreligion geworden war, wurde die Platonische
Akademie geschlossen. Die Platonisch-Aristotelische Logik kam durch
Übersetzungen arabischer Christen in den jüdischen und muslimischen
Kulturkreis des Nahen Ostens und befruchtete dort die islamische und
jüdische Philosophie. Mit diesen islamischen und jüdischen Philosophen
setzten sich im katholischen Mittelalter die großen katholischen
Philosophen des Abendlandes auseinander. So kam das
Wissenschaftskonzept und die Logik und Mathematik der Antike in den
lateinischen Westen und wurde an den großen Universitäten studiert.
Die Verbreitung der platonischen Mathematik und Logik über
verschiedene Kulturräume und Geschichtsepochen, die untereinander sehr
verschieden waren, zeigt die große Elastizität der platonischen
Wissenschaft. Für 1000 Jahre nahm sie die Logik des Aristoteles in sich
auf. In der christlichen Spätantike und im katholischen Mittelalter wurde
die Logik des Aristoteles mit dem Denken des Neuplatonismus
verschmolzen, so auch in der arabischen Philosophie. Die platonische
Mathematik war also eine Denkmethode, um die Antike, das Judentum,
das Christentum und den Islam untereinander dialogfähig zu machen. Die
Rationalität, die Vernünftigkeit der griechischen Logik bringt Menschen
unterschiedlicher Glaubensbekenntnisse ins Gespräch und ist ein
Gegengift gegen Fanatismus und Religionskriege.
Nicht nur die Mathematiker haben sich die platonische Mathematik zum
Muster genommen, sondern auch die heidnischen Philosophen der
Spätantike. Des weiteren war sie die Grundlage der islamischen
Philosophie von Avicenna und Averroes. In der jüdischen Philosophie
verwandte sie Moses Maimonides. In der katholischen Philosophie des
europäischen Mittelalters verwandte sie Albert der Große, auch genannt
Doctor Universalis, der Schutzpatron der Naturwissenschaftler, und
Thomas von Aquin, auch genannt der Engelgleiche Thomas.
Dieses große Interesse an Platons „communis mathematica scientia“ macht
es zu einem dringenden Anliegen, den Gründen nachzugehen, die diese
Wissenschaftstheorie so attraktiv machte. Es wäre sinnvoll, Platon erneut
zu lesen im Hinblick auf ein modernes Mathematikverständnis. Es wäre
auch sinnvoll, die moderne Informatik ins Gespräch zu bringen mit der
Logik des Aristoteles.
Die mathematische Universal-Wissenschaft Platons wurde in die
Konzeption der Sieben Freien Künste eingebracht. Man kann sie auf diese
Formel bringen: Es ist die Reflexion des Denkens über die rechten
Urteilskriterien. Auf welche Urteilskriterien kann die Theorie der
Wissenschaft gestützt werden? Was garantiert die wahre Rationalität der
Wissenschaften?
Was ist das Ziel, das Platon mit seiner Universal-Mathematik verfolgt? Er
will, das wir in der Erkenntnis, im Handeln und im Produzieren vernünftig
vorgehen und nicht beliebig. Die meisten Menschen wenden die Kriterien
rationalen Handelns an, aber da sie diese Kriterien nicht kennen,
gebrauchen sie sie nur aus dem Zufall der Intuition heraus.
Ein solches Wissen, dass über die Kriterien der Vernunft aufklärt, nennt
Platon „koinon mathema“, das heißt, ein „gemeinsames Wissen“. Die
Disziplin, die dieses Wissen methodisch ordnet, heißt auf lateinisch
„communis mathematica scientia“ oder auch „mathesis universalis“.
Mathematik bedeutet auf Griechisch: zum Wissen gehörig. Es geht nicht
nur um Rechenaufgaben, sondern um ein vernünftiges Leben.
Platon suchte die Wissenschaft der Wissenschaften und nannte diese
Fundamentalwissenschaft mathematisch. Es geht darum nicht nur um
Quantitäten. Das Mathematikverständnis, in dem es nur noch um
Quantitäten geht, ist ein Produkt des neuzeitlichen Rationalismus. René
Descartes sagte: Ich denke, also bin ich. Dieser neuzeitliche Rationalismus
hat wenig gemeinsam mit der platonischen Vernunft.
Es geht bei den platonischen Mathematik aber auch nicht um eine
esoterische Zahlenmystik, wie der moderne Zeitgeist der Esoterik gerne
behauptet. Nein, sondern Platon weist einfach nach, dass man etwas nicht
denken kann, wenn es nicht erstens mit sich selbst identisch ist und es
zweitens von anderem unterschieden ist. Identifizierbarkeit und
Unterscheidung sind Grundforderungen rationalen Denkens. Denken ist
ein Akt der Unterscheidung.
Wenn man reflektiert über die Bedingungen, die es dem Denken
ermöglichen, seine Arbeit der Unterscheidung zu tun, kann man daraus
erschließen ein gut strukturiertes und hoch differenziertes
Wissenschaftssystem. Dabei werden zuerst die Begriffe mathematischer
Gegenstände angewandt.
Wie lässt sich etwas unterscheiden von etwas anderem? Zuerst muss es ein
Eines sein, das mit sich selbst identisch ist. Es muss ein Ganzes sein, dass
von anderem unterschieden ist. Das Ganze hat Teile, die als Teile des
Ganzen einander gleich sind, aber untereinander verschieden. Es gibt also
beim Erkennen eines Dings zu bedenken: Die Einheit, die Identität, die
Verschiedenheit, das Ganze, die Teile, Gleichheit, Ähnlichkeit,
Kontinuität, Anfang, Mitte und Ende. Das sind Kriterien, an denen man
sich bei der Erkenntnis orientieren sollte.
Wer einen Ton hören will, muss ihn als Ton in seiner Identität
wahrnehmen, er muss ihn von anderen Tönen unterscheiden, er muss
seinen Anfang, seine Dauer, sein Ende wahrnehmen. In der Mathematik tut
man das Gleiche. Nur in der Mathematik untersucht man, was Identität,
Unterschied, Anfang und Ende an und für sich ist.
Die platonische Mathematik ist also ebenso eine allgemeine wie auch eine
besondere Wissenschaft. Als allgemeine Wissenschaft ist sie die
Anwendung der rationalen Kriterien auf alle möglichen
Erkenntnisgegenstände.

EPILOG

Widme dich, o Student des mathematischen Denkens,


Deinem Schöpfer und der göttlichen Intelligenz!

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DIE WELT EIN IRRENHAUS
Satire
von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

PROLOG

Der zehnjährige Tom meinte, ein gutes Buch beginne immer mit einem
Prolog und ende mit einem Epilog. So will ich es halten. Hat doch auch
Johannes sein Evangelium mit einem Prolog eingeleitet. Apropos
Johannes: Zwar ist die Bibel das Buch mit der größten Verbreitung in der
Welt, aber wer liest sie? Man lässt sie sich zur Hochzeit schenken, stellt sie
ins Regal zu den Krimis und Kochbüchern, und damit gut. Die Katholiken
kennen die Bibel auch nicht. Auch bei lutherischen Pastorinnen findet man
keine Weisheit. Und die eingebildeten Wiedertäufer und Biblizisten halten
am Buchstaben fest und erfassen den Geist nicht. Und wer liest schon
Augustinus und Gregor von Nazianz und Dionysios Areopagita? Die
Bücher findet man alle im Internet, aber die Leute schauen ja lieber
Seifenopern. Die Welt ist ein Irrenhaus. Ich will die Irren beschreiben, die
ich traf, und ich will sie mit Namen nennen. Da sind Schizophrene,
Manisch-Depressive, Psychotiker, Missbrauchsopfer, Alkoholiker und
Drogenwracks und ausgebrannte Manager. Und die schlimmsten Irren von
allen sind die Psychiater. Ich will sie alle geißeln. Dazu werde ich manche
Nacht wachen. Die Informatiker schnarchen dann neben ihren frigiden
Ehefrauen, die Sekretärinnen sind vorm Fernseher eingeschlafen, die
esoterischen Hausfrauen liegen im versüfften Bett inmitten von Mäusen
und Ratten, aber ich, ich und meine Muse der Satire, wir wachen. Wir
werden alle die Männer beschreiben, die ohne Weisheit sind, doch
aufgebläht, aber ich werde auch die Weiber nicht verschonen, die
zänkischen und die dummen und die bösen. Nicht einmal die Mädchen
werde ich verschonen, die sich dick mit Schminke bemalen, barbusig im
Minirock durch die Innenstadt spazieren. Da tragen sie ihre reizenden
Fotzen spazieren und haben im Kopf nur Seifenopern. Und wenn diese
Satire gelesen wird, soll man sich an den Namen nicht stören, sondern
immer denken: Das bin ja ich! Ich bin der Irre! Wirklich, die psychisch
Kranken sind die Visionäre Gottes, aber die stumpfen Weltmenschen sind
die eigentlichen Irren. Um mich manchmal zu erholen, werde ich ab und
an die göttliche Sophia preisen, ob sie auch nur wenigen bekannt ist, wie
Jesus Sirach sagt. Aber wer liest schon Jesus Sirach?

VON DEN DUMMEN BÜCHERN

Ich habe schon als Kind viel gelesen. Meine Wohnung ist voll von
Büchern. Ich bin, wie der Chinese sagt, parfümiert von Bücherstaub.
Aristoteles las den ganzen Tag und noch nachts im Bett. Dabei hielt er in
der Hand eine Metallkugel, und neben seinem Bett stand eine
Metallschale. Wenn er beim Lesen nachts einschlief, fiel die Kugel in die
Schale, davon wachte Aristoteles auf und las weiter. Aber was sollen all
die Bücher? Es sind nur eine Handvoll Dichter, die ich immer wieder, ja,
täglich lese: Dante, Ben Jonson, Goethe, Klopstock, Hölderlin, Puschkin
und Else Lasker-Schüler. Das reicht mir. Wenn ich auf eine einsame Insel
nur ein einziges Buch mitnehmen dürfte, so wählte ich die Bibel. Die
Christin Susanne aber versteht die Bibel nicht, sie liest lieber schwedische
Krimis. Der pietistische Prediger Marco liest nichts anderes als
amerikanische Science-fiction. Die Christin Dineke schaut nur
Seifenopern, und wenn sie liest, dann triviale Liebesromane. Die Christin
Meike wünscht sich eine Bibliothek, aber sagte: Um Gottes willen, nicht
Homer, Goethe und Nietzsche. Die Esoterikerin Evi liest nur esoterische
Ratgeber, am liebsten über die Eigenliebe oder über die Dämonin Lilith.
Die sterbende Karine las vor ihrem Tod nur noch triviale Liebesromane.
Der alte Kommunist Konrad hatte sein Haus voller Bücher, die
gesammelten Werke des Kommunismus. Ich war einmal in Satans
Bücherei, aber der Satan ist dumm, denn ich fand dort Miltons Paradise
Lost.

VON DEN RATGEBERN

Als ich in der Umnachtung bodenloser Traurigkeit nach dem Tod meiner
Jugendfreundin Karine war und jede Nacht Ströme heißer Tränen weinte,
sagte die behinderte Christin Birgit: Wenn du so viel weinen muss, dann
trinke auch genügend Gemüsebrühe, damit du genügend Flüssigkeit im
Körper hast. Als ich mich von Weihnachten bis Sankt Agnes im Zustand
der Gottverlassenheit finden musste, riet mir meine Mutter, Obst zu essen.
Als ich einmal vor Liebeskummer fast gestorben wäre, riet mir der Pietist
Marco, mir eine Berufsarbeit zu suchen, dann hätte ich keine Zeit mehr,
Liebeskummer zu haben. Als ich meinem Evangelikalen Mark meine
Gottverlassenheit klagte, bewies er mir mit der Bibel, dass es so etwas gar
nicht gibt. Als ich meiner Mutter meinen Liebeskummer klagte, sagte sie:
Wasche immer schön dein Geschirr ab, dann findest du auch einmal eine
Dame. Als ich der Esoterikerin Evi erzählte, mein seelisches Leiden sei
erlösendes Leiden Christi, sagte sie: Du wirst nie glücklich, solange du an
Christus festhältst. Als ich Evi sagte: Ich liebe dich und sehne mich nach
deiner Liebe, sagte sie: Liebe dich selbst! Es ist die Erfahrung Hiobs: Er
hatte alles verloren, war krank und klagte Gott sein Leid. Seine Freunde
saßen eine Woche schweigend mit ihm zusammen, das linderte seinen
Kummer. Aber dann kamen die Schriftgelehrten und neunmalklugen
Doktoren mit ihren frommen Zurechtweisungen, und so vermehrten sie nur
noch Hiobs Schmerzen. Das Trauerspiel setzt sich nur noch fort, wenn die
katholischen Priester dumme Ratschläge geben. Denn Teresa von Avila
sagte: Wie wichtig ist auf dem mystischen Weg ein Seelenführer, aber wie
schwer ist ein solcher zu finden.

VON DER HABSUCHT

Nach dem Tod meines Vaters erzählte meine Mutter, dass mein Vater in
seiner Jugend zum Konfirmationsunterricht eingeladen war. Er aber ging
nicht hin, denn Gott interessierte ihn nicht. Nur kurz vor der Konfirmation
meldete er sich noch an, denn er wollte die Geschenke haben. Der Pastor
nahm ihn noch auf und er bekam die Geschenke. Das fand meine Familie
sehr schlau. Als ich einmal Depressionen hatte, waren meine Eltern gerade
in Andalusien, sie schickten mir einen Geldschein und nannten ihn einen
Bliedmaker, einen Glücklichmacher. Wo dein Schatz ist, ist dein Herz.
Auch am Knaben Tom sah ich die Habsucht. Er wollte immer ein
Spielzeug nach dem andern. Kaum war der erste Wunsch erfüllt, entstand
ein neuer Wunsch. Der Wunsch, sobald erfüllt, bekommt er gleich Kinder.
Tom war unersättlich. Er konnte sich an dem Geschenk gar nicht freuen,
weil gleich die nächste Begierde entstand. So will der Mensch alles und
mehr. König Midas liebte auch das Gold und erbat sich von den Göttern
die Gabe, dass alles, was er berührt, sich in Gold verwandelt. Da
gewährten ihm die Götter diese Gabe. Nun, wenn er Brot essen wollte oder
Wasser trinken, verwandelte dieses sich in Gold. So starb er. Ein Mann
hatte eine große Ernte, er war sehr reich. Er sagte sich: Nun will ich ein
großes Vorratshaus bauen, dann setz ich mich zur Ruhe und genieße den
Rest meines Lebens. Da sagte Gott zu ihm: Du Narr! Heute Nacht wirst du
sterben! Und so starb auch mein Vater plötzlich. Er sprach noch auf dem
Sterbebett vom Geld und dachte nicht an Gott. Ihr könnt nur einem Gott
dienen: Dem Gott im Himmel, der die Liebe ist, oder dem Gott auf Erden,
der das Geld ist. Weh dem, der Schätze sammelt auf Erden und nicht
Schätze sammelt im Himmel. Wer Geld liebt, wird vom Geld nie satt. Die
Wurzel allen Übels ist die Liebe zum Geld. Die ganze kapitalistische
Wirtschaft beruht auf dem Prinzip der Habsucht.

VON DER MODE

Der Neuheidin Evi Mode war so: Einmal trug sie ein leichtes geblümtes
Seidenkleidchen, das fast durchsichtig war. Der untere Saum reichte eben
auf die Oberschenkel, der obere Saum ließ viel von den nackten Brüsten
sehen. Einmal trug sie ein schwarzes Hemdchen mit kurzen Ärmeln und
einen schwarzen Minirock und an den Beinen durchsichtige schwarze
Strümpfe. Einmal stand sie im Garten, sie trug ein T-Shirt und einen
Minirock, und wenn sie sich zu dem Blumen bückte, konnte man ihre
nackten Brüste von vorne sehen oder von hinten ihren Slip aus schwarzer
Seide mit Spitzen. Die jungen Mädchen, die im Sommer durch die
Innenstadt spazieren, tragen kurze Höschen, die kaum den Po bedecken,
und möglichst enge und kurze Hemdchen, die die Form der Brüste betonen
und den Bauchnabel frei lassen. Sie tragen auch kurze Sommerkleidchen,
die die Nacktheit mehr enthüllen als verhüllen. In der sexuellen Revolution
von 1968 ist ja der Minirock eingeführt worden. Die jungen Frauen senden
wie verrückt erotische Reize aus, um Macht über die Männer zu
bekommen. Führend im Modetrend sind ja die Idole der Popmusik. Und so
sieht man denn Sängerinnen wie Britney Spears, Christina Aguilera, Kylie
Minogue oder Rhianna in Reizunterwäsche auf der Bühne mehr nackt als
bekleidet tanzen, sich auf Betten räkeln, mit Schlangen kopulieren. Das ist
die Mode der Hure Babylon. Ich sah auch einmal Männer einer Rockband
splitternackt auf der Bühne stehen, nur die Penisse waren verhüllt. Ich
denke dagegen oft an die Mode der Madonna. Sie trägt lange Kleider in
Weiß oder Hellblau, manchmal in Rot oder Gold, oft noch einen
andersfarbigen Mantel. Das Kleid reicht bis zu den Füßen. Sie ist meistens
gegürtet. Das Kleid betont nicht Brüste und Schoß, ist aber eindeutig
feminin-anmutig. Sie trägt am Gürtel oft den Rosenkranz. Sie hat lange
Haare, meistens schwarz, manchmal goldblond, auf dem Haupt trägt sie
den Schleier der mystischen Braut, der aber nicht ihr Gesicht verschleiert,
sondern die Haare bedeckt. Die Madonna strahlt keine erotischen Reize
aus, aber zeigt ihre feminine Schönheit und Anmut in einer makellosen
Mode.

VON DEN ALTEN DUMMKÖPFEN

Wer in seiner Jugend nicht Kommunist war, hat kein Herz, aber wer in
seinem Alter noch Kommunist ist, ist ein Narr. So lernte ich den alten
Kommunisten Konrad kennen. Er hatte ein schweres Nervenleiden in den
Beinen und verachtete die Ärzte, er ging lieber in den Wald, die Bäume zu
umarmen, um die Energie der Bäume in sich aufzunehmen. Auf Rügen war
ich mit ihm und seiner Familie, da öffnete er die Arme zur Sonne, um die
Sonnenenergie aufzunehmen, dann breitete er die Arme zu den
Mitmenschen aus, um die Sonnenenergie zu den Mitmenschen
umzulenken, und dann tyrannisierte er mit seiner Egomanie die Exfrau, die
verlassene Tochter und den ungeliebten Enkel. Im Gespräch mit mir brach
er immer einen Streit über den Glauben vom Zaun. Verteidigte ich die
Unbefleckte Empfängnis, die er angriff, ohne zu wissen, was es ist, so
sagte er: Du echauffierst dich! Aber wenn er Papst Benedikt XVI in
Deutschland die Jugend zur Heiligkeit rufen hörte, schimpfte er wie ein
Rohrspatz, nannte den Papst einen Scheinheiligen und echauffierte sich. Er
hatte viel Geld, aber aus Prinzip klaute er im Supermarkt Senf. Eines
Abends erzählte er mir beim Pernod in einem unendlichen Monolog sein
Leben. Er erzählte, wie er die Frau und die dreijährige Tochter verlassen
hatte, um für die Weltrevolution zu kämpfen. Er beichtete mir wie in einer
Generalbeichte ein langes Leben voller Sünden, nur war er stolz darauf
und ich konnte ihm die Absolution nicht erteilen.

VON DER KINDERERZIEHUNG

Die Eltern könnten erzogene Kinder gebären, wenn die Eltern selbst
erzogen wären. Leider sind die Eltern nicht erzogen, wenn sie sich vom
Herrn nicht erziehen lassen. Das Kind wird als Unglück empfunden, nicht
mehr als Geschenk des Herrn. Meine Tante Petheda besuchte eines Tages
meine Eltern. Mein Vater sagte: Doris ist krank. Meine Tante trat zu
meiner Mutter: Was hast du denn? Ach, klagte meine Mutter, ich bin
schwanger! Schwanger war sie mit mir. Als Karine schwanger war mit
Zwillingen, sagte ihr Mann, der satanische Detlef jeden Tag: Mach sie
weg! Karine ließ sich von der Schwangerschaftsberatung über eine
Abtreibung beraten, während der Beratung saß ich draußen und betete den
Rosenkranz für das Leben der Kinder. Sie kamen auch zur Welt. Die
Zwillinge Milan und Simon sind Marienkinder. Karine bat mich dann, die
Kinder zu erziehen. Ein liebender Vater ist der beste Weg zum Glauben an
Gott. Die teuflischsten Ideologen der jüngsten Zeit hatten alle einen
abwesenden oder grausamen Vater. Wer den Kindern weniger gibt als Gott,
der gibt ihnen zu wenig. Die Kinder haben ein Recht darauf, im Glauben
erzogen zu werden. Die Wiedertäufer Mark und Marco sind dumm, sie
enthalten ihren Kindern die Taufe vor. Sie belassen den Kindern die
Erbsünde und verweigern ihnen die heiligmachende Gnade. Aber Kinder
sind offen für Gott. Karines erstgeborener Sohn Juri sagte zu mir: Du bist
Gott! Du bist Gottvater und ich bin der Erzengel Michael, und wir spielen
mit der Sonne Fußball. Glaubst du an Gott? Ich glaube noch viel mehr als
du! Und Milan sagte: Papa, male mir ein Bild von Gott und Jesus und der
Taube und Maria! So hat Philipp von Mazedonien für seinen Sohn
Alexander einen Pädagogen gesucht und so ward Aristoteles der Erzieher
Alexanders des Kleinen. So suchte Suzette Gontard einen Hauslehrer für
ihren Sohn Henry und fand als Erzieher Hölderlin. Aber der Geldanbeter,
mein Vater Eberhard, erzog seinen geliebten Sohn, meinen Bruder Stefan,
zum Geldanbeter. Die abergläubische Evi erzog ihren Sohn Tom zum
Aberglauben, zum Glauben an Omen, an Reinkarnation, an Feen.

VON DEN LÄSTERMÄULERN

Besser in einem Winkel allein unterm Dach, als mit einer zänkischen
Zunge in einem Haus! Das sagte mir Salomon immer ins Ohr, als mich die
zänkische Zunge Gunda plagte. So wird man dann geweckt: Heute ist
Müllabfuhr! Bring die Mülleimer raus! Das ist die hochgerühmte Ehe:
Mülleimer statt Morgengebet! So wurde die einst süße und charmante und
hoch erotische Evi zur keifenden fetten Hausfrau. Früher sagte sie: Erzähl
mir von Platon und Jesus! Später sagte mir: Kauf Toilettenpapier! Als ich
Evi noch sehr liebte, da beschwatze sie immer alles mit ihrer
Busenfreundin Sabine. Die war eine frustrierte alleinstehende Frau. Die
beredete Evi, doch die Freundschaft mit mir zu beenden. Als ich mich wie
ein Vater um Evis Sohn Tom kümmerte und Tom mich mehr liebte als
seine Mutter, ward Evi eifersüchtig und beschwatzte dies mit ihrer neuen
Freundin Traute. Die war eine alte hässliche Hexe mit Buckel auf dem
Rücken und Aberglauben im Kopf. Die mischte sich dann ein und hielt mir
Vorträge, wie ich Tom zu erziehen habe. Aufdringliche alte Hexe! Der
Witz war, dass diese strohdumme Hexe Lektorin in der evangelischen
Kirche war und im Gottesdienst das Sonntagsevangelium vorlas.

HÖRE AUF GUTEN RAT

Auch, wenn du die Bibel, den Talmud, den Koran, die Veden und
Bhagavadgita gelesen, Lao Tse und Konfuzius, Platon und Plotin,
Augustinus und Dionysius Areopagita, Nietzsche und Kierkegaard, halte
dicht nicht für zu weise, um auf den Rat von katholischen Priestern und
Ordensleuten zu hören. Der erste Priester sagte: Das Zeichen unserer Zeit
ist die Gottverlassenheit Christi. Sie empfinden sehr tief, das macht
einsam. Reden Sie mit Maria wie mit einer Freundin. Der zweite Priester
sagte: Denken sie nicht: Und ewig locken des Weibes Brüste und Schoß,
sondern denken Sie: Das Ewigweibliche zieht uns hinan! Verehren Sie wie
Hildegard von Bingen die Sapientia Divina! Der dritte Priester sagte:
Wenn sie sich nach Muttergöttinnen sehnen, sagen Sie zu Gott Gottheit
und verehren den mütterlichen Gott. Verehren Sie nicht die Venus, sondern
sagen zu Gott: Du bist die Schöne Liebe! Wenn Sie die Weisheit verehren
wollen, beten Sie: Jesus, du bist meine Weisheit! Der Benediktinermönch
Anselm Grün riet mir: Wenn Sie Maria als eine liebende Braut erfahren,
können Sie ehelos leben. Aber Maria will Sie zu Gott als Mutter führen.
Fortan werden die göttliche Weisheit und die göttliche Liebe Sie führen.
Die alte Karmelitin Schwester Mechthild sagte: Sie haben mystische
Erfahrungen und die Gabe, diese ins Wort zu bringen. Sie müssen aber
wissen, dass nur wenige Sie verstehen werden. Vielleicht geht es Ihnen wie
Therese von Lisieux, und Sie entfalten Ihre Wirksamkeit erst nach
Ihrem Tod. Und wenn keiner Sie mehr versteht, wird der Herr selbst Ihr
Seelenführer sein.

VOM GUTEN BENEHMEN UND DER HÖFLICHKEIT


Am Anfang unsrer Romanze war Evi lieb und nett, höflich und charmant.
Wenn ich kam, bot sie mir Tee im Garten an, nahm sich Zeit für mich und
fragte mich nach Gott und dem Evangelium. Aber eigentlich liebte sie nur
die Esoterik und den Okkultismus. Irgendwann weihte sie ihre Seele der
Teufelin Lilith. Da sah sie nicht mehr auf, wenn ich kam, drehte mir
stattdessen den Rücken zu, bot mir keinen Kaffee mehr an, nahm mir übel,
wenn ich mich um ihren Sohn Tom kümmerte, brach Streit vom Zaun,
bedankte sich nicht für Hilfen und Geschenke. Sie wollte nicht mehr lieb
sein. Unsere Liebe Frau mochte sie nicht, denn lieb zu sein, war ihr
zuwider. Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse Mädchen kommen
überall hin. Sie wollte überall hin. So kam sie auch zu jeder Verabredung
zwei Stunden zu spät. Sie nahm gerne, gab aber nie. Eine andere
Unhöflichkeit, die ich sah: Die Kinder bedanken sich nicht mehr. Wieviele
Geschenke habe ich Tom gemacht, ohne ein Danke zu bekommen, wie oft
hab ich ihn zum Essen eingeladen, ohne dass er sich bedankte. Wie viele
Bücher hab ich den Kindern Milan und Simon geschickt, ohne dass ihre
Pflegeeltern, die reichen Juristen Benjamin und Ulrike, die Kinder
bewogen hätten, sich zu bedanken. Und wie unhöflich ist es, dass keiner
auf meine Briefe antwortet, dass keiner sich für Gedichte bedankt! Wie
unerzogen von meinem Bruder Stefan, dass er zu meinem fünfzigsten
Geburtstag mir nicht einmal am Telephon gratulierte, während ich ihn zu
seinem fünfzigsten Geburtstag besuchte und beschenkte, obwohl ich nicht
eingeladen war. Hundert Freunde hatte er eingeladen, aber nicht seinen
Bruder. Aber meine Tante Petheda sagte immer: Undank ist der Welt Lohn!

VON DER WAHREN FREUNDSCHAFT

Als Jesus eines Tages mir erschien und mich einlud zum Allerheiligsten
Altarsakrament und zur Verehrung Seiner Mutter, da bat ich ihn, mir zwei
Ideen aus dem Protestantismus weiter zu gewähren: Die Lutherbibel und
meinen evangelikalen Freund und Bruder Mark. Beides hat mir
Jesus gewährt. So kann ich mich Recht sagen, wie David von Jonathan
sagte: Mein Freund und Bruder Jonathan, deine Liebe ist mir wunderbarer
als Frauenliebe. Und als Iphigenie in Tauris im Tempel der Göttin Artemis
war, fragte sie Orest und Pylades: Seid ihr Brüder? Und Orest, der
Wahnsinnige, von den Furien gejagte, sagte: Brüder nicht von Natur, aber
aus Freundschaft! Und als der Kreuzritter Roland wegen der schönen
Angelika, der Tochter des Kaisers von China, den Verstand verlor und aus
Liebeskummer wahnsinnig ward, da bestieg sein Freund Adolf das
Flügelpferd und flog zum Mond, um den Verstand seines Freundes
zurückzuholen. Und solch einen Freund hat mir Gott gegeben. Der Freund
in der Ferne steht mir näher als mein Bruder in der Nähe. Mein Freund und
ich sind Brüder nicht nach dem Willen von Fleisch und Blut, sondern weil
wir beide von Gott geboren sind. Freundschaft mit Frauen allerdings ist
eine andere Sache. Neben ihrem dummen Ehemann halten sie sich gern
wie ein Haustier noch einen galanten Hausfreund, entweder zum
Kokettieren, oder um einen Domestiken zu haben.

VON DER VERACHTUNG DER BIBEL

Die Esoterikerin Evi bekam von mir viele Bibeln, aber sie las lieber
esoterische Bücher. Sie sagte: Eva war immer lieb und nett, aber Adams
erste Frau Lilith war wild und böse und frei. Ich bin Lilith! Und wenn sie
ein Evangelium lesen wollte, so durfte es nur nicht in der Bibel stehen, es
musste schon das Thomas-Evangelium oder das Evangelium nach Maria
Magdalena sein. Mein Freund Mark sagte: Sie glauben heute alles, es darf
nur nicht in der Bibel stehen! Und Paulus sagt: In den letzten Zeiten
werden sie die gesunde Doktrin nicht ertragen, stattdessen hören sie auf
Lehrer, die ihren Sinnen schmeicheln. Karine hatte im Französisch-
Unterricht das zweite Kapitel der Genesis aus dem Französischen ins
Deutsche übersetzt und sagte: Erst ist der Mann geschaffen und dann die
Frau? Da will ich gar nicht weiterlesen. Und der alte Kommunist Konrad,
der das Haus voller Bücher hatte, sagte, er komme über die erste Seite der
Bibel nicht hinaus: Die Frau geschnitzt aus der Rippe des Mannes! Weiter
würde er nicht lesen. Mein Jugendfreund Erich, der Anarchist sagte: Ich
hab in der Bibel gelesen, aber das spricht mich nicht an, ich mache lieber
buddhistische Meditation, das ist wenigstens eine Religion ohne Gott. Und
ein lutherischer Pastor sagte: Maria war keine Jungfrau, Josef war der
Vater von Gott. Und meine evangelikalen Freunde Mark und Marco sagen:
Gute Protestanten lesen nicht das Buch der Weisheit, Jesus Sirach, Judith,
Makkabäer und Tobit. Das sind alles nur Legenden, das ist nicht Gottes
Wort. Und die Katholiken müssen vom Pfarrer unterwiesen werden:
Psalmen, das sind Gedichte aus Israel und Palästina, das sie ja aus den
Nachrichten im Fernsehen kennen. Und eine Katholikin sagte: Wenn in der
Heiligen Messe aus dem Evangelium vorgelesen wird, verstehe ich kein
Wort. Und eine Katholikin sagte: Ich wusste gar nicht, dass es neben der
Muttergottes noch andere Marien in der Bibel gibt. Und Sankt Hieronymus
sagte: Die Bibel nicht kennen, heißt Christus nicht kennen!

VON DER BESONNENHEIT ODER SOPHROSYNE

Karine schien mir immer erst zu reden, und dann nachzudenken. Ich sagte
zornig: Weib, erst denken, und dann reden! Aber so ist es beim Mann, er
denkt im Hirn, dann bilden seine Ideen die Worte. Bei der Frau ist es
anders, da gilt das Prinzip Kleists: Das allmähliche Fertigen der Gedanken
beim Reden. Eine Frau beginnt zu reden, und im Reden bilden sich ihre
Gedanken. Die Frau hat im Hirn ein größeres Sprachzentrum als der
Mann. Dazu kommentierte Marco, der männliche Mann: Wenn Frauen ein
größeres Sprachzentrum im Hirn haben als die Männer, dann muss es
ihnen ja anderswo fehlen. Als in Karines Familie das Chaos regierte,
wollte ihr die Neuheidnun Anja helfen. Ich saß im Garten auf der Bank
unterm Holunderstrauch und rauchte und dachte nach. Da kam Anja völlig
aufgelöst aus dem Haus und fuchtelte mit den Armen herum und rief
sinnlose Worte. Sie erinnerte mich an ein kopfloses Huhn, das aufgeregt
mit den Flügeln flattert, ohne fliegen zu können, das zwar kopflos ist, aber
aufgeregt gackert. Es war einmal ein Bauer, der holte das Ei eines Adlers
aus einem Adlernest. Er zog den kleinen Adler auf seinem Hühnerhof auf.
Dem Jüngling Adler beschnitt er die Flügel, damit er nicht fortfliege. Aber
dem Adler wuchsen die Flügel nach. Da brach ein Gewitter und Sturm
über den Hühnerhof herein. Der Hahn krähte und blähte sich auf, die
Hennen eilten aufgescheucht durch den Garten, alles krähte und gackerte
und bewegte die Flügel, aber sie können nicht fliegen. Der junge Adler sah
zum Himmel. Am Himmel schwebte in majestätischer Ruhe ein
Kaiseradler. Der junge Adler flog in die Lüfte und segelte in ruhiger
Besonnenheit und erhabener Überlegenheit mit dem Kaiseradler davon.

VON DER FREIEN LIEBE

Martin Luther hatte die Ehe nicht mehr als Sakrament verstanden, sondern
als ein weltliches Ding. Weltliche Dinge kann man auch wieder trennen.
Kant sah die Ehe als einen Vertrag zur wechselseitigen Benutzung der
Geschlechtsorgane. Die Jugend der Bolschewiki sah in der Liebe einen
Schluck Wasser. Aber der wahre Sexualkommunismus wurde in der
Kulturrevolution von 1968 eingeführt, da gab es die Propaganda der freien
Liebe. Uschi Obermayer kam in die Kommune und schlief öffentlich im
Versammlungsraum mit Rainer Langhans. Unverbindlich und ohne
Verantwortung. Uschi Obermayer war die Wanderhure der sexuellen
Revolution. Das Motto der Revolution war: Wer zweimal mit der gleichen
pennt, gehört schon zum Establishment. Und Kinder haben ein Recht auf
Sex mit Erwachsenen! Man kann sich allerdings auch nach und nach einen
Harem anlegen, wie der sozialdemokratische Bundeskanzler Gerhard
Schröder, der vier Ehefrauen hatte. Die Katholikin Rebekka bekehrte sich
zu einer evangelikalen Freikirche und schied sich von ihrem katholischen
Mann. Sie heiratete einen Protestanten, bekam ein Kind von ihm, schied
sich aber von ihm. Dann heiratete sie den sexsüchtigen Dominik, sie
schied sich von ihm. Dann heiratete sie einen Christen aus einer
Pfingstgemeinde. Ihre Tochter musste dreimal den Nachnamen wechseln.
Das ist die evangelische Antwort auf das Programm der freien Liebe. Man
sagt, Salomo haben 300 Ehefrauen und 700 Konkubinen und Mädchen
ohne Zahl gehabt. Aber in Wahrheit ist die Zahl von 1000 Frauen eine
symbolische Zahl. Salomo war mystisch vermählt mit Frau Weisheit. Die
1000 Frauen symbolisieren die Fülle der Weisheit Salomos.

VON DER BILLIGEN GNADE

Martin Luther sagte: Gerettet werden kann der Mensch nur durch die
Gnade Gottes. Es gibt aber keinen freien Willen des Menschen. Sondern
dem einen reitet der Satan auf dem Rücken, dem andern ist Gott gnädig.
Wenn Gott dir gnädig ist, dann gibt er dir seine Gnade, ob du willst oder
nicht. Dann zwingt dich Gott in den Himmel. Dann sollst du dich nicht
fürchten, sondern sündige tapfer! Und versuche nicht, mit guten Werken
Gott zu gefallen. - Und so lässt die Welt den lieben Gott einen guten Mann
sein und sündigt tapfer. So singen die Narren im Karneval: Wir kommen
alle, alle in den Himmel! Und so singen die Säufer in der Kneipe: Schnaps,
das war sein letztes Wort, dann trugen ihn die Englein fort! Als Karine im
Sterben lag, sagten mir ein alter polnischer Ministrant und ein katholischer
Kaplan: Alle Menschen kommen in den Himmel! Da war der teuflische
Detlef konsequenter, er sagte mir einmal: Ich will lieber dem Teufel als
Gott begegnen! Ich will lieber in die Hölle als in den Himmel kommen!
Denn in der Hölle gibt es Rockmusik und Glücksspiele!
VON DEN PLÄNEN

Ja, mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht, und mach noch einen
zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht! Wie haben sich im ostdeutschen
Sozialismus Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht und Erich Honecker bemüht,
die ganze verstaatlichte Wirtschaft durch Pläne zu lenken. Aber diese
Planwirtschaft ist als ein unrealistisches Konzept gescheitert. Der real-
existierende Sozialismus ist aus sozio-ökonomischen Gründen zugrunde
gegangen. Dagegen existiert die sozialistische Utopie noch in vielen
verirrten Köpfen.

VON DEN SÄUFERN

In Leo's Kneipe saß ich einen Winter lang, um meinen großen


Liebeskummer im Bier zu ersäufen. Das war die Hölle. Der Raum war
dunkel, die Wände feuerrot, der Raum voll Qualm und Bierdunst. Die
Säufer, allen voran Dieter Becker, beleidigten sich gegenseitig auf die
gemeinste Art und Weise. Sie tranken ein Bier nach dem andern und
rauchten eine Zigarette nach der andern. Einer fragte mich, wovon ich
lebe, ich sagte, ich lebe von Luft und Liebe. Da meinte er, ich lasse mich
von einer Frau als ihr Beischläfer aushalten. Ein anderer sprach vom
Pflaumenschnaps und Feigenschnaps und scherzte über Frauen, die einen
seien Pflaumen, die anderen seien Feigen. Dann war da noch der
gescheiterte Professor, ein alter Mann, der in hochgestochenen Worten von
Konvulsionen sprach und besoffen der hässlichen Wirtin schmeichelte.
Einmal kam einer herein, der sich auf der Straße geprügelt hatte. Ein
anderer war berauscht vom Kokain. Die Wirtin ging mit Dieter Becker vor
die Tür, um Haschisch zu rauchen. Mitten in dieser Hölle saß ich und
dichtete Liebesgedichte an Sulamith oder Suleika. Meine Ärztin schickte
mich auch einmal zu den anonymen Alkoholikern, weil ich regelmäßig
abends Wein trinke. Die Alkoholiker sagten: Eine Flasche Wein am
Abend? Dafür wären wir gar nicht erst aufgestanden! Wir haben schon
zum Frühstück eine Flasche Whiskey getrunken! Und dann erzählte einer
nach dem andern seine unbereuten Sünden. Ich konnte es in diesem
Sündenpfuhl nicht aushalten und kam nicht wieder. Hatte mir doch der alte
Konrad gesagt: Wenn du gar keinen Wein mehr trinkst, werden deine
Gedichte schlecht! Hafiz sei mein Zeuge! Dann rief mich eines Nachts in
der dritten Stunde nach Mitternacht mein Jugendfreund Enno an. Auch er
war Alkoholiker. Er trank nachts eine Kiste Bier. Er wohnte allein mit
seiner alten Mutter einsam auf dem Land und hatte keine Arbeit. Er hatte
schon angefangen, weiße Mäuse zu sehen. Nun schlief er tagsüber, nachts
besoff er sich mit Bier und guckte Fernsehen. Nach zehn Jahren rief er
mich einmal mitten in der Nacht an, riss mich aus dem Tiefschlaf, um über
den Papst zu lästern: Das interessiere die Menschheit nicht, dass Papst
Benedikt XVI. zurückgetreten sei.

VOM REICHTUM

Die Reichen sind überall beliebt. Zum 70. Geburtstag meines Vaters
Eberhard kamen hundert Freunde, zum 50. Geburtstag meines Bruders
Stefan kamen auch 100 Freunde, meinen 50. Geburtstag feierte noch nicht
einmal meine Mutter Doris, sondern ein einziger Freund, mein
Christenbruder Mark. Was macht den Mann für die Frau erotisch? Ob er
Seriösität ausstrahlt, dass er ihr finanzielle Sicherheit geben kann. Männer
schauen Frauen auf den Popo, ob sie im Bett Lust bereiten können. Frauen
schauen Männern auf den Popo, ob sie in der Gesäßtasche auch ein dickes
Portemonnaie haben. Der Reiche also hat viele Freunde und viele schöne
Frauen. Ob einer ein guter Dichter ist, misst die Welt daran, wieviel Geld
er damit verdient, und ob er auch in den Talk-Shows im Fernsehen nach
seiner politischen Stellungnahme gefragt wird. So pries mein Vater den
Obernarren Dieter Bohlen, ein strohdummes Lästermaul aus dem
niveaulosen Fernsehen, weil seine Autobiographie auf der Bestsellerliste
auf dem ersten Platz stand. Das sind die wahren Alchemisten, die aus
Scheiße Gold machen können. Was ist dagegen der Ruhm Virgils, den man
nach zweitausend Jahren noch liest? Aber was ist einem Sparkassen-
Angestellten der Ruhm Virgils? Er hat den Namen noch nie gehört. Alle
meinen, die glücklichsten Menschen der Welt müssten im reichen, aber
gottlosen Schweden leben! Weit gefehlt! Die glücklichsten Menschen der
Welt leben im katholischen, armen Peru! Europa ist ein reicher Kontinent,
aber die Depression ist hier eine Volkskrankheit. Die Gesänge in der
deutschen Messe klingen wie Trauergesänge einer Beerdigung. Es gibt
keine Priester, keine Gläubigen mehr. Aber Afrika ist arm, dort aber
sprießen Priesterberufungen wie Pilze aus dem Boden, eine Heilige Messe
dauert drei Stunden, davon die Predigt eine Stunde, dazu trommeln und
tanzen sie, der Bischof tanzt mit.

DIENER ZWEIER HERREN

Als der Satan seinen Rauch in die katholische Kirche blies und immer
neue Missbräuche an Kindern durch Priester und Ordensleute ans Licht
kamen, da sprach die Welt von der Unsinnigkeit des Zölibats. Es
entstünden durch die sexuelle Enthaltsamkeit der Priester und Mönche
eben automatisch perverse Sexualneurotiker. Damals kam der afrikanische
Katholik Michel von der Elfenbeinküste zu mir und sagte: Beim
Fußballspiel kann man auch nicht in beiden Mannschaften spielen. Ja, der
Sinn für den hohen Wert der Jungfräulichkeit ist der heutigen Welt und
leider auch der heutigen Kirche ganz abhanden gekommen. Wie viele
Jungfrauen der frühen Kirche erlitten lieber das Martyrium, als ihre
Jungfräulichkeit aufzugeben, die sie dem Bräutigam Jesus vermählt hatten!
Heilige Agnes, bitte für uns! Ich sehe es an meinen evangelikalen
Freunden Mark und Marco: Sie müssen morgens nach einen
zehnminütigen Morgengebet aus dem Haus, den ganzen Tag am Computer
arbeiten, abends sich um Frau und Kinder kümmern, und dann erschöpft
zu Bett gehen. Da bleibt keine Zeit für intensives Gebet, gar
Kontemplation, bleibt keine Zeit zum Studium der Philosophie und
Theologie. Paulus sagt: Wer verheiratet ist, sorgt sich um die Wünsche der
Frau, so ist sein Herz nicht ungeteilt beim Herrn. Wer aber jungfräulich
lebt, kann ungeteilt beim Herrn sein. Und das wird vom Priester erwartet.
Nun sind in Deutschland ein Drittel der Priester mit dem Zölibat
unzufrieden, sie wünschen sich eine Frau. Immer weniger junge Männer
sind bereit, zölibatärer Priester zu werden. Man verweist auf die
lutherische Kirche. Die evangelische Kirche habe verheiratete Pastoren, ja,
verheiratete Pastorinnen. Aber was ist das Großes mit den lutherischen
verheirateten Pastorinnen? Die Pastorin Anja predigte über die Verklärung
Christi, indem sie vom rechten Verhalten beim Schuhekaufen sprach. Die
lutherische verheiratete Pastorin Gudrun sprach über die Rechtfertigung
aus Gnade, indem sie über Kosmetika sprach und die Werbung, die die
besten Deosprays und Bodylotions anpreist. Aber es gibt noch eine andere
Weise Diener zweier Herren zu sein, nämlich als Dichter und Hausfreund
Diener zweier Herrinnen zu sein. So ging es mir mit meinen
Jugendfreundinnen Evi und Karine. Ich kümmerte mich bei beiden Frauen
um die Kinder, ich half ihnen im Alltag, war wie ein Mann zu ihnen und
wie ein Vater zu ihren Kindern. Die Pflichten übernahm ich, die Rechte
wurden mir verwehrt. So wollten die beiden Freundinnen im Sommer in
der Provence Urlaub machen. Ich wusch für beide Frauen die Wäsche,
aber in den Urlaub fuhren sie allein. Du siehst also, Leser, dass ich selbst
ein Narr bin, der ich Diener zweier Herrinnen war. Nun bin ich aber
Diener zweier Herrinnen, denn meine eine Herrin ist die Caritas Divina
und meine andere Herrin ist die Sapientia Divina, und damit lebt es sich
recht gut.

VOM GESCHWÄTZ

Karine war ein rechtes Plaudermäulchen. Es hatte alles so gar keinen


tieferen Sinn und Verstand. Ich hatte immer philosophische Gedanken in
mir, aber sie wollte davon nichts wissen. Sie hatte nur triviale
Liebesromane und Seifenopern im Kopf. Eines Tages erbarmte sie sich
meiner und fragte, was ich gerade schriebe. Ich sagte: Ein Lehrgedicht
über griechische Philosophie. Was denn die Philosophen sagten? Ich
erzählte von Heraklit und Parmenides, von der Stoa und von Epikur. Ach,
was wäre denn mit Epikur? Ich sagte, die Kirchenväter sprächen von den
epikuräischen Säuen und Dante verdammte sie zur Hölle. Karine sagte:
Aber auch Epikuräer können gute Menschen sein. Wir bringen die Zeit zu
wie ein Geschwätz, sagt König David. Lange Zeit rief mich fast täglich die
Lutheranerin Regine an. Sie hatte lutherische Theologie und Altphilologie
studiert und verglich den gekreuzigten Christus mit dem deus ex machina
der euripidischen Tragödie. Was war das doch für eine Gelehrsamkeit?
Täglich fragte sie mich, wie das Wetter sei, schimpften über ihren Vater,
schimpfte über ihren Mann. Ich sollte immer geistreich sein, aber von ihr
kam nicht ein einziges geistreiches Wort, nur Leere und Langeweile gähnte
mich an. Ich war froh, als die Belästigungen durch die täglichen Telefonate
aufhörte. Apropos lutherische Theologen: Weil die junge Pastorin Anja von
der lutherischen Kirche so hübsch war, nahm ich am lutherischen
Gemeinde-Abendbrot teil. Ich dachte, vielleicht inspiriert mich ihre Grazie
zu neuen Liedern. Luthers Tischreden waren zwar voller Hass gegen den
Stellvertreter Christi, aber sie waren doch immerhin interessant und witzig.
Der lutherischen Pastorin Tischreden dagegen waren so innerweltlich und
banal, dass ich mich unendlich einsam fühlte in dem Kreis der älteren
Damen. Da ging es um die okkulten Kinderromane, um die Ewsepen im
Garten, um die Passionsblumen, um die Briefträger, um triviale
Unterhaltunsliteratur, und alles ohne Kritik am Zeitgeist, ohne Tiefsinn,
ohne Erhebung zu Gott, ohne Heiligen Geist. Ich ging dann bald nicht
mehr hin. Besser allein und einsam sein, aber mit der Bibel und Vergil und
Dante und Goethe reden, als einsam sein in einem Haufen geistlos
schwatzender alter Weiber. Denn dieses christliche Geschwätz war nicht
interessanter als das theistische Geschwätz der Familienfeiern im Hause
meines Bruders Stefan. Da ging es um das Geld, das Geld, das liebe Geld,
um die technischen Spielzeuge der Männer und Kinder, um den Tourismus
der Reichen, um die Kochkünste meiner Schwägerin Gisela, um die
Milchproduktion der ostfriesischen Bauern, und am meisten um das
aktuelle Fernsehprgramm. Versuchte ich einmal ein Wort des Geistes
einzubringen, tat man so, als wäre ich nicht da, man überhörte und übersah
mich einfach. Und das christliche Geschwätz ist nicht besser. So hatte ich
zu Weihnachten eine furchtbare Gnade empfangen: Das göttliche
Jesuskind ward in mir geboren und litt dreißig Tage in mir seine absolute
Verlassenheit von Gott und den Menschen. Ich bat meinen pietistischen
Genossen Marco um Hilfe. Er lud mich zu sich ein und zeigte mir einen
Katalog der Geschichte des Automobils. Und dies war ein feiner Trost, zu
sprechen über Pferdestärken und Hubraum. Wir bringen unsere Jahre zu
wie ein Geschwätz, sagt der Psalmist.

VOM DIEBSTAHL UND BETRUG

Der alte Kommunist Konrad war ziemlich wohlhabend. Der


Kommunismus will ja alles Privateigentum vergesellschaften. Aber der
Kommunist Konrad wollte sein liebes Geld doch für sich. Er war an Krebs
erkrankt und bettlägrig. Er bekam von der Krankenversicherung eine
beträchtliche Summe, um eine Pflegerin bezahlen zu können. Dieses Geld
sammelte er auf seinem Konto und ließ sich von seiner jungen Zweifrau
Christel pflegen. Tags arbeitete Christel als Lehrerin von
schwererziehbaren Kindern, nachts hatte sie Schlafstörungen, daneben
sollte sie den tyrannischen Mann pflegen, der aber sein Geld für sich
behielt und sie nicht einmal in seinem Testament bedachte. Das ist
Molieres Geiziger. So wollen die Kommunisten wohl das Geld der
Anderen haben, aber vom eigenen Geld den Anderen nichts geben. Denn
die kommunistischen Materialisten und Atheisten beten auch das Geld an.
Die krebskranke Karine war auch Meisterin im Betrug. Sie log alle
staatlichen Ämter an, um unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in den
Genuss umfassender Fürsorge vonseiten des Vater Staats zu kommen. Erst
nach ihrem Tod ist der ganze Schwindel aufgeflogen. Sie war ja
kommunistisch erzogen worden, und als Kommunist kannst du den
demokratischen Staat hassen und bekämpfen und zugleich ganz prima von
seiner Fürsorge leben. Als Wladimir Ilijitsch Uljanow oder Lenin in der
Schweiz im Exil lebte mit seiner Ehefrau Nadeshda Krupskaja und seiner
Konkubine Ines Amand, da lebte er von den Geldern der Organisation, das
heißt, von den Geldern der bolschewistischen Partei. Die hatte ihre Gelder
aber nicht von den Mitgliedsbeiträgen der arbeitenden Massen, sondern
Stalin organisierte bewaffnete Banküberfälle. Es waren Räuber, gemeine
Verbrecher, die im Oktober 1917 die Macht im russischen Staat
übernahmen. Diesen Stalin nahmen sich in Deutschland die revolutionären
Studenten von 1968 zum Vorbild, als sie die Rote Armee Fraktion
gründeten und mit Mord und Terror die demokratische Bundesrepublik
Deutschland in Angst und Schrecken versetzten. Sie finanzierten nämlich
ihre verbrecherische Existenz als Terroristen durch bewaffnete
Banküberfälle.

VON DER HEUCHELEI UND SCHEINHEILIGKEIT

Einmal kam ich aus der Sonntagsmesse, und vor der Kirchentür sagte ein
altes Weib zu einem andern: Nun haben wir unsere Sonntagspflicht wieder
erfüllt. Brav, altes Weib, die Pflicht ist abgesessen. Die alten Weiber trafen
sich zur Werktagsmesse, weil es anschließend Kaffee und Kuchen gab, und
da wurde die Hostie zur Vorspeise gefuttert. Ein Mann nahm seinen Sohn
mit in die Messe, und zur Kommunion kommentierte der Sohn: Papa,
krieg ich auch so einen Keks? Nur zwanzig Prozent der deutschen
Katholiken glauben an einen persönlichen Gott. Was denken sie denn,
wenn sie das Vaterunser beten? Nur zwanzig Prozent der katholischen
Messbesucher glauben an die Transsubstantiation und die Realpräsenz
Christi in der Hostie. Was wollen sie denn dann in der Kirche? Sie wollen
ihren neuen Pelzmantel spazieren führen. Aber sind denn die Jünger der
evangelikalen Freikirchen besser? Der Fanatiker Dominik war Sohn eines
katholischen Vaters. Sein Vater betete bei jeder Mahlzeit: Komm, Herr
Jesus, sei unser Gast, und segne, was du uns bescheret hast. Dann sang der
Vater gerne Marienhymnen. Aber Dominik hatte sich ein einer
Pfingstgemeinde bekehrt. Wenn sein Vater sich nicht auch noch bekehre,
komme er in die Hölle, wusste Dominik. Die Katholiken sind ja nur ein
religiöser Haufen, die die Offenbarung nicht kennen. Stattdessen beten sie
den goldenen Götzen der Monstranz an. Er, Dominik, kniee aber nicht vor
dem Götzen der katholischen Kirche. Die katholische Kirche sei die Hure
Babylon und der Papst der Rattenschwanz des Antichristen. Und als ich in
Lourdes mich der Unbefleckten Empfängnis verlobte, rief Dominik, er
bete nicht die Abgöttin Maria an, er könne die Bilder der Madonna mit
dem Jesuskind nicht ertragen. Ja, was er ertragen konnte, das waren die
pornographischen Bilder der Huren. Was er sein Frauenideal nannte, das
war nicht die Madonna, das war die Hure im Bordell. Er heiratete dann
eine abgefallene Katholikin, die schon zweimal geschieden war, die sich
aber auch von ihrem dritten Mann scheiden ließ, weil er während der
kurzen Ehe weiter ins Bordell ging. Es gibt bei den Evangelikalen aber
auch tugendsame Männer, vorbildliche Familienväter und Liebhaber der
Bibel, wie meinen Freund Mark. Aber ich muss lächeln. Der konservative
Evangelikale nannte die liberalen Evangelikalen Irrlehrer und warnte vor
ihnen. Aber was ist eine Irrlehre, wenn nicht ein Christentum ohne die drei
Säulen: Den eucharistischen Christus, die Verehrung der Jungfrau und den
Gehorsam dem Nachfolger Petri gegenüber?

LOB DER HAGIA SOPHIA

In einem Buch über die Jungfrau Maria las ich die Frage, ob wir vielleicht
die Eine Gottheit als ursprungslose Jungfrau Ohnegleichen betrachten
dürfen. Aber der Autor verfolgte den Gedanken nicht, er schien ihm zu
gewagt, zu wenig abgesichert durch Schrift und Tradition. Ich dachte aber
weiter nach über diese Spekulation. Jesus Sirach und Jakob Böhme nennen
ja Sophia eine Jungfrau. Wer aber ist Sophia? Gott der Vater wird der
allein weise Gott genannt von Paulus. Das Buch der Weisheit schreibt den
Exodus nicht dem Vater zu, sondern der Weisheit. Der Vater ist also
Weisheit. Aber die Sprüche Salomos nennen die Weisheit auch Kind des
Vaters. Paulus nennt Christus die Weisheit. Der Sohn ist also Weisheit. Im
Buch der Weisheit ist vom Geist der Weisheit die Rede. Jesaja nennt die
Weisheit ein Charisma des Heiligen Geistes. Der Geist ist also Weisheit.
Darum spricht Augustinus von der Sophia des Vaters, der Sophia des
Sohnes, der Sophia des Heiligen Geistes. Der Glaube lehrt Eine göttliche
Natur in drei Personen. Die drei Personen sind Vater und Sohn und
Heiliger Geist, aber Sophia ist die Eine göttliche Natur. Und da Sophia
Eine Gottheit ist, und keine Götter neben ihr sind, ist sie Jungfrau. Es ist
kein Götterpaar in heiliger Hochzeit das Wesen der Wesen, sondern die
unerzeugte und unvermählte Jungfrau Sophia, die jungfräuliche Gott-
Natur.

VOM EITLEN GLÜCK

Aristippos lehrte, das Wohlbefinden, das angenehme Leben sei das


Höchste Gut. So ging er oft zur Hetäre Thais, um körperliche Lust in ihr zu
genießen. Die körperliche Liebe stellte er über die Liebe der Seelen. Nur
müsse man beachten, dass man, wenn man die körperliche Liebe von
Hetären genieße, sich nicht von den Frauen beherrschen lassen dürfe.
Seine Tochter Arete war auch Philosophin und führte seine Philosophie des
Glücks fort. Epikur meinte, die Götter, wenn es sie denn gäbe, lebten fern
im Himmel in ewiger Heiterkeit und kümmerten sich nicht um die
Menschen. Die Welt sei von keinem Gott geschaffen, sondern aus Zufall
entstanden. Mit dem Tod des Menschen sei alles aus, es gäbe keine
Unsterblichkeit der Seele. Das Einzige, was den Sinn des menschlichen
Lebens ausmachen könne, sei die Lust. Um die Lust zu genießen, muss
man sich von der Politik zurückziehen, nichts wissen wollen vom Staat
und vom Krieg, die Lampe des Privaten anzünden, sich in einen schönen
Garten zurückziehen und die Freundschaft pflegen. Das sei Glück. Dante
ward in der Hölle über Fortuna belehrt, die römische Göttin des Glücks.
Sie thront auf einem Rad, dass sich dreht, so dass einmal das Glück und
einmal das Unglück oben ist. Fortuna sei eine himmlische Intelligenz, ein
Engel, von Gott geschaffen und eingesetzt in den Sphären, die Maße des
irdischen Glücks zu verteilen. Alle Dichter beklagen die Launenhaftigkeit
dieser unbeständigen Herrin. Die Philosophen des Alten Testaments
wunderten sich, dass das irdische Glück in keinem erkennbaren
Zusammenhang mit der Frömmigkeit der Menschen stünde, ja, dass es oft
den Gottlosen sehr gut ginge, während Gerechte wie Hiob maßlosen
Kummer zu erdulden hätten. Das Volk von Mexiko glaubt, wie der Dichter
Octavio Paz sagte, und vertraut allein der Jungfrau von Guadelupe und der
staatlichen Lotterie. Schiller spricht vom Lottospiel des Glücks. Ich hörte
von der katholisch getauften und gefirmten Esoterikerin Maddel, sie habe
einmal morgens die Lottozahlen geträumt. Vier von sechs Zahlen träumte
sie, dann wachte sie auf. Sie dachte: Träume sind Schäume. Also setzte sie
nicht auf die geträumten Zahlen. Aber bei der Ziehung der Lottozahlen
stellte sich heraus, dass sie vier Richtige geträumt hatte. Ich sprach einmal
mit der Esoterikerin Evi und ihren Kindern über das Glück. Ihr
zehnjähriger Sohn Tom half sich mit einer Tautologie und sagte: Glück ist
Glück. Ihr achtzehnjähriger Sohn Quentin, angehender Mathematik-
Student, sagte: Glück gibt es nicht, das ist alles berechenbar. Evi sagte:
Glück ist, wenn ein spiritueller Mensch eine höhere energetische Stufe
erreicht. Ich sagte: Glück ist, wenn einen die Glücksgöttin küsst. Aber in
Wahrheit dachte ich an das Wort der Jungfrau Maria zur Seherin
Bernardette von Lourdes: Ich kann Ihnen nicht versprechen, Sie in diesem
Leben glücklich zu machen, aber ich verspreche Ihnen, Sie im kommenden
ewigen Leben glücklich zu machen.

VON DEN SORGEN

Doktor Johann Faust hatte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen: Ich
gebe dir, sagte Satan, alle Herrlichkeiten der Welt, wenn du mich anbetest.
Und nun ritt der alte Faust auf dem Deich an der Nordsee, und siehe, Frau
Sorge sprang hinter ihm auf den Schimmel, hielt ihre Hände vor seine
Augen, und so erblindete Faust. Von allen Sorgen freihalten wollte sich der
cynische Philosoph Diogenes. Er wollte absolut bedürfnislos leben. Im
übrigen lebte er nicht in einer Tonne, sondern in einer Weinamphore. Er aß
nur einfache Speisen mit seinem Löffel. Einmal sah er einen Gassenbuben
mit den Händen essen, da erkannte Diogenes, dass er noch auf den Löffel
verzichten konnte, er aß fortan wie der Knabe mit den Händen. Überfiel
ihn die göttliche Aphrodite, entledigte er sich ihrer durch Masturbation. Er
sagte: Könnte der Hunger doch ebenso leicht durch das Reiben des
Bauches vertrieben werden. Als der Welteroberer Alexander vor des
Diogenes Amphore stand und fragte, was der Philosoph sich vom
Herrscher der ganzen Welt wünschte, sagte der Cyniker: Geh mir aus der
Sonne! Ach, das weiß doch jedes Kind! Aber dass es Philosophen gibt, die
Bücher schreiben mit dem Titel: Jesus, der Hund, das ist neu, dass nun
Jesus ein hebräischer Cyniker ist. Was sagt denn der cynische Philosoph
Jesus von Nazareth über die Sorge? Jesus sagt: Sorge dich nicht darum,
was du essen und trinken und was du anziehen sollst. Darum sorgen sich
die Weltmenschen. Schau dir doch die Blumen im Garten an, Krokus und
Narzisse, Tulpe und Rose, wie schön Gott sie kleidet! Selbst Sulamith in
ihren reizendsten Kleidchen war nicht so schön wie diese Blüten! Und
schau dir die Vögel an im Garten, Amseln und Drosseln, Kleiber und
Meisen, Spatzen und Sperlinge, selbst die Klappergrasmücken, alle finden
ihre Nahrung, ohne dass sie morgens ins Büro gehen müssen und erst spät
abends nach Hause kommen. So sorge dich nicht, mein Freund, sondern
versenke deine Vergangenheit in den Mutterschoß der göttlichen
Misericordia und vertraue deine Zukunft der verschleierten Providentia an!

VOM BETTELN

Einmal arbeitete ich in der Obdachlosen-Fürsorge der evangelischen


Pfingstgemeinde. Da lernte ich einen Bettler kennen, der stumm und taub
war. Er konnte nur zwei Worte stammeln: Jesus Maria! Er lächelte mich an
und hatte leuchtende Augen. Später traf ich ihn wieder vor der
katholischen Kapelle Sankt Christopherus. Nach der Messe saß er am Tor
und bettelte um Almosen. Die katholischen Spießbürger fühlten sich
belästigt und beschwerten sich beim Pfarrer. So verkündete der Pfarrer:
Liebe Brüder und Schwestern, Sie sehen einen Bettler vor unserer Kirche,
und Sie fühlen sich belästigt. Sie brauchen ihm nichts zu geben, der Staat
wird schon für ihn sorgen. Ich sah auch einen Bettler vor dem
Einkaufsmarkt sitzen. Eine ältere lutherische Dame sagte: Das sind Bettler
der rumänischen Mafia. Die werden gezwungen zu betteln, und abends
müssen sie alles Geld abliefern. Ich entschied daraufhin, dem Bettler kein
Geld zu geben, statt dessen gab ich ihm Brötchen und Käse und einen
Fruchtsaft. Welche Dankbarkeit strahlte aus seinen Augen und sein Wort:
Danke, Signore! war ein Segen Gottes. Aber ich selbst kenne auch das
Betteln. So haben mich mein Vater und meine Mutter nie wertgeschätzt
und mein Lebenswerk nie anerkannt. Denn ihnen galt nur das als Leistung,
was viel Geld einbringt. Aber so ein verkanntes Dichtergenie, so ein
Laientheologe und Bettelphilosoph, der immer wieder um finanzielle
Unterstützung betteln musste, das war in den Augen meiner Eltern eine
gescheiterte, sinnlose Existenz. Wie lange bettelte ich um die Anerkennung
meiner Eltern. Wenn ich erzählte, dass mich ein österreichischer
Literaturkritiker den größten lebenden deutschen Dichter nannte, meinte
meine Mutter: Was ist denn das für ein Spinner? Und wenn ich erzählte,
dass ich im katholischen Bibelkreis gefragt worden, ob ich Theologie und
Philosophie studiert habe, sagte meine Mutter geringschätzig: Ach, du
weißt zuviel. Als ich meine Eltern mit meinen Pflegesöhnen besuchte, die
mich sehr liebten, machte mein Vater mich vor den Knaben schlecht und
sagte: Er ist eine Flasche im Fußballspielen! Irgendwann gab ich es auf,
um die Anerkennung meiner Eltern zu betteln. Mein Vater ist nun tot. Ich
träume manchmal von ihm, und sein Geist im Traum spricht immer Worte
der Geringschätzung und Verachtung. Aber ich kenne auch das Betteln um
Frauenliebe. Als ich die reizende Evi liebte, meinte ich, ohne ihre Liebe
nicht leben zu können. Ich betete sie an. Einmal war sie mir das feminine
Antlitz Gottes, dann die allmächtige Göttin, dann die Weltseele. Ich
bettelte um ihre Liebe. Aber sie sagte: Ich muss nicht Gott und den
Nächsten lieben! Ich muss mich nur selber lieben! Bettle nicht um meine
Liebe, denn ich liebe dich nicht! Liebe dich doch selbst! So ein Narr war
ich, bei einer lieblosen Frau um Liebe zu betteln. Auf sie traf das Wort Jesu
zu: Ich weiß von euch, dass ihr die Liebe Gottes nicht in euch habt! Ja, wir
sollten nur betteln um die Liebe Gottes. So sagte Luther auf seinem
Sterbebett: Wir sind Bettler, das ist wahr! Ja, darin hatte Luther recht: Wir
kommen als geistlich Arme zu unserem Richter, als Bettler um die
Barmherzigkeit Gottes.

VON DEN WÜNSCHEN

Ich wünschte mir eine gewisse Zeit Evi zur Geliebten. Später war ich Gott
dankbar, dass er mir meinen Wunsch nicht erfüllt hatte. Denn als ihr
Charme und ihre erotischen Reize vergangen waren, blieb eine alte, fette,
hässliche Hausfrau, eine zänkische Zunge, okkult belastet. Hätte Gott mir
meinen Wunsch erfüllt, wäre mein Leben zur Hölle geworden. Als ich der
reizenden Evi von der Brautmystik erzählte, die in Jesus den Bräutigam
der Seele erkennt, sagte sie: Ich glaube an kein Gottes-Du. Ich kann nichts
anfangen mit einem Bräutigam Jesus. Ich erzählte ihr, dass es neben der
Brautmystik noch die Seins-Mystik gäbe, etwa bei Meister Eckart. Sie
begann, in meinem Meister Eckart zu lesen. Denn was verstand sie unter
Seins-Mystik? Nur die esoterische Spiritualität: Ich und Gott sind eins, ich
bin ein Stück von Gott, ich bin Gott! Aber da las sie bei Meister Eckart:
Vergiss deine Wünsche und vereinige deinen Willen mit dem Willen
Gottes. Das quältte sie nun sehr, denn sie hatte viele Wünsche: Um
glücklich zu sein, brauchte sie einen Bauernhof mit großem Garten und
vielen Pferden. Da erzählte sie mir: Es gibt ja bei den spirituellen
Menschen den Weg, Wünsche ans Universum abzusenden. Wenn man nur
stark genug wünscht, dann erfüllt das Universum einem alle Wünsche.
Was für eine Torheit! Aber so beten auch viele Christen, die in Gott einen
Wunschautomaten sehen: Oben steckt man ein Gebet herein und unten
kommt der erfüllte Wunsch heraus. Anbetung kennen solche Christen
nicht, aber solche Gebete: Schenk mir bitte mehr Lohn, ein neues Auto und
Gesundheit. Es gibt ein afrikanisches Sprichwort: Wen die Götter
verderben wollen, dem erfüllen sie alle seine Wünsche! So gibt es den
törichten Segen: Möge Gott dir alle deine Wünsche erfüllen! Gott
bewahre! Einzig der Wille Gottes geschehe, denn wir wissen nicht, was für
uns gut ist. So sagte die Philosophin Gerl-Falkovitz einmal: Wir wünschen
uns alle, reich und schön zu sein, aber ach, wir sind arm und hässlich!
Wäre Dina nicht so hübsch gewesen, wäre sie nicht von Sichem
vergewaltigt worden. Hätte sich für Midas nicht alles in Gold verwandelt,
auch Brot und Wein, wäre er nicht verhungert. So sagte ein Komiker: Jeder
Wunsch, sobald erfüllt, bekommt sofort Kinder. Denn es ist wie im
Märchen vom Fischer und seiner Frau, dieser Satire auf Napoleon: Erst
wünscht man sich ein größeres Haus, dann will man Herzog werden, dann
König, dann Kaiser, dann Papst, dann Gott – und steht wieder vor dem
Nichts.

VOM STUDENTEN

Nach dem Gymnasium und der Ausbildung zum Schriftsetzer kam ich an
die Universität Oldenburg. Ich wollte Germanistik und Geschichte
studieren. Als sie in Geschichte wieder über die Arbeiterbewegung in der
Weimarer Republik sprachen, war ich es überdrüssig, das hatte ich im
Gymnasium schon eifrig studiert. Ich wechselte von Geschichte zu
Anglistik. In Germanistik war es nicht besser. In einem Kurs belegte ich
Liebeslyrik, aber abgesehen von einem Sonett von Hoffmanns-Waldau war
nicht ein einziges poetisches Werk darunter. Zudem war die Liebeslyrik
nur ein Vorwand, um zu lernen, wie man in einer Hausarbeit die Liste der
zitierten Autoren alphabetisch ordnet. Ein anderer Kurs behandelte den
Karneval und die Groteske und fragte: Gibt es eine besondere Lachkultur
von Frauen. Närrisches Treiben! Immerhin entdeckte ich für mich die
Universitätsbibliothek, las die Studienausgabe der gesammelten Werke
Hölderlins, las Ben Jonson und Byron und vor allem die altgriechischen
Lyriker. Damals lernte ich Karine kennen, die Priesterin der Aphrodite,
und wir unternahmen, wie Schiller sagt: Reisen ins südliche Frankreich,
um zu studieren, was unter den Höschen der Französin steckt. Später,
nachdem ich Christus begegnet war und meine Psychose überlebt hatte,
wollte ich als Gasthörer an die Universität, um Literatur und Philosophie
zu hören. Ich besuchte ein einziges Mal einen Kurs über Platon, aber ich
hörte nur substanzloses Geplauder. In der Literatur fand ich nichts
Interessantes, denn ich hatte kein Interesse, die sozialistische Neuheidin
Christa Wolf zu studieren. Ein drittes Mal kam ich in Berührung mit der
Universität, als ich in der Pfingstgemeinde den taiwanesischen Christen
Rong-Ji kennen lernte, der seinen Doktor in Pädagogik machen wollte und
mich bat, den deutschen Text zu formulieren. Es ging ihm um die Vater-
Sohn-Beziehung im klassischen Konfuzianismus und im Christentum. So
bekam ich quasi den Doktor-Bambushut der Sinologie. Ich habe aber lange
Zeit die Bibliothek ausgebeutet und die englische Renaissance und
Romantik gelesen, die altorientalische und altgriechische Literatur, die
mittelhochdeutsche Literatur und die deutsche Literatur der Geniezeit, in
der Theologie die Kirchenväter, katholische Dogmatik und die Mariologie
und in der Religionsgeschichte fast alles. Ich bin der Oldenburger
Universitätsbibliothek zu großem Dank verpflichtet.

VOM REDEN GEGEN GOTT

Meinen Eltern schenkte ich den Sonnengesang des heiligen Franziskus. In


einem evangelikalen Kommentar zum Bruder Feuer wurde Gottes Wort
zitiert: Und wenn die Wasser kommen, werden sie dich nicht ersäufen, und
wenn das Feuer kommt, wird es dich nicht verbrennen. Da sagte mein
Vater zu mir: Ich will einmal sehen, ob dein Gott dir hilft: Wenn ich dir
jetzt die Hand verbrenne, kann es dir ja nichts schaden. Der alte
Kommunist Konrad sagte: Ich glaube nicht an die Unbefleckte
Empfängnis. Jesus war nicht Gott. Der Narr! Er wusste gar nicht, wer in
Wahrheit die Unbefleckte Empfängnis ist. Die Menschen lehnen einen
Gott ab, den es gar nicht gibt. Der evangelikale Fanatiker und Hurenbock
Dominik schrie: Ich knie nicht vor dem goldenen Götzen der Katholiken!
Er dachte, die Katholiken beteten die Monstranz an, dabei beteten sie ja
Jesus an, seinen Leib und sein Blut und seine Seele und seine Gottheit. Die
Esoterikerin Evi mischte sich ihre private Religion aus kosmischer
Energie, Yin und Yang, innerem Jesus, Lilith, Freimaurertum, Feminismus,
Muttergöttin und Homöopathie, da sagte ich: So wirst du nie Frieden
finden. Da sagte sie wütend: Und so lange du an den gekreuzigten Christus
glaubst, wirst du nie glücklich werden! Ich sagte: Gott ist die Liebe! Aber
Evi widersprach: Nein, sondern Gott ist Yin und Yang, Liebe und Hass,
Gut und Böse! Einmal wurde der Literatur-Kritiker Reich-Ranitzky nach
Gott gefragt, da sagte er: Ich habe Goethe, was brauch ich da Gott?
Überhaupt hatte ich als Jude den Endruck, dass Gott, der Herrscher der
Welt, im Bunde stand mit Adolf Hitler. Und einmal hörte ich eine
Diskussion zwischen einem amerikanischen evangelikalen Philosophie-
Professor und einem deutschen atheistischen Philosophie-Professor. Der
Christ sagte: Alle Wirkung hat eine Ursache, und die Schöpfungsordnung
beweist die Existenz einer transzendenten und intelligenten Person als
Ursache, das ist Gott der Schöpfer. Der Atheist sagte: David Hume
widerlegte die Behauptung, jede Wirkung habe eine Ursache. In der
Quanten-Physik gibt es Phänomene ohne Ursache. Die Welt hat also keine
Ursache. Wenn man aber von der Welt auf den Weltschöpfer schließen
kann, so muss man von dem millionenfachen Leid der Kreatur auf den
Demiurgen der Gnosis, den bösen Gott schließen. Also: Erstens, es gibt
keinen Gott, und zweitens, Gott ist böse. Ich las das Buch The Great
Cosmic Mother einer neuheidnischen Feministin, die behauptete: Gott der
Heilige Geist hat die Jungfrau Maria vergewaltigt! Diese These löst selbst
bei Lutheraner und Pfingstlern Entsetzen aus. Aber auch Luther
behauptete: Der Mensch hat keinen freien Willen. Gott zwingt dem
Menschen seiner Gnadenwahl die Gnade auf. So habe Gott Maria zur
Mutter Gottes gemacht ohne ihren freien Willen. Gott habe auch den
Pharao verstockt, um dann am Pharao Gottes Herrlichkeit erweisen zu
können. Gott tue also das Böse, um Gutes daraus hervorgehen zu lassen.
Calvin sah Gott als einen Willkürherrscher, der die einen zur Gnade und
zur Erlösung vorherbestimme und die anderen zur Hölle vorherbestimme.
Wie Luther sagte: Entweder überwältigt dich Gottes Gnade oder Satan
reitet dir auf dem Rücken. Der evangelische Theologe Hegel sprach darum
von Gott als der Vierfaltigkeit: Der Vater und der Sohn und der heilige
Geist und Luzifer.

VON DER SELBSTGERECHTIGKEIT

Ich war einmal in einer Werktagsmesse, da war in Vertretung ein indischer


Priester da und der stimmte das Schuldbekenntnis an, aber keiner der
deutschen Katholiken kannte dies Gebet. Es beginnt: Ich bekenne Gott
dem Allmächtigen, dass ich Gutes unterlassen und Böses getan habe, ich
habe gesündigt in Gedanken, Worten und Werken, durch meine Schuld,
durch meine Schuld, durch meine große Schuld. Dabei schlägt sich der
Büßer dreimal auf die eigne Brust. Aber die Menschen beten lieber: Durch
deine Schuld, durch deine Schuld, durch deine große Schuld! Dabei
schlagen sie dem Nächsten dreimal auf die Brust. Es fehlt überall die
Sündenerkenntnis. Was ist Sünde? Die evangelisch-reformierte Bäuerin
Regina, Schwiegermutter meines Bruders sagte, sie habe wieder gesündigt:
Sie habe ein Stück Torte zuviel gegessen. Aber wenn keiner mehr Sünder
ist, Halleluja, dann kommen ja alle in den Himmel! Schnaps, das war sein
letztes Wort, dann trugen ihn die Englein fort. Ein reformierter Pastor sagte
meinem Jugendfreund, dem Säufer Enno: Keiner kommt in die Hölle. Die
Toten kommen durch einen langen Tunnel alle in ein wunderschönes Licht.
Der katholische Kaplan Andreas, der Benediktiner-Mönch wurde, sagte:
Alle kommen in den Himmel! Meine Tante Petheda sagte immer wieder:
Ich rauche, aber Ein Laster muss der Mensch ja haben. Meine Putzfrau
Ellen sagt immer wieder: Ich glaube nicht an den lieben Gott, ich glaube
an das Schicksal, aber ich lebe das Christentum und tue nur Gutes und
dafür komm ich sicher in den Himmel. Wenn die Menschen auf das
Sakrament der Buße angesprochen werden, sagen Protestanten und laue
Katholiken: Das mach ich mit dem lieben Gott selber ab. Die
achtzigjährige fanatische Pietistin Ilse beichtete mir, sie habe drei Kinder
abgetrieben, aber sie habe geträumt, dass Jesus ihr vergeben hat. Eine
Beichte bräuchte sie nicht. So beichtet keiner mehr. Einmal im Jahr zu
Ostern wird in der katholischen Gemeinde die Beichte angeboten, aber nur
drei Katholiken kommen zum Beichten, davon sind zwei psychisch krank.
Die andern begnügen sich mit einem Bußandacht, in der über den
Umweltschutz gepredigt wird von jungen katholischen Frauen. Die
Priester bieten als Sakramente die Kindertaufe, die Hochzeit und das
Begräbnis an, aber nicht die Beichte. Will man bei einem Priester einmal
monatlich beichten, lässt er sich verleugnen. Aber wahrscheinlich beichten
die Priester selber nicht.

VOM BESITZ

Es war einmal ein Bauer, dessen Ernten prächtig gediehen. Er sagte sich:
Jetzt will ich neue große Vorratshäuser bauen. Den Rest meines Lebens
brauch ich nicht mehr zu arbeiten. Ich kann mein Leben im Ruhestand
genießen und gut essen und trinken und fremde Länder sehen. Da sprach
Gott zu ihm: Du Narr! Heute Nacht wirst du sterben! Und was nützt dir
dann all dein Reichtum? Mit Geld kannst du dir die Rettung deiner Seele
nicht kaufen! Weh dem, der reich ist an irdischen Gütern, aber keine
Schätze im Himmel gesammelt hat! Wie schwer ist es doch für einen
Reichen, in den Himmel zu kommen! Eher geht noch ein Kamel durch ein
Nadelöhr! Und so hat mein Vater sein Glück ganz aufs Geld gesetzt und
sein Lebensinhalt war es, Geld anzuhäufen. Und als er dann Rentner
wurde, wollte er lecker essen und mit seiner Frau die ganze Welt bereisen.
Den Winter verbrachte er im sonnigen Andalusien, wenn nicht auf den
Kanaren, dann fuhr er nach Österreich zum Skilaufen, im Mai an die
Donau zum Radfahren, im September auf eine griechische Insel, wenn
nicht gar nach Florida oder Kuba. Da erkrankte er an Blutkrebs und starb
über Nacht. Für meinen Glauben hatte er immer nur Spott. Und sein
Liebling, mein Bruder, ist wie sein Vater Materialist und Atheist. So gab es
ein Familientreffen zu Ostern, wir trafen uns am Karfreitag, und der
fünfzigjährige Deutsche, evangelisch-lutherisch getauft und konfirmiert,
fragte: Was feiern wir eigentlich an Karfreitag? Er war mit seiner Frau, der
reformierten Gisela, auf den Kanaren, als ein Erdbeben das Hotel
erschütterte. Gisela rannte in Todesangst aus dem Hotel, Stefan in
Todesangst hinter ihr her, aber er kehrte noch einmal um, aus dem
erschütterten Hotel die im Tresor aufbewahrten goldenen Schmuckstücke
zu holen. Einmal war ich auf dem Geburtstag meines Ziehsohnes Tom.
Seine Mutter Evi nieste, ich wünschte ihr: Gesundheit! Schönheit!
Kindersegen! Tom fragte: Was ist denn Kindersegen? Sein Bruder Quentin
sagte: Das dachte man früher, als die unaufgeklärten Menschen noch an
Gott glaubten und dachten, der liebe Gott segne die Eltern mit Kindern. Da
sagte der Vater Jörg, ein Haschischraucher, Büroangestellter und
Dummkopf: Lieber Geldsegen als Kindersegen! Als Papst Franziskus seine
apostolische Regierung antrat, verkündete er: Gott will ein arme Kirche für
die Armen! Da herrschte in Deutschland der Bischof von Limburg, der
sich mit den Geldern der Kirchensteuer für viele Millionen einen
fürstlichen Palast bauen ließ. Was für eine Kirche willst du, die des
römischen Papstes oder die des deutschen Bischofs? Willst du Gott oder
dem Mammon dienen?

VOM VERSÄUMEN DER HEIMSUCHUNG

Zweitausend Jahre lang warteten die Kinder Israel auf den Messias, und
als er kam, da kreuzigten sie ihn. Jesus sagte: Jerusalem, Jerusalem, wie
oft hab ich deine Kinder sammeln wollen, wie eine Glucke ihre Küken
unter ihren Flügeln sammelt! Aber du hast nicht gewollt! Du hast die Zeit
deiner Heimsuchung nicht erkannt! Ich werde nicht mehr zu euch
kommen, bis ihr betet: Hosanna in der Höhe! Hochgelobt sei der da
kommt im Namen des Herrn! Hosanna in der Höhe! So hatte auch Evi die
Stunde ihrer Heimsuchung nicht erkannt. Zehn Jahre lang predigte ich der
Esoterikerin das Evangelium. Schließlich begann sie, einen Psalm zu
beten. Sie las ein Buch über das Vaterunser und betete ein paar Mal das
Gebet Jesu. Sie las die Apokalypse des Johannes und stellte die Sixtinische
Madonna von Salvadore Dali auf. Sie betete zu ihrem Schutzengel, den sie
Hesekiel nannte, und zum heiligen Erzengel Michael. Ich erzählte meiner
Mutter: Evi ist jetzt Christin geworden. Aber da starb ihr Vater Helmut, ein
Atheist und Naturanbeter, und Evi konnte nicht mehr Vater Unser beten,
denn ihr Vater hatte sie nie geliebt, sondern immer verachtet. Evi wollte
jetzt ihre Weiblichkeit stärken. Esoterische Ratgeber rieten ihr, nach der
Psychologie von C. G. Jung, den Schatten der Seele in die Seele zu
integrieren. Da sie ihre Namenspatronin Eva für eine vom Vatergott und
vom Mann Adam unterdrückte Frau hielt, wandte sie sich an Adams erste
Frau Lilith, die eine starke, wilde und freie Frau war. Lilith sagte sich los
von Jahwe und Adam und heiratete in der Wüste am Roten Meer den
Dämon Sammael. Evi studierte alle Bücher über Lilith, die alle den Geist
des Okkultismus und des feministischen Satanismus atmeten. Evi nannte
sich nun Lilith und wollte vom Evangelium nichts mehr hören. Stattdessen
verlor sie ihren Charme, ihre Freundlichkeit, ihre Dankbarkeit und
Bescheidenheit und wurde eine Frau mit steinernem Herzen und
zänkischer Zunge. Ich sah sie unter der Herrschaft Satans. So also hatte
Evi die Stunde ihrer Heimsuchung durch Christus nicht ergriffen.
Hoffnung gibt es aber für das jüdische Volk und für Evi. Das zeigt das
Beispiel Karines. Karine war kommunistisch erzogen worden, Später
verehrte sie quasi-religiös die Natur. Aber als sie mit vierzig Jahren Krebs
bekam, sagte sie mit fünfundvierzig Jahren, vom Krebs zerfressen, zu mir
im Hospital des heiligen Papstes Pius: Ich fühle mich wie Christus am
Kreuz! Und drei Tage vor ihrem Tod, als ich sie das letzte Mal sah, nahm
ich im Hospital an der Eucharistiefeier teil. Eine Nonne brachte die
Kommunion zu Karines Bettnachbarin. Karine begehrte auf ihrem
Sterbebett, den Corpus Christi zu empfangen. Neben ihrem Bett brannte
eine Kerze mit der Ikone der Gottesmutter von Wladimir. So starb Karine.
Nach ihrem Tod hörte ich in allen Predigten und Katechesen immer wieder
vom rechten Schächer, dem heiligen Dysmas, der sich in seiner
Todesstunde am Kreuz neben Christus bekehrt hatte. Und so sagte mir der
Heilige Geist, dass Karines Seele gerettet ist.
VON DEN KOKETTIERENDEN FRAUEN

eva u schlange bathseba tamar ruth potiphars wein delila helena phryne
katharina die große

Eva stand im Garten unter dem Feigenbaum. Sie war nackt und schämte
sich nicht. Da kam Luzifer und besuchte Eva in ihrem Blumengarten.
Kokett begann sie mit ihm über Gott und die Welt zu reden, denn Luzifer
war Schriftgelehrter und Theologe, und sie wollte ihn gern zu ihrem
Sklaven machen, dabei vertraute sie nicht allein auf die Reize ihrer
Nacktheit, sondern sie wollte sich auch geistig als ebenbürtig zeigen.
Luzifer, sagte Eva, du bist weise, du bist reiner Geist. Ich bin ganz
Empfänglichkeit für deinen Geist der Weisheit. Und der Geist will ja
zeugen in der Schönheit. Und Luzifer hielt eine lange Rede, in der er
bewies, dass Gott grausam sei, dass alles, was Spaß mache, verboten sei
oder dick mache, dass Eva sich selbst erlösen könne und dass Eva wie Gott
sei. Das glaubte Eva natürlich gerne: Ja, ich bin Gott, sagte sie, ich bin die
herrschende Göttin! So war der Sündenfall, und davon kommt all mein
Elend. Und Josef war im Hause Potiphars. Potiphar war tagsüber in seinem
Büro. Er überließ Josef die Sorge um Frau und Kinder und Haustiere.
Potiphars Weib aber, die mit ihm in wilder Ehe lebte, Suleika also zog ein
durchsichtiges kurzes Kleid an und wollte Josef verführen. Sie legte sich
auf ihr Bett, entkleidete ihren Oberkörper und bat Josef, ihren Hausfreund,
ihr den Rücken zu massieren. Josef betete zur keuschen Jungfrau Sophia
im Himmel und floh. Da kam abends Potiphar aus dem Büro, da sagte
Suleika: Josef hat meine Ka-Seele vergewaltigt! Er hat in Gedanken meine
Aura verletzt! Da jagten Potiphar und Suleika den Josef aus dem Haus.
Und eines Nachts stand König David auf dem Dach seines Hauses und
dichtete ein Gedicht an den Mond. Seine kokette Nachbarin Bathseba sah
ihn und dachte: Den will ich mir unterwerfen! Er ist ein Dichter, ich will,
dass er nicht mehr Psalmen an Gott dichtet, sondern mich als seine
erotische Göttin Astarte besingt. Also machte Bathseba das Licht in ihrem
Badezimmer an, dass David aufmerksam wurde, dann zog sie sich nackt
aus und duschte vor Davids Augen. David war ein Mann und nahm sie
sich. Ihren Ehemann, den dummen Heiden, schickte er zur Hölle! Und im
alten Griechenland war die reizende Helena mit ihrem schwarzgelockten
Menelaos verheiratet, ihre Tochter Harmonia war vier Jahre alt. Menelaos
war immer im Staatsrat, er hatte nur Politik im Sinn. Aber Helena juckte
es! Da kam ihr der Prinz Paris eben recht, der sie nachmittags besuchte.
Ich komme, sagte er, im Auftrag der Göttin Aphrodite. Wir beide sind von
Ewigkeit für einander bestimmt! Und Paris machte ihr viele Geschenke,
Parfüme und Goldschmuck und Edelsteine und Seidenunterwäsche und
Süßigkeiten. Und so gewann er Helena, sie fuhren auf die Insel der Liebe
und liebten sich am Strand, sie wälzten sich im weißen Sand und schliefen
in der Brandung miteinander. Und so fiel Troja! Und zur Zeit des
Aristoteles lebte Phryne. Aristoteles erzog gerade den jungen Alexander,
da verführte ihn die reizende Phryne. Aristoteles kroch auf allen Vieren
und Phryne ritt auf seinem Rücken, schlug ihn und rief: Hü, mein
Pferdchen! Und als sich die Mystiker zum Mysterium von Eleusis
versammelten, badete Phryne nackt im Meer. Vor all den Mystiker tauchte
sie nackt aus dem Meer, da riefen die Jünger: Wahrlich, wahrlich,
Aphrodite lebt! Dann wurde aber Phryne von einem verschmähten
Liebhaber vor Gericht angeklagt, sie verkünde einen neuen Gott. Ihr
Rechtsanwalt, der Jura studiert hatte und sehr reich war, verteidigrte sie
vor Gericht. Seon Plädoyer begann bei Dido und dem Fall Karthagos, aber
es war alles nur leeres Geschwätz! Verfluchte Advokaten! Da half sich
Phryne selbst, und vor den Augen des Richters und der Schöffen, des
Staatsanwalts und des Rechtsanwalts entblößte sie ihre Brüste. Und sie
hatte schöne Brüste, groß und fest! Da ward sie freigesprochen: Eine Frau
mit solchen Brüsten muss ein guter Mensch sein! Und Katharina die Große
war, wie Puschkin sagte, der Erzkokotte auf dem Thron. Sie flirtete mit
Diderot und kokettierte mit Voltaire, sie hatte zwanzig Liebhaber, am
leidenschaftlichsten liebte sie den Fürsten Potemkin, wenn da nicht, wie
Byron schrieb, noch der junge Don Juan gewesen wäre.

VOM EHEBRUCH

Alkmene saß einsam zu Hause und langweilte sich. Ihr Mann war im
Krieg. Wie Schiller sagt: Der Mann muss hinaus ins feindliche Leben, still
zuhause waltet die züchtige Hausfrau. Da kam Zeus, der Vater der Götter
und Menschen, der Ehemann seiner Schwester Hera, kam und besuchte
Alkmene und brach mit ihr die Ehe und zeugte im Ehebruch den Halbgott
Herakles. Aphrodite, man kann es kaum glauben, hatte nach einem langen
Lotterleben, da sie jedem Mann die Beine gespreizt hatte auf der
Rückbank ihres Taubenwagens, doch nach langjährier wilder Ehe den Gott
Hephästos geheiratet. Aber er saß immer in seiner rauchenden Kammer
allein und schlief auch allein in seiner Kammer auf dem Sofa, während
seine Ehefrau Aphrodite allein in ihrem schmuddeligen Bett lag und nach
einem Mann seufzte und sich in Ermangelung eines Mannes mit einem
künstlichen Phallus selbst befriedigte. Aber eines Tages tauchte der Gott
Ares auf. Und da wir ja alle Homer gelesen haben, - brauche ich die
Geschichte vom Ehebruch der Aphrodite mit Ares nicht noch einmal zu
erzählen. Von den Göttern lernen, heißt siegen lernen! So dachte auch die
mykenische Königin Klytemnästra. Denn ihr Mann Agamemnon war
wegen der Ehebrecherin Helena in Troja, die feste Burg zu belagern, da
tröstete sich Klytemnästra mit ihrem Hausfreund Ägisthos. Sie brachen
fröhlich wie die Götter die Ehe und liebten sich auf dem Altar des Bettes
wie Gott und Göttin! Die Folge war die Ermordung Agamemnons, die
Ermordung Klytemnästras durch ihren Sohn Orestes und der Wahnsinn
desselben, der von den alten fetten Furien geplagt wurde! War denn
Mohammed, das Siegel der Propheten, der Gesandte Allahs, Friede sei mit
ihm, moralischer? Nach dem Tod seiner christlichen Ehefrau Kadischa
besuchte er eines Nachts seinen Pflegesohn Zaid. Der war aber gerade
nicht zuhause, er war in Sachen Dschihad des Nachts unterwegs, aber
seine junge Ehefrau Zainab war zuhause. Sie war vierzehn Jahre jung,
hatte ein weißes Gesicht, unverschleiert, große weiße Brüste, lange rote
Locken, und stand im Nachthemd vor Mohammed. Stark ist die
Manneskraft von arabischen Männern, vierzig mal so stark ist die
Manneskraft der Propheten, und Mohammed hat die vierzigfache
Manneskraft von Propheten. Der Super-Prophet war erregt, seine Latte
ward steif wie im Paradies im Zelt mit den Huris, und er sagte sich: Zainab
muss ich haben! So schied sich Zaid von Zainab aus Liebe zu Mohammed,
und Mohammed bekam das junge Ding in sein Bett. Aber stimmt es denn,
was die katholische Kirche sagt, dass die Ehe heilig ist seit der Ehe von
Adam und Eva im Paradies? Gibt es nicht bei den Völkern viele
verschiedene Begriffe von der Liebespaarung? So besuchte ich einmal
meinen Freund Marco, den pietischen Prediger, und seine schöne Frau
Susanne, die keusche Susanna von Schloss Susan aus dem Alten
Testament, da zitierte ich das Weisheitswort irgendeines primitiven
Naturvolks über die Gastfreundschaft: Wenn dein Freund zu Gast kommt,
biete ihm aus Gastfreundschaft deine Ehefrau zum Liebesspiel an!

VOM REISEN
Mein Bruder Stefan war mit Frau und Kindern in die Toskana gereist.
Meine neunjährige Nichte Janna war eine Grazie, ein Mädchen voller
Anmut und Schönheit und von stillem Wesen. Sie war für mich Beatrice
von Florenz. Und wie gerne hätte ich die Marmorstadt des florentinischen
Neuplatonismus gesehen, auf den Spuren von Dante, Petrarca und
Boccaccio, Michelangelo und Botticelli, Poliziano und Ficino und
Savonarola! Aber ich war zu arm und zu krank. Mein Bruder war reich und
gesund, aber ein Kulturbanause. So saßen sie vor dem Dom und dem
Museum von Florenz und gingen nicht hinein, sondern aßen ein Eis im
Eiscafé. Wie wäre ich niedergefallen vor der Mediceischen Venus, die
göttliche Schönheit anzubeten! Das heißt wirklich, Perlen vor die Säue
werfen und das Heilige den Hunden geben! Eine andre Art des Reisens ist
noch gottloser, nämlich der Sextourismus reicher westeuropäischer
Männer, die nach Thailand fliegen, um im Rotlicht-Milieu von Bangkok
mit minderjährigen Sexsklavinnen zu schlafen. Aber ein Reisen habe ich
kennen gelernt, das zwar verdienstvoll, aber auch zum Verrücktwerden
anstrengend ist. Ich war mit meiner Freundin Karine auf Rügen, auf Sylt,
auf Baltrum und im Flecken Hage in Ostfriesland. Ihr Erstgeborener Juri
war fünf, die Zwillinge Milan und Simon zwei Jahre alt. Und Karine
wollte morgens lange schlafen, dann baden, mittags wieder schlafen, dann
wieder baden. Und ich versorgte die Kinder vom Erwachen an den ganzen
Tag. Da gab es keinen Moment der Ruhe, da musste ich sie füttern, auf
dem Spielplatz beobachten, mittags spazieren fahren, Ball spielen, abends
Händchen halten, bis sie einschlafen. Normalerweise machen Menschen
Urlaub, sich vom anstrengenden Alltag zu erholen, aber für mich waren
die Urlaubstage mit Karine und ihren Kindern die anstrengendste Zeit des
Jahres. Im Alter von 35 Jahren, zur Zeit meiner Konversion zur
katholischen Kirche, reiste ich mit einer Gruppe katholischer Jünglinge
und junger Mädchen nach Lourdes. Man nannte es eine Wallfahrt, aber die
jungen Leute waren vor allem an Sommerurlaub im Süden und an
Romanzen interessiert. Vielleicht bahnt sich ja eine Ehe an? Ich ging
abseits von der Wallfahrtsgruppe allein in den Bergen und betete zur
Madonna. Da trug sie mir ihre Hand an, erwählte mich zum Bräutigam und
gab mir ihr Ja-Wort und den Kuss der Pietà! Nun halte ich es mit Lao Tse:
Ohne einen Schritt aus dem Haus zu tun, kennt der Weise die Welt.

VOM ZORN
Ich hielt mir einmal einen Hofnarren, das war Dominik, der sollte mir
Langeweile, Einsamkeit und Weltekel vertreiben. Er liebte die Sprüche
Salomos, die er auf den Kopf stellte und sagte: Ich bin der Narr, die lustige
Person! Aber er war auch ein jähzorniger Mann. Ich brauchte nur zu sagen,
die katholische Kirche sei nicht die Hure Babylon, sondern die himmlische
Jungfrau Jerusalem, dann spuckte er Gift und Galle. Wenn ich sagte, der
Papst sei nicht der Rattenschwanz des Antichristen, sondern der Vikar
Christi auf Erden, dann schwollen ihm die Zornadern in der Schläfe. Und
wenn ich sagte, die anderen Weltreligionen seien nicht vom Teufel,
sondern enthielten auch Samenkörner der Wahrheit, dann brüllte er mit
schäumendem Mund: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben,
niemand kommt zum Vater denn durch mich! Und der Evangelikale Marco
ist auch so ein jähzorniger Mann. Seine fromme Tochter Alina forderte er
auf, das erste Mal nicht ein schriftliches, sondern ein mündliches Gebet zu
beten. Sie versuchte es und dankte Gott für ihre Speise. Da explodierte er
und nannte so ein Gebet eine Unverschämtheit, sie habe nur an sich und
nicht an die ganze Familie gedacht, solch ein Gebet sei eine Frechheit.
Seine zweite Tochter Valea ist eine wahre Schönheit, hat aber einen
rebellischen Geist. Sie sagte: Vater, du kannst uns verlassen! Ich bleibe
dann bei der Mutter, die schlägt uns wenigstens nicht! Aber ach, wir
brauchen ja dein Geld! Da ergriff der Vater die Tochter bei den langen
goldenen Locken und schleifte ihren schlanken Mädchenkörper durch das
Haus und sperrte sie in ihr Zimmer ein. Da fragten einmal die beiden
Töchter ihren Vater: Papa, du regst dich immer gleich auf! Ist Jesus
eigentlich auch manchmal zornig geworden? Ja, sagte der Choleriker,
Jesus kam in die Kirche und sah, wie sich in der Kirche alles nur ums Geld
dreht, da wurde er zornig, so richtig wütend, und nahm eine Peitsche und
peitsche die Geldanbeter aus und warf Tische und Stühle um! Der heilige
Franz von Sales, Bischof von Genf, hatte auch ein cholerisches Gemüt.
Aber er beichtete oft und bat Gott um die Tugend der Sanftmut, und mit
der Zeit ward er zum sanften Heiligen, zum Gentleman unter den Heiligen.

EPILOG

Und hier legte sich mein Zorn. So legte sich auch des Kaisers von Persien
Zorn über Vashti. Danach ging er daran, sich junge schöne Mädchen zu
suchen und einen Harem zu haben wie Salomo. Selbst des Epilogs bin ich
müde wie des ganzen irdischen Treibens, aber ich muss noch oft an
meinen Knaben Tom denken, der von jedem Buch Prolog und Epilog
erwartete. Ich bin natürlich der größte Narr! Ich war wahnsinnig geworden
nach meiner appetitlichen Jugendgeliebten Karine frühen Tod! Mein
Bruder Stefan brachte mich ins Irrenhaus. Der Psychiater Doktor
Weingarten ließ mich auswendig die zweite Strophe von Hölderlins Hälfte
des Lebens zitieren. Immer, wenn er an mir vorüberging, grinste er mich
an und sagte: Ihr holden Schwäne…! Bald war ich der irren Kranken und
der irren Ärzte überdrüssig, ich wollte über Nacht fliehen. Ein Irrer trat ins
Raucherzimmer und predigte über den heiligen Franziskus. Ich ging mit
Franziskus an meiner Seite zum Doktor Weingarten: Ich will frei sein!
Pharao, lass Israel ziehen! Der Psychiater telefonierte mit meiner
Schwägerin Gisela und sagte ihr, sie und mein Bruder sollten besser den
Kontakt zu mir abbrechen. Was sie auch taten. Dann verließ ich das
Irrenhaus, unheilbar krank, um fortan wie Franziskus den Vögeln zu
predigen. Und das war mein Exodus. Und so werde ich schließlich in
einem großen Exodus die Welt, das universelle Irrenhaus, verlassen, um in
das Land zu kommen, wo Karine ist, die Provinz, wo Milch und Honig
fließen.

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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


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PHILOSOPHISCH-THEOLOGISCHE PROSA
Von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

DER SUNAMITISMUS
oder
DIE EROTIK DER NATURHEILKUNDE

Die üblichen wissenschaftlichen Konzepte der Medizin sind aus vielerlei


Gründen nur eingeschränkt auf die Naturheilverfahren anzuwenden. Es
sind vor allem methodologische Probleme, die sich durch das andersartige
Therapiekonzept der Naturheilverfahren ergeben.
Die Therapieform des Sunamitismus erscheint geeignet, oft auftretende
Missverständnisse klar werden zu lassen, ohne dass es zu Konfrontationen
kommt. Das mag daran liegen, dass wir geneigt sind, an die Wirkung des
Sunamitismus zu glauben, was wissenschaftlich bedeutungslos ist.
Die methodologischen Probleme, die aufgeworfen werden, sind
wissenschaftlicher Alltag. Sie stellen sich auf die eine oder andere Weise
bei jedem regulativen Verfahren, sei es nun Naturheilkunde oder
Psychotherapie.
Der Sunamitismus geht auf König David zurück. Im ersten Buch der
Könige 1.1-4 steht:
„Als aber der König David alt war und hochbetagt, konnte er nicht warm
werden, wenn man ihn auch mit Kleidern bedeckte. Da sprachen seine
Großen zu ihm: Man suche unserem Herrn, dem König, eine Jungfrau, die
vor dem König stehe und ihn umsorge und in seinen Armen schlafe und
unseren Herrn, den König wärme. Und sie suchten ein schönes Mädchen
im ganzen Gebiet Israels und fanden Abisag von Sunem und brachten sie
dem König. Und sie war ein sehr schönes Mädchen und umsorgte den
König und diente ihm. Aber der König erkannte sie nicht.“
Nach dieser Abisag von Sunem wurde die ganze Therapierichtung
benannt.
Die nächste Erwähnung stammt von einem römischen Denkmal:
AESCULAPIO ET SANITATI L CLODIUS HERMIPPUS QUI VIXIT
ANNOS CXV DIES V PUELLARUM ANHELITU QUOD ETIAM POST
MORTEM EIUS NON PARUM MIRANTUR PHYSICI
IAM POSTERI SIC VITAM DUCITE.
"Dem Äskulap und der Sanitas /Göttin der Gesundheit) setzt dies L.
Clodius Hermippus, welcher 115 Jahre und 5 Tage durch die Ausdünstung
junger Mädchen lebte, worüber sich nach seinem Tod die Ärzte nicht
wenig wundern. Ihr Nachkommen führt euer Leben auf dieselbe Art."

Der therapeutische Plan des Sunamitismus ist klar: Ein älterer Mann wird
in Kontakt zu jungen Mädchen gebracht. Im Idealfall schlafen sie nachts in
engem Körperkontakt beieinander. Eine sexuelle Beziehung der beiden
wird aber ausgeschlossen. Die Vorstellung war, dass die „Ausdünstungen“
des Mädchens einen heilenden Einfluss auf die „sinkenden Lebenskräfte“
des Alten haben.
Die wissenschaftliche medizinische Literatur setzt sich im 17. und 18.
Jahrhundert mit dem Sunamitismus auseinander. Von den
medizinhistorisch bekannten Ärzten ist vor einer zu nennen, der gesehen
haben wollte, wie ein deutscher Prinz auf diese Weise gerettet worden sei.
Die ausführlichste Beschreibung des Themas geht auf den Münsteraner
Arzt Cohausen zurück, der in dem Buch „Der wiederauflebende
Hermippus“ sehr genaue Angaben zu dieser Therapieform macht. Das
Buch erschien 1750 zum ersten Mal, hat mehrere Neuauflagen erlebt und
wurde 1979 in Amerika nochmals aufgelegt.
Im 17. und 18. Jahrhundert scheint der Sunamitismus recht verbreitet
gewesen zu sein. So hat es in Paris ein entsprechendes Gewerbe mit klaren
Regeln gegeben, welches Mädchen wie lange und wie oft arbeiten durfte,
welche diätetischen Vorkehrungen sie zu treffen hatte und so weiter. Die
Männer, die eine solche Sunamitin in Anspruch nahmen, mussten einen
hohen Betrag als Pfand hinterlassen, der, wenn die Mädchen ihre
Jungfräulichkeit verloren, einbehalten wurde.
Es lässt sich klar feststellen, dass der Sunamitismus ein regulatives
Heilverfahren ist. Per Definition ist ein eindringliches Vorgehen beim
Patienten nicht vorgesehen. Der Patient reagiert auf den Reiz der jungen
Frau. Es geht nicht um einen längerfristigen Ersatz.
Das Heilverfahren ist wirksam. Dazu gibt es zunächst Berichte aus alter
Zeit. Man kann auch postulieren, dass viele Kontakte von älteren Männern
zu jungen Frauen eine Art Sunamitismus ist. Dies wird durch die Medien
reichlich belegt.
Wie könnte ein Wirkungsnachweis dieses Heilverfahrens aussehen? Man
könnte einige Parameter definieren und diese vor der Therapie und
mehrere Zeitpunkte nach der Therapie messen. Natürlich ist dieses
Verfahren dadurch beschränkt, dass es entsprechend der formalen Logik
nur Aussagen zu den Parametern zulässt und nichts über die Gesundheit
des Patienten. Man könnte dieses Patientenkollektiv mit einer nicht
behandelten Vergleichsgruppe korrelieren.
Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass der gegebene Reiz nie
identisch ist. Was an diesem Beispiel schön zum Vorschein kommt, ist,
dass man sich gut vorstellen kann, dass für jeden Mann ein anderer Reiz
der optimale ist, dass also ein Mädchen je nach Mann zu ganz anderen
Resultaten führt. Dies ist ein wichtiger Punkt für alle regulativen
Heilverfahren. Der Patient ist bestimmend für die Auswahl des Reizes.
Nicht jeder Patient erhält denselben Kurplan, und wenn dies doch getan
wird, so handelt es sich dabei um einen therapeutischen Fehler.
Die nächste Problematik stellt die Standardisierung des Therapiekonzeptes
dar. Bei der Durchsicht der Faktoren lässt sich erahnen, dass ein Standard
eigentlich nicht aufgestellt werden kann. Ein viel zu großes Kollektiv mit
viel zu langer Beobachtungszeit wäre erforderlich, um zu gesicherten
Ergebnissen zu kommen. Hier einige Punkte, die zur Standardisierung
erforderlich wären. Natürlich war und ist zu diesen Fragen reichlich
empirisches Wissen vorhanden, aber es ist aber nach wissenschaftlichen
Kriterien unzureichend.
Ist es wirklich erforderlich, dass das Mädchen Jungfrau ist? Gibt es eine
Grenzalter nach unten oder oben für die Mädchen? Gibt es
Verbrauchserscheinungen bei längerfristigem Einsatz? Gibt es eine untere
oder obere Altersgrenze für Männer? Gibt es ein entsprechendes Verfahren
für ältere Frauen?
Der nächste Punkt ist die Frage: Was wirkt? Das ursprüngliche Konzept,
dass es die Ausdünstungen des Mädchens sind, werden heute auf wenig
Gegenliebe stoßen. Man würde die Ergebnisse heute eher als psychogen
deuten. Eine Suggestion scheint die Wirkung nicht ausreichend zu
erklären. Man könnte natürlich schauen, welche Hirnareale besonders
aktiv sind.
Dass der Sunamitismus nicht mehr in die heutige medizinische Landschaft
passt, ist offensichtlich.
Sicher beruht die Wirkung des Sunamitismus auf Faktoren, die mit der
Sexualität zu tun haben. Insofern ist ein Vergleich mit der Sexualtherapie
interessant, wie sie sich ab den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts
entwickelte, insbesondere da die Sexualtherapeuten immer wieder fremde
Personen, meist eine Frau, in die therapeutische Sitzung einbezogen haben.
Es besteht also in mancher Hinsicht auch eine formale Übereinstimmung
des therapeutischen Ansatzes. Was die beiden Verfahren jedoch trennt ist
das ganz andere Verständnis von Therapie und Menschsein. Die
Sexualtherapie von heute konzentriert sich sehr stark auf genitale
Stimulierung, misst Veränderungen der Muskelspannung, der Hormone
und so weiter. Sie erzeugt sozusagen harte Fakten, die in
Kontrollversuchen überprüft werden können. Der Sunamitismus geht von
einer selbständigen Eigenregulation aus, die nur angeschoben werden
muss.
Und vielleicht ist der Unterschied zwischen dem was wir Schulmedizin
nennen und den regulativen Naturheilverfahren derselbe Unterschied wie
zwischen einem amerikanischen Pornofilm und einem französischen
Liebesfilm, wo man am Ende weiß, dass etwas Ungeheures geschehen ist,
was das Leben der Beteiligten grundlegend verändert, ohne dass es an
bestimmten Einzelheiten festzumachen ist.

ABISCHAG VON SCHUNEM

„Als aber der König David alt war und hochbetagt, konnte er nicht warm
werden, wenn man ihn auch mit Kleidern bedeckte. Da sprachen seine
Großen zu ihm: Man suche unserem Herrn, dem König, eine Jungfrau, die
vor dem König stehe und ihn umsorge und in seinen Armen schlafe und
unseren Herrn, den König wärme. Und sie suchten ein schönes Mädchen
im ganzen Gebiet Israels und fanden Abischag von Schunem und brachten
sie dem König. Und sie war ein sehr schönes Mädchen und umsorgte den
König und diente ihm. Aber der König erkannte sie nicht.“
(Erstes Buch der Könige, 1, 1-4)
Der König friert. Dem großen David, dem König von Juda, Israel und
Jerusalem, dem Herrscher über die Philister und Aramäer, über die
Moabiter, Edomiter und Ammoniter, dem größten Helden seines Volkes
wird die Welt zu kalt. Der König ist alt. Die Lebenswärme verlässt ihn. Die
eiskalte Hand des Todes greift ihn an.
Einst war dieser Mann erfüllt von Lebensmut und Lebenskraft. Der junge
Hirtenknabe besiegt mit Klugheit und Kraft den riesigen Goliath, den
stärksten Mann der Philister. Der Krieger und Musikant wird an den Hof
geholt und hellt dort mit Harfenklängen das Gemüt des schwermütigen
Königs Saul auf. Der junge Königsanwärter flieht, von Saul verfolgt, und
schenkt diesem großmütig das Leben, als er ihn in einer Höhle hätte
gefangen nehmen und töten können. Der Jüngling zieht mit einer Bande
verwegener Gesellen durch die Lande, um Entrechtete zu
rächen, oder er dient fremden Herrschern, immer dort, wo es
Machtzuwachs gibt.
David, schon König in Hebron, erobert Jerusalem mit List und lässt dabei
auch Mord zu. Gleich darauf macht er aus Jerusalem die Heilige Stadt. Als
erster Priester tanzt er wie ein Verzückter, ja, Verrückter vor dem alten
Heiligtum aus der Wüstenzeit, der Bundeslade, die er in die Stadt bringen
lässt. Zu tiefer Freundschaft, Treue und Rücksichtnahme wie zu
abgrundtiefem Hass fähig, schont er Schwache und bestraft Unrecht
gnadenlos, lässt seinen Söhnen aber die schlimmsten Untaten durchgehen.
Mit Bathseba begeht er Ehebruch und ermordet deren Ehemann. Aber er
demütigt sich dann doch vor Gott, als der Prophet Nathan ihm
seine Schuld vorhält.
Der Vater David beklagt den Verlust seiner Söhne: ein Sohn muss wegen
Davids Ehebruch mit Bathseba sterben, ein anderer wird vom eigenen
Bruder erschlagen, weil er dessen Schwester vergewaltigt hatte, wieder ein
anderer findet in der Revolution gegen den König den Tod.
Der strategisch denkende König kann ein zögerlicher, verzagter Politiker
sein, der zur Machtausübung gezwungen werden muss. Dann ist er wieder
Staatsmann und Priester, der ein zerstrittenes Volk vereint und betend für
sein Volk eintritt vor Gott.
David fasst andere mit harter Hand an, aber mit zarter Hand schreibt und
spielt er gefühlvolle Lieder von Glaube und Gottvertrauen.
Das alles liegt nun hinter dem König. Der weite Weg von der Herde seines
Vaters zum Königsthron in Jerusalem ist zurückgelegt. Die Freude an den
Erfolgen, der Schmerz über die Verluste: das alles sinkt hinab ins
Vergessen. Nur noch eins macht dem alten König zu schaffen: Er friert, er
wird nicht mehr warm in der Welt.
Habt Ihr schon einmal gefroren, obwohl es durchaus warm war, aber
euer inneres Feuer brannte nur noch auf kleiner Flamme und der kalte
Hauch des Nichts wehte euch an? Habt Ihr euch dann vielleicht an den
Menschen gedrängt, der nachts neben euch lag – oder euch einen solchen
Menschen gewünscht? Dann sagt der Mensch neben dir vielleicht: "Was ist
denn? Ist dir kalt? Du zitterst ja! Komm, wärme dich bei mir!" Manchmal
reicht es, den Atem des Menschen neben dir zu spüren, die Wärme, die ein
anderer Körper ausstrahlt.
Eine solche Szene kommt in der Literatur der ganzen Welt nur selten vor:
Der König friert. Ihn wärmen keine noch so dicken Decken, keine
Wärmekissen und erhitzten Ziegelsteine. „Man suche unserm Herrn, dem
König, eine Jungfrau, die vor dem König stehe und ihn umsorge und in
seinen Armen schlafe und unsern Herrn, den König, wärme.“
Der alte David bekommt noch einmal eine Frau. Er sucht sie sich nicht
selber aus, sie wird für ihn gesucht. Für den König bestimmt, muss sie sein
wie seine früheren Frauen: jung und schön. „Und sie suchten ein schönes
Mädchen im ganzen Gebiet Israel und fanden Abischag von Schunem und
brachten sie zum König. Und sie war ein sehr schönes Mädchen und
umsorgte den König und diente ihm. Aber der König erkannte sie nicht.“
Die schöne Abischag von Schunem ist Tag und Nacht um den König
herum. Sie legt sich auch mit ihm aufs Bett, aber David ist zu alt, um die
Jungfrau zur Frau zu machen.
Warum suchen zu allen Zeiten alte Menschen sooft die Nähe von jungen
Menschen? Warum fühlen sich junge Menschen bei den ganz Alten oft
besser verstanden und aufgehoben als bei ihren Eltern?
Die Geschichte von Abischag von Schunem und dem alten König David
hat für mich etwas Zärtliches, Liebevolles, aber in einer höchst
zerbrechlichen Weise. Enthält sie in auch das Eingeständnis, wie sehr die
Männer auf Frauen angewiesen sind?
Nach den Siegen und Heldentaten, nach dem Glück und Glanz seines
Lebens erzählt die Bibel vom armseligen Ende seines größten Königs: von
einem alten Mann, der keine Wärme mehr findet. Warum hat man nicht
den Mantel des Schweigens, des Vergessens darüber gedeckt? Von
den Königen und Kaisern der alten Zeit, von den Präsidenten und
Diktatoren unserer Tage werden solche Bilder nicht überliefert. Die
Ägypter haben ihre großen Toten einbalsamiert und mumifiziert, damit sie
ins Reich der Toten wie Lebende reisen konnten. Andere werden im
eigenen Mausoleum zur Schau gestellt wie Lenin oder Mao Tse-Tung.
Warum wollte die Bibel den größten König Israels auch so darstellen, so
hilflos, schwach und am Ende?
Der Psalm 103 trägt die Überschrift: Von David. Darin heißt es: Ein
Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem
Feld; wenn der Wind darüber geht, so ist sie nicht mehr da, und ihre Stelle
kennt sie nicht mehr. Die Gnade des Herrn aber bleibt von Ewigkeit zu
Ewigkeit mit denen, die ihn ehren.
Ein Mensch, das ist jeder Mensch: der König in seinem großen Palast wie
der Bettler auf der Straße. Es gehört zum Glauben Israels, dass nur Einer
wirklich mächtig, nur Einer ewig ist, nämlich Gott. Alles Menschliche, so
groß es in der Welt auch sein mag, steht im Schatten des Todes, dem
Hauch des Nichts ausgesetzt.
Alles kommt von Gott, an Gottes Segen ist alles gelegen. Am Ende
unterliegt die Sünde, auch wenn wir dieses Ende jetzt nicht sehen. Dafür
sorgt Gott, indem er vergibt und versöhnt. Vor Gott geht alles zu Ende,
Gottes Gnade aber bleibt in Ewigkeit. So spricht Israel. Aber gerade wegen
dieses Glaubens kann Israel von der Hoheit Davids und zugleich von der
Schwäche und Gebrechlichkeit Davids erzählen, ohne etwas beschönigen
oder verschweigen zu müssen. Die Bibel erzählt von seiner Großmut und
seinem Wankelmut, von seiner Gewalttätigkeit und seiner Zärtlichkeit, von
seinem Glück und seinem Elend.
Dem König wird am Ende seines Lebens kalt wie dem ärmsten Bettler in
seinem Reich. Schonungslos offen wird über König Davids Ende berichtet.
Das Bild Davids ist das Bild jedes Menschen vor Gott und vor dem Tod.
Wir tragen in uns die Bilder von Jugend, Kraft, Schönheit, Reinheit,
Wohlergehen, Harmonie, Gesundheit, Glück, Erfolg, Vollendung und
ähnlichem. Welchen Sinn hat es, wenn alte Leute wieder wie Kinder
werden, wenn sie die Kontrolle über sich selbst und den Verstand
verlieren? Welchen Sinn hat es, wenn Menschen, die uns nahe stehen,
vorzeitig alt und hinfällig werden, vom Tode gezeichnet. Innerlich wehrt
sich alles in uns dagegen. Wir wollen nicht frieren wie David.
Und doch: So ist es, so wird es sein. Und das alles können wir vor Gott
aussprechen, wie David in den Psalmen, seinen Gedichten. Das alles lässt
uns Menschen vor Gott sein. Menschen vor Gott und Menschen Gottes.
David ist der Mensch in seinen Widersprüchen, voller Gottverlassenheit
und zugleich voller Kraft Gottes.
Die junge Schönheit Abischag von Schunem nimmt David ganz in
Anspruch. Kann er sie überhaupt noch wahrnehmen, ihre Anmut, ihren
Duft, ihre Wärme? Oder ist er innerlich schon auf jener anderen Seite, wo
das Licht der Ewigkeit leuchtet?
Jedenfalls muss er durch den Propheten Nathan und und die Königin
Bathseba erst darauf hingewiesen werden, dass er seine Nachfolge nun
endgültig regeln muss. Bathseba will natürlich eine Regelung zum Vorteil
Salomos, ihres Sohnes. Sie pocht auf ein Versprechen, das keiner außer ihr
gehört hat, das David ihr vielleicht im Liebesrausch gegeben hat.
Davids Sohn Adonia war Kronprinz. Aber David setzte Salomo, den Sohn
Bathsebas, zum Mitregenten und König ein. Und alle Widersacher sollten
politisch entmachtet oder ermordet werden. Da ist sie wieder, nun auf
andere Weise: die Kälte des Königs.
Und Salomo, dessen Regierung man als weise und friedlich bezeichnen
kann, beginnt seine Regentschaft, indem er die alten Rechnungen seines
Vaters David begleicht. "Salomo", das heißt "Friedefürst": diesen Namen
muss er sich erst noch verdienen.
Davids politisches Testament ist voller Groll. Hat ihn das Alter nicht weise
gemacht? Altersweisheit scheint ohnehin zu den seltenen Gaben Gottes zu
gehören. Konnte David, der einerseits voller Gottvertrauen war, es
vielleicht andererseits Gott nicht verzeihen, dass sein größter Traum
unerfüllt blieb: in Jerusalem den Tempel Gottes zu bauen? Wie Mose am
Ende seines Lebens das Gelobte Land nur über die Bergkuppe hinweg
erblicken darf, bleibt für David der heilige Tempel ein Traum!
„Als nun die Zeit herbeikam, dass David sterben sollte, gebot er seinem
Sohn Salomo und sprach: Ich gehe hin den Weg aller Welt. So sei getrost
und sei ein Mann und diene dem Herrn, deinem Gott, dass du wandelst in
seinen Wegen und hältst seine Gesetze, Gebote, Rechte und Ordnungen,
wie geschrieben steht im Gesetz des Mose, damit dir alles gelinge, was du
tust und wohin du dich wendest.“
David weiß: Alles, was ich erreicht und geschaffen habe, alles, was ich nun
in die Hände meines Sohnes übergeben muß, alles wird nur Bestand haben,
solange Gott sein Ja-Wort dazu spricht. Und Salomo wird sein Erbe nur
verteidigen können, wenn er weiß, woher es stammt und wer es segnen
und beschützen muss - und wem er auch dann noch vertrauen darf, wenn
es ihm genommen wird.
Was werden wir unseren Kindern mitgeben, was ihnen sagen, wenn es kalt
wird um uns und in uns, wenn das Leben uns verlässt und der Tod nach
uns greift? Es wird die Mutter der Tochter und der Vater dem Sohn zuletzt
nichts anderes weitersagen und weitergeben können als das, was der König
David am Ende seines prallen Lebens, seines sündigen und heiligen
Lebens dem Salomo vererbt hat: "Sei getrost und sei ein Mensch und diene
Gott."
Geben wir diesen Rat unsern Kindern? Sei immer voller Hoffnung! Werde
ein wahrer Mensch! Bete nur den Herrn an!
Diese Haltung lehrte auch Jesus, den man ja auch Sohn Davids nennt. Als
Satan in der Wüste Jesus versuchte, er solle den Hunger der Menschen mit
Brot stillen, sagte Jesus: Wichtiger ist es, vom Wort Gottes sich zu
ernähren. Als Satan Jesus versuchte, er solle vom Tempel sich
herabstürzen, die Engel würden ihn schon auffangen, sagte Jesus, der
Mensch soll Gott nicht versuchen. Und als der Satan zu Jesus sagt: Bete
den Teufel an, und der Teufel macht die die Erde untertan. Da sagt Jesus:
Du sollst allein den Herrn anbeten!
Jesus erfuhr auch die Kälte der Welt. Die kaltherzigen Menschen brachten
ihn ans Kreuz. Jesus sagte: Meine Seele ist betrübt bis zum Tode! Jesus
schwitzte Blutstropfen aus Todesangst! Jesus schrie am Kreuz: Mein Gott,
mein Gott, warum hast du mich verlassen?!
Aber dieser Jesus will uns wärmen mit einem Wärmestrom der göttlichen
Liebe! Er will uns dahin bringen, dass wir geborgen ruhen an der Brust
Gottes.

Heiligstes Herz Jesu! Lass uns alle bei dir geborgen sein! Amen.

HOHELIED SALOMO MIDRASCH


Abuya hielt es für seine Pflicht, in Kindergärten mit Mühe zu seinem
Geschwätz zu rufen, um die Aufmerksamkeit der Kinder abzulenken von
dem Religionsunterricht und sie zu frivolen Dingen zu führen.

Gewissenhaftigkeit verursacht Sauberkeit, die wiederum zur Reinheit


führt, und Reinheit bringt Heiligkeit, Heiligkeit Sanftmut und diese führt
zur Furcht vor der Sünde, eine Furcht vor der Sünde gebiert Heiligkeit,
und Heiligkeit bringt den Heiligen Geist herbei.

Moses, Aaron und Mirjam starben und ihre Seelen wurden durch Gottes
Kuss aus dem Leib herausgezogen.

Die Nationen der Welt sind in der Annahme, dass Israel nicht gerechtfertigt
ist, weil Israel rebellisch ist, Gott würde sie in eine andere Nation
verwandeln. Es ist, als ob eine schwarze Zofe ihren Meister erwarten sollte
und erwarten, er würde sich von seiner Frau scheiden lassen, weil die
Hand ihrer Herrin hatte schwarz geworden.

"Ich bin schwarz, aber sehr lieblich" (Hohelied 1, 5). So sagt das Haus
Israel: Ich bin meines Wissens schwarz, doch mein Gott hält mich für
schön. Ich bin wirklich schwarz wegen meiner Taten, aber ich bin schön,
wenn die Handlungen meiner Patriarchen mir nicht entfallen. Und in
Ägypten war ich manchmal schwarz und manchmal sehr lieblich. Das
gleiche kann gesagt werden über meine Lage am Roten Meer; auch da war
ich schwarz und schön. Schwarz, wie der Psalmist sagt: "Unsere Väter
haben nicht verstanden deine Wunder in Ägypten, sie erinnerten sich nicht
an deine große Güte, sondern am Meer provozierten sie Gott, am Roten
Meer." (Psalm 106) Aber ich war am Roten Meer schön, als ich sagte: "Er
ist mein Gott, und ich will ihm eine Wohnung bereiten" (Exodus 15).

Das gleiche sagte man vielleicht in Mara, als das Volk gegen Mose murrte
und sagte: „Was sollen wir trinken? " (Exodus 15); aber wir waren noch
schön, als Mose rief zum Herrn, der ihm einen Baum zeigte, der das
Wasser für uns versüßte. Oder in Rephidim, als in Folge unserer Rebellion
der Ort Massa und Meriba genannt ward; aber wir können auch dort schön
genannt werden, als Mose einen Altar gebaut und nannte ihn Adonoi Nissi.
Wir waren schwarz in Horeb, wo das goldene Kalb gemacht wurde, aber
wir sind auch dort schön, wenn wir sagen: "Alles, was der Herr gesagt hat,
wollen wir tun und gehorsam zu sein" (Exodus 24). Wir waren schwarz in
der Wüste: "Wie oft haben sie Gott in der Wüste provoziert?" (Psalm 78),
und doch bin ich nicht frei von Zierde da, wo wir sehen, dass die Wolke
die Wohnung am Tag bedeckt (Numeri 9). Außerdem bin ich in der
Geschichte der Spione sicher schwarz, als sie einen schlechten Bericht
gebracht (Numeri 13), aber es ist meine Zierde in Josua und Kaleb. Ich bin
wahrlich schwarz in Shittim (Numeri 25), doch gibt es meine Zierde in
Phineas. Wenn ich schwarz gemacht bin von Achan (Josua 7), bin ich von
Josua lieblich gemacht. Die Könige von Israel machte mich schwarz, aber
die Könige von Juda machten mich schön. Und obwohl ich eine Mischung
aus Schwärze und Anmut durch alle diese aufgezählten Ereignisse und
Bedingungen der Dinge bin, bin ich vollkommen schön in meinen
Propheten.

Welche Weisheit trägt die höchste Krone, sieht die Sanftmut an als ihre
bloße Sandale.
Schau nicht auf eine Parabel oder ein Gleichnis leichtfertig, denn einige
schwierige Passagen der Heiligen Schrift können durch sie erklärt werden;
so wie man etwas verloren an einem dunklen Ort, mit Hilfe einer Kerze
finden kann.

Der Weihe-Psalm 30 war eigentlich Salomos Zusammenstellung, obwohl


sie Davids Namen trägt.

Die Tora wurde verglichen mit Wein, Wasser, Öl, Honig und Milch. So wie
wir Wasser auf der Erdoberfläche finden, so haben wir die Tora gefunden;
Wasser wird nie auf dieser Erde aufhören, so wird euch Gottes Gesetz
nicht aufhören. Das Wasser kommt vom Himmel, und die Thora vom
Himmel. Es ist ein Geräusch, wenn das Wasser steigt, und die Tora stammt
mitten aus dem Donner. Wasser befriedigt die durstige Seele; so beflügeln
die Tora die wissensdurstige. Wasser reinigt Verunreinigungen, und das
Gesetz Gottes tut das gleiche. Wasser in Tropfen herab kommend kann
einen Fluss bilden; so dass, wenn ein Mann die Tora Stück für Stück
erwirbt, kann er schließlich ein großer Gelehrter werden. Wasser, es sei
denn, dass man durstig ist, kann nicht mit jedem Grad der Freude
getrunken werden; in gleicher Weise, wenn man nicht ein Verlangen nach
der Tora hat, ihr Studium, wenn erzwungen, wird eine Last. Wasser läuft
aus Höhen und versucht, die unteren Teile der Erde zu füllen; so wird die
Tora nicht bei dem stolzen Menschen bleiben, sondern die Niedrigen sucht
sie auf. Wasser wird nicht in goldenen oder silbernen Gefäße gehalten,
sondern wird am besten gehütete in Steingut; so wird die Tora nicht vom
Zornigen bewahrt, sondern von den Sanftmütigen des Geistes. Ein Mann
der Unterscheidung wird denken, dass es nicht unter seiner Würde ist,
Wasser von dem gemeinsten Individuum zu fordern, dass jemand zu groß
ist, die Gabe von der unbedeutendsten Person zu verachten. Man kann in
Wasser ertrinken, wenn man nicht schwimmen kann; so, wenn man nicht
über eine gründliche Kenntnis der Tora und all ihrer Bedeutungen verfügt,
kann man darin ertrinken. Es kann aber gesagt werden, dass Wasser
abgestanden ist, wenn es eine Zeit lang in einem Behälter gehalten wird,
und dass dies auch für die Tora gelte. Denke daran, dass es deshalb auch
dem Wein verglichen wird, der mit dem Alter besser wird. Wieder Wasser,
lässt es doch auf den Blättern keine Spur, die es schmeckt, und das gleiche
könnte man sagen, ist die Sache mit der Tora. Aber auch hier müssen wir
an den Vergleich der Tora mit dem Wein erinnern. Wie Wein einen
sichtbaren Effekt auf den hat, der ihn trinkt, so der fleißige Mann ist auf
einmal bekannt, wenn man ihn anschaut. Über Wasser freut sich nicht das
Herz, und es könnte geschlossen werden, dass das Gleiches gilt für die
Tora; daher wird sie dem Wein verglichen, da beim Wein das Herz jubelt.
Doch Wein ist manchmal schädlich; nicht so die Tora, die mit Öl
verglichen wird. Wie das Salböl jedem Teil des menschlichen Körpers gut
tut, so ist die Tora eine Salbung seinem Besitzer. Aber Öl hat wieder einen
bitteren Geschmack, bevor es gereinigt wird; dies ist also ebenso wahr bei
der Tora? Nein, denn die Tora wird verglichen mit Milch und Honig, von
denen jedes einen angenehmen Geschmack hat, während, wenn sie
gemischt werden, sie heilende Eigenschaften sowie Süße haben.

Israel wird mit Öl verglichen. Wie Beeren nicht ihre Öl geben außer wenn
sie zerkleinert werden, so wird Israel seine Größe nur unter dem Druck der
Verfolgung zeigen. Wie Öl sich nicht mit anderen Flüssigkeiten mischen
wird, so wird Israel nicht andere Nationen assimilieren. Öl sprudeln nicht;
so ist Israel in der Rede bescheiden. Wenn ein Tropfen Wasser in ein Gefäß
voller Öl getan wird, wird ein Tropfen Öl herausfallen; so, wenn ein Atom
von Torheit in das Herz eines Weisen gelegt wird, wird ein Atom seines
Wissens verloren gehen. Öl bringt Licht; so ist Israel das Licht der Welt
(Jesaja 60). Öl hat kein Echo, noch hat Israel ein Echo in dieser Welt.

Jeder, der einen anderen unter die Flügeln des Shechinah bringt, man kann
sagen, dass er ihn geschaffen habe. So hieß es in Bezug auf Abraham und
Sarah, "die Seelen, die sie in Haran geschaffen haben" (Genesis 12) wegen
der Seelen, die sie von Abgötterei abgebracht und zur Erkenntnis Gottes
gebracht haben.

Die Israeliten wurden gefragt, was die Sicherheit sei, die sie anbieten
könnten, dass die Tora zu ihnen anvertraut wurde, sie strikt einzuhalten.
Alle dargebotene Sicherheit, wie die Patriarchen, wurde abgelehnt; aber
wenn sie ihre Kinder erwähnten als Sicherheit, wurde dies akzeptiert.
Daher wird der Prophet eingeladen, ihnen zu sagen: „Du hast die Tora
deines Gottes vergessen, so werde ich auch deine Kinder vergessen"
(Hosea 4).

Aus der Sicht der religiösen Einhaltung kann man sagen, dass die Armut
ein Jude wird; in Armut ist ein frommer Jude. Rabbi Akiba pflegte zu
sagen, die Armut wird ein Jude wie ein roter Zügel ein weißes Pferd wird.
König Salomons Geist kann einem verborgenen Schatz verglichen werden,
von dessen Existenz niemand wusste, bis ein Experte auf die Stelle
hingewiesen und ihren Inhalt. Er war ein sehr brillanter Kopf,
schlummernd, bis er von oben inspiriert wurde, und dann wurde er ein
wahres Licht der Tora in seiner Darstellung, von Prosa, Poesie und
Gleichnissen, mit vielen dunklen Stellen.

Israel ist gerechtfertigt, um Gottes besonderen Schutz zu plädieren, da


gleichzeitig mit Gottes Werk in seinem Namen das Licht der Erkenntnis
Gottes herbeigeführt wird. Die Erlösung aus Ägypten hatte den Effekt,
dass Jethro, Rahab und andere wurden unter die Flügel des Shechinah
gebracht. Die Wunder, gewirkt im Auftrag von Hananja, Misael und
Asarja, brachte auch eine große Anzahl von Proselyten zum Judentum.

Rabbi Simeon ben Jochuah machte einen Punkt der Zuneigung zwischen
Mann und Frau fest. Ein Mann kam zu ihm einmal von Sidon und bat ihn,
ihm die Scheidung von seiner Frau zu gewähren, weil seine zehn Jahre
Eheglück ihm keine Nachkommen gebracht hatten. Der weise Rabbi, der
die Impulsivität im Charakter des Menschen lesen konnte, sagte ihm, er
solle nach Hause gehen und eine Art von einem Fest zum Gedenken an das
kommende Ereignis machen. „Ich sehe keinen Grund“, sagte er, „warum
eine Scheidung nicht in irgendeiner Weise ähnlich wie der Ehebund
gefeiert werden sollte.“ Der Mann, in Erwartung seiner Annäherung an die
Freiheit, war richtig froh über die Gelegenheit, fröhlich zu feiern, und gab
ein Bankett; und als seine Frau in guter Laune war, sagte der Mann:
„Siehe, ich bin bereit, dir das Wertvollste, was in meinem Haus ist, zu
geben, wenn du kein Hindernis unserer Scheidung entgegensetzt, und
kehrst zum Haus deines Vaters zurück.“ Als nach dem Bankett er in einen
tiefen Schlaf fiel, nahm sie ihre Diener, ihn zum Hause ihres Vaters zu
tragen, wohin sie ging. Beim Erwachen sich im Haus des Mannes findend,
mit dem er seine Beziehung schon trennen wollte, fragte er seine Frau, die
an seiner Seite war, was all das zu bedeuten habe. „Ich habe nichts gegen
deinen ausdrücklichen Wunsch getan“, sagte seine Ehefrau, denn es war
doch am letzten Abend, dass du mit angeboten das Kostbarste, was in
deinem Haus war.“ Der Mann war sehr von dieser Manifestation der
wahren Zuneigung von Seiten seiner Frau berührt, und als er wieder
erschien vor dem Rabbi am folgenden Tag, konnte der schlaue Weise ein
Lächeln nicht verbergen, als er den Mann fragte, was er für ihn tun könne.
„Meine Frau und ich sind gekommen, um deine Gebete in unserem Namen
zu bitten, so dass der Herr uns einen Erben oder eine Erbin gewähre.“ Der
gute Mann betete, Gott möge ihnen ihren Wunsch gewähren, wenn es in
seiner Weisheit für sie gut sei, und das Paar blieb nicht kinderlos.

Ben Asai war in einem tiefen Studium, und denen, die um ihn waren,
schien es, als ob er in der Mitte einer Flamme sitze. Sie sagten Rabbi
Akiba davon, der zu ihm ging und fragte ihn, ob er irgendwelche
Geheimnisse studiere. „Nicht im geringsten“, sagte Ben Asai, „ich war auf
der Suche nach dem Pentateuch, den Propheten und der Hagiographie, und
freute mich über ihren Inhalt, als ob ich einer von denen gewesen sei, die
die Tora am Fuße des Sinai empfangen hatten, als Gott sein Wort in der
Mitte des Feuers ausgerufen.“

Der Tag, an dem Necha, die Tochter des Pharao, mit Salomon verheiratet
wurde, war von dem Erzengel Michael festgelegt.

Als Jerobeam die beiden goldenen Kälber aufgestellt, versuchten sie


ebenfalls zwei Hütten in Rom zu errichten, aber sie fielen so oft um, wie
sie aufgestellt wurden. Es war in der Nähe eines alten Mannes, mit dem
Namen Abbe Kolon, dem die Erbauer gesagt hatten, dass, wenn Wasser
aus dem Fluss Euphrat gebracht würde und mit Kalk gemischt, würde das
Gebäude dort stehen, und er bot sich an, das Wasser aus dem Euphrat zu
holen. Er nahm große Fässer, und wie ein Weinhändler machte er sein
Geschäft ohne Widerstand des Stroms Euphrat, wo er seine Fässer mit
Wasser dieses Flusses gefüllt und nach Rom zurückkehrte. Das Wasser, das
mit Kalk und Sand vermischt wurde, hat die Häuser erfolgreich errichtet.

Jakob ging nach Beerscheba zum Zwecke des Abhauens der Haine, die
Abraham dort gepflanzt hatte. Als auf dem Totenbett Jakob vom Heiligen
Geist inspiriert wurde, erzählte er, dass die Shechinah unter seinen
Nachkommen wohnen würde, wenn sie in ihr Vaterland zurückkehren. Der
mittlere Strahl des Mishkan war von einem Ende zum anderen gelangt und
maß zweiunddreißig Ellen und wurde von dem Holz gemacht, das Jakob in
Beerscheba abgehauen hatte. Die Israeliten hatten dieses Holz mit sich
nach Ägypten getragen und einiges während ihrer Gefangenschaft
bewahrt. Anschließend nahmen sie dieses Holz mit beim Exodus. So haben
wir es gesagt: „Und jeder Mann brachte das Akazienholz für die Arbeit des
Dienstes mit.“
Früher wurde das Lernen gesucht, aber jetzt sind wir alle geistig krank
geworden, wir sind zierlich geworden, und nur leichte Lektüre wählen wir
oder was wir tröstlich finden und betrachten nur vielversprechende Worte.
So ein Mann in einer robusten Gesundheit nicht sein Essen wählt, aber
wenn er weniger robust ist, muss er leichte Häppchen haben, die seinen
Appetit reizen.

Israel im Exodus hat sich gut von einer Krankheit erholt und kann einem
Prinzen verglichen werden. Als sein Lehrer ihm das Studium nahelegte,
entschied der König, seinem Sohn einige Zeit nach seiner Genesung zu
ermöglichen, seine Kraft zu erholen, bevor er zu lesen beginnt. Israel hat
sich nicht auf einmal von den Leiden erholt, die er in Ägypten erlitten, und
sein Vater im Himmel hatte beschlossen, ihm eine Ruhe von drei Monaten
zu gewähren, und fütterte ihn mit Manna und Wachteln, bevor er sich
seiner Schule näherte, dem Sinai, Unterricht zu erhalten.

Nebukadnezar war in der Tat der sprichwörtliche Sturm von Norden


kommend, und fegte alles hinweg, bevor er im Süden ankam.

Der Schlaf ist am angenehmsten und vorteilhaftesten in der ersten Hälfte


der Nacht.

In der Plage des Hagels, die auf Ägypten geschickt wurde, waren es zwei
miteinander vermischte gegenüberliegende Elemente. Es gab Hagel und
Feuer vermischt mit Hagel (Exodus 9). Es ist wie eines Königs Urteil über
verschiedene Nationalitäten, die Feinde miteinander sind, und die
Legionen des Königs gegen einen Feind schickt ihre Opposition, zu
begraben und vereint für des Königs Sache zu kämpfen.

Ein Prediger muss mit allen Büchern der Bibel gut vertraut sein. Wenn er
in der Erkenntnis eines dieser Bücher mangelhaft ist, ist es so schlimm,
wie wenn er keine Bekanntschaft mit einem von ihnen hatte. Er muss
sanftmütig und sogar bescheiden sein; jede Handlung seines Lebens sollte
seinen Wert bezeugen, und obendrein, wenn seinen Zuhörern nicht seine
Predigt gefällt, ist davon Abstand zu nehmen.

Die Psalmen wurden von zehn Personen zusammen geschrieben: Adam,


Abraham, Moses, David, Salomon, Assaf, Heman, Jedutun, Korahs Söhne
und Ezra. Aber obwohl sie von zehn verschiedenen Personen
zusammengesetzt waren, Davids Name allein ist mit ihnen verbunden. Es
ist wie ein Unternehmen von Musikern, die vor einem König erscheinen,
und er sagt: „Auch wenn ihr viele seid, jeder von euch effizient in eurer
Kunst, aber ich möchte das der mit der süßesten Stimme vor mir singt.“

Der Sanhedrin wurden durch die Bezeichnung bekannt: „Die Augen der
Gemeinde.“

Während des Bestehens des Tempels gab es viele böse Menschen wie Ahas
und seine Anhänger, Manasse und seine Mitarbeiter, und Amon und seine
Begleiter. Im Gegenteil, als der Tempel zerstört wurde, die Menschen, die
guten Männer auffällig waren, wie Daniel und seine Mitarbeiter in der
Gerechtigkeit, Mordekai und seine Anhänger, und Esra und sein Volk.

Sei nicht wie ein Dummkopf, der vom Studium abgeschreckt wird, indem
er denkt: „Wie kann ich die gewaltige Aufgabe des Erwerbs leisten von
allem, was gerecht ist, es mir bekannt zu machen?“ Argumentiere vielmehr
wie ein kluger Mann: „Andere haben es getan, so kann es geschehen.“
Versuche ein wenig am Tag und ein wenig in der Nacht, und im Laufe der
Zeit wird deine Aufgabe erreicht werden.

Die Tora oder Weisheit erhöht, und der Verstand wird schärfer durch
angemessene Untersuchung, und jede schwierige Angelegenheit, den
Gelehrten vorgelegt, wird eine Lösung finden; als eine Struktur
zufriedenstellend durch geschickte Arbeiter, wo jeder beiträgt seine
Fähigkeiten.

Der zweite Tempel wurde der folgenden vier Segnungen beraubt, die der
erste Tempel genossen hatte: Das Feuer, das nach auf den Altar herab vom
Himmel gekommen. Das Salböl. Die Bundeslade. Der Heilige Geist.

Mit dem Tod der drei letzten der letzteren Propheten, nämlich Haggai,
Sacharja und Maleachi, der Heilige Geist (der Prophezeiung) hat
aufgehört, aber die Verwendung wurde zum Echo. Einmal bei der
Versammlung der Weisen in Jericho hörten sie das Echo ausrufen: „Es gibt
einen unter euch, der gut begabt vom Heiligen Geist ist, aber leider die
heutige Generation ist unwürdig seiner.“ Sie dachten an Hillel. Bei seinem
Tod beklagten sie ihn mit den Worten: „Oh, der heilige Mann, der
sanftmütige Mann, der Schüler von Ezra.“

CHRISTLICHE FREIHEIT

Christen dürfen nichts. Die Kirche verbietet alles. Gott sagt immer nur: Du
sollst nicht…! Vor allem sagt Gott: Du sollst nicht begehren! Gott ist ein
Spielverderber, Gott ist eine Spaßbremse! Christen können das Leben nicht
genießen! Christen wissen nicht, wie verdammt gut der Sex mit möglichst
vielen ist! Christinnen sind nie hübsch gekleidet! Christen sind prüde!
Christen sind langweilig, laufen immer mit einer Leiden-Christi-Miene
herum! Ohne Gott sind wir frei, aber die Christen sind Sklaven Gottes.

Die Kommunisten riefen: Freiheit für die unterdrückten Arbeitermassen!


Die Christdemokraten riefen: Freiheit und Gerechtigkeit!! Die
französischen Revolutionäre riefen: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!
Die deutsche Nationalhymne feiert: Einigkeit und Recht und Freiheit! Die
Feministinnen rufen: Freiheit von Kindern, Küche und Kirche, Freiheit
von der patriarchalischen Ehe! Die Esoteriker rufen: Freiheit von Gottes
Geboten, sondern tu was du willst! Die Achtundsechziger Revolutionäre
riefen: Freie Liebe! Wer zweimal mit der gleichen pennt, gehört schon zum
Establishment!

Allgemein versteht die gottlose Welt unter Freiheit also, dass jeder tun und
lassen kann, was er will. Jeder Mensch ist sein eigener Gesetzgeber und
definiert, was für ihn gut und böse ist. Jeder sucht sich seine Wahrheit. Das
ist deine Wahrheit, nicht meine! Jeder sucht sich im Supermarkt der
Religionen sein persönliches Wunschpaket Religion zusammen. Es darf
keine absolute Wahrheit geben. Es darf keinen göttlichen Gesetzgeber
geben. Es soll keinen Herrn geben. So wiederholt sich, was im Garten
Eden passierte: Eva hörte auf den Teufel und pflückte die Feige vom Baum
der Erkenntnis von gut und böse, das heißt, der Mensch will selber
definieren, was gut und was böse ist. In einer deutschen Liebeskomödie
gab es folgende Szene: Eine zwanzigjährige Frau wollte sich in der Kirche
taufen lassen, um einen Christen heiraten zu können. Die Großmutter, eine
Altachtundsechzigerin, wollte das unbedingt verhindern und sagte: Du
kannst doch deine Seele nicht dem Teufel verkaufen! Du ahnst ja gar nicht,
wie verdammt gut der Sex im Ehebruch ist! So wird Gut und Böse neu
definiert.

In der Französischen Revolution verstand man unter Freiheit: Freiheit von


Thron und Altar! Nicht der König und die Kirche sollten das Sagen haben,
sondern das Volk. Nun haben wir die freiheitlich-demokratische
Grundordnung. Ist das Volk nun frei? Haben vielleicht die Marxisten doch
recht, die von einer Diktatur des Kapitals sprechen? Oder gibt es eigentlich
wahre Meinungsfreiheit oder vielleicht eine Mediendiktatur? Erlaubt ist,
was politisch korrekt ist. Man sagt: Die Mehrheit entscheidet über die
Wahrheit! Was, wenn die Mehrheit dafür stimmt, Gottes Gebote
abzuschaffen? Es gibt das Sprichwort: Ich und Gott – das ist schon die
Mehrheit! Freiheit von der Sklaverei, Emanzipation! Das sind schöne
Worte, aber was ist mit dem Menschenhandel, mit den Sexsklavinnen, mit
den Kindersoldaten, mit den Arbeitssklaven! Und sind die heutigen Kinder
und Jugendlichen frei? Oder sind sie vielleicht schon Sklaven der Technik?
Hat vielleicht die Technokratie die Macht übernommen und wir sind alle
Sklaven von intelligenten Robotern?

Was sagen die Philosophen zur Freiheit? Immanuel Kant war ein großer
Aufklärer. Von ihm stammt das Gebot: Was du nicht willst das man dir tu,
das füg auch keinem andern zu. Er meinte, ein Mensch ist erst dann frei,
wenn er nicht mehr Sklave seiner Triebe und Launen ist, sondern wenn er
frei ist, gut und vernünftig zu handeln, wenn er frei ist, zum Wohl aller
Menschen zu handeln. Sind wir schon so frei? Oder sind wir noch Sklaven
unserer Triebe und Begierden? Sind wir Sklaven unserer Launen? Oder
sind wir überhaupt Herr und Herrin im eigenen Haus? Der Philosoph
Fichte meinte, das Ich ist absolut frei, alles andere ist nur das Nicht-Ich.
Denkt nicht so die Welt? Mein Ich ist ein absoluter Monarch, und der Rest
der Welt ist eben nur Nicht-Ich! Oder wie Napoleon dachte: Ich bin die
Eins und die Andern sind die Nullen hinter mir! Ich bin mir selbst mein
eigener Kaiser und Papst! Es geht um die Entscheidung: Bin ich Gott oder
ist Gott Gott? Und Friedrich Nietzsche forderte die Freiheit von der
jüdischen Sklavenmoral, von der christlichen Hundedemut! Er wollte die
Gesetzestafeln vom Sinai zerbrechen und ein neues Gesetz aufstellen. Der
arische Übermensch gibt sich sein eigenes Gesetz. Hat vielleicht Adolf
Hitler diese Philosophie in die Tat umgesetzt? Wer ist Gott? Der König der
Juden oder Adolf Hitler?

Ähnlich verhält es sich mit der juristischen Auffassung von Freiheit. Hier
wird Freiheit als Freiraum verstanden, den jeder Mensch hat und in dem er
so leben kann, wie er es für richtig hält. Da jedoch auch Andere diesen
Freiraum haben, findet die eigene Freiheit ihre Grenze da, wo der
Freiraum des Anderen beginnt. Es wird deutlich, dass Freiheit nicht – wie
so oft angenommen und auch praktiziert – Beliebigkeit oder Egoismus
bedeutet. Es geht eher darum, einer praktischen Vernunft zu entsprechen
und die Würde und Freiheit anderer Menschen zu achten.

In der Welt denkt man: Das Christentum ist eine Religion der Gesetze, der
Verbote. Alles was Spaß macht, ist entweder verboten oder macht dick.
Man denk, das Christentum ist gegen Lebensfreude, gegen Lebenslust und
Genuss am Leben. Und sind wir solche Christen? Haben wir immer eine
Moral für jeden parat: Dies sollst du nicht, das sollst du nicht? Verneinen
wir das Leben? Oder können wir uns freuen? Haben wir den Geist der
Freiheit? Hat uns die Wahrheit frei gemacht? Haben wir Barmherzigkeit
erfahren und sind wir selbst barmherzig? Ist für uns das Christentum eine
Religion der Befreiung, der Freiheit?t

Das wichtigste Ereignis im Alten Testament ist die Befreiung der Kinder
Israels aus der Sklaverei in Ägypten. Gott befreit sein Volk. Gott ist ein
befreiender Gott, ein Gott der Freiheit! Gott selbst ist ja absolut frei. Gott
ist selbst Freiheit! Und seine Kinder sollen Anteil haben an Gottes
Freiheit! Aber dazu müssen wir uns binden an Gott, um Gottes Freiheit zu
erreichen. Es gibt nämlich keine Freiheit ohne Bindung. Die Welt
verwechselt Freiheit mit Bindungslosigkeit. Aber entweder bist du Sklave
in Ägypten, das heißt, Sklave deines Egoismus, Sklave der Sünde, Sklave
des Zeitgeistes, Sklave des Teufels, Sklave des ewigen Todes, oder du
bindest dich an Gott und hast Anteil an Gottes Freiheit, dann wirst du frei
vom Ego, frei von der Sünde, frei vom Teufel, frei vom Tod, dann bist du
von Gott in die Freiheit geführt, um den Gott der Freiheit anzubeten, um
einzutreten in Gottes Freiheit. Dann bist du frei, zu lieben, frei für das
Gute, frei für die Wahrheit, frei für den Geist Gottes, frei für den Himmel
und das ewige Leben.

Im Neuen Testament heißt es: Die Wahrheit wird euch frei machen. Wo der
Geist weht, da ist Freiheit. Ihr seid berufen zur herrlichen Freiheit Gottes.
Drei Kräfte versklaven den Menschen: Das Fleisch (also der nur-
menschliche Egoismus), die Sünde (deren Strafe der Tod ist) und der
Teufel, der uns mit sich in die Hölle reißen möchte. Von Fleisch und Sünde
und Teufel hat uns Christus am Kreuz befreit. Er hat selbst das Fleisch des
Menschen angezogen, er hat alle Sünden auf sich genommen und den Tod
und die Hölle erlitten, für uns, an unsrer Stelle, stellvertretend. Dann ist er
auferstanden als Sieger über Fleisch und Sünde und Welt und Tod und
Teufel. Wir müssen uns an seinen Rockzipfel klammern, dann zieht er uns
in das Himmelreich, in das Reich der Freiheit Gottes.

10

Zwei Beispiele, was Freiheit der Kinder Gottes bedeuten kann: Dietrich
Bonhoeffer war unter den Nazis im Gefängnis. Aber er versklavte sich
nicht dem teuflischen Tyrannen Hitler. Auch als er mit dem Tode bedroht
wurde, hielt er an der Liebe zu Gott fest. Er wusste, der Tod ist für ihn nur
der Beginn eines neuen schöneren Lebens. Und der polnische katholische
Priester Maximilian Kolbe war im KZ Auschwitz. Ein jüdischer
Familienvater hatte versucht zu fliehen, war gefangen worden und zum
Hungertod verurteilt worden. Maximilian Kolbe bot sich an: Wenn ihr den
Familienvater leben lasst, bin ich bereit für ihn in den Tod zu gehen. Und
Maximilian Kolbe wurde totgespritzt. Der jüdische Familienvater
überlebte das KZ und war später in Rom bei der Heiligsprechung
Maximilian Kolbes anwesend.

GUAN YIN ODER DIE GÖTTIN DER BARMHERZIGKEIT

Einmal fragte man mich, ob ich die Guan Yin kenne. Ja, sagte ich, Guan
Yin ist die chinesische Göttin der Barmherzigkeit. Sie thront auf einer
Lotosblume und ist neben Buddha eine der wichtigsten Gottheiten Chinas.
Sie wird oft mit der allerheiligsten Jungfrau Maria, der Mutter der
Barmherzigkeit im Christentum verglichen.
Die Göttin war ursprünglich eine junge schöne Prinzessin, die von ihrem
hartherzigen Vater verstoßen worden war. Ich will hier kurz ihre Legende
erzählen.
Der Regent des nördlichen Königreichs hieß Chuang Wan. Er hatte drei
Töchter. Seine jüngste und schönste Tochter war Miao Shan. Der Vater
wollte sie gewinnbringend verheiraten, aber die Tochter wollte Jungfrau
für das Himmelreich bleiben. Das machte den kalten Vater sehr wütend.
Sie aber beschloss, ins Kloster der weißen Taube einzutreten und dort als
Nonne ein Leben der Meditation zu leben. Da befahl der Vater der Äbtissin
des Klosters, die junge Novizin nur niedrigste Arbeiten verrichten zu
lassen und sie so lange zu demütigen, bis sie in ihr Vaterhaus zurückkehre
und in eine Heirat einwillige. Miao Shan aber ertrug alle Demütigen
geduldig und opferte ihre Leiden dem Himmel auf. Da schickte der
grausame Vater einen Mann, der Miao Shan mit einem Dolch erstechen
sollte. Der Dolch aber konnte die Heilige nicht töten. Darauf kam der Vater
selbst und erstickte seine Tochter nachts im Schlaf mit einem Kissen.
Da kam die Seele der Heiligen in das Totenreich. Der General des
Totenreichs aber erkannte ihre Heiligkeit und ließ sie auferstehen aus den
Toten. Auf einer weißen Lotosblüte wandelte sie über das Meer zu einer
Insel, wo sie als Göttin des südlichen Meeres den Kranken beistand, die
Sterbenden tröstete, die Armen unterstützte und den kleinen Kindern
mütterliche Liebe schenkte.
Eines Tages erfuhr sie, dass ihr alter Vater erblindet war und er nur wieder
sehend werden könnte, wenn ihm ein Mensch ein Auge aufopferte. Die
barmherzige Göttin opferte eines ihrer beiden Augen, und der Vater wurde
wieder sehend. Sie hatte dem Vater bewiesen, dass sie ihm vergeben hatte.
Daraufhin bekehrte sich der Vater in seiner Todesstunde und betete für
seine Tochter. Der Vater Himmel schenkt der Heiligen ein neues Auge und
eine vollkommene Einsicht und viele himmlische Visionen. Die Menschen
in China verehrten die Heilige als Göttin der Barmherzigkeit, opferten ihr
Weihrauch und flehten sie um Kindersegen an.

Guan Yin im im chinesischen Buddhismus die Göttin der Barmherzigkeit.


Zu Lebzeiten war sie die dritte Tochter eines Königs und trug den Namen
Miao-shan. Ihre Eltern hatten sich eigentlich einen Sohn gewünscht.
Stattdessen bekamen sie eine Tochter. Und dieses Mädchen verweigerte
ihrem Vater den Gehorsam, denn er wollte sie verheiratet sehen, aber sie
wollte jungfräuliche Nonne sein.
Ihr Vater sperrte sie nackt und ohne Essen und Trinken ein. Später, als sie
Nonne geworden war, bewegte der Vater die rigorose Äbtissin des
Klosters, Miao-shan nur die allerniedrigsten und allerschwersten Arbeiten
aufzuerlegen. Auch sandte der Vater Männer, die das Kloster ausraubten
und niederbrannten. Aber nichts brachte Miao-shan von ihrem Weg ab. Sie
beklagte sich nicht einmal, sondern ertrug alles geduldig und sorgte sich
nur um ein reines Herz.
Schließlich wurde der Vater zornig. Gehorsamkeit gegenüber dem Vater
war ja das Ideal des Konfuzius. So sandte der Vater Soldaten, die seine
Tochter ermorden sollten. Als Miao-shan die Mörder kommen sah, freute
sie sich: Nun darf ich in den Himmel kommen!
Und so wurde die Jungfrau von ihrem Vater ermordet. In der Stunde ihres
Todes schickte der göttliche Jadekaiser des Himmels einen Heiligen in
Gestalt eines Tigers zur Erde. Der trug den leblosen Körper Miao-shans in
einen dunklen Wald und begrub ihn dort. Ihre unsterbliche Seele schwebte
in das Totenreich. Aber weil die Jungfrau so keusch und heilig gelebt hatte
und weil ihr Herz so rein war, strahlte ihre Seele und verwandelte das
Totenreich in ein blühendes Paradies.
Miao-shans makellose Seele erlöste einige Seelen aus dem Totenreich.
Darüber war der Fürst des Totenreichs zornig, und so fleht er den heiligen
Buddha an, die Jungfrau aus dem Totenreich zu erheben. Gott der
Allerhöchste versetzte daraufhin Miao-shan nach Putuo auf der Insel
Zhou-shan. Dort bekam ihre unsterbliche Seele den verklärten Leib
zurück. Den Rest ihres Lebens verbrachte sie in der Kontemplation.
Durch die Kontemplation wurde sie zur Visionärin und Wundertäterin. Als
sie in einer Vision erkannte, dass ihr Vater erkrankt war und in
Lebensgefahr schwebte, rettete sie seine Seele. Ihr Vater bekehrte sich im
Angesicht des Todes.
Der neue Name, den Miso-shan empfangen hatte, war Guan Yin, das
bedeutet: Die hernieder schaut und die Schreie der Welt hört. Man gab ihr
den Titel Göttin der Barmherzigkeit.
Ihr Glaube war felsenfest, ihr Leben war heilig, ihr Leib war keusch, ihr
Herz war rein. Sie war voller Güte, Liebe und Mitgefühl. Sie wich vom
wahren Weg weder nach links noch nach rechts ab. Emotionen wie Trauer
konnten ihr den Glauben nicht rauben. Ihrem schlimmsten Feind, ihrem
eigenen Vater, hatte sie vergeben.

Guan Yin ist eine heilige Meisterin. Sie ist die Göttin der Gnade, der
Barmherzigkeit und des Mitleids. Diese wunderbare, sanfte Kraft der
Barmherzigkeit wird dem zuteil, der über Guan Yin meditiert. Die Bilder
der Guan Yin als eine makellosen Jungfrau mit einem Kindlein auf den
Armen sind Nachahmungen der ältesten chinesischen Bilder der Jungfrau
Maria mit dem göttlichen Kind, denn Maria ist die Mutter der
Barmherzigkeit.
Guan Yin war die Tochter eines chinesischen Königs. Sie wurde erzogen,
im Reichtum und Überfluss zu leben. Sie aber ward von der
Barmherzigkeit verwandelt, so dass sie die Obdachlosen ernährte, den
Bettlern zu essen gab, den Kranken und Sterbenden hilfreich und trostreich
zur Seite stand, zum armen Volk als Wohltäterin ging und den Kindern der
Armen und den Waisenkindern mütterliche Liebe schenkte. Sie lebte
tausend Jahre auf Erden und arbeitete an ihrer Heiligung.
Das ist auch die Gnadengabe der Guan Yin, dass wir als ihre Verehrer
selbst barmherzig werden und Liebe zu allen Menschen üben, besonders
aber zu den Armen, Kranken, Sterbenden und ungeliebten Kindern, dazu
auch zu den unvernünftigen Geschöpfen. So deckt unsere Barmherzigkeit
und Liebe die Menge unserer Sünden, so kann uns die Barmherzigkeit ins
Nirvana aufnehmen, wo wir verschmelzen mit dem Ozean der
Barmherzigkeit und mit Guan Yin eins werden.
Guan Yin ist der Bodhisattva der Barmherzigkeit. Zwar ist sie erleuchtet,
aber sie ist noch nicht ins Nirvana eingegangen, noch nicht erloschen im
Ungewordenen, denn ihr Wille ist es, allen Elenden und Erbärmlichen auf
Erden mütterliche Barmherzigkeit und Trost zu bringen und alle Wesen auf
den Weg der Erlösung zu führen. Darin besteht ihr Mitleid mit allen
Kreaturen, nicht allein den vernünftigen, sondern auch den
unvernünftigen.
Was aber lehrt die Göttin der Barmherzigkeit? Sie lehrt uns, dass Geben
seliger ist als Nehmen, sie lehrt uns selbstlose Liebe, schenkende Liebe,
sie lehrt uns, allen Menschen, die uns verletzt haben, zu verzeihen, und
barmherzig zu sein mit allem Lebendigen.
Guan Yin als heilige Meisterin hat das Elend im irdischen Jammertal voll
ausgekostet, sie weiß um unsere Schmerzen. Aber sie hatte es gelernt, im
Tao zu sein. Sie wird uns als Geschenk Barmherzigkeit geben, so dass wir
in jedem Menschen einen Funken vom göttlichen Licht erkennen, selbst
wenn die Menschen nicht im Licht, sondern in der Finsternis leben.
Also, was betrübst du dich, meine Seele und bist so verletzt in mir? Singe
das Mantra der Guan Yin im heiligen Chant und die Göttin der
Barmherzigkeit wird deine Seele mit dem Schleier der Barmherzigkeit
umgeben. Das ist die Verheißung der Mutter der Bvarmherzigkeit an die
ganze zerrissene Menschheitsfamilie.
Guan Yin trägt die Perlenschnur der Erleuchtung, den Rosenkranz ihres
Mantras. In der Hand hält sie den heiligen Kelch mit dem lebendigen
Wasser des Geistes, da unseren Seelen Heilung und Harmonie spendet. Sie
steht auf einem Drachen, denn sie überwindet das Chaos in uns und bringt
Licht in die dunkle Nacht unserer Seele.
Guan Yin erwartet unsere Liebe und Huldigung. Sie will in den heiligen
Riten verehrt sein. Ihre besondere Fürsorge gilt den schwangeren Frauen
und den ungeborenen Kindern. Junge Frauen, die sich ein Kind wünschen,
mögen Guan Yin um ihre Gnade und ihren Segen bitten.

Guan Yin ist eine Meisterin des göttlichen Lichts. Sie wird auch Göttin
genannt. Sie wird in China sehr verehrt und ist der Gottesmutter Maria
seelenverwandt. Frauen haben oft das Bedürfnis, sich an eine himmlische
Frau zu wenden. Die Sehnsucht nach einer Göttin ist bei vielen spirituellen
Frauen groß. Guan Yin versteht die Frauen, ihre wahren Bedürfnisse und
ihre Träume von einem Leben voller Liebe. Die Kraft Guan Yins ist eine
sehr feminine Kraft.
Der Name Guan Yin bedeutet: Sie, die das Weinen der Welt hört. Sie ist
der Bodhosattva der Barmherzigkeit, das heißt, sie ist illuminiert, aber
noch nicht erloschen im Nirvana, sondern wendet sich den Menschen zu,
bis alle Seelen erlöst sind. Sie hört auf den Kummer und die Träume der
Menschen und ist immer bereit, sie zu trösten. Sie wird in Indien auch
Avalokiteshvara genannt, da ist sie der Heilige, der das Mitleid Buddhas in
sich verkörpert. Das Mantra der Barmherzigkeit lautet: Om Mani Padme
Hum. Das bedeutet: Das Juwel ist in der Lotosblüte. Spirituell bedeutet
das: Das Juwel Gottes ist in der Lotosblüte der menschlichen Seele.
Sexualmagisch bedeutet das: Das Juwel des Phallus ist in der Lotosblüte
der Vulva.
Die Göttin ist voller Mitgefühl, Sanftmut, Freundlichkeit, Lieblichkeit,
Gnade, Heilung, Liebe, Barmherzigkeit und Vergebung. Sie schützt Frauen
und Kinder, ist Mutter wie die Gottesmutter Maria und die tibetische
Göttin Tara, sie ist die weibliche Göttlichkeit, voller weiblicher Anmut,
weiblicher Schönheit, weiblicher Kraft. Sie ist eine Helferin bei der
Empfängnis und Geburt von Kindern.
Die Göttin ist von feiner Zartheit und begabt mit einer zärtlichen Seele,
einer femininen Zärtlichkeit. Die Verehrung der Göttin ist angemessen für
eine Frau, die wirklich weiblich sein möchte, aber auch für Männer, die in
Berührung kommen möchten mit ihrer inneren Frau. Guan Yin umarmt
ihren Verehrer voller sanfter Liebe und Zärtlichkeit und wird so zur
Trösterin in einer Welt voller Unnahbarkeit, Gleichgültigkeit und Kälte.
Die Göttin lädt uns ein zum mystischen Tanz der Sphären, zum mystischen
Tanz der himmlischen Geister und Heiligen, sie lädt uns ein zum Tanz des
Mannes mit der jungen Frau. So will die Göttin die Harmonie in die Seele
bringen. Und wenn Menschen zurückhaltend sind, lädt Guan Yin sie mit
Freundlichkeit und Demut erneut zur mystischen Vereinigung ein. Trinke,
meine Seele, trinke die Milch des Trostes an den vollen Brüsten der Göttin
und berausche dich an den Brüsten deiner himmlischen Geliebten!

6
Botschaft der Guan Yin: „Sei willkommen im Leben, mein Kind! Leg
deine Verletzungen und deinen Kummer in meine zärtlichen Hände!
Erfreue dich an der Schönheit der Geschöpfe!“
Guan Yin gehört zum Pantheon der buddhistischen Göttinnen und Götter.
Sie ist ein weiblicher Bodhisattva, das heißt, eine Erleuchtete. In China,
aber auch in Vietnam und Japan, ist sie die Verkörperung der
Barmherzigkeit und der Nächstenliebe. Sie ist die Göttin der Gnade und
der universalen Liebe zu allen Geschöpfen. Sie wird besonders auch als
Schutzfrau verehrt.
In Indien wird die göttliche Barmherzigkeit als der männliche
Avalokiteshvara verehrt, in China aber als die weibliche Guan Yin.
Barmherzigkeit wird ja mehr als mütterliche Qualität erfahren. Guan Yin
ist seelenverwandt mit der ägyptischen Himmelskönigin Isis un d der
christlichen Jungfrau und Gottesmutter Maria. Denn auch Guan Yin ist
eine himmlische Mutter, die alle ihre Kinder ernährt und erzieht.
Guan Yin wird als Göttin der barmherzigen Liebe verehrt, da sie allen
Menschenkindern in ihren großen Nöten trostreich und hilfreich beisteht.
Ihr kann man allen Kummer anvertrauen und auf ihre Hilfe vertrauen. Es
gibt viele Leiden, die wir keinem Menschen anvertrauen können, aber die
Mutter der Barmherzigkeit hat immer ein offenes Ohr für unsere Klagen.
Wenn man nicht mehr weiter weiß, wenn alles ausweglos scheint, dann
sollte man die Göttin anrufen, sie wird sicher helfen. Wir können sie
immer um körperliche und seelische Heilung bitten. Aber wir müssen auch
auf ihre Botschaften hören.
Guan Yin lehrt uns Mildtätigkeit und barmherzigen Umgang mit allen
Menschen. So werden wir lernen, nicht nur gelehrt über die Gnade zu
disputieren, sondern wirklich ein barmherziges Herz für alle Leidenden zu
haben. Wir werden auch davon befreit, dass wir unsere Leiden Menschen
anvertrauen, die kein Herz für uns haben oder unsere Leiden nicht
verstehen. Das Herz der barmherzigen Mutter versteht uns immer und hat
immer Mitleid mit uns.
Barmherzigkeit bedeutet auch, mit tätiger Hilfe und guten Worten den
Kranken, den Sterbenden, den Kleinen beizustehen.
Den Leidenden in ihrem Elend spendet die Göttin Trost und Beistand, und
den helfenden Menschen spendet sie Kraft zur tätigen Nächstenliebe.
Die Göttin wird dargestellt mit einem Kelch in der einen Hand und einer
Lotosblume in der anderen Hand. Sie steht auf einem Drachen. Der Kelch
enthält den Trank des Heils. Die Lotosblume symbolisiert die makellose
Unschuld, Reinheit und Keuschheit der Göttin. Dass sie auf dem Drachen
steht, bedeutet, dass sie die Mächte des Chaos und der Finsternis
überwindet.

JESUSBRIEFE

ERSTER BRIEF

Geliebte!
Du bist all meine Sehnsucht, all meine Liebe, all mein Begehren, all mein
Schmerz! Ich sehne mich jeden Tag und jede Nacht nach dir! Wenn ich
auch in der Glückseligkeit Gottes lebe, so blutet doch heute und bis ans
Ende der Welt mein Herz vor Liebe! Ich werde leiden, bis wir ganz eins
sind! Denke nicht, Geliebte, wenn ich dich liebe, dass ich eifersüchtig auf
deinen Ehemann wäre. Nein, meine Liebe gönnt dir den Besten aller
Ehemänner. Meine Liebe ist nicht von dieser Welt! Aber ich will dein Ein-
und-Alles sein, dein Geliebter, Bräutigam deiner Seele, dein bester Freund,
dein Bruder, dein Vater und deine Mutter, dein Kind, dein Löwe, dein
Lamm, deine Taube, dein Adler, dein Phönix, deine Erde in der Zeit und
dein Himmel in der Ewigkeit! Ja, ich will von dir geliebt sein! Aber ich
habe dich zuerst geliebt! Und deine Liebe zu mir steht in keinem
Verhältnis zu meiner Liebe zu dir! Nimm meine Liebe an und tröste mich,
denn ich bin traurig, weil die meisten Menschen kalt und gleichgültig sind.
Ich habe immer Zeit für dich. Ich schlafe und schlummere nicht. Und
wenn du nachts nicht schlafen kannst, bin ich bei dir. Ich habe immer Zeit
für dich und habe Ewigkeiten um Ewigkeiten erfüllte Zeit für dich! Fühlst
du, wie mein Herz zu dir will? Komm mir bitte oft und lange entgegen. Ich
habe dir noch viel zu schreiben. Dich grüßt meine Mutter Maria, deine
Mutter.

In Liebe,
Dein Jesus

ZWEITER BRIEF

Meine Geliebte!
Hat dich dein Vater genug geliebt? Hat dich deine Mutter genug geliebt?
Weißt du nicht, dass du nicht das Produkt deiner Eltern bist, sondern mein
geliebtes Geschöpf? Nimm dir einmal eine ruhige Stunde und versetze
dich geistig in den Moment, da du im Schoß deiner Mutter empfangen
worden bist. Wisse, in dem Augenblick, da Samenzelle und Ei sich
verschmolzen, ward dein Leib geschaffen. Das empfangsbereite Ei nimmt
nicht jede Samenzelle, nicht einmal die schnellste, sondern die in Liebe
erwählte. So habe ich deine Eltern zu Mitschöpfern deines Leibes
gemacht. Und in dem Augenblick, da ich deinen Leib schuf, kleiner als
eine Weintraube, da schuf ich auch deine Seele. Ich schuf deine Seele aus
dem Nichts. Ich habe schon vor aller Zeit, vor Raum und Zeit, in der
Ewigkeit gewusst, dass ich dich schaffen wollte und dass ich dich als
Christin wollte. Und was denkst du, wie deine Seele in deinen Leib
gekommen ist? Ich habe deine Seele mit einem Kuss in deinen Leib
gehaucht. Dein Ursprung ist ein Kuss Gottes! Bleibe einen Augenblick bei
diesem Gedanken. Denn was ich einmal getan habe, das tu ich für immer.
Du lebst, weil ich dich ins Leben geküsst habe mit einem immerwährenden
Küssen, und unsere gemeinsame Ewigkeit wird ein ewiges Küssen sein!
So küss ich dich jetzt mit dem Kuss meiner Liebe! Und wenn du
abscheidest aus dieser Welt, dann pflücke ich deine Seele mit einem Kuss
von deinem Munde! Und wenn du fühlen möchtest, wie sehr ich dich
jeden Augenblick liebe, dann lege den Zeigefinger deiner rechten Hand auf
den Puls deines linken Handgelenks und fühle den Pulsschlag, und dann
wisse, dass ich dir mit jedem Pulsschlag sage: Ich liebe dich, ich liebe
dich, ich liebe dich! Du bist geschaffen, weil ich dich ins Leben liebte, und
du lebst, weil meine Liebe dir jeden Moment das Leben gibt, und du wirst
in Ewigkeit mit mir vereinigt sein und glückselig leben, weil ich dich ewig
liebe!

Dein Jesus

DRITTER BRIEF

Meine allergeliebteste, meine einzig geliebte Freundin!


Heute möchte ich dir über deine Seele schreiben. Stelle dir deine Seele wie
einen Trichter vor, in immer engeren Kreisen kommst du in immer tiefere
Tiefen deiner Seele, aber glaube nicht, dass du je auf den festen Grund
deiner Seele kommst, sondern wie der Trichter ist deine Seele im tiefsten
Grund offen und mündet in Gott. Gott ist ein Geheimnis, und deine Seele
ist auch ein Geheimnis. Kennst du dich selber? Weißt du, wer du bist? Du
bist nicht das, was die andern Menschen von dir denken! Aber du bist auch
nicht das, was du von dir selber denkst! Du kennst dich nicht, aber ich, ich
kenne dich! Ich bin dir näher als deine Halsschlagader! Ich bin dir inniger
als du selbst! Ich habe deine Seele gehaucht und in dem Hauch habe ich
mich in deine Seele ergossen. Ich bin der Lebensfunke deiner Seele! Ich
bin in dir, ich bewohne dich tiefer, als du dich selbst bewohnst. Ich lebe in
dir auf einzigartige Weise, so, wie in keinem anderen Menschen. Ich
schaffe keine Massen, ich schaffe Persönlichkeiten. Ich lebe in dir auf eine
Art, wie ich nur in dir lebe! In deiner Seele, die mein Abbild ist, lebt ein
einzigartiges Gottesbild, das nur in dir lebt! Du kannst mich sehen, wie
kein anderer Mensch mich sieht! Ich sehe dich in der Ewigkeit als eine
vollkommene Heilige, aber mit ganz persönlicher Eigenart! Die Heiligen
im Himmel sind keine Massen, sondern Gemeinschaften aus einzigartigen
Persönlichkeiten! Ich lebe in dir, du lebst in mir, in mir lebst du und
bewegst du dich und bist du, wir sind eins! Ich bin in deinem Atem, ich bin
in dem Licht deiner Augen, ich bin in deinem Lebensblut, ich bin du auf
eine Art, wie ich kein anderer Mensch bin. Werde, die du bist: Werde mein
einzigartiges Ebenbild, werde ein zweiter Christus! Ich bin du geworden,
damit du ich wirst! Und darum bringe dein innerstes Gottesbild zur
Entfaltung, das ist die wahre Selbstverwirklichung! Dazu helfe ich dir,
dass du wirst, was du in meinen liebestrunknen Augen schon bist! Komm
zu mir! Lass dich umarmen! Komm in das geheimnisvolle Brautgemach
im Tiefsten deiner Seele, wo ich dich erwarte, um mich in ewiger Liebe
mit dir zu vereinigen!

Komm! Ich warte voller Sehnsucht auf dich!

Dein ganz persönlicher Jesus.

VIERTER BRIEF

Meine Schöne!
Heute schreibe ich dir vom Himmel. Du bist fürs Glück geschaffen, und
zwar fürs ewige Glück! Wenn du auf Erden schwer zu tragen hast an
deinem täglichen Kreuz, so erhebe deine Augen oft zum Himmel, das wird
dir Kraft geben. Wenn sich im Augenblick des Todes deine unsterbliche
Seele vom sterblichen Leib löst, schwebt deine Seele aus der Zeit in die
Ewigkeit. Deine Seele kommt zur Himmelspforte. Hat deine Seele noch
Flecken an sich, wird sie von mir in der Glut der Sehnsucht gereinigt. Du
stehst vor mir. Ich bin dein Richter. Du wirst gerichtet nach dem Maß der
Liebe, die du gelebt hast, und du wirst gerichtet von mir, der ich die
barmherzige Liebe bin. Stirbst du in der Freundschaft mit mir, werde ich
dich aufnehmen in den Himmel Gottes. Am Jüngsten Tag werde ich dir
einen verklärten Geistleib geben. Deine unsterbliche Seele vereinigt sich
mit dem verklärten Lichtleib. Du wirst schnell sein wie ein Blitz, strahlen
wie die Sonne, leicht sein wie eine Wolke. Du wirst deine erlösten
Familienmitglieder und Freunde wiedersehen. Du wirst Maria und
Magdalena und Johannes und Petrus und Paulus sehen. Du wirst meine
göttliche Schönheit sehen und mich anbeten. Du wirst deinen Gott
genießen in ewiger Lust und Wonne! Aber du wirst meiner Liebe nie
überdrüssig, sondern du wirst dich immer wieder nach mir sehnen,
schmachtend und seufzend vor Sehnsucht! Aber du wirst nicht unglücklich
werden mit dieser Sehnsucht, sondern ich werde deine Sehnsucht stillen
und dich beglücken! So wirst du eins mit mir in einer ewigen
Liebesvereinigung! So werde ich dich vergöttlichen! Du wirst göttlich in
Gott sein! Ich der Gott-Mensch! Du die Menschen-Göttin! Wir eins! Du
wirst zu Gott in Gott und lebst ewig die Glückseligkeit Gottes!

Ganz der Deine:


Jesus Christus

JESUS SUTRA

Er Shi Mi, die altre Trennung, die Schuld der Fayun war die Folge.

Wie viele Dissidenten sagen, so sage ich auch.

Wie schwer es auch Xi Shi Jing Yi sagte.

Nach dem, was zu verehren war.

Er hielt an seinem Buddha fest und den nicht-menschlichen Pingzhang-


Tagen von Arhat.
Siehe, die verehren das Wesen.

Niemand kann es sehen, aber verehren.

Die haben den Granville-See verehrt.

Zu diesem Zweck der Fachmann Yan Yung war wie der Wind.

Wer kann es bekommen?

Siehe den Wind!

Alter Reise-Kalender, es kann kein Gewinn aus der Weltrangliste


zusammengestellt werden.

Diese Person den Ältestem Einen mit Gas ermordete.

Er kann es nur überleben.

Dürfen nun zu Hause in Sicherheit sein.

Bis etwas dagegen getan wird.

Der Sonnenaufgang des Tages kommt nicht dazu.

Am Ort Ju-xian-xiang-xin sind alle dazu gekommen.

In der Ruhe der Ming Lok ist der Körper zu Hause.

In den Tagen aller Buddhas.

Um diese frohe Botschaft zu tun, wende die Welt.

Frohe Botschaft überall.

Alte sind oft leise vor Glück am Platz.

Karma ist überall.


Weltliche Personen.

Überraschenderweise der Wind.

Nur Britannien hat es gerade gehört.

Eine fehlende Form.

Niemand hat Yen Yung richtig erkannt.

Wenn das nicht-gelbe nicht-weiß wird.

Niemand kennt den starken Wind und seinen Wohnsitz.

Der Tag und des Johannes eigene Göttlichkeit.

Wir leben in einer Welt.

Niemand lebte im Zhuode.

Auch keine toten Studenten.

Lai Suo war ohne Wert.

Die die Erschaffung der Welt zu ergründen gesucht haben.

Nie in der Welt.

Gottlose Macht.

Changle Xian gab einen Yuan pro Fach.

Als die Leute ängstlich waren.

Jeder sagte den Buddha-Namen.

Mehr als eine unwissende Person.


Rufende Ratio verehrend, das kann Gott gefallen.

Auch Si Hwan respektierte den Zweck, für den Zweck der Musik.

Jeder sprach der Stadt Umgangssprache.

Ich glaube nicht, aber verehre öfter.

Jeder Buchstabe ist eine Residenz.

Was bedeutet, dass ihn eine Menge Leute kennen und verehren.

Die berichteten von Buddhas Barmherzigkeit.

Gesammelte Gedanken.

Weise.

Es war keine Sünde in ihm.

Das Los für den Gott.

Kraft.

Person, große Person.

Siehe auch das Co-Wesen, und so weiter.

Es ist die Person, das Leben selbst ist Information.

Doch immer verehren wir ihn.

Das Wesen lebt eine Zirkulation.

Aus dem Körper leben wir in Carvedilol.

Um den veränderten Staub zu tun.

Alle Wesen sind gutherzig.


An Selbstdisziplin wird gedacht.

Auch an die toten Studenten.

Der Ausschuss stellte das Wesen fest.

Das Wesen gab den Körpern das Leben.

Ohne Wind kein Leben.

Für das Leben der Zeit.

Wind weht vom Wesen.

Ein Geist ist der Wind.

Der Wind schenkt das Überleben.

Der Wind weht vom Wesen.

Manchmal spürt man das Schicksal.

Ho, durch den Wind, aber der Wind hat keine Farbe.

Wenn er grün wäre, und wenn er golden wäre, wenn er andere Farben
hätte?

Dementsprechend sehen wir den Wind.

Wenn Lebewesen nämlich die Straße pilgern.

Wo sie ihn verehren.

Viele gesunde Straßen gibt es.

Was ist aber für die, die ihn nicht verehren?


Was ist das für Wesen, dass die Sünde von den Alten bis zu den Jungen
sehen lässt?

Die ältere andere Person.

Wer kann das komplexe Wesen sehen?

Niemand wagte es, die Verehrung zu verschließen.

Gutes Karma bringt Segen vom Wesen.

Doch bevor wir den Tag erleben, haben wir Respekt.

Der Welt Yuan aber verehren wir nicht.

Wenn es sich um Wissen handelt, dass wir es erhalten.

Seit das Wesen gesehen wurde, seit jenen Tagen.

Allerdings sind wir nicht in der Duoe Dao Hölle.

Das war in jenen Tagen.

Wie sind alle voll des schlechten Karma.

Gefallene gehen den bösen Weg.

Siehe die klaren Ergebnisse.

Auch den Himmel siehe.

Gute Selbst und andere Wesen sollst du betrachten.

Die große Welt.

Groß sind alle bösen Wesen, was bleibt.

Qin hat sein Herz für das Land gegeben, etwas offiziell.
Und angesichts der Mischungen ist unermessliche Unermesslichkeit.

Wenn das Wesen da ist.

Alles Böse ist nicht groß.

Und es hält nicht.

Es muss nicht offiziell werden.

Noch gibt es Entschädigung.

Das Formen sind nur Bäche.

Und zwar zum Tod.

Dieser ist kein großes Übel und bringt Freiheit.

Erste Körper werden Arten von Früchten der Wiedervereinigung.

Da sind schuldige Wesen.

Wir müssen zunächst an das eigene Karma denken.

Die Alten werden des Li Li Wesens der Wesen Fest begehen.

Buddha wird nicht weit abstehen.

Person von der Botschaft.

Gute haben guten Segen.

Es gibt Schlechte und Böse.

Unwissende Wesen.

Dann hölzerne Kamele, Elefanten, Kühe, Esel und Pferde und Rehe.

Obwohl geschaffen, sind sie nicht zu beschreiben.


Nicht mit dem Leben.

Das Wesen ist bekannt.

Früchte überschätzen sich.

Alle sind Werkzeuge.

Wisse!

Das ist die Realität.

Um dieses Leben zu tun.

Mehr als ein fühlendes Wesen.

Die ältere Sache ist nachdenklich.

Dann nicht das ganze Leben währt es.

Das Wesen aus Verwirrung ist Lüge.

Der Elefant ist aus Gold.

Silber-Statuen und Gold-Statuen und Holz-Statuen.

Mehr Vieh.

Lass die Völker wie Menschen leben.

Bilde ein Pferd wie ein Pferd.

Erschaffe Vieh wie das Vieh.

Erschaffe einen Esel wie einen Esel.

Man kann nicht handeln.


Auch ohne ein Wort.

Ebenso wenig sind sie zu füttern.

Kein Interesse, kein Fleisch ohne Haut, ohne Knochen.

In der Nähe ist alles wie als an einem seidenen Faden, sagte Xu, er sagte,
alle Innerlichen sind selten.

Morohito kennt die Vorlieben und Abneigungen der Entfernung.

Bestellte Ernährung, mit wenig Geschmack.

Das Wissen, was für Lebensmittel geruchlos sind.

Aber der Reihe nach die Menschen verehren ihn.

Zu sagen weiß das Jing Yi.

Und von diesem geht es aus.

Alle Gründe.
Mit einem tiefen Seufzer.

Etwas mehr Auswahl.

Aber der Reihe nach die Menschen verehren ihn.

Und es sagte das Tian-yi.

Einige haben Angst, am Tage aber Achtung vor dem Gesetz.

Selbst-Freundlichkeit.

Und fertig ist es.

Und die Monstranzen waren gut.

Diese Person ist unterlegen, in der Religion ihn zu verehren.


Vom Alten wird es beendet.

Menschen sind oft böse.

Und andere lehren das Böse.

Diese Person verehrt nicht in der Religion.

Plötzlich die Duoe Dao Hölle.

Das Leben gehört Yama.

Er wurde vom Fachmann unterrichtet.

Oft lehren die Menschen, über die ich gesetzt bin, ordiniert.

Der Co-Älteste voller Angst.

Alle Wesen.

Jeweils verehren sie ihn und haben Angst vor dem Bild.

Leben und Tod aller Lebewesen.

Ansaugrohre des schlammigen Gottes.

Wenn die Angst vor den Lebewesen wiederkommt.

Seine Majestät auch kombiniert Angst mit Angst.

Seiner Majestät Vorgänger gibt Segen, privaten Segen, verehren


wir ihn.

Kein Selbst ist.

Der auferstandene Jesus als Seine Majestät ist da.

Alle sind motiviert, um heilig zu werden.


Wenn die Menschen nicht den Heiligen empfangen, wird nicht angetrieben
ihre Kraft.

Menschen, die das Innere der ruhigen Kompensation sind.


Es wurde vom Heiligen ein Anschlag motiviert.

Dass Erwachsene hören auf Jie-shi.

Und den Antrieb zu stärken.

Und es gibt gute Leute.

Und er ermahnte andere, sich vorzubereiten.

Und da siegt kein Übel.

Diese dienen den Menschen, für die Gemeinschaft geweiht.

Wenn eine Person zum Priester geweiht wird.

Und keine Angst, ihn zu verehren.

Diese Person ist nicht in Übereinstimmung mit dem Dharma, und einer der
Männer ist zum Priester geweiht.

Das ist die inverse Rückkehr der Person.

Die dritten Knaben werden sich fürchten vor ihren Eltern.

Das Lager der Eltern.

Sie zu verehren und nach der Sage.

Wenn die Leute etwas zu verehren begehren, dann Seine Majestät.

Und des selbigen Mutter nicht?

Diesen gesegneten Mann zu verehren.


Die drei kleinen Dinge.

Eine Art ist das erste, zu verehren, das zweite, was Seine Majestät will, die
dritte Sache, die Eltern zu ehren.

Hierzu ist Pu-tian im Boden.

Und eine übergeordnete Verszeile.

Nach Seiner Majestät sind alle von Gott geboren.

Obwohl in dieser Welt die Eltern sehen oft nur die Einzahlung.

Schließe die Angst.

Wesen haben Weisheit und verehren den Heiligen.

Und Angst vor den Eltern.

Besser zu fühlen, verehren sie die Lehre.

Der Alte litt und das ist die Achtung der Religion.

Voraus geht das Wesen Buddhas in der Zeremonie des Himmels.

Buddha trank das Bittere.

Li hat eingesetzt die Welt.

Nur saubere Energie ist das Karma Seiner Majestät.

Soll Qin Xi leben in Seiner Majestät Palast.

Zu den heiligen Buddhas erhalten wir den Körper für immer gratis.

Der Alte der Tage, sagte die Wolke.

Alle Wesen kehren zurück vom Bösen.


Und so weiter.

Auch ist Pietät geboten.

Zweitens Freiwilligkeit.

Wenn kindliche Eltern und Christen lieben.

Alle Wesen bleiben gewidmet den Eltern, die Christen auch und Cheng
Que.

Für das Leben.

Wenn das Ende kommt, wird dem vom Himmel vertraut.

Wie She-zhai zu seinen Eltern war.

Als Wesen haben wir keine Eltern.

Die sind nur bei der Geburt.

Viertens Freiwilligkeit.

Wenn ordinierte Personen lehren.

Alle Lebewesen sind so freundlich.

Sui Mo Huai ist aber böse.

Fünftens Freiwilligkeit.

Viele Studenten aus Mo töten.

Yimo demonstrierte den Totschlag.

Also das öffentliche Leben ist gänzlich der Menschen Sache.

Das Leben ist nicht besonders schön.


Sechzig Probanden.

Mo vergewaltigte seine Frau von Mowan.

Siebtens Freiwilligkeit.

Mo war schuldig.

Achtens, Wesen und Geld, um ihn reich zu sehen.

Tian-zhai am Tag mit dem Sklaven Sui kopulierte.

Neuntens Freiwilligkeit.

Eine gute Ehefrau, die gute Kanaya.

Zusammensetzung der Zertifikats bezüglich der Gao-mei und anderer.

Zehntens Freiwilligkeit.

Sende ihm etwas davon.

Und Kosten.

Der Älteste und die Bestrafung der Sache.

Sehr häufig sind wir schwach.

Mo und die Anderen.

Siehe, das arme Kind.

Echt zeigt Mo den Rücken.

Und Wan im Hause hat mehr Hunger und Durst.

Wan ließ die Dinge.


Siehe, Männer bemühen sich und die Anstrengungen sind
aufzuschlämmen.

Siehe, dass die Menschen ohne Kleidung und Bekleidung sind.

Kinder, nicht zu arbeiten einen Tag.

Mo haben verlassen viele Gegenstände.

So viel für die Kinder-Regulation.

Nicht gefrorene Unterstände.

Yong Li-xian-ruo-mo spricht einen Fluch aus.

Die Götter haben Macht.

Die Katastrophe bewirkt des Zhang Fluch.

Wenn du um arme Kinder sein willst, brauchst du Geld.

Es gilt mit dabei zu sein.

Geld sei dabei.

Zum Barbaren gesendet, ohne die Spende.

Siehe, andere sinken von des Ausschlags Krankheit.

Ihn wird man verspotten.

Diese Person ist nicht frei.

Der Ausschlag der Kranken an den armen Kindern.

Keine Kleidung.

Zerbrochen.
Mo spricht einen echten Anruf.

Mo will andere übernehmen.

Mo fragte vergeblich andere.

Einige Phi haben Beschwerden.

Die Tatsache besteht, dass Mosambik sich bücken muss.

Es gibt einsame Männer und Frauen in Guan-u mit Beschwerden.

Mo war gebeugt vom Unmut.

Mo als Abgesandter war voller Ressentiments.

Moga hatte das wahre Herz des Mo voller Übertreibung.

Mo-chuan-kou-ge sprach in Zungen.

Zwei Personen im Kampfe kämpfen.

Es hat sich die Suche gelohnt.

Mo zog durch Herzogtümer.

Offizieller Bericht voller Unwissenheit.

Ein Priester ward geweiht.

Die Menschen suchen.

Mo ist böse zu ihm.

Alle Lebewesen sind immer so freundlich.

Mo ist gewillt zum Übel der Übel.


Um so weniger Materie.

Jedes Wesen hat oft alles gut gemacht.

Wenn eine Person bereit ist zu sehen, den Menschen zu schreiben, ist sie
als ordiniert bekannt.

Wer so wirtschaftet.

Diese Person wird zum Priester geweiht.

Wenn die Menschen können, hängt es nicht an der ordinierten Aktion.

Wir alle verehren den Ältesten und alle Größen.

In Ying-Phase ist alles gut.

Dies ist die erste Top-Sanktion.

Vom verehrten Wesen hängen wir ab.

Mo will des Wesens Anbetung töten.

Ebenso wenig ist er geschickt, das Leben zu töten.

Das Wesen ist nicht so zu unterrichten.

Vom Töten des Rituals.

Uns der Fleischgeschmack.

Gottes-Betrug.

Sie töten Schafe.

Viele.

So dass die Schüler nicht unterrichtet werden.


Bereiten Sanktionen für Personen vor.

Der Rücken des bösen Wesens.

Dann zurück zur Verehrung.

Das Ältere Wesen nicht zu sehen ist so schade, so schade.

Viele Ermahnungen machen Wutanfälle.

Wenn die Prozession die Jungfrau verehrt.

Yan hat genannt das Ende.

Das ist das Ende des Kinderspiels des Yan.

Laut die Religion verehre.

Yan Huai sofort beendete den Körper.

Der Älteste ist so kühl, auf die Jungfrau an seiner Seite zu warten.

Ohne jeden männliche Mann ward sie schwanger.

So, dass alle Wesen sehen die Jungfrau schwanger ohne männlichen
Ehemann.

So dass die Menschen auf der Welt sehen den Weg.

Die Ältesten haben Macht.

Das Jiqian-Wesen des reinen Glaubens kommt zurück zum Karma.

Kleopatra war am Ende ergeben einem schwangeren Mann.

Genannt, die Maus zu bewegen.

Der Vater gab kühlen Wind.


Es gibt für unwissende Wesen nämlich den Weg.

Wenn eine vom Wind schwanger wird.

Aber Chile legte ein Stück Papier unter den heiligen Ort auf der Erde.

Alle Wesen kommen nach Gan.

Diese verehren ihn, dass er der Himmel ist.

Abteilung von Himmel und Erde.

Der Lehrer beschuldigt die Fans, wo der Weltrangliste nächste Frucht ist
die Welt.

Glanz des Sternen-Rankings, dass der Himmel es wisse.

Sterne so groß wie Räder.

Reinige die Spitze von Seoul.

In der Ukraine geboren zuvor und Lin Yuan kam, die Division der Stadt zu
entführen.

Sheng-mi-shi-he.

Von Zeit zu Zeit nach einem Jahr.

Sage die Sprachengesetze.

Für alle Wesen bereit.

Über zwölf Anforderungen.

In dem Netz der Name ist schwierig.

Wenn nämlich durch das Wort Yunotani-Menschen ohnmächtig werden.

Der ersten Liga Schuld, wenn ein heiliger Bruder Wohnung nimmt.
Leben und Leben, um Fleisch und Wein zu essen.

Nur frischen Salat und Honig, Honig auf dem Boden.

Es gab Wesen.

Viele schlammigen Tal-Gottesdienste, in Ohnmacht zu fallen.

Und neu geweiht.

Das Tal mit schwacher Absicherung und Teilung sofort nahm auf sich die
Schuld der schwierigen Reinigung.

Der Teilung Schuld nach dem Wasser in der Suppe.

Das ist kühl von des Tages Anforderungen.

Die Farbe von Yung ist wie dünne Farbe zusammen.

Sitzend ist Xiang-mi-shi-he.

Er bittet um die Leere.

Der Geschäftsbereich der Schuld ist mein Kind.

Alle weltlichen Wesen.

Teilung in Schuld ward vorgenommen.

Die Entsorgung von allem ist bereit.

Mi-shi-he-ji.

Der Himmel ist wie das Wesen.

Es ist des Ältesten Strafe.

Im Rahmen von Sanktionen die weltlichen Wesen.


Hohe Dinge gehören Gott.

Das haben alle gehört, diesen Satz bei ihm.

Hohe Sache Gottes.

Groß das Böse.

Dann ein guter Geschäftsbrief.

Die Lehrer sind schuld und nur 33 Jahre hat die Nachfrage alles Bösen
gedauert.

Geschäftige Wesen, gute Industrie, gute Möglichkeiten.

Die Teilung der Schuld.

Und seiner Schüler waren zwölf.

Damals leidend.

Fliegend, indem sie als Studenten lernten.

Xia-ren-de-yan.

Beschreibung, leise verspätet der Schlechte.

Patienten bekommen medizinische Versorgung.

Es wurde von einem Geist gesprochen, der den Vorteil der lahmen Geister
beschädigt.

Großer Unterschied.

Alle Patienten, die die Schuld suchen, legte Jia-sha nieder.

Und irgendwie war es schlecht.


All die bösen Menschen, aber gute Taten tat das Tao.

Glaube, verehre diejenigen, die lehren.

Und die unreine Person.

Alkohol und Fleisch.

Und was ist Gottes.

Schüler bleiben dann fälschlich oder werden Xue sehen.

Aber dann will er töten.

Zu diesem Zweck ist das eine große Wesen.

Die wird angenommen, diese Religion.

Bis man nicht töten kann.

Teilung der Schuld nach dem schlechten Karma-Knoten mit dem


Ventilator von Xue zu sehen.

Der Brief des Herzens an die saubere Person ist selbst Ping-zhang.

Es ist Yu-sha Que-mi-shi-he.

Keine Partei, auf die du zählen könntest.

Nämlich des Königs Seite.

Böse Menschen sagen, schlechtes Karma bringt der Böse.

Im Geschäftsbereich Schande vorzubereiten.

Anspruchsvoller lehrt das Wesen.

Mehr als 33 Prozent.


Seine Studie über die Gottlosen und so weiter.

Nämlich der König des angrenzenden Luo Dusi macht seine Aussage.

Vastu wird alles erzählen.

Dieser Weg ist vor dem Denken.

Mi-shi-he-he, wenn die Todesstrafe gefällt wird.

Das ist, weil die bösen Könige ihn jagen.

Der Rand der Gesamtkarte.

Die Lehrer an die Schuld grenzen, an Mi Luo Dusi's Seite.

Die Teilung der Schuld, wenn die Todesstrafe gefällt wird.

König Jiyu's Aktion.

Als der Mann in den Tod ging.

Ich wirklich kann es riechen, es will nicht verschwinden.

Substanz, wenn ihre Menschen sterben.

Seit dieser Angelegenheit sind Menschen aus schlechtem Pratyaya in der


Pause.

Der große Wang.

Ich kann diese schlechte Pratyayas nicht töten.

Diese Wolke ist nicht der Mann.

Wenn ich tot bin, Männer!

Der König grenzt an Luo Du-si.


Mit dem Wasser die Hände waschen.

Denn das Böse kommt geographisch vor.

Ich kann wirklich nicht die Menschen töten.

Schlechte Pratyaya-Personen.

An schwerere Beratung wende dich bitte.

Nicht sollst du töten.

Die Teilung der Schuld der Körper gibt das Böse.

Als eine Abfindungen und andere weltliche Wesen, die das menschliche
Leben kennen, wie eine genetische Kerze abgeschnitten.

Es ist jetzt der Welthandel im Namen des Lebens gestorben.

Die Abteilung ist selbst schuld, und dann ist das der Tod.

Schlechtes Karma der Lehrer, die die Fehler und Schuld woanders suchen.

Xiang-mu-shang-fang.

Der band das Holz auf.

Zwei weitere Räuber werden zur Straße geführt.

Menschen.

Sein Mensch auf der rechten Seite.

Die Division wird ihren Tag der Schuld haben.

Aufs Holz gebunden um drei Uhr.

Die Fastenzeit ist vierzig Tage.


Ping Ming ist mit ihm angebunden.

Und die aus dem Westen stammen.

Es dunkelt.

Schwarzes Land des Kriegs und der Erdbeben.

Die ganze Welt und es öffnete sich die Gruft.

Alle tot und haben das Leben gelernt.

Der Mann sah alles.

Im Credo unterrichte.

Sowieso die Schuld für die Teilung.

Und habe Vertrauen in deinen Kongress von Menschen, die in der Wolke
sind.

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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


Worte der Weisheit und Gottesliebe
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DIE WEIHNACHTSBRAUT
LIEBESBRIEFE
von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

Liebe Dineke,
wie die Mutter die Tochter liebt und die Tochter die Mutter liebt und
zwischen ihnen ist das Band der Liebe, so liebt Gott Vater Gott Sohn und
Gott Sohn liebt Gott Vater und zwischen ihnen ist die Liebe des Heiligen
Geistes.
Damit sei gesegnert, du holdes Wesen.

Josef

Liebe Dineke,
Jesus geht mit Petrus spazieren. Da liegt am Wegesrand ein Hunde-
Kadaver. Petrus sagt traurig: Herr, alles ist vergänglich! Wie hässlich ist
doch der Tod! Jesus sagt: Aber was für schöne Zähne! Eine Perlenschnur!

Josef
*

Liebe Dineke,
gute Besserung Dir und auch Deiner barmherzigen Mutter mit dem großen
Herzen! Heute schenk ich Dir ein Wort Gottes (Philipper-Brief 3,2): "Sehet
auf die Hunde!"

Ciao,
Josef

Liebe Dineke,
nun geh ich traurig schlafen. Auch dies ist Gottes Wort (im Prediger
Salomo): "Ein lebender Hund ist besser als ein toter Löwe!"

Ciao,
Josef

"Liebe Kinder!
Ihr sollt allen Lebewesen eure Liebe schenken, denn alles kommt vom
Vater. Er ist der Schöpfer des Himmels und der Erde und hat auch die
niedere Kreatur erschaffen. Eine gute Sache ist es, wenn ihr dem Leben
dient und die Lebewesen gut behandelt."

Jungfrau Maria

AN DINEKE

Des Morgens kommt aus ihrem weißen Heiligtume


Jungfräulich schön die goldgelockte Blume,
Am Abend kehrt sie heim, verletzte Beute,
Da sie zerpflückt die schwarzen Satansleute.

Josef
*

AN DINEKE

Die Anmut in Person / mit holder frommer Seele /


Herabgestiegen ist / in meine Räuberhöhle!

Dein Kleist

Liebe Dineke,

"So ist alles Gehorchen der Kreatur nur ein Verlangen nach dem Kuss des
Vaters", spricht Gott durch Hildegard von Bingen. Ich dachte, das könnte
dir gefallen.

Josef

AN DINI

Dein goldnes Haar ums Haupt ist wie die Gloriole.


Nimm dies voll Gnade an wie eine Gladiole.

Kleist

Liebe Dini!
Die Gottheit ist "die große Schönheit", und das Geschöpf ist "die kleine
Schönheit", und die kleine Schönheit ist eine Widerspiegelung der großen
Schönheit.

Damit sei gesegnet,


Josef
*

Lieber Jannis!

Ich bin Dein,


Du bist mein!
Dessen sollst du dir sicher sein!
Du bist eingeschlossen
In meinem Herzen,
Verloren ist das Schlüsselein,
Du musst IMMER drinnen sein!

Dineke

Liebe Dini!
Danke, dass du mir geschrieben hast. Das war ein Trost, nachdem mich
einige alte Hexen geärgert hatten. Hier dein persönliches Evangelium. Ich
hoffe, es ist nicht zuviel Text. Brüderliche Grüße,

Josef

1.Mose 34

1 Jakob und Lea hatten eine Tochter, die Dini hieß. Dini ging an einem Tag
mal in die Stadt, um ein paar Freundinnen zu besuchen.
2 Auf dem Weg dorthin traf sie auf den Sichem, der ein Sohn vom Amor
war. Amor kam aus dem Stamm der Eviter, er war in der Gegend einer der
Anführer. Sichem wurde total scharf auf Dini, als er sie sah. Er ging zu ihr
hin, drehte ihr den Arm um und vergewaltigte sie.
3 Dabei verknallte sich der Spinner auch noch total in Dini. Er schrieb ihr
in den nächsten Wochen derbe Liebesbriefe, dass es ihm total leidtut und
so. Er wollte einfach, dass Dini sich auch in ihn verknallen würde.
4 Dann ging er zu seinem Vater und sagte dem: „Bitte, Dad, mach das für
mich klar, dass ich dieses Mädchen heiraten kann!“
5 Jakob hörte an einem Tag davon, dass seine Tochter vergewaltigt worden
war. Seine Söhne waren aber gerade unterwegs bei der Arbeit. Darum
blieb er erst mal zu Hause und unternahm nichts.
6 Sichems Vater besuchte schließlich Jakob, um mit ihm über die Sache zu
reden.
7 In der Zwischenzeit kamen die Söhne von Jakob nach Hause. Als man
ihnen erzählt hatte, was mit ihrer Schwester passiert war, waren alle zuerst
total traurig. Dann kamen sie alle voll aggromäßig drauf. Der Typ hatte
eine -wirklich ganz üble Sache getan, die auch schon zu der Zeit voll
schlimm gewesen ist.
8 Amor wollte mit Jakob über die Sache sprechen. Er ging zu ihm hin und
sagte: „Es gibt da ein Ding, worüber ich gerne mit Ihnen -sprechen würde.
Mein Sohn ist sehr verliebt in Ihre Tochter!
9 Könnten Sie nicht Ihr Einverständnis zu einer Hochzeit der beiden
geben? Warum könnten wir nicht eine große Familie werden? Meine
Söhne heiraten Ihre Töchter und Ihre Söhne meine!
10 Sie können sich ja in unserer Gegend gerne Grundstücke kaufen und
sesshaft werden. Das Land steht Ihnen offen! Wir könnten gute Deals
miteinander abschließen!“
11-12 Dann ergriff Sichem das Wort: „Also, Sie können wirklich von mir
fordern, was Sie wollen! Jedes Geschenk ist es mir wert, wenn ich nur
diese Traumfrau heiraten kann!“
13 Die Söhne vom Jakob waren total aggro auf die „Amors“. Wer ihrer
Schwester so was Linkes antut und sie vergewaltigt, hat es nicht besser
verdient, als abgezockt zu werden.
14 „Also, wir können es nicht zulassen, dass unsere Schwester einen Mann
heiratet, der nicht unser Beschneidungsritual durchgezogen hat. Das geht
gegen unsere Ehre!
15 Es gibt nur eine Chance, dass wir auf Ihren Wunsch eingehen: Sie
müssen genauso werden wie wir! Alle Männer bei Ihnen müssen sich auch
die Vorhaut vom Penis abschneiden lassen.
16 Wenn Sie das tun, wäre eine Heirat zwischen unseren Leuten möglich.
Dann wollen wir gerne bei Ihnen wohnen bleiben, und wir wären dann
wirklich nur noch eine Truppe und nicht mehr zwei.
17 Falls Sie da aber keine Lust drauf haben und Sie sich da nicht
beschneiden lassen wollen, nehmen wir unsere Schwester wieder mit, und
das war es dann.“
18 Amor und sein Sohn Sichem fanden die Idee super.
19 Der junge Mann war einfach total verknallt in die Tochter von Jakob.
Er wollte den Plan sofort umsetzen. Man muss wissen, dass in seiner
Familie viele auf ihn hörten und er auch echt was zu melden hatte, mehr
als die anderen Brüder.
20 Also organisierten Amor und sein Sohn eine Stadtversammlung. Dann
sprachen sie zu den Mitbürgern:
21 „Diese Neuen sind nette Leute und ganz friedlich. Wir sind dafür, dass
sie sich bei uns niederlassen können. Sie sollten eine Arbeitserlaubnis
bekommen und hier auch geschäftlich tätig werden, wenn sie das wollen.
Es gibt in unserem Land genug Platz für alle! Es ist okay für uns, wenn es
auch dazu kommt, dass sich Leute aus unserer Stadt mit ihnen
zusammentun, heiraten und so was. Wir würden von ihnen wirklich
profitieren.
22 Es gibt da nur eine Bedingung, die sie an uns stellen, wenn sie unserem
Wunsch nachkommen sollen und wir wirklich mit ihnen in jeder Hinsicht
verbunden sein wollen. Und das ist, dass sich jeder Junge und jeder Mann
bei uns die Vorhaut vom Penis abschneiden lässt.
23 Wir sind auf jeden Fall dafür! Wenn sie dann nämlich bei uns wohnen,
würden ihre ganzen Schaf- und Ziegenherden bei uns sein, sie würden
auch uns gehören, und das wäre sehr gut für unsere Wirtschaft.“
24 Die Männer aus dem Ort waren alle einverstanden. Sie taten das, was
Amor und sein Sohn Sichem vorgeschlagen hatten. Alle männlichen
Bewohner trafen sich auf einem Platz vor der Stadt und schnitten sich dort
gegenseitig die Vorhaut ab!
25 Nach drei Tagen hatten alle, die beschnitten worden waren, immer noch
unheimliche Schmerzen. Die Wunden hatten sich nämlich entzündet, so
dass sie total fertig und kaputt waren vom Wundfieber. Dinis Brüder
Simon und L'Evi nutzten diese Gelegenheit und gingen in der Nacht dann
einfach von Haus zu Haus und killten jeden Mann, der ihnen unters
Messer kam.
26 Sie töteten auch Amor und Sichem, holten ihre Schwester Dini aus
seinem Haus und nahmen sie wieder mit zu sich nach Hause.
27 Danach gingen die Söhne von Jakob durch die Stadt und plünderten
alles, was nicht niet- und nagelfest war. Das war ihre Rache für die
Vergewaltigung an ihrer Schwester Dini.
28 Sie zockten alle Schafe, Rinder und Esel und alles, was sie noch so an
Tieren mitnehmen konnten.
29 Auch die ganzen Häuser wurden pauschal leer geräumt inklusive der
Frauen und Kinder.
30 Als Jakob von der ganzen Sache erfuhr, war er überhaupt nicht
begeistert. „Jungs! Was sollte das denn bitte? Ihr habt es total verpeilt und
alles kaputt gemacht! Die Leute aus diesem Land werden jetzt voll
schlecht über uns denken. Bei den Kanaanitern und Perisitern sind wir jetzt
erst mal unten durch, sie werden mich hassen! Wenn die sich
zusammentun, sind wir nur ne Wurst gegen deren Übermacht! Sie werden
uns fertigmachen und vernichten. Die könnten uns alle komplett
auslöschen!“
31 Aber seine Söhne fragten ihn: „Ja aber, war es denn okay, dass der
unsere Schwester wie ne billige Hure behandelt hat?“

Himmlischer Vater, unsere menschlichen Beziehungen mit unseren


Freunden von anderen Tierarten ist ein wunderbares und besonderes
Geschenk von Dir. Wir bitten Dich nun für unsere speziellen tierischen
Begleiter, gewähren Deine väterliche Fürsorge und heilende Kraft und
nimm ihnen jedes Leiden. Gib uns, ihren menschlichen Freunden, neues
Verständnis für unsere Verantwortung gegenüber diesen Kreaturen von Dir.
Du hast Vertrauen zu uns, wie wir Vertrauen haben zu Dir, wir sind auf
dieser Erde zusammen, um einander Freundschaft, Zuneigung und
Fürsorge zu schenken. Nimm unsere herzlichen Gebete an und erfülle
Deine kranken oder leidenden Tiere mit heilendem Licht und Kraft zu
überwinden die Schwäche des Körpers. Himmlische Vater, wir bitten dich
für Ava, Dinis Hündin. Deine Güte ist über allen Tieren, Deine Gnade
fließt zu allen Deinen Geschöpfen. Gewähre unseren speziellen tierischen
Begleitern langes und gesundes Leben. Gib ihnen gute Beziehungen, und
wenn Du sie von uns nehmen wirst, hilf uns zu verstehen, dass sie nicht
von uns gegangen sind, sondern nur Dir näher gekommen sind. Gewähre
uns unsere Bitten durch die Fürsprache des guten Franziskus von Assisi,
der Dich in allen Deinen Kreaturen geehrt hat.

Josef

Liebe Dini,
dies Gebet hab ich für Dich gefunden:

Kinderwunschgebet an den lieben Gott

Lieber Gott, mein Schatz und ich, wir wünschen uns so sehr ein kleines
Kind!
Entstanden durch Liebe, Vertrauen und Zusammengehörigkeit.
Geboren durch meinen Leib.
Aufgewachsen und erzogen mit Respekt, Liebe und Aufrichtigkeit.
Lieber Gott, bitte, hilf uns, diesen langen Weg bis zur Empfängnis
gemeinsam durchzustehen und bitte hilf uns, gelassen zu werden, so dass
die Kinderseele gerne zu uns kommen mag.
Lieber Gott, bitte hilf uns, freundlich und respektvoll mit anderen
umzugehen, damit die Kinderseele einen guten Eindruck von ihren Eltern
bekommt und sich gut aufgehoben fühlt unter unserem Herzen.
Lieber Gott, bitte hilf uns, mit Sorgen und Nöten, die wir uns in Zukunft
machen werden, gut umgehen zu können und für Probleme immer die
richtige Lösung zu finden.
Lieber Gott, bitte gib uns die Kraft, damit wir genug Liebe und Weisheit in
uns tragen, um die Kinderseele unterstützen zu können, den guten Weg zu
Dir zu finden.
Lieber Gott, schenke uns Geduld, Ausdauer und Ruhe, um all die
Aufgaben bewältigen zu können, die ein neuen Leben mit sich bringt.
Heilige Jungfrau, die du vom Heiligen Geist empfangen hast, bitte bete für
uns!
Amen

Liebe Grüße, dein Freund Josef

Herzgute Dineke!

Heute schicktest du vom Himmel Schneeflöckchen,


Ich bitte dich, warum nicht lieber Schneeglöckchen.

Dein Hofnarr,

Josef

Die heilige Dina hatte um den Kopf ihre goldenen Zöpfe wie einen
Heiligenschein gelegt und predigte ihrer kleinen Hündin: "Hündchen,
meine kleine Schwester, du bist sehr innig verbunden mit Gott, deinem
Schöpfer, und sollst immerdar zu Gottes Lobpreis leben. Denn Gott hat dir
die Kraft gegeben zu laufen und hat dich mit einem schönen Fell bekleidet,
er hat die Rassen der Hunde in der Arche Noah bewahrt, damit es immer
Hunde auf Erden gebe. Dankbar musst du ihm sein für die Mutter Erde,
die dich trägt, und für die Schwester Luft, die du atmest, für die Wiesen
und Wäldchen, wo du spazieren gehst. Du musst nicht zur Arbeit gehen
und Geld verdienen, und Gott ernährt dich doch mit guter Nahrung. Wie
sehr also liebt dich dein Schöpfer, der dir so viel Gutes erweist! Hüte dich
also, meine kleine Schwester, vor der Undankbarkeit und sei fleißig, Gott
immerdar zu loben." Und dann nahm die heilige Dina ihre Bibel und las
ihrer Hündin folgenden Bibelvers dreimal vor: "Besser ein lebender Hund
als ein toter Löwe." (Prediger Salomo). Dann segnete die heilige Dina ihre
Hündin mit dem Kreuzzeichen.

Josef

Meine liebe Tochter Dineke,


für deine Arbeit in Religion, in der du gegen die Abtreibung schriebst,
erteile Ich dir die Zensur Sehr gut! Deinen Mitschülern, die die Abtreibung
verteidigten, muss Ich leider die Zensur Sehr schlecht erteilen.

Dein Jesus

DER CHINESE KNIET VOR DER CHINESISCHEN PRINZESSIN UND


SAGT:

Sie hat so süße -


So kleine Füße!

Frohen Advent!

Josef

*
Liebe Dini,
gerade las ich diesen Vers aus der Schöpfungsgeschichte:

Darauf befahl Gott: "Die Erde soll Leben hervorbringen: zahme Tiere,
wilde Tiere und kriechende Tiere!" So geschah es.
Gott schuf alle Arten von zahmen Tieren, wilden Tieren und kriechenden
Tieren. Auch daran freute er sich, denn es war gut.
Dann sagte Gott: "Jetzt wollen Wir Menschen machen, Unser Ebenbild,
das Uns ähnlich ist. Sie sollen für die ganze Erde sorgen, für die Tiere im
Wasser, an der Luft und auf der Erde."

Damit freue Dich!

PS:

Du machst mir Mut durch deinen Glauben und dein freundliches Wesen,
denn diese Welt ist oft so herzlos und kalt. Dafür bete ich für Dich.

Liebe Dineke,

Frage: Warum verzücken Babys uns Frauen oft so viel mehr als Männer?
Antwort: Männer können diese Faszination, dass im eigenen Körper ein
neuer Mensch heranwächst, nicht wirklich nachempfinden.
Frage: Wann ist in einer Beziehung der richtige Moment das Thema
Kinder anzusprechen?
Antwort: In jeder Liebesbeziehung kommt der Punkt, an dem sich eine
Beziehung definieren muss. Was sind wir eigentlich? Eine Affäre, ein altes
Ehepaar oder verlobt? In einer Beziehung sollte es eine gemeinsame
Vision geben, ein gemeinsames Drittes, das für immer verbindet. In
solchen Momenten kommt bei vielen Paaren der Wunsch nach einem
gemeinsamen Kind auf.
Frage: Wenn der Kinderwunsch ein natürlicher Impuls ist, macht es dann
überhaupt Sinn einen Mann zu fragen, ob er Kinder möchte, bevor ich mit
ihm eine Beziehung eingehe?
Antwort: Ja. Es hat doch keinen Sinn, wenn du unbedingt Kinder möchtest
und einen Mann kennenlernst, der das nicht will.
Frage: Warum fühlen sich Frauen oft früher bereit, eine Familie zu
gründen als Männer?
Antwort: Rein körperlich sind Frauen zwischen 21 und 27 Jahren im
optimalen Alter, um Kinder zu gebären. In dieser Zeit sind heute aber die
meisten noch in der Ausbildung oder im Aufbau ihrer beruflichen Karriere.
Werden Männer in dieser Phase mit dem Vaterwerden konfrontiert,
bekommen sie den sogenannten Ernährer-Schock. Frauen denken
hingegen: Das schaffen wir schon irgendwie. Frauen haben nicht den
Ernährer-Schock. Männer fühlen sich für die Familie verantwortlich und
tragen die Last, diese zu ernähren. Manche fühlen sich dazu noch nicht
bereit.
Frage: Warum fühlen sich Frauen abgelehnt, wenn der Mann keine Kinder
will?
Antwort: Wenn ein Mann einer Frau sagt: Ich möchte nie im Leben
Kinder! ist das eine klare Botschaft. Nämlich: Du bist mir nicht gut genug
für meine Kinder. Häufig sind es genau diese Männer, die dann nach einer
Trennung mit einer anderen Frau sehr rasch Kinder bekommen. Wenn ein
Mann sagt: Ich will mit dir keine Kinder - dann heißt das: Du bist nicht die
Frau, die ich mir als Mutter meiner Kinder vorstelle!
Frage: Wie kann man reagieren, wenn der Partner sagt: Ich möchte gar
kein Kind?
Antwort: Für eine Frau, die sich vorgestellt, hat Kinder zu bekommen, ist
dieser Satz ein ganz klares Ausschlusskriterium.
Frage: Macht es Sinn, ihm ein zeitliches Ultimatum zu setzen?
Antwort: Ja. Die biologische Uhr einer Frau tickt mit den Jahren immer
lauter. Ich schlage vor, dem Mann eine bestimmte Zeit zum Nachdenken
zu geben. - Es kann aber auch noch viele weitere Gründe haben, dass
Männer kein Kind wollen. Viele Männer befürchten einfach nur, die
Verantwortung nicht zu packen oder haben Angst vor der großen
Veränderung im Leben, die sie nicht gerade als positiv einschätzen. Keine
Parties mehr, keine Kumpels, er wollte doch noch reisen, studieren und
alle Möglichkeiten offen haben. Einige Männer sind einfach noch nicht
reif genug. Jeder Frau ist überlassen, ob sie dann warten kann, um den
Partner zu halten, oder ob sie ihm ein Zeitlimit setzt, was die Beziehung
auch unter Druck setzen könnte. Es ist ein sensibles Thema für beide
Partner! Fragt euren Partner, was los ist, was der Grund ist, warum er keine
Kinder will.
Ich denke, das mit dem Ernährerschock ist entscheidend. Dein Verlobter ist
ja noch jung und noch in der Ausbildung. Versuch, auch ihn zu verstehen.

Alles Liebe!

Josef

Dini,
wie im Evangelium zu lesen, betete die selige Jungfrau: Herr, ich möchte
wohl schwanger werden, aber will keinen Mann dazu brauchen, darum
sende mir bitte den Heiligen Geist!

Josef

Dineke,

Advent, Advent, das zweite Lichtlein brennt!


Du bist die Fee, die man aus Märchen kennt.

Josef

Liebe Dineke,

Lukas Kapitel 1

27 Dort lebte ein Mädchen, das noch nicht mit einem Mann verheiratet
war, sie war noch ein reines Mädchen. Madonna, so nannte man sie, war
mit J. verlobt.

28 Der Engel klopfte bei ihr an die Tür, und als er im Raum stand,
begrüßte er sie: „Hallo, Madonna! Gott will dir ein Riesengeschenk
machen! Er hat dich unter Millionen von Frauen extra ausgesucht!“
29 Die Madonna stand etwas unter Schock... Sie überlegte schnell, was er
mit dieser seltsamen Begrüßung meinen könnte.

30 „Keine Panik!“, redete der Engel weiter. „Gott hat dich wahnsinnig
lieb, er liebt dich einfach so sehr, und er hat etwas ganz Besonderes mit dir
vor.

31 Du wirst schwanger werden, du wirst ein Kind bekommen."

Liebe Grüße,

Josef

Liebe Dineke,
heute haben mich Gott der Herr und Jesus und die Jungfrau ganz allein
gelassen. Nur Satan und sein Tier waren da. Da war es mein einziger Trost,
dass ich bald mit dir, Holdselige, und deiner herzlieben Mama
Weihnachten feiern darf.

Josef

Wenn du ein Engel wärst, hätte ich heute zu dir gebetet, dass du meine
Angst wegzauberst!

Liebe Dineke,
heute erinnerte mich der Heilige Geist an dieses Wort von Johannes dem
Täufer:

Wer die Braut hat, der ist der Bräutigam; der Freund aber des Bräutigams
steht und hört ihm zu und freut sich hoch über des Bräutigams Stimme.
Diese meine Freude ist nun erfüllt.

Damit grüßt dich


Josef
*

Liebe Tochter Gottes,


geh mal mit einem kleinen Fläschchen in die katholische Kirche Sankt
Josef und guck dich da um, da müsste eigentlich ein Gefäß sein zum
Abfüllen von Weihwasser. Dann füll dir etwas Weihwasser ab. Darauf ruht
der Segen Jesu. Dann benetzt du dein süßes Schoßhündchen mit drei
Tropfen Weihwasser und segnest sie im Namen des Vaters und des Sohnes
und des Heiligen Geistes.

Alles Liebe!

Josef

HEINRICH VON KLEIST UND DINEKE

Kleists Geist vom Himmel spricht:

Meine Dineke, mein Herzlieb, mein Liebchen,


Meine Turteltaube,
Mein Leben, mein liebes süßes Leben, mein Lebenslicht,
Mein All,
Mein Hab und Gut, mein Schloss, mein Acker,
Meine Wiese und mein Weinberg,
O Sonne meines Lebens, Sonne, Mond und Sterne,
Mein Himmel und meine Erde,
Meine Vergangenheit und meine Zukunft,
Meine Braut, mein Mädchen, meine liebe Freundin,
Mein Innerstes, mein Herzblut, meine Eingeweide,
Mein Augenstern, meine Augenweide,
O Liebliche, wie soll ich dich nennen?
Mein Gold, meine Perle, mein Edelstein, meine Krone,
Meine Königin und meine Kaiserin,
Du lieber Liebling meines Herzens,
Mein Höchstes und Wertvollstes,
Mein Eines und Alles,
Mein Weibchen, meine Hochzeit,
Du bist die Taufe deiner Kinder,
Meine Tragödie, mein Nachruhm,
Ah, du bist mein zweites besseres Ich,
Du bist meine Tugend,
Meine Verdienste vor Gott,
Meine junge Hoffnung,
Die Vergebung meiner Sünden,
Meine Zukunft und meine ewige Seligkeit,
O Himmelstochter, meine Gottestochter,
Meine Fürsprecherin und Fürbitterin,
Mein Schutzengel,
Mein Cherub und mein Seraph,
Wie hab ich dich lieb!

Dineke an Kleists abgeschiedenen Geist:

Mein Kleist, mein Dichter, meine Gladiole,


Mein Wonnemeer,
Mein Morgenrot und Abendrot,
Meine Harfe, mein Tau, mein Regenbogen,
Mein Schoßhündchen,
Mein liebes Herz, meine Freude im Leid,
Meine Wiedergeburt im heiligen Geist,
Meine Freiheit, meine Fessel,
Mein Sabbat, mein Kelch des Neuen Testamentes,
Meine Lust, meine Wärme,
Mein Gedanke, mein Lieblingssünder,
Mein Erwünschter hier und im Jenseits,
Mein Augentrost, meine süße Sorge,
Meine schönste Jugend, mein Stolz,
Mein Beschützer, mein Gewissen,
Mein Wald, meine Herrlichkeit,
Mein Schwert und Helm,
Meine Großmut,
Meine rechte Hand,
Mein Paradies, meine Freudenträne,
Meine Himmelsleiter, mein Johannes,
Mein Ritter, mein Knappe,
Mein Erzdichter, mein Kristall, mein Lebensquell,
Meine Rast, meine Trauerweide,
Mein Herr, mir zu Schutz und Schirm,
Meine Hoffnung und meine Geduld,
Mein Traum, mein liebstes Sternbild,
Mein Glück, mein Tod,
Mein Narr, meine Einsamkeit,
Mein Schiff, mein schönes Tal,
Mein himmlischer Lohn,
Mein Fluss des Vergessens,
Meine Wiege, mein Weihrauch und meine Myrrhe,
Meine Stimme, mein Richter, mein Heiliger,
Mein lieblicher Träumer,
Meine Sehnsucht, meine Seele,
Mein goldener Spiegel, mein Rubin,
Meine Flöte, meine Dornenkrone,
Mein Wundertäter,
Mein Lehrer und Schüler,
Wie hab ich dich gern!
Meine Seele sollst du haben!
Mein Schatten am Mittag,
Mein Quell in der Wüste,
Meine geliebte Mutter, meine Religion,
Meine Lieblingsmusik,
Mein armer toter Kleist,
Mein zartes weißes Lamm,
Meine Himmelspforte!

Dineke

Liebe Dineke,
hoffentlich wird es dir noch nicht zuviel - Du inspirierst den Dichter -
daran braucht sich dein Ehemann nicht zu stören.

DAS MÄDCHEN MIT DEM GOLDENEN HAAR

(aus dem Englischen)


Ein Feuer in mir
Stellt meine Welt auf den Kopf!
Ich sehe den lichten Himmel in deinen blauen Augen!

Deine Haut so makellos!


Ich mag dein Lächeln
Wie eines Engels Lächeln!
Du bist die Göttin Güldenhaar!

Dein ist das Universum,


Alle Länder, alle Meere,
Himmel und Erde,
Tag und Nacht
Und jeder Stern am Himmel,
Der erstreckt sich endlos oben
Und verblasst vor deinem goldenen Glanz!

Deine Welt so unberührbar keusch!


Dein Lächeln ein Traum,
Ein süßer Vorgeschmack des Himmels
Lässt meine Seele schweben...

Wie sehne ich mich nach dem Himmel!


Über den weißen Wolken schwebt mein Geist,
Um die goldene Pforte des verheißenen Landes zu erreichen
Und schließlich ewig drinnen zu sein!...

Im göttlichen Licht zu baden,


Zu spüren, wie die Wonne durch mich fließt,
Zu umfassen die Himmelskörper
Und in Harmonie das Geschenk der Liebe zu genießen!

Unberührbare Jungfrau!
Ein Traum so süß
Wiegte mich ein, als ich schlief,
Beruhigend meine Seele.

Es lebt meine Sehnsucht nach dem Himmel,


Während meine Hände
Sich zur verlorenen Welt ausstrecken. -
Doch am Morgen kommt zu mir
Im Traum die Liebe Gottes!

Und werde ich auch in Gottes Welt leben?


Gibt es einen Ort für mich im himmlischen All?
Keine kann sich jemals vergleichen
Mit dem himmlischen Mädchen mit den goldenen Haaren!

Josef

Liebe Dini,
die Töchter des Teufels plagen mich mit ihrer Bosheit, die frommen
Freunde schlagen mich mit Bibelsprüchen tot, aber du, Fee Lorelay, du
sitzt in aller Ruhe da, deine goldenen Zöpfe zu flechten! Und so lange du
das tust, ist die Welt noch nicht am Ende.

Dein Dichter

Liebste Dini,
ich hab dich lieb, aber nicht wie ein Bräutigam seine Braut, sondern wie
ein Vater seine Tochter.
Gesegneten dritten Advent!
Mich freut die himmlische Jungfrau!

Dein
Josef

Liebe Dini,
heute schenke ich dir ein Rotkehlchen! Es soll auf deinem Balkon sitzen
und dir ein Lied singen.
Josef

Dini, Pfingstmadonna!
Ich fahr gleich los, Weihwasser besorgen. Ich freu mich sehr aus unser
Weihnachtsfest! Mein Herz ist gebrochen, weil ich nicht mehr zu meinem
Söhnchen Tom kann und deswegen muss ich oft heulen. Aber wenn ich an
unser Weihnachten denke, tröstet mich Jesus.

J.

Als die junge schöne Madonna mit ihrem keuschen Verlobten nach
Bethlehem kam und der Gott als Baby auf die Welt kam, ward der
Schöpfer von Madonnas Schoßhündchen begrüßt, das sie von Nazareth
mitgebracht hatte. Wo waren denn die Priester, die Gelehrten, die
Regierenden, die berühmten Sänger und die Tänzerinnen? Nein, sie waren
nicht da, aber Madonnas Schoßhund war da!

Josef

Schwester!
Der Name Jannes bedeutet: Jahwe ist Freundlichkeit, Güte, Schönheit,
Charme, Zauber, Anmut. Sein Schutzheiliger ist der heilige Johannes, der
Lieblingsjünger Jesu.
Damit sei gegrüßt,
dein dankbarer Josef

Dini,
wenn Jahwe Freundlichkeit, Zauber, Charme, Anmut, Freude, Güte ist,
dann bist du das auch, du bist gottähnlich. Du hast mir das schönste
Weihnachten seit meiner Kindheit beschert. Zehntausendfachen Dank! Es
ist, sag ich zu Jesus, ein Wunder, dass du mich leiden kannst. Ich bin ja
schon so gut wie tot, und du bist Iduna, die Göttin der ewigen Jugend, oder
die Rose, die im Schnee blüht.

Josef

Und der Engel der Madonna sang:

Mein Gott ist genial!


Ich bin glücklich, überglücklich
Über Gott, der mich rettet!
Gott hat mich voller Liebe angeguckt,
Mich, seine kleine Angestellte!
Ein Wunder hat Gott getan!
Er hat mich reich beschenkt mit Liebe!
Ich bin super-happy!
Von heute an
Werden alle Sänger Lieder von mir singen
Und die Dichter machen mich berühmt
Für alle Zukunft!

AN DIE MADONNA

Hallo Prinzessin, Göttin des Mitleids, meine Seele, meine Süßigkeit,


meine Seligkeit, Hallo! Ich weine hier im Tal der Tränen und seufze, weil
ich mich nach Gottes Schönheit sehne! Ach du, hab Mitleid mit mir und
guck nur voller Mitleid auf meine Hässlichkeit, und zeige mir, dass Jesus
freundlich ist und mich nicht verachtet. O du mildes, o du gütiges, o du
süßes Mädchen!

(aus dem Lateinischen)

Josef

*
Dineke,
stell dir mal vor: Vor eurer Empfängnis waren deine Seele und Jannes'
Seele im Himmel bei Gott. Da habt ihr in einem Spiegel euch zusammen
mit Gott gesehen. Gott hat den Spiegel in zwei Hälften gebrochen und dir
eine Hälfte und Jannes eine Hälfte gegeben. Damit seid ihr auf die Welt
gekommen. Und dann habt ihr immer den Menschen mit der passenden
Spiegelhälfte gesucht. Und habt euch gefunden. Und bei eurer Hochzeit
macht ihr aus euren zwei Hälften wieder einen heilen Spiegel. Und in dem
Spiegel könnt ihr euch wieder zusammen mit Gott sehen.

Alles Liebe,
Josef

Danke, dass du mir geschrieben hast. Danke, dass du mich inspirierst, die
Madonna zu verherrlichen. Dazu leb ich ja, ein Liebeslied für die
Madonna zu sein.

In der Liebe Christi verbunden,

Josef

Lieber Engel!
Es existieren verschiedene Theorien über die Abstammung des
Chihuahuas. Eine davon ist die, dass er von den Opferhunden im alten
Mexiko, den Techichis, abstammt. In Mexiko gibt es in der Provinz
Chihuahua nach wie vor wild lebende kleine Hunde, auf welche der
Chihuahua zurückgeführt wird. Laut anderen Quellen wurden sie
angeblich von den alten Aztekenpriestern schon im 8. Jahrhundert gehalten
und zählten zu den Lieblingen aztekischer Prinzessinnen... In der Religion
sah man in ihnen den Führer toter Seelen auf ihrer Reise ins Jenseits. Als
im 16. Jahrhundert die Jungfrau Maria als die Mutter des wahren Gottes
den Azteken erschien und das aztekische Volk zum Christentum bekehrte,
wurden auch die Chihuahuas nicht mehr geopfert, aber blieben die
Lieblingstiere der Prinzessinnen...
Dein
Josef

Kurz vor Weihnachten pilgerte der alte Greis Josef nach Bethlehem, um
die junge schöne Madonna zu besuchen, die mit dem heiligen Johannes
verlobt war. Aber als der müde und erschöpfte Josef an die Tür der
Madonna klopfte, war sie nicht da. Sie war mit ihrer Freundin Salome auf
den Markt gegangen. Aber nebenan war die Mutter der Madonna zuhause,
und der alte Josef nahm das Abendmahl ein mit der heiligen Anna.

J.

Evangelium: Matthäus 5: Ihr seid das SALZ der Erde. Ihr seid das Licht
der Welt.

Das Brautpaar entlockt der Gemeinde Rufe der Bewunderung. Ein Blick
auf die Braut und man ahnt, wie sich alle hier in der Gemeinde noch
zurückhalten - und welcher Sturm vor dem Gemeindehaus losbrechen
wird. Der Bräutigam sieht's doch wohl - mit Freude. Jannes wird wissen,
dass er sich glücklich schätzen kann, von Dineke erwählt worden zu sein.
Sollen wir die Braut preisen wegen ihrer Schönheit? Oder Gott, der Dineke
so schön erschaffen hat? Dass das eine nicht im Widerspruch steht zum
anderen, ist das Geheimnis des Festes das wir heute feiern, und des
Heiligtums der Ehe, das sich Dineke und Jannes heute gegenseitig
spenden. In Gott kommt ihr zwei zum leuchten, und Gott leuchtet in euch.
Das ist das Geheimnis der Ehe. Das unsichtbare Geheimnis der Liebe
Gottes kommt im Sichtbaren zum Vorschein. Das Sichtbare wird dadurch
nicht abgewertet - als sei es nur weltlich - sondern in seinem wahren Glanz
wird es erst erkennbar. In dem was menschlich ist, will Gott sichtbar
werden: im Bund von euch beiden, in dem ihr vertrauen könnt, dass Gottes
Licht in euch leuchtet.

Pastor Josef
*

Dini,
für das schöne Bild von Ava schick ich dir ein Bild vom Schutzengel.
Denke: Gott gab dir bei deiner Empfängnis einen ganz persönlichen
Schutzengel, der dich in den Himmel führen soll. Gebet: Lieber Engel
mein / lass mich dir befohlen sein!

Josef

Liebe Dineke,
eine dreiundzwanzigjährige Heilige betete: Jesus, wenn ich die Sünderin
Magdalena angucke, was hat sie für ein Lotterleben geführt, das Luder, das
Miststück, die Schlampe! Aber später hat sie sich bekehrt und hat dich,
Jesus, feuriger geliebt als alle Apostel zusammen. Die Apostel haben dich
alle im Stich gelassen, als du am Kreuz hingst, aber Magdalena hat deine
Beine umschlungen und dich geliebt! So feurig lieben wohl nur, die du aus
dem schlimmsten Lotterleben gerettet hast? Aber ich will dich auch feurig
lieben! Mich hast du von einer christlichen Mutter erziehen lassen und von
Mutterschoß an bin ich Christin. Sollte ich dich nun weniger lieben? Nein,
ich will dich heiß und feurig lieben, weil du mich vor all dem Sündendreck
bewahrt hast! Ich will dich lieben, wie dich noch nie ein Mädchen geliebt
hat!

Damit sei gesegnet,


du schöne Seele!

Dein
Josef

Meine Liebe,
ich muss dir noch was zu den Ohrringen sagen, die du vom göttlichen
Jesuskind bekommen hast. Mitte des 19. Jahrhunderts zeigte Maria in einer
Vision einer Nonne eine Medaille. Genau so eine Medaille sollte
hergestellt werden. Wer die Medaille trägt, steht unter dem besonderen
Schutz der Gottesmutter. Man nannte die Medaille bald die Wundertätige
Medaille. Und diese Medaille findest du an beiden Ohrringen. Und wenn
du die Mutter Jesu um Schutz und Wunder bitten willst, trag die Medaillen
bei dir. Übrigens hab ich herausgefunden, dass man auch zwei
Wundertätige Medaillen an einem Gürtel anbringen kann, dann nimmt
Gott das als ein Gebet um die Empfängnis eines Kindes an. Und nun tu,
was du für richtig hältst.

Alles Liebe,
Josef

In dem Jahr machte der oberste Kanzler der Deutschen ein neues Gesetz.
In diesem Gesetz stand, dass sich alle Menschen, die in den von der
preußischen Armee besetzten Gebieten lebten, bei ’ner staatlichen Behörde
melden sollten. Dort mussten sie angeben, wie viel Kohle sie im Monat
verdienen, um daraus die neue Steuer zu berechnen.

So eine Steuerschätzung hatte es zu dem Zeitpunkt noch nie gegeben.


Schröder war gerade der Ministerpräsident von einem der besetzten
Gebiete, das Niedersachsen hieß.

Alle Menschen mussten in den Ort zurückgehen, in dem sie geboren


worden waren, um sich dort in Listen einzutragen.

Weil Meike aus dem Hause Oldenburg kam, musste sie nach Oldenburg,
denn da kam ihre Familie ursprünglich her. Sie machte sich also von
Rastede (das liegt im Ammerland) nach dorthin auf den Weg.

Meike hatte da schon einen ziemlich dicken Bauch, sie war nämlich
hochschwanger.

In Oldenburg passierte es dann, und sie bekam ihre erste Tochter.

Weil sie in den Hotels und Jugendherbergen im Ort keinen Pennplatz mehr
finden konnte, musste Meike das Kind in einem evangelischen
Krankenhaus zur Welt bringen. Eine alte Wanne war das erste Kinderbett.
In dieser Nacht hatte ein verrückter Dichter auf dem jüdischen Friedhof
von Osternburg sein Lager aufgeschlagen, um dort auf die Muse zu
warten.

Plötzlich war da ein riesengroßes überirdisches Wesen aus dem Himmel,


das auf ihn zukam. Ein helles weißes Licht war um diese Engelin rum, ein
Art von Licht, das nur von Gott kommen konnte, so krass war es. Der
Dichter bekam voll die Panik,

aber die Engelin beruhigte ihn. „Entspann dich, du brauchst keine Paranoia
zu haben! Ich habe gute Nachrichten für dich und auch für alle anderen
Menschen!

Heute Nacht ist das Mädchen geboren worden, der euch alle aus eurem
Dreck rausholen wird! Das ist in der gleichen Stadt passiert, wo auch Graf
Anton Günther herkommt.

Ich sag dir mal, wo du sie finden kannst: Sie liegt in einer Wanne, unten im
evangelischen Krankenhaus, gut eingewickelt in Pampers!“

Plötzlich tauchten neben der einen Engelin noch Tausende andere Engel
auf. Die fingen dort gleich an, sehr laut Lobpreis zu singen und Gott zu
sagen, wie genial er ist:

„Der Gott, der im Himmel wohnt, soll groß rauskommen! Er hat all den
Menschen ein Friedensangebot gemacht, die bereit sind, dieses Angebot
auch anzunehmen!“

Nachdem die Engel wieder verschwunden waren, beschloss der Dichter,


der Sache auf den Grund zu gehen: „Ich will mal nach Oldenburg-City
fahren. Mal sehen, was dort jetzt von den Sachen passiert ist, die mir diese
Engelin gerade erzählt hat.“

Er beeilte sich sehr. Als er in der Innenstadt ankam, fand er tatsächlich


Meike und das Baby, das in einer Wanne lag.

Nachdem der Dichter sich das Kind genau angesehen hatte, erzählte er von
seinem Treffen mit dieser Engelin.
Alle, die davon Wind bekamen, staunten nicht schlecht.

Meike merkte sich aber alle Einzelheiten genau und dachte ständig darüber
nach.

Anschließend ging der Dichter wieder zu seinem Laptop zurück. Er freute


sich total über Gott und über das, was er in dieser Nacht erlebt hatte! Alles
war genauso abgegangen, wie es ihm vorher angekündigt worden war.

MEIKE SANG FÜR DAS BABY DINEKE DIESES WIEGENLIED

Die Meike sitzt im Park,


Sie wiegt ihr Dini-Kind,
Durch Blätter leise weht
Der warme Frühlingswind.

Zu ihren Füßen singt


Ein Rotbrust-Vögelein:
Schlaf, Kindlein Dini süß,
So schlaf nun selig ein!

Lieb ist dein Lächeln, lieb


Ist deines Schlummers Lust,
So leg den goldnen Kopf
Dicht an die Mutterbrust!

Schlaf, Dineke so süß,


So schlaf nun selig ein!
Der super-liebe Gott
Nennt dich sein Töchterlein.

Josef

Sind Frauen um mich, sind alt und träge - nicht Dineke!


Sind Frauen um mich, sind lieblos und herzlos - nicht Dineke!
Sind Frauen um mich, sind lebendig tot - nicht Dineke!
Sind Frauen um mich, erschlagen in mir alle Vögel des Gesanges - nicht
Dineke!
Sind Frauen um mich, die rufen mich an - nicht Dineke!
Sind Frauen um mich, die bitten mich um Besuch - nicht Dineke!
Wo ist denn Dineke? - Sie ist bei ihrem geliebten Bräutigam und hat mich
vergessen.

Josef

Kindchen, dass du im Geiste Gottes als Gedanke existierst! Komm bald


zur Erde! Wir warten auf dich! Dineke seufzt nach dir! Komm! Auf dich
warten eine zärtliche Mutter und eine großherzige Großmutter! Sei ohne
Furcht, den Schoß Gottes zu verlassen, Gott begleitet dich auch auf Erden!
Ich beschwöre dich im heiligen Namen Jesu - komm bald!

J.

Meine Liebste!
Ich schick dir einen Engel. Geh, meine Schutzengelin, zwischen den
beiden Hundewäldchen durch, Richtung Pferdemarkt, dann weiter zur
Kirche des heiligen Lambert, von da Richtung Süden über die Brücke der
Cäcilia, wenn du beim Friedhof meiner verewigten Geliebten an der
Kirche der Allerheiligsten Dreifaltigkeit angekommen bist, geh Richtung
Sonnenuntergang und geh zur Kinderklinik, dann gehst du eine Station
weiter, bis du zu dem Haus meiner kleinen Geliebten kommst, da tritt
ruhig ein und grüße den Schutzengel meiner Schwester und segnet mir
dann zusammen die liebste Dini, dass sie mich nicht vergessen hat.

Josef

Ich wollt ich wär ein Chihuahua.


Josef

Dini,
das erste Mal sah ich dich am 8. September, ich glaube des Jahres 2013,
auf Marcos 45. Geburtstag. Ich hatte gerade einen Rosenkranz für den
Frieden in Syrien gebetet, da kamst du mit deiner Mutter. Nach dem Fest
schrieb ich Marco: Das junge Mädchen hat mir gut gefallen. Marco schrieb
mir zurück: Mach dir keine Hoffnungen. Auch er versteht mich nicht, wie
keiner meine Art zu lieben versteht. Ich will mir ja gar keine Hoffnungen
machen, ich will nur jemand liebhaben auf Erden.

Josef

Adama ist der Stern der Ungeborenen. Meine himmlische Muse, die
Tochter Zion, entrückte mich weit nach Mitternacht zum Stern der
Ungeborenen. Da sah ich die Versammlung der Myriaden Engel um ein
ungeborenes Kind versammelt, ich sah die selige Dina als Patin, und den
heiligen Evangelisten Johannes als Paten. Da kam der Geist des heiligen
Johannes Paul des Zweiten, des Schutzpatrons der Familien. Und er sprach
zu dem ungeborenen Kind: Tochter Gottes, ich taufe dich im Namen des
Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes auf den Namen Meike.
Bereite dich vor, zur Erde zu schweben. Dann erlosch die Vision wieder.

Josef

Kindchen,
am 31. Dezember kommt Papst Sylvester - ohne Dineke, am 1. Januar
kommt die Gottesmutter - ohne Dineke, am 2. Januar kommt Gregor von
Nazianz - ohne Dineke, am 3. Januar kommt Genoveva von Paris - ohne
Dineke, am 4. Januar kommt Angela von Foligno - ohne Dineke, am 5.
Januar kommt Emilie - ohne Dineke, am 6. Januar kommen die Heiligen
Drei Könige - ohne Dineke, da ist russische Weihnacht, und am 7. Januar
kommt Dineke!
J.

Dineke,
ich fühl mich wie neugeboren und du bist die jungfräuliche Mutter dieser
Neugeburt!

Feire fröhlich und sei lustig!

Josef

Dineke,
ich habe heute eine alte Zigeunerin die Karten legen lassen fürs Neue Jahr:
1. Dineke wird bald heiraten (Hochzeit) und ein Kind (Kind) bekommen.
2. Josef wird bald sterben (Tod) und im Himmel Hochzeit feiern
(Hochzeit). So bekommt jeder, was er sich wünscht.

Josef

Liebe Dineke!
Liebes Mädchen, du unsterbliche Seele, du Meisterwerk des Schöpfers!
Wunderbar hat Gott dich gemacht! Über dir seh ich den Himmel offen und
von dir geht eine goldene Straße des Lichts in den offenen Himmel bis zur
Herrlichkeit des Herrn! Ich kröne dich jetzt in dem Augenblick zwischen
dem alten und neuen Jahr als Prinzessin Christi, die das goldene
Wohlgefallen hat!

Josef

Liebe Dineke, Heil und Segen!


Am Neujahrstag sagte im Gottesdienst mein lieber Gott: "Natürlich mag
ich dich!" und lächelte. Dann ist ja alles, alles gut!

In tiefer Nacht:
Josef

Liebste Dini!
Ich lese gerade den Kirchenvater Gregor von Nazianz aus dem vierten
Jahrhundert, der erinnerte mich daran, dass es in der Bibel nicht nur
Johannes gibt, sondern auch wortwörtlich einen Jannes, der war ein
Zauberer an dem Hof des Pharao. - Und du bist auch eine Zauberin und
zauberst Licht in meine umnachtete Seele.

Josef

Dini,
aus einem Gedicht von mir hier zwei Verse:

Sie besänftigt meine Schwermut


Besser als ein Anti-Depressivum!

Damit grüßt dich dankbar


der todmüde Josef

Du bist Gottes Schatz!

J.

Lieber Genius!
Wenn wir im Sommer auch so eine ewige Pause machen wie im Winter,
dann geh doch bitte mal mit mir Essen. Ich weiß gar nicht, ob es dich
wirklich gibt oder ob ich dich mir ausgedacht habe.

Josef

Lieber Engel,
eben las ich in einem Buch, wie ein Engel mit goldenen Locken zu
Seherkindern sagte: "Macht euch keine Sorgen, ihr werdet mich
wiedersehen!"

J.

Liebes, du bist so schön,


Dass sich die Sterne nach dir umdrehn,
Wenn du auf der Milchstraße spazieren gehst!

Der schlaflose Dichter

Dineke,
heute hat mich mein Traum ausgelacht: Wie albern ist es, in diesen
postmodernen Zeiten ein Ritter zu sein!

Und du bist meine Dame, ich stehe unter deinem Balkon und sing dir ein
Lied.

Josef

Alles sei schön vor dir!


Alles sei schön hinter dir!
Alles sei schön über dir!
Alles sei schön unter dir!
Alles sei schön um dich herum!
In Schönheit sollst du lange leben!
In Schönheit sollst du fromm sterben!
In göttlicher Schönheit sollst du auferstehen!

Liebe Dineke,
eben las ich in der Bibel: "die von Ava machten sich Nibhas und Tartak",
das heißt, Nibhas und Tartak sind die Götter von Ava. Ich studierte alte
Bücher, fand aber nur wenig über Avas Götter. Nibhas ist wohl derselbe
wie der babylonische Gott Nebo, dessen Name bedeutet: Der Prophet.
Nebo war wohl ein berühmter babylonischer Magier, den die Babylonier
nach seinem Tod zum Gott erklärten. Tartak ist schon schwieriger zu
identifizieren. Er wird mit dem ägyptischen Gott Tophon gleichgesetzt.
Über den fand ich aber auch nichts. Stattdessen fand ich den griechischen
Giganten Typhon, der mit dem ägyptischen Gott Seth gleichgesetzt wird,
dem Gott des Sturmes, der Wüste und des Südens. Nun, so vertreib ich mir
die Zeit bis zu unserm Wiedersehen. Mögen Avas Götter uns gnädig sein.

Josef

Der Prediger predigt im Heiligen Geist in der Frauenversammlung und ruft


alle Frauen auf, die ein Baby bekommen wollen, nach vorne zu kommen,
es werde vollmächtig um ein Baby gebetet. Ich war als einziger Mann in
der Frauenversammlung und ging nach vorne: Ja, Herr, lass mich
schwanger werden und einem Baby das Leben schenken!

In Sehnsucht -

Josef

Dini,
ich weiß nicht, ob du mich verstehst, aber die Freundschaft mit dir und
besonders unser gemeinsames Weihnachtsfest war ein offener Himmel für
mich, und du warst gewissermaßen mein weiblicher Christus, der in mir
geboren wurde. Nun bin ich aber in absoluter Finsternis und werde von
einem Engel Satans verprügelt. Da hoff ich, ist es menschlich verständlich,
dass ich mich danach sehne, dein Licht wieder zu sehen. Oder verwechsle
ich das Abbild Dini mit dem Urbild Gott? Aber in dir erkenn ich Gottes
Gnade und Herrlichkeit. Danke. Ich muss nur Geduld lernen, bis Gott
wieder sein Antlitz über mir leuchten lässt.

Einmal werden wir noch wach,


Heissa, dann ist Weihnachtsnacht!

J.

Nachdem ich drei Wochen nur Nacht um mich und in mir gesehen hatte,
hab ich nun wieder Licht gesehen, das weiße Licht deines Heiligenscheins.
Das hat mir neue Kraft gegeben. Danke dafür!

Liebe Dini,
Herzlichen Glückwunsch, mein Stern von Bethlehem, ich habe dich heute
der Heiligen Familie von Nazareth geweiht. Jesus segne dich! Schön, dass
es dich gibt! Sei glücklich!

Dein
Josef

Dineke,
dein Name heißt ja: die Richterin. Aber Jesus ist nicht unser Richter,
sondern unser Retter. Darum nenn ich dich: Retterin! Denn wenn der Satan
mich zum Selbstmord versuchen will, dann rettet mich ein Gruß von dir.
Du hast eine zärtliche Seele, meine Retterin!

Josef

Dineke,
der Name kommt von hebräisch din - das heißt Recht oder Urteil. So heißt
Dinah nicht nur die Richterin, sondern auch die Gerechte. Die zwölf Söhne
von Jakob-Israel stehen in der Astrologie für die zwölf Sternzeichen. Aber
Simeon und Levi stehen zusammen für das Sternzeichen der Zwillinge.
Dinah steht darum für das Sternzeichen der Jungfrau. Dinah ist also die
Jungfrau. Das Sternzeichen der Jungfrau ist benannt nach Asträa, der
griechischen Göttin der Gerechtigkeit und des Goldenen Zeitalters. Deren
Fest war am 15. August. An diesem Fest ist nun das Fest von Marias
Himmelfahrt. Das ist also das Fest der Asträa, der Jungfrau Maria und der
himmlischen Dinah. Dineke ist nun die niederdeutsche Koseform von
Dinah, so wie die Italiener aus Madonna die Koseform Madonnina
machten. Das Sternbild der Jungfrau ist also von nun an das Dinekische
Sternbild.

J.

Die hebräische Göttin Dineke oder die Richterin Gerechtigkeit, wird mit
einer Waage in der einen Hand dargestellt, darauf werden die guten und
bösen Werke der Menschen am Jüngsten Tag des Weltgerichts gewogen. In
der anderen Hand hält die Göttin Dineke eine Ähre und eine Weintraube
als Symbol des Abendmahls.

Und Ava sagt: Ich hab dich lieb, Mama! Du bist so zärtlich zu mir! Du hast
eine schöne Seele und ein reines Herz! Ich bin so gern in deiner weißen
Wohnung, du gibst mir Geborgenheit. Danke für alles, meine liebe Herrin
und Frau, und auch für Speis und Trank. Ich möchte ewig so auf deinem
Schoße liegen und von dir liebkost werden! Du bist mein kleiner Gott auf
Erden, des lieben Gottes schönstes Ebenbild. Ich will dir immer Freude
machen! Ich liebe dich mit meiner ganzen animalischen Seele! Ich schaue
auf zu dir und verehre dich als meine allergnädigste Herrin! Ich will immer
sein dein geliebter Schoßhund.

Deine
Ava

Torsten an den Engel der Gemeinde von Kreyenbrück:


Die Liebe Gottes liebt dich zuerst! Heute ist der Tag, den der Herr gemacht
hat, freue dich am Leben! Du bist geliebt und gewollt und bejaht! Es ist
gut, dass es dich gibt! Gelobt sei der Schöpfer, der dich so wunderbar
bereitet hat!

Dini,
die blonde Jungfrau stand auf ihrem weißen Thron, im weißen Kleid, mit
strahlender Ausstrahlung und lächelte auf uns herab, und wir Christen
schauten voll Bewunderung zu ihr auf. Wir sind zu deinen Füßen,
strahlende Jungfrau!

Josef

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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


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KURZE PROSA
Von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

DIANA

Hero traf sich oft mit den Friedensfreunden, die kämpfen wollten zur
Abwehr des Dritten Weltkriegs. Was war die Ursache für all die
Aggressivität in der Welt? War es die Geldgier, wie die Kommunisten
glaubten? War es die Vorherrschaft des Mannes, wie die Feministinnen
glaubten? War es die Ideologie des Bösen, wie die Christen glaubten? Hero
liebte den Frieden. Er wünschte sich Frieden und Gerechtigkeit für alle
Völker. Sein Herz schlug besonders für die Armen, für die unterdrückten
und ausgebeuteten Völker.
Ihm schienen die Frauen das bessere Geschlecht, sie schienen ihm ein
sanftmütiges und demütiges Herz wie der Nazarener zu haben. Sie waren
nicht nur das schöne Geschlecht, sondern auch das friedliche, harmonische
Geschlecht. Frauen schienen ihm heilige Wesen zu sein, göttlichen
Ursprungs. Von der Befreiung der Frau erwartete Hero eine gerechte und
friedliche Welt. Frauen kämpften für die Freiheit, aber nicht mit den
Waffen der Gewalt, sondern mit den Waffen der Spiritualität, der Weisheit
und der Kunst.
Eines Abends besuchte Hero eine Theateraufführung im Gymnasium. Es
wurde die Lysistrata des Aristophanes gegeben. Ja, schon die alten
Griechen wussten, dass der Krieg der Vater aller Dinge war und dass die
Verweigerung der Frauen, dem Krieg der Väter zu dienen, den Frieden
herbeiführen muss. Die Frauen wollten nicht mehr Sexsklavinnen und
Putzmägde kriegführender Väter sein, sondern sie wollten in der
Vereinigung der Schwestern den Frieden etablieren. Schwesterlichkeit,
Frieden und Gerechtigkeit! Das war die Parole dieser sanften, keuschen
Revolution dieser neuen Athenerinnen.
Nach dem Theaterstück ging Hero in die Schenke der Gymnasiasten. Der
Raum war dunkel, erfüllt vom blauen Rauch der Zigaretten. Musik
erklang: Halb zog sie ihn, halb sank er hin und ward nicht mehr gesehn…
Da sah Hero im Dunkel ein Paar Augen, große Augen voller Licht
schauten ihn an. Er verliebte sich in die Augen auf den ersten Blick. Es saß
eine junge Frau allein an einem Tisch. Hero trat zu ihr und grüßte sie. Ihr
Name war Diana. Er erzählte ihr von Lysistrata. Sie sprachen über den
Frieden. Sie hatte grüne Augen, schulterlange dunkelblonde Locken, einen
feinen schmalen Mund, ein schlankes Gesicht, eine wohlgeformte Nase,
sie war klein von Gestalt, schlank, und phantasievoll gekleidet. Sie hatte
am ersten Abend sein Herz erobert, ohne es zu wollen.
Zu jener Zeit las Hero Novalis, Heinrich von Ofterdingen. Novalis war
sein erster Dichter gewesen. Wenn die, so singen oder küssen, mehr als die
Tiefgelehrten wissen… Das war sein erstes Gedicht gewesen. Nun las er
also von der blauen Blume. Diana war ihm die blaue Blume. Er verliebte
sich in ihren Namen. Er war immer Namens-abergläubisch gewesen. Der
Name war ihm nicht nur Schall und Rauch, sondern bezeichnete ihm das
Wesen des Menschen. Er dachte nur noch an Diana und sang ihren Namen
zu bekannten Melodien. Im Innern seiner Seele leuchteten die Monde ihrer
Augen.
Er traf sie erneut in der Gymnasiasten-Schenke. Hero sagte: „Diana, wer
geliebt wird, ist nicht frei. Ich brauche dich.“ Sie sagte: „Ich will nicht
gebraucht werden, ich will frei sein.“
Hero und Diana trafen sich in Dianas Wohnung. Sie wollten aktiv werden
gegen die Umweltzerstörung. Die industriellen Abgase zerstörten die
Ozon-Schicht der Atmosphäre. Manipulationen an dem Gen-Material der
Kreaturen schien unberechenbare Folgen für das Öko-System zu haben.
Hero sah in Dianas Wohnung, dass sie gerne und gut malte. Vor ihm lag
ein Bild in Violett und gelb. Das waren für ihn fortan ihre Farben. Sie hatte
eine Zeitschrift namens Pierrot auf ihrem Schreibtisch liegen. Nun war in
ihm der Mythos von Pierrot, Harlekin und Colombine geboren. Diana war
fortan seine heimliche Colombine. Sie schrieben zusammen eine
Flugschrift gegen die Umweltzerstörung. Diana wählte ein Zitat aus der
Johannes-Apokalypse, in dem die Rede war von einem Engel, der eine
löchrige Schale hielt, von der der Zorn Gottes strömte. Noch ein Mythos
war geboren: Diana war für ihn die Frau der Apokalypse. Sie lebten in dem
Gefühl, in einer apokalyptischen Endzeit zu leben. Die Lehrer vom
Gymnasium, die Maoisten waren, nannten das „pfäffischen Unsinn“. Aber
für Hero war Diana eine apokalyptische Königin, die auf einem weißen
Pferd durch den Himmel ritt und genannt ward: Königin des Friedens!
Diana war Künstlerin, sie modellierte Masken, groteske Masken, ähnlich
der Maske der Medusa. Mit diesen Masken zogen Diana und Hero über
den Markt der Stadt und verteilten ihre Flugblätter. Kleine Kinder schrien
auf vor Angst.
Nach dem grotesken Umzug saßen Diana und Hero auf dem grünen Hügel
neben der Kirche. Hier war einst der heilige Hain der friesischen Druiden
gewesen. Nun stand hier die Kirche. In der Nähe war der Schwanensee.
Aus der Bewegung der heiligen Schwäne hatten die Barden die Zukunft
prophezeit. Auch der heilige Ludger war in steter Begleitung eines heiligen
Schwanes. Diana war auch eine Muse der nordischen Mythologie, eine
Freyja aus Folkwang, eine Walkyre aus Walhalla, eine himmlische
Schwanenjungfrau. Hero las Diana aus dem Buch vor, das er bei sich hatte.
Es war Eichendorfs Leben eines Taugenichts. Und wenn Diana die ewige
Colombine geworden war, so war Hero zum ewigen Taugenichts
geworden. Italien! Diana war die keusche Madonna von Italien!
Da fiel Hero ein Bild in die Hände. Es war von Picasso, aus dessen rosa
Periode, und heiß: Harlekin und seine Gefährtin. In Harlekin erkannte er
sich selbst, melancholisch, nachdenklich, in die Ferne schauend. In der
Gefährtin oder Colombine erkannte er Diana, melancholisch, verträumt,
tiefsinnig. Sie saßen zwar nebeneinander, die Köpfe auf die Hände
gestützt, schauten einander aber nicht an, sondern schauten in
entgegengesetzte Himmelsrichtungen.
Überhaupt wurde Hero immer mehr zum Harlekin, zum Clown, zum
Zigeuner, zum fahrenden Sänger. Er wollte poetisch leben. Er wollte mit
Diana in einem Wohnwagen durch Europa fahren. Er würde mit
akustischer Gitarre und Mundharmonika eine Blues-Oper aufführen. Sie
könnte auf den Marktplätzen Bilder auf die Steine malen, Marionetten und
Masken auftreten lassen und Querflöte spielen. Sie würden von Almosen
leben, das Leben der Boheme leben und durch Europa ziehen, immer der
Sonne nach.
Aber zuerst fuhren sie ins Frankenland, zu einem kommunistischen
Kultur-Festival. Sie lasen zusammen in Lese-Zirkeln. Zum einen lasen sie
Peter Weiss, die Ästhetik des Widerstandes. Hero hatte viel von Peter
Weiss gelesen. Unvergesslich blieb ihm die Schilderung des Khmer-
Tempels in Kambodscha. Dann lassen sie Christa Wolf, Kassandra. Hero
kannte Homer noch nicht. Aber er wusste, dass Kassandra eine Prophetin
war, die den Untergang Trojas vorhergesagt hatte, der aber keiner Glauben
geschenkt hatte. War nicht die Menschheit vom Dritten Weltkrieg bedroht?
Und gab nicht Kassandra ihre prophetischen Botschaften? Aber wer hörte
schon auf die Prophetin?
Hero und Diana trafen sich in einem weißen Turmzimmer der Burg. Sie
modellierten dort Puppen und Masken. Wie Heiden machten sie sich ihre
eigenen Götzen. Hero machte zuerst eine Fruchtbarkeitsgöttin mit großen
Brüsten und breitem Becken. Sie war rot. Dann nachte er eine
Totenmasken. Sie war weiß und rot. Die Augenhöhlen und die Mundhöhle
waren normal, aber die Nase war hervorragend groß. In die Nase hatte ja
Gott dem Adam die lebendige Seele geblasen, und aus der Nase war der
Lebensatem in der Todesstunde entwichen. Diana machte einen grünen
Drachen. Sie nannte sie die Drachenmutter der Weisheit. In die
Augenhöhlen hatte sie Spiegel eingesetzt. Die Augen sind ja die Spiegel
der Seele. Jenseits des Spiegels ist das Fabelland der sprechenden Tiere. In
dem Spiegel erscheint der Seherin der Gast aus der Zukunft. Frauen und
Spiegel! Und die Augenspiegel der goldenen Drachenmutter der Weisheit
sagten auch: Erkenne dich selbst!
Eines Nachts lag Diana im Hochbett im Gemeinschaftsraum. Hero war
wach, er konnte vor Liebe nicht schlafen. Er sah die beiden von Diana
hergestellten Marionetten an ihrem Bett hängen, eine männliche und eine
weibliche Marionette, Harlekin und Colombine. Hero setzte sich allein in
den Aufenthaltsraum und las die Gedichte von Alexander Blok an die
Schöne Dame. Die Schöne Dame war Russlands Venus, leidenschaftslos
und rein, sie war die Madonna der Altäre, sie war die Hagia Sophia der
Mystiker, das Ewigweibliche Goethes, die Blaue Blume des Novalis.
Diana war die Schöne Dame, sie war die Madonna seiner Seele. Er nannte
sie Sendbotin vom Stern der Phantasie. Die ganze Nacht dachte er voller
Liebesschwärmerei an die Schöne Dame.
Als die Morgenröte heraufzog, trat Hero in den Burghof und trat zum
Rosenbeet. Er pflückte eine Rose und ging zu Dianas Bett. Sie war schon
aufgestanden und zum Frühstück gegangen. Er legte die rote Rose auf ihr
weißes Bett und ging dann auch zum Frühstück. Als er danach wieder in
den Schlafsaal trat, sah er, dass Diana die Blütenblätter im Raum verteilt
hatte. Als wollte sie sagen: Schenk nicht mir deine Liebe, sondern allen
Menschen! Besonders fiel ihm auf, dass ein Rosenblütenblatt in seinem
Buche mit frühen Gedichten Rilkes lag bei den Liedern der Mädchen an
Maria.
Da schrieb Hero ein Gedicht:

AN DIE FLÖTENSPIELERIN

Du hilf mir, dass ich nicht versink


Und nicht so abgrundtief ertrink
In meines Geistes innerm Ring
Irrsinnigen Kummers!

Eines folgenden Tages trat Hero in den Baderaum. Da stand dort Diana –
sie stand nackt vor ihm! Schnell verhüllte sie sich mit einem rosenroten
Badetuch. Aber Aktäon hatte die jungfräuliche Göttin nackt im Bade
gesehen! Nun wird sie ihn in einen Hirsch verwandeln, und ihre Hunde
werden ihn zerreißen!
Dann reiste Diana überraschend ab, sie fuhr mit einem andern Mann weiter
südlich. Teilnahmslos verbrachte Hero noch einige Tage auf dem Kultur-
Festival und fuhr dann zurück an die Nordseeküste.
Hero sah Dürers Bild Melencolia. Eine Dame sitzt inmitten von Symbolen
der Wissenschaft und denkt nach oder träumt. Hero analysierte nicht die
ganze Symbolik des Bildes und die neuplatonische Theorie der
Melancholie, sondern er sah nur die Augen, nur die Augen der Dame
Melancholie, es waren Dianas Augen. Diese Dame Melancholie, war das
Diana? Oder war das Heros Seele? Oder war Diana Heros Seele? O diese
tiefen Augen, schwermütig, mondsüchtig, feucht von Tränen, voll der
Milch des Trostes, dunkel wie die Nacht der Seele, träumerisch, voll der
Seele größer als das Universum, mütterlich, göttlich-weiblich!
Er fuhr mit dem Fahrrad an den Deich der Nordsee, aber setzte sich nicht
ans Meer, sondern legte sich diesseits des Deiches auf eine leere
Kuhweide, lag zwischen Huflattich und Champignons und las einen Rilke-
Brevier, las, was Rilke über die Liebe schrieb: Geliebte, lass uns wie
Türme sein, Wächter unserer Einsamkeit. Diana war im Süden, Hero war
im Norden, und das war gut so, denn so spannte die Sehnsucht sich ins
Unendliche, so verklärte sich die Geliebte zum Ideal. Er suchte keine
Nähe, kein Zusammenleben in der Prosa des Alltags, er wollte aus der
Ferne eine über ihm thronende Himmelsgöttin anbeten. Da schrieb er für
Diana seine ersten sieben Sonette, noch unbeholfen, aber voll vom Ideal
der Geliebten. Er hatte ihr Eine rote Rose seiner Liebe geschenkt und sie
hatte diese als unzählige Blütenblätter der Menschheit geschenkt: Diesen
Kuss der ganzen Welt!
Es war im Herbst 1989. Im kommunistischen Ostdeutschland fand die
friedliche Revolution statt. Der Kommunismus wurde aufgelöst und
Deutschland war wieder ein einig Vaterland. Von alldem bekam Hero
herzlich wenig mit, er war versunken in Hölderlins Hyperion. Diotima, ja,
die war seiner Diana ähnlich. Nach diesem Madonnenkopfe will ich mein
Ideal bilden! Sie war die platonische Idee der Schönheit, die makellose
Jungfrau, die lichte Himmelskönigin in göttlicher Herrlichkeit! Noch
kannte Hero nicht die Diotima des platonischen Symposium über den
Eros, aber diese Diotima des Sehers Hölderlin vermischte sich in seiner
Seele mit seinen trunknen Visionen von Diana. Fortan, wenn er den
Namen Diotima hörte oder las oder schrieb, war der Name das
Losungswort, das seine erste Liebe bezeichnete.
Hero hatte ein Zimmer bei einer Frau bezogen und las gerade ein Buch
über das Matriarchat im minoischen Kreta, als Diana bei ihm eintrat. Sie
war schön gekleidet, aber vor allem sah Hero einen goldenen Lichtglanz
sie ganz umfließen. War das ihre esoterische Aura oder ihr Astralleib?
Oder war das ihre Mandorla und ihr Heiligenschein aus dem Stoff der
Quintessenz? Oder hatte sich die Wolke der Herrlichkeit des Herrn auf ihr
niedergelassen? All das fragte sich Hero nicht, er sah nur, er schaute, und
was er schaute, war Diana in einem göttlichen Nimbus. Da kniete er vor
ihr nieder und bat sie, ihn zu segnen. Sie lächelte und legte ihre Hände auf
sein Haupt. Dann sagte sie: Ich schaue Visionen! Ich muss nun gehen und
meine Visionen malen. Und damit ging sie. Hero hörte Schuberts
Winterreise, das war die Stimmung, die ihm entsprach. Einige Tage später
schrieb er einen Sonettzyklus und nannte ihn: Der Ritter von der traurigen
Gestalt. Ein Vers hieß: Ihr alle verwechselt die Liebe mit dem Leibe! Und
ein anderer Vers hieß: Ich aber weine Tränen aus rotem Schnee.
Was für ein unaussprechlich beseligendes Ereignis war es, als Hero nun
zum ersten Mal Klopstock las, Klopstocks Oden an Fanny! So liebt ein
Seraph seine Seraphina! Himmlische Liebe! So lieben sich Petrarca und
Laura im ewigen Leben! So führt Gott die Liebenden im Himmel
zusammen und beseligt den Dichter, dem auf Erden Gegenliebe versagt
blieb vom unerbittlichen Schicksal. Und dann las Hero zum ersten Mal
Goethes Westöstlichen Diwan, es war ein wunderschön gebundenes Buch
in einem weinroten Einband. Hero war trunken von Liebe, er war verzückt
und schwebte zwischen Himmel und Erde! Diana war ihm Diotima, Fanny
und Suleika in Einer Person.
An einem Vorfrühlingsabend ging Hero zu Diana. Sie hatte ein kleines
Zimmer im Haus eines katholischen Pfadfinders. Er klingelte an der Tür.
Sie öffnete und sagte: Ich habe dich schon am Klingeln erkannt, denn du
klingelst im Walzertakt. Sie tranken Tee zusammen. Diana sagte: Ich habe
das Tao-Te-King von Lao Tse zu lesen begonnen, das du mir geschenkt
hast. Ein seltsames, merkwürdiges Buch. Ich schenke dir dafür Hermann
Hesses Siddharta. Sie kündigte ihm an, dass sie fortziehen werde. Sie
wollte nach Florenz, sie wollte ins Paradies, sagt sie. Hero aber fuhr zu
Ostern nach Prag. Er sah sie nie wieder. Doch, er sah sie wieder, verklärt,
im Traum.
Traum: Hero stieg eine Wendeltreppe hinan, er hoffte, auf eine Lavendel-
Wiese zu kommen, aber er zwängte sich durch das Loch einer Luke und
stand vor drei älteren Männern, die hinter einem langen Tisch saßen, alle
drei mit langen schwarzen Haaren und vollen schwarzen Bärten. Das
waren seine Richter. Sie sprachen ihn frei. Da kam er in einen Raum, der
voll von Tüchern oder Schleiern war, die in verschiedenen hellen bunten
Farben von der Decke hingen. Tücher leitete er von Tyche ab. Der Raum
hatte keine Fenster und keine Türen, er suchte nach einem Ausgang, da
fand er auf dem Boden das Muster eines Quadrats, halb schwarz und halb
weiß. Er dachte an die Dialektik und trat auf die schwarze Fläche, um die
weiße Fläche zu öffnen. Die tat sich auf und Hero versank in der Öffnung.
Da war er in einer Art Tunnel oder Schlauch, gebildet aus bunten Stoffen,
und in dem Schlauch glitt er sacht abwärts. Da landete er in einem
hellgrünen Apfelgarten. In dem Garten stand eine Schaukel. Er setzte sich
auf die Schaukel und schaukelte. Neben ihm stand die schöne Dame, die
weiße Frau, die himmlische Muse, und sie las ihm aus alten Pergamenten
harmonisch-schöne Gesänge vor. Die Muse trug ein langes weißes
Seidenkleid und hatte lange goldene Locken. Ihr Antlitz war ein schlankes
Oval, sie lächelte sehr freundlich und war in allem ein Ideal der Schönheit.
Traum: Hero stand in einem Haus, ebenerdig, in einem Gang, vor der
verschlossenen Tür zu einem Zimmer. Er hatte nur einen Schuh an, denn
den anderen Schuh hatte er in dem verschlossenen Zimmer
zurückgelassen. In dem Zimmer aber war die Hölle, dort tobten Ratten,
dort saßen fast zum Skelett abgemagerte Drogensüchtige, die sich mit
einem tödlichen goldenen Schuss einer Überdosis Heroin selbst
ermordeten. Hero brauchte aber seinen zweiten Schuh. Der Gang, auf dem
er stand, führte zu einer steilen dunkelbraunen Holztrreppe, die in die
Höhe führte. Am oberen Ende der Treppe erschien ihm Diana. Sie war in
ein Kleid gekleidet mit dem Muster farbenprächtiger Frühlingsblumen. Sie
flog geradezu die Treppe hinab bis fast in Heros Arme. Ihr Mund war
fruchtig rot und sinnlich schön und kusslich. Da sagte sie: Ich heiße Maria.
Und sie holte Heros verlorenen Schuh aus der Rattenhölle, ohne dass sie
die Tür öffnete. Dann verschwand sie wieder.
Traum: Hero hatte Dianas Spur verloren und suchte sie. Er irrte durch
einen Wald und kam plötzlich in ein hübsches Zwergenstädtchen, ein
mittelalterlich-romantisches Städtchen mit engen Gasse und sehr
reinlichen und farbenfrohen Fachwerkhäuschen. Da stand er vor Dianas
Haus. Sie öffnete die Tür, neben ihr stand ein großer Schäferhund. Hero
hatte Angst vor dem Hund, aber Diana gebot dem Hund, still und brav zu
sein. Dann führte Diana den Hero die Treppe hinauf in ein großes Zimmer.
Das Zimmer war ein Kubus aus Glas, Spiegeln und Kristallen. In der Mitte
stand ein Bäumchen, eine Benjamin-Pflanze. Diana stand auf der einen
Seite des grünen Baumes und Hero auf der anderen, und sie sahen sich
durch die Blätter hindurch an. Hero erschien es, als sei er im Himmlischen
Jerusalem beim Lebensbaum.

DIANAS LIED

Du hast mich ausgedacht, so etwas gibt es nicht,


So etwas kann es in der ganzen Welt nicht geben.
Das heilt kein Arzt, das lindert kein Gedicht,
Der Spuk verfolgt dich noch dein ganzes Leben.

JESUS IM KORAN

Jesus nach dem Koran ein Prophet und ein Gesandter Gottes. Die 2. Sure
legt den Moslems ein Bekenntnis in den Mund, das folgendermaßen lautet:
"Sagt: Wir glauben an Gott und an das, was als Offenbarung zu uns und
was zu Abraham, Ismael, Isaak, Jakob und den Stämmen Israels
herabgesandt worden ist und was Mose und Jesus und die Propheten von
ihrem Herrn erhalten haben, ohne daß wir bei einem von ihnen den
anderen gegenüber einen Unterschied machen." (Sure 2, 136)

Was ist der Unterschied zwischen Jesus und den Propheten. Gott sprach
„durch“ die Propheten, aber „im Sohn“. Die Propheten verkünden den
Messias, Jesus ist der Messias. Die Propheten verkünden die Botschaft,
Jesus selbst ist die Botschaft. Jesus verkündet nicht eine Lehre, er selbst ist
die Botschaft. Wir glauben nicht an Lehren, sondern an die Person Jesu.

Ist Jesus für euch ein Prophet? Oder ein Lehrer? Ein Religionsstifter? Oder
was ist er mehr?

In der dritten und neunzehnten Sure wird ausführlich über die Geburt Jesu
berichtet. Das Kind Jesus spricht bereits in der Wiege: "Ich bin der Diener
Gottes. Er hat mir die Schrift gegeben und mich zu seinem Propheten
gemacht. Und er hat mir das Gebet und die Almosen zu geben befohlen,
solange ich lebe." (Sure 19, 30)
Zu einem richtigen Propheten im islamischen Sinne gehört, daß ihm von
Gott ein Buch geoffenbart wird. Nach islamischer Auffassung bekam Jesus
das Buch des Evangeliums so wie Mose die Thora, das Gesetz, und wie
schließlich und endgültig Mohammed den Koran erhielt.

Die Muslime glauben an den Koran als das Wort Gottes. Wir Christen
glauben nicht an die Bibel, sondern an Jesus. Er ist das Wort Gottes. Die
Bibel erzählt uns von der Person Jesu. Das Christentum ist keine
Buchreligion, sondern eine Liebesgeschichte zwischen Jesus und unsern
Seelen. Der Koran ist angeblich von Gott diktiert worden und Mohammed
ist nur sein Sekretär, der aufgeschrieben hat. Die Bibel ist nicht von Gott
diktiert, sondern vom Heiligen Geist inspiriert, von unterschiedlichen
Menschen aufgeschrieben. Jeder Schriftsteller der Bibel hat seine eigene
Persönlichkeit, Frömmigkeit und Sprachstil eingebracht. Wie Jesus wahrer
Gott und wahrer Mensch ist, so ist die Bibel Gottes Wort und Wort der
Menschen.
Ist die Bibel für euch Gottes Wort? Ist es von Gott diktiert? Oder ist es
Wort von Menschen? Gibt es für euch Bücher, die der Bibel vergleichbar
sind? Lest ihr gerne in der Bibel? Täglich?

"Und damals als Jesus, der Sohn der Maria, sagte: Ihr Kinder Israel! Ich
bin von Gott zu euch gesandt..." (Sure 61, 6)

"Und er wird ihn die Schrift, die Weisheit, die Thora und das Evangelium
lehren. Und als Gesandter Gottes an die Kinder Israel..." (Sure 3, 48)

Nach islamischer Auffassung ist Jesus ein Prophet, der nur zu den
Israeliten gesandt war, wie Mohammed zu den Arabern gesandt war. Wir
Christen glauben, dass in Jesus Gott einen Liebesbund mit der ganzen
Menschheit geschossen hat. Jesus ist der König aller Völker. Jesus ist der
König von Israel, der König von Arabien, der König von Deutschland.

Ist für euch Jesus der Gott aller Völker? Ist er die einzige Wahrheit? Gibt
es andere Wege zu Gott? Was denkt ihr über andere Religionen, sind sie
auch ein Weg zu Gott?

Moslems leiten das arabische Wort "Masih" (Messias) von dem Wort
"saha" ab. So ist Jesus betitelt als der "Führer der Reisenden". Also die
ganze heilsgeschichtliche Bedeutung, die dem Titel Messias in der Bibel
eigen ist, wird vom Koran nicht übernommen.

In der Bibel heißt hebräisch Messias oder griechisch Christus der Gesalbte,
das heißt, der vom Heiligen Geist gesalbte König und Prophet und
Hohepriester, das ist der Menschheitserlöser Jesus.

Was heißt für euch Messias oder Christus? Was heißt es für euch, dass
Jesus Retter genannt wird? Wovor rettet er denn? Was bedeutet euch das
Wort Erlöser? Was heißt Erlösung?

5
Es werden von Jesus Dinge gesagt, die bei keinem Propheten - nicht
einmal bei Mohammed - eine Parallele haben.

In Sure 19, 16-34 heißt es dann folgendermaßen:

"Und gedenke in der Schrift der Maria! Damals, als sie sich von ihren
Angehörigen an einen östlichen Ort zurückzog, da nahm sie sich einen
Vorhang, um sich vor ihnen zu verbergen. Und wir sandten unseren Geist
zu ihr. Der stellte sich ihr dar als ein wohlgestalteter Mensch. Sie sagte:
Ich suche beim Erbarmer Zuflucht vor dir. Weiche von mir, wenn du
gottesfürchtig bist! Er sagte: Du brauchst keine Angst vor mir zu haben.
Ich bin doch der Gesandte deines Herrn. Ich bin von ihm zu dir geschickt,
um dir einen reinen Knaben zu schenken. Sie sagte: Wie sollte ich einen
Jungen bekommen, wo mich kein Mann berührt hat und ich keine Hure
bin? Er sagte: So ist es, wie dir verkündet wurde. Dein Herr sagt: Es fällt
mir leicht, dies zu bewerkstelligen. Und wir schenken ihn dir, damit wir
ihn zu einem Zeichen für die Menschen machen und weil wir den
Menschen Barmherzigkeit erweisen wollen. Es ist eine beschlossene
Sache. Da war sie nun schwanger mit ihm, dem Jesusknaben. Und sie zog
sich mit ihm an einen fernen Ort zurück. Und die Wehen veranlaßten sie,
zum Stamm der Palme zu gehen. Sie sagte: Wäre ich doch vorher
gestorben und ganz in Vergessenheit geraten! Da rief er ihr von unten her
zu: Sei nicht traurig! Dein Herr hat unter dir ein Rinnsal voll Wasser
gemacht. Und schüttle den Stamm der Palme, indem du ihn an dich ziehst!
Dann läßt sie saftige, frische Datteln auf dich herunterfallen. Und iß und
trink und sei frohen Mutes! Und wenn du irgend einen von den Menschen
siehst, dann sag: Ich habe dem Barmherzigen ein Fasten gelobt. Darum
werde ich heute mit keinem menschlichen Wesen sprechen. Dann kam sie
mit ihm zu ihren Leuten, indem sie ihn auf dem Arm trug. Sie sagten:
Maria! Da hast du etwas Unerhörtes begangen. Schwester Aarons! Dein
Vater war doch kein schlechter Kerl und deine Mutter keine Hure. Da wies
sie auf ihn. Sie sagten: Wie sollen wir mit einem sprechen, der als kleiner
Knabe noch in der Wiege liegt? Er, der Jesusknabe, sagte: Ich bin der
Diener Gottes. Er hat mir die Schrift gegeben und mich zu einem
Propheten gemacht. Und er hat gemacht, daß mir, wo immer ich bin, die
Gabe des Segens verliehen ist und mir das Gebet zu verrichten und
Almosen zu geben befohlen, solange ich lebe, und daß ich gegen meine
Mutter pietätvoll sein soll. Und er hat mich nicht gewalttätig und unselig
gemacht. Heil sei über mir am Tag, da ich geboren wurde, am Tag, da ich
sterbe, und am Tag, da ich wieder zum Leben auferweckt werde!"

Im Christentum ist der Engel Gabriel nur der Bote, der der Jungfrau Maria
ankündigt, der Sohn Gottes wolle von ihr geboren werden. Der Heilige
Geist kommt über Maria und schafft den Menschen Jesus, der von Anfang
der Zeugung an wahrer Mensch und wahrer Gott ist, darum heißt die
Mutter Jesu auch Gottesgebärerin. Die Muslime verwechseln den Engel
Gabriel mit dem Heiligen Geist. Sie glauben, dass Maria als Jungfrau
geboren hat, dass sie die Mutter des Menschen Jesus ist, aber nicht, dass
sie Gottesgebärerin ist, denn sie glauben nicht an die Gottheit Jesu. Aber
dies ist das christliche Glaubensbekenntnis in Kurzform: Jesus ist Gott!

Glaubt ihr, dass Maria Jesus jungfräulich geboren hat? Hat sie einen
bloßen Menschen geboren? Ist das Baby im Bauch Mariens Gott? Was
denkt ihr über das Jesuskind? Warum ist Gott Mensch geworfden?

Sure 2, 253: "Und Jesus, dem Sohn der Maria, haben wir die klaren
Beweise gegeben und ihn mit dem heiligen Geist gestärkt."

In Sure 5, 110 redet Gott Jesus an: "Und damals als du mit meiner
Erlaubnis aus Lehm etwas schufst, was so aussah wie Vögel, und in sie
hineinbliesest, so daß sie mit meiner Erlaubnis schließlich wirkliche Vögel
waren, und als du mit meiner Erlaubnis Blinde und Aussätzige heiltest,
und als du mit meiner Erlaubnis Tote aus dem Grab wieder herauskommen
ließest."

Von Jesus werden Wunder berichtet, die Mohammed teils aus


frühchristlichen Legenden und teils aus dem Evangelium kannt. Von
Mohammed wird kein Wunder berichtet. Mohammed wurde aufgefordert,
seine Botschaft durch ein Wunder zu beglaubigen, aber er lehnte ab und
sagte nur: Der Koran ist das Wunder. Jesus aber hat Gelähmte geheilt,
Blinde sehend gemacht, Taube hörend, Stumme redend, Aussätzige
gesund, er hat Wasser in Wein verwandelt, er hat Brote vermehrt, er ist auf
dem Wasser gegangen, er hat dem Sturm Windstille geboten, er hat Tote
auferweckt.
Glaubt ihr an die Wunder Jesu? Glaubt ihr, dass Gott Wunder tun kann?
Glaubt ihr, dass Gott auch heute noch Wunder tut?

In Sure 4, in der die Kreuzigung Jesu bestritten wird, werden die Juden
beschuldigt, sie hätten den Bund Gottes gebrochen, Gottes Gebote nicht
gehalten und die Propheten getötet. Anklagend heißt es dann weiter: "Und
weil sie ungläubig waren und gegen Maria eine gewaltige Verleumdung
vorbrachten, und weil sie sagten: Wir haben Christus Jesus, den Sohn der
Maria und Gesandten Gottes, getötet. - Aber sie haben ihn in Wirklichkeit
nicht getötet und auch nicht gekreuzigt. Vielmehr erschien ihnen ein
anderer, ähnlich, so daß sie ihn mit Jesus verwechselten und töteten. Und
diejenigen, die über ihn uneins sind, sind im Zweifel über ihn. Sie haben
kein Wissen über ihn, gehen vielmehr Vermutungen nach. Sie haben ihn
nicht mit Gewißheit getötet. Nein, Gott hat ihn zu sich in den Himmel
erhoben. Gott ist mächtig und weise." (Sure 4, 156-158)

Für uns Christen ist die Kreuzigung Jesu kein Zeichen der Schwäche
Gottes, sondern der Liebe Gottes. Die Strafe der Sünde ist der Tod. Jesus
hat alle unsere Sünden und unsern Tod auf sich genommen und hinweg
getragen. Stellvertretend für uns ist er gestorben, so dass wir ewig leben
können. Jesus sagt: Geliebte Seele, meine Braut, ich bin den Liebestod für
dich gestorben, so dass du leben kannst, ich bin für dich in die Hölle
hinabgestiegen, damit du im Himmel ewig leben kannst in paradiesischen
Freuden. So sehr liebe ich dich!

Ist die Kreuzigung Jesu eine Niederlage, ein Scheitern Jesu? Warum hat
ihn der Allmächtige nicht davor bewahrt? Warum ließ Jesus sich
kreuzigen? Was bedeutet für euch persönlich die Kreuzigung Jesu? Seht
ihr in Jesus am Kreuz die Liebe Gottes?

Sure 9, 30: "Die Juden sagen: Esra ist der Sohn Gottes. Und die Christen
sagen: Christus ist der Sohn Gottes. So etwas wagen sie offen
auszusprechen. Sie tun es mit dieser ihrer Aussage denen gleich, die früher
ungläubig waren. Diese gottverfluchten Leute!"
Der Moslem empfindet die Rede von einem Sohn Gottes als
Gotteslästerung. Warum, ist leicht zu verstehen.
Sure 6, 101: "Er ist der Schöpfer von Himmel und Erde. Wie soll er zu
Kindern kommen, wo er doch keine Gefährtin hatte, die sie ihm hätte zur
Welt bringen können."

Wie zeugt ein Mann einen Sohn? Der Mann vereinigt sich mit seiner Frau,
Penis und Scheide vereinigen sich, männliche Samenzelle und weibliches
Ei vereinigen sich, und so entsteht das Kind. Anders bei Gott. Die
Philosophen haben erkannt, dass es einen Gott und Schöpfer gibt. Jesus ist
vom Himmel gekommen und hat gesagt: Es ist Ein Gott, der in sich
dreipersonal ist, Vater und Sohn und Heiliger Geist. Der Vater ist der
Ursprung von allem, er bringt in Ewigkeit und immerdar in sich das Wort
hervor. Der Vater gibt sich ganz in dieses Wort, und dieses Wort gibt sich
ganz in den Vater, und diese wechselseitige Hingabe und Liebe ist der
Geist, und so ist Gott in sich kein einsamer Gott, sondern eine
Gemeinschaft der Liebe. Nur so kann Gott in sich Liebe sein. Das Ich des
Vaters liebt das Du des Sohnes, und beide sind vereinigt im Wir des
Heiligen Geistes. Der Liebende liebt den Geliebten, der Geliebte liebt den
Liebenden, und ihr Einssein ist die Liebe.

Was heißt für euch, dass Jesus der Sohn Gottes ist? Wie kann Gott Vater
sein ohne Frau an seiner Seite? Glaubt ihr an einen Gott oder an drei
Götter? Was bedeutet für euch, dass Gott dreifaltig ist? Ist Gott einsam?

VOM HIMMEL

Wir sind alle, alle Menschen, von Gott für das Glück erschaffen, für das
ewige Glück. Aber warum sind wir auf der Erde? Hier gibt es
Kopfschmerz, Berufsstress, körperliche und psychische Krankheiten,
Krieg und Terror. Wir sind auf der Erde, um Gott zu erkennen, Gott zu
lieben, Gott zu dienen und einst in der Ewigkeit mit Gott im Himmel
zusammen zu sein. Die Erde ist kein Schlaraffenland. Die Welt ist kein
Ponyhof. Hier auf der Erde gibt es den Kampf zwischen Gut und Böse.
Hier auf Erden ist die Zeit der Entscheidung: Für Gott oder gegen Gott,
und diese Entscheidung bestimmt unser Schicksal in der Ewigkeit. In den
Himmel will ich kommen, fest hab ichs mir vorgenommen, für den
Himmel ist mir nichts zuviel, mag es kosten was es will.

ICH BIN FÜR DAS EWIGE GLÜCK GESCHAFFEN!

Was ist der Tod? Der Tod ist die Trennung von Leib und Seele. Wir
müssen alle sterben, die Jungen und die Alten, die Gesunden und die
Kranken, die Reichen und die Armen. Wann wir sterben, das weiß nur
Gott. Es kann noch heute sein! Bin ich bereit, noch heute vor meinen
Schöpfer zu treten? Der Tod ist also die Trennung von Leib und Seele.
Aber was ist eigentlich die Seele? Sokrates sagte, die Seele ist das
Lebensprinzip des Leibes. Die Seele macht, dass wir im Leib ein
lebendiger Mensch sind. Sokrates sagt auch, dass diese geistige Seele
unsterblich ist. Sie ist im Augenblick unserer Empfängnis von Gott
geschaffen worden. Es gibt keine vorherigen Leben. Platon dachte sich, die
Seele wäre vor der Empfängnis im Himmel gewesen und habe Gott
geschaut. Das ist nicht christlich. Die Asiatischen Religionen glauben, die
Seele war schon vor diesem Leben oftmals auf Erden verkörpert, als
Blume oder Tier oder Mensch. Das ist auch nicht christlich. Die Atheisten
glauben, es gäbe nur den sichtbaren Körper, keine unsichtbare Seele. Aber
die Bibel und die Philosophie sagen: Der Körper wird von der
unsichtbaren Seele belebt. Die Seele wird von Gott im Augenblick der
Empfängnis geschaffen. Im Tod trennt sich die Seele vom Leib. Der Leib
bleibt auf der Erde als toter Leichnam und zerfällt zu Staub oder Asche.
Die Seele ist unsterblich. Sie tritt vor Gott, ihren Schöpfer. Aber was ist
eine Seele ohne Leib? Augustinus sagt, die Seele ist dreifaltig, sie ist Wille
und Vernunft und Gedächtnis. Also unser Wille, unsere Vernunft und unser
Gedächtnis sind unsterblich. Papst Johannes Paul II. nannte die Seele: Das
Ich oder das Bewusstsein des Menschen. Unser Ich ist also unsterblich.

MEIN ICH IST UNSTERBLICH!

3
Wird die Seele, wenn sie den Leib verlassen hat, schlafen bis zum Jüngsten
Tag, der Auferstehung der Toten? Das ist nämlich die Lehre der Pietisten.
Die katholische Lehre ist, dass die unsterbliche Geistseele des Menschen
im Augenblick des Todes vor Christus ihren Richter tritt und von Ihm ihr
Urteil empfängt. Wenn die Seele gerettet ist, ist sie lebendig. Am Jüngsten
Tag, wenn Jesus in Herrlichkeit wiederkommt und das Weltgericht
stattfindet, werden die Leiber auferstehen. Bis zum Jüngsten Tag ist also
die Seele ohne Körper. In der Auferstehung bekommt die Seele ihren
Körper wieder, aber einen unsterblichen, geistigen Lichtkörper. Wir
werden als die zu erkennen sein, die wir auf Erden waren, aber von Gott
verschönert. Nichts Krankes mehr am Körper, nichts Hässliches mehr.

MEIN KÖRPER WIRD AUFERSTEHEN UND WUNDERSCHÖN


SEIN!

Es ist heute im Westen beliebt geworden, davon zu reden, dass wir nach
diesem Leben noch einmal auf Erden leben, vielleicht als Gladiole oder als
Hund. Viele sagen, sie wüssten, sie seien im vorigen Leben eine
ägyptische Prinzessin oder aztekische Putzfrau gewesen. Die Idee der
Wiedergeburt stammt aus dem Hinduismus und Buddhismus. Dort ist die
Wiedergeburt aber ein Fluch. Zur Strafe unsrer Sünden werden wir
wiedergeboren, keiner freut sich im Osten darüber, sondern ihre Sehnsucht
ist, von der Wiedergeburt erlöst zu werden. Anders im westlichen New
Age, da will man ewig so fort leben auf Erden. Nun ist aber die
menschliche Geistseele höher entwickelt als die Seele einer Pflanze oder
eines Tieres. So ist es unsinnig, zu glauben, die vernünftige Geistseele des
Menschen würde zu der Seele eines Regenwurms. Auch ist die Seele eines
alten Menschen gereift und wird nicht wieder zur Seele eines Kindes.
Auch gehören im Christentum Leib und Seele unbedingt beide zum
Menschen. Der Mensch ist nicht nur Seele, die verschiedene Körper wie
Kleider wechselt, sondern unsere Seele formt unseren Leib. Der Mensch
hat nicht nur einen Leib, sondern ist ein beseelter Leib. Darum ist nicht nur
die Seele unsterblich, sondern auch der Leib wird auferstehen und wird
verklärt. So sagt Paulus: Wir leben nur einmal, und dann kommt das
Gericht. Esoteriker reden gerne davon, dass Jesus die Wiedergeburt gelehrt
habe, aber die Kirche habe diese Texte bei der Zusammenstellung der
Bibel unterdrückt. Es gibt aber viele sehr alte Textfunde für die Evangelien
der Bibel, aber es gibt nicht ein einziges Textfragment, wo Jesus von der
Wiedergeburt sprechen würde.

ICH MUSS NICHT ZURÜCK INS TAL DER TRÄNEN, SONDERN


KOMME MIT LEIB UND SEELE INS PARADIES!

Ein Mann war klinisch tot. Nach acht Stunden kam er ins Leben zurück. Er
berichtete: Meine Seele verließ den Körper, ich sah den Körper unter mir
im Krankenbett liegen. Ich hörte, was die Ärzte sagten. Ich wusste, was
meine Verwandten dachten und was sie fühlten. Meine Seele nahm noch
Abschied von ihnen. Dann wurde meine Seele in einen dunklen Weltraum
gesogen. Ich sah nichts, aber ich hörte eine sanfte Stimme, und ich wusste,
dass das Jesus war. Und Jesus zeigte mir mein ganzes Leben. Ich sah, dass
ich meiner Mutter als Kind Geld geklaut hatte. Und noch viel mehr, alle
Sünden, die ich noch nicht bekannt hatte. Da ward ich traurig und bereute
meine Sünden. Es waren vielleicht nur ein paar Minuten der Reue, aber sie
kamen mir wie Jahre vor. Dann schwebte meine Seele aufwärts. Neben mir
schwebten noch andere Seelen aufwärts. Mit diesen anderen Seelen konnte
ich meine Gedanken austauschen, ohne zu reden. Wir alle waren sehr
wissend. Wir schwebten auf einen Lichtpunkt in der Höhe zu. Dann
wurden wir von dem Licht aufgenommen. Da war ich im Himmel. Es war
dort absolut still und zugleich ertönte die schönste Musik, wie es sie auf
Erden nicht gibt. Es war dort alles weißes Licht, aber zugleich war alles
bunt, von den schönsten kräftigsten Farben. Ich habe nicht den Vater und
den Sohn und den Heiligen Geist gesehen, aber ich wusste, dass ich in der
Gegenwart Gottes war, und dass Gott die Liebe ist. Ich war so überaus
glücklich. Aber dann sagte eine Stimme zu mir, ich müsse auf Erden noch
weiter leben, das war ein großes Unglück für mich, ich kam zurück in
meinen viel zu engen Körper, es war sehr schmerzhaft, und so leb ich
weiter auf Erden. Ich habe keine Angst mehr vor dem Tod. Ich sehne mich
nach dem Himmel.

ICH WERDE IN DER GEGENWART DES GOTTES LEBEN, DER


LIEBE IST!

6
Wir sitzen im Theater. Noch hat das Stück nicht begonnen. Die Vorhänge
hängen vor der Bühne. Plötzlich werden die Vorhänge zur Seite gezogen
und das Licht geht an. So ist der Tod. Der Vorhang wird zur Seite gezogen
und wir sehen Christus. Das wird unser persönliches Gericht sein. Wir
sehen in Christus wie in einem Spiegel den Zustand unserer Seele. Eine
Seele, die voller Hass gegen Gott war, wird sich sagen: Ich muss in die
Gottesferne, in die ewige Verdammnis. Eine Seele, die voller Liebe zu
Gott war, erkennt: Ich darf jetzt in das Himmelsparadies. Die katholische
Kirche sagt: Es kann auch sein, dass die Seele erkennt: Ich habe Gott
geliebt, aber ich bin nicht rein genug, um unmittelbar in die Gegenwart des
heiligen Gottes zu können. Ich muss noch eine Phase der Reinigung
durchleben. Ich bin gerettet, und ich werde in den Himmel kommen, aber
vorher muss ich noch in einer bestimmten Phase geläutert werden. Diese
Lehre vom Reinigungszustand wird von den Protestanten nicht anerkannt.
Katholiken wie Protestanten berufen sich bei ihrer Auffassung auf die
Bibel. Der Mystiker Johannes vom Kreuz sagt: Wir werden gerichtet nach
dem Maß der Liebe, und unser Richter ist Jesus, der die barmherzige Liebe
ist.

ICH WERDE GERICHTET VON DER BARMHERZIGEN LIEBE!

Mohammed beschreibt das Paradies so: Der Moslem kommt in den Garten
Eden, da fließen Quellen, da stehen Zitronen- und Bananenbäume und
Palmen, da isst der Moslem Geflügelfleisch und trinkt Wein, der keinen
Kopfschmerz verursacht, Knaben reichen ihm den Weinbecher, in dem
Zelt liegen auf grünen Sofas zweiundsiebzig Huris, Jungfraun mit großen
Augen, noch von keinem Mann oder Engel berührt, die nach jedem
Liebesakt wieder jungfräulich sind. Aber Gott ist so fern von den
Menschen, dass er auch im Paradies nicht gegenwärtig ist. Der christliche
Glaube aber lehrt, dass der Himmel oder das Paradies die Gegenwart
Gottes ist, ja, die Vereinigung des Menschen mit Gott. Buddha lehrt, dass
der Zustand der Erlösung oder der Erleuchtung das Nirwana ist, das
absolute Einswerden mit dem absoluten Nichts. Wie eine Kerzenflamme
im Wachs ertrinkt und erlöscht. Wie ein Tropfen ins Meer fällt und sich
auflöst. Es ist das Verlöschen der Persönlichkeit. Aber der christliche
Glaube lehrt, dass unsere Persönlichkeiten im Himmel weiter existieren.
IM HIMMEL SIND GOTT UND ICH IN VEREINIGUNG!

Das Evangelium ist voll von Gleichnissen, die den Himmel mit einer
Hochzeit vergleichen. Der Himmel ist das gemeinschaftliche
Hochzeitsmahl aller Erlösten. Da geht es nun nicht darum, ob wir da den
Wein trinken dürfen, den uns auf Erden die Ärzte verboten haben, oder ob
wir nun endlich einmal eine Peking-Ente essen dürfen. Es geht um die
freudige Gemeinschaft aller Erlösten im Geist der Liebe, um ein
gemeinschaftliches Fest der Liebe. Jesus bezeichnet sich im Evangelium
immer wieder als den Bräutigam, und seine Braut ist die Kirche, die
Gemeinschaft aller Gläubigen, aber auch jede einzelne gläubige Seele in
der Kirche ist Braut. Jesus bezeichnet den Himmel als die Hochzeit
zwischen Jesus und der Seele. Das letzte Buch der Bibel ist die
Apokalypse, sie spricht vom Ende. Aber das Wort Apokalypse bedeutet
nicht einen schrecklichen Weltuntergang wie in einem Hollywood-Film.
Das griechische Wort Apokalypse stammt aus der griechischen
Alltagssprache und bedeutet: Entschleierung, und zwar die Entschleierung
der Braut durch den Bräutigam in der Hochzeitsnacht. Nun wird in der
Hochzeitsnacht nicht nur der Schleier vor dem Angesicht gehoben,
sondern ganz nackt erscheint die Braut. So sagte die Mystikerin Mechthild
von Magdeburg: O Jesus, meine Seele ist nackt vor dir und voller heißer
Begierde!

DER HIMMEL IST DIE HOCHZEIT ZWISCHEN JESUS UND


MEINER SEELE!

In der Apokalypse wird der Himmel mit einer vollkommenen Stadt aus
Edelsteinen, Gold und Glas und Perlen beschrieben. Das soll heißen: Alles
ist schön im Himmel, alles ist Prunk und Pracht, Glanz und Gloria. Und es
ist keine Einsamkeit im Himmel, sondern liebende Gemeinschaft. Im
Himmel ist eine Harmonie von schönen Tönen. Franz von Assisi hörte
einmal einen Ton der Himmelsmusik und sagte, das war so schön, er wäre
fast vor Freude gestorben. Die Musik im Himmel ist nicht Lobpreislärm,
aber auch kein Oratorium von Bach, sondern vollkommen schön. Für die
Ohren ist einfach alles Harmonie und Schönheit. Aber auch für die Augen.
Alle Seligen im Himmel sind jung und schön, vollkommen schön. Da ist
nichts Krankes, nichts Altes, nichts Hässliches. Jesus sagt: Ich gehe schon
einmal voraus, um euch Wohnungen zu bereiten. Unsere Wohnungen im
Himmel werden keine Wellblechhütten eines Slums sein, sondern noch
herrlicher sein als das Lustschloss eines Zaren. Unsere Lustschlösser
liegen im Paradies, das ist eine erlöste Natur. Da gibt es kein Fressen und
Gefressenwerden, da gibt es kein Verwelken und Absterben, sondern alles
ist pralles Leben und Schönheit. Da werden sich die Erlösten in ihren
Lustschlössern besuchen. Manche gehen mit dem Jesuskind im Garten
Eden spazieren, andere besuchen Paulus oder Augustinus zum
Theologisieren, andere treten zum Schloss der Jungfrau Maria, um ihre
Schönheit zu besingen. Jesus sagt: Im Haus meines Vaters sind viele
Wohnungen. Und Goethe sagt: Im Reich des Vaters sind viele Provinzen.
Da sind Gärten, Grotten, Weinberge, Meeresstrände. Und überall schöner
Gesang und überall vollkommene Jugendschönheit. Und alle lieben sich.
Und Gottes Liebe ist alles in allen.

DAS PARADIES IST SCHÖNER ALS ALLES WAS SICH MEINE


PHANTASIE ERTRÄUMEN KANN!

10

Werden wir im Himmel unsere geliebten Haustiere wiedersehen? Darüber


gibt die Bibel keine eindeutige Aussage. Die einen Theologen sagen: Tiere
haben keine unsterbliche Geistseele mit freiem Willen, darum haben sie
keinen Anteil am ewigen Leben. Die andern Theologen sagen: Paulus redet
davon, dass die ganze Schöpfung erlöst wird. Luther sagte einem Mädchen
auf die Frage, ob ihr Schoßhund in den Himmel kommt, ja, sagte Luther,
die Hündchen haben im Himmel ein Fell aus Gold. Werden wir im
Himmel unsere lieben Verstorbenen wiedersehen? Sowohl der christliche
Glaube als auch die Nahtoderfahrungen sagen Ja. Wenn unsere
Verwandten und Freunde gerettet sind, werden sie uns im Himmel
willkommen heißen. Alle, mit denen wir in der Liebe verbunden waren,
werden uns auch im Himmel nah sein. Auch unsern Schutzengel, der uns
in den Himmel geführt hat, werden wir sehen. Auch die
Glaubensvorbilder, die uns auf unserm christlichen Lebensweg inspiriert
haben, werden wir dort treffen. Und werden wir im Himmel heiraten?
Oder werden Eheleute auch im Himmel verheiratet sein? Nein, sagt Jesus,
wir werden im Himmel nicht mit einem Menschen, sondern mit Gott
verheiratet sein. Aber wenn Eheleute auf Erden in der Liebe Christi
verbunden waren und sich gegenseitig geholfen haben, in den Himmel zu
kommen, werden sie auch im Himmel eng miteinander verbunden sein.
Ein Philosoph sagte: Das Kind in mir wird im Himmel endlich total geliebt
sein, und der Erwachsene in mir wird im Himmel endlich vollkommen
lieben können. Der Mystiker Johannes vom Kreuz nennt den Himmel die
ewige Lust. Gott sagt im Alten Testament: Ich habe Lust an dir! Und im
Neuen Testament heißt es: Habe deine Lust an Gott! Und das ist die ewige
Lust: Teilzuhaben an der Lust Gottes!

ICH WERDE ALLE MEINE LIEBEN TOTEN WIEDERSEHEN!

11

In der Auferstehung der Toten am Ende der Zeit werden wir unsere Körper
wiederbekommen. Es werden die gleichen und doch nicht die gleichen
Körper sein. Es werden unsere individuellen Körper sein, so dass unsere
Lieben uns wiedererkennen. Aber die Körper werden verklärt sein. Ohne
Gebrechen, mit gesunden Zähnen, scharfen Augen. Jung und vollkommen
schön. Unsterblich, nie alternd, in voller Kraft und blühender Schönheit.
Nun wird nicht mehr der Körper die Seele beschweren, wie so oft auf
Erden. Unser Körper wird ganz von der Geistseele regiert. Der Körper ist
Licht und Geist, der Körper ist transparent. Der Körper ist einer Vase aus
Kristall gleich, der die weiße Lilie der Seele sichtbar sein lässt. Der Körper
ist leicht wie eine Wolke, licht wie eine Sonne, schnell wie ein Blitz. Der
Körper ist ein durchsichtiges Kleid für die nackte Seele. Körper und Seele
im ewigen Leben schweben über Raum und Zeit. Wir reisen wie der Blitz
von Stern zu Stern, von Land zu Land. Alle Zeiten sind uns zugänglich.
Wenn wir nur wollen, sind wir schon in China in der Zeit der Tang
Dynastie. Das ganze Leben Jesu ist uns gegenwärtig. Wir sind dabei, wenn
der Engel Maria grüßt, wir sind dabei, wenn der Auferstandene der
Magdalena erscheint. Wir sind endlich absolut frei!
ICH WERDE IN EINEM AUFERSTANDENEN KÖRPER FREI SEIN
VON RAUM UND ZEIT!

12

In allen wird die Liebe Gottes vollkommen sein. Es ist das Reich der
schönen Liebe. Alle sind Liebende. Wir werden Gott erkennen, immer,
immer tiefer. Gott ist ein Dschungel, der unendlich ist, wir dringen in
immer tiefere Tiefen der Gotteserkenntnis ein. Wir werden Gott schauen,
nicht als einen alten Mann mit grauem Bart, sondern als die Urschönheit,
die absolute höchste und ganz vollkommene Schönheit. Wir werden diese
göttliche Schönheit anstaunen, bewundern, anbeten und besingen. Wir
werden uns vereinigen mit der Liebe Gottes. Wir werden von der
Vereinigung mit der Liebe Gottes vollkommen befriedigt sein. Aber wir
werden ihrer nicht überdrüssig, sondern werden gleichzeitig ewig
schmachten nach dem Genuss der Schönen Liebe. Aber dieses ewige
Schmachten macht uns nicht unglücklich, denn wir werden vollkommen
befriedigt sein von der Vereinigung mit Gott. So lehrt es Augustinus. Die
griechischen Kirchenväter lehrten: Gott wird Mensch, damit der Mensch
Gott wird. Was Gott seinem ewigen Wesen nach ist, nämlich Gottheit, das
werden wir durch die Gnade Christi, nämlich vergöttlicht. Christus ist der
Gottmensch und macht uns zu Menschengöttern. Petrus sagt: Wir werden
Anteil haben an dem Wesen Gottes. Wir leben das Leben Gottes, lieben
mit der Liebe Gottes, erfahren die Glückseligkeit Gottes. Der Mystiker
Johannes vom Kreuz sagte: Wir werden im Reich Gottes Götter und
Göttinnen sein! Die Mystikerin Schwester Kathrein, eine Schülerin von
Meister Eckhart sagte: Wir werden in Gott sein, aber in Gott ist nur Gott,
wir werden also Gott in Gott sein!

ICH WERDE GOTT IN GOTT SEIN!

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Unsere Liebe Frau

Unsere Liebe Frau


Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke
Worte der Weisheit und Gottesliebe
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BRIEF AN DIE AMAZONE ODER MEIN FEMININER BRUDER
VON MARINA ZWETAJEWA
Übersetzt von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

Ich habe Ihr Buch gelesen. Schließlich sind Sie wie alle Frauen zu mir, die
schreiben. Sie nehmen keinen Anstoß bei diesem "allen" – allen, die nicht
schreiben, allen, die schreiben, es liegt dazwischen.

So tragen Sie mich schließlich, wie alle einzigartigen, und, vor allem, wie
jede einzelne Frau.

Ich denke über Sie den ganzen Tag, da ich Sie sah, - in welchem Monat?
Als ich jung war, war ich gespannt, mir etwas zu sagen, ich hatte immer
Angst, dass die Welle mich verlassen könnte und mich auf die andere
Welle heben könnte, so war ich immer voll Angst, mehr zu lieben, nichts
mehr zu wissen. Aber ich bin jung, und ich habe zu lassen gelernt und bin
für fast alle – unwiederbringlich davon.

Haben Sie alles zu sagen - und nicht zu lösen die Lippen? Jede Aktion zu
tun - und nicht die Hand zu lösen. Dies ist Verzicht, wie Sie rufen, der
unter Bürgerlichen und Nichtbürgerlichen, unter ihnen oder nicht unter
ihnen, die Triebfeder meines Handelns ist. Frühling? - Entsagung? Ja, denn
die Lieferung einer Kraft erfordert eine viel härtere Betonung, dass der
freie Einsatz bringt - was nicht benötigt wird. In diesem Sinne ist alle
natürliche Aktivität passiv, was, wie jede resultierende Passivität -
Aktivität ist (Erguss - Gefährdung). Was ist schwieriger: ein Pferd zu
halten oder es laufen zu lassen, und da es uns das Pferd ist, das wir wählen,
- die beiden schmerzlichsten Momente: zurückgehalten werden oder
unsere Stärke spielen lassen? Atmung oder Atemstillstand, was ist richtig?
Erinnern Sie sich an alles Schnappen, wo alle Ehre des einen ging, in einer
Brust zu ersticken? Grausames Spiel und wenig bürgerlich.

Aktion? Lassen Sie los. Jedes Mal, wenn ich aufgebe, habe ich das Gefühl
eines Erdbebens in mir. Das bin ich - die Erde bebt. Entsagung?
Versteinerter Kampf.

Meine Verweigerung wird noch genannt: ruhig - alles in der bestehenden


Ordnung. Die bestehende Ordnung für unseren Fall? Lesen Sie ein Buch,
ich danke Ihnen mit leeren Worten von mir, sehen Sie von Zeit zu Zeit „ein
Lächeln, dass ich Sie lächeln sehe“ - handeln Sie, als ob Sie nichts
geschrieben hätten, ich lese nichts: als ob nichts geschehen wäre.

Ich kann immer noch, aber auf einmal - ich will nicht mehr.

Hören Sie, Sie müssen mir nicht antworten, nur mir zuhören. Es ist eine
richtige Verletzung des Herzens, die ich in Ihrem Herzen, Ihrer Ursache,
Ihrem Glauben, Ihrem Körper, Ihrer Seele vermute.

Eine Lücke in Ihrem Buch, nur eine, doch riesige - bewusst oder nicht? Ich
glaube nicht an die Bewusstlosigkeit des denkenden Wesens, noch weniger
– der schreibenden Wesen, nicht allen – aber der weiblichen
Schriftstellerinnen Bewusstlosigkeit.

Diese Lücke, dieses leere Feld, dieses schwarze Loch – ist das Kind.

Sie kommen immer wieder zurück, Sie geben ihm, welche Frequenz Sie
ihm an Bedeutung zumessen, Sie säen hier und da, und immer wieder,
nicht das Werk dem einzigen Schrei zu geben, dass man es brauche.

Dieser Schrei, wenn Sie es nicht haben, - verstanden? - Wenn ich mit
Ihnen ein Kind haben könnte!
Und Eifersucht, wild und einzigartig, unerbittlich, weil unbesiegbar,
unvergleichlich der anderen, „normalen“, unvergleichlich sogar der
mütterlichen Eifersucht. Diese Eifersucht, das Vorwissen des
unvermeidlichen Brechens dieser offenen Augen des Kindes eines Tages,
und dass Sie, die Ältere, es ihm nicht geben können. Diese Augen gerichtet
auf das ungeborene Kind...

„Liebhaber haben keine Kinder.“ Ja, aber sie sterben! Alle. Romeo und
Julia, Tristan und Isolde, die Amazone und Achilles, Siegfried und
Brunhilde (die Liebhaber an der Macht, diese uneinigen Staaten, deren
Liebes-Uneinigkeit herrscht über die Vereinigung der umfassendsten
Gemeinschaft...). Und die anderen... und wieder andere... Von allen singt
der Gesang, Jedes Wetter, alle Orte... Sie haben keine Zeit für das, was die
Zukunft des Kindes bringt, sie werden keine Kinder haben, weil sie keine
Zukunft haben, sie haben diese ihre Liebe und ihren allgegenwärtigen Tod.
Sie sterben - oder ist es die Liebe, die stirbt (degenerierend in
Freundschaft, in Mutterschaft: die alten Baucis und Philemon, die alte, alte
Pulchérie und ihr altes Kind Athanasius - Paare so monströs wie
berührend).

Liebe selbst ist Kindheit. Die Liebhaber sind Kinder. Kinder haben keine
Kinder.

Oder - wie Daphnis und Chloe - wir wissen nichts: auch wenn sie
überleben - sie sterben in uns, für uns.

Wir können nicht in Liebe überleben. Das einzige, was die Liebe überlebt,
ist das Kind.

Und der andere Schrei - So haben Sie ihn auch nie gehört? - Wie möchte
ich ein Baby - einen Mann! Seufzender Mädchen genialer Seufzer, alte
Tochter lächelnd, und manchmal sogar verzweifelter Seufzer der Frau: -
Wie möchte ich eins - nur meins!

Und nun das lächelnde Mädchen, die keinen Fremden in ihrem Körper
will, will nicht, und die meine will, an der Wende einer Straße trifft sie
eine andere, sie hat nichts zu befürchten, sie hat sich nicht zu verteidigen,
weil die anderen ihr nicht schaden können, denn wir können nicht
(zumindest, jung sein) uns verletzen. Mehr illusorische Sicherheit und ein
Stocken bei dem ersten argwöhnischen Blick des Freundes unter den
Schlägen des Herzens, mit Hass zu kollabieren.

Aber erwarten Sie nichts, denn jetzt ist sie glücklich und frei, frei mit dem
Herzen zu lieben, ohne Körper, zu lieben ohne Angst, ohne verletzt zu
werden, zu lieben.

Und wenn der Schaden da ist - sie entdeckt, dass es nicht ein Übel ist.
Böse - ist: Scham, Reue, Ekel. Das Böse ist der Verrat an ihrer Seele mit
einem Mann, an ihrer Kindheit mit dem Feind. Aber es gibt keinen Feind,
da es immer noch ich bin, noch bin ich's, ein neues Ich, aber in meinen
Tiefen schlafend und offenbarend anderes mir, externalisiert und
schließlich liebenswert. Sie hatte nicht zu leugnen, eine Frau zu werden,
sie musste nur gehen lassen (bis in die Tiefen ihres Selbst) - aber sein zu
lassen. Weder Risse noch Pause noch Verwelken.

Und das Wort, zusammenfassend:

- O mein! O mein Liebling!

Oh! es ist nie Scham oder Ekel, dass sie geht. Es ist für irgendetwas
anderes.

Es ist fast ein erster Witz. - Das schöne Baby! - Sie wollen eins? - Ja. Nein.
Eine von euch - ja. - Aber... - Aber es ist ein Witz.

Ein anderes Mal war es ein Seufzer. - Was ich will?... - Was? - Nichts! - Ja,
ja, ich weiß... - Da Sie es wissen. Aber das sind - Sie. Schweigen...

- Es ist immer noch das, was Sie denken? - Da Sie es sagen. - Aber Sie
sagen, dass...
Nichts fehlt, aber es hat auch noch etwas zu geben. - „Ich würde Sie
umsonst lieben“ - wie eine Frau sagte - ich würde Sie wenig lieben. Sie
nun wieder. Doch, Sie. Eine Sie, hervorgebracht von mir.

Schließlich ist es der verzweifelte Schrei, nackt, unheilbar - Un enfant de


toi!

Einer, der nie kommen wird. Eines können wir nicht einmal erbitten, sein
Kommen. Die Jungfrau kann ein Kind von ihrem Liebhaber erbitten, die
Jungfrau kann ein Kind von einem alten Mann erbitten - eine
Ungerechtigkeit - ein Wunder - wir werden nicht dumm fragen.
Vereinigung, deren Kind ist einfach ausgeschlossen. Situation das Fehlens
des Kindes. Undenkbar. Alles, außer dem Kind. Das Abendessen des
großen Königs und Gentleman: alles außer dem Brot. Das große tägliche
Brot - weiblich.

Es war nie so verzweifelt der Wunsch der Jüngsten, der meisten davon.
Die Älteste, sie braucht nicht ein Kind, da sie ihre Freundin zur
Mutterschaft hat. - Du bist mein Freund, du bist mein Gott, du bist mein
Alles!

Aber auch die anderen, nicht geliebt zu werden, das Kind, das sie will, ist
da, um ein Kind zu lieben.

Und eine, die nicht wollte ihr Kind, das begann, wird schließlich ein Kind
wollen. Und das ist so, weil es nicht eines Tages weggehen kann, aber mit
der klaren und impotenten Eifersucht der anderen Gehetzten liebend - und
doch eines Tages wird sie scheitern, ein Wrack, in den Armen von
irgendjemand...

(Mein Kind, meine Liebe, mein Alles, und - Ihr ehrfürchtiges Wort,
Madame. Mein femininer Bruder, immer sieht man aus wie eine
Schwester, Schwester, das Wort, das Ihnen Angst macht, als ob die Kraft
eine Welt wieder betreten könnte, wo Sie für immer hinaus sind.)

Für den Anfang, die meisten der ältesten Befürchtungen, dass der andere
will. Wir können sagen, dass dies die älteste Verzweiflung schafft,
verwandelt Seufzer in Lächeln, Seufzer in Verlangen, Lust in Besessenheit.
Es ist die Besessenheit des Älteren, die schafft die Obsession mit der
Jugend. - Sie sollen gehen, werden Sie gehen? Gehen Sie mit Gott! Sie
wollen mich, wollen Sie zuerst kommen... Es ist immer noch das, was Sie
denken... Sie schauten den Mann an. Ist das nicht - der Vater für Ihr Kind?
Wird es sein, da ich es Ihnen nicht geben kann...

Unsere Befürchtungen wecken Ängste, schlagen unseren Obsessionen vor,


sich zu verkörpern. Der junge Mann, vermöge der Stille, denkt ständig nur
an die Augen der jungen Frauen, die er in den Armen hält. Und das werde
ich nie haben, denn nie, nie gehe ich, dies zu tun. (Dies ist die Zeit, da sie
geht.)

Das Kind – ein Punkt, festgelegt, dass es jetzt seine Augen nicht lösen
kann. Das Kind schob sich an die Oberfläche seiner Augen wie ein
Ertrinkender. Man muss blind sein, es nicht zu sehen.

Und derjenige, der mit dem Wunsch ein Kind begann, er wird schließlich
ein Kind von jedermann wollen: die Gleiche hasste ihn. Der Verfolger wird
ihr Retter. Der Freund - der Feind. Und der Wind wieder in seinen
Kreisen...

Das Kind beginnt in uns schon vor seinem Beginn. Es gibt


Schwangerschaften, die Jahre der Hoffnung, der Verzweiflung, die
Ewigkeiten dauern.

*
Und alle Freundinnen, die heiraten. Und Ehemänner dieser Freundinnen,
wenn lebenslustig, wenn Franzosen, so nah... Und das auch noch...

Lebendig begraben...

Und die anderen Werke. Hinweise, Verdächtigungen, Anschuldigungen.


Der Junge - Sie nicht lieben nicht mehr? - Ich liebe dich, aber - wie Sie
mich verlassen werden.

Sie gehen, gehen Sie, gehen Sie mit Gott.

Vor dem Verlassen will sie sterben. Dann im vollen Tod, nichts zu wissen,
nichts zu meditieren, nichts zu denken, durch reinen Instinkt und dreifache
Lebensdauer - Jugend, Zeit, Mut - das wird zustimmen, die Ernennung der
Zeit, die Sie nie zu lachen und zu scherzen wussten, gescheitert am
anderen Ende der Stadt - und das Leben - mit irgendjemand - der Ehemann
einer Ihrer Freundinnen oder einem Untergeordneten Ihres Vaters, solange
es nicht der Ihre ist.

Der Mann, nach der Frau, welche Einfachheit, welche Güte. Was für eine
Franchise. Was für eine Freiheit! Was für eine Reinheit!

Dann wird es das Ende sein. Der Beginn des Geliebten? Der Weg der
Verliebten? Der Ehemann der Stabilität?

Dies wird das Kind sein.

Ich lasse den Ausnahmefall: die unmütterliche Frau.

Ich lasse auch den trivialen Fall: die verdorbenen Mädchen, instinktiv oder
nach der Mode: Das Sein, noch zu vernachlässigen, nur Spaß.
Ich lasse den seltenen Fall der verlorenen Seele, die man in der Liebe, in
der Seele sucht, so - prädestiniert für Frauen.

Und der große Liebhaber sucht die Eine in der Liebe, die Liebe, und
nimmt sie auch, wenn er sie findet.

Und der medizinische Fall.

Ich nehme den Normalfall, den natürlichen und vitalen Fall einer jungen
Frau, Angst zu haben vorm Mann, der geht auf die Frau zu und wollte
Kinder. Das ist, zwischen dem Fremden, der gleichgültig ist, wenn nicht
der Feind offenbar, und liebte schließlich den Feind.

Wer lieber ein Kind haben möchte, um zu lieben.

Wer lieber ihr Kind will als ihre Liebe.

Weil das Kind ein angeborenes ist, ist es in uns vor der Liebe, vor dem
Liebhaber. Es ist sein Wunsch, zu sein, was uns offene Arme gibt. Ein
junges Mädchen, wie ich von denen im Norden sage, ist noch zu jung für
die Liebe, nicht aber für das Kind. Mit dreizehn Jahren – träumen sie
schon.

Haben wir ein angeborenes, das uns gegeben werden sollte. Jeder beginnt
mit dem Spender, ihn zu lieben, andere lieben am Ende das Kind, andere
leiden am Ende, andere am Ende leiden am meisten.

Haben wir ein angeborenes, das uns gegeben werden sollte. Wer gibt es
uns, dass wir es nehmen?

Undankbar wie alle, die mehr lieben, ungerecht wie alle, die immer noch
lieben - - Und wir werden lieben, festen Armes, und das Herz voller Hass
für die, die jetzt qualifiziert finden die jugendliche Indiskretion.
*

Wir haben es länger dauernd.

Halten Sie mich nicht fest! Ich antworte auf die Amazone, nicht die weiße
weibliche Vision, die mich fragt... Nicht das, was mir das Buch gab, das
sie schrieb.

Wenn Sie das Kind nie genannt hätten, hätte ich eine bewusste Auslassung
erkannt, eine endgültige Verweigerung durch Schweigen, eine Narbe, die
ich respektieren würde. Aber Sie kommen wieder, Sie starten es wie einen
Ball: „Mit welchem Recht tun sie das und lösen das Leben? Zwei Kinder -
zwei Fahrlässigkeiten“ &C.

Dies ist der einzige Punkt, fehlbar, der einzige Punkt, angreifbar, der
einzige Bruch in dieser perfekten Einheit zweier Frauen, die einander
lieben. Das Unmögliche, nicht der menschlichen Versuchung zu
widerstehen, aber der Notwendigkeit des Kindes.

Nur diese Schwachstelle, die die ganze Sache ruiniert. Nur der anfechtbare
Punkt, der alle feindlichen Körper lässt. Denn obwohl wir eines Tages ein
Kind ohne ihn haben könnten, werden wir nie ein Kind von ihr haben, ein
Kleines, sie zu lieben.

(Eine angenommene Tochter? Weder Dein noch mein? Mit zwei Müttern?
Diese Art tut, was es tut.)

Des Kindes anfechtbarer Punkt ruiniert die ganze Sache. Der rettende
Punkt ist der des Mannes. Die Menschheit.

*
Auch eine ganze Einheit. Eine Einheit geschlossen. („Wir werden zwei
sein.“ Nein, - zwei geben drei.) Die Straße, die ins Nirgendwo führt.
Unbegehbar. Verfolge unsere Schritte.

Vielleicht haben Sie es gut, es könnte sein - der erste Sieg der Null - Ihrer.
Die Null wird gesegnet. Während Sie verflucht bleiben.

Aber es ist der gleiche Fall, wie wenn Sie keine Kinder mit diesem Mann
haben können. Ist das ein Grund, ihn zu verlassen?

Eine Ausnahme kann nicht mit einem Gesetz ohne Ausnahme verglichen
werden. Das ist die Rasse, die ganze Sache, die ganze Sache, die in jedem
Fall der Liebe zwischen Frauen sie verurteilt.

Lass sie unfruchtbar den fruchtbaren Bruder verlassen, aber die ewige
Fruchtlosigkeit für den ewig fruchtbaren Feind. Dort verabschiedete ich
mich von einem Mann, hier verabschiede ich mich von der ganzen Rasse,
der ganzen Sache, allen Frauen in einer.

Nur zu ändern das Objekt. Zu ändern die Bank und die Welt.

Oh! Ich weiß, manchmal dauert es bis zum Tod. Berührende und
territoriale Vision - auf einer wilden Küste der Krim, bereits zwei ältere
Frauen, die zusammen das Leben verbracht haben. Eine von ihnen war die
Schwester des großen slawischen Denkers, den wir im Moment in
Frankreich lesen. Auch helle Stirn, gleiche stürmische Augen, gleicher
Mund, fleischig und nackt. Aber es war um sie herum leerer als um ein
altes Paar, unfruchtbar, „normal“, leer, eine Isolierung.

Nichts, nichts von ihm - verfluchte Rasse.

*
Dies ist vielleicht, wenn der Junge tief ist, das Grauen des Fluches der
Tatsache.

„Was die Welt sagen wird“, wiegt nichts, sollte nichts wiegen, weil alles,
was sie sagt, falsch ist, alles, was sie sieht – sie runzelte die Stirn. Der böse
Blick von Neid, Neugier, Gleichgültigkeit. Die Welt hat nichts zu sagen,
die im Bösen liegt.

Gott? Gott hat nichts mit fleischlicher Liebe zu tun. Sein Name, Siegel,
sein Name, ob männlich oder weiblich, wie ein Sakrileg klingt. Es gibt
unermessliche Dinge: Christus und die fleischliche Liebe. Gott hat nichts
mit all diesen Nöten zu tun, wenn nicht, uns zu heilen. Er sagte, ein für alle
Mal - Liebe mich, den Ewigen. Ohne dies – ist alles unnütz. Ebenso
hoffnungslos, vergeblich. Durch die Tatsache, einen Menschen mit dieser
Liebe zu lieben, verrate ich denjenigen, der für mich und die anderen am
Kreuz in der anderen Liebe gestorben!

Die Kirche und der Staat? Werden nichts darüber zu sagen haben, wie sie
wachsen und segnen Tausende von jungen Männern, einander zu töten.

Aber was wird man sagen? Man sagt, dass die Natur nur rachsüchtige
Bürgerwehren und unsere körperlichen Unterschiede aufstellt. Die Natur
sagt: Nein. Bei unserer Verteidigung, verteidigt sie uns nicht. Gott, uns zu
verteidigen, ist unsere Liebe, die Natur in uns ist die Tatsache, durch die
Selbstliebe uns zu verteidigen, voll Hass auf alles, was sie nicht ist. Die
Natur hasst das Kloster sowie die Insel, wo der Kopf von Orpheus landete.
Seine Rache ist unser Untergang. Nur das Kloster haben wir, Gott, uns zu
helfen, hier auf der Insel, oder im Meer zu ertrinken.

Insel - das Land, das keinen Grund hat, das kein Schicksal ist, ein Land,
das wir lieben müssen, weil wir dazu verurteilt sind. Ein Ort, wo alles zu
sehen ist, wo nichts getan werden kann.

Erde mit gemessenen Schritten.

Das große Bedauern, dass der große Dichter den Ort seiner Geburt gewählt
hat.
*

Lepra-Bruderschaft.

Aber wie kommt es denn, dass das Mädchen so ist, dass sie vollständig
verloren geht, wenn sie nicht gebiert?

Dies ist eine Falle für die Seele. Durch das Fallen in die Arme eines
Älteren oder sie fällt in die Falle der Natur, auch den Geliebten sehen wir
oft, den Charmeur, den Jäger, den Wahnsinnigen, oder sogar – den Vampir,
während es immer ein bitterer und edler Mann ist, dessen einziges
Verbrechen es ist, "es kommen zu sehen", und lass uns im Voraus – ihn
sehen, zu ihm gehen. - Das Mädchen fiel in die Falle der Seele.

Sie will lieben - aber ... sie würde gerne - wenn ... und hier in den Armen
des Anderen, ihr Kopf an seiner Brust, wo die Seele wohnt.

Gebären? Lass uns die alten und die jungen Männer fragen.

Dann kam die Sitzung. Unvorhergesehen und unvermeidlich, weil - wenn


wir jetzt in zwei Welten leben - ist die Erde immer die, wo Sie zu Fuß
gehen.

Schock des Herzens, Ebbe und Flut des Blutes. Und die erste und letzte
Frauen-Waffe - mit der wir entwaffnen, zu entwaffnen glauben, sogar zum
Tod führen - seinen armen letzten Mut - lebende Klinge und schon rot -
Lächeln. Dann ist es der kleine inkohärente Schwall Silben aufeinander
gehetzt, wie kleine Wasser rieseln über die Kieselsteine. Was hat sie
gesagt? Nichts, denn die anderen haben nichts gehört, da wir nie etwas
über die ersten Worte hinaus hören... Aber jetzt die andere, die Augen, der
erlebnisreiche Mund, verlassen, sie sieht, dass diese Bewegung eine
Bedeutung hat... Neun Monate... Liebe... ob er mich überhaupt vorzieht...
es wiegt schwer... (schlucken, schlucken, nochmals schlucken, schlucken
alles, was du mir angetan hast!)... ich sagte es so - es wiegt schwer... (mehr
als alle Länder, mehr als jedes Meer im Herzen des Älteren).

Was für ein Vergnügen der Rache! Und Augen - dieser Hass! Der Hass auf
einen Feind schließlich befreit. Vergnügen zu Fuß über einem Herzen.

Und den kleinen Strom dauerhaft eindämmen - langsame und beschwingte


Wellen, kristallklar: - Willst du mich kommen sehen, dann sehen wir dich,
mein Mann und ich...

Sie hat nicht vergessen. Daran erinnert sie sich auch.

Dann ist es das Bad, täglich und unantastbar. Offensichtlicher Triumph -


und hundert Prozent - der Männlichkeit. Denn es ist sofort ein Sohn,
immer ein Sohn, als ob die Natur, hastig seine Rechte zu erholen, nicht in
der Biegung eines Mädchens bliebe. Nicht die kleine Sie, und beschworen
unmöglich - der Kleine für ihn ohne Anfrage kommend. Zugegeben, nicht
zu bestellen, einfach das Ergebnis (der große Gewinn!).

Der andere klammerte sich an die letzte Hoffnung, oder weiß einfach
nicht, was zu sagen:

- Er sieht aus wie Sie. - Nein (trocken und sauber). Ein Name trocken und
klar. Und der letzte Pfeil, wo vielleicht des letzten verbliebenen Pfeils Gift
ist die Liebe:

- Er sieht aus wie sein Vater. Er ist das lebendige Bild von meinem Mann. -
Es gibt die erwünschte Vulgarität in dieser Rache. Sie sagte die Worte, die
sie für am schädlichsten hält, die häufigsten, vor allem (siehe den
Normalfall, der dich geliebt!). Wahl oder Instinkt? Es kommt von selbst, es
wird erzählt (wie ein Tag, schon weit weg, wo sie ein Lachen hörte...)
Dann wird der Ritus beendet, Moses ist gerettet und gekleidet, sie gibt ihre
Brust und - höchste Rache - unter ihren gesenkten Wimpern der Wunsch,
Blitz in den Augen der ältesten Amme, es ertrank die Rührung in einem
Nebel. Denn es ist am unteren Rand jeder Frau, wenn es kein Monster ist,
weil es auch an der Unterseite von jedem Monster ist... denn es gibt keine
Monster unter den Frauen.

Dieser Blitz, dies Lächeln - sie kennt sie, aber – wegen dem einen oder
anderen Grund, hebt sie nicht ihre Augen.

Wenn der Mann klug ist, wird er nie fragen: - Was denken Sie?

Vielleicht, die andere Partei will sich den Kopf zerbrechen.

Vielleicht, die andere Partei wird nicht den Mund geben wollen.

Wenn der Mann intelligent ist, wird er nicht sofort umarmen, wird warten -
zu umarmen - das ist der andere Teil - auf jeden Fall.

(Warum ist sie gekommen? Um weh zu tun. Das ist manchmal alles, was
uns übrig ist.)

Dann wird es eine andere Begegnung geben, ein Gegen-Treffen, so wird


bezahlt.

Auch das Land (außer, dass nichts erwähnenswert ist, weil alles, was
geschieht, innen geschieht).

Das Gleiche gilt für alle Zuschauer und Zuhörer. (Letzte Rache der Natur,
allein zu sein, das ist zu wenig, auch alles miteinander, sie sehen jetzt, dass
Mit-allen und Zwischen-allen.)

Zur selben Zeit: Ewigkeit der Jugend, wie sie ist.

- Sieh mal, ist das nicht Ihr Freund, der da vorüber geht? - Wo? - Dort, mit
dieser Brünetten im blauen Kleid.

Bevor er gesehen hatte, weiß sie.


Und nun die menschliche Flut, unmenschlich und unvermeidlich wie die
Meere, bringt ihn, bringt ihn...

Diesmal ist es der älteste Anfang: - Wie geht es Ihnen? (Und ohne zu
warten, ohne zu hören) - Lassen Sie mich! Du bist mein Freund! Darf ich
vorstellen, Mademoiselle soundso... (ihr Name).

Wenn der alte, der mit all dem Blut unter seinem Auge floh, blond war -
der neue, der Nachfolger, wird zwangsläufig braun sein. Jede Gnade - jede
Kraft. Posthume Treue? Der Wunsch nach einem vollständigen Tod? Oder
Schlag auf die Erinnerungen? Jeder Groll ist blond? Töten Sie die
Blondinen mit Braunen? Es ist ein Gesetz. Fragen Sie nach dem Warum
die Männer.

Es gibt Blicke, die töten. Es gibt keine, weil die braunen Blätter, lebendig,
die ältesten von den Armen - die Geliebten sind. Die sanften blauen Wellen
seines Gewandes, die sich zwischen der vorderen und hinteren
verbleibenden ganzen Unmittelbarkeit der Meere körperlich festsetzen.

In der Nacht stützte sie sich auf den geliebten Schläfer: Ah! Jean, wenn Sie
wüssten, wenn Sie wüssten, wenn Sie wüssten...

Dies ist nicht der Tag, da das Kind geboren ist, heute, drei Jahre später, sie
weiß, was es ihn gekostet hat.

Wenn die andere jung ist, werden wir immer von einem lebenden Schatten
begleitet werden.

Braune Veränderung: blond wieder werden oder rot werden. Braun wird
als blonde verlassen. Wie alle Wanderer auf ihre unbekannten Ziele
abweichen - immer das gleiche - eine Weile unter dem Baum geruht zu
haben, was nie funktioniert.

*
Alle – gehen vorüber. Alle würden Zeit verbringen, wenn... Aber wir
werden nicht für immer jung bleiben.

Die andere! Betrachten Sie sie. Die Insel. Isoliert, ewig. Die Mutter verlor
eine nach der anderen ihre Töchter, die Verliererin für immer, weil sie
nicht nur nicht auf ihre Arme nahm, ihre Kinder kommen ließ, aber an der
Wende einer Straße wird auf dem blonden Kopf schleichend das Zeichen
des Kreuzes geschlagen. Niobe auf die weiblichen Nachkommen neidisch,
von dem anderen Jäger zerstört, heftig. Die ewige Verliererin im einzigen
Spiel, das es wert ist - und das es gibt. Die in Ungnade. Die Verbotene. Die
Verfluchte. Weiße Vision ohne Körper. Und erkennen wir nicht die Rasse
von diesem wissenden Blick, Erkennende, Auktion, wo der Auktionator
dem Götzendiener verbunden ist, der Schachspieler wird selig gesprochen
- Blick auf mehrere Schichten, tief, und wo das letzte immer das vorletzte
ist, endlos, ohne Boden, alle Qualifikationen verbringend, weil es ein
Abgrund ist - unaussprechlicher Blick, durch das winterliche Lächeln des
Verzichts gelöscht.

Jung, erkennen wir das Lächeln, alt, es ist das Lächeln, dass die Schönheit
geboren.

Jung und alt sind diejenigen, deren Seele die meiste Luft haben. Alle
anderen im Luftkörper sind nicht, sind nicht oder nur vorübergehend.

Sie lebt auf einer Insel. Sie schafft eine Insel. Es ist eine Insel. Insel-
Kolonie der unendlichen Seelen. Wer weiß, ob es in dieser Zeit in Indien
so etwas gibt, an den Grenzen der Welt... ein Mädchen, ihr braunes Haar
bindend...

Die "wer weiß wen" - füttert.

Und es ist immer noch die sicherste Art.

Sie starb nur, weil sie zu stolz war, einen Hund zu lieben, zu souverän, ein
Kind zu adoptieren. Es wird weder Tiere noch Waisen, noch Begleiter
geben. Sie wollte nicht einmal eine Dame als Begleiterin. König Davids
Erwärmung, die Wärme der leblosen Abischag, er war ein Grobian. Sie
will nichts zu erwärmen – das Ihre bezahlen, geliehen das Lächeln. Sie
will weder Vampir noch Großmutter sein. Gut für einen Mann, der alt ist
und einfach, Leidenschaften für andere Rippen verschwendend, drängelnd
- andere Ellbogen, lächelnd aus anderen Mündern - verhaftet, durch Zufall
gestohlen. - "Geh, Mädchen, geh..." Sie wird nie auf dem Festival der
Jugend der anderen die schlechte Beziehung sein. Weder Freundschaft
noch Wertschätzung, noch ein anderer Abgrund, unsere eigene Güte wird
nichts an die Stelle der Liebe setzen. Sie wird nicht die schöne dunkle Frau
sein, die runden schwarzen Brennenden aufgegeben - der Zauberkreis als
deine Faust! - Das alte Lagerfeuer. Vor jedem Frühling - wird es brennen.

Selbst wenn ein Junger käme, sich gegen sie wirft wie ein Kind, wie ein
Passant sich gegen eine Wand wirft - vorbei gekommen, die Wand wird
unveränderlich sein. Diese rasende Liebe, alt, ist reiner Stolz. Sie, die ihr
ganzes Leben lang Angst hatte, nicht so erschrecken zu wollen. Die junge
Hündin wird nie eine alte Lamia werden.

Mitleid - - Entfernung, Herablassung.

"Gehen Sie schnell, wild und schön..."

Unter den Wänden eines Magazins,


Durch die Zeit, fast umgekehrt,
Überreichen Sie Ihr Licht!
Geh, Mädchen, geh!

Und doch - es ist in der gesetzlichen Herrlichkeit all ihrer Vergangenheit


gerecht geschehen. Es - ist ein Horror-Nebel.

Was vermochte er nicht über sie, und sein fataler Hang, weder Gott noch
der Mensch, noch sein eigenes Mitleid, nur Stolz. Und er kann es nur. Und
wird damit der Junge ewig alle einschüchtern? Seine Mutter: - Diese Frau
macht mir Angst. Sie sieht so hart aus. Mit was habe ich ihn beleidigt?...
Und ein anderer kam zu der Lady von ihrer Mutter - wer weiß, warum? -
Es wird durch eine Stimme gesagt, wo das Zittern macht einen Sprung
wie: - Ihre Mutter sagte, Sie seien für die Malerei eingenommen. Wir
müssen Ihre Talente pflegen, Fräulein...

Nie gemalt, nie Tönung, immer verjüngt, erhöht, verzerrt, so dass diese in
der Alterung "normalen" Einsen für alle anzusehen sind, mit dem Segen
des Priesters, 60 Jahre der Ehe-Knoten mit einem Kind unter zwanzig. Sie
gibt es den Schwestern von Cäsar.

Fataler und natürlicher Hang des Berges in das Tal des Flusses am See...

Der Berg, gegen Abend, voll Ebben in Richtung Gipfel. In der Nacht ist sie
oben. Sie sieht aus wie Türme, den Rücken hinunter. Am Abend erholt sie
sich.

...Dann eines Tages wieder, die einmal junge, irgendwo am anderen Ende
des gleichen Landes lernend, starb die ältere. Zuerst würde sie schreiben,
sie zu finden. Aber die Zeit, ihre Beschleunigung - der Brief wird
abgewürgt. Verlangen wird es sich wünschen. Die "Ich will wissen" wird
zu "Ich will"; dann - "Ich will nicht mehr." - Wer ist gut, weil er tot ist?
Auch werde ich eines Tages sterben... Und tapfer, mit großer Wahrheit der
Indifferenz: - Da sie in mir gestorben ist - für mich - das waren gute 20
Jahre?

Es besteht keine Notwendigkeit, zu sterben, um tot zu sein.

Trauerweide! Weide, Weinen! Weide, Körper und Seele der Frauen!


Trauerweide, der Hals. graue Haare auf dem Gesicht, nichts zu sehen.
Graue Haare, das Gesicht der Erde zu fegen.
Das Wasser, die Luft, die Berge, die Bäume, die wir geben werden, um die
Seele des Menschen zu verstehen, so tief verborgen. Wenn ich eine Weide
in Verzweiflung sehe, verstehe ich Sappho.

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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke
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ENNIUS ANNALEN FRAGMENTE
Deutsch von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

Bücher 1-6

Quintus Ennius wurde in Rudiae in Süditalien geboren, ungefähr 239 vor


Christus. Seine "Annalen" waren ein höchst originelles Gedicht, sowohl in
seiner Form - es war das erste große epische Gedicht in der lateinischen
Sprache – als auch in seiner Thematik, das sich mit der ganzen römischen
Geschichte aus der mythologischen Zeit bis hin zu den Ereignissen zu des
Dichters Lebenszeit beschäftigte. Bis zum Ende des ersten Jahrhunderts
vor Christus waren die "Annalen" das gebräuchlichste lateinische Gedicht.
Nachdem das Gedicht in der Popularität durch die Aeneis ersetzt worden
war, blieb es für die Grammatiker wegen der vielen archaischen Wörter,
die es enthielt, von Interesse, und aus diesem Grund sind viele Zeilen aus
dem Gedicht erhalten geblieben, was es uns ermöglicht, den Umriß zu
rekonstruieren seiner 18 Bücher.

BUCH I - Preludium. Vom Fall von Troja bis zum Tod von Romulus

[1] Die erste Zeile; Anruf der Musen


VARRO: In Ennius gibt es:
Musen, die mit den Füßen den mächtigen Olympos schlagen.
Mit Olympos meinen die Griechen den Himmel.

[2-3] Ermahnung an den Leser: Homer, von Ennius am Berg Helicon im


Traum gesehen, war die Quelle der Inspiration.
PROBUS: Für das neutrale Geschlecht ist die Silbe kurz. Ennius im ersten
Buch:
Denn mein Thema und mein Gedicht werden unter den Völkern Italiens
berühmt sein.

FRONTO: Homer's Lehrerin war Calliope; Ennius' Lehrer waren Homer


und der Schlaf.
MARCUS AURELIUS, zu Fronto: Und jetzt gehe ich zu unserem Dichter
Ennius, von dem du sagst, nach dem Schlafen und Träumen habe er zu
schreiben begonnen. Aber wenn er nicht aus dem Schlaf geweckt worden
wäre, hätte er die Geschichte seines Traumes nie erzählt.

[4]
FRONTO, an Marcus Aurelius: Wenn überhaupt:
Gefesselt im sanften, ruhigen Schlaf -
Wie der Dichter sagt, ich sehe dich im Traum, es gibt keine Zeit, wenn ich
dich nicht umarme und dich liebevoll küsse... Das ist ein Beweis meiner
Liebe, den ich den Annalen entnehme, eine poetische und verträumte
Liebe.

[5] Homer erscheint


CICERO: Wenn Ennius geträumt hat, so erzählte er es:
Homer erschien, der Dichter, an meiner Seite.

[6] Eröffnung der Rede von Homer


CICERO: Wenn wir nicht glauben wollen, dass Ennius, nur weil er es
träumte, die ganze berühmte Rede nicht hörte:
O liebevolle Güte deines Herzens!
Ebenso hätte er es gehört, wenn er wach gewesen wäre.

[7-10] Homer erzählt, wie seine Seele in Ennius' Körper gewandert war.
VARRO: Diese beiden, Himmel und Erde, entsprechen dem Leben und
dem Leib. Die nassen und kalten Massen bilden die Erde, und ob wir
davon ausgehen, dass:
Der mit Blättern versehene Stamm wird gepflegt von Eiern, nicht vom
Leben -
Nach den Worten des Ennius,
Und nach dieser Zeit das Leben selbst kommt zu den Küken durch den
Willen Gottes;
Oder nach Zenon von Citium, dass der Samen der Lebewesen Feuer ist,
und das ist ihr Leben und ihre Seele.

[11-12]
VARRO: Genau deshalb ist die Aussage von Ennius wahr:
Und die Erde, die den Körper selbst verlieh, nimmt ihn zurück und
verschwendet nicht Einen Samen.
[13]
DONATUS: Ich erinnere mich an 'sehen' anstelle von 'gesehen': Ennius:
Ich erinnerte mich daran, ein Pfau geworden zu sein.

SCHOLIAST: Persius deutet auf Ennius hin, der besagt, dass er im Traum
eine Vision von Homer auf dem Parnassus gesehen habe; Homer sagte,
dass seine Seele in Ennius' Körper sei.

[14] Die Römer sollen sich an den Ort erinnern, an dem Ennius träumte.
PERSIUS:
Beachtet, ihr Bürger, Lunas Hafen, es lohnt sich.
So sagte Ennius in seinen Sinnen, nachdem er sich aus seinem Traum
herausgeschnarcht hatte, dass er zum Mäoniden, zu Quintus, schließlich zu
einem pythagoreischen Pfau geworden war.

SCHOLIAST: Diese Zeile nahm er aus den Gedichten von Ennius in sein
eigenes Gedicht auf. Es ist gut, dass er sagt, "so sagte Ennius in seinen
Sinnen, nachdem er geschnarcht hatte." Das sagt Ennius am Anfang seiner
Annalen, wo er aussagt, dass er im Laufe eines Traumes eine Vision von
Homer sah, der sagte, er sei einmal ein Pfau gewesen, und von dem nach
einer von dem Philosophen Pythagoras aufgestellten Regel, sei seine Seele
in Ennius überführt worden.

[15] Beginn der Erzählung. Der Fall von Troja


PRISCIANUS: Veterrimus ist sozusagen von einem positiven Tierarzt
abgeleitet. Ennius sagt:
Als im Alter Priamus war tief unter den kriegführenden Pelasgiern
gelegen.

[16-17] Die Abstammung von Aeneas: Assaracus, Capys und Anchises.


SERVIUS: Assaracus war der Großvater von Anchises. Ennius sagt:
Von Assaracus entsprang Capys, der beste der Männer: und er hat mit
seinen Lenden gezeugt Anchises, den Treuen.

[18-19] Anchises
PROBUS: Ennius nahm für sich selbst in Anspruch des Anchises Macht
der Wahrsagerei durch Vogelkunde, und durch diese, war etwas vom
Propheten in ihm: also sagt er:
Und der scharfsinnige Anchises, dem Venus, die Lieblichste der Göttinnen,
gewährte die Macht, vorherzusagen, und ein göttliches Herz der
Prophezeiung zu haben.

[20] Ein Satz von Venus:


SERVIUS: „Um zu schwimmen“ statt „um zu fliegen“, wie in einem Vers
von Ennius im ersten Buch:
Sie schwebte schnell durch seltene Nebelschwaden.

[21] Venus erscheint dem Aeneas und seinen Gefährten:


FESTUS: Zum Beispiel Ennius in Buch I:
Darauf kam sie, Heiligste unter den heiligen Göttinnen, nah zu ihnen.

[22-23] Sie versucht Aeneas zu überreden, Anchises zu gehorchen und sich


auf den Berg Ida zurückzuziehen:
FESTUS: Dass die Alten den Begriff "plädieren" für "handeln"
verwandten: Ennius war davon auch ein Zeuge, als er in das erste Buch der
Annalen schrieb:
Aber achte darauf, zu tun, was dein Vater im Gebet für dich erfleht.

[24] Italien und die Lateiner:


MACROBIUS: Es gibt eine Region, die die Griechen Hesperien nennen
(Vergil, Aeneis). Ennius sagt im ersten Buch:
Es gibt eine Region, die die Sterblichen Hesperien nannten.

[25]
VARRO: Dieses Wort bedeutet „alt“ und wird von Ennius benutzt, wenn er
sagt:
...die die alten und uralten lateinischen Völker bewohnten.

[26] Die frühe Verbindung von Latium mit Saturn:


VARRO: Männer haben aufgezeichnet, dass einst dieser Hügel, der
Kapitol, genannt wurde „Saturnischer Hügel“ und daher Latium genannt
wurde:
Das Saturnische Land -
Wie Ennius es nennt.

[27-8] Das Glück des Saturn:


NONIUS: Der Himmel ist kastriert. In seiner maskulinen Form. Ennius
sagt:
Saturn, der den Caelus ("Himmel") zeugte.

[29] Warum er floh nach Italien:


NONIUS: Obsidio. Neutrum in Ennius:
Als der große Titan ihn mit grausamem Zwang betrübte.

[30] Aeneas und seine Freunde kommen nach Laurentum in Latium:


PRISCIANUS: Laurentis für Laurens. Ennius sagt in den Annalen:
Diese Männer erhielten eines Tages Laurentums Land.

[31] Aeneas trifft den König von Alba; die Geschichte von Ilia, der Tochter
von Aeneas:
ATILIUS: Der kürzeste Hexameter hat 12 Silben wie dieser von Ennius:
Ihm antwortete der König von Alba Longa.

SERVIUS: Nach Ennius wird Romulus mit Aeneas unter die Götter
gerechnet.

SERVIUS: Ennius sagt, Ilia sei eine Tochter von Aeneas.

[32-48] Der Traum von Ilia nach dem Tod von Aeneas; sie gebiert
Romulus und Remus:
CICERO: Ennius erzählt der berühmten Vestalin Geschichte:
Als die Alte sich aufrichtete, mit den Gliedmaßen zitternd ein Licht
brachte, sprach die Magd, die aus dem Schlaf aufgeschrocken war, unter
Tränen: Tochter von Eurydice, die du unsern Vater geliebt hast, jetzt Kraft
und Leben auch lass meinem ganzen Körper. Denn ein Mann von schönem
Aussehen schien sich auf angenehmen Lichtungen und Ufern und Stellen
seltsam zu beeilen; so, meine Schwester, danach schien ich allein zu
wandern, und langsam-füßig, um dich aufzuspüren und nach dir zu suchen,
aber war unfähig, dich mit meinem Herzen zu fangen: kein Weg sicherte
meine Tritte. Dann war es der Vater, der schien seine Stimme zu erheben
und zu mir mit diesen Worten zu sprechen: Tochter, zuerst gibt es Nöte,
von dir ertragen zu werden, aber danach wird dein Vermögen von einem
Fluss wieder aufsteigen. - Mit diesen Worten, meine Schwester, zog sich
der Vater plötzlich zurück und gab sich nicht mehr meinen Blicken,
obwohl mein Herz ihn ersehnte; nein, wenn auch oft und unter Tränen, ich
hielt meine Hände in Richtung der blauen Umrisse des Himmels und rief
und rief ihn mit schmeichelnder Stimme. Da schlief er, kaum krank im
Herzen.

OVID: Wenn eine Frau die Annalen nehmen sollte (es gibt kein Gedicht,
das zackiger ist als sie), wird sie lesen, wie Ilia eine Mutter wurde.

SERVIUS: Naevius und Ennius berichten, dass der Gründer der Stadt war
Romulus, der Enkel von Aeneas durch seine Tochter.

[49-50] Ilia, angeklagt wegen ihrer Schuld, appelliert an Venus:


NONIUS: Ennius im ersten Buch der Annalen sagt:
Ich bitte dich, o heiligste Venus, Mutter meines Vaters, von mir eine Weile
abzusehen und zu sehen gnädig auf meine Verwandte.

[51] Ilia appelliert auch an den Tiber:


MACROBIUS: Und du, Vater Thybris mit deinem geweihten Strom
(Vergil, Aenäis); Ennius sagt im ersten Buch:
Und du, o Pater Tiberinus, mit deinem geheiligten Strom!

[52] Venus antwortet auf der Ilia Gebet:


CHARISIUS: Die Grammatiker möchten es haben, dass die Form neptis
nicht verwendet werden sollte. Und Ennius wird berufen, weil er nepos als
feminin schrieb, also:
Ilia, göttliche Enkelin, die Nöte, die du ertragen hast...

[53-4]
SERVIUS: Cetera, das ist in ceterum; Und es ist eine ennische Wendung:
Für das weitere mach dir keine Sorge um die Jungen, die du geboren.

[55] Amulius befiehlt, Ilia in den Tiber zu werfen:


NONIUS: Facessere bedeutet "zu tun":
So sprach er; und dann kamen die engagierten Krieger zu Worte.

PORPHYRIO: Nach dem Wort von Ennius wurde Ilja kraftvoll in den
Fluss Tiber geworfen, auf Befehl des Amulius, des Königs der Albaner:
Aber vorher wurde sie in der Ehe mit Anio verbunden.

[56] Ilia ist verheiratet mit dem Tiber:


SERVIUS: reddita muss als archaische Wendung genommen werden, um
Daten zu bedeuten; Ennius sagt in den Annalen:
Aber Ilia, die in die Ewigkeit verwandelt wurde...

[57] Die Götter versammeln sich, um das Schicksal des Romulus zu


entscheiden:
TERTULLIAN: Ennius der Dichter sprach:
Die mächtigsten Speisesäle des Himmels -
Entweder wegen ihrer erhabenen Stellung, oder weil er mit einem Vers von
Homer den Jupiter gefeiert hatte, der dort oben feierte.

[58]
SERVIUS:
Mit zwei Öffnungen...
Diese Ausdrucksweise ist ennisch und wird zur Verwendung von Türen
herangezogen, die wir sowohl nach rechts als auch nach links offen sehen.

[59] Die versammelten Götter und Jupiter:


MACROBIUS: Atlas wirbelt auf seinen Schultern den Himmel, der mit
glühenden Sternen gepunktet ist (Vergil, Aenäis). Ennius sagt im ersten
Buch:
Der sich um den Himmel dreht, der mit glänzenden Sternen punktiert ist.

[60-1]
MARTIANUS CAPELLA: Die Genossen Jupiters sind doppelt so
zahlreich, darunter der eben erwähnte Donnerer; deren Namen in einem
Paar von Zeilen im Ennius enthalten sind:
Juno, Vesta, Minerva, Ceres, Diana und Venus,
Merkur, Jovis, Neptunus, Vulcanus und Apollo.

[62] Die Rede der Juno; sie stimmt der Vergötterung des Romulus zu:
SERVIUS: Wir müssen entweder ein Komma nach sancte setzen oder auch
den Ausdruck 'sancte deorum' nach Ennius verwenden:
Juno, geheiligt unter den Göttinnen, Tochter des Saturn, antwortete...

[63-4] Jupiter sagt zu Mars, dass nur einer seiner Söhne vergöttlicht
werden soll:
VARRO: Ich werde in diesem Buch von Worten sprechen, die einen Platz
in den Dichtern haben. Ich werde damit beginnen:
Einer nur wird es sein, den du zu den blauen Gegenden des Himmels
erheben wirst.

[65] Der Tiber läuft ein zweites Mal über:


FESTUS: Ennius sagt im ersten Buch:
Die Wasser verließen ihre Kanäle und flossen zurück in die Ebene.

[66-9] Jupiter befiehlt dem Tiber zu sinken:


FRONTO: Es war geschehen. Das gleiche Verb wird von Ennius
verwendet:
Die gebrochenen Plätze, aufgestaut zu werden...
Er sagt:
Es war vollbracht, der Tiber...
Und eine bemerkenswerte Tat. Tiberis ist im toskanischen Dialekt der
Tiber, den sie bestellen, aufgestaut zu werden. Der Fluss Tiber ist Herr und
Herrscher aller fließenden Gewässer in diesen Teilen. Ennius sagt:
Nach dem Fluss, der Herr ist über alle Sesshaften...
Denn Ilia versank in dem Fluss.

[70] Der Korb, der der Ilia Zwillinge Romulus und Remus enthält, wird
von einem Feigenbaum, der später der "Feigenbaum der Väter" genannt
wurde, beschattet.
CHARISIUS: Fici... Ennius sagt:
Süßigkeit enthaltende Feige, triefende Milch aus dem vollen Euter.

[71] Die Wölfin säugt Romulus und Remus:


SERVIUS: Das Nomen lupus war bei den alten Schriftstellern sicherlich
gemeinsam für beide Geschlechter, wie es in Ennius heißt:
Plötzlich eine Wölfin mit großem Jungen...

SERVIUS: Die ganze Passage von Vergil, Aenäis 8, 630 ist sicherlich nach
Ennius modelliert.

[72-4] Die Wölfin sieht die Hirten und flieht:


NONIUS: Pareder, schnell und schneller...
Daraufhin blickte die Wölfin sie an und sah sie alle; dann ging sie mit
schnellen Schlägen über die Ebene und begab sich rasch in einen Wald.

[75-6] Romulus und Remus treiben Sport mit den Hirten:


NONIUS: Licitari, im Kampf kämpfen. Ennius sagt:
Einige zogen Steine ins Spiel und drängten sich gegenseitig.

[77] Romulus als Jäger:


FESTUS: "Ratus sum" bedeutet "ich dachte", aber abgesehen davon
werden Ratus und Ratum für "fest" verwandt. Ennius sagt:
Sie wurden niedergeschlagen, als Romulus, der Entschlossene, seinen
Steinbruch gewann.

[78] Romulus ist mit Numitor versöhnt:


MACROBIUS: zitiert Vergil, Aenäis 8,150: "Gib und nimm dir kühn, es
gibt bei uns Herzen, die im Kriege tapfer sind." Ennius sagt im ersten
Buch:
Gib und nimm geprüfte Treue und mach einen Vertrag wirklich fest.

[79] Romulus und Remus warten auf den Tagesanbruch, um die Auspizien
zu begehen.
MACROBIUS: Und die Toten der Nacht hielten den Mond in einem
schwarzen Nebel versteckt (Vergil, Aenäis 3,597). Ennius sagt im ersten
Buch:
Als die Toten der Nacht das Licht oben versteckten...

[80-100] Romulus und Remus begehen die Auspizien; Romulus gründet


die Stadt Rom.
CICERO: Und so Romulus, als Augur mit seinem Bruder, als Augur, wie
es in einem Vers von Ennius steht:
Dann, vorsichtig mit einer großen Sorge, jeder in Eifer für die königliche
Herrschaft, sind sie bei der Beobachtung und der Wahrsagerei der Vögel...
auf einem Hügel... Remus widmet sich der Beobachtung und sieht einen
günstigen Vogel. Aber schöner sucht Romulus auf dem hohen Aventin und
so sucht er für die aufsteigende Rasse. Ob sie die Stadt Roma oder Remora
nennen sollten, das war ihr Wettbewerb. Die Besorgnis füllte die beidem
Männer, welche Herrscher sein sollten. Als der Konsul das Signal geben
will, schauen alle Männer eifrig an die Grenze der Barriere, um zu sehen,
wie bald er die Wagen aus den bemalten Toren herausschicken wird. Also
warteten sie. So warteten die Leute und hielten ihre Zungen und fragten
sich, welchem der beiden der Sieg der rechten Königsherrschaft durch das
Ereignis gegeben werden sollte. Inzwischen zog sich die weiße Sonne in
die Tiefen der Nacht zurück. Dann kam ein klarer Blitz hervor, der in
Strahlen ausgelöscht wurde, ein Licht, und als er nach links zog, flog aus
der Höhe ein Vogel, der glücklichste Weg fliegender Propheten, gerade da
ganz golden erhob sich die Sonne. Dreimal kehrten vier geheiligte Vögel
vom Himmel herab und begaben sich an glückliche und heilige Orte. In
diesem sah Romulus, das sein eigen war ordnungsgemäß der Stuhl und
Thron des Königtums, fest etabliert durch die Beobachtung der Vögel.

GLOSSAR: Von Rom gibt es keinen bekannten Traditionsgründer. Ennius


und andere sagen, dass es von Romulus gegründet wurde.

[101] Remus spottet über Romulus und seine Mauer auf der Pfalz:
FESTUS: Quamde für quam:
Jupiter! Ja, wirklich verlässt er sich mehr auf eine Mauer als auf die Kraft
seines Armes!

[102-3] Romulus droht Remus mit dem Tod:


MACROBIUS: (zitierend Vergil, Aenäis 9,420) "Indessen sollst du mich
dennoch mit deinem Lebensblut belohnen." Ennius sagt im ersten Buch:
Weder du noch jemand sonst, der am Leben ist, soll das ungestraft tun;
nein, du sollst mich mit deinem Lebensblut belohnen.

[104] Ein Mediator versucht, den Streit zu schlichten:


NONIUS: Torviter:
Aber der, den du gerade so heftig geärgert hast...

[105]
FESTUS: Sum für eum.
Aber durch Strategie, nicht durch rohe Gewalt, sollte er versuchen, diesen
Zustand zu retten.

[106] Nach dem Sieg über die Sabiner feiert Romulus öffentliche Spiele
und Tänze:
GRAMMARIAN: Als Romulus dem Jupiter Feretrius einen Tempel
errichtet hatte, ließ man ihm Felle ausbreiten und hielt Spiele so, dass
Männer mit Handschuhen kämpften und an laufenden Rennen teilnahmen;
Ennius bezeugt diese Tatsache in den Annalem.

SERVIUS: Und einige denken, dass lentandus ein geprägtes Wort von
Vergil ist; aber in den Annalen lesen wir:
Abgerieben mit Öl, geschmeidig, und bereit für den Ringkampf.

PAULUS: "Lärm des Krieges" war ein Begriff, den die Römer gewohnt
waren zu tanzen, wenn sie mit Waffen tanzten; das war eine Institution des
Romulus, so dass er nicht erleiden musste, was er selbst tat, als er die
Mädchen der Sabiner bei ihren öffentlichen Spielen verschleppte.

[107] Vergewaltigung der Sabinerinnen. Eine Sabinerin spricht:


FESTUS: Verrius glaubt, sas bedeutet eas, sein Zeuge ist Ennius aus dem
Grund, dass er im ersten Buch sagt:
...Mädchen; denn die Römer haben ihr eigenes Mädchen zu Hause.

[108] Rage der Römer gegen Titus Tatius:


PRISCIAN: Im Nominativ werden die Autoren die kurze Silbe 'te' statt
'met' hinzufügen. Ennius sagt:
Von selbst nahmen sie Titus Tatius, dem Tyrannen, diese schrecklichen
Sorgen.

[109] Hersilia vermittelt zwischen den Römern und den Sabinerinnen:


FESTUS: Stolidus, albern.
Einen Streit mit Gewalt zu bekämpfen, ist eine Sache der albernen Eber.

[110]
CHARISIUS: Concorditer.
Ihr beide, während ihr eure Tage in Freundlichkeit für ewig verlasst...

[111] Hersilias Gebet:


GELLIUS: Ennius sagt auch im ersten Buch der Annalen:
Nerio, Gemahlin des Mars -
Und hier ebenfalls, wenn er das Metrum bewahrt (was sicher nicht immer
der Fall ist), hat er die erste Silbe verlängert und die dritte verkürzt.

[112-13] Romulus und Titus Tatius gründen ein doppeltes Königtum; die
Sabiner bilden einen neuen Stamm in Rom:
NONIUS: Fortunatim, wohlhabend.
Und möge dies, so bete ich, für mich, für unsere Aufgabe, für unsere
geplante Tugend, für unser Reich und für euch, meine Bürger, Glück und
Erfolg bringen.
VARRO: Nach Ennius waren die Titienser so genannt nach Tatius, die
Ramnenser von Romulus; die Luzerner nach Junius, von Lucumo.

SERVIUS: Nach Ennius wird Romulus mit Aeneas unter die Götter
gerechnet.

[114-15] Proculus erzählt den Menschen von seiner Vision des Romulus:
SERVIUS: Aevum bedeutet wirklich Ewigkeit, die zu keinem außer zu
Göttern kommt. Ennius sagt:
Romulus lebt von Äon zu Äon im Himmel mit den Göttern, die ihn
geboren haben.

[116] Romulus und Hersilia werden von den Römern verehrt:


NONIUS sagt: Hora, Göttin der Jugend....
Ich verehre dich, Vater Quirinus, und dich, Hora, Gemahlin von Quirinus.

BUCH II - Die Herrschaft von Numa Pompilius, Tullus Hostilius und


Ancus Marcius.

[117-20] Die Leute trauern um Romulus:


CICERO: Tatsächlich, wenn ein Volk eines gerechten Königs beraubt wird,
dann, wie Ennius sagt, nach dem Bestehen der besten Könige, für viele
Tage erfüllt Sehnsucht ihre Brüste:
Und zur selben Zeit unterhielten sie sich untereinander: Romulus,
göttlicher Romulus, zu was für einem Hüter deines Landes haben dich die
Götter gemacht! O Vater und Zeuge, dessen Blut entspringt dem Gott!
Sie nanntest jene, die ihnen rechtmäßig vorstanden, nicht Herren und
Herrscher, noch Könige, sondern Wächter ihres Vaterlandes, ja Väter und
Götter. Das war auch nicht ohne Grund so. Doch was sagen sie als
Nächstes? Er war es, der uns in die Welt des Lichts führte.

[122]
FESTUS: Speres. Die archaischen Schriftsteller verwendeten diese
Pluralform, zum Beispiel Ennius im zweiten Buch:
Und sobald er entfloh, hofften wir so ganz...

[123] Frage des Nachfolgers des Romulus:


FESTUS: 'Platz Roma', ein Name, der einem Ort auf dem Palatin vor dem
Tempel von Apollo gegeben wird. Ennius hat diesen Platz im Auge, wenn
er sagt:
Und welcher Mann hofft, dass er König des Platzes Roms sein wird?

[124] Die Herrschaft von Numa Pompilius. Numa besucht Egeria:


VARRO: In einem Vers von Ennius:
Ihm antwortete Egeria mit süßem Laut -
Das Wort olli hat die Kraft von illi, von ollus, olla.

[125-6] Die religiösen Institutionen des Numa:


VARRO: In einem Vers von Ennius:
Er gründete die Tische, er auch die Schilde.
Ancilia ist ein Wort, das von ambicisus abgeleitet ist, weil diese Arme auf
jedem Rand wie die von Thraciern eingerückt wurden.
Und die Pfannkuchen, die Bäcker, die Dummköpfe und die starren Kegel-
Priester.
Liba sind so genannt, weil sie gemacht werden, um beim Trankopfer
verwendet zu werden. Die Fictoren sind sogenannte Fingendis libis; der
Begriff Argei ist von Argos abgeleitet. Tutulati ist ein Begriff für
diejenigen, die bei den Opfern daran gewöhnt sind, eine Art von Kegel auf
dem Kopf zu tragen.

[127-9] Er leitet die Flamen ein:


VARRO: Ennius gibt an, dass Pompilius auch die "besonderen Priester"
gegründet habe; obwohl alle von einzelnen Göttern ernannt werden, gibt es
besondere Priester, deren Familiennamen unklar bleiben, wie es der Fall ist
mit den meisten der folgenden, die in diesen Versen aufgezählt sind:
Er gründete auch die Priester von Volturnus, von Palatua, von Furina, von
Flora, von Falacer und von Pomona.

[130] Numa bittet um die Aufrechterhaltung seiner Institutionen; Krieg


zwischen Rom und Alba:
FESTUS: Die Alten pflegten me anstelle von mihi zu sagen, wie auch
Ennius, wenn er im zweiten Buch sagt:
Wenn etwas von dem Schicksal des Mannes mit mir geschehen soll, halte
meine Verordnungen.
PROPERTIUS: Und ich hatte schon wuchtige Lippen an mächtige
Brunnen gesetzt, woher der Vater Ennius seinen Durst stillte und die
Brüder, die Curii und die Horatii und ihre Speere sang.

[131] Die Drillinge sind bereit zu kämpfen:


PRISCIANUS: Ennius sagt:
Eine große und starke Angst ist meine, gleiche Taten mit meinen
Herzensgenossen zu tun.

[132] Der Kampf: Der überlebende Horatius entkommt einem Stoß:


FESTUS: Occasus, ein Verschwinden der Sonne zum Beispiel, wenn sie
von den Höhen zu den Gebieten unter der Erde herabsinkt; Ennius
benutzte dieses Nomen für occasio im zweiten Buch:
Dieses Glück wurde dem bekannte Horatius mit einem Sprung gegeben.

[133] Horatius rechtfertigt sich vor seiner Schwester, die einen der Curiatii
liebte:
PRISCIANUS: Wir finden sehr alte Schriftsteller, die sogar die vorletzten
Worte verlängerten:
Er stimmte zu, dass er sich mit dem Schwert an mich wenden würde.

[134] Horatius' Schwester häuft Vorwürfe auf ihn:


FESTUS: Tolerare, geduldig ertragen:
Sie müsste sich entscheiden, durch das Schwert abzuschlachten, statt durch
Worte wie diese.

[135] Sie sorgt mehr für ihren toten Curiatius als für alle Römer:
FESTUS: Quamde für quam.
...als für all eure Legionen und Bürger.

[136] Der Vater von Horatius plädiert für seinen Sohn bei seinem Prozess,
seine Schwester zu töten; er schuf Trauer der Mutter:
FESTUS: Sum für eum.
Aber jener, den sie in die Welt des Lichtes hineingegeben hat...

[137] Der Staatsanwalt beschuldigt Horatius:


FESTUS: Ningulus, niemand.
Wo ist einer, der mit dem Schwert droht, während gegen euch keiner...
[138] Fortschritte der Studie:
FESTUS: Tuditantes bedeutet Tundentes, das heißt, eine Affäre.
Den ganzen Tag verbrachten sie mit diesem Prozeß unter sich.

[139] Die Bestrafung von Mettius Fufettius durch Tullus für die
Weigerung, Rom zu helfen:
QUINTILIAN: Tinga von Placentia. Durch das Schreiben precula für
pergula war er schuldig zweier Barbarismen in einem Hauptwort. Aber
Ennius, angeklagt auf eine ähnliche Anklage eines doppelten Fehlers,
sagte:
Ich werde bei dem Plädoyer für die Dichterlizenz verteidigt.

[140] Er wird von Pferden zerrissen:


MACROBIUS: Tractare bedeutet, immer wieder zu ziehen. Ennius sagt:
Über die glatte ebene Ebene gezogen...

[141-2] Vögel verschlingen seine Leiche:


PRISCIANUS: Die ältesten Schriftsteller lehnten homo, Genitiv homonis
ab. Ennius sagt:
Ein Geier verschlang den Armen im Wald. Ach! In dem grausamen Grab
begraben seine Glieder!

[143] Die Zerstörung von Alba Longa durch Tullus:


SERVIUS: Die Staaten sind in der Regel zu dem Klang einer Trompete hin
gestürzt, in der Art, wie Tullus Hostilius befahl, dass Alba sollte gestürzt
werden.

PRISCIANUS: Bei Onomatopoien, ob Substantive oder Verben, von


ungewöhnlicher Struktur, dürfen wir nicht alle Wendungen suchen.
Taratantara. Ennius sagt:
Und die Trompete in schrecklichen Tönen taratantara blies.

SERVIUS, über Vergil (Aenäis 2,486): „Und die Wohnung innerhalb.“


Diese Stelle ist dem Werk über Alba entnommen.

[144] Die Herrschaft von Ancus Marcius. Sein Beitritt:


SERVIUS über reddita bei Vergil: Reddita muss als archaische Wendung
verstanden werden, die Daten bedeutete.
Und an jenem Tag, als Ancus Marcius das Königtum erhielt -
Hier steht recepit für acceptit.

[145] Die Grundlage von Ostia: Festungen und andere Werke:


MACROBIUS: Ein glücklicher Ausdruck von Vergil (Georgica 2,462) ist
„es rülpst eine Flut“, und archaisch auch, denn Ennius sagt:
Und der Fluss Tiber rülpst in das Salzmeer.

[146-7]
FESTUS: Quaesere wird von archaischen Schriftstellern anstelle von
quaerere gestellt.
Ostia wurde befestigt. Er machte auch den Kanal klar für große Schiffe
und für Seeleute, die einen Lebensunterhalt auf dem Meer suchten.

[148]
SERVIUS: Einige sagen, dass texamus der richtige Begriff ist, weil die
Orte, an denen Schiffe gemacht werden, im Lateinischen Textrina genannt
werden. Ennius sagt:
Für sie auch die Ebene hält eine Werkstatt bereit für ihre langen Schiffe.

[149]
FESTUS: Ennius scheint einen Scherz gemacht zu haben. Und im zweiten
Buch sagt er:
Die blau-dunklen Ebenen.

BUCH III - Die Herrschaft von Tarquinius Priscus, Servius Tullius und
Tarquinius Superbus; Gründung der Republik

[150] Jupiters Omen für Priscus auf seinem Weg nach Rom:
NONIUS: Laevum. Die alten Kritiker glauben, dass dieses Wort
gleichbedeutend ist mit der Bedeutung von levare. Ennius im dritten Buch
der Annalen sagt:
Der All-Glorreiche schickte eines Tages vom Himmel ein günstiges
Zeichen.

[151-2] Das Omen:


PROBUS, über Anima bei Vergil (Eklogen 6,32): 'Luft' ist hier genommen,
durch induktives Denken, 'Wind' zu bedeuten; Als Beweis dafür haben wir
ein Beispiel von Ennius aus dem dritten Buch der Annalen:
Und es kam auf dickflüssigen Flügeln ein Adler, der mit der Brise kämpfte,
wie sie die griechische Nation in ihrer Zunge nennt.

[153] Tanaquil nimmt das Omen als günstig an:


SCHOLIAST: Laeva, wohlhabend, wie Ennius sagt:
Auf der linken Seite und ordnungsgemäß ward es genommen als gut.

[154] Der Tod von Ancus Marcius:


FESTUS: Sos. Hin und wieder schrieben sie es für suos. Ennius sagt:
Nachdem der gute Ancus das Licht mit den Augen verlassen hatte...

[155] Tarquinius Priscus wird zum König gekrönt:


FESTUS: Solum, Erde. Ennius sagt im dritten Buch:
Man gab Tarquinius beides, Herrschaft und Boden des Reiches.

[156] Der Krieg von Priscus mit den Lateinern oder Etruskern:
FESTUS: Sos für eos. Ennius sagt im dritten Buch:
Die Clans der Macht und des Reichtums, die um sie herum sind...

[157] Tanaquil bedeckt den toten Priscus:


SERVIUS, über: „Und sie waschen und salben seinen Körper in der Kälte
des Todes“ bei Vergil (Aenäis 6,219): das ist eine Zeile von Ennius, der
sagt:
Die gute Frau wusch und salbte Tarquinius' Körper.

[158] Die Beerdigung von Priscus:


FESTUS: Prodinunt, das gleiche wie prodeunt.
Die Diener zogen weiter, dann strahlten helle Lichter.

[159] Die Herrschaft von Servius Tullius; Kriege mit Etrurien:


MACROBIUS: Wir müssen bemerken, dass Ennius sogar qua noctu
verwendet hat. Und dieses setzte er in das siebte Buch der Annalen, und in
das dritte Buch, in dem er die gleiche Art von Dingen klarer schrieb:
In dieser Nacht wird Etruriens Schicksal an einem Faden hängen.

[160-61] Die Schlacht des Servius, Etruskische Kriege:


MACROBIUS: "Die widerspenstigen Weingärtner beschäftigen sich mit
Speeren auf allen Seiten." (Vergil, Aenäis 7,520). Ennius sagt im dritten
Buch:
Nachdem sie müde waren, zum Stehen kamen und sich gegenseitig mit
schlaufenförmigen Lanzen beschmutzen, nahmen sie mit Speeren an allen
Seiten teil.

[162] Tarquinius Superbus. Lucretia ist empört auf einem Dach:


MACROBIUS: Atlas "wirbelt auf seiner Schulter den Himmel, der mit
glühenden Sternen gepunktet ist." (Vergil, Aenäis 4,482) Ennius sagt:
Sie blickte zum Himmel auf, der mit leuchtenden Sternen übersät war.

[163] Lucretia bereitet den eigenen Tod vor:


GELLIUS: Wir haben die Frage untersucht, ob Superesse in den
archaischen Schriftstellern ein Begriff war, der für "bleiben und für das
Fehlen der Vollendung einer Sache" steht. So finden wir im dritten Buche
von Ennius' Annalen diese Zeile:
Dann sagte sie, dass auf sie selbst noch eine Arbeit wartete.

BUCH IV - Die frühe Republik, bis zur gallischen Invasion von 390 vor
Christus

[164] Die Belagerung von Anxur durch die Römer:


MAKROBIUS: "Sie belasten mich mit aller Macht und Wichtigkeit."
(Vergil, Aenäis 12,552). Ennius sagt im vierten Buch:
Die Römer auf ihren Leitern belasteten mit aller Macht und Wichtigkeit.

[165] Anxur wird gestürmt, 406 vor Christus


PAULUS: Die Stadt, die jetzt als Tarracina angesprochen wird, die dem
Volksstamm angehört, wurde früher Anxur genannt, wie Ennius' Worte
zeigen:
Die elenden Volsker verloren Anxur.

[166] Eklipse der Sonne, 21. Juni 400 vor Christus:


CICERO, auf die wahre Ursache der Sonnenfinsternis kommend: In
späterer Zeit entging dies nicht der Ankündigung unseres Ennius, der das
etwa dreihundertfünfzig Jahre nach der Gründung Roms schreibt:
Am fünften Tag im Juni blockierte der Mond die Sonne in der Dunkelheit.
BUCH V - Samniter Kriege und der Aufstieg von Pyrrhus, bis 295 vor
Christus

[167] Ein Kampf; Manlius und ein Gallier:


FESTUS: Occasus. Ennius benutzte es für occasio, im fünften Buch sagt
er:
Ärger treibt ihn an, das Glück hält ihn fest, der Fakt hilft ihm.

[168] Verteidigung von Fregellae gegen die Römer:


NONIUS: Ansatae, Raketen mit Schlaufengriffen. Ennius sagt:
Sie schicken Schlaufen-Lanzen von den Türmen.

[169] Appellation der Frauen bei Fregellae bei ihrer Ergreifung, 313 vor
Christus:
PRISCIANUS: Misereo wurde von den ältesten Schriftstellern benutzt:
Sie verursachten sogar den Feind, Mitleid mit ihren Tränen zu haben.

[170] Ein Kampf zwischen den Römern und den Samnitern:


ACRO: Zu einer Zeit kämpften die Römer mit den samnitischen Feinden
bis zum Einbruch der Nacht; darum Ennius auch sagt:
Die Toten der Nacht wachten nach der geschlagenen Schlacht.

[171] Der Fluss Liris bei Interamna Lirenas:


MACROBIUS: Es ist nicht unelegant, Agmen im Sinne eines gewissen
Actus und Ductus zu setzen; zum Beispiel: "Der Thybris fließt mit sanfter
Bahn." (Vergil, Aenäis 2,782). In der Tat ist es auch eine antike Wendung;
denn Ennius sagt im fünften Buch:
...weil der Fluss mit sanftem Zug durch die angenehme Stadt fließt.

[172] Der Aufstieg von Pyrrhus:


NONIUS: Stirps. Ennius hat es im Maskulinum im fünften Buch der
Annalen verwandt:
...mit Namen Burrus, ein Mann, den sie von höchstem Lager riefen.

BUCH VI - Der Krieg mit Pyrrhus, 281-271 vor Christus

[173] Prolog:
SERVIUS, über „Entledige diesen großen Krieg von Ende zu Ende.“ bei
Vergil (Aenäis 9,528): das ist: Erzähle nicht nur die Anfänge, sondern auch
die Schlüsse dieser Kriege; denn durch orae sind "Extremitäten" gemeint.
Ein Kommentator von Servius fügt hinzu: Es ist ferner ein Ausdruck von
Ennius:
Wer kann diesen großen Krieg von Ende zu Ende lösen?

[174-6] Pyrrhus erhält ein Orakel von Apollo:


CICERO: Warum sollte ich Herodot zitieren, um ehrlicher zu sein als
Ennius? Sicherlich war er genauso fähig, die Geschichte über Krösus zu
erfassen, wie Ennius es über Pyrrhus war. Denn wer ist da, der glauben
könnte, dass Apollos Orakel diese Antwort dem Pyrrhus gegeben habe?
Ennius sagt:
Ich sage, dass du, o Mann aus Aeacus entsprungen, kannst die Römer
besiegen.
Zuerst ist das Latein eine Sprache, in der Apollo nie sprach; weiter, dass
die besondere Antwort unter den Griechen nicht bekannt ist; und außerdem
hatte Apollo in der Zeit von Pyrrhus bereits aufgehört, Verse zu machen;
und endlich, obwohl es immer für gut gehalten wurde, wie wir bei Ennius
finden, dass:
Dieser Stamm der Steinköpfe, der Aeacus-Stamm, ist kriegsstark mehr als
weisheitsstark.
Noch hätte Pyrrhus den Sinn gehabt, zu sehen, daß die doppelte Bedeutung
der Zeile "Ihr den Römern... Niederlage" für sich und die Römer
gleichermaßen angewandt wurde.

[177] Pyrrhus' stürmischer Kreuzzug nach Italien; sein Schiff:


VALLA: Stlataria. Probus erklärt: "Verführerisch". Ennius sagt:
Und ein besseres Schiff als solche, die fremden Flitterkram tragen.

[178] Pyrrhus war zuerst willkommen geheißen in Tarentum, 281 vor


Christus:
FESTUS: Navus, schnell und aktiv. Ennius sagt im sechsten Buch:
Ein Mann von Taten fand ihn, einen griechischen Sohn eines griechischen
Vaters und einen wahren König.

[179] Aber er zeigte sich als ein strenger Meister:


FESTUS: Summussi ist ein Begriff, der auf Murmeln angewendet wurde.
Ennius sagt im sechsten Buch:
Sie grummelten im Geheimen.

[180] Ein plötzlicher Überfall in der Nähe von Tarentum durch Lucius
Aemilius Barbula:
MACROBIUS, zitierend Vergil (Aenäis 7,625): „Durch den Staub rasen
die Reiter; alle riefen nach Waffen.“ Ennius sagt:
Er bedrängte die dummen Schafe; alle riefen nach Waffen.

[181-5] Vorbereitungen für das Verbrennen der Toten nach der Schlacht
von Heraclea, 280 vor Christus:
MACROBIUS, zitierend Vergil (Aenäis 6,179): „Sie gingen in einen alten
Wald, in tiefe Höhlen des wilden Waldes; es fielen Pechkiefern, klapperten
Balken unter Schlägen, klapperten Bohlen von Eschen gegen die Keile;
Eichenholz spalteten sie und rollten es entlang der hohen Vogelreihen der
Berge.“ Ennius sagt im sechsten Buch:
Dann schritt er durch tiefe Dickichtwälder und wütete mit Beilen;
mächtige Eichen stürzten; unten stürzte der Stamm und die Asche wurde
zerstreut; gefällt war die stattliche Tanne; sie rissen die hohen Kiefern
hinab; und das ganze Dickicht des Laubwaldes knisterte und seufzte und
raschelte.

[186-93] Pyrrhus antwortet auf Fabricius, der kam, um römische


Gefangene zu erlösen:
CICERO: Und von Pyrrhus gibt es auch diese berühmte Rede über die
Wiederherstellung der Gefangenen:
Gold für mich erfrage ich nicht; nein, mir sollt ihr keinen Preis zahlen.
Nicht Kriegslohn, sondern Kriegführen, nicht mit Gold, sondern mit Eisen,
so lasst uns von beiden Seiten den Versuch für unser Leben machen. Um
zu sehen, was das Glück bringen kann, ob ihr oder ich es habt, will ich
König sein, lasst uns durch Tapferkeit den Test machen. Und hört dieses
Wort von mir: von jenen Kriegern, deren Tapferkeit das Glück des Krieges
freundlich war, die Freiheit der gleichen habe ich auch geplant, um ihnen
freundlich zu sein. Ich gebe sie dir, nimm sie mit nach Hause. Und mit
ihnen gebe ich dir den Segen der großen Götter.

[194-5] Appius Claudius protestiert gegen jede Annahme der Opfer von
Cineas:
CICERO: Als Appius Claudius im hohen Alter war, geschah es, dass er
auch blind war; dennoch, als die Meinung des Senats zum Frieden und zur
Allianz mit Pyrrhus geneigt war, zögerte er nicht, jene berühmten
Gedanken auszusprechen, die Ennius in der Poesie so ausspricht:
Wohin auf deiner Straße haben sinnlos deine Sinne sich gewandt, die
bisher gepflegt, aufrecht zu stehen?

[196]
DONATUS, über „in animo parare“ bei Terenz: der Zusatz von animo ist
anmutig. Ennius sagt im sechsten Buch:
Aber weshalb traue ich jetzt in meinem Herzen?

[197] Cineas berichtet Pyrrhus sein Versagen in Rom:


VARRO: In einem Vers von Ennius heißt es:
Der Sprecher kam ohne Frieden zurück und brachte dem König die
Nachricht.
"Sprecher" ist ein aus der Sprache abgeleiteter Ausdruck.

[198-9] Der Mut der Römer:


SCHOLIAST, über „Hier der Eroberer, der im Stolz der Seele hochragt“
bei Vergil (Aenäis 5,473): Ennius sagt im sechsten Buch:
Oder sie steigen hoch in Stolz, und den groben Anfang des Krieges, den
verzehren sie.

[200-2] Die Schlacht von Ausculum; Decius widmet sich den Dämonen:
NONIUS: Prognariter, aktiv, tapfer und standhaft. Ennius sagt:
Ihr Götter, hört mein Gebet ein wenig, so wie ich in meinem Leib bin, ich
atme meinen letzten Atems um des römischen Volks willen, wissend und
standhaft, in Waffen und in der Schlacht.

[203] Pyrrhus schneidet die Hufe der römischen Wagenpferde:


FESTUS: Scitae ist ein Begriff, der von den Dichtern manchmal auf
Frauen mit gutem Aussehen angewendet wird, manchmal auf Frauen, die
von guten Leistungen sind. Ennius sagt im sechsten Buch:
Der erfahrene Fahrer und die Tiere.

[204] Operationen von Pyrrhus gegen die Karthager in Sizilien, 277-276


vor Christus:
MACROBIUS, zitierend Vergil (Aenäis 8,596): „Der vierfüßige Schlag
der Hufe schüttelte die zerbröckelnde Ebene.“ Ennius sagt im sechsten
Buch:
Die Numidianer kämpften; ihre Hufe schüttelten den ganzen Boden.

[205] Die Schlacht von Beneventum; Pyrrhus bewegt sich, um das


römische Lager bei Nacht anzugreifen;
MACROBIUS, zitierend Vergil (Aenäis 2,250): „Inzwischen in der Runde
rollt der Himmel und die Nacht steigt aus dem Ozean.“ Ennius sagt im
sechsten Buch:
Mittlerweile rollt der Himmel mit seinen gewaltigen Konstellationen.

[206] Die Morgendämmerung zeigt sich:


ACHILLES TATIUS: "Er hat den weißen Äther belichtet." (Catullus,
63,40] Ennius sagt von der Sonne im sechsten Buch:
Als die Dunkelheit weggeworfen und der Tag zuerst geweißt wurde...

[207-8] Eine Ratsversammlung von Jupiter (während der Schlacht von


Beneventum):
MACROBIUS, zitierend Vergil (Aenäis 10,2): „Und der Vater der Götter
und der König der Menschen rief einen Rat zusammen.“ Ennius sagt im
sechsten Buch:
Dann sprach mit ganzem Herzen der Vater der Götter und der Menschen
König.

[209] Triumph oder Tod von Manius Curius Dentatus:


CICERO: Mit einem solchen Leben eines Staatsmannes werden Männer
des höchsten Ranges geehrt, wie zum Beispiel Manius Curius. Ennius sagt:
Den niemand mit Eisen oder Gold überwinden konnte.

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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


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EPICHARMUS VON SYRAKUS FRAGMENTE
Deutsch von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

Epicharmus von Syrakus lebte zwischen 485 und 467 vor Christus. Er
schrieb Komödien, in denen philosophische Ansichten gelegentlich
satirisiert wurden; aber diese haben keinen Wert für die Philosophie, und
einige der angeblichen Zitate sind offensichtliche Fälschungen: Die
Fragmente 1-6 sind fast sicher geschmiedet zur Unterstützung der
Behauptung, dass Plato von Epicharmus plagiiert hat.

1. Aber die Götter waren immer da, es fehlten sie nie; und diese Dinge
("das Göttliche") existieren immer in einer ähnlichen Form und durch
dieselben Ursachen.

B Aber immer noch wird gesagt, dass das Chaos war als der erste der
Götter geschaffen worden.

A Wie kann das sein? Es ist unmöglich, ein "erstes" Ding von etwas zu
sein und als Etwas zu kommen.

B Dann gab es keine erste Sache, die kam?


A Bestimmt nicht! Noch eine Sekunde, auf jeden Fall von diesen Dingen
(dem Göttlichen), von dem wir jetzt so sprechen; aber sie waren immer da.

2. Angenommen, zu einer ungeraden Zahl oder zu einer geraden, wenn du


magst, will man einen Kiesel hinzufügen oder aber einen von den bereits
bestehenden dort wegnehmen: denkst du, dass die Zahl die selbe bleibt?

B Nein, natürlich nicht.

A Und wenn man ferner, wenn man will, zu einer Elle ein anderes Maß der
Länge hinzufügt oder eine Länge von dem, was vorher war, abschneidet:
bleibt das erste Maß bestehen?

B Nein.

A Jetzt betrachte die Menschen auf diese Weise: man nimmt einen
weiteren Abfall weg, und alle sind im Prozess der Veränderung die ganze
Zeit. Aber das, was seine Natur ändert und nie im selben Zustand bleibt,
muß auch jetzt anders sein als das, was sich geändert hat. So warst du und
war ich gestern andere Männer, und wir sind wieder andere Menschen, und
wieder werden wir andere in der Zukunft sein und niemals dieselben nach
demselben Gesetz des Logos.

3. Ist Flötenblasen eine Tätigkeit?

B Natürlich.

A Ist eine Flöte denn ein Mensch?

B Keineswegs.

A Komm, lass mich sehen: Was ist ein Flötenbläser? Was glaubst du, was
er ist? Ein Mann, oder nicht?

B Natürlich, ein Mann.

A Glaubst du nicht, dass es das gleiche auch mit dem Guten ist? Das Gute
ist die Tätigkeit an sich; aber wer es gelernt hat und kennt es, dann wird er
gut. Denn wie ein Flötenbläser ist, der das Flötenblasen gelernt hat, oder
ein Tänzer, der das Tanzen gelernt hat, oder ein Weber, oder in jedem
solchen Beispiel, was auch immer du willst: er selbst ist nicht sein
Handwerk, sondern er ist der Handwerker.

4. Eumaeus, Weisheit ist nicht nur in einer Sache, sondern alles, was lebt,
hat auch Erkenntnis. Denn die weibliche Gruppe der Hühner, wenn du
genau beobachtest, wird nicht gebären lebende Nachkommen, sondern
sitzt auf Eiern und bewirkt, dass sie das Leben haben. Aber die Natur
allein weiß, wie es mit dieser Weisheit ist, denn sie ist von selbst gelehrt.

5. Es ist gar nicht bemerkenswert, dass wir so von diesen Dingen sprechen
und uns selbst Freude machen und uns von Natur aus gut begreifen. Denn
der Hund scheint auch sehr schön der Hündin und der Ochse der Kuh und
der Esel sehr hübsch der Eselin und sogar das Schwein der Sau.

6. Wie stelle ich mir das vor? Nein, ich weiß das ganz gut, dass es eines
Tages wieder diese Worte von mir geben wird. Und jemand wird sie
nehmen und das Metrum abstreifen, das sie jetzt haben, und wird geben
ihnen ein Purpur-Gewand geben, das sie mit feinen Phrasen bestickt ist;
und er, ein Mann, schwer umzuwerfen im Ringen, wird zeigen, dass der
Rest einfach umzuwerfen ist.

7. Nun, aber ich tue all diese Dinge unter Zwang; Und ich denke, niemand
ist bereitwillig gut für nichts und wieder nichts oder akzeptiert bereitwillig
die Bedrängnis.

8. Epicharmus sagt, die Götter sind Wind, Wasser, Erde, Sonne, Feuer,
Sterne; aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dass für uns die einzigen
nützlichen Götter Silber und Gold sind.

9. Es war vereinigt und getrennt, und es ging zurück, woher es kam, Erde
zu Erde, der Atem nach oben. Was ist schwer? Nichts!

10. Was ist denn die Natur der Menschen? Geblasene Blasen!

11. Ich will nicht sterben; aber tot zu sein, das macht mir nichts aus!

12. Der Geist sieht und der Geist hört; alles andere ist taub und blind.
13. Halte dich nüchtern und denke daran, misstrauisch zu sein: dies sind
die geschmeidigen Gelenke der Intelligenz.

14. Es ist schwierig, gut über ein schlechtes Thema zu sprechen: Kaum
sind die Worte gesprochen, da schon der Fehler erscheint.

16 Xenophanes sprach das, was unwahrscheinlich und doch wahr ist, nach
der Aristotelischen Metaphysik.

16. Das, was früher zwei Männer sagten, ich, ein Mann, bin genug begabt,
es auch zu sagen: Der Charakter des guten Menschen ist sein gutes
Schicksal, aber für einige Menschen das schlechte.

17. Die beste Nahrung für die Sterblichen auf ihrer Pilgerschaft ist ein
frommes Leben.

18. Das Beste, was ein Mensch haben kann, ist meiner Ansicht nach die
Gesundheit.

19. Ein Sterblicher sollte sterbliche Gedanken denken, nicht unsterbliche


Gedanken.

20a. Manchmal war ich im Haus dieser Männer, manchmal war ich im
Haus jener Männer.

20b. Wisse, wie er einen anderen Mann behandelt!

21. Wenn ihr von Natur aus fromm seid, könnt ihr nach dem Tode nicht
leiden; dein Geist wird oben im Himmel überleben.

22. Nichts entgeht dem Göttlichen: das musst du erkennen. Gott selbst ist
unser Aufseher, und nichts ist ihm unmöglich.

23. Richte deine Gedanken recht aus, ob du nun eine lange Zeit oder eine
kurze Zeit lebst.

24. Bürgschaft zu leisten ist die Tochter der Torheit, Verlust des Geldes ist
die Tochter der Bürgschaft.
25. Wenn du einen reinen Geist hast, bist du rein in deinem ganzen Körper.

26. Wenn du Weisheit suchst, reflektiere in der Nacht.

27. Alle ernsten Gedanken werden in der Nacht besser entdeckt.

28. Du bist nicht fähig zu sprechen: Du bist nur unfähig zu schweigen.

29. Eine Hand wäscht die andere Hand: Gib etwas, und du kannst etwas
bekommen.

30. Du bist nicht großzügig: Du hast ein Laster, du genießt es zu geben.

31. Gegen einen Schurken ist Schurkerei keine nutzlose Waffe.

32. Die Praxis gibt mehr Ergebnisse als eine gute natürliche Begabung,
meine Freunde.

34. Wer würde mich nicht beneiden, meine Freunde? Es ist offensichtlich,
dass ein Mann, der nicht beneidet, keinen Mangel hat. Man sieht einen
Blinden, wenn man ihn sieht, aber niemand beneidet ihn.

35. Die Tugend der rechtschaffenen Frau wird ihren Mann nicht verletzen.

36. Die Götter verkaufen alle guten Dinge zum Preis der Mühe.

37. Unglückliche, achtet nicht auf das Weiche, damit ihr nicht hart werdet!

38. Geh zu deinen Nachbarn in einem hellen Kleid, und du wirst von
vielen betrachtet, Intelligenz zu haben, obwohl möglicherweise du keine
hast.

39. Du bist ganz gut in Worten, aber schlecht in der Tat.

40. Natürliche Begabung ist am besten, und das zweitbeste ist es zu lernen.

41. Der Weise sollte vorher denken, nicht danach.


42. Zeige dich nicht schnell zum Zorn über Kleinigkeiten.

43. Nicht Emotionen, sondern Intelligenz sollte oben sein.

44. Niemand redet zu Recht im Zorn.

44a. Der intelligente Mensch ist würdig der Ehre. Dies ist, wie es ist:
Eigentum, ein Haus, absolute Regeln, Reichtum, Kraft, Schönheit, wenn
sie einem Mann ohne Intelligenz zukommen, werden sie lächerlich.

44b. Lüste für Sterbliche sind wie gottlose Piraten: denn der Mann, der
von Lüsten gefangen wird, ist direkt in einem Meer der Lüste ertrunken.

45. Der Mann, der gar nicht unglücklich ist und einen Lebensunterhalt hat,
gibt noch nichts Schönes und Gutes seiner Seele, ich nenne ihn nicht
glücklich im Geringsten, sondern eher einen Hüter von Waren für jemand
anderes.

46. Wer am wenigsten sündigt, der ist der beste Mann; denn niemand ist
unschuldig, niemand ist schuldlos.

Aus dem "Epicharmus" von Ennius

47. Ich dachte in einem Traum, dass ich tot wär.

48. Der Körper ist Erde, aber der Geist ist Feuer.

49. Die Elemente sind: Wasser, Erde, Atem und Sonne.

50. Dieses Feuer der Seele ist von der Sonne abgeleitet.

51. Und die Sonne ist ganz Geist.

52. Die Mutter Erde hat alle Rassen in allen Ländern geboren und nimmt
sie wieder zurück: sie ist es, die Nahrung gibt.

52a. Sie wird genannt Ceres, weil sie die Ernte bringt.
53. Das ist Jupiter, von dem ich spreche, den die Griechen Luft nennen;
der Wind und Wolken und danach Regen und von Regen Kälte und danach
Wind und wieder Luft bringt. Deshalb sind diese Elemente, die ich euch
nenne, Jupiter, denn mit ihnen hilft er allen Sterblichen, Städten und
Tieren.

54. Der "Epicharmus" von Ennius nennt die Mondin auch Persephone,
weil sie gewöhnlich unter der Erde ist.

Der "Canon" von Axiopistus

55. Epicharmus gab den höchsten Rang unter den Mitteln der Weissagung
den Träumen, weil es nicht möglich ist, durch freie Wahl zu träumen.

Die "Republik" von Chrysogonus

56. Das Leben für die Menschheit hat großen Bedarf an Berechnung und
Zahl. Wir leben nach Berechnung und Zahl; diese konservieren die
Sterblichem.

57. Das Gesetz des Logos steuert die Menschheit recht und bewahrt sie
immer. Der Mensch hat Berechnung, aber es gibt auch den göttlichen
Logos. Aber der menschliche Logos ist aus dem göttlichen Logos
entsprungen, und er bringt jedem Menschen seine Mittel des Lebens und
seine Erhaltung. Der göttliche Logos begleitet alle Künste und lehrt die
Menschen, was sie für ihren Vorteil tun müssen; denn niemand hat
irgendeine Kunst entdeckt, sondern es ist immer Gott.

„Chiron“

58. Und trinke eine doppelte Menge von warmem Wasser, zwei Halb-
Maße.

59. Geburt im achten Monat ist unmöglich.

60. Ein kämpferischer Widder kann gezähmt werden, indem man die
Hörner an den Ohren langzieht, wo sie sich kreuzen.
61. Gebrechen der Hoden und Genitalorgane können durch die
Anwendung eines Kohlblattes nützlich behandelt werden.

62. Die Anwendung eines Wildkohlblattes genügt gegen den Biss eines
wütenden Hundes, aber es ist besser, Silphium-Saft und Essig
hinzuzugeben; Hunde sterben auch daran, wenn ihnen Wildkohl mit
Fleisch gegeben wird.

„Kochen“

63. Zur Hälfte der Zeit.

„Epigramm“

64. Ich bin eine Leiche. Ein Leichnam ist Mist, und Mist ist Erde. Wenn
die Erde ein Gott ist, dann bin ich nicht eine Leiche, sondern ein Gott.

„An Antenor“

65. Die Römer schrieben Pythagoras als Bürger ein.

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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


Worte der Weisheit und Gottesliebe
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L'UNION MYSTIQUE A MARIE
Ein Essay von Francois de la Sainte Madelaine
aus dem Französischen übersetzt
von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

Wir können Jesus auch in Maria heiraten.


Die mystische Vereinigung mit Maria in der mystischen Vereinigung mit
Jesus.
Die mystische Vereinigung mit Maria ist der Auftakt zur mystischen
Vereinigung mit Jesus, und durch Jesus gehen wir in die Vereinigung mit
den Personen der Trinität: Einheit, Gemeinschaft, Kommunion: so ist es
ein einziger Akt.
Praktisch ist die Seele mit Maria vereint und sieht den Schöpfer, das Wort
und den Heiligen Geist mit den Augen Mariens. Die Seele sieht, kommt
und blüht mit Jesus in Maria lebendig.
Der Heilige Geist wurde in der Tat in diesen sehr reinen Kristall gegossen,
dass das Herz von Maria nicht nur die ursprüngliche Reinheit, sondern
auch die Gnade der Heiligung und Vergöttlichung hat, bis zu dem Punkt,
sie als Braut zu nehmen. Die göttliche Mutterschaft wurde erhöht zu den
himmlischen Höhen.
Daher sind Seelen berufen, mit ihr zu leben, in ihr und durch sie. Sie
werden angetrieben, die Jungfrau Maria zu nehmen und mit dem Heiligen
Geist vereint mit Christus und mit dem Schöpfer, völlig verwandelt in Gott
und sich als „forma Dei“ zu betrachten...
So Christus, mit seinem Geist kindlicher Liebe zuGott und zu Maria,
kommt, die Vereinigung der Seele mit Maria zu stärken, indem er mit der
gereinigten Seele kommuniziert, die Maria gegeben ist, die Flammen
seines Geistes. An dieser Stelle wird die „mystische Seele“ in die „Flamme
der Liebe“ eingetaucht, dass sich ihr Herz ausbreitet und entzündet sich
selbst seinen Körper.
Auf dieser Ebene der mystischen Vereinigung, eine, die gut von Gott
belohnt wird, sieht seine Intelligenz buchstäblich die Weisheit und
Wissenschaft zu trinken. Da wird auch eine sehr süße Liebe zu trinken
sein. Die Seele so glücklich ist, berauscht, in Liebe aufgelöst, erklärt
Johannes vom Kreuz in der „Lebendigen Liebesflamme“.
So entdecken Seelen neue und wunderbare Vollkommenheiten von Gott im
Herzen Mariens verborgen. Sie entdecken für sich die riesige und völlig
unerklärliche Liebe Gottes in Vereinigung. Im Geiste der Jungfrau
informiert und mit charmanter Liebe Flamme verbrannt, bleiben Seelen
betrachtend und werden vernichtet, nicht in der Lage, die Wunder voll zu
verstehen, die Gott ihnen gewährt.
Die Liebe ist nicht zufrieden. Es schwappt oft am Herzen über. Die Seele
schreit und bewundert Maria, die herausragende Würde der
„jungfräulichen Mutter“ betrachtend. Sie segnet mit Sanftheit und Eifer
denjenigen, dessen Herz ist voll der Liebe.
Manchmal fühlt sich die Seele völlig in Maria aufgelöst. Er gehört mehr zu
Gott und zu Maria, als zu dieser Welt, in der er normalerweise lebt, weil er
sich völlig absorbiert von Maria fühlt. Es ist ein Geschenk der üblichen
Gegenwart Mariens in unserer Seele, wie sie ein Geschenk der üblichen
Gegenwart Gottes ist. Dies ist sehr selten, es ist wahr, aber es kann durch
Treue erreicht werden.
Wir sind zu einer Transformation in Maria berufen, um Jesus zu kennen
und zu lieben, nicht mit unseren eigenen erbärmlichen Mitteln (jenen des
alten Adam), sondern mit denen von Gott und Maria (denen des neuen
Adam). Es entwickelt sich in der Art und Weise dieser Liebe zu Maria, in
uns empfangen, in unserem Herzen, in unseren Augen, dass wir Tag für
Tag den Reichtum der Gabe verstehen, die Gott uns uns zu geben willig
war. „Bei mir sind alle Gaben“ (Weisheit 7,11), sagt die Schrift. Die
Tradition erlaubt es uns, diesen Text zu lesen nicht nur über die Ewige
Weisheit (Christus), sondern auch über Maria. Und in dieser erstaunlichen
Behauptung haben wir ein großes Geheimnis! Wenn „mit ihm“ wir „alle
Gaben“ aller Gnaden erhalten, bedeutet dies, dass sie für gut gefunden
wurde, der Ort, an den Gott sein ganzes Vermögen gebracht hat! Jesus ist
„alle Gaben“ von Gott, und es ist in Maria, dass Jesus die Fülle ist, und für
die Auserwählten - wie so gut die Französische Schule der Spiritualität
erklärt, die Grignion de Montfort's Erbin ist.
„Totus tuus ego sum, et omnia mea tua sunt.“
Die Jungfrau Maria, ist sie die Ehefrau von Jesus Christus?
„Ich verstehe nicht, wie Maria, die Mutter Jesu, die Frau Jesu sein kann.
Dies wird Inzest genannt, glaube ich.“
Diese Bemerkung kehrt oft in diesem Zusammenhang. Das ist, warum ich
meine unterschiedliche Antworten zusammenfassen möchte, so dass ich
die nächsten Spieler belehren kann, die mich fragen.
Von der Jungfrau Maria, der Mutter Jesu, wir bekennen, dass sie die
„Mutter Gottes“ ist, wie kann sie die Braut Christi sein, ihres eigenen
Sohnes?
Das ist eine Frage, die katholischen Ohren impertinent erscheinen mag,
aber sie hat ihre Relevanz und Legitimität. Wir wissen zwar, dass eine
Mutter nicht die Frau von ihrem Sohn sein kann. Das wäre etwas zutiefst
unmoralisches, und man würde es tatsächlich Inzest nennen.
Nur, müssen wir nicht in dieser Vorstellung von „Maria, Braut Christi“
einen Abweg Marianischer Theologie sehen? Oder einfach Unsinn?
Wir müssen zunächst einmal erkennen, dass die Jungfrau Maria in der
Kirche öfter „Braut des Heiligen Geistes“ als Braut Christi genannt wird.
Sie wird manchmal auch betrachtet als „die Braut des Vaters“. Aber selten
als „Braut Christi“. Dieser Name wird auch wenig Einstimmigkeit finden,
manche lehnen ihn rundheraus ab. Aber das Konzept ist notwendig, wenn
wir die Figur der Maria, der neuen Eva, diskutieren. Die Figur des Neuen
Adam ist Jesus Christus, nach der Schrift (1 Korinther 15,45) – darum
braucht es natürlich die neue Eva. Nun, wer sonst als Maria kann diese
Rolle der „Nouvelle Eve“ erfüllen?
Die Überleitung von der Jungfrau Maria als der „Mutter der Lebenden“
(das heißt der Namen Eva) ist in Schrift und Tradition verwurzelt.
So ruft in der Geschichte von der Hochzeit zu Kana Jesus seine Mutter
„Frau“, die im Johannesevangelium nicht ohne theologische Bedeutung ist,
und es scheint, in der Meinung vieler Theologen, sich zu beziehen auf Eva.
Gerade wie Eva die erste Sünde dem Adam zuschiebt, nun in Kana die
neue Eva schiebt dem neuen Adam die Rolle zu, das Heil in der Welt zu
manifestieren. Später im Johannesevangelium, in der Folge von Golgatha,
noch einmal ruft Jesus seine Mutter „Frau“, als ob das Kreuz die
Vollendung der Weissagung in Genesis 3,15 („Feindschaft werde ich
setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinen Nachkommen und
ihren Nachkommen, und sie wird dir den Kopf zertreten, und du wirst
ihren Nachkommen in die Ferse stechen“). Mit Maria, der Mutter aller
seiner Jünger („Siehe, deine Mutter“), verbringt Jesus seine Zeit als mit
der neuen Eva, das heißt, der Mutter aller Lebenden regenerierten Blutes.
Irenäus schrieb: „So wie es die Tatsache, dass es von einer Jungfrau war,
dass der Mann geschlagen wurde und ungehorsam war, fiel und starb, so
ist es auch durch die Tatsache der Jungfrau, die befolgte das Wort Gottes,
dass der Mann erhält das Leben.“ Im Garten Eden als Verkündigung, wird
man von der Tatsache getroffen, dass in beiden Fällen ein Sprössling eine
moralische Handlung tut zur Rettung der Welt. Wenn die wesentliche
Handlung dem Mann (Adam und Christus) gehört, so ist es die Frau, die
zum ersten Mal einführt; und sie ist das, was in beiden Fällen den Prozess
beginnt (des Verderbens die eine, der Rettung die andere). Die Schrift
schlägt uns vor, dass Gott nicht zufrieden war mit einem einfachen
Zudecken der ersten Arbeiten, durch die Sünde verdorben, aber das die
Sünde vollständig an ihrer Wurzel, im Prinzip gelöst werden sollte. Daher
forderte die Wiedererschaffung von Adam in Christus auch die
Wiedererschaffung von Eva in Maria; sonst würde die neue Menschheit
nicht auf zwei Beinen gehen, denn als „Mann und Frau schuf er sie“
(Genesis 1,27). Es ist in Maria, dass das Geheimnis Christi erreicht wird,
und in ihr erreicht es seine volle Fertigstellung.
Die ganze patristische Tradition lehrt, dass die Versöhnung der Geschichte
des Falles in der Genesis und die Geschichte von der Verkündigung und
der Passion Jesu nach dem folgenden Vergleichsdiagramm parallel zu
setzen ist: Schlange – Engel; Eva – Maria; Ungehorsam – Gehorsam;
verbotene Frucht – gebenedeite Frucht; Verlorenheit – Heil; Adam – Jesus.
Einige Autoren des Mittelalters bemerkten, dass in Latein das Wort „AVE“
war das genaue Gegenteil von dem lateinischen Namen „EVA“, und war
auch ein Anagramm von „VAE“, was „Unglück“ bedeutet.
In der uralten Tradition der Kirche wird Jesus als der neue Adam betrachtet
und Maria als die neue Eva. Daher stellt sich die Frage der ehelichen
Beziehung zwischen den beiden unvermeidlich, wie einer bemerkte: „Ich
gebe zu, ich bin immer noch ein wenig verlegen wegen der Assimilation
von Maria durch Eva und der Mehrdeutigkeit, erzeugt durch Jesus und
Maria, die Mutter und die Frau ihres Sohnes.“
Um aber diese Theologie zu verstehen, müssen wir „wiedergeboren“
werden (Johannes 3, 3-12). Das heißt, die Vernunft im Geist, nicht im
Fleisch. Ansonsten können wir uns in der gleichen Situation wie
Nikodemus finden, der nicht die Bedeutung dieser Einladung von Jesus
verstanden, „wiedergeboren zu werden“: „Wie ist es möglich, wieder
geboren zu werden, wenn man alt ist? Können wir in den Mutterleib
eingehen, um wieder geboren werden?“ (Johannes 3,4). Das brachte ihm
diese vernichtende Antwort von Jesus: „Du bist ein Lehrer von Israel und
weißt das nicht? (...) Wenn ihr mir nicht glaubt, wenn ich von irdischen
Dingen spreche, wie werdet ihr mir glauben, wenn ich euch von
himmlischen Dingen sage?“ (Johannes 3,10-12)
Möge Maria die Braut Christi sein, nicht in fleischlichem und
menschlichem Sinn verstanden, sondern in einem spirituellen Sinn,
mystisch.
Jesus selbst im Evangelium ist der Bräutigam. Und die Jünger von
Johannes dem Täufer stellten die Frage, warum seine Jünger nicht fasten
wie sie selbst und die Pharisäer: „Können die Hochzeitsgäste trauern zu
der Zeit, wenn der Bräutigam mit ihnen ist? sagte Jesus. Aber es wird eine
Zeit kommen, wenn der Bräutigam von ihnen genommen wird, und dann
werden sie fasten.“ (Matthäus 9,15)
Für jüdische Ohren erinnerte dieser Verweis auf den Bräutigam sofort an
die Heilige Schrift, da Gott als Bräutigam der „Jungfrau Jerusalem“, der
„Tochter Zion“ erscheint (und die Jungfrau Maria ist die Personifizierung
der Tochter Zion) :
„Dein Mann ist dein Schöpfer, Herr der Heerscharen ist sein Name. Dein
Erlöser, der Heilige Israels, er ist Gott der ganzen Erde.“ (Jesaja 54,14)
„Du wirst nicht mehr genannt werden die Verlassene, man ruft dich nicht
mehr verlassenen Land der Erde, sondern man wird dich meine Favoritin
nennen, man wird deine Region Liebe Frau nennen, denn der Herr kommt
zu dir und dein bevorzugtes Land soll verheiratet werden.“ (Jesaja 62,4)
„An jenem Tag, spricht der Herr, wird dies geschehen. Sie wird mich mein
Mann rufen und nicht mein Herr.“ (Hosea 18,2)
Es ist Israel hier, zu dem Gott spricht, das heißt, das heilige Volk, das in
Christus ein Volk in der Dimensionen der ganzen Welt werden wird, in
dem die ganze Menschheit eintreten wird durch die Taufe, der „neuen
Geburt.“ Es ist die Kirche, die einen Leib mit ihrem Herrn bildet, an die
diese Worte gerichtet sind, und an jede unserer Seelen im Besonderen.
Denn es ist für uns alle, dass der Herr kommt, uns zu heiraten! Warum
sollte die Jungfrau Maria ausgeschlossen werden? Wenn die Kirche die
Braut Christi ist, so dass jeder unserer Seelen die Braut Christi ist, dann
vor allem die Jungfrau Maria, in ihrer göttlichen Mutterschaft mit Jesus
vereint.
Einige von euch werden sicherlich bei dieser Erklärung widersprechen und
vielleicht werdet ihr euch sagen: „Aber ich bin nicht die Braut Christi!“
Vor allem, wenn du ein Mann bist. Ich verweise dich dann auf 2 Korinther
11,1-3: „Möchtet ihr denken, dass ich ein bisschen verrückt bin in meinen
Worten. Ja, ich trage euch zu dem, der euch erfüllt, dem Bräutigam allein:
Ihr seid die heilige Jungfrau und Frau, die ich zu Christus führe.“
Einer kehrt dann vielleicht zu dieser Vorstellung von Inzest zurück und
stellt fest: „Eins von zwei Dinge: entweder ist es eine Metapher (in diesem
Fall ist es nicht angebracht, weil es Verwirrung sät); oder es ist tatsächlich
so (wenn auch geistig und mystisch), dass Maria die Braut Christi ist. Aber
in diesem Fall wirst du nicht in der Lage sein, zu leugnen, dass diese
Beziehung inzestuös ist: nach der Lehre der Kirche vom Hylemorphismus
bilden Leib und Seele eine harmonische Einheit unauflöslich in jeder
unserer Aktionen. Daher findet die geistige Vereinigung seinen natürlichen
Ausdruck in der fleischlicher Vereinigung...“
Es ist durchaus gerecht. Abgesehen davon, dass diese körperliche
Vereinigung hier nicht im sexuellen Akt erreicht wird, sondern in der
Eucharistie, einschließlich der sexuellen Umarmung, könnte man sagen. In
der Eucharistie gibt der Bräutigam sich mit Leib und Seele seiner Frau hin
- uns allen, denn jeder von uns persönlich wird sich mit dem Leib Christi
vereinigen - während die Frau Körper und Seele ihrem Mann hingibt (dies
ist die Notwendigkeit, wie wir sehen, zur Heiligen Messe zu gehen, das ist,
wo die Frau mit Leib und Seele sich ihrem Mann hingibt, wie keine
platonische Beziehung uns erfüllt...).
Dies war die gleiche Erfahrung der Jungfrau Maria, von der
Menschwerdung, aber noch mehr nach der Einsetzung der heiligen
Eucharistie. Es wird das Thema zu berühren sein, wie aus den Händen des
heiligen Johannes Maria empfing die Kommunion: „Das war die
Eucharistie, die zu empfangen für Maria war, als sie ob einmal mehr in
ihrer Gebärmutter, ihrem Herz begrüßte den Herrn, die im Einklang
schlugen, und wie sie es wieder erlebte, was sie persönlich am Fuße des
Kreuzes erlebt hatte.“ (Johannes Paul II, Ecclesia de Eucharistia) Wie
schön es ist zu glauben, dass diese Kommunion sich in den Himmel
erstreckt, wo sie mit Körper und Seele souverän seit ihrer Annahme
herrscht. „So ist Maria zugegen, mit der Kirche und als Mutter der Kirche,
bei jeder unserer Eucharistiefeiern. Wenn Kirche und Eucharistie
untrennbar vereint sind, müssen wir das gleiche von Maria und der
Eucharistie sagen.“ (Johannes Paul II)
Nun lasst uns das Gesicht unseres Ehegatten berühren und lernen, mit
Jesus diese eheliche Beziehung zu leben, die er mit jedem von uns
etablieren will. Lerne zu sagen „Ich liebe dich!“ mit dem Herzen und als
Frau uns von ihm in den Tiefen unseres Seins in jeder Eucharistie
besuchen zu lassen. Dann, wie Maria und wie die Kirche, deren Wesen
marianisch ist, werden wir ein Fleisch mit ihm, ein Körper, und wir sind
perfekt vereint mit Gott: „Ich in ihnen und Du in mir“, wie Jesus sagte zu
seinem Vater in seinem letzten Gebet am Abend des Gründonnerstags,
wenige Stunden, bevor er sein Fleisch für das Leben der Welt gab
(Johannes-Evangelium).
Die Ehe zur natürlichen Fruchtbarkeit durch sexuelle Vereinigung ist eine
Sache, und eine gute Sache; Christi mystische Vereinigung und geistliche
Fruchtbarkeit sind eine andere, auch wenn die erste Sache zur zweiten
führen sollte, die hier unter dem sichtbaren Zeichen Sakrament ist
(Epheser 5, 21-33).
Papyrus in der alten koptischen Sprache:
„Meine Mutter gab mir das Leben.
Die Jünger haben für Jesus
Alles aufgeben. Maria von Magdala ist es nicht wert.
Jesus sagte zu ihr: Meine Frau!...
Sie kann meine Schülerin sein,
Dass die Perversen anschwellen.
Ich bin mit ihr in einer Beziehung.
Diese seltsame Papyrus sagt: „Jesus sagte zu ihr: Meine Frau!...“, das
fordert 2000 Jahre Christentum heraus. Es öffnet ein neues Kapitel in der
Geschichte des Christentums. Lasst uns versuchen, das zu sortieren.
Die Beziehung zwischen Jesus von Nazareth und Maria Magdalena bleibt
eine Quelle der hitzigen Debatte in der christlichen Welt. Ein Papyrus mit
acht Linien in der alten koptischen Sprache wurde im Jahr 2011 auf einer
großen wissenschaftlichen Tagung in Rom vorgestellt. Es soll 1600 Jahre
alt sein. Der Vatikan bestreitet, dass es gelesen werden kann. Tatsächlich
sagt der Text, dass Jesus eine Frau gehabt habe. Dies ist weit von dem Bild
der reuigen Prostituierte entfernt, das im Westen gefördert wurde. Die
Forscher glauben, dass die Vielfalt der Quellen die Vielfalt des Denkens
unter den frühen Christen widerspiegelt. Andere Papyri wurden in Ägypten
im letzten Jahrhundert entdeckt. Die Kirche betrachtet sie als Ketzereien.
Das Verhältnis des Propheten zu seiner Frau ist nicht einfach. Seit dem
Erfolg von The Da Vinci Code sah Maria Magdalena eine bewegte
Nachwelt. Man sah nun Magdalena als seine Geliebte und Gefährtin an. O
Blasphemie, sie sei die Mutter seines Kindes! Der amerikanische Autor
belebt eine alte Kontroverse: viele Texte, vom biblischen Kanon abgelehnt,
schon zu der Zeit des frühen Christentums beschrieben die Anwesenheit
einer Frau im Leben Jesu. Entdeckt in Ägypten, im Jahre 1945, beschreibt
das Evangelium des Philippus Maria Magdalena als „Begleiterin des
Retters.“
Dies ist ein weiteres Skript, das uns interessiert. Im September 2012
brachte ein Papyrus-Fragment einen neuen Aufruhr. Ein Professor aus
Harvard gab bekannt, es von einem Sammler bekommen zu hasben, sieben
Zeilen, geschrieben in Koptisch, ein Palimpsest, entschlüsselt, mit
folgenden Worten: „Jesus sagte: Meine Frau!...“ Aus Angst vor einem Trug
die Wissenschaft datierte das Stück Papier von einem Papyrologisten, der
das Dokument zwischen 350 und 400 nach Christus datiert.
Das sind nur zwei Worte, aber von schwerer Bedeutung, wenn Jesus über
Magdalena sagt: „Meine Frau!...“ So scheint es, dass der Mann, der die
zwei Worte ausspricht, ein anderer Jesus ist, als der Gefeierte von den
Eunuchen für das Himmelreich (Matthäus 19, 12), dass er die Freuden der
Ehe kannte. Diese Worte erscheinen auf einem kleinen Papyrusfragment,
in Ägypten gefunden, das im vierten Jahrhundert von einem koptischen
Schreiber geschrieben wurde. Ohne dass anscheinend das Stück Text eine
heilige Unordnung in der Kirche bewirkte. Denn wie ist das Zölibat, in
Kraft seit dem späten elften Jahrhundert, zu rechtfertigen, wenn der Sohn
Gottes löste selbst den Gürtel? Ebenso sagte Jesus über Maria Magdalena:
„Sie ist in der Lage, eine meiner Schülerinnen zu sein.“ Eine Frau
verdient, unter den zwölf Apostel zu sein, das könnte einige ermutigen, die
Ordination zu begehren!
Kein Wunder, dass die Kirche sich absolut weigert, das Dokument als echt
zu betrachten. Diese Frau ist höchstwahrscheinlich Maria Magdalena. Ja,
die, die als „Prostituierte“ bezeichnet worden ist, nicht in den Evangelien,
sondern von Papst Gregor I., genannt der Große (sechstes Jahrhundert), die
sich nicht wie eine Frau zum Heiland wenden konnte. Ihr werdet sagen,
dass man nicht wegen eines aus dem vierten Jahrhundert stammenden
koptischen Christen glauben kann, dass Jesus sich eine Frau genommen
hatte, das ist die Wahrheit. Auf jeden Fall. Aber dies ist nicht das erste
apokryphen Evangelium (das heißt, nicht offiziell von der Kirche
anerkannt): das Evangelium des Philippus, im Jahre 1945 entdeckt, sprach
schon über die „Begleiterin“ Christi. Und das Evangelium der Maria
Magdalena porträtiert auch einen Streit zwischen Maria Magdalena und
dem Apostel Petrus, der mit der Behauptung endet, dass Christus „Maria
mehr als alle liebte“, das heißt, als die Apostel. Offensichtlich werden wir
nie die Realität kennen. Und es gibt kaum eine Chance, dass die Kirche
ihre Meinung ändert. Sie erkennt immer noch nicht an, dass Jesus Brüder
und Schwestern hatte, obwohl das im Neuen Testament geschrieben steht.
Als Jesus von den Römern gekreuzigt wurde, war Maria Magdalena am
Fuße des Kreuzes, die Assistentin in seinen letzten Augenblicken. Dies ist
Maria Magdalena, die das leere Grab entdeckt und die war die erste
Zeugin seiner Auferstehung. Ohne jemals den Status eines Apostels zu
haben, erfüllt sie alle Kriterien. Die Bibel schildert ihre treue
Unterstützung. Die Texte aus den frühen Tagen der christlichen Ära bieten
inzwischen eine Vision von dieser Frau, die eine Figur der frühen Kirche
zeigt, und vielleicht sogar, nach Meinung einiger Experten, die Gründerin
des Christentums.
Maria Magdalena (I-XXI Jahrhundert): Von der reuigen Sünderin zur
Ehefrau Jesu...
Seit mehreren Jahren ist Maria Magdalena, Maria Magdalena, Jüngerin
Jesu, Sünderin, der vergeben wurde, weil sie “viel geliebt hat“, die erste
Zeugin der Auferstehung wieder im Rampenlicht. Amerikanische
Feministinnen sowie Liebhaber der Geheimnisse und Mysterien nahmen
sich dieses Charakters an und ließen Maria ihre Hoffnungen tragen, ein
neuer Roman schildert die Frau Jesu und Mutter seiner Nachkommen...
Das Phänomen ist nicht neu. Jede Epoche hat eine eigene Magdalena, von
Saintes-Maries-de-la-Mer, den Malern des neunzehnten Jahrhunderts, bis
Sainte Baume oder Vézelay. Unserer Zeit ist es angemessen, diesen
liebenswerten Charakter zu gestalten. Wie stellen wir uns und unsere
Gesellschaft dazu, wie unsere Zeitgenossen zu Maria Magdalena stehen?
Vielen exegetischen Werke, historischen, literarischen, hagiographischen
über Magdalena fehlten die verstreuten Elemente, um die Geschichte
dieser biblischen Figur zu sammeln.
In den kanonischen Evangelien ist Maria Magdalena oder Maria von
Magdala eine der Frauen, die die Kreuzigung Jesu begleiteten und sahen
als erste das leere Grab, aber sowohl im Matthäusevangelium wie im
Johannesevangelium war sie die erste Zeugin vor den Jüngern für den
auferstandenen Christus, der sie nicht glaubten. Warum dieses Privileg?
Maria Magdalena lebt auch in den apokryphen Evangelien. Ein
Evangelium wird auch ihr zugeschrieben, das Evangelium der Maria. Die
sogenannten gnostischen Evangelien. Ein Mann war ist seit langem nur an
der Gnosis interessiert, er sagte sehr früh radikal: „Meine Position ist
gnostisch.“ Ich hatte die Gelegenheit, bei verschiedenen Gelegenheiten
diese Evangelien zu erörtern; ihr müsst nur meine Arbeiten über die
gnostischen Evangelien und die „entwendeten Briefe“ lesen. Unter ihnen
wird ein Evangelium oft zitiert: Das Evangelium des Philippus. Es wird im
bei den gnostischen Schriften über die Nag Hammadi Library gefunden.
Dies ist es, wo ich es zuerst gelesen. Mit gemischten Gefühlen.
Die Inanspruchnahme einer neuen archäologischen Entdeckung von denen,
die immer schnell sind, die katholische Kirche herauszufordern, ist
verwirrend, vor allem heute gibt es zuhauf Fälschungen, zum Verdruss der
Forscher selbst. Anspruchsvolle 2000 Jahre Christentum, warum nicht! Es
muss „eine strenge Auswahl“ empfohlen werden. Aber „Begleiterin“,
„Hochzeit“, „Frau“, „Liebe“ (im Französischen ein Anagramm von
Maria), „umarmen“ („Kuss“) und „umarmen mit dem Mund“ oder
„Prostituierte“ (werft nicht den ersten Stein, was verborgen ist oder
offenbart - für uns sind diese Worte doch offensichtlich. Du bist wie ich,
du kennst weder die koptische noch aramäische und hebräische Sprache.
Du willst noch mehr lernen. Ein kleines Buch, Das Evangelium von
Philippus, gibt dir die Möglichkeit dazu. Der Autor ist sehr kritisch in
Bezug auf die Autoren des Volumens der Plejaden: „Wie ist zu sammeln,
mit Anmerkungen zu versehen und so viele gnostische Texte nicht zu
erwähnen, wenn auch nur einmal ihre wahre Basis entdeckt wird, nämlich
das jüdische Denken?“ Das ist die Frage, die der Autor zu beantworten
versucht. „Titanische Arbeiten“, sagte er.
In dem Buch stellte ich zunächst fest, es ist sehr angenehm und vor allem
informativ über die Herkunft und die vielfältigen Bedeutungen des
Namens „Philippus“:
Wenn Philippus' Name nur einmal im Evangelium erscheint, das seinen
Namen trägt, da der Text vom „Apostel Philippus“ spricht, der im
Evangelium nach Johannes Christus fragte: „Herr, zeige uns den Vater, und
das ist genug“, da antwortete der Sohn Gottes ihm dann, wie ein
Lauffeuer: „Wie? Du kennst mich und siehst nicht den Vater?“ - Aber
nichts hindert mich daran, stärker den Namen auf Hebräisch zu
beobachten. Ich fand, dass es sich um den transkribierten griechischen
Begriff Pylpy, Pilpi oder Pylypy handelt, Plyph oder Pip-Uah, oder Pylp
oder Plipa. Es ist sehr nahe an den Pll-Wurzeln, Palal, das heißt getrennt,
geteilt, vermittelnd, betend, der auch Plal ist, argumentieren, debattieren
oder Pilpel, schauen, denken, argumentieren.
Separatieren, dividieren, vermitteln, beten, argumentieren, debattieren,
suchen, logisch denken, argumentieren... ein Programm, eine Methode. Ich
kann mir nicht helfen, aber denke an den „Dialog“ und die „Dialektk“,
durch eine andere Tradition initiiert, die griechische, die bei Hegel seine
Erfüllung findet.
Dann später, nachdem er unter Hinweis darauf, dass „die Weisheit“ sein
könnte, beschreibt die große Hure, die dem Satan verbunden ist, in einer
gemeinsamen Lesung von einigen Gnostikern und dem Verfasser der
Apokalypse des Johannes, schreibt ein Dichter.
„Die Welt gehört den Frauen.
Das heißt, dem Tod.
Damit jeder im Bett liegt.“
An diesem Punkt sind die hebräischen Gnostiker hellsichtig unter allen,
weit weg davon, zu widersprechen, bestätigend durch die Abstraktion des
Begriffs. Diese große negative Prostituierte, diese schmutzige Dirne dieser
chaotischen Welt, zu verbinden mit dem Widersacher (Satan, dem
Verleumder). „Jetzt ist das Gericht dieser Welt, jetzt wird der Fürst dieser
Welt ausgestoßen werden.“ (Johannes-Evangelium 12, 31). Fürst dieser
Welt ist der gleiche Begriff, den die dualistische Gnosis dem bösen
Demiurgen gegeben.
Es stimmt, dass wir kaum Verweise auf die Bibel-Frauen haben und es
könnte in den beiden Bänden des Paradieses gnostisch gesagt werden.
Der Himmel ist eine gnostischen Arbeit. Der zweite Band, mehr noch als
der erste. Ich setzte alles, was die französische Sprache erlaubt gemäß der
jüdischen und katholischen Kabbala.
Es ist in den Gesprächen mit Hanael und Meironnis Wissen als Gruß. Ein
Wort zum Heil! Einige werden sagen, wie auch immer, der Dichter könne
nicht Hebräisch sprechen. Mag sein, aber in seiner Bücher passiert es auf
Französisch. Es ist auf Französisch, dass er arbeitet… Aber lass es
„Philippus“ (der Name) sein.
Kommen wir zurück zu dem, was uns hier interessiert: die Beziehung
zwischen Jesus und seiner mysteriösen „Begleiterin“, Maria Magdalena,
diese Verbindung, die genährt so viele romantische Phantasien. Bei dieser
mysteriösen Beziehung lehnt der Autor jede „Romantik“ und jeden
„Puritanismus“ ab und lüftet den Schleier. Du wirst sehen, dass es uns sehr
viele Vorurteile und aktuelle Spekulationen nimmt. Es ist nicht eine Frage
des „Glaubens“ oder der „Religion“, sondern des Wissens (das ist, was das
Wort „Gnosis“ bedeutet. Wenn Ignoranz Sklaverei ist, die Wahrheit macht
frei). Metapher ist unser Reich. Hier müssen wir ausführlich zitieren das
Evangelium des Philippus und uns die Zeit nehmen, zu lesen:
Eine der schönsten und ursprünglichsten Eigenschaften dieses
Evangeliums ist dort zu finden, wie eh und je entwickelt, die Metapher des
Brautgemachs. Dies ist der Ort der göttlichen und himmlischen
revolutionären Lust des Wortes. Bevor ich auf die Brautkammer selbst
komme, werde ich schnell zeigen, dass diese gnostischen Denker Genuss
bedeuten und wie sie sich lieben, das Brautgemach lieben, die Liebe ist für
sie vor allem eine Gnosis-Wollust oder eher eine Kunst, Schmerz in
Freude und Wollust in schärfstes Wissen zu transformieren.
„...und die Begleiterin Christi, des Messias, ist Maria Magdalena. Der Herr
liebte sie mehr als alle Jünger und küsste sie oft auf den Mund. Die
übrigen Frauen (Jüngerinnen) haben zu ihm gesagt: Warum liebst du sie
mehr als alle von uns? - Der Erlöser antwortete und sprach: Warum kann
ich nicht lieben, wen ich liebe?“
Hier treibt Jesus den Nagel in jede latente Eifersucht, er beantwortet eine
Frage mit einer anderen, der Umkehrung der vorherigen. Dieser Prozess ist
natürlich typisch talmudisch.
Es ist dieses Evangelium, das diese wollüstigen Küsse, berauschend und
genau, nicht weniger als zutiefst midrasch-mäßig, Jesus und seine
„Begleiterin“, seine Wahl unter den Auserwählten, Miriam von Magdala,
„Offenbarung der Tora, Fleisch geworden.“ Diese stürmischen und
geheimen Küsse zwischen Maria Magdalena und Jesus haben ihren
Ursprung in dem Beginn des Liedes, so würden sie Braut und Bräutigam
aktualisieren: „Er küsse mich mit dem Kusse seines Mundes! Denn deine
Liebe ist besser als Wein.“ (Hohelied 1, 2). Aber dieser Sinn ist nicht der
einzige und, wie für die vier Grade des Paradieses, müssen wir die
Mehrdeutigkeit ergreifen in ihrer Einheit, unter der Strafe, beim zusammen
spielen zu versagen, ihre Wahrheit zu erfassen. Denn jetzt bedeutet das,
dass sie wirklich „seine Freundin“ war? Das hebräische Wort bedeutet
Begleiter, Partner, Freund, vor allem aber ein Mitglied einer Talmud-
Bruderschaft, das heißt, Jünger (diejenigen, die seine Lehre erhalten,
seinen Talmud ), auch eheliche „Partnerin“, wie eine Frau es hört und es
auf das Schreiben setzt, das stellt somit einen Gesamtverlust von
Bedeutung dar, eines Reduktion. Darüber hinaus der Titel „Magdalena“
bestätigt die symbolische Bedeutung im Wörterbuch, lerne du, wie ich,
dass viele Schüler, Talmud-Schüler sehr häufig Spitznamen tragen wie es
bei Gelehrten üblich ist! Das Dorf scheint in der Tat der Ort gewesen zu
sein, eine intensive Blüte der ernsten Studenten. Und unter ihnen ein
Schüler und ein Student in der Regel nicht bloß studierten, sondern das
messianische Studium seiner messianischen Tora, der von Jesus. Diese
Miriam von Magdala ist keine andere als die „Maria vom Turm Migdol“,
bekannt im Talmud. Magdala ist nicht zufällig gewählt: Dieser Ort in der
Nähe des Sees von Galiläa, wo der Messias auf dem Wasser ging, war im
zweiten Jahrhundert eine wahre Fundgrube der Bildung in der wuchernden
fröhlichen und mündlichen Tora.
In ähnlicher Weise, was bedeuten wirklich diese Küsse auf den Mund?
Können wir sie sehen, in ihrer symbolischen Blöße, ohne Filmprojektion?
Es ist Zeit. In der Tat, diese Küsse werden in diesem messianischen
Corpus „heiliger Kuss“ genannt (1 Korinther 16,20):
„Alle Brüder grüßen dich. Grüßt einander mit dem heiligen Kuss!“
Oder im Evangelium des Philippus:
„In der Tat ist es der ideale Kuss, den sie entwerfen und erstellen. Deshalb
haben wir uns auch gegenseitig zu umarmen, und es ist durch die Gnade,
die in jedem ist, dass wir den Entwurf bekommen.“
Das Wort Kuss der Einzahl, bedeutet einen Kuss oder die intime und
mystische Vereinigung zwischen zwei Wesen in der Stille der Zwiesprache
edler Gnostiker. Aber der Plural (wie im Lied der Lieder), hat sofort eine
eminent geistige Bedeutung: er bezeichnet die Anlage tiefer und
fruchtbarer Liebe selbst. Was die letztere angeht, war es wahrscheinlich
nicht so platonisch in diesen Gnostiker gedacht, die Liebhaber, die so
biblisch erkennen, aber immer im Einklang mit dem inneren Recht - unter
denen natürlich die strikte Einhaltung der Thora gilt. So der
Wissenschaftler der Erotik, dieser Gnostiker sagt, dass die heilige Ehe die
himmlische und die irdische in der Union ist, und bescheidener Mann und
Frau, das war offensichtlich nicht nur symbolisch. Wie treffend in der
Erotik erklärte:
„Das Gefühl der Erotik entweicht, wenn das religiöse Gefühl nicht zu
sehen ist. Im Gegensatz dazu wird der Religion die Verbindung, die sie mit
der Erotik hat, versagt.“
Die Midrasch-Metapher der Küsse zwischen Maria Magdalena und ihren
Messias ist wie die heilige Ehe, von Paulus oder am Ende des
Evangeliums des Philippus befürwortete, und symbolisiert diese
Beziehung, und ich würde sogar sagen, dass unter den heiligen Texten der
Religionen, die der Geist im Laufe der Zeit zusammengestellt hat, diese
Metapher besser als jeder andere passt. Diese Küsse geben die feurige
Übertragung von Wissen wieder, die man Liebe nennt, die Freude ist in
den geheimen Palast übertragen. Schließlich ist diese Übertragung die
Grundlage dessen, was das Judentum die mündliche Tora nennt (wörtlich
„die Tora auf den Mund“). Aus diesem Grund ist das Küssen hier nicht nur
mit der Jüngerin Magdalena auszutauschen, ausgezeichnet unter allen, und
der Rabbi küsst nicht zum Nachteil aller anderen Jünger. Dieses Denken
der Erotik und des Studiums mit dem Namen Liebe, das ist es, wo
mancher stolpert und einstimmige Kommentare fallen, die auf diese
gnostischen Texte bisher geachtet haben, nicht zu denken, die Geheimnisse
zu betrachten, von hebräischen Esoterikern, noch notwendig für ihr
Verständnis als primäre Schreiben.
Aber nun zurück zu Miriam von Magdala. Maria, die ihre Vorderseite und
ihre Rückseite hat, wie Paulus und andere, ist unter anderem die
Versammlung von Israel und die Weisheit (Chokmah). Es gilt auch hier,
dass es nicht nur die bestimmte Maria Magdalena ist.
Fassen wir zusammen: Jesus küsst Maria Magdalena und nimmt keinen
Anstoß an den integrierten Kameras der Gehirne der großen Mehrheit
meiner Zeitgenossen, so umfassend ist die Übertragung seiner esoterischen
Tora, der Liebe zur Weisheit oder Versammlung Israels und dem
lebendigen Gott, ihrem Messias.
Diejenigen, die geboren werden, und die Liebe, sind lebendig gemacht
(auferstanden in diesem Leben, denn es ist das Leben, das Überqueren der
Toten, sie tauchen ein in den Gewässern der Kenntnis der Tora als Gruß).
Wenn wir wissen wollen, warum Maria privilegiert war bis zu dem Punkt,
müssen wir einen kleinen Umweg zu einem anderen gnostischen
Evangelium machen, dem von Thomas. Sein letztes Wort (Logion) ist
wirksam:
„Simon Petrus sprach zu ihnen: Was für eine Art von Maria ist unter uns,
da Frauen sind des Lebens nicht würdig? Jesus sagte: Siehe, ich will sie
verführen und für mich männlich machen, so dass sie auch ein lebendiger
Geist wird ähnlich wie du, männlich. Denn jede Frau, die wird männlich
gemacht, wird in das Himmelreich kommen.“
Die hebräische Sprache ist selbst eine Tortur, ein Bildschirm, ein
endgültiges Urteil. Entweder du bleibst verstrickt in dem Brief, und das ist
die Verdammnis, oder du weißt zu spielen frei mit dem Sinn, in jeder
Hinsicht, und das ist die Erlösung. Lass es daher beschlossen sein, die öde
Landschaft der Taubheit zu verlassen. Also hier ist „männlich“ dreimal
wiederholt, sei es im Singular, sei es im Plural, es ist also freiwillig, und
stark. Dieses Wort in seinen verschiedenen Aussprachen bedeutet
männlich, maskulin, aber auch das Gedächtnis, Erinnerung, Denken. Das
Männchen ist hier metaphorisch zu hören (wie küssen, ganz allgemein,
aller sprudelnde Reichtum dieser endlosen Texte...) In welchem Sinne?
Genesis 1,27 bringt uns auf den Weg: „Und Gott schuf den Menschen nach
seinem Bilde; er schuf ihn in dem Bilde Gottes; er schuf sie als Mann und
Weib.“ Männliches und Weibliches ist das letzte von vierzehn Paare, die
den Inhalt von Gottes Schöpfung bilden. Licht und Dunkelheit: Es muss
der gleiche Kontrast zwischen den beiden Begriffen des ersten Duos
gelesen werden. Die „männlichen“ Spiele hier, metaphorisch, sind die
„gute Seite“, während „weiblich“ die „schlechte Seite“ ist. Das heißt, ich
sagte, dass in der heiligen Literatur der Hebräer es eine verzweigte
Verbindung zwischen Frauen und Abgötterei gibt, letztere durch den
Zustand der Menstruation unterschiedlich dargestellt, und Prostitution.
Dies ist es, was die negative Seite kondensiert, die dunkle Seite von
Miriam-Maria (als heilige Hure). Dies liegt daran, dass die „weibliche“
Seite der Schöpfung (Muttermatrix Grab, Ignoranz, Perversion der
Weisheit) ist die schlechte Seite, dass Maria, als sie weiblich-natürlich war,
geistig-männlich werden musste. So entkommt sie dieser Gefahr, um so zu
betreten den geraden Weg zum Himmelreich.
Lasst uns die Metapher des Evangeliums nach Philippus verwenden, die
Küsse zwischen Jesus und Miriam von Magdala verallgemeinern als Text
der „Kinder des Brautgemachs.“ Diese Verbindung zwischen der Liebe,
der Freude und dem Wissen kommt aus dem Garten Eden, dem Paradies
der Wissenschaftler der Gnosis, der Hebräer, das heißt, deutlicher, Lesung
zu sein, die diese Gnostiker wirkten, und die Hebräier, die ursprüngliche
Geschichte der Genesis. Tatsächlich schmecken die Autoren dieses Textes
die Frucht des verbotenen Baumes, die angeblich nicht verborgene. Für sie
ist es der Baum der Gnosis und des Leben, eines, dessen Frucht „gut zu
essen“ ist Die Freude, die sie bekommen, ist das von Wissen, die
Intelligenz. Dieser Gnosis-Genuss entsiegelt die Augen, wie Genesis 3,7
sagt: „Und ihrer beiden Augen wurden geöffnet, und sie wussten, dass sie
nackt waren.“ Das Wort paqah heißt offen (offene Augen, offene Ohren),
aber auch wachhalten, pflegen, die Fähigkeit zu sprechen und zu hören.
Nichts Negatives, im Gegenteil! Dieses Verb kann sogar als helles und
unerwartetes Echo dessen, was metaphorisch des Herzens Beschneidung
bedeutet, gelten, das Ohr oder die Zunge, die die hebräischen Namen
lesen, das heißt, eine Transaktion, wodurch der Mensch, wohl wissend
Bestehendes durch Lehre, Studium, Forschung und Tradition, seine Sinne
offen sein lässt für die volle und leidenschaftliche Wahrnehmung aller
Dinge, diametral entgegengesetzt aller Abgötterei. Aber dringen wir weiter
ein in den Garten, hier Genesis 3,6:
„Und die Frau sah, dass der Baum gut anzusehen war und er war eine Lust
für die Augen, und dass der Baum war begehrenswert, einen weise zu
machen; und sie nahm von seiner Frucht und aß; und sie gab auch ihrem
Mann, mit ihr zu essen, und er aß.“
Dreimal die Bestätigung des himmlischen Lustprinzips in ein und
demselben Vers, wer sagt es besser! Vor allem, weil diese drei Worte
konvergieren in Intelligenz (schauen, genau hinschauen, vorsichtig sein,
verstehen), die in der Blüte kommt kurz nach unserem Vers. Die
vermeintliche Geilheit, und oh so wahr in der Tat, für die wissenschaftlich-
göttlichen Nachkommen des Evangeliums nach Philippus und vieler
anderen Schriften Gnostiker ist unendliche Freude an der Freiheit der
Verkostung der Frucht des Baumes des Wissens. Es ist diese erstaunliche
Erkenntnis als der Genuss, der ungebunden und frei die Freude der
heiligen Miriam von Magdala war, der neuen Eva und der Braut, die
kommt.
Du bist immer noch an der Schwelle des Brautgemachs...
Maria Magdalena mit einer liederlichen Frau zu verwechseln, ist ein
schwerer Fehler. Wissentlich weiterhin diese beiden Berichte zu
assimilieren, trotz all dem Charme der Legende von Maria Magdalena, der
großen Sünderin, die bereute, wurde Büßerin und Asketin in einer Höhle in
der Provence.
Nach den Evangelien gibt es nur Maria Magdalena (oder Maria von
Magdala), die am Fuße des Kreuzes und am Tag der Auferstehung
erscheint.
Was die von Jesus begnadigte Sünderin betrifft, sie hat keinen Namen. Sie
bleibt anonym. Sie ist unaussprechlich.
Wie und warum haben wir Maria Magdalena mit der Sünderin
gleichgesetzt, das heißt, mit der Prostituierten und späteren Büßerin?
Eine meisterhafte Irrtum von Papst Gregor dem Großen, der 591 in einer
Homilie beschlossen, alle Marien (mit Ausnahme der heiligen Jungfrau) zu
einer einzige Frau und Sünderin zu machen und zu geben der anonymen
Sünderin den Namen Maria Magdalena. Es ist die Idee von Maria
Magdalena, der Sünderin. reine Erfindung, die durch nichts autorisiert ist
von der Heiligen Schrift.
Unter dem Vorwand, dass es einfacher sei, alle diese Frauen
zusammenzufassen, die in Jesu Gefolge erscheinen, in ein und derselben
Person: Maria von Bethanien, die Schwester des Lazarus und der Martha,
von der Christus empfangen wird, die anonyme Sünderin bei Simon dem
Pharisäer, die die Füße oder den Kopf von Jesus salbte, die, weil sie Jesus
die Füße mit ihren Tränen getrocknet, von Jesus die Vergebung empfängt,
die ihn „gebadet in Liebe“ und Maria Magdalena, die erscheint in den
synoptischen Evangelien und im Johannes-Evangelium in jener Nacht der
Kreuzigung und am Morgen der Auferstehung.
Nach der Schrift ist Maria Magdalena eine der Frauen, die Jesus mit ihrer
Substanz dient und ihm nachfolgt. Maria Magdalena erscheint zweimal in
der Gesellschaft von Susanna und von Johanna Chuza, das heißt, der Frau
von Chuza, dem Verwalter des Tetrarchen von Galiläa und Perea, dem
Herodes Antipas. Wir sind in der Umgebung des jüdischen Hochadels und
manchmal auch als hellenistisch schön angesehen, so enge politische
Verflechtungen, das Gegenteil von einer Kurtisane.
Diese Frau erhielt besondere Aufmerksamkeit von Jesus. Lukas erzählt
uns, dass er sieben bösen Geister von ihr ausgetrieben hat.
In den Augen der Unwissenden der hebräischen Symbole und
Kennzeichen durch archaische Komplexe und Machismus, könnte es sein,
dass es die Sünden des Fleisches waren, die angeblich der weibliche Natur
entsprechen. Daraus ergibt sich die Fabel von der Sünderin.
In der Tat ist es genau das Gegenteil, nämlich ein einzigartiges Privileg,
das ausschließlich Maria Magdalena erhält (die Apostel nicht), die in den
Zustand der Reinheit Evas im Ursprung zurückkehrt. Die sieben bösen
Geister heißen: Übel, Vorhaut, Verfaulen, Feind, Skandal, Steinherz,
Nordwind. All dies bedeutet, dass die Bösartigkeit versteckt ist und einen
Abdruck im Herzen des Menschen hinterlässt, sagt Blaise Pascal. Es ist
vielleicht auch ein Hinweis auf die sieben Gräuel in den Augen des Herrn,
in den Sprüchen Salomos aufgeführt: hochmütige Augen, falsche Zunge,
Hände, die unschuldiges Blut vergießen, ein Herz, das schlechte Projekte
ersinnt, Füße, begierig zum Bösen, ein falscher Zeuge, der Lügen redet,
der Sämann der Zwietracht unter Brüdern (Sprüche 6, 16-19). Hiervon
ward Maria Magdalena vollständig gereinigt.
Warum genießt sie dieses große Privileg? Es gibt allen Grund zu glauben,
dass dies die Vorbereitung auf die Rolle ist, die Jesus ihr bald zuteilt: die
erste Zeugin seiner Auferstehung zu sein und für die Mission des Wortes
verantwortlich zu sein: Geh, und sag es meinen Brüdern. So sind zu den
Menschen, Abtrünnigen und Ungläubigen nicht die Apostel gesandt,
sondern eine Frau, die das doppelte Privileg hatte, restauriert und reserviert
worden zu sein (um Hugo von St. Victor zu zitieren), das heißt vollständig
rein zu sein, um die Offenbarung zu empfangen.
Lange vor dem Irrtum von Gregor dem Großen, hatten die Kirchenväter
uns nicht über den Rahmen dieses Reinigungs-Sakraments in die Irre
geführt, die sie Maria Magdalena gerechtfertigt den Titel „Neue Eva“ und
„Apostelin der Apostel“ gaben.
Deshalb ist es ein Irrtum, eine neue Heilige Schrift zu schaffen. Ach, das
Phantasieprodukt der Sünderin namens Maria Magdalena wurde im
Mittelalter eine soziologische Realität, wie die mythische Fabel, die die
Wahrheit übertrumpft hat.
Historisch gesehen wurde der Mythos ausschließlich im Westen
geschmiedet, in zwei bekannten Phasen: das zwölfte und dreizehnte
Jahrhundert einerseits und zweitens die Renaissance, manchmal durch eine
wunderbare Literatur unterstützt oder durch reiche künstlerische
Produktionen, manchmal durch politische Unterstützung im Rahmen des
Wettbewerbs zwischen den Abteien.
Der Kult der Maria Magdalena, der heiligen Mystikerin, geistig,
authentisch, war das Vorrecht der Abtei von Conques. Im frühen zwölften
Jahrhundert, als die Abtei Aquitaine an der Spitze ihrer Macht war, wurde
ihre Verehrung sehr geübt, basierend auf einem liturgisches Ritual,
verzwillingt mit St. Foy, der Verehrung der Reliquien der Maria
Magdalena (Alabaster-Reliquiar und romanisches gotisches Reliquiar-
Diptychon).
Aber entwickelt wurde der Mythos als monastische Institutionen, die die
„Renaissance-Romane“ erscheinen zu lassen als harten Wettbewerb
zwischen den Abteien, vor allem im Rahmen der Pilgerreisen. So Cluny's
Versuch, Conques und Vézelay zu absorbieren und den Kult der Maria
Magdalena, das Erbe von Conques, zu gewähren, andernfalls in der Lage
zu sein, zu ergreifen die Idee von Maria Magdalena, der reuigen Sünderin
und ihren Mythos aus der Provence. Das frühe Vézelay genießt den Schutz
der Kapetinger, die regelmäßig kommen als Pilger und wählten Vézelay
als Ausgangspunkt des ersten Kreuzzugs. Im zwölften Jahrhundert erlebt
Conques einen starken Rückgang, und im folgenden Jahrhundert, während
die Provence an die Königskrone fällt, erhebt sich die Abtei von Saint-
Maximin über Vézelay. Noch leichter, als Anjou wurde Graf der Provence,
er übernahm die kapetingische Tradition und dass die Krone von
Frankreich an diesem Tag enthält Maria Magdalena im Kreis der
königlichen Heiligen, bis zu Ludwig XV, der die Madeleine in Paris gebaut
hat.
Die wunderbare Literatur entwickelte Wunder Bücher und unterscheidet
sich von dem Kult um St. Foy, zunächst in Vézelay im zwölften
Jahrhundert, dann in Saint-Maximin im dreizehnten Jahrhundert, mit Pater
Gobi und der berühmten Goldenen Legende des Dominikaners Jacques de
Voragine. Nun ist der populäre Mythos der reuigen Sünderin geschaffen,
der Büßerin, Asketin, nur in ihr langes Haar gekleidet, die sieben Mal am
Tag in den Himmel zu den kanonischen Horen getragen wird. Von der
provenzalischen Legende ging ein wachsender Erfolg aus und wurde eine
Institution der römisch-katholischen Kirche.
Dann kommt die zweite Stufe, die berühmteste, wo Fiktion greifbare
Wirklichkeit wird, die der „ästhetischen Heiligsprechung“ der Sünderin
durch die Künstler der Renaissance. Es genügt, die erhabenen Symbole
durch einen Tizian zu erwähnen. Nicht die Flut von Homilien zu
erwähnen, die das kirchliche Phantasie zu diesem Thema erarbeitete,
Träger für eine sich bewegende und beliebte Pastoral.
Das Thema der Buße fördete das große Jahrhundert der theologischen
Reflexion, trotz der Aufmerksamkeit der Protestanten über die
Ungültigkeit eines mythischen Kults. Die Gefahr ist groß, in der Tat:
Voltaire, nach Pascal, legte einen Grund zum Atheismus. Wir können die
Lüge im Namen des Eigentums predigen. Eine ungerechte Schmähung auf
Maria Magdalena geworfen, ist die Quelle der berechtigten Kritik an der
Kirche, die heute einige Themen der Literatur sind, die wiederum Maria
Magdalena als Geliebte Jesu feiert.
Es scheint, dass vor kurzem die katholische Kirche ihre Tat zusammen
fasst:
Fast vierzehn Jahrhunderte nach dem Fehler von Gregor, ein anderer
Nachfolger Petri, Paul VI, verpflichtete sich schließlich, eine implizite
Rehabilitation von Maria Magdalena 1969 zu dekretieren, dass jetzt diese
Heilige als Jüngerin gefeiert werden sollte und nicht als Büßerin;
Vor allem aber schließlich in der Enzyklika „Fidei Lumen“, die beide
Päpste Benedikt XVI und Franziskus erstellt, kommt Maria Magdalena als
„Bekennerin“ in ihrer kirchlichen Funktion der Botin zu Wort.
„Die Verbindung zwischen Sehen und Hören als Organ der Kenntnis des
Glaubens erscheint mit größerer Klarheit in dem Johannes-Evangelium.
(...) Wir gehen zu Johannes, der vor dem leeren Grab noch in der
Dunkelheit sah und glaubte. Maria Magdalena, die jetzt Jesus (...) bis zum
vollständigen Bekenntnis sieht, die gleiche Maria Magdalena, die vor den
Jüngern sagt: Ich habe den Herrn gesehen. Dann wird der Herr ihr den
Auftrag geben: Geh zu meinen Brüdern und sage, dass ich zu meinem
Vater und zu eurem Vater ehe! Und Maria Magdalena, so froh, wird es
sagen, wird die gute Nachricht zu den Aposteln bringen, die aber nicht
glauben wollten.“
Maria Magdalena wurde zum Inbegriff des Glaubens und der Berufung. Es
ist buchstäblich ein Glaube, der, weil er Teilnehmer der Pilgerreise der
Kirche in der Zeit ist, die Augen auf das Gesicht Christi in seinem zweiten
Kommen richtet. Sag nicht, dass dieser Artikel 22 der Enzyklika Fidei
Lumen erklärt die Bilder von Maria Magdalena, die die Gute Nachricht zu
den Armen trägt, und die mystische „Eingekehrte“, deren Blick sich
wandte auf Christus, die den Marsch der Kirche führt. Eine Maria
Magdalena, kombiniert mit St. Foy, deren „Dämonen-Austreibung“
bezieht sich auf das Wunder, das den Zustand der Eva vor dem Fall wieder
herstellt, wie es Christus betrieben. Man kann sich nur über diese Umkehr
der Kirche freuen, sich wieder zu Maria Magdalena in ihrer evangelischen
Reinheit zu wenden, die den Titel der Bekennerin rechtfertigt, und
hinzugefügt, sie war die Apostelin der Apostel und Neue Eva.
Vor diesem Hintergrund können wir es wagen, den Titel „Neuer Moses“
hinzuzufügen. Dies ist zumindest das, was in der Schrift die Parallelität zu
den beiden Anfänge der Offenbarung bedeutet, dass Gott, der Vater, zu
Moses auf den Berg Horeb mit dem brennenden Dornbusch kam, und dass
Jesus, der Sohn Gottes, zu Maria Magdalena auf dem Berg Golgatha kam.
In beiden Fällen wird Jesus als JHWH bezeichnet. Das Klischee ist ähnlich
und ist in fünf Abschnitte unterteilt: Anruf, Antwort, Verbot, Mission,
Fehltritt.
Hier ist es , wie die beiden Szenen zu platzieren sind:
Ein Wort ruft „Moses!“ / „Maria!“
Eine andere Stimme antwortete: „Hier bin ich!“ / „Rabbuni!“
Ein heiliges Verbot wird ins Leben gerufen: „Komm nicht in die Nähe des
Busches!“ / „Noli me tangere!“
Dann kommt Gottes Missionsauftrag: „Geh und sage meinem Volk...“ /
„Geh und sage meinen Brüdern...“
Was endet mit einem Mißerfolg: „Das Volk glaubte ihm nicht.“ / „Die
Jünger glaubten ihr nicht.“
Zudem wiederholte die Freude der Maria Magdalena die Freude der
Mirjam, der singenden Prophetin, der Schwester von Moses und Aaron.
Die Parallele ist durch das Thema Ostern verstärkt, das an den Durchgang
durch das Roten Meer und den Berg Sinai erinnert; Zeiten und Orte, rund
um die beiden Theophanien. Das Thema des Berges (Horeb / Golgatha)
symbolisiert speziell die Gegenwart Gottes. In seinem Buch „Jesus von
Nazareth“, betont Papst Benedikt XVI, der Berg ist der Ort, wo wir Gott
von Angesicht zu Angesicht sehen, „der Ort des Gebetes Jesu, wo sein
Gesicht dem des Vaters begegnet. Der Berg erweist seine Identität als
neuer Sinai, der endgültige Sinai.“ So, Maria Magdalena, der Neue Moses,
sah, wie der erste Prophet des Judentums, den Vater von Angesicht zu
Angesicht, denn Jesus sagte: „Wer mich gesehen, der jat den Vater
gesehen.“
Maria Magdalena ist ein wesentlicher Charakter des Christentums. Erste
Zeugin der Auferstehung, wurde sie gesandt, die gute Nachricht den
Aposteln zu sagen. Für einige war sie die erste Gründerin des
Christentums, lange vor Paulus. Wie auch immer, Maria Magdalena,
anwesend bei Kreuz und Auferstehung, markiert das Scharnier, den
Übergang.
Immer mehr Stimmen sind sich einig in der Erkenntnis, dass die
Identifikation zwischen der anonymen Sünderin und Maria Magdalena
missbräuchlich ist.
Die apostolische Berufung wird durch eine einzigartige Anordnung Christi
gegeben dieser Frau, die zu seinen Füßen fiel: „Sei froh, mich nicht zu
berühren!“ (Noli me tangere.) Christus sagt: „...denn ich bin noch nicht zu
meinem Vater aufgefahren. Geh aber zu meinen Brüdern und sage ihnen,
ich steige zu meinem Vater und zu eurem Vater auf, zu meinem Gott und
zu eurem Gott.“ Das markiert also den Unterschied zwischen göttlicher
und menschlicher Natur. Der Moment der Wiedervereinigung mit dem
geliebten Menschen wird wie die Trennung sein. Christus, wie er vom Tod
zum Leben ging, von dieser Welt in eine andere; Zeit verwandelte sich in
die Ewigkeit. Die Trennung wird gleichzeitig die mystische Vereinigung
der Freundin mit dem Geliebten. Es ist nicht mit den Sinnen, dass wir
Christus, sondern nur mit den Augen des Glaubens berühren können. Wie
der heilige Bernhard von Clairvaux über Maria Magdalena sagt: „Christus
kann durch das Herz, aber nicht mit den Händen berührt werden, nicht
durch den Wunsch der Augen, nur durch den Glauben, nicht durch die
Sinne.“ (Predigten zum Hohelied Salomos.) Es ist die Vision des Herzens,
nicht der Sicht, die den Glauben unterstützt.
Maria Magdalena sieht Christus Jesus durch das, was sie liebt. Diese Liebe
ist die mystische Verbindung, die Mensch und Gott gegenseitig verbindet.
Deshalb ist ein Wunder, das „auf das Sakrament der Ordnung der Liebe“
hinweist, nach den Worten von Kardinal Berulle. Mit dieser Ordination,
sagt er, war in ihr der „Frühling der Gnade erfüllt und das Heil, die Fülle
der Zeit besteht, eine göttliche Zeit wird erschaffen, eine unerschaffene;
der neue Mensch.“ (Pierre de Bérulle, Die Höhe der Maria Magdalena)
Wie kann man nicht erkennen, dass die Analyse der Theologen für das
weibliche Priestertum der Jungfrau Maria an jedem beliebigen Punkt im
Fall von Maria Magdalena angewendet werden kann? Wer kann uns die
tatsächliche Anwesenheit der Tat Christi und seiner Gabe der Eucharistie
gewährleisten, die beim letzten Abendmahl sonst abwesend war, am Fuße
des Kreuzes das Opfer ihrer selbst darbringt, voll alle Früchte der Akte
ihres Sohnes empfangend? Maria hat ihren Sohn in die Gabe vollständig
empfangen, die er von sich selbst gemacht, schon Fleisch, er kann nun in
der Gabe verbinden, dass der Auferstandene lebt, wie er von sich selbst
gibt, indem er es den Jüngern gibt. Und dieses Geschenk ist echt,
insgesamt, effektiv, trotz der Unzulänglichkeit der Minister der Gabe, da
Maria noch gegenwärtig ist in der Eucharistie, als die priesterliche Frau,
deren Priestertum, das das der Kirche ist, die Tür der Apostel ist. Nicht
erlaubt es nur die vollständige Gabe Christi, sondern ermöglicht es, dass
dieses Geschenk empfangen wird, dass jedes Herz der Schüler sich öffnen
kann, der sein Ja des Glaubens und des Gehorsam gegenüber Christus
spricht und wirklich nimmt in seinem Leib das Fleisch an, dass sein Leben
Gemeinschaft aller mit allen werde.
Apostolische Hingabe an die mystische Vereinigung, die Frau, von der
Spiritualität des Jesus verführt, ist ein Zeichen der Liebe und der
weiblichen Artikulation der Geschichte der Heils. Maria Magdalena, die
neue Eva, verkörpert eine Facette des Ewig-Weiblichen, das der liebenden
Frau, vor allem durch populären Glauben geschätzt. Dabei kann sie mit
den vier Königinnen des Alten Testaments in Verbindung gebracht werden,
der Sulamith des Hohen Liedes, der geliebten Frau. Letztere, besser
geeignet, um die mittelalterliche Klosterkultur zu einer geistlichen Lesung
des Epithalamia des weisen Salomon zu führen. Ein Meisterwerk der
literarischen und geistigen Arbeit war der Kommentar im zwölften
Jahrhundert von St. Bernhard, Doktor der Kirche, der in den Klöstern die
größte Verbreitung genossen. Sulamith, die Königin von Saba, nährt den
Gedanken und die Kloster-Sprache mit verschiedensten Symbole der
mystischen Vermählung der Seele und des Bräutigams, sublimiert die
menschliche Liebe in die göttliche Liebe, diese zu feiern. Ein Theologe
beschreibt und analysiert diese Umkehr fleischlicher Liebe in die geistige
Liebe, das erzeugt eine kollektive Vorliebe der Umwandlung von Ovids
profaner Liebe in die heilige Liebe des Salomon, Eros in Agape, Frauen
sind die Heiligen. Die Königin von Saba deutet auf Maria Regina Caeli. Es
ist auch ein Modell: In der Tat, die Sulamith bietet, wie Maria Magdalena,
einen Mittelweg zwischen Eva und Maria. Der kirchliche Diskurs ist voll
von Ehebruch, Unzucht, Prostitution, aber er wandelt diesen eher groben
Wortschatz in Bezug auf die eschatologische Theologie und spricht von
der Scheidung der Seele von Gott, dem Urteil, dass Gott jedem Menschen
statt der Hölle die Gnade beschert.
Maria Magdalena und Sulamith bringen einen Beitrag zur Förderung der
Frauen, das Ewig-Weibliche, das den Mann in Anspruch nimmt (Goethe).
Und Honorius hat er im zwölften Jahrhundert über Maria Magdalena
geschrieben, dass die erste Frau den Tod geschickt zum Mann, so heute
handelt es sich um die Frau, die das Leben dem Mann verkündet, das
Leben, das nie endet.
Die Frau ist dreimal vertreten im Tartarus in der Person der Konkubine,
verkörpert in der Erinys Tisiphone, die thront auf den Schultern eines
Geistlichen, und präsentiert in der Gestalt der Teufelin Lilith. Im Vergleich
dazu gibt es unzählige Männer in das Lager des Teufels, während das
Paradies sieben Frauen kennt (die Zahl der Vollkommenheit), vier
Königinnen, oder die vier Matriarchinnen des Alten Testaments (Sarah,
Rebecca, Lea und Rahel ), zwei Heilige (Sankt Foy und Maria Magdalena)
und die Jungfrau Maria.
Schließlich im Bereich der weltlichen Literatur lasst uns nicht vergessen,
dass wir in der Zeit und dem Land der okzitanischen Troubadoure sind, die
die höfische Liebe erfunden, die Liebe der fernen Dame, und dass viele
Mönche von adliger Herkunft in ihrer Jugend daran teilgenommen.
Nun zur Mystik der sexuellen Vereinigung und des heiligen Blutes der
Frau.
Für Menschen, die als Partner beim Sex nicht vertraut sind mit dem
Konzept der Energiekanäle, empfehle ich euch zunächst meinen Artikel
über die Sexualität, die wesentliche und heilige Sexualität ist eine
gründliche Einführung in die menschlichen und geistlichen Aspekte der
Sexualität.
Im folgenden Text ist das Wort „Göttin“ die universelle heilige weibliche
Energie. Shekinah, Sophia, göttliche Mutter: Sie wird von verschiedenen
Namen in verschiedenen Traditionen benannt. Unter den Christen ist die
universelle weibliche Energie in dem Konzept des Heiligen Geistes
verborgen. Sie hat viele vielversprechende Vertreter dieser Energie in
verschiedenen Kulturen, wie Isis, Inanna, Ishtar, Kuan Yin, die Jungfrau
Maria, Maria Magdalena und viele andere.
Die Göttin der Energie hat immer die Fruchtbarkeitsriten anerkannt. Diese
Energie war nicht wie eure westliche Welt; für sie war Sex nichts zum
schämen. Die Göttin verehrt die Sexualität. Sexualität ist natürlich euer
natürliches Erbe. Jedoch mit etwas Verzerrung.
Es gab eine Zeit in dem Bereich der Göttin, wo der Mann sich erheblichen
Schwingungs-Affronts unterziehen musste. Frauen unter dem Einfluss von
externen Quellen ehrten die Männer und Partner nicht länger, und das
Gefühl der Einheit zwischen Mann und Frau ging verloren. Anschließend
im Bereich der Göttin wurden die Männer praktisch auf einen bloßen
Diener-Status reduziert. Frauen wanderten in die Kraft der Göttin zu dem
Punkt, dass die Männer nicht länger berücksichtigt wurden. Sie waren
nicht mehr als Objekte, verwendet, um Fruchtbarkeitsriten durchzuführen.
Mehrere Männer wurden als Folge der einzigartigen Fruchtbarkeitsriten,
mit Vertretern der lokalen Göttin gefeiert, anschließend getötet. Man frönte
der Kastration und anderer Opfer. Die Frauen neigten dazu, die männliche
sexuelle Energie aufzunehmen, um diese Reaktion zu verursachen.
Euer Planet unterzog sich verschiedener Zyklen, durch Schaukeln des
Pendels begleitet. Es gab eine lange Herrschaft von matriarchaler Energie
auf der Erde. Dann wurde die patriarchalische Macht souverän und
eliminierte irgendwelche Beweise der Führung und des Wissens der
Frauen. Weibliches Wissen wurde nur durch Mythen und Legenden
übertragen, wo das weibliche Prinzip identifiziert wurde mit dem Leben
und die Aspekten des Lebens, wie dem Mitgefühl. Der Mann spürte, wie
seine Verbindung mit dem Stoff der Existenz durch den Prozess der Geburt
bedingt war.
Eine Form des Patriarchats-Lebens, von weiblichen Macht bedroht, gibt es
seit so vielen Äonen. Also Frauen, um ihre Macht zu verbergen, begannen
an sich zu zweifeln, so dass Männer einen Stand einnahmen und sagten:
Lasst uns die Gelegenheit, die Welt zu führen und zu sehen, was da ist. Die
weibliche Kraft wurde bis zur Bitterkeit verbannt. Die Frauen akzeptierten
zu glauben, dass ihr Körper den Fluch gebracht und dass zu bluten falsch
war. Sie bezweifelten auch die Lebenskraft in ihnen und ihren Einfluss
darauf.
All dies ändert sich, und ihr trefft die Göttin, die erscheint mit Mitgefühl
im Leben derer, die bereit sind, sie zu fühlen.
Die Zeit ist gekommen, um auszudrücken, zu offenbaren und mit Magie zu
teilen und das Wissen von Frauen zu besetzen in der Mystik. Die Zeit ist
reif für die Frauen zu kommen, um mehr über ihre eigenen Geheimnisse
zu entdecken: den Prozess der Menstruation, die Geburt und ihre
emotionalen Zyklen. Es ist Zeit, diese mit den Männern zu teilen. Viele
Frauen fragen: Was kann ich teilen? Ich verstehe es selbst nicht. So ist die
Zeit gekommen für euch, nach innen zu schauen und sich fragen: Was sind
diese Gefühle in mir? Wenn ich es jemandem zu erklären hätte, was es
bedeutet, weiblich zu sein, was würde ich erklären? Wie kann ich mehr
einer Göttin ähnlich werden in dem Körper einer Frau, mehr eine Zauberin
sein? Die innere Göttin ist diejenige, die es weiß.
Dies bedeutet nicht, dass die Göttin nicht arbeitet mit der männlichen
Schwingung, weil die Männer auch lernen, die Göttin zu verkörpern. Wenn
es um die Göttin geht, gibt es nicht Diskriminierung oder Ärger.
Wenn ihr neue Gemeinden aufzubauen und zu entwickeln beginnt, schlage
ich vor, dass Frauen zusammen kommen, unabhängig von ihrem Alter, und
stellen ihre Absicht dar, ihre Perioden von Blutungen zu betrachten und
mit den Männern ihre Macht und ihr Wissen als Schlüssel der Erkenntnis
zu teilen. Entdeckt die Geheimnisse des Blutes als einen natürlichen
Prozess des Lebens der Gemeinde. Euer Körper und eure Zyklen erstellen
das Bild des Lebens. Macht ist eins der grundlegenden Dinge, die ihr
braucht, eine große Leistung, dass die männliche Schwingung zu verstehen
beginnt, nicht mehr den Prozess und die Magie der Geburt zu fürchten.
Die Idee einer Frau wird einigen von euch mißfallen. Wenn Blutungen
auftreten, findet ihr, dass die Zeit schlecht ist, und ihr erlebt diese Zeit als
unangenehm, schmerzhaft und peinlich. Männer haben in der Regel keine
Ahnung, was dann passiert; es ist ein peinlicher Moment auch für sie. In
den folgenden Tagen kontaktiere die Göttin, öffne dein Herz und finde
heraus, wo du die Blutung erfahren willst und was du lehren kannst, weil
du viele der Schlüssel enthältst, die die Göttin auf diesen Planeten gebracht
hat. Es ist notwendig, um zur Teilung der Macht von Partnern
zurückzukehren.
Frauen haben oft eine Abneigung gegen ihr Menstruationsblut gefühlt,
anstatt es als die Quelle ihrer Macht zu sehen. Das Blut trägt den
genetischen Code, und da die Muttergöttin die Quelle aller Dinge ist,
kommt der Code von ihr. Dies ist es, wo die Geschichte lauert.
Mit Menstruationsblut können Pflanzen gefüttert werden, zu stehen und
die Erde wissen zu lassen, dass die Göttin der Erde wieder lebt. In der
Regel bluten Frauen nicht in die Erde. Eine solche Handlung stellt eine
direkte Übertragung der Energie der Göttin dar. Wenn Frauen ihr Blut auf
der Erde verteilen, wird es dadurch segnend zugeführt.
Seit Äonen wird Frauen erklärt, dass ihr Blut ein Fluch ist, und sie
bekamen Angst vor ihrem eigenen Blut. Sie verstehen nicht, dass es ihre
Quelle der Macht ist. Befreit euch von alten Tabus und arbeitet mit dem
Menstruationsblut, dann werdet ihr den Effekt sehen euch, auf die Tiere
und Pflanzen der Lebendigen, dann wird sich alles ändern.
Frauen, wenn ihr noch eure Regel habt, ihr habt die Weisheit eures Körpers
und euer Blut zu ehren. Dies ist eine der Quellen der Befruchtung und der
territorialen Abgrenzung, am wirksamsten, wenn ihr es ansprechen könnt.
Versteht, dass die Geheimnisse des Blutes der Schlüssel zur Quelle deiner
Kraft sind und verbunden mit deinem tiefen inneren Wissen.
Ihr könnt das Land markieren, wo ihr mit eurem Menstruationsblut lebt,
Norden, Süden, Osten und Westen: Ihr könnt mit den Himmelsrichtungen
beginnen. Im Laufe der Zeit könnt ihr eine Markierung auf der Erde
anbringen, wie ein Maler Linien auf der Leinwand skizziert. Ihr könnt euer
Blut mit Wasser anreichern, um die Menge zu verdünnen. Ihr könnt
Kristalle segnen und ihre Schwingung nutzen. Dieser Prozess ist die
Abgrenzung des Gebietes der Göttin. Es wird anziehen Pflanzen und Tiere,
mit neuer Vitalität ausgestattet und eins mit der Göttin.
Wenn du deinen Garten fruchtbar machen willst, dass er der schönste
Garten in der Stadt ist, verwende dein Blut in Wasser verdünnt. Dein
Garten wird sich verbessern. Du wirst feststellen, dass es das Wachstum
von Leben beschleunigen kann. Es kann viele Dinge beschleunigen. Es ist
kein Fehler, dass Frauen bluten. Dies ist eins der schönsten Geschenke. Es
ist das Elixier der Götter.
Zu glauben, dass Sex nur zur Zeugung bestimmt ist, ist eine große
Verzerrung der Identität. Diese Lehre stammt von einem Transvestiten.
Niemand ist jemals gezwungen, ein Baby bekommen, wenn er oder sie
nicht will. Fange an zu denken und den Einfluss zu spüren, ausgeübt auf
alle Körperfunktionen, einschließlich der Empfängnis. Man kann sagen:
Ich weiß, dass meine Gedanken und Gefühle die Funktionen meines
Körpers steuern. Ich beeinflusse sie, und wenn ich bereit bin, ein Baby zu
bekommen, werde ich Energie zu diesem Zweck übertragen. Ansonsten
stehe ich nicht zur Verfügung. Dies ist ein Konzept, das als sehr befreiend
betrachtet wird.
Das Blut scheint mysteriös für die männliche Schwingung, weil alles Blut
des Mannes im Inneren bleibt. Das ist nicht etwas, das er jeden Monat wie
eine Frau zu sehen und zu berühren bekommt. Der Krieg ist eine der
Verzerrungen des Patriarchats, um Männchen die Kraft des Blutes zu
geben. Dieses Blut ist jedoch nicht gleich. Es entspringt aus der Gewalt,
der Zerstörung des Lebens, der Verstümmlung und Tötung, verbunden mit
Emotionen oder erstickten oder unterdrückten Gefühlen.
Es ist für den Mann ein richtiger Weg, ihn in der Kraft des Blutes zu
nehmen, dass eine Frau, die ihm ihr Blut angeboten, mit ihm ihr eigenes
Elixier teilt. Dies kann auf mehrere Arten erfolgen. Dieser Mann ernährt
sich von Früchten und mit Menstruationsblut angebautem Gemüse, das ist
ein klares Verfahren. Ein Mann kann auch im Nacken oder an den
Fußsohlen mit Menstruationsblut markiert werden. Sein Körper absorbiert
dann das Wissen, das es enthält.
Männer werden von Frauen das Blut benötigen, und Frauen benötigen die
Göttin und sie verkörpern das Prinzip der Göttin. Dieses Prinzip wird euch
beibringen, wie ein Gleichgewicht auf diesem Planeten zu schaffen ist. Es
ist unsere Absicht, dass jede Frau die Geheimnisse ihres Körpers versteht
und diese Geheimnisse mit der männlichen Schwingung teilt, wie es
angemessen ist, ohne Geheimniskrämerei.
Männer können das Blut von Frauen fürchten. Oft engagiert sich ein Mann
nur ungern im sexuellen Akt, wenn die Frau blutet. Bei Frauen kann es
eine Sorge sein, ob der Mann die Anwesenheit von schlechten Blut
bemerkt. Wenn du den Geschlechtsverkehr genießen willst während der
Blutung, ob Mann oder Frau, Glückwunsch, weil du einen tiefen Eindruck
überwunden hast. Ihr teilt auf einer tieferen Ebene miteinander, um an
einer Verbindung beteiligt zu sein.
Geschlechtsverkehr während der Menstruation, im Rahmen einer
Beziehung, ist eine leistungsfähige Methode, Blut zu teilen. Dies ist ein
archaisches Ritual, und ich empfehle sexuellen Ausschweifungen, nicht
zufällig das Blut der Menstruation zu teilen. Es ist eine heilige und
mächtige Geste.
Warum, glaubt ihr, kam ein solches Tabu auf? Warum sind Äonen von Blut
während der Geheimnisse abgewendet worden? Vielleicht, weil einige
Öffnungen zum Wissen die Götter fürchten ließen, die euch dieses Wissen
nicht gönnten? Blut enthält Archive der persönlichen Erfahrung, Planeten
und Himmelssphären. Wenn du das Blut während der sexuellen
Vereinigung erlebst, wirst du von den Wellen des Wissens durchdrungen,
weit über deine aktuelle Fähigkeit zu verstehen und zu integrieren hinaus.
Einige Jahre können vor diesem tiefen Wissen verstreichen, dekodiert in
deinem Körper wachsend.
Das männliche Äquivalent zum Menstruationsblut sind natürlich die
Spermien. Die Spermien, wie Computerchips, tragen den Code der
Intelligenz, der die Evolution des Bewusstseins ermöglicht, so misst man
derzeit den Grad der Eignung der männlichen Schwingung, sich zu
erinnern an die Göttin und sie zu heiraten. Es sind die Spermien, die ein
Kind männlich oder weiblich bestimmen. Das Ei bleibt sich gleich; das
Sperma trifft diese Entscheidungen. Es ist die Geschichte der Mutter in der
männlichen Schwingung codiert und enthält die Interpretation, wie das
Männchen diese Geschichte erinnert.
Kannst du dir vorstellen, dass die Spermien einen telepathischen Kontakt
mit ihrem Besitzer unterhalten? Wenn ein Mann Sex mit einer
menstruierenden Frau hat, können Spermien als Bote handeln und
telepathisch die Macht und das Wissen der Frau übertragen. Ein Mann
kann die wahre Identität einer Frau während ihrer Periode erfassen.
Frauen, wenn ihr eine sexuelle Beziehung zu einem Mann während der
Periode habt, so solltet ihr eure intimsten Geheimnisse mit eurem Partner
teilen. Ihr müsst bereit sein, euren Partner zu empfangen und eure Macht
teilen. Dies ist ein archaisches Geheimnis.
Sumerischen Geschichten berichten, dass Enlil und Enki, die Götter, über
die Behandlung und den Zustand ihrer Untertanen stritten, die Menschen.
Enki, der Souverän, nahm die Seite des Menschen ein und hat durch die
Frau der Rasse das sexuelle Wissen gespendet. Der Souverän Enlil verbot
inzwischen streng das menschliche sexuelle Wissen, damit sie nicht den
Göttern gleich werden. Diese Konzepte und unsichtbaren Annahmen sind
verankert in der Zelle der Referenz der modernen Version der Geschichte
der Schöpfung: Adam und Eva, die Schlange und der Garten Eden.
Sexuelle Wissen war das Geschenk von Enki (die Schlange), dann Enlil
wollte die Menschen manipulieren und verhindern, dass sie die Taten der
Götter kennen.
Bei Frauen ist das Blut die Schwingung der Farbe Rot. Bei Männern ist
das Sperma die Schwingung der Farbe Weiß. Zusammen gemischt, Blut
und Sperma bilden ein anderes Elixier. Der Gedanke, dass ein Mann eine
menstruierende Frau berühren könne, galt als die größte Ketzerei, wie viel
schlimmer mit ihr Sex zu haben, oder den Samen in ihr Blut zu mischen
oder sie zu schmecken. Doch in den alten Zeiten, während die Energie der
Göttin verstanden wurde, und da Frauen verehrt wurden, wurde das
Gemisch als ein Getränk der Unsterblichkeit der Menschen betrachtet. Die
Männer verstehen, dass, wenn sie Menstruationsblut getrunken, oder sie
ihre Spermien vermischten, sie wurden gefestigt. Es war einer der
Schlüssel zur Unsterblichkeit.
Die Bibel erzählt die Geschichte von dem Baum des Lebens und dem
Baum der Erkenntnis. Der Baum der Erkenntnis ermöglicht es euch, euch
zu informieren. Die Fakultät und die sexuelle Praxis sind äquivalent zu
dem Baum der Erkenntnis, von diesem Baum ist es den Menschen
verboten, Früchte zu konsumieren. Es wird auch jede Verwicklung mit
dem Baum des Lebens verboten.
Was ist der Baum des Lebens? Viele glauben, dass der Baum des Lebens
etwas ist, das eine Frucht gibt. Es wird gemunkelt, dass diese Frucht von
dem Baum des Lebens Unsterblichkeit zu konsumieren gibt. In den alten
Zeiten wussten wir, dass diese Frucht das Blut der Göttin war. Es war die
Frucht vom Baum des Lebens. Betrachte deinen Körper und dein
Nervensystem als einen Baum. Die Geschichten sprechen nicht über
Früchte, die wachsen auf den Bäumen, aber über die Frucht des Körpers,
Sekrete und Substanzen, die wirklich Gaben der Götter sind, der guten
Götter. Für Äonen haben die Götter uns von diesem Wissen entfernt.
Sexuelle Beziehung mit einer Frau während ihrer Blutung ist eine der
höheren Schwingungen, da kann man alle zwei Queröffnungen in andere
Dimensionen erfahren. Teile das Blut, so kehrt dieses höhere Bewusstsein
zu dir. Es gab eine Zeit, da diese Art der Sache sehr beliebt war und
respektiert, weil die Menschen verstanden, was geschah. Denke daran, es
gab eine Zeit, als die Hebamme die schlimmste Feindin der Pfaffen war,
weil sie den Kontakt mit dem weiblichen Körper hatte und half bei dem
Prozess der Geburt.
Der Eingangskanal in die Lebendige Bibliothek in deinem Körper ist in
den Genitalien. Wenn du lernst, diesen Weg zu verwenden, werden sich dir
die Archive der Zeit öffnen. Im Allgemeinen treffen sich Menschen und in
wenigen Minuten paaren sie sich. Oft bleiben sie nicht sexuell miteinander
verbunden, sich zu erkunden, weil das laszive Vergnügen manchmal mit
tiefen emotionalen Schmerzen verbunden ist. Schade, viele von euch sind
auf die Idee der Suche nach dem Vergnügen gekommen. Erinnert euch!
Die Geschichte geht um, dass ihr das Geschenk der Götter erhalten habt.
Wir finden es interessant zu sehen, wie die Schulen des Denkens auf der
Erde sagen, dass die höchste Leistung ist es, die Sexualität zu überwinden.
Achte auf die Ideen, die dich vom gesamten Wesen ablenken, wer du bist.
Diese Ideen und Konzepte erscheinen hoch; jedoch nehmen sie dich weg
von der Lebendigkeit und Fülle deiner Vitalität. Deine Sekrete und deine
Gaben sind Geheimnisse, mit Würde, Anmut, Ehrfurcht und Respekt in
einer Beziehung zu erkunden.
Es ist meine Absicht, in dir eine Neuinterpretation der Sexualität zu
begeistern. Bitte habe Verständnis, dass du bei Änderungen auf der Erde in
allen Bereichen zurechtgewiesen und neu ausgerichtet wirst. Es besteht
keine Notwendigkeit zu fürchten, weil du die Fähigkeit hast, eine
Verpflichtung zum Partner in der der Tiefe, die du willst, zum Ausdruck zu
bringen.
Sexualität richtet deinen Körper auf einen Zustand der Heilung aus und
öffnet den Weg zu den Sternen. Sexualität in einer Beziehung hat eine
tiefere Dimension und kann dich in andere Welten mitnehmen, beleben
den Körper und ihn erinnern an sein ideales Muster.
Sexuelle Ausdruck ermöglicht die Erforschung sowohl der geistigen als
auch der physischen Domänen. Ein Gleichgewicht ist erforderlich. Du
wohnst in einem physischen Körper, der in seinem Wesen seine Existenz
von dem sexuellen Ausdruck deiner Eltern her hat. Sei bequem mit deiner
sexuellen Energie; huldige ihr und nimm diese Lebenskraft an, die in dir
fließt. Ich hoffe, dass du dich beschäftigst, um zu sehen, angereichert mit
dem spirituellen Selbst, das du bist.
Auf dem Planeten wurde Unwissenheit in Bezug auf Sexualität
beschränkend gelehrt. In deinem Geist ist es eine lokale Erfahrung, die, im
besten Fall, nett ist, aber in Wirklichkeit ist es ein Ereignis kosmischer
Ordnung. Jedes Mal, wenn du Sex mit einer anderen Person hast, verbindet
sich ein Energiemuster und zieht sofort unsichtbare Energien an.
Wenn du und eine andere Person aufeinander ausgerichtet seid, werdet ihr
wie der Nord- und Südpol sein. Normalerweise sind die Zellen des
Körpers ähnlich dem Schwärmen des Publikum einer Zentralstation oder
an jedem anderen Ort, wo die Menschen sich in alle Richtungen bewegen.
Also beim Sex, da ist es, als ob, wenn die Pfeife blies, alles drehte sich um
und sah in die gleiche Richtung. Wenn du einen Zustand der wahren
affektiven Vereinigung während des Geschlechtsverkehrs zu erreichen
anstrebst, löst einander, und alle eure zellulären Energien richtet auf eine
Richtung aus. Dein Körper wird ein Magnet.
Wenn du und eine andere Person einen Zustand hoher elektromagnetischer
Energie zu erreichen anstrebt, werdet ihr euch gegenseitig anziehen und
ein ausgewogenes Verhältnis zwischen euch herstellen. Wenn man sich auf
diese Art übertreffen kann, werdet ihr euch nicht einmal berühren müssen.
Ihr könnt dieses Netz der Liebe zwischen euch weben, und es ist durch
dieses Magnetfeld, dass eure inneren Körper in andere Welten aufsteigen.
Die meisten von euch wählen die Lebensmittel, die sie essen. Seid auch
selektiv bei den Möglichkeiten der Freude, die euch euer Körper bringen
will. Gönnt euch, den Spaß zu erleben, zu diskutieren und zu fühlen.
Schaut eure Körper an, beobachten ihn nackt und in jeder Position, die
Göttlichkeit in den Ritzen und Spalten zu entdecken, die ihr besitzt. Denke
daran, wenn du ein Auto fährst, musst du nicht sagen: Oh, nicht im
Kofferraum suchen! Ihr stimmt in allen euren Teilen überein in dem
verbindlichen Thema. Jede der Komponenten des Autos arbeitet mit allem,
was ihr tragt. Es ist das gleiche mit euren Körpern.
Ich betrachte die Sexualität als das aufregendste Geschenk, das wir
erhalten haben, und ich hoffe, euch weiter auf diesem Kurs zu bringen, so
dass ihr eure Zeit auf der Erde mit mehr Spaß verbringt. Habe die Liebe
für dich selbst und für die Erde, weil du ein Ganzes bildest, und dass ihr
euch gleich seid. Und dies betrifft alle Teile des Körpers. Ihr müsst eure
Sexualität diskutieren. Beginnt, jeden Bereich eures Körpers zu
akzeptieren und ihr gewinnt einen Partner, der jeden Bereich eures Körpers
zu ehren weiß. Wisset, was euer Partner wünscht, und seid bereit, eine
Vorreiterrolle in der schönen Gegend der Macht von Gott-Göttin zu
spielen.
Wie viele Menschen kennst du, die eine solche hohe Vibration gewinnen
beim Sex? Manche Menschen trinken, nehmen Drogen oder tun, was sie
tun müssen, um sich den Mut zu geben, um Sex zu haben. Ihr müsst die
Werte, Normen und Anforderungen in Bezug auf die Sexualität mit dem
nicht-physischen Bereich etablieren, so dass nur diejenigen, die deine
Anforderungen erfüllen, zu dir kommen.
Ich empfehle dir, alle alten Anlagen des Körpers zu reinigen. Sieh deinen
Körper gereinigt, gesegnet, und die sexuelle Energie wird aus allen
Bereichen und Anlagen freigesetzt. Tu, was du bei allen früheren sexuellen
Beziehungen mit einem Griff nach dem Leben zu entspannen liebtest. Hör
auf, über die Vergangenheit zu reden und alte Partnerschaften zu pflegen.
Geh und lass diese Dinge. Wenn du weiterhin mit Menschen sprechen
wirst, die du besucht vor einigen Jahren, dann fütterst du deine
Gedankenformen in deiner Aura, vor allem, wenn deine Beziehung zu
ihnen eine sexuelle war. Dies verhindert, dass du eine neue Gegenwart
erlebst.
Wenn du ein Taschentuch verwendest, nimmst du es, bläst mit der Nase
und dann wirfst du es weg. Die Menschen sind nicht so. Der Prozess ist
nicht so einfach und schnell. Jedes Mal, wenn du mit jemandem Sex hast,
bist du an diese Person gebunden. Wenn zwei Körper sich vereinigen, auch
nur für eine Nacht, werden sie gegenseitig ihre aurischen Felder
verschmelzen. Vielleicht bist du noch nicht so weit, das zu realisieren.
Sex ist wunderbar. Dies ist sicherlich eins der schönsten Geschenke, das
du hast, wie ein Mensch zu sein, deine Identität zu entdecken. Allerdings
musst du lernen, es zu benutzen. Niemand hat dich über die Auswirkungen
der Energieverbindungen informiert, die resultieren aus dem Sex. Du
würdest eine Reihe von Ritualen oder Zeremonien durchführen mit der
Absicht, dein Energiefeld von Menschen zu lösen. Verwende Weihrauch,
das ist ein großes Ritual, um deinen Bereich zu reinigen. Alle Kirchen
nutzen das. Viele Einrichtungen verwenden Weihrauch oder jede Rauch-
Energie, um zu reinigen. Rauch ist mehrdimensional. Wenn du Rauch
benutzt, ist dies ein Hinweis darauf, dass du dich zu reinigen suchst, um
Energie zu reinigen und zu lösen, so dass keine Bindung bleibt. Es wäre
gut, deinen Körper und deine Wohnung zu weihräuchern.
Heilung deines Verständnisses für die Prioritäten deines Lebens entsteht,
wenn man diese Lebenskraft der Sexualität richtig einsetzt. Dies ist ein
Schlüssel zur Wiederherstellung des Raums auf diesem Planeten.
Wenn die Hormone der Anziehung bewegt werden, erlebst du einen
Energieaustausch zwischen all deine Chakren und denen deines Partners.
Eure Energien verschmelzen. Wenn du die Energie erhebst, anstatt sie im
Genitalbereich zu halten, kannst du den Energiefluss erhöhen und mit
einem neuen Bewusstsein ausgestattet werden. Lerne zu treiben die
Energie entlang der Wirbelsäule und in deinem Körper zirkulieren zu
lassen, um den Orgasmus zu verzögern. Während des Geschlechtsaktes
selbst kannst du feststellen, dass du dich in einem zeitlichen Riss
befindest.
Die Erfahrung des Orgasmus sendet heilende und verjüngende Energien in
deinen Körper. In vielen Fällen kann er intensive emotionale Freisetzungen
wecken, und du wirst von Gefühlen überflutet.
In der gleichen Weise, wie man Frauen die Idee verkauft, dass sie eine
Schwangerschaft verhindern können, wenn sie Kinder nicht wollen, wird
den Männern die Idee verkauft, dass die Ejakulation die einzige Form des
Orgasmus sei. Sperma kann Energie beibehalten, kann transformiert
werden und im Körper verteilt. Dies ist eine höhere Form der Sexualität im
Osten, seit vielen Äonen praktiziert. Wenn die Menschen jedes Mal, wenn
sie einen Orgasmus erreichen, ejakulieren, verlieren sie ihre Lebenskraft in
einer der Versionen der Wirklichkeit.
Wenn du ein Mann bist, kannst du lernen, die Spermien zu behalten und
nicht beim Sex zu ejakulieren. Es gibt Techniken, um dies zu tun. Durch
das Drücken des Dammes, des Bereichs zwischen Anus und Hodensack,
wird die Lebenskraft im Körper zurückgehalten, und der Orgasmus
ereignet sich. Die Männer wurden bewegt, einen genitalen Orgasmus zu
haben, der eine lokalisierte Erfahrung an einem Körperteil bildet, anstelle
eines Experiment mit den ganzen Körper und einer spirituellen Erhebung.
Wenn du über die Anzahl der Körper nachdenkst, aus denen du gemacht
bist, merkst du, dass man einen Orgasmus in jedem dieser Körper haben
kann. Also, wenn du die Art und Weise überdenkst und neu definierst, die
Freude zu fühlen, beginne mit verschiedenen Möglichkeiten, zu erleben
den Genuss und du erhältst Segen aus dem geschützten Bereich der
Genitalien.
Samen ist eine katalytische Kraft-Existenz. Immer wenn ein Mann Sperma
produziert, verändert es den Körper in irgendeiner Weise. Idealerweise
sollte ein Mann nach Wahl ejakulieren, wenn es Bedarf oder Wunsch nach
Fortpflanzung gibt. Man hat dir Ideen geschickt, die dich in einem sehr
niedrigen Schwingungszustand halten und eher zur Degeneration als zur
Verjüngung führen.
Du wurdest zunächst mit der Idee imprägniert, dass Sex negativ sei.
Anschließend wurden Institutionen gestiftet, diese Verfehlungen zu
vergeben. Du pendelst zwischen den beiden Polen dieser Dualität. Viele
Männer und viele Frauen, vor allem in der westlichen Welt, verstehen
nicht, wie sie von dem Gedanken durchdrungen sind, dass Sex schlecht
sei. Dieses bestimmt ihr Verhalten so sehr, dass sie in der gesamten
sexuellen Erfahrung eilen, denn wenn sie etwas falsch machen, wollen sie
nicht erwischt werden.
Die richtige Balance besteht nicht. Du kannst sie aber finden. Du wirst
dann keine Schuld oder Scham nach dem Sex erleben. Deshalb werde ich
sagen, dass es wesentlich ist, tiefe Verbundenheit in der Liebe mit deinem
Partner zu haben. Die Liebe, die du teilst, enthält im Allgemeinen Scham
und Schuld. Ohne Liebe sind Scham und Schuld oft erheblich, und die
emotionale Zerstörung kann beträchtlich sein.
Mach deinen Ausdruck der Sexualität zu einem Moment der Freude. Sex
hat nichts mit Leistung zu tun. Teile die Verbindung und die intimsten
Gedanken. Dies hat nicht mit dem zu tun: Oh du warst fantastisch! Dies ist
Intimität, mit einem anderen zu verschmelzen, während die Souveränität
aufrechterhalten wird. Es wird unterstützt, weil es wichtig sein wird, wie
du deine Souveränität erhältst und neu entdeckst, was Lust und Freude
sind. Dein Körper beginnt sich zu erinnern.
Seinen Blick in den des Anderen zu versenken, kann auch intensive
Erregung erzeugen. Dies ist das Herz der Verbindung in den Augen der
Seele, das Herz der Seele. Du kannst auf jeden Fall die Augen schließen;
nachhaltig bleibt der Blickkontakt, aber ändere deine Erfahrungen. Du
solltest auch mit den Chakren arbeiten und speziell das Herz-Chakra der
anderen Person berühren. Lege deine Hand über das Herz-Chakra deines
Partners und bleibe am offenen Herzen.
Durch die Augen erregend, mit den Chakren und den Akupressur-Punkten
den Genitalbereich zu aktivieren, so werden diese Orte lebendig. Durch
Berührung führt eine chemische Reaktion zu einem Orgasmus, die nach
außen vorsteht, in deinen verschiedenen Körpern. Dies ermöglicht es dir,
die Leiter zu höherem Wissen hinan zu klettern, und deine Göttlichkeit zu
ergreifen. Dies bedeutet auch, gegenseitige Erforschung des Körpers zu
betreiben, ganz frei in Form und Ausdruck des Körpers zu handeln. Das ist
der nächste Schritt.
Vielleicht kannst du deinen Fokus der Aufmerksamkeit während des
Geschlechtsverkehrs ändern, so dass du einen Orgasmus nicht sofort
erreichst. Viel Spaß, und geh bis zum Punkt kurz vor dem Orgasmus, halte
diese Frequenz, beruhige dich ein wenig, dann immer wieder aufs Neue.
Verweile in dem Prozess. Wenn du dem Prozess folgst, gehe stundenlang
voran, da dies eine tiefe Intimität schafft und die Erfahrung wird viel
länger bleiben. Verjüngung und Regeneration der Lebenskraft treten durch
Stunden und Stunden der Privatsphäre auf, halte die Augen offen und lerne
deinen Körper kennen, wie du es tun willst.
Orgasmus ist kein lokales Ereignis. Manche Menschen haben einen
Orgasmus nur, wenn sie die Ohren kitzeln. Andere berühren nur die
Handgelenke, so dass sie ihn erreichen. Es ist möglich, einen Orgasmus zu
haben, während man träumt. Es ist möglich, einen Orgasmus zu haben,
wenn du außerhalb deines Körpers bist. Orgasmus wird falsch verstanden.
Man berücksichtigt, dass es sich um ein lokales Ereignis im Genitalbereich
handelt. Es ist nicht sot. Es ist ein kosmisches Ereignis, das durch die
Zuweisung eines lokalen Bereichs interpretiert wurde, so dass du an der
Frage vorübergehst. Dies ist eine Gottheit ständig pulsierenden
Vergnügens und die Verbindung zum Puls des Lebens. So kann es überall
passieren. Wenn du wirklich deine Sexualität inspirierst, wenn du an dieser
Stelle frei bist, kann ein Bissen von einem köstlichen Essen dich zum
Orgasmus bringen. Es ist die höchste Anerkennung der Göttlichkeit in
allem.
Es ist nichts falsch an der Masturbation. Dies ist eine ausgezeichnete
Übung, wenn du weißt, dass dein Körper zu ehren ist, und achtest auf die
Richtigkeit der dort stimulierten Empfindungen. Masturbieren, ohne
Planung, ohne Scham, bringt verschiedene Fremde in deinen Körper durch
deine Gedanken. Dann ist es schwierig. Dies ist eine große Kunstform,
aber sie sollte nicht nur als Erleichterung geübt werden. Wenn du
Masturbation übst, nur um die Spannung zu entlasten, solltest du deine
Aktionen überdenken. Wenn du nie masturbierst, wie hast du dann Sex mit
jemandem und stellst sicher, dass er deinen Körper kennt, wenn du dich
selbst nicht kennst?
Du wirst nicht verstehen, was für ein Gott oder was für eine Göttin du
wirst, in Abwesenheit deiner sexuellen Erfahrung, nicht vollständig, weil
du ein Mensch bist, und dieser Teil des Weges ist in deinem Körper
entworfen worden. Alle Wesen dieses Planeten haben eine Form des
sexuellen Ausdrucks, jede mögliche Weise zu erregen und zu
reproduzieren. Du verstehst nicht, wie zwei Fliegen einfach durch
Berühren ihrer Fühler sich erregen können. Kreaturen der Erde, Pflanzen
und Tiere, wissen einander zu stimulieren und ohne Reproduktion zu
hohen Aktivitätszuständen führen. Halte das Bild fest.
Es ist notwendig, dass du verstehst, und habe keine Angst vor der
Sexualität. Werde nicht alt wegen der Angst vor deiner Lebenskraft. Habe
Lust am Sex, und du bleibst ewig jung.

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LUCRETIA
Von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

LIVIUS

Ardea gehörte zu den Rutuli, die für diesen Ort und die Zeit eine Nation
von herrschendem Reichtum waren. Diese Tatsache war die Ursache des
Krieges, denn der römische König wollte nicht nur sich selbst bereichern,
verarmt, wie er durch die Pracht seiner öffentlichen Arbeiten war, sondern
auch mit Beute das Gefühl des gemeinen Volkes beschwichtigen; die außer
der Feindschaft, die sie gegenüber den Monarchen für andere Taten des
Stolzes trugen, besonders ärgerlich waren, dass der König sie so lange als
Handwerker beschäftigen und die Arbeit der Sklaven befehlen wollte. Ein
Versuch wurde gemacht, um Ardea durch Angriff zu ergreifen. Nachdem
dies gescheitert war, investierten die Römer in den Ort mit Anmaßungen,
und begannen zu belagern den Feind. Hier in ihrem ständigen Lager, wie
es bei einem nicht scharfen, aber langgezogenen Krieg üblich ist, war die
Freizügigkeit freigegeben, freilich mehr den Führern als den Soldaten;
begleiteten die jungen Fürsten ihrerseits doch während des Essens und des
Trinkens ihre untätigen Stunden miteinander. Es geschah, wie sie in den
Vierteln von Sextus Tarquinius trinken, wo Tarquinius Collatinus, Sohn
von Egerius, auch ein Gast war, dass das Thema auf die Frauen kam. Jeder
Mann begann, seine eigene Frau mit Enthusiasmus zu loben, und, da ihre
Rivalität heiß wurde, sagte Collatinus, dass es keine Notwendigkeit gab,
darüber zu sprechen, denn es war in ihrer Macht, in wenigen Stunden zu
wissen, wie weit der Rest der Frauen von seiner eigenen Lucretia
übertroffen wurde. „Kommt! Wenn die Kraft der Jugend in uns ist, so lasst
uns unsere Pferde satteln und uns die Gesinnung unserer Frauen sehen.
Lasse jeder Mann als die sicherste Prüfung betrachten, was seinen Augen
begegnet, wenn der Mann der Frau unerwartet eintritt.“ Sie wurden vom
Wein erhitzt. „Einverstanden!“ riefen sie alle und klatschten mit den
Sporen an ihre Pferde und ritten nach Rom. Als sie dort zur frühen
Dämmerung ankamen, zogen sie zu Collatia, wo Lucretia von den
Schwiegertöchtern des Königs ganz anders entdeckt wurde. Diese hatten
sie bei einem luxuriösen Bankett gesehen, das die Zeit mit ihren jungen
Freundinnen wegwischte; aber Lucretia, obwohl es spät in der Nacht war,
beschäftigte sich eifrig mit ihrer Wolle, während ihre Jungfrauen um sie im
Lampenlicht waren, während sie in der Halle ihres Hauses saß. Der Preis
dieses Wettbewerbs in weiblichen Tugenden fiel Lucretia zu. Als
Collatinus und Tarquinius sich näherten, wurden sie gnädig empfangen,
und der siegreiche Ehemann lud höflich die jungen Fürsten an seinen Tisch
ein. Es war dort, dass Sextus Tarquinius von einem bösen Verlangen
überwältigt wurde, Lucretia mit Gewalt zu erkennen; nicht nur ihre
Schönheit, sondern auch ihre erwiesene Keuschheit provozierte ihn.
Jedoch für die Gegenwart endete sie den Knabenstreich der Nacht und
kehrten zum Lager zurück.

Als wenige Tage vergangen waren, nahm Sextus Tarquinius, ohne dass
Collatinus es wusste, einen Begleiter und ging nach Collatia. Freundlich
begrüßt, weil niemand seinen Zweck verdächtigte, wurde er nach dem
Abendessen in eine Gastkammer gebracht. Brennend von Leidenschaft
wartete er, bis es ihm schien, dass alles für ihn sicher war und alle
schliefen; dann zog er sein Schwert und kam zu der schlafenden Lucretia.
Er legte der Frau seine linken Hand auf ihre Brüste und sagte: „Sei still,
Lucretia! Ich bin Sextus Tarquinius. Mein Schwert ist in meiner Hand.
Mach nur ein Geräusch, und du stirbst!“ Die Frau sank aus Angst in den
Schlaf. Keine Hilfe war in Sicht, aber nur der bevorstehende Tod. Dann
begann Tarquinius, seine Liebe zu erklären, zu flehen, Drohungen mit
Gebeten zu mischen, jeden Anschlag auf das Herz der Frau zu richten. Als
er sie verleumdet und er sie nicht von Angst vor dem Tod bewegt sah, ging
er weiter und bedrohte sie mit Schande und sagte, wenn sie tot wäre,
würde er seinen Sklaven umbringen und ihn nackt an ihre Seite legen,
damit sie könnte wegen Ehebruch mit einem Mann von niedriger Klasse
getötet worden sein. Bei dieser schrecklichen Aussicht wurde ihre
entschlossene Bescheidenheit wie mit Gewalt durch seine siegreiche
Begierde überwunden; und Tarquinius entfernte sich, er jubelte in seiner
Eroberung der Ehre einer Frau. Lucretia, die in ihrer großen Katastrophe
trauerte, schickte dieselbe Botschaft an ihren Vater in Rom und an ihren
Mann bei Ardea, dass sie jeder einen vertrauten Freund nehmen und
kommen sollten, dass sie dies tun und schnell tun müssen, denn
Schreckliches war geschehen. Spurius Lucretius kam mit Publius Valerius,
dem Sohn von Volesus. Collatinus holte Lucius Junius Brutus, mit dem er
zufällig nach Rom zurückkehrte, als er vom Boten seiner Frau unterrichtet
wurde. Lucretia fanden sie traurig in ihrer Kammer. Der Eintritt ihrer
Freunde brachte ihr Tränen in die Augen, und auf die Frage ihres Mannes:
„Ist alles gut?“ antwortete sie: „Weit davon entfernt; denn was kann mit
einer Frau gut sein, wenn sie ihre Ehre verloren hat? Der Druck eines
fremden Mannes, Collatinus, ist in deinem Bett. Aber mein Körper nur ist
verletzt worden; mein Herz ist schuldlos, wie der Tod mein Zeuge sein
wird. Aber versprich in deine rechte Hand und schwöre, dass der
Ehebrecher nicht ungestraft geht. Sextus Tarquinius ist es, der letzte Nacht
Feindseligkeit für die Gastfreundschaft gegeben und bewaffnet mit Gewalt
mich verdarb, und sich selbst nicht weniger - wenn ihr Menschen seid - als
er seine Lust mit mir hatte.“ Sie geben ihre Verpflichtungen der Reihe
nach. Sie versuchen, sie zu trösten, krank im Herzen, wie sie ist, indem sie
die Schuld von ihr ablenken, zum Täter des Unrechts, der sie gezwungen
hatte. Sie sagen ihr, dass es der Geist ist, der sündigt, nicht der Körper; und
wo der Zweck fehlt, gibt es keine Schuld. „Es ist für dich zu bestimmen“,
antwortete sie, „was ihm zu verdanken ist; für mich selbst, obwohl ich
mich von der Sünde frei mache, entbinde ich mich nicht der Strafe; nicht
in der Zeit, die kommen wird, wird je eine vergewaltigte Frau leben durch
das Beispiel von Lucretia.“ Und ein Messer, das sie unter ihrem Kleid
verborgen hatte, stürzte sie in ihr Herz und sank vorwärts auf die Wunde,
und starb, als sie fiel. Das Heulen um die Tote wurde von ihrem Mann und
ihrem Vater erhoben.

Brutus, während die anderen in Kummer versunken waren, zog das Messer
aus der Lucretia Wunde und hielt es hoch und rief: „Durch dieses Blut,
keusch, bis ein Fürst es getan hat, schwöre ich, und ich nehme euch, ihr
Götter, zu Zeugen, dass ich Lucius Tarquinius Superbus und seine böse
Frau und all seine Kinder mit Schwert, mit Feuer, ja mit Gewalttätigkeit
verfolge; und dass ich weder ihn noch einen anderen König in Rom leiden
werde!“ Mit dem Messer ging er dann zu Collatinus und von ihm zu
Lucretius und Valerius. Sie waren verblüfft über dieses Wunder. Woher
kam dieser neue Geist in der Brust von Brutus? Wie er ihnen geboten, so
schworen sie. Die Trauer war im Zorn verschluckt; und als Brutus sie
aufforderte, in demselben Augenblicke gegen die Macht der Könige zum
Krieg zu kommen, folgten sie seiner Führung. Sie führten die Leiche von
Lucretia aus dem Haus und bahrten sie auf den Marktplatz auf, wo die
Menschen sich um sie drängten, sie zogen die Menschen an, wie sie
waren, durch den erstaunlichen Charakter des seltsamen Ereignisses und
seiner Abscheulichkeit. Jeder Mann hatte seine eigene Beschwerde über
das Verbrechen des Fürsten und seine Gewalt zu machen. Sie wurden
bewegt, nicht nur durch das Leid des Vaters, sondern auch durch die
Tatsache, dass es Brutus war, der ihre Tränen und leeren Klagen schelten
tat und sie aufforderte, das Schwert, wie es sich für Männer und Römer
geziemte, gegen diejenigen zu ergreifen, die es gewagt hatten, sie zu
behandeln als Feinde. Die kühnsten der jungen Männer ergriffen ihre
Waffen und boten sich zum Dienst an, und die anderen folgten ihrem
Beispiel. Dann verließ Lucretia der Vater, um Collatia zu schützen und
Urteile zu veröffentlichen, damit niemand den Aufstand der königlichen
Familie verkünden konnte, der Rest, ausgerüstet zur Schlacht und unter
des Brutus Befehl, machte sich nach Rom auf. Dort, wo ihre bewaffneten
Banden fortschritten, brachte es Terror und Verwirrung; aber wieder, als
die Leute sahen, dass in dem Wagen die Hauptmänner des Staates waren,
schlossen sie, dass alles, was es sei, keine sinnlose Störung sein könne.
Und tatsächlich gab es nicht weniger Groll in Rom, als diese schreckliche
Geschichte bekannt war, als es in Collatia gegeben hatte. Aus jedem
Viertel der Stadt kamen die Männer zum Forum. Kaum waren sie da,
brachte ein Rufer die Leute vor die Tribüne der Celeres, welche das Amt
des Brutus damals hielten. Dort hielt er keine Rede, wie man es von dem
Geist und dem Sinn erwartet hatte, den er bis zu diesem Tag vorgetäuscht
hatte. Er sprach von der Gewalt und der Lust des Sextus Tarquinius, von
der beschämenden Vergewaltigung Lucrezias und ihrem beklagenswerten
Tod, der Trauer des Tricipitinus, in dessen Augen der Tod seiner Tochter
nicht so unverschämt und bedauerlich war wie die Ursache ihres Todes. Er
erinnerte sie außerdem an den Stolz des Königs selbst und den
erbärmlichen Zustand der Gemeinen, die in Gräben und Abwasserkanäle
versenkt wurden. Die Männer von Rom, sagte er, die Eroberer aller Völker
rings umher, waren von Kriegern in Handwerker und Steinmetze
verwandelt worden. Er sprach von dem schändlichen Mord an König
Tullius und wie seine Tochter ihren verfluchten Wagen über den Körper
ihres Vaters getrieben hatte, und er rief die Götter an, die Verbrechen gegen
die Eltern zu bestrafen. Mit diesen und, wie ich glaube, noch härteren
Vorwürfen, wie sie bei einem Menschen in der Gegenwart eines
Verbrechens vorkommen, aber für einen Historiker nicht leicht zu
reproduzieren sind, entzündete er das Volk und brachte sie zur Aufhebung
der Königs-Autorität und ins Exil Lucius Tarquinius, zusammen mit seiner
Frau und seinen Kindern. Brutus selbst schrieb dann die Junioren ein, die
gaben freiwillig ihre Namen, und bewaffnete sie für das Lager in Ardea,
um die Truppen gegen den König zu erheben. Den Befehl in Rom verließ
er mit Lucretius, der einige Zeit zuvor zum Präfekten der Stadt vom König
berufen worden war. Während dieser Verwirrung floh Tullia aus ihrem
Haus, verfluchte, wo immer sie ging, Männer und Frauen, rief auf sie die
Furien herab, die das Unrecht der Verwandten rächen.

AUGUSTINUS

Von der Verletzung der geweihten und anderen christlichen Jungfrauen, die
in der Gefangenschaft unterworfen waren und denen ihr eigener Wille
keine Zustimmung gab; und ob das ihre Seelen verunreinigte.

Aber sie glauben, dass sie eine schlüssige Anklage gegen das Christentum
vorbringen, wenn sie das Grauen der Gefangenschaft verschlimmern,
indem sie hinzufügen, dass nicht nur Frauen und unverheiratete
Jungfrauen, sondern auch geweihte Jungfrauen vergewaltigt wurden. Aber
wahrlich, in dieser Hinsicht ist es weder christlicher Glaube noch die
Pietät, noch die Tugend der Keuschheit, die in jeder Schwierigkeit
geschändet wird; die einzige Schwierigkeit ist es, das Subjekt so zu
behandeln, dass man sofort Bescheidenheit und Vernunft befriedigt. Und
wir werden nicht so vorsichtig sein, unseren Anklägern zu antworten, um
unsere Freunde zu trösten. Wenn zum Beispiel die Tugend, die das Leben
macht, ihren Thron in der Seele hat und darum die Glieder des Leibes
regiert, die wird heilig in der Kraft der Heiligkeit des Willens; und
während der Wille fest und unerschüttert bleibt, nichts, was eine andere
Person mit dem Körper oder in dem Körper erleidet, ist ein Fehler der
Person, die es leidet, solange sie nicht entkommen kann ohne Sünde. Aber
da nicht nur Schmerzen zugefügt werden können, sondern die Lust an dem
Leib eines Anderen befriedigt wird, sobald etwas von dieser letzteren Art
stattfindet, dringt die Schande sogar in einen ganz reinen Geist ein. Welche
Schamhaftigkeit nicht fortgegangen ist vor der Schande, damit nicht
Handlungen, die nicht ohne sinnliches Vergnügen erlitten werden könnten,
angenommen werden müssen, wurden sie auch mit einer gewissen
Zustimmung des Willens begangen.

Sind sie zum Selbstmord durch Furcht vor Bestrafung oder


Ehrenschändung verpflichtet?

Und folglich, selbst wenn einige dieser Jungfrauen getötet wurden, um


solch eine Schande zu vermeiden, würde jeder, der irgendein menschliches
Gefühl hat, sich weigern, ihnen zu verzeihen? Und für diejenigen, die ihr
Leben nicht beenden würden, damit sie nicht dem Verbrechen eines
anderen durch eine eigene Sünde entgehen, wer dies als große Bosheit an
ihre Schuld anlegt, der ist selbst nicht schuldlos an der Schuld der Torheit.
Denn wenn es nicht recht ist, das Gesetz in unsere eigenen Hände zu
nehmen und zu töten sogar eine schuldige Person, deren Tod keine
öffentliche Strafe rechtfertigt, dann sicherlich der, der sich selbst tötet, ist
ein Mörder, und so der Schuldige seines eigenen Todes, da er von diesem
Unrecht unschuldig war, für das er sich zum Sterben verurteilte. Machen
wir die Tat zum Recht von Judas, und die Wahrheit selbst auszusprechen,
dass er sich, indem er sich erhängte, eher verschlimmerte, als die Schuld
jenes ungerechtesten Verrats, da er durch die Verzweiflung der
Barmherzigkeit Gottes in seinem Leiden, das den Tod bewirkte, wehrte
und für sich selbst keinen Platz für eine heilende Buße ließ? Wie viel mehr
sollte er sich davon abhalten, gewalttätige Hände an sich selbst zu legen,
der nicht eine solche Strafe verdient hat! Denn Judas, als er sich selbst
tötete, tötete er einen bösen Mann; aber er ging aus diesem Leben nicht nur
mit dem Tode Christi, sondern mit seinem eigenen: denn obwohl er sich
selbst umgebracht hat durch sein Verbrechen, seine Tötung selbst war ein
weiteres Verbrechen. Warum sollte ein Mensch, der nicht böse ist, böses an
sich selbst tun, und indem er sich umbringt, da tötet er einen
Unschuldigen, einer andern schuldigen Handlung zu entfliehen, und eine
Sünde selbst zu begehen, damit die Sünde eines anderen nicht an ihm
verübt wird?

3
Von der Gewalt, die dem Leib durch die Lust eines Anderen angetan
werden kann, während der Geist unverletzt bleibt.

Aber gibt es eine Angst, dass auch die Lust eines anderen die Verletzten
verunreinigen kann? Es wird sie nicht verschmutzen, wenn es ein anderer
ist: wenn es sie verschmutzt, ist es nicht der andere, sondern die Lust wird
geteilt auch von den Verschmutzten. Weil aber die Reinheit eine Tugend
der Seele ist und für ihre Tugend, die Tapferkeit, die alle Krankheiten
ertragen wird, es keine Zustimmung zum Bösen gibt; und da niemand, so
großherzig und rein, immer die Beseitigung seines eigenen Körpers
bewerkstelligt, sondern nur die Zustimmung kontrollieren kann und die
Ablehnung seines Willens, was der gesunde Mensch vermuten kann, dass,
wenn sein Körper ergriffen und gewaltsam benutzt wird, um die Lust eines
anderen zu befriedigen, er damit verliert seine Reinheit? Denn wenn die
Reinheit so zerstört werden kann, so ist die Reinheit sicherlich keine
Tugend der Seele; noch kann sie zu den guten Dingen zählen, durch die
das Leben gut gemacht wird, sondern unter die guten Dinge des Körpers,
in der gleichen Kategorie wie Kraft, Schönheit und ungebrochene
Gesundheit, und kurz, alle so guten Dinge, die vermindert werden können,
ohne überhaupt die Güte und die Richtigkeit unseres Lebens zu
vermindern. Aber wenn Reinheit ist nichts besseres als diese, warum sollte
der Körper zerstört werden, dass er bewahrt werden kann? Wenn es auf der
anderen Seite der Seele gehört, dann nicht einmal, wenn der Körper
verletzt wird, ist sie verloren. Noch mehr, die Tugend der heiligen
Enthaltsamkeit, wenn sie der Unreinheit der fleischlichen Lust widersteht,
heiligt auch den Körper. Und wenn daher diese Enthaltsamkeit unverletzt
bleibt, so wird auch die Heiligkeit des Leibes bewahrt, weil es der Wille
ist, ihn heilig zu gebrauchen, und soweit es im Körper selbst liegt, hat er
auch die Kraft dazu. Denn die Heiligkeit des Leibes besteht nicht in der
Unversehrtheit seiner Glieder, noch in ihrer Befreiung von aller
Berührung; denn sie sind verschiedenen Unfällen ausgesetzt, der Gewalt,
die sie verwundet, und den Chirurgen, die oft Operationen vollziehen, die
den Zuschauer krank machen. Eine Hebamme hat (ob boshaft oder
versehentlich oder durch Ungeschicklichkeit) die Jungfräulichkeit eines
Mädchens zerstört, während sie sich bemüht. Erkundige dich: Ich nehme
an, dass niemand so dumm ist zu glauben, dass die Jungfrau durch diese
Zerstörung der Integrität eines Organs etwas verloren hat an ihrer
körperlichen Heiligkeit. Und so, solange die Seele diese Festigkeit der
Absicht behält, die sogar den Körper heiligt, die Gewalt, die von den
anderen getan wird, und die Lust machen keinen Eindruck auf diese
körperliche Heiligkeit, die intakt bleibt durch die eigene hartnäckige
Enthaltsamkeit. Angenommen, eine Jungfrau verletzt den Eid, den sie Gott
geschworen hat, und geht, um ihrem Verführer zu begegnen mit der
Absicht, sich ihm zu ergeben, sollen wir sagen, dass sie, wie sie geht,
besessen ist sogar noch von der körperlichen Heiligkeit, wenn sie schon
die Heiligkeit der Seele, die den Körper heiligt, verloren und zerstört hat?
Weit ist es von uns, so falsch zu reden. Lasst uns lieber diese
Schlussfolgerung ziehen, dass, obwohl die Heiligkeit der Seele bleibt, auch
wenn der Körper verletzt wird, so ist die Heiligkeit des Körpers nicht
verloren; und dass in gleicher Weise die Heiligkeit des Körpers verloren
geht, wenn die Heiligkeit der Seele verletzt wird, obwohl der Körper selbst
intakt bleibt. Und daher hat eine Frau, die durch die Sünde eines anderen
verletzt worden ist, und ohne Zustimmung ihrer eigenen, keine Ursache,
sich zu Tode zu bringen; viel weniger hat sie Selbstmord zu begehen, um
eine solche Verletzung zu vermeiden, denn in diesem Fall begeht sie eine
bestimmte Tötung, um ein Verbrechen zu verhindern, das ist ungewiß noch
und nicht ihr eigenes.

Von Lucretia, die ein Ende ihres Lebens setzte wegen des Verbrechens, das
ihr angetan wurde.

Das ist unsere Position, und sie scheint genügend klar zu sein. Wir
behaupten, dass, wenn eine Frau verletzt wird, während ihre Seele keine
Zustimmung zu der Ungerechtigkeit gibt, sondern bleibt unantastbar
keusch, die Sünde ist nicht ihre, sondern seine, der sie verletzt. Aber tun
sie es, gegen die wir nicht nur die Seelen verteidigen müssen, sondern
auch die heiligen Leichen dieser empörten christlichen Gefangenen -
mögen sie vielleicht unsere Position bestreiten? Aber alle wissen, wie laut
sie preisen die Reinheit von Lucretia, dieser edlen Matrone des alten Rom.
Als König Tarquins Sohn ihren Körper verletzt hatte, kündigte sie die
Bosheit dieses jungen Schwätzers ihrem Ehemann Collatinus an und
Brutus, ihrem Verwandten, hochmütig und mutig und gebunden durch
einen Eid, sie zu rächen. Dann, herzkrank und unfähig, die Schande zu
tragen, setzte sie ein Ende ihres Lebens. Wie sollen wir sie nennen? Eine
Ehebrecherin oder eine keusche Frau? Es gibt keine Frage, was sie war.
Nicht glücklicher als wahrhaftig sagte ein Zögling von diesem traurigen
Geschehen: „Hier war ein Wunder: dort waren zwei, und nur einer beging
Ehebruch.“ Dies ist höchst gewaltsam und wahrhaftig gesprochen, dieser
Deklamator, in der Vereinigung der beiden Körper die faule Lust zu sehen
des einen und den keuschen Willen der andern, und nicht auf den Kontakt
der leiblichen Glieder zu achten, sondern auf die weite Verschiedenheit
ihrer Seelen, der sagte: „Es gab zwei, aber der Ehebruch wurde nur von
einem begangen.“ Aber wie ist es, dass sie, die keine Partnerin des
Verbrechens war, die schwerere Strafe der beiden trägt? Denn der
Ehebrecher wurde nur zusammen mit seinem Vater verbannt; sie erlitt die
extreme Strafe. Wenn das nicht Unreinheit war, durch die sie unfreiwillig
Ihrer Keuschheit beraubt wurde, dann ist dies nicht Gerechtigkeit, dass die
Keusche bestraft wird. Ich appelliere an euch, ihr Gesetze und Richter in
Rom. Auch nach der Begehung großer Leidenschaften leidet ihr nicht, dass
Verbrecher getötet werden ohne Untersuchung. Wenn man also diesen Fall
vor euer Gericht bringen und euch beweisen wollte, dass eine Frau nicht
nur unversucht, sondern keusch ist und unschuldig, dennoch getötet
worden war, würdet ihr nicht den Mörder mit proportional schwerer Strafe
heimsuchen? Dieses Verbrechen wurde von Lucretia begangen; dass
Lucretia so gefeiert wird, die schlachtete die unschuldige, keusche,
empörte Lucretia! Sprecht euer Urteil. Aber wenn ihr es nicht könnt, denn
da erscheint niemand, den ihr bestrafen könnt, warum preist ihr mit solcher
unangemessenen Lobpreisung die, die eine unschuldige und keusche Frau
erschlug? Sicherlich findet ihr es unmöglich, sie vor den Richtern der
Reiche drunten zu verteidigen, wenn sie so sind, wie eure Dichter gern sie
darstellen; denn sie gehört dahin:
„Wer schuldlos schickte sich zum Schicksal
Und zum Abscheu des Tages,
Im Wahnsinn warfen sie ihr Leben weg!“
Und wenn sie mit den anderen will zurückkehren:
„Das Schicksal hält den Weg,
Wo das langsame, unschöne Wasser kriecht,
Und bindet es mit neunfacher Kette.“
Oder vielleicht ist sie nicht dort drunten, weil sie sich der Schuld, nicht der
Unschuld bewusst ist? Sie allein kennt ihre Vernunft; aber was ist, wenn
sie durch das Vergnügen der Tat verraten wurde und Sextus ihre
Einwilligung gab, obwohl sie so heftig missbraucht wurde, und war dann
so betroffen, dass sie glaubte, der Tod allein könne sie von ihrer Sünde
erlösen? Auch wenn dies der Fall war, hätte sie ihre Hand noch vor dem
Selbstmord zurückhalten müssen, wenn sie vor ihren falschen Göttern eine
fruchtbare Reue vollbracht hätte. Allerdings, wenn dies der Fall war, und
wenn es falsch wäre: „Es gab zwei, aber nur einen Ehebruch“, wenn die
Wahrheit war, dass beide beteiligt waren, einer durch offene Angriff, die
andere durch geheime Zustimmung, dann tötete sie nicht eine unschuldige
Frau; und folglich können ihre gelehrten Verteidiger behaupten, dass sie
nicht unter jener Klasse der Bewohner drunten ist von denen, „wer
schuldlos schickte sich zum Verhängnis.“ Aber dieser Fall von Lucretia ist
in einem solchen Dilemma, dass, wenn ihr den Totschlag ausmacht, ihr
bestätigt den Ehebruch: Wenn ihr sie von der Ehe erlöst, macht ihr die
Anklage des Mordes schwerer; und es gibt keinen Ausweg aus dem
Dilemma, wenn man fragt, ob sie ehebrecherisch war, warum sie dann
loben? Wenn keusch, warum dann sie töten? Dennoch, nach unserer
Absicht, jene zu widerlegen, die nicht fähig sind, die wahre Heiligkeit zu
begreifen, und die deshalb zu unserer Empörung beleidigen die
christlichen Frauen, es ist genug, dass im Fall dieser edlen römischen
Matrone in ihrem Lobpreis gesagt wurde: „Es waren zwei, aber der
Ehebruch war das Verbrechen von nur einem.“ Denn Lucretia wurde
vertrauensvoll geglaubt, dass sie der Verunreinigung irgendeines
bewilligenden Denkens gegenüber dem Ehebruch überlegen war.
Dementsprechend, dass sie sich selbst tötete, weil sie einem Verbrechen
unterworfen war, in dem sie keine schuldige Rolle hatte, so ist es
offensichtlich, dass diese Tat von ihr nicht durch die Liebe zur Reinheit,
sondern durch die überwältigende Last ihrer Schande getan wurde. Sie
schämte sich, dass so ein Verbrechen begangen worden war an ihr, wenn
auch ohne ihr Verstehen; und diese Matrone, mit der römischen
Herrlichkeit in ihren Adern, wurde von einer stolzen Furcht ergriffen, die,
wenn sie weiter zu leben hätte, würde es angenommen haben, dass sie
willig nicht ärgerte das Unrecht, das sie getan hatte. Sie konnte es den
Männern nicht zeigen, aber sie beurteilte, dass ihre selbstverschuldete
Strafe ihren Zustand des Geistes bezeugen würde; und sie verbrannte vor
Scham über den Gedanken, dass sie geduldige Ausdauer des faulen
Affronts zeigen sollte, den ein anderer ihr angetan hatte, sollte es als ihre
Komplizenschaft mit ihm ausgelegt werden. Nicht so war die
Entscheidung der christliche Frauen, die litten, wie sie taten, und doch
überlebten. Sie lehnten es ab, an sich selbst die Schuld anderer zu rächen
und Verbrechen hinzuzufügen ihre eigenen Verbrechen, an denen sie
keinen Anteil hatten. Dazu hätte sie ihre Schande getrieben, um sich zu
töten, wenn die Lust ihrer Feinde sie zum Ehebruch getrieben hätte. In
ihren eigenen Seelen, im Zeugnis ihres eigenen Gewissens, genießen sie
die Herrlichkeit der Keuschheit. In den Augen Gottes auch sind sie
geschätzt als rein, und dieses tröstet sie; sie fragen nicht mehr: es genügt
ihnen, Gelegenheit zu haben, Gutes zu tun, und sie lehnen es ab, der
Bedrängnis menschlichen Verdachts zu entgehen, damit sie nicht vom
göttlichen Gesetz abweichen.

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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


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APOLOGIE DER KIRCHE
von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

ERSTES KAPITEL
APOKRYPHEN

3 Baruch

Eine Erzählung und Offenbarung von Baruch, über jene unaussprechlichen


Dinge, die er durch Gottes Gebot sah. Ich segne dich, Herr.
Eine Offenbarung von Baruch, der am Fluss Gel stand, der über die
Gefangenschaft Jerusalems weinte, als auch Abimelech durch die Hand
Gottes auf dem Bauernhof von Agrippa bewahrt wurde. Und er saß also an
den schönen Toren, wo das Allerheiligste lag.
Wahrlich, ich weinte in meiner Seele und trauerte um des Volkes willen,
und Nebukadnezar, der König, durfte die Stadt zerstören und sagen: Herr,
warum hast du deinen Weinberg angezündet und niedergelegt? Wegen des
Glaubensabfall? Warum hast du das getan? Und warum, Herr, hast du uns
nicht mit einer anderen Strafe gezüchtigt, sondern hast uns zu solchen
Völkern geschickt, damit sie uns etwas vorwerfen und sagen: Wo ist ihr
Gott? Und siehe, ich weinte und sprach solche Dinge, da sah ich einen
Engel des Herrn kommen und er sprach zu mir: Verstehe, der Mensch ist
sehr geliebt, und kümmere dich nicht so sehr um die Rettung Jerusalems,
denn so spricht der Herr, Gott , der Allmächtige. Denn Er hat mich gesandt
zu dir, dass wir erkennen sollen, dass wir dir alle Dinge zeigen sollen.
Denn dein Gebet wurde von ihm gehört und es trat in die Ohren des Herrn,
Gottes. Und als er mir das gesagt hatte, schwieg ich. Und der Engel sprach
zu mir: Höre auf, Gott zu provozieren, und ich will dir andere Geheimnisse
zeigen, die größer sind als diese. Und ich, Baruch, sprach: So wahr Gott
der Herr lebt, wenn du mir etwas zeigst und ich höre ein Wort von dir, so
will ich nicht mehr sprechen. Gott soll mein Gericht am Tage des Gerichts
sein, wenn ich nachher noch spreche. Und der Engel der Mächte sprach zu
mir: Komm, und ich will dir die Geheimnisse Gottes zeigen.
Und er nahm mich und führte mich dahin, wo das Firmament eingesetzt
worden war, und wo ein Fluss war, den niemand kreuzen kann, noch eine
Brise von allen Brusen, die Gott geschaffen hat. Und er nahm mich und
führte mich zum ersten Himmel und zeigte mir eine große Tür. Und er
sprach zu mir: Lass uns durch sie hindurchgehen, und wir traten ein, als ob
wir auf Flügeln getragen wurden, eine Entfernung von ungefähr dreißig
Tage-Reisen. Und er zeigte mir im Himmel eine Ebene; und es waren
Menschen, die darauf wohnten, mit den Gesichtern von vier Ochsen und
den Hörner von Hirschen und den Füßen vonr Ziegen und dem Hüpfen
von Lämmern. Und ich, Baruch, fragte den Engel: Mache mir dies
bekannt, ich bete, was ist die Dicke des Himmels, in dem wir reisten, oder
was ist seine Ausdehnung, oder was ist die Ebene, damit ich auch sage es
den Söhne des Menschen. Und der Engel, dessen Name Phamael ist,
sprach zu mir: Diese Tür, die du siehst, ist die Tür des Himmels und so
groß wie die Distanz von der Erde zum Himmel, so groß ist auch ihre
Dicke; und wieder so groß wie die Entfernung von Nord nach Süd, so groß
ist die Länge der Ebene, die du gesehen hast. Und wieder sprach der Engel
der Mächte zu mir: Komm, und ich will dir größere Geheimnisse zeigen.
Aber ich sagte: Zeige mir, was diese Menschen sind. Und er sprach zu mir:
Das sind die, die den Turm des Streites gegen Gott bauten, und der Herr
verbannte sie.
Und der Engel des Herrn nahm mich und führte mich zu einem zweiten
Himmel. Und er zeigte mir dort auch eine Tür wie die erste und sagte: Lass
uns durch sie eintreten. Und wir traten ein, wobei wir auf den Flügeln eine
Entfernung von etwa sechzig Tage-Reise getragen wurden. Und er zeigte
mir dort auch eine Ebene, und sie war voll von Menschen, deren Aussehen
wie das von Hunden war, und deren Füße waren wie die von Hirschen.
Und ich fragte den Engel: Ich bitte dich, Herr, sage mir, wer diese sind.
Und er sprach: Diese sind es, die den Rat gaben, den Turm zu bauen, denn
die, die du siehst, trieben Volksmengen von Männern und Frauen an, um
Ziegel zu machen; unter denen war eine Frau, die Ziegelsteine herstellte,
die nicht in der Stunde der Kindsgeburt freigelassen werden konnte,
sondern hervorbrachte, während sie Ziegelsteine machte und ihr Kind in
ihrer Schürze trug, und fortfuhr, Ziegelsteine zu machen. Und der Herr
erschien ihnen und verwirrte ihre Sprache, als sie den Turm auf die Höhe
von vierhundertsechsundsechzig Ellen gebaut hatten. Und sie nahmen
einen Gipfel ein und suchten den Himmel zu durchbohren und sprachen:
Lasst uns sehen, ob der Himmel aus Ton oder aus Messing oder aus Eisen
besteht. Als Gott dies sah, erlaubte er es ihnen nicht, sondern schlug sie
mit Blindheit und Verwirrung der Sprache und machte sie, wie du siehst.
Und ich sprach: Siehe, Herr, du hast mir große und wunderbare Dinge
gezeigt; und nun zeige mir alles um des Herrn willen. Und der Engel
sprach zu mir: Komm, lass uns vorangehen. Und ich fuhr fort mit dem
Engel von diesem Ort etwa einhundertachtundachtzig Tage-Reisen
zurückzulegen. Und er zeigte mir eine Ebene und eine Schlange, die
schien zweihundert Plethra in der Länge zu sein. Und er zeigte mir den
Hades, und seine Erscheinung war finster und abscheulich. Und ich sagte,
Wer ist dieser Drache, und wer ist dieses Monster um ihn herum? Und der
Engel sprach: Der Drache ist der, der die Leichen derer verzehrt, die ihr
Leben boshaft verbringen, und er wird von ihnen ernährt. Und das ist
Hades, was auch ihm sehr ähnlich ist, dass er auch eine Elle tief aus dem
Meer trinkt, die überhaupt nicht sinkt. Baruch sagte: Und wie kommt es
dazu? Und der Engel sprach: Höre, der Herr, Gott, machte
dreihundertundsechzig Flüsse, deren Häupter alle aus Alphias, Abyrus und
Gericus sind. Und deswegen sinkt das Meer nicht. Und ich sagte: Zeige
mir, was der Baum ist, der Adam in die Irre geführt hat. Und der Engel
sprach zu mir: Es ist der Weinstock, den der Engel Sammael gepflanzt hat,
wo der Herr Gott zornig war und verfluchte ihn und seine Pflanze, und
auch deshalb erlaubte er es Adam nicht, ihn zu berühren. Der Teufel, der
neidisch war, betrog ihn durch seinen Weinstock. Und ich, Baruch, sprach:
Da auch der Weinstock die Ursache eines solchen Bösen war und unter
dem Gerichte des Fluches Gottes steht und die Zerstörung des
Erstgeborenen ist, wie ist er jetzt so nützlich? Und der Engel sprach: Du
fragst mit Recht. Als Gott die Sintflut auf die Erde brachte und alles
Fleisch und vierhundertneuntausend Giganten vernichtete, und das Wasser
stieg fünfzehn Ellen über den höchsten Bergen, da trat das Wasser ins
Paradies und zerstörte jede Blume; aber es entfernte sich ganz ohne die
Schranke des Weinstocks und warf ihn nach draußen. Und als die Erde aus
dem Wasser erschien und Noah aus der Arche kam, fing er an, die Pflanzen
zu pflanzen, die er gefunden hatte. Aber er fand auch den Keim des
Weinstocks; und er nahm ihn und dachte bei sich selbst: Was ist denn das?
Und ich kam und sprach zu ihm, was das betrifft. Und er sprach: Soll ich
ihn pflanzen, oder was soll ich tun? Da Adam dadurch zerstört wurde, will
ich nicht auch mit dem Zorn Gottes umgehen. Und indem er diese Worte
sprach, betete er, dass Gott ihm offenbare, was er tun sollte. Und als er das
Gebet, das vierzig Tage dauerte, vollbracht hatte und viel geweint hatte,
sprach er: Herr, ich flehe dich an, mir zu zeigen, was ich mit dieser Pflanze
tun soll. Aber Gott sandte seinen Engel Sarasael und sprach zu ihm: Steh
auf, Noah, und pflanze den Weinstock, denn so spricht der Herr: Seine
Bitterkeit wird in Süße verwandelt werden, und sein Fluch wird ein Segen
werden, und daraus wird das Blut Gottes werden; und wie durch ihn die
menschliche Rasse Verdammung erhielt, so wieder durch Jesus Christus
den Immanuel empfangen sie in ihm die den Aufwärtsruf und den Eingang
ins Paradies. So wusste Baruch, dass Adam durch diesen Baum die
Verurteilung erhielt und von der Herrlichkeit Gottes entbunden wurde, so
auch die Menschen, die jetzt den Wein trinken, der daraus gezeugt wurde,
ja, unersättlich trinken, schlechter als Adam sind und weit entfernt sind
von der Herrlichkeit Gottes und sich dem ewigen Feuer ergeben. Denn
kein Gutes kommt durch ihn. Denn wer ihn trinkt, der tut nichts Gutes, und
der Bruder erbarmt sich seines Bruders nicht, noch ein Vater seines
Sohnes, noch der Kinder ihre Eltern, aber aus dem Wein trinken alle Übel,
wie Morde, Ehebrüche, Hurerei, Diebstähle und dergleichen. Und nichts
Gutes wird dadurch begründet.
Und ich sprach zu dem Engel: Lass mich dich fragen, Herr. Da du mir
gesagt hast, dass der Drache eine Elle tief aus dem Meere trinkt, sage mir
auch, wie groß ist sein Bauch? Und der Engel sprach: Sein Bauch ist der
Hades; und so weit ein Sturz von dreihundert Mann geworfen wird, so
groß ist sein Bauch. Komm, damit ich dir noch größere Werke zeigen kann
als diese.
Und er nahm mich und führte mich dahin, wo die Sonne ausgeht; und er
zeigte mir einen Wagen und vier Räder, unter welchen ein Feuer brannte,
und in dem Wagen saß ein Mann, der eine Krone des Feuers trug, und der
Wagen wurde von vierzig Engeln gezogen. Und siehe, ein Vogel krähte vor
der Sonne, neun mal drei Ellen weit weg. Und ich sprach zum Engel: Was
ist dieser Vogel? Und er sprach zu mir: Das ist der Hüter der Erde. Und ich
sprach: Herr, wie ist er der Hüter der Erde? Lehre mich. Und der Engel
sprach zu mir: Dieser Vogel fliegt neben der Sonne, und seine Flügel
erweitern ihre feurigen 6 Strahlen. Denn wenn er sie nicht empfangen
würde, würde die menschliche Rasse nicht erhalten bleiben, noch irgend
ein anderes lebendes Wesen. Aber Gott hat diesen Vogel dazu ernannt. Und
er erweiterte seine Flügel, und ich sah auf seinem rechten Flügel sehr
große Briefe, so groß wie der Raum einer Tenne, die Größe von ungefähr
viertausend Modii; und die Briefe waren aus Gold. Und der Engel sprach
zu mir: Lies sie. Und ich las und sie lauteten so: Weder Erde noch Himmel
bringen mich hervor, aber Flügel des Feuers bringen mich hervor. Und ich
sprach: Herr, was ist dieser Vogel, und wie ist sein Name? Und der Engel
sprach zu mir: Sein Name heißt Phönix. Und ich sagte: Und was isst er?
Und er sprach zu mir: Das Manna des Himmels und den Tau der Erde. Und
ich sagte: Scheidet der Vogel etwas aus? Und er sprach zu mir: Er scheidet
einen Wurm aus, und der Kot des Wurms ist Zimt, den Könige und Fürsten
gebrauchen. Aber warte, und du wirst die Herrlichkeit Gottes sehen. Und
während er sich mit mir unterhielt, war es wie ein Donnerklatschen, und
der Platz war erschüttert, auf dem wir standen. Und ich fragte den Engel:
Mein Herr, was ist das für ein Geräusch? Und der Engel sprach zu mir:
Jetzt öffnen die Engel die dreihundertfünfundfünfzig Tore des Himmels,
und das Licht wird von der Finsternis getrennt. Und eine Stimme kam, die
sagte: Licht-Geber, gib der Welt Strahlen. Und als ich das Geräusch des
Vogels hörte, sagte ich: Herr, was ist das für ein Lärm? Und er sprach:
Dies ist der Vogel, der aus dem Schlummer die Hähne auf Erden erweckt.
Denn wie die Menschen durch den Mund sprechen, so bedeutet auch der
Hahn denen in der Welt etwas in seiner eigenen Rede. Denn die Sonne ist
bereit von den Engeln, und der Hahn kräht.
Und ich sprach: Und wo fängt die Sonne ihre Arbeit an, nachdem der Hahn
kräht? Und der Engel sprach zu mir: Höre hin, Baruch: Alles, was ich dir
zeigte, ist im ersten und zweiten Himmel, und im dritten Himmel geht die
Sonne auf und gibt der Welt Licht. Aber warte, und du sollst die
Herrlichkeit Gottes sehen. Und während ich mich mit ihm unterhielt, sah
ich den Vogel, und er erschien vorne, und wurde immer kleiner, und
endlich erschien er wieder in seiner vollen Größe. Und hinter ihm sah ich
die strahlende Sonne und die Engel, die sie zogen, und eine Krone auf
seinem Kamm, dessen Blick wir nicht sehen konnten, und siehe, und
sobald die Sonne schien, streckte der Phönix auch seine Flügel aus. Aber
ich, als ich so große Herrlichkeit erblickte, wurde von großer Angst
niedergeworfen, und ich floh und versteckte mich unter den Flügeln des
Engels. Und der Engel sprach zu mir: Fürchte dich nicht, Baruch, sondern
warte, und du sollst auch ihre Umgebung sehen.
Und er nahm mich und führte mich nach Westen; und als die Zeit der
Einkehr kam, sah ich wieder den Vogel, der vor ihm her kam, und sobald
ich lauerte, sah ich die Engel, und sie hoben die Krone von seinem Kopfe.
Aber der Vogel stand erschöpft und mit Flügeln zusammengefaltet. Und
als ich dies sah, sprach ich: Herr, warum haben sie die Krone vom Kopfe
der Sonne erhoben, und weshalb ist der Vogel so erschöpft? Und der Engel
sprach zu mir: Die Krone der Sonne, wenn sie durch den Tag gegangen ist,
nehmen vier Engel und tragen sie bis zum Himmel und erneuern sie, weil
sie und ihre Strahlen auf der Erde verunreinigt worden sind; außerdem
wird sie jeden Tag so erneuert. Und ich, Baruch, sprach: Herr, und warum
sind ihre Strahlen auf Erden verunreinigt worden? Und der Engel sprach
zu mir: Weil sie die Gesetzlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen
sah, nämlich Hurerei, Ehebruch, Diebstähle, Erpressungen, Götzendiener,
Trunkenheit, Morde, Streit, Eifersucht, böse Reden, Murmeln, Flüstern,
die Gott nicht wohlgefällig sind. Wegen dieser Dinge ist sie verunreinigt,
und deshalb wird sie erneuert. Aber du fragst nach dem Vogel, wie es
erschöpft ist. Denn indem er die Strahlen der Sonne durch das Feuer und
die brennende Hitze des ganzen Tages zurückhält, wird ere dadurch
erschöpft. Denn, wie wir vorher sagten, es sei denn, dass seine Flügel die
Strahlen der Sonne abschirmten, so würde kein lebendiges Geschöpf
bewahrt werden.
Und sie zogen sich zurück, und es fiel die Nacht ein, und zugleich kam der
Wagen des Mondes zusammen mit den Sternen. Und ich, Baruch, sprach:
Herr, zeige mir auch, ich flehe dich an, wie es fortgeht, wo es hingeht, und
in welcher Form es sich bewegt. Und der Engel sprach: Warte, und du
wirst es bald sehen. Und morgens sah ich es auch in der Gestalt einer Frau
und die saß auf einem mit Rädern versehenen Wagen. Und es waren vor
ihr Ochsen und Lämmer am Wagen und eine Menge von vier Engeln in
gleicher Weise. Und ich sprach: Herr, was sind die Ochsen und die
Lämmer? Und er sprach zu mir: Sie sind Engel. Und wieder fragte ich:
Warum ist es auf einmal erhöht, aber bei einem anderen Mal gesunken?
Und er sprach zu mir: Baruch, das, was du sahst, war von Gott so schön
geschrieben wie kein anderes. Und bei der Übertretung des ersten Adam
war es Sammael nahe, als er die Schlange zum Kleid nahm. Und es
verbarg sich nicht, sondern vermehrte sich, und Gott war wütend darauf
und bedrängte es und verkürzte seine Tage. Und ich sagte: Und wie
leuchtet es nicht auch immer, sondern nur in der Nacht? Und der Engel
sprach: Hör zu: Wie in der Gegenwart eines Königs können die Höflinge
nicht frei sprechen, so können der Mond und die Sterne nicht vor der
Sonne leuchten; denn die Sterne sind immer suspendiert, aber sie sind von
der Sonne abgeschirmt, und der Mond, obwohl er unverletzt ist, wird von
der Hitze der Sonne verbraucht.
Und als ich das alles vom Erzengel erfuhr, nahm er mich und führte mich
in einen vierten Himmel. Und ich sah eine monotone Ebene und in der
Mitte ein Wasserbecken. Und darin waren viele Vögel aller Art, aber nicht
wie die hier auf Erden. Aber ich sah einen Kranich so groß wie große
Ochsen; und alle Vögel waren über die Vögel in der Welt groß. Und ich
fragte den Engel: Was ist die Ebene, und was der Teich, und was die
Massen von Vögeln um ihn herum? Und der Engel sprach: Höre, Baruch:
Die Ebene, in der sich der Teich und andere Wunder befinden, ist der Ort,
an den die Seelen der Gerechten kommen, wenn sie sich unterhalten, in
Chören zusammenlebend. Aber das Wasser ist das, was die Wolken
empfangen und regnen auf der Erde, und die Früchte wachsen. Und ich
sprach wieder zu dem Engel des Herrn: Was sind denn diese Vögel? Und
er sprach zu mir: Sie sind die, die fortwährend den Herrn loben. Und ich
sprach: Herr, und wie sagen die Menschen, dass das Wasser, das im Regen
regnet, aus dem Meer kommt? Und der Engel sprach: Das Wasser, das im
Regen sinkt, das ist auch vom Meer und von den Wassern auf Erden; aber
das, was die Früchte anregt, ist nur von letzterer Quelle. So wisse nun,
dass aus dieser Quelle der sogenannte Tau des Himmels ist.
Und der Engel nahm mich und führte mich von dort zu einem fünften
Himmel. Und das Tor war geschlossen. Und ich sprach: Herr, ist dieses Tor
nicht offen, dass wir eintreten können? Und der Engel sprach zu mir: Wir
können nicht eintreten, bis Michael kommt, der die Schlüssel des
Königreichs des Himmels besitzt; sondern warte, und du wirst die
Herrlichkeit Gottes sehen. Und es war ein großer Ton, wie Donner. Und
ich sagte: Herr, was ist das für ein Geräusch? Und er sprach zu mir: Auch
jetzt kommt Michael, der Oberbefehlshaber der Engel, herab, um die fünf
Gebete der Menschen zu empfangen. Und siehe, eine Stimme kam: Mögen
die Tore geöffnet werden. Und sie öffneten sie, und es war ein Dröhnen
wie Donner. Und Michael kam, und der Engel, der bei mir war, trat vor das
Gesicht und sprach: Heil, mein Oberbefehlshaber und all unserer Ordnung.
Und der Oberbefehlshaber Michael sprach: Gegrüßet seist du auch, unser
Bruder, und der Ausleger der Offenbarungen denen, die durch das Leben
leben und tugendhaft sind. Und da sie sich so gegrüßt hatten, standen sie
still. Und ich sah den Oberbefehlshaber Michael und er hielt ein sehr
großes Schiff; seine Tiefe war so groß wie die Entfernung vom Himmel
zur Erde und ihre Breite so groß wie die Entfernung von Norden nach
Süden. Und ich sprach: Herr, was ist das, was Michael der Erzengel hält?
Und er sprach zu mir: Hier sind die Verdienste der Gerechten und solche
guten Werke, die vor den himmlischen Gott geleitet werden.
Und als ich mich mit ihnen unterhielt, siehe, die Engel kamen voller
Blumen. Und sie gaben sie Michael. Und ich fragte den Engel: Herr, wer
sind diese, und was sind die Dinge, die hierher gebracht wurden? Und er
sprach zu mir: Das sind Engel, die über die Gerechten sind. Und der
Erzengel nahm die Körbe und warf sie in das Gefäß. Und der Engel sprach
zu mir: Diese Blumen sind die Verdienste der Gerechten. Und ich sah
andere Engel, die Körbe trugen, die weder leer noch voll waren. Und sie
begannen zu klagen und wagten nicht, sich zu nahen, weil sie die
Lobpreisungen nicht vollendet hatten. Und Michael rief und sprach:
Kommt her, ihr auch, ihr Engel, bringt, was ihr gebracht habt. Und
Michael war außerordentlich traurig, und der Engel, der mit mir war, auch,
weil sie das Gefäß nicht füllten.
Und dann kamen genauso andere Engel, die weinten und klagten und
sprachen mit Furcht: Siehe, wir sind überwunden, Herr, denn wir wurden
zu den Bösen geschickt, und wir wollten von ihnen weichen. Und Michael
sprach: Ihr könnt nicht von ihnen weichen, damit der Feind das Ende nicht
überwinden kann; sondern sagt mir, was ihr fragt. Und sie sprachen: Wir
bitten dich, Michael, unser Oberbefehlshaber, uns von ihnen zu befreien,
denn wir können nicht mit bösen und törichten Menschen bleiben, denn es
gibt nichts Gutes in ihnen, sondern jede Art von Ungerechtigkeit und Gier.
Denn wir sehen nicht, daß sie in der Kirche überhaupt sind, noch bei den
geistigen Vätern, noch irgendein gutes Werk tun. Aber wo es Mord gibt, da
sind sie in der Mitte, und wo sind Hurerei, Ehebruch, Diebstähle,
Verleumdungen, Vorurteile, Eifersucht, Trunkenheit, Streit, Neid, Murren,
Flüstern, Götzendienst, Wahrsagung und dergleichen Arbeiter solcher
Werke, und von anderen schlimmeren. Darum bitten wir darum, von ihnen
weichen zu dürfen. Und Michael sprach zu den Engeln: Wartet, bis ich
vom Herrn erfahre, was geschehen soll.
Und in derselben Stunde verließ Michael uns, und die Türen waren
verschlossen. Und es war ein Geräusch wie Donner. Und ich fragte den
Engel: Was ist der Ton? Und er sprach zu mir: Michael zeigt die Verdienste
der Menschen Gott.
Und in derselben Stunde stieg Michael hinab, und das Tor wurde geöffnet;
und er brachte Öl. Und für die Engel, die die Körbe brachten, die voll
waren, füllte er sie mit Öl und sprach: Nehmt es mit, belohnt unsere
Freunde hundertfältig, und diejenigen, die mühevoll gute Werke geleistet
haben. Denn diejenigen, die Tugend gesät haben, ernten auch Tugend. Und
er sprach zu denen, die die halb leeren Körbe holten: Nehmt die
Belohnung, wie ihr sie gebracht, und liefert sie an die Söhne der
Menschen. Dann sprach er auch zu denen, die das Vollende, und zu denen,
die die halb leeren Körbe brachten: Geht hin und segnet unsere Freunde
und sprecht zu ihnen: So spricht der Herr: Ihr seid treu über ein paar
Dinge; über viele Dinge; geht ein in die Freude eures Herrn.
Und er wandte sich auch zu denen, die nichts brachten: So spricht der
Herr: Seid nicht traurig von Gesicht und weint nicht und lasst die Söhne
der Menschen nicht allein. Aber da sie mich in ihren Werken ärgerten, geht
und macht sie neidisch und wütend und mit einem Volk provoziert sie, das
kein Volk ist, Menschen, die kein Verständnis haben. Ferner sendet ihr die
Raupe und die Heuschrecke und den Mehltau und die gemeine
Heuschrecke und Blitz und Zorn, und straft sie streng mit dem Schwert
und mit dem Tode und ihre Kindern mit Dämonen. Denn sie hörten nicht
auf meine Stimme, noch beachteten sie meine Gebote und taten sie nicht,
sondern waren Verächter meiner Gebote und unverschämt gegenüber den
Priestern, die ihnen meine Worte verkündeten.
Und als er noch redete, war die Tür geschlossen, und wir zogen zurück.
Und der Engel nahm mich und stellte mich wieder auf die Stelle, wo ich
am Anfang war. Und da ich zu mir gekommen war, gab ich Gott den
Ruhm, der mich so für würdig erachtete. Warum auch ihr Brüder, die solch
eine Offenbarung erlangt haben, auch ihr Gott verherrlichen sollt, damit er
euch auch heute und immer und in Ewigkeit verherrlicht. Amen.

Das Evangelium nach Petrus

Aber von den Juden wusch sich keiner seine Hände, weder Herodes noch
einer seiner Richter. Und da sie sich nicht waschen wollten, stand Pilatus
auf. Und Herodes, der König, befiehlt dem Herrn, weggenommen zu
werden, nachdem er ihnen gesagt hat: Was ich euch befohlen habe, tut.
Aber Josef, der Freund des Pilatus und des Herrn, hatte dort gestanden;
und als er wusste, dass sie ihn kreuzigten, kam er vor Pilatus und forderte
den Leichnam des Herrn zur Beerdigung. Und Pilatus, der zu Herodes
gesandt hatte, bat um seinen Leib. Und Herodes sagte: Bruder Pilatus,
wenn auch niemand ihn erbeten hätte, hätten wir ihn begraben, da ja der
Sabbat dämmert. Denn im Gesetz steht geschrieben: Die Sonne soll nicht
über einem Toten untergehen.
Und er gab ihn dem Volke vor dem ersten Tage ihres Festes des
ungesäuerten Brotes. Da sie aber zu dem Herrn eilten, rannten sie und
bedrängten ihn und sprachen: Lasst den Sohn Gottes nehmen, da wir die
Macht über ihn haben. Und sie kleideten ihn mit Purpur und setzten ihn
auf einen Stuhl des Gerichts und sprachen: Richte gerecht, König von
Israel. Und ein bestimmter von ihnen, nachdem er eine dornige Krone
gebracht hatte, legte sie auf das Haupt des Herrn. Und andere, die dort
standen, spuckten in sein Gesicht, und andere schlugen seine Wangen.
Andere bedrängten ihn mit einem Rohr; und einige riefen ihn und
sprachen: Mit solcher Ehre lasst uns den Sohn Gottes ehren!
Und sie brachten zwei Ungerechte und kreuzigten den Herrn in der Mitte
von ihnen. Aber er schweigt, ohne Schmerzen zu haben. Und als sie das
Kreuz aufrecht gestellt hatten, schrieben sie: Das ist der König Israels.
Und nachdem er seine Kleider vor ihnen abgelegt hatte,verteilten sie sie
und warfen die Würfel darum. Einer dieser Ungerechten schimpfte und
sprach: Wir leiden also wegen des Unrechts, das wir getan haben; aber
dieser, der Mensch geworden ist, was für eine Ungerechtigkeit hat er
getan? Da sie sich über ihn geärgert hatten, befahlen sie, dass ihm kein
Bein gebrochen werden sollte, damit er gedemütigt würde.
Aber es war Mittag, und die Finsternis hielt ganz Judäa fest; Und sie waren
ängstlich und besorgt, weil die Sonne noch nicht da war, da er noch lebte.
Für sie steht geschrieben: Lass nicht die Sonne über einen Toten
untergehen. Und einer von ihnen sprach: Gib ihm Galle mit Weinessig.
Und nachdem sie eine Mischung gemacht hatten, gaben sie ihm zu trinken.
Und sie erfüllten alle Dinge und vervollständigten die Sünden auf ihrem
eigenen Kopf. Viele aber gingen mit Lampen umher und dachten, es sei
Nacht, und fielen. Und der Herr schrie auf und sprach: Meine Kraft, du
hast mich verlassen! Und nachdem er dies gesagt hatte, wurde er
aufgenommen.
Und zu derselben Zeit wurde der Vorhang des Jerusalemer Heiligtums in
zwei zerrissen. Und sie zogen die Nägel aus den Händen des Herrn und
legten ihn auf die Erde; und die ganze Erde wurde erschüttert, und eine
große Furcht kam zustande. Da schien die Sonne, und es wurde die neunte
Stunde gefunden. Und die Juden freuten sich und gaben Josef seinen Leib,
dass er ihn begraben sollte, da er einer war, der die vielen guten Dinge
gesehen hatte, die er tat. Und nachdem er den Herrn genommen hatte,
wusch er ihn und band ihn mit einem Leinentuch und brachte ihn in sein
Grab, den Garten Josefs.
Da sprachen die Juden und die Ältesten und die Priester, nachdem sie
erfahren hatten, wieviel Unrecht sie selbst getan hatten, sie schlugen sich
und zu sagten: Wehe unseren Sünden. Das Gericht hat sich dem Ende
Jerusalems zugewandt. Ich aber mit den Gefährten war traurig; und
nachdem wir im Geiste verwundet worden waren, verbargen wir uns, denn
wir wurden von ihnen als Ungläubige gesucht und als wollten wir das
Heiligtum in Brand setzen. Zusätzlich zu all diesen Dingen fasteten wir;
Und wir saßen in Trauer und weinten Tag und Nacht bis zum Sabbat.
Da aber die Schriftgelehrten und Pharisäer und Ältesten untereinander
versammelt waren, hörten sie, dass das ganze Volk brüllte und schlug ihre
Brüste und sprach: Wenn bei seinem Tode diese großen Zeichen
geschehen, siehe, fürchteten sie sich vor Pilatus und bettelten ihn an und
sprachen: Gib uns Soldaten, damit wir seinen Begräbnisort für drei Tage
bewachen können, damit seine Jünger nicht kommen, weil seine Jünger
ihn stehlen wollen, dass die Menschen dann akzeptieren, dass er aus dem
Tode auferstanden sei, und sie tun uns übel. Aber Pilatus gab ihnen
Petronius, den Zenturio, mit Soldaten, das Grab zu bewachen. Und mit
diesen kamen die Ältesten und Schriftgelehrten zum Begräbnis. Und als er
einen großen Stein gerollt hatte, legten ihn alle, die dort waren, zusammen
mit dem Hauptmann und den Soldaten vor die Tür des Grabes. Und sie
markierten es mit sieben Wachssiegeln; und nachdem sie dort ein Zelt
aufgeschlagen hatten, sicherten sie es. Schon früh, als der Sabbat
dämmerte, kam eine Menge aus Jerusalem und der Umgebung, um das
versiegelte Grab zu sehen.
Aber in der Nacht, in der der Tag des Herrn anbrach, als die Soldaten ihn
bei jeder Wache zweimal bewachten, herrschte eine laute Stimme im
Himmel; und sie sahen, dass der Himmel geöffnet war, und dass zwei
Männer, die viel Glanz hatten, von dort heruntergekommen und nahe an
das Grab gekommen waren. Aber der Stein, der vor die Tür geschoben
worden war, hat sich von selbst weggerollt und entfernte sich zur Seite;
und das Grab öffnete sich, und beide jungen Männer traten ein. Und so
erweckten die Soldaten, nachdem sie das gesehen hatten, den Hauptmann
und die Ältesten, denn auch sie waren anwesend und bewachten. Und als
sie das sahen, was sie gesehen hatten, sahen sie wieder drei Männer, die
aus dem Grabe herausgekommen waren, und die beiden stützten den
anderen, und ein Kreuz folgte ihnen und das Haupt der beiden reichte zum
Himmel, aber die des einen, der von einer Hand herausgeführt wird, über
den Himmel hinausging. Und sie hörten eine Stimme vom Himmel und
sprachen: Habt ihr den Gefallenen eine Proklamation gegeben? Und vom
Kreuz hörte man eine Ehrerbietung: Ja.
Und so suchten diese Leute eine gemeinsame Perspektive, um wegzugehen
und diese Dinge Pilatus klar zu machen; und während sie es noch
durchdachten, tauchten wieder die eröffneten Himmel auf und ein gewisser
Mensch kam herab und trat in die Grabstätte ein. Nachdem sie diese Dinge
gesehen hatten, eilten die um den Zenturio in der Nacht vor Pilatus,
nachdem sie das Grabmal verlassen hatten, das sie bewachten, und
beschrieben all die Dinge, die sie tatsächlich gesehen hatten, quälend, und
sagend: Wahrlich, er war Gottes Sohn.
Da antwortete Pilatus: Ich bin rein von dem Blut des Sohnes Gottes, aber
es war für euch, dass dies geschah.
Da standen alle, die hergekommen waren, bettelnd und ermahnten ihn,
dem Hauptmann und den Soldaten zu befehlen, niemandem zu sagen, was
sie gesehen hatten.
Denn, sagten sie, es ist besser für uns, die Schuld der größten Sünde in den
Augen Gottes zu schulden, als in die Hände des jüdischen Volkes zu fallen
und gesteinigt zu werden. Pilatus aber befahl dem Hauptmann und den
Soldaten, nichts zu sagen.
In der Morgendämmerung des Herrn hatte Maria Magdalena, ein
weiblicher Jünger des Herrn, wegen der Juden Angst, da sie vor Zorn
entzündet waren, so war sie nicht am Grab des Herrn gewesen, wie die
Frauen es gewohnt waren für den von ihnen geliebten Toten, der sie mit
ihren Freundinnen aufgenommen hatte, und sie kam zum Grab, wo er
hingelegt worden war. Und sie fürchteten sich, dass die Juden sie nicht
sehen sollten und sprach: Wenn wir an jenem Tag, an dem er gekreuzigt
wurde, nicht weinen und uns selbst schlagen konnten, so können wir doch
jetzt es an seinem Grab tun. Wer aber wird uns den Stein, der vor die Tür
des Grabes gelegt ist, wegrollen, damit wir, nachdem wir eingetreten sind,
neben ihm sitzen und die erwarteten Dinge tun können? Denn der Stein
war groß, und wir fürchteten, dass uns niemand sehen würde. Und wenn
wir nicht in der Lage sind, lasst uns an die Tür werfen, was wir in
Erinnerung an ihn herbeibringen; lasst uns weinen und uns schlagen, bis
wir zu uns kommen.
Und nachdem sie gegangen waren, fanden sie das Grabmal geöffnet. Und
nachdem sie gekommen waren, bückten sie sich dort und sahen dort einen
gewissen jungen Mann, der in der Mitte des Grabes saß, freundlich und
bekleidet mit einem herrlichen Gewand, der zu ihnen sagte: Warum bist du
gekommen? Wen suchst du? Nicht denjenigen, der gekreuzigt wurde? Er
ist auferstanden und weggegangen. Aber wenn du nicht glaubst, beuge
dich und siehe den Ort, wo er lag, weil er nicht hier ist. Denn er ist
auferstanden und ist dorthin gegangen, woher er gesandt wurde. Da flohen
die Frauen erschrocken.
Nun war es der letzte Tag des ungesäuerten Brotes; und viele gingen in
ihre Heimat zurück, seit das Fest zu Ende war. Aber wir zwölf Jünger des
Herrn waren weinend und traurig; und jeder, der traurig war wegen dem,
was geschehen war, ging nach Hause. Aber ich, Simon Petrus, und mein
Bruder Andreas, die wir unsere Netze genommen hatten, gingen zum
Meer.

3
Philippus-Evangelium

Ein Hebräer macht einen anderen Hebräer, und solch eine Person wird
"Proselyt" genannt. Aber ein Proselyt macht keinen anderen Proselyten.
[...] so wie sie selbst [...] und andere machen, während andere einfach
existieren.
Der Sklave sucht nur frei zu sein, aber er hofft nicht, den Besitz seines
Herrn zu erwerben. Aber der Sohn ist nicht nur ein Sohn, sondern hat
Anspruch auf das Erbe des Vaters. Die Erben der Toten sind selbst tot, und
sie beerben die Toten. Diejenigen, die Erben des Lebendigen sind, sind
lebendig, und sie sind Erben sowohl für das Lebende als auch für das Tote.
Die Toten sind Erben von nichts. Denn wie kann der, der tot ist, erben?
Wenn er, der tot ist, erbt, was lebt, wird er nicht sterben, sondern wer tot
ist, wird noch mehr leben.
Ein Heide stirbt nicht, denn er hat nie gelebt, dass er sterben könnte. Wer
an die Wahrheit glaubt, hat das Leben gefunden, und dieser ist in Gefahr
zu sterben, denn er lebt. Seit Christus kam, wurde die Welt geschaffen, die
Städte geschmückt, die Toten heraufgeführt. Als wir Hebräer waren, waren
wir Waisen und hatten nur unsere Mutter, aber als wir Christen wurden,
hatten wir Vater und Mutter.
Die, die im Winter säen, ernten im Sommer. Der Winter ist die Welt, der
Sommer der andere Äon. Lasst uns säen in der Welt, dass wir im Sommer
ernten können. Aus diesem Grund ist es passend für uns, nicht im Winter
zu beten. Der Sommer folgt dem Winter. Wenn aber ein Mensch im Winter
ernten wird, wird er nicht ernten, sondern nur pflücken, da er keine Ernte
für eine solche Person zur Verfügung hat. Es ist nicht nur [...], dass es [...]
kommt, sondern auch am Sabbat [...] ist es unfruchtbar.
Christus kam, um einige zu erlösen, andere zu retten, andere zu befreien.
Er löschte die Fremden aus und machte sie zu seinem Besten. Und er
setzte sein Eigentum auseinander, das er als Pfand nach seinem Plan gab.
Es war nicht nur so, als er erschien, dass er freiwillig sein Leben
niederlegte, sondern freiwillig legte er sein Leben nieder von dem Tag an,
an dem die Welt entstand. Dann kam er erst, um es zu nehmen, da es als
ein Pfand gegeben worden war. Es fiel in die Hände von Räubern und
wurde gefangengenommen, aber er rettete es. Er erlöst die guten
Menschen der Welt und die bösen.
Licht und Finsternis, Leben und Tod, Rechts und Links, sind Brüder. Sie
sind unzertrennlich. Darum sind weder das Gute noch das Böse, noch das
Leben noch der Tod. Aus diesem Grund wird sich jeder in seinen frühesten
Ursprung auflösen. Aber diejenigen, die über die Welt erhaben sind, sind
unauflöslich, ewig.
Die Namen, die den Weltlichen gegeben werden, sind sehr trügerisch, denn
sie lenken unsere Gedanken vom Richtigen ab auf das Unrichtige hin.
Derjenige, der das Wort "Gott" hört, bemerkt nicht, was richtig ist, sondern
nimmt wahr, was falsch ist. So auch mit "dem Vater" und "dem Sohn" und
"dem Heiligen Geist" und "Leben" und "Licht" und "Auferstehung" und
"Kirche" und alle anderen werden nicht wahrgenommen, wie es richtig ist
Aber sie nehmen wahr, was falsch ist, wenn sie nicht erfahren haben, was
richtig ist. Die Namen, die gehört werden, sind in der Welt [...] um zu
täuschen. Wenn sie im Äon wären, würden sie zu keinem Zeitpunkt als
Namen in der Welt verwendet werden. Auch waren sie nicht unter
weltlichen Dingen. Sie haben ein Ende im Äon.
Ein einziger Name ist nicht in der Welt geäußert, der Name, den der Vater
dem Sohn gab; es ist der Name vor allem: der Name des Vaters. Denn der
Sohn würde nicht Vater werden, wenn er nicht den Namen des Vaters
trüge. Diejenigen, die diesen Namen kennen, wissen es aber nicht. Aber
diejenigen, die ihn nicht haben, wissen es nicht.
Aber die Wahrheit brachte die Namen in die Existenz in der Welt um
unseretwillen, weil es nicht möglich ist, die Wahrheit ohne diese Namen zu
lernen. Die Wahrheit ist eine einzige Sache; Sie ist viele Dinge und für
unser Heil zu lehren, über diese eine Sache ist in der Liebe durch viele
Dinge. Die Herrscher wollten den Menschen täuschen, da sie sahen, dass
er eine Verwandtschaft mit denen hatte, die wirklich gut sind. Sie nahmen
die Namen der Guten und gaben sie denen, die nicht gut sind, damit sie
durch die Namen sie täuschen und sie an diejenigen, die nicht gut sind,
binden. Und danach, was für einen Gefallen tun sie für sie! Sie treiben sie
weg von denen, die nicht gut sind, und sie treiben sie zu denen, die gut
sind. Diese Dinge kannten sie, denn sie wollten den freien Menschen
nehmen und ihn für immer zu einem Sklaven machen.
Das sind Mächte, die [...] dem Menschen nicht wünschen, dass er gerettet
werde, damit er [...]. Denn wenn der Mensch gerettet wird, wird es keine
Opfer geben und die Tiere werden den Mächten nicht geopfert. Tatsächlich
waren die Tiere jene, denen sie opferten. Sie wurden in der Tat lebendig
geopfert, aber wenn sie sie geopfert wurden, starben sie. Wie für den
Menschen, man Gott Totes an, und der Mensch lebte.
Bevor Christus kam, gab es kein Brot in der Welt, so wie das Paradies, der
Ort, wo Adam war, viele Bäume hatte, die Tiere zu nähren, aber keinen
Weizen, um den Menschen zu erhalten. Der Mensch nährte sich wie die
Tiere, aber als Christus kam, der vollkommene Mensch, brachte er Brot
vom Himmel, damit der Mensch mit dem Essen des Menschen genährt
werden kann. Die Herrscher dachten, dass es durch ihre eigene Macht und
ihren Willen war, dass sie taten, was sie taten, aber der Heilige Geist im
Geheimnis vollbrachte alles durch sie, wie er es wünschte. Die Wahrheit,
die seit dem Anfang existiert, wird überall gesät. Und viele sehen sie gesät,
aber wenige sind es, die sehen, dass sie geerntet wird.
Einige sagten: Maria, die vom Heiligen Geist empfangen hat. Sie sind im
Irrtum. Sie wissen nicht, was sie sagen. Wann hat eine Frau jemals von
einer Frau empfangen? Maria ist die Jungfrau, die von keiner Macht
verunreinigt wurde. Sie ist ein großer Anathema für die Hebräer, die die
Apostel und die apostolischen Menschen sind. Diese Jungfrau, die von
keiner Macht verunreinigt wurde [...] die Mächte verunreinigten sich. Und
der Herr hätte nicht gesagt: "Mein Vater, der im Himmel ist", es sei denn,
er hatte einen anderen Vater, sondern er hätte dann einfach gesagt: Mein
Vater.
Der Herr sprach zu den Jüngern: "[...] aus jedem Hause, ins Haus des
Vaters, aber nimm nichts im Hause des Vaters und verschling es nicht!“
"Jesus" ist ein verborgener Name, "Christus" ist ein geoffenbarter Name.
Aus diesem Grund ist "Jesus" nicht für jede Sprache besonders; Vielmehr
wird er immer mit dem Namen "Jesus" bezeichnet. Während „Christus",
auf Syrisch ist es "Messias", auf Griechischen ist es "Christus". Gewiß,
alle anderen haben ihn nach ihrer eigenen Sprache. "Der Nazarener" ist
derjenige, der aufdeckt, was verborgen ist. Christus hat alles in sich, ob
Mann oder Engel oder Geheimnis, und der Vater.
Diejenigen, die sagen, dass der Herr zuerst gestorben und dann
auferstanden ist, sind im Irrtum, denn er stand zuerst auf und dann starb er.
Wenn er nicht zuerst die Auferstehung erlangt, wird er nicht sterben. Wenn
Gott lebt, wird er [...].
Niemand wird ein großes wertvolles Objekt in etwas Großem verbergen,
aber viele Male hat man unzählige Tausende in ein Ding, einen Pfennig
wert, geworfen. Vergleiche die Seele. Es ist eine kostbare Sache, und sie
kam in einen verächtlichen Körper.
Einige haben Angst, dass sie nackt auferstehen. Aus diesem Grund wollen
sie im Fleisch aufsteigen, und sie wissen nicht, dass es diejenigen sind, die
das Fleisch tragen, die nackt sind. Es sind jene, die sich nicht selbst nackt
ausziehen. "Fleisch und Blut sollen das Reich Gottes nicht ererben." Was
ist das, was nicht erben wird? Das ist an uns. Aber was ist das auch, was
erben wird? Es ist das, was Jesus und seinem Blut gehört. Darum sagte er:
"Wer mein Fleisch nicht essen und mein Blut nicht trinken will, hat kein
Leben in sich." Was ist das? Sein Fleisch ist das Wort, und sein Blut ist der
Heilige Geist. Wer diese erhalten hat, hat Nahrung und Trank um Trank.
Ich finde Fehler bei den anderen, die sagen, dass es nicht steigen wird.
Dann sind beide schuldig. Ihr sagt, dass das Fleisch nicht auferstehen wird.
Aber sage mir, was auferstehen wird, damit wir dich ehre. Du sagst, der
Geist im Fleisch, und es ist auch dieses Licht im Fleisch. Aber dies ist auch
eine Sache, die im Fleisch ist, denn was ihr auch sagen werdet, ihr sagt
nichts außerhalb des Fleisches. Es ist notwendig, in diesem Fleisch
aufzustehen, da alles in ihm existiert. In dieser Welt sind diejenigen, die
Kleidungsstücke anziehen, besser als die Kleider. Im Himmelreich sind die
Kleider besser als die, die sie anziehen.
Durch Wasser und Feuer wird der ganze Ort gereinigt, das Sichtbare durch
das Sichtbare, das Verborgene durch das Verborgene. Es gibt einige Dinge,
durch die sichtbaren Dinge verborgen. Es gibt Wasser im Wasser, es ist
Feuer in der Zeit.
Jesus nahm sie alle heimlich an, denn er erschien nicht so, wie er war,
sondern in der Weise, wie sie ihn sehen konnten. Er erschien ihnen allen.
Er erschien den Großen groß. Er erschien dem Kleinen klein. Er erschien
den Engeln als Engel und den Menschen als Mensch. Deshalb verbarg sich
sein Wort vor jedem. Einige sahen ihn und dachten, dass sie sich selbst
sahen, aber als er seinen Jüngern in Herrlichkeit auf dem Berge erschien,
war er nicht klein. Er wurde groß, aber er machte die Jünger groß, damit
sie ihn in seiner Größe sehen konnten.
Er sagte an jenem Tag in der Danksagung: "Ihr, die ihr das vollkommene
Licht mit dem Heiligen Geist verbunden habt, vereinigt auch die Engel mit
uns, als die Bilder." Verachte nicht das Lamm, denn ohne es ist es nicht
möglich, den König zu sehen. Niemand kann in den König eingehen, wenn
er nackt ist.
Der Himmlische hat viel mehr Söhne als der Irdische. Wenn die Söhne
Adams viele sind, obwohl sie sterben, wie viel mehr die Söhne des
vollkommenen Menschen, die nicht sterben, sondern für immer gezeugt
sind. Der Vater zeugt einen Sohn, und der Sohn hat nicht die Macht, einen
Sohn zu zeugen. Denn der Gezeugte hat nicht die Kraft, zu zeugen,
sondern der Sohn bekommt Brüder für sich, nicht Söhne. Alle, die in der
Welt gezeugt sind, werden auf natürliche Weise gezeugt, und die anderen
werden von dem Ort, aus dem sie geboren sind, genährt. Es ist von der
Verheißung des himmlischen Ortes, dass der Mensch Nahrung erhält. [...]
ihm vom Mund. Und wenn das Wort von diesem Ort ausgegangen wäre,
würde es vom Mund genährt werden, und es würde vollkommen werden.
Denn es ist durch einen Kuss, dass die Perfekte konzipierte und gebar. Aus
diesem Grund küssen wir es auch. Wir empfangen die Empfängnis von der
Gnade, die innen ist.
Es waren drei, die immer mit dem Herrn gingen: Maria, seine Mutter, und
ihre Schwester, und Magdalena, diejenige, die seine Gefährtin genannt
wurde. Seine Schwester und seine Mutter und seine Gefährtin waren
jeweils eine Maria.
"Der Vater" und "der Sohn" sind einzelne Namen; "Der Heilige Geist" ist
ein doppelter Name. Denn sie sind überall: sie sind oben, sie sind unten;
sie sind in der Verborgenheit, sie sind in der Offenbarung. Der Heilige
Geist ist in der Offenbarung: er ist unten. Es ist in der Verborgenheit: er ist
oben.
Die Heiligen werden von bösen Mächten bedient, weil sie vom Heiligen
Geist geblendet werden, wenn sie denken, dass sie einem gewöhnlichen
Menschen dienen, wann immer sie dies für die Heiligen tun. Darum
forderte ein Jünger eines Tages etwas von dieser Welt vom Herrn. Er
sprach zu ihm: Bittet eure Mutter, und sie wird euch geben, was das
Andere ist.
Die Apostel sagten zu den Jüngern: "Möge unser gesamtes Opfer Salz
bekommen." Sie nannten Sophia "Salz". Ohne sie ist kein Opfer
akzeptabel. Aber Sophia ist unfruchtbar, ohne Kind. Aus diesem Grund
wird sie "eine Spur von Salz" genannt. Wo auch immer sie auf ihre Weise
[...] wird, der Heilige Geist [...] und ihre Kinder sind viele.
Was der Vater besitzt, gehört dem Sohn, und der Sohn selbst, solange er
klein ist, ist nicht mit dem vertraut, was er ist. Aber wenn er ein Mann
wird, gibt ihm sein Vater alles, was er besitzt.
Die Verirrten, die der Geist hervorgebracht hat, gehen in der Regel auch
wegen des Geistes in die Irre. Durch ein und denselben Atem bricht das
Feuer aus und wird es ausgelöscht.
Echamoth ist eine Sache und Echmoth eine andere Sache. Echamoth ist die
einfache Weisheit, aber Echmoth ist die Weisheit des Todes, die derjenige
hat, der den Tod kennt, der "die kleine Weisheit" genannt wird.
Es gibt Haustiere, wie der Stier und der Esel und andere dieser Art. Andere
sind wild und leben in den Wüsten verstreut. Der Mensch pflügt das Feld
mit den Haustieren, und davon wird er ernährt, er und die Tiere, ob zahm
oder wild. Vergleiche den perfekten Mann. Es ist durch Kräfte, die
unterwürfig sind, dass er pflügt, zur Vorbereitung für alles, was entsteht.
Denn darum steht der ganze Ort fest, ob Gutes oder Böses, das Rechte und
das Linke. Der Heilige Geist hütet alle und regiert alle Mächte, die
"zahmen" und die "wilden", sowie die, die einzigartig sind. Denn er [...]
schließt sie ein, damit [...] sie sich nicht entziehen können.
Er, der geschaffen worden ist, ist schön, aber ihr würdet seine Söhne nicht
edle Kreaturen finden. Wenn er nicht geschaffen, sondern gezeugt worden
wäre, würdest du finden, dass sein Samen edel war. Aber jetzt wurde er
erschaffen und er zeugte. Welcher Adel ist das? Zuerst entstand Ehebruch,
später Mord. Und er wurde gezeugt in Ehebruch, denn er war das Kind der
Schlange. So wurde er ein Mörder, genau wie sein Vater, und er tötete
seinen Bruder. Tatsächlich ist jeder Akt des Geschlechtsverkehrs, der
zwischen den Unähnlichen stattgefunden hat, Ehebruch.
Gott ist ein Färber. Wie die guten Farbstoffe, die "wahr" genannt werden,
mit den von ihnen gefärbten Dingen sich auflösen, so ist es mit denen, die
Gott gefärbt hat. Da seine Farben unsterblich sind, werden sie durch seine
Farben unsterblich. Gott taucht ein, was er in Wasser taucht.
Es ist nicht möglich, dass irgendjemand etwas von den Dingen sieht, die
tatsächlich existieren, wenn er nicht zu ihnen wird. Dies ist nicht der Weg
mit dem Menschen in der Welt: er sieht die Sonne, ohne eine Sonne zu
sein; und er sieht den Himmel und die Erde und alle anderen Dinge, aber
er ist nicht diese Dinge. Das ist ganz im Einklang mit der Wahrheit. Aber
du sahest etwas von diesem Ort, und du wurdest diese Dinge. Du hast den
Geist gesehen, du bist Geist geworden. Du hast Christus gesehen, du
wurdest Christus. Du hast den Vater gesehen, du sollst Vater werden. Also
an diesem Ort siehst du alles und siehst du dich nicht, aber an diesem Ort
siehst du dich selbst, und was du siehst, wirst du werden.
Glaube empfängt, Liebe gibt. Niemand wird ohne Glauben empfangen
können. Niemand wird ohne Liebe geben können. Darum, damit wir
wirklich empfangen können, glauben wir, und um zu lieben, geben wir,
denn wenn man ohne Liebe gibt, hat man keinen Nutzen von dem, was
man gegeben hat. Wer etwas anderes als den Herrn empfangen hat, ist
immer noch ein Hebräer.
Die Apostel, die vor uns waren, hatten diese Namen für ihn: "Jesus, der
Nazarener, der Messias", das heißt "Jesus, der Nazarener, der Christus".
Der letzte Name ist "Christus", der erste ist "Jesus", der in der Mitte ist
"der Nazarener". "Messias" hat zwei Bedeutungen, sowohl "der Christus"
als auch "das Maß". "Jesus" im Hebräischen ist "die Erlösung". "Nazara"
ist "die Wahrheit". "Der Nazarener" ist dann "die Wahrheit". "Christus"
[...] wurde gemessen. "Die Nazarener" und "Jesus" sind die, die gemessen
wurden.
Wenn die Perle in den Schlamm geworfen wird, wird sie verachtet, doch
wird sie mit Balsamöl gesalbt, wird sie kostbarer. Aber sie hat immer Wert
in den Augen des Besitzers. Vergleiche die Söhne Gottes: wo immer sie
auch sind, sie haben immer noch Wert in den Augen ihres Vaters.
Wenn du sagst: "Ich bin ein Jude", wird niemand bewegt werden. Wenn du
sagst: "Ich bin ein Römer", wird niemand gestört werden. Wenn du sagst:
"Ich bin ein Grieche, ein Barbar, ein Sklave, ein freier Mann," niemand
wird beunruhigt sein. Wenn du sagst: "Ich bin ein Christ", [...] wird man
zittern. Würde ich das [...] so, die Person, deren Name [...] man wird nicht
in der Lage sein, das Hören zu ertragen.
Gott ist ein Menschenfresser. Aus diesem Grund werden Menschen ihm
geopfert. Bevor die Menschen geopfert wurden, wurden die Tiere geopfert,
da diejenigen, denen sie geopfert wurden, keine Götter waren.
Glaskrüge und Steinkrüge werden beide durch Feuer hergestellt. Aber
wenn der Glaskrug zerbricht, ist er fertig, denn er entstand durch einen
Atemzug. Wenn der Steinkrug aber zerbricht, wird er zerstört, denn er ist
ohne Atem entstanden.
Ein Esel, der einen Mühlstein umwandelt hat, machte hundert Meilen zu
Fuß. Als es los war, fand er, dass es immer noch an der gleichen Stelle war.
Es gibt Männer, die viele Reisen machen, aber keine Fortschritte zum Ziel
machen. Als der Abend auf sie kam, sahen sie weder Stadt noch Dorf,
weder menschliche Artefakte noch Naturphänomene, weder Macht noch
Engel. Vergeblich haben die Elenden gearbeitet.
Die Eucharistie ist Jesus. Denn er wird im syrischen "Pharisatha" genannt,
der "der Ausbreitende" ist, denn Jesus kam, um die Welt zu kreuzigen.
Der Herr ging in die Farbwerke von Levi. Er nahm zweiundsiebzig
verschiedene Farben und warf sie in den Bottich. Er nahm sie ganz weiß
heraus. Und er sprach: So ist auch der Menschensohn wie ein Färber.
Die Weisheit, die man "die Unfruchtbare" nennt, ist die Mutter der Engel.
Und der Gefährte der [...] Maria Magdalena. [...] liebte sie mehr als alle
Jünger und pflegte sie oft auf den Mund zu küssen. Der Rest der Jünger
[...]. Sie sagten zu ihm: "Warum liebst du sie mehr als alle von uns?" Der
Erretter antwortete und sprach zu ihnen: "Warum lieb ich dich nicht wie
sie? Wenn ein Blinder und ein Seher beide zusammen in der Finsternis
sind, so sind sie nicht verschieden voneinander, aber wenn das Licht
kommt, der Sehende sieht das Licht, und wer blind ist, wird in der
Finsternis bleiben."
Der Herr sprach: Selig ist, wer da ist, ehe er entstanden ist, denn wer da ist,
der ist und war.
Die Überlegenheit des Menschen ist für das Auge nicht offensichtlich, sie
liegt aber in dem, was verborgen ist. Infolgedessen beherrscht er die Tiere,
die stärker sind als er und groß in Bezug auf das Offensichtliche und das
Verborgene. So können sie überleben. Wenn aber der Mensch von ihnen
getrennt ist, töten sie einander und beißen sich gegenseitig. Sie fraßen
einander, weil sie keine Nahrung fanden. Aber jetzt haben sie Nahrung
gefunden, weil der Mensch den Boden bebaut.
Wenn man ins Wasser geht und ohne Etwas empfangen hat und sagt: "Ich
bin ein Christ", hat er den Namen im Interesse sich nur geliehen. Aber
wenn er den Heiligen Geist empfängt, hat er den Namen als Geschenk.
Wer ein Geschenk erhalten hat, muss es nicht zurückgeben, sondern wer
ihm mit Zinsen geliehen hat, der wird es fordern. So geschieht es einem,
wenn er ein Geheimnis erlebt.
Groß ist das Geheimnis der Ehe! Denn ohne sie würde die Welt nicht
existieren. Nun die Existenz der Welt [...], und die Existenz der [...] Ehe.
Denke an die [...] Beziehung, denn sie besitzt [...] Macht. Ihr Bild besteht
aus einer Verunreinigung.
Die Formen des bösen Geistes schließen männliche und weibliche ein. Die
Männchen sind die, die mit den Seelen sich vereinigen, die eine weibliche
Form bewohnen, aber die Weibchen sind die, die mit denen in einer
männlichen Form vermischt werden, wenn einer ungehorsam ist. Und
niemand wird in der Lage sein, ihnen zu entgehen, da sie ihn festhalten,
wenn er keine männliche Macht oder eine weibliche Macht, den
Bräutigam und die Braut empfängt. Man empfängt sie aus der
verspiegelten Brautkammer. Wenn die mutwilligen Frauen ein Männchen
allein sitzen sehen, springen sie auf ihn und spielen mit ihm und
verunreinigen ihn. So auch die geisterhaften Männer, wenn sie eine schöne
Frau allein sitzen sehen, überreden sie sie und zwingen sie und wollen sie
verunreinigen. Aber wenn sie den Mann und seine Frau nebeneinander
sitzen sehen, kann das Weibchen nicht in den Mann kommen, noch kann
das Männchen in die Frau kommen. Wenn also das Bild und der Engel mit
einander vereint sind, so kann auch kein Wagnis in den Mann oder die
Frau eingehen.
Wer aus der Welt kommt und nicht mehr mit der Begründung, dass er in
der Welt war, festzuhalten ist, liegt offenbar über dem Wunsch [...] und der
Angst. Er ist Herr über [...]. Er ist dem Neid überlegen. Wenn [...] kommt,
nehmen sie ihn und erdrosseln ihn. Und wie wird dieser in der Lage sein,
den großen [...] Mächten zu entgehen? Wie wird er in der Lage sein, [...]?
Es gibt einige, die sagen: "Wir sind treu", damit [...] die unreinen Geister
und die Dämonen. Denn wenn sie den Heiligen Geist hätten, würde ihnen
kein unreiner Geist kommen. Fürchtet nicht das Fleisch noch liebt es.
Wenn ihr es fürchtet, wird es euch beherrschen. Wenn ihr es liebt, wird es
euch schlucken und lähmen.
Und so wohnt er entweder in dieser Welt oder in der Auferstehung oder in
der Mitte. Gott bewahre, dass ich dort gefunden werde! In dieser Welt gibt
es Gut und Böse. Ihre guten Dinge sind nicht gut und ihre bösen Dinge
nicht böse. Aber es ist Böses in dieser Welt, die wirklich böse ist, das heißt
"die Mitte". Das ist der Tod. Während wir in dieser Welt sind, ist es
passend für uns, die Auferstehung zu erlangen, damit wir, wenn wir das
Fleisch abstreifen, uns in Ruhe finden und nicht in der Mitte wandeln
müssen. Denn viele gehen auf dem Weg in die Irre. Denn es ist gut, aus der
Welt hervorzugehen, ehe man gesündigt hat.
Es gibt einige, die weder Wille noch Macht haben; Und andere, die, wenn
sie wollen, nicht profitieren; denn sie taten nichts, seitdem [...] sie Sünder
sind. Und wenn sie es nicht wollen, so wird ihnen die Gerechtigkeit in
beiden Fällen entgehen, und es ist immer eine Sache des Willens, nicht der
Tat.
Ein apostolischer Mann in einer Vision sah einige Leute in einem
Feuerhaus verschlossen und mit einem feurigen [...], [...] flammenden [...]
aufrecht erhalten. Und er sprach zu ihnen: Kann [...] gerettet werden? [...],
Sie haben es nicht gewollt, [...] die Strafe, die sogenannte [...] Finsternis,
weil er [...].
Es ist aus Wasser und Feuer, dass die Seele und der Geist entstanden. Es ist
aus Wasser und Feuer und Licht, dass der Sohn der Braut-Kammer
entstanden. Das Feuer ist das Christsein, das Licht ist das Feuer. Ich
beziehe mich nicht auf das Feuer, das keine Gestalt hat, sondern auf das
andere Feuer, dessen Gestalt weiß ist, die hell und schön ist und die
Schönheit zeigt.
Die Wahrheit kam nicht nackt in die Welt, sondern sie kam in Typen und
Bildern. Die Welt wird die Wahrheit nicht auf andere Weise empfangen. Es
gibt eine Wiedergeburt und ein Bild der Wiedergeburt. Es ist sicherlich
notwendig, durch das Bild wiedergeboren zu werden. Was ist das? Die
Auferstehung. Das Bild muss wieder durch das Bild aufsteigen. Die
Brautkammer und das Bild müssen durch das Bild in die Wahrheit
eindringen: das ist die Wiederherstellung. Nicht nur diejenigen, die den
Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes sagen, tun
dies, sondern sie haben sich für euch hervorgebracht. Wenn man sie nicht
erwirbt, wird auch der Name "Christ" von ihm genommen. Aber man
erhält die Vereinigung der [...] mit der Macht des Kreuzes. Diese Macht,
die die Apostel genannt "rechts und links". Denn diese Person ist nicht
mehr Christin, sondern Christus.
Der Herr tat alles in einem Mysterium, einer Taufe und einer Christenheit,
einer Eucharistie, einer Erlösung und einer Brautkammer. [...] Er sagte:
"Ich kam, um die Dinge unten so zu machen, wie die Dinge oben sind, und
die Dinge draußen wie die innen. Ich kam, um sie an der gewissen Stelle
zu vereinigen." [...] Hier durch Typen [...] und Bilder.
Diejenigen, die sagen: "Es ist ein himmlischer Mensch und da ist einer
über ihm" liegen falsch. Denn es ist der erste dieser beiden himmlischen
Menschen, der da offenbart wird, den sie "den Unteren" nennen; Und wer
dem Verborgenen gehört, ist der, der über ihm ist. Denn es wäre besser für
sie zu sagen: "Das Innere und Äußere, und was ist außerhalb des
Äußeren". Aus diesem Grund hat der Herr die Zerstörung "die äußerste
Finsternis" genannt: es gibt keine andere außerhalb davon. Er sagte: "Mein
Vater, der im Geheimnis ist". Er sagte: Geh in deine Kammer und schließe
die Tür hinter dir, und bete zu deinem Vater, der im Geheimnis ist, der in
dir ist. Was aber in dir ist, das ist die Fülle. Darüber hinaus gibt es nichts
anderes innen. Dies ist das, von dem sie sagen: "Das, was über ihnen ist".
Vor Christus kamen einige von einer Stelle, die sie nicht mehr betreten
konnten, und sie gingen, wo sie nicht mehr herauskamen. Dann kam
Christus. Die, die hineinzogen, brachten er heraus, und die, die
hinausgingen, brachte er herein.
Als Eva noch bei Adam war, existierte der Tod nicht. Als sie von ihm
getrennt war, entstand der Tod. Wenn Adam wieder eintritt und sein
früheres Selbst erreicht, wird der Tod nicht mehr sein.
"Mein Gott, mein Gott, warum, Herr, hast du mich verlassen?" Es war am
Kreuz, dass er diese Worte sagte, denn er war von diesem Ort abgewichen.
[...] Der durch ihn gezeugt wurde, der [...] von Gott.
Die [...] von den Toten. [...] Sie werden sein, aber jetzt [...] perfekt. [...]
Fleisch, aber dieses [...] ist wahres Fleisch. [...] Das ist nicht wahr, sondern
[...] nur ein Bild des Wahren.
Eine Brautkammer ist nicht für die Tiere, noch für die Sklaven, noch für
verunreinigte Frauen; Aber sie ist für freie Männer und Jungfrauen.
Durch den Heiligen Geist sind wir zwar wiedergeboren, aber wir sind
durch Christus in den beiden gezeugt. Wir sind gesalbt durch den Geist.
Als wir gezeugt wurden, waren wir vereint. Niemand kann sich entweder
im Wasser oder im Spiegel ohne Licht sehen. Auch kannst du nicht sehen
im Licht ohne Spiegel oder Wasser. Aus diesem Grund ist es passend, in
den beiden zu taufen, im Licht und im Wasser. Jetzt ist das Licht die Zeit.
Es gab drei Gebäude, die speziell für Opfer in Jerusalem waren. Das eine
nach Westen wurde "Heiligtum" genannt. Ein anderes, nach Süden
gerichtet, hieß "Das Heilige des Heiligen". Das dritte, nach Osten
gerichtete, heißt "Das Allerheiligste", das war der Ort, in den nur der
Hohepriester eintritt. Die Taufe ist das "heilige" Gebäude. Erlösung ist das
"Heilige des Heiligen". "Das Allerheiligste" ist die Brautkammer. Die
Taufe beinhaltet die Auferstehung und die Erlösung; Die Erlösung erfolgt
in der Brautkammer. Aber die Brautkammer ist in dem, was [...] Du nicht
findest [...] diejenigen, die beten, [...] Jerusalem, die [...] Jerusalem, [...]
die anrief den "Heiligen der Heiligen" [...] der hinter dem Schleier war,
[...] die Brautkammer außer dem Bild [...] ist oben. Aus diesem Grund
wurde sein Schleier von oben nach unten zerrissen. Denn es war für einige
von unten passend, nach oben zu gehen.
Die Mächte sehen nicht diejenigen, die im vollkommenen Licht gekleidet
sind, und folglich sind sie nicht in der Lage, sie festzuhalten. Man wird
sich in diesem Lichte sakramental in der Vereinigung kleiden.
Wenn die Frau sich nicht von dem Mann getrennt hat, soll sie nicht mit
dem Mann sterben. Seine Trennung wurde zum Beginn des Todes. Aus
diesem Grunde kam Christus, um die Trennung, die von Anfang war, zu
reparieren und die beiden wieder zu vereinigen und denjenigen, die infolge
der Trennung starben, Leben zu verleihen und sie zu vereinen. Aber die
Frau ist mit ihrem Mann in der Brautkammer vereint. Tatsächlich werden
diejenigen, die sich in der Brautkammer vereinigt haben, nicht mehr
getrennt werden. So trennte sich Eva von Adam, weil es nicht in der
Brautkammer war, dass sie sich mit ihm vereinigte.
Die Seele Adams entstand durch einen Atem. Der Partner seiner Seele ist
der Geist. Seine Mutter ist das, was ihm gegeben wurde. Seine Seele
wurde von ihm genommen und durch einen Geist ersetzt. Als er vereinigt
war mit dem Geist, sprach er Worte, die den Mächten unbegreiflich waren.
Sie beneideten ihn [...] um seinen geistigen Partner [...] Gelegenheit [...]
für sich allein [...] in der Brautkammer, so dass [...].
Jesus erschien [...] am Jordan, das war die Fülle des Königreichs des
Himmels. Wer vor allem gezeugt wurde, wurde von neuem gezeugt. Wer
einmal gesalbt wurde, der wurde wieder gesalbt. Er, der erlöst wurde,
wiederum erlöst andere.
Ja, man muß ein Geheimnis aussprechen. Der Vater von allem ist vereinigt
mit der Jungfrau, die unten ist, und ein Feuer schien für ihn an diesem Tag.
Er erschien in der großen Brautkammer. Darum ist sein Leib am selben
Tag entstanden. Es verließ die Brautkammer als einer, der aus dem
Bräutigam und der Braut entstand. So begründete Jesus darin alles. Es ist
passend für jeden Jünger, in seine Ruhe einzutreten.
Adam entstand aus zwei Jungfrauen, aus dem Geist und aus der Jungfrau
Erde. Christus wurde daher von einer Jungfrau geboren, um den Fall zu
korrigieren, der am Anfang auftrat.
Im Paradies wuchsen zwei Bäume. Die eine trug Tiere, der andere trug die
Menschen. Adam aß von dem Baum, der die Tiere trug. Er wurde ein Tier
und er brachte Tiere hervor. Aus diesem Grund verehren die Kinder Adams
Tiere. Der Baum [...] die Frucht ist [...] erhöht. [...] Die Früchte der [...]
Menschen, [...] Menschen. [...] Gott schuf den Menschen. [...] Die
Menschen schaffen Gott. So ist es in der Welt - Menschen machen Götter
und verehren ihre Schöpfung. Es wäre passend für die Götter, Menschen
anzubeten!
Sicherlich, was ein Mensch vollbringt, hängt von seinen Fähigkeiten ab.
Aus diesem Grund beziehen wir uns auf ihre Leistungen als "Fähigkeiten".
Unter seinen Leistungen sind seine Kinder. Sie entspringen in einem
Moment der Leichtigkeit. So bestimmen seine Fähigkeiten, was er
erreichen kann, aber diese Leichtigkeit ist bei den Kindern klar ersichtlich.
Du wirst feststellen, dass dies direkt auf das Bild zutrifft. Hier ist der
Mann, der nach dem Bild gemacht wird, das die Dinge mit seiner
körperlichen Kraft vollbringt, aber seine Kinder mit Leichtigkeit
produziert.
In dieser Welt dienen die Sklaven den Freien. Im Himmelreich wird der
freie Wille den Sklaven dienen: die Kinder der Brautkammer werden den
Kindern der Ehe dienen. Die Kinder der Brautkammer haben nur einen
Namen: Ruhe. Insgesamt brauchen sie keine andere Form, weil sie
Kontemplation haben, [...]. Sie sind zahlreich [...] in den Dingen [...] der
Herrlichkeiten [...].
Diese [...] gehen ins Wasser. [...] Aus dem Wasser, er wird es weihen, [...]
die in seinem Namen [...] haben. Denn er sprach: So sollen wir alle
Gerechtigkeit erfüllen.
Diejenigen, die sagen, dass sie zuerst sterben und dann aufsteigen, sind im
Irrtum. Wenn sie nicht zuerst die Auferstehung empfangen, während sie
leben, werden sie nichts erhalten, wenn sie sterben. Auch wenn sie über
die Taufe sprechen, sagen sie: "Die Taufe ist eine große Sache", denn wenn
die Menschen sie empfangen, werden sie leben.
Philippus, der Apostel, sagte: "Josef, der Zimmermann, pflanzte einen
Garten, weil er Holz für sein Handwerk brauchte, er machte ein Kreuz aus
den Bäumen, die er gepflanzt hatte, und sein eigener Nachkomme hing an
dem, was er gepflanzt hatte Die Pflanzung war das Kreuz." Aber der Baum
des Lebens ist in der Mitte des Gartens. Allerdings ist es aus dem
Olivenbaum, dass wir die Christenheit haben, und aus dem Christentum
die Auferstehung.
Diese Welt ist ein Leichnam. Alle Dinge, die darin gegessen werden,
sterben auch. Die Wahrheit ist ein Lebensende. Darum wird kein Mensch,
der durch die Wahrheit ernährt wird, sterben. Von diesem Ort kam Jesus
und brachte Nahrung. Denjenigen, die es wünschten, gab er Leben, damit
sie nicht sterben.
Gott [...] im Garten. Der Mensch [...] im Garten. Es gibt [...] und [...]
Gottes. [...] Die Dinge, die in [...] wünsche ich. Dieser Garten ist der Ort,
wo sie mir sagen, "[...] iss oder iss nicht, wie du willst." An dem Ort, wo
ich alles essen werde, ist der Baum des Wissens. Der tötete Adam, aber
hier macht der Baum des Wissens die Menschen lebendig. Das Gesetz war
der Baum. Es hat die Macht, das Wissen über Gut und Böse zu geben. Es
entfernt ihn weder von dem Bösen, noch setzt er ihn in das Gute, sondern
schafft den Tod für diejenigen, die davon essen. Denn als er sagte: "Iss das,
iss jenes nicht", das wurde der Anfang des Todes.
Die Taufe ist der Taufe überlegen, denn es ist aus dem Wort "Chrisam",
dass wir "Christen" genannt wurden, sicher nicht wegen des Wortes
"Taufe". Und es ist wegen der Christenheit, dass "der Christus" seinen
Namen hat. Denn der Vater salbte den Sohn, und der Sohn salbte die
Apostel, und die Apostel salbten uns. Der Gesalbte besitzt alles. Er besitzt
die Auferstehung, das Licht, das Kreuz, den Heiligen Geist. Der Vater gab
ihm dies in der Brautkammer; Er nahm nur das Geschenk an. Der Vater
war in dem Sohn und dem Sohn im Vater. Das ist das Himmelreich.
Der Herr sagte es gut: "Einige haben gelernt, das Königreich des Himmels
zu verlachen, und sie sind gekommen, weil [...] ein Christ und [...] ging ins
Wasser, er kam [...] alles dieser Welt, [...] weil er [...] eine Kleinigkeit, aber
[...] voller Verachtung für diese [...] ] Das Königreich des Himmels [...]
wenn er [...] verachtet und es als Kleinigkeit verachtet, [...] lachend, so ist
es auch mit dem Brot und dem Becher und dem Öl, obwohl es noch
besseres als diese gibt.“
Die Welt kam durch einen Fehler. Denn er, der sie geschaffen hat, wollte
sie unvergänglich und unsterblich machen. Er sollte seinen Wunsch nicht
erfüllen. Denn die Welt war niemals unvergänglich und auch nicht
derjenige, der die Welt geschaffen hat. Denn Sachen sind nicht
unvergänglich, aber Söhne sind. Nichts wird in der Lage sein,
Unvergänglichkeit zu empfangen, wenn es nicht erst Sohn wird. Aber wer
nicht die Fähigkeit zu empfangen hat, wie viel mehr wird er nicht geben
können?
Der Kelch des Gebets enthält Wein und Wasser, da es als die Art des
Blutes, der zum Dank gegeben wird, genannt wird. Und er ist voll des
Heiligen Geistes, und er gehört dem vollkommenen Menschen. Wenn wir
dies trinken, erhalten wir für uns den vollkommenen Menschen. Das
lebendige Wasser ist ein Körper. Es ist notwendig, dass wir den lebendigen
Menschen anziehen. Deshalb, wenn er im Begriff ist, ins Wasser zu gehen,
kleidet er sich, damit er den lebendigen Menschen anziehen kann.
Ein Pferd zeugt ein Pferd, ein Mensch erzeugt Menschen, ein Gott bringt
einen Gott hervor. Vergleiche den Bräutigam und die Braut. Sie sind aus
dem [...] gekommen. Kein Jude [...] existiert. Und von den Juden. [...] Es
werden diese [...] als "das auserwählte Volk“ [...] und der wahre Mensch
und Sohn des Menschen und der Samen vom Sohn des Menschen. Diese
wahre Rasse ist in der Welt [...] bekannt, dass die Söhne die Brautkammer
bewohnen.
Während in dieser Welt die Vereinigung eines Mann mit einer Frau ist - ein
Fall von Stärke, ergänzt durch Schwäche - im Äon ist die Form der
Vereinigung anders, obwohl wir sie mit denselben Namen bezeichnen. Es
gibt jedoch andere Namen; Sie sind jedem anderen Namen überlegen, der
genannt wird und stärker sind als der starke. Denn wo es eine
Krafterscheinung gibt, da erscheinen jene, die in Kraft stehen. Dies sind
keine getrennten Dinge, sondern beide sind diese einzige Sache. Dies ist
derjenige, der nicht über das Herz des Fleisches aufsteigen kann.
Ist es nicht notwendig für alle, die alles besitzen, sich selbst zu kennen?
Einige, wenn sie sich selbst nicht kennen, werden nicht genießen, was sie
besitzen. Aber diejenigen, die sich selbst kennen gelernt haben, werden
ihren Besitz genießen.
Nicht nur werden sie nicht in der Lage sein, den vollkommenen Menschen
festzuhalten, aber sie werden ihn nicht sehen können, denn wenn sie ihn
sehen, werden sie ihn zurückhalten. Es gibt keinen anderen Weg für eine
Person, diese Qualität zu erwerben, außer indem sie auf das perfekte Licht
schaut und auch perfektes Licht wird. Wer es aufgesetzt hat, wird [...]. Dies
ist die Perfektion [...], dass wir [...] werden, bevor wir verlassen [...]. Wer
immer alles [...] hierher [...] in der Lage, [...] diesen Ort, sondern wird [...]
die Mitte als unvollkommen bewohnen. Nur Jesus kennt das Ende dieser
Person.
Der Priester ist ganz heilig, bis auf seinen Körper. Denn wenn er das Brot
genommen hat, wird er es weihen. Oder den Kelch oder etwas, was er
bekommt, wird er weihen. Wie sollte er den Leib nicht auch weihen?
Durch die Vervollkommnung des Wassers der Taufe leerte Jesus das
Wasser des Todes. So gehen wir hinab ins Wasser, aber wir gehen nicht in
den Tod hinab, damit wir nicht in den Geist der Welt ausgegossen werden.
Wenn der Geist der Welt weht, bringt er den Winter. Wenn der Heilige
Geist atmet, kommt der Sommer.
Wer die Wahrheit kennt, ist ein freier Mensch, aber der Freie sündigt nicht,
denn "der Sünder ist der Sklave der Sünde". Die Wahrheit ist die Mutter,
kenne du den Vater. Diejenigen, die denken, dass die Sünden nicht für sie
gelten, werden von der Welt "frei" genannt. Die Erkenntnis der Wahrheit
macht solche Menschen nur arrogant, was die Worte "es macht sie frei"
bedeuten. Es gibt ihnen sogar ein Gefühl der Überlegenheit auf der ganzen
Welt. Aber "die Liebe baut auf". Tatsächlich ist derjenige, der durch
Wissen frei ist, ein Sklave der Liebe für diejenigen, die die Freiheit der
Erkenntnis noch nicht erreichen konnten. Wissen macht sie fähig, frei zu
werden. Die Liebe nennt nie etwas ihr Eigenes, [...] sie besitzt [...]. Sie sagt
nie, "dieses ist mein" oder "dieses ist dein", sondern "alles dieses gehört
dir". Geistige Liebe ist Wein und Duft. Alle, die sich mit Wein salben,
haben Freude daran. Während die Gesalbten anwesend sind, profitieren
auch die Nachbarn vom Duft. Wenn die Gesalbten mit der Salbe sich von
ihnen entfernen und sie verlassen, so bleiben die Gesalbten, die nur in der
Nähe stehen, in ihrem schlechten Geruch. Der Samariter gab dem
Verwundeten nur Wein und Öl. Es ist nichts anderes als die Salbe. Sie
heilte die Wunden, denn "die Liebe deckt eine Menge von Sünden zu".
Die Kinder, die eine Frau trägt, ähneln dem Mann, der sie liebt. Wenn ein
Mann sie liebt, dann ähneln sie dem Mann. Wenn es ein Ehebrecher ist,
dann ähneln sie dem Ehebrecher. Häufig, wenn eine Frau mit ihrem Mann
aus Notwendigkeit schläft, während ihr Herz mit dem Ehebrecher in guter
Laune ist, da sie normalerweise Geschlechtsverkehr hat, wird das Kind,
das sie tragen wird, geboren, das dem Ehebrecher ähnelt. Nun, die ihr
zusammen mit dem Sohn Gottes lebt, liebt nicht die Welt, sondern den
Herrn liebt, damit die, die ihr hervorbringt, nicht der Welt ähneln, sondern
dem Herrn ähnlich sein mögen.
Der Mensch hat Verkehr mit dem Menschen. Das Pferd hat
Geschlechtsverkehr mit dem Pferd, der Esel mit dem Esel. Mitglieder einer
Rasse sind in der Regel mit denen der gleichen Rasse verbunden. So
vermischt sich Geist mit Geist, und Denken tröstet sich mit dem Denken,
und Licht teilt sich dem Licht mit. Wenn du ein Mensch geboren bist, ist es
der Mensch, der dich lieben wird. Wenn du ein Geist wirst, ist es der Geist,
der mit dir verbunden wird. Wenn du gedacht wirst, wird auch gedacht die
mit dir sich vermischen wird. Wenn du Licht wirst, ist es das Licht, das sir
sich mitteilen wird. Wenn du einer von denen bist, die oben sind, so sind es
diejenigen, die oben sind, die mit dir ruhen. Wenn du ein Pferd oder ein
Esel oder ein Stier oder ein Hund oder ein Schaf oder eins der anderen
Tiere bist, die draußen oder unten sind, wird dann weder Mensch noch
Geist noch Denken und Licht in der Lage sein, dich zu lieben. Weder
diejenigen, die oben sind, noch diejenigen, die dazu gehören, können mit
dir ruhen, und du hast keinen Anteil an ihnen.
Wer ein Sklave gegen seinen Willen ist, wird frei werden können. Wer
durch Gunst seines Herrn frei geworden ist und sich in die Sklaverei
verkauft hat, wird nicht mehr frei sein können.
Die Landwirtschaft in der Welt erfordert die Zusammenarbeit von vier
wesentlichen Elementen. Eine Ernte wird nur infolge der natürlichen
Aktion von Wasser, Erde, Wind und Licht in die Scheune gesammelt.
Gottes Landwirtschaft hat ebenfalls vier Elemente - Glaube, Hoffnung,
Liebe und Wissen. Der Glaube ist unsere Erde, in der wir Wurzeln
schlagen. Und die Hoffnung ist das Wasser, durch das wir genährt werden.
Die Liebe ist der Wind, durch den wir wachsen. Das Wissen ist also das
Licht, durch das wir reifen. Die Gnade existiert auf vier Arten: sie ist
erdgeboren; sie ist himmlisch; [...] der höchste Himmel; [...] in [...].
Selig ist der, der keineswegs nur eine Seele ist [...]. Diese Person ist Jesus
Christus. Er kam zu dem ganzen Ort und belastete niemanden. Daher ist
der Selige der, der so wie er ist, weil er ein vollkommener Mensch ist.
Denn das Wort sagt uns, dass diese Art schwer zu definieren ist. Wie
können wir solch eine große Sache vollbringen? Wie wird er allen Trost
geben? Vor allem ist es nicht angemessen, jemanden zu erschrecken - ob
die Person groß oder klein, ungläubig oder gläubig - und dann gibt es Trost
nur für diejenigen, die Zufriedenheit in guten Taten haben. Einige finden
es vorteilhaft, demjenigen, dem es gut geht, Trost zu geben. Wer Gutes tut,
kann solchen Leuten keinen Trost geben, denn er ergreift nicht, was er
will. Er ist jedoch nicht in der Lage, Not zu verursachen, da er sie nicht
bedrängt. Allerdings verursacht derjenige, der gut belohnt, manchmal Leid,
nicht dass er es beabsichtigt; sondern es ist ihre eigene Bosheit, die für ihre
Not verantwortlich ist. Wer die Qualitäten des vollkommenen Menschen
besitzt, gibt dem Guten Freude. Einige aber sind schrecklich beunruhigt
von all dem.
Es gab einen Hausbesitzer, der alle erdenklichen Dinge hatte, sei es Sohn
oder Sklave oder Vieh oder Hund oder Schwein oder Mais oder Gerste
oder Spreu oder Gras oder [...] Fleisch oder Eicheln. Jetzt war er ein
vernünftiger Kerl, und er wusste, was das Essen eines jeden war. Er diente
den Kindern mit Brot [...]. Er diente den Sklaven [...] und dem Essen. Und
er warf dem Vieh Gerste und Spreu und Gras vor. Er warf Knochen den
Hunden vor, und zu den Schweinen warf er Eicheln vor. Vergleiche den
Jünger Gottes: wenn er ein vernünftiger Mensch ist, versteht er, was
Jüngerschaft ist. Die Körpergestalten werden ihn nicht täuschen, sondern
er wird den Zustand der Seele eines jeden ansehen und mit ihm sprechen.
Es gibt viele Tiere in der Welt, die in einer menschlichen Form sind. Wenn
er sie identifiziert, wird er den Schweinen Eicheln zuwerfen, dem Vieh
wird er Gerste und Spreu und Gras zuwerfen, den Hunden wird er
Knochen zuwerfen. Den Sklaven gibt er nur den elementaren Unterricht,
den Kindern wird er die volle Unterweisung geben.
Es ist der Sohn des Menschen und dort ist der Sohn des Menschensohnes.
Der Herr ist der Sohn des Menschen, und der Sohn des Menschensohnes
ist der, der durch den Sohn des Menschen erschafft. Der Sohn des
Menschen erhielt von Gott die Fähigkeit zu schaffen. Er hat auch die
Fähigkeit zu zeugen. Wer die Fähigkeit zur Schöpfung empfangen hat, ist
ein Geschöpf. Wer die Fähigkeit hat, zu zeugen, ist ein Nachkomme. Wer
erschafft, kann nicht zeugen. Wer Kraft hat, hat auch Macht zu schaffen.
Jetzt sagen sie: "Der Schöpfungen schafft". Aber seine so genannten
"Nachkommen" sind nur Geschöpfe. Wegen [...] der Geburt sind sie nicht
seine Nachkommen, sondern [...]. Wer Werke offen schafft, er selbst ist
sichtbar. Wer zeugt, lebt in der Privatsphäre, und er selbst ist verborgen,
seit [...]. Auch derjenige, der erschafft, schafft offen. Wer aber zeugt, der
schenkt Kinder.
Niemand kann wissen, wann der Ehemann und die Ehefrau miteinander
verkehren, mit Ausnahme der beiden. In der Tat ist die Ehe in der Welt ein
Rätsel für diejenigen, die eine Frau genommen haben. Wenn es eine
verborgene Qualität für die Ehe der Verunreinigung gibt, wie viel mehr ist
die unbefleckte Ehe ein wahres Geheimnis! Sie ist nicht fleischlich,
sondern rein. Sie gehört nicht dem Verlangen, sondern dem Willen. Sie
gehört nicht der Dunkelheit oder der Nacht, sondern dem Tag und dem
Licht. Wenn eine Ehe für die Öffentlichkeit zugänglich ist, ist sie zu
Prostitution geworden, und die Braut spielt die Hure nicht nur, wenn sie
von einem anderen Mann befruchtet wird, sondern auch, wenn sie aus
ihrem Schlafzimmer schlüpft und gesehen wird. Sie zeige sich nur ihrem
Vater und ihrer Mutter und dem Freund des Bräutigams und den Söhnen
des Bräutigams. Diese dürfen jeden Tag in die Brautkammer eintreten.
Aber die andern wollen nur ihre Stimme hören und ihre Salbe genießen,
und sie lässt dich von den Krümel fressen, die vom Tisch fallen, wie die
Hunde. Bräutigam und Braut gehören in die Brautkammer. Niemand wird
in der Lage sein, den Bräutigam mit der Braut zu sehen, es sei denn, er
wird selbst ein solcher.
Als Abraham [...], dass er sehen wollte, was er sehen sollte, beschnitt er
das Fleisch der Vorhaut und lehrte uns, dass es richtig ist, das Fleisch
abzutöten.
Die meisten Dinge in der Welt, solange ihre inneren Teile versteckt sind,
stehen aufrecht und leben. Wenn sie enthüllt werden, sterben sie, wie der
sichtbare Mensch zeigt: solange der Darm des Menschen verborgen ist,
lebt der Mensch; Wenn seine Därme ausgesetzt sind und aus ihm
herauskommen, wird der Mensch sterben. So auch mit dem Baum:
Während seine Wurzel verborgen ist, sprießt er und wächst. Wenn seine
Wurzel ausgesetzt ist, trocknet der Baum aus. So ist es mit jeder Geburt,
die in der Welt ist, nicht nur mit dem Offenbaren, sondern auch mit dem
Verborgenen. Solange die Wurzel der Bosheit verborgen ist, ist sie stark.
Aber wenn sie erkannt wird, wird sie aufgelöst. Wenn sie offenbart wird,
geht sie zugrunde. Darum sagt das Wort: "Die Axt wird schon an die
Wurzel der Bäume gelegt". Sie wird nicht nur schneiden, was wieder
geschnitten wird, sondern die Axt dringt tief durch, bis sie die Wurzel
hervorbringt. Jesus zog die Wurzel des ganzen Ortes heraus, während
andere es nur teilweise taten. Wie für uns selbst, lasse jeden von uns
graben nach der Wurzel des Bösen, die in einem ist, und man reißt es aus
dem Herzen mit der Wurzel. Es wird gezupft, wenn wir es erkennen. Aber
wenn wir es nicht kennen, so schlägt es Wurzeln in uns und produziert
seine Frucht in unserem Herzen. Es beherrscht uns. Wir sind seine
Sklaven. Es nimmt uns gefangen, um mit uns zu tun, was wir nicht wollen;
und was wir wollen, das tun wir nicht. Es ist mächtig, weil wir es nicht
erkannt haben. Während es existiert, ist es aktiv. Unwissenheit ist die
Mutter aller Übel. Unwissenheit wird zum Tode führen, denn diejenigen,
die aus Unwissenheit kommen, waren weder, noch werden sie werden. [...]
Und man wird vollkommen sein, wenn die ganze Wahrheit offenbart wird.
Denn Wahrheit ist wie Unwissenheit: während sie verborgen ist, ruht sie in
sich selbst, aber wenn sie offenbart und erkannt wird, wird sie gelobt,
insofern sie stärker ist als Unwissenheit und Irrtum. Es gibt Freiheit. Das
Wort sagt: "Wenn du die Wahrheit kennst, wird die Wahrheit dich
befreien". Unwissenheit ist ein Sklave. Wissen ist Freiheit. Wenn wir die
Wahrheit kennen, werden wir die Früchte der Wahrheit in uns finden.
Wenn wir mit ihr verbunden sind, wird sie uns zur Erfüllung bringen.
Gegenwärtig haben wir due Evidenz der Schöpfung. Wir sagen: "Die
Starken, die hoch angesehen werden, sind große Menschen, und die
Schwachen, die verachtet werden, sind die Unklaren." Kontrastiere die
manifesten Dinge der Wahrheit: sie sind schwach und verachtet, während
die verborgenen Dinge stark und hoch angesehen sind. Die Geheimnisse
der Wahrheit sind offenbart worden, in Art und Bild. Die Brautkammer
bleibt jedoch verborgen. Sie ist das Heilige im Heiligen. Der Schleier
verbarg zunächst, wie Gott die Schöpfung kontrollierte, aber wenn der
Schleier zerrissen und das Innere offenbart wird, wird dieses Haus
verlassen oder vielmehr zerstört werden. Und die ganze untergeordnete
Gottheit wird von hier fliehen, aber nicht in die Heiligtümer der Heiligen,
denn sie wird sich nicht mit dem ungemischten Licht und der makellosen
Fülle vermischen, sondern unter die Flügel des Kreuzes und unter seine
Arme fliehen. Diese Arche wird ihre Rettung sein, wenn die Wasserflut
über sie wächst. Wenn einige der Ordnung des Priestertums angehören,
können sie mit dem Hohenpriester hinter den Schleier gehen. Aus diesem
Grunde war der Schleier nicht an der Spitze nur zerrissen, dass er nur für
die oben genannten offen gewesen wäre; noch war er es nur an der
Unterseite zerrissen, dass er nur für die unten aufgedeckt worden wäre.
Aber er war zerrissen von oben nach unten. Dies öffnete uns die Dinge
unten, damit wir in das Geheimnis der Wahrheit gehen können. Das ist
wirklich das, was in der Hochachtung gehalten wird und was stark ist!
Aber wir werden dort mit niedrigen Typen und Formen der Schwäche
hineingehen. Sie sind gering, wenn sie mit der vollkommenen Herrlichkeit
verglichen werden. Es gibt die Herrlichkeit, die den Ruhm übertrifft. Es
gibt Macht, die die Macht übertrifft. Deshalb haben sich uns die perfekten
Dinge zusammen mit den verborgenen Dingen der Wahrheit eröffnet. Die
Heiligtümer der Heiligtümer wurden offenbart, und die Brautkammer lud
uns ein.
Solange sie verborgen ist, ist die Bosheit zwar wirkungslos, aber sie ist
nicht aus der Mitte des Samens des Heiligen Geistes entfernt worden. Sie
sind Sklaven des Bösen. Aber wenn es offenbart wird, dann fließt das
perfekte Licht auf jeden. Und alle, die darin sind, werden die Christenheit
empfangen. Dann werden die Sklaven frei sein und die Gefangenen erlöst.
"Jede Pflanze, die mein Vater im Himmel nicht gepflanzt hat, wird
ausgerissen werden." Diejenigen, die getrennt sind, werden sich vereinen
[...] und werden erfüllt sein. Jeder, der in die Brautkammer eintritt, wird
das Licht entzünden, dann [...] wie in den Ehen, die nachts geschehen sind.
Das Feuer [...] nur nachts, und ist ausgelöscht. Aber die Geheimnisse
dieser Ehe werden eher am Tag und im Licht perfektioniert. Weder jener
Tag noch sein Licht gehen je unter. Wenn jemand ein Sohn der
Brautkammer wird, wird er das Licht empfangen. Wenn jemand es nicht
empfängt, solange er hier ist, kann er es nicht an dem anderen Ort
empfangen. Wer dieses Licht empfangen wird, wird nicht gesehen und
kann nicht eingesperrt werden. Und niemand wird in der Lage sein, solch
einen Menschen zu quälen, auch wenn er in der Welt wohnt. Und wenn er
die Welt verlässt, hat er schon die Wahrheit in den Bildern erhalten. Die
Welt ist zum Äon geworden, denn der Äon ist Fülle für ihn. So ist es: es ist
ihm offenbart, nicht verborgen in der Finsternis und der Nacht, sondern
verborgen an einem vollkommenen Tag und in einem heiligen Licht.

ZWEITES KAPITEL
DIE KREUZZÜGE

Mit der möglichen Ausnahme von Umberto Eco sind mittelalterliche


Gelehrte nicht daran gewöhnt, viel Medienaufmerksamkeit zu bekommen.
Wir neigen dazu, ein ruhiges Los zu haben (außer während der jährlichen
Bacchanalien nennen wir den Internationalen Kongress über
mittelalterliche Studien), sitzend über muffigen Chroniken und schriftlich
dumme und akribische Studien verfassend, die nur wenige lesen werden.
Man stelle sich also meine Überraschung vor, als innerhalb weniger Tage
nach den Anschlägen vom 11. September 2001 das Mittelalter plötzlich
relevant wurde.
Als ein Kreuzzugshistoriker verlor ich die ruhige Einsamkeit des
Elfenbeinturmes, die von Journalisten, Redakteuren und Talkshow-
Gastgebern in engen Zeiträumen zerrüttet wurde, die die echte Story
bekommen wollten. Was waren die Kreuzzüge? fragten sie. Wann waren
sie? Wie unempfindlich war Präsident George W. Bush für die
Verwendung des Wortes Kreuzzug in seinen Bemerkungen? Bei einigen
meiner Anrufer hatte ich den Eindruck, dass sie bereits die Antworten auf
ihre Fragen kannten oder zumindest dachten, sie täten es. Was sie wirklich
wollten, war ein Experte, um alles ihnen so zu sagen, wie sie wollten. Zum
Beispiel wurde ich häufig gebeten, zu der Tatsache Stellung zu nehmen,
dass die islamische Welt eine gerechte Beschwerde gegen den Westen hat.
Hat die gegenwärtige Gewalt, so beharrten sie, ihre Wurzeln in den
brutalen und unprovozierten Angriffen der Kreuzritter auf eine ausgefeilte
und tolerante muslimische Welt? Mit anderen Worten: Sind die Kreuzzüge
nicht wirklich schuld?
Osama bin Laden denkt sicher so. In seinen verschiedenen
Videoaufführungen beschreibt er den amerikanischen Krieg gegen den
Terrorismus als neuen Kreuzzug gegen den Islam. Ex-Präsident Bill
Clinton machte auch die Kreuzzüge aus als die Grundursache des
gegenwärtigen Konflikts. In einer Rede an der Georgetown Universität
erzählte er, dass nach der Kreuzrittereroberung von Jerusalem 1099 ein
Massaker an Juden stattgefunden habe, und informierte sein Publikum,
dass die Episode im Nahen Osten noch bitter erinnert wird. Warum
islamistische Terroristen über die Tötung von Juden aufgeregt sein sollten,
wurde nicht erklärt. Clinton kam auf die Titelseiten der Nation, weil er die
Vereinigten Staaten beschuldigen wollte, so dass er bereit war, bis ins
Mittelalter zurückzukehren. Aber niemand bestritt die Grundprämisse des
Ex-Präsidenten.
Na ja, fast niemand. Viele Historiker hatten versucht, Aufzeichnungen
gerade über die Kreuzzüge zu mache, lange bevor Clinton sie entdeckte.
Sie sind keine Revisionisten, wie die amerikanischen Historiker, die die
Homosexuellen-Ausstellung bekämpfen, sondern Mainstream-Gelehrte,
die die Frucht von mehreren Jahrzehnten sehr sorgfältigen, sehr ernsten
Studiums mitteilten. Für sie ist dies ein "lehrender Moment", eine
Gelegenheit, die Kreuzzüge zu erklären, da die Menschen jetzt tatsächlich
zuhören. Es wird nicht lange dauern, also geht es nur jetzt.
Mißverständnisse über die Kreuzzüge sind allzu häufig. Die Kreuzzüge
werden in der Regel als eine Reihe von heiligen Kriegen gegen den Islam
von Machtgier und religiösen Fanatikern porträtiert. Sie sollen der
Inbegriff der Selbstgerechtigkeit und Intoleranz, ein schwarzer Fleck in der
Geschichte der katholischen Kirche im besonderen und der westlichen
Zivilisation im Allgemeinen gewesen sein. Eine Zucht von Proto-
Imperialisten, führten die Kreuzritter westliche Aggression gegen den
friedlichen Mittleren Osten und deformierten die aufgeklärte muslimische
Kultur und ließen sie in Ruin zurück.
Was ist die Wahrheit über die Kreuzzüge? Gelehrte arbeiten noch daran.
Aber vieles kann schon mit Sicherheit gesagt werden. Für den Anfang
waren die Kreuzzüge im Osten in jeder Weise defensive Kriege. Sie waren
eine direkte Antwort auf die moslemische Aggression, ein Versuch, sich
gegen muslimische Eroberungen christlicher Länder zu verteidigen.
Christen im elften Jahrhundert waren keine paranoiden Fanatiker. Muslime
waren wirklich für sie begeistert. Während Muslime friedlich sein können,
wurde der Islam im Krieg geboren und wuchs auf die gleiche Weise. Seit
Mohammeds Zeit war das Mittel der muslimischen Expansion immer das
Schwert. Das muslimische Denken teilt die Welt in zwei Bereiche, die
Wohnstätte des Islam und die Wohnstätte des Krieges. Das Christentum -
und das ist eine andere nichtmuslimische Religion - hat keine Wohnung.
Christen und Juden können innerhalb eines muslimischen Staates unter
muslimischer Herrschaft toleriert werden. Aber im traditionellen Islam
müssen christliche und jüdische Staaten zerstört und ihre Ländereien
überwunden werden. Als Mohammed im siebten Jahrhundert Krieg gegen
Mekka führte, war das Christentum die dominierende Religion der Macht
und des Reichtums. Als der Glaube des Römischen Reiches überspannte es
das gesamte Mittelmeer, einschließlich des Nahen Ostens, wo es geboren
wurde. Die christliche Welt war daher ein oberstes Ziel für die frühesten
Kalifen, und es würde es für muslimische Führer für die nächsten tausend
Jahre bleiben.
Mit enormer Energie schlugen die Krieger des Islam kurz nach
Mohammeds Tod gegen die Christen los. Sie waren sehr erfolgreich.
Palästina, Syrien und Ägypten - einst die besten christlichen Gebiete der
Welt - erlagen schnell. Im 8. Jahrhundert hatten muslimische Armeen das
christliche Nordafrika und Spanien erobert. Im elften Jahrhundert
eroberten die Seldschuken Kleinasien (die heutige Türkei), das seit der
Zeit des heiligen Paulus christlich gewesen war. Das alte römische Reich,
das den modernen Historikern als das byzantinische Reich bekannt ist,
wurde auf wenig mehr als Griechenland reduziert. In Verzweiflung
schickte der Kaiser in Konstantinopel den Christen Westeuropas die Bitte,
ihre Brüder und Schwestern im Osten zu unterstützen.
Das ist es, was die Kreuzzüge hervorgebracht hat. Sie waren nicht die Idee
eines ehrgeizigen Papstes oder räuberischer Ritter, sondern eine Antwort
auf mehr als vier Jahrhunderte der Eroberungen, in denen Muslime bereits
zwei Drittel der alten christlichen Welt gefangen genommen hatten.
Irgendwann musste das Christentum als Glaube und Kultur sich
verteidigen oder vom Islam subsumiert werden. Die Kreuzzüge waren die
Verteidigung.
Papst Urban II. rief die Ritter der Christenheit auf, die Eroberungen des
Islam zurückzudrängen. Die Antwort war enorm. Viele tausend Krieger
nahmen das Gelübde des Kreuzes und bereiteten sich auf den Krieg vor.
Warum haben sie das gemacht? Die Antwort auf diese Frage ist
missverstanden worden. Im Gefolge der Aufklärung wurde in der Regel
behauptet, dass die Kreuzfahrerländer nur Mangelländer und
Neuerwerbungen gewesen seien, die die Gelegenheit nutzten, in einem
fernen Land zu rauben und zu plündern. Die von den Kreuzfahrern
geäußerten Gefühle der Frömmigkeit, der Selbstaufopferung und der Liebe
zu Gott wären offensichtlich nicht ernst zu nehmen. Sie wären nur eine
Maske für düstere Motive gewesen.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben computergestützte
Charterstudien diesen Vorgang abgehandelt. Gelehrte haben entdeckt, dass
kreuzfahrenden Ritter in der Regel reiche Männer mit viel eigenen Land in
Europa waren. Trotzdem gaben sie bereitwillig alles auf, um die heilige
Mission zu übernehmen. Ein Kreuztug war nicht billig. Selbst reiche
Fürsten konnten sich und ihre Familien durch den Beitritt zu einem
Kreuzzug leicht verarmen lassen. Sie taten es nicht, weil sie materiellen
Reichtum erwarteten (was viele von ihnen bereits hatten), sondern weil sie
hofften, einen Schatz zu sammeln, wo Rost und Motte ihn nicht verderben
konnten. Sie waren sich ihrer Sündhaftigkeit bewusst und bemühten sich,
die Härten des Kreuzzugs als Bußwerk der Liebe zu übernehmen. Europa
ist übersät mit Tausenden von mittelalterlichen Urkunden, die diese
Gesinnungen bestätigen, in denen diese Männer heute noch zu uns
sprechen, wenn wir hören wollen. Natürlich waren sie nicht dagegen, die
Beute zu fangen, wenn sie es konnten. Aber die Wahrheit ist, dass die
Kreuzzüge notorisch schlecht für Plünderungen waren. Ein paar Leute
wurden reich, aber die überwiegende Mehrheit kehrte mit nichts heim.
Papst Urban II. gab den Kreuzfahrern zwei Ziele, die beide Jahrhunderte
lang zentral für die östlichen Kreuzzüge bleiben würden. Das erste war, die
Christen des Ostens zu retten. Sein Nachfolger, Papst Innocent III,, schrieb
später:
„Wie liebt ein Mensch nach göttlichem Gebot seinen Nächsten wie sich
selbst, wenn er weiß, dass seine christlichen Brüder im Glauben und im
Namen der hinterhältigen Muslimen in strenger Haft gehalten und durch
das Joch der schwersten Knechtschaft bedrängt werden, und er widmet er
sich nicht der Aufgabe, sie zu befreien? Ist es Zufall, dass ihr nicht wisst,
dass viele Tausende von Christen in der Sklaverei gebunden sind und
inhaftiert von den Muslimen, gefoltert mit unzähligen Qualen?“
Kreuzfahren, hat Professor Jonathan Riley-Smith zu Recht argumentiert,
wurde als Akt der Liebe, in diesem Fall die Liebe des Nächsten
verstanden. Der Kreuzzug wurde als ein Auftrag der Barmherzigkeit zu
Recht gegen ein schreckliches Unrecht gesehen. Wie Papst Innozenz III.
an die Tempelritter schrieb: „Ihr vollbringt in Taten die Worte des
Evangeliums, größere Liebe als diese hat kein Mensch, dass er sein Leben
für seine Freunde niederlegt.“
Das zweite Ziel war die Befreiung Jerusalems und der anderen Orte, die
durch das Leben Christi geheiligt waren. Das Wort Kreuzzug ist modern.
Mittelalterliche Kreuzritter sahen sich als Pilger und kamen auf dem Weg
zum Heiligen Grab wieder zur Gerechtigkeit. Der Kreuzzug, den sie
begingen, war kanonisch verwandt mit der Pilgerfahrt. Dieses Ziel wurde
häufig feudal beschrieben.
Die Wiedereroberung Jerusalems war kein Kolonialismus, sondern ein Akt
der Wiederherstellung und eine offene Deklaration der Liebe Gottes.
Mittelalterliche Menschen wussten natürlich, dass Gott die Macht hatte,
Jerusalem selbst wiederherzustellen - tatsächlich hatte er die Macht, die
ganze Welt seiner Herrschaft wiederherzustellen. Doch wie der heilige
Bernhard von Clairvaux predigte, war seine Weigerung, dies zu tun, ein
Segen für sein Volk:
„Ich sage wieder, betrachte die Güte des Allmächtigen und achte auf seine
Pläne der Barmherzigkeit. Er legt sich selbst unter die Pflicht, euch zu
verpflichten, oder lieber Schandtaten zu erdulden, damit Er euch helfen
kann, eure Verpflichtungen gegenüber Ihm selbst zu erfüllen. Ich rufe die
gesegnete Generation, die eine Chance von solch reichem Genuss wie
diese ergreifen möge.“
Es wird oft angenommen, dass das zentrale Ziel der Kreuzzüge die
Umwandlung der muslimischen Welt durch Zwang war. Nichts ist weiter
von der Wahrheit entfernt. Aus der Perspektive der mittelalterlichen
Christen waren die Muslime die Feinde Christi und seiner Kirche. Es war
die Aufgabe der Kreuzfahrer, sie zu besiegen und sich gegen sie zu
verteidigen. Das war alles. Muslime, die in den vom Kreuzheer eroberten
Territorien lebten, durften im allgemeinen ihr Eigentum und ihren
Lebensunterhalt behalten und ihre Religion weiter ausüben. Während der
gesamten Geschichte des Kreuzfahrer-Königreichs Jerusalem waren die
muslimischen Bewohner zahlenmäßig weit den Katholiken überlegen. Erst
im 13. Jahrhundert begannen die Franziskaner, die Muslime zu
konvertieren. Aber diese Versuche waren meist erfolglos und wurden
schließlich aufgegeben. Auf jeden Fall waren es solche Bemühungen durch
friedliche Überzeugung, nicht durch die Androhung von Gewalt.
Die Kreuzzüge waren Kriege, also wäre es ein Fehler, sie als nichts als
Frömmigkeit und gute Absichten zu charakterisieren. Wie alle Kriege war
die Gewalt brutal (wenn auch nicht so brutal wie die modernen Kriege). Es
gab Fehler und Verbrechen. Diese sind heute meist gut in Erinnerung. In
den frühen Tagen des ersten Kreuzzugs im Jahre 1095 fuhr eine von Graf
Emicho von Leiningen geführte Bande von Kreuzfahrern den Rhein
hinunter, beraubten und ermordeten alle Juden, die sie finden konnten.
Ohne Erfolg versuchten die örtlichen Bischöfe, das Gemetzel zu stoppen.
In den Augen dieser Krieger waren die Juden wie die Muslime die Feinde
Christi. Plündern und Töten wäre da kein Laster. Tatsächlich glaubten sie,
es sei eine rechtschaffene Tat, da das Geld der Juden dazu verwendet
werden könne, den Kreuzzug nach Jerusalem zu finanzieren. Aber sie
lagen falsch, und die Kirche verurteilte die antijüdischen Angriffe stark.
Fünfzig Jahre später, als sich der Zweite Kreuzzug aufrichtete, predigte der
heilige Bernhard häufig, dass die Juden nicht verfolgt werden sollten:
„Fragt jeden, der die Heilige Schrift kennt, was sie von den Juden im
Psalm voraussagt. Nicht für ihre Zerstörung bete ich, heißt es dort. Die
Juden sind für uns die lebendigen Worte der Schrift, denn sie erinnern uns
immer an das, was unser Herr litt. Unter christlichen Fürsten haben sie
eine harte Gefangenschaft, aber - sie warten nur auf die Zeit ihrer
Befreiung.“
Trotz zahlreicher Briefe von Bernhard, die forderten, dass das aufhöre,
riefen die Einwohner des Zisterzienserklosters Radulf Menschen gegen die
rheinischen Juden auf. Endlich war Bernhard gezwungen, selbst nach
Deutschland zu reisen, wo er Radulf einholte, ihn in sein Kloster
zurücksandte und die Massaker beendete.
Es wird oft gesagt, dass die Wurzeln des Holocaust in diesen
mittelalterlichen Pogromen zu sehen sind. Das könnte sein. Aber wenn ja,
diese Wurzeln sind weit tiefer und weit verbreiteter als die Kreuzzüge.
Juden starben während der Kreuzzüge, aber der Zweck der Kreuzzüge war
nicht, Juden zu töten. Ganz im Gegenteil: Päpste, Bischöfe und Prediger
machten deutlich, dass die Juden Europas unbehelligt bleiben sollten. In
einem modernen Krieg nennen wir tragische Todesfälle wie diese
"Kollateralschäden". Sogar mit intelligenten Technologien haben die
Vereinigten Staaten in unseren Kriegen weit mehr Unschuldige getötet als
die Kreuzfahrer es jemals konnten. Aber niemand würde ernsthaft
argumentieren, dass der Zweck der amerikanischen Kriege ist, Frauen und
Kinder zu töten.
In jeder Hinsicht war der Erste Kreuzzug ein Fehlschuss. Es gab keinen
Führer, keine Befehlskette, keine Versorgungsleitungen, keine detaillierte
Strategie. Es waren einfach Tausende von Kriegern, die tief in feindliches
Territorium hinein marschierten und einer gemeinsamen Sache verpflichtet
waren. Viele von ihnen starben entweder im Kampf oder durch Krankheit
und Hunger. Es war eine grobe Kampagne, die immer am Rande der
Katastrophe zu sein schien. Doch er war wunderbar erfolgreich. 1098
hatten die Kreuzfahrer Nizäa und Antiochien zur christlichen Regel
wiederhergestellt. Im Juli 1099 eroberten sie Jerusalem und begannen,
einen christlichen Staat in Palästina zu errichten. Die Freude in Europa war
ungezügelt. Es schien, als ob die Flut der Geschichte, die die Muslime auf
solche Höhen gehoben hatte, sich nun drehte.
Aber es war nicht so. Wenn wir über das Mittelalter nachdenken, ist es
leicht, Europa im Licht dessen zu sehen, was es wurde, und nicht was es
damals war. Der Koloss der mittelalterlichen Welt war der Islam, nicht das
Christentum. Die Kreuzzüge sind vor allem deshalb interessant, weil sie
versuchen, diesem Trend entgegenzuwirken. Aber in fünf Jahrhunderten
des Kreuzzugs war es nur der Erste Kreuzzug, der den militärischen
Fortschritt des Islam entscheidend zurückführte. Von dort ging es bergab.
Als die Kreuzfahrer-Grafschaft von Edessa den Türken und Kurden im
Jahre 1144 in die Hände fiel, gab es eine enorme Bereitschaft der
Unterstützung für einen neuen Kreuzzug in Europa. Es wurde von zwei
Königen, Ludwig VII. von Frankreich und Konrad III. von Deutschland,
geführt und von Sankt Bernhard selbst gepredigt. Er scheiterte kläglich.
Die meisten Kreuzfahrer wurden auf dem Weg getötet. Diejenigen, die es
nach Jerusalem geschafft hatten, machten es nur noch schlimmer, als sie
die Moslem in Damaskus angriffen, das früher ein starker Verbündeter der
Christen gewesen war. Nach einer solchen Katastrophe mussten Christen
in ganz Europa nicht nur das fortgesetzte Wachstum der muslimischen
Macht akzeptieren, sondern auch die Gewissheit, dass Gott den Westen für
seine Sünden bestrafe. Geißlerbewegungen wuchsen in ganz Europa auf,
alle in dem Wunsch verwurzelt, die christliche Gesellschaft zu reinigen,
damit sie im Osten würdig sein könnte.
Die Kreuzzüge im späten zwölften Jahrhundert wurden daher zu einer
totalen Kriegsanstrengung. Jede Person, egal wie schwach oder arm,
wurde gerufen, zu helfen. Krieger wurden gebeten, ihren Reichtum zu
opfern und, wenn nötig, ihr Leben für die Verteidigung des christlichen
Ostens. An der Heimatfront waren alle Christen aufgerufen, die Kreuzzüge
durch Gebet, Fasten und Almosen zu unterstützen. Dennoch wuchsen die
Muslime in Kraft. Saladin, der große Verbündete, hatte den muslimischen
Nahen Osten zu einer einzigen Einheit geschmiedet, während er
gleichzeitig den Dschihad gegen die Christen predigte. Im Jahre 1187 in
der Schlacht von Hattin fegten seine Kräfte die vereinten Armeen des
christlichen Königreichs Jerusalem weg und eroberten die kostbare
Reliquie des Kreuzes. Wehrlos begannen die christlichen Städte eine nach
der anderen aufzugeben und dies kulminierte in der Aufgabe von
Jerusalem am 2. Oktober. Nur eine kleine Handvoll Häfen hielt.
Die Antwort war der dritte Kreuzzug. Es wurde von Kaiser Friedrich I.
Barbarossa vom Deutschen Reich, König Philipp II. August von
Frankreich und König Richard I. Löwenherz von England geführt. Es war
jedenfalls eine große Sache, wenn auch nicht ganz so großartig, wie die
Christen gehofft hatten. Barbarossa war im Alter ertrunken beim
Überqueren eines Flusses zu Pferde, so dass seine Armee zurück nach
Hause kehrte, bevor sie das Heilige Land erreichte. Philipp und Richard
kamen mit dem Boot, aber ihr unaufhörliches Zögern führte nur zu einer
bereits abtrünnigen Situation auf dem Boden Palästinas. Nach der
Rückeroberung von Akre, ging der König von Frankreich nach Hause, wo
er sich damit beschäftigte, Richards französischen Besitz zu
beschlagnahmen. Der Kreuzzug fiel also in Richards Schoß. Ein erfahrener
Krieger, talentierter Führer und großartiger Taktiker, führte Richard die
christlichen Truppen zu Sieg nach Sieg und schließlich zur Rückeroberung
der ganzen Küste. Aber Jerusalem war nicht an der Küste, und nach zwei
vergeblichen Versuchen, die Versorgungsleitungen der Heiligen Stadt zu
sichern, gab Richard endlich auf. Er versprach, eines Tages
zurückzukehren, und ging mit Saladin einen Waffenstillstand ein, der den
Frieden in der Region und den freien Zugang zu Jerusalem für
unbewaffnete Pilger sicherte. Aber es war eine bittere Pille zu schlucken.
Der Wunsch, Jerusalem zur christlichen Herrschaft zurückzuerobern und
das Kreuz wiederzugewinnen, blieb in ganz Europa intensiv.
Die Kreuzzüge des 13. Jahrhunderts waren größer, besser finanziert und
besser organisiert. Aber auch sie scheiterten. Der vierte Kreuzzug (1201-
1204) lief auf Grund, als er in ein Netz von byzantinischer Politik verführt
wurde, das die Westler nie vollständig verstanden. Sie hatten einen Umweg
nach Konstantinopel gemacht, um einen kaiserlichen Kläger zu
unterstützen, der große Belohnungen und Unterstützung für das Heilige
Land versprach. Doch als er einmal auf dem Thron der Cäsaren war, fand
der Wohltäter, dass er nicht bezahlen konnte, was er versprochen hatte. So
verraten von ihren griechischen Freunden, hatten 1204 die Kreuzritter
angegriffen, gefangengenommen und brutal niedergerissen
Konstantinopel, die größte christliche Stadt der Welt. Papst Innozenz III.,
der zuvor den gesamten Kreuzzug exkommuniziert hatte, verurteilte die
Kreuzfahrer stark. Aber sonst konnte er nichts tun. Die tragischen
Ereignisse von 1204 schlossen eine eiserne Tür zwischen römischen
Katholiken und Griechisch-orthodoxen, eine Tür, die noch heute Papst
Johannes Paul II. nicht wieder öffnen konnte. Es ist eine schreckliche
Ironie, dass die Kreuzzüge, die eine direkte Folge des katholischen
Wunsches waren, das orthodoxe Volk zu retten, die zwei weiter
voneinander trieb.
Der Rest der Kreuzzüge des 13. Jahrhunderts ging nicht besser. Der Fünfte
Kreuzzug (1217-1221) schaffte es kurz, Damietta in Ägypten zu erobern,
aber die Muslime vereitelten schließlich die Armee und besetzten die
Stadt. Sankt Ludwig IX. von Frankreich führte zwei Kreuzzüge in seinem
Leben. Der erste nahm auch Damietta, aber Ludwig wurde schnell von den
Ägyptern überlistet und gezwungen, die Stadt aufzugeben. Obwohl
Ludwig seit mehreren Jahren im Heiligen Land war und frei in
Verteidigungswerke investierte, erreichte er nie seinen besten Wunsch:
Jerusalem zu befreien. Er war ein viel älterer Mann im Jahre 1270, als er
einen weiteren Kreuzzug nach Tunis führte, wo er an einer Krankheit
starb, die das Lager verwüstete. Nach dem Tod von Sankt Ludwig führten
die rücksichtslosen muslimischen Führer, Baybars und Kalavun, einen
brutalen Dschihad gegen die Christen in Palästina. Im Jahre 1291 war es
den muslimischen Streitkräften gelungen, die letzten Kreuzfahrer zu töten
oder auszustoßen, wodurch das Kreuzritterreich von der Karte gelöscht
wurde. Trotz zahlreicher Versuche und vieler weiterer Pläne konnten die
christlichen Kräfte bis zum 19. Jahrhundert nie wieder in der Region Fuß
fassen.
Man könnte meinen, drei Jahrhunderte christlicher Niederlagen hätten die
Europäer von der Idee eines Kreuzzugs abgeraten. Ganz und gar nicht. In
einem Sinn hatten sie wenig Alternativen. Die muslimischen Königreiche
wurden im 14., 15. und 16. Jahrhundert mehr und mehr und nicht weniger
mächtig. Die osmanischen Türken eroberten nicht nur ihre Mitmuslime,
sondern verhinderten auch weiterhin den Islam, setzten sich aber weiter
nach Westen fort, eroberten Konstantinopel und stürzten tief in Europa
hinein. Im 15. Jahrhundert waren die Kreuzzüge nicht mehr Besorgungen
der Barmherzigkeit für ein entferntes Volk, sondern verzweifelte Versuche,
eines der letzten Reste der Christenheit zu überleben. Die Europäer
begannen, über die reale Möglichkeit nachzudenken, dass der Islam
schließlich sein Ziel erreichen würde, die gesamte christliche Welt zu
erobern. Einer der großen Bestseller der Zeit, Sebastian Brants
Narrenschiff, gab diese Stimmung in einem Kapitel mit dem Titel "Vom
Glaubensabfall":

Unser Glaube war stark im Sinken,


Er herrschte in ganz Asien,
In maurischen Ländern und Afrika.
Aber jetzt sind uns diese Länder verschwunden,
Dem härtesten Stein Grund zum trauern...
Vier Schwestern unserer Kirche findest du,
Sie sind von patriarchischer Art:
Konstantinopel, Alexandria,
Jerusalem, Antiochia.
Aber sie sind verwaist und entlassen worden
Und bald wird der Kopf angegriffen werden.

Zum Glück ist das nicht passiert. Aber sie hatten es fast geschafft. Im Jahre
1480 eroberte Sultan Mehmed II. Otranto als Kopf für seine Invasion in
Italien. Rom wurde evakuiert. Doch der Sultan starb kurz danach, und sein
Plan starb mit ihm. Im Jahre 1529 belagerte Suleiman der Herrliche Wien.
Wenn nicht eine Reihe von wilden Regenstürmen gekommen wären, die
seinen Fortschritt verzögerten und ihn zwangen, einen Großteil seiner
Artillerie hinterlassen, so wäre es praktisch sicher, dass die Türken die
Stadt genommen hätten. Deutschland wäre also von ihrer Gnade abhängig
gewesen.
Doch während diese Rasuren stattfanden, kam etwas anderes in Europa
auf, etwas, das in der Geschichte der Menschheit noch nie dagewesen war.
Die Renaissance, die aus einer seltsamen Mischung aus römischen Werten,
mittelalterlicher Frömmigkeit und einem einzigartigen Respekt für Handel
und Unternehmertum entstand, hatte zu anderen Bewegungen wie dem
Humanismus, der wissenschaftlichen Revolution und dem Zeitalter der
Erforschung geführt. Auch während des Kampfes um sein Leben war
Europa bereit, auf globaler Ebene zu expandieren. Die protestantische
Reformation, die das Papsttum sowie die Doktrin des Genusses ablehnte,
machte die Kreuzzüge für viele Europäer undenkbar, wodurch die Kämpfe
den Katholiken überlassen wurden. Im Jahre 1571 besiegte eine heilige
Liga, die selbst ein Kreuzzug war, die osmanische Flotte bei Lepanto.
Trotzdem blieben Militärsiege selten. Die muslimische Bedrohung wurde
wirtschaftlich neutralisiert. Als Europa in Reichtum und Macht wuchs,
begannen die einst ehrfürchtigen und hoch entwickelten Türken
rückwärtsgerichtet und pathetisch zu erscheinen - nicht mehr wert eines
Kreuzzugs. Der "Kranke von Europa" hinkte bis ins 20. Jahrhundert, als er
endgültig abging, und hinterließ das heutige Durcheinander des modernen
Nahen Ostens.
Aus der sicheren Distanz von vielen Jahrhunderten ist es leicht genug, in
Ekel an den Kreuzzügen auszubrechen. Die Religion ist ja nichts, um
Kriege zu führen. Aber wir sollten bedenken, dass unsere mittelalterlichen
Vorfahren von unseren unendlich zerstörerischen Kriegen, die im Namen
der politischen Ideologien gekämpft worden sind, gleichermaßen
angewidert gewesen wären. Und doch kämpfen sowohl die
mittelalterlichen als auch die modernen Soldaten letztlich für ihre eigene
Welt und alles, was sie ausmacht. Beide sind bereit, ein gewaltiges Opfer
zu erleiden, vorausgesetzt, dass es im Dienste von etwas ist, das sie lieben,
etwas Größerem als sie selbst. Ob wir die Kreuzfahrer bewundern oder
nicht, es ist eine Tatsache, dass die Welt, die wir heute kennen, ohne ihre
Bemühungen nicht existieren würde. Der alte Glaube des Christentums,
mit seinem Respekt vor den Frauen und der Antipathie gegen die
Sklaverei, überlebte nicht nur, sondern blühte.

DRITTES KAPITEL
DOKTOR MARTINUS LUTHERS BRIEF ZUM 500. JAHRESTAG DER
REFORMATION

Liebe Brüder und Schwestern!

Von der Freiheit von den Geboten:


So sehen wir, dass ein Christenmensch am Glauben genug hat; er bedarf
keines Werkes, dass er fromm sei. Bedarf es denn keines Werkes mehr, so
ist er gewisslich von allen Geboten und Gesetzen entbunden; ist er
entbunden, so ist er gewisslich frei. Das ist die christliche Freiheit, der
einzige Glaube, der da macht, nicht dass wir müßig gehen oder übel tun
können, sondern dass wir keines Werkes bedürfen, zur Frömmigkeit und
Seligkeit zu gelangen...
Die Werke... sind die ersten Früchte des Geistes. Darum soll des Christen
Absicht in allen Werken frei und nur dahin gerichtet sein, dass er andern
Leuten damit diene und nütze sei, nicht anderes sich vorstelle, denn was
den andern not ist.
Allein der Glaube genügt zum Heil:
So sind wir also in uns Sünder und dennoch, sofern uns Gott als gerecht
ansieht, gerecht durch den Glauben.
Vom freien Willen des Menschen:
Es ist also auch dies vor allen Dingen notwendig und heilsam für den
Christen zu wissen, dass Gott nichts zufällig vorherweiß, sondern dass er
alles mit unwandelbarem, ewigem und unfehlbarem Willen sowohl
vorhersieht, sich vornimmt und ausführt. Durch diesen Donnerschlag wird
der freie Wille zu Boden gestreckt und ganz und gar zermalmt. Deshalb
müssen die, welche den freien Willen behauptet haben wollen, diese
schlagende Erkenntnis entweder verneinen oder verleugnen oder auf
irgendeine andere Weise von sich schaffen.
Auf diese Weise ist der menschliche Wille mitten zwischen beide (Gott
und Satan) gestellt, ganz wie ein Reittier, wenn Gott darauf sitzt, will er
und geht, wohin Gott will... Wenn der Satan darauf sitzt, will er und geht,
wohin der Satan will. Und er hat nicht die Entscheidungsfreiheit, zu einem
der Reiter zu laufen oder ihn zu suchen, sondern die Reiter selbst streiten
darum, ihn festzuhalten und zu besitzen.
Ich stehe als Richter sogar über den Engeln des Himmels:
Ich will meine Lehre ungerichtet haben von jedermann, auch von allen
Engeln. Denn da ich ihr gewiss bin, will ich durch sie euer und auch der
Engel, wie St. Paulus spricht, Richter sein, dass, wer meine Lehre nicht
annimmt, dass er nicht möge selig werden. Denn sie ist Gottes und nicht
mein; darum ist mein Gericht auch Gottes, und nicht mein.
Derhalben lasse ich euch hiemit wissen, dass ich hinfurt nicht mehr euch
die Ehre thun will, dass ich mich unterlasse wölle, euch oder auch einem
Engel vom Himmel, uber meine Lehre zu richten, oder zu verhören: denn
der närrischen Demuth ist gnug geschehen nu das drittemal zu Worms, und
doch nichts geholfen: sondern ich will mich hören lassen, und wie St.
Petrus lehret, meiner Lehre Ursach und Grund beweisen für alle Welt, und
sie ungerichtet haben von jedermann, auch von allen Engeln.
Wenn sie gleich das reine Evangelium wollten lehren, ja wenn sie gleich
Engel und Gabriel vom Himmel wären... Will er predigen, so beweise er
den Beruf oder Befehl... Will er nicht, so befehle die Obrigkeit solchen
Buben dem rechten Meister, der Meister Hans heißt (dem Henker).
Denn also wage ich mit Paulus, mir die Erkenntnis zuzusprechen und dir
(meinem Gesprächspartner) sie zuversichtlich abzusprechen.
Mein lieber Schöpfer und Vater, du wirst gnädiglich zu gut halten, dass
ich... so schändlich muss reden wider deine verfluchten Feinde, Teufel und
Juden. Du weißt, dass ich´s tu aus Brunst meines Glaubens und zu ehren
deine göttliche Majestät.
Über den Wunsch, den Papst und die Bischöfe zu töten:
So wir Diebe mit Strang, Mörder mit Schwert, Ketzer mit Feuer strafen,
warum greifen wir nicht viel mehr an diese schädlichen Lehrer des
Verderbens als Päpste, Kardinäle, Bischöfe und das ganze Geschwür der
Römischen Sodoma mit allerlei Waffen und waschen unsere Hände in
ihrem Blut...? Aber Gott, der da spricht: Die Rache ist mein, wird diese
Feinde zu rechter Zeit wohl finden, die zeitlicher Strafe nicht wert sind,
sondern müssen ewiglich im Abgrund der Hölle ihre Strafe haben.
Der Papst ist der Teufel; könnte ich den Teufel umbringen, warum wollte
ich´s nicht tun?
Ich fordere, man müsse dem Papst und der Kurie die Zungen hinten zum
Hals herausreißen und sie wie Siegel an den päpstlichen Bullen der
Rangordnung nach an den Galgen nageln.
Ich glaube, dass der Papst ein vermummter und leibhaftiger Teufel ist, weil
er der Antichrist ist.
Hinrichtung ohne Gerichtsverhandlung für Christen, welche meine
Rechtfertigungslehre nicht befürworten:
Ebenso soll die Obrigkeit auch strafen oder je nicht leiden, die, so da
lehren, Christus sei nicht für unsere Sünde gestorben, sondern ein jeglicher
solle selbst dafür genug tun... Moses in seinem Gesetz gebietet auch,
solche Lästerer, ja alle falschen Lehrer zu steinigen. Also soll man hier
nicht viel Disputierens machen, sondern auch unverhört und
unverantwortet verdammen solch öffentliche Lästerung.
Bürgern, die nicht verraten, wenn jemand ohne amtskirchlichen Auftrag
predigt, wird die Todesstrafe angedroht:
Und ein Bürger ist schuldig, wo solcher Winkelschleicher (Prediger ohne
amtskirchlichen Auftrag) einer zu ihm kommt, ehe er denselbigen hört,
dass er es seiner Obigkeit ansage und auch dem Pfarrherrn, des Pfarrkind
er ist. Tut er das nicht, so soll er wissen, dass er als ein Ungehorsamer
seiner Obrigkeit wider seinen Eid tut und als ein Verächter seines
Pfarrherrn (dem er Ehre schuldig ist) wider Gott handelt, dazu selbst
schuldig ist und gleich auch mit dem Schleicher (der hingerichtet wird) ein
Dieb und Schalk wird...
Von den nicht-lutherischen Christen, zum Beispiel den sogenannten
„Täufern":
Uns liegt nun viel daran, diese umgekehrt zu verdammen und als
Verdammte bekanntzumachen, damit die Nachkommen von ihrer Ketzerei
abgeschreckt und den zweifelnden und schwankenden Gewissen geholfen
werde.
Sie gelten als Aufrührer und Mörder.
Darum ist ohne Zweifel die Obrigkeit schuldig... und soll... mit leiblicher
Gewalt und nach Gelegenheit der Umstände auch mit dem Schwert
strafen. Meister Hansen befohlen!
Christus bestätigt die Todesstrafe:
Dieses Gesetz des Schwertes hat es von Anfang an in der Welt
gegeben, ...dass man die Mörder wieder töten solle. Nach der Sintflut hat
es Gott ausdrücklich wieder eingesetzt und bestätigt, indem er 1. Mose 9, 6
sagte: Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll wieder durch
Menschen vergossen werden. ... Wer das Schwert nimmt, soll durch das
Schwert umkommen, Matth. 26, 52, was zu verstehen ist wie 1. Mose 9, 6:
Wer Menschenblut vergießt usw. Ohne Zweifel verweist Christus mit
diesem Wort auf jene Stelle und will damit jenen Spruch neu einführen und
bestätigen.
Frauen mit geistigen oder magischen Fähigkeiten soll man foltern und
töten:
Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen... Es ist ein gerechtes Gesetz,
dass sie getötet werden. Sie richten viel Schaden an... sie können auch ein
Kind bezaubern, dass es fortwährend schreie und nicht mehr esse noch
schlafe. Schaust du solche Weiber an, wirst du sehen, dass sie ein
teuflisches Gesicht haben. Ich habe deren etliche gesehen... man töte sie
nur.
Deshalb töte man sie, weil sie mit dem Teufel Umgang haben.
Wenn sie sich nicht bekehren, werden wir sie den Folterknechten befehlen.
Einige teufelsähnliche Kinder sind wahre Teufel. Sie sollen ertränkt
werden:
Wenn man aber von den teufelsähnlichen Kindern erzählt, von denen ich
einige gesehen habe, so halte ich dafür, dass sie entweder vom Teufel
entstellt, aber nicht von ihm gezeugt sind, oder dass es wahre Teufel sind.
Ich empfehle, man solle Wechselbälge und Kielkröppe ersäufen, da ein
solches Kind lediglich ein vom Satan in die Wiege gelegtes Stück
seelenloses Fleisch (massa carnis) war.
Ungetaufte Säuglinge sind von ewiger Verdammnis bedroht. Gegner der
Säuglingstaufe sollen getötet werden:
Kindertaufe, Erbsünde... dieweil diese Artikel auch wichtig sind, denn es
ist wenig daran gelegen, die Kinder aus der Christenheit zu werfen und in
einen ungewissen Stand zu setzen, ja zur Verdammnis zu bringen ...
Dieweil man doch sieht und greift, dass grobe, falsche Artikel (bei den
Andersgläubigen) sind, schließen wir, dass in diesem Fall die Halsstarrigen
auch mögen getötet werden.
„Ob christliche Fürsten schuldig sind, der Wiedertäufer unchristliche Sekte
mit leiblicher Strafe und mit dem Schwert zu wehren?" (Melanchton)
Ich fordere den Tod für Ehebrecher:
... es wäre besser: tot, tot mit ihm, um bösers Exempels willen zu meiden...
Es ist der Obrigkeit Schuld: Warum tötet man die Ehebrecher nicht?
Foltertod für Prostituierte:
Wenn ich Richter wäre, so wollte ich eine solche französische, giftige Hure
rädern und ädern lassen.
„Böse" sind unter uns:
Aus Abraham und den Erzvätern kamen die, die Christus ans Kreuz
schlugen, aus der römischen Kirche ging der Antichrist hervor, aus den
Aposteln kamen Judas und die Pseudoapostel, ... aus Konstantinopel die
Türken, aus den Einsiedlern Arabiens - Mohammed, aus dem Weib - der
Ehebruch, aus der Jungfrau - die Hure... aus der Kirche kommen die
Ketzer. Aus Speise wird Kot, aus Wein Urin, aus Blut Eiter. Aus Luther
kommen Müntzer und die Aufrührerischen - also was Wunder, wenn Böse
unter uns sind und von uns ausgehen?
Gegen die jüdische Bevölkerung fordere ich ihre Verfolgung:
Wie es unmöglich ist, dass die Aglaster ihr Hüpfen und Getzen lässt, die
Schlange ihr Stechen: so wenig lässt der Jüde von seinem Sinn, Christen
umzubringen, wo er nur kann.
... dass man ihnen verbiete, bei uns... öffentlich Gott zu loben, zu danken,
zu beten, zu lehren bei Verlust des Leibes und Lebens...
Wenn ich könnte, so würde ich ihn (den jüdischen Mitbürger)
niederstrecken und in meinem Zorn mit dem Schwert durchbohren.
Der verböste Jude wird nicht ablassen, dich auszusaugen und (wo er kann)
dich zu töten. Die Juden können Arzneien verabreichen, davon der Patient
in einer Stunde, in einem Monat, in einem Jahr, ja in zehn oder zwanzig
Jahren sterben muss. Die Kunst können sie.
Diese Taugenichtse und Ausplünderer sind keiner Gnade und keines
Mitleids wert.
Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding,
dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen
sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen...; man sollte
ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecken, ...unserem Herrn und
der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien (...)
und ihre Häuser desgleichen zerbrechen und zerstören.
Darum wisse Du, lieber Christ, und Zweifel nichts dran, dass Du, nähest
nach dem Teufel, keinen bittern, giftigern, heftigern Feind habest, denn
einen rechten Juden, der mit Ernst ein Jude sein will.
Wenn ein Dieb zehn Gülden stiehlet, so muß er henken; raubet er auf der
Straßen, so ist der Kopf verloren. Aber ein Jüde, wenn er zehn Tonnen
Goldes stiehlet und raubet durch seinen Wucher, so ist er lieber denn Gott
selbs.
Ich will meinen treuen Rat geben. Erstlich, dass man ihre Synagoge oder
Schule mit Feuer anstecke, und was nicht verbrennen will, mit Erde
überhäufe und beschütte, dass kein Mensch einen Stein oder Schlacke
davon sehe ewiglich… Zum andern, dass man auch ihre Häuser
desgleichen zerbreche und zerstöre. Denn sie treiben eben dasselbige
darin, was sie in ihren Schulen treiben...
Prediger sind die allergrößten Totschläger, weil Gott es befiehlt:
Prediger sind die allergrößten Totschläger. Denn sie ermahnen die
Obrigkeit, dass sie entschlossen ihres Amtes walte und die Schädlinge
bestrafe. Ich habe im Aufruhr alle Bauern erschlagen; all ihr Blut ist auf
meinem Hals. Aber ich schiebe es auf unseren Herrgott; der hat mir
befohlen, solches zu reden...
Über Prediger: Gott hat ein „Amt des Wortes" befohlen.
Gott ist wunderbar, der uns Predigern das Amt seines Wortes befiehlt, mit
dem wir die Herzen der Menschen regieren sollen...
Die Obrigkeit ist strafende Dienerin Gottes:
Die Obrigkeit ist eine Dienerin Gottes. Von sich aus könnte sie keine
öffentliche Ordnung erhalten. Sie ist wie ein Netz im Wasser: Unser
Herrgott aber jagt ihr die Fische zu. Gott führt der Obrigkeit die Übeltäter
zu, damit sie nicht entkommen... Gott ist ein gerechter Richter auf Erden.
Deswegen entgeht keiner, der nicht Buße tut, der gerechten Strafe durch
die Obrigkeit. Entläufst du mir, so entläufst du doch dem Henker nicht.
Gott tötet durch Soldatenhand:
Denn die Hand, die das Schwert führt und tötet, ist dann auch nicht mehr
eines Menschen Hand, sondern Gottes Hand, und nicht der Mensch,
sondern Gott henkt, rädert, enthauptet, tötet und führt den Krieg. Das alles
sind seine Werke und sein Gericht. Zusammengefasst: Man darf beim
Soldatsein nicht darauf sehen, wie man tötet, brennt, schlägt, gefangen
nimmt, usw. Das tun die ungeübten, einfältigen Kinderaugen, die auch
dem Arzt nicht weiter zusehen, als wie er die Hand abnimmt oder das Bein
absägt, aber nicht sehen oder bemerken, dass es um die Rettung des
ganzen Körpers geht. Ebenso muss man auch dem Amt des Soldaten oder
des Schwertes mit männlichen Augen zusehen, warum es so tötet und
grausam ist. Dann wird es selber beweisen, dass es ein durch und durch
göttliches Amt ist und für die Welt nötig und nützlich wie Essen und
Trinken. Dass aber einige dieses Amt missbrauchen, ...ist nicht Schuld des
Amtes, sondern der Person... sie können zuletzt doch nicht dem Gericht
Gottes, d.h. seinem Schwert entrinnen. Er findet und trifft sie schließlich
doch, wie es auch jetzt den Bauern in ihrem Aufruhr ergangen ist.
Ich rufe zum Krieg und zum Morden der türkischen Kriegsgegner auf:
... weil die Christen... ein jeglicher von seiner Obrigkeit, zum Streit wider
die Türken gefordert und berufen werden, sollen sie tun als die treuen und
gehorsamen Untertanen (wie sie denn gewisslich tun, so sie rechte
Christen sind) und mit Freuden die Faust regen und getrost dreinschlagen,
morden, rauben und Schaden tun so viel sie immer mögen, weil sie eine
Ader regen können... werden sie darüber erschlagen, wohlan, so sind sie
nicht allein Christen, sondern auch gehorsame, treue Untertanen gewesen,
die Leib und Gut in Gottes Gehorsam bei ihren Oberherrn zugesetzt haben.
Selig und heilig sind sie ewiglich...
Gottes Segen für den Krieg:
So ist es auch: Wenn ich das Amt ansehe, das Krieg führt, wie es die Bösen
bestraft, die, die Unrecht haben, tötet und solchen Jammer ausrichtet, da
scheint es ein durchaus unchristliches Werk zu sein und in jeder Hinsicht
gegen die christliche Liebe. Sehe ich aber darauf, wie es die Gerechten
beschützt, Frau und Kind, Haus und Hof, Gut, Ehre und Frieden damit
erhält und bewahrt, so ergibt es sich, wie wichtig und göttlich das Werk ist.
Und ich merke, dass es auch ein Bein oder eine Hand abhaut, damit nicht
der ganze Leib stirbt. Denn wenn nicht das Schwert entgegentritt und den
Frieden bewahrt, müsste alles, was es in der Welt gibt, im Unfrieden
verderben. Deshalb ist ein solcher Krieg nichts anderes als ein kleiner,
kurzer Unfriede, der einem ewigen, unermesslichen Unfrieden wehrt, ein
kleines Unglück, das einem großen wehrt.
Darum ehrt auch Gott das Schwert mit so hohen Worten, dass er es seine
eigene Ordnung nennt (Römer 13, 1) und nicht will, dass man sage oder
denke, die Menschen hatten es erfunden und eingesetzt. Denn die Hand,
die das Schwert führt und tötet, ist dann auch nicht mehr eines Menschen
Hand, sondern Gottes Hand, und nicht der Mensch, sondern Gott henkt,
rädert, enthauptet, tötet und führt den Krieg. Das alles sind seine Werke
und sein Gericht.
Ich möchte mich fast rühmen, dass seit der Zeit der Apostel das weltliche
Schwert und die Obrigkeit noch nie so deutlich beschrieben und gerühmt
worden ist wie durch mich. Sogar meine Feinde müssen das zugeben.
Und dafür habe ich doch als Lohn den ehrlichen Dank verdient, dass
meine Lehre aufrührerisch und als gegen die Obrigkeit gerichtet
gescholten und verdächtigt wird. Dafür sei Gott gelobt! Denn weil das
Schwert von Gott eingesetzt worden ist, um die Bösen zu bestrafen, die
Gerechten zu beschützen und den Frieden zu bewahren, Römer 13, 4; 1.
Petrus 2, 14, ist auch überzeugend genug bewiesen, dass Kriegführen und
Töten von Gott eingesetzt sind und, was der Lauf des Krieges und das
Kriegsrecht mit sich bringen. Was ist ein Krieg anderes als Strafe für das
Unrecht und das Böse? Warum führt man Krieg, außer dass man Frieden
und Gehorsam haben will?
Ich fordere die Fürsten auf, die aufständischen Bauern zu töten:
Solch wunderliche Zeiten sind jetzt, dass ein Volk den Himmel eher mit
Blutvergießen verdienen kann denn anders sonst mit Beten... Steche,
schlage, würge hier, wer da kann. Bleibst du darüber tot, wohl dir, einen
seligeren Tod kannst du nimmermehr erlangen. Denn du stirbst im
Gehorsam gegenüber dem göttlichen Wort und Befehl.
Ich fordere den Tod von Wucherern:
... so man die Straßenräuber, Mörder... rädert und köpft, wie viel mehr
sollte man alle Wucherer rädern und ädern und alle Geizhälse verjagen,
verfluchen und köpfen...
Wir brauchen Tyrannen:
Es ist eine verdammte, verfluchte Sache mit dem tollen Pöbel. Niemand
kann ihn so gut regieren wie die Tyrannen. Die sind der Knüppel, der dem
Hund an den Hals gebunden wird. Könnten sie auf bessere Art zu regieren
sein, würde Gott auch eine andere Ordnung über sie gesetzt haben als das
Schwert und die Tyrannen. Das Schwert zeigt deutlich an, was für Kinder
es unter sich hat, nämlich nichts als verdammte Schurken, wenn sie es zu
tun wagten.
Der Esel will Schläge haben, und der Pöbel will mit Gewalt regiert sein.
Das wusste Gott wohl; drum gab er der Obrigkeit nicht einen
Fuchsschwanz, sondern ein Schwert in die Hand.
Über die Frauen:
Der Tod im Kindbett ist nichts weiter als ein Sterben im edlen Werk und
Gehorsam Gottes. Ob die Frauen sich aber auch müde und zuletzt tot
tragen, das schadet nichts. Lass sie nur tot tragen, sie sind darum da.
Es ist ein arm Ding um ein Weib. Die größte Ehre, die das Weib hat, ist,
dass wir allzumal durch die Weiber geboren werden.
Unkraut wächst schnell, darum wachsen Mädchen schneller als Jungen.
Eine Frau hat häuslich zu sein, das zeigt ihre Beschaffenheit an; Frauen
haben nämlich einen breiten Podex und weite Hüften, daß sie sollen stille
sitzen.
Sündige tapfer, aber glaube tapferer:
Sündige tapfer, aber glaube noch tapferer und freue dich in Christus, der
Sieger ist über Sünde, Tod und Welt!
Zorn als die beste Arznei:
Ich habe... keine bessere Arznei als den Zorn. Denn wenn ich gut
schreiben, beten und predigen will, dann muss ich zornig sein; da erfrischt
sich mein ganz Geblüt, mein Verstand wird geschärft, und alle
Anfechtungen weichen.
Theologen sind im Himmel:
Es ist sehr fraglich, ob Juristen selig werden, da es doch den Theologen
schwer ist, obwohl die Theologen bereits gerecht und im Himmel sind.
Ich habe Andersgläubige gern, die sich selbst umbringen:
Ich habe die fanatischen und wütenden Schwärmer gern; sie bringen sich
selbst um.
Gott muss zeitweise Teufel werden:.
Gott kann nicht Gott sein, er muss zuvor ein Teufel werden... Ich muss
dem Teufel ein Stündlein die Gottheit gönnen, und unserem Gott die
Teufelheit zuschreiben lassen. Es ist damit aber noch nicht aller Tage
Abend. Es heißt doch zuletzt: Seine Güte und Treue waltet über uns.
Das Geglaubte verbirgt sich unter dem Schein des Gegenteils.
Gegen Offenbarungen aus Prophetenmund:
Eurem Geist hau ich auf die Schnauzen!
Die Vernunft als Hure des Teufels:
Die Vernunft ist die höchste Hur, die der Teufel hat.
Wer... ein Christ sein will, der... steche seiner Vernunft die Augen aus.
Über die Passivität als Kennzeichen des Christen:
Ein Christ ist vor Gott passiv, weil er hier nur empfängt, und vor den
Menschen, denn hier duldet er nur.
Das Reden ist das Wichtigste:
Mag ich immerhin als hoffärtig, geizig, als ein Ehebrecher, Totschläger,
Feind des Papstes und aller Laster schuldig gefunden werden, wenn ich
nur nicht des gottlosen Stillschweigens angeklagt werde.

Euer Bruder Martin Luder

VIERTES KAPITEL
DIE HEXENVERFOLGUNG

Seit der Aufklärung haben die Rationalisten die Hexenverbrennung als


Beispiel der mittelalterlichen Unwissenheit und der religiösen
(katholischen) Bigotterie mokiert. Die Linken verkündigen sie heute noch
als zynische Handlung durch die Starken gegen die Schwachen. Das
Schreiben der Geschichte war einfach: Historiker katalogisierten
Schrecken, verdeckte Religion (oder zumindest die Religion eines
anderen) und feierten den Triumph der Wissenschaft und der liberalen
Regierung. Die Geschichte der Hexerei schien eine abgesetzte Frage im
Jahr 1969, als Hugh Trevor-Roper seinen klassischen Aufsatz „Der
europäische Hexenwahn des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts“
veröffentlichte.
Aber ein Klang der neuen Stimmen hat seitdem die Kontroverse
wiedereröffnet. Mitglieder der wachsenden neopaganen Wiederbelebung -
200.000 Anhänger in Amerika heute - behaupten, Hexen verbrannten
während der großen Hexenjagd als ihre Märtyrer-Vorfahren. Im
vergangenen Jahr forderte ein Konsortium von heidnischen Führern eine
besondere Entschuldigung von Papst Johannes Paul II. am Jubiläums-Tag
der Verzeihung. Sie betrauerten einen „heidnischen Holocaust“ von neun
Millionen geheimen Naturverehrerinnen, die vor 500 Jahren unter der
Inquisition von Christen vernichtet wurden.
Vor fünfzig Jahren prägte einer der Gründer der neopaganischen
Bewegung, Gerald Gardner, den Begriff „brennende Zeiten“, um diese Zeit
der Verfolgung zu beschreiben. Obwohl Gardners historisches Fachwissen
seitdem in Frage gestellt wurde, predigen die neopaganischen
Verfechterinnen wie Margot Adler und Starhawk (Miriam Simos) immer
noch Gardners Lehren, weil sie sagen: „§rfundene Geschichte ist ein
befriedigender Mythos“.
Neun Millionen Frauen verbrannt, das ist eine Figur, die größer ist als die
jüdische Shoah, doch wurde sie eigentlich 1893 von der amerikanischen
Feministin Matilda Joslyn Gage erfunden. Radikale Feministinnen haben
viel von dieser Masse des „gynäcide“ gemacht, wie die Antipornographie-
Aktivistin Andrea Dworkin es nannte. Die Feministinnen sehen die Hexen
als die natürlichen Feinde des Patriarchats und sammeln sich um sie
herum, wie die alten Linken um die Führer der spanischen Republik
versammelt waren. Für sie, wie für die Heiden, bestimmt die Politik der
Viktimisierung die Solidarität.
Mittlerweile haben die eines grünen Streifens, eine Gruppe, die mit den
Heiden und radikalen Feministinnen überlappt, die Hetze gegen die
Hexerei so dargestellt, dass sie die mittelalterliche Menschen der
alternativen Medizin beraubt und sie von der alten Weisheit der Erde
entfremdet hat. In ihrem Buch von 1973 „Hexen, Hebammen und
Krankenschwestern, eine Geschichte der Frauen-Heilerinnen“
argumentierten feministischen und ökologischen Schriftstellerinnen
Barbara Ehrenreich und Deirdre English, dass Hexen tatsächlich
Hebammen waren, die von ihren Konkurrenten, männlichen Ärzten,
geleitet wurden. Die Ökofeministin Carolyn Merchant hat die
patriarchalische Wissenschaft für den „Tod der Natur“ in ihrem Buch
dieses Titels verantwortlich gemacht.
Obwohl die Öffentlichkeit es noch nicht bemerkt hat, hat die jüngste
akademische Forschung sowohl die alten Aufklärungsthesen als auch die
neuen neopaganischen Theorien weitgehend abgeurteilt. Archivstudien, die
in den letzten Jahrzehnten in verschiedenen Regionen Europas
durchgeführt wurden, haben genauer gemessen, wer wie viele davon unter
welchen Umständen getötet hatte. Mit den Werkzeugen der Anthropologie
und Psychologie haben die Historiker den sozialen Kontext rekonstruiert,
in dem die Hexenjagden geschehen sind. Sie haben jetzt ein klareres Bild,
wie sich Hexerei-Theorien entwickelt haben und auf welchen
intellektuellen Grundlagen.
Zum Beispiel haben die Historiker nun erkannt, dass die Hexenjagd nicht
primär ein mittelalterliches Phänomen war. Es sprang im 17. Jahrhundert
auf, während der rationalistischen Zeit von Descartes, Newton und Sankt
Vincent de Paul. Verfolgung von vermuteten Hexen war kein Elite-Plot
gegen die Armen; Anti-Hexerei auszuüben war eine Art der Bauern.
Katholiken und Protestanten jagten Hexen mit vergleichbarer Kraft. Es
brauchte mehr als reine Vernunft, um die Hexenjagd zu beenden.
Es waren auch keine Hexen, die heimlich Heiden-Göttern dienten, die eine
alte dreifalitige Gttin und einen gehörnten Gott beschrieben wurden, wie
die Neopaganen behaupten. Tatsächlich wurde keine Hexe jemals wegen
Verehrung einer heidnischen Gottheit hingerichtet. Matilda Gage's
Schätzung von neun Millionen Frauen, die verbrannt wurden, ist mehr als
das 200-fache der besten aktuellen Schätzung von 30.000 bis 50.000, die
während der 400 Jahre von 1400 bis 1800 getötet wurden - eine große
Anzahl, aber kein Holocaust. Und es war nicht alles eine brennende Zeit.
Hexen wurden gehängt, erwürgt und enthauptet. Hexenjagd war keine
Frauenjagd: Mindestens 20 Prozent aller vermuteten Hexen waren
männlich. Hebammen waren nicht besonders im Fokus; noch wurden
Hexen als Hindernisse für die professionelle Medizin und die
mechanistische Wissenschaft liquidiert.
Dieser überarbeitete Satz von Tatsachen sollte aber nicht ganz die
Katholiken trösten. Katholiken wurden manchmal bewusst irregeführt über
die Rolle der Kirche in den Hexenjägern von Apologeten, die die Kirche
als unschuldig am Hexenblut präsentieren wollten, um die Aufklärungs-
Theorie zu widerlegen, dass das Hexen-Brennen ein katholisches
Phänomen war. Katholiken sollten wissen, dass das Denken, das die große
Hexenjagd in Bewegung setzte, von katholischen Klerikern vor der
Reformation entwickelt wurde.
Aber die große Hexenjagd war dennoch bemerkenswert langsam. Viele
Kulturen um die Welt glaubten für Jahrtausende und glauben immer noch
an Hexen. In der typischen Folklore, in Vergangenheit und Gegenwart sind
Hexen nachtfliegende Übeltäterinnen, die anderen durch übernatürliche
Mittel, wie Flüche, bösen Blick und magische Substanzen Schaden
zufügen. Hexerei wird gewöhnlich als eine angeborene Macht gedacht, im
Gegensatz zur Zauberei, deren magische Zaubersprüche gelernt werden
müssen. Was das Christentum diesem traditionellen Glauben eindeutig
hinzugefügt hat, war Satan. Gottes Feinde sagten, dass sie sich durch einen
Pakt in die Bande der Dämonen begeben und ihn mit ungeheuerlichen
Bacchanalen anbeten würden, die „Sabbate“ genannt wurden, wo sie die
Liturgie parodierten.
Die Kirche erbte die römischen und germanischen Gesetze über die
männliche Magie, Gesetze, die Hexerei als Verbrechen behandelten. Aber
nach Sankt Augustinus bestand konkrete Hexerei aus Götzendienst und
Illusion, anstatt anderen Schaden zuzufügen. Nach Augustinus wurde ein
anonymer Text des neunten Jahrhunderts, Canon Episcopi, Teil des
kanonischen Gesetzes der Kirche und erklärte, dass der Glaube an die
Realität der Hexen Ketzerei war, weil es keine wirkliche Hexe gibt.
Obwohl der Götzendienst und die Ketzerei, die mit der Hexerei verbunden
waren, nur im Willen wohnten, nicht in wirklichen Taten, waren sie doch
sündhaft, schrieb Augustinus. Bestrafung war in Ordnung - aber nicht das
Verbrennen.
Das Hochmittelalter des zwölften und des 13. Jahrhunderts sah die blutige
Unterdrückung der Ketzer, vor allem die Katharer in der Provence.
Maßnahmen gegen Juden, Zauberer und sexuelle Abweichler wurden
ebenfalls härter. Diese Gruppen wurden mit einem stereotypen Satz von
Blasphemie, Orgien und Verbrechen, einschließlich Kindestötung und
Kannibalismus verbunden. Ab 1232 entsandte die päpstliche Inquisition
Spezialisten, um Ketzer außerhalb der bestehenden Rechtssysteme zu
erkennen und zu bestrafen.
Dann hatte die Idee, dass Hexerei eher eine Realität als eine ketzerische
Illusion war, plötzlich ein Comeback. Die Inquisitoren, die ihre Zähne auf
die Ketzer zugeschnitten hatten, verschlangen auch angeklagte Hexen bis
zum Ende des Mittelalters. Das war nicht nur eine Frage der Verlagerung
von Sündenböcken, um der Marktnachfrage gerecht zu werden. In einer
Gesellschaft, die übernatürliche Bedrohungen durch menschliche
Verschwörungen befürchtete, verschmolz die finstere Volksfigur des
esoterisch geschulten Zauberers anscheinend mit der der weise Frau oder
dem listigen Mann des Dorfes, um das neue Phänomen der teuflischen
Hexe zu erschaffen.
Nach den ersten Flügeln dieser Veränderung im späten 14. Jahrhundert
loderten die Flammen um 1425 in der Savoyer Region, in dem heutigen
Südostfrankreich und im Kanton Wallis in der Schweiz, in der Nähe der
Grenzen Frankreichs und Italiens. Etwa 500 weitere Hexenverbrennungen
folgten, bevor die Reformation im Jahre 1517 begann.
Mittlerweile vervielfachten sich die Hexenjägerhandbücher, vor allem der
berüchtigte Malleus Maleficarum, der 1486 erschien. Seine Autoren, Jakob
Sprenger und Heinrich Krämer, hatten die dominikanische Inquisitoren
erlebt, die allein in einer Diözese 48 Hexen verbrannt hatte. Eine
päpstliche Bulle erschien, die ihre Mission genehmigte. In Umkehrung des
alten Prinzips der Canon Episcopi verkündeten Sprenger und Krämer, dass
nicht an die Realität der Hexen zu glauben Ketzerei sei. Hexen bewirkten
regelmäßig körperliche und geistige Schäden an anderen, sie schrieben
Flüche, und die Treue zum Teufel definierte die Hexerei. Sprenger und
Krämer ermahnten säkulare Behörden, Hexen mit allen notwendigen
Mitteln zu bekämpfen.
Malleus Maleficarum war ein bösartiger misogyner Traktat. Er stellte
Frauen als die sexuellen Spielkameraden des Satans dar und erklärte: „Alle
Hexerei kommt von der fleischlichen Lust, die bei Frauen unersättlich ist.“
Ironischerweise hatte Sprenger auch eine tiefe Hingabe an Maria. Er half,
den modernen Rosenkranz zu formen und gründete die erste Rosenkranz-
Bruderschaft.
Malleus Maleficarum deckte seinen Boden nicht vollständig ab und
versprach nicht, den eigentlichen Pakt zu besprechen, den die Hexen mit
dem Teufel, dem Sabbat, den Familienmitgliedern (Unhold-Geistern in
tierischer Form, die die Hexen unterstützten) und dem Nachtfliegen
machten. Aber diese Elemente sind nicht immer in Hexenkoffern zu sehen.
Von sich aus begann der Malleus keine neuen Hexen-Panik, aber er wurde
von späteren Hexenschriftstellern, Protestanten und Katholiken
gleichermaßen, frei benutzt. Die spanischen Inquisitoren waren fast allein,
weil es ihnen an der Raffinesse fehlte.
Die Dialologe, die den Malleus absorbierten, waren hochkultivierte
Männer wie der protestantische Jean Bodin, „der Aristoteles des 16.
Jahrhunderts“ und sein Zeitgenosse, der Jesuitenklassiker Martin del Rio.
Diese Theoretiker hämmerten das Prinzip der Verbrechen ein: Weil
Hexerei so übel war wie ein Verbrechen, hatten angeklagte Hexen keine
gesetzlichen Rechte. „Nicht eine Hexe von einer Million würde angeklagt
oder bestraft werden“, rief Bodin, „wenn das Verfahren von gewöhnlichen
Regeln regiert würde“. Jeder, der angeklagte Hexen verteidigte oder ihre
Verbrechen zu verurteilen sich verweigerte, verdiente die gleiche Strafe
wie Hexen, schrieb Bodin.
Soziale Elite-Verfolger, Dialoge und Richter jagten unerbittlich die Hexen
mit dem Eifer moderner Revolutionäre, die eine politische Utopie
verfolgen. Kein Preis war zu groß, denn die Hexenjagd diente dem
Großmut der Christenheit, ihrer Ansicht nach. Sie glaubten, dass die
Hexerei die Schlüsselwerte der Gesellschaft, die gestörte göttliche
Ordnung, umkehrte, das göttliche Recht der Könige herausforderte (die
Lehre, dass die Herrscher ihr Recht zu herrschen von Gott haben) und die
Majestät Gottes beleidigte. Es wurde gedacht, dass die Hexenjagd die
Seelen rettet und den Zorn Gottes linderte, indem sie die Gesellschaft des
Bösen zerschmettert, wenn die Endzeit auftaucht.
Die Bürgermeister dagegen wollten einfach nur Erleichterung von den
Übeltätern der Folklore, die, wie sie glaubten, ihnen schaden, ihre Kinder,
ihr Vieh und ihre Getreide. Es waren Graswurzel-Beschwerden, die die
meisten Hexenjagden begannen. Wenn die Behörden zu langsam waren,
um zu handeln, waren die Bauern in der Lage, verdächtige Nachbarn zu
lynchen.
Obwohl der körperliche Schaden viel häufiger als der Diabolismus in den
Anschuldigungen der gemeinen Menschen gegen mutmaßliche Hexen
auftauchte, bevölkerten ihren Volksglauben die Gelehrten von Bodin und
anderen auf komplexe Weise. Durch Predigten, Klatsch, Prüfungsberichte
und lächerlich illustrierte Hexenbücher (besonders beliebt in Deutschland),
lernten alle, was Hexen taten und wie sie zu erkennen waren.
Die 30.000 bis 50.000 Opfer der europäischen Hexenjagden wurden nicht
gleichmäßig durch Zeit und Raum verteilt, auch unter bestimmten
Gerichtsbarkeiten. Drei Viertel Europas sahen keinen einzigen Versuch.
Die Hexenverfolgung verbreitete sich aus dem ersten Zentrum des alpinen
Italiens im frühen 15. Jahrhundert, das sich in Polen ausbreitete, wo die
Hexengesetze im Jahre 1788 endgültig aufgehoben wurden. Das Zentrum
hatte in der Regel aufgehört, Hexen zu prüfen, bevor die Peripherien
begannen.
Die spanische Straße, die sich von Italien bis in die Niederlande erstreckte,
war auch eine „Hexenstraße“. Die katholisch-beherrschte spanische
Niederlande (heutiges Belgien) sahen weit schlechtere Verfolgungen als
die protestantisch regierten Vereinigten Provinzen der Niederlande, die bis
1600 aufgehört hatten, verurteilte Hexen zu verbrennen. In den deutschen
Städten Brandenburg und Mecklenburg gab es frühe Panik, auch in
Lothringen, Frankreich und Teilen der Schweiz und Schottland. Das
Rheinland und Süddeutschland erlitten schwere Ausbrüche, von den
deutschen kirchlichen Gebieten am stärksten. Drei Viertel aller
Hexenversuche fanden in den katholisch-beherrschten Gebieten des
Heiligen Römischen Reiches statt. Aber das katholische Portugal, Kastilien
und spanisch regierte Italien, und die orthodoxen Länder Osteuropas sahen
praktisch keine. Die Panik in Salem, Massachusetts, war so schlimm wie
in England, aber es scheint keine Hinrichtungen in den lateinischen
Kolonien der Neuen Welt gegeben zu haben.
Die Stadt Baden, in Deutschland, verbrannte zum Beispiel 200 Hexen von
1627 bis 1630, mehr als alle verurteilten Hexen, die in Schweden ums
Leben kamen. Die winzige Stadt Ellwangen, in Deutschland, verbrannte
393 Hexen von 1611 bis 1618, mehr als Spanien und Portugal kombiniert
je ausgeführt. Der katholische Fürstbischof von Würzburg, in Deutschland,
verbrannte 600 Hexen von 1628 bis 1631, mehr Hexen als jemals im
protestantischen Schweden, Norwegen, Finnland und Island zusammen.
Der schweizerische Kanton Waadt führte von 1611 bis 1660 etwa 1.800
Hexen in den Tod, verglichen mit Schottlands Opferzahlen von 1.300 is
1.500 und Englands Zahlen von 500. Der Anspruch einiger katholischer
Apologeten, dass Königin Elisabeth I. 800 Hexen im Jahr hingerichtet
habe, ist grobe Verleumdung. Allein in Südwestdeutschland wurden
zwischen 1562 und 1684 etwa 3.000 Personen für Hexerei hingerichtet,
mehr als von den spanischen, portugiesischen und römischen Inquisitionen
zwischen 1500 und 1800 durchgeführt wurden. Alle drei dieser
Inquisitionen verbrannten weniger als ein Dutzend Hexen insgesamt.
Der am meisten gefürchtete Laien-Jäger war Nicholas Remy,
Generalstaatsanwalt von Lothringen, der in einem Jahrzehnt (1581-1591)
900 Personen an den Pfahl rief. Aber der allzeitige Großmeister der
Hexenmeister war Ferdinand von Wittelsbach, katholischer Fürst-
Erzbischof von Köln, der in den 1630er Jahren 2.000 Mitglieder seiner
Herde verbrannte.
Lasse niemand argumentieren, dass Hexenjagd eine überwiegend
protestantische Tätigkeit war. Sowohl katholische als auch protestantische
Länder sahen heiße und schwere Jagden. Dämonologen und Kritiker
kamen aus beiden religiösen Lagern.
Lokale Faktoren, nicht religiöse Loyalitäten, bestimmen die Schwere der
Hexenverfolgung. Das römische Gesetz auf dem Kontinent war härter als
das englische Common Law. Die Verfolgung von Mannszauber allein, wie
England und Skandinavien es taten, ergaben weniger Opfer als die
Verfolgung des Diabolismus (in Schottland und Deutschland) oder der
weißen Magie (in Lothringen und Frankreich). Unbegrenzte Folter in
Deutschland veranlasste mehr Bekenntnisse als die begrenzte Folter in der
Region in Frankreich. Methoden wie Schlaf-Entzug waren auch wirksame
Möglichkeiten zur Erhöhung der Anzahl der Bekenntnisse.
Das Ignorieren von durch Folter beschafften Bekenntnissen bewahrten
Dänemark vors Deutschlands schrecklichen Kettenreaktionen, in denen
angeklagte Hexen wiederum andere Hexen verklagten. Beweise aus den
Taten der Ankläger war eine bedeutende Verfolgungsbehörde in Salem. Ein
Hexenzeichen zu finden, das unempfindlich gegen das Stechen „oder die
Zitzen einer Hexe“, sicherte in Schottland und England die
Überzeugungen; Ungewissheit über die Glaubwürdigkeit der
Hexenzeichen gewann Freisprüche in Genf. Es gab Kinder-Zeugen – oft
bösartige Lügner - in Schweden, dem Baskenland in Spanien, Deutschland
und England in der Hysterie.
Professionelle Hexenfänger hatten einen leichten Einfluss. Der bekannteste
dieser freiberuflichen Ankläger war der englische Matthew Hopkins, der
bis 1647 bis 1647 bis zu 200 Personen verurteilte. Aber auch spezielle
Inquisitoren oder Ermittlungsausschüsse waren tödlich. Lokale Richter
waren in der Regel härter als professionelle Juristen von außerhalb der
Gemeinschaft. Zentralbehörden verschonten angeklagte Hexen in
Dänemark, Frankreich, Schweden und Österreich. Ein informeller Appell
von Ministern außerhalb Salems hielt die Panik dort auf.
Die Hexenjagd war typischerweise Teil breiterer Kampagnen, um
widerspenstiges Verhalten zu unterdrücken und religiöse Orthodoxien
aufzuzwingen. Die Jagd spielte in einer Welt der schrumpfenden
Gelegenheiten für das gewöhnliche Volk. Frühe moderne Dorfökonomien
waren oft Nullsummenspiele, wo der Tod einer Kuh eine Familie ruinieren
konnte. Die Bauern wurden in Kontakt mit ihren Nachbar-Feinden
eingesperrt. Fehden konnten für Generationen dauern.
Die Ärmsten waren die häufigsten Ziele der Hexenjagden, aber manchmal
auch soziale Untergebene und sogar Kinder machten die Tafeln voll,
indem sie ihre reichen Vorgesetzten der Hexerei anklagten.
Frauen waren deutlich öfter als Männer in Hexenprüfungen, sowohl als
Angeklagte als auch als Ankläger. Nicht nur, dass Sprengers Bild von
Frauen als den lustvolleren und böseren den Verdacht hervorbrachte; die
Tatsache, dass Frauen einen niedrigeren sozialen Status hatten als Männer,
machte es leichter, sie zu beschuldigen. In den meisten Regionen waren
etwa 80 Prozent der angeblichen Hexen weiblich. Frauen waren dann so
wahrscheinlich, dass sie als Hexen angeklagt wurden, da Männer Heilige
oder heftige Verbrecher waren. Das war, weil Frauen in der Regel mit
Flüchen statt mit Stahl kämpften. Obwohl das Stereotyp nicht immer
passte, wurde die britische Hexe gewöhnlich als furchtbar, aggressiv,
unnachbarlich und oft abstoßend dargestellt, kaum die sanfte Heilerin der
neopaganischen Phantasie. Ihre bunten Flüche könnten alles
verunreinigen, selbst „das kleine Schwein, das im Stall liegt“. Sie
vergrößerte ihre Kräfte, um andere zu erschrecken und Gefallen zu
erpressen. Wenn sie nicht geliebt werden konnten, wollte sie gefürchtet
werden.
Alternativ wurde von den Hexen von Lothringen gesagt, sie seien „fein
und schlau, vorsichtig, nicht mit Menschen zu streiten oder sie zu
bedrohen“. Effiziente Komplimente waren Anzeichen einer vermuteten
Hexerei in Lothringen, und unterdrückte Wut könnte unheilvoll sein.
Unschuldig an den unmöglichen Verbrechen, die mit der Hexerei
verbunden waren, bedeutete nicht unbedingt, dass Hexenjagdopfer „nett“
waren. Einige waren Prostituierte, Bettler oder kleine Verbrecher.
Österreichs Zauberjaeckl-Untersuchungen (1675-1690) bestraften als
Hexen Menschen, die eigentlich gefährliche Verbrecher waren. Die Magic
Jacket Society, die in diesen Versuchen verfolgt wurde, war eine barocke
Version der Engel der Hölle, die Waifs rekrutierte, die sie durch schwarze
Magie, Sodomie und Beschwörungen mit Mäusen kontrollierten. Der
Fürst-Erzbischof von Salzburg, Österreich, verbot gnädig, die Mitglieder
der Gesellschaft zu zwingen, die unter zwölf Jahre alt waren. Aber noch
200 wurden getötet.
Hexenjagd konnte endemisch oder epidemisch sein. Ihre Dynamik
variierte. Kleine Panik (weniger als 20 Opfer) tendierte dazu, in Dörfern
zu kommen, die sich um die Männer kümmerten. Ihre Opfer waren oft
arme, widerwärtige Personen, zu deren Entfernung der Rest der Gemeinde
applaudierte.
Wenn kleine Panik von lange glühenden Ängsten über Nachbarn genährt
wurde, explodierten die Großen ohne Vorwarnung, töteten Leute aller
Klassen und Konditionen und zerrten soziale Bindungen auseinander. Die
schlimmsten Beispiele hierfür waren in Deutschland, wo die unbegrenzte
Verwendung von Folter (im Widerspruch zum kaiserlichen Recht) eine
ständig wachsende Welle von Bekenntnissen hervorrief.
Große Hexen-Panik begann mit den üblichen obskuren Verdächtigen und
verarbeitete die soziale Skala bis zu wohlhabenden Bürgern, renommierten
Matronen, hochrangigen Klerikern, Stadtbeamten und sogar Richtern. Je
länger eine Panik war, desto höher war der Anteil der männlichen und
wohlhabenden Opfer.
Nach dem holländischen Jesuiten Cornelius van Loos konnten die
Beschlagnahmungen von vermuteten Hexen in großen Paniken „Gold und
Silber aus menschlichem Blut“ münzen. Die Jugendlichen waren rechtlich
alt genug, um zu verbrennen, sobald sie „Gold von einem Apfel“
unterscheiden konnten. In Würzburg wurden Kinder, die neun Jahre alt
waren, mit dem Neffen des Bischofs verbrannt, und Jungen im Alter von
drei und vier wurden als Satans Opfer eingesperrt.
Einige der deutschen Prüfungen wurden durch Absprachen,
Bestechungsgelder und Vergewaltigung beeinträchtigt. Unaussprechliche
Folterungen waren Routine. 17 verschiedene Arten wurden von „dem
sächsischen Gesetzgeber“, Benedikt Carpzov, während des 17.
Jahrhunderts autorisiert. Bekenntnis „ohne Folter“ in Deutschland
bedeutete ohne Folter, die Blut nach sich zog. Fast alle, die das zerbrach,
es zerbrach auch die Untadeligen.
Doch Hexen haben sich manchmal selbst eingeschaltet und bekannten sich
spontan, das Äquivalent des heutigen „Selbstmordes durch die Polizei“.
Die gleiche Melancholie, Frustration und Verzweiflung, die sie
behaupteten, die sie hätten sie in die Arme des Teufels getrieben, brachten
sie bereitwillig zum Pfahl. Sie hatten anscheinend die Wunsch-Erfüllungs-
Phantasien der Lust und Rache in den Kinos ihres Verstandes gesehen.
Trotzdem hofften sie, ihre Seelen durch Schmerzen zu retten.
Ein paar tapfere Männer sprachen für Gerechtigkeit. Im Jahre 1563 lenkte
Johann Weyer, ein protestantischer Hofarzt, die Aufmerksamkeit auf die
Grausamkeit der Prüfungen und die geistige Inkompetenz vieler
Angeklagten. Ein englischer Landgouverneur Reginald Scot verspottete
die Hexerei als päpstlicher Quatsch im Jahre 1584. Im Jahre 1631
verkündete der Jesuit Friedrich von Spee, Beichtvater der Hexen in Mainz,
sie seien unschuldige Opfer. Van Loos, Zeuge der Schrecken der
Hexengerichte in Trier, hatte sein Manuskript im Jahre 1592
beschlagnahmt gesehen, bevor es veröffentlicht werden konnte, und wurde
selbst inhaftiert und verbannt.
Ironischerweise stellte ein spanischer Inquisitor namens Alonso Salazar y
Frias die dramatischste Herausforderung für die Hexenjagd auf. Im Jahre
1609 ging eine Panik unter den französischen Basken in den westlichen
Pyrenäen von der Biskaya in die Navarra-Region in Spanien, wo sechs
angeklagte Hexen auf den Scheiterhaufen gingen. Aber Salazar, der in
diesem Prozeß ein Richter gewesen war, wurde skeptisch, als die Panik
sich erweitert hatte, um 1.800 Verdächtige zu bekommen, davon 1.500
Kinder. Baskische Hexenbekenntnisse beinhalteten so unglaubliche Details
wie Familienmitglieder in Form von kostümierten Kröten, die
Kinderhexen mit kleinen Gaunern bei Sabbaten gehütet hätten.
Salazar's Zeugnis hatte angebliche magische Substanzen getestet und
Logik zu dem Schluss angewendet, dass die angeblichen Hexen einfach
ein Artefakt der Hexenjagd waren. „Es gab weder Hexen noch Verhexte,
bis über sie gesprochen und geschrieben wurde“, berichtete er im Jahre
1610. Mit hartnäckiger Praxis bewirkte Salazar eine Entscheidung von
seinen Vorgesetzten, die die Angeklagten 1614 befreite. Die spanische
Inquisition führte nie eine andere Hexe in den Tod; noch erlaubte sie es
den säkularen Behörden, dies nach einem Ausbruch in Katalonien zu tun,
der mehr als 300 Hexen zwischen 1616 und 1619 gehängt hatte. Was in die
schlimmste Hexenpanik Europas hätte ausbrechen könnte, wurde von
Einem Mann ausgelöscht.
Langsam wurden die Kritiker bestätigt und die Asche während des 18.
Jahrhunderts in ganz Europa gekühlt. Das war kein einfacher Triumph der
Aufklärungsweisheit. Hexen-Überzeugungen beharrten - wie sie es heute
tun - aber Hexen waren nicht mehr mit Folter, Galgen oder Schwertern
konfrontiert. Die große Hexen-Panik hatte eine Art psychische Müdigkeit
hinterlassen. Durch die Erkenntnis, dass Unschuldige grausam in den Tod
geschickt worden waren, vertrauten die Menschen nicht mehr die Urteile
ihrer Gerichte.
Nach einem 20. Jahrhundert, unübertroffen im Blutvergießen, ist die Welt
heute nicht in der Lage, das frühe moderne Europa zu verunglimpfen.
Hexenjagden haben viel gemeinsam mit unseren eigenen politischen
Säuberungen, imaginierten Verschwörungen und Gerüchten des rituellen
Kindesmissbrauchs gemein. Unsere Fähigkeit, den Hass auf den Feind zu
projizieren, ist so stark wie immer.
Die Wahrheit über die Hexenjagd ist es wert, um ihrer selbst willen zu
wissen. Aber die Frage hat für die Katholiken Bedeutung, weil sie
Munition für Rationalisten, Heiden und radikale Feministinnen gegeben
hat, um die Kirche anzugreifen. Es ist hilfreich zu wissen, dass die Zahl
der Opfer grob übertrieben wurde und dass die Gründe für die
Verfolgungen so viel mit sozialen Faktoren wie mit religiösen zu tun
hatten.
Aber obwohl die Katholiken durch überanstrengende Apologeten über die
Rolle der Kirche bei der Verfolgung von Hexen trösten, müssen wir uns
unserer tragischen Vergangenheit stellen. Mit-Katholiken, mit denen wir
für immer in der Gemeinschaft der Heiligen eingebunden sind, haben
schmerzlich gegen die wegen Hexerei angeklagten Menschen gesündigt.
Wenn unser historisches Gedächtnis wirklich gereinigt werden wird, dann
kann der Rauch aus den brennenden Zeiten endlich sich zerstreuen.
Christen aller Hintergründe teilen sich eine gemeinsame Schande in Bezug
auf ihre Behandlung von Hexen. Es war eine sehr dunkle Zeit in der
Geschichte, egal ob es sich um eine katholische oder protestantische
Gesellschaften handelte. In diesem Artikel werden wir versuchen, die
Tatsache aus der Fiktion über die Hexenverbrennungen des Mittelalters zu
klären.
In den letzten 20 Jahren haben praktisch alle seriösen säkularen Historiker
die Zahlen auf 40.000 bis 60.000 revidiert, und weniger als 500 dieser
Todesfälle wurden durch die Inquisition direkt von der Kirche verursacht.
Obwohl diese Todesfälle unentschuldbar sind, sind sie weit weg von der
Neun-Millionen-Zahl, die im populären (aber unhistorischen) Film mit
dem Titel „die brennenden Zeiten“ zitiert wird. Jenny Gibbons gehört zu
einer Wicca-Bewegung und sie ist auch eine Historikerin. Wenn jemand
gegen die Kirche sein sollte, wäre sie es. Sie schrieb einen Artikel auf der
heidnischen Seite „Covenant of the Goddess“. Obwohl die Seite und die
Wicca-Bewegung im Allgemeinen mich ärgerlich machen, ist ihr Artikel
atemberaubend. Sie hat ein Diplom in der mittelalterlichen Geschichte und
ein Diplom in der Großen Jagd. Wir haben einen großen Respekt vor der
Integrität, mit der sie die Wahrheit über die brennenden Zeiten ihren
Wicca-Genossinnen offenbart:
Seit den späten 1970er Jahren fand eine stille Revolution im Studium der
historischen Hexerei und der großen europäischen Hexenjagd statt. Viele
Theorien, die vor zwanzig Jahren herrschten, sind verschwunden, von
einer Flut neuer Daten weggefegt. Die Quantität und die Qualität der
verfügbaren Beweise hat sich dramatisch verbessert. Heute haben wir zum
ersten Mal eine gute Vorstellung von den Dimensionen der Großen Jagd:
wo die Gerichte aufgetreten sind, wer in ihnen verurteilt wurde, wer das
Töten gemacht hatte, und wie viele Menschen ihr Leben verloren haben.
Jeder Aspekt der Großen Jagd, von der Chronologie bis zur Zahl der
Todesopfer, hat sich geändert. Und wenn dein Wissen über die brennenden
Zeiten auf populärer oder heidnischer Literatur basiert, kann fast alles, was
du zu wissen meinst, falsch sein.
Seit Jahren ist die Verantwortung für die Große Jagd von der katholischen
Kirche entlassen worden. Historiker des 19. Jahrhunderts schrieben die
Verfolgung der religiösen Hysterie zu. Und als Margaret Murray
vorschlug, dass Hexen Mitglieder einer heidnischen Sekte waren, träumten
die populären Schriftsteller, dass die Große Jagd keine bloße Panik sei,
sondern ein bewußter Versuch, die rivalisierende Religion des
Christentums zu vernichten. Heute wissen wir, dass es absolut keine
Beweise gibt, um diese Theorie zu unterstützen.
Als die Kirche auf dem Höhepunkt ihrer Macht war (11.-14. Jahrhundert),
waren nur wenige Hexen gestorben. Die Verfolgungen erreichten erst nach
der Reformation den Charakter einer Epidemie, als die katholische Kirche
ihre Position als unbestreitbare moralische Autorität Europas verloren
hatte. Darüber hinaus wurde der Großteil der Tötung von säkularen
Gerichten durchgeführt. Kirchengerichte verurteilten viele Hexen, aber sie
verhängten in der Regel nicht-tödliche Strafen. Eine Hexe konnte
exkommuniziert, mit Buße versehen oder eingesperrt werden, aber sie
wurde selten getötet. Die Inquisition verzieh fast immer jeder Hexe, die
gestand und bereute.
Auf der Höhe der Großen Jagd (1567-1640) wurde eine Hälfte aller
Hexenvorwürfe, die vor den Kirchengerichten erhoben wurden, wegen
mangelnder Beweise abgewiesen. Es wurde keine Folter verwendet, und
die Angeklagte konnte sich durch die Bereitstellung von vier bis acht
Zeugen entlasten, Menschen, die bereit waren zu schwören, dass sie keine
Hexe war, Nur 21 Prozent der Fälle endete mit Urteilen, und die Kirche
verhängte keine Körperstrafen oder Todesstrafen.
Ironischerweise waren die schlimmsten Gerichte örtliche Gerichte.
Gemeinschaftsbasierte Gerichte waren oft virtuelle Schlachthöfe und
töteten 90 Prozent aller angeklagten Hexen. Die nationalen Gerichte
tendierten dazu, professionelle, geschulte Mitarbeiter zu haben, Männer,
die weniger wahrscheinlich waren, wichtige Rechtssicherheiten in ihrer
Eile, Gerechtigkeit zu üben, anzuwenden.
Aber was ist mit der Inquisition? Für viele sind die „Inquisition“ und die
„brennenden Zeiten“ praktisch gleichbedeutend. Der Mythos der
Hexenjagd-Inquisition baut auf mehreren Annahmen und Fehlern auf, die
alle in den letzten fünfundzwanzig Jahren aufgehoben wurden.
Ein gemeinsamer Übersetzungsfehler sagte, dass eine Hexe „durch die
Inquisition“ verurteilt wurde. Später, als die Historiker die Aufzeichnungen
detaillierter untersuchten, fanden sie, dass die Mehrheit nicht die
Inquisition, nur eine Inquisition, das heißt eine gerichtliche Untersuchung
meinten. Ältere und populärere Texte haben immer noch die Inquisition,
die Hexen in Zeiten und Orten tötet, wo sie gar nicht existierte.
In den 1970er Jahren, als feministische und neo-heidnische Autoren ihre
Aufmerksamkeit auf die Hexenprozesse lenkten, war der Malleus
Maleficarum (Hammer der Hexen) das einzige Handbuch, das in der
Übersetzung verfügbar war. Die Autoren gingen naiv davon aus, dass das
Buch ein genaues Bild davon abgäbe, wie die Inquisition Hexen
untersuchte. Heinrich Krämer, der verstorbene Autor des Textes, wurde als
typischer Inquisitor hingestellt. Seine eher atemberaubenden sexuellen
Anliegen wurden als „offizielle“ Position der Kirche zur Hexerei
präsentiert. Tatsächlich lehnte die Inquisition sofort die gesetzlichen
Verfahren ab, die Krämer empfahl, und zensierte den Inquisitor selbst nur
wenige Jahre nach der Veröffentlichung des Malleus. Weltliche Gerichte,
nicht inquisitorische, griffen auf den Malleus zurück.
Lamothe-Langons' notorisch geschmiedete Versuche waren das letzte
große Stück „Beweis“, und als sie fielen, untersuchten die Gelehrten die
Rolle der Inquisition in den brennenden Zeiten. Was sie fanden, war
ziemlich verblüffend. Im Jahre 1258 weigerte sich Papst Alexander IV.
ausdrücklich, der Inquisition die Erlaubnis, Hexerei zu untersuchen: „Die
Inquisitoren, die zur Erforschung der Ketzerei gedacht sind, dürfen nicht in
die Erforschung der Weissagung oder der Zauberei eindringen.“ Der Glanz
auf dieser Passage erklärte, was „manifeste Häresie“ bedeutete: „an den
Altären der Götzen zu beten, heidnische Opfer zu opfern, Dämonen zu
konsultieren, Reaktionen von ihnen hervorzurufen, oder wenn sich die
Hexen öffentlich mit Ketzern verbinden.“ Mit anderen Worten, im 13.
Jahrhundert betrachtete die Kirche keine Hexenketzer oder Mitglieder
einer rivalisierenden Religion.
Es war erst 1326, fast 100 Jahre später, dass die Kirche ihre Position
umkehrte und der Inquisition erlaubte, Hexerei zu untersuchen. Aber der
einzige signifikante Beitrag, der gemacht wurde, war in der Entwicklung
der Dämonologie, der Theorie des diabolischen Ursprungs der Hexerei.
Wie John Tedeschi zeigt, spielte die Inquisition bei der Verfolgung immer
noch eine sehr geringe Rolle. Von 1326-1500 traten nur wenige Todesfälle
auf. Richard Kieckhefer fand 702 definitive Hinrichtungen in ganz Europa
von 1300-1500; von diesen kamen nur 137 von inquisitorischen oder
kirchlichen Gerichten. Zu der Zeit, als die Untersuchungen gemeinsam
waren (Anfang des 16. Jahrhunderts), konzentrierte sich die Inquisition auf
die Protestanten. Als die Gerichte im 16. und 17. Jahrhundert ihren
Höhepunkt erreichten, war die Inquisition nur in zwei Ländern tätig:
Spanien und Italien, und beide hatten extrem niedrige Todesopfer.
In der Tat, in Spanien war die Inquisition fleißig, um Hexenproben auf ein
Minimum zu reduzieren. Um 1609 löste eine französische
Hexenverrücktheit eine Panik in den baskischen Gebieten Spaniens aus.
Gustav Henningsen dokumentierte die Arbeit der Inquisition in brillanten
Details. Obwohl einige Inquisitoren die Anklagen glaubten, überzeugte ein
Skeptiker La Suprema (den herrschenden Körper der spanischen
Inquisition), dass dies eine grundlose Hysterie war. La Suprema
antwortete, indem er ein „Edikt des Schweigens“ erließ und alle
Diskussionen über Hexerei verbot. Denn wie der skeptische Inquisitor
bemerkte: „Es gab weder Hexen noch Verhexte, bis darüber gesprochen
und geschrieben wurde.“
Die Hexengerichtsdokumente zeigten, dass es keine „durchschnittliche“
Hexe gab: Es gab keine Eigenschaft, die die Mehrheit der Hexen in allen
Zeiten und Orten teilte. Nicht das Geschlecht. Nicht der Reichtum. Nicht
die Religion. Nichts. Das einzige, was sie vereint, war die Tatsache, dass
sie der Hexerei angeklagt wurden. Die Vielfalt der Hexen ist eines der
stärksten Argumente gegen die Theorie, dass die Große Jagd ein bewusstes
Pogrom war, der auf eine bestimmte Gruppe von Menschen gerichtet war.
Wenn das wahr wäre, dann hätten die meisten Hexen etwas gemeinsam.
Jenny ist eine Wicca-Historikerin, die schriftlich für den Covenant of the
Goddess arbeitet. Ich zitiere Jenny wegen ihres Wicca-Hintergrundes.
Wenn irgendeine Gruppe gegen den Katholizismus wäre, wäre es diese,
aber sie hatte die Integrität, die Ergebnisse ihrer Forschung zu melden. Wir
haben auch ähnliche Informationen von weltlichen und religiösen
Historikern gefunden.
Was war mit Johanna von Orleans?
Johanna von Orleans ist eine große Heilige, aber hat die „katholische
Kirche“ sie nicht auf dem Scheiterhaufen verbrannt? Ist das nicht der
Beweis für die Ansicht, dass die Kirche gegen Frauen war?
Um die Situation von Johanna von Orleans zu verstehen, müssen wir den
Kontext betrachten. Während der frühen Jahre um 1400 gab es einen
Bürgerkrieg in Frankreich, der in zwei kriegführenden Parteien der
königlichen Familie ausbrach. Dies ließ das Land anfällig für den Angriff
der Briten. Die Briten haben fast ganz Frankreich entführt.
Ab dem Alter von 12 Jahren hatte Jojanna Visionen von der heiligen
Katharina von Siena und Sankt Michael (der einige Jahre zuvor zum
Schutzpatron der französischen Armee erklärt worden war). Zuerst sagten
die Visionen und Stimmen nur, sie solle zur Kirche gehen und sie solle ihre
Jungfräulichkeit beschützen. Aber als es für Frankreich verzweifelt wurde,
sagten die Stimmen, sie solle eine Armee gegen die Briten führen, denn
Gott wollte, daß der Dauphin Karl von Frankreich der Herrscher und
König dieses Landes sei.
Nach viel Mühe gewann sie Herzog Karl von Frankreich und gewann sein
Vertrauen, indem er ihm von seinen geheimen Gebeten erzählte.
In Frankreich sagten die größten Theologen Karl, dass er ihr königliches
Kommando einer Armee gewähren könne, eine Anordnung, die
gelegentlich religiösen Visionären während des Mittelalters gegeben
wurde. Ein von einem Venezianer geschriebener Bericht stellt fest, dass
ihre Fähigkeit, sich gegen die gelehrten Theologen zu behaupten, ihr einen
Ruf als „eine andere heilige Katharina, auf die Erde gekommen“ gab, und
diese Reputation begann sich zu verbreiten.
Der Herzog Karl gab ihr ein Regiment und sie führte ein französisches
Bataillon gegen die Engländer und machte den ganzen Krieg im Grunde.
Es gelang ihr, Karl zum König von Frankreich zu krönen.
Natürlich ärgerte sich der andere Teil der französischen Königsfamilie, die
um die Krone wetteiferte. Sie haben es geschafft, sie zu verraten und sie
wurde gefangen genommen. Sie verkauften sie an die Engländer, die sehr
bitter waren, von den Franzosen geschlagen worden zu sein. Ich muss
sagen, dass die Engländer nicht gut verlieren können, besonders gegen
eine Frau. Jedenfalls war es das englische Gericht, das Johanna unter der
Schirmherrschaft einer Inquisition prüfte. Aber es war im Grunde eine
Farce. Die Engländer wollten diese französische Heldin, die sie besiegt
hatte, töten. Sie haben viele Wege versucht, sie zu überführen. Sie
versuchten zu beweisen, dass sie eine Hexe war, aber Johanna wies das
zurück, und der Vorwurf wurde fallen gelassen. Schließlich verurteilten sie
sie, indem sie ihre Tücher im Gefängnis entfernten und versuchten, sie zu
vergewaltigen, und als sie die Tücher anzog, um sich zu schützen,
verurteilten sie sie als einen Ketzer.
Der Tod von Johanna von Orleans war eine Schlag der Inquisition, die von
den Engländern aufgestellt wurde, um die französische Heldin zu töten, die
sie besiegte. Es ging nicht um Ketzerei, es ging nicht darum, dass die
Kirche den Daumen auf Frauen legte. Tatsächlich ermächtigte sie die
französische Kirche, die französischen Truppen als religiöse Visionärin
gegen die Engländer zu führen.
Einige dieser Männer, Gerichts-Beamte, gaben später zu, dass die
Engländer das Verfahren für die Zwecke der Rache geführt hatten statt aus
irgendeinem echten Glauben, dass sie ein Ketzer wäre.
Es wäre nicht gekommen, bis die Engländer endlich aus Rouen im
November 1449, nahe dem Ende des Krieges, vertrieben wurden, dass der
langsame Prozeß der Wiederaufnahme des Falles eingeleitet wurde. Dieser
Prozeß führte zu einem posthumen Freispruch eines Inquisitors namens
Jean Bréhal, der während des Krieges ironischerweise Mitglied einer
englisch-geführten Institution war. Bréhal behauptete dennoch, dass sie
illegal und ohne Grundlage von einem korrupten Gericht verurteilt worden
sei, das im Geist „offensichtlicher Bösartigkeit gegen die römisch-
katholische Kirche war und sogar Ketzerei“. Der Inquisitor und andere
Theologen, die für den Aufruf konsultiert wurden, verurteilten daher
Cauchon und die anderen Richter und beschreiben Johanna als Märtyrerin
und bildeten den Weg für ihre Seligsprechung im Jahre 1909 und die
Heiligsprechung im Jahre 1920, zu welcher Zeit auch englische
Schriftsteller und der Klerus nicht länger die Opposition einnahmen, die
ihre Vorgänger hatten. Während des Ersten Weltkriegs, inmitten des
Heiligsprechungsprozesses und einer Periode französisch-englischer
Entspannung, zollten alliierte Soldaten der Heldin Tribut, indem sie ihren
Namen auf Schlachtfeldern anriefen.
Johanna forderte fortwährend ihr Recht darauf, den Papst zu sehen, aber
das korrupte englische Gericht wollte es nicht zulassen, weil sie wussten,
dass der Papst sie frei gesetzt hätte. Das war kein kirchliches Verbrechen,
es war ein Verbrechen der Engländer gegen die Franzosen, die als
katholische Inquisition dünn verkleidet waren. Aber das Gericht war gegen
den Papst und das Lehramt. Es ist kein Wunder, dass England abgetrennt
wurde, um seine eigene Kirche 150 Jahre später zu bilden. Johanna von
Orleans ist eine unserer größten Heiligen und wir sind stolz auf sie.
Was aber ist Hexerei?
Ich gehe nicht in eine detaillierte Beschreibung der Hexerei des
Mittelalters, aber hier sind ein paar Grundlagen. Hexerei war die
Gebrauchskraft anderer als göttlicher Kräfte, um paranormale Tätigkeiten
durchzuführen. Im Falle der schwarzen Magie war die Absicht, Schaden zu
verursachen, um Krankheit, Tod von Erwachsenen, Säuglingen oder
Viehbeständen, Hagelstürme usw. zu verursachen. Weiße Magie wurde
verwendet, um der schwarzen Magie entgegenzuwirken. Harry Potter
macht eine ziemlich gute Arbeit, die Geschichte der Hexerei aus
verschiedenen Perspektiven zusammenzufassen. Hexerei war eine
erworbene Fähigkeit, es war etwas, was gelernt wurde. Es war nicht etwas,
mit dem man geboren ist. Harry Potter zeigt auch, wie weiße Magie gegen
schwarze Magie verwendet wurde. Weiße Magie wuchs aus einer Antwort
auf schwarze Magie.
Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts setzte die Kirche die Rolle der Hexerei
herunter. Die kirchliche Meinung über Hexerei aus der theologischen
Perspektive wurde bis zum Ende des Mittelalters nicht formuliert. Davor
versuchte die Kirche, sie als abergläubisch zu entmutigen, anstatt sie eine
wirkliche Macht zu nennen. Doch nach dem schwarzen Tod, der Pest,
änderten sich die Dinge sehr. Die Leute begannen, Hexerei ernst zu
nehmen und sie als eine echte Bedrohung zu betrachten. Jeder damals
glaubte, dass Hexerei echt war und dass sie tatsächlich Schaden anrichten
könnte. Also haben sie sie so behandelt, wie sie andere Formen ernster
Schäden wie Mord behandelt haben. Es gibt viele biblische Verse, auf die
die Kirche bereit war sich zu beziehen. (Exodus 22,17, Galater 5, 19-21
und das Buch der Offenbarung.)
In der Hexerei, wie allgemein verstanden, ist die Idee eines teuflischen
Paktes oder zumindest ein Appell an die Intervention der Geister des
Bösen beteiligt. In solchen Fällen wird diese übernatürliche Hilfe
gewöhnlich dazu berufen, den Tod einer widerspenstigen Person zu
bewirken oder die Leidenschaft der Liebe in denjenigen zu wecken, die die
Gegenstände des Verlangens sind, oder die Toten heraufzurufen oder
Unglück oder Impotenz auf Feinde zu bringen, Konkurrenten und
Unterdrücker. Das ist keine erschöpfende Aufzählung, aber diese
repräsentieren einige der Hauptzwecke, die mit der Hexerei gemacht
wurden, um in fast allen Perioden der Weltgeschichte zu dienen.
Es gibt eine Menge von Fehlinformationen, die den Hexen-Wahnsinn im
Herzen der katholischen Inquisition annimmt. Es ist wahr, dass die Kirche
Hexen vor Gericht gestellt hat. Die Bulle Summis desiderantes affektibus
von Papst Innozenz VIII. (1484) beschäftigte sich mit Hexerei und
Ketzerei. Henrik Krämer und Jakob Sprenger, Inquisitoren, legten ein
Handbuch namens "Malleus Maleficarum" (der Hammer der Hexen) an.
Es war ein schlechtes Buch.
Die katholische Kirche hatte nichts mit den Salem-Hexenverbrennungen in
den USA zu tun, das war eine protestantische Sache, wie die Hexenbrände
in Schottland, England und den meisten in Deutschland. Es gab auch viele
weltliche Institutionen, die Hexen verbrannten.
Das Buch von Lamothe-Langon, genannt „Histoire de l'Inquisition en
France“, verantwortlich für viele der Überschätzungen der Inquisition bei
den Hexentodesfällen in Südfrankreich, war eine Fälschung. Dieses Buch
hatte einen wichtigen Einfluss auf die Enzyklopädie der Hexerei und der
Dämonologie.
Die katholische Inquisition wandte sich nur an getaufte Katholiken, die
Hexerei praktizierten. Die Inquisition hatte nichts mit heidnischen,
weltlichen oder protestantischen Hexen zu tun.
Im Jahre 1485 starb die Inquisition mit der Hexenjagd. Institoris begann
1485 in Innsbruck eine Hexenkampagne, wurde aber vom Bischof von
Brixen schwer kritisiert.
Obwohl es Gerichte von Hexen vor dem "Hexenwahn" von 1580-1645
gab, waren vor diesem Zeitraum die Prozesse verstreut und nicht sehr weit
verbreitet. Die Reformation war in vollem Gange während des
Hexenwahns, und es war nicht mehr eine „eine-Kirche-Welt“.
Etwa 25 Prozent der Hexen, die starben, waren Männer. Obwohl der
"Malleus Maleficarum" die ungünstige Einstellung zu den Frauen während
dieser Zeitspanne widerspiegelte, waren die katholischen Hexenprozesse
kein geschlechtsspezifisches Ding, es ging darum, Menschen zu bestrafen,
die mit dem Teufel einen Pakt gemacht hatten.
Luther, Calvin und ihre Anhänger waren völlig in den volkstümlichen
Glauben, dass die Macht des Teufels, wie sie durch Hexerei und andere
magische Praktiken ausgeübt wird, durch Gewalt gestoppt werden muss.
Es war in der Tugend des biblischen Befehls, dass Luther die Vernichtung
der Hexen befürwortete.
In Island gab es eine Hexenjagd, wo 90 Prozent der Opfer Männer waren.
Ältere Texte sagen in der Tat, dass Massengerichte erstmals im 14.
Jahrhundert in Frankreich erschienen sind. Bis 1972 glaubten die
Historiker, dass der erste große Hexenwahn um 1320 in den französischen
Städten Toulouse und Carcassonne auftrat. Es war die Handarbeit der
französischen Inquisition, sie war eine der schlimmsten Verrücktheiten der
brennenden Zeiten. Viele populäre und heidnische Texte erwähnen diese
ungeheuerlichen Angelegenheiten, wo bis zu 400 Frauen an einem Tag
getötet wurden!
In Wirklichkeit sind diese Gerichte nie passiert. Sie sind das Produkt eines
kreativen Fuchses aus dem 19. Jahrhundert, Etienne Leon de Lamothe-
Langon.
Lamothe-Langon schrieb ein Buch namens „Histoire de l'Inquisition in
Frankreich“, das behauptete, ein Studium der französischen Inquisition zu
sein. In ihm beschrieb er den großen Hexenwahn des 14. Jahrhunderts von
Südfrankreich. Lamothe-Langon ist unsere einzige Quelle für diese
Gerichte. Es gibt keine Fakten für sie. Kein Predigt- oder Hexenjagd-
Handbuch erwähnt sie. Keine der Aufzeichnungen der Inquisition atmet
ein Wort über sie. Und als die Gelehrten versuchten, die Quellen zu lesen,
die Lamothe-Langon zitiert, fanden sie, dass sie nicht existierten.
In den 1950er Jahren waren die Historiker äußerst skeptisch gegenüber
dem Wahn des 14. Jahrhunderts. Er passte einfach nicht das Muster der
Hexenjagd. Seine Dämonologie war viel zu aufwendig für einen
mittelalterlichen Prozess, der noch komplexer war als der im "Malleus
Maleficarum" von 1484. Warum sollte die Inquisition diese gewundene
Dämonologie entwickeln und sie dann für mehrere Jahrhunderte scheinbar
vergessen? Außerdem war das Vokabular der Gerichte falsch. Ein Beispiel:
Die meisten frühen Gerichte nannten eine Gruppe von Hexen eine
"Synagoge". Diese Studien des 14. Jahrhunderts nannten solche Gruppen
"Sabbate", ein Wort, das in einem Hexenprozeß mehr als hundert Jahre
später erscheinen würde. Aus diesen und vielen anderen Gründen schienen
die Gerichte des 14. Jahrhunderts schrecklich seltsam zu sein. Es war, als
hätte jemand aus dem 16. Jahrhundert einen Prozeß aus der Höhe der
brennenden Zeiten gemacht und im späten Mittelalter abgesetzt.
Im Jahr 1972 haben wir gelernt, dass genau das es war, was jemand getan
hatte. Zwei Historiker, Norman Cohn und Richard Kieckhefer, entdeckten
selbstständig, dass "Histoire de l'Inquisition en France" eine Fälschung
war. Sie lernten, dass Lamothe-Langon ein bekannter Fälscher war und
falsche Autobiographien in zahlreichen Notizen des 18. Jahrhunderts
schrieb. Er behauptete, dass sein Buch auf unveröffentlichten Dokumenten
beruht, die ihm von einem berühmten französischen Bibliothekar gegeben
wurden, aber Cohn fand einen Brief, in dem dieser Bibliothekar sagte, dass
dies nicht wahr war, es gab keine unveröffentlichten Quellen. Und unter
genauer Betrachtung erschienen Fehler in den angeblich alten Dokumenten
von Lamothe-Langon. Zum Beispiel war der Inquisitor, der den Vorsitz
über die Prüfungen haben sollte, kein Inquisitor, als die Panik angeblich
auftrat.
Für diese und Dutzende anderer Gründe sind die Historiker heute
zuversichtlich, dass diese Gerichte des 14. Jahrhunderts nie stattgefunden
haben. Es gab keine Massengerichte vor dem 15. Jahrhundert, und es gab
nie einen Wahnsinn, wo 400 Frauen an einem Tag starben.
Tatsächlich: Während der Grausamkeit fanden die Hexenjagden nach dem
Mittelalter statt und wurden von „zivilisierten“ Menschen durchgeführt.
Das Hauptproblem ist die Verwendung des Wortes "mittelalterlich". Zuerst
betrachten die Historiker in der Regel das Mittelalter, das nach dem Fall
der westlichen Hälfte des Römischen Reiches um 500 nach Christus
begann, um 1500 vorbei zu sein. Zu dieser Zeit schufen Veränderungen in
der Wirtschaft mit dem Kapitalismus, in der Kultur mit der Renaissance
und in der Religion mit der Reformation die frühe Neuzeit. Die
Hexenjäger aber begannen und kamen erst im 17. Jahrhundert auf.
Zweitens wird das Mittelalter oft im populären Sprachgebrauch verwendet,
um etwas als minderwertig und unwissend zu verunglimpfen. Meiner
Meinung nach übertreibt dies die schlimmsten Aspekte des Mittelalters
(religiöser Fanatismus, primitive Gesetze, leichte Gewalt,
nichtwissenschaftliches Denken, schlechte ökonomische Ebenen und
strenge soziale Hierarchien) zum Nachteil seiner edlen Eigenschaften
(Betonung des Glaubens, Verhaltenskodizes wie Ritterlichkeit,
technologische Innovation, gegenseitige Verpflichtungen sozialer Klassen).
Und wie die westliche Zivilisation im 20. Jahrhundert schuf die Weltkriege
(mit ihrem Grabenkrieg, strategischer Bombardierung, U-Boot-
Kriegsführung, Giftgas und Propaganda), den Kolonialimperialismus (mit
seiner sklavenähnlichen Ausbeutung von Arbeit, Disparitäten zwischen
Reichen und Armen, und der kulturellen Zerstörung) oder den totalitäre
Kommunismus (mit seiner Kollektivierung, Gulags und Geheimpolizei),
hat es kein wirkliches Recht, das Mittelalter als "barbarisch" zu kritisieren.
Auf jeden Fall führten die am meisten ausgebildeten, literarischen, gut
ausgebildeten, städtischen Eliten die meisten Hexen-Jagden durch. Alle
Vorteile der westlichen Zivilisation schufen die Hexenjagden und müssen
Verantwortung übernehmen.
Während das Christentum eindeutig den Rahmen für die Hexenjagden
geschaffen hat, war keine einzige Kirche schuld, und viele weltliche
Regierungen jagten Hexen aus im Wesentlichen nicht-religiösen Gründen.
Als die Hexenjäger sich erstmals intensivierten, beherrschte eine
Kirchenhierarchie, was ich die lateinisch-katholische Kirche nannte, die
westliche Zivilisation. Auch innerhalb dieser Kirche war die
Einheitlichkeit in allen Fragen des Glaubens nicht vollständig
aufgezwungen worden.
Im Mittelalter war die vorherrschende christliche Ansicht der Hexerei, dass
sie eine Illusion war. Die Leute könnten denken, sie wären Hexen, aber sie
tummelten sich, oder der Teufel täuschte sie. Die meisten Behörden
dachten, dass Hexerei keinen ernsthaften Schaden machen könnte, weil sie
nicht real war. Man nahm die Argumente der Theologen, eine Anzahl von
Inquisitorenhandbüchern und eine Reihe von päpstlichen Bullen, um
dieser traditionellen christlichen Idee zu widersprechen und Hexerei mit
einer gefährlichen Häresie zu identifizieren. Letztlich im Jahre 1484, Papst
Innozenz VIII., in seiner Bulle Summis desiderantes, ließ die Inquisition
Hexen verfolgen.
Es gibt zwar eine legitime historische Debatte darüber, wie weit die Bulle
in der ganzen Kirche angewandt wurde und wie viele Kirchenbehörden
wirklich glaubten, dass Hexen eine ernste Gefahr darstellten. Auf jeden
Fall zerbrach die Kirche zu jener Zeit wegen der Reformation. Während
sich der römische Katholizismus unter einem päpstlichen Lehramt neu
definierte, behaupteten Lutheranismus, Calvinismus und Anglikanismus
andere Quellen für göttliche Autorität.
Überraschenderweise stimmten die protestantischen Reformer oft mit Rom
überein, dass Hexen eine klare und gegenwärtige Gefahr waren. Alle vier
der großen westlichen christlichen Kirchen (römisch-katholisch,
lutherisch, kalvinistisch, anglikanisch) verfolgten Hexen bis zu einem
gewissen Grad. (Östliche christliche oder orthodoxe Kirchen führten fast
keine Hexenjagd durch).
Keine dieser Verfolgungen hätte ohne die Erlaubnis und die
Zusammenarbeit der weltlichen Regierungen durchgeführt werden können.
In nur wenigen kleinen Gebieten, wie den päpstlichen Staaten und
verschiedenen Fürst-Bistümern in Deutschland, waren religiöse und
zeitliche Regierungsführer ein und dasselbe. Aber im ganzen Westeuropa
entschieden weltliche Fürsten schließlich, ob Hexen gejagt wurden oder
nicht. Dennoch haben religiöse Führer einen großen Teil der Schuld für die
Jagden, da weltliche Fürsten oft Hexen auf den Rat des Klerus gejagt
haben. Die Fürsten jagten Hexen, weil die Kirchenführer sie lehrten, dass
Hexen die Feinde des Friedens, die Zerstörer des Eigentums und Mörder
von Tieren und Menschen waren.
Während viele Hexenjäger ausdrücklich nach Frauen gingen, fielen oft
Männer den Hexenjagden zum Opfer.
Durch die meisten der aufgezeichneten Geschichten, in den meisten
Zivilisationen, bis in die letzten hundert Jahre, wurden Frauen den
Männern untergeordnet. Viele Hexenjäger, vor allem die Autoren des
Malleus Maleficarum, hielten fest, dass Frauen weitaus anfälliger für die
Versuchung durch den Teufel waren und so häufiger zu Hexen wurden.
Einige Hexenjagden haben fast ausschließlich Frauen zum Opfer, in
Prozentsätzen so hoch wie 95 Prozent der Opfer. Ein weiterer interessanter
Punkt ist, dass die Mitglieder des Rechtssystems seine Richter, Minister,
Priester, Polizisten, Gefängniswärter, Richter, Ärzte, Folterer, Juroren,
Henker fast 100 Prozent männlich waren.
Dennoch wurden Männer oft angeklagt, Hexen zu sein, und wurden
hingerichtet dafür. Die häufige Verwendung von "Hexenmeister", um eine
männliche Hexe zu beschreiben, basiert weitgehend auf Hollywood-
Drehbuchautoren.) In einigen Bereichen, wie Russland, war die große
Mehrheit von Opfern männlich. Darüber hinaus haben Frauen an dem
System teilgenommen, als Ankläger, Zeugen und manchmal als Prüfer,
Nahrungsmittelanbieter und Gefängnispersonal.
Es gibt Gründe, warum wir einige Aspekte der Hexenjagd als Verbrechen
gegen Frauen betrachten sollten, aber wir sollten nicht zu weit gehen, um
nur über Frauen zu reden.
Die Hexenjagden wären ein Versuch von "Femizid" oder "Gendercide",
das heißt die Verfolgung des weiblichen Geschlechts, gleichbedeutend mit
Völkermord?
Während ein paar Hexenjäger alle Frauen verabscheuten, war die
Notwendigkeit für Frauen, an der Fortpflanzung unserer Spezies beteiligt
zu sein, und der Mangel an Mitteln, die Ausrottung jeder Frau
durchzuführen, die einen realistischen Zugang zum Völkermord
verhinderten.
Nun verwenden einige Feministinnen diese Beschreibungen der
Hexenjagden als einen sammelnden Schrei, um sich über die laufende
männliche Unterdrückung zu beklagen. Aber es ist absurd, die Hexenjäger
mit einem echten versuchten Völkermord zu vergleichen, wie dem
Holocaust des Dritten Reiches im Zweiten Weltkrieg. Die Nazis hatten die
Mittel (die Todeslager) und hatten den Willen (antisemitische Ideologie),
einen Völkermord durchzuführen.
In keiner denkbaren Weise hätten Westeuropäer alle Frauen zwischen 1400
und 1800 töten können. Die Tötung aller Frauen konnte nicht durch
frühneuzeitliche Ausführungsmethoden getan werden, noch wurden alle
Frauen von einer Regierungsbehörde als unwürdig angesehen. Es gibt
keine Beweise dafür, dass selbst die schlimmsten Hexenjäger alle Frauen
tot haben wollten.
Die meisten Hexenjagden beteiligten Regierungsbehörden, die
beschlossen, dass ein Problem mit Hexen existierte. Gewöhnlich wurde die
Gefahr in einer organisierten Verschwörung des Teufels gesehen. Oder die
Sorge waren Hexen, die durch Zaubersprüche Schaden verursachen
(männlich), die Stürme stürzen, Menschen oder Vieh töten und Pech
verursachen. Die Behörden verfolgten dann eine Untersuchung, die oft
geheime Informanten und Folter enthielt, um Informationen und
Bekenntnisse zu erwerben. Schließlich wurden verurteilte Hexen oft
hingerichtet. Einige Jagden haben nur wenige verurteilt, andere konnten
Hunderte ausrotten.
Einige Teile Europas erlitten viele intensive Jagden, wie Provinzen in
Frankreich und Deutschland; andere erlebten mehrere mäßige
Verfolgungen wie England oder Ungarn; andere hatten vergleichsweise
wenige Gerichte wie Spanien oder die Niederlande. Keine der Jagden war
über die Jahre 1400 bis 1800 konstant, kam aber in konzentrierten
Perioden, besonders intensiv zwischen 1550 und 1650.
Historiker versuchen immer noch, die Gründe für diese große Vielfalt in
der Hexenjagd zu erklären. Wichtige Faktoren könnten gewesen sein: die
Macht der Zentralregierung; die Unabhängigkeit der örtlichen Behörden;
Spannungen, die durch Krieg, versagende Volkswirtschaften oder
Hungersnot geschaffen wurden; und Ungewissheiten über religiöse
Konformität.
Die größere Frage ist, warum die Behörden die Hexen als eine Gefahr
betrachteten (im Gegensatz zu traditionellen Sündenböcken wie Juden,
Ketzern, Homosexuellen, Ausländern oder Zauberern)? Spezielle Jagden
wurden oft unter bestimmten Umständen durchgeführt. Dennoch haben die
Historiker versucht, allgemeine Erklärungen für das komplexe Phänomen
der Hexenjagden zu finden. Man sollte vor jedem Autor vorsichtig sein,
der eine Ursache für alle Hexenjagden vorschlägt. Ich erkenne zehn
allgemeine Trends, die einige Historiker versucht haben, als Ursachen für
die Jagden zu argumentieren.
Dass einige Dörfer von Hexenjägern ausgelöscht wurden, ist auch eine
Übertreibung. Es gibt wenig Beweise für solche Verwüstung. Ein äußeres
Beispiel berichtet von 1589, wo nur zwei Frauen in einem Dorf in der
Trier-Diözese nach einer Jagd übriggelassen wurden. Aber die Männer
hatten es auch verlassen. In jedem Fall waren solche Gründlichkeit und
Grausamkeit äußerst selten. Weiterhin hatte jeder einzelne Bereich
Unregelmäßigkeiten, und viele Regionen hatten überhaupt keine Jagden.
Sogar die viel niedrigere Zahl von unter 50.000 Toten hätte über
hunderttausend vor Gericht gestellt. Dann muss man bedenken, dass alle
am Justizsystem beteiligten Personen als Gerichtsbeamte und Zeugen,
Freunde und Familienmitglieder und diejenigen, die sogar die "Angst"
durch die Jagden verursacht haben, bei Millionen von Leuten das Leben
verändert haben, in der Regel zum schlechteren, wegen der Hexenjagden.
Menschen, die während der Hexenjagden verurteilt wurden, wurden auf
dem Scheiterhaufen verbrannt?
Während die Regierungen viele Hexen auf dem Scheiterhaufen
verbrannten, wurden die meisten mit anderen Mitteln hingerichtet.
Der beliebte neo-heidnische Begriff für die Periode der Hexenjagden ist
"die brennenden Zeiten". Die häufigste Form der Hinrichtung war aber das
Hängen. Zugegebenermaßen war das Verbrennen auch in vielen dieser
Fälle wichtig, da die Bewohner vor der toten Hexe weiter geschützt
wurden. Andere populäre Formen der Tötung der Hexen waren
Enthauptung, Ertrinken und Zerbrechen auf dem Rad. Hexen wurden
selten lebendig begraben, lebendig gekocht, aufgespießt, in zwei gesägt,
geviertelt oder zerlegt, wie es anderen zeitgenössischen Verbrechern
geschah. Andere Strafen, die den verurteilten Hexen zugefügt wurden,
beinhalteten Verstümmlung (abgeschnittene Hand oder Ohren), Peitschen,
Eintauchen, Einsperren, Gefängnis, Geldstrafen, Verbot oder Verkauf in
die Sklaverei.
Ein notorisch allgemeiner Mythos ist, dass die angeblichen Hexen in
Salem im kolonialen Massachusetts verbrannt wurden. Alle Verurteilten
während der Salem-Hexenjagd im Jahre 1692 starben durch Hängen.
Andere starben durch natürliche Ursachen vor Überzeugung oder
Hinrichtung, und Giles Corey wurde getötet. Tatsächlich wurden keine
Hexen durch Verbrennen in den englischen Kolonien Nordamerikas
hingerichtet. Das englische Gesetz erlaubte es nicht.
Während der Zeit der Hexenjagden gab es wirklich Hexen und arbeitete
Magie?
Während manche Leute behauptet haben, in der Hexerei zu arbeiten, gibt
es keinen wissenschaftlichen, empirischen, vernünftigen Beweise dafür,
dass irgendwelche tatsächlichen Hexen existierten oder dass die Magie, die
sie behaupteten, tatsächlich wirkte, was sie tun sollte.
Ich habe versucht, meinen Kommentar auf die europäischen Hexenjäger
von 1400 bis 1800 zu begrenzen und was historisch von ihnen
argumentiert werden kann. Vor 1400 hatten die Behörden keine Sorgen um
Hexen. Zwischen 1400 und 1800 sahen die Behörden dämonisch
bevollmächtigte Hexen als eine echte Gefahr und verurteilten Hexen für
viele Verbrechen gegen die Gemeinschaft. Nach 1800 waren Hexen wieder
keine Sorge mehr. Die meisten Verbrechen der Hexen entsprungen aus den
Vorstellungen der Jäger, der Verwüstung der Verrückten und den Qualen
der Gefolterten. Selbst diejenigen, die Hexenverbrechen gestanden haben,
konnten keine Ursache und Wirkung zwischen ihrer Hexerei und den
tatsächlichen Ereignissen beweisen.
Ich habe freilich offen mein Schreiben aus einer Weltanschauung verfasst,
die die Wirklichkeit der wissenschaftlichen Beweise und die Gültigkeit der
historischen Methode akzeptiert. Manche Menschen (von
Dekonstruktionisten zu Fundamentalisten) könnten über eine solche
Perspektive streiten und die Wirksamkeit einer empirischen und rationalen
Wahrnehmung des Universums verweigern. Ebenso behaupten einige
Leute heute, Hexen oder Gläubige in verschiedenen metaphysischen
Systemen wie Wicca, Neo-Paganismus oder Satanismus zu sein. Jetzt bin
ich selbst ein starker Unterstützer der Religionsfreiheit und religiöser
Toleranz. Und alle Religionen, einschließlich des Christentums, haben
Elemente des Unsinnigen, Absurden und Unwahrscheinlichen. Also, ich
denke, dass alle Leute, die gern denken, dass sie selbst Hexen sind oder
dass Hexerei die physische Welt beeinflussen können, frei sind, dies zu
tun.
Aber niemand konnte beweisen, dass Dinge wie Magie, paranormale
Phänomene, okkulte Mächte irgendeine wissenschaftliche Gültigkeit
haben. Alle so übernatürlichen Sachen, von fremden Besichtigungen der
Erde bis zum Teufel, die junge Mädchen besitzen, werden durch
historische und heutige Taten unzureichend unterstützt. Während ich gerne
lese und beobachte Science-Fiction und Fantasy-Geschichten, weiß ich,
wann es Sinn macht zu glauben. Während ich aus der Bibel und den
Heiligen Inspiration ziehe, weiß ich, dass ich auf den Glauben angewiesen
bin (ich glaube, was nicht bewiesen werden kann).

FÜNFTES KAPITEL
DIE FREIMAURER

„Der eine oder andere von euch, ehrwürdige Brüder, mag sich vielleicht
darüber wundern, dass der in unserem Jahrhundert gegen die katholische
Kirche geführte Krieg ein so großes Ausmaß angenommen hat. Doch wer
den Charakter, die Tendenzen, das Ziel der Sekten wirklich begriffen hat,
ob sie sich nun freimaurerisch nennen oder einen anderen Namen
annehmen, und sie mit dem Charakter, der Natur und der Entwicklung
dieses Kampfes vergleicht, der fast auf dem ganzen Erdball offen gegen
die Kirche geführt wird, wird nicht daran zweifeln können, dass das
heutige Unheil hauptsächlich auf die Ränke und Intrigen eben jener Sekten
zurückgeht. Aus ihnen besteht die Synagoge Satans, deren vereinigte
Kräfte, wie eine zur Schlacht aufgestellte Armee, mit wehenden Bannern
zum Sturm auf die Kirche anmarschieren ... Indem sie sich
einschmeichelte und sich tückisch einschlich, unermüdlich wühlte und
nach Herzenslust betrog, ist sie (die Synagoge Satans) zu einer sichtbaren
Macht geworden ... Enthüllt und geißelt vor allem den Irrtum jener, die, ob
sie nun Betrüger oder Betrogene sein mögen, unverfroren behaupten,
soziale Anliegen, Fortschritt und Wohltätigkeit zum gegenseitigen Nutzen
seien das einzige Ziel, das diese finsteren Vereinigungen verfolgen.“ Pius
IX.
„Meine lieben jungen Menschen, kämpft stets gegen die Freimaurerei,
entlarvt diese infame Sekte. Einst habe auch ich für übertrieben gehalten,
was man über sie erzählte, doch seither habe ich dank meines Bischofs-
Amtes Gelegenheit gehabt, meinen Finger auf die Wunden zu legen, die
sie schlägt, und ich bin zur Überzeugung gelangt, dass alles, was über
diese höllische Vereinigung veröffentlicht worden ist, noch nicht die ganze
Wahrheit enthüllt hat." Pius X.
Über das Einweihungsritual der Freimaurer: „Der sächsische Advokat
Eckert zitiert eine belgische Zeitschrift aus dem Jahre 1820: Wenn der
Ritter Kadosch (Hochgradfreimaurer des 30. Grades) seinen Eid
gesprochen hat, drückt man ihm den Dolch in die Hand und legt ihm ein
Kruzifix vor die Füße, worauf der Allergrößte (der Vorsitzende der
Hochgradloge) zu ihm sagt: Trete dieses Bild des Aberglaubens mit den
Füßen, zerbrich es! - Wenn er es nicht tut, spendet man ihm Beifall, damit
er nichts ahnt, und der Allergrößte hält eine Rede, in der er seine
Frömmigkeit lobt. Man nimmt ihn als Mitglied auf, ohne ihm die großen
Geheimnisse anzuvertrauen. Doch wenn er das Kruzifix zertritt, lässt man
ihn an den Altar herantreten, wo drei menschliche Abbilder oder, wenn
man sich solche besorgen kann, drei Leichen liegen. Ferner liegen mit Blut
gefüllte Harnblasen dort, und man ruft ihm zu, er solle auf sie einschlagen.
Er führt den Befehl aus, bis er mit Blut vollgespritzt ist, und indem er die
abgehackten Köpfe bei den Haaren packt, schreit er: Nekam! Die Rache ist
vollzogen! - Nun wendet sich der Allergrößte mit folgenden Worten an
ihn: Durch Ihre Standhaftigkeit und Treue haben Sie es verdient, die
Geheimnisse der wahren Freimaurer zu erfahren. Diese drei Männer, die
Sie geschlagen haben, sind der Aberglaube, der König und der Papst.
Diese drei Götzen der Völker sind in den Augen der Weisen nichts als
Tyrannen. Im Namen des Aberglaubens begehen der König und der Papst
alle erdenklichen Verbrechen.“
„Nachdem das Menschengeschlecht durch den Neid des Teufels von Gott
dem Schöpfer so kläglich abgefallen war, hat es sich in zwei geschiedene
und einander entgegengesetzte Lager geteilt: das eine kämpft unausgesetzt
für Wahrheit und Tugend; das andere für alles, was der Wahrheit und
Tugend widerstreitet. Das eine ist das Reich Gottes auf Erden: nämlich die
wahre Kirche Christi; wer diesem wahrhaft und zu seinem Heile
angehören will, der muss Gott und Seinem Eingeborenen Sohne mit
ganzer Seele und mit voller Hingebung seines Willens dienen. Das andere
ist das Reich des Satans, in dessen Botmäßigkeit und Gewalt alle stehen,
welche dem verhängnisvollen Beispiel ihres Führers und unserer
Stammeltern gefolgt sind, dem ewigen göttlichen Gesetze den Gehorsam
zu verweigern und vieles mit Verachtung Gottes, ja vieles gegen Gott
selbst zu unternehmen suchen. Indem sie keck und listig in alle Ordnungen
des Gemeinwesens sich eindrängte, erlangte sie (die Sekte der Freimaurer)
eine solche Macht, dass sie nahezu die Oberherrschaft in den Staaten zu
haben scheint.“ Leo XIII..
„Die Revolution ist durch Satan selbst inspiriert; ihr Ziel besteht darin, das
Gebäude des Christentums voll und ganz zu zerstören und auf seinen
Ruinen die soziale Ordnung des Heidentums zu errichten.“ Pius IX.
Dieser Plan wird auch von den Freimaurern selbst enthüllt: „Alle Throne
waren von jenen bedroht, die sich gegen den päpstlichen Thron
verschworen hatten. Doch die vollständige Übertragung aller Souveränität
an das Volk war, im Denken der Sekte, lediglich eine Operation, die dem
großen Werk vorausging. Von diesem Sieg (dem Sturz der Throne) schrieb
Tigrotto am 5. Januar 1846: 2 Jahre vor der Revolution von 1848, welche
alle Throne erschüttern sollte, dieser Sieg, der so einfach sein wird, ist
freilich nicht jener, der bisher so viele Opfer unsererseits gefordert hat. Es
gibt einen kostbareren, dauerhafteren Sieg, auf den wir schon seit so langer
Zeit hinarbeiten... Um die alte Welt mit Sicherheit töten und auf ihren
Trümmern eine neue Zivilisation errichten zu können, ist es, wie wir
gesehen haben, notwendig, den katholischen und christlichen Keim zu
ersticken; mit anderen Worten, das Christentum in den Seelen zu
vernichten.“ Monseigneur Delassus.
Die Französische Revolution zerstörte die kirchliche Ordnung und
entledigte sich des Adels, des Hüters der Tradition, wie auch der Zünfte,
welche gleichfalls Hüterinnen der natürlichen Ordnung waren. Nachdem
diese Vorposten glücklich geschleift waren, machte man sich ans Werk,
wobei man viel zerstörte und wenig schuf. Die Revolution beeilte sich, die
Republik auszurufen, welche die Renaissance für Rom selbst erträumt
hatte, durch welche die Protestanten in Frankreich die Monarchie hatten
ersetzen wollen und welche das Werk der Freimaurerei so trefflich
verrichtet. Die Konvent-Mitglieder von 1792 erhoben es zum Grundsatz,
dass der Mensch von Natur aus gut sei; auf dieser Grundlage
proklamierten sie die drei freimaurerischen Schlagwörter Freiheit,
Gleichheit, Brüderlichkeit. Der Kult der Göttin Vernunft wurde zur
Religion.
„Die Revolution greift zuerst die Religion an. Gegenstand ihres Hasses ist
vor allem die katholische Kirche; manchmal wird deren Gottesdienst
verboten und ihre Priester werden ermordet; stets wird sie jener Güter
beraubt, die in ihren Händen Eigentum der Armen sind, und ihr wird ihr
legitimer Einfluss auf die soziale Ordnung entzogen... denn der Begriff der
Unterordnung der Zivilgesellschaft unter ein positives göttliches Gesetz ist
jenes Prinzip, welches die Revolution in der Seele der Völker mit Stumpf
und Stiel ausrotten will. Diese Verneinung ist ihre recht eigentliche
Quintessenz.“ Pater Deschamps.
„Die Revolution weist einen satanischen Charakter auf. Sie ist ihrem
Wesen nach satanisch.“ Joseph de Maistre.
Dies ist ein Zeugnis von Pater de Cloriviere über die Französische
Revolution, deren Augenzeuge er war: „Um der falschen Philosophie den
Mund zu stopfen und jeden Menschen, der gesunden Gebrauch von seinem
Verstand machen will, zur Wahrheit zu führen, gibt es wahrlich kein
wirksameres Mittel, als die Verbindung der natürlichen Wahrheiten mit den
von der heiligen Kirche im Katholizismus gelehrten herzustellen.
Indem die Urheber der antichristlichen Revolution die Dogmen des
Christentums verwarfen, verwarfen sie zugleich die dazugehörige Moral,
dazu einige Punkte der natürlichen wie der evangelischen Moral, die ihrer
Doktrin von Freiheit und Gleichheit am unmittelbarsten entgegengesetzt
ist. Sie haben falsche Vorstellungen vom Gesetz geschaffen, indem sie dies
vom allgemeinen Willen der Menschen abhängen ließen; sie haben den
Gehorsam gegen die rechtmäßigen Autoritäten zerstört, sei es in der
natürlichen und bürgerlichen, sei es in der übernatürlichen und kirchlichen
Ordnung; sie haben den öffentlichen Gottesdienst für überflüssig erklärt
und abgeschafft; sie haben die Ehe untergraben, indem sie ihre
Unauflöslichkeit aufhoben, haben die Ordensgelübde für null und nichtig
erklärt und jegliche Unterscheidung zwischen dem Heiligen und dem
Profanen aufgegeben. Es ist darum notwendig, insbesondere diese Irrtümer
zu verurteilen und zu bekämpfen und klarzustellen, welche Haltung die
Kirche in diesen Fragen stets eingenommen hat. Wird sie von Jesus
Christus getrennt, verfällt die intellektuelle Welt in einen ähnlichen
Zustand, in dem sich die physische Welt befände, würde sie des Lichts und
der Wirkung der Sonne beraubt. Es ist dies die Herrschaft des Chaos:
Verwirrung in den Ideen, Irrtümer in den Prinzipien, Falschheit in den
Urteilen, Lüge in der Art, wie man spricht und handelt. Es werden absurde
Systeme übernommen und die offenkundigsten Wahrheiten verworfen.
Gestützt auf ein fast allgemein gewordenes Ansehen, fabriziert man immer
widersprüchlichere Theorien über die Gottheit, den Menschen, die
Existenz der Welt. Man nennt Jesus Christus die Sonne der Gerechtigkeit,
und er erfüllt in der Tat auf göttliche Weise sämtliche ihre Funktionen. Er
ist in der geistigen Welt das, was die Sonne in der materiellen ist, und in
der übernatürlichen Ordnung schenkt er dem Menschen das Leben, die
Kraft und die Bewegung; er beseelt ihn mit seinem Geist, lässt in ihm sein
Wort keimen und verleiht ihm die Fähigkeit, Früchte des Heils zu bringen.
Als Urheber des Lichtes, Quelle und Lehrer der Wahrheit, ist er selbst die
Wahrheit. Wie aber könnte jener, der seinem Wesen nach das Licht ist,
auch nur die geringste Finsternis dulden? Gewiss, Jesus Christus selbst -
gleichgültig ob als Gott oder ob als Mensch - kann nie etwas von seiner
Klarheit verlieren. Anders verhält es sich freilich, wenn man ihn in Bezug
auf uns betrachtet. Er verdunkelt sich für uns, wenn wir selbst in der
Dunkelheit wandeln. Wer in der Tiefe eines Kerkers schmachtet, für den ist
es, als ob die Sonne nicht existiere. Und wenn von Unvernunft Besessene
um sich Staubwirbel kreisen lassen, fällt dieser Staub auf sie zurück und
blendet sie. Dies ist das Geschick jener, die versuchen, die Herrlichkeit des
Welterlösers durch Blasphemien, Schmähungen und Spitzfindigkeiten zu
verdunkeln. Jesus Christus strahlt dadurch nicht weniger Licht und Güte
aus; ihre Bemühungen zeitigen kein anderes Ergebnis, als sie selbst in
Finsternis zu hüllen. Man kann sich kein größeres Übel vorstellen, als des
Lichts der Wahrheit beraubt zu sein und zum Spielball des Irrtums und der
Lüge zu werden. Genau dies wird jedoch das vorherrschende Merkmal
dieser Epoche sein, wo die geistige Finsternis größer als in den
verflossenen Jahrhunderten sein und fast universelle Ausmaße annehmen
wird. Wie bei ihrem göttlichen Bräutigam, dem Schmerzensmann, wird
man bei der Kirche den Eindruck haben, Gott habe sie geschlagen und in
den Staub geworfen, und ihre Seele, wie jene Mariens, wird vom Schwert
der göttlichen Gerechtigkeit durchbohrt werden, damit die Gedanken
vieler Herzen offenbar werden. Gottes Pläne sind unerforschlich; was
ihnen am grellsten zu widersprechen scheint, wird in seiner Hand ein
Mittel, sie auf umso wunderbarere Weise zu verwirklichen. Durch diese
Tage ihrer Unterdrückung gereinigt und gestärkt, wird die Kirche
strahlender und mächtiger wieder in Erscheinung treten denn je zuvor. Sie
wird von neuem als Königin und Lehrerin der Nationen anerkannt werden.
Doch mögen die wahren Getreuen in der Prüfung Standhaftigkeit an den
Tag legen, und mögen die Schwankenden sich davor hüten, jenes wenige
Licht zu verlieren, das ihnen noch bleibt; mögen sie ihren Glauben
wiederbeleben, um sich nicht von trügerischem Schein blenden zu lassen,
und mögen sie es vorziehen, mit den Gerechten zu leiden, anstatt sich mit
den Verderbten zu freuen… Die von der Vorsehung gewollte Ordnung
herrscht - zumindest was das Heil und die Bedürfnisse der Epoche betrifft
- in diesen Zeiten nicht, wo Gottlosigkeit, Schisma oder Häresie regieren.
Der Herr überlässt jene Länder ihrem Schicksal, die ihm gänzlich untreu
geworden sind und ihn gewissermaßen gezwungen haben, sie sich selbst
auszuliefern und des Segens einer besonderen Vorsehung zu berauben.
Niemals aber entfernt er sich ganz von ihnen; er wacht über sie, jedoch nur
noch als erste Ursache, als allgemeiner Beweger und in der Ordnung der
Natur. Da sie vor dem Lichte geflohen sind, lässt er es zu, dass sie, in
Finsternis verstrickt, dies nicht einmal bemerken. Man glaube deshalb
nicht, es gebe in Ländern, wo das Christentum verfolgt wird, besondere
Gnaden übernatürlicher Art für die verschiedenen Stände und Würden;
diese Länder werden dem Irrtum oder der Abkehr von jeglicher Religion
anheimfallen. Die Mächte der Finsternis werden durch ein Strafgericht der
göttlichen Gerechtigkeit jener Regierungsform vorstehen, die man dort
wählen wird; als Folge wird die ganze Staatsmaschinerie keinen anderen
Zweck mehr verfolgen als jenen, Korruption und Misstrauen zu verbreiten
und herrschen zu lassen. Anstellungen werden nur noch jene erhalten,
welche 'das Zeichen des Tieres' tragen; um eine Arbeit zu bekommen, wird
man seine Gottlosigkeit bekunden oder an allerlei Ungerechtigkeiten
teilhaben müssen. In diesem finsteren Jahrhundert, das sich freilich
rühmen wird, ein Jahrhundert der Aufklärung zu sein, wird es zahlreiche
rein fleischliche Menschen ohne jede Kenntnis der göttlichen Dinge geben.
Jene sind die Anbeter dieser Welt. Uns obliegt es, uns vor dieser Sklaverei
zu hüten, unbefleckt von jeglichem Ehrgeiz, von jeglicher Hingabe an die
Güter der Welt, von jedem Streben nach ihren Freuden zu bleiben… Aus
der Erwägung der Prophetien des Alten und des Neuen Testaments gehen
mehrere Dinge hervor, die hervorragend dazu geeignet sind, uns
aufzuklären und mit frischem Mut zu erfüllen. Das, was vor unseren
Augen geschieht, darf uns keinesfalls in Bestürzung versetzen oder
verblüffen; es geschieht nichts, das nicht von den Dienern des Herrn,
seinen Propheten, vorausgesagt worden wäre. Die Kirche Jesu Christi
sollte von denselben Nationen verlassen, unterdrückt und verfolgt werden,
die es sich jahrhundertelang zum Ruhm gereichen ließen, sie zur Mutter
und Lehrmeisterin zu haben. Das der Kirche zugefügte Unrecht wird
gerächt werden, ungeachtet des irrsinnigen Versuchs ihrer Feinde, die
göttlichen Verheißungen zu vereiteln, und jene Regierungen, die wähnen,
die Kirche zu zerstören, werden nur deren Ruhm mehren, zugleich aber
auf ihren eigenen Untergang hinarbeiten. Schließlich wird Gott, obgleich
er den Mächten der Finsternis zunächst größere Macht einräumt, ihrem
Rasen und der Verwirklichung ihrer Pläne Einhalt gebieten. Doch nach
dem zu urteilen, was wir heute sehen, wird dies erst nach recht langer Zeit
und nach vielen, unter mehreren Völkern angerichteten Verwüstungen der
Fall sein. Einen ersten Versuch des Feindes haben wir bereits miterlebt.
Unsere obersten Hirten haben sich fast einmütig geweigert, die dem Herrn
und der Kirche geschuldete Treue zu brechen, wie man es von ihnen
verlangt hatte. Ein zweiter Versuch wird noch furchtbarer sein; dann
werden ungläubig gewordene Christen sich nicht damit begnügen, auf den
einen oder anderen Teil der katholischen Religion zu verzichten, sondern
alle diese Teile zugleich angreifen… Man beachte auch, dass der erste
Gebrauch, den die Dämonen tatsächlich von ihrer großen Macht machen,
das erste Mittel, dessen sie sich bedienen, um die Menschen dem geistigen
Tod zu überantworten und sie dann in den ewigen Tod zu ziehen, darin
besteht, ihnen nach Kräften jegliche geistige Unterstützung zu verwehren.
Gegen jene innere Hilfe, die Gott von sich aus gewährt, können sie direkt
nichts unternehmen, doch hoffen sie, dem Menschen den Zugang zu ihr
abzuschneiden, indem sie die Seele der äußeren Mittel des Heils berauben.
Dies tun sie dadurch, dass sie die gewöhnlichen Mittel blockieren, durch
die Gott seine Gnaden zu erweisen geruht. Diese Mittel sind die
Sakramente, Gottes Wort, die kirchliche Hierarchie, die christliche
Erziehung. Doch der geistige Tod, dem diese bösen Geister die Menschen
preisgeben wollen, hat noch einen anderen, schrecklichen Sinn: Er handelt
sich um einen absoluten geistigen Tod, der gemäß dem gewöhnlichen
Wirken der Gnade keinen Keim von Leben mehr übriglässt. Die sündigen
Christen bewahren im Allgemeinen den Glauben und die Hoffnung, was
ihnen die Möglichkeit offen hält, wieder zum Leben zurückzufinden.
Selbst jene, die sich von der Kirche getrennt haben, finden noch eine
gewisse Zuflucht im - wenn auch nur natürlichen - Glauben an gewisse
geoffenbarte Wahrheiten; doch der geistige Tod, dem die Dämonen zu
jener Zeit die Menschen zu überantworten trachten, besteht darin, ihnen
möglichst jegliche Aussicht auf Rückkehr zum übernatürlichen Leben zu
verwehren, indem sie sämtliche geoffenbarten Wahrheiten in Bausch und
Bogen verwerfen, insbesondere jedoch die Göttlichkeit Jesu Christi… Eine
andere Gefahr besteht darin, eine zunächst anerkannte Wahrheit
aufzugeben, weil man sich vor den Gefahren fürchtet, die einem drohen,
wenn man sie verteidigt. Man bedenke jedoch, dass die Verteidigung einer
Wahrheit, besonders wenn sie Glaubensangelegenheiten betrifft, die
Verteidigung der Sache Gottes ist! Sie aufgeben heißt, sich von Gott
entfernen und sich
an die Seite des Vaters der Lüge stellen. Dies ist stets etwas ungemein
Schwerwiegendes, und die Folgen sind verhängnisvoll: Ein erster Fehler
zieht einen zweiten nach sich, und wer meinte, sich nur einen einzigen
Fehler vorwerfen zu müssen, befindet sich, ehe er sichs versieht, in einem
Abgrund. Darum muss man fest entschlossen sein, niemals
zurückzuweichen, wo immer es um die Wahrheit geht, und seine Ruhe,
seine Interessen, ja sein Leben hintanzustellen, wenn es sie zu verteidigen
gilt. Jenen, die sich vor diesen beiden Gefahren in Acht nehmen, droht
noch eine weitere; diese besteht darin, den gerade Herrschenden blind
Gehorsam zu leisten, obgleich diese in Zeiten der Wirren und der
Verfolgung für gewöhnlich mehrheitlich jener Seite zuneigen, die von der
Natur begünstigt wird, sei sie der Wahrheit auch noch so entgegengesetzt.
Man behalte dies im Gedächtnis: Die Wahrheit ist und bleibt stets dieselbe;
sie ändert sich nicht je nach den Umständen; was sich zu einer Zeit als
wahr erwies, hört nicht auf, wahr zu sein, weil diese oder jene Menschen
ihre Haltung geändert haben; man muss sich an das halten, was man
dachte, als die eigene Urteilskraft durch nichts verdunkelt war, und darf
nicht den Zweifeln erliegen, die aufgekommen sind, seitdem irdische
Beweggründe und menschliche Ängste dem Denkvermögen einen Teil
seiner Kraft und seiner Freiheit geraubt haben. Man wäge die Argumente
jener ab, deren Meinung die Geister in ihren Bann zieht, statt sich von
ihrer Zahl beeindrucken zu lassen, und es wird sich herausstellen, dass ihre
Argumente recht schwach sind. Zudem verblasst und verschwindet ihre
Autorität vor jener der Kirche und des Papstes. Die Kirche muss bis zum
Ende der Zeit bestehen bleiben, kann dies aber nicht ohne ein sichtbares
Oberhaupt, und dieses sichtbare Oberhaupt muss, soll es der Kirche von
Nutzen sein, all jene Privilegien besitzen, die Petrus verliehen worden
sind. Die Fülle seiner Macht, seines Priestertums, seiner Gerichtsbarkeit
entspringt vollkommen derjenigen Jesu Christi. Der Geist der Heiligkeit
und Wahrheit, der ihn bei der Führung der Kirche lenkt, teilt ihm, wenn
dies notwendig ist, seine Unfehlbarkeit mit, damit er die Herde Jesu
Christi weder auf dem Gebiet der Glaubenslehre noch auf jenem der Moral
in Irrtum führe. Die Botschaften und Entscheidungen des Papstes
bezüglich der Regierung und des allgemeinen Wohls der Kirche gelten für
alle Zeiten und für alle Menschen sämtlicher Länder. Der Heilige Geist
wacht darüber; er hat es niemals zugelassen, dass die päpstlichen
Botschaften und Entscheidungen unvermerkt durch etwas befleckt worden
wären, was den geoffenbarten Wahrheiten oder den Grundsätzen der Moral
widerspräche, und wird dies auch künftig nicht zulassen. Ihre Autorität
reicht aus, um sämtlichen Kontroversen ein Ende zu bereiten… Ich füge
hinzu, dass einerseits die Auslöschung der häretischen und schismatischen
Sekten, andererseits die Verwirrung und Ausweglosigkeit, in welche die
von der christlichen Religion abgefallenen Nationen geraten werden, nicht
wenig dazu beitragen werden, die Heiligkeit der Kirche Jesu Christi
glorreich zu bekräftigen… Wenn die Kirche gewisse Verluste erlitten hat,
hilft ihr Gott oft auf eindrucksvolle Weise, diese wettzumachen. Dies ist
es, was zum Zeitpunkt der allgemeinen Revolution eintreten muss.
Niemals werden die Verluste der Kirche größer gewesen sein, und sie wird
in gewissem Sinne wieder in den Zustand zurückfallen, in dem sie sich zur
Zeit der Passion des Erlösers befand, doch nur, um dann umso strahlender
wieder zu erscheinen und das Reich Jesu Christi weiter auszubreiten als je
zuvor. Ihre Jugend wird erneuert werden, und der Heilige Geist wird eine
noch reichere Fülle an Gaben über sie ausgießen. Die Juden werden ihre
Augen endlich dem Lichte öffnen; sie werden Jenen verehren, den sie so
lange verkannt haben; sie werden zu Aposteln der Göttlichkeit Jesu Christi
werden und sie unter den ungläubigen Nationen verkünden, so dass die
Kirche weiter verbreitet sein wird als je. Zahlreiche ihrer Kinder werden
sich durch große Heiligkeit auszeichnen, und deren Mut wird vor allem
dann hell erstrahlen, wenn der Tag kommen wird, da sie eine grausame
Verfolgung werden erdulden müssen… Die Gesetzgeber haben
angeordnet, dass das französische Volk das Höchste Wesen und die
Unsterblichkeit der Seele anerkennt, doch was für ein Höchstes Wesen?
Sie haben erklärt: Es ist dies nicht der Gott der Priester. Es ist ein Gott, der
weder Gebet noch Opfer verlangt; ein Gott, der keinen Unterschied
zwischen Lüge und Wahrheit macht; ein Gott, für den alle Religionen
gleich sind. Sie haben dieses Höchste Wesen nur aus politischen Gründen
anerkannt und verwechseln es mit der Natur, lassen also unschwer
erkennen, was sie wirklich denken. Und welche Unsterblichkeit der Seele?
Sie definieren sie nicht, und eine unsterbliche Seele, die dem Urteil eines
unermesslich heiligen Gottes untersteht, wäre nicht nach ihrem
Geschmack. Indem sie die Lüge an die Stelle der Wahrheit setzte, hat die
Revolution auch die Tugend korrumpiert. Wirkliche Tugend verlangt, dass
der Mensch sich selbst Gewalt antut, und die revolutionären Prinzipien
berauben ihn der stärksten Beweggründe, dies zu tun… Wenn sie die
Erklärung der Menschenrechte mit solcher Feierlichkeit unterzeichnet
haben, wenn sie sich so viel Mühe gegeben haben, um diese den Geistern
einzuhämmern, ja sie in ihnen einzumeißeln, dann darum, weil sie
sämtliche Prinzipien enthält, auf denen die antichristliche Revolution
beruht!“ Pater Pierre de Cloriviere, 1796.
„Satan hasst das fleischgewordene Wort. Er wird sich deshalb bemühen,
diesen Hass den Herzen jener einzuflößen; welche das fleischgewordene
Wort zu seinen Brüdern gemacht hat. Bis zum 18. Jahrhundert hatte er es
nicht gewagt, öffentlich zum Hass aufzurufen. Schließlich fand er Voltaire,
und durch ihn konnte er an eine über alle Orte des Erdballs verbreitete
Sekte diese Parole ausgeben: Ecrasons, l'infâme! (Zerstampfen wir,
zerstampft den Infamen!) Der Infame war jener, der Mensch wurde, um
den Menschen zu erretten, und der Brot wurde, um ihn zu nähren: Jesus
Christus, der einzige Sohn Gottes. Der Hass auf Christus ist die extremste
Versuchung, der die erlöste Menschheit ausgesetzt ist, die letzte Prüfung,
die sie bestehen muss; und diese Prüfung ist jene, der die Revolution sie
gegenwärtig unterzieht.“ Monseigneur Delassus.
Seit apostolischen Zeiten besteht ein von einer Gegenkirche geschmiedetes
Komplott. Die Gegenkirche wirkte im Schoß der Nationen und vereinte all
jene, welche die von Jesus Christus und dann von der Katholischen Kirche
verkündete Heilslehre bewusst verwarfen. Mehrere antichristliche
Gruppierungen (Manichäer, Katharer, Rosenkreuzer), deren gemeinsame
Grundlage der Gnostizismus ist, haben sich in der "Synagoge Satans"
(Apokalypse 2, 9) ein Stelldichein gegeben, ehe diese Verschwörer gegen
das Liebeswerk Christi sich offiziell unter einem mächtigen Banner
sammelten: jenem der internationalen Freimaurerei.
Alle diese zwar verschiedenen, aber nicht gespaltenen Gruppen trachten
danach, die Apostasie zu verbreiten, um die Welt zum Heidentum, zur
Sklaverei des Teufels zurückzuführen, obwohl das fleischgewordene Wort
doch gekommen ist, um uns genau davon zu befreien.
„Die Freimaurerei ist - zu zumindest in den höheren Graden - nichts
anderes als die geheime Religion Satans.“ Leo XIII.
„Seit anderthalb Jahrhunderten verbreitet sich eine mächtige Vereinigung,
deren Prinzipien identisch mit den Ideen der Französischen Revolution
sind, über die ganze Welt, hüllt sich in den Schleier des Mysteriums, wirkt
in allen Teilen der Gesellschaft, bald durch die Presse, von der
Tribüne aus, durch die Erziehung der Jugend, bald durch Komplotte, doch
stets mit demselben Ziel vor Augen. Diese Vereinigung existiert; es ist die
Freimaurerei, welche die Quelle und gewissermaßen die Mutter sämtlicher
Geheimgesellschaften darstellt. Sie hat bereits in den ersten Jahren des 18.
Jahrhunderts zu wirken begonnen, und die Fortschritte der Revolution
standen in direkter Beziehung zu ihrer Verbreitung... Ihre Lehren sind
überall dieselben; ihre Einheit, ihre Universalität, erklären also die Einheit
und Universalität der Revolution.“ Pater Deschamps.
„Bruder Malapert, Redner des obersten Rats des schottischen Ritus der
Freimaurer, sagte im Jahre 1874 wörtlich: Im 18. Jahrhundert war die
Freimaurerei weltweit dermaßen verbreitet, dass man sagen kann, seit
dieser Epoche sei nichts ohne ihre Einwilligung geschehen.“ Pater
Deschamps.
Die Päpste haben dieses Instrument der Revolution unermüdlich
angeprangert. Pius VI. schrieb 1775: „Die Schlauheit dieser verstockten
Menschen ist wahrhaftig empörend... Bei ihrem zerstörerischen und
verhängnisvollen Werk sind sie lediglich Werkzeuge dessen, der die
Schlange zu Hilfe rief um unsere Stammeltern zu verführen und ins
Verderben zu ziehen.“
Leo XII. versicherte, die Revolution bedrohe nicht nur die Kirche, sondern
auch die Staaten. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, sei es absolut
sicher, dass es, ungeachtet der Verschiedenheit ihrer Namen, eine Einheit
aller Sekten gebe, die ein infames Ziel durchzusetzen trachteten. Deshalb
scheute er sich nicht davor, den christlichen Fürsten zuzurufen: „Die
gegenwärtigen Verhältnisse sind solcher Art, dass Sie diese
Geheimgesellschaften schlagen müssen, und zwar nicht nur zur
Verteidigung der katholischen Religion, sondern auch um Ihrer eigenen
Sicherheit und jener Ihrer Untertanen willen. Die Sache der Religion ist
heutzutage dermaßen mit jener der Gesellschaft verknüpft, dass man sie
nicht mehr voneinander trennen kann; denn jene, welche diesen Sekten
angehören, sind in gleichem Grade Feinde Ihrer Macht und der Religion.
Sie greifen die eine wie die andere an und wünschen den Sturz beider.
Wenn sie könnten, würden sie weder die Religion noch die Königswürde
bestehen lassen... Nicht bloß der Hass auf die Religion beseelt ihren Eifer,
sondern auch die Hoffnung, dass die Ihrem Reich unterstehenden Völker,
wenn sie erst die in den heiligen Dingen von Jesus Christus und seiner
Kirche gesetzten Marksteine umgestürzt sehen, durch dieses Beispiel
leicht dazu bewogen werden können, auch die Formen der politischen
Regierungen zu ändern und zu zerstören.“
„Bei der Sitzung vom 15. Februar 1904 hatte Charles Benoist den
Ministern gesagt: Sie sind nicht die Regierung, Sie sind bloß eine falsche
Regierung. - Dann wies er auf jene Seite, wo die Freimaurer zu tagen
pflegten, und sagte: Die wirkliche Regierung ist diese. - E. Combes
antwortete: Man hat stets jene Regierung, die man verdient. - In anderen
Worten: Wenn ihr Franzosen unter dem Joch der Freimaurerei schmachtet,
dann darum, weil ihr durch eure Fehler und durch die gegen Gott und seine
Kirche begangenen Verbrechen diese erniedrigende Tyrannei
heraufbeschworen habt.“ Monseigneur Delassus.
Pius IX. wandte auf die Angehörigen der Geheimgesellschaften jene Worte
an, die Christus zu den Juden gesagt hatte: „Ihr habt den Teufel zum Vater
und wollt nach den Gelüsten eures Vaters tun!“ (Johannes 8,44).
Pius IX. sagte zum Thema der Geheimgesellschaften: „Zu den zahlreichen
Machenschaften und Ränken, mit denen Kinder des christlichen Namens
die Kirche Gottes anzugreifen wagten und einen - wenn auch vergeblichen
- Versuch zu ihrer Zerstörung unternahmen, muss man zweifellos diese
verdorbene Gesellschaft von Menschen zählen, die man gemeinhin als
freimaurerisch zu bezeichnen pflegt.“
Des weiteren sagte Pius IX.: „Die Feinde der Kirche, die vertrauensvoll
und begeistert der künftigen Dinge harren und auf gewisse Ereignisse
hoffen, die sich in naher oder ferner Zukunft abspielen sollen - Gott allein
weiß es -, mögen wissen, dass auch die Pharisäer und ihre Freunde
entzückt über den Tod Christi waren, als hätten sie einen Triumph
errungen, und nicht bemerkten, dass dieser Tod die Ursache ihrer
vollständigen Niederlage war.“
Leo XIII. geißelte die Freimaurerei als treibende Kraft in jenem Krieg, der
von allen Seiten gegen die Heilige Kirche geführt wurde. Das Bulletin der
symbolischen schottischen Großloge drückte das Denken der Sekte in
folgenden Worten aus: „Die Freimaurerei kommt nicht umhin, dem Papst
für seine letzte Enzyklika zu danken. Leo XIII. hat mit unbestreitbarer
Autorität und einer wahren Fülle von Beweisen einmal mehr
nachgewiesen, dass es einen unüberbrückbaren Abgrund zwischen der von
ihm vertretenen Kirche und der Revolution gibt, deren rechter Arm die
Freimaurerei ist. Die Stunde ist gekommen, zwischen der alten Ordnung,
die sich auf die Offenbarung stützt, und der neuen Ordnung zu wählen, die
keine anderen Grundlagen anerkennt als die Wissenschaft und die
menschliche Vernunft, zwischen dem Geist der Autorität und dem Geist
der Freiheit.“
Dieser Gedanke wurde beim Konvent von 1902 abermals ausgedrückt, und
zwar von jenem Redner, dem es zufiel, die Schlussansprache zu halten:
„Was uns trennt? Es ist dies ein Abgrund, ein Abgrund, der erst an jenem
Tage überwunden sein wird, an dem die Freimaurerei triumphiert!“
Seither hat La Lanterne, offiziöses Organ der Regierenden, wiederholt
gesagt: „Die Kirche weiß heute, dass die Republik ihr Tod sein wird, und
wenn die Republik die Kirche nicht tötet, wird die Kirche die Republik
töten. Zwischen der Republik und der Kirche findet ein Duell auf Leben
und Tod statt.“
Im Oktober 1902 erklärte Premierminister E. Combes: „Es geht darum,
heute zu wissen, wer sich durchsetzen wird: Die Revolution, verkörpert
durch die Republik, oder die Konterrevolution, verkörpert in der klerikalen
und nationalistischen Reaktion.“
In einem Hirtenbrief schrieb ein Bischof der USA im Jahre 1878 bezüglich
der antichristlichen Verschwörung: „Angesichts der Tatsache, dass diese
Verschwörung einen bisher nicht gekannten weltweiten Umfang
angenommen hat, dass sie überall zur gleichen Zeit zuschlägt und überall
ähnliche Mittel anwendet, sehen wir uns zur Schlussfolgerung gezwungen,
dass es eine Führung gibt, einen Gesamtplan, eine starke Organisation mit
einem klaren Ziel, auf das alles zusteuert. Ja, sie existiert, diese
Organisation, mit ihrem Ziel, ihrem Plan und der verborgenen Führung,
der sie gehorcht; es ist eine trotz ihrer weltweiten Zerstreuung
geschlossene Gesellschaft; eine Gesellschaft, die sich in allen anderen
Gesellschaften eingenistet hat, ohne einer davon anzugehören; eine
Gesellschaft, die mächtiger ist als jede andere Macht, diejenige Gottes
ausgenommen. Es ist eine schreckliche Gesellschaft, die für die religiöse
Gesellschaft wie auch für die bürgerlichen Gesellschaften, für die
Zivilisation der Welt, nicht nur eine Gefahr darstellt, sondern die
furchtbarste aller Gefahren schlechthin.“
Kardinal Mathieu, der auf eine lange Erfahrung als Bischof und Mann der
Öffentlichkeit zurückblickt, schrieb seinerseits: „Ich stelle mir die
schmerzliche Frage, wie es kommt, dass die Mächtigen dieser Welt nicht
einmal schauen, was sich um sie herum - und so dicht um sie herum - tut,
was ihre Macht untergräbt und zerfrisst und nur auf ihren völligen Sturz
wartet. Ich bin vollkommen überzeugt, dass die meisten der umwälzenden
und finsteren Geschehnisse unserer Tage von der Freimaurerei vorbereitet
und vollzogen worden sind.“
„Da die Wahrheiten der religiösen Ordnung bis in den Kern dieser
Institutionen eingedrungen sind, welche die gesellschaftliche Ordnung, die
Familie und das Eigentum nun einmal darstellen, mussten sich sämtliche
Bestrebungen der antichristlichen Verschwörung naturgemäß darauf
richten, die Lehre der Kirche, so wie ihr göttlicher Urheber sie geschaffen
hat, aus dem Geist der Öffentlichkeit zu tilgen. Um die Idee zu töten, muss
man die Kirche zerstören. Die freimaurerische Sekte begriff sehr wohl,
dass dieses Unterfangen nur über einen langen Zeitraum hinweg zu
verwirklichen war, und folgerte daraus, dass wenn die sofortige Zerstörung
der Kirche ein Ding der Unmöglichkeit war, man diese daran hindern
müsse, die christliche Zivilisation vollständig wiederherzustellen. Deshalb
schickte sie sich an, die christliche Erziehung durch eine laizistische,
antichristliche Erziehung zu bekämpfen. Um die religiöse Welt in jene
Bahnen zu lenken, die zur Wiederherstellung des Weltlichen führen
sollten, war es nicht minder notwendig, die Führung der Geister an sich zu
reißen, als den Papst zum Götzen zu reduzieren. Napoleon begriff dies gut,
und deshalb gründete er die Universität und verlieh ihr das
Unterrichtsmonopol. Der Freimaurer Fourcroy legte der Legislative am 6.
Mai 1806 einen Gesetzesentwurf vor, dessen Artikel 1 wie folgt lautete: Es
wird unter dem Namen Kaiserliche Universität eine Körperschaft
gegründet, der die ausschließliche Zuständigkeit für den Unterricht und die
öffentliche Erziehung im ganzen Reich verliehen wird. - Napoleon sagte
seinen Vertrauten: Man will die Revolution zerstören. Ich werde sie
verteidigen, denn ich bin die Revolution; ich, ich!“
Die öffentliche Erziehung ist ebenfalls eines der Mittel, deren sich die
Geheimgesellschaften ab dem 18. Jahrhundert bedient haben, um den
Geist der Völker zu formen. Die Instruktionen Weishaupts, des Schöpfers
des deutschen Illuminatentums, das einige Jahre vor 1789 die
Vorherrschaft über sämtliche französischen und deutschen Logen an sich
riss, wirken, als seien sie heute geschrieben worden: „Man muss überall
das gemeine Volk für unseren Orden gewinnen, und das beste Mittel dazu
ist der Einfluss auf die Schulen... Mögen unsere Führer unablässig Pläne
schmieden und nach Mitteln sinnen, um uns zu Herren über alle diese
Einrichtungen aufzuschwingen.“ Hier liegt das ganze Geheimnis des
Eifers und der Beharrlichkeit, mit der die Logen überall versuchen, den
christlichen Unterricht zu zerstören und an seine Stelle jenen laizistischen
und obligatorischen Unterricht zu setzen, der von ihren Mitgliedern
gelenkt wird.
So wurde, nachdem die Revolution erst entfesselt war, Logenbruder
Bonaparte an die Macht gebracht. Die von ihm vollzogenen Eroberungen
ermöglichten es, die Revolution gegen die Heilslehre unseres Herrn zu
exportieren. Mittels seiner militärischen Eroberungen zwang er allen
unterworfenen Ländern den neuen, atheistischen Unterricht auf.
Im Verlauf der Diskussionen zum Gesetz über die Vereinigungen machten
die Republikaner kein Hehl daraus, dass dieses Gesetz ein erster Schritt
auf dem Weg zur Vernichtung der Kirche war. Viviani enthüllte das
Streben der Sekte in seiner Rede auf der Tribüne vom 15. Januar 1901:
„Über diesem Alltagskampf tobt ein gewaltiger Konflikt, in dem die
geistliche und die zeitliche Gewalt einander die Vorherrschaft streitig
machen und, einander gegenseitig die Gewissen der Menschen entreißend,
versuchen, die Lenkung der Menschheit bis zum Ende in der Hand zu
behalten.“ Tatsächlich stehen einander die auf dem Willen des Menschen
fußende Gesellschaft und die auf dem Willen Gottes beruhende
Gesellschaft gegenüber. Es handelt sich darum, den laizistischen Geist den
Zwängen der religiösen Gesellschaft zu entreißen und bis zum Ende die
Lenkung der Menschheit in der Hand zu behalten, indem man die auf dem
Willen Gottes beruhende Gesellschaft zerstört, um eine neue Gesellschaft
aufzubauen, die auf dem Willen des Menschen fußt. Es geht darum, die
Religion der Menschheit an die Stelle der katholischen Religion zu setzen.
Aus diesem Grund ist auch der den Kongregationen erklärte Krieg nur ein
Nebengefecht. Die eigentliche Schlacht ist jene, in der sich die Katholische
Kirche und der Freimaurertempel gegenüberstehen, d.h. die Kirche Gottes
und die Kirche Satans. Eine furchtbare Auseinandersetzung, von deren
Ausgang das Los der Menschheit abhängen wird. Solange die Kirche die
Oberhand behält und den Glauben verbreitet, wird sie den Herzen aller die
ewigen Hoffnungen einpflanzen. Nur auf ihren Trümmern kann also die
Religion der Menschheit errichtet werden, die nicht will, dass der Mensch
seinen Blick auf das Überzeitliche richtet. Dieses satanische Ziel wird
einhellig von allen Republikanern mitgetragen, die von Natur aus liberal
und Feinde Christi des Königs sind. Zu diesem Projekt sagte Herr Jacques
Piou denn auch: „Die Sozialisten wollen der geistlichen Gewalt die
Gewissen entreißen und die Führung über die Menschheit erobern.“ Ein
anderer Abgeordneter rief aus: „Es sind nicht nur die Sozialisten, die dies
wollen, sondern alle Republikaner.“ Herr Piou widersprach nicht.
Im Bulletin des Grand-Orient liest man: „Es gibt eine allgemeine Religion,
die sämtliche besonderen Religionen des Erdballs umfasst; zu dieser
Religion bekennen wir uns; diese allgemeine Religion bekennt die
Regierung, wenn sie die Religionsfreiheit ausruft.“ Im gleichen Bulletin
heißt es erneut: „Die Freimaurerei versteht sich als Superkirche, als
Kirche, die alle vereinigen wird.“ Paul Roca äußerte sich ebenso: „Was die
Christenheit errichten will, ist eine universelle Religion, die alle
Religionen umfassen wird.“
Pius VII. hatte; sich also absolut nicht getäuscht, als er in seiner Enzyklika
1808 schrieb: „Unter diesem gleichmäßigen Schutz sämtlicher
Glaubensrichtungen verbirgt und verkleidet sich die gefährlichste und
heimtückischste Verfolgung der Kirche Jesu Christi, die man sich nur
vorstellen kann, und leider auch jene, die am geschicktesten auf deren
Verwirrung, ja Zerstörung hinwirken würde, wenn es denn der Macht und
Tücke der Hölle möglich wäre, sie zu überwinden.“
1864 sagte Van Humbeeck, Meister vom Stuhl der Loge Les Amis de
l'Union du Progres: „Man hat der Revolution vorgeworfen, einen Abgrund
gegraben zu haben. Das stimmt nicht: Die Revolution hat keinen Abgrund
gegraben, sie hat eine Grube ausgehoben, und zwar, um die Leiche der
Vergangenheit (die christliche Zivilisation) zu verscharren. Was auf die
Revolution zutrifft, trifft auch auf die Freimaurerei zu, von der die
Revolution lediglich die profane Form ist. Ja, eine Leiche lastet auf der
Welt; sie versperrt den Weg des Fortschritts (der Rückkehr zur heidnischen
Zivilisation): diese Leiche der Vergangenheit ist, um sie deutlich bei ihrem
Namen zu nennen, der Katholizismus.“
1865 fand in Lüttich der Studentenkongress statt. Auf ihm wurden
zunächst der Generalstab der Internationale und dann die Hilfstruppen
Gambettas rekrutiert. Anlässlich dieses Kongresses fragte Lafargue: „Was
ist die Revolution? Die Revolution ist der Triumph des Menschen über
Gott!“
1870 wurde in Paris, dem Sitz des Grand-Orient, ein Manifest unter dem
Titel Gott vor der Wissenschaft, oder Religion und Freimaurerei
veröffentlicht. Darin las man: „Der Katholizismus, dieser erbitterte Feind
der Freimaurerei, deren Lehren ihm schroff entgegengesetzt sind...“
Im gleichen Jahre stand in der Zeitschrift Die Freimaurerwelt folgende
Erklärung: „Die Freimaurerei lehrt uns, dass es nur eine einzige Religion
gibt, eine wahre Religion, und folglich eine einzige natürliche Religion,
nämlich den Kult der Menschheit. Denn, meine Brüder, diese Abstraktion,
die, zum System erhoben, dazu gedient hat, sämtliche Religionen zu
schaffen, Gott, ist nichts anderes als die Gesamtheit all unserer
erhabensten Instinkte, denen wir einen Leib, eine gesonderte Existenz
verliehen haben.“ Klarer geht es nicht mehr: die Menschheit ist Gott, die
Menschenrechte müssen folglich an die Stelle des göttlichen Gesetzes
treten, der Kult der Instinkte der Menschheit muss den Kult des Schöpfers
ersetzen.
Ein tiefgründiger Denker, der die Tätigkeit und die Lehren der
Freimaurerei gründlich studiert hat, Pater Pachtler, hat die Grundidee der
Freimaurerei und aller Geheimgesellschaften, die auf sie zurückgehen,
kurz und bündig zusammengefasst: „Es ist die Vergötterung der
Menschheit oder der an die Stelle Gottes gerückte Mensch. Den drei
Ausgangsirrtümern, welche diesem Begriff der Menschheit zugrunde
liegen, nämlich der ursprünglichen Vollkommenheit des Menschen, der
Leugnung jeglichen übernatürlichen Ziels für ihn sowie seiner absoluten
Unabhängigkeit, entspricht eine Reihe von Etappen auf dem Weg des
Bösen, nämlich: Die Menschheit ohne Gott; die Menschheit, die sich zu
Gott macht; die Menschheit gegen Gott: so sieht das Gebäude aus, das die
Freimaurerei an die Stelle der göttlichen Ordnung, also der Menschheit mit
Gott, zu setzen sucht.“
„In der Gegenwart scheinen die Anhänger des Bösen sich zu verabreden
und in ihrer Gesamtheit mit vollen Kräften anzustürmen; geleitet und
gestützt von der weitverbreiteten und fest gegliederten Gesellschaft der
sogenannten Freimaurer. Denn schon halten diese ihre Pläne nicht mehr
geheim und reizen sich höchst verwegen untereinander auf gegen den
allmächtigen Gott. Bei dieser dringenden Gefahr, bei diesem grausamen
und hartnäckigen Kampfe gegen das Christentum ist es unsere Aufgabe;
hinzuweisen auf den Ernst der Lage; kenntlich zu machen die Gegner;
Widerstand zu leisten, so viel Wir vermögen. So geht denn aus dem, was
Wir in seinen Grundzügen dargelegt haben, zur Genüge hervor, was die
Freimaurersekte ist und welches ihre Bestrebungen sind. So stark und
offenkundig stehen ihre wichtigsten Lehrsätze mit der Vernunft im
Widerspruch, dass es nichts gibt, was verkehrter sein könnte. Denn die
Religion und die Kirche, die Gott gegründet hat und auf immer schirmt,
zerstören zu wollen; das Heidentum mit seinen Sitten und Gebräuchen
nach achtzehnhundert Jahren wieder zurückrufen zu wollen: das ist doch
ein Beweis von ganz außerordentlicher Torheit und gottlosem Frevel. Aber
auch das ist ebenso furchtbar und unerträglich, dass man die Wohltaten
von sich weist, die Jesus Christus nicht bloß dem Einzelnen, sondern auch
sowohl der Familie wie der staatlichen Gemeinschaft durch seine Gnade
erwiesen hat, deren Größe selbst von den Feinden bezeugt und anerkannt
wird. In solchen wahnwitzigen und finsteren Bestrebungen scheint sich
Satans unaustilgbarer Hass und seine brennende Rachgier gegen Jesus
Christus zu offenbaren. Es ergibt sich sichtlich, was das letzte Ziel ist bei
alle ihren Plänen: die gesamte religiöse und staatliche Ordnung, wie sie
das Christentum begründet hat, von Grund auf zu zerstören und nach
ihrem Gutdünken eine neue zu schaffen auf Grund ihrer Anschauungen
und Gesetze des Naturalismus. Oberster Grundsatz des Naturalismus, wie
dies schon der Name besagt, ist der: es müsse die menschliche Natur und
die menschliche Vernunft in allem oberste Richtschnur und Lehrerin sein.“
Leo XIII.
„Als permanente Personifizierung der Revolution stellt die Freimaurerei
eine Art umgekehrter Gesellschaft dar, deren Ziel darin besteht, eine
geheime Oberherrschaft über die anerkannte Gesellschaft auszuüben, und
deren Existenzgrund einzig und allein im Krieg gegen Gott und seine
Kirche besteht. Es ist nicht nötig, sie zu nennen, denn an ihren
Charakterzügen hat die ganze Welt die Freimaurerei erkannt. Sie hält fast
alle Nationen in ihren riesigen Netzen gefangen und steht in Verbindung
mit anderen Sekten, die sie an verborgenen Fäden tanzen lässt, wobei sie
ihre Verbündeten durch den Köder der ihnen in Aussicht gestellten Vorteile
anlockt und dann unter ihrer Kontrolle behält, die Regierungen bald durch
Versprechungen, bald durch Drohungen dazu bringt, sich ihren Plänen zu
beugen. Dadurch ist es dieser Sekte gelungen, sich in alle Klassen der
Gesellschaft einzuschleichen. Sie bildet einen unsichtbaren und
unverantwortlichen Staat im legitimen Staat. Es gibt ein einziges Zentrum,
von dem aus alles gelenkt wird, einen im Voraus festgelegten Plan.
Übrigens stehen sie stets bereit, um die Grundfesten der Reiche zu
erschüttern und die Fürsten zu verfolgen, anzuklagen, ja sogar zu verjagen,
wann immer sie ihre Macht anders zu benutzen scheinen, als die Sekte es
verlangt.“ Leo XIII.
1896 schrieb der künftige heilige Pius X.: „Die Bekämpfung der
Freimaurerei ist ein religiöses und in höchstem Maße soziales Werk, weil
diese Sekte nicht nur gegenüber unserer heiligen Religion in allen ihren
Äußerungen feindlich gesinnt ist, sondern auch Ruhe und Ordnung
zerstören will. Ich empfehle den Anhängern der Liga gegen das
Freimaurertum, sich ganz besonders um jene bedauernswerten jungen
Menschen zu kümmern, die, von geschickten Parolen verführt, es als Ehre
betrachten, der antiklerikalen Sekte anzugehören, welche unter dem
Vorwand der Vernunft und der Wissenschaft den Glauben direkt
bekämpft.“
Pater Maximilian Kolbe schrieb 1922: „In unserer Zeit ist die Anführerin
der Feinde der Kirche und des Seelenheils die Freimaurerei. Der
hauptsächliche, größte und mächtigste unter den Feinden der Kirche ist die
Freimaurerei.“
In einem alten Katechismus war zu lesen: „Zu Beginn des 18. Jahrhunderts
fanden sich alle antikatholischen Kräfte (Deisten, Materialisten,
Freidenker) in einer mächtigen Vereinigung zusammen, welche den
Namen Freimaurerei annahm. Diese war anfänglich eine philanthropische
und politische Gesellschaft gewesen, wurde aber nach der Gründung der
Großloge von London im Jahre 1717 zum Zentrum der Freidenker und
gewissermaßen zur Armee des Unglaubens. Von England aus griff sie nach
Frankreich über, wo 1721 in Dünkirchen ihre erste Loge entstand. Der
Grand-Orient von Frankreich, der seinen Sitz in Paris hat, wurde 1772
gegründet. Unter ihrem philanthropischen Tarnmäntelchen war die
Freimaurerei das, was sie bis zum heutigen Tage ist: Der Engel der
Finsternis, verkleidet als Engel des Lichts. So verführte sie viele edle
Seelen, auch Priester... Diese Menschen hatten das verborgene Ziel der
Freimaurerei nicht durchschaut. Da waren die Päpste klarsichtiger. Sie
legten sich Rechenschaft darüber ab, dass sie es mit den unversöhnlichen
Widersachern der Kirche zu tun hatten. Die Freimaurerei wurde schon sehr
bald verurteilt, nämlich von Klemens XII. im Jahre 1738, von Benedikt
XIV. im Jahre 1751, von Pius VII. Im Jahre 1821, von Pius IX. Im Jahre
1865 sowie von Leo XIII. Im Jahre 1884.“
1738 warnte Papst Klemens XII. erstmals vor der neuen
Geheimgesellschaft der Freimaurer. Er schrieb: „Wir haben durch
öffentlich kursierende Berichte erfahren, dass sich mit täglich neuen
Erfolgen gewisse Gesellschaften, Vereinigungen, Versammlungen,
Verbindungen oder Konvente weithin verbreiten, die - je nach Sprache -
Freimaurer genannt werden oder andere Bezeichnungen tragen und in
denen sich Menschen jeder Religion und jeder Sekte unter dem Anschein
natürlicher Ehrbarkeit miteinander durch einen ebenso engen wie
undurchdringlichen Pakt verbünden, nach Gesetzen und Statuten, die sie
sich selbst gegeben haben, und sich durch einen auf die Bibel geleisteten
Eid unter Androhung der schwersten Strafen dazu verpflichten, alles, was
sie im Dunkel der Verschwiegenheit treiben, durch unverletzliches
Schweigen zu decken... Wenn sie nichts Böses täten, würden sie das Licht
nicht so sehr hassen, und dieser Verdacht hat sich derart verschärft, dass in
mehreren Staaten besagte Gesellschaften schon seit langem verboten und
geächtet sind, weil sie die Sicherheit der Königreiche gefährden... Nach
reiflicher Überlegung und gestützt auf unsere apostolische Vollmacht
haben wir beschlossen und angeordnet, die erwähnten Gesellschaften
durch diese unsere immerwährend gültige Konstitution zu verurteilen und
zu verbieten. Deshalb untersagen wir allen und jedem einzelnen Getreuen
Jesu Christi formell und kraft des heiligen Gehorsams, den erwähnten
freimaurerischen oder anders bezeichneten Gesellschaften beizutreten, für
sie zu werben, Beziehungen mit ihnen zu unterhalten, ihre Mitglieder bei
sich zu empfangen oder ihnen anderswo Obdach zu gewähren und sie zu
verstecken, bei jenen Gesellschaften eingeschrieben oder ihnen
angeschlossen zu sein, an ihren Versammlungen teilzunehmen oder ihnen
die Gelegenheit und die Mittel zu Versammlungen zur Verfügung zu
stellen... und dies unter Androhung der Exkommunikation für alle, die
obigem Verbot zuwiderhandeln, durch die Tat selbst und ohne weitere
Erklärung... Es sei keinem Menschen gestattet, diese Bulle mit unserer
Erklärung, Anweisung, Verurteilung, Achtung und Untersagung dreist zu
verletzen oder ihr zuwiderzuhandeln. Wer es wagt, dies doch zu versuchen,
der wisse, dass er den Zorn Gottes des Allmächtigen sowie der seligen
Apostel Petrus und Paulus auf sich ziehen wird.“
Da sich Klemens XII. der Gefährlichkeit der Sekte bewusst war, verbot er
sie in den päpstlichen Staaten, während die päpstliche Bulle in Frankreich
von König Ludwig XV. dem Parlament niemals zur Registrierung
vorgelegt wurde. Solchermaßen war der Gallikanismus einer der
zuverlässigsten Verbündeten der Freimaurerei.
„Ein Katholik muss vor allem den Glauben besitzen und an die
geoffenbarten Wahrheiten glauben. Jede Theorie oder Lehre, die im
Widerspruch zum katholischen Glauben steht, ist für uns
notwendigerweise falsch und lügenhaft. Ein Katholik, der sich zu ihr
bekennt und sich an sie durch einen Eid bindet, um sie zu bekennen und zu
verbreiten, ist ein schlechter Katholik, ja noch mehr: ein Nichtkatholik, ein
Abtrünniger und ein Parteigänger des Antichristen. Welches Bedürfnis
kann ein Katholik denn empfinden, sich zu anderen Lehren zu bekennen
und sie zu verkünden, wenn er doch die seine besitzt, die von Gott, da von
Christus kommt? Wir kennen die wahre Lehre und den wahren Sinn der
Lehre dieser Sekte sehr wohl, der verderblichsten und gefährlichsten von
allen, gerade weil sie mit der vollendeten Kunst der Kinder der Finsternis
ihre wahre Natur verbirgt und ihre wahre Lehre verdunkelt. Wir gehen
davon aus, dass es nicht erforderlich ist, öffentlich über dermaßen
offenkundige Dinge zu disputieren, denn was man öffentlich darüber weiß,
reicht völlig aus, um die Unvereinbarkeit dieser Sekte mit dem Charakter
des Christentums festzustellen. Der Existenz Gottes, so heißt es,
widerspräche die menschliche Vernunft, und die menschliche Vernunft -
ein Selbstzweck, da sie mit dem physischen Tod verschwinde - sei der
wahre und einzige Gott eines Universums, das ausschließlich zum Ruhm
des Menschen und seiner Vernunft geschaffen worden sei. Das ist die
wirkliche Lehre der Freimaurer, einer geheimen Sekte, welche die
Existenz Gottes leugnet, wobei sie so tut, als akzeptiere sie sie als Symbol.
Was ist dieser Gott, der von jener Vernunft geleugnet wird, die sie ins
Zentrum des Universums stellen? Er ist der Oberste Architekt des
Universums. Wo es etwas Oberes gibt, muss es notwendigerweise auch
etwas Unteres geben... doch sie betrachten sich als Maurer und somit als
ständige, direkte und unerlässliche Mitarbeiter des Architekten, die an
seiner Tätigkeit teilhaben, und nicht als seine Söhne und Diener. Sie sind
zugleich die Bausteine, aus denen Tag für Tag jenes Universum errichtet
wird, in dessen Zentrum es keinen Gott mehr gibt, sondern nur die
menschliche Vernunft, ihrer Lehre zufolge die wahre Baumeisterin. Sie
sind die Maurerei, das heißt die Werkstatt, welche die Maurer vereint und
zugleich die Bausteine dieser menschlichen Konstruktion liefert. Die Zeit
wird kommen, da viele von ihnen sich offen zu ihrem Atheismus bekennen
werden. Doch wird auch die Zeit kommen, da viele Geister sich von diesen
besonders tückischen Verbindungen befreien werden, da sich viele Herzen
gegen solchen Stolz und solchen Hochmut empören werden, die uns zu
dem Urteil veranlassen, dass diese Sekte satanisch ist, weil sie Lehren
verficht, welche die Sünde Luzifers enthalten, und viele werden nach
harter Anstrengung in der wahren Kirche dieses Licht finden, diese von
Gott erleuchtete menschliche Vernunft, die sie heute vergeblich im Irrtum
und im Stolz suchen... Warten wir ab, dass der Irrtum, wie stets, den Irrtum
zerstöre.“ Klemens XII.
Zu keinem Zeitpunkt spricht Klemens XII. von Maurerzünften oder
Kathedralenerbauern, wie die freimaurerischen Behauptungen uns
weismachen wollen; er definiert die Freimaurerei ausdrücklich als neue
Sekte, und dies bereits 1738, ein halbes Jahrhundert vor der Französischen
Revolution.
1789 wird sich die Sekte zur Zerstörung, nicht zur Errichtung der
Kathedralen und der christlichen Ordnung anschicken. Seit ihren
offiziellen Anfängen wird die Freimaurerei also als internationales,
permanentes Komplott gegen Thron und Altar betrachtet, ein geheimes
und schwer erkennbares Komplott. Das Ziel der Freimaurerei besteht also
darin, die zeitliche Macht mittels der Republik zu übernehmen und die
geistliche Gewalt mittels einer neuen Religion.
„Man muss mutig kämpfen... und mit allen seinen Kräften die Geißel der
unheilvollen Bücher vernichten; niemals wird man den Stoff, aus dem der
Irrtum gemacht ist, zum Verschwinden bringen, wenn die verbrecherischen
Elemente der Verderbnis nicht von den Flammen verzehrt werden.“
Klemens XIII.
1775 verurteilte Pius VI. die „Sekten des Verderbens“. Ihm tat es Pius VII.
1821 gleich, der es für notwendig hielt, die Geheimgesellschaften
anzuprangern, „seufzend darüber, dass der Eifer des Heiligen Stuhles nicht
die erwarteten Wirkungen gezeitigt hat, und dass diese verdorbenen
Menschen nicht von ihrem Unterfangen abgelassen haben.“
Daneben enthüllte der Papst die Existenz einer neuen Sekte, die noch
gefährlicher sei als die vorhergehenden und mit dem Namen „Carboneria“
(Köhlerei) bezeichnet werde.
Für Leo XII. war es absolut sicher, dass es ungeachtet der
Verschiedenartigkeit ihrer Namen eine Einheit „all dieser Sekten zur
Verwirklichung eines verruchten Plans“ gebe. Ihm zufolge waren diese
Menschen „dieselben, welche unsere Väter ohne Zaudern die
Erstgeborenen des Teufels nannten“.
Pius IX. richtete sich an die Geheimgesellschaften: „Ihr habt den Teufel
zum Vater und wollt nach den Gelüsten eures Vaters tun. Abscheuliche
Sekten des Verderbens, Pest, Kinder des Teufels, Synagoge Satans!“
„Wenn manche denken, die apostolischen Konstitutionen, die unter
Androhung der Exkommunikation gegen die geheimen Sekten und ihre
Anhänger sowie ihre Anführer veröffentlicht werden, seien in jenen
Ländern, wo diese Sekten von der zivilen Autorität geduldet werden, nicht
gültig, so sind sie fürwahr in einem schweren Irrtum befangen!“ Pius IX.
Kurz vor seinem Tod unterstrich Pius IX.: Jene, „die sich bemühen, ein
Bündnis zwischen dem Licht und der Finsternis zu schaffen, sind
gefährlicher als die erklärten Feinde.“
Leo XIII. schärfte den Katholiken ein, „der Freimaurerei die Maske vom
Gesicht zu reißen, mit der sie sich tarnt.“
Er betonte, dass „Christentum und Freimaurerei ihrem Wesen nach
unvereinbar sind, so dass, wer sich mit einem davon verbindet, sich vom
anderen trennt“.
Pius X. bekämpfte den freimaurerischen Geist, der sich in die Kirche
einschlich. Dieser Papst verurteilte den Modernismus, indem er ihn als
„Sammelbecken aller Häresien“ definierte, und verpflichtete den Klerus
auf den Antimodernisten-Eid.
Pius XI. verurteilte 1937 den Kommunismus, das Kind der Freimaurerei.
Pius XII. sagte 1958: „Die Wurzeln der modernen Apostasie sind:
wissenschaftlicher Atheismus, dialektischer Materialismus, Rationalismus,
Laizismus und ihre gemeinsame Mutter: die Freimaurerei.“
Für alle diese Päpste haben also das „Jahrhundert der Aufklärung“ sowie
die verheerenden Ideen, welche das Gift der Apostasie enthalten,
durchweg ein und denselben Ursprung: die Freimaurerei.
Die Freimaurer selbst erkennen im Papsttum ihren ärgsten Widersacher.
Gustave Bord schreibt folgendes: „Das Papsttum war die einzige Macht,
die sich vollkommen klar über jene Gefahr war, welche die Freimaurerei
darstellte, und dies von Anfang an. Das Papsttum hatte die Gefahr deutlich
erkannt und rechtzeitig darauf hingewiesen. Man glaubte ihm nicht; in
Frankreich schenkte man ihm nicht einmal Gehör. Die Parlamente
weigerten sich, die päpstlichen Bullen zu registrieren, die, da sie keine
Verbreitung fanden, praktisch wertlos blieben.“
Bereits der erste freimaurerische Zusammenschluss, der das Licht der Welt
am 24. Juni 1717 erblickte, wurde im Jahr 1738 von Papst Clemens XII.
verurteilt. Seit der Zeit von Papst Clemens XII. bis zur Erklärung der
Kongregation für die Glaubenslehre über die Freimaurerei unter dem
damaligen Präfekten Joseph Kardinal Ratzinger, die von Papst Johannes
Paul II. im November 1983 approbiert wurde, hat die Kirche ihr Urteil nie
geändert.
Innerhalb der Freimaurerei formierte sich eine Sekte, die noch geheimer
war als die anderen und sich rasch zu deren Führerin aufschwang. Es war
dies die Sekte der Illuminaten. Ihr Gründer, Weishaupt, war
Rechtsprofessor an der Universität Ingolstadt in Bayern. Eines Tages im
Jahre 1785 wurde einer der Komplizen Weishaupts, der abtrünnige Priester
Lanz, von einem Blitz getroffen, als er wichtige Botschaften seines Chefs
bei sich trug. Die Papiere wurden von der bayerischen Polizei gefunden
und ermöglichten es dieser, die Hauptschuldigen zu ermitteln. Es folgte ein
Prozess, dessen Akten vom bayerischen Kurfürsten öffentlich gemacht
wurden, um die christlichen Mächte vor dem gegen sie angezettelten
Komplott zu warnen. Die Dokumente kündigten ganz konkret an, im Jahre
1789 solle in Frankreich mittels einer Revolution ein Schlag gegen die
Monarchie geführt werden. Laut den Illuminaten war es nämlich nicht
möglich, die Kirche zu zerstören, ehe die christlichen Mächte, die sie
schützten, die Monarchie, gestürzt wäre. Es galt also, erst die weltliche
und dann die geistliche Gewalt, erst den Thron und dann den Altar
umzustoßen. Es ist eine unbestreitbare Tatsache: Die hohen Eingeweihten
der Freimaurerei haben die Revolution von 1789 vom Zaun gebrochen, um
die Monarchie in der Person Ludwigs des Sechzehnten buchstäblich zu
enthaupten.
All dies schimmert im freimaurerischen Ritual durch, wo man einen
gekrönten Popanz enthaupten und anschließend einen zweiten Popanz, der
eine Tiara trägt, mit Dolchstößen durchbohren muss. Dieses Ritual
bedeutet, dass man, ehe man das Papsttum mit dem Dolch erledigt,
zunächst das Königtum köpfen muss, den Beschützer der Heiligen Kirche.
Vorbereitet wird dies durch die Wühlarbeit der „Philosophen“ und der
Enzyklopädisten. Genau so kam es denn auch.
Die Kirche ist angesichts dieses Mordes nicht stumm geblieben. Pius VI.,
den die Hinrichtung Ludwigs XVI. zutiefst erschüttert hatte, zögerte nicht,
in seiner Ansprache vor dem geheimen Konsistorium am 17. Juni 1793 zu
erklären: „Ludwig XVI. wurde zum Tode verurteilt, und das Urteil wurde
vollstreckt. Wer sind die Männer, die ein solches Urteil gefällt haben?
Welche Manöver gingen ihm voraus? Hat der Nationalkonvent, der sich
zum Richter über ihn aufgeworfen hat, das Recht dazu besessen?
Keinesfalls. Nachdem diese Versammlung das Königtum abgeschafft hatte,
die beste aller Regierungsformen, hatte sie die öffentliche Macht in die
Hände des Volkes gelegt, das unfähig ist, der Vernunft Gehör zu schenken
und sich bei seinem Verhalten von einem Plan lenken zu lassen, dem es an
Einsicht fehlt, um die Dinge richtig einzuschätzen, das sich bei seinen
Entscheidungen meist nicht von der Wahrheit, sondern von seinen
Vorurteilen leiten lässt, das wankelmütig, leicht zu betrügen und zum
Bösen zu verführen ist, das undankbar, hochmütig und grausam ist und
sich ein Vergnügen daraus macht, Menschenblut fließen zu sehen, das sich
an der Hinrichtung und den Qualen seiner Opfer weidet, so wie es sich im
Altertum an den Schauspielen im Amphitheater ergötzte. Nochmals, oh
Frankreich: Du, das du, wie du sagtest, einen katholischen Herrscher
brauchtest, weil es die fundamentalen Gesetze des Königreichs so wollten,
du hattest diesen katholischen Monarchen, und nur weil er katholisch war,
hast du ihn ermordet.“
Pius VI. fügte hinzu: „Die Generalversammlung des französischen Klerus
hatte 1755 die abscheulichen Komplotte dieser Schmiede der Bosheit
entdeckt und angeprangert. Hätte man doch unserer Einschätzung und
unserem Rat Gehör geschenkt! Dann müssten wir jetzt nicht über diese
gewaltige Verschwörung seufzen, die gegen die Könige und die Reiche
geschmiedet wird.“
Die Revolution von 1789 hatte die französische christliche Nation im Blut
ertränkt, und der Weg war nun frei für die Republik. Auf die erklärte
Revolution sollte eine stille, schleichende Revolution folgen: die
Revolution in den Geistern. Wie? Indem man alle Werte auf den neuen
„Humanismus“ reduzierte.
Die gut zwei Jahrhunderte, die uns von der französischen Revolution
trennen, ermöglichen es uns, die Richtigkeit der Aussagen der Päpste zu
erkennen. In der Tat waren die Prinzipien von 1789 nichts anderes als die
politische Doktrin der Freimaurerei.
Man musste den katholischen Kern brechen, den die Familie darstellte. Die
Sektierer führten die Zivilehe ein, die Scheidung, die laizistische,
atheistische Erziehung. Die elterliche Autorität wurde von Pädagogen in
Frage gestellt, die sich auf Rousseau beriefen. Staatliche Kinderkrippe für
die Kleinsten, Scheidung, Empfängnisverhütung, Abtreibung und noch
viele andere freimaurerische „Segnungen“ wurden der Gesellschaft zuteil,
um das Menschengeschlecht zu „befreien“.
„Die Gesellschaft beruht auf der Autorität, die ihren Ursprung in Gott hat;
die Familie fußt auf der Ehe, deren Legitimität und Unauflöslichkeit auf
den göttlichen Segen zurückgeht; das Eigentum basiert auf dem Willen
Gottes, der das siebte und das zehnte Gebot erließ, um das Eigentum vor
dem Diebstahl, ja selbst vor der Begehrlichkeit zu schützen. All dies muss
man zerstören, will man, wie die freimaurerische Sekte sich anmaßt, die
Zivilisation auf neue Grundlagen stellen.“ Monseigneur Delassus.
Klemens XIII. schrieb 1766: „Die Gefahr ist umso größer, als die Bücher,
welche solche Lehren propagieren, geschickt verfasst und mit großer
Kunst geschrieben sind, überall Eingang finden und überall das Gift des
Irrtums verbreiten.“
1829 schrieb Pius VIII.: „Wir wollen euch außerdem ganz besonders auf
gewisse dieser unlängst gegründeten Geheimgesellschaften hinweisen,
deren Ziel es ist, die Seelen der jungen Menschen, welche in den Schulen
und Gymnasien lernen, zu verderben; gewisse verkommene Lehrer wirken
dort darauf hin, ihre Schüler durch Lehren, die denjenigen Gottes
entgegengesetzt sind, auf die Wege Belials zu führen, und beflecken mit
gezielter, perfider Sorgfalt, in vollem Bewusstsein dessen, was sie tun,
durch ihren Unterricht den Verstand und die Herzen jener, die ihnen
anvertraut sind. Die Folge davon ist, dass diese jungen Menschen einer so
beklagenswerten Zügellosigkeit anheimfallen, dass sie jeglichen Respekt
vor der Religion verloren haben, sich in ihrem Verhalten von keinen
Regeln mehr leiten lassen, so die Heiligkeit der reinen Lehre missachten,
alle göttlichen und menschlichen Gesetze verletzen und sich schamlos
sämtlichen Unarten, sämtlichen Irrtümern, sämtlichen Dreistigkeiten
hingeben.“
Schon 1775 geißelte Pius VI. „jene Philosophen des Unheils, die mit ihren
perversen Lehren jene Bindungen auflösen, welche die Menschen
miteinander vereinen und sie in gerechter Abhängigkeit von ihren
legitimen Vorgesetzten halten, und denen es sogar gelingt, ins
Allerheiligste einzudringen. Die Philosophen wiederholen bis zur
Ermüdung, der Mensch werde frei geboren und sei keinerlei Autorität
unterworfen. Sie stellen die Gesellschaft folglich als eine Ansammlung
von Idioten dar, die sich in ihrer Dummheit vor den Königen, die sie
unterdrücken, in den Staub werfen, so dass der Einklang von Priester- und
Königtum nichts anderes als eine barbarische Verschwörung gegen die
menschliche Freiheit ist.“

SECHSTES KAPITEL
DER KOMMUNISMUS
Der Kommunismus ist die logischste und extremste Form des Sozialismus,
das Ergebnis der revolutionären Theorie von Karl Marx. Die
zugrundeliegende Philosophie ist materialistisch und deterministisch; die
soziale Ordnung entwickelt sich durch ökonomische Kämpfe zwischen den
Klassen in Richtung der gewaltsamen Revolution und einer Diktatur des
Proletariats, gefolgt von einem Absterben des Staates und der Substitution
einer Gesellschaft, in der das Eigentum an allen Dingen verbreitet ist, wo
alle freiwillig arbeiten und alle frei von den Gütern nehmen, die nach
seinen Bedürfnissen produziert werden. Neben der abstrakten Theorie des
Kommunismus gilt es seit 1917 als konkreter Versuch, ihre Prinzipien in
der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken anzuwenden, wobei ein
Aspekt davon in den Worten von Stalin zusammengefasst werden kann:
„Wissenschaftlich gesprochen: Die Diktatur des Proletariats ist eine
Macht, die durch keine Gesetze beschränkt ist, die durch keine Regeln
behindert wird und direkt auf Gewalt basiert.“
In der Theorie oder in der Praxis lehnt die Kirche den Kommunismus
aufgrund seiner Irrtümer, insbesondere des atheistischen Materialismus,
seiner Lehre und Praxis des Klassenkrieges, seiner Verleugnung der
Rechte und Freiheiten der menschlichen Person, einschließlich des
natürlichen Rechtes auf den Privateigentum und seiner Verachtung für gute
Moral völlig ab.
Der Kommunismus wurde wiederholt vom Heiligen Stuhl verurteilt.
„Die ehrwürdigen Brüder sehen, wie ihr bereits vermutet habt, einen
bolschewistischen und atheistischen Kommunismus, der die
gesellschaftliche Ordnung zu stören und die Grundlagen der christlichen
Zivilisation zu untergraben sucht.“
„In bezug auf den Kommunismus hat unser ehrwürdiger Vorgänger Pius
IX. heiliger Erinnerung schon 1846 eine feierliche Verdammung
ausgesprochen, die er in den Worten des Lehramts gegen die berüchtigte
Lehre des sogenannten Kommunismus, die absolut gegensätzlich gegen
das Naturrecht ist, und wenn er einmal angenommen wäre, würde er die
Rechte, das Eigentum und den Besitz aller Menschen und sogar die
Gesellschaft selbst völlig zerstören. Später definierte ein anderer unserer
Vorgänger, der unsterbliche Leo XIII., in seiner Enzyklika Quod Apostolici
Muneris, den Kommunismus als die tödliche Plage, die sich in das Mark
der menschlichen Gesellschaft hineindrängt, nur um ihren Untergang zu
bewirken.“
„Im Jahr 1924, als unsere Hilfsmission von der Sowjetunion zurückkehrte,
verurteilten wir den Kommunismus in einer besonderen Allokation, die
Wir an die ganze Welt gerichtet haben: In unseren Enzykliken (...) erhoben
Wir einen feierlichen Protest gegen die Verfolgung, die in Russland, in
Mexiko und jetzt in Spanien entfesselt wurde.“
„Die hartnäckigsten Feinde der Kirche, die aus Moskau den Kampf gegen
die christliche Zivilisation leiten, bezeugen selbst durch ihre
ununterbrochenen Angriffe in Wort und Tat, dass bis zu dieser Stunde das
Papsttum weiterhin treu das Heiligtum der christlichen Religion beschützt
und dass es die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Gefahren des
Kommunismus häufiger und wirksamer als jede andere öffentliche
Autorität auf der Erde gerichtet hat.“
„Die Lehre des modernen Kommunismus, die oft unter den
verführerischsten Verkleidungen verborgen ist, beruht im wesentlichen auf
den Prinzipien des dialektischen und historischen Materialismus, die zuvor
von Marx befürwortet wurden und von denen die Theologen des
Bolschewismus die einzige echte Interpretation beanspruchen. Nach dieser
Lehre gibt es in der Welt nur eine Wirklichkeit, Materie, deren blinde
Kräfte sich zu Pflanze, Tier und Mensch entwickeln, und auch die
menschliche Gesellschaft ist nichts anderes als ein Phänomen und eine
Form der Materie, die sich in gleicher Weise entwickeln nach
Notwendigkeit, und durch einen fortwährenden Kollisionskonflikt geht die
Materie zur endgültigen Synthese einer klassenlosen Gesellschaft über. In
einer solchen Lehre gibt es für die Vorstellung von Gott keinen Raum, es
gibt keinen Unterschied zwischen Materie und Geist, zwischen der Seele
und dem Körper, es gibt weder das Weiterleben der Seele nach dem Tode
noch die Hoffnung auf ein zukünftiges Leben. Die Kommunisten
behaupten nach dem dialektischen Aspekt ihres Materialismus, dass der
Konflikt, der die Welt in die endgültige Synthese hineinbringt, vom
Menschen beschleunigt werden kann. Daher bemühen sie sich, die
Antagonismen, die zwischen den verschiedenen Klassen der Gesellschaft
entstehen, zu schärfen. So nimmt der Klassenkampf mit seinem
konsequenten Hass und seiner Zerstörung die Aspekte eines Kreuzzugs für
den Fortschritt der Menschheit an. Auf der anderen Seite müssen alle
anderen Kräfte, solange sie einer solchen systematischen Gewalt
widerstehen, als feindlich gegenüber der menschlichen Rasse vernichtet
werden.
Der Kommunismus beraubt den Menschen seiner Freiheit, beraubt die
menschliche Persönlichkeit all ihrer Würde und entfernt alle moralischen
Beschränkungen, die die Ausbrüche des blinden Instinktes kontrollieren.
Es gibt keine Anerkennung des Rechts des Individuums in seinem
Verhältnis zum Kollektiv; kein natürliches Recht wird der menschlichen
Persönlichkeit zugesprochen, die ein bloßes Zahnrad im kommunistischen
System ist. In den Beziehungen des Menschen zu anderen Individuen
halten die Kommunisten das Prinzip der absoluten Gleichheit fest, indem
sie alle Hierarchie und göttlich-konstituierte Autorität einschließlich der
Autorität der Eltern ablehnen. Was Menschen an Autorität und
Unterordnung ausrichten, leitet sich aus der Gemeinde als ihrer ersten und
einzigen Schrift ab. Ebensowenig gewährt man dem Individuum
irgendwelche Eigentumsrechte an materiellen Gütern oder an
Produktionsmitteln, denn diese sind die Quelle des weiteren Reichtums,
ihr Besitz würde dem einen die Macht über den anderen geben. Gerade auf
diese Weise müssen alle Formen des Privateigentums ausgerottet werden,
denn sie sind der Ursprung aller wirtschaftlichen Versklavung.“
„So, ehrwürdige Brüder, ist das neue Evangelium, das der
bolschewistische und atheistische Kommunismus der Welt als die frohe
Botschaft der Erlösung und Errettung bietet, ein System voller Irrtümer
und Sophismen, das sowohl der Vernunft als auch der göttlichen
Offenbarung entgegengesetzt ist. Sie wollen die Gesellschaftsordnung
untergraben, weil sie die Zerstörung ihrer Grundlagen suchen, weil sie den
wahren Ursprung und Zweck des Staates ignorieren, weil sie die Rechte,
die Würde und die Freiheit der menschlichen Persönlichkeit verleugnen.“
Die ehrwürdigen Brüder mögen dafür sorgen, dass die Gläubigen sich
nicht täuschen lassen. Der Kommunismus ist von Natur aus falsch, und
niemand, der die christliche Zivilisation retten will, kann mit ihm in
irgendeinem Unterfange zusammenarbeiten, die sich im Glauben täuschen
lassen. Ihrer Hilfe zum Triumph des Kommunismus in ihrem eigenen
Lande ungeachtet, werden sie die ersten Opfer ihres Irrtums werden, und
je größer die Antike und die Pracht der christlichen Zivilisation in den
Regionen ist, in denen der Kommunismus erfolgreich eindringt, desto
verheerender wird der Hass der Gottlosen sein.“
„Ihr wisst ja, dass das Ziel dieser höchst unerbittlichen Handlung darin
besteht, die Menschen dazu zu zwingen, die gesamte Ordnung der
menschlichen Angelegenheiten zu stürzen und sie zu den bösen Theorien
dieses Sozialismus und Kommunismus zu ziehen, indem man sie mit
pervertierten Lehren verwechselt. Sie können nicht auf eine Vereinbarung
mit der katholischen Kirche hoffen, da sie weder die Leugnung der
Glaubwürdigkeit der Wahrheit, noch die Hinzufügung von neuen
menschlichen Fiktionen erlaubt, sondern der Kommunismus ist darum
bemüht ist, das italienische Volk zum Protestantismus zu ziehen. In
Betrügereien erklären sie immer wieder, darin eine andere Form der
gleichen wahren Religion Christi zu erblicken, die genauso erfreulich für
Gott ist, und inzwischen wissen sie wohl, dass das Hauptprinzip der
protestantischen Lehren, das heißt die heiligen Schriften, zu verstehen sind
nach dem persönliche Urteilsvermögen des Individuums, das werde ihrer
göttlichen Sache sehr helfen, sie sind zuversichtlich, dass sie zuerst die
heiligen Schriften durch falsche Interpretation missbrauchen können, um
ihre Fehler zu verbreiten und die Autorität Gottes in Anspruch zu nehmen.
Dann können sie dazu führen, dass die Menschen Zweifel an den
gemeinsamen Grundsätzen der Gerechtigkeit und Ehre bekommen.“
„Wie jedes andere Apostolat hat das Laienapostolat zwei Ziele: zu
bewahren und zu gewinnen. Die heutige Kirche muß den beiden die größte
Aufmerksamkeit widmen. Kurz und bündig, die christliche Kirche hat
nicht die Absicht, ihrem erklärten Feind, dem atheistischen
Kommunismus, ohne Kampf zu folgen. Diese Schlacht wird bis ans Ende
gekämpft, aber mit den Waffen Christi!“
„Manche zeigen sich ängstlich und unsicher, wenn sie mit der
Boshaftigkeit des Kommunismus konfrontiert sind, die darauf abzielt,
ihren Glauben zu rauben, denen sie einen materiellen Wohlstand
verspricht, aber die Dokumente, die jüngst vom Heiligen Stuhl
herausgegeben wurden, haben eindeutig den Weg gezeigt, den Weg, von
dem niemand abweichen darf, wenn er nicht in seiner Pflicht scheitern
will.“
„Denn sie wollen nicht nur die Religion von der öffentlichen Gesellschaft
entfernen, sondern sie auch von den Privatfamilien verbannen, indem sie
behaupten, dass die innere Gesellschaft oder die Familie das Ganze leite,
indem sie den schwersten Fehler des Kommunismus und Sozialismus
lehren und bekennen den Grundsatz ihrer Existenz aus dem Zivilrecht
allein; und folglich, dass allein auf das Zivilrecht alle Rechte der Eltern
über ihre Kinder und vor allem über die Bildung angewiesen sind.“
„Zu diesem Ziel neigt auch die unaussprechliche Lehre des
Kommunismus, wie sie genannt wird, eine Lehre, die dem Naturgesetz am
meisten entgegengesetzt ist, denn wenn man diese Lehre akzeptiert, würde
die vollständige Zerstörung aller Gesetze, der Regierung, des Eigentums
und sogar der menschlichen Gesellschaft selbst folgen.“
„So sind wir an die Grenze der Schrecken, des Witzes, des Kommunismus,
des Sozialismus, des Nihilismus, der schrecklichen Missbildungen der
Zivilgesellschaft der Menschen und seines Verderbens angekommen und
machen doch zuviele Versuche, die Tragweite dieser Übel zu vergrößern
und unter dem Vorwand, dem Volk geholfen zu haben, da haben wir schon
keine kleinen Flammen des Elends aufflammen gesehen. Die Dinge, die
wir hier erwähnen, sind weder unbekannt noch sehr weit von uns entfernt.“
„Auf diese Weise sehen wir täglich die zahlreichen Krankheiten, die alle
Menschenklassen bedrängen, und diese giftigen Lehren haben das
öffentliche und private Leben völlig verderbt, Rationalismus,
Materialismus, Atheismus, Sozialismus, Kommunismus, Nihilismus - böse
Prinzipien, die es früher nicht gab.“
„Die heilige Jungfrau, die einst die schreckliche Sekte der Albigenser aus
christlichen Ländern vertrieb, die jetzt von uns aus Bedarf herbeigerufen
wird, wird die neuen Irrtümer, vor allem die des Kommunismus besiegen,
die uns in vielerlei Hinsicht in ihren Motiven und Untaten plagt.“
„Wenn der Sozialismus, wie alle Irrtümer, eine Wahrheit enthält (die
übrigens auch die Höchsten Pontifexe nie bestritten haben), so beruht er
doch auf einer Theorie der menschlichen Gesellschaft, die für sich selber
steht und mit dem wahren Christentum unvereinbar ist. Der religiöse
Sozialismus, der christliche Sozialismus, sind widersprüchliche Begriffe;
niemand kann zugleich ein guter Katholik und ein wahrer Sozialist sein.“
In seiner allgemeineren Bedeutung bezieht sich der Kommunismus auf
jedes soziale System, in dem alles Eigentum oder zumindest das gesamte
produktive Eigentum der Gruppe oder der Gemeinschaft gehört, anstatt
Einzelpersonen. So verstand man den kommunistischen Anarchismus, den
Sozialismus und den Kommunismus im engeren Sinne. Der
kommunistische Anarchismus (im Unterschied zu der philosophischen
Vielfalt) würde nicht nur das Privateigentum, sondern auch die politische
Regierung abschaffen. Sozialismus bedeutet das kollektive Eigentum und
Management nicht von allem Eigentum, sondern nur von den materiellen
Agenturen der Produktion. Der Kommunismus verlangt im strengen Sinne,
dass sowohl die Produktionsgüter wie Land, Eisenbahnen und Fabriken als
auch Konsumgüter wie Wohnungen, Möbel, Lebensmittel und Kleidung
das Eigentum der ganzen Gemeinschaft sein sollten. Vor der Mitte des 19.
Jahrhunderts wurde der Begriff in seinem allgemeineren Sinn, auch von
den Sozialisten, verwendet. Marx und Engels nannten das berühmte
Dokument, in dem sie dem Sozialismus seinen ersten pseudo-
wissenschaftlichen Ausdruck gaben, das Kommunistische Manifest. Sie
konnten es kaum anders nennen, da das Wort Sozialismus zum ersten Mal
im Jahre 1833 in England verwendet wurde. Doch die meisten Anhänger
der neuen Bewegung zogen es vor, ihre Lehre ökonomischen Sozialismus
und sich selbst Sozialisten zu nennen. Heute ist kein Sozialist, der glaubt,
dass es Einzelpersonen erlaubt werden sollten, das Eigentum an
Verbrauchsgütern beizubehalten, der sich selbst nicht als Kommunisten
einstufen würde. Daher ist das Wort gegenwärtig im engeren Sinne
angewandt. Seine Verwendung, nur gemeinsames Eigentum an Kapital zu
bestimmen, ist zum größten Teil auf die Uninformierten beschränkt, und
auf diejenigen, die den Sozialismus verletzen wollen, indem sie ihm einen
schlechten Namen geben.
Der Kommunismus im strengen Sinne unterscheidet sich auch vom
Sozialismus dadurch, dass er in der Regel einen größeren Grad des
gemeinsamen Lebens begründet. Der Sozialismus legt seinen Schwerpunkt
auf die gemeinsame Produktion und Verbreitung, den Kommunismus auf
das gemeinsame Leben. Der Kommunismus zielt also auf ein größeres
Maß an Gleichheit als der Sozialismus. Es würde mehr Einheitlichkeit in
der Frage der Ehe, Bildung, Nahrung, Kleidung, Wohnungen und
allgemeinem Leben der Gemeinschaft geben. Daher sind die
verschiedenen Versuche, die von kleinen Gruppen von Personen gemacht
wurden, die ein gemeinsames Leben führen, um ein gemeinsames
Eigentum der Industrie und gemeinsamen Genuss ihrer Produkte zu
schaffen, allgemein als Experimente des Kommunismus beschrieben
worden. In Wirklichkeit ist der Sozialismus in seinem eigentlichen Besitz
und Betrieb von Kapitalinstrumenten des ganzen demokratischen Staates
noch nie ausprobiert worden. Das erinnert an die weitere Unterscheidung,
dass der Kommunismus, auch als ein heutiges Ideal, die Organisation von
Industrie und Leben durch kleine föderierte Gemeinschaften und nicht
durch einen zentralisierten Staat impliziert. Man unterscheidet sie also und
hofft, dass der Sozialismus endlich zum Kommunismus wird. Wenn wir
alle diese Notizen zu einer formalen Definition zusammenfassen, können
wir sagen, dass der vollständige Kommunismus das gemeinsame Eigentum
sowohl der Industrie als auch ihrer Produkte durch kleine,
zusammengeschlossene Gemeinschaften darstellt, die ein gemeinsames
Leben führen.
Der früheste Betrieb des kommunistischen Grundsatzes, von dem wir alle
rekordieren, fand in Kreta um 1300 vor Christus statt. Alle Staatsbürger
wurden von dem Staat einheitlich erzogen, und alle aßen an den
öffentlichen Tischen. Nach der Tradition war es dieses Experiment, das
Lycurgus bewegt, sein berühmtes Regime in Sparta zu gründen. Unter
seiner Herrschaft, wie Plutarch uns informiert, gab es ein gemeinsames
System von Bildung, Gymnastik und militärischer Ausbildung für alle
Jugendlichen beider Geschlechter. Für alle Bürger wurden öffentliche
Mahlzeiten und öffentliche Schlafplätze zur Verfügung gestellt. Das Land
wurde neu verteilt, so dass alle gleichberechtigt waren. Obwohl die Ehe
bestand, wurde sie durch ein gewisses Maß an Promiskuität im Interesse
der Rassenkultur modifiziert. Die Grundsätze der Gleichheit und des
gemeinsamen Lebens wurden auch in vielen anderen Dingen durchgesetzt.
Wie Plutarch sagt: „Kein Mensch war frei, so zu leben, wie es ihm
beliebte, denn die Stadt war wie ein großes Lager, in dem alle ihre
Erlaubnisse hatten“. In anderer Hinsicht aber fiel das Regime von
Lykurgus dem normalen Kommunismus nicht ein; obwohl das Land
gleichmäßig verteilt war, war es in Privatbesitz; das politische System war
keine Demokratie, sondern eine begrenzte Monarchie und später eine
Oligarchie; und die Privilegien der Staatsbürgerschaft und Gleichheit
wurden nicht von der gesamten Bevölkerung genossen. Die Heloten, die
das unangenehme Werk vollbrachten, waren Sklaven im schlimmsten
Sinne des Wortes. In der Tat war der Zweck der gesamten Organisation
militärisch und politisch und nicht wirtschaftlich und sozial. Da Lycurgus
vom kretischen Experiment inspiriert wurde, war Plato von der Leistung
des Lykurgus beeindruckt. Seine Republik beschreibt ein ideales
Gemeinwesen, in dem es Gemeinschaftseigentum, Gemeinschaft von
Mahlzeiten und sogar von Frauen geben sollte. Der Staat sollte Bildung,
Heirat, Geburten, die Führung der Bürger und den Vertrieb und Genuss
von Waren kontrollieren. Es würde eine perfekte Gleichstellung der
Bedingungen und Karrieren für alle Bürger und für beide Geschlechter
erzwingen. Platons Motiv, diese imaginäre Gesellschaftsordnung zu
skizzieren, war das individuelle Wohlergehen, nicht die staatliche
Vervollkommnung. Er wollte die Aufmerksamkeit der Welt auf einen Staat
lenken, der einzigartig war, da er nicht aus zwei Klassen zusammengesetzt
war, die ständig im Krieg gegeneinander standen, die Reichen und die
Armen. Aber sein Modell von Gemeinwohl sollte Sklaven haben.
Das kommunistische Prinzip regierte eine Zeit lang das Leben der ersten
Christen in Jerusalem. Im vierten Kapitel der Apostelgeschichte erfahren
wir, dass keiner der Brüder etwas sein eigen nannte, was er selbst besaß;
dass diejenigen, die Häuser und Grundstücke hatten, sie verkauften und
den Preis zu Füßen der Apostel legten, die jedem je nach Bedarf, was er
bedurfte, gaben. Da sie keine Unterscheidung zwischen Bürgern und
Sklaven machten, waren diese primitiven Christen weiter als der
Kommunismus Platons. Ihr Kommunismus war übrigens völlig freiwillig
und spontan. Die Worte des heiligen Petrus an Ananias beweisen, dass
einzelne Christen ganz frei waren, ihr Privateigentum zu behalten.
Schließlich dauerte die Anordnung nicht lange, noch wurde sie von
irgendeinem der anderen christlichen Körperschaften außerhalb von
Jerusalem angenommen. Daher ist die Behauptung, dass das Christentum
am Anfang kommunistisch war, eine grobe Übertreibung. Und die
Behauptung, dass gewisse Väter der Kirche, besonders Ambrosius,
Augustinus, Basilius, Johannes Chrysostomus und Hieronymus alles
Privateigentum verurteilt und den Kommunismus befürwortet haben, ist
ebenfalls nicht gerechtfertigt. Die meisten religiösen, das heißt asketischen
und klösterlichen Ordnungen und Gemeinschaften, die es innerhalb und
außerhalb der christlichen Richtung gegeben hatte, zeigen einige
Merkmale des Kommunismus. Die buddhistischen Mönche in Indien, die
Essener in Judäa und die Therapeuten in Ägypten, alle schlossen
Privatbesitz aus und führten ein gemeinsames Leben. Die
Religionsgemeinschaften der katholischen Kirche haben immer das
gemeinsame Eigentum an Gütern praktiziert, sowohl produktiv (wenn
immer sie diese besaßen) als auch nicht-produktiv. Ihr Kommunismus
unterscheidet sich jedoch von dem der Wirtschaftskommunisten darin,
dass ihr primäres Ziel nicht und niemals eine soziale Reform oder eine
gerechtere Verteilung von Gütern war. Die geistige Besserung des
einzelnen Gliedes und die bessere Erfüllung ihrer karitativen Mission, wie
die Unterweisung der Jugendlichen oder die Pflege der Kranken und
Gebrechlichen, sind die Ziele, die sie hauptsächlich gesucht haben. Diese
Gemeinschaften bestehen darüber hinaus darauf, dass ihre Lebensweise
nur den wenigen angepasst wird. Aus diesen Gründen finden wir sie immer
getrennt von der Welt, und sie machen keinen Versuch, einen
beträchtlichen Teil davon dem Volk zu bringen und das Zölibat zu
beobachten. Ein wichtiges Merkmal des ökonomischen Kommunismus
haben fast alle Religionsgemeinschaften, nämlich das gemeinsame
Eigentum und die Verwaltung der materiellen Akteure der Produktion, aus
denen sie ihre Nahrung ableiten. In dieser Hinsicht sind sie eher
Lohnempfängern als kommunistischen Organisationen ähnlich.
Während des Mittelalters wurde der Kommunismus von verschiedenen
ketzerischen Sekten in verschiedenen Graden praktiziert. Darin bezeugten
sie den Wunsch, das Beispiel der Urchristen nachzuahmen. Ihr
Kommunismus war also wie der der Klosterorden, eher religiös als
wirtschaftlich. Auf der anderen Seite war das Motiv der religiösen Orden
der Rat Christi, die Vollkommenheit zu suchen. Die Katharer, die
Apostoliken, die Brüder und Schwestern vom Freien Geiste, die Hussiten,
die Mährer und die Wiedertäufer waren die wichtigsten Ketzer. Keiner von
ihnen präsentierte Tatsachen von großer Bedeutung für den Studenten des
Kommunismus. Das nächste bemerkenswerte Ereignis in der Geschichte
des Kommunismus ist die Erscheinung der Utopia des Thomas Morus
(1516). Der Zweck dieser romantischen Darstellung einer idealen
Gemeinschaft war wirtschaftlich, nicht militärisch oder religiös. Der
Rückzug von großen Landstrichen von der Anbaufläche für die
Schafzucht, die Kürzung der Rechte des Mieters auf das Gemeinsame und
der Anstieg der Mieten hatten bereits damit begonnen, die Unsicherheit,
die Armut und den Pauperismus hervorzubringen, die später so
erschreckend wurden In England, und die ein verwirrendes Problem
darstellen. Im Gegensatz zu diesen Bedingungen stellte Morus sein ideales
Bild vom Staat der Utopie auf. In seiner Vorstellung von den industriellen
Bedingungen, Bedürfnissen und Tendenzen war er weit seiner Zeit voraus.
„Ich kann“, sagt er, „keine andere Vorstellung von allen anderen
Regierungen haben, die ich sehe oder kenne, als dass es sich um eine
Verschwörung der Reichen handelt, die im Vorgriff auf die Verwaltung der
Öffentlichkeit nur ihre privaten Ziele verfolgen und alle erdenklichen
Wege und Künste herausfinden: erstens, dass sie ohne Gefahr alles, was sie
so schlecht erworben haben, bewahren können, und dass sie dann die
Armen dazu bringen können, zu möglichst niedrigen Sätzen für sie zu
arbeiten, und dass sie sie unterdrücken, wie sie wollen.“ Das liest sich
mehr wie ein Ausbruch von einem radikalen Reformator des zwanzigsten
Jahrhunderts als das Zeugnis eines Staatskanzlers des frühen sechzehnten
Jahrhunderts. In Utopia werden alle Güter gemeinsam gehalten und
gemeinsam genutzt, und alle Mahlzeiten werden an den öffentlichen
Tischen eingenommen. Aber es gibt keine Gemeinschaft von Frauen. Die
unangenehme Arbeit wird von Sklaven gemacht, aber die Sklaven sind alle
Verbrecher. Sowohl für die Familie als auch für die Würde und die Rechte
des Einzelnen ist Utopia also auf höherem Boden als die Platonische
Republik. Es gibt mehrere andere Beschreibungen von idealen Staaten, die
ihre Inspiration der Utopia verdanken. Die wichtigsten sind: "Oceana"
(1656) von James Harrington; "Die Stadt der Sonne" (1625) von Thomas
Campanella; und Francis Bacons "New Atlantis" (1629). Keiner von ihnen
ist so weit gelesen worden noch so einflussreich gewesen wie ihr Prototyp.
Campanella, der ein Dominikanermönch war, repräsentierte die Behörden
der "Stadt der Sonne" als die am besten entwickelten Frauen zwingend,
sich mit den am besten entwickelten Männern zu paaren, damit die Kinder
so perfekt wie möglich sind. Kinder sollen vom Staat und nicht von den
Eltern geschult werden, denn sie werden zur Erhaltung der Arten und nicht
zur individuellen Freude gezüchtet.
Die umfassende Kritik und Auflehnung gegen soziale Institutionen, die
von französischen Schriftstellern im achtzehnten Jahrhundert durchgeführt
wurden, beinhaltete natürlich Theorien für den Wiederaufbau der
Wirtschaftsordnung. Gabriel de Mably, der teilweise von Platon und teils
von Rousseau entlehnt zu haben scheint, erklärte, dass die
Gütergemeinschaft Gleichheit und das höchste Wohl der Rasse sichern
würde; aber er schreckte davon ab, dies als ein praktisches Heilmittel für
die Krankheiten seiner eigenen Zeit zu befürworten. Morelly stimmte mit
Rousseau darin überein, dass alle gesellschaftlichen Übel auf Institutionen
zurückzuführen seien, und forderte das Eigentum und die Verwaltung des
ganzen Eigentums und der Industrie durch den Staat. Beide, de Mably und
Morelly, waren abtrünnige Priester. Morellys Ansichten wurden von einem
der französischen Revolutionäre, Baboeuf, angenommen, der als erster
Mensch praktische Schritte zur Bildung einer kommunistischen
Gesellschaft unternahm. Zu seinen Plänen gehörten die Pflichtarbeit aller
und der öffentliche Vertrieb des Produkts nach individuellen Bedürfnissen.
Um seine Theorien in Wirklichkeit umzuwandeln, gründete er die
„Gesellschaft der Gleichen“ (1796) und begann einen bewaffneten
Aufstand; aber die Verschwörer wurden bald verraten und ihr Führer
guillotiniert (1797). Graf Henri de Saint-Simon, dessen Theorien in seiner
"Nouveau Christianisme" (1825) ihre endgültige Gestalt erhielten,
verlangte nicht das Eigentumsrecht aller Güter. Daher wird er als erster
Sozialist und nicht als Kommunist betrachtet. Er war der erste, der die
Teilung der modernen Gesellschaft in Arbeitgeber und Arbeitnehmer
betonte, und der erste, der einen Wiederaufbau der industriellen und
politischen Ordnung auf der Grundlage der Arbeit und im besonderen
Interesse der Arbeiterklasse befürwortete. Seiner Ansicht nach sollte der
Staat zum Industriedirektor werden und Aufgaben im Verhältnis zu
Kapazitäten und Belohnungen im Verhältnis zur Arbeit verteilen. Er ist
mehr ein Sozialist als ein Kommunist in dem Wunsch, dass die Reformen
durch die Zentralregierung statt durch die Kommunalbehörden oder
freiwilligen Vereinigungen erfolgen sollten. Charles Fourier fragte nicht
einmal nach der Abschaffung des Kapitals. Dennoch war er eher
kommunistisch als Saint-Simon, weil seine Pläne von den örtlichen
Gemeinschaften durchgeführt werden sollten, denen er den Namen
"Phalanxes" gab und weil die Mitglieder ein gemeinsames Leben führen
sollten. Alle wohnten in einem großen Gebäude namens "phalansterie".
Aufgaben sollten mit Rücksicht auf die Präferenzen des Individuums
zugewiesen werden, es gäbe aber häufige Beschäftigungsveränderungen.
Jeder Arbeiter würde einen Mindestlohn erhalten, der für einen
komfortablen Lebensunterhalt ausreicht. Das überschüssige Produkt würde
auf Arbeit, Kapital und Talent verteilt werden, aber so, dass diejenigen, die
das unangenehmste Werk tun, die höchste Entschädigung erhalten würden.
Die Ehe wäre von den Parteien selbst befristet. Ein Versuch, eine Phalanx
in Versailles im Jahre 1832 zu etablieren, führte zu einem völligen
Versagen.
Etienne Cabet entwarf in seiner "Reise nach Ikarien" (1840) ein
kommunistisches Programm, das nach dem Werk von Sankt Thomas
Morus modelliert wurde. Er würde das Privateigentum und die
Privatpädagogik abschaffen, aber nicht die Ehe oder das Familienleben.
Waren sollten von der Gemeinschaft als Ganzes produziert und vertrieben
werden, und es sollte eine vollständige Gleichheit aller Mitglieder
bestehen. 1848 emigrierte er mit einer Bande seiner Jünger nach Amerika
und gründete die Gemeinschaft von Ikarien in Texas. 1849 zogen sie zur
verlassenen Mormonen-Siedlung von Nauvoo, Illinois über. Hier
verbreitete sich die Gemeinde mehrere Jahre, bis das übliche
Lösungsmittel in Form von innerer Zwietracht auftauchte. Im Jahre 1856
ließ sich die kleine Minderheit, die mit Cabet zusammenhing, in
Cheltenham, in der Nähe von St. Louis, nieder, während die größere Zahl
nach Süd-Iowa ging, wo sie eine neue Gemeinschaft gründen, der sie den
alten Namen Ikarien gaben. Die letzte Siedlung blühte bis 1878, als eine
endgültige Reihe von Störungen, Abspaltungen und Migrationen begann.
Die letzte Gruppe der Ikarier wurde im Jahre 1895 aufgelöst. Zu dieser
Zeit zählte die Gemeinde nur einundzwanzig Mitglieder; in Nauvoo waren
es fünfhundert. Ikarien wurde als das typischste Experiment, das jemals im
demokratischen Kommunismus gemacht wurde und wunderbarer als jede
andere ähnliche Kolonie, die es so lange ohne dogmatische Basis
ausgehalten hat, gepriesen. Die Ikarier praktizierten keine Religion. In
seiner "Organisation du travail" (1840) forderte Louis Blanc, dass der Staat
nationale Workshops gründe mit dem Ziel des endgültigen staatlichen
Besitzes und der Verwaltung aller Produktion. Nach der Revolution von
1848 führte die französische Regierung mehrere nationale Workshops ein,
aber sie machte keine ehrliche Anstrengung, sie nach den Ideen von Louis
Blanc zu führen. Sie waren alle erfolglos und kurzlebig. Wie Saint-Simon
war Louis Blanc ein Sozialist und kein Kommunist in seinen Theorien der
sozialen Reorganisation, des Eigentums und der individuellen Freiheit.
Von der Zeit an liegen alle wichtigen Theorien und Bewegungen, die sich
auf die Reorganisation der Gesellschaft beziehen, in den übrigen Ländern
Europas wie auch in Frankreich unter dem Haupt des Sozialismus. Der
Rest der Geschichte des Kommunismus beschreibt Ereignisse, die in den
Vereinigten Staaten aufgetreten sind. William A. Hinds zählt in seinen
amerikanischen Gemeinschaften rund fünfunddreißig verschiedene
Assoziationen auf, in denen kommunistische Prinzipien entweder ganz
oder teilweise in Betrieb genommen wurden.
Es wurde viel über kommunistische Methoden der Infiltration geschrieben.
Die Standardmethode war, von innen zu bohren. Die Kommunisten, die
sich als Loyalisten einer Organisation ausgaben, suchten diese zu
untergraben. Sobald sie Zugang frei wäre, würden sie allmählich und subtil
die Werte und Grundsätze der zielgerichteten Organisation verändern. Der
Prozess der Veränderung kann eine Generation in Anspruch nehmen.
Kommunisten haben unbegrenzte Geduld und höchstes Vertrauen in die
endgültige Erreichung ihrer Ziele. Beispiele beinhalten erhebliche
Einbrüche von Kommunisten in organisierte Arbeit, Hochschulen,
Rechtsberufe, Rassenbeziehungen, kulturelle Institutionen und die
Regierung selbst.
Bei der Infiltration suchen die Kommunisten nach einer institutionellen
Schwäche, die sie ausnutzen könnten, und im Falle der katholischen
Kirche vermuteten sie vielleicht die Schwäche, sich im männlichen
Zölibat-Priestertum aufzuhalten. So schickten Kommunisten ihre
Anhänger, vor allem Homosexuelle, sexuelle Abweichler und Pädophile in
Seminaren, um Priester zu werden, um eine homosexuelle Kultur
innerhalb der Kirche zu fördern? Homosexuelle, die ihre Vorliebe in einer
überwiegend konservativen katholischen Gemeinde praktizierten, während
sie von gut gesinnten Vorgesetzten Schutz erhielten, konnten sicherlich zur
Untergrabung des Glaubens an den Katholizismus beitragen und die
Glaubwürdigkeit und die moralische Stellung der Kirche bis zu ihrem
Fundament zweifellos erschüttern. Die katholische Autorität zu
untergraben, ist ein klares und oft erklärtes Ziel der kommunistischen
Linken. Spekulationen darüber, wie die Kommunisten versuchten, ihr
Programm umzusetzen, sind vernünftig und notwendig, um die
gegenwärtige Situation besser zu verstehen.
Zwei ehemalige Kommunisten, Bella Dodd und Manning Johnson,
sprachen über kommunistische Infiltration der katholischen Kirche. Bella
Dodd, eine wichtige kommunistische Parteianwältin, Lehrerin und
Aktivistin, wurde im April 1952 unter der Obhut des Bischofs Fulton J.
Sheen zum Katholizismus bekehrt. Dass die kommunistische Infiltration
so weitreichend war, dass in Zukunft die katholische Kirche nicht mehr
anerkannt wird, behauptete Bella Dodd:
„In den dreißiger Jahren haben wir elfhundert Mann ins Priestertum
geschickt, um die Kirche von innen zu zerstören.“
„Im Augenblick sind sie in den höchsten Stellen, und sie arbeiten, um
Änderungen herbeizuführen, damit die katholische Kirche nicht mehr
gegen den Kommunismus wirkungsvoll ist.“
Manning Johnson, ein ehemaliger Beamter der Kommunistischen Partei
und Autor von "Hautfarbe, Kommunismus und gesunder
Menschenverstand", bezeugte im Jahr 1953 dem Haus-für-
unamerikanischen-Aktivitäten-Ausschuss die Infiltration der katholischen
Kirche:
„Sobald die Taktik der Infiltration religiöser Organisationen durch den
Kreml festgelegt wurde, entdeckten die Kommunisten, dass die Zerstörung
der Religion viel schneller durch Infiltration der katholischen Kirche durch
Kommunisten funktionieren könnte, die innerhalb der Kirche selbst
arbeiten. Die kommunistische Führung in den Vereinigten Staaten hatte
erkannt, dass die Infiltrationstaktik in diesem Land sich an die
amerikanischen Verhältnisse anpassen müsste. Europa hatte auch seine
Zellen und das religiöse Make-up, das diesem Kontinent eigen ist. In den
frühesten Stadien wurde festgestellt, dass nur geringe Kräfte zur
Verfügung standen. Die praktische Schlussfolgerung, die von den Roten
Führern gezogen wurde, war, dass diese Institutionen es möglich machen,
dass eine kleine kommunistische Minderheit die Ideologie der zukünftigen
Geistlichen auf den Pfaden, die den kommunistischen Zwecken förderlich
sind, beeinflussen kann. Die Politik der Infiltration von Seminaren war
auch jenseits unserer kommunistischen Erwartungen erfolgreich.“
Das ultimative Ziel des Kommunismus und des Nationalsozialismus ist
eine neue Weltordnung, das heißt die globale Herrschaft. Sie sind einfach
zwei Beine, die sich in die gleiche Richtung bewegen. Satan ist der
Kommandeur ihrer Flotte (2. Korinther 4, 4).
Die durchschnittliche Person heute ist jämmerlich ignorant über so viele
Dinge. Ich sage das mit großer Traurigkeit, denn unsere Unwissenheit ist
Satans größter Vorteil gegenüber uns. Vor kurzem las ich ein interessantes
Buch. Hier ein Zitat, das die Eltern da draußen betreffen sollte:
Lenin hatte gesagt: „Der beste Revolutionär ist ein Jugendlicher ohne
Moral.“ Sein Wort ist Gesetz in kommunistischen Organisationen, alle
Mitglieder arbeiten heimlich, um junge Menschen beiderlei Geschlechts
antisozial und unmoralisch zu machen. Kinder bis zum Teenager-Alter
werden gelehrt, gegen die Disziplin des Hauses zu rebellieren. Die Eltern
werden ihren Kindern als altmodisch dargestellt. Die elterliche Autorität
wird verhöhnt. Die Demagogen argumentieren, dass Eltern ihre Kinder
angelogen haben, da sie alt genug wären, um zuzuhören, was den
Weihnachtsmann betrifft und wo Babys herkommen. Die Forderungen der
Eltern seien die Opfer reaktionärer Lehren und kapitalistischer
Ausbeutung. Das Kind wird ermutigt, die Eltern in Bezug auf moderne
und progressive Ideen zu belehren. Sie werden gewarnt, dass sie sich für
ihr eigenes Wohl nicht von ihren Eltern dominieren oder disziplinieren
lassen sollen. Der Zweck dieser subversiven Kampagne ist es, die
Heiligkeit und Einheit des Hauses, das die Grundlage, auf der unsere
Zivilisation gegründet ist, zu zerstören.
Was für ein tiefer Schluck der Wahrheit! Kinder sind heute durch das
Fernsehen (das heißt die Vision der Hölle) und die satanische Musik
gehirngespült, um keine Moral mehr zu haben und ihre Eltern
zurückzuweisen. Genau das wollen die Kommunisten. Es ist nicht
ungewöhnlich, in diesen Tage zu hören, wie Kinder im Fernsehen
erzählen, dass ihre Eltern erwachsen werden sollen oder ruhig sein. Der
gleiche Trotz findet sich in Filmen, Musik ist ohne Zweifel der größte
Täter. Es gibt nichts Schädliches für das geistige Wachstum eines
Teenagers als die weltliche Musik, die die Seele fesselt und ein
Evangelium von Selnstsuch, Sex und Satan predigt.
Es gibt eine unheimliche Agenda bei der Arbeit in Fernsehen und Filme
heute, die für die Korruption der Jugend-Moral und des Glaubens an die
Bibel verpflichtet ist. Nehmen wir zum Beispiel die blasphemische Brücke
von Walt Disney nach Terabithia, die die Existenz der Hölle bestreitet und
die Jugend lehrt, dass aufgeschlossene Menschen niemals an die ewige
Verdammnis glauben könnten. Jugendliche werden heute von Satan wie
nie zuvor angegriffen!
Es ist nicht zufällig oder nur ein natürliches Vorkommnis, dass Amerika
heute mit sauren Sängern und Schauspielern geplagt wird, die auf allen
Sendern, die Jugendliche betreffen, vorgestellt werden. Es ist alles
vorsätzlich beabsichtigt, die Tugend zu beseitigen, sie zu ersetzen durch
sexuelle Promiskuität. Teenie-Mädchen werden aufgerufen, sich wie
Homosexuelle zu verhalten, die nicht heiraten und keine Kinder haben.
Die offizielle Gender-Ideologie maskiert sich als Bewegung für die Rechte
der Frauen. In Wirklichkeit ist diese Ideologie ein grausamer Schwindel
und sagt den Frauen, dass ihre natürlichen biologischen Instinkte nur
sozial konstruiert seien, um sie zu unterdrücken.
Die Gender-Ideologie ist von der Elite entwickelt worden, um die
geschlechtliche Identität zu zerstören, indem sie Frauen männlich und
Männer feminin macht. In zunehmendem Maße werden Heterosexuelle
dazu bestimmt, sich wie Homosexuelle zu verhalten, die im Allgemeinen
nicht heiraten und keine Kinder haben. Monogamie wird durch sexuelle
Promiskuität ersetzt, die in Aldous Huxleys Brave New World prophezeit
wurde.
Die Reichen schufen den Feminismus, um die männlich-weiblichen
Beziehungen zu vergiften, zu trennen und zu erobern. Ihre beiden Ziele
sind die Entvölkerung und die totalitäre Weltregierung. Warum? Diese
Banker schaffen Geld aus dem Nichts und denken, dass sie Gott sind.
Cruel Hoax zeigt den Zusammenhang zwischen Feminismus,
Kommunismus und dem Terroranschlag vom 11. September 2001. Er
untersucht männlich-weibliche Beziehungen und zeigt, wie wir unsere
Heterosexualität zurücknehmen sollen.
In Miley Cyrus' schändlichen Liedern fördert sie Hurerei, Rebellion,
Prostitution und Unzucht, Promiskuität, das Feiern die ganze Nacht lang,
Verrücktheiten. Dies ist genau das, was die Täter der Neuen Weltordnung
wollen, indem sie durch sexuell entartete Persönlichkeiten, Filme, Musik,
Zeitschriften und Fernsehen eine sexuell entartete Gesellschaft schaffen.
Dabei wird die Geschlechtsidentität ausgelöscht, Tugend und Ehe
ausgeschaltet, Eltern werden zu Dienern des Polizeistaates. Moralische
Korruption führt immer zur politischen Subversion! Eine unmoralische
Nation ohne Gottes Willen kann ihre soziale Integrität nicht
aufrechterhalten. Wir sind Zeuge des Zusammenbruchs der
amerikanischen Kultur, in Chaos und Ruin, aus denen ein Diktator
entstehen wird, der Antichrist!
Amerika ist zum Scheitern verurteilt. Ich glaube, wir sind an dem Punkt,
der keine Rückkehr kennt, wegen des dreckigen Mülls, der die Medien
(Fernsehen, Hollywood und Walt Disney) bestimmt und kontrolliert. Die
Leute sitzen vor ihren Fernsehapparaten, als ob sie einen Gott anbeten.
Solange die Menschen alle ihre Informationen aus dem Fernsehen
bekommen, werden sie dümmer, stumpfsinniger und werden einer
Gehirnwäsche unterzogen. Der moralische Niedergang in Amerika wird
seine Abwärtsspirale in den Abgrund der Hölle und der Verdammnis
fortsetzen.
Es gibt weniger Ehen wegen der Angst vor der Scheidung und allen ihren
Leiden. Es gibt viele Erschütterungen durch geschlechtliche Säue wie Katy
Perry und Miley Cyrus (die lehren die Teens, die Ehe zu vergessen). Ich
wage es nicht, eine Huren-Sängerin heute zu nennen, die die Institution der
Heirat in ihrer Musik lobt. Nennt mir Eine! Es würde ihrer die Sünde
glorifizierende Karriere verletzen. Du wirst nicht reich und berühmt in der
Pop-Musik-Branche heute, es sei denn, du bist ein weltliches,
kompromittierenden, schmutziges Stück Müll. Du musst unterstützen der
Homosexuellen Rechte, um es in Hollywood, der Pop-Musik oder am
Broadway zu etwas zu bringen.
Dann gibt es die 50 Milliarden Dollar lukrativen Scheidungen. Das
Zerstören von Ehen ist in Amerika ein großes Geschäft geworden! Gierige
Anwälte und Richter machen Beute von Schmerzen und zerbrochenen
Familien! Es gibt einen besonderen extra heißen Ort in der Hölle, nur für
Anwälte, Staatsanwälte und Richter vorbehalten... Der Schaden ihrer
rücksichtslosen räuberischen Praktiken hat seinen Tribut gefordert. Mehr
als 11 Millionen Amerikaner leben jetzt allein im Alter von 65 Jahren. Die
krassen Gerichte, die ungerechten Richter, die gierigen Anwälte,
wahnsinnig paranoide nationale Missbrauchsgesetze und eine überreaktive
Verbrecher-Polizei haben die Ehe zu einem höllischen Alptraum gemacht.
Eine Menge Leute bevorzugen ein einfacheres Leben, statt all der
emotionalen Entwässerung, ohne Drama, Trauma und finanzielle
Schwierigkeiten. Ehen sind heute eine tickende Zeitbombe! Eine
Heiratslizenz ist jetzt eine Waffe für einen verärgerten Ehepartner
geworden! Die gesamte Unterhaltungsindustrie fördert unzüchtige
Sexualität, Pädophilie, Lüsternheit, Ehebruch, Unversöhnlichkeit, Rache,
Scheidung und Homosexualität. Junge Leute: Wachst nicht auf, um wie
Dreck, Schande, Auswurf zu sein. Die Illuminaten wollen die
Familieneinheit zerstören, so dass Amerika schwach, gleichgültig und
anfällig für die Übernahme sein wird. Das bedeutet, dass auch das
Christentum zerstört werden muss! Die nationale Souveränität muss
weggehen. Jede Loyalität gegenüber den Eltern oder dem nationalen
Patriotismus muss weg sein! Der Staat muss zum Gott werden.
Die Eltern werden nur noch Inkubatoren, wie in Nordkorea heute, sein, die
Diener eines gottlosen globalen kommunistischen totalitären Polizeistaats.
Unsere Nation ist in die Hölle gegangen. Während Feministinnen,
Fernsehen und ein rigoroses Gerichtssystem unermüdlich die Familien
wegen Kleinigkeiten zerstören, werden massive staatliche Verbrechen von
den Medien völlig ignoriert, übersehen, und niemand wird vor Gericht
gestellt. In der Tat haben wir kein Land mehr, weil wir keine Grenzen
mehr haben. Die bezahlten professionellen Lügner der Fernsehnachrichten
werden alle von den Illuminati kontrolliert. Die Menschen werden belogen
und betrogen. Wacht auf!
Der Kommunismus ist die Maschine der Illuminaten, das heißt der Luzifer
anbetenden Geheimgesellschaften, die versuchen, einen Eine-Welt-
Globalen Kommunistischen Polizeistaat einzuführen. Man braucht nur die
Aussagen der sozialen Söhne zu lesen, um klar zu sehen, was die
Kommunisten zu erreichen versuchen - die totale Tilgung des
Christentums, der Familie, der Moral und der US-Verfassung. Das Ziel des
Kommunismus ist nicht weniger als der Totalitarismus, das heißt ein
globaler Polizeistaat! Junge Menschen ohne Moral wachsen zu
rebellischen Erwachsenen ohne Sorge um Wahrheit oder Gerechtigkeit
heran. So werden sie jetzt leicht als willige Diener des weltlichen
kommunistischen Staates rekrutiert.
Dies beschreibt die Bedingungen in Amerika heute. Durch die
kommunistischen Subversiven der Rock-Musik, der feministischen
Bewegung, der Abtreibungsindustrie und der homosexuellen Bewegung –
kümmern die Amerikaner sich heute bei weitem nicht mehr um die
Ermordung von 70 Millionen kostbaren Babys! Das ist unglaublich! Wenn
jemand dich nicht mehr in Amerika haben will, dann werfen sie dich
einfach weg! Amerikaner halten ihre Eltern in Pflegeheimen. Sie werfen
ihre Kinder weg, um abgetrieben in einen Bio-Müllcontainer geworfen zu
werden! Ist es ein Wunder, dass Amerikaner einander nicht mehr
respektieren? Ein Böses bringt ein anderes Böses hervor.
Die öffentliche Meinung ist nicht mehr erregt, wenn die Zeitungen
unaufhörlich berichten, dass mehrere Hunderttausende Juden systematisch
in den Gaskammern durch den Antisemitismus ausgerottet wurden oder
dass hunderttausende Christen wegen ihrer antikommunistischen
Überzeugungen von rot-chinesischen Sadisten gemartert werden. Solche
Schrecken sind jetzt akzeptiert, wie sie jeden Tag vorkommen.
Dies beschreibt Amerika, Europa, Kanada und viele andere Nationen
heute, wo die Abtreibung ist alltäglich und vollkommen akzeptiert!
Wahrlich, es ist ein abscheulicher Holocaust von epischen Proportionen
wie der jüdische Holocaust!
Wir sind immun gegen die Reaktionen, die wir einmal erlebt haben, als die
Gewalt irgendwelcher Art uns aufmerksam machte. Wir sind nicht mehr
durch den Sturz von etablierten Regierungen mit Gewalt verstört. Wenn
wir es wären, hätten wir etwas getan, dass es aufhöre, was vor sich ging.
Dies könnte leicht auf den Krieg im Irak angewendet werden. Wir haben
nichts getan, um den Sturz des Irak mit Gewalt zu stoppen. Wir sind zu
einer grausamen, schwieligen und herzlosen Nation geworden, die
eindeutig durch das Schweigen der Massen bezeugt wurde, als einer im
Jahr 2005 durch Hunger zu Tode gefoltert wurde. Wo war Amerika? Wir
haben nichts zu getan, um das zu stoppen.
Man hört auf die, die immer wieder weinen, wie in Spanien: „Der
Kommunismus kann hier niemals eine Revolution hervorrufen.“ Die Leute
hören denen zu, die ihnen ein Gefühl der falschen Sicherheit geben. Die
Mehrheit der Bürger sind wie Kinder, die ihre Köpfe unter den Decken
verstecken, wenn sie Gefahr fürchten. Es sollte daran erinnert werden, dass
das Ziehen der Bettwäsche über den Kopf nie eine Person von einem
Attentäter, einem Vergewaltiger oder einer explodierenden Bombe rettete.
Beeindruckend! Ich hätte die Amerikaner heute nicht besser beschreiben
können. Sie hören nur denen zu, die ihnen ein Gefühl von falscher
Sicherheit geben. Sie verstecken ihre Köpfe unter ihren Decken. Lese dies
bitte, es kann hier nicht geschehen durch Kongress-Abgeordnete.
Es war der finstere kommunistische Führer Lenin, der sagte: „Der beste
Revolutionär ist ein Jugendlicher ohne Moral.“ Amerika hat heute viele
solche Jugendlichen, weil die kommunistischen Einflüsse immer noch
unermüdlich am Werk sind. Es gibt einen direkten Zusammenhang
zwischen der Loyalität und dem Respekt eines Kindes gegenüber seinen
Eltern und der Entwicklung des kindlichen Charakters.
Der Kommunismus ist nicht tot, Leute, er ist direkt vor unseren
Gesichtern, weswegen wir ihn heute nicht sehen können. Wenn ihr mir
nicht glaubt, bereitet euch auf einen Schock vor. Lese Karl Marx'
Kommunistisches Manifest, und siehe, wie Amerika heute weitgehend eine
kommunistische Nation ist. Lese auch über die kommunistische
Subversion von Amerika.
Hollywood ist eine unzüchtige und unmoralische Sünde. Es gibt keine
größere Quelle von Gottes-Hass, pornografischem Dreck, blasphemischem
Müll und ehebrecherischem Abfall als Hollywood-Filme.
Nur wenige Menschen erkennen, welche wichtige Rolle moderne Filme
spielen, die Jugend wegzubringen von ihren Häusern, ihrem Land und ihre
Religion. Viele Filme zeigen eine Stunde Bilder, in denen die Verbrecher
und bösen Männer und Frauen alles tun, was durch unsere Gesetze und
unsern Moralkodex verboten ist, und widmen ihnen eine Minute, da das
Gesetz sie einholt, oder sie sterben wegen ihrer Sünden. Filme, die von
tatsächlichen Kämpfen während der mexikanischen Revolution 1913
gemacht wurden, wurden in Galveston, Texas gezeigt. Der Anblick des
Sehens von Männern, die in der Schlacht getötet wurden oder aus ihren
Häusern geschleppt und von Revolutionären geschlachtet wurden, ließ
Frauen zum Schreien und zur Ohnmacht und zum Erbrechen bringen. Die
öffentliche Meinung veranlasste, die Show zu verbieten. Heute werden
diese Szenen in Filmen gezeigt, die als "'Kinder spezial" für die
Samstagnachmittagsaufführungen angekündigt werden. Das ist nur ein
Beispiel dafür, wie die allgemeine Öffentlichkeit und besonders die Kinder
systematisch verhärtet wurden, um den Anblick von Gewalt und blutigem
Tod als normal hinzunehmen.
Was für ein Kontrast von Kindern heute, die die Menschen fast täglich im
Fernsehen sehen. Die Gesellschaft wird konditioniert für das, was vor uns
liegt - Totalitarismus. Es ist kein Zufall, dass wir Teams im Fernsehen
sehen, in großen Städten überall in Amerika, bei der Zerstörung von
Wohnhäusern, bei der Einreise und bei der Behandlung amerikanischer
Staatsbürger wie nazistisch-faschistischen Schlägern.
Die Öffentlichkeit wird mit dieser Art von Aktivität gesättigt, so wird es
nicht so schockierend sein, wenn Christen und Patrioten bald als
Terroristen vergerissen werden, so wie in den Tagen des Römischen
Reiches. Saulus in der Bibel zog Christen aus ihren Häusern und tötete sie!
Diese Akte der Finsternis werden bald nach Amerika kommen (Johannes
16, 2).
Mit der zugrunde liegenden kommunistischen Stiftung und dem
moralischen Zusammenbruch der Vereinigten Staaten ist es nur noch eine
kurze Zeit, bis wir sehen, wie sich die Tore um uns herum schließen und
die Dornen aus den Wänden kommen. Die Amerikaner sind in eine Falle
geraten durch ihre eigene Selbstgefälligkeit und bereitwillige Unkenntnis
der Wahrheit. Wir stehen vorm Staatsbankrott! Nationale Identitäts-Karten
werden obligatorisch, dass man nicht in der Lage sein wird, Geschäfte zu
machen oder zu reisen ohne eine solche Karte. Wie nah das Zeichen des
Tieres sein muss!
Der größte Verderber von Amerikas Jugend ist das Fernsehen! Cartoons
sind eines der verworfensten Werkzeuge, die Satan heute benutzt.
Karikaturen wurden traditionell als geeignet für Kinder angesehen; So
sehen viele Eltern heute nicht den Schaden in bestimmten Karikaturen. Es
gibt viel Suggestivität, Sexualität, Rock-Musik und subversive
Nachrichten in den heutigen Cartoons. Eltern wären klug, andere
Aktivitäten für ihre Familie zu finden. Es ist kein Zufall, dass Mütter in die
Arbeitsplatz gezwungen werden, während ihre Kinder von der
Gehirnwäsche der Höllenvision sitzen.
Amerikaner sind in einem komatösen spirituellen Zustand der totalen
Ablehnung. Angesichts der offensichtlichen Subversion der
amerikanischen Jugend mit Sexualisierung von Musik-Videos und
ungöttlichen Walt-Disney-Programme, die vorehelichen Sex zu haben
lehren, unterstützen die Eltern tatsächlich solche Übel. Wahrlich: „Das
Herz ist betrügerisch vor allen Dingen und verzweifelt böse: wer kann es
kennen?“ (Jeremia 17, 9). „Denn die Phantasie des menschlichen Herzens
ist von seiner Jugend an böse.“ (Genesis 8,21). In Abwesenheit des Wortes
Gottes herrscht das Böse. Amerikas Kinder wurden unbarmherzig mit dem
grausamen Schwindel der Evolution indoktriniert, gelehrt, dass sie von
einer großen Explosion, dem daraus resultierenden Sternenstaub und
einem Schlamm, der aus dem Ozean kroch, einer Eidechse, dann einem
Affen, dann einem Mann abstammen. Ist es ein Wunder, warum Kinder
aufwachsen, um dysfunktionale Bürger zu werden?
Füge jetzt hinzu das geistig-beraubte Kind, die sexuelle Perversion,
egoistische und destruktive Themen der Musik für Jugendliche, und du
hast den jugendlichen Delinquenten.
Es ist Satanismus, der für die Zunahme der jugendlichen Delinquenz
verantwortlich ist, aber die, die von den Regierungen der Welt ausgewählt
werden, um dieses Problem zu untersuchen, geben unweigerlich jede
andere Ursache als die richtige.
Die Illuminati (globalistische Verbrecher, die herrschende Elite der Neuen
Weltordnung) schufen Nazismus und Kommunismus, um die
Weltregierung zu erreichen. Der gemeinsame Nenner in beiden Schemata
ist der Satanismus. Die Forschung zeigt Hitlers und Stalins Engagement
im Satanismus und okkulten Praktiken, und du wirst sehen, was ich sage,
es ist wahr. Winston Churchill war ein Druiden-Hexer. Die Elite, die die
Welt kontrolliert, sind Diener des Satans (dem Gott dieser Welt nach 2.
Korinther 4, 4), geführt von der Freimaurerei und anderen okkulten
Organisationen. Öffne die Augen, und du wirst nie wieder blicken auf
Hollywood oder die heutigen sexualisierten Musikvideos (deren Ziel die
jungen Teenager sind).
Schauspielerinnen sind Teile, die so käuflich sind wie der sprichwörtliche
Nerzmantel. Das ist Satanismus in Aktion. Der Zweck dahinter ist, die
Moral der jüngeren Generation zu brechen. Wenn es für ihre Idole richtig
ist, modern zu leben und Geschlechtsverkehr mit jedem Mann zu haben,
der ihre Phantasie einnimmt, dann werden die Jugendlichen dazu
gezwungen, zu glauben, dass es keine Sünde gibt, die an dem modernen
Leben beteiligt ist. Eltern und Minister, die anderes sagen, sind albern und
altmodisch.
Die versteckte Geschichte beweist, dass General Albert Pike einer jener
Männer ist, vor der die Heilige Schrift warnt. In Matthäus 24,24, Markus
13, 22 und 14,56 werden uns falsche Propheten und falsche Christusse
gesagt, die auftauchen und Zeichen und Wunder zeigen sollen, um zu
verführen, wenn es möglich wäre, sogar die Auserwählten. Beweise
zeigen, dass Pike nicht nur ein falscher Christus war, er war, bevor er starb,
der Hohepriester der luziferischen Ideologie auf dieser Erde, und als
solcher kontrollierte er die Synagoge des Satans. Seine militärische
Strategie forderte drei Weltkriege und drei große Revolutionen, um des
Illuminati Weishaupts überarbeitete Version der uralten luziferischen
Verschwörung zum Ende zu führen. In den 1860er Jahren wird er mit den
Worten seines militärischen Programms zitiert, es dauere hundert Jahre
oder ein wenig länger, bis der Tag kommt, wenn diejenigen, die die
Verschwörung an der Spitze führen, zur Krönung ihres Führers und
Despoten der ganzen Welt schreiten und eine luziferische totalitäre
Diktatur errichten über das, was von der menschlichen Rasse übrig
geblieben ist.
Der Despot wird der biblisch prophezeiende kommende Mensch der Sünde
sein, der Antichrist! Albert Pike (1809-1891) forderte die Weltkriege eins
und zwei auf und hat uns mit lebendigen Details des dritten Weltkrieges
versorgt. Pike war ein Freimaurer des 33. Grades und ein zugelassener
luziferischen Anbeter. Die Neue Weltordnung kommt zu uns.
2. Thessalonicher 2,10: „Und mit aller Betrügereien der Ungerechtigkeit
kommt das Verderben; weil sie nicht die Liebe der Wahrheit empfangen
haben, damit sie gerettet werden können.“ Im 2. Thessalonicher 2,3 wird
der kommende Antichrist der Mensch der Sünde genannt, weswegen nur
eine Sündenwelt ihn umarmen wird. Das Christentum ist der Erzfeind der
Illuminaten und ihrer teuflischen Pläne für die Menschheit. Deshalb muss
das Christentum gehen, wenn es der neuen Weltordnung gelingen soll, und
die Bibel sagt voraus, dass sie zuerst gelingen wird, aber dann wird der
Herr Jesus Christus selbst das Ende bringen in seinem zweiten Kommen
und wird die neue Weltordnung besiegen, den Antichrist und Satan selbst.
So komm bald, Herr Jesus!
Lust ist sexuelles Verlangen außerhalb des Naturgesetzes Gottes. Deshalb
scheint Christus selbst bestätigt zu haben, dass Satan lüstern war und Vater
der Synagoge des Satans ist, wie die Satanisten lehren und glauben.
Satanisten haben immer Sex-Bestechung und die Verderbtheit und
Perversionen des Geschlechts verwendet, um die Kontrolle über Männer
und Frauen zu erhalten, die sie verwenden wollten, um die geheimen Pläne
ihrer teuflischen Verschwörung zu fördern. Satanismus macht einen Gott
des Sex. Sie verehren den menschlichen Körper wegen seiner sexuellen
Fähigkeiten. Wenn Männer und Frauen beweisen, dass sie unnachgiebig
gegenüber allen anderen Formen der teuflischen Versuchung sind, fallen
sie oft als Ergebnis der Beteiligung an illegalen Beziehungen und
Perversionen. Hat David nicht abscheuliche sexuelle Verbrechen
begangen?
Satanisten lehren, dass Satan Sex mit Eva im Garten Eden hatte. Das
gesamte Glaubenssystem des Satanisten ist in der menschlichen Verehrung
der Sex-Perversion verwurzelt. So sind Satanismus und Sex
unzertrennlich. Mit dieser störenden Wahrheit im Sinn wird es dir klar
werden, wie böse und gefährlich die sinnlichen, promiskuösen und
sexualisierenden Musikvideos von Miley Cyrus und Hunderten von
anderen satanischen Dienern sind!
Es wird gezeigt werden, dass der moderne Kommunismus im Jahre 1773
von einer Gruppe internationaler Geldbarons organisiert wurde, die ihn mit
ihrer Handlungsweise benutzt haben, um ihre geheimen Pläne, einen
totalitären, gottlosen Staat herbeizuführen, weiterzuführen. Lenin machte
das in seinem Buch Linkskommunismus klar. Er sagte: „Unsere Theorie
(Kommunismus) ist kein Dogma, sondern eine Handlungsweise“, da viele
moderne Führer die gleichen Dinge gesagt und getan haben, wie es Luzifer
während der himmlischen Revolution getan hat. Unterscheidet sich der
rote und dem schwarze Atheismus? Der einzige Unterschied liegt in den
Plänen der gegnerischen Führer, letztlich die unbestrittene Kontrolle über
die Ressourcen der Welt zu erlangen und ihre Ideen für eine totalitäre,
gottlose Diktatur ins Leben zu rufen.
Wie viele Christen sind sich der kommunistischen Einflüsse bewusst, die
Amerika heute zerstören? Tragischerweise arbeiten heute viele bekannte
Gläubige daran, den Kommunisten zu helfen, indem sie religiöse
Rockmusik, Abtreibung, Scheidung, Feminismus, Harry Potters Hexerei,
Homosexualität und andere Formen der Bosheit fördern. Lasst uns hier
klar sein, dass der gesamte Begriff der Neuen Weltordnung in einer
kommunistischen Agenda verwurzelt ist, die einen globalen gottlosen
Polizeistaat verwirklichen will.
Die größten Feinde dieses scheußlichen Bösen sind das Wort Gottes,
echtes Christentum, Gottesmänner auf den Kanzeln Amerikas, volle
Kirchen, informierte Bürger und starke Familien, in denen Mama Papa
folgt, Papa Mama liebt, und die Kinder sind mit den Lehren gesättigt des
Wortes Gottes.
Wer frei bleiben möchte, kann nur einen Handlungsplan verfolgen. Ihr
müsst das Christentum gegen alle Formen des Atheismus und
Säkularismus unterstützen.
Das ist ein guter Rat. Das Christentum hat in diesen Tagen wenige
Freunde, das heißt echtes Christentum, das in der Wahrheit des Wortes
Gottes zentriert ist.
Das nächste Mal, wenn du den Fernseher einschaltest, siehe, wie sich eine
halbe nackte Femina wie eine Hure verhält, oder Menschen, die sich über
die Bibel lustig machen, oder alle Gewalttaten und Verbrechen, sei
gewarnt, dass dies alles Teil einer kommunistischen Agenda ist, zu
verderben deine Familie. Wenn du denkst, das sei lächerlich, dann
betrachte die Worte des kommunistischen George Brock Chisholm, dem
erste Leiter der Weltgesundheitsorganisation:
„Um die Weltregierung zu erreichen, ist es notwendig, aus den Köpfen der
Menschen ihren Individualismus, ihre Loyalität gegenüber der
Familientradition, den nationalen Patriotismus und religiöse Dogmen zu
entfernen.“
„Es ist seit langem allgemein anerkannt, dass Eltern das vollkommene
Recht haben, über ihre schutzlosen Kinder irgendwelche Ansichten,
Lügen, Ängste, Aberglauben, Vorurteile, Hass oder Glauben zu verhängen,
doch erst vor kurzem (1946) ist es zu einem bestimmten Wissen geworden,
dass diese Dinge Neurosen, Verhaltensstörungen, emotionale
Behinderungen bringen und das Versagen, sich zu einem Zustand
emotionaler Reife zu entwickeln, der zu einem Bürger einer Demokratie
passt.“
„Die Re-Interpretation und schließlich die Beseitigung des Konzepts von
Recht und Unrecht, das die Grundlage der Kinderschulung war, die
Ersetzung eines intelligenten und rationalen Denkens statt des Glaubens an
die Gewissheiten der alten Menschen, das sind die verspäteten Ziele von
praktisch allen wirksamen Psychotherapien.“
Das verborgene Geheimnis hinter dem Kommunismus ist, dass Wall-
Street-Banker maßgeblich daran beteiligt waren, ihn zu schaffen. Es ist
deutlich, wie jeder große Krieg in den vergangenen 250 Jahren bewusst
von den Geldverleihern bewilligt, finanziert und ausgenutzt wurde. So
schockierend es auch klingen mag, dazu gehört auch die amerikanische
Revolution, die Amerika zur Welt brachte.
Man kann lesen, wie die amerikanische Revolution von der gleichen
internationalen Gruppe geplant und vorbereitet wurde, die die englischen
und französischen Revolutionen inszenierten; und wie die internationalen
Finanziers die Kontrolle über die amerikanische Wirtschaft erhielten. Du
wirst die Wahrheit nie in einem öffentlichen Klassenzimmer hören.
Der ultimative Zweck dieses Angriffs auf den Nationalismus ist es,
nationale Grenzen zu zerreißen, damit sie durch eine grenzenlose Welt
ersetzt werden können, eine Weltregierung.
Die Anhänger des New Age, die Humanisten, die Kommunisten, die
Freimaurer wollen eine einzige Weltregierung. Sie sind zuversichtlich,
dass ihr Ziel bald erreicht werden wird, weil sie die Bedingungen schaffen,
die die Menschen dazu bewegen, die Weltregierung zu übernehmen, wenn
sie angeboten wird.
Die Familien-Einheit; das Recht auf Privatbesitz; die nationalen Grenzen;
das Recht, an einen Schöpfergott zu glauben; es werden diese
Überzeugungen alle zerstört, weil die Welt eine von den Planern der
Geheimgesellschaften und der neuen religiösen Gruppen unterstützte
Weltregierung erhalten soll.
Ein ehrlicher Mann ärgert sich, wenn er weiß, dass jemand versucht, sein
Denken durch unterschwellige Botschaften zu beeinflussen. Ich sehe nicht
viel Fernsehen aus diesem Hauptgrund, weil die Menge des Teufels
unermüdlich versucht, unser Denken zu ändern (das heißt es gibt eine
sündige Agenda hinter den meisten der heutigen TV-Programmen). Halte
es nicht nur fürv Zufall, dass ABC, im Besitz der gottlosen Walt-Disney-
Corporation, das Motto wählte: „Eine neue Familie“. Dies ist offene
Unterstützung für Homosexualität, und es ist widerlich. Erstens gibt es
nichts Neues über die Sünde der Homosexualität. Zweitens, zweier
Lesben-Liebhaberinnen Kindererziehung kann nicht als eine Familie von
biblischen Standards gelten. Diese armen Kinder!
Die Amerikaner sind über einen moralischen Wasserfall gestürzt, und das
kommt alles wegen der kommunistischen Subversiven der Rock-Musik,
der feministischen Bewegung, der homosexuellen Bewegung. Die 60
Millionen Abtreibungen in den USA waren das Ergebnis von Hurerei, die
der Lebensstil der Rock-Musik ist. Auch die feministische Philosophie ist
schuld. Amerika ist vorbei an dem Punkt des moralischen Verfalls, wir
erleben jetzt das moralische Rot der Vereinigten Staaten, und es stinkt zu
des Himmels Perlen-Toren!
Die sündige Welt bietet uns die neonbeleuchteten Straßen von Sin City,
und die überlebensgroße Erregung von Hollywood; aber Satan weiß, dass
dies alles Sackgassen sind, die die Menschen von Jesus Christus
wegführen. Die Welt heute scheint den jungen Leute sehr viel durch
säkulare Musik, fleischliche Philosophien und sündige Freuden
anzubieten; aber 1. Johannes 2, 15-17 warnt uns, dass dieses Leben bald
vergehen wird, und alles, worauf es ankommt, ist, ob wir dem Evangelium
gehorchen oder nicht.
Wir leben heute in gefährlichen Zeiten, genau wie der 2. Timotheus 3,1-5
vorhergesagt hat. Es ist jetzt Anfang des dritten Jahrtausends und die Welt
ist ein riesiges, irrsinniges Asyl. Amerikas Teenager stehen unter boshaften
dämonischen Angriffen jeder Form von unmoralischem Müll. Siehe Katy
Perrys Songs Rock-God und Tennage-dream; und ihre schmutzige
Unzucht; und ihr Lob des lesbischen Lebensstils.
Katy Perry kaufte ein 3-Millionen-Penthouse in New York. Sie ist reich
geworden, indem sie von einer Gospel-Sängerin zu einer lesbischen Hure
ward! Katy Perry ist ein übler Sie-Teufel. Sie lästert Gott im Lied Rock-
God. Kate Perry lädt Männer ein, ihre Hände in ihre enge Hose zu stecken
in ihrem Lied Teenage-dream. Das Album ist mit Baumwoll-Zucker-Duft
beschichtet; aber es sollte wie Abwasser riechen und Maden haben, die aus
dem Album heraus fallen, weil es geistige Fäulnis ist. Gott helfe unseren
Jugendlichen in Amerika! Gott, hilf uns!
ACDC hat über 50 Millionen Alben ihres Back-in-Black-Albums allein in
den USA verkauft (mit den blasphemischen Liedern Hell's Bells und
Highway to hell).
Diese ganze Nation ist über das Kuckucksnest geflogen! Die USA sind
psychisch krank. Marylyn Manson ist ein totaler Fruchtkuchen. Im Inneren
der Manson Antichrist Superstar CD zeigt er Bandmitglieder, die trinken
Mansons Urin durch Röhren an seinem Schritt befestigt. Die Amerikaner
haben über zehntausend Alben von Marilyn Manson gekauft, einem
entarteten, gottverdammten Freak, der im Konzert heilige Bibeln zerreißt,
Hemden verkauft, die "Töte deine Eltern" sagen, und sich als "Antichrist"
bezeichnet. Marilyn Manson ist vom Teufel.
Gott wird solche Bosheit nicht segnen! Schau, wie weit wir in den
Vereinigten Staaten dem geistigen Abgrund nahe gekommen sind.
Die Kommunisten selbst wurden von den Nazis verfolgt, doch nachdem
sie in der sowjetischen Besatzungszone Ostdeutschlands politische Macht
erlangt hatten, begannen sie, die Katholiken zu verfolgen, weil die
Katholiken 1945 eine der starken nichtkommunistischen Parteien schufen.
Mit der Zerstörung der Berliner Mauer, die Teil des Eisernen Vorhangs
war, und mit dem Fall der Sowjetunion, ist der Kommunismus heute in der
Krise. Ich konzentriere mich auf die kommunistische Verfolgung der
Katholiken nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich werde diskutieren.die
katholischen Aktivitäten und erlebte Diskriminierung und wie sie ums
Überleben kämpften gegen den Aufstieg des Kommunismus in
Ostdeutschland
Während des neunzehnten Jahrhunderts kommunizierten der
Kommunismus und der Sozialismus gemeinsame Ideen. Erst nach der
bolschewistischen Revolution in Rußland im Jahre 1917 begann sich der
Kommunismus deutlich vom Sozialismus zu unterscheiden. Lenins Ziel
war die Abschaffung des Privateigentums und die Ersetzung des
Wettbewerbsmarktsystems durch eine staatliche Kontrolle der Wirtschaft.
Nach 1945 führte Stalin den Kommunismus in die DDR ein. Er glaubte im
Grunde an eine nicht wettbewerbsfähige Gesellschaft. Er glaubte, dass die
Sehnsucht die Menschen dazu veranlaßt, die bestehenden sozialen
Strukturen zu verändern, und ein solcher Gedanke sei unnötig, um eine
vernünftige Gesellschaft zu schaffen. Die Kommunisten nannten dies den
dialektischen Materialismus und glaubten, dass diese Idee in die
katholischen Lehren einbezogen werden würde. Erstens wurde
angenommen, dass dieser Materialismus Eigentum, Produktion und
Hierarchie entwickeln würde. Der Kommunismus glaubte nicht an die
Existenz der sozialen Hierarchie. Zweitens vernachlässigte der
Kommunismus das Grundmaterial des Lebens. Die Christen glaubten, dass
die Materie eine sakramentale Bedeutung habe. Sie glaubten, dass Körper
(Brot und Wein) und Geist (Gott) eng miteinander verwandt waren.
Die Kommunisten dachten, dass Religion sei ein vorwissenschaftlicher
Aberglaube, eine Unterstützung für die soziale Reaktion und dass sie keine
Funktion mehr hätte, sobald die kommunistische Gesellschaft vollständig
gegründet würde. In den kommunistischen Augen bedeutete die glaubende
Gemeinschaft eine veraltete soziale und ideologische Ordnung, die
militärisch bekämpft werden musste, um die neue Gesellschaft
aufzubauen. Sie glaubten, dass die Religion selbst ein Menschentum sei,
aus dem Bösen der bestehenden sozialen Systeme stammend. Die
Kommunisten glaubten, dass geistige Abhängigkeit wäre in ihrer Welt
unnötig, wo ein physischer Führer die Kontrolle über die Gesellschaft
übernehmen wird.
Die Potsdamer Konferenz fand im Jahr 1945 statt. Dieser amerikanisch-
britisch-sowjetische Gipfel vereinbarte die Verwaltung Deutschlands als
eine wirtschaftliche Einheit durch der vier Alliierten Kontrollrat.
Westdeutschland wurde in drei Zonen unterteilt, die jeweils von den
Briten, den Franzosen und den Vereinigten Staaten regiert wurden. Das
ganze östliche Deutschland war unter der Herrschaft der Sowjets. Die vier
getrennten Zonen sollten nach demokratischen Prinzipien regiert werden,
obwohl die Verbündeten erst spät erkannten, dass die Sowjets eine völlig
andere Deutung der Demokratie hatten.
Am 10. Juni 1945 gestattete die UdSSR die Bildung von politischen
Parteien in ihrer Zone, beginnend mit der Kommunistischen Partei. Vier
große Parteien wurden vor der ersten Wahl gebildet: die KPD, die SPD, die
CDU und die Liberaldemokratische Partei LPD. Im April 1946 war eine
wichtige politische Bewegung die Vereinigung der Kommunistischen
Partei und der SPD zur Regierungspartei der Deutschen Demokratischen
Republik unter der Kontrolle Russlands. Die DDR belastete viele religiöse
Gruppen. Die größte und einflussreichste Widerstandsgruppe der DDR war
die Evangelische Kirche. Die kleinere, weniger einflussreiche Gruppe war
die römisch-katholische Kirche. Die Bevölkerung der Katholiken war nur
zwei Millionen von 17 Millionen Menschen in Ostdeutschland.
Die Potsdamer Konferenz befahl den Deutschen, die in Polen, Ungarn und
der Tschechoslowakei wohnten, in das neue Deutschland und ein viel
kleineres deutsches Gebiet zurückzukehren. Dies brachte viele religiöse
Gruppen in die Krise, und religiöse Praktiken wurden schwierig. Die
meisten deutschen Katholiken lebten im Westen und Süden des Reiches,
obwohl die Teilung Deutschlands zu einem fast völlig protestantischen
Land führte.
Der Kirchenkampf hatte bereits im Dritten Reich, im Nazi-Regime
begonnen, die deutschen Klöster aufzulösen. Die Höhe des
Klosterkampfes war im Mai 1941. Die katholische Kirche darf niemals die
Führung des Volkes beeinflussen, sie muss endgültig gebrochen werden!
Zeremonien, wie Gedenkfeiern, wurden inszeniert, um den Einfluss der
Kirche zu verringern. Hitler befahl auch, die Einnahmen der Kirche
dramatisch zu senken. Im Juni beschlagnahmte er mehr als hundert
religiöse Häuser. Er erklärte, dass diese beschlagnahmten Grundstücke für
eine große Zahl von in das Reich zurückkehrenden Volksdeutschen
geeignet seien.
Eine ähnliche Behandlung wurde den katholischen Kirchen in
Ostdeutschland angetan. Zuerst gegen die Nazis, stand die Kirche nun vor
einem neuen Problem gegen die Kommunisten. Sobald die Ostzone
gegründet wurde, begannen sie eine aktive katholische Intervention. Die
Regierung der Ostzone begann im Mai 1946 direkt gegen die Kirche zu
agieren. Man führte die Freie Deutsche Jugend und die Jungen Pioniere
ein. Diese Organisationen sollen Kinder vom Zuhause und den Eltern
abbringen. Ihr Ziel war es, die Kinder glauben zu lassen, dass Religion in
ihrem Leben unnötig sei. Gemeinsam mit der katholischen Kirche
widerstand die evangelische Kirche der Initiierung der
Jugendorganisationen. Viele dieser Jugendorganisationstreffen fanden statt,
so dass sie sich mit den katholischen Zeremonien und Versammlungen
überschnitten. Personen, die nicht an den von den Kommunisten
geförderten Treffen teilnahmen, wurden stark diskriminiert. Es wurde
schwieriger und härter für die Menschen, an den kirchlichen Zeremonien
teilzunehmen, die sich mit den kommunistischen Jugendversammlungen
überschnitten.
Wie die Minister während der NS-Herrschaft taten, informierten sie die
Regierung über diese intensiven Situationen zwischen der Kirche und den
Kommunisten. Obwohl die Situationen weit ernster wurden und der
Öffentlichkeit zugänglich waren, schrieb Kardinal von Preysing einen
Brief an den Vizepräsidenten des Ministerrates, der die diskriminierende
Behandlung der katholischen Kirche erklärte, als der katholische Bischof
von Berlin. Die Antwort besagte: Religionsfreiheit und Gewissensfreiheit
existierten in Wirklichkeit nicht, und die Ausübung der Religion wurde in
jeder erdenklichen Weise behindert.
Im Mai 1946 wurde ein Gesetz erlassen, das andere Bildungsinstitutionen
als die des Staates verbot. Die russische Sprache wurde zum
Pflichtgegenstand, und ab 1951 war auch das Studium des Marxismus-
Leninismus obligatorisch. Dann befahl die Jugendorganisation,
antichristlichen Lehren zu folgen. Es war nicht gestattet, dass Kinder und
Jugendliche den Jungen Pionieren und der Freien Deutschen Jugend nicht
beitreten. Im Jahre 1949 musste die katholische Kirche ihre Treffen
frühzeitig der Regierung bekannt geben. Die Regierung setzte dann ihre
Sitzungen so ein, dass sie mit den Kirchentreffen zusammenfielen.
Am 1. Juli 1949 schrieb der Kardinal von Berlin: „Alle Versuche, die
Religion auf Gottesdienste in Gebäuden zu beschränken, sollten aufhören,
und Christen sollte das uneingeschränkte Recht gegeben werden,
insbesondere im Hinblick auf die Arbeit von Jugendorganisationen,
karitativen und religiösen Werken.“ Der Vizepräsident hat nicht auf des
Kardinals Versuch gehört. Er versuchte, die Presse- und Redefreiheit der
katholischen Gemeinschaft zu verringern.
Er beraubte alle Zeitschriften und Argumente der Kirche, die außerhalb
von Ostdeutschland verteilt wurden. Er hielt auch jede katholische Lehre
und Literatur fern vom Eintritt in Ostdeutschland. Die Regierung machte
es aber dem Bischof unmöglich, außerhalb Berlins zu reisen, um
Menschen sowohl im östlichen wie auch im westlichen Teil Deutschlands
zu treffen.
Die antireligiöse Kampagne begann in vielen Gebieten Ostdeutschlands.
Der Präsident der Jungen Pioniere sagte: „Es besteht kein Zweifel daran,
dass die kirchlichen Würdenträger also gegen das nationale Interesse der
Menschen kämpfen und sie in die Richtung neuer Kriege drängen.“ Die
katholische Kirche kämpfte um die Deutschen, dass sie sich für Gott
interessieren, dass sie die wahre Natur des Christentums kennen, und nicht
um gegen das bestehende politische System vorzugehen.
Im Jahr 1953 hatte die Regierung aufgehört, Steuern für die Kirche zu
sammeln. Die Kirche war für das Sammeln aller für ihre Tätigkeit
notwendigen Mittel selbst zuständig. Katholische Gebäude wurden ständig
von der Regierung, einschließlich des Krankenhauses, des Waisenhauses
und des Kindergartens, beschlagnahmt. Die Pressefreiheit stand unter der
Kontrolle der Regierung. Papiere wurden einbehalten, um sie nicht zu
veröffentlichen, die Zirkulation musste stark reduziert werden.
Die Situation schien sich am 17. Juni 1953 zu erholen, als eine
Vereinbarung erzielt wurde, um einige Beschränkungen für religiöse
Anweisungen, Hilfe für Kranke und Gefangene und die Pressefreiheit zu
verringern. Da die Regierung bereits 1955 wieder zu ihrer ursprünglichen
Politik zurückkehrte, wurde der Druck auf verschiedene Gruppen erhöht,
um die neue Regel zu unterstützen. Am 6. März protestierte der Bischof
von Berlin mit dem Tod des Kardinals gegen den Druck und die
Schmerzen der Menschen, die der Regierung nicht widerstehen konnten.
Christliche Kinder konnten keine Prüfungen machen und Eltern wurden
entlassen, wenn sie nicht der kommunistischen Herrschaft gehorchten. Die
Regierung behinderte diese Rede nicht. Sie waren nun wirklich bereit, die
Kirche durch die beiden Jugendorganisationen anzugreifen.
Obwohl die katholische Kirche im Vergleich zu der evangelischen Kirche
in der ostdeutschen Gesellschaft kleiner und weniger stark war, zeigte sie
große Anstrengungen und Konsequenzen, um ihre Gemeinschaft von der
Verfolgung der ostdeutschen Regierung fernzuhalten. In den späteren
Jahren bemerkte die ostdeutsche katholische Kirche allmählich die
Notwendigkeit, gute Konditionen mit der Regierung zu haben, um weitere
Konflikte zu vermeiden.
Der Identitätskampf der Religionsgemeinschaften war schon immer
entscheidend und manchmal tödlich. Obwohl ihr starker Glaube sie
zusammenbindet, um der Verfolgung der Regierung gegen ihre Religion zu
begegnen, war das Leben für sie nicht einfach.

SIEBENTES KAPITEL
GESCHICHTE MASURENS

Masurens Geschichte ist, ähnlich wie die Geschichte vieler Grenzregionen


Europas von verschiedenen Völkergruppen und Kulturen beeinflußt. Die
ersten Spuren der Menschensiedlungen lassen sich bis zu 4000 Jahre vor
Christus verfolgen. Die ersten Siedler waren jene baltische Stämme, die
infolge der großen Völkerwanderung sich auf dem Gebiet südöstlich der
Ostsee niedergelassen haben. Ihre Religion bestand aus der Verehrung von
Göttern, einem obersten Vater und einer mütterlichen Erdgöttin sowie
vielen Naturgottheiten, wie dem Donnergott, dem Sonnengott, der
Mondgöttin, den Wasser- und Baumgeistern. Die ersten schriftlichen
Quellen aus dem 9. Jahrhundert berichten über die heidnischen Pruzzen.
Dies waren mit Esten und Balten verwandte Stämme, die als Galinden,
Samben, Sudwen, und Wormen bis zum 15. Jahrhundert die Gebiete
heutigen Masuren bevölkerten. Christliche Missionaren begründeten in
diesen Gegenden das römisch-katholische Christentum. Im 13.
Jahrhundert,mit der Gründung des Deutschen Ordenstaates kam es zur
intensiven Christianisierung der heidnischen Pruzzen. Die Region wurde
nach und nach mit Einwanderer aus slawischen Masovien, aber auch mit
Kaufleuten und Handwerken aus Deutschland und Holland bevölkert.
Mitte des 16.Jahrhunderts kam der Glaubensabfall durch die Reformation
und damit die Nordischen Kriege und die Pest. Nach der Teilung Polens im
Jahre 1772 bildet Masuren den südlichen Teil Ostpreußens. Masuren war
protestantisch geworden, wie die Preußen. Seit 1870 kam es zur
Germanisierung Masurens. Dem zweiten Weltkrieg, der Diktatur des
Antichrist, folgten durch die Kommunisten Vertreibung und Verfolgung
der hiesigen Bevölkerung. Die letzten Masuren wanderten in den achtziger
Jahren überwiegend ins demokratisch-freiheitliche Deutschland aus.
Um 4000 vor Christus besiedelten das Gebiet von Masuren ur-finnische
Stämme, dann baltische, mit den Esten verwandte Stämme. Diese
nordischen Heiden verehrten die Natur als Gottheit. Sie verehrten ihre
Ahnen als Dämonen des Jenseits. Im 2. Jahrhundert nach Christus wurde
Borussia (oder Prussia, von Pruzzen) bei den antiken Römern zum ersten
mal schriftlich erwähnt. Es folgen lebendige Handelsverbindungen mit
anderen Siedlungen des Baltikums, etwa Haithabu bei Schleswig, bis zum
11. Jahrhundert. Man hat mit Sklaven, Bernstein und Tieren gehandelt. Im
Norden der Region wurden zum Beispiel sogar arabische Münzen aus dem
7. Jahrhundert gefunden, was darauf hinweist, dass es auch
Handelsverbindungen zum Mittelmeer gegeben hat. Man entdeckte auch
die Reste von Holzwegen, wie sie im altem Rom gemacht wurden. Die
Vorgeschichte Masurens wartet noch auf ihre Entdeckung durch christliche
Historiker und Ahnenforscher. Welche Heiligen und Missionare brachten
etwa das römische Christentum nach Masuren?
Die Pruzzen besiedelten die Gebiete östlich der Weichsel und nördlich von
Masovien. Es kam oft zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit den
litauischen und slawischen Stämmen. Im Jahre 1230 bat der polnische
christliche Fürst Konrad von Masovien den christlichen Deutschen Orden
um Hilfe im Kampf gegen die heidnischen Pruzzen. Es begann die Zeit des
Deutschen Ordens, der katholischen Ritter und Missionare. Pruzzische
heidnische Stämme wurden im Laufe der Christianisierung von Deutschen
Rittern bekämpft und trotz zahlreiche blutige Aufstände (siehe Hercus
Monte) von den christlichen Rittern besiegt. Das katholische Marienburg
wurde zur Hauptstadt des mächtigen neuen Staates. Binnen 100 Jahre
entstand ein zivilisierter Staat mit effizienter Verwaltung und imposantem
Reichtum (Handel mit Bernstein und Getreide). Die Marienburg wurde
1309 zur Hauptstadt des Deutschen Ordens. Sie war die zivilisierteste und
eine der größten Wehranlagen Europas. Es entstanden zahlreiche Burgen
und erste Städte. Es kam zu vielen pruzzisch-heidnischen Aufständen
gegen den christkatholischen Deutschen Orden, die aber niedergeschlagen
wurden. Handwerker aus dem Westen und Einwanderer aus dem
slawischen Masowien bildeten das neue Volk Masuren. 1410 kam es bei
Grunwald zur größten Schlacht des Mittelalters, wo der Deutsche Orden
durch polnisch-litauische Kräfte verheerend geschlagen wurde. Mit den
Frieden von Thorn 1411 und 1466 wird der Untergang des Ordensstaates
endgültig besiegelt.
Dies war die Reformationszeit Der letzte Große Meister Albrecht von
Hohenzollern konvertierte zum Protestantismus, und auch Masuren wird
protestantisch. Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Ordens-Staates
entstanden evangelische kirchliche Gemeinschaften, es breitete sich
Reformation aus, in Lyck entsanden erste Druckereien, die auf polnisch
Luthers Thesen verbreiteten.
Dies war die Zeit der Nordischen Kriege und der Napoleonischen Kriege.
Das Land ward zum Schauplatz der kriegerischen Auseinandersetzungen
zwischen Schweden, Polen, Russen, Deutschland und Frankreich.
Verwüstungen durch den Krieg und die Pest im Jahre 1710 töteten vielen
Menschen der ohnehin dünn besiedelten Region.
Dies war die Zeit der Industrialisierung und Germanisierung der Region.
Im Jahre 1815 wird der Begriff Masuren zum ersten mal offiziell
gebraucht. Der Kaiser Wilhelm IV. kümmerte sich väterlich um das kleine
masurische Volk, indem er Schulen gründete und Boden den Bauern
günstig abgab. Bis 1871 spricht noch 90% der Bevölkerung polnisch oder
masurisch.Die Heiligen Messen wurden auf polnisch gelesen. Seit 1838
verstärkte sich die Germanisierung Masurens, die 1871 den Höhepunkt
erreichte. Es wurde verboten, polnisch in den Schulen zu sprechen. Zu der
Zeit Kaiser Wilhelms II. bildeten polnischsprachigen Masuren endgültig
ein Volk zweiter Klasse. Nur auf dem Lande sprach man noch polnisch
und masurisch. In den Städten hörte man fast nur noch die deutsche
Sprache. Die masurische Sprache und Kultur starb aus. Es wäre eine
Aufgabe für deutsche Protestanten, lutherischer oder calvinistischer
Prägung, öffentlich um Vergebung zu bitten für die Vernichtung der
masurischen Sprache und Kultur. Katholische Dichter könnten auf die
Suche gehen nach alt-masurischer Volkspoesie.
Der erste Weltkrieg hat tiefe Wunden hinterlassen. Auseinandersetzungen
zwischen dem protestantisch-kaiserlichen Preußen und dem orthodox-
zaristischen Russland ging auf Kosten der Bevölkerung von Masuren.
Unzählige sind gefallen, die Dorfbevölkrung erlitt großen Schaden. Das
Land wurde zerstört.
Im zweiten Weltkrieg des antichristlichen Dämons wurden viele Masuren
mit Zwang germanisiert und zum nationalsozialistischen Heer einberufen.
Besonders tragisch waren die letzten Monaten des Krieges, da die Rote
Armee des militant-atheistischen Kommunismus Russlands viele
Menschen vertrieben hatte. Es kam zu willkürlichen Morden,
Vergewaltigungen und Plünderungen durch sowjetische Soldaten. Darnter
hatten auch polnische Masuren gelitten. Durch den Dialekt protestantische
Gläubige, waren die Masuren für die neuen kommunistischen Machthaber
auch keine richtigen Polen. Nach dem Krieg teilten sie oft das Schicksal
der Deutschen Ostpreußens. Die kommunistische Regierung sah in den
Masuren Feinde der Diktatur des Proletariats und akzeptierte jahrelang
Plünderungen und Gewalttaten gegen Masuren.
Nach der Vertreibung kamen nach Masuren die Vertriebenen aus
damaligen Ostgebieten Polens, Weißrußlands und Litauens. Ende der
vierziger Jahre wurden auch Ukrainer aus Südost-Polen zwangsumsiedelt.
Es entstand eine bunte Mischung aus gebliebenen Deutschen,
polnischsprachigen Ermländern und Masuren, Ukrainern, polnischen
Einwanderern aus Weißrussland und Litauen und vielen Polen, die nach
dem Krieg hier ihr neues Leben begonnen hatten. Als in den siebziger
Jahren die Mode aufkam, eine Datscha am See zu haben, begann die
zweite Welle der Vertreibung. Die Parteibonzen und die kommunistische
Prominenz aus Warschau hatten den Rest der Einheimischen zur Ausreise
nach Deutschland gezwungen. Und als die ersten weggefahren waren, ging
es nach dem Dominoeffekt weiter, ganz schnell wurden die Dörfer leer, die
attraktiven Immobilien wurden spottbillig an die neue Warschauer Partei-
Prominenz verschachert.
Die Anziehungskraft der Region bewirkt, dass viele Künstler, Aussteiger
und Andersdenkende sich in Masuren niedergelassen haben. Besonders
nach dem Kriegs-Ausnahmezustand 1981 waren zahlreiche intellektuelle
Oppositionelle in die innere Emigration gegangen. Sie kauften oder
pachteten die leerstehenden Bauernhöfe, um selbständig und unabhängig
von den Kommunisten zu bleiben. Heute bilden diese Leute die
intellektuelle Elite Masurens.
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DIE GÖTTLICHE KOMÖDIE
von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

ERSTES KAPITEL
DIE HÖLLE

Viele Heilige haben behauptet, übernatürliche Visionen der Hölle gehabt


zu haben. Natürlich sind alle privaten Enthüllungen der Heiligen nicht
autoritativ, also solltest du dies nicht zum Fundament deiner Theologie
machen.
Vielmehr sollten die Himmelsvisionen der Heiligen uns daran erinnern,
was unser Glaube bereits lehrt: die Hölle ist ein wirklicher und
schrecklicher Ort, und die Menschen können wirklich dorthin gehen.
Die große mystische Sankt Faustina sagte, dass ihre Vision der Hölle diese
Wirkung auf sie hatte:
„Daher bete ich noch eifriger für die Bekehrung der Sünder. Ich flehe
unaufhörlich die Barmherzigkeit Gottes an. O mein Jesus, ich wäre lieber
in Todesangst bis zum Ende der Welt, inmitten der größten Leiden, als dich
zu beleidigen durch die geringste Sünde.
So fürchtet euch nicht nur, sondern wendet euch von euren Sünden ab und
arbeitet, um andere zu Christus zu führen!“
Anna Katharina Emmerich sagte: „Niemand konnte das ohne Zittern
sehen.“
Die selige Anna Katharina Emmerich lebte Ende des 18. und frühen 19.
Jahrhunderts im Heiligen Römischen Reich. Sie war eine Mystikerin, die
Visionen aller möglichen geistigen Dinge gehabt hatte. Hier ist ein Auszug
aus einer ihrer Höllenvisionen:
„Das Äußere der Hölle war entsetzlich und schrecklich; es war ein
ungeheures, schwer aussehendes Gebäude, und der Granit, aus dem es
gebildet war, obwohl schwarz, war von metallischer Helligkeit; und die
dunklen und schwerfälligen Türen waren mit solch schrecklichen
Schrauben gesichert, dass niemand sie ohne Zittern sehen konnte.
Tiefes Stöhnen und Schreie der Verzweiflung konnten deutlich
unterschieden werden, sogar während die Türen fest geschlossen waren;
aber, ach, wer kann die schrecklichen Rufe und Schreie beschreiben, die
auf das Ohr stießen, als die Bolzen entfesselt wurden und die Türen
aufgestoßen; und, ach, wer kann das melancholische Aussehen der
Bewohner dieses elenden Platzes darstellen!
In der Hölle ist alles eng, verwirrt und überfüllt; jedes Objekt neigt dazu,
den Geist mit Schmerzens- und Leidensempfindungen zu füllen; die
Zeichen des Zornes und der Rache Gottes sind überall sichtbar;
Verzweiflung, wie ein Geier, nagt an jedem Herzen, und Zwietracht und
Elend herrschen. In der Stadt der Hölle ist nichts zu sehen als düstere
Kerker, dunkle Höhlen, schreckliche Wüsten, stinkende Sümpfe, die mit
allen erdenklichen Spezies von giftigen und ekelhaften Reptilien gefüllt
sind.
in Hölle gibt es ewige Szenen der erbärmlichsten Zwietracht und jede
Sorte von Sünde und Korruption, entweder unter den schrecklichsten
Formen, die man sich vorstellen kann, oder durch verschiedene Arten von
schrecklichen Qualen dargestellt. Alle in dieser traurigen Wohnung neigen
dazu, den Geist mit Schrecken zu füllen; nicht ein Wort des Trostes ist zu
hören oder eine tröstende Idee zugelassen; dass die Gerechtigkeit eines
allmächtigen Gottes den verdammten Menschen nichts anderes als das,
was sie vollkommen verdient haben, zufügt, ist die absorbierende
ungeheure Überzeugung, die jedes Herz belastet.
Das Laster erscheint in seinen eigenen, grimmigen, ekelhaften Farben und
wird von der Maske befreit, unter der es in dieser Welt verborgen ist, und
die höllische Viper wird gesehen, wie sie diejenigen verschlingt, die sie auf
Erden gepflegt oder gefördert haben. Mit einem Wort, die Hölle ist der
Tempel der Angst und Verzweiflung“
Die große Mystikerin des 16. Jahrhunderts und Doktorin der Kirche, Sankt
Teresa von Jesus, hatte diese Erfahrung der Hölle:
„Der Eingang schien durch einen langen schmalen Durchgang zu gehen,
wie ein Ofen, sehr niedrig, dunkel und nahe. Der Boden schien mit Wasser
gesättigt zu sein, bloßem Schlamm, übermäßigem Gestank, der
Pestgerüche aussandte und von ekelhaftem Ungeziefer bedeckt war. Am
Ende war ein hohler Platz in der Wand, wie ein Schrank, und darin sah ich
mich gefangen.
Ich fühlte ein Feuer in meiner Seele. Meine Leiden waren unerträglich. Ich
habe die meisten schmerzlichen Leiden in diesem Leben durchgemacht,
doch all dies war nicht vergleichbar mit dem, was ich damals empfand,
besonders wenn ich sah, dass es keine Pausen und kein Ende mit ihnen
gäbe.
Ich sah nicht, wer mich so quälte, aber ich fühlte mich in Brand gesteckt
und zerfetzt, wie es mir schien; Und ich wiederhole es, dieses innere Feuer
und die Verzweiflung sind die größten Qualen von allen.
Ich konnte weder sitzen noch mich hinlegen: es gab kein Zimmer. Ich
wurde wie in einem Loch in die Wand gelegt; und diese Wände,
schrecklich zu sehen, säumten mich in auf jeder Seite. Ich konnte nicht
atmen. Es gab kein Licht, sondern alles war dunkle Finsternis.
Ich war so erschrocken durch diese Vision, dass der Terror in mir ist auch
jetzt, während ich schreibe, obwohl es vor fast sechs Jahren geschah, dass
die natürliche Wärme meines Körpers von Angst gekühlt wird auch jetzt,
wenn ich nur daran denke.
Es war diese Vision, die mich mit der großen Bedrängnis erfüllt, die ich
vor dem Anblick so vieler verlorener Seelen, vor allem der Lutheraner,
fühlte, weil sie einst Mitglieder der Kirche waren, und gab mir auch die
heftigsten Wünsche für die Heil der Seelen ein; denn ich glaube, dass ich,
um auch nur eine Seele vor den überwältigenden Qualen zu retten, am
liebsten viele Todesopfer erdulden würde.“
Im Jahre 1868 hatte Sankt Don Bosco einen Traum von der Hölle:
„Sobald ich die Schwelle überschritt, fühlte ich einen unbeschreiblichen
Schrecken und wagte nicht, einen weiteren Schritt zu gehen. Vor mir sah
ich so etwas wie eine ungeheure Höhle, die allmählich in tief in die Därme
der Berge versenkte Vertiefungen verschwand. Sie standen alle in
Flammen, aber es war kein irdisches Feuer mit springenden Zungen der
Flammen. Die gesamte Höhle - Wände, Decke, Boden, Eisen, Steine, Holz
und Kohle - alles war ein leuchtendes Weiß bei Temperaturen von tausend
Grad. Doch das Feuer verbrennt nicht, verbraucht sich nicht. Ich kann
einfach keine Worte finden, um das Grauen der Höhle zu beschreiben.
Mein Führer ergriff meine Hand und drückte sie gegen die erste der
tausend Wände. Die Empfindung war so unerträglich, dass ich mit einem
Schrei zurückfuhr und mich im Bett aufrichtete.
Meine Hand war stechend und ich rieb sie, um die Schmerzen zu lindern.
Als ich heute morgen aufstand, bemerkte ich, dass sie geschwollen war.
Meine Hand, an die Wand gedrückt, obwohl nur im Traum, fühlte sich so
real an, dass später die Haut von meiner Handfläche abgezogen ward.
Denke daran, dass ich versucht habe, dich nicht zu erschrecken, und
deshalb habe ich diese Dinge nicht in all ihrem Entsetzen beschrieben, wie
ich sie sah und wie sie mich beeindruckten. Wir wissen, dass der Herr
immer die Hölle in Symbolen dargestellt hat, weil, wenn er sie so
beschrieben hätte, wie sie wirklich ist, wir ihn nicht verstanden hätten.
Kein Sterblicher kann das begreifen.“
Schwester Lucia von Fatima starb vor kurzem im Jahr 2005, sie war einer
der Visionäre von Fatima im frühen 20. Jahrhundert, eine anerkannte
Erscheinung in der Kirche. Als Teil dieser Vision sah sie die Hölle:
Wir sahen gleichsam ein riesiges Feuermeer. In dieses Feuer gestürzt sahen
wir die Dämonen und die Seelen der Verdammten.
Die letzteren waren wie transparente brennende Glut, alle wie geschwärzte
oder bräunliche Bronze, menschliche Gestalten. Sie schwebten in dieser
Feuersbrunst, die jetzt durch die Flammen, die aus ihrem Inneren
herausgaben, zusammen mit großen Rauchwolken in die Luft gehoben
wurde. Jetzt fielen sie wie Funken in riesigen Bränden, ohne Gewicht und
Gleichgewicht, unter Schreien und Stöhnen von Schmerz und
Verzweiflung, die uns erschreckten und uns vor Schrecken zittern ließen.
Es musste sein, dass ich geschrien habe, wie die Leute sagen, sie haben
mich schreien gehört.“
Die Dämonen wurden von den Seelen der Verdammten durch ihre
schreckliche und abstoßende Ähnlichkeit mit schrecklichen und
unbekannten Tieren, schwarz und transparent wie brennende Kohlen,
unterschieden.“
Sankt Maria Faustyna Kowalska war eine polnische Nonne, die in den
dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts eine große Anzahl mystischer
Erfahrungen gehabt hat. Hier ein Auszug aus ihrem Tagebuch zu einer
ihrer Visionen:
„Heute wurde ich von einem Engel zu den Abgründen der Hölle geführt.
Es ist ein Ort großer Folter; wie furchtbar groß und umfangreich ist sie!
Die Qualen, die ich sah, sind: die erste Folter, die die Hölle ausmacht, ist
der Verlust Gottes; die zweite ist die ewige Gewissensreue; die dritte ist,
dass der Zustand sich nie ändern wird; die vierte ist das Feuer, das die
Seele durchdringt, ohne sie zu zerstören - ein schreckliches Leiden, weil es
ein rein geistiges Feuer ist, das von Gottes Zorn erleuchtet wird; die fünfte
Folter ist beständige Finsternis und ein schrecklich erstickender Geruch,
und trotz der Finsternis sehen sich die Teufel und die Seelen der
Verdammten gegenseitig und all das Böse, das der anderen und ihre
eigenen Bosheiten; die sechste Folter ist die ständige Gesellschaft des
Satans; die siebte Folter ist schreckliche Verzweiflung, Hass auf Gott,
schändliche Worte, Flüche und Lästerungen.
Jede Seele erleidet schreckliche und unbeschreibliche Leiden, die sich auf
die Weise beziehen, in der sie gesündigt hat. Es gibt Höhlen und Gruben
von Folter, wo eine Form von Qual von einer anderen sich unterscheidet.
Aber ich bemerkte eins: dass die meisten Seelen dort sind, die nicht
glaubten, dass es eine Hölle gibt. Als ich zu mir kam, konnte ich mich
kaum von dem Schreck erholen. Wie schrecklich die Seelen dort leiden!“
Der US-Oberste Gerichtshof sagt, er glaubt an die Hölle und den Teufel,
und er wird verspottet. Aber seine Verbündeten sind wichtiger als seine
Kritiker: Abgesehen von der Mehrheit der Amerikaner sprechen Jesus, der
Sohn Gottes, und sein Vikar, Papst Franziskus, über diese beiden Dinge in
ihren Lehren ständig.
Ja, die Hölle ist echt, und für die Katholiken ist ihre Existenz eine Frage
des Dogmas. Das Konzil Florenz im Jahre 1439 lehrte: „Wir definieren,
dass die Seelen derer, die dieses Leben in der wirklichen Todsünde oder in
der ursprünglichen Sünde allein verlassen, sofort in die Hölle gehen, um
bestraft zu werden, aber mit ungleichen Schmerzen.“
Da es nur ein Ort für die Verstorbenen ist, kann die Hölle nicht von denen
erlebt werden, die von uns noch leben - zumindest unter normalen
Umständen. Viele Heilige in der Geschichte der Kirche haben behauptet,
lebendige mystische Höllenerfahrungen zu haben, und haben darüber
geschrieben.
Der Katechismus macht deutlich, dass die privaten Offenbarungen die
Sätze des Glaubens nicht verbessern oder vervollständigen, sondern
bedeuten, dass sie uns in einer gewissen Periode der Geschichte besser
helfen können. So lese diese Visionen mit einem Körnchen Salz, wenn sie
helfen können, dich zu inspirieren, die Realität des ewigen Reiches der
Verdammten ernster zu nehmen.
Schwester Faustina schrieb: „Das sind die Qualen aller Verdammten, aber
das ist nicht das Ende ihrer Leiden. Es gibt besondere Qualen, die für
bestimmte Seelen bestimmt sind. Das sind die Qualen der Sinne. Jede
Seele erleidet schreckliche und unbeschreibliche Leiden, die sich auf die
Weise beziehen, in der sie gesündigt hat. Es gibt Höhlen und Gruben von
Folter, wo eine Form von Qual von einer anderen sich unterscheidet. Ich
wäre bei dem Anblick dieser Qualen gestorben, wenn die Allmacht Gottes
mich nicht unterstützt hätte. Der Sünder weiß, daß er durch alle Ewigkeit
gefoltert wird, in den Sinnen, die er der Sünde zur Verfügung stellte. Ich
schreibe dies auf Befehl Gottes, damit keine Seele eine Entschuldigung
finden kann, indem sie sagt, dass es keine Hölle gibt, oder dass niemand
dort gewesen sei und so niemand sagen könne, wie sie sei.
Ich, Schwester Faustina, habe durch die Anordnung Gottes die Abgründe
der Hölle besucht, damit ich Seelen davon erzählen und ihre Existenz
bezeugen kann. Ich kann jetzt nicht darüber sprechen; aber ich habe einen
Befehl von Gott erhalten, ihn schriftlich zu verlassen. Die Teufel waren
voller Hass auf mich, aber sie mussten mir auf Befehl von Gott gehorchen.
Was ich geschrieben habe, ist nur ein bleicher Schatten der Dinge, die ich
sah. Aber ich bemerkte eins: dass die meisten Seelen dort sind, die nicht
glaubten, dass es eine Hölle gibt. Als ich zu mir kam, konnte ich mich
kaum von dem Schreck erholen. Wie schrecklich die Seelen dort leiden!
Daher bete ich noch eifriger für die Bekehrung der Sünder. Ich flehe
unaufhörlich die Barmherzigkeit Gottes an. O mein Jesus, ich wäre lieber
in Todesangst bis zum Ende der Welt, inmitten der größten Leiden, als dich
durch die geringste Sünde zu beleidigen.“
Schwester Lucia von Fatima sagte: „Diese Vision dauerte nur einen
Augenblick, dank unserer guten himmlischen Mutter, die bei der ersten
Erscheinung versprochen hatte, uns zum Himmel zu bringen. Ohne das
glaube ich, daß wir vor Terror und Angst gestorben wären.“
Inspiriert? Mögen wir uns alle auf die Barmherzigkeit Gottes in Christus
werfen und so etwas vermeiden, das diesen Schilderungen nahe kommt,
und stattdessen die Ewigkeit in der Vereinigung mit Gott im Himmel
verbringen.
Pater Pio wurde einmal gefragt, was er von Menschen, die nicht an die
Hölle glauben, denkt. Er antwortete klugerweise: „Sie werden sehr gut an
die Hölle glauben, wenn sie dort ankommen.“
Gott will, dass wir alle mit ihm im Himmel für alle Ewigkeit verbunden
sind. Doch in den Evangelien sprach Jesus oft von der Hölle und der
ewigen Bestrafung und sprach von einem Ort der äußersten Finsternis, wo
das Weinen und Zähneknirschen sein wird und der ewigen Bestrafung der
Ungehorsamen und Ungläubigen, die zu seiner Linken im Gericht gestellt
wurden, und er wird sagen zu ihnen: Weiche von mir, du verfluchte Seele,
in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bereitet ist. Oder
Jesus sagte: Wenn deine Hand oder dein Fuß bewirkt, dass ihr sündigt,
schneidet sie ab und werft sie weg. Es ist besser für euch, verstümmelt
oder verkrüppelt in das Leben einzutreten, als mit zwei Händen oder zwei
Füßen ins ewiges Feuer geworfen zu werden. Und wenn euer Auge euch
zur Sünde bringt, reißt es aus und werft es weg. Es ist besser für dich, mit
einem Auge in das Leben einzutreten, als mit zwei Augen in die feurige
Gehenna geworfen zu werden.- Und das sind nur einige der vielen
Gelegenheiten, bei denen Jesus von der Hölle sprach.
Darüber hinaus ist die Lehre der Hölle ein unfehlbares Dogma der
katholischen Kirche. Es ist eines der vier letzten Dinge - der Himmel, die
Hölle, der Tod und die Strafe - die die Kirche jedem von uns vorstellt, um
darüber nachzudenken. Kurzum, sowohl Jesus als auch seine Kirche haben
immer eine heilsame Furcht vor der Hölle gefördert. Und diejenigen, die
das Leben der Heiligen und anderer frommer Personen studiert haben,
haben festgestellt, dass die Mehrheit von ihnen eine sehr gesunde und
vorteilhafte Angst vor der Hölle hatte, die sie inspirierte und ermutigte, die
bösen Versuchungen, die auf ihren Weg kamen, zu bekämpfen.
Wir werden mit dem Zeugnis des seligen Richard, einem franziskanischen
Priester beginnen, der im Jahre 1622 auf dem Scheiterhaufen in Nagasaki
in Japan verbrannt wurde. Diese berühmte Erscheinung einer verdammten
Seele, die wir erzählen, wurde vom seligen Richard bestätigt als der
Hauptgrund, der ihn dazu veranlasste, den Franziskanern beizutreten.
Während der selige Richard 1604 in Brüssel lebte, gab es zwei junge
Studenten, die anstatt zu studieren, nur daran dachten, wie man in Lust und
Sünde leben könne. Eines Abends, als sie gegangen waren, um der Sünde
in einem Haus der Prostitution zu frönen, verließ einer der beiden nach
einiger Zeit den Ort und ließ seinen Gefährten in der Sünde hinter sich
zurück.
Als er nach Hause kam, war er im Begriff, sich ins Bett zu legen, als er
sich daran erinnerte, dass er an diesem Tag die wenigen Ave Marias nicht
rezitiert hatte, die er seit der Kindheit jeden Tag zu Ehren der Heiligen
Jungfrau sagen wollte. Als er vom Schlaf überwältigt wurde, war es für ihn
sehr schwer, die kurzen Gebete zu rezitieren; aber er bemühte sich und
sagte sie, obgleich ohne Hingabe; dann schlief er fest. Nicht lange danach
hörte er plötzlich ein unhöfliches Klopfen an der Tür; und unmittelbar
danach sah er vor ihm seinen Begleiter, entstellt und abscheulich. Wer bist
du? sagte er zu ihm. Was, kennst du mich nicht? antwortete der
unglückliche Jugendliche. Aber wie bist du so verändert? Du siehst aus
wie ein Teufel! - Oh, erbarme dich meiner, denn ich bin verdammt! - Wie
ist das? - Nun, wisse, dass nach dem Verlassen dieses verfluchten Hauses
ein böser Mensch mich ansprang und mich erwürgte, mein Körper ist
mitten auf der Straße geblieben, und meine Seele ist in der Hölle, und
wisse, daß dieselbe Züchtigung dich erwartet hat. Die Jungfrau bewahrte
dich davor, dank deiner Praxis, jeden Tag die drei Ave Marias zu ihrer Ehre
zu rezitieren, und gesegnet seid ihr, wenn ihr wisst, wie ihr von diesen
Informationen profitieren könnt, die die Mutter Gottes euch durch mich
gibt.
Während er diese Worte vervollständigte, öffnete die verdammte Seele ihr
Gewand, ließ die Flammen und bösen Geister, die ihn zu sehen pflegten,
verschwinden. Dann warf der junge Mann, unkontrolliert schluchzend,
sein Gesicht auf den Boden und betete für eine lange Zeit und dankte der
Heiligen Jungfrau Maria, seiner Erlöserin. Jetzt, während er auf diese
Weise betete, begann er darüber nachzudenken, was er tun sollte, um sein
Leben zu ändern, und in diesem Augenblick hörte er die Glocke im
Franziskanerkloster.
In diesem Augenblick rief er aus: So ist es dort, wo Gott mich zur Buße
ruft.
Sehr früh am nächsten Morgen ging er zum Kloster und bat den Vater
Wächter, ihn zu empfangen. Der Vater Wächter, der sich seines schlechten
Lebens bewusst war, war überhaupt nicht daran interessiert, ihn
aufzunehmen. Der junge Student, der einen Strom von Tränen vergoss,
erzählte ihm alles, was geschehen war. Der gute Priester sandte sogleich
zwei Ordensleute auf die angegebene Straße und fand dort den Leichnam
des elenden Jünglings. Der junge Mann wurde bald als ein Postulant unter
den Brüdern zugelassen, die er bald durch ein Leben erbaute, das völlig
der Buße und Wiedergutmachung gewidmet war.
Es waren diese schrecklichen Tatsachen, die einen tiefen Akkord sowohl
der heiligen Furcht vor der Hölle als auch der Hingabe an die gesegnete
Jungfrau Maria in dem seligen Richard bewirkten, so dass er sich auch
sofort ganz Gott und der seligen Jungfrau Maria im selben Orden zu
weihen beschloss, wie es der junge, von Maria so wunderbar geschützte
Schüler, gerade empfangen hatte.
Der nächste Vorfall ist von einem ehrenhaften Priester und Vorgesetzten
einer religiösen Gemeinschaft. Dieser Priester hatte die Einzelheiten der
Geschichte aus einer engen Beziehung zu der Dame, der es geschehen war.
Zum Zeitpunkt des Schreibens, am Weihnachtstag 1859, lebte diese Person
noch und war ungefähr vierzig Jahre alt, daher wird in der Aufzeichnung
dieses Ereignisses kein Name erwähnt, um die Identität der Personen zu
schützen.
Die in dieser Geschichte behandelte Frau lebte im Winter 1847-1848 in
London. Sie war eine Witwe, ungefähr neunundzwanzig Jahre alt, ziemlich
reich und weltlich. Unter den jungen Männern, die sie besuchten, war ein
junger Herr von schlechtem Benehmen, der sie umgab und mit dem sie
schließlich eine Vielzahl von Sünden begangen hatte.
Eines Nachts war sie im Bett und las einen Roman, als eine Uhr schlug;
Sie blies ihre Lampe aus und wollte einschlafen, als sie zu ihrem großen
Erstaunen merkte, daß aus der Türe des Salons, die sich allmählich in ihr
Zimmer öffnete, ein merkwürdiges Licht schimmerte. Erst betäubt und
nicht wissend, was das bedeutete, begann sie zu erschrecken, als sie die
Salontür langsam öffnete und der junge Herr, der Partner ihrer Übel, das
Zimmer betrat. Bevor sie Zeit hatte, ein einziges Wort zu sagen, ergriff er
sie am linken Handgelenk, und mit einer zischenden Stimme sagte er zu
ihr: Es gibt eine Hölle! Der Schmerz, den sie plötzlich in ihrem Arm
fühlte, war so groß, dass sie sofort ohnmächtig wurde.
Als sie eine halbe Stunde später wieder zu sich kam, klingelte sie sofort
nach ihrem Zimmermädchen. Letztere bemerkte beim Betreten einen
starken Brandgeruch. Zu ihrer Herrin tretend, die verzweifelt war und
kaum sprechen konnte, bemerkte sie sofort an ihrem Handgelenk eine so
tiefe Verbrennung, dass der Knochen bloß lag und das Fleisch fast
verbraucht war. Außerdem bemerkte sie, dass der Teppich von der Tür des
Salons, zum Bett und von dem Bett zu derselben Tür zurückkehrend, den
Abdruck der Schritte eines Mannes zeigte, da die Fasern verbrannt waren.
Durch die Hinweise ihrer Herrin öffnete sie die Salontür und fand dort
noch mehr Spuren auf dem Teppich.
Am folgenden Tage hörte die unglückliche Dame, mit einem entsetzlichen
Schrecken, dass in derselben Nacht, ungefähr um 1 Uhr morgens, ihr
Freund, der Herr, unter dem Tische betrunken gefunden worden war und
seine Diener ihn getragen hatten in sein Zimmer, und dass er an einer
Alkoholvergiftung in ihren Armen gestorben sei.
Ich weiß nicht sicher, fügte der Priester hinzu, ob diese schreckliche Lehre
das Herz dieser unglückliche Dame umwandelte, aber was ich weiß, ist,
dass sie noch lebt und dass sie, um die Spuren ihres unheilvollen Brandes
zu verbergen, am linken Handgelenk wie ein Armband ein breites
Goldband trägt, das sie Tag und Nacht nicht abnimmt. Ich wiederhole es:
Ich habe alle diese Details aus ihrer Nähe, eine seriöse Christin, an deren
Wort ich den vollsten Glauben habe. Sie sagt, dass diese Geschichte nie
ausgesprochen wurde, auch nicht in der Familie; Und dass sie es mir nur
anvertraute und jeden Eigennamen unterdrückte.
Ungeachtet der Anonymität, unter der diese Erscheinung offenbart wurde
und eingehüllt werden muss, scheint es unmöglich, sagt ein Schriftsteller,
die schreckliche Authentizität der Einzelheiten in Zweifel zu ziehen.
Monsignor de Segur schrieb: „Im Jahre 1873 war es wenige Tage vor der
Himmelfahrt (am 15. August), dass wieder eine dieser Erscheinungen von
jenseits des Grabes kam, die die Wirklichkeit der Hölle so wirkungsvoll
bestätigt hat: ein Bordell, das in der Stadt nach der Invasion des Piemont
aufgetaucht war, stand bei einer Polizeistation. Eines der unglücklichen
Mädchen, die dort wohnten, war an der Hand verwundet worden, und es
wurde für notwendig befunden, sie ins Krankenhaus des Trostes zu
bringen Von schlechten Lebewesen oder von einer Infektion der Wunde
oder von einer unerwarteten Komplikation, edenfalls starb sie dennoch
plötzlich während der Nacht. Im selben Augenblick begann eine ihrer
Begleiterinnen, der völlig unwissend war, was im Krankenhaus geschehen
war, die Bewohner des Ortes zu wecken, eine Raserei unter den elendigen
Geschöpfen des Hauses zu schaffen und das Eingreifen der Polizei zu
provozieren, und das tote Mädchen des Krankenhauses, das von Flammen
umgeben war, war ihr erschienen und sprach: Ich bin verdammt! Und
wenn du nicht wie ich sein willst, so verlasse diesen Ort der Schande und
kehre zu Gott zurück.
Nichts konnte die Verzweiflung dieses Mädchens unterdrücken, das bei
Tagesanbruch abreiste und das ganze Haus verwirrt zurückließ, noch mehr,
als die Nachricht vom Tod ihrer Begleiterin im Krankenhaus bekannt
wurde.
Gerade zu dieser Zeit wurde die Herrin des Ortes krank, eine erhabene
Garribaldianerin und bekannt als solche bei ihrer Familie und ihren
Freunden, und schickte bald nach einem Priester, um die Sakramente zu
empfangen. Die kirchliche Autorität stellte für diese Aufgabe einen
würdigen Prälat, Monsignore Sirolli, den Pfarrer der Pfarrkirche des
Heiligen Erlösers in Laura, der stellte sich vor, und er rief sie in
Anwesenheit vieler Zeugen zur der ganzen und vollständigen
Zurückziehung ihrer Lästerungen gegen den Souveränen Papst auf. Das
unglückliche Geschöpf tat es, ohne zu zögern und willigte ein, ihr Haus zu
reinigen, legte dann ihre Beichte ab und empfing das heilige Viaticum mit
großen Empfindungen von Buße und Demut.
Sie fühlte, dass sie im Sterben lag, und bat den guten Pfarrer unter Tränen,
sie nicht zu verlassen, erschreckt, wie sie bei der Erscheinung dieses
verdammten Mädchens war, und natürlich konnte Monsignore Sirolli ihre
Forderung wegen des öffentlichen Skandals nicht befriedigen. Er erbat
daher von der Polizei zwei Männer, die blieben, bis die sterbende Frau den
letzten Hauch geatmet hatte.
Sehr bald wurde Rom mit den Einzelheiten dieser tragischen Ereignisse
bekannt, wie es unter solchen Umständen üblich war, verspotteten die
Gottlosen sie und sorgten dafür, dass sie keine zusätzlichen Informationen
über sie erhielten, aber die Guten, denen das zugute kam, wurden noch
frömmer und treuer in ihren Pflichten.“
Ein Jesuit schrieb: „Die natürliche Vernunft bestätigt das Dogma der Hölle.
Ein Atheist rühmte sich einst, er glaube nicht an die Hölle. Unter seinen
Zuhörern war ein vernünftiger junger Mann, bescheiden, der aber dachte,
er solle den dummen Sprecher beim Wort nehmen. Er stellte ihm eine
einzige Frage: Herr, sagte er, die Könige der Erde haben Gefängnisse, um
ihre bösen Untertanen zu bestrafen, wie kann Gott, der König des
Universums, ohne Gefängnis für diejenigen sein, die Seine Majestät
empören? Der Atheist hatte natürlich kein Wort zu antworten. Der Appell
wurde dem Licht seiner eigenen Vernunft vorgelegt, das verkündet, dass,
wenn Könige Gefängnisse haben, Gott auch eine Hölle haben muss.“
Zusätzlich gibt es die bekannte Geschichte von Pascals Wette. Blaise
Pascal war ein französischer Philosoph, Mathematiker und Physiker des
17. Jahrhunderts. Anders als viele Männer von Wissenschaft und Wissen in
diesen Tagen, benutzte er seine Gabe der Vernunft, um seinen Glauben an
Gott, Himmel und Hölle zu unterstützen, und er entwickelte eine logische
Voraussetzung, die allgemein als Pascals Wette bekannt ist,
„Wenn man an Gott glaubt, so entdeckt man nach dem Tode, dass Gott
nicht existiert, man verliert absolut nichts im Leben oder im Tode,
wohingegen, wenn Gott existiert und man an Gott glaubt, man alles im
Tode erlangt (die ewige Belohnung im Himmel).
Wenn man aber an Gott glaubt und den Tod findet, so erhält man nichts im
Leben oder im Tode, wohingegen man, wenn man fälschlich Gott und den
Glauben verleugnet, nach dem Tode feststellt, dass Gott existiert, so
verliert man alles (die ewige Verdammnis in der Hölle).“
Kurz gesagt, arbeitet Pascals Wette unter der sehr logischen
Voraussetzung, dass es nicht schadet, an Gott zu glauben und die Hölle zu
fürchten. Aber um es nicht zu tun, nimmt man ein sehr ernstes Risiko auf
sich; ein Risiko von potentiell verheerenden Konsequenzen für alle
Ewigkeit. Wir nehmen eine Feuerversicherung für unserem Grundstück
auf, wäre es da nicht klug, wenigstens für unsere Person das Gleiche zu
tun, vor allem, wenn in diesem Fall die Versicherung absolut nichts kostet,
und während in Wirklichkeit dieser Glaube an Gott in der Regel einen
fürsorglicher macht und zu einer mitleidigeren Person?
Einige Heilige und fromme Seelen, wie die heilige Teresa von Jesus und
Schwester Josefa Menendez, waren im Geiste in die Hölle aufgenommen
worden. Andere, wie SanktGemma Galgani, wurden schreckliche Vision
des Teufels und der Dämonen gezeigt: in ihrem Schreiben an ihren
geistigen Direktor schrieb Gemma: „Komm schnell, Vater, oder mache
wenigstens den Exorzismus aus der Ferne, der Teufel verfolgt mich! O wie
ich gelitten habe, und wie erfreut er in dieser Nacht war, er packte mich an
den Haaren und zerrte mich, indem er sagte: Ungehorsam, Ungehorsam,
jetzt gibt es keine Zeit mehr, komm mit mir! Und er versuchte, mich in die
Hölle zu tragen, er quälte mich so mehr als vier Stunden, und so verlebte
ich die Nacht.“
Die drei Kinder von Fatima, Jacinta Marto, Francisco Marto und Lucia
Dos Santos, denen die Jungfrau Maria eine schreckliche Vision von der
Hölle zeigte, als sie erst im Alter von 9 und 10 Jahren waren - diese
erschreckende Vision veränderte sie vollständig in ihrem tiefsten inneren
Geist. Auch wenn sie nur kleine Kinder waren, nach der Vision, die ihnen
die Jungfrau gegeben hatte, wollten sie nicht zögern, die Seelen vor der
Hölle zu retten. Unter anderem lehrte die Heilige Jungfrau Maria und der
Engel Gottes das wichtige Gebet: O mein Jesus; Vergib uns unsere
Sünden. Rette uns vor dem Feuer der Hölle. Führe alle Seelen in den
Himmel, besonders jenige, die deiner Gnade am meisten bedürfen.
„Wenn ich sehe, dass Jesus weint, ist mein eigenes Herz von Sorge
durchbohrt; ich denke daran, wie ich durch meine Sünden zu der
Bedrückung beigetragen habe, in der Jesus im Garten gelitten hat. Damals
sah Jesus alle meine Sünden, alle meine Unterlassungen, und er sah den
Platz, den ich in der Hölle besetzen sollte, wenn dein Herz, o Jesus, mir
nicht Vergebung gewährt hätte.“ Gemma Galgani.
Am 19. und 20. Juni 1962 wurden auch die jungen Visionäre in
Garabandal von der Gottesmutter zur Hölle geführt. Die Ortsansässigen
nannten diese beiden Nächte die Nächte der Schreie, weil die jungen Seher
in Schrecken schrien in den Momenten, da ihnen die Hölle gezeigt wurde.
Und danach, wie die Visionäre in Fatima, wollten sie immer Opfer und
Wiedergutmachungen darbringen, um die Sünder davon abzuhalten, in die
Hölle zu gehen.
Es wird gesagt, dass am nächsten Tag die meisten Frauen und einige
Männer in der Stadt ihre Beichte ablegten.
„Ihr habt nur zwei endgültige Schicksale: Himmel oder Hölle, wisst, dass
der Satan versuchen wird, die Realität der Existenz seines Königreichs, der
Hölle, von euch zu entfernen. Wenn er eine Farce seiner Existenz unter
euch macht, wird er euch so täuschen So werdet ihr sündigen und euch
vom Geist des Lichts loslösen, und wenn ihr euch von dem Geist des
Lichts löst, so könnt ihr euch vom ewigen Leben im Reich eures Vaters,
des höchsten Gottes im Himmel, entfernen.“ Unsere Liebe Frau von den
Rosen.
Teresa von Jesus schrieb: „Eine lange Zeit, nachdem der Herr mir schon
viele der erwähnten und andere sehr hohen Gnaden bewilligt hatte,
während ich eines Tages im Gebet war, stellte ich plötzlich fest, dass ich,
ohne zu wissen wie, anscheinend in die Hölle gesteckt worden war. Ich
verstand, dass der Herr wollte, dass ich die Stelle sehe, die die Teufel für
mich vorbereitet hatten und die ich wegen meiner Sünden verdiente, und
diese Erfahrung fand innerhalb kürzester Zeit statt, aber selbst wenn ich
viele Jahre leben würde, denke ich, wäre es für mich unmöglich, es zu
vergessen.“
„Tut Buße auf eurem Wege, und ihr werdet in das Reich zurückgeholt
werden, und niemand wird in die Hölle fallen, wenn er nicht diesen Weg
freiwillig gegangen ist, mein Kind.“ Unsere Liebe Frau.
„Euer Leben auf eurer Erde ist nur eine kurze Pilgerreise, euer Leben ist
ewiglich, und wo seid ihr, wenn ihr über den Schleier geht, die Wahl ist
euer, Meine Kinder.“ Unsere Liebe Frau.
Die Seherin Veronica: „Oh, meine Güte! Ich sehe. es ist ein Gestank! Der
Geruch ist so schrecklich! Ich sehe eine riesige Grube, und sie ist echt
brennend. Die Wände sind orange und heiß. Oh, und ich sehe diese
schrecklichen Geschöpfe; sie klammern sich an die Seiten der Felsen.
Manche haben Flügel mit schrecklichen Federn, sie sehen fast menschlich
aus, halb Mensch, halb Tier, aber sie haben Ohren. Und sie haben… Oh
mein Gott, bitte, gesegnete Mutter, nimm mich hier heraus! Oh, mein Gott,
sie haben Füße, die wie Klauen sind, und Arme mit Haaren, aber die
Finger haben lange Fingernägel, sie sind wie Krallen. Und sie haben die
schrecklichsten grinsenden Ausdrücke auf ihren Gesichtern. Jetzt sehe ich,
ich sehe Körper von Menschen fallen, fallen. Wenn sie fallen, beginnen sie
zu glühen. Sie glühen wie eine orange Farbe, wie Kohlen. Und sie
schreien: Hilfe, Barmherzigkeit, Barmherzigkeit, zu spät, zu spät! - Oh
mein Gott! Und ich sehe, sie gehen so schnell. Ich weiß nicht, wohin sie
fallen. Sie scheinen zu regnen, fast wie vom Himmel in diese Grube. Und
ich sehe, oh, mein Gott! Ich sehe, einige sind Priester. Oh, und ich sehe
einen, er hat, oh mein Gott, einen Kardinalshut auf dem Kopf. Und es gibt
drei. Jetzt kann ich sie zählen, es sind drei. Sie haben Mitren auf dem
Kopf. Oh mein Gott! Oh, es ist so schrecklich! Die Hitze ist so groß, und
der Gestank! Ich fühle mich, wie ich bin, nur brennend!“ Unsere Liebe
Frau: „Mein Kind, du hast die elenden Seelen gesehen, die für immer in
alle Ewigkeit verloren sind.“
„Die Eltern sind verantwortlich für die Führung und die Rettung der
Kinderseelen, die Disziplin muss der Heimat zurückgegeben werden, und
die Eltern müssen ein Beispiel für Reinheit und Gottseligkeit in ihren
Häusern geben. Es ist eure Pflicht, es ist euer Ziel, es ist euer Stand im
Leben, und ihr werdet eure Verantwortung nicht verwerfen können, denn
ihr lehnt eure Kinder ab und werft sie auf den Weg zur Hölle.“ Jesus.
„Viele rufen den Heiligen Geist an, Mein Kind, aber die Geister, die sie
anrufen, sind nicht vom Himmel und vom Licht, sondern sie kommen
schnell aus dem Abgrund. Flieht, habt keinen Teil an diesen
Versammlungen, denn sie sind nicht aus dem Licht. Du brauchst nicht
diese Ablenkung, mein Sohn ist immer bei dir in der Eucharistie.“ Unsere
Liebe Frau.
„Homosexualität wird nicht geduldet, sie ist ein Greuel in den Augen des
ewigen Vaters und als solches verdammt sie viele zur Hölle.“ Jesus.
„Viele Priester sind auf dem Weg zur Verdammnis, mit ihnen nehmen sie
andere, denn die unterste Grube des Abgrunds wird die Ewigkeit sein!
Diejenigen, die meines Sohnes Haus anvertraut wurden, wurden für das
Volk verantwortlich gemacht für den Fall der jungen Seelen, dein Rang ist
keine Garantie für deinen Eintritt in das Königreich.“ Unsere Liebe Frau.
„Das sind die Gebote des Vaters, brecht sie, und die Tore der Hölle sind
offen für euch.“ Mose.
„Lenin und Stalin sind nicht bei uns, sie wurden abgelehnt, um sich mit
ihrem Gott, dem Fürsten der Finsternis, zu treffen. Es steht Mir zu, dies zu
sagen, und es zerreißt Mein Herz in Angst, dass sie sich nicht zu retten
gesucht haben.“ Unsere Liebe Frau.
„Mein Kind, du wirst nicht zögern, die Erkenntnis der Wahrheit zu
enthüllen. Ihr Führer, Roosevelt, ist in der Hölle, Franklin Roosevelt, Mein
Kind, sein Geist ist einer in der Finsternis des Abgrunds.“ Unsere Liebe
Frau.
„Ja, mein Kind, du wirst bei der Erkenntnis der Existenz der Hölle
ohnmächtig werden, dass die Menschheit Angst vor dem Ewigen Vater hat,
wenn sie keine Liebe hat, denn jetzt sind viele in einer Leere des Geistes,
und sie kennen ihren Gott nicht, noch interessieren sie sich dafür, ihren
Gott zu kennen.“ Unsere Liebe Frau.
„Fallt nicht herein auf den Fehler, den Satan in der Menschheit geschaffen
hat, dass alle am Ende gerettet werden. Viele sind über den Schleier
gegangen und haben niemals die Gelegenheit gehabt, es wieder gut zu
machen und wurden in die dunkelste Höllengrube geschickt.“ Jesus.
„Ich sage euch, als eure Mutter, dass jede, Mann oder jede Frau, die an
diesem Greuel des Mordes an den Ungeborenen teilnimmt, eine schwere
Buße auf der Erde gegeben wird, oder wenn diese Buße nicht auf Erden
gegeben wird, diese Person, schuldig in den Augen ihres Gottes, wird die
ewige Verdammnis im Feuer der Hölle erleiden.“ Unsere Liebe Frau.
„Wie töricht sind diejenigen, die die leichte Straße wählen, die Straße, die
zur Dunkelheit führt, wie traurig, dass sie ein Leben der Schönheit im
Königreich gegen die Qualen der Verdammnis in der Hölle mit Luzifer
eintauschen.“ Unsere Liebe Frau.
Der heilige Don Bosco hatte eine prophetische Vision der Hölle im Jahre
1868. Viele der Träume Don Boscos könnten besser als Visionen
bezeichnet werden, denn Gott benutzte dieses Mittel, um seinen Willen für
den Heiligen und für die Jungen des Oratoriums und die Zukunft der
Salesianischen Kongregation zu offenbaren. Seine Träume führten nicht
nur den Heiligen, sondern gaben ihm Weisheit und Führung, durch die er
in der Lage war, anderen zu helfen und andere zu führen. Er war erst neun
Jahre alt, als er seinen ersten Traum hatte, der seine Lebensaufgabe
auslegte. Es war dieser Traum, der Papst Pius IX. so sehr beeindruckte,
dass er dem heiligen Don Bosco befahl, seine Träume zur Ermutigung
seiner Kongregation und für alle aufzuschreiben. Durch Träume erlaubte
Gott ihm, die Zukunft von jedem der Jungen seines Oratoriums zu kennen.
Durch Träume ließ Gott ihn den Zustand der Seelen der Jungen wissen.
Am 1. Februar 1865 kündigte Don Bosco an, dass einer der Jungen bald
sterben wird. Er kannte den Jungen durch den Traum am Abend zuvor. Am
16. März 1865 starb Antonius Ferraris nach dem Empfang der letzten
Sakramente. Johannes Bisio, der Antonius und seine Mutter während der
letzten Stunde geholfen hat, bestätigte die Geschichte in dieser Episode
durch einen formellen Eid und schloss wie folgt: „Don Bosco erzählte uns
noch viele andere Träume über den Tod des Oratoriums, um die wahren
Prophezeiungen zu erleben. Wir sind in den sieben Jahren, in denen ich im
Oratorium gelebt habe, nicht gestorben, ohne dass Don Bosco einen Tod
voraussagte, und wir waren auch überzeugt, dass jeder, der dort unter
seiner Fürsorge und Hilfe starb, sicherlich in den Himmel kam.“
Am Sonntagabend, dem 3. Mai 1868, dem Fest des heiligen Josef, nahm
Don Bosco die Erzählung seiner Träume wieder auf:
„Ich habe noch einen Traum, um ihn dir zu erzählen, eine Art von
Nachwirkungen von denen, die ich dir am vergangenen Donnerstag und
Freitag erzählt habe, die mich total erschöpft haben. Nenne sie Träume
oder wie auch immer du magst. Immer, wie du weißt, schien in der Nacht
des 17. April einer schrecklichen Kröte geboten, mich zu verschlingen. Als
sie schließlich verschwand, sagte eine Stimme zu mir: Warum sagst du es
ihnen nicht? - Ich drehte mich in diese Richtung und sah eine vornehme
Person, die an meinem Bett stand. Ich fühlte mich schuldig wegen meines
Schweigens und fragte: Was soll ich meinen Jungs sagen?
Was du in deinen letzten Träumen gesehen und gehört hast und was du
wissen wolltest und morgen Nacht dir offenbart wird! - Dann verschwand
die Person.
Ich verbrachte den ganzen nächsten Tag mit Sorgen um die miserable
Nacht, die für mich aufgehoben war, und als der Abend kam, ging ich
ungern zu Bett, ich saß an meinem Schreibtisch und durchforschte Bücher
bis Mitternacht. Der bloße Gedanke, mehr Alpträume zu haben,
erschreckte mich gründlich. Doch mit großer Anstrengung ging ich endlich
ins Bett.
Steh auf und folge mir nach! sagte die Person.
Um Himmels willen, protestierte ich, lass mich in Ruhe, ich bin erschöpft,
ich werde seit ein paar Tagen von Zahnschmerzen geplagt und brauche
Ruhe, außerdem haben mich die Albträume völlig verschlissen. - Ich sagte
dies, weil die Erscheinung dieses Mannes immer Mühe, Müdigkeit und
Schrecken für mich bedeutete.
Steh auf, wiederholte er. Du hast keine Zeit zu verlieren.
Ich folgte ihm. Wo bringst du mich hin? fragte ich.
Das macht nichts, du wirst es sehen. - Er führte mich zu einer weiten,
grenzenlosen Ebene, einer wahrhaft leblosen Wüste, ohne eine Seele in
Sicht oder einen Baum oder Bach. Vergilbte, ausgetrocknete Vegetation,
die der Verwüstung hinzugefügt wurde, ich hatte keine Ahnung, wo ich
war oder was ich tun sollte. Für einen Augenblick verlor ich sogar meinen
Führer aus den Augen und fürchtete, dass ich verloren war, ganz allein.
Vater Rua, Vater Francesia, nirgends zu sehen. Als ich endlich meinen
Freund auf mich zukommen sah, seufzte ich erleichtert.
Wo bin ich? fragte ich.
Komm mit mir, und du wirst es herausfinden!
Gut, ich geh mit dir.
Er führte den Weg, und ich folgte schweigend, aber nach einem langen,
düsteren Mißtrauen begann ich, mir Sorgen zu machen, ob ich jemals in
der Lage wäre, diese Weite zu überqueren, dazu mit meinen
Zahnschmerzen und geschwollenen Beinen. Plötzlich sah ich einen Weg
vor uns.
Wohin jetzt? fragte ich meinen Führer.
Diesen Weg, antwortete er.
Wir nahmen die Straße. Sie war schön, breit und ordentlich gepflastert.
Der Weg der Sünder ist mit Steinen deutlich gemacht, und an ihrem Ende
ist die Hölle und die Finsternis und die Schmerzen. Beide Seiten waren
von prächtigen grünen Hecken begleitet, gepunktet mit wunderschönen
Blumen. Rosen, vor allem, guckten überall durch die Blätter. Auf den
ersten Blick war die Straße eben und bequem, und so wagte ich es ohne
den geringsten Verdacht, aber bald merkte ich, dass sie unmerklich nach
unten geneigt war. Obwohl sie überhaupt nicht steil aussah, fühlte ich mich
so schnell, dass ich fühlte, ich würde mühelos durch die Luft gleiten.
Wirklich, ich glitt und ging kaum mit meinen Füßen. Dann kam mir der
Gedanke, dass der Rückweg sehr lang und anstrengend sein würde.
Wie sollen wir zum Oratorium zurückkehren? fragte ich besorgt.
Keine Sorge, antwortete er. Der Allmächtige will, dass du gehst. Er, der
dich führt, weiß auch, wie du zurückfindest.
Die Straße war nach unten geneigt. Als wir unterwegs waren, flankiert von
Rosen und anderen Blumen, wurde mir bewußt, dass die
Oratoriumsjungen und viele andere, die ich nicht kannte, mir folgten.
Irgendwie fand ich mich in ihrer Mitte. Als ich sie betrachtete, bemerkte
ich jetzt einen, bald einen weiteren Fall auf den Boden und wurde sofort
von einer unsichtbaren Kraft zu einem schrecklichen Tropfen
hinabgezogen, der weit sichtbar war, der in einen Ofen hineinschlich. Was
lässt diese Jungen fallen? fragte ich meinen Gefährten. Die Stolzen haben
ein Netz für mich verborgen, und sie haben Stricke als eine Schlinge
ausgestreckt, sie haben mir einen Stolperstein auf die Straße gelegt.
Wirf einen genaueren Blick, antwortete er.
Ich tat es. Fallen waren überall, einige dicht am Boden, andere auf
Augenhöhe, aber alle gut verborgen. Unbewusst ihrer Gefahr, wurden viele
Jungen gefangen, und sie stolperten, sie fielen zu Boden, die Beine in der
Luft ausbreitend. Dann, wenn sie es geschafft, wieder auf die Beine zu
kommen, liefen sie kopfüber hinunter die Straße in Richtung Abgrund.
Manche wurden am Kopf gefangen, andere an Hals, Händen, Armen,
Beinen oder Seiten und wurden sofort heruntergezogen. Die Bodenfalle,
fein wie Spinnenweben und kaum sichtbar, schienen sehr dürftig und
harmlos; doch zu meiner Überraschung fiel jeder Junge, den sie gefangen,
zu Boden.
Ich bemerkte mein Erstaunen, der Führer bemerkte: Weißt du, was das ist?
Nur eine dünne Faser, antwortete ich.
Ein bloßes Nichts, sagte er, einfacher menschlicher Respekt.
Ich sah, dass viele Jungen in diesen Netzen gefangen wurden. Ich fragte:
Warum werden so viele gefangen, wer zieht sie herunter?
Tritt näher, und du wirst sehen! sagte er mir.
Ich folgte seinem Rat, sah aber nichts Besonderes.
Schau näher hin, beharrte er.
Ich nahm eine der Fallen und zerrte daran. Ich fühlte sofort einen
Widerstand. Ich zog fester, nur um zu fühlen, dass, anstatt den Faden näher
zu ziehen, ich selbst abgerissen wurde. Ich widerstand nicht und fand mich
bald am Mund einer schrecklichen Höhle. Ich blieb stehen und wollte nicht
in diese tiefe Höhle mich wagen und zog wieder den Faden an mich. Es
ging ein wenig, aber nur durch große Anstrengung von meiner Seite. Ich
zog weiter, und nach langer Zeit tauchte ein riesiges, scheußliches
Ungeheuer auf, das ein Seil umklammerte, an das alle Fallen gebunden
waren. Er war derjenige, der sofort irgendjemanden, der in ihnen gefangen
wurde, heruntergeschleppt hatte. Es wird nicht gelingen, meine Stärke mit
seiner zu messen, sagte ich mir. Ich werde sicher verlieren. Ich kämpfe
besser mit dem Zeichen des Kreuzes und mit kurzen Anrufungen.
Dann ging ich zurück zu meinem Führer. Jetzt weißt du, wer er ist, sagte er
zu mir.
Das tue ich, es ist der Teufel!
Sorgfältig untersuchte ich viele der Fallen, da sah ich, dass jede eine
Inschrift hatte: Stolz, Ungehorsam, Neid, sechstes Gebot, Diebstahl,
Völlerei, Faultier, Zorn und so weiter. Wenn ich ein wenig zurücktrat, um
zu sehen, welche die größere Anzahl von Jungen gefangen hielten,
entdeckte ich, dass die gefährlichsten diejenigen der Unreinheit, des
Ungehorsams und des Stolzes waren. In Wirklichkeit waren diese drei
miteinander verknüpft. Viele andere Fallen taten auch großen Schaden,
aber nicht so großen wie die ersten beiden. Immer noch beobachtete ich
viele Jungen, die liefen schneller als andere. Warum so eilig? fragte ich.
Weil sie durch die Schlinge des menschlichen Respekts angezogen
werden.
Noch genauer sah ich Messer unter den Fallen. Eine vorsorgliche Hand
hatte sie dorthin gebracht, um sich los zu schneiden. Die größeren, die die
Meditation symbolisierten, waren für den Gebrauch gegen die Falle des
Stolzes; andere, nicht ganz so groß, symbolisierten die spirituelle Lesung,
gut gemacht. Es gab auch zwei Schwerter, die die Hingabe zum
allerheiligsten Sakrament darstellten, vor allem durch häufige heilige
Kommunion, und an die selige Jungfrau. Es gab auch einen Hammer, der
die Beichte symbolisierte, und andere Messer, die die Hingabe an den
heiligen Josef und andere Heiligen bedeuteten. Auf diese Weise konnten
ein paar Jungen in der Lage sein, sich zu befreien oder der Einnahme zu
entgehen.
In der Tat sah ich einige Jungs, die sicher durch all jene Fallen gingen,
entweder durch ein gutes Timing, bevor die Falle vor ihnen aufgesprungen
war, oder indem sie ausrutschten, wenn sie erwischt wurden.
Als mein Führer zufrieden war, dass ich alles beobachtet hatte, ließ er mich
auf dieser Straße meinen Weg fortsetzen, aber je weiter wir gingen, desto
weniger wurden die Rosen. Lange Dornen fingen an zu erscheinen, und
bald waren die Rosen nicht mehr da. Die Hecken wurden sonnenverbrannt,
blattlos und mit Dornen besetzt. Aus den Büschen lagen zerrissene Zweige
kreuz und quer über dem Straßenbett und verstopften es mit Dornen und
machten es unpassierbar. Wir waren jetzt zu einer Schlucht gekommen,
deren steile Seiten verbargen, was jenseits lag. Die Straße, die immer noch
nach unten geneigt war, wurde immer schrecklicher, rissig, wüst, und
strotzte vor Felsen und Felsbrocken. Ich verlor alle meine Jungen, von
denen die meisten diesen verräterischen Weg für andere Wege verlassen
hatten.
Ich ging weiter, aber je weiter ich vorrückte, desto anstrengender und
steiler wurde der Abstieg, so dass ich mehrmals stolperte und fiel, lag
niedergeschlagen da, bis ich den Atem wieder fließen lassen konnte. Ab
und zu unterstützte mich mein Führer oder half mir, aufzustehen. Bei
jedem Schritt schienen meine Gelenke nachzugeben, und ich dachte, dass
meine Schienbeine zusammenbrechen würden. Ich sagte zu meinem
Führer: Mein guter Kerl, meine Beine werden mich nicht weiter treiben,
ich kann einfach nicht weiter. - Er antwortete nicht, sondern ging weiter.
Unter Herzklopfen folgte ich, bis ich schwitzte und vollkommen erschöpft
war, und er führte mich zu einer kleinen Lichtung neben der Straße. Ich
setzte mich, atmete tief ein und fühlte mich etwas besser. Von meiner
Ruhestätte aus war die Straße, die ich schon bereist hatte, sehr steil,
gezackt und mit losen Steinen bestreut, aber was vor uns lag, schien so viel
schlimmer, daß ich die Augen vor Entsetzen schloss.
Gehen wir zurück, flehte ich. Wenn wir weiter gehen, wie sollen wir
jemals wieder zum Oratorium zurückkehren?
Nun, da wir so weit gekommen sind, willst du, dass ich dich hier lasse? hat
mein Führer streng gefragt.
Bei dieser Bedrohung weinte ich: Wie kann ich ohne deine Hilfe
überleben?
Dann folge mir.
Wir setzten unseren Abstieg fort, den Weg, der jetzt so schrecklich steil
wurde, dass es fast unmöglich war, aufrecht zu stehen. Und dann, am
Grunde dieses Abgrunds, am Eingang eines dunklen Tales, erschien ein
enormes Gebäude, ein hoch aufragendes Portal, das fest auf uns gerichtet
war. Als ich endlich auf den Grund kam, wurde ich von einer erstickenden
Hitze erstickt, während ein schmieriger, grün getönter Rauch, der von
scharlachroten Flammen aufleuchtete, hinter den riesigen Mauern aufstieg,
die höher als die Berge auftauchten.
Wo sind wir, was ist das? fragte ich meinen Führer.
Lies die Inschrift auf dem Portal, und du wirst es wissen.
Ich blickte auf und las diese Worte: Der Ort, an dem es keine Erlaubnis
gibt. - Ich erkannte, dass wir vor den Toren der Hölle waren. Der Führer
führte mich an diesem schrecklichen Ort herum. In regelmäßigen
Abständen sah ich bronzene Portale wie die erste übersehene steile
Abfahrten; auf jedem Portal war eine Inschrift, wie: Weicht von mir, ihr
Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel
vorbereitet wurde. Jeder Baum, der nicht gute Früchte gibt, wird
abgehauen und in das Feuer geworfen werden.
Ich versuchte, sie in mein Notizbuch zu kopieren, aber mein Führer hielt
mich zurück: Es gibt keine Notwendigkeit dafür, du hast sie alle in der
Heiligen Schrift, sogar einige von ihnen sind in deine Säulen
eingeschrieben.
Bei solch einem Anblick wollte ich wenden und zum Oratorium
zurückkehren. Tatsächlich fing ich wieder davon an, aber mein Führer
ignorierte meinen Versuch. Nachdem wir durch eine steile, nie endende
Schlucht gestapft waren, kamen wir wieder zum Fuß des Abgrundes, der
dem ersten Portal zugewandt war. Plötzlich wandte sich der Führer an
mich. Verwirrt und erschrocken zeigte er mir, dass ich beiseite schreiten
sollte. Schau! sagte er.
Ich blickte erschreckt auf und sah in der Ferne, wie jemand mit
unkontrollierbarer Geschwindigkeit den Weg hinabstieg. Ich hielt meine
Augen auf ihn gerichtet und versuchte, ihn zu identifizieren, und als er
näher kam, erkannte ich ihn als einen meiner Jungen. Sein zerzaustes Haar
stand teilweise aufrecht auf dem Kopf und wurde teilweise vom Wind
zurückgeworfen. Seine Arme waren ausgestreckt, als treibe er im Wasser
in einem Versuch, über Wasser zu bleiben. Er wollte aufhören, konnte es
aber nicht. Er stolperte über die vorspringenden Steine und fiel immer
schneller. Wir helfen ihm, wir wollen ihn aufhalten, schrie ich und streckte
meine Hände in einer eitlen Anstrengung aus, um ihn zurückzuhalten.
Lass ihn in Ruhe, erwiderte der Führer.
Warum?
Weißt du nicht, wie furchtbar Gottes Rache ist? Denkst du, du könntest
einen zurückhalten, der vor Gottes gerechtem Zorn flieht?
Inzwischen hatte der Jüngling seinen feurigen Blick nach hinten gerichtet,
um zu sehen, ob Gottes Zorn ihn noch verfolgte. Im nächsten Augenblick
fiel er auf den Grund der Schlucht und stürzte gegen das Bronzetor, als
könne er keine bessere Zuflucht finden.
Warum schaute er vor Schrecken zurück? fragte ich.
Weil Gottes Zorn die Höllenpforte durchbohrt, um ihn auch in der Mitte
des Feuers zu erreichen und zu quälen!
Als der Junge ins Portal stürzte, sprang er mit einem Gebrüll auf, und
sofort öffneten sich tausend innere Portale mit einem ohrenbetäubenden
Geschrei, wie von einem Körper getroffen, der von einem unsichtbaren,
gewalttätigsten, unwiderstehlichen Sturm angetrieben worden war. Da
diese bronzenen Türen - hintereinander, in einem beträchtlichen Abstand
von einander - zeitweilig offen blieben, sah ich weit in die Ferne so etwas
wie Backöfen, die feurige Kugeln zeigten, sobald der Jüngling
hineinschlüpfte. So schnell sie sich öffneten, so schnell klappten die
Portale wieder zu. Ein drittes Mal versuchte ich, den Namen des
unglücklichen Jungen aufzuschreiben, aber der Führer hielt mich zurück.
Warte, befahl er.
Siehe!
Drei andere Jungen von uns, die in Schrecken und mit ausgestreckten
Armen schrien, rollten sich wie massive Felsen hintereinander herab, ich
erkannte sie, als sie auch gegen das Portal stürzten. In dieser zweiten
Sekunde sprang es auf, und so taten auch die anderen tausend. Die drei
Jungen wurden in den endlosen Gang unter einem langgestreckten,
verblassenden, höllischen Echo eingesogen, und dann klappten die Portale
wieder zu. In Intervallen kamen viele andere Jungs nach ihnen herunter.
Ich sah einen unglücklichen Jungen, der von einem bösen Gefährten den
Hang hinabgestoßen wurde. Andere fielen einzeln oder mit anderen, Arm
in Arm oder Seite an Seite. Jeder von ihnen trug den Namen seiner Sünde
auf seiner Stirn. Ich rief sie an, als sie rannten, aber sie hörten mich nicht.
Wieder öffneten sich die Portale und donnerten mit einem Rumpeln. Dann
war tote Stille!
Schlechte Gefährten, schlechte Bücher und schlechte Gewohnheiten, rief
mein Führer, sind hauptsächlich verantwortlich für so viele ewig
Verlorenen.
Die Fallen, die ich früher gesehen hatte, zogen die Jungen tatsächlich in
den Ruin. Als ich so viele in den Tod gezogen sah, schrie ich enttäuscht:
Wenn so viele unserer Jungen auf diese Weise umkommen, arbeiten wir
vergebens. Wie können wir solche Tragödien verhindern?
Das ist ihr gegenwärtiger Zustand, antwortete mein Führer, und dorthin
würden sie gehen, wenn sie jetzt sterben würden.
Dann lass mich ihre Namen aufschreiben, damit ich sie warne und sie auf
den Weg zum Himmel zurückführe."
Glaubst du wirklich, dass sich einige von ihnen reformieren würden, wenn
ihr sie warnen würdet? Da und dort wird einen eure Warnung
beeindrucken, aber bald werden sie es vergessen und sagen: Es war nur ein
Traum, und sie werden es noch schlimmer treiben. Die andere, die
erkennen, dass sie entlarvt worden sind, empfangen die Sakramente, aber
das wird weder spontan noch verdienstvoll sein, andere werden wegen
einer augenblicklichen Furcht vor der Hölle zur Beichte gehen, aber weiter
der Sünde angehören.
Dann gibt es keine Möglichkeit, diese unglücklichen Burschen zu retten?
Sag mir bitte, was ich für sie tun kann.
Sie haben Vorgesetzte, sie sollen ihnen gehorchen, sie haben Regeln, sie
sollen sie beobachten, sie haben die Sakramente, sie sollen sie empfangen.
In diesem Augenblick trat eine neue Gruppe von Jungen heran, und die
Portale öffneten sich augenblicklich. Gehen wir rein, sagte der Führer zu
mir.
Ich zog mich entsetzt zurück. Ich konnte es kaum erwarten, wieder zum
Oratorium zu eilen, um die Jungen zu warnen, damit auch andere nicht
verloren gehen müssten.
Komm, beharrte mein Führer. Du wirst viel lernen, aber zuerst sag mir:
Willst du allein oder mit mir gehen? - Er bat mich, mir klar zu machen,
dass ich nicht mutig genug war und deshalb seine freundliche Hilfe
brauchte.
Allein an diesen schrecklichen Ort? antwortete ich. Wie werde ich jemals
in der Lage sein, meinen Weg ohne deine Hilfe zu finden? - Dann kam mir
ein Gedanke und erregte meinen Mut. Bevor man zur Hölle verdammt ist,
sagte ich mir, muss man gerichtet werden. Und ich bin noch nicht
gerichtet!
Gehen wir, rief ich entschlossen. Wir traten in diesen engen, schrecklichen
Korridor ein und tanzten mit blitzschneller Geschwindigkeit hindurch.
Bedrohliche Inschriften leuchteten unheimlich über allen inneren Toren.
Das letzte öffnete sich in einen riesigen, grimmigen Hof mit einem großen,
unglaublich verbietenden Eingang am anderen Ende. Über ihm stand diese
Inschrift:
Diese werden zur ewigen Strafe gehen. - Die Wände waren ähnlich
beschriftet. Ich fragte meinen Führer, ob ich sie lesen könnte, und er
willigte ein. Das waren die Inschriften:
Er wird Feuer senden und Würmer in ihr Fleisch, und sie müssen brennen
und für immer Schmerzen fühlen.
Der See des Feuers, wo das Tier und der falsche Prophet Tag und Nacht für
immer und ewig gepeinigt werden.
Und der Rauch ihrer Qualen wird aufgehen für immer und ewig.
(Apokalypse 14: 11)
Ein Land des Elends und der Finsternis, wo der Schatten des Todes ist und
keine Ordnung, sondern ewiges Grauen.
Es gibt keinen Frieden für die Bösen.
Es wird dort Weinen und Zähneknirschen sein.
Während ich von einer Inschrift zur anderen zog, kam mein Führer, der in
der Mitte des Hofes stand, zu mir herauf.
Von hier an, sagte er, kann niemand einen hilfsbereiten Begleiter, einen
tröstlichen Freund, ein liebendes Herz, einen mitleidigen Blick oder ein
wohlwollendes Wort haben, das alles ist für immer verschwunden. Willst
du lieber diese Dinge selber erleben?
Ich will nur sehen! antwortete ich.
Dann komm mit, fügte mein Freund hinzu, und als er mich im Schlepptau
hatte, trat er durch das Tor auf einen Korridor, an dessen weitem Ende eine
Beobachtungsplattform war, die von einer riesigen Einkristallscheibe, die
vom Pflaster bis zur Decke reichte, umschlossen war. Sobald ich die
Schwelle überschritt, fühlte ich einen unbeschreiblichen Schrecken und
wagte nicht, einen weiteren Schritt zu machen. Vor mir sah ich so etwas
wie eine ungeheure Höhle, die allmählich in tief in die Därme der Berge
versenkte Vertiefungen verschwand. Sie standen alle in Flammen, aber es
war kein irdisches Feuer mit springenden Zungen der Flammen. Die
gesamte Höhle - Wände, Decke, Boden, Eisen, Steine, Holz und Kohle -
alles war ein leuchtendes Weiß bei Temperaturen von tausend Grad. Doch
das Feuer nicht verbrannte, noch ward es verbraucht. Ich kann einfach
keine Worte finden, um das Grauen der Höhle zu beschreiben. "Die
Nahrung davon ist Feuer und viel Holz: der Atem des Herrn als ein
Sturzbach des Schweifs, der ihn anzündet.
Ich starrte verwirrt über mich, als ein Bursche aus einem Tor stürzte.
Scheinbar ahnte er nichts anderes, er stieß einen höchst schrillen Schrei
aus, wie einer, der im Begriff ist, in einen Kessel voll flüssiger Bronze zu
fallen, und der in die Mitte der Höhle stürzte. Sofort wurde er auch zur
Glühlampe und vollkommen bewegungslos, während das Echo seines
sterbenden Klageliedes noch einen Augenblick anhielt.
Schrecklich erschrocken starrte ich ihn eine Weile kurz an. Er schien ein
Oratorianer zu sein. Ist er nicht so und so? fragte ich meinen Führer.
Ja, war die Antwort.
Warum ist er so still, so weißglühend?
Du hast es gewählt, antwortete er. Sei damit zufrieden, schau weiter: Jeder
soll mit Feuer gesalzen werden.
Als ich wieder hinsah, kam ein anderer Junge mit rasender
Geschwindigkeit in die Höhle. Auch er war aus dem Oratorium. Als er fiel,
blieb er liegen. Auch er gab einen einzigen herzzerreißenden Schrei von
sich, der mit dem letzten Echo des Schreies, der von dem Jüngling kam,
der ihm vorausgegangen war, verschmolz. Andere Jungen standen da in
gleicher Weise in zunehmender Zahl, alle schreien auf die gleiche Weise,
und dann wurden alle gleichmäßig bewegungslos und weißglühend. Ich
bemerkte, dass der erste an der Stelle festgefroren schien, eine Hand und
einen Fuß erhoben in die Luft; der zweite Junge schien fast doppelt auf
den Boden gebeugt. Andere standen oder hingen in verschiedenen anderen
Positionen, balancierten auf einem Fuß oder einer Hand, sitzend oder
liegend auf dem Rücken oder auf ihren Seiten, stehend oder kniend, die
Hände rauften ihre Haare. Kurz, die Szene ähnelte einer großen Gruppe
von Jugendlichen, die in immer schmerzhaftere Haltungen geworfen
wurde. Andere Jungs rannten in denselben Ofen. Einige kannte ich; andere
waren mir fremd. Ich erinnere mich, was in der Bibel geschrieben steht,
dass, wenn einer in die Hölle fällt, so wird er für immer darin bleiben. An
welchen Ort es fallen wird, da wird es liegen bleiben.
Erschreckter als je zuvor fragte ich meinen Führer: Wenn diese Jungen in
diese Höhle stürzen, wissen sie nicht, wohin sie gehen?
Sie wurden gewiss tausendmal gewarnt, aber sie entscheiden sich immer
noch dafür, in das Feuer zu stürzen, weil sie die Sünde nicht verabscheuten
und es ablehnten, sie zu verlassen, und sie verachteten und verwarfen
Gottes unaufhörlichen, barmherzigen Einladungen zur Buße. So
provozieren sie die göttliche Gerechtigkeit, diese verfolgt sie und stachelt
sie an, damit sie nicht aufhören, bis sie diesen Ort erreichen.
Ach, wie elend diese unglücklichen Knaben fühlen müssen, dass sie keine
Hoffnung mehr haben, rief ich. Wenn du wirklich ihre innerste Raserei und
Wut kennen willst, tritt ein wenig näher, bemerkte mein Führer.
Ich machte ein paar Schritte vorwärts und sah, dass viele dieser armen
Elenden auf einander wie wilde Hunde schlugen. Andere krallten sich an
ihre Gesichter und Hände, zerfetzten ihr eigenes Fleisch und schüttelten es.
Gerade da wurde die gesamte Decke der Höhle so durchsichtig wie
Kristall und zeigte einen Flecken des Himmels, und ihre strahlenden
Gefährten waren für alle Ewigkeit sicher.
Die armen Wesen, die in Neid und Nebel trieben, verbrannten vor Wut,
weil sie die Gerechte einst verspottet hatten. Die Gottlosen sehen es und
werden zornig, sie werden mit den Zähnen knirschen und sich beißen.
Warum hört man keinen Laut? fragte ich meinen Führer,
Tritt näher! riet er.
Ich drückte mein Ohr an das Kristallfenster und hörte Schreie und
Schluchzen, Lästerungen und Verwünschungen gegen die Heiligen. Es war
ein Tumult von Stimmen und Schreien, schrill und verwirrt.
Wenn sie sich an das glückliche Los ihrer guten Gefährten erinnern,"
antwortete er, sind sie verpflichtet, es zuzugeben: Wir Narren schätzten
euer Leben als Wahnsinn und euer Ende ohne Ehre. Siehe, wie sie nun zu
den Kindern Gottes gezählt werden, und ihr Los gehört zu den Heiligen.
Darum haben wir uns von dem Weg der Wahrheit verirrt, und das Licht der
Gerechtigkeit hat uns nicht geleuchtet, und die Sonne der Erkenntnis ist
uns nich aufgegangen. Wir müdeten uns ab in der Weise der
Ungerechtigkeit und Zerstörung, und wir sind harte Wege gegangen, aber
den Weg des Herrn haben wir nicht gekannt. Was half uns der Stolz? Oder
welchen Nutzen hat die Prahlerei des Reichtums uns gebracht? All diese
Dinge sind wie ein Schatten vergangen.
Hier ist die Zeit nicht mehr, hier ist nur die Ewigkeit.
Während ich den Zustand vieler meiner Jungen in völligem Schrecken
betrachtete, schlug mir plötzlich ein Gedanke: Wie können diese Jungs
verdammt sein? fragte ich. Letzte Nacht waren sie noch im Oratorium am
Leben!
Die Jungen, die du hier siehst, antwortete er, sind für die Gnade Gottes tot.
Würden sie jetzt sterben oder auf ihren bösen Wegen bestehen, so würden
sie verdammt sein. Aber wir verschwenden Zeit.
Er führte mich weg, und wir gingen durch einen Korridor in eine untere
Höhle, an deren Eingang ich las: Ihr Wurm soll nicht sterben, und ihr
Feuer soll nicht gelöscht werden. Er wird Feuer senden und Würmer in ihr
Fleisch, und sie werden brennen und können es für immer fühlen.
Hier sah man, wie grausam die Buße der Schüler war, die in unseren
Schulen waren. Was für eine Qual war es, an jede unvergebene Sünde und
an ihre gerechte Strafe zu denken, so mussten die unzähligen, ja
außergewöhnlichen Mittel, die sie hatten, ihre Lebensweise zu verbessern,
in der Tugend hartnäckig bleiben und das Paradies verdienen und sahen
ihre mangelnde Resonanz auf die vielen versprochenen und verliehenen
Gefälligkeiten der Jungfrau Maria. Was für eine Folter zu denken, dass sie
so leicht gerettet hätten werden könnten, und sind doch jetzt
unwiederbringlich verloren und sich an die vielen guten Entschließungen
erinnern und sie nie behalten. Der Weg zur Hölle ist tatsächlich mit guten
Absichten gepflastert!
In dieser unteren Höhle sah ich wieder jene Oratoriumsbuben, die in den
feurigen Ofen gefallen waren. Einige hören mich jetzt an; andere sind
ehemalige Schüler oder auch Fremde für mich. Ich näherte mich ihnen und
bemerkte, dass sie alle mit Würmern und Schädlingen bedeckt waren, die
an ihren Gliedmaßen, Herzen, Augen, Händen, Beinen und ganzen
Körpern so närrisch nagten, dass es sich der Beschreibung entzieht. Hilflos
und regungslos waren sie eine Beute für jede Art von Qual. Ich hoffte, ich
könnte mit ihnen sprechen oder etwas von ihnen hören, ich ging noch
näher, aber niemand sprach mit mir oder sah mich an. Ich fragte dann
meinen Führer, warum, und er erklärte, dass die Verdammten völlig der
Freiheit beraubt sind. Jeder muss seine eigene Strafe voll und ganz
aushalten, mit absolut keine Reue über was auch immer. Und jetzt, fügte er
hinzu, musst du auch in diese Höhle eintreten.
Ach nein! wandte ich vor Schrecken ein. Bevor wir zur Hölle gehen, muss
man gerichtet werden, ich bin noch nicht gerichtet, und so gehe ich nicht
in die Hölle!
Höre, sagte er, was würdest du lieber tun: Besuchen die Hölle und retten
deine Jungen oder draußen bleiben und sie lassen in der Qual?
Einen Augenblick lang war ich sprachlos. Natürlich liebe ich meine Jungs
und möchte sie alle retten, erwiderte ich, aber ist nicht ein anderer
Ausweg?
Ja, es gibt einen Weg, fuhr er fort, vorausgesetzt, du tust alles, was du
kannst.
Ich atmete leichter und sofort sagte ich, ich habe nichts dagegen, wenn ich
diese geliebten Söhne aus diesen Qualen retten kann.
Komm hinein, fuhr mein Freund fort, und siehe, wie unser guter,
allmächtiger Gott liebevoll tausend Mittel liefert, um deine Jungen zur
Buße zu führen und sie vom ewigen Tod zu retten.
Er nahm meine Hand und führte mich in die Höhle. Als ich eintrat, befand
ich mich plötzlich in einen prächtigen Saal, dessen Vorhängeglastüren
mehr Eingänge verbargen.
Über einer von ihnen las ich diese Inschrift: Das sechste Gebot. Daraufhin
rief mein Führer: Übertretungen dieses Gebotes haben den ewigen
Untergang vieler Jungen verursacht.
Gehen sie nicht zur Beichte?
Sie taten es, aber sie gaben entweder die Sünden gar nicht zu oder lebten
nur unzureichend die schöne Tugend der Reinheit, indem sie sagten, sie
hätten zwei oder drei Mal solche Sünden begangen, als es vier oder fünf
waren in ihrer Kindheit und schämten sich niemals, oder es war ihnen zu
wenig, andere waren nicht wirklich traurig oder aufrichtig in ihrer
Entschlossenheit, es in Zukunft zu vermeiden, und es gab sogar einige, die,
anstatt ihr Gewissen zu untersuchen, ihre Zeit damit verbrachten,
herauszufinden, wie man ihren Beichtvater am besten täuschen kann. Wer
in dieser Gemütsverfassung stirbt, wird unter den Verdammten sein, und so
ist er für alle Ewigkeit verurteilt, nur wer ehrlich umkehrt, wird ewig
glücklich sein. Warum hat uns unser barmherziger Gott hierher gebracht? -
Er hob den Vorhang, und ich sah eine Gruppe von Oratorium-Jungen, die
alle mir bekannt waren, die wegen dieser Sünde da waren. Unter ihnen
waren einige, deren Verhalten schien gut zu sein.
Jetzt wirst du mir bestimmt die Namen nennen, damit ich sie einzeln
warne, rief ich. Dann, was schlägst du vor, was ich ihnen sage?
Immer gegen die Unbescheidenheit predige, es genügt eine generische
Warnung, dass man selbst, wenn man sie einzeln mahnt, es versprechen
würde, aber nicht immer aufrichtig, denn für eine feste Entschlossenheit
braucht man die Gnade Gottes, die man nicht verleugnen darf. Jungs, wenn
sie beten, Gott offenbart ihnen seine Macht, vor allem, indem er
barmherzig und vergebend ist, auf deiner Seite sollst du beten und Opfer
bringen. Wie den Jungen, sollen sie auf deine Ermahnungen hören und ihr
Gewissen konsultieren, es wird ihnen gesagt, was zu tun ist.
Wir verbrachten die nächste halbe Stunde mit den Voraussetzungen einer
guten Beichte. Danach rief mein Führer mehrmals mit lauter Stimme:
Avertere! Avertere!
Was meinst du? fragte ich.
Ändere dein Leben!
Verwirrt verbeugte ich meinen Kopf und machte, als ob ich mich
zurückziehen wollte, aber er hielt mich zurück.
Du hast noch nicht alles gesehen, erklärte er.
Er drehte sich um und hob einen weiteren Vorhang, der diese Inschrift
trägt: Wer reich wird, fällt in Versuchung und in die Schlinge des Teufels.
Das gilt nicht für meine Jungen! entgegnete ich, weil sie so arm sind wie
ich. Wir sind nicht reich und wollen es nicht sein. Wir geben ihm keinen
Gedanken.
Als der Vorhang aufgehoben wurde, sah ich eine Gruppe von Jungen, die
alle mir bekannt waren. Sie hatten Schmerzen, wie die, die ich vorher
gesehen hatte. Als ich auf sie zeigte, bemerkte mein Führer: Wie du siehst,
gilt die Inschrift für deine Jungen.
Aber wie?" fragte ich.
Nun, sagte er, einige Jungen sind so an materielle Besitzungen angeheftet,
dass ihre Liebe zu Gott vermindert wird, also sündigen sie gegen
Nächstenliebe, Frömmigkeit und Sanftmut, auch der bloße Wunsch nach
Reichtum kann das Herz verderben, die Jungen sind arm, aber denke
daran, dass Gier und Müßiggang schlechte Ratgeber sind: Einer deiner
Jungen hat in seiner Geburtsstadt erhebliche Diebstähle begangen, und
obwohl er umkehren konnte, gibt er dem keinen Gedanken. Versuche, in
die Speisekammer oder das Büro des Präfekten oder des Ökonomen
einzudringen, diejenigen, die in den Koffern ihrer Begleiter nach Nahrung,
Geld oder Besitz stöbern, die Bücher stehlen...
Nachdem er diese Jungen und andere benannt hatte, fuhr er fort: Einige
sind hier, weil sie Kleider, Leinen, Decken und Mäntel aus dem
Oratoriums-Kleiderschrank gestohlen haben, um sie ihren Familien zu
schicken, andere für vorsätzliche, ernste Schäden, denn sie hätten nicht
zurückgegeben, was sie geliehen haben, oder wenn sie Geld gehabt hätten,
das sie dem Vorgesetzten übergeben sollten, und nun, da du weißt, wer
diese Jungen sind, mahne sie und sage ihnen, sie sollen alle zügeln die
Eitelkeit, schädliche Begierden, sollen dem Gesetz Gottes gehorchen und
ihren Ruf eifersüchtig bewahren, damit die Gier sie nicht zu größeren
Exzessen führe und sie in Leid, Tod und Verdammnis stürzen.
Ich konnte nicht verstehen, warum solche schrecklichen Strafen für
Verletzungen herausgestellt werden sollten, an die die Jungen so wenig
dachten, aber mein Führer schüttelte mich aus meinen Gedanken heraus,
indem er sagte: Erinnere dich, was du gesagt hast, als du die verdorbenen
Trauben des Weines sahst. - Mit diesen Worten hob er einen weiteren
Vorhang, der viele unserer Oratoriumsjungen verbarg, die ich alle sofort
erkannte. Die Inschrift auf dem Vorhang lautete: Die Wurzel allen Übels.
Weißt du, was das bedeutet? fragte er mich sofort.
Auf welche Sünde bezieht sich das? Stolz?
Nein!
Und doch habe ich immer gehört, dass der Stolz die Wurzel allen Übels ist.
Es ist so, allgemein gesprochen, aber genau wisse, was führte Adam und
Eva dazu, die erste Sünde zu begehen, für die sie aus ihrem irdischen
Paradies vertrieben wurden?
Ungehorsam?"
Der Ungehorsam ist die Wurzel allen Übels.
Was soll ich meinen Jungs davon erzählen?
Höre gut zu: Die Jungen, die du hier siehst, sind diejenigen, die solch ein
tragisches Ende für sich vorbereiten, indem sie ungehorsam sind. So-und-
so und so-und-so, von den en du denkst, sie seien zu Bett gegangen,
verlassen den Schlafsaal später in der Nacht, um auf dem Spielplatz
herumzustreifen und im Gegensatz zu den Befehlen in gefährliche Gebiete
und auf Gerüste sich zu verirren, die sogar ihr Leben gefährden, andere
gehen in die Kirche, ignorieren aber die Empfehlungen, anstatt zu beten,
träumen sie oder stören, sie sind auch diejenigen, die es sich bequem
machen, während der Gottesdienste dösen, und diejenigen, die nur
glauben, dass sie in die Kirche gehen, wehe denen, die das Gebet
vernachlässigen, wer nicht beten will, anstatt Gesänge zu singen oder das
Kleine Amt der Gesegneten Jungfrau zu sagen, lesen sie leichtsinnige oder
verbotene Bücher. - Dann erwähnte er andere ernste Disziplinbrüche.
Als er fertig war, war ich tief bewegt.
Darf ich all diese Dinge vor meinen Jungen erwähnen? fragte ich und sah
ihm gerade in die Augen.
Ja, du kannst ihnen alles sagen, an was immer du dich erinnerst.
Welchen Rat soll ich ihnen geben, um sie vor einer solchen Tragödie zu
schützen?
Sage ihnen, dass sie, wenn sie Gott, der Kirche, ihren Eltern und ihren
Vorgesetzten gehorchen, auch in kleinen Dingen, gerettet werden.
Noch etwas?
Warne sie vor dem Faulpelz, denn wegen der Untätigkeit fiel David in die
Sünde, und sage ihnen, dass sie immer zu tun haben, denn der Teufel wird
dann nicht die Chance haben, sie zu verführen.
Ich verbeugte mich und versprach es. Ich konnte nur murmeln: Danke,
dass du so gut zu mir gewesen bist, jetzt führe mich bitte hier raus.
Gut, dann komm mit mir. - Er ergriff meine Hand und hielt mich fest, weil
ich kaum auf den Beinen stehen konnte. Als wir diesen Saal verließen,
haben wir unsere Schritte durch diesen schrecklichen Hof und den langen
Korridor zurückverfolgt. Aber sobald wir über das letzte Bronzeportal
stiegen, wandte er sich an mich und sagte: Jetzt, da du gesehen hast, was
andere leiden, musst du auch eine Berührung der Hölle erfahren.
Nein, nein! rief ich erschrocken.
Er bestand darauf, aber ich weigerte mich.
Fürchte dich nicht, sagte er zu mir. Versuch es einfach.
Ich konnte nicht genug Mut aufbringen und versuchte, wegzukommen,
aber er hielt mich zurück. Versuch es, beharrte er. Er packte meinen Arm
fest und zog mich an die Wand. Nur eine Berührung, zürnte er, damit du
sagen kannst, dass du die Mauern des ewigen Leidens gesehen und
angerührt hast und dass du verstehen kannst, wie die letzte Mauer sein
muss, wenn die erste so unerträglich ist. - Ich tat es aufmerksam. Sie
schien unglaublich dick. Es gibt tausend Mauern zwischen dieser und dem
wahren Feuer der Hölle, fuhr mein Führer fort. Tausend Wände umfassen
sie, jede tausend Massen dick und gleich weit entfernt von der nächsten.
Jedes Maß ist tausend Meilen. Diese Wand ist daher Millionen und
Millionen von Kilometern vom wahren Feuer der Hölle entfernt, es ist nur
ein abgelegener Rand der Hölle selbst.
Als er das sagte, zog ich instinktiv meine Hand zurück, aber er ergriff
meine Hand, drückte sie gegen die erste der tausend Wände. Die
Empfindung war so unerträglich, dass ich mit einem Schrei zurückfuhr
und mich im Bett aufrichtete. Meine Hand war stechend, und ich rieb sie,
um die Schmerzen zu lindern. Als ich heute morgen aufstand, bemerkte
ich, dass sie geschwollen war. Meine Hand, an die Wand gedrückt, obwohl
nur im Traum, fühlte sich so real an, dass später die Haut von meiner
Handfläche abgezogen war.
Denke daran, dass ich versucht habe, dich nicht zu erschrecken, und
deshalb habe ich diese Dinge nicht in all ihrem Entsetzen beschrieben, wie
ich sie sah und wie sie mich beeindruckten. Wir wissen, dass der Herr
immer die Hölle in Symbolen dargestellt hat, weil, wenn er sie so
beschrieben hätte, wie sie wirklich ist, wir ihn nicht verstanden hätten.
Kein Sterblicher kann das begreifen. Der Herr kennt sie und er offenbart
sie, wem er will.“
Es gibt mehr als 30 wiederholte Hinweise auf die Hölle im Alten
Testament allein. In den Evangelien spricht Jesus mehr von der Hölle als
vom Himmel.
Es gibt über dreißig wiederholte Hinweise auf die Existenz der Hölle im
Alten Testament allein. Zum Beispiel: Die Leiden des Todes haben mich
umgürtet, und die Gefahren der Hölle haben mich gefunden. Denn der
Herr, der Allmächtige, wird sich rächen, am Tage des Gerichts wird er sie
heimsuchen, denn er wird Feuer und Würmer in ihr Fleisch geben, damit
sie verbrennen und für immer es fühlen werden. Geht weg von mir, kommt
nicht in meiner Nähe, denn ihr seid unrein! Das soll Rauch sein in meinem
Zorn, ein Feuer, das den ganzen Tag brennt. Ein Feuer entbrennt in
meinem Zorn und soll brennen bis in die unterste Hölle. Ich werde Böses
an den Übertretern meines Gesetzes tun und meine Pfeile auf sie
abschießen. Die Gemeinde der Sünder ist wie ein zusammengehäuftes Tau,
und das Ende von ihnen ist eine Flamme des Feuers. Er wird für alles
gestraft werden, was er getan hat, und wird doch nicht verzehrt werden: er
wird brennen, und jedes Leid wird auf ihn fallen. Die ganze Finsternis ist
in ihren geheimen Orten verborgen: ein Feuer, das nicht entfacht wird,
verschlang ihn.
In den Evangelien spricht Jesus mehr von der Hölle als vom Himmel.
Jesus sagt: Aber ich sage euch, dass jeder, der mit seinem Bruder zornig
ist, in Gefahr des Gerichts sein wird. Und wer immer sagt: Du Narr, der
wird in Gefahr sein des Höllenfeuers. Der Sohn des Menschen wird seine
Engel senden, und sie werden aus seinem Reich alle sammeln, die andere
zur Sünde und zu Übeltaten verführten. Sie werden sie in den feurigen
Ofen werfen, wo es Klagen und Zähneknirschen geben wird. Jesus warnt:
Und wenn deine Hand dich zur Sünde verleitet, dann schneide sie ab, denn
es ist besser, wenn du verstümmelt in das Leben gekommen bist, als mit
zwei Händen, um in die Hölle zu gehen, in das unauslöschliche Feuer.
Eine Beschreibung des letzten Urteils im Buch der Apokalypse macht es
deutlich: Und ich sah die Toten, die Großen und die Kleinen, die vor dem
Thron standen, und die Bücher wurden geöffnet, und ein anderes Buch
wurde geöffnet, das war das Buch des Lebens. Und die Toten wurden
durch das, was in den Büchern geschrieben war, nach ihren Werken,
gerichtet, und das Meer gab die Toten heraus, die darin waren, und Tod
und Hölle gaben ihre Toten heraus, die in ihnen waren, und sie wurden je
nach ihren Werken beurteilt, und die Hölle und der Tod wurden in den
Feuersee geworfen, das ist der zweite Tod. Und wer nicht in dem Buche
des Lebens geschrieben war, wurde in den Feuersee geworfen.
Schwester Faustina schrieb: „Ich sah viele weltliche Menschen in die
Hölle fallen, und keine Worte können ihre schrecklichen und furchtbaren
Schreie beschreiben: Verdammt für immer... Ich täuschte mich, ich bin
verloren... Ich bin hier für immer... Es ist keine Heilung möglich .. ein
Fluch auf mir...
Einige beschuldigten Menschen, andere die Umstände, und alle
verleugneten die Gelegenheiten ihrer Verdammnis.
Heute sah ich eine große Anzahl von Menschen in die feurige Grube
fallen. Sie schienen Welten zu sein, und ein Dämon weinte laut: Die Welt
ist reif für mich... Ich weiß, der beste Weg, Seelen zu ergreifen, ist es, ihr
Verlangen nach Freude zu wecken... Setzt mich an die erste Stelle... mich
vor den Rest... keine Demut für mich, aber lasst mich genießen... Diese Art
von Sache versichert mir den Sieg... und sie stürzen kopfüber in die Hölle.
Ich hörte einen Dämon, dem eine Seele entkommen war, gezwungen, seine
Ohnmacht zu bekennen. Verwechselt alles! Wie können so viele es
schaffen, mir zu entfliehen, sie waren mein! - Und er rasselte ihre
Sündenab. Ich arbeite hart genug, aber sie schlüpfen durch meine Finger.
Jemand muss für sie leiden und alles reparieren.
Heute Nacht wurde ich an einen Ort transportiert, an dem alles dunkel war.
Um mich herum waren sieben oder acht Personen, ich konnte sie nur durch
die Reflexionen des Feuers sehen, sie saßen und redeten miteinander: Wir
müssen sehr vorsichtig sein, um nicht herausgefunden zu werden, denn wir
könnten leicht entdeckt werden.
Der Teufel antwortete: Setz dich ein, indem du Unachtsamkeit in ihnen
hervorrufst, aber bleibe im Hintergrund, damit du nicht herausgefunden
werden kannst. Nach und nach werden sie schwielig, und du kannst sie
zum Bösen neigen. Versuche diese anderen zum Ehrgeiz, zum Eigennutz,
zum Erwerb von Reichtum, ohne zu arbeiten, sei es rechtmäßig oder nicht,
errege etwas zur Sinnlichkeit und zur Liebe zum Vergnügen, lass das
Laster blind sein! Was den Rest anbetrifft - das Herz ... du kennst die
Neigungen ihres Herzens ... machen sie lieben, leidenschaftlich, arbeite
gründlich, nimm dir keine Ruhe, habe kein Mitleid, lass sie sich mit
Nahrung vollstopfen! Machen es um so leichter für uns! Lass sie mit ihrem
Bankett einsteigen! Die Liebe zum Vergnügen ist die Tür, durch die du sie
erreichen kannst.“
Josefa schrieb: „Von Zeit zu Zeit antworteten die Satanten dem Satan: Wir
sind deine Sklaven,wir werden unaufhörlich arbeiten und trotz der Vielen,
die gegen uns kämpfen, werden wir Tag und Nacht arbeiten, wir kennen
deine Macht!
Alle sprachen miteinander, und der, von dem ich annahm, Satan zu sein,
verwendete Worte voller Entsetzen, und in der Ferne hörte ich ein
Geschrei, wie das Klirren von Gläsern, und er rief: Es wird uns um so
leichter werden, lasst sie mit ihrem Bankett einsteigen! Die Liebe zum
Vergnügen ist die Tür, durch die ihr sie erreichen werdet.
Er fügte solche schrecklichen Dinge hinzu, dass sie weder geschrieben
noch gesagt werden können. Dann verschwanden sie wie in Rauchwolken.
Der Böse beklagt die Flucht der Seele: Fülle ihre Seele mit Furcht, treibe
sie zur Verzweiflung, alles wird verloren sein, wenn sie ihr Vertrauen in die
Barmherzigkeit legt! (Hier sprachen sie blasphemische Worte über unseren
lieben Herrn.) Ich bin verloren, aber nein, treibe sie zur Verzweiflung,
lasse sie nicht für einen Augenblick ruhen, vor allem, sie sollen
verzweifeln!
Dann hallte die Hölle mit wütenden Schreien wider, und als der Teufel
mich schließlich aus dem Abgrund schob, drohte er mir weiter, unter
anderem sagte er: Ist es möglich, dass solche Schwächlinge mehr Macht
haben als ich, der mächtig ist? Ich muss meine Anwesenheit verbergen, in
der Dunkelheit arbeiten, jeder Winkel wird es tun, um sie zu verführen... in
der Nähe eines Ohres... in den Blättern eines Buches... unter einem Bett...
manches zahlt sich nicht aus. Aber ich werde reden und reden... und durch
Andeutungen wird etwas hängen bleiben... Ja, ich muss mich an
ungeahnten Orten verstecken.
Die Seelen verfluchten die Berufung, die sie empfangen hatten, aber nicht
folgte die Berufung, die sie verloren hatten, weil sie nicht willens waren,
ein verborgenes und kränkliches Leben zu führen.
Als ich einmal in der Hölle war, sah ich viele Priester, Mönche und
Nonnen, die ihr Gelübde, ihre Ordnung, ihre Vorgesetzten und alles
verfluchten, was ihnen das Licht und die Gnade verliehen hätte, die sie
verloren hatten.
Ich sah auch einige Prälaten, sie beschuldigte sich gegenseitig, die Güter
der Kirche unrechtmäßig benutzt zu haben.
Die Priester riefen Flüche mit ihren Zungen ihr Amt, die auf ihren Fingern
den heiligen Leib des Herrn geheiligt hatten, die Absolution, die sie
gegeben hatten, während sie ihre eigenen Seelen verloren hatten, und bei
der Gelegenheit waren sie in die Hölle gefallen, obwohl sie geweiht waren.
Ein Priester sagte:" Ich aß Gift, denn ich benutzte Geld, das nicht mein
eigenes war, das Geld, das ich für die Massen gezahlt habe, die ich nicht
geopfert habe.
Ein anderer sagte, er gehörte zu einer geheimen Gesellschaft, die die
Kirche und die Religion verraten hatte, und er war bestochen worden, um
an schrecklichen Profanationen und Sakrilegien teilzunehmen.
Noch ein anderer sagte, dass er verdammt sei, bei profanen Spielen
geholfen zu haben, wonach er die Messe nicht hätte sagen sollen, und dass
er ungefähr sieben Jahre damit verbracht hatte.“
Josefa stellte fest, dass die größere Zahl von Gottgeweihten in das
Höllenfeuer gestürzt waren für abscheuliche Sünden gegen die Keuschheit
und für Sünden gegen das Gelübde der Armut und für die unberechtigte
Nutzung der Güter der Gemeinschaft und für Leidenschaften gegen die
Nächstenliebe, wie Eifersucht, Antipathien und Hass, für Lauheit und
Entspannung, für Bequemlichkeiten, die sie sich erlaubten und die zu
gravierenden Sünden geführt hatten, für schlechte Beichten, durch
menschlichen Respekt und Mangel an Aufrichtigkeit und Mut.
„Die Meditation des Tages war über das besondere Urteil der religiösen
Seelen, und ich konnte meinen Gedanken nicht loslassen, trotz der
Unterdrückung, die ich fühlte, und plötzlich fühlte ich mich gebunden und
überwältigt von einem vernichtenden Gewicht, dass ich in einem
Augenblick deutlicher als je zuvor spürte, wie gewaltig die Heiligkeit
Gottes und seine Abscheu vor der Sünde ist.
Ich sah in meinem ganzen Leben, seit meiner ersten Beichte bis zum
heutigen Tag, alles lebendig: Meine Sünden, die Gnaden, die ich
empfangen hatte, den Tag, an dem ich in den Orden eingetreten war, meine
Einkleidung als Novizin, meine ersten Gelübde, spirituelle Lesungen und
Gebetszeiten, Ratschläge und alle Hilfsmittel des religiösen Lebens.
Unmöglich, die Verwirrung und Schande zu beschreiben, die eine Seele in
diesem Moment fühlt, wenn sie realisiert: Alles ist verloren, und ich bin
für immer verdammt.“
Wie in ihren früheren Abfahrten in die Hölle, beschuldigte Josefa nie eine
bestimmte Sünde, die zu solch einem Unglück geführt hätte. Der Herr
bedeutete ihr nur, zu fühlen, was die Konsequenzen gewesen wären, wenn
sie eine solche Strafe verdient hätte. Sie schrieb:
„Sofort fühlte ich mich in der Hölle, aber nicht wie zuvor dorthin
geschleppt, die Seele fiel dorthin, wie um sich vor Gott zu verstecken, um
frei zu sein, ihn zu hassen und zu verfluchen.
Meine Seele fiel in tiefe Tiefen, deren Boden nicht zu sehen ist, denn es ist
unermesslich. Auf einmal hörte ich, wie andere Seelen jubelten und sich
freuten, dass sie mit mir ihre Qualen teilen konnten, es war ein
Märtyrertum genug, die schrecklichen Verwünschungen zu hören von allen
Seiten, aber was kann mit dem Durst zu verfluchen verglichen werden, der
eine Seele ergreift, und je mehr man verflucht, desto mehr will man es tun.
Nie zuvor hatte ich mich so gefühlt, früher war meine Seele von Trauer
unterdrückt worden, schreckliche Blasphemien auszustoßen, wenn auch
nicht einmal einen Akt der Liebe zu produzieren, aber heute war es anders.
Ich sah die Hölle wie immer, die langen dunklen Korridore, die
Hohlräume, die Flammen. Ich hörte dieselben Enttäuschungen und
Verwünschungen, denn obwohl keine körperlichen Formen sichtbar sind,
riefen manche: Hallo, ihr hier, ihr seid wie wir. Wir waren frei, diese
Gelübde abzulegen oder nicht... aber nein! Und sie verfluchten ihr
Gelübde.
Dann wurde ich in eine jener feurigen Höhlen geschoben und gedrückt,
sozusagen zwischen brennenden Brettern und scharfen Nägeln und
glühenden Eisen, es schien mein Fleisch zu durchbohren.
Ich fühlte mich, als wollten sie mir die Zunge herausziehen, konnten es
aber nicht. Diese Qual war für mich so erschütternd, dass meine Augen aus
ihren Höhlen heraus zu kommen schienen, ich glaube, das lag an dem
Feuer, das brennt, das brennt... nicht ein Fingernagel entgeht den
schrecklichen Qualen, und die ganze Zeit kann man sich nicht bewegen,
nicht auch nur einen Finger, um eine gewisse Erleichterung zu gewinnen,
noch kann man ändern die Haltung, denn der Körper scheint abgeflacht
und doch verdoppelt.
Das alles fühlte ich wie früher, und obwohl diese Qualen furchtbar waren,
würden sie erträglich sein, wenn die Seele friedlich wäre, aber sie leidet
unbeschreiblich, und wenn ich in die Hölle hinabstieg, dachte ich, daß ich
für mein Vergehen verdammt gewesen wäre. Ich hatte ein besonderes
Zeichen, ein Zeichen, dass ich ein religiöser Mensch war, eine Seele, die
Gott gekannt und geliebt hatte, und es gab andere, die das gleiche Zeichen
tragen, und ich kann nicht sagen, wie ich es erkannt habe, vielleicht wegen
der besonders beleidigenden Weise, in der die bösen Geister und andere
verdammte Seelen behandelt wurden. Es gab viele Priester dort. Dieses
besondere Leiden kann ich nicht erklären. Es war ganz anders als das, was
ich zu anderen Zeiten erlebt hatte, denn wenn die Seelen derer, die in der
Welt gelebt haben, schrecklich leiden, sind unendlich schlimmer die
Qualen der Menschen religiöser Art. Unablässig werden die drei Worte
Armut, Keuschheit und Gehorsam mit schärferer Reue in die Seele
geprägt.
Armut: Du warst frei und versprachst Armut, warum hast du dann diesen
Trost gesucht, warum hältst du dich an diesem Objekt fest, das dir nicht
gehört hat, warum hast du deinem Körper Freuden gemacht? Dass du nicht
mehr das Recht hattest, irgendetwas zu besitzen, dass du frei auf die
Verwendung dieser Dinge verzichtet hattest... Warum hast du gemurrt,
wenn dir etwas fehlte oder wenn du dir vorgestellt hast, du selbst würdest
weniger gut behandelt als andere?
Keuschheit: Du hast frei und mit voller Kenntnis ihrer Implikationen
Keuschheit gelobt, du hast dich selbst gebunden, du hast es gewollt, und
wie hast du sie beobachtet, warum bist du nicht dabei geblieben, wo sie
gewesen wäre? Nur damit du dir Freuden und Lust gewährtest?
Und die gequälte Seele antwortet: Ja, ich schwor es, ich war frei. Ich hätte
das Gelübde nicht ablegen können, aber ich legte es ab, und ich war frei. -
Welche Worte können das Martyrium dieser Reue ausdrücken, die die
ganze Zeit Ausbrüche und Beleidigungen anderer verdammter Seelen
fortsetzen hören.
Gehorsam: Hast du dich nicht vollkommen verpflichtet, deiner Regel und
deinen Vorgesetzten zu gehorchen? Warum hast du das Urteil über die
Befehle erlassen, die dir gegeben wurden, warum hast du die Regel nicht
geleugnet? Wie süß die Herrschaft war... und du würdest sie nicht
behalten... und jetzt, (rufen die satanischen Stimmen,) musst du uns nicht
für einen Tag oder ein Jahr oder ein Jahrhundert, sondern für immer und
ewig gehorchen; alle Ewigkeit... Es ist dein eigenes Tun... du warst frei.
Die Seele erinnert sich immer wieder daran, wie sie ihren Gott als ihren
Gatten gewählt hatte, und dass sie ihn einmal über alles liebte... dass sie
auf die legitimen Freuden verzichtet und alles, was sie auf der Erde am
meisten liebte, am Anfang ihres religiöses Leben hatte sie die ganze
Reinheit, die Süße und die Kraft dieser göttlichen Liebe gefühlt, und das
war eine übermäßige Leidenschaft... nun muß sie den Gott, der sie erwählt
hatte, ewig hassen, statt ihn zu lieben.
Dieser erzwungene Hass ist ein Durst, der sie verzehrt, keine vergangenen
Freuden können ihr die geringste Erleichterung bieten.
Eine ihrer größten Qualen ist die Schande. Es scheint ihr, dass alle
Verfluchten, die sie umgeben, sie immer wieder ansprachen, indem sie
sagten: Dass wir verloren sein sollten, die nie die Hilfe hatten, die du
genossen hast, ist nicht verwunderlich... aber du... was hattest du für
Mangel? Im Palast des Königs... der die Auserwählten genießt...
Alles, was ich geschrieben habe, ist nur ein Schatten dessen, was die Seele
leidet, denn keine Worte können solche schlimmen Qualen ausdrücken.“
Mary Baxter sagte, dass im Jahr 1976 der Herr Jesus ihr erschien und ihr
eine Tour durch Himmel und Hölle gewährte. Der Herr leitete sie weiter,
dass Mary über das, was sie sah und fühlte, in einem Buch schreiben
sollte, so dass andere wissen, dass Himmel und Hölle reale Orte sind.
„Jesus und ich gingen den Weg hinab, bis wir zu einer anderen Grube
kamen. Schmerzensschreie, unbeschreiblich traurige Töne waren überall.
Mein Herr, was kommt als nächstes, dachte ich.
Wir gingen direkt an einigen der bösen Wesen vorbei, die uns nicht zu
sehen schienen, und hielten an einer anderen Grube von Feuer und
Schwefel. In dieser nächsten Grube war ein Ehrwürden. Ich hörte, wie er
das Evangelium predigte. Ich sah Jesus erstaunt um eine Antwort an, denn
er kannte meine Gedanken immer. Er sagte: Während er auf Erden war,
war er ein Prediger des Evangeliums, und er sprach einst die Wahrheit und
diente mir.
Ich fragte mich, was dieser Mann in der Hölle tat. Er war ungefähr sechs
Fuß hoch, und sein Skelett war von einer schmutzigen grauen Farbe, wie
ein Grabstein. Teile seiner Kleidung hingen noch an ihm. Ich fragte mich,
warum die Flammen diese zerrissenen und zerfetzten Kleider verlassen
hatten und sie nicht verbrannt hatten. Das brennende Fleisch hing von ihm,
und sein Schädel schien in Flammen zu stehen. Ein schrecklicher Geruch
kam von ihm.
Ich beobachtete, wie der Mann seine Hände ausbreitete, als ob er ein Buch
hielt und anfing, die Schriften aus dem Buch zu lesen. Wieder erinnerte ich
mich, was Jesus gesagt hatte: Sie haben alle Sinne in der Hölle, und sie
sind viel stärker hier.
Der Mann las die Schrift, und ich fand es gut. Jesus sagte zu dem Mann
mit großer Liebe in seiner Stimme: Friede, sei still! Sofort hörte der Mann
auf zu sprechen und drehte sich langsam um, um Jesus anzuschauen.
Ich sah die Seele des Mannes in Skelett-Form. Er sagte zum Herrn: Herr,
nun will ich dem ganzen Volk die Wahrheit predigen, Herr, ich bin bereit
zu gehen und anderen von diesem Ort zu erzählen. Ich glaubte nicht, dass
es eine Hölle gibt, noch glaubte ich, dass du wiederkommst, es war, was
die Leute hören wollten, und ich verletzte die Wahrheit an den Menschen
in meiner Kirche.
Ich weiß, dass ich niemanden liebte, der anders war der Rasse oder
Hautfarbe nach, und ich ließ viele von dir fallen. Ich habe meine eigenen
Regeln über den Himmel und gut und böse. Ich weiß, dass ich viele in die
Irre geführt habe, und ich habe viele dazu gebracht, über dein heiliges
Wort zu stolpern, und ich nahm Geld von den Armen. Aber, Herr, lass
mich raus, und ich werde es tun. Ich werde nicht mehr Geld von der
Kirche nehmen. Ich habe schon bereut. Ich werde Menschen jeder Rasse
und Hautfarbe lieben.
Jesus sagte: Ihr habt nicht nur das heilige Wort Gottes verzerrt und falsch
dargestellt, sondern ihr habt gelogen, da ihr die Wahrheit nicht wisst, ich
habe euch selbst besucht und versucht, euch zu bekehren, aber ihr wolltet
nicht hören, Und der Böse war euer Herr, ihr wusstet die Wahrheit, aber ihr
wollt nicht umkehren oder zu mir zurückkehren, ich war die ganze Zeit da,
und ich wartete auf eure Buße, aber ihr kamt nicht.
Mitleid war auf dem Antlitz Jesu. Ich wusste, dass er nicht mehr hier sein
würde, wenn der Mann dem Ruf des Erretters zugehört hätte. O Leute,
bitte hört zu.
Jesus sprach wieder mit dem Abgefallenen: Du hättest die Wahrheit sagen
sollen, und ihr würdet viele zur Gerechtigkeit mit Gottes Wort verwandelt
haben, das sagt, dass alle Ungläubigen ihren Platz in dem See haben
werden, der mit Feuer und Schwefel brennt.
Du wusstest den Weg des Kreuzes, du wusstest den Weg der Gerechtigkeit,
du wusstest, die Wahrheit zu sagen, aber Satan füllte dein Herz mit Lügen,
und du gingst in die Sünde, du hättest mit der Wahrheit rechnen müssen,
nicht auf halbem Weg lügen, und jetzt ist es zu spät, zu spät. - Da
schüttelte der Mann die Faust gegen Jesus und verfluchte ihn.
Ich hörte die Stimme einer Frau, die in Verzweiflung schrie. Schreie der
Toten waren überall.
Bald kamen wir zu einer Grube, wo die Frau war. Sie flehte mit all ihrer
Seele, dass Jesus sie von dort weghole. Herr, sagte sie, bin ich nicht lange
genug hier gewesen? Meine Qual ist mehr, als ich ertragen kann, bitte,
Herr, lass mich raus! - Schauder schüttelte ihre Gestalt, und solche
Schmerzen waren in ihrer Stimme. Ich wusste, dass sie sehr leiden musste.
Ich sagte: Jesus, kannst du nichts tun?
Jesus sprach dann mit der Frau. Während du auf Erden warst, sagte er, rief
ich und rief, dass du zu mir kommen sollst. Ich flehte dich an, dein Herz
mir zu geben, anderen zu vergeben, Gutes zu tun, um der Sünde zu
entgehen. Ich habe dich sogar in der Mitternachtsstunde besucht und dich
immer wieder durch meinen Geist angezogen, mit deinen Lippen hast du
gesagt, dass du mich liebst, aber dein Herz war ferne von mir. Wusstest du
nicht, dass nichts vor Gott verborgen bleiben kann? Aber du konntest mich
nicht täuschen, ich schickte andere, um dich bereuen zu lassen, aber du
wolltest nicht zuhören, du wolltest nicht hören, du wolltest nicht sehen,
und im Zorn hast du sie weggeschickt. Aber du wolltest mir nicht dein
Herz geben.
Du warst nicht traurig, noch schämtest du dich, was du getan hast. Du hast
dein Herz verhärtet und mich weggeworfen. Jetzt bist du verloren und für
immer verurteilt. Du hättest auf mich hören sollen.
Da sah sie den Herrn Jesus an und begann zu schwören und ihn zu
verfluchen. Ich spürte die Gegenwart böser Geister und wusste, dass es sie
waren, die fluchten und schimpften. Wie traurig, für immer verloren in der
Hölle! Widerstehe dem Teufel, während du es noch kannst, und er wird
von dir fliehen.
Jesus sagte: Die Welt und alles, was darin ist, wird vergehen, aber mein
Wort wird nicht vergehen.
Auf dem ganzen Weg brennen die Hände, die zu Jesus hinreichen. Es gab
nur Knochen, wo das Fleisch hätte sein sollen, eine graue Masse mit
brennendem und verfallenem Fleisch, das in Fetzen hing. Innerhalb jedes
Rahmens ihrer Skelett-Form war eine schmutzig-graue Nebelseele, die in
einem trockenen Skelett für immer gefangen wurde. Ich konnte durch ihre
Schreie erkennen, dass sie das Feuer, die Würmer, den Schmerz, die
Hoffnungslosigkeit fühlte. Und ihre Schreie füllten meine Seele mit
Trauer, so groß, ich kann es nicht beschreiben. Hätte sie nur zugehört,
dachte ich, würde sie nicht hier sein.
Ich wusste, dass die Verlorenen in der Hölle alle Sinne hatten. Sie erinnern
sich an alles, was ihnen je erzählt wurde. Sie wussten, dass es keinen
Ausweg aus den Flammen gab und dass sie für immer verloren sind. Doch
hoffnungslos hofften sie immer noch, als sie Jesus um Gnade anschrieen.
Auf einmal gingen Dämonen aller Art an uns vorbei. Ein Unhold knurrte
uns an, als sie vorbei gingen. Dämonengeister aller Größen und Formen
sprachen miteinander. Draußen vor uns gab ein großer Dämon Befehlen an
kleine. Wir hörten auf, zuzuhören, und Jesus sagte: Es gibt auch eine
unsichtbare Armee von bösen Mächten, die wir hier nicht sehen, Dämonen
wie böse Geister des Übels.
Geht! - Der größere Dämon sagte es zu den kleineren Unholden und
Teufeln. Tut viele böse Dinge, zerschmettert die Häuser und zerstört die
Familien, verführt schwache Christen und lehrt so viele, wie ihr könnt, und
ihr werdet eure Belohnung haben, wenn ihr zurückkommt.
Denkt daran, dass ihr vorsichtig sein müsst mit denen, die Jesus wirklich
als ihren Retter angenommen haben. Sie haben die Macht, euch
auszutreiben. Geht jetzt über die Erde. Ich habe viele andere dort oben und
noch andere zu senden. Denkt daran, wir sind Diener des Fürsten der
Finsternis und der Kräfte der Luft.“
O mein Jesus, verzeihe uns unsere Sünden und bewahre uns vor dem Feuer
der Hölle!

ZWEITES KAPITEL
DAS FEGEFEUER

„Letzte Woche sah ich drei absolut schreckliche Visionen der Hölle. Viele
Heiligen haben auch behauptet, vom Fegefeuer im Zusammenhang mit
mystischen Erfahrungen Visionen gehabt zu haben. Natürlich, persönliche
mystische Erfahrungen verbessern oder vollständigen nicht Christi
endgültige Offenbarung, sondern sollen uns helfen, vollkommener zu
leben, indem sie in einer bestimmten Periode der Geschichte auftreten. So
wie die Visionen der Hölle, lese du diese Geschichten mit einem Körnchen
Salz, um zu sehen, ob sie dir helfen können, die Realität des Fegefeuers
ernster zu nehmen.“
Sankt Maria Faustyna Kowalska war eine polnische Nonne, die eine Reihe
von Visionen hatte, die Jesus, die Eucharistie, die Engel und verschiedene
Heiligen zeigten. Es ist aus ihrer Sicht sicher, dass die Kirche die
Volksfrömmigkeit der Göttlichen Barmherzigkeit empfangen hat. In einem
Eintrag ihres Tagebuchs erzählt sie von einer Vision des Fegefeuers:
„Ich sah meinen Schutzengel, der mir befohlen, ihm zu folgen. In einem
Moment war ich an einem nebligen Ort voller Feuer, an dem eine große
Menge von leidenden Seelen da war. Sie beteten inbrünstig, aber ohne
Erfolg für sich selbst; nur können wir ihnen zu Hilfe kommen. Die
Flammen, die sie brannten, hatten mich überhaupt nicht berührt. Mein
Schutzengel hat mich nicht verlassen, nicht einen Augenblick. Ich fragte
diese Seelen, was ihr größtes Leid war. Sie antworteten mir mit Einer
Stimme, dass ihre größte Qual die Sehnsucht nach Gott sei.
Ich sah Unsere Liebe Frau die Seelen im Fegefeuer besuchen. Die Seelen
nennen sie Stern des Meeres. Sie bringt ihnen Erfrischung. Ich wollte mit
ihnen etwas mehr reden, aber mein Schutzengel winkte mich, sie zu
verlassen. Wir gingen aus diesem Gefängnis des Leidens. Ich hörte eine
innere Stimme, die sagte: Meine Barmherzigkeit will das nicht, sondern
die Gerechtigkeit verlangt es. - Seit dieser Zeit bin ich in enger
Gemeinschaft mit den leidenden Seelen.“
Sankt Katharina von Genua war eine Nonne im 15. Jahrhundert, die sich
um die Kranken kümmerte und damit viel Zeit verbrachte, vor allem mit
denen, die an der Beulenpest erkrankt waren. Sie ist auch bekannt für ihre
mystischen Erfahrungen des Fegefeuers.
„Es kann keine Zunge sagen, noch erklären, kein Geist kann es verstehen,
den Gram im Fegefeuer. Aber ich, wenn ich sehe, dass es im Fegefeuer so
viel Schmerz wie in der Hölle gibt, doch die Seele sehe, die der geringsten
Makel der Unvollkommenheit bewegt, das Fegefeuer zu akzeptieren, wie
ich gesagt habe, als wäre es eine Gnade, und sie hält ihre Schmerzen nicht
für vergleichbar mit dem geringsten Fleck, die eine Seele in ihrer Liebe
behindert.
Ich scheine zu sehen, dass der Schmerz, den die Seelen im Fegefeuer
ertragen, da ist, weil in ihnen das ist, was Gott mißfällt, was sie gegen
seine große Güte absichtlich getan haben, der Schmerz ist größer als alle
anderen Schmerzen, die sie im Fegefeuer fühlen. Und das liegt daran, dass
sie in der Gnade zu sein, in der Wahrheit, und den Gram der Behinderung
sehen, der bei ihnen bleibt, um sie in die Nähe Gottes zu ziehen.“
Sankt Lidwina von Schiedam war ein holländische Heilige und Mystiker
aus dem 15. Jahrhundert. Als Jugendliche hatte sie einen Eislauf-Unfall,
der sie für den Rest ihres Lebens geschwächt. Ein sündiger Mensch wurde
durch ihr Gebet und ihre Ermahnung umgewandelt und konnte eine gutes
Beichte ablegen, aber er starb bald danach und war nicht in der Lage, viele
Bußwerke zu tun. Nach einiger Zeit fragte sie ihren Schutzengel, ob er
noch im Fegefeuer wäre, und sie hatte diese Vision:
„Er ist da, sagte ihr Engel, und er leidet sehr. Wärst du bereit, einige
Schmerzen zu ertragen, um seine Schmerzen zu verringern? - Sicher,
antwortete sie, ich bin bereit, alles zu leiden, um ihm zu helfen.- Sofort
führte sie ihr Engel an einen Ort der schrecklichen Folter. Ist das denn der
Weg zum Teufel, mein Bruder? fragte die heilige Jungfrau, vom Schrecken
ergriffen. Nein, Schwester, antwortete der Engel, aber dieser Teil des
Fegefeuers grenzt an die Hölle.
Auf der Suche sah sie auf allen Seiten, was einem immensen Gefängnis
mit Wänden von erstaunlicher Höhe glich, die Schwärze darin, zusammen
mit monströsen Steinen, erfüllte sie dies mit Entsetzen. Sich annähernd an
dieses düstere Gehäuse, hörte sie einen verwirrten Lärm klagender
Stimmen, Schreie der Wut, sie sah Ketten, Folterinstrumente, heftige
Schläge entluden die Henker auf ihre Opfer. Dieses Geräusch war so groß,
dass der ganze Tumult der Welt in Sturm oder Schlacht kein Vergleich
damit war. Was ist denn dies für ein schrecklicher Ort? fragte Sankt
Lidwina ihren Engel. - Wünschst du, dass ich ihn dir zeige? - Nein, ich
bitte dich, sagte sie, vom Schrecken zitternd, das Geräusch höre ich so
schrecklich, dass ich es nicht mehr ertragen kann; wie dann könnte ich den
Anblick dieser Schrecken ertragen?
Ihren geheimnisvollen Weg fortsetzend, sah sie einen Engel traurig auf den
Bordstein sitzen. Wer ist dieser Engel? fragte sie ihrer Führer. Es ist,
antwortete er, der Engel-Wächter des Sünders, an dessen Schicksal du
interessiert bist. Seine Seele ist an diesem Ort, wo er ein besonderes
Fegefeuer hat - Bei diesen Worten warf Lidwina einen fragenden Blick auf
ihren Engel. sie wünschte, die Seele zu sehen, die ihr so lieb war, und die
sie aus dieser furchtbaren Grube zu befreien sich bemühte. Ihr Engel hatte
sie verstanden, und nachdem er den Deckel vom Brunnen genommen, kam
eine Wolke aus Flammen zusammen mit klagenden Schreien heraus. Hast
du diese Stimme erkennen können? sagte der Engel zu ihr. Ach ja,
antwortete die Dienerin Gottes. "Hast du Lust, diese Seele zu sehen? fuhr
er fort. Sie sagte Ja, da rief er ihn mit seinem Namen; und sofort sah
unsere Jungfrau an der Mündung der Grube einen Geist ganz im Feuer
erscheinen, glühendem Metall ähnlich, der in einer kaum hörbaren Stimme
zu ihr sagte: O Lidwina, Dienerin Gottes, wird mir geben zu beschauen das
Antlitz des Höchsten?
Der Anblick dieser Seele, ein Opfer der schlimmsten Qualen des Feuers,
gab unserer Heiligen einen solchen Schock, dass das Gewand, das sie um
ihren Körper trug, entzwei riss; und sie war nicht mehr in der Lage, den
Anblick zu ertragen, da erwachte sie plötzlich aus ihrer Ekstase. Die
Anwesenden empfanden ihre Angst und fragten sie nach deren Ursache.
Ach, antwortete sie, wie schrecklich sind die Gefängnisse des Fegefeuers!
Es war, um den Seelen zu helfen, dass ich dorthin herabzusteigen
zugestimmt. Ohne dieses Motiv, und wenn die ganze Welt mir gegeben
würde, würde ich den Schrecken nicht erfahren wollen, der das
schreckliche Schauspiel inspiriert.
Einige Tage später erschien der gleiche Engel, den sie so niedergeschlagen
gesehen hatte, ihr mit einem freudigen Gesicht; er sagte ihr, dass die Seele
ihres Schützlings die Grube verlassen hatte und in das normale Fegefeuer
übergegangen sei. Diese partielle Linderung reichte nicht der Liebe
Lidwinas; sie betete weiterhin für die Arme Seele und ihr die Verdienste
ihrer Leiden zuwandte, bis sie die Tore des Himmels geöffnet sah für sie.“
Bete der heiligen Gertrud Gebet, dass unser Herr ihr gab, er sagte, es
würde tausend Seelen aus dem Fegefeuer befreien jedes Mal, wenn es
gesagt wird.
„Ewiger Vater, ich opfre dir das kostbarste Blut deines göttlichen Sohnes
Jesus, in der Vereinigung mit den Massen auf der ganzen Welt, für alle
heiligen Seelen im Fegefeuer, für die Sünder überall, für die Sünder in der
universalen Kirche, die in meinem eigenen Haus und innerhalb meiner
Familie. Amen.“
Das Purgatorium ist solch eine erstaunliche Gnade. Stell dir vor, wenn wir
nicht in einem Zustand der Gnade lebten und die einzige Option war die
Hölle! Gott sei Dank für seine Gnade, uns diesen Ort der Reinigung
bereitzustellen.
„In Todsünde zu sterben, ohne Buße zu tun und zu akzeptieren die
barmherzige Liebe Gottes, bedeutet, von ihm für immer durch eigene freie
Wahl getrennt zu bleiben.“
„Alle, die in Gottes Gnade und Freundschaft sterben, aber noch
unvollständig gereinigt sind, sind in der Tat von ihres ewigen Heils
versichert, aber nach dem Tod werden sie einer Reinigung unterzogen, um
so die Heiligkeit zu erlangen, die notwendig ist, um die Freuden des
Himmels zu betreten.“
Nach den Erfahrungen der Seher von Medjugorje mit dem Purgatorium
wurde die Verantwortung, für die Seelen im Fegefeuer zu beten, in ihren
Herzen sehr stark. Unsere Liebe Frau zeigte ihnen, wie sehr die Seelen im
Fegefeuer leiden und wie viel sie von unseren Gebeten abhängen. Hier
findest du die Beschreibung des Fegefeuers.
Vicka war tief bestürzt von dem, was sie im Fegefeuer erlebt. Sie sah die
Leiden der Seelen im Fegefeuer, die abgewiesen wurden, die niemanden
hatten, um für sie zu beten, das ließ sie in großer Angst zurück. Vicka ging
zu Unserer Lieben Frau und fragte sie, ob sie den armen Seelen in
irgendeiner Weise helfen könnte. Unsere Liebe Frau sprach mit Vicka über
die Ernsthaftigkeit dessen, was sie fragte. Unsere Liebe Frau hat Vicka
gesagt, bevor sie ihren Auftrag annehmen würde, müsste sie zu ihrem
geistlichen Begleiter und Beichtvater gehen und mit ihm darüber sprechen.
Der Beichtvater bat Vicka, drei Tage zu fasten, zu beten, damit sie die
Kraft und Ausdauer bekäme, Leiden zu akzeptieren, die sie haben könnte,
und diese aufzuopfern für die armen, leidenden Seelen im Fegefeuer, um
ihnen zu helfen. Nach dem Gebet und Fasten für drei Tage gab der
Beichtvater Vicka die Erlaubnis, für die leidenden Seelen zu opfern. Fast
unmittelbar nachdem Vicka zu Unserer Lieben Frau darüber gesprochen,
wurde sie von einem Hirntumor befallen, mit starken Schmerzen, sie war
in tiefes Koma gefallen, das Stunden dauerte. Vicka akzeptierte diese
Krankheit und litt mit großer Freude, wohl wissend, dass sie den Seelen im
Fegefeuer half, die so sehr brauchen unsere Gebete, um in den Himmel zu
kommen. Eine Dokumentation, mehrere medizinische Untersuchungen,
Röntgenstrahlen zeigten einen eindeutigen Beweis von einer inoperablen
Gehirn-Zyste. Nichts könnte getan werden. Vicka wollte nicht einmal zu
den Ärzten zu gehen. An einem Punkt wollten Ärzte sie für weitere
Untersuchungen im Krankenhaus in Zagreb haben, um zu sehen, ob etwas
getan werden könnte. Vicka wollte nicht gehen und ging nur, als Jakov
Unsere Liebe Frau gefragt, ob sie gehen sollte. Unsere Liebe Frau sagte:
„Es ist notwendig, Vicka nach Zagreb zu schicken.“
Dies beliefen sich auf mehr auf Untersuchungen und unwiderlegbare
Beweise für eine Erkrankung, die nicht geheilt werden konnte, eine
Gehirn-Zyste in einem Teil ihres Gehirns, die sie töten würde, wenn sie
versuchten, sie zu entfernen.
Das Leiden nahm sie fastend an, es war so lähmend, dass die Madonna ihr
schließlich ein Datum nannte, an dem sie von dem wunderbaren Leiden
geheilt werden würde durch ein Wunder für die Seelen im Fegefeuer.
Unsere Liebe Frau gab das genaue Datum ihrer Heilung 6 Monate vorher,
bevor es hier geschah. Vickas Beschreibung des Fegefeuers... Nach der
Lektüre werdet ihr verstehen, warum sie fast getötet wurde und ging durch
immense, schreckliche Leiden für die Seelen im Fegefeuer. Die Härte ihres
Leidens war so heftig, dass die Madonna den Schmerz für einen 40-Tage-
Zeitraum von ihr nahm. Dieser Zeitraum war jedoch ein schwieriges Leid
für Vicka, da sie keine Erscheinungen für den gesamten Zeitraum hatte. Es
scheint, dass Unsere Liebe Frau wusste, dass die Schwere von Vickas
Leiden einen Aufschub erforderlich machte. Aber nach den 40 Tagen sah
Vicka die Erscheinungen wieder, sie hat gebetet und sehnte sich, die
Leiden und Schmerzen wieder mit den Erscheinungen zu akzeptieren.
Unsere Liebe Frau stellte Vicka vor diese Wahl.
Seit einigen Jahren hatte die Visionärin Vicka an einer inoperablen Gehirn-
Zyste gelitten, die ihre schreckliche Kopfschmerzen verursachte. Im
Verlauf ihrer Krankheit ist ihr einmal erschienen Unsere Liebe Frau, auf
dem Weg ins Krankenhaus in Zagreb, da hat sie ihr angeboten zwei
Möglichkeiten, sie sagte:
„Ich gebe dir Gesundheit ohne Erscheinungen oder ich werde dir ein
Kreuz mit Erscheinungen geben.“
Weil sie so ungeheuer gelitten hatte, wählte sie die Gesundheit, aber später
bereute sie das. Nach vierzig Tagen ohne Erscheinungen erschien die
Gottesmutter ihr und machte ihr das Angebot noch einmal. Sie nahm
freudig Kreuz zurück.
Vicka sagt, es ist eine Freude für diese Seelen im Fegefeuer zu leiden.
„Das Purgatorium ist ein endloser Raum von aschener Farbe. Es war
ziemlich dunkel. Ich konnte fühlen, wie Menschen würgen und leiden dort.
Die Gottesmutter sagte uns, wir sollten für die Seelen im Fegefeuer beten.
Sie sagte, nur unsere Gebete und Opfer können sie von diesem Ort erlösen.
Die Menschen dort sind hilflos. Sie leiden wirklich. Wir können ein
bisschen wie Jesus sein, wenn wir nur für die Seelen im Purgatorium eine
freiwillige Buße tun, vor allem für diejenigen, die von ihren Familien auf
der Erde verlassen werden. Ich bin mir ihrer Leiden bewusst. Ich weiß,
dass einige großen Qual leiden. Ich weiß, wie verzweifelt sie unsere
Gebete brauchen. Sie sind so einsam, dass es fast unerträglich ist, mich an
jene Momente, die ich dort war, zu erinnern. Es ist wirklich eine große
Freude, Buße für die armen Seelen zu tun, weil ich weiß, wie viel es ihnen
hilft. Und viele unserer Familienmitglieder, die dringend unsere Gebete
brauchen, sind gestorben. Die Gottesmutter sagt, wir müssen für sie mutig
beten, damit sie in den Himmel kommen können. Sie sind machtlos, sich
selbst zu helfen.“
Mirjanas Beschreibung des Fegefeuers:
„Es gibt mehrere Ebenen im Fegefeuer. Je mehr du betest auf der Erde,
desto höher ist dein Niveau im Fegefeuer. Die unterste Ebene ist in der
Nähe der Hölle, wo das Leiden am intensivsten ist. Die höchste Stufe ist
die am nächsten dem Himmel, und dort ist das Leiden am geringsten.
Welche Ebene du einnimmst, ist abhängig vom Zustand der Reinheit der
Seele. Je niedriger die Menschen im Fegefeuer auf sind, desto weniger
können sie beten und je mehr leiden sie. Je höher die Stufe einer Person im
Fegefeuer ist, desto einfacher ist es für sie zu beten, desto mehr genießt sie
das Beten und je weniger leidet sie. Die Gottesmutter hat uns gebeten, für
die Seelen im Fegefeuer zu beten. Sie sind hilflos, selbst zu beten. Durch
das Gebet können wir auf der Erde viel tun, ihnen zu helfen. Die
Gottesmutter hat mir gesagt, dass, wenn Seelen das Fegefeuer verlassen
und in den Himmel kommen - die meisten gehen am Weihnachtstag.“
„Viele Leute waren da. Sie litten enorm. Sie waren normale Menschen,
aller Arten. Es gab viele körperliche Leiden. Ich konnte die Leute sehen,
Schüttelfrost, Zittern, und sie wanden sich vor Schmerzen. Ich war an
diesem Ort für eine kurze Zeit. Die Gottesmutter war mit mir während der
Vision. Sie erklärte mir, dass sie wollte, dass ich das Fegefeuer sehe. Sie
sagte, so viele Menschen auf der Erde wissen heute nicht einmal etwas
über das Fegefeuer. Ich konnte sie nicht hören. Ich sah sie nur. Die
Gottesmutter sagte, so viele Menschen, die sterben, sind ganz von ihren
Lieben verlassen. Sie können sich nicht im Fegefeuer helfen. Sie sind
völlig abhängig von den Gebeten und Opfern der großzügigen Menschen
auf der Erde, die sich an sie erinnern. Die Gottesmutter hofft, dass ihre
eigenen Kinder die Seelen im Fegefeuer durch Gebet und Fasten und
verschiedene Bußen für die armen Seelen helfen werden,
Wiedergutmachung für sie zu leisten. Diejenigen, die gestorben sind,
haben nicht mehr den freien Willen, wie sie auf der Erde hatten. Sie haben
nicht mehr einen Körper. Es ist nicht mehr möglich, dass sie die Dinge
machen, die sie taten, als sie ihren Körper hatten, der verletzt und
geschädigt sich selbst und andere. Am 24. Juli 1982 sagte die
Gottesmutter: Wir gehen zum Himmel in vollem Bewusstsein der
Trennung von Körper und Seele. Es ist falsch, Menschen zu lehren, dass
wir viele Male wiedergeboren werden und dass wir passieren verschiedene
Einkörperungen. Man ist nur einmal geboren. Der Körper, aus der Erde
gezogen, zersetzt sich nach dem Tod. Es kommt nie wieder zurück ins
Leben. Man erhält einen verklärten Leib. Wer sehr viel Böses in seinem
Leben getan hat, kann direkt in den Himmel gehen, wenn er beichtet,
wirklich traurig ist über das, was er getan hat, und empfängt am Ende
seines Lebens die Kommunion... So sagte die Gottesmutter, dass die
Seelen im Fegefeuer ihre Geliebten sehen, diejenigen in jenen Momenten,
in denen wir für sie mit ihrem Namen beten.“
Ivanka wurde gefragt, warum die Gottesmutter ihr Himmel und Fegefeuer
zeigte:
„Sie will ihre Kinder über die Ergebnisse ihrer Entscheidungen hier auf der
Erde erinnern.“
Marija, in mehreren Interviews, beschreibt das Purgatorium:
Das Purgatorium ist ein großer Platz. Es ist neblig. Es ist grau. Es ist
neblig. Du kannst nicht die Menschen dort sehen. Es ist, als ob sie in tiefen
Wolken eingetaucht sind. Du kannst das Gefühl haben, dass die Menschen
im Nebel unterwegs sind, um einander zu treffen. Sie können für uns
beten, aber nicht für sich selbst. Sie sind brauchen dringend unsere Gebete.
Die Gottesmutter bittet uns, für die armen Seelen im Fegefeuer zu beten,
weil sie im Laufe ihres Lebens hier einen Moment hatten, da sie dachten,
dass es keinen Gott gäbe, dann erkannten sie ihn, dann gingen sie ins
Fegefeuer, wo sie sahen, dass es einen Gott gibt, und jetzt sind sie dort und
brauchen unsere Gebete. Mit unseren Gebeten können wir sie in den
Himmel schicken. Das größte Leid, das die Seelen im Fegefeuer haben, ist,
dass sie sehen, dass es einen Gott gibt, aber sie haben ihn nicht hier auf der
Erde angenommen. Jetzt sind sie lange hier, so viel leidend, um nahe zu
kommen Gott. Jetzt leiden sie so intensiv, weil sie erkennen, wie sehr sie
Gott verletzt haben, wie viele Chancen hatten sie auf der Erde, und wie oft
sie außer Acht gelassen haben Gott.“
Ivan spricht sehr wenig über seine Erfahrungen im Sehen von Himmel,
Hölle und Fegefeuer. Wenn er über das Fegefeuer befragt wurde, teilte er
folgendes mit:
„Die Gottesmutter hat mir gesagt, dass diejenigen, die ins Fegefeuer
gehen, diejenigen sind, die wenig beten und nur gelegentlich glauben, dass
sie von Zweifel erfüllt waren, dass sie nicht sicher waren, dass Gott
existiert. Sie wussten nicht, wie sie auf der Erde beten sollten, oder wenn
sie es wussten, dass sie trotzdem nicht beteten. Die Seelen im Fegefeuer
leiden. Wenn niemand für sie betet, leiden sie noch mehr.“
„Ich weiß es, wenn du für mich betest, und es ist das gleiche mit allen
anderen Seelen hier im Fegefeuer. Sehr wenige von uns hier erhalten
Gebete; die meisten von uns sind total verlassen, ohne einen Gedanken
oder Gebete für uns von denen auf der Erde!“ (Botschaft einer Seele im
Fegefeuer.)
Während in dem Bruderhaus an einem Winternachmittag nach einem
heftigen Schneefall er am Kamin an einem Abend im Gastraum saß, im
Gebet versunken, kam ein alter Mann, einen altmodischen Mantel tragend,
wie ihn getragen süditalienische Bauern zu der Zeit, und setzte sich neben
ihn. Im Zusammenhang mit diesem Manne heißt es: „Ich konnte mir nicht
vorstellen, wie er in das Bruderhaus in dieser Zeit der Nacht, da alle Türen
verriegelt waren, kommen konnte, da fragte ich ihn: Wer bist du? Was
willst du?“
Der alte Mann sagte ihm: „Pater Pio, ich bin Pietro di Mauro, der Sohn des
Nicola, der den Spitznamen Precoco führte.“ Er fuhr fort zu sagen: „Ich
bin in diesem Bruderhaus am 18. September 1908 in der Zelle Nummer 4
gestorben, als es noch ein Armenhaus war. In einer Nacht im Bett, als ich
mit einer brennenden Zigarette einschlief, die entzündete die Matratze, und
ich starb, erstickte und verbrannte. Ich bin immer noch im Fegefeuer. Ich
brauche eine heilige Messe, um befreit zu werden. Gott erlaubt, dass ich
dich um Hilfe zu bitten zu dir komme.“
Pater Pio: „Nachdem ich auf ihn gehört, antwortete ich: Ruhe, morgen
sicher werde ich die Messe für deine Befreiung feiern. - Ich stand auf und
begleitete ihn zur Tür des Klosters, so dass er es verlassen konnte. Ich
wusste nicht in diesem Moment, dass die Tür geschlossen war und
zugesperrt. Ich öffnete sie und sagte ihm Lebewohl. Der Mond hat den
Platz beleuchtet, mit Schnee bedeckt. Als ich ihn nicht mehr vor mir sah,
wurde ich von einem Gefühl der Angst überkommen, und ich schloss die
Tür, ging ins Gästezimmer und fühlte mich schwach.“
Ein paar Tage später, Pater Pio sagte diese Geschichte dem Pater Paolino,
und die beiden beschlossen, zum Rathaus zu gehen, wo sie in die
wichtigen Statistiken für das Jahr I908 geschaut und festgestellt, dass am
18. September dieses Jahres ein Pietro i Mauro in der Tat starb an
Verbrennungen und Ersticken in Zimmer Nummer 4 im Bruderhaus,
damals als Heim für Obdachlose verwendet.
Etwa zur gleichen Zeit, sagte Pater Pio, habe Fra Alberto eine anderee
Erscheinung einer Seele aus dem Fegefeuer gehabt, die ebenfalls um die
gleiche Zeit aufgetreten war. Er sagte:
„Eines Abends, als ich im Gebet im Chor der kleinen Kirche
aufgenommen wurde, wurde ich erschüttert und verstört durch das
Geräusch von Schritten, und Kerzen und Blumenvasen wurden auf dem
Hauptaltar bewegt. Denkend, dass jemand da sein musste, rief ich: Wer ist
da?
Niemand antwortete. Zurückkehrend zum Gebet, wurde ich wieder durch
die gleichen Geräusche gestört. In der Tat hatte ich dieses Mal den
Eindruck, dass eine der Kerzen, die vor der Statue Unserer Lieben Frau der
Gnade war, umgefallen war. Um zu sehen, was auf dem Altar geschah,
stand ich auf, ging nahe an das Gitter und sah, im Schatten des Lichts der
Tabernakel-Lampe, einen junger Mitbruder zur etwas Reinigung tun. Ich
schrie: Was tust du in der Dunkelheit? Der kleine Mönch antwortete: Ich
bin hier, um mich zu reinigen.
Du reinigst dich Dunkeln? fragte ich. Wer bist du?
Der kleine Mönch sagte: Ich bin ein Novize, Kapuziner, der hier seine Zeit
des Fegefeuers verbringt. Ich bin hier wegen der Notwendigkeit von
Gebeten. - Und dann verschwand er.“
Pater Pio gab an, dass er sofort für ihn begann zu beten, wie verlangt, und
es ist nicht bekannt, ob er mit dieser Seele weiteren Umgang hatte. In
Bezug auf die Seelen im Fegefeuer allerdings ist es sehr interessant, dass
im späteren Leben Pater Pio einmal sagte: „Wie viele Seelen der Toten
diese Straße kommen zum Kloster wie die Seelen der Lebenden.“ Ohne
Zweifel, viele Seelen aus dem Fegefeuer besuchten Pater Pio und suchten
seine Gebete, Opfer und Leiden, um ihre Freilassung zu erhalten.
Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie das Fegefeuer angeordnet
ist, können wir einen guten Blick darauf von einer Nonne aus Frankreich
erhalten, die am 22. Februar 1871 im Alter von 36 Jahren gestorben war.
Im November 1873 begann sie, in ihrem Kloster aus dem Fegefeuer einer
befreundeten Nonne zu erscheinen:
„Ich kann dir etwas über die verschiedenen Grade des Purgatoriums sagen,
weil ich es bestanden habe. Im großen Fegefeuer gibt es mehrere Stufen.
In der untersten und schmerzhaftesten ist es wie eine temporäre Hölle, und
hier gibt es die Sünder, die schreckliche Verbrechen während des Lebens
begangen haben und deren Tod sie in diesem Zustand überraschte. Es war
fast ein Wunder, dass sie gerettet wurden, und oft durch die Gebete der
heiligen Eltern oder anderer frommen Personen. Manchmal haben sie nicht
einmal Zeit gehabt, um ihre Sünden zu bekennen, und die Welt dachte, sie
seien verloren, aber Gott, dessen Barmherzigkeit unendlich ist, gab ihnen
im Augenblick des Todes die Zerknirschung, die für ihre Rettung war
wegen einer oder mehrerer guter Aktionen, die sie durchgeführt hatten
während des Lebens. Für solche Seelen ist das Purgatorium schrecklich. Es
ist eine wahre Hölle mit dem Unterschied, dass sie in der Hölle Gott
verfluchen, während wir ihn segnen und danken ihm dafür, uns gerettet zu
haben.
Neben diesem kommen die Seelen, die, obwohl sie nicht große Verbrechen
wie die anderen begangen haben, gleichgültig gegenüber Gott waren. Sie
erfüllten nicht ihre Oster-Aufgaben, wurden aber auch an der Stelle des
Todes umgewandelt. Viele von ihnen waren nicht in der Lage, die heilige
Kommunion zu empfangen. Sie sind im Fegefeuer für die langen Jahren
der Gleichgültigkeit. Sie leiden unerhörte Schmerzen und sind verlassen,
entweder ohne Gebete, oder wenn sie für sie gesagt werden, werden sie
nicht von ihnen profitieren. Es gibt in diesem Stadium des Fegefeuers
Mönche und Nonnen, die lau waren, nachlässig in ihren Aufgaben,
gleichgültig gegenüber Jesus, auch Priester, die nicht ausgeübt ihren
heiligen Dienst mit der Verehrung der Souveränen Majestät und die haben
nicht die Liebe Gottes ausreichend den Seelen anvertraut, die ihrer Pflege
anbefohlen waren. Ich war in diesem Stadium des Fegefeuers.
Im zweiten Fegefeuer sind die Seelen derer, die mit lässlichen Sünden
gestorben sind, nicht vollständig vor dem Tod gesühnt oder mit
Todsünden, die vergeben wurden, aber für die sie nicht ganz die göttliche
Gerechtigkeit befriedigt haben. In diesem Teil des Fegefeuers gibt es auch
unterschiedliche Grade nach den Verdiensten jeder Seele.
So ist das Fegefeuer der geweihten Seelen oder von denen, die reichliche
Gnaden erhalten haben, es ist länger und viel schmerzhafter als das von
gewöhnlichen Menschen der Welt.
Schließlich gibt es das Fegefeuer der Begierde, das die Schwelle genannt
wird. Nur sehr wenige entkommen diesem. Um dieses zu vermeiden
insgesamt, muss man sehnlichst den Himmel ersehnen und die Vision
Gottes. Das ist selten, seltener, als man denkt, denn auch fromme
Menschen haben Angst vor Gott und haben daher nicht ein ausreichend
starkes Verlangen, in den Himmel zu kommen. Das Fegefeuer hat seine
sehr schmerzhaften Martyrien. Der Entzug des Anblicks unseres liebenden
Jesus fügt ihnen intensives Leid zu.“
„Große Sünder, die Gott gegenüber gleichgültig waren, und Religiösen, die
waren nicht das, was sie hätten sein sollen, sind in der untersten Stufe des
Fegefeuers. Während sie dort in den untersten Bereichen des Fegefeuers
sind, werden die Gebete für sie nicht auf sie angewendet. Weil sie Gott in
ihrem Leben ignoriert haben, verlässt er nun seinerseits sie und lässt sie
ohne Hilfe der Gebete anderer, damit sie ihr nachlässiges und wertloses
Leben reparieren. Während man auf der Erde ist, kann man sich wirklich
nicht vorstellen, wer Gott wirklich ist, aber wir im Fegefeuer kennen und
verstehen ihn als das, was er ist, weil unsere Seelen von allen Bindungen
befreit wurden, die uns gefesselt und hinderten uns daran, die Heiligkeit
und Majestät Gottes und seiner großen Barmherzigkeit zu realisieren. Wir
sind Märtyrer, verbraucht, wie von der Liebe. Eine unwiderstehliche Kraft
zieht uns zu Gott, der unser Zentrum ist, aber zugleich eine andere Kraft
stößt uns auf unseren Platz der Sühne zurück.
Wir befinden uns im Zustand des Seins, nicht in der Lage, unsere
Sehnsüchte zu befriedigen. Oh, was für ein Leiden das ist, aber wir wollen
es, und es gibt kein Murren gegen Gott hier. Wir wollen nur, was Gott will.
Ihr befindet euch auf der Erde und könnt nicht verstehen, was wir ertragen
müssen. Ich bin sehr erleichtert, wenn ich nicht mehr im Feuer bin. Ich
habe jetzt nur den unersättlichen Wunsch, Gott zu sehen, ein Leiden
grausam genug, in der Tat, aber ich glaube, dass das Ende meiner
Verbannung nahe ist und dass ich bald diesen Ort verlassen werde, wo ich
nach Gott verlange mit ganzem Herzen. Ich weiß, dass es gut ist, ich fühle
mehr, aber ich kann euch den Tag nicht nennen oder die Stunde meiner
Entlassung. Gott allein weiß das. Es kann sein, dass ich noch viele Jahre
der Sehnsucht nach dem Himmel leben werde. Weiter betet; ich werde dich
es euch später zurückzahlen, obwohl ich für euch jetzt sehr viel tun kann
und für euch bete.“
„Warum ist es, dass ich für dich mit weniger Inbrunst bete, als ich für
andere bete, und dass ich es oft vergesse, dass ich dich der Gnade
empfehle?“
„Sorge dich nicht deswegen. Es ist eine Strafe für mich. Auch wenn du
mehr beten solltest, ich werde nicht eher entlastet werden. Gott will es so.
Wenn er möchte, dass du mehr betest, wird er dich inspirieren, dies zu tun.
Ich wiederhole noch einmal, sei nicht um mich besorgt. Du wirst mich nie
sehen in meinem Leiden. Später, wenn deine Seele stärker ist, wirst du
Seelen im Fegefeuer sehen, was sehr schrecklich ist, aber lass dich davon
nicht erschrecken. Gott wird dir dann den nötigen Mut geben und alles,
was du brauchst, seinen heiligen Willen zu erfüllen.“
„Ist das nicht eine Strafe?“
„Nein, sicher nicht, ich bin hier zu meiner Erleichterung und für deine
Heiligung. Wenn du aber ein wenig mehr Aufmerksamkeit dem schenken
möchtest, was ich sage!“
„Das ist wahr, diese Ereignisse sind so außergewöhnlich, dass ich nicht
weiß, was aus ihnen machen soll; es ist keine gewöhnliche Sache, die ich
auf diese Weise höre.“
„Ich verstehe deine Schwierigkeiten, und ich bin mir bewusst, deine
Leiden gehen auf dieses Konto. Allerdings, es sei so, wenn Gott es will,
und es entlastet mich. Wirst du Mitleid mit mir haben oder nicht? Wenn ich
entlassen bin, wirst du sehen, dass ich für dich viel mehr tu, als du jemals
für mich getan hast. Ich bete schon viel für dich.
„Wo ist die Schwester...?“
„Im untersten Fegefeuer, wo sie keinen Nutzen von jemandes Gebeten
erhält. Gott ist oft unzufrieden, wenn man so sagen kann, wenn viele
Religiöse kommen, um zu sterben, weil er diese Seelen zu sich gerufen
hat, dass sie ihm treu auf der Erde dienen sollten und gerade in den
Himmel im Moment des Todes gehen, aber wegen ihrer Untreue müssen
sie lange im Fegefeuer bleiben, weit mehr als die Menschen in der Welt,
die nicht so viele Gnaden gehabt haben.“
„Wir sehen Sankt Michael, als wir die Engel sehen. Er hat keinen Körper.
Er kommt, um die Seelen zu empfangen, die ihre Reinigung beendet
haben. Er ist es, der sie in den Himmel führt. Er gehört zu den Seraphim,
wie Monsignore sagte. Er ist der höchste Engel im Himmel. Unsere
eigenen Schutzengel kommen, um uns zu sehen, aber Sankt Michael ist
viel schöner als sie. Wie die Jungfrau, wir sehen sie im Körper. Sie kommt
an ihren Festtagen ins Fegefeuer, und sie geht zurück in den Himmel mit
vielen Seelen. Während sie mit uns ist, leiden wir nicht. Sankt Michael
begleitet sie. Wenn er allein kommt, leiden wir wie gewohnt. Wenn ich dir
vom großen und vom zweiten Purgatorium spreche, dann um zu
versuchen, dass du verstehst, dass es im Fegefeuer verschiedene Stadien
gibt. So nenne ich dieses Stadium des Fegefeuers groß oder schlimm, wo
die am meisten schuldigen Seelen sind, und wo ich zwei Jahre blieb, ohne
dass ich in der Lage war, ein Zeichen von den Qualen zu geben, die ich litt.
Das Jahr, da du mich stöhnen hörtest, als ich anfing, zu dir zu sprechen, da
war ich immer noch an der gleichen Stelle.
Im zweiten Fegefeuer, das immer noch das Fegefeuer ist, aber sehr
verschieden von dem ersten, leidet man viel, aber weniger als an dem
großen Platz der Sühne. Dann gibt es eine dritte Stufe, die das Fegefeuer
der Begierde ist, wo es kein Feuer gibt. Die Seelen, die nicht den Himmel
inbrünstig genug haben wollen, die Gott nicht genug liebten, gibt es dort.
Es ist dort, wo ich in diesem Moment bin. Ferner gibt in diesen drei Teilen
des Purgatoriums viele Variationsgrade. Nach und nach, wie die Seele
gereinigt wird, werden ihre Leiden verändert.
Du sagst mir manchmal, dass die Perfektionierung einer Seele ein langer
Prozess ist, und du bist auch erstaunt, dass nach so vielen Gebete ich noch
so lange der Augen Gottes beraubt bin. Ach, die Perfektionierung einer
Seele nimmt nicht weniger Zeit im Fegefeuer ein als auf der Erde. Es gibt
eine Reihe von Seelen, aber sie sind nur sehr wenige, die nur ein paar
lässliche Sünden zu sühnen haben. Diese bleiben nicht lange im Fegefeuer.
Ein paar gut gesagte Gebete, einige Opfer werden sie bald retten. Aber
wenn es Seelen wie meine sind, und das sind fast alle, deren Leben war so
leer und die dafür wenig bezahlt oder gar keine Aufmerksamkeit auf ihre
Rettung gewandt haben, dann hat ihr ganzes Leben an diesem Ort der
Sühne begonnen, wieder heilig zu werden. Die Seele hat sich und die
Liebe zu perfektionieren und ihn zu wünschen, den sie nicht in
ausreichendem Maße auf der Erde liebte. Dies ist der Grund, warum die
Befreiung einiger Seelen verzögert wird. Gott hat mir eine sehr große
Gnade gegeben und mir erlaubt, um dein Gebet zu bitten. Ich habe es nicht
verdient, aber ohne diese deine Gebete würde ich wie die meisten sein, die
hier geblieben sind, für Jahre und Jahre.“
Am 13. Oktober 1849 starb dort im Alter von zweiundfünfzig, in der
Pfarrei Ardoye, in Flandern, eine Frau namens Eugenie van de Kerckove,
deren Mann, John Wybo, ein Bauer war. Sie war eine fromme und
karitative Frau, die großzügig für wohltätige Zwecke ihre Mittel in einem
angemessenen Verhältnis gab. Sie hatte, bis zum Ende ihres Lebens, eine
große Verehrung für die allerseligsten Jungfrau Maria, und enthielt sich
von Fleisch zu ihrer Ehre am Freitag und Samstag jeder Woche. Obwohl
ihr Verhalten nicht frei von gewissen Fehlern war, führte sie sonst ein
vorbildliches und erbauliches Leben.
Eugenie hatte eine Magd, Barbara Vennecke genannt, im Alter von
achtundzwanzig, die als tugendhaftes und ergebenes Mädchen bekannt
war, und die hatte ihre Herrin in ihrer letzten Krankheit unterstützt, und
nach Eugenies Tod setzte sie fort, ihrem Meister zu dienen, John Wybo,
dem Witwer von Eugenie.
Etwa drei Wochen nach ihrem Tod erschien die Verstorbene ihrer Dienerin
unter Umständen, die wir jetzt beschreiben werden. Es war in der Mitte der
Nacht; Barbara schlief fest, als sie sich deutlich dreimal bei ihrem Namen
gerufen hörte. Sie wachte auf und sah Eugenie vor sich, an der Seite ihres
Bettes sitzend, gekleidet in einem Arbeits-Kleid, bestehend aus einem
kurzen Rock und einer Jacke. Bei diesem bemerkenswerten Anblick wurde
Barbara von Erstaunen ergriffen. Die Erscheinung sprach zu ihr:
„Barbara“, sagte sie, einfach ihren Namen auszusprechend. „Was
wünschen Sie, Eugenie?“ antwortete die Dienerin.
„Bitte nimm“, sagte die Herrin, „die kleine Harke, von der ich dir gesagt
habe, du solltest sie oft an ihre Stelle stellen, rühre den Sandhaufen in dem
kleinen Raum, damit du weißt, welchen ich nehme, und du wirst 500
Francs finden. Nutze sie, um Messen sagen zu lassen, zwei Francs für jede
Messe, in meiner Meinung, denn ich bin immer noch leidend.“ - „Ich
werde es tun, Eugenie“, antwortete Barbara, und im selben Moment die
Erscheinung war verschwunden. Nach einer Weile schlief sie wieder ein
und ruhte ruhig bis zum Morgen.
Beim Erwachen dachte Barbara, dass das vielleicht war alles nur ein
Traum, aber noch war sie so tief beeindruckt, so hellwach gewesen, da sie
ihre alte Herrin in einer Form so deutlich gesehen hatte, so voller Leben,
und sie von ihren Lippen erhalten hatte so genaue Anweisungen, dass sie
nicht sagen konnte, ihr nicht zu helfen: „Das kann kein Traum gewesen
sein. Ich sah meine Herrin persönlich; sie präsentierte sich meinen Augen
und sie sprach sicherlich mit mir. Es ist kein Traum, sondern Realität.“
Sie ging deshalb sofort und nahm die Harke, rührte den Sand um und zog
eine Geldbörse hervor, die Summe von fünfhundert Francs enthaltend.
In einem solchen seltsamen und außergewöhnlichen Umstand dachte das
gute Mädchen, es sei ihre Pflicht, den Rat ihres Pfarrers zu suchen, bevor
sie die Ausgabe von 500 Francs machte, um Messen sagen zu lassen, und
ging zu ihm, beric htete alles, was geschehen war. Der ehrwürdige Abbé,
Pfarrer von Ardoye, antwortete, dass die von der verstorbenen Seele
erfragten Messen unbedingt gefeiert werden müssten, aber, um über den
Geldbetrag zu verfügen, ist die Zustimmung des Mannes John Wybo
notwendig, da das Geld in seinem Haus gefunden worden. Letzterer
stimmte bereitwillig zu, dass das Geld für so einen heiligen Zweck
eingesetzt werde, und die Messen wurden gefeiert, zwei Francs für jede
Messe.
Zwei Monate nach der ersten Erscheinung, während die Messen noch für
die Absichten Eugenies gesagt wurden, wurde Barbara in der Nacht wieder
geweckt. Dieses Mal wurde ihre Kammer mit einem hellen Licht
beleuchtet, und ihre Herrin erschien vor ihr mit einem strahlendem
Lächeln, schön und frisch in der Erscheinung wie in den Tagen ihrer
Jugend, und war in einer Robe von schillernder Weißheit gekleidet.
„Barbara“, sagte sie mit klarer Stimme, „ich danke Ihnen! Denn ich bin
jetzt vom Ort der Reinigung befreit.“ Mit diesen Worten verschwand sie,
und die Kammer wurde dämmrig wie vor dem Einbruch der Dunkelheit.
Die Dienerin, erstaunt, was sie gerade gesehen hatte, war voller Freude,
und sie verbreitete bald die bemerkenswerte Geschichte allen in der Stadt.
Diese Erscheinung machte den lebendigsten Eindruck in ihrem Kopf, und
sie bewahrte für immer die tröstliche Erinnerung an sie.
Als Beweis dazu bieten wir jetzt einen anderen Vorfall im Zusammenhang
mit dem Historiker Ferdinand von Kastilien. Von 1324-1327 gab es in
Köln zwei dominikanische Ordensmänner, aufstrebende Talente, von
denen Heinrich Seuse einer war. Sie teilten die gleichen Studien, die
gleiche Art von Leben, und vor allem das gleiche Verlangen nach
Heiligkeit, was sie verursacht hatte, eine enge Freundschaft zu bilden.
Als sie ihr Studium beendet war und sie sahen, dass sie dabei waren, jeder
zu seinem eigenen Kloster zurückzukehren und getrennt zu werden, kamen
sie überein und versprachen einander, dass der erste der beiden, der sollte
vor dem anderen sterben, unterstützt werde, indem ein ganzes Jahr die
Feier von zwei Messen pro Woche gelesen werde, am Montag eine Messe
als Requiem, wie es üblich war, und am Freitag eine der Passion, soweit
die Rubriken es erlauben würden. Sie versprachen einander, dass sie dies
tun würden, gaben einander den Kuss des Friedens und verließem Köln.
Nach einigen Jahren setzten sie beide sich edin, Gott mit dem
erbaulichsten Eifer zu dienen. Der Priester-Mönch, dessen Name nicht
erwähnt ist, war der erste, der starb, und Vater Suso empfing die Nachricht
mit Gefühlen der Ergebung in den göttlichen Willen. Was den Vertrag
anging, den sie gemacht hatte, hatte die Zeit ihn verursacht, es zu
vergessen. Allerdings betete er viel für seinen Freund, neue Bußen auf sich
nehmend und viele andere gute Werke, aber er glaubte nicht, die Messen
aufzuopfern, die er eine Reihe von Jahren zuvor versprochen hatte.
Eines Morgens, als in der Kapelle in der Ruhe meditierte, sah er plötzlich
vor ihm erscheinen die Seele seines verstorbenen Freundes, der ihn mit
Zärtlichkeit ermahnte, er warf ihm vor, seinem Wort untreu gewesen zu
sein, auf das er mit vollem Recht sich verlassen mit Zuversicht. Der selige
Suso, überrascht, entschuldigte seine Vergesslichkeit durch die vielen
Gebete und Leiden, für die er aufgeopfert hatte, und fuhr fort, noch mehr
zu opfern für seinen Freund, dessen Rettung war ihm lieb wie seine eigene.
„Ist es möglich, mein lieber Bruder“, fügte er hinzu, „dass so viele Gebete
und guten Werke, die ich Gott geopfert habe, für dich nicht ausreichen?“ -
„Oh nein, lieber Bruder“, antwortete die leidenden Seele, „das ist noch
nicht ausreichend. Es ist das Blut Jesu Christi, das die Flammen zu löschen
erforderlich ist, von denen ich verzehrt werde; es ist das heilige Opfer, das
mich von diesen furchtbaren Qualen befreit. Ich flehe dich an, dein Wort
zu halten, und dich nicht zu weigern, wegen der Gerechtigkeit, die du mir
zu verdanken hast.“
Der selige Suso eilte, um auf das Begehren der leidenden Seele zu
reagieren; er hat Kontakt gesucht zu so vielen Priestern wie möglich und
forderte sie auf, Messen für seines Freundes Meinung zu lesen und seine
Fehler zu reparieren, er hat Messen gefeiert und ließ Messen gefeiert
werden, eine große Anzahl von Messen, am selben Tag. Am folgenden Tag
vereinten sich mehrere Priester, auf Wunsch des Vaters Suso, mit ihm, das
heilige Opfer für den Verstorbenen zu opfern, und er setzte seine Akte der
Nächstenliebe für mehrere Tage fort.
Schon nach kurzer Zeit erschien wieder der Priester, der Freund von Suso,
aber jetzt in einem ganz anderen Zustand; sein Gesicht war froh, und er
war von schönem Licht umgeben. „Dank dir, mein lieber Freund“, sagte er,
„siehe, durch das Blut meines Heilands bin ich von meinem Leiden befreit.
Ich bin jetzt im Himmel und werde ihn beschauen, den wir so oft
zusammen unter dem eucharistischen Schleier verehrt haben.“
Danach warf sich der selige Suso nieder zu einem Gebet: „Danke dem
Gott der unendlichen Barmherzigkeit, weil ich jetzt mehr verstanden habe
als jemals den unschätzbaren Wert der Messe.“
Eugenie von der Leyen verfasste ein Tagebuch über die Erscheinungen der
Seelen im Fegefeuer vor ihr. Eugenie war eine gut ausgebildete Frau von
hohem deutschen Adel; in der Tat trug Eugenie den Titel Prinzessin und
lebte in der Stammburg in Waal, in Bayern, in Deutschland. Im Auftrag
ihres Beichtvaters führte sie Tagebuch über ihre Kontakte mit den armen
Seelen, das nach ihrem Tod Bischof Eugenio Pacelli übergeben wurde,
dem späteren Papst Pius XII.
11. Juni 1923. Beim Erwachen kam eine lange graue Form über mich,
völlig nebulös; ich kann nicht sagen, ob Mann oder Frau, aber
unsympathisch; ich bin sehr erschrocken.
14. Juni Das Phantom war schon in meinem Zimmer, als ich schlafen
wollte. Dann sagte ich mein Abendgebet laut, bei dem es darum ging, dass
das Wesen ganz in meiner Nähe war. Wenn es nicht seine Arme gewesen
wären, würde es eher dem Fuß eines Baumstamms fleichen. Es blieb
vielleicht zwanzig Minuten, dann kam es um vier Uhr zurück.
16. Juni Es war sehr schlecht. Es schüttelte meine Schulter. Das ist eine
schreckliche Zeit. Ich schlug es und sagte: Du kannst mich nicht berühren!
Woraufhin es sich in eine Ecke zurückzog. Bei meinem Schlag fühlte ich
nichts von einem Körper, es war wie ein feuchtes, warmes Handtuch. Ich
glaubte, dass ich solchen Schrecken nicht mehr ertragen konnte.
18. Jun. Wwieder diese schreckliche Sache; es wollte meinen Hals
umklammern. Ich betete in Angst und nahm die Partikel des Kreuzes (eine
heilige Reliquie, die ich besaß) in meiner Hand. Dann blieb es bei mir, vor
mir aufrecht und groß bleibend. Es dauerte nicht lange, die Fragen zu
beantworten. Dann ist es durch die Tür hinaus gegangen, die es offen
gelassen.
19. Juni. Ich kann jetzt erkennen, dass es ein Mann ist; er war dort nur für
eine kurze Weile.
21. Juni. Der schreckliche Mann ging mehr als eine Stunde in der Nacht
hin und her. Er hat schwarze Haare, zerzaust, und schreckliche Augen.
22. Juni. Dieser Mann war von ein Uhr bis fünf Uhr bei mir, es war sehr
schlecht. Er beugte sich immer wieder über mich und saß an meinem Bett.
Ich weinte wirklich aus Angst, betete dann die Horen, so dass ich ihn nicht
sehen musste. Dann ging er wieder hin und her und stöhnte schrecklich.
Nun scheint es mir, dass ich ihn kennen muss, aber ich kann nicht
herausfinden, wer es ist. Ich bin sehr feige geworden, denn oft ist es
wirklich eine Entscheidung für mich, in mein Zimmer am Abend zu gehen.
Doch gewöhnlich bin ich in der Lage, sehr gut in Schlaf zu fallen.
24. Juni. Er kam, packte mich an der Schulter. Ich sagte: Nun sage mir,
was du willst, und dann komm nicht zurück.
Keine Antwort; er ging wieder durch das Zimmer ein paar Mal und dann
war er verschwunden. Meine Ruhe war jedoch völlig zerstört. Um sechs
Uhr morgens kam er zurück. Bei Tageslicht sieht er noch schrecklicher
aus, macht einen widerlichen Eindruck, gehört zu der schmutzigsten
Kategorie von Geistern, die bereits gekommen sind. Ich sagte: Störe mich
nicht, ich möchte mich für die heilige Kommunion vorbereiten! Dann kam
er mir sehr nahe und hob die Hände flehend. Er tat mir so leid, dass ich
ihm viel versprochen habe. Dann sagte ich: Kannst du nicht sprechen?
Woraufhin er den Kopf schüttelte. Hast du viel zu leiden? Nun stöhnte er
schrecklich. Ich habe ihm viel Weihwasser gegeben, und dann war er weg.
27. Juni. Er war wieder da, in der Nacht. Er scheint mir bekannt; ich
zerbrach mir den Kopf, wer er sein könnte. Er ist sehr unsympathisch.
29. Juni. Er war wieder im Zimmer, als ich zu Bett ging. Es könnte der
ermordeten Schäfer Fritz sein. Ich fragte ihn sofort, aber er reagierte nicht.
Ich betete mit ihm, während dessen er seine Augen auf mich gerichtet
hatte, so wütend, dass ich wirklich Angst bekam. Ich bat ihn, zu gehen,
und dann ging er in der Tat.
30. Juni. Er kam sehr kurz; sein Stöhnen weckte mich auf.
1. Juli. Noch einmal, ich glaube, es ist Schäfer Fritz, wirklich. Doch sein
Gesicht ist so schwarz, dass ich ihn nur schwer erkenne. Aber Figur, Nase
und Augen sind ganz er, wie ich ihn so oft im Leben gesehen habe.
2. Juli. Er kam zurück, nicht so furchtbar wild, und blieb nicht für lange
Zeit. Ich sprach ihn als Schäfer Fritz an, was er scheinbar ganz natürlich
gefunden.
3. Juli. Er kam nur ganz kurz. Ich fragte: Bist du der ermordete Schäfer
Fritz? Da sagte er deutlich: Ja!
Juli 4.. Er kam zu mir am Morgen sah mich traurig an und ging bald weg,
antwortete nichts.
5. Juli. Es fiel mir jetzt auf, dass alles an ihm ist klarer geworden. Während
des Gebets machte er das Zeichen des Kreuzes.
6. Juli. Ich bin sehr glücklich, denn jetzt kann er sprechen. Ich fragte ihn:
Warum kommst du immer zu mir? Er: Weil du immer für mich gebetet
hast. (Das ist richtig, denn ich habe immer für den armen Kerl gebetet, der
traurig gewesen war, der immer so besonders war, schon als Junge.) Ich:
Was hat dich gerettet? Er: Einsicht und Reue. Ich: Warst du nicht sofort
tot? Er: Nein. Ich: Wirst du bald befreit werden? Er: Bei weitem nicht. -
Dann gab ich ihm die Erlaubnis, weiterhin zu mir zu kommen, wenn es
ihm gut tut. Wie bemerkenswert ist es, dass jemand, der so unhöflich im
Leben war, so spricht, wenn er von seinem Körper getrennt ist. Jetzt bin
ich nicht mehr voll Angst vor ihm und möchte ihn so gut helfen, wie ich
kann. Wie barmherzig ist der gute Herr!
8. Juli. Er kam sehr kurz.
9. Juli. Er kam um 6 Uhr und weckte mich. Ansonsten hätte ich
verschlafen. Ich: Ist es für dich so wichtig, dass ich zur heiligen Messe
gehe? Er: Auf diese Weise kannst du mir sehr viel helfen.
11. Juli. Er kam nur ganz kurz.
„Ich war dabei, als Gott notorische Sünder übergeben wurden. Groß ist
seine Gerechtigkeit, aber immer noch mehr undenkbar ist seine
Barmherzigkeit. Er verdammt nur diejenigen, die entschlossen sind, nicht
gerettet zut werden; sie, die einen Funken guten Willens haben, werden
gerettet. Ich habe in Purgatorium Protestanten gesehen, die in ihrer
Ignoranz fromm waren; sie sind sehr öde, denn keine Gebete für sie
werden geopfert. Ich sah, dass durch unser Gebet und Leiden manch eine
Seele, die sich nicht während des Lebens abmühte, umgewandelt und in
der Stunde des Todes gerettet werden kann.“

DRITTES KAPITEL
DER HIMMEL

St. Gertrude fragte unseren Erretter: „Mein Herr, war es nicht der heilige
Bernhard, der Dir wie der heilige Augustinus, dessen Herrlichkeit so
glänzend scheint, geweiht ist? Und doch scheint es mir, dass er nicht die
gleichen Freuden genießt.“
Er antwortete: „Bernhard, mein Auserwählter, hat eine ungeheure
Belohnung erhalten; aber euer Verstand ist nicht fähig, die Herrlichkeit
selbst des Geringsten meiner Heiligen zu erkennen. Wie kann er denn jene
Größten unterscheiden?“
„Keine Sünde von dir, die durch Buße in deinem Leben bestraft wurde,
kommt vor mein Urteil.“ Jesus durch Sankt Brigit
Der heilige Petrus von Alcantara erschien der heiligen Teresa von Avila
und sagte: „O gesegnete Buße, die mir so große Herrlichkeit verdient hat!“
„Buße erhält im Himmel eine erhabenste Belohnung. Buße hilft der Seele,
sich über die Dinge der Erde zu erheben. Buße kooperiert mit der Erlösung
der Welt. Buße demütigt den Menschen; sie durchdringt ihn mit einem
inneren Gefühl seiner Niedrigkeit und seines Elends. Buße bringt Licht in
die Seele. Sie verzehrt alles und so verschwindet alles, was nicht rein ist.
Sie hebt ihn höher und höher über die Erde, so dass er Geschmack von
Freuden hat, die ihm bisher unbekannt waren.“ Jesus zu Conchita.
„Wir müssen auf dem Weg zur Rettung aufmerksam sein. Nur den
Inbrünstigen gelingt es, sie zu erreichen, niemals den Lauen oder denen,
die schlafen.“ Pater Pio.
„Jetzt, da ihr entschlossen seid, Ihn zu lieben und Ihm mit all eurer Kraft
zu gefallen, muss es eure einzige Angst sein, Gott zuviel zu fürchten und
Ihm zu wenig Vertrauen zu schenken.“ Der heilige Alfons.
Mögen wir Gottes Ruf zur Heiligkeit erkennen und reagieren, während wir
es noch können, weil „nach dem Tod der freie Wille niemals zurückkehren
kann, denn der Wille ist so fixiert, wie er im Augenblick des Todes war.“
Katharina von Genua
Viele Heilige hatten Visionen des Himmels. Obwohl wir uns daran
erinnern müssen, dass eine Vision des Himmels unmöglich mit dem
Himmel selbst verglichen werden kann, werden wir davon profitieren, die
Freuden zu erwägen, die diejenigen erwarten, die Gottes vollkommenen
entzückenden Willen tun, der Liebe und Barmherzigkeit selbst ist.
„Ich war im Himmel und ich sah seine unvorstellbaren Schönheiten und
das Glück, das uns nach dem Tod erwartet. Ich sah, wie alle Kreaturen
unaufhörliches Lob und Preis Gott geben. Ich sah, wie groß das Glück in
Gott ist, das sich auf alle Geschöpfe ausbreitet und glücklich macht; und
alles Ruhm und Lob, das aus diesem Glück entspringt, kehrt zu seiner
Quelle zurück; und sie treten in die Tiefen Gottes ein, indem sie das innere
Leben Gottes betrachten. Diese Quelle des Glücks ist in ihrem Wesen
unveränderlich, aber sie ist immer neu und strahlt Glück für alle
Geschöpfe aus.“
„Ewige Freude, selige Liebe, es ist unaussprechlich. Wenn wir hier auf
Erden von der Reflexion göttlicher Vollkommenheit in den Geschöpfen,
durch die Zauber der sichtbaren Welt, durch die Harmonie der Farben und
Töne, durch die Unendlichkeit des Ozeans, durch die Pracht des
Sternenhimmels und noch mehr verzaubert werden, durch die spirituellen
Pracht, die im Leben der Heiligen offenbart wird, welche Freude werden
wir fühlen, wenn wir Gott, diesen schöpferischen Mittelpunkt des Lebens
und der Liebe, diese unendliche Fülle sehen, die ewiglich selbst existiert,
von denen das Leben der Schöpfung ausgeht! Die Auserwählten im
Himmel gehören zur Familie Gottes. Die gesegnete Dreieinigkeit, sichtbar
und liebend, souverän, wohnt in ihnen wie in einem lebenden Tabernakel,
wie in einem Tempel der Herrlichkeit, ausgestattet mit Wissen und Liebe.“
Garrigou Lagrange.
„Ich sehe, dass das Paradies, soweit es Gott angeht, keine Tore hat, wer
aber eintreten will, kann es. Denn Gott ist ganz Barmherzigkeit, und seine
offenen Arme sind immer ausgebreitet, um uns in seiner Herrlichkeit zu
empfangen.“ Heilige Katharina von Genua
Der Himmel ist für alle offen. Verzweifelt niemals an der Barmherzigkeit
Gottes. „Im Himmel sind die schönsten Seelen diejenigen, die am meisten
gesündigt und bereut haben. Aber sie nutzten ihr Elend wie Dünger an der
Basis des Baumes.“ Selige Mariam Baouardy.
Jesus zu Sschwester Benigna Consolata: „Benigna, ich kann dich nicht zur
Heiligen machen, wenn du mir nicht den Schlüssel deines Willens gibst;
aber wenn du ihn mir gibst, kann ich dich nicht nur zu einer Heiligen
machen, sondern zu einer großen Heiligen.“
Ein gewisser Sünder sagte einst zu Maria: „Zeige dich als Mutter!“ Aber
die Jungfrau antwortete ihm: „Zeige dich selbst als Sohn!“ Eines Tages rief
er diese göttliche Mutter, diese Mutter der Barmherzigkeit an. Aber Maria
sprach zu ihm: „Wenn du Sünder wünschst, dass ich dir helfe, nenne du
mich Mutter der Barmherzigkeit, und doch machst du mich durch deine
Sünden zur Mutter des Elends und des Kummers.“
„Kennst du den kürzesten Weg zum Himmel? Es ist das des Vertrauens in
meine Verdienste und Treue zur Gnade.“ Jesus zu Schwester Benigna .
„Aber Josefa, bist du nicht bereit, mich zu besitzen und mich ohne Ende zu
genießen?... Ich, für meinem Teil, sehne mich nach dir!... Ich verherrliche
mich in denen, die meinen Willen immer und in allen Dingen tun. Der
Winter dieses Lebens ist zu Ende. Ich bin deine Seligkeit.“
„Faustina, eine Gabe Gottes zu unserer Zeit, ein Geschenk aus dem Lande
Polen an die ganze Kirche, erlangt für uns ein Bewusstsein für die Tiefe
der göttlichen Barmherzigkeit, hilft uns, ein lebendes Erlebnis zu haben
und es zu bezeugen unter unseren Brüdern und Schwestern: Möge deine
Botschaft des Lichts und der Hoffnung in der ganzen Welt verbreitet sein,
die Sünder zur Bekehrung anregen, Rivalitäten und Hass beruhigen und
die Einzelnen und Nationen zur Praxis der Brüderlichkeit öffnen und heute
den Blick auf dich richten, auferstandener Christus! Lasst uns unser
eigenes Gebet vertrauensvoll und mit fester Hoffnung sagen: Christus
Jesus, ich vertraue auf dich!“ Sankt Johannes Paul II.
„Ich sah zwei Straßen, eine war breit, mit Sand und Blumen bedeckt,
voller Freude, Musik und allerlei Freuden, und die Leute gingen dahin,
tanzten und liebten sich und erreichten das Ende, ohne es zu merken. Das
Ende der Straße war ein schrecklicher Abgrund, das heißt, der Abgrund der
Hölle, die Seelen fielen blind hinein, als sie gingen, fielen sie, und ihre
Zahl war so groß, dass es unmöglich war, sie zu zählen. Ich sah die andere
Straße, oder besser gesagt, einen Weg, denn er war eng und mit Dornen
und Felsen bestreut, und die Leute, die dahingingen, hatten Tränen in ihren
Augen, und alle Arten von Leiden trafen sie, manche fielen auf die Felsen,
aber standen sofort auf und fuhren fort: Am Ende der Straße war ein
prächtiger, mit allen möglichen Glücksgefühlen gefüllter Garten, und alle
diese Seelen drangen ein und im ersten Augenblick alle ihre Leiden
gerieten in Vergessenheit.“
„27. November 1936. Heute war ich im Himmel, im Geiste, und ich sah
seine unvorstellbaren Schönheiten und das Glück, das uns nach dem Tod
erwartet.
Ich sah, wie alle Kreaturen unaufhörliches Lob und Preis Gott geben.
Ich sah, wie groß das Glück in Gott ist, das sich auf alle Geschöpfe
ausbreitet und glücklich macht; und dann kehrt alles Ruhm und Lob, das
aus diesem Glück entspringt, zu seiner Quelle zurück; und sie treten in die
Tiefen Gottes ein und betrachten das innere Leben Gottes, den Vater, den
Sohn und den Heiligen Geist, den sie nie verstehen oder erfassen werden.
Diese Quelle des Glücks ist unveränderlich in ihrem Wesen, aber sie ist
immer neu und sprudelt das Glück für alle Kreaturen aus.
Jetzt verstehe ich den heiligen Paulus, der sagte: Das Auge hat nicht
gesehen, noch das Ohr gehört, es ist nicht in das Herz des Menschen
getreten, was Gott für diejenigen vorbereitet hat, die ihn lieben.
Und Gott hat mir zu verstehen gegeben, dass es nur ein Ding gibt, das in
seinen Augen unendlich ist, und das ist die Liebe Gottes; Liebe, Liebe und
noch einmal Liebe! Und nichts kann mit einem einzigen Akt der reinen
Liebe Gottes verglichen werden.
Oh, mit welch unvorstellbaren Begünstigungen beschenkt Gott eine Seele,
die ihn aufrichtig liebt! Oh, wie glücklich ist die Seele, die schon hier auf
Erden seine besonderen Wohltaten genießt! Und so sind die kleinen und
demütigen Seelen.
Der Anblick dieser großen Majestät Gottes, die ich tiefer erfuhr und die
von den himmlischen Geistern nach ihrem Grade der Gnade und den
Hierarchien, in die sie geteilt sind, angebetet wird, veranlasste meine Seele
nicht, mit Schrecken oder Angst zu schlagen; nein, nein, überhaupt nicht!
Meine Seele war erfüllt von Frieden und Liebe, und je mehr ich die Größe
Gottes kenne, desto freudiger werde ich, dass er ist, wie er ist.
Und ich freue mich riesig in seiner Größe und freue mich, dass ich so
wenig bin, weil er, da ich klein bin, mich in seinen Armen trägt und mich
an sein Herz hält.
O mein Gott, wie ich Mitleid mit denen habe, die nicht an das ewige Leben
glauben; wie ich für sie bete, dass ein Strahl der Barmherzigkeit sie auch
umhüllen würde, und dass Gott sie an seinen Busen schließe...“
„Und wisse, dass all diese Schönheiten nichts sind, verglichen mit der, was
ich für dich in der Ewigkeit vorbereitet habe!“
Gott kann den Menschen in so hohem Grade an seinem göttlichen Glück
teilnehmen lassen!
Es kommt aus dem Antlitz Gottes diese Freude über alle.
Während der Meditation gab der Herr mir Kenntnis von der Freude des
Himmels und der Heiligen bei unserer Ankunft dort; sie lieben Gott als den
einzigen Gegenstand ihrer Liebe, aber sie haben auch eine zärtliche und
innige Liebe zu uns. Von dem Antlitz Gottes geht diese Freude über alles
hinaus, weil wir ihn von Angesicht zu Angesicht sehen. Sein Angesicht ist
so süß, dass die Seele wieder in Ekstase gerät.
Ich sah, wie die Engel und die Heiligen des Herrn Gott verherrlichen.
Als ich während der Anbetung mehrmals das Gebet "Heiliger Gott"
wiederholte, kam plötzlich eine lebendige Gegenwart Gottes über mich,
und ich wurde im Geist vor der Majestät Gottes gefangen. Ich sah, wie die
Engel und die Heiligen des Herrn Gott verherrlichen. Die Herrlichkeit
Gottes ist so groß, dass ich es nicht wagen kann, sie zu beschreiben, weil
ich nicht in der Lage wäre, dies zu tun, und Seelen könnten denken, dass
das, was ich geschrieben habe, alles ist, was da ist. Paulus, ich verstehe
jetzt, warum du den Himmel nicht beschreiben wolltest, sondern sagtest
nur, dass das Auge nicht gesehen, noch das Ohr gehört hat, noch ist es in
das Herz des Menschen getreten, was Gott für diejenigen vorbereitet hat,
die ihn lieben. Jetzt Ich habe gesehen, wie ich Gott anbete; oh wie elend
ich bin! Und was für ein kleiner Tropfen bin ich im Vergleich zu jener
vollkommenen himmlischen Herrlichkeit.
Mit den Tagen Allerheiligen und Allerseelen hinter uns scheint es wie eine
gute Zeit, zu untersuchen, was mit uns nach dem Tod geschieht, genauer
gesagt, wohin unsere ewigen Seelen gehen, wenn unser Körper stirbt.
Im Geiste eines hoffnungsvollen Blickes auf das, was den Gläubigen nach
dem Tode erwartet, zeige ich euch zehn Perspektiven des Himmels nach
den Heiligen, von denen einige sogar glücklich waren, sie aus erster Hand
zu erleben, bevor oder nachdem sie gestorben sind, und berichten es zu
uns.
Sankt Faustina schrieb ausführlich über ihre spirituellen Reisen ins
Paradies und in die Verdammnis in ihren Tagebüchern, die von der Kirche
als wahre Enthüllungen anerkannt wurden. Nachdem Faustina von ihren
Himmelsvisionen traumatisiert worden war, erhielt sie das Gebet der
göttlichen Barmherzigkeit, um die Welt im Krieg die Seelen zu retten.
Aber traurig, wenig Aufmerksamkeit wurde auf ihre ermutigenden
Visionen des Himmels gegeben, über die sie schrieb:
„Heute war ich im Himmel, im Geiste, und ich sah seine unvorstellbaren
Schönheiten und das Glück, das uns nach dem Tod erwartet. Ich sah, wie
alle Kreaturen unaufhörliches Lob und Preis Gott geben. Ich sah, wie groß
das Glück in Gott ist, das sich auf alle Geschöpfe ausbreitet und glücklich
macht; und dann kehrt alles Ruhm und Lob, das aus diesem Glück
entspringt, zu seiner Quelle zurück; Und sie treten in die Tiefen Gottes ein
und betrachten das innere Leben Gottes, den Vater, den Sohn und den
Heiligen Geist, den sie nie verstehen oder erfassen werden. Diese Quelle
des Glücks ist unveränderlich in ihrem Wesen, aber sie ist immer neu und
sprudelt das Glück für alle Kreaturen aus.“
Alfons Maria de Liguori erzählte eine Geschichte, die ihm von einem
Vorgesetzten des Jesuitenordens über einen anderen Vorgesetzten, der ihm
nach seinem Tode erschien, mitgeteilt wurde, und gab einen ausführlichen
Bericht darüber, welche Art von Behandlung verschiedene Menschen im
Himmel erwarten können. Nach dem verstorbenen Vorgesetzten sind die
Belohnungen des Himmels nicht gleich für alle, die hereinkommen, aber
alle, die hereinkommen, sind gleichmäßig erfüllt:
„Ich bin im Himmel, Philipp II, König von Spanien, ist auch im Himmel.
Wir beide genießen die ewigen Belohnungen des Paradieses, aber sie sind
sehr unterschiedlich für uns. Mein Glück ist viel größer als seines, denn es
ist nicht wie damals, als wir noch auf Erden waren, denn da war er König
und ich ein Bürger. Wir waren so weit voneinander entfernt wie die Erde
vom Himmel, aber jetzt ist es umgekehrt: So niedrig ich war, wie ich mit
dem König auf Erden verglichen wurde, so überrage ich ihn jetzt in
Herrlichkeit im Himmel. Aber wir sind beide glücklich, und unsere Herzen
sind vollkommen zufrieden.“
Papst Gregor der Große sprach von der übernatürlichen Einheit der ganzen
Gemeinschaft der Heiligen im Himmel und ihrer scheinbar unendliche
Erkenntnis: „Daneben wird den Heiligen im Himmel eine wunderbarere
Gnade verliehen, denn sie kennen nicht nur sie, mit denen sie in dieser
Welt kennen gelernt hatten, sondern auch diejenigen, die sie nie zuvor
sahen, und die sich mit ihnen in einer so vertrauten Art und Weise
unterhielten, als ob sie in der Vergangenheit einander gesehen und gekannt
hätten und daher die alten Väter dort sehen würden, von der ewigen
Glückseligkeit, dann werden sie diese durch Sehen kennen, die sie immer
in ihrem Leben und in der Konversation kannten. Denn sehen tun sie an
diesem Ort mit unaussprechlicher Helligkeit, gemeinsam mit allen, Gott
sehen, was gibt es, dass sie nicht wissen, die wissen alles?“
Augustinus: „Dort wird der gute Wille so in uns geordnet werden, dass wir
keinen anderen Wunsch haben werden, als dort ewig zu bleiben.“
Philipp Neri: „Wenn wir nur in den Himmel kommen, was für eine süße
und leichte Sache wird es sein, immer mit den Engeln und den Heiligen
Sanctus, sanctus, sanctus zu sagen.“
Anselm von Canterbury: „Niemand wird ein anderes Verlangen im
Himmel haben als das, was Gott will; und der Wunsch von einem wird der
Wunsch von allen sein; und der Wunsch von allen und von jedem wird
auch der Wunsch von Gott sein.“
Jean Vianney: „O meine lieben Pfarrkinder, lasst uns streben, in den
Himmel zu kommen! Dort werden wir Gott sehen. Wie glücklich wir sein
werden! Wenn die Gemeinde umgewandelt wird, gehen wir in
Prozessionen mit dem Pfarrer an die Spitze. Wir müssen in den Himmel!“
Bernadette Soubirous: „Meine Krone im Himmel möge mit Unschuld
glänzen und ihre Blumen mögen strahlend wie die Sonne sein. Die Opfer
sind die Blumen, die Jesus und Maria gewählt haben.“
Thomas Morus: „Die Erde hat kein Leid, das der Himmel nicht heilen
kann.“
Der Himmel ist ein wunderbarer Ort, und wir sollten alle danach streben,
dorthin zu gelangen. Aber vielleicht kommt das am meisten ermutigende
himmlische Zitat von der heiligen Therese von Lisieux, die kleine Blume,
die darauf hinwies, dass so herrlich wie der Himmel ist, Gott die
Gegenwart seiner Kinder unendlich wünschenswerter findet: „Unser Herr
tut nicht jeden Tag vom Himmel herunterkommen, um in einem goldenen
Ziborium zu liegen. Er kommt, um einen anderen Himmel zu finden, der
ihm unendlich teurer ist - den Himmel unserer Seelen, der in seinem Bilde
erschaffen wurde, die lebendigen Tempel der bezaubernden Dreieinigkeit.“
Schwester Faustina: „Ih sah zwei Straßen, eine war breit, mit Sand und
Blumen bedeckt, voller Freude, Musik und allerlei Freuden, und die Leute
gingen dahin, tanzten und liebten sich und erreichten das Ende, ohne es zu
merken Am Ende der Straße gab es einen schrecklichen Abgrund, das
heißt, den Abgrund der Hölle, die Seelen fielen blind hinein, als sie gingen,
fielen sie, und ihre Zahl war so groß, dass es unmöglich war, sie zu zählen.
Ich sah die andere Straße, oder besser gesagt, einen Weg, denn er war eng
und mit Dornen und Felsen bestreut, und die Leute, die darauf gingen,
hatten Tränen in ihren Augen, und alle Arten von Leiden trafen sie,
manche fielen auf die Felsen, aber standen sofort auf und gingen weiter,
und am Ende der Straße war ein prächtiger, mit allen möglichen
Glücksgefühlen gefüllter Garten, und alle diese Seelen traten dort ein, und
im allerersten Augenblick vergaß sie alle ihre Leiden.“
Der Heilige Don Bosco hatte eine Vision des Himmels in Form eines
Traums, den er mit seinen Knaben bei einem seiner berühmten
Schlafgespräche verwandte.
1876 erschien ihm sein jüngst verstorbener Schüler Sankt Dominik Savio
im Traum. Don Bosco erzählte seinen Schülern:
Wie ihr wisst, kommen Träume im Schlaf. So während der Nachtstunden
des 6. Dezembers, während ich in meinem Zimmer war - ob ich las oder
hin und her schritt oder in meinem Bett ruhte, bin ich mir nicht sicher – da
begann ich zu träumen.
Es schien mir plötzlich, dass ich auf einem kleinen Berg oder Hügel an
dem Rand einer breiten Ebene stand, die so weitreichend war, dass das
Auge seine Grenzen, die in der Weite verloren waren, nicht umfassen
konnte. Alles war blau, blau wie das ruhigste Meer, aber was ich sah, war
kein Wasser. Es glich einem hochglänzenden, glitzernden Glas.
Ausgebreitet unter mir, hinter mir und auf beiden Seiten von mir war eine
Weite von dem, was aussah wie die Meeresküste.
Breite, imposante Alleen unterteilten die Ebene in große Gärten von
unbeschreiblicher Schönheit, von denen jede durch Dickicht, Rasen und
Blumenbeete von verschiedenen Formen und Farben zerbrochen wurde.
Jede Art und jede einzelne Pflanze funkelte mit einer eigenen Brillanz.
Keine der Pflanzen, die wir kennen, könnte euch jemals eine Vorstellung
von diesen Blumen geben, obwohl es eine Ähnlichkeit der Art gab. Das
Gras, die Blumen, die Bäume und die Früchte, alle waren von einzigartiger
und herrlicher Schönheit. Blätter waren von Gold, Stämme und Äste waren
von Diamanten, und jedes kleine Detail war im Einklang mit diesem
Reichtum. Die verschiedenen Pflanzenarten waren unzählbar.
Jede Art und jede einzelne Pflanze funkelte mit einer eigenen Brillanz.
Über die ganze Ebene verstreut, konnte ich unzählige Gebäude sehen,
deren Architektur, Pracht, Harmonie, Größe und Höhe so einzigartig
waren, dass man sagen konnte, alle Schätze der Erde könnten nicht
ausreichen, um ein einziges zu bauen. Wenn nur meine Knaben ein solches
Haus hätten, sagte ich zu mir selbst, wie sie es lieben würden, wie
glücklich sie sein würden und wie sehr sie es genießen würden! So gingen
meine Gedanken, als ich auf das Äußere jener Gebäude blickte, aber wie
viel größer muß ihre innere Pracht gewesen sein!
Als ich dort stand und an der Pracht jener Gärten mich ergötzte, hörte ich
plötzlich Musik, mir am liebsten, eine so reizvolle und bezaubernde
Melodie, die ich nie angemessen beschreiben könnte. Hunderttausend
Instrumente spielten, jedes mit seinem eigenen Klang, einzigartig
verschieden von allen anderen, und jeder mögliche Ton setzte die Luft
lebendig mit seinen resonanten Wellen in Bewegung.
Blendend schön mit ihnen waren die Lieder der Chöre.
In diesen Gärten sah ich eine Menge Leute, die sich glücklich erfreuten,
einige sangen, andere spielen, aber jede Note hatte die Wirkung von
tausend verschiedenen Instrumenten, die zusammen spielten. Gleichzeitig,
wenn man sich so etwas vorstellen kann, hört man alle Töne der
chromatischen Tonleiter, vom tiefsten bis zum höchsten, doch in
vollkommener Harmonie. Ach ja, wir haben auf der Erde nichts
Vergleichbares mit dieser Symphonie.
Man konnte aus dem Gesichtsausdruck jener fröhlichen Gesichter
erkennen, daas die Sänger nicht nur die tiefste Lust am Gesang ergriff,
sondern auch, dass sie eine große Freude daran hatten, den anderen
zuzuhören. Je mehr sie sangen, desto dringender wurde ihr Wunsch zu
singen. Je mehr sie hörten, desto lebendiger wurde ihre Sehnsucht, mehr
zu hören.
Als ich dem himmlischen Chor begeistert zuhörte, sah ich eine endlose
Menge Knaben, die sich mir näherten. Viele erkannte ich als solche, die im
Oratorium und in unseren anderen Schulen gewesen, aber bei weitem die
Mehrheit von ihnen war mir völlig fremd. Ihre endlosen Reihen näherten
sich, unter der Leitung von Dominik Savio, der von Pater Alasonatti, Pater
Chiali, Pater Guilitto und vielen anderen Klerikern und Priestern gefolgt
war.
Einmal kamen diese Knaben zu mir acht bis zehn Schritte, dann sie hielten
an. Es war ein Lichtblitz, der heller war als zuvor, die Musik hörte auf, und
eine stille Stille fiel über alles. Eine strahlende Freude umfasste alle
Knaben und funkelte in ihren Augen, ihre Gesichter glühten vor Glück. Sie
sahen und lächelten mich sehr angenehm an, als wollten sie sprechen, aber
niemand sagte ein Wort.
Dominik Savio trat ein oder zwei Schritte vor und stand so nah bei mir,
dass ich, wenn ich meine Hand ausgestreckt hätte, ihn bestimmt berührt
hätte. Er war auch still und blickte mich mit einem Lächeln an.
Endlich sprach Dominik Savio: „Warum stehst du so still, als wärst du fast
tot? fragte er. Bist du nicht derjenige, der einmal sich vor nichts fürchtete
und hielt stand gegen Verleumdung, Verfolgung, Feindschaft, Härten und
Gefahren aller Art? Wo ist dein Mut? Sag etwas!“
Ich zwang mich, in einem Stottern zu antworten: „Ich weiß nicht, was ich
sagen soll. Bist du Dominik Savio?“
„Ja, bin ich. Kennst du mich nicht mehr?“
„Wieso bist du hier?“ fragte ich.
Savio sprach liebevoll: „Ich kam, um mit dir zu sprechen. Wir sprachen so
oft auf Erden! Erinnerst du dich nicht daran, wie sehr du mich geliebt hast,
oder wie viele Freundschaftszeichen du mir gegeben hast und wie
freundlich du zu mir warst? Und habe ich nicht die Wärme deiner Liebe
zurückgegeben? Wie viel Vertrauen habe ich in dich gelegt! Warum ist
deine Zunge gebunden? Warum zitterst du? Komm und stell mir eine
Frage oder zwei!“
Als ich meinen Mut erhob, antwortete ich: „Ich zittere, weil ich nicht weiß,
wo ich bin.“
„Du bist in der Wohnung des Glücks“, antwortete Savio, „wo man jede
Freude, jede Wonne erlebt.“
„Ist das die Belohnung der Gerechten?“
„Ganz und gar nicht! Hier genießen wir kein übernatürliches Glück,
sondern nur ein natürliches, wenn auch stark vergrößert.“
„Darf ich ein wenig übernatürliches Licht sehen?“
„Niemand kann es sehen, bis er gekommen ist, Gott zu sehen, wie er ist.
Der leiseste Strahl dieses Lichtes würde sofort einen Toten treffen, weil die
menschlichen Sinne nicht robust genug sind, es zu ertragen.“
Hier endet die Erzählung von Don Boscos Traum.
Jesus: „Seelen, die in liebevoller Nächstenliebe enden und durch Liebe
gebunden sind, können nicht mehr in Tugend wachsen, sobald die Zeit
vergangen ist. Aber sie können für immer mit der gleichen Zuneigung
lieben, mit der sie zu mir gekommen sind, und durch diese Maßnahme
wird es ihnen zugemessen werden. Sie verlangen mich für immer, und für
immer besitzen sie mich, also ist ihr Wunsch nicht umsonst. Sie sind
hungrig und zufrieden, zufrieden und doch hungrig, aber sie sind mit
Sättigung nicht gelangweilt oder schmerzhaft in ihrem Hunger.
Für immer freuen sie sich in der Liebe vor dem Anblick von mir, indem sie
jene Güte teilen, die ich in mir habe und die ich ihnen nach dem Maß der
Liebe, mit dem sie zu mir gekommen sind, zumesse. Sie sind verliebt in
mich und ihre Nachbarn. Und sie sind alle vereinigt im Allgemeinen und
in besonderer Liebe, die beide von ein und derselben Caritas kommen. Sie
freuen sich und jubeln und teilen sich gegenseitig die Güte mit Liebe und
Zuneigung mit, außer dem universellen Gut, das sie alle zusammen haben.
Sie freuen sich und preisen sich mit den Engeln, und sie finden ihre Orte
unter den Heiligen nach den verschiedenen Tugenden, in denen sie in der
Welt hervorgehoben.
Und obwohl sie alle in dem Band der Nächstenliebe verbunden sind,
wissen sie eine besondere Art des Teilens mit denen, die sie am liebsten
mit einer besonderen Liebe in der Welt liebten, eine Liebe, durch die sie in
Gnade und Tugend wuchsen. Sie halfen einander, die Herrlichkeit und das
Lob meines Namens in sich und in ihren Nachbarn zu verkünden. So nun
haben sie im ewigen Leben diese Liebe nicht verloren; nein, sie lieben und
teilen sich noch viel mehr miteinander und fügen ihre Liebe zum Guten
hinzu.
Denn ich hätte nicht gedacht, dass dieses besondere Gut, das sie haben, nur
für sich selbst ist. Nein, es wird von allen ihren gerechten Gefährten,
meinen geliebten Kindern und allen Engeln geteilt. Denn wenn eine Seele
das ewige Leben erreicht, haben alle Anteil an ihrem Guten und sie an ihr
selbst. Nicht, dass jedermanns Schiff kann größer werden oder müsste
mehr Füllung haben. Sie sind voll und können nicht größer werden. Aber
sie erleben eine neue Frische in ihrer Erhebung, eine Fröhlichkeit, einen
Jubel, eine Freude, diese Seele zu kennen. Sie sehen, dass sie durch
Barmherzigkeit von der Erde in der Fülle der Gnade aufgehoben worden
sind, und so sind sie in mir jubelnd über das Gute, das die Seele von
meiner Güte empfangen hat.
Und diese Seele findet Freude in mir und in all diesen Seelen und
gesegneten Geistern, die in ihnen die Süße meiner Liebe sehen und
schmecken ließen. Ihre Wünsche sind ein fortwährendes Beten zu mir für
die Rettung von anderen, denn sie beendeten ihre Leben, die ihre Nächsten
liebten, und sie ließen nicht diese Liebe zurück, aber holten sie mit ihnen,
als sie durch dieses Tor gingen, das der eingeborene Sohn ist. So siehst du,
dass, was Bindung der Liebe im Leben beendet, diese Bindung ist ihre für
immer und dauert ewig.
Sie sind meinem Willen so konform, dass sie nur können, was ich will. Als
die Zeit für sie zu Ende ging und sie in der Gnade starben, war ihre
Freiheit so mit den Ketten der Nächstenliebe verbunden, dass sie nicht
mehr zur Sünde fähig sind. Ihr Wille ist so eins mit meinen, dass, selbst
wenn ein Vater und eine Mutter ihr Kind in der Hölle sähe, oder ein Kind
seinen Vater, es sie nicht stören würde. Sie würden sich sogar damit
begnügen, sie zu bestrafen, weil sie meine Feinde sind. Nichts bringt sie in
Widerspruch zu mir. Alle Wünsche werden erfüllt...
Die Güte dieser Seelen ist über das hinaus, was das Auge deines Auges
sehen kann oder dein Ohr hören oder deine Zunge beschreiben oder dein
Herz sich vorstellen kann. Welche Freude haben sie, mich zu sehen, die
alle gut sind! Welche Freude werden sie noch haben, wenn ihr Körper
verherrlicht wird! Aber solange sie diese nicht bis zum allgemeinen Urteil
haben, leiden sie nicht. Sie haben Glück, denn die Seele ist erfüllt, und an
dieser guten Fülle wird der Körper teilhaben...
Diese Seelen warten auf das göttliche Gericht mit Freude, nicht mit Furcht.
Und das Antlitz des Sohnes wird ihnen weder erschreckend noch hassend
erscheinen, denn sie haben ihr Leben in der Nächstenliebe beendet,
erfreuen sich an mir und sind mit Wohlwollen gegenüber ihren Nächsten
erfüllt. Die verschiedenen Erscheinungen des Gesichts Jesu, wenn er in
seiner Majestät zum Gericht kommt, werden nicht in ihm sein, sondern in
denen, die von ihm gerichtet werden sollen. Den Verdammten wird er nur
mit Hass erscheinen, aber den Erretteten mit Gnade und Liebe.“
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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


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DIE EHE VON JESUS UND MAGDALENA
ODER
GNOSTISCHE BRIEFE FÜR FORTGESCHRITTENE

von Josef Maria von der Ewigen Weisheit


VORBEMERKUNG DES HERAUSGEBERS

Im Januar des Jahres 2017 wurde nach einem Terroranschlag auf das
Katharinenkloster auf dem Sinai durch die Detonation einer Bombe eine
unterirdische Höhle geöffnet, in der die hier vorliegende Schriftrolle
gefunden wurde. Sie ist auf syrisch verfasst, enthält aber auch koptische
und chaldäische Vokabeln. Man kann sie etwa auf das Jahr 165 nach
Christus datieren. Diese Schrift ist für das Studium der Geschichte der
gnostischen Häresie nicht uninteressant. Im Auftrag von Papst Franziskus
hat eine Kommission von namhaften Theologen den Text zuerst ins
Lateinische übersetzt, daraufhin habe ich für die große Nation der Dichter
und Denker den Text aus dem Original ins Deutsche übersetzt.
Aus dem Vatikan, am 13. Mai 2017,
Pater Petrus Schwanke SJ

GESCHICHTE DER FRANZÖSISCHEN MONARCHIE BIS LUDWIG


XVI

CHLODWIG
LUDWIG DER HEILIGE
LUDWIG XIV
LUDWIG XVI

NAPOLEON DER ANTICHRIST

WIEDERKUNFT JESU MIT MAGDALENA DER SCHWESTER DER


ENGEL

ERSTER BRIEF

Geliebte Susanna, redlicher Marcus!

Am Anfang waren die Mutter des Schweigens und der Vater des Zorns. Es
war noch kein Meer, keine Flüsse, keine Berge, weder Himmel noch Erde,
weder Sterne noch Menschen. Vor aller Schöpfung, vor der Erschaffung
von Raum und Zeit, unsichtbaren und sichtbaren Geschöpfen, sage ich,
liebten sich als die ersten und höchsten Gottheiten die Mutter des
Schweigens und der Vater des Zorns.
Die Mutter des Schweigens ist die Urschönheit, der Inbegriff und die
Quelle aller Schönheiten. Die Mutter des Schweigens ist die vollkommene
Güte und Barmherzigkeit. Darum liebt sie der Vater des Zornes, denn sie
ist sein Friede.
Die heilige Hochzeit, der hieros gamos der Mutter des Schweigens und des
Vaters des Zornes war die mystische Vereinigung von Gott-Natur und
Gott-Geist. Sie ist die innergöttliche Vermählung von Transzendenz und
Immanenz.
Der Vater des Zorns ist die göttliche Kraft. Er ist die Allmacht und das
göttliche Wissen. Sein heiliger Zorn ist die Quelle seiner männlichen
Energie. Durch diese Energie wird er zum Werkmeister, zum intelligenten
Creator und Designer.
Wer, mag man fragen, hat die Hochzeit der höchsten Gottheiten gesegnet?
Niemand, denn es war kein anderes Wesen da. Es war auch kein höheres
Wesen, dass sie hätte segnen können. Es gab auch noch keinen Priester.
Nein, sondern sie sahen, liebten sich und vereinigten sich.
Was war das Ehebett des Vaters des Zornes und der Mutter des
Schweigens? Es war das Bett der Ewigkeit, das Bett der ewigen Liebe. Der
Allmächtige und die Schöne Liebe vereinigten sich im Bett der Ewigkeit,
und das war das Siegel ihrer heiligen Hochzeit.
Der Wein des allmächtigen Vaters floss über in den Mund der Mutter der
Schönen Liebe, da ward sie trunken, wie er trunken war, und sie lachten in
der Freude der nüchternen Trunkenheit des Geistes ihr olympisches
Lachen beim Werk der Liebe.
So ward schwanger die Mutter des Schweigens vom zeugenden Samen des
zornigen Vaters. Er hatte seine allmächtige Kraft in ihre göttliche
Ohnmacht ergossen, und sie ward zur Göttin der geistlichen Fruchtbarkeit.
Neun ewige Monde vor der Erschaffung der Zeit gebar in göttlichen
Wehen die Göttin der himmlischen Fruchtbarkeit ihre Erstgeborenen, die
Zwillinge, maskulin und feminin, nämlich den himmlischen Äon des
Christus und den himmlischen Äon der Sophia.
Wer aber taufte die göttlichen Zwillinge? Ich sage, in ihrer Kindheit
niemand. Denn der allmächtige Vater in seiner Allwissenheit sah voraus
die Endzeit, da der erwachsene Jesus freiwillig mit viel Wasser wird
getauft werden.
So waren denn der Äon Christus und der Äon Sophia die lebendige Frucht
der erotischen Liebe, die den Vater des Zorns mit der Mutter des
Schweigens vermählt hatte.
Mehr sag ich für heute nicht.
Es grüßen euch die Mutter Monica von Rom, die Jungfrau Dina von
Bethlehem und die fröhliche Kindermutter Sabina von Rom. Die Gnade
der höchsten Gottheiten sei mit euch. Ich grüße euch mit dem heiligen
Bruderkuss und dem heiligen Kuss der Liebe,
Euer Gnostiker Josef.

ZWEITER BRIEF

An die Geliebten der Pneumatischen Kirche, den ehrwürdigen Bruder


Marcus und die holdselige Schwester Susanna!

Friede zuvor, ihr Lieben, und Huld von den himmlischen Mächten!
Wer sind die beiden Erstgeborenen? Logos und Sophia, das himmlische
Paar. Sie sind vom Vater des Zorns für einander bestimmt. In aller
Ewigkeit haben sie einander erwählt. Es gibt in den himmlischen Welten
des Pleromas einen mystischen Spiegel, speculum immaculatae, in diesem
Ideen-Spiegel haben Logos und Sophia einander als Braut und Bräutigam
erkannt.
Weil die präexistenten Seelen der Erstgeborenen einander zusammen in
dem Spiegel Gottes geschaut haben als Eheleute, darum werden sie
einander in allen Reinkarnationen wiedererkennen als für einander
bestimmte Eheleute.
Unsere älteren Brüder, die Juden, nennen die Äone Christus und Sophia
die Sephirot Chochma und Bina.
Die unergründliche und unerkennbare Gottheit, en-soph oder deus
absconditus, offenbart sich in ihren göttlichen Hypostasen, deren höchste
die Krone ist, dann folgen Chochma und Bina. Chochma ist die Weisheit
oder Sophia, Bina ist die Vernunft oder der Logos. Die Vernunft ist der
Vater der Götter und Menschen, die Weisheit ist die Mutter der
zehntausend Dinge. Erst in ihrer Vereinigung bilden sie das Abbild der
zweifaltigen Gottheit.
Der Logos ist der Bundesgott der Männer. Der Logos ist der göttliche
Philosoph der Philosophen und der Geliebte für seine Freunde im Kloster.
Sophia ist die Bundesgöttin der Frauen, vor allem der priesterlichen
Jungfrauen im theosophischen Nonnenkloster. Die priesterlichen
Jungfrauen sind die Avantgarde des weiblichen Geschlechts, denn Sophia
wird auch die schwer zugängliche Mutter genannt. Die Mütter in ihren
Kinderstuben können sie kaum finden. Darum erwählt die Bundesgöttin
Sophia ihre keuschen Jungfrauen, die das heilige Feuer der Weisheit hüten.
Die Theologen der christlichen Kirche sagen: Was hat Gott vor der
Schöpfung der Welt getan? Und sie antworten: Er hat Ruten geschaffen zur
Züchtigung der Narren, die solcherlei fragen.
Aber uns Weisen ist es ein Ärgernis, dass die christlichen Theologen
immer die Dummheit des Volkes selig preisen. Wir eingeweihten
Gnostiker und wahren Pneumatiker haben Visionen und Offenbarungen im
Dritten Himmel geschaut und Worte des Paradieses gehört, die den
christlichen Narren unbegreiflich sind.
Was weiß ich von der Hochzeit des Gottes Logos und der Göttin Sophia?
Sie liebten einander wie die Götter und Göttinnen des Olymps: Sie sahen
einander, sie entbrannten für einander, sie vereinigten sich und gaben sich
ganz hin. Dann, in der Morgenröte der Ewigkeit, erhoben sie sich vom Bett
der unio mystica und baten den himmlischen Vater um seinen Segen für
ihre Ehe. Und der allmächtige Vater gebot den vereinigten Äonen: Seid
fruchtbar und mehret euch.
Sophia aber im siebenten Mond ihrer Ehe gebar, und was sie gebar, das
waren göttliche Zwillinge und ewige Äonen, maskulin und feminin,
nämlich sie gebar den Paraklet und die Kyriake, auch Heiliger Geist und
Kirche genannt. Diese Kirche oder Kyriake allerdings war keine
menschliche Sekte, sondern eine platonische Idee.
Dies soll für heute genügen. Wer die Götter im Herzen hat, in dessen
Herzen ist immer Frühling.
Euer Pneumatiker und Theosoph Josef.

DRITTER BRIEF

An den Morgenstern der Gemeinde, Susanna, und den Meister der


Beredsamkeit, Marcus!

Heil euch im Kranz der Gerechtigkeit!


Ihr Lieben, neulich durfte ich euch schreiben von der Geburt der göttlichen
Äone, des Parakleten und der Kyriake. Darüber gebietet mir der Himmel,
euch weitere Offenbarungen mitzuteilen.
Der Paraklet ist der Vater der Armen und der Tröster. Er ist friedlich wie
eine Taube, belebend wie lebendiges Wasser, reinigend wie Feuer und
unterweisend wie die Zunge. Er gibt die sieben Gaben, die Gottesfurcht,
die Frömmigkeit, die Weisheit, die Einsicht, die Gotteserkenntnis, die
Tapferkeit und den guten Ratschlag. Er bringt hervor die Früchte der
Keuschheit und Sanftmut, der Güte und der Geduld, des Friedens und der
Freude, wir sehen also Susanna erfüllt vom Heiligen Geist. Der Paraklet
gab mir die Gaben der Weisheit, der Lehre und den heiligen Prophetismus.
Weniger bekannt ist der Äon Kyriake. Sie ist die platonische Idee der
Kirche. Sie ist eine makellose Konzeption, eine keusche Jungfrau, eine
mystische Braut des Parakleten und eine Mutter der Pneumatiker.
Die Jungfrau Kyriake war in tiefer Beschauung des himmlischen Vaters,
als der Paraklet zu ihr kam wie eine Taube, sich niederließ auf ihren
Schoß, die Schwingen spreizte, schnäbelte und pickte.
Der Paraklet ist auch die goldene Wolke der Herrlichkeit und ließ sich
nieder auf das Tabernaculum der Jungfrau Kyriake. Wie Jupiter der
Jungfrau Danae sich vereinigte im strömenden goldenen Regen, so
überschattete der Paraklet die makellose Konzeption und zeugte in ihr.
Nun war aber der Paraklet die letzte göttliche Hypostase und brachte keine
neue göttliche Hypostase hervor. Dennoch wurde die Jungfrau Kyriake
besamt und ward zur Göttin der Fruchtbarkeit und gebar ohne Wehen.
Aber was sie gebar, war kein weiterer Äon, sondern ein Mittler, nämlich
der Archont Sabaoth. Von diesem Archonten, den die Somatiker der Welt
und die Psychiker der Kirchen als Schöpfergott ehren, demnächst mehr.
Alle guten Geister seien mit euch! Der Schutzmantel der Kirche des
Heiligen Geistes beschütze euch und vermittle euch himmlische Weisheit!
Josef der Philosoph.

VIERTER BRIEF

Epistel an die Gemeinde der Hyperboräer, den Ältesten Marcus und die
Diakonisse Susanna, von Josef, der Zither des Heiligen Geistes.

Von dem Archonten Sabaoth wissen wir, dass er der Schöpfer der Welt ist,
Creator ex nihilo. Wenn aber Sabaoth aus dem Nichts geschaffen, was ist
dann das Nichts? Ist das Nichts ein ewiger Urstoff? Aber der Urstoff ist ja
erst von Sabaoth geschaffen worden. Der Philosoph nennt nun das Nichts
die feminine Geliebte des Archonten Sabaoth, aus der er, wie Marduk aus
der Meeresgöttin Tiamat, die Welt gebildet hat.
Was nun das Wesen des Archonten Sabaoth ist, erkennen wir aus der
Schöpfung seiner Kraft. Ist die Welt gut oder böse? Der Philosoph nennt
den Krieg den Vater aller Dinge. Krieg und Sieg und Tod bringen die Welt
in ihrer Entwicklung voran. Am namenlosen Leiden der Kreaturen
erkennen wir das Wesen des schöpferischen Archonten als das eines Gottes
voll Zorn und Grimm.
Der allerhöchste Gott ist unbefleckt. Er gibt sich nicht mit einer niederen
Materie ab. Nein, der dämonische Archont schuf die prima materia und die
geistigen Urformen. Er schuf sie, indem er einen Urkeim des Kosmos in
das Nichts setzte. In diesem Urkeim waren erst enthalten Zeit und Raum,
sichtbare und unsichtbare Geschöpfe. In einer plötzlichen Explosion
begann sich die konzentrierteste Energie zu entfalten, dass Zeit und Raum
entstanden.
In diesem Urkeim der Schöpfung aber saß, vom Archonten Sabaoth
eingeblasen, der göttliche Eros. Dieser göttliche Eros in seiner ewigen
Intelligenz bewirkt die Evolution der Schöpfung. Eros gebietet den
Geschöpfen Ort und Stunde ihres Erscheinens in der Wirklichkeit. Darum
ist Eros der Erste und Älteste aller Götter. Der Weise nennt Eros den
Evolutionator des Kosmos, das A und O des Kosmos, und eine
fortschreitende Erotisierung des Kosmos führt die Schöpfung zum Omega-
Punkt, da der Kosmos in der vollkommenen Symphonie des Sphäros
ertönt.
Wie die prima materia und die geistige Urform aus diesem Urkeim
emaniert sind, so ist auch die Existenz des Menschen zu dem von Eros
vorherbestimmten Zeitpunkt in der Geschichte des Kosmos aufgetreten.
Nun ist aber, wie der östliche Philosoph sagt, die Existenz des Individuums
ein Leiden und Unheil. Und darum, wie der griechische Philosoph sagt,
weil das Dasein an sich schon Schuld ist, darum ist des Menschen Dasein
seine Buße.
O meine Mutter! Wehe! Weh mir, dass du mich geboren hast! Wäre ich
doch in deinem Mutterschoß wie eine Fehlgeburt gestorben, dann hätte ich
Ruhe!
Ihr Lieben, aber Heiterkeit, als ein Gottesdienst an den höchsten
Gottheiten, sei mit euch!
Geschrieben am Sabbath zu Rom. Es grüßt euch eure Schwester, meine
Herrin, die Koinonia von Roma.
Josef.

FÜNFTER BRIEF

An die Lilie Susanna und den Eichbaum Marcus, Gruß von Josef dem
Trauerschwan!

Heute möchte ich euch von der Urtragödie der Menschheit erzählen. Ein
Narr ist, wer mehr gibt, als er hat. Ich habe alle gnostischen Evangelien
gelesen und zum Teil aus dem Koptischen ins Lateinische übersetzt, ich
habe alle Platoniker gelesen, die heidnischen und die christlichen, und alle
sprechen von dem himmlischen Sündenfall, aber keiner offenbart, worin
die Sünde Sophias bestand. Ich denke mir, dass die Heiligen Scheu hatten
vor den Himmlischen und darum diskret dies Thema vermieden.
Möglicherweise erwachte in dem Äon Sophia der Geist der Weltlichkeit,
die Liebe zur Materie. So liebte Eva die verbotene Feige, so waren die
Israeliten des ewigen Manna überdrüssig und sehnten sich nach den
Fleischpfannen Ägyptens. Möglicherweise war es Sophia satt, immer nur
in den unbefleckten Spiegel Gottes zu schauen, und sie begann, sich nach
den irdischen Genüssen zu sehnen.
Sicher sagen die Mystiker, dass der himmlische Äon Sophia nach dem
Sündenfall in die böse Materie gestürzt ist und dort als gefallene Weltseele
wirkte. Sie riss sich von ihrem Ehemann Christus los und ward zur
heiligen Hure in der materiellen Welt. Hier erfuhr sie Leid und Tod, darum
seufzt sie nach ihrem Retter und Heiland, dem himmlischen Bräutigam
Christus, dass er sie aus dem Kerker der Materie erlöse und wieder
heimführe in das himmlische Pleroma zur himmlischen Hochzeit und
mystischen Vereinigung und Gottes-Ehe.
Ihr Lieben, was Jesus unter den Gottessöhnen, ist der göttliche Platon
unter den Philosophen. Dem Platon offenbarte der Heilige Geist, dass die
menschliche Psyche vor ihrer Empfängnis selig im Ideenhimmel war und
im Spiegel der Gottheit die himmlischen Götter sah, wie die göttliche
Liebe, die göttliche Schönheit und die göttliche Weisheit. Dann aber
geschah der himmlischen Psyche ihr Sündenfall und sie ward vom
zornigen Vater in den Kerker des Fleisches verbannt. Auf dem Weg ins
Fleisch trank die gefallene Psyche vom Wasser der Lethe, dem Fluss des
Vergessens, und so vergaß sie die göttliche Wahrheit und ward zur Närrin
auf Erden. Nur Künstler und Philosophen tranken von der Lethe nicht
mehr, als dass sie nur drei Tropfen nippten. Darum haben Künstler und
Philosophen eine deutlichere Ahnung von der seligen Schau der Götter in
ihrer Seele. Aber wenn die Psyche auf Erden zu lieben beginnt, erweckt
Eros ihre Flügel, begeistert erinnert sich Psyche dann wieder an die
himmlische Liebe und Schönheit.
Die Juden sagen, die Seelen, die vor ihrer Empfängnis für einander von der
Vorsehung bestimmt waren und gemeinsam in den Spiegel der Gottheit
schauten und sich zusammen im Spiegel als Eheleute sahen, die sind auf
Erden getrennt, suchen aber ihre vorherbestimmte Parallel-Seele.
So wird vom Kaiser von China und seiner Lieblingskonkubine, der
schönsten Frau der Welt, erzählt, sie hätten vor ihrem Leben im Himmel
jeder die Hälfte eines Spiegels erhalten, und seien auf Erden erst selig
geworden, als die den Partner mit der passenden Spiegelhälfte gefunden
hatten. Und so muss es wohl mit euch sein, Marcus und Susanna, denn ihr
seid von Gott für einander erschaffen worden, wie zwei vereinigte
Samentropfen in der Hand des allmächtigen Vaters.
Der Philosoph sagt, aus der Einen Über-Gottheit sei in einer Emanation
der Geist hervorgegangen, aus dem Geist die Weltseele, aus der Weltseele
die Natur.
Diese gefallene Weltseele ist die gefallene Sophia, die von den Ägyptern
als Mondgöttin Isis verehrt wurde. Sie irrt umher wie ein von Herzen
betrübtes Weib und ruft: Maranatha, Komm, Herr Jesus!
Und der Geist und die Braut seufzen: Komm, Herr Jesus!
Euer Josef, der verbannte Unsterbliche.

SECHSTER BRIEF

An Marcus, very sophisticated, und an Susanna, very charming!

Die Wahrheit sei mit euch!


Ihr Lieben, in den folgenden Briefen verfolge ich die gefallene Sophia, die
nach ihrem Erlöser sucht. Behaltet das im Sinn.
So will ich heute über Adam und Eva schreiben.
Von Mutter Erde oder Adama, der siebenten Erde, erhob sich Adam, der
Mensch. Die Juden nennen ihn Adam Kadmon, den androgynen
Urmenschen. Dieser androgyne Urmensch ist ein Mikrokosmos, ein
Spiegel für den Makrokosmos, ein Abbild der unergründlichen Gottheit
en-soph oder deus absconditus. Das Männliche im Hermaphroditen ist die
Seite des Zornes Gottes, Gottes Hass auf die Sünde. Das Weibliche im
Hermaphroditen ist die Seite der allverzeihenden Liebe Gottes bis hin zur
Indifferenz. Die Vermählung des Weiblichen und Männlichen in Adam
Kadmon ist die Vermählung des heiligen Zorns des Vaters mit der
indifferenten Liebe der Mutter, daraus geht hervor die Barmherzigkeit. Die
Barmherzigkeit Gottes liebt den Sünder, aber hasst die Sünde.
Adam, wie Salomo lehrt im Buch der Weisheit, war am Anfang ohne
Ehefrau, aber Sophia war mit ihm. Adam war der einsame Mensch und
Sophia seine göttliche Braut.
Wie der hyperboräische Philosoph lehrte, war es Adams Sündenfall, dass
er sich von der göttlichen Braut abkehrte und ein irdisches Weib an ihre
Stelle setzte, nämlich Eva. Da verlor Adam Kadmon, der Bräutigam der
göttlichen Sophia, seine androgyne Ganzheit und ward zum männlichen
Mann Adam, der begehrte das feminine Weibchen Eva.
Nun sehnt sich aber der nur-männliche Mann wie die nur-feminine Frau
nach dem Heil, nach der Ganzheit, nach der paradiesischen Androgynität
zurück. So kommt der göttliche Christus zur nur-femininen Eva, vermählt
sich mystisch mit ihr, sie wird eins mit ihm, so wird sie heil und heilig. So
kommt die himmlische Sophia zum nur-männlichen Adam, sie vermählt
sich mit ihm, er wird eins mit ihr, so wird er heil und heilig.
So ist eure irdische Ehe, Marcus und Susanna, die Ehe von Adam und Eva,
und als solche ein Abbild des hieros gamos der Äone Christus und Sophia
im Himmel.
Ihr werdet mir sagen: Paulus, du bist von Sinnen! Das viele Studieren hat
dich verrückt gemacht! Du redest im Wahnsinn, in Mania! Paulus sagte:
Nein, ich rede nicht in Mania, sondern in Logos und Sophrosyne, ich rede
nicht im prophetischen Wahnsinn, sondern in Vernunft und Besonnenheit.
Platon spricht von der Mania, dem heiligen Wahnsinn. Es gibt die Mania
der Poeten, die von den Musen verzückt weissagen. Es gibt die Mania der
Philosophen, die von Sophia verzückt weissagen. Es gibt die Mania der
Propheten, die von Theos verzückt weissagen.
Haltet mir ein wenig Torheit zugute! Denkt, er redet im prophetischen
Wahnsinn, er ist besessen von einem pythischen Dämon, er redet Orakel
wie die Sibyllen.
Euer Josef, trunken von der nüchternen Trunkenheit des Geistes.
SIEBENTER BRIEF

Liebe Venus Susanna, lieber Mars Marcus!

Charis sei mit euch!


Heute schreibe ich euch von einer der Reinkarnationen der gefallenen
Sophia, nämlich von der weltberühmten Helena von Sparta. Meine
Quellen sind die geheimen Offenbarungen von Simon Magus, die
homerische Ilias und das Epos Kyprien, von einem hyperboräischen
Poeten rekonstruiert.
Die Götter und Göttinnen waren auf einem Festmahl, als die Göttin der
Zwietracht hereinkam und sagte: Wer ist die Schönste von allen
Göttinnen? Da wetteiferten alle weiblichen Gottheiten um den Apfel, der
der Schönsten als Trophäe überreicht werden sollte. Wer aber sollte
Richter sein? Das sollte der Hirte Paris sein, der auf dem Berge Ida seine
Schafe weidete.
Drei höchste Göttinnen erschienen nun vor dem Hirten Paris: Die
Himmelskönigin Juno, die Kriegsgöttin Minerva und die Liebesgöttin
Venus.
Juno stand in einem langen goldenen Gewand vor Paris. Sie trug goldene
Sandalen an den Füßen. Ihre Arme waren Lilienarme. Neben ihr stand ein
Pfau. Sie sprach: Ich bin Juno, die Schwester und Gemahlin Jupiters, die
Himmelskönigin. Gib mir den Apfel des Schönheitspreises und ich mache
dich zum mächtigsten Mann auf Erden.
Dann erschien Minerva. Sie trug ein langes schwarzes Kleid. Auf dem
Haupt trug sie einen Helm, in den Händen hielt sie Schild und Lanze. Ihre
Augen waren Eulenaugen. Sie sprach: Ich bin Minerva, Zeus' Tochter, die
Göttin des Krieges. Gib mir den Apfel als Schönheitspreis und ich gebe dir
Sieg über alle deine Feinde und den Lorbeerkranz des Ruhmes eines
Feldherrn.
Dann erschien Venus, die lachenliebende Liebesgöttin, die
Schaumgeborne, die Schamerfreute. Sie trug ein kurzes rotes Kleidchen.
Ihre Oberschenkel und ihre Arme waren weiß, ihre vollen Brüste quollen
aus dem Kleidchen hervor. Sie sagte: Ich bin Venus, die Göttin der Liebe
und Schönheit. Gib mir den Apfel des Schönheitspreises und ich schenke
dir zur Geliebten die schönste Frau Griechenlands, Helena von Sparta, die
Ehefrau des braungelockten Menelaos.
Paris war unschlüssig. Alle Göttinnen waren himmlisch schön. Da zog
Venus ihr rotes Kleidchen aus und stand nackt vor Paris! Und
augenblicklich überreichte er den Apfel der nackten Göttin.
Nun war Paris aber ein Prinz, ein Sohn des Königs Priamos von Troja,
Bruder des Hektor und Äneas und der Kassandra. Gegen den Rat seiner
Brüder und die Prophezeiungen Kassandras rüstete er eine Flotte aus und
segelte nach Sparta.
Dort fand er Helena allein. Ihr Mann war in Geschäften unterwegs. Helena
war groß und sehr schlank, ihre goldenen Locken wallten bis zum Popo.
Paris beschenkte sie mit Schmuck und Parfüm und Kleidern. Sie ließ sich
gern verführen. Sie folgte ihm zu seinem Schiff und segelte mit ihm fort.
Am Strand der Insel der Liebe wälzten sie sich in der Gischt der Brandung
und vermischten sich in Liebe.
Dann kamen sie nach Troja in Kleinasien. Ihr eifersüchtiger Ehemann rief
Achilles und Agamemnon und Odysseus und andere griechische Heroen,
und der Zehnjährige Krieg begann.
Homer nennt Helena eine läufige Hündin. Eine skythische Dichterin
schrieb: Bei Licht betrachtet ist selbst Helena eine Schlampe. Aber Simon
Magus sagte: Helena von Sparta war eine Inkarnation der gefallenen
Sophia, der heiligen Hure, die nach ihrem himmlischen Bräutigam und
Erlöser seufzte.
Ihr Lieben, grüßt mir die Hausgemeinde von Zypern, besonders Sankt
Epaphroditus, den Bischof und Knecht der Aphrodite, und Sankt Nympha,
meine junge Geliebte.
Euer Josef

ACHTER BRIEF

An die mystische Sekte, den Stern der Gemeinde, Marcus, und den Engel
der Gemeinde, Susanna, von dem, der die Erleuchtung gefunden hat, Josef.

Die Liebe des Himmels sei mit euch!


Heute schreibe ich euch von einer weiteren Reinkarnation der gefallenen
Sophia. Geh auf den Gassen umher, du vergessene Hure, und sing deine
Lieder zur Lyra, auf dass man in siebzig Jahren deiner gedenke, sagt der
Prophet.
Sophias neuere Inkarnation war Helena von Tyrus. Sie war eine Hure und
arbeitete im horizontalen Gewerbe als Freudenmädchen im Freudenhaus.
Dort begegnete ihr durch Fügung des Schicksals Simon Magus.
Simon Magus ist aus den Akten der Apostel und aus den Akten Petri
bekannt. Wir finden seine Weisheit überliefert in den Büchern der
gnostischen Philosophen.
Er erkannte in der Hure Helena von Tyrus die neuste Inkarnation der
heiligen Hure Sophia, der gefallenen Weltseele. Er nahm sie als seine
Konkubine mit sich auf Reisen, sie kamen durch Samarien. Dort sah
Simon Magus die Apostel durch Handauflegung den Heiligen Geist
vermitteln, und Simon Magus begehrte die gleiche Gabe. Die Apostel
sagten: Du Sohn Belials, du denkst dir die Gnade Gottes durch Geld
erkaufen zu können? Hinweg mit dir, du Rattenschwanz des Antichristen!
Simon Magus reiste weiter mit seiner Konkubine und kam in die Ewige
Roma. Hier verkündete er: Ich, Simon Magus, bin die Dynamis Gottes,
und Helena von Tyrus ist die Sophia Gottes! Unsere heilige Hochzeit, die
Hochzeit des Magiers und der Hure, ist die Hochzeit der Kraft und der
Weisheit.
In jenen Tagen war der Apostel Petrus Bischof von Rom, und Marcus war
sein Schreiber. Petrus trat dem Simon Magus entgegen. Die Lehre des
Papstes war: Christus allein, sola Christus! Christus ist die Dynamis und
die Sophia Gottes.
Nun kam es zum Wettstreit der beiden Gelehrten. Simon Petrus und Simon
Magus stritten miteinander, wer weiser und wissender sei. Sie stritten, wer
die Vollmacht von oben habe. Sie stritten, welches die wahre Kirche sei,
die gnostische ecclesiola in ecclesia oder die katholische Kyriake?
Simon Magus sagte: Ich bin die Kraft Gottes! Und er erhob sich in die
Lüfte und schwebte über Rom am Himmel. Der Papst sagte: Christus ist
die Kraft Gottes, und wies auf die Sonne. Da begann die Sonne am
Himmel zu tanzen, bunte Funken zu sprühen, und schien auf die Erde zu
stürzen. Da stürzte Simon Magus, der Wundertäter, aus den Lüften und fiel
auf die Erde.
Helena von Tyrus aber liebte sowohl den Simon Magus als auch den
Simon Petrus. Sie war eben eine stadtbekannte Dirne. Sie wollte beide
Männer zu ihren Füßen sehen, den Sohn Belials und den Felsen der
Kirche. Denn diese Hure hatte eine Hurenstirn und wollte sich nicht
schämen. Die Zeichen ihrer Hurerei hingen zwischen ihren imposanten
Brüsten. Sie war nun einmal die gefallene Weltseele, die heilige Hure, die
Göttin Venus, die Tochter Babel, die Hure Babylon, die Mutter aller
Hurerei. Und in Wahrheit suchte sie nur ihren himmlischen Bräutigam und
Erlöser.
Damit den Gottheiten befohlen!
Josef

NEUNTER BRIEF

Seid gegrüßt, Marcus, du Zeder auf dem Libanon, und Susanna, du


Mystische Rose von Scharon!

Ich werde euch heute die Wahrheit über Jesus schreiben. Das Thema dieses
Briefes lautet: Die gefallene Sophia hat endlich ihren Bräutigam und
Retter Christus gefunden. Historisch gesprochen: Ich rede über die Ehe
von Jesus und Magdalena.
Wer war Jesus? Wer die Evangelien als Schriftgelehrter bis auf Punkt und
Komma studiert, wird sehen, dass es zwei Jesusse gab: Der eine stammte
von David über Salomo, der andere über Nathan ab. Wer Erkenntnisse
höherer Welten hat und in der geistigen Weltchronik im Äther lesen kann,
hat gesehen, dass der eine Jesus eine Wiedergeburt Buddhas, der andere
eine Wiedergeburt Zarathustras war. Als beide Jesusknaben im Alter von
zwölf Jahren im Salomonischen Tempel waren, wurden sie vertauscht. Der
eine Jesusknabe ging verloren, der andere kam im Alter von dreißig Jahren
an den Jordan.
Bei der Taufe Jesu durch Johannes den Baptisten, da mit viel Wasser
getauft wurde, öffnete sich der Himmel und der kosmische Christus-
Sonnengeist kam auf Jesus herab. Von der Stunde an war Jesus besessen
vom Christus-Sonnengeist.
Am Anfang der Schöpfung lösten sich Mond und Erde von der Sonne. Der
Regent der Sonne ist der Christus-Sonnengeist, der Regent des Mondes ist
Jehova mit den sieben Elohim. Die Aufgabe des Kosmischen Christus war
es, die Mutter Erde oder Adama heimzuholen und mit der Sonne
wiederzuvereinigen. Darum kam er auf die Erde.
Wenn ihr euch wundert über diese Wahrheit, miss ich euch sagen, dass die
Pneumatiker die Bibel anders lesen als die christlich-kirchlichen
Somatiker. Wo die Somatiker am Buchstaben kleben, erfassen wir
Pneumatiker intuitiv den Geist der Bibel. Dazu sagt ein arabischer Prophet,
die Christen hätten das Evangelium verfälscht. Um nun das wahre
himmlische Evangelium zu rekonstruieren, muss man, wie ich,
Erkenntnisse höherer Welten haben und in der Äther-Chronik zu lesen
wissen. Darin steht nicht nur die Wahrheit über Atlantis, sondern auch die
Wahrheit über Jesus. Soviel zur exegetischen Methode.
Die gefallene Sophia war reinkarniert in der Hetäre Magdalena. Hetäre
heißt Freundin. Im Hellenismus galten die Ehefrauen nicht viel, sie waren
ungebildet und taugten nur zur Hausarbeit und Kinderpflege. Wenn ein
Mann eine interessante Frau suchte, ging er zu einer Hetäre. Die Hetären
kannten griechische Philosophie, ägyptische Mysterien und die
Liebeskünste des Orients.
Sokrates war mit Xanthippe verheiratet. Als er morgens aus dem Haus
ging, warf sie ihm den Abfalleimer auf den Kopf. Er sprach lieber mit der
schönen Hetäre Aspasia.
Jesus, der göttliche Philosoph und jüdische Kyniker, ging auch zu einer
Hetäre, und zwar zu Magdalena, die in Magdala am See von Tiberias lebte.
Er sah, dass sie besessen war von sieben weiblichen Dämonen. Deren
Anführerin war Lilith, die Braut Luzifers, die Braut Samiels, die Braut
Asmodis. Lilith ist nicht nur eine Mörderin von ungeborenen Kindern,
sondern auch eine Verführerin. Wenn asketische Eremiten nachts allein in
ihrer Höhle schlafen, kommt Lilith, bringt die Eremiten zum Samenerguss
und saugt den Samen auf und zeugt damit Dämonenkinder. Jesus aber trieb
die Teufelin Lilith aus der Hetäre Magdalena aus.
Eines Tages saß Jesus mit sieben Schriftgelehrten zusammen. Sie lagen zu
Tische und tranken Wein. Dabei disputierten sie über die Brautmystik des
Propheten Hosea. Da kam Magdalena herein, trat an die Füße Jesu, ließ
Tränen auf seine Füße fallen, küsste die Füße, trocknete die Füße mit ihren
langen rotblonden Locken. Dann entblößte sie ihre idealischen Brüste.
Zwischen ihren Brüsten hing ein Myrrhebeutel. Der ganze Raum war
erfüllt von ihrem Duft.
Jesus, wahrer Mensch und höheres Selbst, und Magdalena, die öffentliche
Sünderin und stadtbekannte Dirne, beschlossen zu heiraten. Dies
Mysterium der Ehe von Christus Jesus und Sophia Magdalena wird im
Bericht der Hochzeit von Kana angedeutet. Jesus kam mit seinem
schwarzen Hund Sol und Magdalena mit ihrer weißen Katze Luna.
Alchemistisch gesprochen war es die Hochzeit des Roten Löwen und der
Weißen Lilie.
Weil Jesu Jünger auf der Hochzeit von Jesus und Magdalena soviel Wein
tranken, ging der Wein bald aus. Magdalena sagte: Herr, sie haben keinen
Wein mehr. Jesus sagte: Frau, was ist das zwischen mir und dir? Und Jesus
verwandelte Wasser in sechshundert Liter Wein. Petrus war zufrieden.
Wir sehen hier Jesus als göttlichen Bacchus. Magdalena ist die göttliche
Venus. Die Hochzeit von Jesus und Magdalena war ein Bacchanal. Der
Wein war das Aphrodisiakum.
So waren nun Jesus und Magdalena verheiratet. Die gefallene Sophia hatte
ihren Retter und Gatten gefunden, den himmlischen Christus.
Prosit! Euer Josef.

ZEHNTER BRIEF

An die ecclesiola in ecclesia, den conventikel pietatis, und zumeist an die


schöne Nympha!

Heute will ich schreiben vom Tod Jesu. Macht euch gefasst auf die
Vereinigung von Leidensmystik und erotischer Mystik, wovon ihr wenig
wisst, aber darum sendet mich der Geist, euch zu unterweisen. Ihr aber
macht mir mit eurer Schönheit eine stille Freude, am allermeisten du,
Nympha, Prinzessin Gottes!
In dem Garten Gethsemane schliefen Petrus und Johannes tief und fest,
denn sie hatten zuviel vom Hochzeitswein getrunken. Der Christus Jesus
war in kosmischer Einsamkeit. Da kam Judas mit einigen Soldaten und
küsste Jesus: Mein Freund und Bruder im Herrn, ich gebe dir zum Zeichen
der Männerfreundschaft den heiligen Bruderkuss! Salve! Die Soldaten
nahmen Jesus gefangen.
Da floh ein Jüngling, er ließ seine weiße Tunika fallen und floh nackt. Die
christlichen Somatiker, die nur ans leckere Essen denken, meinen, das
wäre Sankt Marcus gewesen. Wir Pneumatiker wissen, dass es der
Christus-Sonnengeist gewesen, der von Jesus floh, so dass nicht der
Christus, sondern nur Jesus gekreuzigt worden ist, wie auch die arabischen
Propheten sagen, die es vom Erzengel Gabriel wissen.
Ich selbst habe das Judas-Evangelium ins Griechische übersetzt. Die
Christen halten Judas für einen Verräter und ganz Juda für Gottesmörder.
Die gnostische Wahrheit ist, dass Judas wusste, dass Jesus zum Heil der
Erde am Kreuz bluten musste, ja, wollte, und so förderte er den Plan der
Vorsehung, indem er Jesus an die Soldaten Roms auslieferte. Judas war das
auserwählte Werk der Vorsehung. Ohne Judas wäre Jesus nicht am Kreuz
geschächtet worden. Darum verdient Judas alle Ehre der Altäre in der
gnostischen Kirche.
Jesus hing am Kreuz und ihm zu Füßen kniete Magdalena. In unsäglichen
Schmerzen vereinigte sich das mystische Ehepaar auf dem Bett des
Kreuzes. Magdalena küsste das Blut von den durchbohrten Füßen und
trocknete die blutigen Füße mit ihren langen rotblonden Locken. Im
übrigen war Jesus nackt am Kreuz, wie alle Sklaven. Wir beten einen
nackten Jüngling an! Hier vollzog sich in der kosmischen Weltnacht die
erotisch-mystische Vereinigung von Christus und Sophia in Jesus und
Magdalena.
Jesu Blut floss in die Aura der Mutter Erde. Die Göttin Gäa sog das Blut
auf. Das Jesusblut zieht nun in langen und geduldigen Evolutionen die
schwarze Mutter Erde heim zu ihrem Vater, der lichten Sonne am Himmel.
Das ist der Sinn des ägyptischen Mysteriums von Golgatha.
Da sprach Jesus: Es ist vollbracht. Denn vollbracht war die Hochzeit von
Vater Himmel und Mutter Erde.
Hiermit sei gegrüßt, wunderschöne Nympha, von Josef, dem Knecht
deiner Hündin.

ELFTER BRIEF

An die ecclesiola pietatis und die Narren in Christo!

Die Hyperboräer feiern die junge blonde Göttin Ostera. Die Kreter sind
faule Bäuche, ihr Gott ist der Bauch. Fort, müde und faule Schläfrigkeit!
Erhebe dich im heiligen Stolz, mein Genius, und singe das Hohelied des
auferstandenen Jesus und seiner Liebesgöttin Magdalena im Garten des
Menschheitsfrühlings!
Magdalena, die Morgenröte, ging im Garten umher und suchte das rote Ei
des Phönix. Da trat Jesus zu ihr, der Gärtner im Garten der Seele, und
grüßte Maria: Maria!
Da warf sie sich zu seinen Füßen, umklammerte seine Beine und sagte:
Mein Rabbi! Da sagte Jesus lächelnd: Noli mi tangere!
Magdalena sagte: Mein Schatz! Jesus sagte: Meine Schöne! Magdalena
sagte: Auserlesen unter tausenden ist mein Geliebter, ein Apfelbaum unter
den Waldbäumen. Seine Gestalt ist schön wie der Apoll von Belvedere!
Da sagte Jesus: Schön bist du, meine Geliebte! Deine Brüste sind pralle
Trauben! Ich will die Palme besteigen und die Feige pflücken! Deine
Gestalt ist schön wie die Mamorstatue der knidischen Aphrodite!
Magdalena sagte: Komm, mein Geliebter, und weide in den
Adonisröschen! Komm, lass uns gehen aufs Land und dort schlafen in dem
Weinberg! Früh am Morgen schenk ich dir all meine Liebe!
Jesus sagte: Geliebte, unter deiner Zunge sind Milch und Honig. Dein
Becken ist ein Becher, dem nie der Mischwein der Liebesvereinigung
fehlt! Deine Brüste sind wie pralle Trauben. Der Wein geht meinem
Munde lieblich ein und macht mich trunken vor Liebe!
Magdalena sagte: Wenn du mein Bruder wärst, dann dürfte ich dich
öffentlich küssen. Komm in das Haus meiner Mutter, der Gottheit, und
trinke von dem Most meiner Granatäpfel!
Jesus sagte: Ich komme in das Haus deiner Mutter, der mütterlichen
Gottheit. Siehe den Fürsten im Kranz der Hochzeit, mit den ihm seine
Mutter, die mütterliche Gottheit, heute gekrönt hat.
Und wie es im Evangelium des heiligen Apostels Philippus geschrieben
steht, das zum gnostischen Kanon gehört, küsste Jesus Magdalena auf den
Mund. Er küsste nicht Petrus, er küsste nicht Johannes, die Brüder im
Herrn, aber Judas küsste ihn. Er küsste nicht Susanna, die Diakonisse, er
küsste nicht die junge Salome, die Tänzerin, nein, er küsste Magdalena auf
den Mund. Magdalena sang: Er küsse mich mit den Küssen seines
Mundes! Mein Geliebter zieht mich ins Brautgemach und sagt: Komm,
Geliebte, lass uns eilen!
Und wie es im Evangelium des heiligen Thomas, des Zwillings Jesu, heißt,
das zum gnostischen Kanon gehört, setzte Jesus seine Ehefrau Magdalena
zur Super-Apostelin ein, zur Hohepriesterin der gnostischen Kirche.
Petrus, der Apostelfürst und Führer der Männerkirche, war eifersüchtig.
Aber Jesus setzte Magdalena ein zur Apostelin der Apostel und sandte sie
aus als Missionarin der göttlichen Liebe, dass sie Gallia bekehre zur
ältesten Tochter der Kirche.
Und Jesus ward unsichtbar und schwand im weißen Nebel in die
Allgegenwart der Gottheit. Und wie es im Evangelium der heiligen Maria
heißt, das zum gnostischen Kanon gehört, sah Magdalena in einer Vision
den erhöhten Christus auf der Spitze der Himmelsleiter, und er rief sie zu
sich. Und sie eilte zu ihm durch die sieben Täler des Purgatoriums, da sie
gereinigt ward von den sieben Todsünden. Und sie zog ihren Stolz aus und
stand da in nackter Demut und sagte: Nun bin ich eine nackte Seele in
heißer Begierde nach meinem Geliebten! Und sie zog ihre Wollust aus und
stand da in nackter Keuschheit, mit nichts bekleidet als der Keuschheit,
nicht nackt, sondern gekleidet in Sonnenstrahlen und Herrlichkeit der
Götter!
Brüder, die zu Propheten berufen sind, plappern nichts als Belangloses. Ich
aber bin der Prophet der Aphrodite des mystischen Christentums. Die
Liebe sei mir Sünder gnädig!
Josef.

ZWÖLFTER BRIEF

An die Gemeinde in Babylon und vor allem an meinen Sohn Marcus!

Bruder, während du in Babylon mit deiner Susanna genüsslich Austern


schlürfst, lieg ich auf dem Markt von Athen und esse meinen Erbsenbrei.
Meinen Holzlöffel hab ich verschenkt, denn ich traf einen zwölfjährigen
Judenknaben namens Thomas, den sah ich mit den Händen essen. Höchste
Anspruchslosigkeit! So ess ich nun auch mit bloßen Händen. Sagen doch
die heutigen Philosophen, Jesus sei ein hebräischer Kyniker gewesen.
Lieber, Maria Magdalena war von Jesus schwanger. Aber esus war gen
Himmel gefahren auf einem feurigen Wagen. Da nahm Maria Magdalena
sich den Josef von Arimatthias zum Geliebten. Maria war schwanger, und
Josef sollte der Pflegevater des Gottesenkels sein.
Sie wollten nach Gallia, die Söhne und Töchter der Gallia zur allmächtigen
Liebe zu bekehren. Sie nahmen ein Boot von Tyrus und fuhren zuerst nach
Zypern.
Am Strand von Zypern landete Magdalena auf der Muschel ihres Bootes
bei Paphos, ging nach Marion und dann nach Kouklia und gründete dort
die Kirche der Panhagia Aphroditissa oder Unseren Lieben Frau der Liebe.
Sie fuhren weiter und kamen in den Golf des Löwen. Dort kam ein
Seesturm auf. Das Boot kenterte. Josef und Maria schwammen an Land.
Wie schwamm Josef an Land? Das hat schon der blinde Seher Homer
prophezeit. Denn Odysseus war auf einem Floß übers weinrote Meer
gefahren, als Poseidon einen Seesturm aufkommen ließ. Das Floß zerbarst.
Odysseus schwamm im aufgewühlten Meer drei Tage und drei Nächte. Da
kam vom Himmel die weiße Göttin Leukothea und reichte Odysseus ihren
Schleier. Da beruhigte sich das Meer und Odysseus kam ans Ufer der Insel
der Phäaken. Nackt stieg er an Land, von Schlamm bedeckt. Als ihn
einheimische junge Mädchen sahen, bedeckte er sein herrliches
Mannesglied mit einem Eichenblatt. So landete Josef am Strand von
Südfrankreich.
Und wie landete Maria am Strand von Südfrankreich? Das sah voraus der
heilige Prophet der Musen, Hesiod, der dies schaute und sang in seiner
Theogonie: Der Sohn des himmlischen Vaters hatte mit seiner goldenen
Sichel den Vater entmannt. Phallus und Hoden des Vaters im Himmel
fielen ins Mittelmeer. Daraus entstand der Meeresschaum. Aus dem
Meeresschaum geboren ward die nackte Liebesgöttin Aphrodite und eine
Schar von jungen goldgelockten melischen Nymphen. Aphrodite
schwamm auf einer Muschel an den Strand von Zypern, betrat die Insel
der Liebe. Unter ihren nackten Füßen sprossen Rosen auf. Und so kam
Maria nach Südfrankreich. Unter ihren bloßen Füßen erblühten drei
goldene Lilien.
Josef von Arimatthias brachte eine der heiligsten Reliquien des
Christentums nach Südfrankreich, den heiligen Gral. Das war der Kelch, in
dem Jesus den Wein des Abendmahls in sein Blut verwandelte, und das
Mahl zurückließ zum Zeichen, dass die seligen Götter auf Erden gewesen
waren, und dass am Ende der Zeiten die Göttermenschen wiederkommen
werden. In diesem Kelch fing Josef das Blut Jesu unterm Kreuz auf. Ich
sehe, und siehe, was ich sehe ist: Nach tausend Jahren wird der heilige
Gral in die Hände der gnostischen Kirche kommen, sie werden sich die
Katharer nennen.
Maria aber gebar in Südfrankreich den Sohn Jesu, den Enkel Gottes, und
Josef gab ihm den Namen Maximin. Er war wunderschön, blond,
blauäugig, ein kleiner kindlicher Gott. Und siehe, ich sehe, und was ich
sehe ist: Der kindliche Gott wird König von Frankreich, der Begründer der
christlichen Theokratie in Frankreich. Davon demnächst mehr.
Nun, lieber Bruder, ist mein heutiges Tagewerk getan und ich wende mich
dem hochkonzentrierten Spiritus zu.
Josef

DREIZEHNTER BRIEF

An die goldlockige blauäugichte Nympha, das schöne junge Gesicht der


wahren Kirche! Von Josef, dem Propheten, der Visionen der Götter schaut.

Ich lag mit geschlossenen Augen und sah Visionen der Götter. Ich sah den
göttlichen Knaben Maximin, den Sohn Jesu und Magdalenas, auf dem
Königsthron von Gallia. Er ist der Ursprung der Theokratie der Schönheit.
Und ich sah einen göttlichen König, dessen französische Frau ihn lehrt zu
beten: Notre Pere, quie est en ciel! Ne pas desire la femme d'un autre
homme! Da bekehrt sich der König und weiht Gallia der göttlichen Liebe.
So wird Gallia die älteste Tochter der wahren Kirche!
Und ich sah einen göttlichen König, den nennt man den Frommen und den
Heiligen. Er vermählt sich mit Frau Armut und dient seinen Herren, den
Kranken. Er zieht in den heiligen Krieg gegen den falschen Propheten und
befreit das Grab Gottes. Er ist der Bettler um Liebe auf dem Thron der
Theokratie.
Und ich sah einen göttlichen König, den nennt man den Sonnenkönig. In
seinem Lustschloss führen alle Gänge zu seinem Schlafzimmer. Dort steht
das Bett als Altar der Liebe. Ihm zu Seiten steht der Kardinal mit einem
Herzen weit wie der Sand am Meer. An seinem Hof erblüht die klassische
Dichtkunst zur Ehre des göttlichen Königs.
Und ich sah einen göttlichen König, den nennt man den Märtyrer, denn er
ist der letzte Gottkönig auf dem Thron der Theokratie der Schönheit. Er
wird geköpft werden von dem Fallbeil der Freimaurer.
Und ich sah die Terrorherrschaft der Freimaurer. Ihre falschen Propheten
sind allesamt pockennarbige Advokaten. Sie beten la déesse raison an. Die
französischen Huren laufen alle nackt durch die Straßen.
Und ich sah den Antichristen. Er steht unter der Herrschaft seines Sternes,
des Sternbilds Wermut. Er überzieht die Jungfrau Europa mit dem
Eroberungskrieg. Satan schenkt ihm Sieg über Sieg. Er erobert Ägypten
und lässt sich vor den Pyramiden zum Pharao krönen. Er reitet auf einem
weißen Elefanten, den Turban auf dem Haupt und in der Hand das
Evangelium des Antichristen, nach Indien. Er will das Dritte Rom erobern.
Aber die heilige Rusj ruft die Theotokos an. Die Gottesmutter stürzt den
Antichristen in Moskau.
Und ich sah die Wiederkunft Jesu mit Maria Magdalena.
Ich sah Maria Magdalena vom Himmel erscheinen und die Wiederkunft
Jesu vorbereiten. Magdalena ist eine sehr schöne Frau.
Ich sah sie erst in einem goldenen und weißen Kleid, ihr Schleier auf dem
Haupt war aus Sonnenlicht und umfloss den ganzen keuschen femininen
Geistleib. Dann sah ich sie, die lichter war als die Sonne. Ihr Lichtkleid
war transparent und ihr weißer Leib rein wie Kristall, wie eine lebendige
Quelle. Sie sprach: Ich komme vom Himmel. Bereitet euch auf die
Wiederkunft Jesu vor. Kehrt um und betet, betet, betet! Ich bin die Königin
der Liebe und liebe dich!
Und ich sah Jesus, den Logos, auf einem weißen Pferd vom Himmel
kommen. Er begründet auf Erden das Tausendjährige Reich, die Kultur des
Lebens, die Zivilisation der Liebe. Jesus wird über alle Völker auf Erden
herrschen. Dann wird Jesus als Kaiser aller Völker angebetet und
Magdalena als Kaiserin aller Völker. Und es wird Friede sein.
Josef.
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Josef Maria von der Ewigen Weisheit – Werke


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ESSAYS
von Josef Maria von der Ewigen Weisheit

DIE ENGEL
1

Die jüdische Mythologie erzählt von zwei Engeln, die an Harut und Marut
aus dem Koran erinnern. Es ist eine Midrasch-Erzählung aus dem 11.
Jahrhundert nach Christus, ist aber ein Auszug aus dem Buch der Riesen,
einer jüdischen Schrift aus dem dritten oder ersten Jahrhundert vor
Christus. Es ist eine Meditation über die merkwürdige Erzählung im Buch
Genesis, da die Gottessöhne mit den Töchtern der Menschen sexuell
verkehrten und Riesen zeugten. Das geschah kurz vor der Sintflut. Lord
Byron geht in seinem Drama Himmel und Erde darauf ein. Der Midrasch
berichtet von zwei Gottessöhnen oder Engeln aus der Klasse der
himmlischen Wächter, namens Shemhazay und Azrael. Sie erbaten sich
von Jahwe die Erlaubnis, unter den Menschen auf der Erde zu leben. Als
sie auf die Erde kamen, fühlten sie sich bald vom Sex-Appeal der Frauen
angezogen. Shemhazay verliebte sich unsterblich in eine wunderschöne
Frau namens Estera. Estera oder Esther oder Aster oder Ishtar bezeichnet
den Morgen- und Abendstern oder Planeten Venus. Der Gottessohn
versuchte Estera zu verführen, er wollte unbedingt mit ihr sexuell
verkehren. Estera fühlte sich bedrängt und belästigt. Sie fragte den Engel
nach dem unaussprechlichen Namen Gottes, durch dessen Kraft es dem
Engel erlaubt sei, in seine himmlische Heimat zurückzukehren. Als
Shemhazay den Namen Jahwe ausgesprochen hatte, sprach auch Estera
den Namen Jahwe aus. So versuchte sie sich von dem bedrängenden Engel
zu befreien. Der Herr Jahwe belohnte die schöne und reine Estera und
entrückte sie zu einem Stern in den Pleaden. Aber Shemhazay hatte von
einer anderen Frau, die ihm willig ergeben war, zwei Söhne. Eines Nachts
hatten die beiden Söhne von Shemhazay und seiner Geliebten, die beiden
Riesen Heyya und Aheyya, die Riesen waren, einen besonderen Traum.
Sie baten ihren himmlischen Vater, den Engel, um die Deutung des
prophetischen Traumes. Shemhazay studierte die Prophezeiungen des
Patriarchen Henoch und erklärte seinen beiden Söhnen, sie würden in der
bald kommenden Sintflut sterben. Dafür aber werde den beiden Söhnen
die Ehre zuteil, dass in der Zukunft immer, wenn ein Mensch vor Mühe
und Not und Gram stöhne und ächze, er die Namen Heyya und Aheyya
anrufen werde. Shemhazay bereute seine Sünde, dass er außerehelichen
Verkehr mit einer irdischen Frau gehabt und als Bastarde zwei Riesen
gezeugt und dass er die keusche Estera so penetrant bedrängt hatte mit
seiner verzehrenden Begierde. Er beichtete seine Sünden dem Herrn
Jahwe. Zur Buße seiner Sünden wurde er für tausend Jahre kopfüber
zwischen Himmel und Erde aufgehängt. Sein Freund und Bruder, der
Gottessohn Azrael, sündigte tapfer und verkehrte sexuell mit Mädchen,
verheirateten Frauen und schönen Knaben. Manche sagen aber auch, dass
die schöne Eszera nicht auf einen Stern in den Plejaden entrückt wurde,
sondern dass sie zum Morgenstern oder Planeten Venus entrückt und zum
femininen Genius des Morgensterns gekrönt wurde. Der Allerhöchste gab
der in den Himmel Entrückten einen neuen Namen und nannte sie Nahid,
auf arabisch, aber eigentlich Anahita, das heißt: die Frau mit den
schwellenden Brüsten.

Die beiden Engel Harut und Marut lebten als Männer in Babylon, bei der
großen Hure Babel. Sie lehrten die Frauen Magie und Aberglaube, die
ganze chaldäische Esoterik. Daneben versuchten sie auch, Ehepaare
auseinander zu bringen, in dem sie den Egoismus, die Unversöhnlichkeit
und die Hartherzigkeit förderten. Zwar mussten Harut und Marut den
Menschen immer deutlich bekennen, dass sie Versucher seien und dass die
Menschen doch an Gottes Einfachheit glauben sollten, aber die Menschen
tappten trotz besseren Wissens freiwillig in die Falle der Versuchung. Im
buchgewordenen Wort Gottes steht geschrieben: Und die Leute folgten
dem, was Satans Engel zur Zeit Salomos vortrugen. Salomo war nicht
töricht und gottlos, aber die Dämonen Luzifers, die die Weiber in
Aberglauben. Götzendienst und Magie unterwiesen. Und die
babylonischen Weiber folgten dem, was die beiden vom Himmel
gefallenen Engel Harut und Marut lehrten. Aber Harut und Marut lehrten
niemand die Magie, wenn sie nicht deutlich bekannten: Wir sind eine
Versuchung! Handelt doch nicht als Sünder! Und dennoch lernten die
babylonischen Weiber von den Dämonen, wie sie ihre Ehe ruinieren
könnten. Die gefallenen Engel wirkten nicht auf Gottes Befehl, aber Gott
ließ ihr Wirken zu. Und die babylonischen Weiber und ihre Männer taten,
was ihrer Seele schadet und kein Heil wirkt. Sie müssen wissen, dass
Götzendiener, die auf tote Steine vertrauen und Dämonen befragen, nicht
ins Paradies eingelassen werden. Für was für einen schlechten Weg sie sich
entschieden haben! Wenn sie doch wüssten, dass der Satan mit ihnen
spielt! Wenn sie sich doch zu Gott bekehren würden! - Dieses Schriftwort
kommentieren die Theologen also: Harut und Marut waren ursprünglich
heilige Engel, Lobpreis-Engel oder Cherubim, das heißt, Engel der
Weisheit. Sie wurden aber stolz auf ihre Weisheit und erhoben sich über
die Menschen und verklagten vor Gott die Menschen als gottlose Sünder.
Da forderte Gott die Engel der Weisheit heraus, es besser zu machen als
die Sünder. So kamen die Engel zu ihrer Prüfung auf die Erde. Sie
widerstanden allen Versuchungen, sie beteten nicht tote Steine an, sie
waren nicht abergläubisch, sie konnten sich sogar des Weines enthalten.
Aber als sie ein vollkommen schönes Weib, nur mit einem durchsichtigen
Schleier bekleidet, sahen, trieben die Engel Unzucht mit der Frau. Einen
Mann, der Zeuge ihres außerehelichen Sexualverkehrs war, den töteten sie,
wie David mit dem Hethiter Uria tat. Gott stellte die gefallenen Engel vor
die Wahl, ihre Sündenstrafe in der ewigen Hölle oder auf Erden zu
erleiden. Sie baten: Lass uns auf Erden Sühne tun für unsere Sünde der
Unzucht! So lebten sie tausend Jahre in den Toren der Hure Babel und
litten große körperliche Schmerzen und noch größere seelische Qualen.
Die Legende der gefallenen Engel entnahm Mohammed dem Neuen
Testament, nämlich dem zweiten Petrusbrief und dem Judasbrief, und dem
apokryphen Buch Henoch und dem Midrasch. Namenspatron für Harud
war der zarathustrische Genius der Reinheit, Haurvaat, und für Marut der
Genius der Unsterblichkeit, Ameretat. Diese Mischung aus jüdisch-
christlicher Offenbarung und zarathustrischer Religion wurde dann in
Arabien in den Koran Mohammeds aufgenommen. Suhre aber war ein
sterbliches Weib in Babel, die die Engel der Weisheit, Harut und Marut,
verführen wollten. Aber sie blieb keusch und jungfräulich. So ward Suhre
von Gott dem Allerhöchsten auf den Morgenstern entrückt. Sie trägt dort
um ihre elfenbeinernen Glieder ein Kleid von Goldbrokat, ihre schwarzen
Haare duften nach Moschus. Gott der Herr gab Suhre einen neuen Namen
und nannte sie Anahita. Als Anahita war sie der weibliche Genius des
Morgensterns. Sie ist die himmlische Harfenspielerin, die mit ihrer Musik
die Sphärenmusik des Kosmos leitet, die Engel lauschen ihr verzückt. Der
Messias tanzt zu ihrer Musik. Der Messias nennt sie einfach: Unbefleckte
Jungfrau!

GERD DER MUTIGE

Gerd der Mutige war siebzig Jahre alt, als er das Ziel seiner Wallfahrt
erreichte: Santiago de Compostela, das Grab des Apostels Jakobus, des
Bruders des Evangelisten Johannes. Gerd trat in die heilige Kirche Gottes
ein und begab sich zum Beichtstuhl. Der Pater grüßte ihn: Ave Maria, mein
Sohn! Gerd begann: Vater, meine letzte Beichte war vor 58 Jahren zu
Zeiten meiner Erstkommunion und Firmung. Vater, ich habe gesündigt. In
Demut und Reue bekenne ich meine Sünden. Der Pater sprach: Sprich,
mein Sohn! Und Gerd begann:

Meine Mutter hat

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