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MARIA MAGDALENA

TORSTEN SCHWANKE

ERSTES BUCH
"Dies Wort kommt uns recht zupaß mit dem Lob der großen Minnerin Christi, Sankt Mariae
Magdalenae ... So hat doch vor allem die übergroße und heiße Liebe zu Christus so unaussprechlich
in ihr gebrannt ... "
(Meister Eckhart)

ERSTER GESANG

Jetzt will ich Danke singen für die Frucht


Der Liebe von der lieben Jüngerin
Maria Magdalena, die besucht
In ihrer festen Burg das Wort-im-Sinn,
Das hatte nach der Hörerin gesucht,
Die wunderschön war. Jesus sprach: "Ich bin
Mit dir im Paradies!" Vom Fels Gischala
Erschien Messias an dem See Magdala.

Doch auf dem Meere meiner Träume wandel


Ich auf der schönsten weißen Muschel hin
Zum Saum von Tyrus, Stadt dem Purpurhandel.
Die blauen Winde wehn mir in den Sinn,
Und in mir, Magdalena, reift die Mandel.
O Tochter Zion, mehr als angenehm
Wird dir und wonnesam Jerusalem!

Wir werden wie die Träumerinnen sein.


Doch was heißt das? Ist es nicht vielmal lieber
Im Traum und alles im Verklärungsschein,
Im allerliebsten Traum alleine über
Das Liebste? Doch wer fasst den Wonnewein
In welcher Art von Kelch? Denn nicht ein trüber
Wein wird es sein, sondern ein Trank der Freude:
Mit Gott verliebt im himmlischen Gebäude!
Jetzt will ich an den See Genezareth,
Ich flieh dahin wie eine Wildgazelle,
Wo Magdalenas Fürstenstätte steht
Und an den Saum von Steinen spült die Welle,
Da wo der Gärtner Rosen setzt und sät
Senfkörner, an der heißgeliebten Stelle
Magdala steht die wunderschöne Burg.
Vollbracht! Dann ruhte aus der Demiurg.

"Hefata! Tu dich auf! du schönes Tor!"


Da steht der Löw von weißem Marmorstein,
Und schmale Wege sind im Maienflor
Mit goldnen Blümelein im Morgenschein.
Die Winde flöteten auf goldnem Rohr,
Wenn Magdalena hob zu singen an. Nah
Erklang um sie ein Engels-Hosianna.

Der roten und der weißen Steine Wall


Ist da, im Sonnenglanz die Messingzinne.
Einst kommt die Liebe Gottes zu dem Fall
Und Auferstehn für viele. Neue Sinne
Sind unvergänglich um den Himmelsschall
Gebildet. Magdalena in der Minne
War schon so schön: ein Turm von Elfenbein,
Seitlich berankt von roter Ranken Wein.

Gewandet war sie in ein weißes Leinen,


Darüber langer goldner Haare Flut.
So ging sie träumerisch bei Ölbaumhainen:
"Es komme auf mein Haupt Messias' Blut,
Wie Öl, wie Salbe. Meine Augen weinen
Aus Sehnsucht nach dem schönen Himmelstor,
Das tönte einst: Licht werde, Jhehi Or!"

Die Fürstin Magdalena ging im Hofe,


Gegürtet rein an des Gemütes Lenden,
In ihrem Herzen war sie Gottes Zofe.
Sie hielt in ihren reingewaschnen Händen
Das Saitenspiel und sang so manche Strophe
Nach Davids Melodien. Dasein wird enden,
Ewiges Leben überm Blut der Vene,
O Kraft von Eli, hoffte Magdalene!

Mit ihren feuchten süßen Augen sah


Die Liebliche allein das Heiligtum.
Ihr schwante schon, was alles einst geschah,
Vernahm das ganze Evangelium;
Wie über sie geschrieen ward: "Da, da!"
Die Auferstehungen: "Talita kum!
Erheb dich, Mädchen!" sprach der Mund Messias',
Vernommen hatte es das Ohr Marias.
Sie betete zum Himmel einmal: "Vater
Im Himmelreich, vergib mir all mein Fehle!"
Sie hatte einst getanzt in dem Theater
Mit Passionen in der wehen Seele,
Wo in Kleinasien die Magna Mater
Geehrt als Ashtarot in einer Stele.
Doch jetzt rief sie: "O komme, Maranata!
Mein Herr! du Kind von Bethlehem-Efrata!"

Die Burg hat eine Halle, Stühle, Tische,


Gen Morgen einen schönen Fensterblick
Hinüber zu dem grünen See der Fische.
Und sie empfand die Tröstung und das Glück
Zu Passa-Tages Zeiten in der Frische
Und sehnte sich zum Paradies zurück.
Im Schnee erhob sich das Gebirg Baschan.
Sie dachte an die Opfertat: "Korban".

Sie sang das Lob wie einst die Mutter Hanna


Beim Mandelblütenleuchter mit dem Öle
Im Heiligtume, und sie speiste Manna.
Maria Magdalena mit der lieben Seele
War lauter Sehnsucht nach dem jungen Mann, ah,
Dem Menschenkinde mit dem guten Namen,
Wobei ihr warme Liebesträume kamen.

Das Himmelreich ist nah herbeigekommen!


Durchs Fenster lächelte herein die Sonne.
Wie schön sie war! Die Haare schwommen,
Als sie sich wusch bei jener Wassertonne.
"Messias komm zu mir, komm zu der Frommen,
Gewähre mir der Seligkeiten Wonne.
Komm du mich wie ein liebes Kind zu herzen,
Und sei ein Heiland meinen wehen Schmerzen."

Das Allerheiligste: ist das verboten?


Da hing ein Vorhang rot von Purpurtuch,
Vom blauen Leinen und vom scharlachroten;
Im Raum war Räucherwerk und Wohlgeruch.
Gott ist der Lebenden und nicht der Toten
Gott, wie sie wußte aus dem Juden-Buch.
Sie ließ sich einst im grünen Jordan taufen,
Das dachte sie bei Teppichen und Schlaufen.

Und Magdalena trank ein wenig Wein,


Doch nicht von stark berauschendem Getränk.
Die Lagerstätte war von Elfenbein,
Des Jungfraunspiegels war sie eingedenk.
Sie wurde sich bewußt dem Kreuz, dem Bein,
Vom Haupt zur Zehe jeglichem Gelenk,
Dem Nerv, dem Muskel und des Fleisches Sehne;
Darinnen ging die Seele Magdalene.

Sie ging auf einem teppichweichen Gange,


Kristalle an den Wänden und Juwele.
Plötzliches Rot auf ihrer weißen Wange:
"Vergib mir, Liebe Gottes, all mein Fehle!
Die Liebe will ich loben im Gesange
Und mit dem Reigentanze meiner Seele.
Mach mich zu der Verkörperung von Psalmen
Und meine schlanken Hände mir zu Palmen!"

Wenn Marta von Bethanien zu Fuß


Heraufkommt oder auf dem Eselsfüllen
In diese Burg und Bruder Lazarus:
Maria Magdalena nach der Buß
Wird Jesus mit dem Himmelreiche stillen.
Sie aber möchte selbst, die Wundersüße,
Mit Tränentau benetzen Jesu Füße

Und wieder trocknen mit den langen Haaren.


Die Seele hoffte, daß ihr Gott vergibt
Den losen Wandel in den ganzen Jahren.
O, Magdalena hatte sehr geliebt
Mit allen Kräften, allen offenbaren,
Mit ganzem Herz und Seele und Gemüte.
Sie sprach: "Die Liebe Gottes mir gebiete!"

Die schöne Jüngerin von Galiläa


Ging jetzt am grünen See Genezareth
Im weißen Kleid, mit Gold aus Idumäa
Geschmückt. Wie gut ihr doch das Linnen steht,
Doch innen ist sie Sehnsucht nach Judäa.
Das Haar am Sternendiademe weht,
Sie trägt den Morgenstern am Diadem
Und träumt vom Ölberg in Jerusalem.

Sie nahm sich das orangne Schultertuch


Und einen weißen Umhang, ging allein
Bei Granatapfelbäumen im Geruch
Und Feigenbäumen in dem weiten Hain
Und setzte sich und las im Psalmenbuch,
Sie saß bei einem Ölbaum auf dem Stein
Und sang, dieweil die Sonne sie verbarg:
"Komm, Simon, diesen Lenz in diesen Park!"

Magdala schimmerte im Sonnenlicht.


Am See Genezareth ein weißer Schwan
Kam an das grüngesäumte Ufer dicht,
Bewegt auf leichtgewölbter Wellenbahn.
Sie sah mit unverborgnem Angesicht
Hinan zum schneeigen Gebirg Baschan:
"Dort will ich ruhen einst in einer Höhle,
Zum dritten Himmel flehn mit meiner Seele!"

Das ruhevolle Rufen von den Tauben


In hoher rotbelaubter Buchen Wipfel
Vernahm sie und von silbergrünen Lauben
Rotkehlchen zwitschern. An dem weißen Zipfel
Sie zupfte wohl der Wind? "Ich habe Glauben",
Sprach sie, "ans Zeichen auf dem Felsengipfel.
Ich wünsche mir, daß ich mich wie ein Sperling
Zu Jesus übers Galiläische Meer schwing."

Da weinte Magdalena heiße Tränen


Vor Sehnsucht nach dem menschgewordnen Lieben.
In ihrem Herz ein Feuer, solches Sehnen,
Wie inniger nicht Salomo geschrieben:
"Mein Simon! all das Blut in meinen Venen
Schreit laut nach dir. Ich will der Siegel sieben
Auftun und in des Meisters Augenflamme
Hinschmelzen. O beim unbefleckten Lamme!"

Die beiden feingewölbten Augenbrauen


Verwundert hob sie auf wie eine Frage:
"Könnte denn sterben eine von den Frauen
Nicht im Bezirk Jerusalem-Betfage?
Geflossen sind die Blute morgentauen
Von den Propheten bis zum Jüngsten Tage:
Wohl von Secharja bis hinab zu Abel.
Das Wort ward Fleisch ist mehr als eine Fabel.

Das Wort ist wie der Samen eines Baumes,


Der eingesät wird und wird Stamm und Krone,
Da nisten dann die Tauben eines Traumes",
Sprach die Geliebte von dem Menschensohne,
"Zieh mich heraus, komm durch des Raumes
Gebiet von deinem jaspisroten Himmelsthrone
Und eile zu mir, wo du bist auf Erden,
Komm zu mir, Seelenhirte von den Herden.

O Herr und Meister meiner armen Seele!


Ich habe hier mit Salböl ein Gefäß
Und wollte es verschütten. Du befehle
Aus deiner sanften Demut, daß ich säß
An deiner Seite, dich mit mir vermähle!
Gewähre der Barmherzigkeit gemäß,
Daß ich dich salben darf mit Myrrhe, Myrrhe,
Das wäre Tröstung mir in öder Dürre."

Magdala ist die Burg der Magdalene,


Der Zeugin für Messias' Auferstehen;
Sie ging am See Genezareth; die Schwäne
Aufschluchzenden Gesanges aus dem wehen
Gemüt sind weiß dort. In Marias Vene
Ist heißes Pochen von verliebtem Blut!
Und Magdalena in der Gottheit ruht.

Jerusalem hat sie im Traum gesehn,


Den Ölberg und fürwahr die Schädelstätte.
Sie möchte selbst wie das Gebirge stehn
Im Glauben, daß sie immer Liebe hätte,
In reinsten Leinen, die nicht mehr vergehn.
Im Herz, Gemüt und Seele Jesus rette!
Wenn sie der Menschensohn vom Bann befreite,
Glückselig wäre die Gebenedeite.

Am Morgen sah sie an dem blauen Himmel


Übereinander morgenrote Sphären,
Drei Ebenen; von Wölkchen ein Gewimmel
Als wie von Schäfchen um das Lamm der Ehren;
Da sah sie bei dem Morgenstern Getümmel
Von Himmlischen, dem Geiste ob den Meeren
Zu Lobpreis: und die Himmlische Siala
Kam nieder zu Maria von Magdala.

Die reine Jüngerin von Galiläa


Ging auf den Spuren Jesu, des Messias.
Sie hielt das Purpurtuch aus Idumäa
Wohl um die goldgebaute Kraft Elias.
"Südlich ins süße Paradies Judäa!
Dem Ziel des Glaubens!" In dem Blut Marias
War immer solch ein glühendes Verlangen,
Mit Jesus Christus an dem Kreuz zu hangen.-

"Mein Gott im Himmel, immerhin geschah


An mir die Unergründlichkeit von Willen
Der Liebe Gottes." In Samaria
Will sie den Durst an Jakobs Brunnen stillen,
Wo eine Samariterin jüngst sah
Den Heiland Jesus einen Eimer füllen
Mit Wasser, das fließt in die Ewigkeit
Und löscht das Dürsten mit Glückseligkeit!

Im Morgen floß hinab des Jordans Welle,


So wie aus ihren Augensternen Tränen,
Die Wimpern waren wie die Morgenhelle,
Die Füße sind wie Weiten, die sich dehnen,
Die Beine sind wie von der Wildgazelle.
Im Herz der Innigkeit von Magdalenen
War alles lauter Eden, lauter Süd.
Sie war am Morgen früh noch etwas müd.

Der Wohlgeruch von Saba war ihr Duft,


Die Augen so wie Mandelblütenkelche,
Ihr Kleid war sonnenlicht in blauer Luft.
Die morgentaubetrauften Hände, welche
Sie wohl noch aufhebt über ihrer Gruft,
(Nach morgenfrühen Jagden auf die Elche)
Hielt sie gefaltet vorm erbebten Herzen.
Sie wandelte auf Füßen goldenerzen.

Sie kam durch den Bezirk von Ephraim


Und ging vorbei dem Hain Arimathäa.
Die Himmlischen von ganz Mahanajim
Bereiteten Maria schon Judäa.
Vorüber gehe Gottes Zorn und Grimm,
Denn Jesus wandelte in Ituräa
Und nahm das Kreuz auf sich, um zu versöhnen.
Da zitterte die Seele jener Schönen.

Am Amulette war ein Mandelstein,


Den sie von Simon Petrus einst bekommen.
Im Süden tauchte auf der Zion Hain,
Tochter Jerusalem gen Himmel glommen
Die Tempeldächer. "Herr Gott, hör mein Schrein,
In meinem Blut ist Jammer hingeschwommen,
Verheiße mir, daß die Erlösung naht,
Messias, nur durch deine Opfertat!

Auf meiner Schulter glüht das ganze Eden


Mit allen Bäumen und den Früchten gold.
So löse du die Zunge meinen Reden,
Mein Meister, sei du meinen Träumen hold,
Wo ich geschmückt mit blühenden Reseden
Hinwandle, wo die Morgensphäre rollt,
Und Lobsang sing mit Samuelis Hanna
Und hab dein Blut als Wein und Leib als Manna.

So weide mich, mein Hirt, denn ich bin Schaf


Und müd und möchte an dem Ölberg ruhn.
Sieh, meine Augen sind so voller Schlaf,
Du ruhtest auch am Sabbattag vom Tun
Des Weltenschöpfens; was da mich betraf:
Du schufest mich am sechsten Tag als Eva
Aus einem Traum von Adam, meinem Kefa."

Sie wußte nicht, was sie da sprach verträumt:


"Ich will Akazien für dich errichten
Zum Kreuze und von rotem Gold gesäumt
Wie Blut. Du mußt mir meine Glieder dichten;
Ich bin in Ewigkeit von Licht umschäumt.
Der Taufe klare Wasserflut Salims
Erneuern sich für mich im Meer Kittims."

Und Magdalena sah mit einem Mal


Messias Jesus überm Ölberg schweben
Und gold erleuchten allen Himmelssaal,
Mose, Elia zu den Seiten beben:
"Drei Tage werd ich ruhen in dem Wal,
Dann auferstehn und in das ewige Leben
Eingehen, du wirst sein zu meiner Seite:
In Gottes Harfe eine goldne Saite."

Dann war ein Donnern und ein Blitzen, Wetter


War überm Ölberg von Jerusalem
Wie eine Wolkensäule, und der Retter
Erschien wie Feuer und war angenehm.
Wo waren da in Kanaan die Götter?
Als Gott selbst sprach: "Mein Sohn", erklangs mit Schallen
Vom Himmel, "an dir hab ich Wohlgefallen!"

Da sprach sie wie die Tochter Phanuels:


"Soll denn ein Schwert durch meine Seele dringen?
Muß ich denn stärker sein als noch ein Fels?
Soll ich mich wie ein Lamm zur Schlachtbank bringen,
Dann will ich ruhn im Schoße Israels,
Dann will ich auferstehn und Psalmen singen
Wohl nach den Weisen: Schöne Jugend, Lilien,
Die stumme Taube fremd in den Vigilien."

Und Magdalena hob sich in dem Leibe


Und ging im wallenden Gewande hin
Zum Goldnen Tor Jerusalems, dem Weibe
Joachims gleich, Anna. Sie sprach: "Ich bin
Wie eine schmale Pforte, und ich bleibe
In Ewigkeit, und Tod ist mein Gewinn,
Ich bin im Himmel Liebe mit dem Meister
Jesus, der Herr ist über alle Geister."

Sie ging dahin so wie ein schöner Tag


Bei Millos Steinen, Zions Mauerwall.
Die goldene Zikade von Ziklag
War Schmuck an dem Gewand mit weitem Fall.
"Die ich den Gürtel meiner Liebe trag
Und des Gewandes Saum wie Zimbelschall
Und Granatäpfel, habe Gott gesucht,
Mich darzubringen: eine reife Frucht.

Laß mich die Himmel sehn, das Himmelszelt,


Jerusalem und aller Welten Enden.
Ich bin im Traume vor Kittim zerschellt,
Gott hob mich auf mit lilienweißen Händen
Und zeigte mir vom Himmelreich die Welt,
Die wird sich einst hinan zum Guten wenden.
Gott schmückte mich mit reinem Gold von Scheba
Und zeigte mir den Thronstuhl der Batseba."

Sie ging die Straße bis zum Lämmertor,


Da sah sie vor dem Tor den schönen Teich,
Fünf Hallen waren da, es sang ein Chor
Von Himmlischen vom nahen Himmelreich,
Da wehte an dem Wasser goldnes Rohr.
Ein Engel Gottes auf dem Wasser weich
Stieg auf und ab, bewegte leicht die Wasser
Und pries den Gott von Juda und von Asser

Und all der andern Stämme Israels.


Die Himmlische war eine Feuersäule
Und war gegründet auf den weißen Fels.
Von Zions Hainen rufte eine Eule.
Der Engel sprach: "Daß ich die Wasser wälz,
Ist mir gegeben von der Liebe Gottes."
Die Stimme war wie Lispeln, fern des Spottes.

Da war ein Mensch schon achtunddreißig Jahre


Lang krank: und ging dahin mit seinem Bette
Auf seiner Schulter, weil die treue wahre
Kraft Gottes heilte. "Meine Seele rette",
Sprach Magdalena mit dem goldnen Haare
Zu Gott an rauschender umwogter Stätte,
"Erheb mich wieder aus den Wasserfluten,
Messias! du mußt selbst für mich verbluten!"

Und Magdalena ging mit Mandelaugen


Und schimmernden Sandalen an den Füßen
Und Händen schneeweiß. Und sie wollte saugen
Die Weisheit von der Himmelsbrust, der süßen.
"Gott will wie eine Mutter trösten! Ich will taugen
Zum Kinde Gottes. Mit dem Munde grüßen
Will ich von Zion aus den Berg Baschan,
Die Meere und Gestade von Jawan."

Dann ging sie in Jerusalem die Gassen,


Und weinte glücklich, zu dem Perlentor.
Sie wollte sich dem Heiland überlassen,
Daß er sie kröne mit dem Lebensflor.
Da war der Schlüssel Davids anzufassen.
Auf goldnen Straßen wandelte ein Chor:
Die Sängerin, die Saitenspielerin
Ging dort, und eine schlug ein Tamburin.

Sie war ein Wort in ihres Leibes Manna,


Als sie gefunden hatte Jüngerinnen
Aus Galiläa in der Stadt: Susanna
Ging dort in reinem feinem Linnen,
Und ihr zur Seite wandelte Johanna,
Maria Magdalena stand allein
Inmitten beider auf dem weißen Stein.

"O Juda! du erscheinst in reiner Schöne,


An deiner Stätte Tor pocht laut mein Blut.
Aus deiner Harfe lockt der Meister Töne,
Mit meiner Seele wird es wieder gut.
Mit deinem liebesroten Jaspis kröne
Besänftigend mir meine Liebeswut
Und gib mir Sanftmut und die stille Demut
Und die ersehnte Tröstung meiner Wehmut."

Zur Gihon-Quelle in dem Paradies


Ging sie, in ihrer Seele war ein Dürsten.
Tigris und Euphrat und Pischon entfließ
Das Lebenswasser für die Judenfürsten,
Doch Magdalena sprühe an das Vlies
Der Tau von Zion. (Bei ihr an der Tür stehn
Will ich.) Sie ist so wie die Arche Noah
Jetzt an dem Wasser von dem Teich Siloah.

"Heiliger Tempel von Jerusalem!


Wie treu ist deines Tores Pfeilerstein,
Boas und Jachin stehn dort. Angenehm
Von deinem Schimmer wird mir wie von Wein.
Mein Christus von der Krippe Bethlehem
Wird König an der Stätte Zion sein
Und sitzen auf dem Thron des Salomo
Und mehr noch sein. Wo ist er aber, wo?"

Die Magdalena mit der Granatfrucht,


Die Magdalena von dem goldnen Hügel,
Die Magdalena von dem Herrn gesucht,
Die Magdalena mit dem Jungfraunspiegel,
Die Magdalena von der Tyrusbucht,
Die Magdalena mit dem siebten Siegel
Und Steinen an Gemütes Gürtel gold
Ist dem Messias Jesus liebehold.

Der Herr ist ja gekommen, um zu dienen,


Die Fürstin wurde selbst zu Gottes Magd.
Zwölfmal zehntausend Scharen Seraphinen
Und Cherubime haben laut geklagt
Um Jesus! den dem Judentum geliehnen
Messias, dem die Auferstehung tagt
Nach seiner unheimlichen Kreuzigung,-
O Gottes Erdenleid und Himmelsschwung!

Maria Magdalena wollte gehn


In ihren wonnesamen Leib gehüllt
Zu ihrer Schwester nach Bethanien.
Die Traurigkeit der Seele ward gestillt
Von einem flammengleichen Himmlischen
Mit einem Angesicht als Ebenbild,
Von einer Schwinge traufte Balsamöl
Und von der andern rauschte: Raphael.

Sie traf des Weges in dem Sonnenlicht


Die Jüngerin Maria Kleophä
Und neben ihr mit holdem Angesicht
Die Jüngerin Maria Jakobä,
Und Magdalena ging mit ihnen, dicht
Gefolgt von Engeln. "O daß ich Messias seh,
Zu Seiten Fromme, Jesus in der Mitte,
Den Christus seh in Martas kleiner Hütte!"

Da war Bethanien, der Marta Ort,


Der Schwester Magdalenens Haus von Stein
Und Tamariskenholz erhob sich dort.
Und Magdalena im Gewande fein
Gewirkten Linnens sah die Burg, den Hort.
O daß in ihrer reinen Seele bliebe
Das Morgenmeer von schwesterlicher Liebe!

Wie süßer Blütenstaub vom Bienenrüssel,


So floß von ihren Lippen Lobgesang.
Am Raine blühte roter Himmelsschlüssel,
Die weiße Magdalena ging entlang.
Die Erde war wie eine Mannaschüssel,
Von Himmelswolken aber kam ein Klang:
"O Magdalena! Lieb ist mir dein Namen
In Ewigkeiten Ewigkeiten, Amen."

Und Magdalena kam im Hause an


Von Marta und vom kranken Lazarus.
In diesen Tagen aber starb der Mann.
Und Marta ging zum Grab hinaus zu Fuß
Und schaute Jesus den Messias dann,
Der gab ihr einen süßen Liebeskuß.
Maria Magdalena aber blieb
Im Haus, die hatte Jesus Christus lieb.

Und Jesus sprach zu Lazarus: "Erhebe


Dich aus dem Tod und gehe hin in Frieden."
Zusammen gingen sie zum Hause. "Gebe
Zu trinken mir, mich dürstet so hienieden",
Sprach Jesus zu der Schwester. "Ewig lebe
In Gott, dem Fürst in himmlischen Gebieten."
Da hörten Magdalena und die vielen
Juden von den erfüllten Glaubenszielen.

Einmütig saßen sie beinander da,


Die Magdalena saß am langen Tisch
Mit Jesus, der war ihrer Seele nah,
Die Mutter Jesu saß dort, und ein Fisch
Lag vor ihr, und am Kelch mit Wein geschah
Ein Wunder, Marta saß dort frühlingsfrisch,
Zu Seiten saß der Armenpfleger Timon,
Und Petrus saß dort, auch geheißen Simon.
Und Lazarus war wiederum im Leben,
Der wieder auferstanden war vom Tode,
Saß dort in neuen leinenen Geweben.
Die Mutter Markus' und das Mädchen Rhode
Neuangekommenen die Hände geben:
Dem Mädchen, zu dem Jesus sprach: "Talita
Kum", von der Stadt Jerusalem Tabita.

Und Josef Barnabas kam von Kittim,


Der Sohn des Trostes kam von Paphos her.
Johannes kam vom Orte Ephraim,
Jakobus kam von Aschdot an dem Meer.
O Gottes Lager von Mahanajim!
Die Engel Gottes schwebten hold und hehr
Um Jesus und die Mutter Jesu und
Maria Magdalena um den Mund.

Und Magdalena sprach: "Dem Herrn und Fürsten


Des Lebens wollt ich lesen seine Reden
Vom Munde ab, ich habe solch ein Dürsten
Nach ewiger Glückseligkeit von Eden."
Der Christus sprach: "Ich werde in der Tür stehn,
Genannt die Schöne, zu dem Tempel, wo
Der Eingang ist zur Halle Salomo."

Und Jesus sprach: "Ich habe sehr viel Leid


Zu tragen an das Kreuz und in den Tod
Und zu dem Auferstehn in Seligkeit!
Wie Tau geboren aus dem Morgenrot
Sind meine Kinder." Zur geliebten Maid
Magdalas sprach der Meister Zebaoth:
"Ich kenne dich und weiß von deinem Tun,
Und du wirst einst an meinem Herzen ruhn."

Und Petrus sprach: "Und wenn ich sterben müßte,


So wollte ich doch niemals von dir weichen.
O selig ist, wer der Maria Brüste
Von Milch und Honig aus den Himmelreichen
Mit Kinderlippen herzlich liebeküsste!"
Und Magdalena sprach: "Ich möchte gleichen
Als Magd dem Knechte Gottes, fern dem Stolz
Mit meinen Tränen waschen ihn am Kreuzesholz."

Und Jesus ging. Und Magdalena ging


In ihrer ganzen wunderbaren Schöne
Zur Stadt Jerusalem. "Ich aber sing
Dem Fürsten meiner Liebe süße Töne,
Ich streiche leis das Saitenspiel und schwing
Zum Tanze mich, daß mich der Heiland kröne
Zum Leben in der Ewigkeit bei Gott;
Doch dieses Dasein ist mir wie ein Spott.
Ich will auf meines Freundes Spuren laufen,
Daß mich umfängt der König Israels,
Ich will dem Leiden Christi Salben kaufen
Und wandeln übers Meer mit meinem Fels.
Ich ließ mich auf den Namen Jesu taufen,
Daß mir die Liebe Gottes immer weist
Den Weg zum Himmel und der heilige Geist.

Ich warf mich vielen in die kalten Arme,


Jetzt aber bin ich in dem sichern Hort
Der Liebe Gottes mit dem Geist. 'Erbarme!'
Sprach über meine Seele hin das Wort.
Ich höre eine Stimme, eine warme:
'Du kommst einst an in Paphos in dem Port,
Dann aber kehr nach Juda wieder um
Und predige das Evangelium.'"

Maria Magdalena ging dahin,


Die Mutter Jesu ging mit ihr die Pfade,
Susanna wandelte im sanften Sinn
Mit ihnen. Über allen war die Gnade
Der Liebe Gottes. Und sie sprach: "Ich bin
Gewesen in dem Jordan bei dem Bade
Und ging von meinem Haus in Galiläa
Zur Kreuzigung hinunter nach Judäa."

Tyrisches goldgesäumtes Purpurtuch


Warf sie sich um der Schultern Elfenbein,
Sie ging in Myrrhe und in Wohlgeruch
Und war wie ein Zypernblume fein
Und kannte wohl das lebendige Buch
Und trank das Blut Messias' so wie Wein
Und aß den Leib Messias' so wie Brot
Und sang ein Halleluja Zebaoth.

Sie hatte in der Seele solch ein Leiden,


Und ihre Augen wurden Quellen Tränen:
"Der Christus wird gegeben an die Heiden,
Und Juden stehen dort mit Löwenmähnen,
Der Hirte aber wird die Schafe weiden
Und auch die Lämmer", ging es Magdalenen
Von ihrer Seele los bei Gabbata.
Sie trug sich selbst hinan nach Golgatha.

Da hing am Kreuz erhöht der Heiden Heiland,


Der Christus Gottes, Jesus der Messias!
Da litt er alles Leiden und sang weiland
Den Leidenspsalm und sprach zum Herz Marias:
"Der Jünger ist dein Sohn." Da wie ein Eiland
Kam eine Wolke. Nach der Kraft Elias
Schrie Jesus: "Eli, Eli!" und: "Mich dürstet!"
Er starb. Und wurde drauf von Gott gefürstet.
"Dies ist der Juden König immerdar!"
Rief Magdalena unter lautem Weinen.
Man wunderte sich, wie sie sich gebar
Und wie der Schönen nasse Augen scheinen.
Josef von Arimathäa fürwahr
Nahm Jesu Leichnam, hüllte ihn in Leinen,
Und Magdalena wie ein süßer Mai
Gab zum Begräbnis manche Spezerei.

Und Magdalena hatte einen Traum


Und sah entschlafne Geister auferstehn,
Sah König David, Wurzel von dem Baum,
Und Miriam wie eine Flamme wehn
Und Aaron mit den Schellen an dem Saum
Und Granatäpfeln und sah Mose gehn
Und Adam ging, der ähnelte dem Kefa,
Und in der edenreinen Schönheit Eva,

Und aus dem Grabe aufstand Salomo,


Und im Gefilde schwebte Sulamith,
Elia ging im Purpurmantel so,
Deborah sang ein Auferstehungslied.
Ewigen Lebens Anfang war es, wo
Messias auferstanden im Gebiet
Jerusalems ging bei den Gräberstätten,
Die Kinder Gottes allesamt zu retten.

Und Magdalena und zwei Jüngerinnen


Am ersten Tag der Woche gingen zu
Dem Grab, den Leichnam in den reinen Linnen
Zu salben. Liebe Magdalena, du
Erhofftest Jesus den Messias innen
Im Grab noch einmal anzuschaun in Ruh,
Und anders wurde dir erfüllt dein Hoffen.
Das Felsengrab war aber seltsam offen.

Und Joses Mutter war mit ihr, Maria,


Und mit ihr ging die Christin Salome.
Jerusalem, von dir sang Jeremia,
Einst eine Fürstin, weiß so wie der Schnee
Und rötlich wie die Flamme von Elia,
Dir ward die Tröstung auf das Weh:
Ein Engel saß bei den gelösten Banden
Und sagte: "Jesus Christ ist auferstanden!"

Schon waren Petrus und Johannes bei


Dem Grab gewesen, und da war es leer.
Sie würden aber Pfingsten in dem Mai
Zusammen in Jerusalem Gewähr
Und Zeugen sein der Auferstehung. Meer
Und Erd und Himmel mit dem Sternenheer
Erschuf einst Gott in Jesu Christi Namen
Und alle Menschen, die zum Glücke kamen.

Jetzt aber ging Maria in den Park,


Wie Magdalena seit der Kindheit hieß.
Da sah sie einen Gärtner, und im Mark
Des Lebens bebte sie. O reines Vlies,
Mit Tränentau betrauft, daß sie verbarg!
Des goldnen Haars Kaskade niederfließ,
Denn das macht Magdalena schöner noch
Als Rahel mit dem Lamm beim Brunnenloch.

Er sagte: "Magdalena, rühre mich


Nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren
Ins Himmelreich zu meinem Gott, wo ich
Zur Rechten sitz und werd mich offenbaren
Als der Erlöser einst dir inniglich,
Denn ich bins, dem du mit den goldnen Haaren
Getrocknet hattest die gesalbten Füße.
So wandle hin, mir die Apostel grüße,

Und sage, daß ich auferstanden bin!"


Und Magdalena mit verliebter Seele,
Den König Israels im innern Sinn
Und an dem Tuch Geschmeide und Juwele,
Wandelte jetzt nach Galiläa hin,
Demütig folgend also dem Befehle
Vom Auferstandenen und Überwinder,
Und sagte dort: "Ihr Menschen, liebe Kinder!"

Sie war zuhaus am See Genezareth


In ihrer wunderschönen Burg Magdala.
Von einem König aus dem Morgen steht
Die Muschel dort vom Wasser Kauriala.
"Aber du, Herr!" rief Magdalena (spät
Im Abend glühte fern der Fels Gischala)
"Aber du, Herr! du bist König Israels
In dem Gewande so wie weißer Schmelz,

Und deine Augen sind wie Feuerflammen,


Und aus dem Munde kommt ein scharfes Schwert."
Sie ging mit Simon Petrus dort zusammen,
Der oftmals auf dem See im Boote fährt,
Wo einst die Jünger in den Wogen schwammen
In einem plötzlich aufgewühlten Sturm,
Und Jesus kam so wie ein weißer Turm

Von Elfenbein, gebot dem Wind und Meer.


Und Simon Petrus sprach: "Ich bin geschwommen
Zum Auferstandenen, der ging daher
Am Saum vom See, wie Morgensonnen glommen
Ihm Haupthaar und Gewand, da sprach der Herr
Und wahre Fürst des Lebens allen Frommen:
'Hast du mich lieb? und lieber als die andern?'
Ich würde aber durch Italien wandern

Und fände meinen Tod am Kreuz in Rom.


So wird errichtet sein auf einem Stein
Die christliche Gemeinde, wie der Dom
Gebaut auf meinem eigenen Gebein."
So sprach er in dem maienen Arom
Am Galiläischen Meer. Maria fein,
Die Magdalena auch geheißen ist,
Sprach: "Ich verkünde unsern Jesus Christ."

Erzvater David sang einst diese Psalme:


"Ich bleibe immerdar im Haus des Herrn."
Da sind die Quellen und der Hain der Palme,
Am goldnen Saume von den Himmelsmeern
Beginnt die Lämmerweide und die Alme,
Erleuchtet wird es all vom Morgenstern
Messias. Löser, Burg und fester Fels
Ist Jesus und der König Israels.

Das Tor des Paradieses, Himmelstor


Tat auf der Meister, der sitzt auf dem Thron
Zur Rechten Gottes. Gott sprach: "Jhehi Or!
Es werde Licht!" einst, und der Menschensohn
(Umgeben von den Himmlischen im Chor)
Erschuf smaragdne Sterne, Kristallmeere
Und eine jaspisrote Morgensphäre.

In dem kristallnen Meere ein Gewimmel


War wie im himmlischen Genezareth.
Ein Friedefürst auf einem weißen Schimmel
Zur Braut kommt Jesus Christ von Nazareth.
Gott ist und öffnete den dritten Himmel,
Von wo der heilige Geist herniederweht
Und als die Wahrheit in der Seele bliebe,
Die glaubt an Jesus als an Gottes Liebe.

ZWEITER GESANG

Solange wie die Sonne soll er leben


Und wie der Mond und an dem Firmament
Die Sterne, die den sanften Lichtglanz weben
Und singen von des Bundes Testament:
Im Korn der Ähre und im Blut der Reben
Ist Jesus gegenwärtig, als das Licht
Von Gottes Kindern wohl verinnerlicht.
Die Jünger und Apostel sind gesandt,
Jungfraun und Jüngerinnen sind geschickt,
Und missioniert wird weithin jedes Land,
Die Inseln werden überreich beglückt
Durch die Verheißung. O so wie der Sand
Am Meer und wie der Himmel ist bestickt
Mit Sternen, sind der Gotteskinder viele
In der Glückseligkeit am Glaubensziele.

Wohl viele sind vom Herrn zum Dienst berufen,


Nur wenige sind auserwählt von Gott.
Als Petrus kniete an des Tempels Stufen,
Da ward er übergossen von dem Spott,
Doch sprach er: "Jesus, deine Hände schufen
Die Himmel, und Trompete und Fagott
Ertönen an dem Thron durch Cherubim,
Und innig flammen zu dir Seraphim."

Der Meister wollte Magdalena senden


Mit einem Engel von Mahanajim,
Gegürtet gold an des Gemütes Lenden,
Zum wunderschönen Inselreich Kittim,
Daß sie dort Zeichen tu mit ihren Händen
Und Wunder wirke und von Ephraim
Und Juda predige und von den Leiden
Messias' und dem Auferstehn den Heiden.

Andreas war aus Betsaida schon


Gewandert bis nach Tyrus, wo der Port
Zum Meere war, und sprach vom Menschensohn
Den Heiden als vom fleischgewordnen Wort,
Der sitzt zur Rechten Gottes auf dem Thron
Und ist ein immertreuer Zufluchtsort,
Um Jesu Thronstuhl kreist das Sternenheer,
Zu Christi Füßen rauscht ein weites Meer.

In Syrien erschien in einer Wüste


Der Heiland einem Kriegsknecht auf dem Gaul,
Den er in seiner Lichterscheinung grüßte:
"Was denn verfolgst du mich und meine, Saul?
Ich sag, daß, wenn nur deine Seele büßte,
Zerrissen sie auch über dich das Maul,
Du wirst das Himmelreich noch sehen, Saulus;
Von jetzt an aber rufe ich dich Paulus."

Und Josef ging an Pauli Seite hin,


Der Barnabas geheißen worden war,
Mit der Bedeutung Sohn des Trostes in
Der Landessprache, und der war fürwahr
Von Zypern hergerufen durch den Sinn
Messias', der erschien ihm offenbar
Mit seiner Herrlichkeit in einem Traum,
Als er auf Zypern schlief am Meeressaum.

Und Petrus und Andreas sind zusammen


Gefahren übers Meer in einem Boot,
Wo über ihnen einer Säule Flammen
Erschien im aufgeweckten Morgenrot,
Am Firmamente weiße Wolken schwammen,
Und Simon Petrus rief: "Herr Zebaoth,
Auf meinem Wege zur Mission in Rom
Laß mich Kittim erschaun im Mai-Arom."

Im Osten jener Insel Zypern lagen


Die Schlüsselinseln in dem grünen Meer,
Darüber war das Sonnenlicht am Tagen.
Sie liefen dort die Insel an, daher
Heißt es bis heute Kap Andreas. Sagen,
Heidnische Mythen und so manche Mär
Erzählten sich von Göttern Zyprioten.
"Hört von dem Erstgebornen von den Toten,

Von Jesus Christ, der auferstanden ist!"


So predigten die Brüder in dem Herrn.
"Dies ist die Liebe Gottes! Daß ihr wisst,
Die Liebe Gottes über allen Meern
Hab ich gesehen wandeln, Jesus Christ,
Der uns gegeben hat den Morgenstern."
So sprachen sie an Salamis' Gestade
Von ewiger Barmherzigkeit und Gnade.

Und Magdalena wie ein Morgenstern


Gewandet ganz in ihrer Haare Gold
Wandelte über den bewegten Meern,
Wo weißen Schaumes manche Welle rollt,
Gekrönt mit süßer Herrlichkeit vom Herrn
(Denn Jesus war sie ja in Liebe hold),
Kam schließlich an die Küste von Kittim, ah,
Beim Petrafelsen nahe Paphos-Ktima.

Geschmückt bis zum Olympus war mit Maien


Die Insel, wo der Pedhieos floß.
Sie ging dahin, das ganze Land zu weihen
Im Zeichen Gottes. An dem Berge sproß
Die Zeder und der Ölbaum, Ringelreihen
Sie tanzte bei Zypressen und genoß,
Nachdem sie sich entkleidet, in der Tat
Allein in dem verborgnen Teich ein Bad.

Und Petrus nahm von Petra tou Romiou


Ein Boot und segelte in Richtung Rom.
Und Magdalena ging in aller Ruh
Bei Ölbaumhainen hin und bei dem Strom,
Sah Vögeln in Limonenhainen zu,
Die nährten sich vom himmlischen Arom.
Niemand die weiße Lilie, rote Ros sah,
Betend bei der Fontana Amorosa.

Sie trank davon: "O Jesus, meine Liebe,


Ich hab dich wahrlich lieber noch als lieb,
Daß ich auf je in deiner Liebe bliebe,
Mein lieber Gott im Himmelreiche, gib,
Lieb mich und schüttel mich nicht durch die Siebe,
Daß ich von deiner Liebe Briefe schrieb:
In deiner Liebe ist das Fürstentum,
Wie lieblich sagt das Evangelium."

Dann aß sie eine reife Granatfrucht,


Köstliche rote Perlen sind die Kerne.
"Ich habe lange nach dem Leib gesucht,
Messias, fand in deinem Innern Sterne.
Ich schaue aus von dieser Meeresbucht,
Ein weißer Schleier weht in weißer Ferne;
Wenn auch die Zyprioten schrein: 'Da, da!'
In Jesus ist das Himmelreich mir nah."

Dann kamen auf die Insel Lazarus,


Die Jüngerin Maria Kleophä,
Und ihr zur rechten Seite ging zu Fuß
Die Jüngerin Maria Salome.
Sie grüßten wohl sich mit der Liebe Kuß.
Ein Boot lag an dem Ufer von der See,
Und Muscheln lagen dort im Perlmuttglanz,
Und selbst das Meer trug einen weißen Kranz.

Sie setzten sich bei Latchi einmal nieder,


Und um sie saßen junge Zyprioten,
Da sprachen sie zu denen immer wieder
Von Gott: daß auferstanden von den Toten
Sei Jesus Christus; und sie sangen Lieder,
Mit ihnen sangen Gottes Himmelsboten,
Ein Halleluja und ein Hosianna.
Sie tranken roten Wein und speisten Manna.

Orangenhaine in dem Morgenrot


Beschenkten alles Land mit ihrem Duft.
So wie im Paradiese einmal bot
Messias, auferstanden aus der Gruft,
Die Lebensfrüchte und sprach vom Gebot
Der Liebe; und wie Vögelein der Luft
Wohl nisten in dem Baum; so ist das Wort.
Und Magdalena ging erneut zum Port.

Maria Salome stieg in das Boot,


Maria Kleophä stand bei dem Segel,
Und Magdalena in dem Morgenrot
Umschwärmt von weißbeschwingtem Meergevögel
Und von dem Sonnenaufgang gold umloht
Ging mit an Bord, und nach der Sterne Regel
Bewegte sich der Wellen weiche Flut,
Kurz nach dem Hahnenschrei so rot wie Blut.

Die Heilige des Himmels, Jüngerin


Messias Jesu, sang den Psalmensang:
"Du hast mich aus dem Meer gezogen in
Den Himmel, und bei dir bin ich nicht bang,
Ich halte immerdar das Wort im Sinn
Als uranfänglich schöpferischen Klang,
Wie du geschaffen Himmelreich und Erde
Und Himmlische dem Hirten zu der Herde.

Umdrängt bin ich von wilden Wasserfluten,


Die tiefen Wasser stehn mir bis zur Kehle,
Was ist an Last mir alles zuzumuten?
Ach Gott! Ich ruf zu dir mit meiner Seele,
Du wolltest aber einmal für mich bluten!
So gründe mich auf Steine und Juwele.
So ziehe aus den Wassern mich empor
Zur Himmelsstätte mit dem Perlentor!

Die eine Tiefe ruft zur andern Tiefe,


Die eine Welle ruft zur andern Welle.
Wer aber hörte mich denn, wenn ich riefe?
Dein Tempel ist gemessen mit der Elle,
Gewicht und Maß über der Flut. So triefe
Erlösung von dem Himmel! Die Gazelle
Spielt in dem kretischen Gefild beim Löwen,
Und in den Lüften loben dich die Möwen."

Der Herr ging überm Wasser und gebot


Dem aufgewühlten Sturme, still zu sein.
Und Magdalena, jüngst bis an den Tod
Betrübt und in den Ängsten ganz allein,
War sicher, daß ihr Jesus Zebaoth
Zu jeder Zeit Erretter ist und Stein
Der Lösung, wenn sie bliebe nur im Glauben.
"Auf Felseninseln nisten wohl die Tauben,

Wo aber soll das Menschenkind sich betten


In Liebe? Gibt es die im Leben
Mehr als nur als Verheißung? Du wirst retten",
Rief Magdalena, "in dem Blut der Reben
Und in dem Manna von den Himmelsstätten:
Wenn mir die Fluten bis zur Kehle steigen,
Wirst du dich als die Liebe Gottes zeigen.

O Jesus, in dir findet Liebe Treue


Und ist besiegelt für die Ewigkeit.
Du zählst die Tränen alle meiner Reue
Und leitest mich die ganze Lebenszeit.
Ich hoffe, daß ich mich dereinst sehr freue
In unaussprechlich süßer Seligkeit.
Mir auf das Haupt das Öl der Gnade gieß
Und tu mir auf das Tor zum Paradies!"

An Pauli Schwester ging dieweil ein Brief


Von Paulus, der zur Zeit auf Zypern war:
"Seit Jesus mich zu meinem Amt berief,
Die Hoffnung auf das Auferstehn fürwahr
Verkünde ich. Daß meine Seele schlief
Im dritten Himmel herrlich immerdar,
Daß wünschte ich mir unterm Tränenstrom,
Doch muß ich leiden schließlich noch in Rom."

Und Magdalena kam auf Kreta an


Im Hafen Phönix, und da riefen Kreter:
"Wir sahen auf dem Meere einen Mann,
Das war der Lilienprinz im lichten Äther,
Vorüber ging der Lilienprinz, und dann
Kommt diese Schöne auf die Insel später,
Du bist wohl unsre schöne Göttin Venus?"
"Nein, sondern unsern Jesus Nazarenus

Verkünde ich mit meinem ganzen Herzen,


Mit Seele und Gemüt und allen Kräften
Als Liebe Gottes, der mit sieben Kerzen
Im Himmel thront und in den Rebensäften
Und Brot sich gibt, die Füße goldenerzen.
Wenn Engel einst der Seelen Segel räfften,
So wären wir wohl auf dem Morgenstern!"
Rief Magdalena laut im lieben Herrn.

Da saßen aber sieben Priesterinnen


An einem Feuer um die keusche Flamme.
Sprach Magdalena mit der Liebe innen:
"Beim Kristallmeer und bei dem Thron vom Lamme,
Ich mach die Kretinnen zu Jüngerinnen!"
Da schnellte vor von einem kleinen Stamme
Rasch eine Schlange, biß sie in die Hand.
Sie sah zum Heiland aber unverwandt,

Am Kreuze sah sie innen ihren Heiland,


Da schlenkerte sie einfach jene Schlange
Mit ihrer Hand ins hohe Feuer. Weiland
Erblickte sie erhöht an einer Stange
Die ehrne Schlange über diesem Eiland,
Von welcher im mosaischen Gesange
Gesungen ist von dem Propheten Mose.
Da wurde sie zu einer Flammenrose
Mit roten Blütenblättern zugefaltet.
Da sagte Magdalena so: "Ihr Kreter,
Kretinnen, einstmals wurde eingestaltet
Das Wort ins Fleisch, das waltet überm Äther.
Wer Jesus Christus ansieht, nie veraltet,
Sondern wird ewig leben! Aber später
Die unaussagbar süße Seligkeit,
Zuvor für eine Zeit ein schweres Leid.

Viel Mächtiges im Himmel und auf Erden,


Nichts Mächtigeres als der Menschensohn,
Der Christus und der Hirte seiner Herden,
Der sitzt in Ewigkeit auf seinem Thron."
Sprach Magdalena lieblicher Gebärden,
Und ihre Wangen blühten wie der Mohn:
"Verlasst die vielen Götter von Mykene
Und kommt zur Gottheit!" sagte Magdalene.

"Wir sind von einem göttlichen Geschlecht.


Die Gottheit ist nicht Silber oder Gold,
Sondern zutiefst barmherzig und gerecht.
Sie ist im Namen Jesu Christi hold
Der Gottesmagd so wie dem Gottesknecht
Und hat Erlösung für die Welt gewollt.
Da gibt es nicht mehr Juden oder Heiden,
Da gibt es nicht mehr Knaben oder Maiden,

Da sind es Kinder Gottes jetzt allein.


Denn darum heißt es in der heiligen Schrift:
'Ihr werdet aber wie die Engel sein.'
Und was die Weisheit und die Kraft betrifft:
Gott könnte selber euch aus diesem Stein
Kinder erwecken! Lasset von dem Gift
Von Götzenopfer und Mysterium,
Glaubt an das süße Evangelium.

Wer war der Lilienprinz, den ihr gesehn?


Wohl Simon Petrus in der Herrlichkeit,
Um den die lichten Engel Gottes wehn
Und der gesegelt, in der Seele Leid,
Nach Rom, um in der Marmorstadt zu stehn
Und zu verkünden Jesu Ewigkeit,
Das war die Lilie überm Mittelmeer."
Doch Magdalena sagte jetzt nichts mehr.

Sie stieg ins Boot, wo in der Zwischenzeit


Die zwei Marien in tiefem Schlaf gelegen.
Und Magdalena, als die schöne Maid
Mit schönerem Gemüt, stand in dem Segen,
Sie sagte und in ihrer Stimme Leid:
"Ihr Lieben möchtet euch jetzt wieder regen,
Wir wollen weitersegeln und nicht schlafen,
Behüte uns der Hirte mit den Schafen

Des Himmels, der gegründet hat auf Säulen


Die Erde und dem weiten Ozeane
Die Grenze setzte. Also lasst uns eilen."
Sie setzten Segel, spannten eine Plane,
Sie hörten eine Robbenherde heulen.
Sie aber sah und sprach: "Daß ich ermahne
Die Heiden, darum eile ich nach Gallien."
Sie gürteten sich golden an den Taillen

Der Seele und begaben sich aufs Meer,


Da stieg die silberweiße Flut an Bord.
Da wurde Magdalena überschwer
Das Herz, sie sah das fleischgewordne Wort
Über das Wasser wandeln, und so sehr
Verlangte sie nach diesem Liebeshort,
Da sah es aus wie in dem Licht ein Lamm,
Daß sie ins Wasser sprang und zu ihm schwamm.

Sie band sich um das obere Gewand,


Denn sie war nackt, und schwamm durchs warme Wasser.
Sie richtete die Augen unverwandt,
Parischer weißer Marmor war nicht blasser
Als der Geliebten Leib, so wie auf Land
Auf Jesus, den sie einstmals sah in Asser,
Das ist in Tyrus. O dem Wohlgefallen!
"Du bist die Schönste von den Schönen allen!"

Und Jesus kam und legte seine Hände


Maria Magdalena auf das Haupt
Und sprach: "Ich bin der Anfang und das Ende
Und Fürst des Lebens. Ja, du hast geglaubt,
Und darum war ich immer mit dir. Wende
Dich nun der Arche zu, daß nicht geraubt
Dir werden meine Jungfraun von der See,
Maria Kleophä und Salome."

Da schaute sie Italien in der Ferne,


Das schöne Land. Sie mußten erst durch eine
Meerenge. "Himmlische vom Morgensterne!"
Rief Magdalena, "rede zu dem Steine,
Daß er uns nicht zermalmt wie Mandelkerne.
Der Weg zur Ewigkeit führt ja alleine
Durchs schmale Tor, durch eine enge Pforte",
So sprach die schöne Magdalena Worte

Des Lebens immerdar. Die beiden Steine,


Die Skylla und Charybdis oft geheißen,
Ließen sie jetzt hindurch. Und im Vereine
Sangen die drei Marien je im weißen
Gewande freudetrunken wie vom Weine
Umschimmert von der Mittagssonne Gleißen
Die Weise von dem gottbewegten Fels
Und sangen es dem König Israels.

Tyrrhenisches Meer! Es sank der Morgentau


In deine sanftbewegte Wellenflut,
Da war das Wasser blau, der Himmel blau.
Und Magdalena wurde wohlgemut
Und sah mit einmal einen Marmorbau
Erscheinen, in den Äther hingeruht,
Ja einen Tempel über Roma glänzen,
Ein weißes Sterngewölb ihn überkränzen.

Sie kamen an in Ostia, dem Port,


Sie wollten doch durch Romas Tore schreiten
Und predigen im vielberühmten Ort.
Es war aber zu Kaiser Nero Zeiten,
Da Petrus predigte von Gottes Wort.
Der Herr erschien im Tore Magdalene
Und sagte ihr: "Wie ich so sehr mich sehne,

Daß Gallien würde auch zu mir bekehrt!


So ziehe mit dem Boote über See,
Auf daß durch dich sich meine Schar vermehrt,
So red von Seligkeiten nach dem Weh,
Glückselig wird, wer den Messias ehrt
Und an ihn glaubt. Maria Kelophä
Und Salome nimm mit dir zu den Kelten
Und predige den Heiland allen Welten."

Sie ließen wiederum Italien


Zur Zeit des Aufgangs von der goldnen Sonne.
Da sahen sie im Meer Sardinien,
Und sie empfanden eine stille Wonne,
Als sie erblickten weither Gallien,
Wo die Kimmerier und die Iberer
Sie wandelten dereinst in Gottverehrer.

Und Magdalena sprach: "Dereinst in Dion


Ging ich dahin und seufzte von der Seele
Nach meinem heißgeliebten Fürst von Zion
Und König Israels, den viel Juwele
Sehr herrlich schmücken. Jetzt im Golf du Lyon
Befolge ich des lieben Herrn Befehle,
Wo in den Lüften schweben weiße Möwen,
Da rede ich vom Schlüssel und vom Löwen

Von Juda und von Davids Sohn den Leuten."


Das Segelboot kam in dem Hafen an.
Sie hörten aber leise Schellen läuten,
Die Granatapfelschöne sich besann
Auf ein vergessnes Wort, das wollt sie deuten,
Und sie verkündigte den Menschen dann,
Daß Eva in dem Traum von Adams Fleisch
Gebildet ward und wandelte sehr keusch,

Bis sie von der am Holz erhöhten Schlange


Die Frucht vom Baume der Erkenntnis nahm.
Sie hörte im mosaischen Gesange,
Wie von dem Leben zu dem Menschen kam
Die Frucht. Da wurde ihrer Seele bange,
Und sie errötete in jäher Scham:
"Ob ich wohl Eva war, die Sünderin,
Und bin Maria jetzt, die Jüngerin?"

Sie litt in ihrer Seele aber Weh.


Jetzt ließen sie im Port das Segelboot
Am Saum der weißerblühten blauen See,
Vom Licht der Mittagssonne gold umloht,
Da war die Gischt des Meeres weiß wie Schnee.
Weil sie nun hier gelandet sind, daher
Heißts heut Les-Saintes-Maries-de-la-mer.

Da kamen weitre Segelboote an


Von Israel zur Heidenmission,
Mit Marta und mit einem Gottesmann,
Der Fronto hieß, ein Jünger und ein Sohn
Des Simon Petrus, und es nahte dann
Ein Bischof, der mit Magdalena ging
In die Provinz. "Daß ich die Psalme sing

Vom morgens früh gejagten Reh den Heiden,


Ich ihnen Jesu Leidenspsalme sing",
Rief Magdalena, "ist nicht zu vermeiden,
Vielmehr: daß ich die frohe Botschaft bring
Von der Glückseligkeit nach schweren Leiden,
Dazu bin ich berufen." Und sie ging
Mit jenem Mann durchs spätre Avignon.
Und Marta ging zum Wald von Tarrascon.

Ja, die Gerechte ist so wie ein Baum,


Der aufgesprossen ist aus einem Samen,
Gesetzt an einen goldnen Wassersaum,
Und bringt die Frucht zu seiner Zeit im Namen
Messias Jesus, und es wird ein Traum
Des Lebens für die Dame aller Damen
Sich in des Lebens Unverwelklichkeit
Sanft niedersenken. Süße Seligkeit!

"O Glück von Gott! Wohin denn soll ich fliehn,


Es sähe mich das Aug des Himmels, fände
Mich noch im Schatten. Lieber daß ich dien
Und gürte gold mit Seligkeit die Lende
Der Seele. Laßt uns nur in Christus ziehn,
Und eine Herrlichkeit folgt auf das Ende.
Wir gründen die Gemeinde wohlgemut
Derer, die er erworben durch sein Blut.

Ach Ursprung namenloser Tränenflüsse!


Zertreten ist mein Herz, die Seele bange
Und mein Gemüt zerknirscht. Wohl daß ich büße.
Es ist ein stetes Licht auf meinem Gange.
Ich salbte dem Messias seine Füße
Und trocknete sie mit den goldnen Haaren.
Ich fehlte oft in meinen jungen Jahren.

Doch später wusch der Christus selbst die Füße


Und trocknete sie mit dem Lendentuch.
Bittere Welt, es wird einst eine süße
Glückliche Herrlichkeit sein; nach dem Fluch
Wird Segen sein und lauter Liebesküsse.
Geschrieben stehen Namen in dem Buch
Des Lebens derer, die zum Wunderlicht
Berufen Jesus, vor sein Angesicht."

Der Bischof trug den Namen Maximin,


War einer von den zweiundsiebzig Jüngern,
Der sprach: "Weil ich ja Christus Jesus dien,
Hoff ich im Himmel mit den Psalmensingern
Zu sein, da wo die Engel Gottes ziehn
Und Selige sind so wie Palmenschwinger
Und Seraphim sind so wie Flamm an Flamme
Und Cherubim beim Jaspisthron vom Lamme."

Cedonius ging Maximin zu Seiten,


Sie taten Wunderwerke durch die Hände,
Lahme und Krüppel konnten wieder schreiten,
Unreiner Geister üble Widerstände
Vermochten sie ein Ende zu bereiten;
Sie predigten von der Erlösung Fels
Den Heiden und vom König Israels.

O Magdalena! woher solche Trauer?


Nach Jahren Einsamkeit in kleinem Hoffen
Ist doch verheißen solch ein Freudenschauer:
Im Glauben stehn die Himmelstore offen!
Doch mußte erst das Leiden sein, genauer
Die Qual der Seele und daß Tränen troffen,
Verzagen war und Angst und wehe Schmerzen
Und Trübsal und der Schrecken in dem Herzen.

Das alles muß die Seele überstehen


Und dieses ganzen Lebens schwere Last.
Und Magdalena wollte fast vergehen
Und hat ihr Leben und die Welt gehasst.
Trostlosigkeit erfüllte sie im wehen
Gemüte, und sie sehnte sich nach Rast
An des geliebten Jesus süßer Brust,
Sie hatte am Gebot des Meisters Lust.

Zum himmlischen Jerusalem, zum See


Genezareth über dem Firmament,
Wo Balsam blüht der Seele nach dem Weh!
"Wenn nur der Christus meine Seele kennt,
Dann sehe ich die Sabbatfeier je
Und lebe ewig von dem Testament,
Wo ich im Tuch der Freiheit zu dem Guten
Hinwandle, wo die Himmelsmeere fluten."

Sie gründeten die christliche Gemeine


Und bauten eine Kirche auf in Aix
In der Provinz. Da kamen aber eine
Prinzessin und ein Prinz im Seelenweh
Zu Magdalena, die saß auf dem Steine
Und sang die Psalmenmelodie vom Reh,
Das morgens früh gejagt wird, vor sich hin
Und hatte ihren Schmerzensmann im Sinn.

Sprach die Prinzessin zu der Heiligen:


"Wir beide hätten doch so gern ein Kind.
So bete doch für uns, Verehrte, denn
Wir glauben, daß um dich die Engel sind
Von Gott, daß das Gebet der Betenden
Erhört wird. O du bist so lieb und lind,
Geliebte Jesu wird man dich wohl heißen!"
Stand Magdalena in der Sonne Gleißen.

Durch Magdalenas inniges Gebet


Empfing ein Kindlein die Prinzessin bald;
So ward das Wort als Samen ausgesät,
Das war wie Gottes Ewigkeiten alt
Und immerjung, das immerdar besteht
Und Baum ward, worin Taubenrufen schallt,
Und in den Blättern blättert um der Wind.
Auf der Prinzessin Schoß saß süß das Kind.

Und Magdalena drauf im Traum erschien


Der Herr und sprach zu ihr: "Ich hab erwählt
Prinz und Prinzessin, daß das Paar mir dien.
Jegliches Menschenwesen hat gefehlt,
Doch Gott hat seinen Kindern all verziehn.
Der Satan aber in der Hölle schwelt."
Der Christus, der geborn in Bethlehem,
Will zeigen Roma und Jerusalem

Prinz und Prinzessin, sie im Traum entrücken.


Der Herr und Fürst des Lebens in dem Zeichen
Des Kreuzes ging, der hat in allen Stücken
Die Magdalena (sie wollt Jesus gleichen)
Gerecht befunden. Also zu beglücken,
Kam Magdalena in dem maienweichen
Licht selig nieder in den Traum der Beiden,
Verhieß: Sie werde ihre Seelen weiden.

Den Petrus hatte auch der Herr berufen


(So sagt die magdalenische Legende)
Und ist erschienen auf den Marmorstufen,
Faltete zum Gebete seine Hände,
Die einst im Anfang alle Welten schufen:
"Ich sende dich jetzt an der Welten Ende,
Nach Gallien, deinen Geist in die Provinz,
Erschein im Traum Prinzessin da und Prinz."

Verehrungswürdige Geliebte du,


O Magdalena! Freudeglück und Frieden
Die Gottheit wehe deiner Seele zu,
Die du voll heiligen Geistes bist hienieden
Erschienen, um Bekehrte in der Ruh
Zu leiten in gesegneten Gebieten,
Daß die in Roma und in Zion wohnen
Sind anzuschaun von Seelen in Visionen.

Und Magdalena führte jetzt die Seele


Des Prinzen zu der Stadt Jerusalem,
Wo auf den Eckstein gründen sich Juwele,
Da ist der nahe Ölberg angenehm.
Und nach des Meisters und des Herrn Befehle,
Der einst geboren ward in Bethlehem,
Ist dort die Halle von dem Davidssohn
Im Tempel, und da ist der Gnadenthron,

Mit dem Gesetz ist da die Bundeslade,


Zu Seiten stehen goldne Cherubim,
Darauf erhebt sich schön der Thron der Gnade.
O die Versöhnung von dem Zorn und Grimm
Beschlossen wurde nach dem Wasserbade
Der Taufe durch den Christus! Seraphim
Leis singen von dem kristallklaren Meer
Ein "Heilig, heilig, heilig ist der Herr!"

Mit der Prinzessin Seele war in Rom


Jetzt Simon Petrus, der in Gnade stark
Jetzt bei der Gründerquelle ging, am Strom
Mit Namen Tiber dann, drauf in den Park
Des Kaisers, wo im maienen Arom
Er bebte in dem innerlichsten Mark
Und sprach zur Seele in dem Sonnenschein:
"Da werde ich am Holz verherrlicht sein.

Name des Kreuzes! Unaussagbar lieb


Ist Jesus! Hast du ihn noch nicht gesehn?
Ich weiß, du hast ihn aber innig lieb.
Du sollst dem Übel nimmer widerstehn;
Doch habe Glauben und die Gottheit lieb,
Dann wirst du auf dem Weg des Lebens gehn.
Nimm an Erkenntnis zu und überdies
Gewinne Weisheit von dem Paradies."

Beim Forum Appii, Tres-Tabernae


Sind sie gegangen, zu des Jüngers Wohnung,
Wo Petrus oft mit Markus redete
Vom Evangelium. Einst die Belohnung
Im Himmel wird gegeben nach dem Weh.
Der Geist der Tröstung und der milden Schonung
Kam sanft in der Prinzessin Seele ein.
In Zion, Zion ist gelegt ein Stein!

Und Magdalena ging jetzt mit dem Prinzen


Den richterlichen Steinweg Gabbata.
"Ihr sprecht von Dill und Raute und von Minzen,
Die Liebe Gottes ging nach Golgatha
Und nach dem Tod in himmlische Provinzen!"
Und Magdalena sprach zum Vater da,
Zu Eli da, zur Liebe Gottes da.
Mit einem war das Himmelreich sehr nah.

Und Simon Petrus ging die sieben Hügel


(Beim Lorbeerbaum des Kapitoles) hin.
Die Seele der Prinzessin trug der Flügel
Vom Engel Gottes zu dem Palatin.
Die Beiden aber sahn im Ätherspiegel
Vom Zedernhaine auf dem Aventin:
Von weißem Marmorstein gebautes Rom,
Gebein des Heiligen, der Zukunft Dom.

Sie schwebten aber von Italien,


Sie schwebten vom Gefilde Israels
Langsam herüber nach Sardinien,
Da lagerten sie sich an einem Fels,
Drei Monde schon entfernt von Gallien.
Dieweil ernährte mit dem Wunderschmelz
Die Magdalena jenes kleine Kind
Und trug es sanft auf Schwingen wie von Wind.

Sie hatte es in einem Wirbelwind


Durch eine sanfte Sphäre goldner Glut
Hinangetragen und es lieb und lind
Durchströmt mit ihrer Liebe warmen Flut
Und herzte es und war dem Herzen gut,
Erleuchtetes mit einem Augenblick
Und spendete dem Kind ein süßes Glück.
Die Schwester Marta starb. An jenem Tage
Ging Fronto durch den Wald von Tarrascon
Und träumte von dem schönen Ort Betfage
Und horchte nach der Schleiereule Ton.
Sie hielten dreißig Tage Trauerklage
Und beteten, daß Jesus Christus gebe,
Daß Martas Seele ewig selig lebe!

Und Magdalena ging zum Wassersaum,


Marseille erhob sich nahe an dem Meer.
"O Israel, o Israel, mein Traum!
Du süßes Land von Granatäpfeln schwer,
Mit Ölbaum, Maulbeerbaum und Feigenbaum,
Mit See Genezareth, mit Bethlehem,
Mit Jordan, Jabbok und Jerusalem!

Wie ich mich nach dem süßen Lande sehne,


Wo seine Spuren prägte der Messias!"
Eine Seufzen war das Herz der Magdalene,
Ein Tränenstrom vom sanften Aug Marias
Floß ihr die Wange hin, und eine Träne
Hob auf ein Engel in der Kraft Elias,
Und sie ward Perle auf dem samtnen Kissen
Im Schatz des Himmels. O sie wollte küssen

Den Kuß der Liebe auf Messias' Mund!


"Ich seufz und sehne mich aus fremdem Land,
Wie eine Hirschkuh nach der Quelle und
Wie die Gazelle nach dem Wasserband.
Ach machte mich Betesdas Teich gesund,
Leicht aufgewühlt von eines Engels Hand!
Am meisten wünsch ich, daß ich mich erquicke
Am See Genezareth im Augenblicke."

Und Magdalena und die zwei Marien


Nahmen in Richtung Malta jetzt ein Boot,
Sie konnten mit der Gunst des Windes ziehen
Von angenehmem Sonnenlicht umloht.
Die Jünglinge auf Malta aber schrieen:
"Die Göttin der Vergeltung morgenrot,
Von der die Dichter sangen und die Musen,
Kommt selber an mit einem Paar Empusen!"

Die Heilige gebot den Geistern Schweigen,


Die in den Knaben wühlten und sie rissen
Und ausgefahren sind. Jetzt aber zeigen
Die Knaben mit geheiligtem Gewissen
Sich der Geliebten Gottes. Ringelreigen
Sie tanzten ihr. Jetzt aber Segel hissen.
Sie ging, vor ihrem Schritte flohen Vipern,
Und nahm ein Segelboot in Richtung Zypern.
Auf Zypern aber schrieb sie einen Brief
Wohl an die Mutter Jesu, die Maria,
Die der Messias einst nach Jawan rief:
"Es hieß doch, erst muß kommen der Elia;
War das der Täufer in dem Jordan tief,
Johannes, jener Sohn von Zacharia?
Auf diesen reicht Gesetz und Prophetie.
Das Wort zu jeder Psalmenmelodie

Muß im Messias die Erfüllung finden.


Die Botschaft ward gebracht so manchem Eiland,
Paphos und Patmos Boten Freude künden
Und alle Inseln Jawans hörn vom Heiland.
Wie aber war der Tod zu überwinden?
Ich hatte davon eine Ahnung, weiland
Messias Jesus mit dem Tod gerungen,
Hat ein für alle mal den Tod verschlungen

Und gab den Weg des Lebens uns für immer.


Dies ist das Auferstehn. Was ist die Sünde?
Im Glauben nicht zu sein ist schlimmer
Als hoffnungsarm. Ach glich ich doch dem Kinde,
Das alles glaubt und alles hofft und nimmer
Von Liebe lässt. O daß ich überwinde
Und ewig in Messias' Liebe bliebe!
Ich grüß dich mit dem Kusse meiner Liebe."

Und Magdalena stieg den Berg hinan,


Auf den Olympus durch das Zederntal.
Da lag die Ebene, der Erdenplan,
Zu ihren Füßen, und der Himmelssaal
War offen über ihr, und eine Bahn,
Von lilienweißen Wolken ohne Zahl
Gesäumt, ging über den verschneiten Gipfel.
Sie ruhte unter einem Kiefernwipfel.

Da sah sie niederkommen auf den Gipfel


Die Flammensäule, wie sie einstmals Mose
Begleitete, die war beim Kiefernwipfel
Und anzusehn wie eine rote Rose
Und rührte Magdalena an den Zipfel;
Zu Seiten aber wie zwei lichte Lose
Zwei Himmlische, wie Lilien weiß wie Schnee.
Und Magdalena wogte wie die See.

Die Stimme Jesu ist wie Wasserrauschen,


Die Stimme Jesu macht die Berge beben.
Dieweil den Tauben ihre Federn bauschen,
Ruhen die Füchse an dem Berg der Reben.
"Du Menschenkind, du kannst dein Los nicht tauschen,
Ein jeder trägt sein eignes Kreuz. Vergeben
Kann Gott allein und leiten in die Wonne."
Da war es um sie licht wie Mittagssonne.

Und Magdalena stieg den Berg hinab


Im weißlichen Gewand mit einem roten
Umhang, da nahm sie einen Hirtenstab
Und lauschte dem Gesang von Himmelsboten.
Da sah sie in der Ferne schon das Grab
Vom Bruder Lazarus, der von den Toten
Einst auferstanden durch das Wort vom Heiland.
Kittim! vom Meer umschlungnes Perlmutteiland!

Und Magdalena mit den Mandelaugen


Und mit den Lippen, die den Heiland küssten,
Sprach: "Freut euch, Lieben, denn jetzt dürft ihr saugen
Und dürft nun reichlich trinken von den Brüsten
Des Trostes, denn zur Tröstung weiß zu taugen
Die Mutterbrust; und alle die vermissten
Den Trost, sie werden nun getröstet sein,
Denn Gott will trösten wie die Mutter mein."

Sie sprach bei Paphos an dem Meeressaum:


"Ich meine doch, ich müßte erst noch sterben,
Dann aber wird mein Leben sein ein Traum.
Ich wollte um die Liebe Gottes werben
Und um die Lebensfrüchte von dem Baum
Himmlischen Paradieses; wollte erben,
Nachdem ich nackt gewesen bin, ein Kleid
Der Herrlichkeit und der Unsterblichkeit."

Von Paphos-Ktima ging sie übers Meer,


Von dem Olympus zu dem Karmel-Fels,
Der sich gerade aus dem Meer hebt, sehr
Beglänzt von weißem Sonnenlicht wie Schmelz.
Vom Berge Karmel sah sie hold und hehr
Weithin zu den Gebirgen Israels:
O Tau vom Hermon, ihr drei Jordanquellen,
O Tabor und ihr grünen Hügelwellen!

Sie ging jetzt zu dem Gottesberg Baschan,


Denn dort war ihr bereitet eine Höhle.
Wo in den Lüften kreiste der Milan,
War lauter Einsamkeit um ihre Seele.
Sie forschte nach Messias' tiefem Plan
Und horchte nach dem himmlischen Befehle:
"Die Gottheit ist nicht wie polierter Speckstein.
Siehe, ich leg in Zion einen Eckstein."

Da war ein rotgefärbtes Widdervlies


Gebreitet trocken ihr zu einem Bette,
Auf Mandelblütenleuchter Wachs zerfließ,
Ein Totenschädel lag vor jener Stätte,
Bedolachharz vom ersten Paradies
War aufgereiht an einer goldnen Kette,
Ein kleines Fläschchen mit dem Rosenöle
Der liebste Schatz war da für ihre Seele.

"Jetzt wandle ich zwar noch in Fleisch und Blut,


Doch Christus ist erstanden von dem Tod.
Ich strebe nach der Liebe Gottes, gut
Will ich die Psalmen singen Zebaoth.
Gott gebe mir Geduld und Kraft und Mut,
Es kommt die Herrlichkeit wie Morgenrot,
Ja wie das wunderbare Morgenlicht,
Zu sehn von Angesicht zu Angesicht

Hoff ich dann dort den König Israels,


Wenn ich auch jetzt nur seh in einen Spiegel."
So redete sie auf dem hohen Fels,
Der war umgeben von so manchem Hügel,
Der Gipfel war bedeckt mit weißem Schmelz.
Da kam herab mit einem Flammenflügel
Der Engel Gottes von Mahanajim.
Da bebte fern die Stätte Karnajim.

"Wenn sich doch Juda und Samaria,


Die Juden und die Heiden wollten wenden
Sich zu dem Christus Jesus! Moria
Würd jauchzen und von allen Weltenenden
Felsen und Steine jubeln, Fern und Nah
Würden Jerusalem die Gaben senden!"
Der Engel kam, da bebte Ashtarot
Vorm Gang des Himmlischen von Zebaoth.

Die Höhe tanzte einen Freudentanz,


Und Magdalena sang Messias Ehre,
Der seine Liebe mit dem Myrrhekranz
Des Lebens kröne. Nach dem Leben wäre
Sie in der Herrlichkeit wie mit dem Glanz
Des Morgensternes überm Himmelsmeere.
Der Engel Gottes kam zu ihr hienieden
Und grüßte sie so: "Meine Liebe, Frieden!"

Sie schüttelte ihr Haar wie einen Schleier


Und war gehüllt in goldnen Glanz und Schimmer.
Sie sehnte sich so sehr zur Sabbatfeier
In Ewigkeit, wo süße Ruhe immer
Sie sanft umhüllt. Sie war wie eine Leier
Gespielt von meisterlichen Händen, nimmer
War eine Melodie so lieb und leise,
Wie König Davids meistgeliebte Weise.

Auf einer Wolke kam der Christus nieder


Und kam zu ihr und brach mit ihr das Brot
Und reichte ihr den Heilskelch und sprach wieder:
"Dies ist mein Leib, den ich dir selber bot,
Dies ist mein Blut des Bundes." Psalmenlieder
Vom Himmel her in diesem Augenblick
Verhießen ihr ein ewigliches Glück.

"Ich hab dich je und je geliebt, Maria,


Drum zog ich dich zu mir mit meiner Güte.
Ich komme zu dir in der Kraft Elia,
Die Füße dir zu waschen. Im Gemüte
Hab ich dich lieb; denn so wie Jeremia
Gesagt, in dem die Prophezeiung glühte:
Ich trat die Kelter, Kelter einer Maid,
Der Tochter Juda zur Glückseligkeit!"

Und Magdalena sprach: "Ich bin die Magd."


Messias sprach: "Du wirst die Fürstin sein."
Sie sprach: "Ich hab mein Leben lang geklagt."
Er sprach: "Im Himmel gibt es Wonnewein."
Sie sprach: "Ich wurde wie ein Reh gejagt."
Er sprach: "Du wirst im Morgensonnenschein
Verlassen deines Leibes Haus, die Höhle,
Wohnst himmlisch in der Seligkeit der Seele!"

Messias stieg hinan auf einer Wolke,


Und Magdalena weinte Freudentränen:
"Jetzt wird das Töchterlein von Gottes Volke
Erfüllung finden ihrer Seele Sehnen
Und in dem Lichte überm Morgenkolke
Verscheiden." Sang der Mund von Magdalenen:
"Ich gebe meinen Geist in deine Hände!
Gott sei mit mir bis an der Welten Ende.

Ich will jetzt in den Tod, zum Auferstehn,


Getrocknet wird mir meine Tränenflut,
Im Himmel werd ich die Erlösung sehn
Und eine süße Sphäre Morgenglut
Und werde mit den Himmelswinden wehn,
Ja ewig glücklich sein, durch Jesu Blut,-
Ich gebe meinen Geist in deine Hände!"
Gott ist mit dir bis an der Welten Ende.

ZWEITES BUCH
„...den ich, so schien es mir, froh gestimmt sah, bei Simon dem Aussätzigen zu Gaste zu sein. Aber
aus Ehrfurcht vor unserer teuren Magdalena wagten wir nicht, zu seinen Füßen niederzufallen,
sondern gingen zu seiner heiligen Mutter, die, wenn ich mich nicht täusche, dort war. Ich war sehr
traurig, daß wir nicht so viele Tränen und so viele Wohlgerüche hatten wie die heilige Büßerin.
Aber unsere heilige Frau gab sich mit einigen Tropfen zufrieden, die auf den Saum ihres Gewandes
fielen, denn wir wagten nicht, ihre heiligen Füße zu berühren. Eines tröstete mich sehr: nach dem
Mahle brachte unser Herr die ihm teure Bekehrte zu unserer Lieben Frau. Sie sehen, daß sie seitdem
beinahe immer bei ihr war; die Heilige Jungfrau liebte diese Sünderin sehr. Das gab mir viel Mut
und ich war unendlich froh.“
(Der hl. Franz von Sales an die hl. Johanna von Chantal)

„Alle wunderten sich über ihr Aussehen, ihre Beredsamkeit und den Reiz ihrer Sprache. Und es ist
ja kein Wunder, daß der Mund, der den Füßen des Erlösers so fromm und liebevoll Küsse gegeben
hatte, mehr als der anderer Menschen voll war vom Duft des göttlichen Wortes.“
(Legenda aurea)

Prolog:

„Ich bin das Glück der Buße,


Daß du in der Versöhnung selbst erfahren.
Ich lag zu Jesu Fuße,
Umschlang mit meinen Haaren
All jene, die zu Jesu Füßen waren.

Auch dich hab ich umschlungen


Mit meinen goldnen Haaren, welche wehten
Wie Feuerflammenzungen.
Ich lehre dich das Beten,
Ich Rose von Jerusalem und Eden...“

DICHTER:

Von fürstlichem Geschlechte


Warst du in dieses Tränental geboren,
In diese Sündennächte,
Wo unsrer Seelen Ohren
Dem Wort verschlossen, unser Herz verloren.

Was sind wir nicht geblieben


Im dunklen warmen Schoße unsrer Mütter?
Doch wenn sie uns nicht lieben
Und uns vertrieben bitter,
Dann müssen wir ins weltliche Gewitter.

Wer wird im Sündenregen


Vor der Versuchung Satans uns bewahren?
Wie wird uns Gottes Segen,
Wo wir der Welt treu waren,
Den bösen Buben und Dämonenscharen?

Die Mutter Eucharia


Gab dir als Erbe liebendes Verlangen,
Denn Liebe, o Maria,
Dir rötete die Wangen,
Wenn du das Fleisch in deiner Schuld umfangen.

Dein Vater Syrus reichte


Den Reichtum weiter dir in deinen Wandel.
Wie müde wird das seichte
Gemüt, wie bittre Mandel,
Wenn Mammon uns gekauft in üblem Handel.

Wir erben unsre Schulden


Von unsern Eltern, die die Schulden erben.
Kann Gott sich noch gedulden,
Wenn wir die Welt umwerben
Und an dem Dämon und dem Fleisch verderben?

MAGDALENA:

Messias dir zum Gruße!


Du wende dich von weltlicher Gemeinheit
Durch das Gebet der Buße
An Gott und bitt um Reinheit:
Ein reines Herz allein erlangt die Einheit.

Ich will für deine Sünden


Fürsprache halten vor dem Gnadenthrone.
Laß deine Minne münden
In Jesu Herz, vom Sohne
Erlang durch deine Liebe dir des Lebens Krone!

Ich will vom Himmel segnen


Dein Herz, mit meinem Namen dich umgeben,
Von innen dir begegnen,
Betrachtest du mein Leben,
Dich in den Schleier meiner Locken weben.

II

DICHTER:

Den Bruder und die Schwester


Hast du geliebt durch deines Blutes Bande.
Gesalbt und schön wie Esther
Du standest an dem Strande
Fischreichen Meers in Galiläas Lande.

MAGDALENA:

Ich durfte herrlich wohnen


In Magdala in meinem Burgbesitze.
Doch Reichtum kann nicht schonen
Und Gold ist wenig nütze
Und weltlicher Besitz ist keine Stütze.

Die Burg will ich vergleichen


Nach der Erleuchtung und dem tiefern Wissen
Der Seele innern Reichen,
Im Innersten auf Kissen
In Ruh den göttlichen Gemahl zu küssen!

DICHTER:

Haushalterschaft als Gabe


Ward Martha von Bethanien gegeben.
Der Honig aus der Wabe
Und Labe roter Reben
Erfreute deiner Schwester Leib und Leben.

MARTHA:

Die Dinge dieser Erde


In Gottes Auftrag richtig zu verwalten
Ist meine Pflicht. Ich werde
Alltäglichkeit gestalten
Und mich an Adam oder David halten.

DICHTER:

Und Lazarus von Zion


Besaß den dritten Teil von eurem Erbe.
Plejade und Orion
Schaun beides, hold und herbe,
Und Gott, daß nie Jerusalem verderbe.

LAZARUS:

Durch mein Gebet versöhne


Ich die geliebten Brüder des Messias
Und Hagars wilde Söhne
Und in dem Geist Elias
Das Volk, das so beklagte Jeremias.

Ich will die Einheit sehen


Von Abrahams verheißnen Sternensamen,
Das Leben soll erstehen
Und in des Höchsten Namen
Soll Christ, Muslim und Jude sagen Amen.

DICHTER:

Die Schwestern und die Brüder


Sind lieb mir, doch am liebsten mir die Schöne,
Die schaut so lieblich nieder
Und mehr als alle Söhne
Hab ich sie lieb, daß ich ihr Lobpreis stöhne.

MAGDALENA:

Was sind des Blutes Bande?


Vorliebe will ich gerne dir erweisen!
Ich will im Heiligen Lande
Dir den Messias weisen,
Auf daß du mögest seine Liebe preisen!

III

DICHTER:

Ich grüß dich, Magdalene,


Und bitt, stimm an den Grundton meinem Liede.
Du trocknetest die Träne,
Die hing an meinem Lide,
Nun seh ich dich so schön, so süß und süde.

MAGDALENA:

Ich bete in den Nächten


Des Glaubens und der Seele und der Sinne
Für dich. In goldnen Flechten
Tret ich zum Herrn der Minne
Und bin vor Jesus deiner Liebe inne.

DICHTER:

Ich will dir herzlich danken,


Du führtest von der Schwermut mich zur Wonne.
Ich trag dich in Gedanken,
Du schön wie eine Sonne,
Wärs möglich - schöner noch als die Madonne!

Du Schwester aller Engel,


O laß dich tanzen sehn im schönen Tanze!
Nimm an den Lilienstengel
Des Liedes, schön vom Glanze
Von Jesu Herz, verwundet von der Lanze!

Ich will, du Wunderschöne,


In deiner Schönheit Herrlichkeit mich betten.
Mit deiner Liebe kröne
Mir meine innern Stätten
Und bitte Gott, mich aus dem Tod zu retten!
MAGDALENA:

Wohl schön war ich am Leibe


Und lebte Leidenschaften und Begehren.
Hingabe einem Weibe,
Wer wollt es ihr verwehren?
Wer wert der Liebe ist, wer wollt es lehren?

Ich lebte in den Sinnen


Und in erotischer Begier und Glühen,
Doch ausgebrannt war innen
Und öd mein Herz, kein Blühen
Von Gegenliebe lohnte all mein Mühen.

Ich stillte alles Brennen,


Mein fleischliches Verlangen. Doch die Leere
Im Innern lernt ich kennen,
Wie ich umsonst begehre,
Durch alle Lust nur meine Schwermut mehre.

Je mehr der Wollust Wonnen


Mich aufgejagt, so tiefer in die Sünde
Bin ich hinabgeronnen,
Wo ich ins Leere münde
Und auf die Nichtigkeit mein Leben gründe.

Dem Tode sich zu weihen,


Wer wills von denen, die die Lüste lieben?
Doch Gott wollt mir verzeihen,
Befreien mich von sieben
Dämonen. Drauf bin ich beim Herrn geblieben.

DICHTER:

Sind Leib und Lust und Sinne


Wie Welt und Fleisch verwerflich und Dämonen?
Wollt denn nicht Gottes Minne
Im Fleisch des Menschen wohnen?
Will nicht das Fleisch im Wort im Himmel wohnen?

MAGDALENA:

Der Leib ist eine Leiter,


Durchsichtig seien sollen alle Sinne
Für Gottes Sonne, heiter
Sei du der Liebe inne,
Vor allem dich aufs Innerste besinne.

Wenn in dir dann das keusche


Licht Gottes leuchtet, Jesu sieben Kerzen,
Dann liebe du im Fleische
In Freude und in Schmerzen
Das lichte Jesusherz in deinem Herzen.

Dann wirst du Christus finden


In Armen und Verlorenen und Kindern
Und nur an Gott dich binden
Und Speise sein den Mündern
Hungriger Herzen, Sakrament den Sündern.

Da sieh den Leib als Zeichen,


Darin des Geistes Gegenwart zu schauen,
Doch nicht vom Geist zu weichen
Und nicht dem Eitlen trauen
Und Gott allein verehren in den Frauen.

Nun scheide ich nach oben


Ins Himmelreich, das innen ist verborgen.
Die Herrlichkeit zu loeben
Des Herrn, trotz aller Sorgen,
Hat Gott berufen dich am Schöpfungsmorgen.

DICHTER:

O Herrliche und Schöne,


Ich bin verliebt in deine goldnen Locken
Und goldnen Flechten. Töne
Zu meines Liedes Glocken,
Durch deine Schönheit alle Welt zu locken.

Du weißt, wie ich mich sehne


Nach dir, in Frauenschönheit Ohnegleiche!
Gewähr mir, Magdalene,
Zugang zum Himmelreiche,
Mit deiner Myrrhe meine Stirn bestreiche.

Ich will in meinen Sünden


Dich Freundin, brennender Messias-Minne,
Den Lauschenden verkünden,
Der Gnadengabe inne,
Dich anzuschauen ohne meine Sinne.

Vor dir die Hände falten


Will ich und betend meinen Tag beschließen
Und den an Tagen Alten
Zu deinen schlanken Füßen
Als dein Verehrer - Gott anbetend - grüßen!

IV

DICHTER:
Zu Christus will ich beten,
Der eingetreten in das Haus des Armen,
Des von der Welt Verschmähten,
Um sich mit seinem warmen
Erlöserherzen herzlich zu erbarmen.

Der, den der Aussatz plagte,


Der fragte sich, was seine Sünden wären.
Der Ausgeschlossne klagte,
Wie Pharisäer lehren,
Daß er nicht durft den Gott des Himmels ehren.

Wie es Franziskus machte,


Schloß Jesus den Verworfnen in die Arme,
Der weinte, dankte, lachte
Und gab mit seinem Harme
Dem Herzen Jesu sich und sprach: Erbarme!

MAGDALENA:

Da nahte die Hetäre,


Von aller Welt als Sünderin verachtet,
In ihres Herzens Leere
Und wie vor Durst verschmachtet,
Und sah, wie Gott der Herr die Not betrachtet.

Wenn Jesus so sich neigte


Und den Verworfenen zum Freund erklärte
Und sich zum Elend beugte
Und Liebe zeigte, lehrte
Jehowahs Huld, war er der Preisungswerte.

Ja, alle meine Sünden,


Unreinheit, Aussatz meiner Seele schrieen:
Dich, Meister, wollt ich finden,
Mich dir verbinden, fliehen
Mit dir zu Balsamhügeln, welche blühen!

Ich warf mich ihm zu Füßen


Mit wilder Leidenschaft und heißem Sehnen,
All meine Schuld zu büßen,
Und weinte Reuetränen
Und fühlte Flammen wehn in meinen Venen!

Da ich die Füße küsste,


Da schmeckt ich Süßigkeit mit meinem Munde,
Empfand, wie ich durch Christe
An meiner tiefsten Wunde
Und sündiger Verlorenheit gesunde.

JESUS:
Ich sah die Tränen tropfen
Und nahm sie an wie beste Nardesalben.
Du zogst der Liebe Propfen
Vom Fläschchen, mich zu salben,
Ich liebe Liebestränen allenthalben!

Was geben die Gerechten


In Frömmigkeit und Tugend, wenn sie richten?
Vielmehr lieb ich die Schlechten,
Einfältigen und Schlichten,
Wenn sie aufs Liebesopfer nicht verzichten.

Hingabe lieb ich immer


Und ward sie auch geopfert von den Wilden,
Gesalbt von Tränenschimmer
Ich wandle in Gefilden
Von wüster Wildnis, Eden dort zu bilden.

MAGDALENA:

Wie glich ich einer Wüste,


In welcher Leopard und Panther fauchen,
Doch da ich Jesus küsste
Mit meiner Seufzer Hauchen
Die Füße, die vom Wüstenwandern rauchen,

Erwuchs in mir die Blüte


Des Myrrhestrauchs, des Balsams und der Narden,
Der Tau der Liebe sprühte,
Das Herz mir umzuarten
Durch Gottes Gunst zu einem grünen Garten.

JESUS:

Ich trag auf Engelsflügeln


Dich zu den sieben Siegeln auf der Quelle.
Auf Zions Balsamhügeln
Werd ich der Blüten Helle
Durcheilen als ein Hirsch mit der Gazelle.

DICHTER:

O Magdalena, sage,
Was war in dir die Arbeit der Dämonen?
Antworte meiner Frage.
Satanische Legionen
Auch heute in der Welt zerstörend wohnen.
MAGDALENA:

Du weißt vom bösen Geiste,


Der über Saul gefallen ist zum Zorne.
Doch Davids Lobpreis preiste
Gott immerdar von vorne
Als aller Heiligkeit und Friedens Borne.

Die Scharen böser Teufel


Erwirken einer Seele schweren Schade,
Sie säen Glaubenszweifel
An Gottes schöne Gnade
Und an das Manna in der Bundeslade.

Verzweiflungen und Schwermut,


Unlust und Mißmut soll die Seele lähmen.
Vom schwarzen Sterne Wermut
Sie nahn als dunkle Schemen,
Der Seele alle Lust an Gott zu nehmen.

Sie werfen sie aufs Leere


Der eitlen Fleischgelüste und Vergnügen,
Daß nicht zu Gottes Ehre
Die Seele mag sich fügen
Und läßt am Heiligen sich nicht genügen.

Die äußern Formen zeigen


Sich hohl von allem inneren Gehalte,
Sie hassen Hoffnung, Schweigen,
Daß sich das Herz entfalte
Und durch die Glut der Liebe nie erkalte.

Sie predigen das Hassen


Und zelebrieren Messen der Vernichtung,
Die nie vom Kriege lassen,
Besudeln alle Dichtung
Des Schöpfers und verfinstern jede Lichtung.

DICHTER:

Du hattest Krieg im Herzen


Und fandest doch zu Gottes großem Frieden.
Das Licht der sieben Kerzen
Des Heiligen hienieden
Ward zur Erleuchtung deinem Geist beschieden.

MAGDALENA:

Der Freudenbotschaftbringer
Erlöste mich vom Elend meiner Sünden
Durch Heiligen Geistes Finger,
Den Frieden zu verkünden,
Mein Herz mit Gottes Herzen zu verbinden.

JESUS:

Ich habe ausgetrieben


Durch mein Gebet die Vollzahl der Dämonen,
Denn Gott will Herzen lieben
Und in den Herzen wohnen,
Im reinen Herz auf weißem Throne thronen.

Wenn ich die Hütte kehre,


Das Herz durch Buße umkehrt in die Reinheit,
Das Herz die Treue schwöre
Dem Herrn, mit Gott in Einheit,
Gott schützt es vor dämonischer Gemeinheit.

Du mußt nur immer beten


Und trotzen nicht die einst die Rotte Dathan.
Dann mach ich zum Propheten
Wie David dich und Nathan:
Ich werfe in die Qual der Hölle Satan!

Ich hab das Herz gereinigt,


Der Heilige Geist zog ein in das Gebäude,
Im Geist mit Gott vereinigt,
Daß keine Macht sie scheide,
Erfährt das Herz die Auferstehungsfreude!

DICHTER:

Zur Palme oder Thuja


Bist du geworden in des Lichtes Weihe.
Sing Jesus Halleluja,
Daß er die Menschheit freie,
Zur ewigen Glückseligkeit erneue!

MAGDALENA:

Ich reich dir eine Palme


Und salbe dich mit Heiligen Geistes Öle.
Sing deine Minnepsalme,
Mein Scheiden in der Höhle
Und die Vereinigung von Gott und Seele!

VI

MAGDALENA:

Ach Augen voller Tränen


Und eine Seele voll von wehen Klagen
Und wehmutvolles Sehnen
Nach alten frohen Tagen,
Nun aber liegt mein Bruder hier erschlagen!

Er liegt im Tod gebettet,


Wo ihn der Hades wie ein Schäfchen weidet!
Wann kommt der, der ihn rettet
Vom Tode, dran er leidet,
Der Leib und Seele ihm vom Tode scheidet?

Ach wäre doch der Meister


Nur nah, wär Lazarus uns nicht gestorben!
Der Herr der sieben Geister
Ließ ihn nicht wurmumworben,
Wär Jesus hier, er wäre nicht verdorben!

Doch nun im Todesschatten


Und Finsternis so schwarz als wie ein Rabe
Wir uns dem Tode gatten.
Komm mit dem Hirtenstabe,
O Herr, und führe uns zum Quell der Lebensgabe!

Was sollen wir im Grabe


Wie leere Schatten in den Nächten schlafen?
Ist nur das Grab uns Labe,
Uns armen schwarzen Schafen,
Und ist der Hades uns allein ein Hafen?

Wie schwarze Fledermäuse


Wir flattern irre in den dunklen Nächten,
Im felsigen Gehäuse
Und in der Gräber Schächten,
Ob wir im Grab das Herz zur Ruhe brächten.

MARTHA:

Ich seh den Meister nahen


Und fühl vor Kummer meine Seele beben,
Weil wir ihn lang nicht sahen.
Er gibt uns neues Leben,
Er ist der Weinstock, wir sind seine Reben.

Er, schön wie eine Blume,


Die aus der Erde blüht, ein Lilienstengel,
Zu seinem Eigentume
Kommt er, uns alle Mängel
Uns zu ergänzen durch das Brot der Engel.

MAGDALENA:

Der Weinstock ist und Manna,


Er geb uns Wasser aus des Lebens Bronne.
Messias! Hosianna!
Laß leuchten deine Sonne
Und wandle unsre Leiden uns in Wonne!

Die Ödnis und die Leere


Des Schattenreichs wie Blumen laß erblühen!
Die Stürme still, die Meere,
Der Hölle heißes Glühen,
Laß die Fontäne neues Leben sprühen!

JESUS:

Die Augen gehn mir über,


Es bricht mein Herz vor wehem Liebesliede!
Was starbest du, Viellieber?
Es brennt mein Eingeweide,
Fürs Leben sind wir Freunde doch wir beide.

Da muß ich mich erbarmen,


Seh ich als Schatten dich im Todesschrecken,
Aus wehen herben Harmen
Will ich dich auferwecken,
Im Leben weiden dich mit Stab und Stecken.

MARTHA:

Mit unserm ganzen Wesen


Wir müssen weinen, unsre Tränen blinken,
Wir sahen ins Verwesen
Des Bruders Leib versinken,
Da frißt der Wurm, der Bruder wird schon stinken.

JESUS:

O Ewiger des Lebens,


O schöpferische Majestät, o Quelle!
Ich bete nicht vergebens:
Gieß deiner Gnade Welle
Und wekce Lazarus aus Hades’ Hölle!

Der Vollmacht mir gegeben,


Den Bruder zu erwecken aus den Toten
Herauf zu mir ins Leben,
Der hat mir auch geboten,
Herabzusteigen in das Reich der Toten.

Ich steh im Schattenreiche


Als Gottheit und als Mensch in Einem Wesen
Und wecke dich, o Leiche,
Entbinde dich dem Bösen.
Ich bin von Gott genaht, dich zu erlösen.
MAHDALENA:

Ich trau nicht meinen Sinnen,


Doch Lazarus ist uns zurückgegeben,
Da sinkt das Totenlinnen,
Die Felsengräber beben,
Ich sehe einen Schimmer ihn umschweben.

Ich seh ihn lächeln leise


Und demutvoll und sanft ihn schaun und stille,
Von Gottes Weisheit weise
In schön verklärter Hülle.
Das neue Leben ist des Ewigen Wille.

LAZARUS:

Gepriesen, hoch gepriesen


Sei mir die Hoffnung Moses und Elias!
In Himmelsparadiesen
Ist Marthas und Marias
Geliebter Freund der heilige Messias!

Ich war im Reich der Toten,


Da wollte Satan meine Seele weiden.
Doch Gott hat mir geboten,
Mich von dem Tod zu scheiden,
Des Lebens Licht zu bringen zu den Heiden.

JESUS:

Ist nun, o Magdalene,


O Magdalenas Schwester, euer Leiden
Gestillt und eure Träne?
Wer da bereit zu leiden
Mit mir, dem werden Wonne seine Leiden!

Das Leben ist ein Leiden,


Das Leiden ist zur Wonne dir gegeben.
Ich will im Leid dich weiden,
Du sollst in Wonne schweben,
Sollst leben, o mein Liebling, ewig leben!

VII

JESUS:

Ich geh im Weltgetriebe,


Zu ruhn bei euch, euch Tauben in den Nestern,
Der ich euch herzlich liebe
Mit einer immer festern
Erwählungsliebe, meine lieben Schwestern.

MARTHA:

Und willst du Wasser trinken


Und bist du durstig von den staubigen Wegen?
Der Becher soll dir blinken,
Es soll dein Durst sich legen
Durch meiner mütterlichen Liebe Segen.

Ich habe gute Brote,


Im Feuer meines Herdes braun gebacken.
Für dich, o Gottes Bote,
Ich beuge meinen Nacken,
Erleichternd dir, mir Lasten aufzupacken.

JESUS:

Ich habe schöne Kunde,


Dir bring ich euch von Gottes Morgensternen.
Ihr sollt von meinem Munde
Das Wissen aus den Fernen
Und Gottes Weisheit mit den Herzen lernen.

MAGDALENA:

Ich will dir gerne lauschen


Und deiner Weisheit, deiner Freude Kunde,
Will meine Torheit tauschen
In dieser Dämmerstunde
Mit deiner Weisheit, Wort von deinem Munde.

Ich will vor deinen Schuhen


Mich lagern wie ein Lamm bei seinem Hirten.
Wir werden lieberuhen
In deiner Weisheit Myrten.
Wie aber, Meister, soll ich dich bewirten?

Ich habe keine Werke


Und kein Verdienst, das ich dir könnte zeigen.
Ich bin wie Gottes Berge
Ganz tatenarm, und Schweigen
Und Muße vor dem Wort ist mir zu eigen.

Ich harre in der Stille


Und Einsamkeit auf Geistes Inspirieren,
Ich suche Gottes Wille
In meinem Meditieren
Und will versenken mich und kontemplieren.

Ich zähl mich zu den Müden


Und will nur in die Vorsicht Gottes fallen,
In tatenlosen Frieden,
In tiefen innern Hallen
Zum innersten Gemach der Brautschaft wallen.

JESUS:

Ich will den Weg dir zeigen


Und lehren, mit dem Herzen anzubeten
In Hoffnung und in Schweigen.
Jehowahs Hauche wehten,
Als Eva abends schwieg im Garten Eden.

In blauer Dämmerstunde
Sah Eva ich auf Jahwes Kommen warten,
Ein Wort von Gottes Munde
Zu hören mit dem zarten
Bereiten Herz im innerlichen Garten.

MARTHA:

Des Abendbrotes Stunde


Ruft uns zu einem trauten Feiermahle.
Gib etwas auch dem Hunde!
Wie Weißwein schaut der fahle
Mondschein hinein zu unserm armen Saale.

Wenn deiner Weisheit Sprüche


Die Arbeitsamen trösten und bestärken,
Dann schick Sie in die Küche
Zu Fleiß und guten Werken,
Dann will ich deine Weisheit auch mir merken.

JESUS:

Sie soll so viel wie möglich


Weltabgewandt verharren im Gebete.
Ich liebe dich unsäglich,
Doch besser ist die stete
Versenkung, daß sie wahrhaft Gutes täte.

Wer sich zur Quelle wendet


Und sich vereint mit Gott in Lob und Preise,
Des gutes Werk nicht endet,
Der fand zum wahren Fleiße.
Und alle nährt der Vater wie die Meise.

Ergreifen dies die Frommen,


Dann greifen sie nach einem guten Teile;
Das wird ihr nicht genommen,
Die sich zuerst zum Heile
Gewandt. Und du nicht nach dem Eitlen eile.
MAGDALENA:

Ich will der Weisheit lauschen


Und schürfen in der Weisheit Felsenbrüche,
In meines Mantels Bauschen
Verbergen seine Sprüche.
O Martha, schau, ich trete in die Küche.

Ich laß vom guten Teile,


Auf daß du lauschen kannst dem wahrhaft Weisen,
Der Weisheit selbst, zum Heile,
Er wird den Weg dir weisen,
Ich werde ihn auch in der Küche preisen.

VIII

JESUS:

Was weinet ihr, ihr Frauen,


Da ich für euch doch will am Kreuze leiden!
Ihr möget Gott vertrauen.
Und werd ich von euch scheiden,
So komm ich wieder, euch als Hirt zu weiden.

MAGDALENA:

Gott höre meine Klagen,


Ich brenn vor Schmerz wie eine schwarze Flamme!
Ich seh sie Nägel schlagen
Und ihn am Kreuzesstamme,
Den stummen Dulder, gleich dem Opferlamme.

Wie ihn die Nägel schmerzen,


Das Händewaschen seiner Peinbereiter,
Die Dornen auf dem Herzen,
Der Frevel frevelt heiter,
Doch Gott erhebt das Kreuz zur Himmelsleiter!

Ich seh die Wunden bluten


Und höre ihn in jähen Schmerzen schreien
Und hör das Wort des Guten
Den Peinigern verzeihen.
O möge mich der Herr am Kreuze freien!

Ich seh die Weisheit leiden


In seinem Fleisch, mit seinem Gottesherzen
Sich selber Schmerz bereiten
Durch Lästermäulerscherzen
Und mir sich einen, mir in meinen Schmerzen.
In hingegebnem Flehen
Ergeb ich mich zu den durchbohrten Füßen,
Im Wundenmal zu sehen
Den würzigen und süßen
Erlöser. Ihm zu Liebe will ich büßen.

Ich will mich weinend schmiegen


In seine Wunden unter seinen Blicken,
Mich in die Spalte fügen,
Zu sehen Gottes Rücken,
Um seinetwillen in den Schmerz mich schicken.

JESUS:

O Gottes Kind, vom Kreuze


Vertrau ich dich Mariens Mutterherzen!
Orion, Beteigeuze,
Der Siebensterne Kerzen,
Sie krönen flammend sie in ihren Schmerzen.

MAGDALENA:

Die Tränensalben sollen


Dir deine Füße waschen und dich salben.
Seh ich zur Gnadenvollen,
Will ich ihr allenthalben
Vertrauen, wie Johannes in den Alben.

MARIA:

Du siehst den Meister sterben,


Den Tod siehst du des Lebens Leben rauben,
Den Heiligen verderben,
Du weinest wie die Tauben,
Komm in mein Nest, ich werde für dich glauben.

JESUS:

O Vater, meine Seele


Verscheidend gebe ich in deine Liebe!
Mit meinem Kreuze stehle
Ich ähnlich einem Diebe
Marias Seele, daß sie bei mir bliebe.

Aus meiner Herzenswunde


Gebar ich die Geliebte, und ich schmachte
Nach meines Lebens Stunde,
Wo das, was ich vollbrachte,
Ich in der Heiligen Maria achte.

MAGDALENA:
Er hauchte seine Seele
In Gottes Atem aus erhaben-edel
Und über meine Fehle
Er neigte seinen Schädel,
Vergab am Kreuze seinem sündigen Mädel.

Ich will den Leichnam kosen,


Mit ihm zu sterben lieb ich mehr als Leben.
Er liegt in lauter Rosen.
Mariens Brüste beben,
Sie will dem toten Gotte Leben geben.

O Mutter Jesu, bitte,


In deines Schoßes Grab den Leib bewahre,
In deines Herzens Mitte,
An deinem Brüstepaare,
Und web ihn in den Schleier deiner Haare.

Ich will nur weinen, weinen,


Da ich die Hoffnung auf das Glück verloren.
Ich liege auf den Steinen
Als wie dem Tod geboren.
Nie bleib ich von der Schwermut ungeschoren.

IX

DICHTER:

Du, in dem Fruchtbar-Grünen,


Im lebensreichen, blumenreichen Garten,
Vom Dämmerlicht beschienen,
Seh ich im Kleid, im zarten,
Allein dich stehn, auf deinen Trost zu warten.

MAGDALENA:

Ich habe edle Öle,


Balsame, Myrrhe, Aloe und Narden,
Und Tränen meiner Seele,
Auf Blumen aller Arten
Den Morgentau, die alle Licht erwarten.

Wo ist die Morgenröte,


Wo sind des Morgensternes Diamanten?
Der Wind der Frühe wehte,
Die Bäume rauschend standen,
Die ersten Lerchen sangen in den Landen.

Und alles ist Verheißung,


Allein nur meine Seele steht in Trauer.
Wie lern ich frohe Preisung
Vor Grabes Felsenmauer,
Wie Glück des Geistes unter Tränenschauer?

Wo ist der Vielgeliebte,


Der Sohn der Gott hochpreisenden Madonne,
Der Trost für die Betrübte,
Des Lebens schöne Sonne,
Der Zeuge für die Botschaft wahrer Wonne?

Wie ich mich glühend sehne,


Zumindest seinen Leib mit meiner Trauer
Und meines Leides Träne
Und meiner Tränen Schauer
Zu salben hinter seines Grabes Mauer!

Doch wo ist er zu finden?


O wie ich ihn ersehne, ihn begehre,
Mich Jesus zu verbinden
Und in dem dunklen Meere
Des Todes ihm zu folgen in die Leere...

JESUS:

Maria, o Maria!
Such den Lebendigen doch nicht im Tode!
Im Wagen des Elia
Kam deines Gottes Bote
In Feuersglut zu dir, du Rosenrote.

Ich will von dir, du Rose,


Dir nach und nach die Dornen all entpflücken
Durch meiner Glut Geglose
Und mit den Sonnenblicken
Den Kelch der Rose in die Glut verzücken!

Mit meinen Gluten läutern


Will ich die bräutlich-vielgeliebte Seele!
Ich preis des Todes Scheitern,
Ich preis das Glutgeschwele,
In dem du glühst, die ich zum Leben wähle.

MAGDALENA:

Ich will dich lieben, lieben,


Wenn ich auch deine Wege nicht verstehe.
Wo ist der Tod geblieben,
Da ich dich lebend sehe?
Und wählst du heute, Jesus, mich zur Ehe?

JESUS:
Ich ruf zum Hochzeitsfeste
Sie alle, Liebe, die dir folgen werden,
Du Erste und du Beste
Der Büßenden auf Erden,
Ich send dich zu den Hirten und den Herden.

Nein, fall mir nicht zu Füßen,


Umschling nicht leidenschaftlich meine Glieder!
Sollst dreißig Jahre büßen
Und beten für die Brüder,
Dann sehn wir uns beim Hochzeitsfeste wieder.

Ich muß dich vorbereiten


Zur Hochzeit mit dem Herrn durch viele Tränen
Und Einsamkeit und Leiden
Und unstillbares Sehnen.
Mir sollen alle werden Magdalenen...

Gesnandt zu den Gesandten,


Apostelin der Urgemeinde, gehe
Und sag den Exilanten,
Daß ich sie alle sehe
Und führ sie heim und in die Gottes-Ehe!

DICHTER:

O lieber Simon Peter,


O Vater und Gespann der Kirche, sage,
Ob du die Schöne später
An einem dunklen Tage
Verwiesest aus dem Kreis? So sagt die Sage.

PETRUS:

Das ist der Gnosis Lüge!


Der Kirche Überlieferung bestätigt,
Daß ich mich Jesus füge,
Des Stolzes ward entledigt.
Maria Magdalenas Fehlen schädigt

Ecclesia im Ganzen,
Der ich sie hüte, der Maria schaute
Vor Liebeswonnen tanzen,
Sie Maximin vertraute,
Der ehelos auf Gottes Liebe baute.

MAGDALENA:
Mit Maximin zu Schiffe
Und Lazarus und Martha auf dem Meere,
Umfuhren wir die Riffe,
Verfolgt vom grimmen Heere
Der Satansengel, Hasses Speer und Speere.

Blutzeugin Jesu werden


War mein Begehr, wie Stephanus geworden,
Zu taufen alle Erden
Mit Opferblut im Orden
Der Liebe Jesu, zog ich in den Norden.

Ich wollte allen Heiden


Den seligmachenden Messias lehren,
Im Zeichen seiner Leiden
Die Heidenwelt bekehren,
Die da verfallen Götzen und Begehren.

Ich wollte sie erleuchten


Im Licht des Geistes als der Liebesflamme,
Mit Jesu Naß befeuchten,
Das floß am Kreuzesstamme,
Und sammeln alle Schafe zu dem Lamme,

Dem Lamme und dem Löwen,


Dem Herrn, der auftun wird das siebte Siegel.
Umflogen von den Möwen
Und anderm Meergevögel
Wir weihten Heiligen Geistes Wind die Segel.

Die Fluten riefen Fluten


Und „Göttin!“ riefen mich die Zyprioten
In inbrünstigen Gluten,
Die in der Sünde Toten,
Und warfen Steine doch nach Gottes Boten.

Doch Jesu Meereswandel


Fortwandelte im Schiff der Seegemeinde.
Mit meiner Augenmandel
Sah ich auf meine Feinde
Und sah das Bild von meinem einzigen Freunde.

O Jesus! alle Fluten


Und aller Leidenschaften Wogenwüten
Entbrennen nur die Gluten
Und lassen blühn die Blüten
Der Lust an dir! O komm mir zu gebieten!

Vom Himmel komm herunter


Und gehe meiner Liebesglut entgegen
Und wirke durch mich Wunder
Und laß den Sturm sich legen
Und spende deiner Liebe Flammensegen!

Dann sei mit Feuerzungen


Dir zur Verherrlichung und dir zum Ruhme
Der Engel Lob gesungen
Von jeder blauen Blume
Und jedes Dichters Herzensheiligtume...

DICHTER:

O Himmlische und Schöne,


So hör ich dich für meine Dichtkunst beten?
Maria Magdalene,
Wie deine Locken wehten!
Führ mich die Spitze deines Haars nach Eden!

XI

DICHTER:

Verkünderin der Franken,


Du lehrtest sie durch Wunder und durch Worte,
Dem Ewigen zu danken.
Allein an deinem Orte
Du tratest betend zu der engen Pforte.

Maria Magdalena,
Den Lobpreis laß mich deiner Engel hören,
Du Schönste von Siena -
Du weißt mich zu betören,
Um Gott zu preisen mit Seraphenchören!

MAGDALENA:

Einöde, deine Mitte


Hab ich erreicht mit meiner armen Seele
In glühender Fürbitte.
Mir ward die mystische Höhle
Zu himmlischen Jerusalems Juwele.

Dem Duft vom Rosenöle


Und eines Marterzeugen Schädelknochen
Hier nah in meiner Höhle,
Mich Gott zu unterjochen,
Ich bete, an das Himmelstor zu pochen.

O Bräutigam der Seele,


Mach alles, was mich trennt von dir, zunichte!
Tritt ein in meine Höhle
Der inneren Gesichte,
Da ich dir täglich meinen Lobpreis dichte.

Mit jedem Scghlag des Herzens


Vereine ich mich deinem süßen Namen,
Du Gottheit allen Schmerzens,
Senk deines Wortes Samen
In meinen Seelengrund - bei Unsrer Damen!

Entzünde Glut und Lohe


Und reinige mich ganz in deinem Feuer!
Das Heilige und Hohe
Sei allezeit mir teuer
In dir, mein Bräutigam, du lieber Treuer!

Die Zärtlichkeit der Liebe


Des Ewigen will ich im Tod erfahren,
Will Geist und Herz und Triebe
Dem Herzen Jesu paaren -
Du, Jesus, ruhtest gern in meinen Haaren!

Ich will dich küssen, küssen!


Zieh mich ins Weingewölbe deiner Minne
Zu himmlischen Genüssen
Und ewigem Gewinne,
Bin ich nur deines göttlichen Fleisches inne!

ENGEL:

Danksagung, Lobpreis, Ehre


Dem Schöpfer und dem Worte und der Flamme!
Dir dienen Engelschöre.
Du mach dich schön dem Lamme
Und kämm dein Haar mit des Gebetes Kamme.

Bei Brot und Wasser fasten


Sahn wir dich dreißig Jahre voll Vertrauen,
Der Heiligkeit nachhasten,
Du Schönste aller Frauen,
So darfst du heut den Leib des Meisters schauen.

MAGDALENA:

Ich seh mich in dem Dome,


Da in der Liturgie die Engel singen,
Gleich einem Gnadenstrome
Seh ich die Schar sich schwingen
Und einen Priester Jesu Hostie bringen.

O Jesus! Jesus! Jesus!


Wie weiß dein Fleisch, wie süß und wie bescheiden,
O Jesus! Jesus! Jesus!
Die Liebe von uns beiden
Verklärt zum Glück mir meine Todesleiden!

O Herr in meinem Herzen,


Ich tanze selig in dein Herz hinüber,
So süß von Liebesschmerzen,
Du singst zu mir herüber:
Geliebte Braut! - Ich liebe dich, Viellieber!

.....................................................................

All meines Lebens Buße


Nun in der Ehe mit dem Licht der Lichter
Verwende - Gott zum Gruße -
Durch deine Huld, o Richter,
Auf sündige Geliebte sündiger Dichter!

DICHTER:

Auf deinen Spuren, Schöne,


Will wandeln ich zum Zelte deines Hirten.
Da mög mich, Magdalene,
Im Hain der Minne-Myrten,
Dein Bräutigam mit Brot und Wein bewirten.

Dir werd ich ewig danken


Und will auf dein Gebet zu Gott vertrauen.
Die wir an Sünde kranken,
Wir brauchen heilige Frauen,
Die unser Heil im Herzen Jesu schauen.

DRITTES BUCH
1

Maria Magdalena hat


Begleitet den Messias treu,
Johanna und Susanna auch,
Sie war mit all den andern Fraun
Von Galiläa ihm gefolgt,
Als Jesus Christus ging ans Kreuz.
Sie war mit Sankt Maria auch,
Der Mutter Jesu, Unsrer Frau,
Und mit den andern frommen Fraun
Bei Jesus Christus unterm Kreuz.

Nach Christi Kreuzigung und Tod


Ist er zuerst erschienen ihr
Im Ostergarten Sonntag früh,
Im Auferstehungsparadies,
Ihr, und Maria Salome.
Sie war bei Sankt Maria auch
Und den Aposteln unsres Herrn
Und bei den Brüdern unsres Herrn
Und bei den Jüngerinnen auch
Im irdischen Jerusalem
Nach Jesu Christi Himmelfahrt,
Erwartend betend Gottes Geist,
Der auch auf sie herniederkam
In Feuerzungen auf ihr Haupt.

Der Mythos der Ecclesia


Maria Magdalena schmolz
Zusammen mit Maria von
Bethanien, Marthas Schwester, und
Der namenlosen Sünderin
Und jener, die denn Herrn gesalbt.
Und der Apostel Königin
Apostelin von Frankreich ward,
La Madelaine de la France,
Zur reuevollen Sünderin,
Zur Hure und zur Büßerin.
Der Mythos der Ecclesia
Maria Magdalena schmolz
Zusammen mit Maria von
Ägypten, jener Hure, die
Asketin in der Wüste ward.

Von Anfang an im Jüngerkreis


Maria Magdalena war,
Sie, ohne Gatte, ohne Sohn,
Hieß Miriam von Magdala.

Johanna und Susanna und


Maria Magdalena auch,
Sie wurden von dem Herrn geheilt,
Befreit von der Dämonen Fluch,
Sie dienten ihm mit ihrem Gut,
Dieweil er zog von Dorf zu Dorf
Und kündete das Himmelreich.

Maria Magdalena ward


Befreit von der Dämonen Fluch,
Die sieben bösen Geister flohn
Vorm Finger Gottes durch den Herrn.
Sie war sehr reich an Hab und Gut,
War Herrin, unabhängig, frei,
Die mit dem Wunder-Rabbi zog.

Die Augenzeugin unsres Herrn,


Die Ohrenzeugin unsres Herrn,
Sie folgte ihm als Jüngerin
In Galiläa durch das Land
Und war des Meisters Dienerin.

Die Zeugin seines Todes sah


Gelegt ihn werden in das Grab.

Sie war die Erste aller Fraun,


Die auserkorne Jüngerin.
Susanna und Johanna und
Die andere Maria und
Maria Salome und all
Die andern Frauen unsres Herrn –
Maria Magdalena war
Messias auserwählte Braut.

Es flohen die Apostel all,


Als Jesus Christus hing am Kreuz,
Nur Sankt Maria, Unsre Frau,
Und Sankt Marien Schwester und
Maria Magdalena sind
Geblieben bei dem Herrn am Kreuz.

Maria Magdalena war


Voll Tapferkeit gefolgt ans Kreuz,
Voll Mut und Solidarität
Stand sie bei Jesus unterm Kreuz.
Denn ihre Liebe war so stark,
War stärker als die Todesangst.
Sie gab sich ganz dem Heiland hin,
Dem Heiland und dem Himmelreich.

Als Jesus Gott gehorsam war


Bis zu dem Tode an dem Kreuz,
Maria Magdalena war
Dem Meister treu bis an den Tod.

Ist denn dem auferstandnen Herrn


Marie von Magdala allein
Begegnet in der Sonntagsfrüh,
Sprich, oder Magdalena als
Die Königin der lieben Fraun?

Sie sind ja mutig, liebevoll!


Doch ist auch durch den Kreuzestod
Der Frauen Glaube tief erbebt.

Der Engel in dem weißen Kleid


Sagt Magdalena und den Fraun:
Ihr sucht den Christus in dem Tod,
Doch er ist auferstanden, lebt,
Nun geht er weisend vor euch her.

Sankt Magdalena und die Fraun


Als erste Zeuginnen des Herrn
Den Christus als Erscheinung sahn.

Voll Mutes, großer Freude voll,


Sie eilen zu dem Jüngerkreis,
Die Auferstehung preisen sie.

Sankt Magdalena und die Fraun


Bekennen Christus an dem Kreuz
Als ihren Meister, ihren Herrn.

Sankt Magdalena treu bezeugt


Messias Jesus‘ leeres Grab,
Ihn, der hinaufgeht zu dem Herrn,
Zu seinem Gott und ihrem Gott.

Sankt Magdalena sammelt nun


Die weit zerstreute Herde ein
Und gründet die Ecclesia.

Die Fraun von Galiläa um


Sankt Magdalena glaubten fromm
Der Auferstehung unsres Herrn
Und bauten die Ecclesia.

Die Erste Magdalena war


Der Fraun von Galiläa wie
Sankt Petrus war Apostelfürst
In der Apostel Jüngerkreis,
Doch stritten sich die beiden nicht,
Sie liebten sich in Gott dem Herrn.

Apostel der Apostel ist


Sankt Magdalena, ausgesandt
Von unserm auferstandnen Herrn.

Propheten sprachen Seherwort


Im weisen Geist des Ich-bin-da
Zu Gottes auserwähltem Volk.
Maria Magdalena sprach
In Jesus Christus, dem Ich-bin,
Zu Petrus, zur Apostelschar.

Maria Magdalena rief


Mit Jesu Jüngerinnen und
Maria, Unsrer Lieben Frau,
Und Jesu Brüdern, Schwestern auch,
Und den Aposteln unsres Herrn
Herab von Gott den Geist des Herrn!

Die Jüngerinnen unsres Herrn


Und Jünger rangen in dem Geist,
Weil Jesus Magdalena doch
Bevorzugt küsste auf den Mund.

Sie stellte viele Fragen ihm,


Von fünfzig Fragen an den Herrn
Maria stellte vierzig ihm,
Er gab ihr Antwort allezeit.

Da forderte Sankt Petrus einst,


Maria Magdalena sollt
Verlassen die Apostelschar,
Doch Jesus strafte Petrus ab:
Geh weg von mir, du Satanas!
Betrübt mir nicht die liebe Frau,
Ich möchte, daß sie bei mir bleibt!

Sie war die Jüngerin des Herrn.


Im Petrus-Evangelium
Ist sie die Frau, die Sonntag früh
Am Ostermorgen kam ans Grab,
Der frommen Frauen Führerin.

Die schöne Jüngerin des Herrn


Und ihre Freundinnen in Gott,
Sie hatten Jesus sehr geliebt
Und weinten über seinen Tod
Und brachten Gaben an das Grab.

Um die enttäuschte Hoffnung nur


Wehklagte der Apostelkreis,
Doch Magdalena und die Fraun
Wehklagten um den Bräutigam!

Maria Magdalena war


Die Erste unter Frauen, die
Mit Salben gingen an das Grab,
Dort Christus auferstanden sahn
Und hörten ihres Meisters Wort:
Es gehe Eine nun von euch
Zum heiligen Apostelkreis,
Sag: Auferstanden ist der Herr!

Sankt Magdalena und die Fraun


Vertrauten ihrem Herrn sofort
Und zweifelten an Christus nicht
Und seinem Auferstehn vom Tod.

Die Brüder aber zweifelten:


Wer tot ist, lebt der wieder auf?
Der Christus aber half den Fraun,
Zu predigen der Brüderschar.
Der Herr erschien den Brüdern selbst,
Noch zweifelte der Brüderkreis.
Erst als die Wunden sie berührt
Und hörten Jesus predigen,
Zum Osterglauben fanden sie.

Sankt Miriam von Magdala


Ist Zeugin leeren Gottesgrabs,
Empfangende vom Engelsgruß,
Des Auferstandnen Seherin.

Sie ragt hervor aus allen Fraun,


Bevorzugt von dem Bräutigam.

Was ist der Vorrang dieser Frau


Und Magdalenas Freundinnen
Vor Petri Männerfreundschaft und
Der anderen Apostel Macht?
Es ist die freie Gnadenwahl
Und Auserwählung unsres Herrn!

Die heilige Geliebte, Frau,


Vor allen Frauen auserwählt,
Ist von besondrer Würdigkeit,
Die sich dem Augenschein entzieht.

Frau Eva lauschte Schlangenwort


Und ward mit Weh und Schmerz bestraft
Und ward zur Magd der Traurigkeit,
Zum Quell für Adams Traurigkeit.
Maria lauschte Christi Wort
Und wurde von ihm ausgesandt
Zur Freudenbotin aller Welt,
Zur Quelle unsrer Seligkeit!

Weil Eva einst, die erste Frau,


Der ersten Sünde Fluch erfuhr,
Drum liebt Messias nun die Fraun
Mehr als die Menschensöhne all
Und unter allen Frauen meist
Sankt Miriam von Magdala.
Sei Neue Eva jede Frau,
Geliebte Christi jede Frau
Und grüße den Erstandenen
Und trage Freude in die Welt!

Maria Magdalena, ach,


Beweinte ihren Herrn und Gott,
Bedürftig sie des Trostes sehr,
Darum erschien ihr selbst der Herr.

Doch nicht allein das leere Grab


Und nicht die Leinenbinden nur
Und nicht allein der Engelsgruß
Und nicht nur die Vision des Herrn,
Sie gründen ihren Glauben nicht,
Doch daß der auferstandne Herr
Sankt Miriam mit Namen ruft:
Maria! war sein erstes Wort
Als Auferstandner von dem Tod!

Sie muß es nur begreifen, daß


Sie nicht auf gleiche Weise nun
Geliebte ihres Herrn sein kann
Wie vor des Meisters Kreuzigung,
Vielmehr, daß er zum Vater geht,
Zu seinem Gott, zu ihrem Gott.

Der Herr verheißt den Tröster-Geist,


Maria tröstet seine Schar.

Die Ruach ist die Trösterin,


Die Diakonin Miriam
Ist Trösterin durch Ruach-Trost.

Die Engel künden Miriam


Das neue Evangelium
Der Auferstehung von dem Tod.
Chorführerin ist Miriam
Des Chores gottgeliebter Fraun.
Sankt Magdalena und die Fraun
Verkünden nun des Herrn Triumph
Den guten Hirten seiner Huld.

Das ist die neue Hierarchie


Der Auferstehung aus dem Tod:
Der Engel der Gemeinde grüßt
Die Prophetissa Miriam
Und Miriam prophetisch spricht
Zu Petrus als der Kirche Fels.

Der auferstandne Christus grüßt


Maria Magdalena und
Die anderen Marien all:
Nun freuet euch, Geliebteste!
Seht, durch euch sollen freuen sich
Die lieben Frauen aller Welt!

Wo eine schöne Frau dereinst


Die große Traurigkeit gepflanzt,
Wird nun die neue schöne Frau
Einpflanzen unsre Seligkeit.

Die Brüder sind geflohen all,


Als Jesus Christus hing am Kreuz,
Die Schwestern blieben bei dem Herrn.
Die Brüder suchten in der Flucht
Das eigne Heil in dieser Welt,
Die Schwestern suchten in des Leids
Mitleiden ihren Heiland nur.

Noch heute sucht der Männer Volk


Den eignen Vorteil und Gewinn.
Die Schar der Frauen aber ist
Trotz Traurigkeit und Seelenangst
Dem Glauben offen und dem Geist.

So freut euch! Christus auferstand!


So freut euch! Tod ist nun besiegt!
So freut euch, liebe Frauen all,
So freut euch, Jesus liebt die Fraun!

Der Schlange Eva hat gelauscht,


So treibt das weise Wort des Herrn
Die sieben bösen Geister aus
Aus Miriam von Magdala.

Jungfräulich war Sankt Miriam,


Die aufgebrochen als Apostelin
Ins Heiligtum von Ephesos,
Dort lebte mit Johannes sie,
Nachdem die Gottesmutter fort
Gegangen war zu Gott dem Herrn.
Maria Magdalena litt
Dann in der großen Ephesos
Und starb dort im Martyrium.

Wie auf den Felsen Petrus die


Gemeinschaft der Apostel hört,
Maria, Frau Apostelin,
Ist Führerin der frommen Fraun.
Der Herr verlieh Sankt Miriam
Im Kreis der Frauen das Primat.

Maria Magdalena ist


Die Bischöfin der frommen Fraun.
Maria, Jesu Mutter, ist
Die Päpstin der Ecclesia.

Maria Magdalena war


Voll starker Liebe, voll Gefühl,
Die Seele voll Empfindung war,
Gereinigt durch Gelassenheit,
Ihr leidenschaftliches Gefühl
Und ihre Liebe wurden so
Der Grund des Harrens an dem Grab,
Der gnädigen Vision des Herrn,
Der Freudenbotschaft an die Welt,
Ihr weibliches Apostelamt.

Mensch, der du Religion studierst,


Wie Magdalena eifrig sei,
Sei strebsam wie des Meisters Braut,
Dann wirst den Jüngern du des Herrn
Ein Lehrer der Sophia sein.

Sankt Magdalena und die Fraun,


Apostelinnen waren sie,
Gesandt zu dem Apostelkreis,
Evangelistinnen des Herrn,
Gesandt zu Jesu Predigern,
Und Christusträgerinnen sie,
Die Christus trugen in die Welt.

Ahnmutter Eva nämlich hat


Dem Menschen, ihrem Mann, gelehrt
Die Schlangenweisheit voller Trug.
Drum Miriam von Magdala
Als Mutter der Ecclesia
Den Petrus lehrt, der Kirche Fels,
Daß Christ-Sophia auferstand.

Auch Thekla von Ikonion


Mit Wohlgefallen Pauli war
Evangelistin, Lehrerin
Und Missionarin in der Welt.

Die zwölf Apostel unsres Herrn


Sind unter allen Heiligen
Was Miriam von Magdala
Ist unter allen frommen Fraun.

Mit den Aposteln kämpfte sie,


Sie übertraf die frommen Fraun,
Ist aller Christen Ideal.

Maria Magdalena war


Der zwölf Apostel Lehrerin.
Denn wenn nicht auferstand der Herr,
Ist aller Glaube ohne Sinn.
Der auferstandne Christus ist
Erschienen Miriam zuerst,
Auf daß die Auferstehung sie
Verkünde als Apostelin
Dem apostolischen Konzil.

Die frommen Frauen schickten sie,


Sie sandten Magdalena aus,
Sie sprachen: Laßt uns weise sein
Und handeln klüglich und gerecht,
Maria Magdalena soll
Besehen sich das Gottesgrab,
Und was sie dann uns sagen wird,
Das werden wir getreulich tun.

Der Herr wird auferstehen, ja,


Wie er es uns verheißen hat,
Wie aber wird er auferstehn?

Maria sah das leere Grab,


Als Gärtner trat zu ihr der Herr,
Der fahren wird zu seinem Gott.

Maria Magdalena sprach:


Ihr lieben Jünger Jesu all,
Lernt, was ich bei dem Grab geschaut,
Verbergt nicht, was ihr nicht versteht.
Vom Grab ist fortbewegt der Stein.
Ward fortgetragen unser Herr?
Ich habe Wachen nicht gesehn,
Soldaten sind geflohen all.
Ist Christus auferweckt von Gott,
Der Herr, der den Gefallenen
Die Totenauferstehung schenkt?

Und Petrus und Johannes sind


Im Wettlauf zu dem Grab geeilt,
Sie waren traurig und verzagt,
Weil ihnen nicht der Herr erschien.

Maria Magdalena ward


Zur Mutter der Apostel und
Zur Trösterin der Jüngerschar.

Ihr Eingeweihten unsres Herrn,


Ihr, Jesus feurig Liebende,
Verliert die Hoffnung nicht, habt Mut!
Was da geschehen, wirkt zum Heil.
Die Frau, die Erstgefallene,
Als Erste schaut den Meister in
Der Auferstehung aus dem Tod.
Uns allen spricht er freundlich zu:
Nun freut euch, Frau und Mann und Kind,
Nun freut euch, ihr Gefallenen,
Ihr werdet alle auferstehn!

Maria weinte an dem Grab,


Als wär getragen fort der Herr.
Als Gärtner ihr der Herr erschien,
Der Christus, der erstandene:
O Miriam, o Miriam!
Verkünde deine Zunge, Frau,
Erklär den Söhnen meines Reichs,
Die warten auf mein Auferstehn,
Daß ich die Auferstehung bin.
Nun eil, Maria, liebe Frau,
Versammle meine Jünger all.
Ich werde dich verwenden, Frau,
Als meiner Auferstehung Horn.
Nun bringe meinen Frieden du
Furchtsamen Ohren meiner Schar,
Die sich verstecken in dem Haus.
Du wecke alle sie vom Schlaf,
Ich will sie treffen in dem Licht.
Sprich: Auferstanden ist der Herr
Und blieb nicht länger in dem Grab.
Apostel nun, vertreibt den Tod,
Denn auferstanden ist der Herr,
Der allen den Gefallenen
Die Auferstehung schenken wird.

Die frommen Frauen sprachen da:


Erwählte Lieblingin des Herrn,
Maria Magdalena, ja,
Wahrhaftig deines Mundes Wort
Und weise deine Botschaft ist.

Sankt Magdalena und die Fraun,


Sie sprachen zu der Jüngerschar,
Der zagenden Apostel Kreis:
Ihr, was verliert ihr allen Mut,
Was seid ihr denn so hoffnungslos?
Verhüllt nicht euer Angesicht,
Erhebt die Herzen zu dem Herrn,
Denn auferstanden ist der Herr.
Nun ordnet euch zum Reigentanz
Und singt mit Magdalena schön,
Daß Jesus lebt, daß Jesus lebt!

Sankt Miriam von Magdala


Die Seelenkinder unterwies
Und taufte sie zur Neugeburt...

Heil, Freudenbotin unsres Heils,


Heil, Freudenbringerin der Welt!

VIERTES BUCH

Die drei Marien trieben auf der See,


Maria Joses, Jungfrau rein wie Schnee,
Wie Wollust schön Maria Magdalena
(Ich sah die Göttin in dem Dom von Siena),
Und weise wie der Weisheit Uridee
Im Frauenleib Maria Salome,
Drei Grazien und Nymphen, schön wie Traum,
Im Schiffe trieben durch den Meeresschaum
Des Mittelmeers, so kamen sie daher,
Um bei Les-Saintes-Maries-de-la-mer
Zu landen an dem Golf des Löwen dort,
Die Nymphen Gottes landeten im Port.
Maria Magdalena, Braut voll Sex,
Die Nymphe des Messias, ging nach Aix
In der Provence, der minnigen Provence,
Um heilig darzubringen Gott La France.
Sie war auch in Marseille, an jenem Orte,
Stand strahlend dort in des Triumphes Pforte,
War auch in Avignon, wo im Exil
Die Päpste, wo Petrarca voll Gefühl
Am Dom der Santa Klara sah die Aura
Der Gottesschönheit seiner Göttin Laura.
Die Gallier aber und die wilden Kelten
Den vielen Göttern in den Überwelten
Selbst Menschen opfern, opfern Menschenblut!
Dort auserkor sich als ihr höchstes Gut
Die Fürstin der Provence, an Schönheit hold,
Mit ihrem Fürsten einen Gott aus Gold,
Den Glücksgott mit den irdischen Gesetzen
Von Reichtum wählten sie zum goldnen Götzen
Und brachten ihrem Götzen offenbar,
Dem goldnen Glücksgott, Kinderopfer dar!
Maria Magdalena rief: Ein Greuel
Ist euer Götze, Schande er und Scheuel,
Ich schau den goldnen Glücksgott mit Entsetzen,
Ich fluche eurem widerlichen Götzen!
Doch Fürst und Fürstin voll des Reichtums Macht
Ergötzten sich an ihres Götzen Pracht
Und beteten den Götzen an aus Gold
Und hörten nicht auf Magdalena hold.
Maria Joses aber, rein wie Schnee,
Und weisheitsvoll Maria Salome
In bittrer Armut lebten, wie sie nie
Gewichen von dem heiligen Genie
Der Bräute Jesu. Jede arme Närrin
Der Gottesliebe wählte sich zur Herrin
Frau Armut, wie die frommen Troubadoure,
Die franziskanisch Jesus ihre Sure
Der Gottesliebe sangen, Gottesminne.
Maria Magdalena aber inne
Geworden ist der Armut ihrer Schwestern
Und sah, wie Fürst und Fürstin böse lästern
Die Heiligen, weil sie so bitterarm.
Maria Magdalena rief: Erbarm
Dich, Christus, über deine armen Schwestern
Und laß die reichen Heiden nicht mehr lästern.
Maria Magdalena schön wie Schaum
Der Fürstin nachts erschienen ist im Traum,
Maria Magdalena stand voll Grimm
Vor jener Fürstin des Provence und schlimm
Empfand die Fürstin Magdalenas Zorn:
Die drei Marien sind von Gott geborn,
Sind Gottes Nymphen, Jesu Christi Schwestern,
Ihr reichen Heiden aber wollt sie lästern?
Almosen spendet lieber Gottes Nymphen,
Sonst wird einst Gott der Herr die Nase rümpfen
Und euch verachten an dem Jüngsten Tag.
Almosen Christi Bräuten nie versag,
Sprach Magdalena zu der Fürstin streng.
Der reichen Fürstin Herz war aber eng,
Sie sprach zu ihrem Fürsten in der Nacht:
Maria Magdalena voller Macht
Erschien vor mir, voll Gottes Zorn und Grimm,
Und sprach: Am Jüngsten Tag ergehts dir schlimm,
Wenn du nicht helfen wirst des Meisters Schwestern.
Da sprach der Fürst: Ich höre auf zu lästern,
Ich sah Maria Magdalena bloß,
Sah grimmig sie im Grimme Gottes groß,
Gleich einer Göttin, Schönste aller Dirnen,
Doch wehe mir, ich sah sie mit mir zürnen!
Ich falle nieder gleich zu ihrem Fuße
Und wende mich zu Gott dem Herrn in Buße.
Schön ist Maria Magdalena bloß
Und Gottes Macht und Majestät ist groß,
Wir werden nie mit unsern Seelen ruhn,
Wenn wir nicht Opfer bringen, Buße tun.
Maria Magdalena, Gott zum Gruße,
Empfange gnädig reicher Sünder Buße.
Da sprachen Fürst und Fürstin der Provence:
Marie, la Madelaine de la France,
Du schön wie Meeresschaum und wild wie Wind,
Erbitte uns von Gott dem Herrn ein Kind,
Daß Gott der Herr annehme unsern Gruß
Und unsre Buße, Gott den Uterus
Der Mutter öffne, Gott der Fruchtbarkeit,
Maria Magdalena gottgeweiht
Erbitt uns betend wie der Geist im Wind
Von Gott die Fruchtbarkeit, der Frau ein Kind!
Maria Magdalena sprach: O nein,
Nicht euer soll das Kind von Jesus sein,
Wenn Gott euch schenkt ein Kind als Frucht der Buße,
So soll es immer ruhn zu meinem Fuße
Und soll ein Heiliger der Minne sein
Und sein ein Troubadour des Einig Ein!
Die Fürstin sprach: Wenn anders Leibesfrucht
Nicht wird zuteil mir als durch Gottes Zucht,
Will ich die Leibesfrucht im Schoße mein
Maria Magdalena ewig weihn,
Die Frucht aus meinem sündigen Geschlecht
Mariens Minner sei und Gottes Knecht!
Maria Magdalena aber bat
Und Gott der Schöpfer tat die Gnadentat,
Gelandet ist das Kindlein an der Bucht,
Die Seele ward zu einer Leibesfrucht,
In der Empfängnis schon gebenedeit
Maria Magdalena war geweiht.
Da sprach der Fürst: Die Glaubenswahrheit lehre,
Daß ich vernünftig deine Gottheit ehre.
Maria Magdalena an dem Strom
Ardeche sprach da: Du pilgere nach Rom,
Daß du an Petri Weisheit dich erlabst,
Die Christusdogmen lehrt dich dort der Papst,
Der Eckstein in des Vatikanes Bau,
Nimm mit zur Pilgerfahrt auch deine Frau,
Die Fürstin, die von Gottes Gnade schwanger,
Daß sie gesegnet auf der Weisheit Anger
Dir sein ein Hag von Rosen voll Arom,
Wenn Papa Petrus segnet sie in Rom.
Da sprachen Fürst und Fürstin der Provence:
Marie, la Madelaine de la France,
Gib deinen Segen uns zur Pilgerfahrt,
Das Kreuz, da sich die Gottheit offenbart,
Daß wir gesegnet seien und geweiht
Von deiner Gottheit der Dreifaltigkeit.
Maria Magdalena ohnegleichen
Die beiden weihte mit dem Kreuzeszeichen.
Da stiegen Fürst und Fürstin in ein Boot
Und sind durch Morgenrot und Abendrot
Gesegelt durch Tyrrhenermeeres Strom
Auf ihrer Pilgerfahrt zum Papst von Rom.
Da hob sich auf dem Meer ein Wettersturm,
Die Wellen bogen sich wie Tal und Turm,
Gischtspritzer in dem Wettersturme sprühten,
Mit Donnern große Wellenbrecher wüten,
Da unterm Meeresdonnern wunderbar
Die Fürstin der Provence ihr Kind gebar.
Und da sie in den letzten Wehen schrie,
Gebar das Kindlein, ist gestorben sie!
Das Kindlein lebte, war ein kleiner Knabe.
Daß der Geborene gemordet habe
Die Mutter fern von jedem sichern Port
Im wilden Meer mit wildem Muttermord,
Das konnte ihm der Vater nicht verzeihen.
Die Leibesfrucht dem sichern Tod zu weihen,
So sehr das Kindlein weine auch und winsel,
Er legte es auf eine Felseninsel
Im Meer und seiner Mutter Leichnam auch.
Da sanft blies übers Meer ein leiser Hauch,
Da all die Stürme in den Meeresbetten
Sich legen und die Wellen sanft sich glätten,
Die Schiffer ruderten im stillen Strom
Der See den Fürsten nun zum Papst nach Rom.
Als Petrus sah den Fürsten der Provence,
Sprach er: Bei Madelaine de la France,
Maria Magdalena ohnegleichen,
Ich seh dich Sünder unterm Kreuzeszeichen
Der Heiligen geweiht und doch ich finde
In deiner kalten Seele schwere Sünde,
Die Seele muß dir reinigen die Flut
Der Gnade Gottes in Messias‘ Blut,
Bereu, tu Buße, deiner Schuld dich schäm!
Und Petrus zeigte ihm Jerusalem,
Der Gottesmutter Haus in Nazareth,
Die Hütte der Verkündigung noch steht,
Die Kirche der Geburt in Bethlehem,
Wo orthodoxe Mönche angenehm
Mit Afrikanern und mit Römern beten
Und mit Armeniern zusammentreten,
Und wies ihm Simon Petrus‘ Fischerhaus,
Da ging der Christus Jesus ein und aus,
Der Christus Jesus, der erlöst hat Eva,
Der wohnte dort mit Simon oder Kefa,
Der wies ihm auch der Grabeskirche Ort,
Mohammedaner gottergeben dort
Im Land der Juden nach der dunklen Nacht
Die Kirche schließen auf mit Schlüsselmacht,
Weil in der Grabeskirche betend wohnen
Zerstritten alle Christenkonfessionen,
Drum gab der Fürst von Israel sublim
Die Schlüsselmacht der Kirche dem Muslim.
Dort betete der Fürst für seine Sünde,
Um Gottes Gnade seinem Weib und Kinde,
Der Toten und dem Ausgesetzten Segen
Erflehte er auf Christi Pilgerwegen,
Daß Christus Gottes Gnade offenbare.
Der Fürst und Petrus pilgerten drei Jahre
Durch Israel, wo sie den Christus ehrten
Und dann in ihre Heimat wiederkehrten.
Papst Petrus kehrte in den Vatikan,
Der Fürst begab sich auf den Meeresplan
Und segelte durchs Meer. Bei dem Gewinsel
Der Robben kam er zu der Felseninsel,
Wo er der Fürstin Leichnam ließ zuletzt
Und wo er seinen Sprößling ausgesetzt.
Ein Wunder durch die Huld des Herrn geschah,
Der Fürst die Wundertaten Gottes sah:
Maria Magdalena saß am Saum
Der Insel, sanft umspült von Meeresschaum
Die schlanken bloßen Füße an dem Strand,
Da Muscheln trieb das Meer ans Inselland,
Da saß sie in dem leichten lichten Kleide,
Die nackten Brüste eine Augenweide,
Voll Liebe blitzten ihre Mandelaugen
Zum Kind, das an dem großen Busen saugen
Die Milch des Trostes durft mit Wohlgefallen,
Dreijährig liegend an der Brust, der prallen,
Maria Magdalenas praller Brust,
Der Knabe lachte voller Liebeslust,
Marias nackten Busen an dem Mund,
Der liebe Knabe lachend und gesund,
Befriedigt von Marias Leidenschaft
Im Paradiese spielte voller Kraft,
Weil blühend um den Fuß der makellosen
Maria Magdalena blühten Rosen
Und Lilien, Veilchen, Nelken, Mohn und Lotos,
Da in die Blumen blies der Südwind Notos,
Maria Magdalena himmlisch süß,
Das Kindlein auf dem Schoß im Paradies,
Berauschend in des Meereswindes Raunen
Saß göttlich da, dem Fürsten ein Erstaunen,
Der senkte seine Stirn zum Sand hinunter
Und betete: Der Schönen Liebe Wunder
Und reiner Spiegel du, o Gratia Plena,
O göttliche Maria Magdalena!
Da lachte Magdalena süß und girrend,
Den Fürsten der Provence so hold verwirrend:
Zur Grabeskirche gingest du hinunter,
Drum wirke ich aus Gottes Huld ein Wunder,
Weil Christus deine Buße du entboten,
Und wecke deine Fürstin aus den Toten!
Talita kum! sprach leise Magdalena,
Maria Magdalena, Gratia Plena,
Maria Magdalena hat geboten
Mit Christi Wort, da wachte von den Toten
Die Fürstin auf, die Fürstin der Provence:
Marie, la Madelaine de la France,
Im Staube dankt die Sünderin, die Närrin,
Dein sei mein Kind, o göttingleiche Herrin,
Maria Magdalena sei geweiht
Mein Kind, der Gottheit in Dreifaltigkeit,
Mein Kindlein, Gottes Schöner Liebe inne,
In der Provence ein Troubadour der Minne
Und frommer Troubadour der Gottheit sei!
Sprach Magdalena: Der aus deinem Ei
Geschlüpft, die Leibesfrucht mit Liebe kaufe
Dem Tod ich ab und ihn auf Christus taufe!
Hier bei Les-Saintes-Maries-de-la-mer
Maria tauft ihn auf den Namen Pierre.
Maria sprach zu Pierre: Bei Jesus Christ,
Ein Kind der Herrin du geworden bist,
Marie, la Madelaine de la France!
Wenn Fürst und Fürstin nun in die Provence
Heimkehren, sollen sie im schönen Aix
Maria Magdalena, Braut voll Sex
Der Liebe Gottes, Schönste aller Frauen,
In Frankreich einen Tempel ihr erbauen.
Doch du, mein Sohn, sollst mit Maria gehen
Ins Baskenland am Fuß der Pyrenäen,
Dort in den Bergen sollst du Hirte werden,
Dieweil als Hirte weidest du die Herden,
Sollst du als Beter, weidend Gottes Schafe,
Stehn vor der Gottheit in dem Himmel – Iahve!...

FÜNFTES BUCH
ERSTER GESANG

O Muse, Himmelskönigin,
In diesem Wonnemonat Mai
Will singen Magdalena ich,
So steh du meinem Liede bei!

Als Jesus Nazarenus war


Beim Pharisäer Simon Gast,
Gab ihm der Pharisäer nicht
Den Bruderkuss auf seine Stirn.
Als Jesus in die Hütte trat
Des Pharisäers Simon, war
Des Wandrers Fuß von Staub befleckt,
Wie müde war des Wandrers Fuß!

Doch Simon gab ihm Salböl nicht,


Wusch nicht den staubbefleckten Fuß.
Weil Simon ohne Liebe war,
Tat er dem Wandrer nichts zu lieb.

Die Pharisäer jener Zeit,


Sie waren ziemlich selbstgerecht,
Weil die Gesetze Moses sie
Und eigenes Gesetz bewahrt.

Die Pharisäer dachten stolz:


Wir beten und wir fasten viel,
Almosen geben wir genug,
Wir fürchten Gott und die Torah!

Die Sünder aber dieser Welt,


Die Kopfgeldsteuer treiben ein,
Sind ein Geschlecht, von Gott verflucht,
Gott Dank, dass ich nicht bin wie sie!

Die Sünder aber dieser Welt,


Sie treiben Hurerei vor Gott,
In Unzucht und in Ehebruch
Die Sünderinnen schänden Gott.

Gott liebt die Sünderinnen nicht,


Auf ihnen lastet Gottes Zorn!
Doch ich, der Pharisäer, bin
Ein auserwählter Knecht des Herrn!

Was Jesus Nazarenus will


Mir sagen heut in dieser Nacht?
Ich bin zum Streitgespräch bereit,
Bin ja bewandert in der Schrift.

Da aber trat die Hure ein,


Fürwahr, sie war ein schönes Weib!
Die öffentliche Sünderin
Freimütig trat zum Menschensohn.

Die lange rote Lockenflut


Ihr fiel aufs weiße Schulterpaar,
Die Brüste zeichneten sich ab
Spitz durch das seidenfeine Kleid.

Die öffentliche Hure war


Gewesen manches Mannes Braut
Und hatte oft gespreizt das Paar
Der Schenkel irgendeinem Mann.

Nun trat sie zu dem Menschensohn


Und weinte Reuetränen heiß:
Ach, tote Hündin bin ich nur!
Ich bin ja nichts als eine Laus!

Du aber der Messias bist,


Der mir die Würde wiedergibt!
Nimm meine Reuetränen an,
Sie fallen dir auf deinen Fuß.

Ich wasche deine Füße dir


Mit meinen Reuetränen klar,
Ich trockne deine Füße dir
Mit meinem roten Lockenhaar.

Ich küsse deine Füße dir,


Der Sünderin geschminkter Mund
Liebkost dir deinen Wanderfuß
Zum Zeichen meiner Reu und Buß.

Und Jesus hob die Hure auf


Und sagte zu dem schönen Weib:
Maria Magdalena, du,
Ich hab dich auserwählt zur Braut!

Der Pharisäer dachte da:


Wenn Jesus wäre ein Prophet,
Er wüsste, dass dies schöne Weib
Ist öffentliche Sünderin.

Der Menschensohn zu Simon sprach:


Du gabst mir keinen Bruderkuss,
Hast meine Füße nicht gesalbt,
Wie diese schöne Hure tat.

Erwiesen hat sie mir zu lieb


Die große Liebe ihrer Buß.
Weil viel ich ihr verziehen hab,
Ist ihre Liebe auch sehr groß.

ZWEITER GESANG

Maria Magdalena war


Besessen von der Siebenzahl
Der höllischen Dämonen, die
Die Seele ihr verfinsterten.
Sie sah in ihrer Seele Reich
Und sah im Seelen-Inneren
Dämonen weiblicher Gestalt,
Die siebenfache Teufelin.

Der Name dieses Dämons war


Gespenstisch, Lilith hieß der Geist,
Denn Lilith ist ein Nachtgespenst,
Der Dämon aus der Unterwelt.

Was ist denn Dämon Liliths Werk?


Sie treibt die Leibesfrüchte ab,
Der Rabenmutter böser Grimm
Ist des Gespenstes Lilith Werk.

Die Unzucht treibt sie auch voran,


So dass die Frau zusammen lebt
Mit einem Mann, der nicht ihr Mann,
Die viele Männer schon besaß.

Wie Oholiba tat auch sie


Die Schenkel spreizen jedem Mann
Und unter jedem grünen Baum
Hat sie mit einem Baal gehurt.

O Seele Magdalenas, du
Musst dich bekehren zu dem Herrn,
Der Herr treibt dir den Dämon aus,
Dem du dich unterworfen hast.

Mit Gottes Finger treibt der Herr


Den Lilith-Dämon aus dir aus
Und reinigt deiner Seele Haus
Und schmückt dir deiner Seele Schloss.

Jedoch die Lilith-Teufelin


Und ihrer Lilim Siebenzahl
Durchstreift die öde Wüstenei
Und wandelt an dem Roten Meer

Und kehrt zurück und findet dich


Gereinigt und geschmückt und kommt
Und möchte in dein Haus zurück
Mit einer Lilim-Legion.

Doch Magdalena sprach zum Herrn:


Gesegnet seien Schoß und Brust,
Der Schoß, der dich getragen hat,
Die Brust, die du gesogen hast!

Messias reinigte das Haus


Maria Magdalenas, trieb
Die Legion der Lilim aus
Und seinen Namen in sie schrieb.

In Magdalenas Seelenschloss
Und seine sieben Kammern goss
Der Herr die sieben Tugenden
Und stärkte Magdalenas Geist.

Er goss in ihren schönen Kopf


Die Tugend großer Klugheit ein
Und lehrte sie die Wissenschaft
Der rechtverstandnen Biblia.

Er goss in ihr so süßes Herz


Die Tugend ein vom rechten Mut,
So dass sie tapfer ging den Weg
Mit Jesus Christus zu dem Kreuz.

Er goss in ihren lieben Leib


Die Tugend ein vom rechten Maß
Und lehrte die Hetäre, keusch
Zu leben in dem Fleisch und Blut.

Er goss in die Persönlichkeit


Die Tugend der Gerechtigkeit,
So dass sie zur Gerechten ward,
Die horchte göttlichem Gebot.

Er goss in sie die Tugenden,


Die kommen ganz allein von Gott,
Die göttlich-theologischen,
Die Tugenden von oben ein.

Auf Gottes Offenbarung gab


Er ihr die Antwort ein, das Ja,
Gehorsam war im Glauben sie
Den Offenbarungen des Herrn.

Er goss in sie die Hoffnung ein,


Die Hoffnung der Unsterblichkeit,
Des Fleisches Auferstehung in
Der Gottheit Himmelsparadies.

Er goss in sie die Liebe ein,


Die Liebe ganz allein zu Gott,
Die größte aller Tugenden
Die Liebe zu der Gottheit ist.

Die Liebe ist dem Feuer gleich,


Dem Feuer in dem Dornenbusch,
Die Liebesleidenschaft für Gott
Ist nämlich stärker als der Tod.
DRITTER GESANG

Maria Magdalena war


Befreundet mit Susanna, die
War mystisch eine Jesus-Braut
In heiliger Jungfräulichkeit.

Herr Jesus hatte sie erlöst


Von manchem innerlichen Band
Und mancher schweren Kettenlast
Und mancher Sorge, Angst und Not.

Und so wie Magdalena auch


Susanna diente ihrem Herrn,
Nicht nur mit ihrem Hab und Gut,
Nein, mit der eigensten Substanz!

Als Diakonin diente sie,


Nicht strebend zum Apostelamt,
Sie diente Jesus, ihrem Herrn,
Mit Hab und Gut und mit Substanz.

Und mit dem eignen Silbergeld


Sie förderte das fromme Werk,
Almosen gab sie jederzeit,
Vor allem armen Kinderlein.

Auch backte sie sehr gutes Brot,


Das Jesus Christus gerne aß.
Er liebte diese Freundin sehr,
Sie war ihm schöner Erdentrost.

Wenn er allein in seinem Schmerz


Verachtet war von aller Welt,
Dann war Susanna ihm sein Trost
In ihrer sanften Freundlichkeit.

Wenn er ihr gab die Hand zum Gruß,


War ihre Hand wie ein Gewölk,
Wie eine Wolke federleicht
Und voller keuscher Zärtlichkeit.

Gern sah er ihre Augen an,


Die waren bräunlich wie das Reh
Und wie Kastanien in der Glut
Und voller femininem Charme.

Susanna war sehr liebevoll


Zu Jesus, ihrem Bräutigam,
Und auch um Jesu willen zu
Der Erde armen Kinderlein.

Johanna war die andre Frau,


War Magdalenas Freundin auch
Und Freundin von Susanna und
Auch eine fromme Jesus-Braut.

Johanna aber war vermählt


Mit Chuza, ihrem Ehemann,
Der war ein Kinderhüter in
Dem fürstlichen Herodes-Haus.

Der Kinderpfleger Chuza war


Ein Tutor kleiner Kinderlein,
Die er wie eigne Kinder gern
Gehabt, die blieben ihm versagt.

Johanna aber war sehr fromm


Und diente Jesus, ihrem Herrn,
Und machte oft das Abendbrot
Mit Brot und Käse von der Kuh

Und Käse von der Ziege auch,


Und Jesus aß Oliven gern
Zum Ziegenkäse auf dem Brot,
Oliven liebte Petrus auch,

Sie tranken Buttermilch und Wein


Und aßen Nüsse gern dazu,
Auch liebte Jesus sehr den Fisch
Und Jesus aß auch gerne Fleisch.

Johanna hörte immer zu,


Wenn Jesus von der Weisheit sprach,
Wenn er zitierte aus der Schrift,
Wenn er von Gottes Liebe sprach.

Wenn Jesus von der Liebe sprach,


Die Gott zu seiner Menschheit hat,
So sprach er von der Ehe oft,
Wie Mann und Frau vereint in Gott.

Der Herr erwartete ja nicht,


Daß auch Johanna ehelos
Jungfräulich sollte folgen ihm,
Er wollte sie als Ehefrau

Zu seiner frommen Jüngerin,


Die in der frommen Ehe lebt,
Wo Mann und Frau vereint in Gott
Ein Bild für Gottes Liebe sind.
Johanna liebte das Gespräch
Mit Jesus Christus, ihrem Herrn,
Doch sprach sie auch sehr gerne mit
Der Magdalenerin ein Wort.

VIERTER GESANG

Der Herr kam nach Bethanien,


Das ist ein kleines armes Dorf,
Liegt nahe bei Jerusalem,
Zu seinem Freunde Lazarus.

Maria Magdalena dort


Bei ihrer Schwester Martha war,
Und Jesus kehrte in das Haus,
Saß bei den Freunden an dem Tisch.

Und Martha eilte durch den Raum,


Geschäftig sie als Hausfrau war,
So sie versorgte erst den Hund
Und dann die schwarze Katze auch,

Dann wusch die Wäsche sie im Bad


Und hing die Wäsche an die Schnur
Und faltete die Wäsche dann
Und tat sie in den Wäscheschrank,

Dann fegte sie den Boden noch


Und räumte in dem Hause auf,
Ging in die Küche an den Herd
Und machte dann ein Mittagsmahl,

Da kochte sie Gemüse gar


Und holte Kräuter aus dem Beet,
Dieweil die Suppe auf dem Herd
Im Suppentopfe kochte gar,

Ging sie noch an das Blumenbeet


Und pflegte ihre Rosen rot
Und rupfte noch das Unkraut aus
Und ging dann wieder an den Herd,

Die Teller tat sie auf den Tisch


Und Löffel legte sie dazu
Und steckte eine Kerze an
Und stellte auf den Blumenstrauß

Und sagte: Guten Appetit,


O Jesus, laß es schmecken dir!
Ich kann nicht mit dir essen, Herr,
Ich habe dazu keine Zeit,
Iss du mit Bruder Lazarus
Und Magdalena dieses Mahl,
Doch sage Magdalena auch,
Sie tut zuwenig in dem Haus.

Maria Magdalena sprach


Zu Jesus, ihrem Bräutigam:
Erzähl mir von der Weisheit, Herr,
Von Gottes Wort, der Biblia!

O Jesus, Magdalena sprach,


Es sagen alle Frommen mir,
Daß ich besessen vom Dämon,
Wenn ich das Leiden koste aus.

Wenn über mich die dunkle Nacht


Der unverstandnen Seele kommt
Und alle spotten über mich
Und lästern deine Jüngerin,

Wenn ich dann bittre Tränen wein


Und meinen Gott nicht mehr versteh
Und selber wie gekreuzigt bin,
O Jesus, sag mir, was ist das?

Und Jesus sprach zur Jüngerin:


Du kennst doch meinen Hiob gut,
Der hatte auch zu leiden sehr
Und litt an seiner Freunde Rat.

Die Freunde waren doch sehr fromm


Und sie verteidigten den Herrn
Und Hiob klagte an den Herrn
Und doch gab Gott dem Hiob recht!

Du kennst die Klagelieder auch


Von Jeremia, da er sang:
Die Rute Gottes züchtigt mich,
Ich bin so elend, voller Schmerz,

Gott ist zum Feind geworden mir,


Geworden wie ein wilder Bär
Und wie ein wilder Panther mir,
Kein Schmerz ist meinen Schmerzen gleich!

Du kennst die Psalmen Davids auch,


Wie er stand an dem Totenfluss,
Des Todes Fesselstricke ihn
Fast überwältigt in der Nacht,

Wie er zu seinem Gotte schrie:


Was hast du mich verlassen, Gott?
O meine Magdalenerin,
Der Menschensohn gekreuzigt wird,

Und mit dem Menschensohne wird


Gekreuzigt auch die Jüngerin,
Doch in der dunklen Kreuzesnacht
Sind wir vereinigt, meine Braut!

FÜNFTER GESANG

Als Jesus war in Galilee,


Da brachte man die Botschaft ihm,
Dass Lazarus im Sterben läg,
Der Magdalena Bruderherz.

Und Thomas, der auch Zwilling hieß,


Der sprach zum Meister und zum Herrn:
Lass gehen uns zu Lazarus,
Auf dass wir sterben auch mit ihm!

Doch unser Meister wartete,


Drei Tage Jesus wartete,
Dann ging er nach Bethanien,
Erzählte dieses Gleichnis noch:

Es war der arme Lazarus


Ein Armer und ein Elender,
War von Geschwüren ganz bedeckt
Und voller Wunden an dem Leib.

Die Hündinnen der Gasse ihm


Die wehen Wunden leckten ab.
Der arme Bruder bettelte
Um Brot bei einem reichen Mann.

Der Reiche schickte Lazarus


Von seinem goldnen Hause fort
Und weinend klagte Lazarus
Dem Himmelsvater seine Not.

Nun starb der arme Lazarus,


Zugleich starb auch der reiche Mann.
Der Reiche in die Hölle kam
Und brannte in der Feuersglut.

Wie Kohlen, schwarz und transparent,


Der reiche Mann im Feuer war
Mit andern Gotteslästerern
Und der Dämonen Legion
Und aus dem Höllenfeuer kam
Ein Brüllen, ein Verzweiflungsschrei,
Sie schrieen laut in weher Qual
Am ewigen Verdammungsort.

Jedoch der arme Lazarus


Saß Vater Abraham im Schoß
In himmlischer Glückseligkeit,
Wo ihn der Vater tröstete.

Der Reiche aus der Hölle schrie


Zu Lazarus im Paradies:
Zu meiner Witwe eile hin,
Zu meinem Sohne eile hin

Und warne vor der Hölle sie!


Mir brennt die Zunge von der Glut,
Gib einen Tropfen von dem Quell
Des Lebens, lösche meinen Durst!

Da sagte Lazarus zu ihm:


Ihr unten in der Höllenglut,
Wir oben in dem Paradies,
Es ist kein Weg von uns zu euch.

Und deine Witwe und dein Sohn,


Sie glauben ja der Bibel nicht,
Wie sollten sie dann glauben mir,
Wenn ich vom Weltgerichte red?

Als Jesus in Bethanien


War angekommen vor dem Tor,
Maria Magdalena kam
Und weinte um des Bruders Tod.

Maria Magdalena kam


Und Schwester Martha kam mit ihr,
Und Martha sprach zu ihrem Herrn:
Herr, wenn du da gewesen wärst,

Wär Lazarus gestorben nicht.


Doch Jesus sprach zu Martha dies:
Der arme Lazarus ersteht
Als ein Lebendiger vom Tod.

Und Martha sprach zu Jesus dies:


Des Fleisches Auferstehung kommt
Am Jüngsten Tag im Weltgericht.
Und Jesus sprach zu Martha dies:

Ich bin die Auferstehung und


Das Leben in der Ewigkeit!
Und Jesus trat zu Lazarus,
Der lag in seinem Felsengrab,

Und Jesus rief zu Lazarus:


Erstehe du aus deinem Tod!
Und Lazarus kam aus dem Grab
Und Magdalena freute sich.

Und Magdalena pries den Herrn:


Du bist die Auferstehung und
Das Leben in der Ewigkeit!
Wer dir vertraut, lebt ewiglich!

SECHSTER GESANG

Als Jesus Christus war im Haus


Von Simon, der ein Gerber war,
Maria Magdalena trat
Zu Jesus, ihrem Bräutigam.

Sie hatte in der schlanken Hand


Ein Rosenquarz-Flakon voll Öl,
Voll allerbestem Narden-Öl,
Das war das beste in dem Land,

Ja, hunderte Denare wert,


Des Arbeitsmannes Jahreslohn,
Das goss sie über Jesus aus
Und salbte Jesus für das Grab.

Doch Judas von Iskarioth


Zur schönen Magdalena sprach:
Verschwende nicht das teure Geld,
Gibs der Apostelkasse doch!

Denn die Apostelkasse gibt


Das Geld den Armen in der Welt.
Doch Judas, der den Reichtum liebt,
Geld lieber doch für sich behält.

Denn Judas der Kassierer war,


Verwaltend der Apostel Geld,
Er nahm sich aus der Kasse viel
Und klaute der Apostel Geld.

So sagte einst schon Salomo,


Vielleicht wars Jesus Sirach auch:
Die Liebe zu dem schnöden Geld
Die Wurzel aller Übel ist.

Denn Judas von Iskarioth


Nicht sorgte um die Armen sich,
Er wollte selber Hab und Gut
Und Geld und Gold von seinem Gott.

Doch Jesus Christus sagte dies:


Die Armen habt ihr allezeit,
Könnt ihnen immer Gutes tun,
Wollt ihr den Armen Gutes tun.

Ja, wenn ihr lieb habt euren Herrn,


So tut den Armen Gutes nur,
In jedem Armen, jedem Kind
Begegnet euer Meister euch.

Die Armen habt ihr allezeit,


Ich bin nicht lange mehr bei euch,
Maria Magdalena hat
Mich zum Begräbnis heut gesalbt.

Wo immer in der ganzen Welt


Man von der Freudenbotschaft spricht,
Da nennt man Magdalena auch,
Die den Gesalbten hat gesalbt.

Und Magdalena sah zum Herrn


Und dachte an das arme Volk,
Die Kranken, die der Herr geheilt,
Die Kinder, die der Herr liebkost.

Und jetzt war Jesus ihr so nah,


Er, der die Weisheit Gottes war,
Er war die Auferstehung und
Das Leben in der Ewigkeit.

Und plötzlich sah sie ihren Herrn


Allgegenwärtig in der Luft
Als einen leuchtenden Kristall
Von unermesslich hellem Licht.

Und in dem großen Licht des Herrn,


Allgegenwärtig in der Luft
Und auf der Erde, Geistern gleich,
Sah sie der Toten große Schar.

Maria Magdalena sann:


Die Toten in dem Paradies,
Sie sind nicht über der Region
Des Uranos im Sternenall,

Die Toten in dem Paradies


Als wie im Schoße unsres Herrn
Sind mitten unter uns, sind hier,
Sind Geister in der Erdenwelt.

Und Jesus sah Maria an


Und sprach zu Magdalena dies:
Das Paradies im Himmel ist,
Allgegenwärtig ist das Reich,

Doch sind die Toten euch nicht fern,


Und wenn ihr betet ein Gebet
Und wenn ihr brecht das Himmelsbrot,
So sind die Toten unter euch.

Die Toten, die entschlafen sind


Im Hinblick auf den Leib des Herrn,
Sind wie die Engel jetzt bei Gott
Und stehen euch als Engel bei.

SIEBENTER GESANG

Herr Jesus hing an seinem Kreuz


Und die Soldaten Roms um ihn
Verhöhnten ihn als König der
So elend-armen Judenschaft.

Den Purpurmantel zog man aus


Dem Könige der ganzen Welt
Und zog ihm aus den Unterrock,
Das ohne eine Naht gewebt.

Und er, der neue Adam, hing


Am Kreuz, am neuen Lebensbaum,
Und er, der neue Adam, hing
Am Kreuz und war wie Adam nackt.

O Jesus, du Jungfräulicher,
Du Gottessohn im Zölibat,
Wie hast jungfräulich du gelebt
Denn deine Sexualität?

Du warest ja ein Mann voll Kraft,


Ein Arbeitsmann, ein Zimmermann,
Der allerschönste Menschensohn
Und dreiunddreißig Jahre jung.

Nun aber gab er alles hin


Und war wie Vater Adam nackt
Und die Soldaten würfelten
Um dieses Judenkönigs Kleid.

Die Mutter Jesu stand dabei,


Maria unterm Kreuze stand,
Nicht in Verzweiflung niederbrach,
Nicht raufte ihre Haare sie,

Nicht schlug sie an den Busen sich,


Nicht warf sie auf die Erde sich,
Nicht schrie sie wehen Jammerlaut
Und heulte nicht verzweiflungsvoll,

Die Mutter unterm Kreuze stand


Und dachte an das Engelswort:
Sein Königtum unendlich ist
Und ewig währt sein Königtum.

Maria nahm von ihrem Haupt


Den Schleier der Jungfräulichkeit
Und reichte Magdalena ihn,
Die weinte unter Jesu Kreuz.

Maria Magdalena, du
Sollst nehmen diesen Schleier hier
Und gehe mit dem Schleier du
Zu deinem Bräutigam am Kreuz

Und mit dem Schleier ihm verhüll


Vor allen Menschen das Geschlecht,
Mein Schleier der Jungfräulichkeit
Soll dienen ihm als Lendenschurz.

Maria Magdalena band


Der Gottesmutter Schleier um
Die nackte Scham des Gottessohns,
Des neuen Adams an dem Kreuz.

Der Lieblingsjünger war dabei,


Und er, der es gesehen hat,
Bezeugt, dass dieses Zeugnis wahr
Und dass sein Herr und Meister sprach:

O du mein vielgeliebter Freund,


Schau auf die Gottesmutter du,
Nimm sie als deine Mutter an
Und nimm sie in dein Eignes auf

Und nimm sie in dein Innres auf,


Die Mutter aller Menschen, sie
Soll fortan deine Mutter sein,
Die Mutter der Ecclesia.

Und zu der Gottesmutter sprach


Am Kreuze so der Gottessohn:
O Frau der Offenbarung du,
O neue Eva, siehe da
Den Jünger, den ich habe lieb,
Dem sollst du seine Mutter sein
Und sollst ihn lieben, deinen Sohn,
Maria, wie du mich geliebt!

Maria Magdalena schrie


Und nieder fiel sie vor dem Kreuz,
Umarmte Jesu Beine und
Dem Meister küsste sie den Fuß.

Und Jesus rief: Es ist vollbracht!


Maria Magdalena schrie
Und warf sich nieder in den Staub
Und weinte Tränen rot wie Blut.

ACHTER GESANG

Es lag der liebe Herr im Grab,


Er lag in seinem Leinentuch,
Von seinem Schweißtuch er bedeckt,
Stieg in die Unterwelt hinab.

Herr Jesus in den Hades ging


Und nahm Frau Eva bei der Hand
Und führte aus dem Totenreich
Die Heiligen ins Lebenslicht.

Maria Magdalena ging


Am Ostermorgen in der Früh
Zu Jesu Christi Felsengrab,
Auf dass sie salbe seinen Leib.

Und da sie in den Garten kam


Und nahte sich dem Felsengrab,
Sah sie den Stein vom Grab gewälzt
Und schaute: Ja, das Grab war leer!

Doch auf der Felsenplatte lag


Das Leichentuch des Heilands noch
Und eingedrückt ins Leichentuch
Das Bildnis des Gekreuzigten.

Und auf der Felsenplatte lag


Das Schweißtuch noch des lieben Herrn
Und in das Schweißtuch eingedrückt
Das Antlitz unsres lieben Herrn.

Maria Magdalena da
Viel heiße Trauertränen weint,
Denn sie und die Apostel auch,
Sie hielten ihn für Gottes Sohn

Und den Messias Israels,


Nun aber war der Christus tot,
Er, der Unsterbliche, der Herr,
Der starke Gott war menschlich tot.

Nicht einmal salben konnte sie


Den Leichnam ihres Meisters noch.
O große Hoffnungslosigkeit,
Verzweiflungsvolle Depression!

Ja, sterben wollte sie mit ihm!


Der Eitelkeiten Eitelkeit
Schien ihr des Lebens Dasein nur
Und nur willkommen noch der Tod!

Da stand der Gärtner plötzlich da


In seinem grünen Gärtnerrock.
Maria Magdalena sprach:
Wo ist der Körper meines Herrn,

Wo haben sie ihn hingelegt?


Sie hatte nämlich nicht erkannt,
Daß dieser Gärtner Christus war,
Des Seelengartens Gärtner er.

Der Gärtner aber sprach zu ihr:


Maria – nur dies eine Wort.
Maria Magdalena sprach:
Mein Rabbi, o mein Meister du!

Denn da erkannte sie den Herrn,


Als ihren Namen er genannt.
Da fiel sie nieder vor dem Herrn,
Als sie den lieben Herrn erkannt.

Da fiel sie nieder vor dem Herrn,


Als wollt sie küssen seinen Fuß,
Und sie umschlang die Beine ihm
Und drückte sich ganz heiß an ihn!

Und Jesus Christus sprach zu ihr:


Maria, halte mich nicht fest,
Noch bin ich aufgefahren nicht.
Geh aber als Apostelin

Zu der Apostel kleinen Schar,


Zu ihm, der die Apostel führt,
Zu Petrus, und zum ganzen Kreis
Sag, dass ich auferstanden bin
Und dass ich fahre auf zu Gott,
Zu meinem Gott und eurem Gott,
Und sag, dass der Apostel Schar
Soll kommen nach Bethanien,

Denn von Bethanien, dem Dorf,


Und von dem nahen Ölberg fahr
Ich in den Himmel auf zu Gott,
Zu meinem Gott und eurem Gott,

Denn Gottes Himmelsparadies


Ist droben nicht beim Uranus
Und nicht bei Venus und Saturn,
Vielmehr der Himmel ist in Gott!

Ich gehe in den Himmel ein


Und dort bereit ich euch den Platz,
Den Platz des Menschen in dem Licht,
In meinem Gott auch deinen Platz!

SECHSTES BUCH
„Siehe, hier ist mehr als Salomo!“
(Wort Jesu)

ERSTER TEIL

Im Frühlingshauch, mit ihres Körpers Frühlingsblüte, wandelt im Walde des Libanon Magdalena
und sucht Messias überall, von Liebe geleitet, von sieben Dämonen mit Siinnesverwirrung betört,
da wird sie von der Freundin Johanna angesprochen:
Unter dem Hauch, der die roten Nelken heimsucht, unter dem Busch, wo die Honigbienen
summen und die Nachtigallen flöten, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen
Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Wo die Frauen von Jerusalem um sich und ihre Kinder weinen, wo die Zedern des Libanon über
die Weinranken sich erheben, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen
Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Wo der Moschus duftet und die schlanken Lilien wie Lanzen der Sonne strahlen, die das Herz
des Messias durchbohrten, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen
Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Wo die Krone des Königs David ist golden wie die Sonnenblume, wo über den nektargefüllten
Kelchen der Rosen die Bienen summen, wie Pfeile aus dem Köcher des Davidfreundes Jonatan
schwirrten, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern ist
schön durch die Liebe!
Wo die auferwachten Sonnenblumen anschaun die lachende Schöpfung, Zweige des
Magnolienbaums wie herzverwundende Lanzen strahlen, wandelt Messias im Frühling. Tanze,
Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Wo vom Wein umrankt die Ulme steht und durch die Büsche des Hermonberges der Jordanstrom
sich schlängelt, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern
ist schön durch die Liebe!
Der Zimtbaum enthaucht sein Gewürz und die Balsamstaude fließt über von fließenden
Balsamölen, die selbst den Asketen der Asketen, Johannes den Täufer berauschten. Dort wandelt
Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Aus den Samenflocken der Zähne der Löwen webt der Frühling sich ätherische Zelte in den Hainen.
Der Hauch des Frühlings ist wie der Atem des Heiligen Geistes, die Herzen entflammend. Die
Cherubinen lenken den strahlenden Thronwagen durch die goldenen Gassen des Himmels.
Auf den Messias weisend, den alle Töchter Jerusalems lieben, auf den Liebe überfließend
schenkenden, schönsten aller Menschensöhne, der in der Nähe ist, spricht Johanna zu Magdalena:
Mit Myrrheöl und Nardenöl gesalbt sein brauner Körper im nahtlosen Leibrock, mit den
Dornenkrone in den braunen Locken, eine Schnur mit dem Kreuz um den Hals, vom gnädigen
Lächeln der Weisheit leuchtend, so wandelt Messias mit den Töchtern Zions. Mit seinen
Jüngerinnen spricht er über Frau Weisheit.
Mit dem vollen weißen Busen umfängt Johanna den angebeteten Retter, Messias, und singt den
Psalm nach der Melodie: Stirb für den Sohn! So wandelt Messias mit den Töchtern Zions. Mit
seinen Jüngerinnen spricht er über Frau Weisheit.
Magdalena, die den Eros Gottes angeschaut in den feurigen Augen des Messias, des Königs der
Rosen, steht versunken in tiefes Sinnen über den Schönsten der Menschensöhne. So wandelt
Messias mit den Töchtern Zions. Mit seinen Jüngerinnen spricht er über Frau Weisheit.
Susanna schmiegt sich an die Wange des Messias und umschlingt seinen starken Nacken. Sie küsst
mit zärtlichen Küssen der Liebe die Tulpenlippen des Geliebten. So wandelt Messias mit den
Töchtern Zions. Mit seinen Jüngerinnen spricht er über Frau Weisheit.
Maria, die Mutter und Gefährtin Christi, zieht vom Jordanstrom den Messias fort und führt ihn zur
Ölkelter in den Olivengarten. Sie nähte ihm den nahtlosen Rock. So wandelt Messias mit der
Tochter Zion. Mit seiner ersten Jüngerin spricht er über sich und sie, spricht er über Frau Weisheit.
Als die Zimbeln erklingen, tanzt Johanna wonnig, als der Hirtenknabe die Flöte bläst, schwenkt
Magdaalena ihr frauliches Becken, als das Saitenspiel erschallt, bewegt Susanna die schlanken Füße
gemessenen Schrittes. Messias ist der Tanz und die Töchter Zions sind die Tänzerinnen.
Johanna umarmt er und presst sein Herz an ihren vollen Busen, Susanna reicht er zärtlich die Hand,
aber Magdalena, seine Lieblingin, küsst er leidenschaftlich auf den scharlachroten Mund. Messias
ist der Bräutigam seiner weisen Jungfraun.
Er, der die allgemeine Glückseligkeit aller Kreaturen ersehnt, dessen reiner Lilienleib ist der Leib
des leiblosen Gottes, den alle weisen Jungfraun Jerusalems als ihr Ein-und-Alles lieben, siehe!
Magdalena! wie sich Messias an deiner Liebe berauscht!

Während Jesus alle Jungfraun von Jerusalem liebte, ging Magdalena fort, betrübt, weil sie nicht
seine einzige Liebe war. In den Scharon-Wiesen, südlich des Karmelgebirges, da die Bienen über
den Mariengräsern summten, sprach Magdalena:
O Jesus! Deine Lilienlippen fließen über von Nektar, wenn du zur Flöte des Hirten den Psalm
spielst nach der Melodie: Jungfrauen! Deine bezaubernden gnädigen Blicke preis ich und deine
Ohren, die Gebet erhören. Ach, ich muß an Jesus denken, wie er mit den Töchtern Zions wandelt
und von den Freuden des Geistes spricht.
Mit einer Pfauenfeder möchte ich deine braunen Locken schmücken, Pfeil und Bogen dir hängen
um die Schulter, von welcher der Mantel meines Rabbi herunterfällt. Ach, ich muß an Jesus denken,
wie er wandelt mit den Töchtern Zions und von dem Jubel im Heiligen Geiste spricht.
Die Töchter von Tyrus mit den schönen Lenden und die Töchter von Sidon mit den weiblichen
Becken schauen auf Jesu Lippen, die wie Lilien von Nektar überfließen. Ach, ich muß an Jesus
denken, wie er mit den Töchtern des Morgenlandes von den Freuden des Paradieses spricht.
Als der gute Hirte umarmt er mit seinem rettenden Arm zehntausend Mutterschafe und geliebte
Lämmlein. Seine Hände wie Elfenbein mit Jaspis-Ringen und seine Beine gleich Marmorsäulen des
Tempels erleuchten die Finsternis dieser Welt. Sein Herz gleich einer glühenden Rose ist das Licht
des Kosmos. Ach, ich muß an Jesus denken, wie er als Gottessohn die Menschentöchter besucht und
von dem Jubel des ewigen Lebens spricht.
Von seiner gesalbten Stirn zum Antlitz, das die Sonne verdunkelt, ergießt sich das Licht vom
göttlichen Licht. Seine Linke umfängt die Herzen alle, die pochenden Herzen unter den
schwellenden Brüsten. Ach ich denke an Jesus, wie er wandelt mit den weisen Jungfraun von
Jerusalem und von den Wonnen der Hochzeit des Lammes spricht.
Eine Kirsche hängt über seinem Ohr, das Gebet erhört, und Salben duften in dem Barthaar seiner
Wangenbeete, er schreitet in den Sandalen und im Pilgermantel und ist umgeben von Salomo und
Samson und von Gotteslöwen und Morgensternen. Ach ich denke an Jesus, wie er mit Mitka,
Marias Schwester, von den Vereinigungen der heiligen Hochzeit des Himmels spricht.
Er lehnt sich an die Zeder des Paradieses, um den Geist des Todes zu besiegen. Er überwand die
sieben Dämonen in meiner Seele durch einen einzigen Blick voll glühender Liebe. Ich denke an
Jesus, wie er die mystische Freundin Magdalena erwählte und zu mir als der Schwester der Engel
vom Tanz der Engel sprach.
Jesus zählt alle meine Tränen und alle meine Gebete. Er verstößt mich nicht, denn er ist der König
der Versöhnung, er tilgt meine Schuld. Wenn Jesus auch mit allen Menschentöchtern in Liebe
wandelt und meine Seele ihn des Nachts zwar sucht und doch nicht findet, ich kann aber nicht
anders, ich muß ihn dennoch suchen, denn wohin sollte ich sonst gehen als zu ihm? Denn er hat
Worte der ewigen Liebe!
Ich bin verborgen unter den Malven von Magdala und er ist am Ufer des Sees Genezareth im
Schatten der Kapernbüsche. O meine Freundin, Mutter Maria, mir, der Jesus Betrachtenden, bringe
Jesus, der das Lächeln Gottes ist, bring ihn zu mir, Maria, den Sieger über die sieben Dämonen!
Ich erröte vor Scham, wenn ich Jesus sehe, ihn, das Wort Gottes, den Gesandten der ewigen Liebe.
O meine Freundin, Mutter Maria, Jesus, den Sieger über die sieben Dämonen, bring ihn zu der
Freundin seiner Liebe, daß er in der dunklen Nacht der Seele sich mit mir vereint!
Gras ist mein Lager, Zedernbalken und Zypressenbretter mein Bett. Mir zu Seite ruhe der Herr! Ich
bin bereit für die Küsse des Heiligen Geistes, zur Umarmung ewiger Allbarmherzigkeit! Ich bin
bereit, zu saugen aus dem Kelch des Hochzeitsfestes den Wein der Ekstase! O meine Freundin
Maria, bringe mir den Sieger über die Dämonen, bring ihn zur Hochzeit des Lammes, daß er die
Liebe in mich einströmt in der mystischen Nacht der Vereinigung!
Meine Augenlider sind gesunken, meine Wangen glühen vor Scham. Ich fließe über vor Liebe!
Bebend liebe ich den Heiland, zitternd vor Todesangst will ich umarmen den Retter aus dem Tod! O
Freundin Maria, den Sieger über Satan, Jesus bring du zu mir zu der Gottesehe, zur Einswerdung
mit der Einen Natur der Gottheit!
Nachtigallen umschweben mich und singen mir, der mystischen Rose der Morgenröte. Ich glühe für
den Helden der Minne, den strahlenden Ritter Gottes! Malven von Magdala, Hennablumen von
Zypertrauben wallen in meinen langen schwarzen Haaren. An seinem Busen seh ich Spuren von
Nägeln. O meine Freundin Maria, ihn, den Sieger über Tod und Teufel, Jesus bring du zu mir, zur
Hochzeitsnacht im Brautbett des Kreuzes!
Glöckchen und Zimbeln klingen an den Kettchen an den Knöcheln der Fesseln meiner Füße. Er
durchwandelt das gelobte Land in bestaubten Sandalen. Ich trage den Liebreiz gegürtet um die
Lenden meines Gemütes. Ich suche ihn, denn ich will seine Füße waschen mit dem Tau meiner
Tränen und seine Füße trocknen mit meinem langen Haar. O Freundin Maria, den Sieger über den
ewigen Tod, Jesus bring du zu mir, daß ich eingehen darf in Gottes Schoß, das Paradies!
Ich bin wie tot in der Erfahrung der höchsten Glückseligkeit! Seine Augen sind wie Feuerflammen!
Mir sinkt die Blüte meines Körpers hin, doch er ist der Triumph der göttlichen Liebe! O Freundin
Maria, den Sieger über das ewige Nichts, Jesus bringe du zu mir, daß ich mich mit Gott vereinige
als die mystische Gattin Gottes, daß ich aus lauter Gnade Gottes vergöttlicht werde zu Gottes
mystischer Göttin! Hallelujah!

Jesus, der himmlische Sieger über den Gott dieser Welt, nahm die Schönste aller Schönen, Maria,
an sein Herz. Er ließ alle neunundneunzig Frauen und umarmte die einzige Immer-Jungfrau.
Gen Osten und gen Westen ging der Messias, den Feuerpfeil der göttlichen Liebe im Herzen,
ging der Messias Maria nach. Im Wildbachtal des Jabbok bei Mahanajim ruhte er am Ufer eines
Wassers im Schatten grüner Myrrhebüsche bei Maria.
Ach, als Maria mich sah, sprach Johannes, der Jünger der Schönen Liebe, wie ich mit Johanna
spielte und ihren Kindern und wie ich brannte lichterloh für Magdalena, die Schöne, und wie ich
höflich war zu Susanna, und wie ich Mitka nicht vergessen konnte, da ging Maria davon. Ich hielt
sich nicht auf. O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Welchen Plan ersinnt sie? Über welche Weisheit denkt sie nach? Was kann mir die Schönheit
dieser Welt und Ruhm und Gold mir geben? Wie sinnlos ist ohne Maria das Leid und wie freudlos
das Leben! O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
An ihr Antlitz denk ich. Ihre feinen Brauenbogen sind wie die Waage der Wahrheit im
Weltgericht. Ihr Antlitz ist wie eine weiße leuchtende Lilienblüte. Wie eine vom Fleiß der
Honigbienen gewobene Honigwabe schimmert ihr Antlitz. O Herr Herr, wie ist die Gekränkte
davongegangen!
Ich trage sie immer im Herzen. Ihr Bild schwebt immer vor den Augen meiner Seele. Soll ich sie
zwischen den Fichten suchen? Ist all mein Klagen vergebens? O Herr Herr, wie ist die Gekränkte
davongegangen!
Schlanke Jungfrau, himmlische Herrin, überhimmlische Jungfraun-Diva! An dein Herz muß ich
denken, das von sieben Schwertern der Schmerzen durchbohrte Mutterherz! Wohin wandelst du?
Kann ich dir folgen? O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Du bist mir erschienen, apokalyptische Jungfrau! Wahrlich, wahrlich, Ja und Amen! Ich sah dich
mit diesem meinen Augen vor mir am nächtlichen Himmel lächeln! Ach, warum war die
Begegnung nur so kurz? Darf ich immer noch als dein geliebtes Söhnchen in der Beuge deiner
Arme ruhen? O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Verzeih mir, himmlische Herrin, daß ich dich verließ! Nie wieder will ich mich von dir abwenden,
Frau! Schau mich an mit jenen deinen barmherzigen Augen, Schönste aller Frauen! Ich schmelze
hin in himmlischer Wonne vor deiner Lieblichkeit, Liebste! O Herr Herr, wie ist die Gekränkte
davongegangen!
Diese Fesseln um mein Herz sind nicht von der alten Schlange. Diese Würzkräuter in dem Beutel
an meiner Brust sind nicht von giftigen Zauberdrogen, die da täuschen den Geist. Weihrauch brenn
ich nieder und streue mir Asche auf das Haupt. O liebe mich oft und heftig und lange, denn ich bin
einsam und elend und krank vor Liebe!
Du verwechselst mich mit Jesus - oder warum lächelst du mich so voll immerwährender
Mutterliebe an? Nimm den Bogen und den Köcher, Lichtjungfrau, und ziele auf mich! Schieß den
Pfeil der Liebe Gottes deinem Freunde, dem Hirsch auf den Scheidenbergen, in den Busen!
O deine Augen sind Taubenaugen! Von deinen liebevoll-zärtlichen Liebesblicken glüht mein Herz
im Herzen! Mein Herz war all mein Leben lang krank vor Liebe... Du bist die Liebe meines Lebens,
Ewig-Geliebte!
Deine feine schwarze Braue ist der Bogen, deine geschwungene Wimper, die lange, seidige Wimper
ist der Pfeil, dein Muschel-Ohrläppchen ist die Sehne. O Liebe Gottes, wie hast du dieser herrlichen
Himmelskönigin alle Waffen Gottes verliehen!
Von den Brauenbogen den Pfeilschuß eines unendlich liebevollen Blickes schießt du, diese Liebe
muß tödlich sein! Der schwarze Schleier deiner nachtschwarzen Haare, der langen glatten
Seidenhaare, sind bis in die Spitzen hinein besessen vom Eros Gottes! O du bist voll der Minne-
Magie, Marie!
Berausche mich, du überschöne Jungfraun-Diva, berausche mich dein weinroter Mund mit Küssen
des Heiligen Geistes! Doch deine makellosen Brüste, jugendlich fest und wohlgeformt, wie spielen
sie zärtliche Liebesspiele mit meinem unsterblichen Geist!
Die himmlische Zärtlichkeit, die unerschöpfliche Liebe deiner liebkosenden Blicke, der süße Duft
der Lippenrose, der fließende Wein deines weisen Wortes, die paradiesische Wonne deiner
verschmelzenden Liebesküsse...
Da das Gedächtnis deines Liebeswerkes dich gegenwärtig vor mir darstellt, wie kann das Elend der
Verbannung auf Erden noch dauern?

Den am Ufer des Jordanstromes bei den Kapernbüschen wandelnden Jesus grüßte Mitka, die
jungfräuliche Schwester Marias.
Sie verbrennt den Weihrauch aus Myrrhe und Narde, Zimt und Aloepuder. Der Schimmer des
Mondes macht sie krank am Gemüt. Die Lüfte scheinen ihr vergiftet vom Gift der Schlangen auf
den Bergen bei Aschtaroth. Sie ist liebeskrank, sie leidet an der Trennung von Jesus. Jesus,
verwundet von dem Feuerpfeil der Liebe will ich dich ewig freien!
Um dich vor der Lanze des Hauptmanns und dem Stachel des Todes zu bewahren, schirme ich
dein Herz mit einem Schild aus meiner Minne. Mitka baut dir ein Bett aus Malvenblüten. Sie ist
krank vor Liebe im Jammertal der Verbannung. Jesus, verwundet von dem Feuerpfeil der
himmlischen Liebe will sie dich allein als Geliebten freien!
Aus den Rosen der ewigen Liebe und den Lilien der Jungfräulichkeit für den Himmel baut sie
dir ein Liebesnest, bereit zu der ewigen Liebesumarmung der Seligkeit, der Seele Glückseligkeit im
Liebesbett des Paradieses! Sie ist krank vor Liebe, bis sie bei ihrem Jesus ist! O Jesus, verwundet
von dem tödlichen Pfeil der göttlichen Schönheit begehrt sie dich allein zum Gatten!
Die weiße Lilie ihres jungfräulichen Angesichts schimmert vom Balsam der Tränen, wie der
Vollmond Nachttau träuffelt. O sie ist krank vor Liebe, im Exil fern vom Vaterland Christi! O Jesus,
durchbohrt vom tödlichen Liebesgeschoß der göttlichen Schönheit wählt sie dich allein zum
Gemahl der Seele!
Mit Scharlachschminke malt sie dich als das Feuer im brennenden Dornbusch, der brannte, doch
sich nicht verzehrte. Sie betet vor dem Bild des unsichtbaren Gottes. In den Händen hält sie die
Harfe und singt den Psalm nach der Melodie: Die stumme Taube unter den Fremden! O Jesus, wie
wund ist sie fern von dir! O Jesus, entflammt von der Liebe, den Flammen Jahwes, wählt sie dich
zu ihrem einzigen und ewigen Ehegemahl!
Sie singt der Wiederkunft Christi entgegen: O Fürst des Friedens, ich falle dir zu Füßen und bete
dich an! Wenn du mich anschaust, fließt Wein statt Wermut in dem Becher meiner Seele. Sie ist
krank vor Sehnsucht nach dem fernen Geliebten! Tödlich getroffen von der Gewalt der Liebe
Gottes, brennt sie einzig für Jesus, ihren Geliebten!
Ihre Gedanken erfassen dich nicht, o Gott, die Augen ihrer Seele sehen dich nicht, o Gott. Sie
weint, sie klagt, sie leidet, sie ringt in der Nacht der Seele mit sich selber, sie stirbt den Tod des Ich,
sie siegt im Martyrium himmlischer Minne! O Jesus, sie stirbt aus Liebe zu dir! O Jesus, zu Tode
verwundet von dem Gott des ewigen Lebens, schwört sie ewige Liebestreue dir in der Hochzeit des
Lammes mit der Nymphe Jerusalem!
Selbst der herrliche Rosenkranz, der ihren schlanken Hals so herrlich schmückt, scheint ihr eine
Fessel zu sein, Mitka, fern von dir, Messias!
Duftreiche Salbe von Aloe, Zimt und Ylang-Ylang selbst scheint ihr Schlangengift auf ihrem
jungfräulichen Körper zu sein, Mitka, fern von dir, Messias!
Ihrer Seufzer nicht endender Hauch scheint ihr das Feuer im Dornbusch zu sein,
Mitka, fern von dir, Messias!
Sie wendet hierhin und dorthin die Mandelaugen, wie Mandelöl entträuffelt den Mandelaugen
Tränentau, Mitka, fern von dir, Messias!
Voller Kummer betrachtet sie ihr jungfräuliches Blütenbett, das einsam ist, so einsam, daß es ihr
scheint der Pfuhl der Höllen-Gehenna zu sein, Mitka, fern von dir, Messias!
Sie legt die blasse Wange in die schneeweiße Hand und trauert wie in der Nacht ein
melancholischer Mond, Mitka, fern von dir, Messias!
Herr Herr! ruft sie in der Verbannung auf Erden, du Taube Gottes! Schau mich an! Und sie sehnt
sich aus Liebe zu dir zu sterben, Mitka, fern von dir, Messias!
Sie fürchtet sich, sie leidet, sie bangt, sie ist schwermütig, ihr graut, sie ist einsam, ihr ist elend
zumute, ihr ist weh zumute, sie weint, sie verschmachtet, sie will sterben! Nur deine Gnade hält die
holdselige Jungfrau noch am Leben. O Heiland, du Seelenarzt, du bist ihr einziges Heil!
O Heiland, du heiliger Seelenarzt, du allein weiser Gott, wenn du die Liebeskranke, deren Heil
allein der Wein deines Blutes ist, wenn du die Liebeskranke nicht herausreißt aus dieser bösen Welt,
o Gottes Sohn, so bist du grimmig wie Gottes Zorn!
Unter dem Brennen, Stürmen, Beben und Säuseln der Seufzer der Liebe fühlt die einsame
Jungfrau, an Weihrauch und Lilien und den Vollmond denkend, untröstliche Schwermut. Sie richtet
den inneren Sinn allein auf den Körper Christi. Noch atmet die Stille im Lande und schwindet
schon hin...
Die durch einen lächelnden Blick deiner unendlich liebevollen Augen sonst getröstet ward, nun
leidet sie zu sehr an der Entfernung vom Geliebten! Wie schmerzt es sie so sehr, daß der Frühling
wiederkommt – und sie immer noch fern der himmlischen Heimat ist!

Jesus sprach zu Maria: Geh zu Magdalena, bring ihr meine Werbung! Und bring sie zu mir! So vom
Sieger über den Satan gesandt als Gesandte, eilte Maria zu Magdalena und sprach zu ihr:
Wo die Frühlingslüfte wehen und den Blütenstaub und die Schmetterlinge tragen, wo die
Glockenblume sich der saugenden Biene öffnet, wo Freund und Freundin sich nacheinander sehnen,
o Schwester, wie schmachtet dort Jesus im Dornenkranz nach dir, du ferne Geliebte!
Mitten am Tage verfinstert sich die Sonne. Jesus ist bereit, aus Liebe sein Leben zu geben! Ihm
im Herzen brennt der Feuerpfeil der göttlichen Liebe! Er klagt: Mich dürstet! Wie schmachtet Jesus
im Dornenkranz nach dir, du ferne Geliebte!
Vor dem Summen der Honigbienen muß er die Ohren verschließen, zu süß ist ihm der
Honigseim der Liebe. Getrennt von seiner Freundin, ist seine Seele freudlos. In dunkler Nacht der
Seele vergeht er vor Kummer. O Schwester, wie schmachtet Jesus im Dornenkranz nach dir, du
ferne Geliebte!
Im Walde des Libanon betet er. Er hat den goldnen Tempel verlassen. Im Olivengarten wälzt er
sich im Staub der Erde und wird blaß und bleich vor Todesangst und seufzt wehmütig nach der
Braut. O Schwester, wie schmachtet Jesus im Dornenkranz nach dir, du ferne Geliebte!
Wo der Liebe Ziel erreicht ist, die Hochzeitsfreude im Garten des Paradieses, in den Gefilden
der Seligen weilt er im Geist schon mit der Angetrauten. Ah! Wie dürstet er nach dem Becher deines
Beckens mit dem Wein der ekstatischen Liebesvereinigung, dem Blut der Ganzhingabe!
Wenn er in das Haus des Vater gekehrt ist, in die Glorie ewiger Liebe, o Magdalena, gegürtet an
den Lenden des Gemütes, dann rühre ihn an, den König der Liebe! Unter dem Lebensbaum im
Säuseln des heiligen Geistes wartet auf dich der Geliebte im Dornenkranz!
Er spielt auf der Hirtenflöte das Lied zur Hochzeit des Königs, ein Lied der Liebe zur Melodie:
Rosen. Er atmet den Wind ein, den du ausgeatmet in deinen Seufzern. Unter dem Lebensbaum im
Säuseln des heiligen Geistes wartet der Geliebte im Dornenkranz!
Schwebt die Turteltaube aus dem Ritz in der Spalte des Felsens, liebkost der Wind den Busch,
so meint er, Magdalena komme. Dann bereitet er das grüne Bett der Einigung im Garten der Seele
und wartet auf dich in seiner Liebe Passion. Unter dem Lebensbaum im Säuseln des heiligen
Geistes wartet der Geliebte im Dornenkranz!
Laß die Zimbeln, den klingenden Zaubergürtel um die Hüfte, die Kettchen um die Knöchel, die
Spangen an den Armen und die Lapislazuli-Ohrringe, hülle dich in schwarzes Linnen und geh in der
dunklen Nacht der Seele vor Liebe weinend zum Kreuz! An dem Lebensbaum im Sausen des
heiligen Geistes wartet auf dich der Geliebte im Dornenkranz!
An deinen beiden Brüsten, die verschleiert sind von deinem schönen langen schwarzen Haar, an
deinen Brüsten will er ruhen und will wohnen in deinem Herzen wie im strahlenden Thron des
dritten Himmels. Unter dem Lebensbaum im Wehen des heiligen Geistes wartet der Geliebte in
seiner Dornenkrone!
Laß deine langen schwarzen Haare mit den roten Hennablüten wallen und weine Ströme zu
Füßen des Geliebten und umschlinge mit deinen bloßen Armen die Beine des Geliebten! An dem
Lebensbaum im Blasen des heiligen Geistes wartet im Dornenkranz der Geliebte auf dich!
Jesu Herz ist sanftmütig, demütig, siehe, die Mitternacht der Welt ist da. Eile, Magdalena, mit
dem Pochen der Liebe im schwellenden Busen und stille Jesu brennenden Durst mit dem Tau der
Küsse deiner Liebe! An dem Lebensbaum im Brausen des heiligen Geistes wartet im Dornenkranz
der Geliebte auf dich!
Die Sonne hat sich verfinstert. Du schüchterne Freundin, Jesu Liebesverlangen brennt in tiefster
Mitternacht! Wie die liebeskranke Nachtigall ruft Maria zur Rose Magdalena: Eile, liebe Schwester,
liebe Braut! Die Stunde ist gekommen zur Hochzeit der Gottheit und der Menschheit in der dunklen
Nacht!
Magdalena umschlingt Messias mit ihren starken Armen, sie küsst seine Wunden, sie stillt den
brennenden Durst seiner Liebe mit den Strömen ihrer Tränen, sie schenkt ihm ihr Herz im bebenden
Busen ganz hin! Gottheit und Menschheit waren in der Sünde getrennt, siehe, sie sind jetzt ganz
intim vereinigt, denn gekommen ist die Hochzeit des Lammes mit der Nymphe Jerusalem in der
tiefen Mitternacht des Kreuzes!

Auf ihn sind die Fehler und Zielverfehlungen aller geworfen, alle Sünden der Nachtwandlerinnen,
auf ihn, den lichten Mond der Nacht, der Unbefleckte ist davon befleckt, der Mond, am Mund der
dunklen Nacht ein blutroter Tropfen Wein.
Da der Mond sich verfinsterte, rot wie Blut ward, sah Maria, daß Messias einsam sterben
mußte! Da hob mit lauter Klage Maria an zu weinen:
Ach, ich bin einsam im Garten der Dornen, meine Jungfräulichkeit verliert nun die
Leibesfrucht! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle allein gelassen!
Dem ich nacheile in die Einöde und die Wüste, ihm durchbohrt die Lanze des Todes das Herz!
Mir bohren sich sieben Schwerter der Schmerzen ins Herz! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen
haben mich alle allein gelassen!
Mitgekreuzigt zu werden mit dem Gekreuzigten – was bliebe mir sonst? Sollte ich ohne den
Heiland diese tödlichen Schmerzen tragen, den Heiland zu verlieren? Wem soll ich klagen? Die
Freundinnen haben mich alle allein gelassen!
Welche unsagbaren Schmerzen bringt mir diese tödliche Frühlingsnacht! Wer hat diese
Frühlingsnacht in Liebeslust durchlebt? Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle
allein gelassen!
Die Rose press ich an mein brennendes Herz, sie durchbohrt mit ihrem Dorn mein Fleisch! Der
Dorn der Rose ist wie der tödliche Feuerpfeil der göttlichen Liebe! Wem soll ich klagen? Die
Freundinnen haben mich alle allein gelassen!
Jesus geht den Frauen von Jerusalem nach und spricht zu ihnen: Ihr Frauen, weint nicht über
mich, weint über euch und eure Kinder! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle
allein gelassen!
Sie sieht Messias von Gott verlassen! Maria sieht sich selbst vom Messias verlassen! Da träumt
sie in der Mitternacht der Todesstunde Christi von der Hochzeit des Lammes und der Nymphe
Jerusalem im Liebesgarten des himmlischen Paradieses.
Den Rock geschürzt als Mutter der schönen Liebe, Hennablumen in den langen schwarzen
Haaren, sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Trunken vom Wein der Liebe des Herrn, während der Myrrhebeutel zwischen ihren Brüsten lag,
sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Das Mondgesicht, das lichtübergossene Antlitz, von langen schwarzen Haaren verschleiert,
saugend am Becher des Mundes den Wein der Liebesküsse, sah ich dem Herrn vereinigt die selige
Herrin!
Mondstein und Lapislazuli an dem Muschelohr als Schmuck und den Zaubergürtel aller Anmut
um das mütterliche Jungfrauenbecken, sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Lächelnd mit charmantestem Lächeln, sich freuend am freundlichen Lächeln des weisen
Meisters, flötend mit gespitzten Lippen auf der Knochenflöte den Psalm zur Melodie Jungfrauen,
sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Ehrfurchtsdurchschauert, sanftmütig, demütig, seufzend vor unaussprechlichen Seufzern des
Geistes, blickend mit jenen ihren barmherzigen Augen, von Liebe ganz erfüllt, sah ich dem Herrn
vereinigt die selige Herrin!
Wie das heilige Antlitz des Herrn ist der lichte Mond in der dunklen Nacht. Er breitet über mein
Herz unendliche Liebesschmerzen! Auf das vor Liebe glühende Antlitz der Lieblingin, auf den
kusslichen Scharlachmund der Geliebten malt der Fürst des Friedens mit Moschus ein Zeichen. Er
ist der Hirsch auf dem Mond und sie die Hirschkuh auf dem Mond. O wie spielt jetzt Jesus an den
Teichen im Garten Eden!
In der Nacht der langen schwarzen Haare, die fließen um die schöngewölbte Wange, flicht er
Nelken und Margarithen, die wie Licht und Feuer glühen. O wie spielt jetzt Jesus an den Teichen im
Garten Eden!
Der Brüste paradiesische Augenweide, die Weide des Lebens, behängt er mit Sternen aus Saphir
und Lapislazuli, der Schweiß im Tal der Brüste ist der Tau des Mondes. O wie spielt jetzt Jesus an
den Teichen im Garten Eden!
Die lilienarmige Jungfrau mit der schlanken Schneehand schmückt er mit Honigbienen aus Gold
und Rosen aus Rubin und ziert die Hand der Herrin mit dem Ehering aus Gold des Paradieses mit
dem Schoham-Stein von Eden. O wie spielen jetzt Jesus und die Jungfrau an den Teichen im Garten
Eden!
Um die Wonne des Bechers, des Beckens der Geliebten, um die Lenden des Gemütes band er
den Gürtel allen Liebreizes, allen himmlischen Charmes. O wie spielen jetzt Jesus und die Jungfrau
im Garten Eden!
Die feurigen Pfeile der Liebe im Herzen, die juwelenen Schwerter der Liebesschmerzen in der
Seele, pressen sie Herz an Herz. O wie spielen jetzt Jesus und die Jungfrau im Garten Eden!
Da also der Sieger über den Tod, der Sohn der Ewigen Liebe, die liebliche Jungfrau liebkost,
ach weh mir, was leide ich hier sieben Todesschmerzen und Leiden der Passion, die Gefährtin
Christi, ohne allen Trost? O wie spielen doch Jesus und die Jungfrau im Garten Eden!
Wie mußt du leiden, Gefährtin Christi, da der liebenswürdigste aller Menschensöhne gekreuzigt
wird! Stirbt der Sündlose, muß auch sterben die Makellose! Zur Hochzeit des Lammes und
mystischen Gottesehe soll nun meine Seele wallen durch die Nacht des Todes!

Endlich ist vorübergezogen die Nacht des Kreuzes. In der Morgenfrühe, da die Strahlen der
Morgenröte glühen wie feurige Pfeile der göttlichen Liebe, sprach zu dem in ihren Armen ruhenden
toten Gott Maria, die Pieta:
Deine Augen weinten am Kreuze blutige Tränen, deine Stirn ist noch blutig vom Dornenkranz,
dennoch sind selbst deine erloschenen Augen mir noch Spiegel der Liebe Gottes! Herr Herr, geh nur
ins Reich der Toten, Retter, geh nur hinab zu den Toten, Erlöser, Geliebter mit den Taubenaugen,
kehre zurück zur Gefährtin Maria!
Deine purpurnen Rosenlippen küssten die von Tränen verwischte schwarze Augenschminke
Magdalenas, daß deine Rosenlippen nun blauschwarz wie die Nacht sind, und so nächtlich ist uns
auch dein heiliges Herz, Messias. Herr Herr, geh nur ins Totenreich, Retter, geh hinab zu den
Verlornen, Erlöser, und kehre zurück zur Gefährtin Maria!
Der Kampf mit dem Tod schrieb dir mit Nägeln und Lanzen blutige Wunden auf deinen Körper,
Christus, wie Gott einst schrieb mit dem Finger Gottes auf die steinernen Tafeln die göttliche
Weisung. Herr Herr, geh nur hinab ins Schattenreich, Retter, geh zu den toten Seelen, Erlöser, und
kehre zurück zur Gefährtin Maria!
Glänzen nicht deine Füße des Friedens noch von den Tränen der liebenden Sünderin? Siehe, sie
begoß deinen Leib mit dem Tau der Liebe. So ist der Gekreuzigte selbst am Holz des Kreuzes zum
Lebensbaum des Paradieses geworden und der Körper Christi zur Frucht der Unsterblichkeit! Herr
Herr, geh nur hinab zu den Gestorbnen, Retter, erwecke die Toten, Erlöser, und kehre zurück zur
Gefährtin Maria!
Ich biß mir vor Schmerz mit den Elfenbeinzähnen, die wie frischgewaschene Zwillingslämmer
glänzen, biß mir auf die purpurnen Rosenlippen, die wie scharlachrote Schnüre sind, und biß mir
die Lippen blutig. Bewahre ich den Körper des gekreuzigten Gottes auch gut in meinem
Mutterschoß für alle Zeit? Herr Herr, steige hinab in den Hades, Retter, und erlöse die Schatten aus
der Macht des Hades, Befreier, und kehre mit den Seelen zurück zur Gefährtin Maria!
Wandle bald nur wieder in den Gärten der Morgenröte, neugeboren wie ein himmlisches Kind,
und erfreue deine Gefährtin und besuche die weinende Sünderin Magdalena und entflamme alle
deine weisen Jungfraun mit dem Feuer deines Herzens, der Liebe, den Flammen Gottes! Herr Herr,
rette die Toten aus dem Nichts, Erlöser aller Seelen vom ewigen Tode, Befreier, und kehre zurück
zu deiner dich liebenden Braut Maria, und kehre zurück zu allen deinen dich liebenden Jungfraun-
Marien als Bräutigam ihrer unsterblichen Seelen!

Zu der Betrübten, zur Freundin Magdalena, sprach die heilige Mutter Maria, als Magdalena weinte
um den fernen Messias:
Der Herr mit den Morgenstrahlen des Ostermorgens besucht dich! Auf Erden gibt es nichts
Schöneres als den Ostermorgen Christi, seine Frucht ist deinem Gaumen süß! Du Kühle, sei nicht
kühl zu deinem Freunde!
Deine Brüste sind süßer als Datteln, entziehe dich nicht der erotischen Mystik deines geistigen
Freundes, Geliebte! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem Freunde!
Ich sag es immer wieder in einfachen Worten: Verschließe dein Herz nicht, sondern gib dich
ganz dem liebenden Herzen des Freundes hin! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem Freunde!
Warum bist du so in dich gekehrt? Warum bist du so verschlossen? Warum bist du so in deiner
Wehmut gefangen? Komm, singe doch fröhlicher! Alle Jungfraun Jesu sind begeistert von der
Auferstehung und jubeln! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem geheimnisvollen Freunde!
Siehe, im Ostergarten bereitet der mystischen Bräutigam dir das grüne Bett der geheimnisvollen
Vereinigung! Erwache und werde satt an dem Bilde der Liebe in ihrer Schönheit! Du Kühle, sei
nicht kühl zu deinem mystischen Freunde!
Verjage aus deinem Herzen die Traurigkeit! Höre meine Botschaft: Nichts soll dich scheiden
von der Liebe Gottes! Sei nicht kühl, du Kühle, sei nicht kühl zu dem dich liebenden Freunde!
Jesus wird kommen am Ostermorgen in den Liebesgarten. Ein verschlossener Garten ist seine
Freundin Braut. Er dringt durch die Blumenpforte ein und will dich küssen mit den Küssen der
Liebe! Verscheuche allen Kummer und freue dich, denn Jesus liebt dich und will dich ganz
überströmen! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem liebevollen Freunde!
Verhärte nicht dein Herz vor dem heiligen Herzen Jesu, versage dich nicht den Liebkosungen
deines himmlischen Freundes, wende dich nicht ab von der süßen Zuneigung Gottes, sei nicht
Feindin deinem göttlichen Freunde! Sonst wird dich der Schimmer der Mondin stechen wie
Sonnenkatastrophen, sonst wird der Morgentau dir zu verzehrendem Feuer, sonst wird das süße
Liebesspiel der himmlischen Minne für dich zum ewigen Tod!

Nachdem Messias seine Gefährtin Maria, Maria mit den Brüsten wie Gazellenzwillingskitze und
Augen wie Turteltauben, am Morgen gegrüßt, ging er in den Garten der Olivenbäume und
Zimtbäume und Jujubendatteln als der Gärtner des Gartens der Seele. Da sprach die
Menschenfreundin Maria zu ihrer Freundin Magdalena, die sich die schwarzen Haare mit Henna
gefärbt und geflochten hatte und eine goldene Spangen in den Haaren trug:
Der Versöhner, der mit dem Gesang der Liebe auf den Lippen dir die Füße umfängt, er wartet
nun im Garten der Seele auf dich, er wartet unter dem Ölbaum der Weisheit. Frau, dem nahen
Meister nahe dich, Magdalena!
Deinen fruchtbaren Busen wie Weintrauben trage in den Weinberg des Geliebten! Deine Lenden
des Gemütes gürte mit dem Gürtel der Grazie Gottes! Lasse klingeln die Schrittkettchen und die
Glöckchen an deinen Knöcheln und wandle wie ein Rebhuhn in den Garten zu Ostern! Frau, dem
nahen Meister nahe dich, Magdalena!
Hörst du die Stimme des guten Hirten, du einziges Lämmchen, du Lieblingsschäfchen? Unter
dem Gesang der Nachtigallen, die von Minne flöten, geh in den Rosengarten der Minne! Frau, dem
nahen Meister nahe dich, Magdalena!
Die Hainbuchen winken dir mit grünem Laube, das im Winde rauscht. Die Blutbuche rauscht dir
vom Erlöser auf dem Blut. Der Efeu schlingt sich zärtlich um den starken Stamm der Eiche. Der
Wein rankt treu an der Ulme auf. Sie mahnen dich alle zur Eile. Frau, dem nahen Meister nahe dich,
Magdalena!
Dies mein Herz, entflammt von der Liebe, diese Brust wie Jadegipfel und diese Brustspitzen
wie Jadeknospen, diesen Busen Marias frage nur, Mädchen. Frau, dem nahen Meister nahe dich,
Magdalena!
Von Susanna und Johanna, von Tiphsah und Tirza und von Mitka begleitet, schlage die Pauke
und lasse klingen die Zimbeln, die klingenden Zimbeln des großen Halleluja, und tanze im
Anbetungstanze zur Bundeslade des Wortes Gottes! Frau, dem nahen Meister nahe dich,
Magdalena!
Leg deinen starken Arm um Maria, deine wahre Freundin, und lasse deine Perlenschnüre um
den Schwanenhals den Sohn Marias allzeit mit Segnungen grüßen. Frau, dem nahen Meister nahe
dich, Magdalena!
Der Messias betet: Kommen wird die Geliebte und mich grüßen und segnen, und ihre Seele
wird meine Seele liebkosen!
Im Geiste voll Gedanken der Weisheit schaut der Messias im Ostergarten nach Magdalena aus,
ob sie komme. Ihn durchschauert die Macht der Liebe, er jauchzt im Jubel der Liebe, er schmilzt in
Glut der Liebe, er wandelt liebend in der Liebe der Natur, der geheimnisvolle Freund.
Blaue Augenschminke auf den Lidern, Efeu in den Locken, am Herzen die Rose der neuen
Morgenröte, gehüllt in ätherische Schleier aus Seide, lauscht die Morgenröte zwischen den
Edeltannen. Und der Frühling tröstet die traurigen Jungfrauen Christi.
Die traurigen Jungfrauen Christi im Leib wie weiße Seide, mit Augen wie Diamanten, sie
wandeln leise. Die blaue Nacht der alten Edeltannen prüft das Gold ihres Glaubens auf ihre
Reinheit.
Bei der Heckenrosenpforte strahlte die goldene Spange in der schwarzen Haarflut Magdalenas,
glitzerte silbern der Gürtel ihrer Grazie, schimmerten die Rubine an den Kettchen ihrer Füße. Da
schaute Magdalena den Messias, den Schönsten der Menschensöhne!
Hier in das grüne Erscheinungszelt des auferstandenen Gartengottes tritt ein! Spiele
Liebesspiele in seliger Wonne, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo sich die Gräser zum Bette breiten im Schatten des rauschenden Bambus, spiele Liebesspiele
und lasse erklingen die Perlenschnur auf deinem vollen Busen, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo den Tempel Salomos der Magnolienbaum erbaut, vom Morgentau gesalbt und geweiht,
spiele Liebesspiele in scheuer Zärtlichkeit, Geliebte, die du wie die Seele der Blüten bist, o
Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo die Winde rauschen wie der süße Odem des heiligen Geistes, da singe, du Muse des
Meisters, mit dem Lied der Lerchen Gesang zum lichten Himmel, Magdalena, am Herzen des
Messias!
Wo die Hummeln Zuckerwasser trinken und die Fühler der Falter saugen begierig in der Glocke
der Glockenblume, spiele zärtliche Liebesspiele, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo nach dem schluchzenden Flöten der Nachtigallen der Jubelhymnus der Lerche fröhlich
erschallt, da sinke in süßer Begierde versunken, Magdalena, am Herzen des Messias, sinke hin in
süßer Begierde an die Brust des Messias, Magdalena, und gib dich ganz hin...!

ZWEITER TEIL

Messias sprach: Ich sah eine Frau, die war makellos schön, die Schönste aller Frauen, sie war ein
unbefleckter Vollmond und eine fruchtbare Rebe, ihre Augen waren Zwillinge von blauen Blumen,
von einer sanften Abenddämmerung mit Abendsternen, blaue Blumen, die schwammen in stillen
Teichen von Milch, die schimmerten auf den Wellen der schönen Liebe, ja, ihre Augen waren
Zwillinge von Turteltauben, die girrten von Minne im Lenz, von der Seele der Natur gepaart in
einem Frühling der Liebe. Um ihren langen schlanken Hals trug sie die Perlenschnur des
Rosenkranzes mit Kugeln von weißem Elfenbein. Die Perlen spielten mit ihren hübschen bloßen
Brüsten. Mir war, als ließe die göttliche Liebe Ströme vom Himmel strömen aus der Muschel der
göttlichen Liebe, sich ergießend auf die hölzerne Statue eines Gartengottes! Wer Weihegaben der
Ganzhingabe opfert, der wird gesegnet mit solchen überwallenden Strömen der göttlichen Liebe! –
Siehe, so ist mein Messias, der Bräutigam liebender Seelen, sprach der Dichter Dodo.

Messias sprach: Warum kreuzte diese Tochter des Mondes meinen Weg? Ein tiefer Zauberblick des
Seelenfunkens aus ihren Augen in meine Augen, die Spiegel meiner Seele, ein streifender Blick voll
geheimer Lust, wie schlug er eine Liebeswunde in meinem Herzen! O Tag der Liebesschmerzen,
Nacht des Liebestodes, warum bist du aufgegangen? Mein zärtlicher Blick und mein träumender
Sinn verloren sich selbstverloren an ihren hübschen bloßen Brüsten mit dem Muttermal der linken
Brust. Die Liebe läßt sich nicht löschen. Selbst Ozeane löschen nicht das Feuer der Liebe, die
Flammen Gottes! Ihre Worte sind lieblich und freundlich und gehen sanft meinen Ohren ein. Ich
wollte fortgehn von ihr, doch meine Füße blieben wie gebannt durch einen magischen Zauberkreis
in ihrer Gegenwart. Der Sehnsucht Fesseln fesseln meine Seele. – Aber, sprach der Dichter Dodo,
Liebe ist wie ein grenzenloses Meer!

3
Messias sprach: Heut ist der Tag der Wonne! Ich schaute die Geliebte in ihrem Bad! Ströme von
reinem Wasser flossen durch ihre langen schwarzen Haare wie Perlenschnüre des Rosenkranzes aus
kristallenen Tropfen! Sie salbte ihr wunderschönes Antlitz mit Öl der Freude, als reinigte sie einen
unbefleckten Spiegel Gottes! Sie offenbarte mir ihre beiden bloßen Brüste, die wie Alabaster-
Becher waren! Frei ließ sie niederwallen ihren Charis-Gürtel allen Reizes! Aufgeschlossen war das
Schloß der virginalen Zone! Nun war meiner Sehnsucht keine Grenze mehr!

Messias sprach: Wo meiner Geliebten Zwillingsfüße wandeln, da blühen die Rosen auf. Wo ihr
Körper in Schönheit vor mir erstrahlt, da durchzucken mich elektrische Blitze. Der Glanz ihres
Antlitzes leuchtet schöner als die Sonne. Sie besitzt einen Thron in meinem Herzen. Wenn ihre
Augen mich anschaun, seh ich liebevolle Sterne des Kosmos. Wenn ihr leises Lachen, ihr
sanftgedämpftes Girren voll feinen Humors mir die Seele erfreut, da wird vor Eifersucht der
Wabenhonig bitter. Wenn sie ihre Wimpern aufschlägt und mich die Wimpernspitzen durchbohren,
da durchbohren mich Myriaden Feuerpfeile der göttlichen Liebe. Um solche Schönheit
anzuschauen, hab ich die Welt erschaffen! Um sie nach meinem Tode nur ein einziges Mal
anschaun zu dürfen, leide ich gern meinen Kreuzestod! – Dodo sprach: Messias, weil ich dich liebe,
will ich die Geliebte zu dir führen als eine fleckenlose Braut und makellose Freundin!

Magdalenas Freundin Salome sprach: Welche sanfte Melancholie in Magdalenas Seele! Sie liebt
das Alleinsein. Sie wandelt allein in ihrem Garten und sieht die Rosen an und lauscht dem Gurren
der Taubenpärchen. Sie blickt gedankenvoll die Sonne an und schaut verträumt den Wolken nach.
Sie vergißt vor Versunkenheit zu essen und zu trinken. Sie trägt das schlichte Gewand einer
frommen Eremitin und sieht doch herrlich aus wie die Himmelskönigin. Sie nimmt sich den grünen
Efeukranz aus dem Haar und schüttelt die langen schwarzen Locken, zurecht ist sie stolz auf die
schöne Pracht ihres Haares. Sie hebt die Hände zum Himmel und spricht mit dem Wind. Was mag
sie dem Geist des Windes sagen? – Dodo sprach: Liebe zum kosmischen Christus erfüllt
Magdalenas Herz wie ein Morgenstern!

Magdalena sprach: Wie soll ich aussprechen können, wie schön ist mein Jesus, mein Jesus, mein
Jesus! Wie soll ich mit menschlichen Worten beschreiben die Traumgestalt der Vision? Seine
Erscheinung gleicht dem offenen Himmel der unendlichen Nacht und ist doch lichter als ein Blitz.
Braun sind seine langen Locken und braun ist sein dichter Bart. Seine Gewänder duften nach Zimt
und Aloe, daß der ganze Wonnemond des Minnemaien nicht so lieblich duftet wie mein Messias. –
Dodo fragte: Was soll ich anderes nun noch sagen? In ihm hat die Liebe des Schöpfers die
Schöpfung erschöpft!

Magdalena sprach: Ich hatte mir betend gewünscht, Messias zu schauen. Als ich ihn schaute, ward
ich von tiefer Ehrfurcht vorm lebendigen Gott der Liebe erfüllt. Seit jener Nacht bin ich für immer
verliebt in Jesus und töricht vor Liebe. Die Leute sagen: Sie ist von Sinnen! Was red ich, was tu
ich? Aus meinen Augen tropfen unaufhörlich Tränen. Das Herz in meinem Busen pocht
unaufhörlich wie ein Hammer. Was trieb mich zu Jesus? Nun liegt mein Leben ganz in Gottes
Hand. Wie soll ich sagen, was der Herzensdieb um Mitternacht mir angetan? Er raubte mir mein
Herz, er stahl meine ganze Liebe und ging davon. Aber bei seinem Abschied schenkte er mir solch
große Liebe, daß ich ihn nie vergessen kann! – Dodo sprach: Höre mir zu, o liebe Frau, du wirst den
Herrn bald wieder schauen!

Salome sprach: Kann ich von der Liebe Marias und des Messias sagen? Als sie einander erkannten
als reine Spiegel der göttlichen Weisheit, da erwachte die ewige Glückseligkeit der menschlichen
Seelen in ihren brennenden heiligen Herzen! Als der Feuerpfeil der göttlichen Liebe wie eine Lanze
und wie ein Schwert ihr Herz durchbohrte, da blieb in ihrer beiden einzigem Herzen nur eine
einzige brennende Sehnsucht! Wenn ihre Seelen vereinigt werden, die Seele des Lammes und die
Seele der Nymphe, dann werden sie ewig eine vereinte Seele sein. Das sei euch allezeit bewußt, daß
euch niemand und nichts besiegen kann als allein die ewige Liebe Gottes! Denn eure Augen glühen
wie Funken und offenbaren, daß die unbefleckte Jungfrau dem Herrn gehört und der Menschensohn
sich Unserer Lieben Fraue weiht! Ja, sein Lichtleib und ihr Lichtleib werden zusammengeführt in
der Glorie heiligen Geistes im Paradies, in dem Lichtglanz Gottes, in der Rose des Herzens Gottes!
Wie lange wird er so gekreuzigt werden, wie lange wird sie so mit ihm gekreuzigt werden? Werden
sie ewig so ihre blutenden Herzen voll Liebe verströmen? Werden sie ewig so töricht vor Liebe
sein? Verschweige deine Sehnsucht, Maria, verschweige deine Leidenschaft, Messias, denn eurer
Demut Stolz ist das mystische Schweigen der geheimnisvollen, unaussprechlichen Liebe! – Dodo,
der Dichter, hat dies gesungen, und seine Königin Frau Weisheit versteht dies zutiefst.

Messias sprach: Geliebte Freundin! Dein schwarzes Haar beschämt den Raben, es gleicht der Herde
schwarzer Ziegen, die niederwallen am Bergeshang. Aus Scham vor deinem glanzüberflossenen
Antlitz wird der Vollmond am Himmel purpurrot. Die Tauben des Friedens scheuen deine sanften
zärtlichen Augen. Die Nachtigall des Minnesanges verstummt, wenn deine holdselige Stimme flötet
wie eine Friedensflöte. Vor der Anmut und dem Liebreiz deines Ganges verbirgt sich aus Demut die
Schwanin im Weiher. Warum kommst du nicht zu mir und sprichst mit mir, Holdselige,
Sanftmütige, Demütige, Friedfertige, Mädchenkönigin des Maien? Alle Schönheit der Mutter Natur
verblasst vor deiner Schönheit, Schönste aller Menschentöchter! Fürchte dich nicht vor mir,
Geliebte, öffne weit den Herz dem kosmischen Christus! Die Magnolienblüten fallen vom
Magnolienbaum nieder zu deinen Füßen aus Huldigung für deine hübschen bloßen Brüste! Der
Alabaster-Becher voll Wein der Liebe springt in das Osterfeuer aus Begierde nach deinen
bechergleichen Brüsten! Die Äpfel fallen vom Stamm aus Huldigung für deine Apfelbrüste und der
Granatapfel glüht vor Scham vor dem Reiz deines majestätischen Busens! Der Stamm des
Gartengottes steht in deinem Garten vor großer Begierde, wenn du dich bückst zu deiner Furche im
Beet! Die lange weiße Lilie neigt sich in Demut vor dem Weiß deiner nackten Arme! Es zittern die
Schilfhalme zärtlich und voller Ehrfurcht vor der Feinheit deiner blassen Hände, der Schlankheit
deiner femininen Finger! – Dodo, der Dichter, fragte: Wieviel Magie der Minne soll ich noch lallen
mit Betörung-Beschwörung, auf den Grundton der ewigen Liebe gestimmt?

10

Magdalena sprach: O meine Freundin Maria, wie sag ich dir all meine innere Wehmut? Die Flöte
Christi gießt süßen Gift-Balsam der Liebe durch alle meine beseelten Glieder! Er schwärmt vor mir,
er wirbt um mich, er beschwört mich bei den Zwillingskitzen der Gazelle auf der Wiese, ich höre
ihn um meine Liebe flehen mit dem Hohenlied der Minne. Mein Körper schmachtet nach süßer Lust
und meine Seele sehnt sich nach der wahren Liebeswonne! In den innigsten Augenblicken der
Liebeserfüllung will der Becher meines Innern überfließen vor fließendem Feuer! Da schließe ich
meine Augen, daß nicht Flammen aus meinen Augen schießen. Wenn ich im Hause meiner Mutter
weile und mich die Lust der Liebe durchschauert, schlag ich meine eigenen Arme um meinen
eigenen Körper und schaffe Frieden den verzehrenden Gluten meiner Minne zum fernen Geliebten!
Leise, leise wie eine Katze schleiche ich Nachts durch mein Haus auf samtenen Pfoten. Ein gütiges
Schicksal hat geheimnisvoll meine Liebe im tiefsten Innern verborgen. Meine Seele ist magisch
verzaubert von der Innerlichkeit der geheimnisvollen Liebe. Der Zaubergürtel allen Reizes gleitet
von meiner Hüfte, meine virginale Zone erwartet den Geliebten, daß er mich erkenne in der dunklen
Nacht meiner Seele mit der Kraft seiner Liebes-Ganzhingabe! - Was kann der Dichter Dodo noch
sagen, wo die geheimnisvolle Stimme der Vorsehung selber spricht?

11

Salome sprach: Als Magdalena das erstemal zu ihrem Freier Christus kam, da pochte ihr das Herz
im Busen vor Scham und Ehrfurcht. Ganz still war Magdalena wie ein goldenes Heiligenbild, sie
sah nicht zur Linken und nicht zur Rechten. Da nahm Messias Magdalena bei den Händen und
setzte sie an seine Seite in den Thronsessel seiner Minne. Die holdselige Schönheit verschleierte ihr
glühendes Antlitz mit dem Schleier ihrer langen schwarzen Haare. Er strich ihr die Haare aus der
Stirn (allein der Gott der Liebe selbst vermochte mit ewig zärtlichen Händen ihr die verwirrten
Locken aus der empfindlichen Stirn zu streichen). Da küsste Christus mit friedlichen Küssen der
Liebe Magdalena auf den scharlachroten Mund. Die Freundinnen Magdalenas waren eifersüchtig,
doch Christus küsste allein die auserwählte Freundin Magdalena auf den Mund. Da barg sie sanft
ihr Haupt an seinem Herzen. – Dies ist ein jauchzender Psalm des Dichters Dodo, der das heilige
Herz seines Fürsten Jesus erfreut!

12

Salome sprach: Ich sehe den jungen Jesus in allem Stolz seiner blühenden Jugend. Er schwärmt von
der Erinnerung an die Nacht des ersten Kusses: O wunderschöne Magdalena mit dem süßen Antlitz!
Wie hab ich dich doch mit grenzenloser Lust in meiner innersten Seele empfangen! Wie hast du
mich so sanft und keusch geküsst in der liebestrunknen Nacht! Du lächeltest mit deinem feinen
leisen Lachen, dem sanftgedämpften Girren, das klingt wie das kleine Silberglöckchen beim
Hochzeitsmahl des Lammes. Du bist in tausend inneren Bildern mein Entzücken, mein Traum von
überschäumender Wollust der Liebe! Deine Worte sind süßer als Honig. Deine Lächelblicke
schauen so schelmisch. Du hast mit deinem Blut mir deinen Namen in mein Herz geschrieben! -
Dies, sprach Dodo, ist der Psalm vom ersten Kuß.

13

Magdalena sprach: O Maria, meine Freundin, welche Schmerzen muß ich leiden! Was kann ich tun,
daß Messias meine Liebesschmerzen lindert? Ich bin jung in meinem Herzen, jünger als Messias,
der uralt ist in seiner ewigen Weisheit. Ich bin schüchtern und sanft. Grausam war der Herr zu mir,
er schickte mir viele Schmerzen der Seele! Wie kann ich all die Leiden der dunklen Nacht der Seele
sagen? Liebe brannte in mir, ich verlor mich selbst. Mein Ich zerbrach in mir. Wann schloß er das
Schloß meines Gürtels auf? Er umarmte mich, da war ich wie gelähmt vor Wonne. Das Herz in
meinem Busen pochte wie ein Hammer. Ich war ein Sturmwind in der Gewalt seiner Liebe! Er sah,
daß meine Augen überströmten von heißen Liebestränen. Hatte Messias Mitleid mit mir? Mein
Geliebter verbrannte mir die Lippen mit dem feurigen Wein seiner Küsse! Der Mond in meiner
Nacht ward aufgefressen von der alten Schlange. Jesus schlug die Nägel in meine Brust! Ich sehe
das Krokodil mit dem Löwen kämpfen und denke an den Kampf meiner Liebe mit Christus. – O du
liebende Frau, sprach Dodo, du weißt, wie Christi Liebe die Geliebte kreuzigt!

13

Maria sprach: Eile, mein Mädchen Magdalena, eile zum Jüngling Messias, Holdselige, denn der
Liebende wartet auf dich! Die Nacht fällt von den Sternen herab. Bald kommt der Tag, da kann sich
die Liebe nicht mehr verbergen im Schoß der Mutter Nacht. Lieblichste Freundin, laß dein Antlitz
nicht schauen, dein glanzübergossenes Antlitz, sonst wird leuchten die Nacht. Die Turteltaube im
Garten hält dein Antlitz für den Mond, und dürstend nach Tau, wird sie girren vor deinem Antlitz,
zu trinken das fließende Licht deines Antlitzes. Schweige, sanftmütige Stimme, denn wenn du
redest, wird der Falter dich für Nektar halten und dein glühendes Antlitz für eine Rose und mit dem
zärtlichen Fühler tasten nach dem Kelch deiner Lippen, sich festzusaugen. Du suchst die schöne
Liebe, die ewige Liebe. Die Mainacht ist kurz. Also eile, Freundin, und kehre ein in das Haus der
Liebe. - Dodo sang dies seiner Herrin Maria.

14

Messias sprach: Dunkel ist die Nacht und tief die Dunkelheit. Wann kommt zu mir die Geliebte, die
holdselige Frau, die all meine glühende Sehnsucht ist? Steil ist der Pfad und dornenreich und es
wimmelt von giftigen Schlangen. Wie groß ist die Gefahr und wie zart sind ihre bloßen Füße! Gott
im Himmel, ich will dir meine Liebste vertrauen. Schütze die Schönheit und führe sie zu mir!
Schwarz ist die Nacht und feucht der Grund. Mein Herz in meinem Busen glüht. Der Weg ist so
schmal. Dicht ist die dunkle Nacht. Engel, gib acht, daß sie ihren Fuß nicht an einem Steine stößt.
Wie Sterne ihr Blick, ihre Seele wie ein heiliger Engel! Sie ist die Hagia Sophia in
Menschengestalt! – Ja, sprach der Dichter Dodo, eine liebende Frau kennt keine andere Macht als
die Macht der Schönen Liebe!

15

Messias sprach: Ich habe dich mit meinem Blut gekauft. Nun kommst du zu mir. Ich sehe deine
Liebe zu mir. – Magdalena sprach: Ach Immanuel, deine Wolke der Herrlichkeit rief mich am Tag
und die Feuersäule deiner Herrlichkeit rief mich in der Nacht und führte mich zu dir. – Messias
sprach: Groß ist die Versuchung. Dunkel ist die Nacht. Ich kann deinen Körper nicht sehen in der
Finsternis. Wie hast du den Weg zu mir gefunden? – Magdalena sprach: Gottes Blitz zeigte mir den
Pfad, Geliebter. – Messias sprach: Durchs dunkle Tal und die tiefe Schlucht, durch Jammertal und
durch Tal der Tränen ging dein Weg. Ritzten die Dornen dich wund? - Magdalena sprach: Ich hatte
Todesmut wie ein Singschwan, das flößte mir Trost ein. – Messias sprach: Die Nacht der Seele ist
tief und du bist allein. – Magdalena sprach: Und doch bin ich nicht allein, denn bei mir ist meine
Herrin, die Schöne Liebe!

16

Magdalena sprach: Heute ist die Schüchternheit von mir genommen. Der Geliebte stillte meine
Sehnsucht! Was soll ich sagen, o Liebe? Ich muß leise lächeln. So wundervoll war heute seine
Liebe! Der Regen ergoß sich auf die Erde. Der Berg ragte auf bis in die Wolke. Ich schaute in den
smaragdenen Spiegel des Wassers und war in einer anderen Welt. So voller Weisheit ist mein
Geliebter und machtvoll bezaubert sein Wort meine Seele. Er gab der Ruhelosen eine Ruhe. Ich
barg mich an dem heiligen Herzen, das für mich glüht! Der Fürst des Friedens setzte mich auf
seinen Schoß. Er spielte mit meinem feinen Schleier, bis ich einschlief. – Dodo rief: O selige
Liebeswonne!

17

Magdalena sprach: Wie soll ich von ihm sprechen? Er ist ja der namenlose Name! Ob ich ihn im
Traum sah, ob ich ihn in Wirklichkeit sah, als ich ihn liebte, weiß ich nicht. Er war ganz nah und
doch jenseits der Welt. Der Blitz durchzückte die Nacht. Die Nacht durchschlängelte nektarsüß ein
himmlischer Strom. Die Nacht nahm den Mond in den Mund. Die Sterne schauerten, regneten
Funkenströme. Der Himmel tat sich auf. Die Berge bebten. Die Erde spaltete sich und ergoß sich in
Glut. Der Wind blies mächtig. Die Falter taumelten trunken. Die Meere fluteten über. Aber es war
noch nicht das Ende der Welt. – Wie kann das alles wahr sein, fragt der Dichter Dodo.

18

Salome sprach: Verwirrt hingen ihre schwarzen Locken mit rotem Henna um ihr berückend süßes
Antlitz, wie schwarze Gewitterwolken um den lichten Vollmond. Mondstein-Ohrringe schaukelten
an ihren Muschelohren. Schweißperlen glitzerten licht wie Diamanten auf ihrer weißen Stirn. Frau
Schönheit, dein Antlitz spendet Wonne. Willst du weiter kämpfen im Liebeskampf, Magdalena, wie
soll Messias sich retten? Armspangen um die bloßen Arme, Silberringe um die schlanken Finger,
Kettchen um die nackten Knöchel, das alles ist wie Musik im Rhythmus der Liebe. Betrunken vom
Wein der Liebe gibt die Liebe ganz sich hin! Triumph! Blast die Flöte! Streicht die Zymbel! Nun
war Stille um die Lenden der Geliebten. Der Kämpfer im Liebeskampf war besiegt, der ewige
Friede eingekehrt. – Der Meister des Dichters Dodo vollendet das All in Liebe, Himmel und Erde
vereinigen sich.

19

Dodo, der Dichter, sprach: Betrunken vom schweren Rotwein der Liebe zieht Messias Magdalena
auf seinen Schoß. Sie blickt so schelmisch und lacht mit leisem Girren wie ein Lenzschalk und
Herzschelm. Zärtlich schmiegt sie sich an ihn. Ihr Leib ist Musik der Liebe. Verliebt ist Magdalena,
Messias ist voll Leidenschaft! Herz und Herz vereinen sich! Trunken sind beide, der Feuerpfeil der
göttlichen Liebe steckt zitternd im Ziel des fleischernen Herzens! – Dodo sang von dieser großen
Liebe.

20

Salome sprach: O solche Liebe gab es noch nie! So innig zwei Herzen vereint! Sie sind noch
beieinander, schon seufzen sie aus Furcht vor einem Augenblick der Trennung. Ist sie ihm nur einen
kurzen Augenblick verborgen, schon weint er Tränen der Sehnsucht. Wenn er fern von ihr ist, dann
ist er wie ein Fisch, aus der Flut gezogen und an den Strand geworfen. Nein, unter Menschen ward
solche Liebe nie erlebt. Die Sonne liebt die Rose, doch die Rose welkt, die Sonne wandert fröhlich
weiter von Ost nach West. Die Nachtigall nennt man den Freier der Rose, seiner Minneherrin, doch
Nachtigall und Rose kamen nie in Liebe zusammen. Wenn der Falter mit seinem zärtlichen Fühler
am Kelch der Blume saugt, so kommt zwar der Falter zur Blume, doch die Blume kommt nie zum
Falter. – Nichts in dieser Welt, sprach Dodo, läßt sich der Liebe des Messias vergleichen.

21

Magdalena sprach: Mein Geliebter, du bist mein ewiges Leben! Dir weihe ich Leib und Seele, Herz
und Geist, alles was ich bin und habe, dir weihe ich meine Familie, mein Volk und die ganze Erde,
dir weihe ich mein unsterbliches Schicksal: Ich bin ganz dein, Geliebter! Du bist mein Gott, o
kosmischer Christus, du König des Universums! Angebetet wirst du von allen bräutlichen Seelen,
Gott! Ich bin nur die arme Magd des Ewigen, wenig Weisheit nur ward mir zuteil und ich weiß
nicht recht zu dir zu beten. Dennoch biete ich mit Leib und Seele dir meine Ganzhingabe der Liebe!
Du bist mein Weg, meine Wahrheit und mein Leben! Du bist meine Auferstehung und mein ewiges
Leben! Mein Herz kennt keine andere Ruhe als dich allein, mein Gott! – Die Heilige und die Hure
sind beide von Gott geliebt, sprach Dodo, ich weiß von Sitte und Sünde nichts, ich kenne nur Jesu
durchbohrtes Herz!

SIEBENTES BUCH

PROLOG

Wolkenschwer ist der Himmel,


Schwarz von Efeu ist der Wald,
Bang ist Jesus in der dunklen Nacht,
Darum führe du ihn nach Hause, Maria!
Jesus und Magdalena begaben sich als Paar
Zur Laube, nah am Weg.
Lobpreis sei der Liebe von Jesus
Und Maria Magdalena
Am Ufer des Jordan!

Durch das Wort Gottes


Das Gebäude des Geistes schmückend,
Rose zu seinen Füßen,
Der Pilger Führer,
Den Bericht von Jesu Liebe verfassend
Schreibt hier Josef Maria Mayer sein Gedicht.

Wenn es dich entzückt,


An den Herrn zu denken,
Höre, wie lieblich und anmutig schön
Josef Maria Mayers Muse
Vers an Vers reiht wie eine Perlenschnur.

Vom Jenseits redet weise Dante,


Von Weisheit redet Goethe,
Vom irdischen Paradiese sang Milton,
Und Klopstock sang von Jehowah.

ERSTER GESANG

In der Sintflut hat einer das Wort gerettet,


Unversehrt die Weisheit in der Arche,
Der du den Weinberg gebaut hast,
Noah, du Tröster!

Tief versunken in den Fluten des Todes,


Die Meereswogen drückten dich nieder,
Als du vom Wal verschlungen wurdest,
Jona, du Sohn der Taube!

Von dem wilden Eber getötet,


Aphrodites Geliebter Adonis,
Bist du auferstanden
Als Adonisrose im Adonisgarten!
O tot Adonis!

Brüllend von den Baschanbergen


Bist du ein Löwe, Junges einer Löwin,
Sieger von Zion, König David,
Löwe von Juda!

Du hast die Erde fest gegründet


Auf sicheren Fundamenten
Und hast die Erde, unser aller Mutter,
Aufgehängt im Nichts,
O Herr der Welten!

Du hast die Erde überflutet


Und die Sünder ertränkt
Und eine neue Menschheit gegründet
Auf dem Berge Ararat,
O Herr, du Vater der Götter und Menschen!

Du bist siegreich in allen Kriegen


Und hast dich selbst geopfert
Als Opferlamm auf dem Altar,
O Herr, in Jesus inkarniert,
O Heiland und Retter der Menschen!

Du verlangst keine Opfer von Lämmern,


Von Stieren und Kühen, Ziegen und Tauben,
Sondern gabst dich selbst zum Opfer
Und erneuerst dein Opfer täglich in Brot und Wein,
O Jesus, eucharistischer Christus!

Du weidest die Völker


Mit eisernem Zepter
Und wirst die Heiden zerschlagen
Wie irdenes Tongeschirr,
Du apokalyptischer Herrscher!

Höre Josef Maria Mayers Gedicht,


Das seine Muse ihm eingegeben
In berauschenden Träumen!
Möge sein Lobpreis steigen
Wie Weihrauch zu deinem Thron,
Mein Herr und mein Gott!

Der du die heilige Schrift erfüllst,


Der du den Satan niedergeworfen hast,
Du Friedefürst, du starker Gott,
Du König der Könige, Herr der Herren,
Gott der Götter, Lobpreis sing ich dir, Jesus Christus!

ZWEITER GESANG

Blumenketten trägst du um den Hals


Und goldene Ohrringe an den Ohren,
Trägst den Wald des Libanon, seine Zedern,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Geschmückt bist du von lichten Juwelen


Und zerreißt die Fesseln der Sünde!
Schwan bist du auf dem See der Weisheit,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Des giftigen Satan Vernichter,


Du Dieb der Menschenherzen,
Sonne bist du für die Rose von Jericho,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Die gewundene Schlange, die flüchtige Schlange,


Den feuerroten Drachen zertrittst du,
Auf Adelers Fittichen schwebst du,
Grund für den Tanz der Engel du,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Mit Narzissenaugen lachst du,


Frei vom ewigen Tode machst du die Deinen,
Zentrales Feuer bist du des Universums,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Maria Magdalena zur Freude strahlst du,


Die Sünde hast du überwunden,
Fesselst mit ehernen Ketten den Satan,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Schön bist du wie Wolken vor dem Gewitter,


Des Zionberges Fundament bist du,
Du bist der Adler, der schaut des Vaters Antlitz,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Wir werfen uns zu deinen Füßen nieder,


Vergiss uns nicht, wenn du in dein Reich kommst!
Spende Gnaden denen, die beten,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Verse von Josef Maria Mayer,


Segen erbitten seine Verse dem Leser,
Segen soll es bringen, liest man dies Lied,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

An Marias Brüste gebettet


Verblieb sein Abdruck an ihrer Brust,
Der Abdruck seines heiligen Herzens,
Des Todesüberwinders,
Von Liebe gezeichnet,
Von Eros erschöpft,
Schenk er euch allen das überwallende Maß der Wonne!

Im Frühling mit lilienweißen Gliedern


Durch die Scharonwiesen irrte sie,
Jesus nachfolgend edler Art und Weise,
Verwirrt von Liebe und dem Fieber der Liebe,
Ratlos stand Maria Magdalena,
Da spricht mit sanfter Stimme die Freundin Susanna:

DRITTER GESANG

Wo süßer Nektarduft schmeichelt


Herab vom Hermon-Gebirge,
Wo beim Libanon-Waldhaus
Die Nachtigall von der Rose flötet
Und Honigbienen summen,
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

Wo der wandernden Jüngerinnen Murmeln


Wie Liebesseufzer erklingt,
Wo die Blüten der Magnolienbäume
Von Honigbienen umsummt sind,
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

Wo berauscht von den Düften


Die Feigenbäume erste Knospen treiben,
Die jungen Männer die Frühfeigen pflücken,
Von Eros und seinen Pfeilen verwundet,
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

Wo wie das brennende Herz des Eros


Sich die rote Rose öffnet,
Wo wie die Stacheln der Hummeln
Die Pfeile des Eros wüten,
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

Das Schamgefühl verschwindet in der Welt,


Da die Narzissen ihre Glockenhäupter schaukeln,
Wo die Luft ist heiß und trocken
Wie die Dornen an der brennenden Rose,
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

Wo die Myrrhe schwitzt


Und der Gummibaum Gummi tropft,
Wo selbst der Weisen Gemüt verwirrt ist
Von dem Flöten der Nachtigall,
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

Wo die Ulme zärtlich grünt,


Von den Ranken des Rebstocks umschlungen,
In dem Jabbok-Wildbachtal,
Von den Wassern des Jabbok benetzt,
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

So erhebt sich die Stimme von Josef Maria Mayer,


Der seinen Geist auf die durchbohrten Füße Jesu richtet.
Seine Verse schildern den Garten Eden im Frühling,
Wenn Eros durch den Garten Eden spaziert.
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

Wie in den prallen Rebenzweigen Trauben,


So beben die Brüste der Jungfraun.
Glut glüht in der Seele den Geliebten
Wie das Feuer im Dornbusch des Sinai.
Liebespfeile versendet der Südwind.
Krokosblumen auf der grünen Gartenwiese,
Von summenden Honigbienen umschwärmt,
Sie bieten ihren Nektar für Honig an.
Es schluchzt die Nachtigall vor Sehnsucht
Und wer es hört, den befällt das Fieber der Liebe,
Er fürchtet, dass sein Atem stockt,
Dass sein Arm nicht finde die Umarmung.
So überlebt die Tage der lachenden Erde
Der Pilger nur mit großer Not!

*
Betört von dem Verlangen,
Mehr als nur Eine Jungfrau zu umarmen,
Verlangt der Geliebte mit bebenden Gliedern,
Mit den betörten Jungfraun allen zu tanzen.
Auf Jesus wies mit klugem Wink
Susanna, die Freundin Marias, und sprach:

VIERTER GESANG

Mit Salböl gesalbt sein bräunlicher Leib,


Geschmückt mit Blumenkränzen,
Lächelnd, an den Ohren den Schmuck von Juwelen,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

Schwer sind die üppigen Brüste der Frau,


Die den Herrn voll Sehnsucht umarmt.
Eine Hirtin singt ihm ein Lied
Und es klingt des Brautpaares Brautgesang,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

Eine Frau mit blühenden Augen,


Feuer des Eros in ihren Blicken,
Die süße Frau träumt von den Rosenlippen des Herrn,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

Eine Frau schmiegt sich an Jesu Wange


Und spricht ein Wort in sein Muschelohr,
Eine Frau mit breitem Becken
Küsst den Geliebten unter Freudenschauern,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!
Eine Frau ist auf lustige Spiele bedacht
Und hat den Gottessohn aus dem Jordan gezogen,
Als er stand im rauschenden Schilf,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

Weil auf das Klingeln der Spangen einer Frau


Des Meisters Flöte Antwort gab,
Fröhlich tanzend im Schleiertanz
Sang der Herr das Lob einer Tänzerin,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

Eine Frau umarmt er, eine Frau küsst er,


Eines Wonneweibes Wollust erweckt er,
Blickt auf eine mit lieblichstem Lächeln
Und geht mit einer andern gedankenvoll,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

So wie es Josef Maria Mayer gesungen,


Dies Geheimnis von Jesu Liebe,
Wie man es singt im Libanonwalde,
Das Lied soll euch Freude spenden,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

Allen Freundinnen schön bereitet Freude der Herr,


So dass sie überfließen von Wonne,
Wie irre Lilien seine Glieder,
Führt er ein Fest auf für Gott,
Von wunderschönen Frauen umgeben
Und geliebkost von Kopf bis Fuß,
Er, der leibhaftige Gott, o Freundin,
Es scherzt der Herr im Frühling.

Vom schmerzhaften Biss der Schlange verwundet


Flieht der Wind von den Balsambergen,
Wo der Schnee liegt auf Zedern,
Flieht er nach Zion, zum Gottesberg.
Die Nachtigall sieht kaum die Rose blühen,
Bülbül, Bülbül, klingt schon ihr Lied.

Schwindlig vom wilden Bauchtanz die Freundinnen schön


Stehen am Rand, da umarmt voll Liebe
Maria, blind vor Liebe, den Messias.
Voll Himmelsbrot ist dein Mund, Wort Gottes,
Spricht sie und preist im Lobpreis den König,
Der gnädig darüber lächelt.
Herr Jesus Christus segne euch alle!

Der Herr war im Libanonwalde


Und war gnädig allen Jüngerinnen,
Aber seine geliebteste Jüngerin,
Magdalena, war eifersüchtig und floh.
Honigbienen schwärmten
Durch den Garten Eden,
Da sprach voll Trauer Magdalena
Zu ihrer sanften Freundin Susanna:

FÜNFTER GESANG

Er bläst so schön die Flöte


Mit seinen Rosenlippen
Und seine Augen schauen alle Seelen an
Und an seinen Ohren klingen Juwelen.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Seine Augen sind wie Monde


Und im Haar trägt er die Pfauenfeder,
Seine Haare sind wie Gewitterwolken,
Seine Augen wie Blitze Gottes.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Er ist erfüllt von brennender Liebe,


Die Jüngerinnen zu küssen mit dem Kuss des Friedens,
Seine beiden Lippen sind süße Zwillingsbrüder,
Sein Lächeln ist lieblich und leuchtend.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Härchen sind auf seinem Arm,


Mit dem er die Jüngerinnen umarmt,
Seine Brust ist wie ein Karfunkelstein,
Sein heiliges Herz strahlt auch im Dunkeln.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Die strahlende Stirn, die im Dunkeln leuchtet,


Beschämt den weißen Vollmond.
Er presst sich an hohe üppige Brüste,
Sein offenes Herz scheint mir verschlossen.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Schön geschmückt sind seine Muschelohren


Mit silbernen Ringen und rosigen Perlen,
Um ihn scharen sich Sünderinnen und Büßer,
Dämonen zittern vor ihm und Engel beten ihn an.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Tritt er an das schilfige Ufer des Jordan


Und denkt, die Zeit der Sünde zu überwinden,
Mit dem göttlichen Eros im Blick,
Sogar mich erfreut er, mich, die Sünderin.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Verse von Josef Maria Mayer,


Er singt von Jesu heiligem Antlitz,
Er denkt an die verwundeten Füße Christi
Und seine Verdienste, erworben am Kreuz.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Alle Vorzüge sind in ihm versammelt,


Er prüft den Wankelmut und den Wahnsinn,
Aber zufrieden ist er mit den Betern
Und nimmt vom Kreuz unsre Kreuze von uns,
Es drängt sich Christi Liebe zu allen Jüngerinnen,
Aber ich hab ihn dreimal verleugnet,
Doch jetzt sing ich dem Todesüberwinder wieder:
Du weißt alles, du weißt auch, dass ich dich liebe!

SECHSTER GESANG

Wenn ich zum Libanonwaldhaus kam,


Wo Jesus wachte, verborgen im Frühling,
Wo ich zitternd mit glühenden Augen
Und überwältigt von Freude lachte –
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der stillt all unser Liebesverlangen!

Von der ersten Vereinigung glühte ich noch,


Da scherzte Jesus mit mir,
Wir sprachen in Liebe, in süßer Liebe,
Und er löste mir zärtlich den Lendenschurz –
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der still all unser Liebesverlangen!

Wenn ich hinsah auf den Boden des Waldes,


Dann sank er an meine üppigen Brüste,
Und wenn ich ihm meine Küsse anbot,
Dann stillte er mich mit dem Wein des Bundes –
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der stillt all unser Liebesverlangen!

Wenn ich in Müdigkeit meine Augen schloss


Und sich mir die Haare im Nacken sträubten,
Mein Körper schwitzte blutigen Schweiß
Und ich war aufgewühlt von heiliger Lust –
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der stillt all unser Liebesverlangen!

Ich flötete wie die Nachtigall


Und war Meisterin in den Künsten des Eros,
In der langen Mähne trug ich Hennablüten
Und seine Nägel ließen Spuren zurück auf meiner Brust –
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der stillt all unser Liebesverlangen!

Wenn die Kettchen an meinen Füßen klirrten


Und ich erfüllt war vom Übermaß der Liebe,
Wenn mein Liebreizgürtel sich löste
Und er meine langen schwarzen Haare strich –
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der stillt all unser Liebesverlangen!

Von der Liebesbegegnung erschöpft,


Hab ich geschlossen die Narzissenaugen,
Und es sank vor Erschöpfung mein Körper nieder,
Matt vom Kampf mit den Dämonen –
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der stillt all unser Liebesverlangen!

Dies sind Josef Maria Mayers Verse,


Erfüllt von dem Frieden des Todesüberwinders,
Wie Magdalena voll Sehnsucht sang,
Wer dies liest, erfahre die himmlische Freude!
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der stillt all unser Liebesverlangen!

Ihm glitt die lustige Flöte aus der Hand


Und es trafen ihn die brennenden Blicke
Der Jüngerinnen, versammelt im Schwarm,
Da schwitzte blutigen Schweiß seine Stirn,
Keuscher Liebe blickte er zu Maria,
Süß wie Engelsspeise seines Mundes Lächeln,
Maria schaut Jesus in der Schar der Jüngerinnen
Und Magdalena erschaudert vor Wonne.

Seh ich die Knospen der roten Rose


Am Teich im Garten Eden erblühen,
Umsummt von den schwärmenden Hummeln,
Und Apfelbäume blühen im grünen Garten,
O Susanna, kann der Garten Eden
Maria Magdalena befriedigen ganz?

Maria und Susanna lächeln still,


Strähnchen kringeln sich an ihren Wangen,
Sie heben die Arme und zeigen die Achseln
Und es dringen die Brüste aus dem Kleid,
Ruhig schaut Jesus die Jüngerinnen an
Und lange denkt der Allweise über sie nach
Und ist so rein und freudig wie ein Kind,
Jesus Christus, der sorglose Jüngling Gottes!
Von allen Sorgen befreie euch Gott!

Satans Feind, der sich die Fessel ums Herz geschlungen,


Mirjam von Magdala, Fessel der Liebe,
Jesus riss sich von allen Jüngerinnen los
Und eilte einzig Mirjam von Magdala nach,
Eilte hier hin und eilte dort hin,
Zerfleischt im Leib vom Pfeile des Eros,
Von Sehnsucht befallen nach Mirjam,
Im Libanonwalde zu Boden sank Jesus.

SIEBENTER GESANG

Fortgegangen ist Mirjam von Magdala,


Weil sie mich mit den anderen Frauen gesehen,
Sie floh vor meiner allgemeinen Liebe
Und floh aus Angst und zitternder Scheu.

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!

Was wird sie jetzt tun, was wird sie jetzt reden?
Wird sie bald zu mir zurückkehren?
Was nützt mir der Himmelspalast,
Was nützt mir Israel, was mein Leben?

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!

Ich denke an ihr Mondgesicht,


Seh ich sie fragend die Brauen erheben,
Ich sehe die Honigbienen schwirren
Über den rosenroten Rosenkelchen.

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!
Ich trage sie Tag und Nacht in meinem Herzen,
Der ich sie mit Intimität verwöhnte!
Ach, was nützt es doch, dass ich sie verfolge,
Daß ich für sie Liebeslieder singe?

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!

Schönes Mädchen, mir scheint, dein Herz


Ist aus Bitterkeit in Stücke gebrochen!
Wo du hingegangen bist, weiß ich nicht,
Und wollte dich so gerne versöhnen!

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!

Ich sehe dich im Geiste vor mir,


Sehe dein Kommen und dein Gehen.
Soll ich dich denn jetzt nicht mehr umarmen
Und dich pressen innig an mein Herz?

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!

Mirjam, sei mir wieder wohlgesonnen!


Ich will dir solche Schmerzen nicht mehr antun!
Tu doch mir zuliebe etwas Gutes,
Denn vor Sehnsucht nach dir vergeh ich!

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!

Die Worte des Herrn hier wiederzugeben,


Spann Josef Maria Mayer diese Verse,
Marias Schatz ist doch Jesus,
Der aus den Wassern der Taufe aufgetaucht!

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!

Am Herzen hat der Herr einen Rosenkranz,


Der stammt wahrlich nicht von der Schlange!
Am Hals trägt Jesus eine Perlenschnur,
Die stammt wahrlich nicht vom Drachen!
Salböl der Freude – nicht Asche der Buße!
Ach, da Mirjam von Magdala vor mir floh,
Trifft mich tödlich der Pfeil des Eros!
Eros, Eros, was hast du es denn so eilig?

Lege mir nicht den giftigen Pfeil in die Hand


Und spanne nicht den ehernen Bogen, Eros!
Triffst du mich in meiner tödlichen Ohnmacht,
Herrscher Eros, ist das eine Heldentat?
Eros, Eros, dies Mädchen, diese Gazelle,
Sie durchbohrt mich mit ihren glühenden Blicken!
Ihre Blicke waren wie Pfeile des Eros!
Die Liebe ist ein loderndes Feuer Gottes!

Ihre Augenbrauen der Bogen des Eros,


Ihre Wimpern sind die Pfeile des Eros!
Ich bin Gottmensch und Triumphator,
Aber der göttliche Eros hat mich überwältigt!
Aber Eros hat seine allgewaltigen Pfeile
Mir als blutiges Testament hinterlassen!

Da die Wimpern über den Augen strahlten,


Durchbohrte Eros mir das Knochenmark!
Die Strähne ihres Haares knüpfte
Mir den Strang, an dem ich gehangen!
Deine Lippen, rot wie Granatapfelwein,
Sie schenkten mir den dunkelsten Wahnsinn ein!
Makellos sind deine runden Brüste –
Warum spielt Eros mit meinem Leben?

Ich denke: So hat sie mich berührt,


So hat sie mich angeschaut aus frommen Augen,
So hat sie geduftet, wie Weihrauch geduftet,
Dies war ihre Stimme, wie ein Saitenspiel,
Dies die Süßigkeit ihrer Lippen, wie Granatapfelwein,
Und ich denke: Hängt an Frauen so sehr mein Herz?
Alle meine Gedanken sind tief in ihr!
Weh mir, weh mir! Woher der Schmerz?
Diese abgrundtiefe Verlassenheit! Wehe!

Jesus beugte seinen Nacken, bewegte sein Haupt,


Seine Ohrringe glänzten, die Flöte erscholl,
Von zehntausend Jungfraun umrahmt seine Liebe,
Er dehnte sich weit voll brennender Sehnsucht
Zum Mondgesichte Mirjam von Magdala!
Sei eurer Seele ein ewiger Gewinn
Ein einziger Blick vom Todesüberwinder!

Als am schilfigen Ufer des Jordan


Müde Jesus lag und träumte,
Erschöpft von der Last der Sehnsucht,
Sprach Maria Magdalenas Freundin
Susanna diese Worte zum Herrn:
ACHTER GESANG

Über das Salböl ärgert sich Magdalena,


Als Qual empfindet sie den Mondschein,
Vom Südwind meint sie,
Gift aus Nattern-Nestern zu empfangen.
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Vor den häufig hagelnden Pfeilen des Eros


Schützt sie ihr Herz mit einer Dornenhecke,
Schützt sie ihr Herz, um dich zu schützen,
Der du lebst in ihrem innersten Herzen.
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Kissen bereitet sie aus Magnolienblüten


Und bereitet euch ein Bett im grünen Gras,
Ein Bett für eure Liebesumarmung,
So erfüllt sie ihr heiliges Keuschheitsgelübde.
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Schwere Tropfen regnen aus ihren Augen,


Diesen Augen, die wie Narzissen glühen,
Ihr Antlitz ist wie der Mond, der weint
Den Nachttau auf den Garten der Liebe.
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Heimlich malt sie dich mit Henna


Als Herrn der Liebe auf ihre Wangen,
Malt dich, wie du in Händen hältst
Den Honigpfeil des göttlichen Eros.
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Tief in der Kontemplation, da bist du ihr nah,


O Gott, der in unzugänglichem Lichte wohnt,
Sie plappert, sie kichert, sie lacht, sie eilt
Und sendet in die Welt ihre glühende Liebe!
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Sie spricht nur dies: Ich fall dir zu Füßen,


O mein Herr und mein Gott, mein König,
Schaust du mich nicht an in Gnade,
So verbrennt der Südwind meine Glieder.
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Sollen diese Verse Josef Maria Mayers


Noch der Nachwelt im Herzen tönen,
So lest sie als die Worte Marias,
Die Worte der schmachtenden Magdalena.
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Wie der Libanonwald erscheint ihr Zelt,


Wie ein Fischernetz der Freundinnen Schwarm,
Die Glut der Seufzer Magdalenas
Erscheint wie ein Waldbrand im Sommer.
O Jesus, seit du Magdalena so fehlst,
Ist sie ganz zur verzärtelten Gazelle geworden.
Und Eros gibt sich ihr als ein seliger Tod
Und kommt zu ihr wie ein schwarzer Panther!

NEUNTER GESANG

Auf ihrem Busen die Perlenschnur


Fühlt die sich verzehrende Christin als Last,
Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Salböl von Myrrhe, sonst erquickend,


Erscheint ihr wie Gift in die Poren zu dringen,
Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Unbeschreiblich, wie die Seufzer wüten!


Wie vom Wein des Wahnsinns ist sie betört!
Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Tautropfen streut sie wie Samen aus,


Tautropfen von den Narzissenblüten,
Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Den Kopf stützt sie traurig auf die Hand,


Ihr Kopf ist Neumond in dunkler Nacht,
Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Sie weidet die Augen am grünen Bett des Gartens


Und meint, es wäre ein Ganzbrandopferaltar,
Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Herr, Herr, so flüstert sie voll Sehnsucht,


Als sei die Trennung ein Liebestod,
Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!
Dies Lied von Josef Maria Mayer erfreu dich
Und erfreue die durchbohrten Füße Christi!
O Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Es sträuben sich ihr die Härchen im Nacken,


Sie stöhnt, sie faselt Unsinn, sie zittert,
Sie ist bang in der Nacht und liegt am Boden,
Sie ist tot wie vom Fieber des Eros,
Und nur der Blutwein Christi könnte sie stärken,
Wenn du, o Jahwe-Rapha, du göttlicher Arzt,
Dich erbarmtest, sonst ist kein Retter da!

O Gott, du Arzt, o heile die Liebeskranke,


Heile sie durch deines Fleisches Vereinigung!
Maria von Bethanien, wenn du sie nicht erlöst,
Herr, so bist du hart wie ein Donnerhammer!

Krank von des heillosen Eros Fieber,


Schon lange wecken die Violen ihre Schmerzen,
Sie ruft deinen mystischen Körper, o Christus,
Bräutigam ihrer Seele, den allein sie liebt,
Sie sieht dich mit den Augen ihrer Seele,
Obgleich sie fast zu Tode erschöpft ist.

Die Trennung kann sie nicht ertragen,


Ein einziger Blick hat sie gebrochen,
Jetzt seufzt sie, sieht sie die Violen blühen,
Jetzt jammert sie in tödlicher Einsamkeit!

Jesus hielt den Schirm und Schutz


Über die Herde seiner Schäfchen,
Seine Freundinnen küssten ihn alle,
Die roten Lippen, rot wie Granatapfelwein,
Die roten Lippen küssten den göttlichen Freund.
Jesus ist der fleischgewordene Satansüberwinder,
Möge sein göttlicher Finger euch Freuden bereiten!

Jesus spricht: Ich bleibe


Im Garten Gethsemane!
Ich sende dich, Susanna,
Zu meiner Freundin Magdalena,
Führe sie zu mir! –
Und Susanna sprach zur Freundin Maria:

ZEHNTER GESANG
Regt sich der Südwind,
Trägt er Jesu glühende Sehnsucht,
Es blühen die Rosen im Garten,
Doch Jesus ist verlassen und zerschlagen!
Weil du ihm fern bist, o Freundin,
Liegt liebeskrank der Dorngekrönte!

Bescheint ihn des Mondes dunkles Licht,


Erlebt er die Todesstunde!
Ihn trifft der Liebespfeil,
Seine offene Wunde blutet!
Weil du ihm fern bist, o Freundin,
Liegt liebeskrank der Dorngekrönte!

Summen die Honigbienen,


Lauscht er ihrem Summen,
Sein Herz ist einsam!
Er bleibt erwählt den Leiden!
Weil du ihm fern bist, o Freundin,
Liegt liebeskrank der Dorngekrönte!

Ruht er im Garten Gethsemane,


Verlässt er die Davidsburg,
Muss er sich wälzen im Staub,
Oft seufzt er deinen Namen.
Weil du ihm fern bist, o Freundin,
Liegt liebeskrank der Dorngekrönte!

Es spricht der Dichter Josef Maria Mayer


Von den tödlichen Schmerzen der Trennung.
Möge Jesu Herz, von Leiden durchbohrt,
Auferstehen in göttlicher Freude!
Weil du ihm fern bist, o Freundin,
Liegt liebeskrank der Dorngekrönte!

Magdalena, mit dem König der Liebe


Lebtest du sonst in Vereinigung!
Im Garten Gethsemane denkt nun
Jesus an dich in der dunklen Nacht!
Er lallt die Gebetsschnur für dich
Und wünscht sich von den Bechern
Deiner üppigen Brüste, den Wein der Liebe
Und der Vereinigung Lust zu trinken!

ELFTER GESANG

Ewige Liebe zu verschenken,


Zog Jesus nach Jerusalem.
O Magdalena mit dem breiten Becken,
Vereinige dich mit dem Bräutigam!
Die Engel zu Geführten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Christus, deinen Namen trägt die Christin,


Jesus, der du die Flöte bläst,
Den Corpus Christi betet sie an
Und liebt noch den Schatten deines Leibes.
Die Engel zu Gefährten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Es rauschen die Flügel, es rauscht das Laub,


Jesus sehnt sich nach dir, Geliebte!
Er bereitet schon das Bett der Vereinigung
Und schaut, ob du zu ihm kommst.
Die Engel zu Gefährten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Löse die silbernen Kettchen von den Füßen,


Die silbernen Kettchen mit den silbernen Glöckchen,
Freundin, steige den Karmel hinan
Und umarme Jesus im Purpurmantel!
Die Engel zu Gefährten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Du ruhst an Jesu Herzen, Freundin,


Die Perlenschnur zwischen deinen Brüsten,
Maria, schön wie ein goldener Engel
Sollst du strahlen in der Umarmung!
Die Engel zu Gefährten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Den nackten Arm aus dem Kleid erhebe


Und schling ihn Jesus um den Hals
Und mit der Augen glühenden Narzissen
Schaue voll Liebe zu deinem Schatz!
Die Engel zu Gefährten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Der Herr ist unermesslich groß,


Die dunkle Nacht ging dem Ende entgegen.
Folge meiner Unterweisung, Freundin,
Und tröste Jesus, der dürstet nach Liebe!
Die Engel zu Gefährten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.
Josef Maria Mayers freie Verse
Preisen den Herrn mit großer Freude.
Werft euch nieder vor den Füßen des Herrn,
Der euch alle Gnaden geschenkt!
Die Engel zu Gefährten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Seufzer fließen von Jesu Lippen,


Voller Hoffnung schaut er in die Zukunft,
Bald birgt er sich in der dunklen Nacht,
Bald schweigt er in ruhender Stille,
Bald bereitet er das Bett der Hochzeit,
Bald blickt er voller Schmerzen sich um,
Von glühender Sehnsucht überwunden,
Windet sich dein Bräutigam dort im Staub!

Die Zeit, da du dich ihm verwehrt,


Die Zeit verging wie ein Sonnenuntergang.
Wie das Liebesverlangen in Jesu Herzen
Ward unermesslich tief die dunkle Nacht.
Wie der Singschwäne tödliches Lied,
So singe ich dir, Maria Magdalena:
Rasch, schöne Närrin, eile zum Freund,
Es ist die Stunde des Liebestreffens gekommen.

Wenn Jesus und Magdalena sich herzen,


Wenn sie tauschen den Kuss der Liebe,
Wenn der göttliche Eros aufgewacht ist
Und sie werden verrückt vor Liebe,
Wenn sie schließlich sich vereinigen liebend,
Die sich an dem Wort erkannten, die beiden,
Was blüht dem Bräutigam da für Wonne
In der dunklen Nacht, vermischt mit Schmerzen!

Ängstlich zitternd bist du gekommen,


Die Augen geheftet auf den engen Weg,
Bei jeder Zypresse bliebst du stehen,
Langsam setztest du Schritt vor Schritt,
Du bist genaht mit allen deinen Nöten,
Der göttliche Eros glühte auf deinen Wangen,
O schöne Geliebte, so schaut dich Jesus,
So krönt sich Jesus mit ewiger Wonne!

Der als Schmetterling gesogen


An Marias Rosenmund,
Der in der Dreifaltigkeit thront
Als Menschensohn aus Saphir,
Der dem ewigen Tod ein Ende setzte,
Der allen seinen Jüngerinnen
Die Seele beseligt in der Gnadenzeit,
Satans göttlicher Überwinder
Sei dir gnädig, Evas Tochter!

Als Susanna im Brautgemach


Die verliebte Magdalena sah,
Sprach Susanna zu Jesus Christus
Von der sehnsuchtsgequälten Freundin.

ZWÖLFTER GESANG

Sie blickt sich in alle Himmelsrichtungen um


Und sieht dich in ihrem Geist,
Wie den Honig du aus der Rose saugst
Ihrer rosenroten Lippen.
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Sie möchte gerne zu dir gehen


Und alles drängt sie zu dir,
Aber sie ist zu schwach zum Gehen,
Die Füße versagen ihr den Dienst.
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Sie umarmt sich selbst mit den Armen,


Mit ihren weißen Lilienarmen,
Sie lebt nur noch von Wahngedanken,
Wie ihr früher glücklich zusammen wart.
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Manchmal, wenn sie daran denkt,


Wie sie sich für Jesus schön gemacht,
Denkt sie gar in ihrem Wahnsinn:
Ich bin selbst der gekreuzigte Christus!
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Warum, denkt sie, hat Jesus mich verlassen?


Warum kommt er nicht zum Liebestreffen?
So klagt sie ihrer Freundin ohne Ende
Die Leiden ihrer trostlosen Gottverlassenheit.
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Jetzt stöhnt sie: Der Herr ist da!


Und sie umarmt die dunkle Nacht
Mit ihren schneeweißen Lilienarmen
Wie eine gewitterschwangere Wolke.
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Wenn du nicht zu ihr kommst, Jesus,


Dann verliert sie alle ihre Scham
Und stammelt Worte des Wahnsinns
Und weint, wenn sie dir das Lager bereitet.
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Josef Maria Mayer ersann dies Lied,


Es möge euch Trost und Freude bringen.
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Ihre Härchen auf den Armen sträuben sich,


Ein Seufzer jagt den nächsten Seufzer,
Wie Quellen sind ihre Augen voll Tränen
Und es steigen die Schluchzer in ihr Gebet.
O Jesus, an dir ernährt sie ihre Sehnsucht
Und in Fluten der Trauer versinkt
Maria Magdalena, Judäas Gazelle.

Wieder und wieder schmückt sie sich,


Und regt ein Windhauch nur ein Eichenblatt,
So denkt sie: Er ist es, er kommt!
Dann sitzt sie lang und denkt nach.
Sie ordnet Schmuck und Schminke
Und ordnet immer wieder das Bett
Und denkt an alle Gedichte des Wahnsinns,
Die schöne Maria Magdalena,
Und keine Nacht der Seele lebt sie ohne Jesus.

Aber Petrus spricht: Wo bist du, Herr,


Da Magdalena auf dich wartet
In den Schlangenlocken ihrer Mähne,
Sie wartet unterm Feigenbaum auf dich,
Mein Freund und mein Bruder Jesus Christus,
Geh doch nach Magdala in Galiläa!
So sprach Simon Petrus zu Jesus Christus
Und Jesus bereitete sich schon darauf vor,
Die schöne Maria zu grüßen und zu segnen.

Der keusche Mond, als träfe ihn die Sünde


Unkeuscher Frauen, zeigend seine Pracht,
Mit Strahlen scheint auf den Libanonwald,
Das Monden-Antlitz der Himmelskönigin.
Es nahte schon der himmlische Stier,
Doch fern blieb Jesus seiner Freundin,
Die Gekränkte ließ ein irres Lachen hören
Und stöhnte vor quälerischer Sehnsucht.

DREIZEHNTER GESANG

Die Stunde des Liebestreffens ist da,


Doch Jesus kam nicht zum Libanonwald.
Ist meiner Jungfräulichkeit Blüte
Mir abhanden gekommen, Herr?
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Bei Nacht bin ich durch den Wald gewandert,


Mich in der Nacht mit Jesus zu vereinigen,
Aber statt dessen trafen mich Pfeile
Und durchbohrten mir das Herz in der Brust!
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Ach, ich wäre lieber tot und im Himmel,


Nachdem ich hier vergebens Liebe gesucht!
Warum muss ich diese Trennung erleiden
Und warum wurde meine Vernunft verrückt?
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Ach, Verdruss nur bringt mir der Frühling,


Vergeblich leuchtet mir die süße Sonne,
Ob wohl eine andere Jüngerin
Jesus genießt mit lachender Freude?
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Weinen kann ich nur über die Kleider


Und den schönen Schmuck und die Schminke,
Ich entbehre Jesus, das muss ich leiden,
Und täte gern so vieles ihm zuliebe!
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Zart wie Violen ward mein Körper


Und wie die schmerzenden Pfeile des Eros
Stechen mich die Dornen des Rosenkranzes.
Ist denn Gottes Liebe ungleich verteilt?
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Hier im dunklen Walde will ich bleiben,


Ich zähle die Zweige im Walde nicht.
Mag sich der Satanüberwinder
Denn gar nicht mehr an mich erinnern?
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Dies Gedicht ist von Josef Maria Mayer,


Er liegt seiner Zuflucht Jesus zu Füßen.
O Jesus, wohne im Herzen der Freundin
Und schmiege dich dicht an die Frau!
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Lief Jesus einer liebenden Christin in den Arm?


Ob ihn mit geschickten Redekünsten
Seine Brüder und Freunde fesselten gar?
Verirrte sich Jesus in der dunklen Nacht?
Ist der Geliebte krank vor Liebe
Und zu schwach, den Weg zu gehen zu ihr,
Dass nicht einmal ein Ton seiner Flöte
Zu ihr gedrungen in den Libanonwald?

Als Magdalena sah, wie Susanna


Ohne Jesus Christus wieder zu ihr kam,
Schwieg Magdalena vor Verzweiflung.
Ach, liebt denn Jesus andre Frauen mehr
Und vergnügt sich mit einer andern Frau?
So sprach Maria Magdalena voll Eifersucht:

VIERZEHNTER GESANG

In prangendem Liebreiz,
Wie es ihrer Sehnsucht entspricht,
Sterne streuend
Aus ihrer blonden Lockenmähne,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

Von der Umarmung Christi


In wallender Wollust,
Ihre Perlenschnüre tanzen
Auf den Bechern ihrer Brüste,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

Von goldener Lockenmähne


Die Antlitz-Sonne umflossen,
Von der Macht seines Weines
Und seinen Küssen berauscht,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!
An ihren Muschelohren
Hängen die silbernen Ohrringe glänzend,
Mit strahlendem Liebreizgürtel
Gegürtet ist ihre schlanke Hüfte,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

Unter den Blicken des Geliebten


Mit strahlendem Lachen steht sie,
Sie girrt wie eine Turteltaube
Und flötet wie eine Nachtigall,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

Ihre Nackenhärchen sträuben sich,


Ihr Wonnekörper bebt,
Die strahlenden Augen sind offen,
Sie ist erblüht in Wollust,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

Von Schweißtropfen perlen


Ihre lilienweißen Glieder,
In großer Liebe fällt sie
An Jesu heiliges Herz,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

In diesem Gedicht von Josef Maria Mayer


Wird besungen in der Gnadenzeit
Christi Vereinigung mit der Seele,
Die durch Schmerzen geläutert wird,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

Blass vor Sehnsucht


Ist Jesu heiliges Antlitz,
Es strahlt wie der Mond,
Der lilienweiße Vollmond,
Der Herr erleichtert sich ein wenig
Seiner quälenden Schmerzen
Und breitet sein heiliges Antlitz
Über das liebende Herz der Freundin,
Das erfüllt ist von göttlichem Eros
Und vom Kreuz der heiligen Liebe!

FÜNFZEHNTER GESANG

Im liebeglühenden Antlitz
Der Liebenden mit den Lippen,
Die lachend Küsse verlangen,
Ein Schönheitsmal
Trägt sie auf ihrer Brust.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!

Ihre sonnengoldenen langen Locken,


Er spielt mit den Locken,
Die umfließen das lachende Antlitz,
Er schmückt ihr Haar mit Hennablüten,
Sie ist schön wie die Antilope
Im Wildpark des Vielgeliebten.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!

Perlenschnüre der Gebete


Hängt Jesus zwischen ihre Brüste,
Die von Milch strotzenden Brüste,
Unterm Sternbild ihrer Brüste
Ruht Jesus wie unterm Vollmond.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!

Auf die nackten weichen Arme,


Die schneeweißen Lilienarme,
Legt Jesus goldene Spangen,
Golden wie Honig der Bienen.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!

Im Freudenhaus der Wonne,


Beim Schwenken der Hüften,
Beim weißen Thron des Eros,
Gürtet Jesus die Geliebte
Mit dem zaubernden Liebreizgürtel
Und führt sie in seine Wohnung.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!

Die tanzenden Füße der Schönen


Sind mit Henna rot gefärbt,
Sie ruht an Jesu heiligem Herzen,
Während er vor Liebeskummer
Seine Wunden bluten lässt.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!
Beglückt ist der Menschensohn,
Der Freund und Bruder des Hirten,
Er beglückt die Geliebte,
Die Schöne mit den Gazellenaugen.
O Magdalena, warum
Wartest du vergeblich
Im Libanonwald auf Jesus?
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!

In geistreichen Versen,
Den Herrn zu preisen,
In des Meisters Diensten
Spricht Josef Maria Mayer,
In der großen Gnadenzeit
Der göttlichen Barmherzigkeit
Ist er ein Muster jüngeren Dichtern.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!

O Magdalena, lässt dich Jesus allein,


Was betrübst du dich, schöne Seele?
Jesus vergnügt sich mit anderen Frauen,
Aber geschieht dir etwa Unrecht?
Siehe, um mit dem Bräutigam eins zu werden,
Von des Geliebten Schönheit hingerissen,
Von der Schwermut der Sehnsucht gequält,
Verliert Maria Magdalena den Verstand!

SECHZEHNTER GESANG

Ihre Augen wie Lotos-Nymphäa,


Ihre beiden lachenden Augen!
Sie muss im grünen Frühlingsbett
Kein Leiden der Liebe leiden!
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

Ihre purpurnen Lippen,


Die feucht sich scheiden!
Von Eros glühendem Pfeil
Wird ihr das Herz durchbohrt!
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

Honigsüße Töne flötet sie


Und Segensworte singt sie!
Sie fiebert vom Liebesfieber
Im Südwind aus dem Südland!
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

Ihre tanzenden Füße,


Weiße Lilien erblassen vor Neid!
Der Mond strahlt in der Nacht
Und sie wacht vor Liebe!
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

Das Glänzen des lichten Mondes


Erhellt die dunkle Nacht.
Keinen Verlust erleidet sie,
Kein Schmerz wühlt in ihren Eingeweiden.
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

Ihr leichtes seidiges Kleidchen


Schimmert wie Gold vom Stein der Weisen.
Lachend sieht sie die anderen Frauen
Ohne Neid und Eifersucht.
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

Jesus, dem kein Jüngling vergleichbar,


Kein Mann ist vergleichbar dem Herrn,
Er lässt Salome nicht leiden,
Sondern erbarmt sich der Geliebten.
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

Diese Verse Josef Maria Mayers


Sollen Engel dem Messias singen!
Möge Jesus einkehren sanft
In das Herz seiner Freundin!
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

O du göttlicher Seligmacher,
O du duftender Gummi-Wind,
Blase in den Garten, Südwind,
Weiche, frostiger Nordwind,
Atem Gottes, wehe den Messias herbei!
Ich bin atemlos vor Bewunderung!

Magdalena aber fühlt


Der Freundinnen Nähe
Wie einen Erzrivalen.
Wie ein tödlicher Pfeil
Fühlt sich der Schnee
Vom Hermongebirge an.
Der milde Strahl des Mondes
Scheint Gift einer Hexe zu sein.
Magdalenas Herz brennt
Gewaltig für Jesu Herz!
Magdalena mit den Gazellenaugen,
Dich bändigt und überwältigt
Der unbändige göttliche Eros!

Wirf Magdalena zu Boden,


Du heißer Wind aus der Wüste!
Eros, Eros, nimm ihr den Atem!
Zu Hause will sie nicht mehr bleiben.
O Schwester Todin, was soll dein Erbarmen?
Gott, nimm mir aus meinem Fleisch
Die verzehrende Glut der Leidenschaft!

Den Purpurmantel umgeworfen,


Sieht Jesus in der Morgenröte
Maria Magdalena zittern,
Während die Freundinnen tanzen,
Jesus schaut aus seinen Taubenaugen
Zärtlich auf Maria Magdalena,
Süßes Lächeln um die Lippen.
Sei der ganzen Menschheit zur Wonne,
Jesus Christus, Mutter Marias Sohn!

Magdalena ist durch die Nacht gegangen


Und ist erschüttert von Eros’ Pfeilgeschossen
Und in der Morgenröte spricht sie zu Jesus,
Der voller Versöhnung vor Magdalena kniet,
Und redet zu Jesus eifersüchtige Worte:

SIEBZEHNTER GESANG

Von der durchwachten Nacht glühend,


Von Liebesleidenschaft glänzend,
Glüht dein Auge von genossener Liebe,
Getaucht in das Meer der lustvollen Liebe.
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

Dein Mund hat die grünen Augen geküsst,


Die grünen Augen mit goldener Wimpernschminke,
Deine weißen Zähne, o Christus,
Gleichen deinem Leib, der weiß wie Brot ist.
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

Nach dem Treffen im Geist des Eros


Trägt dein Leib noch die Spuren der Nägel,
Wie in Jaspis geprägt die Inschrift
Und die Bundesurkunde göttlicher Liebe.
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

Hier ist dein blutrotes Herz,


Bemalt mit dem Henna ihrer Zehen,
Alles ist offenbar, wie du genossen
Den Feigenbaum der Liebesumarmung.
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

In deinen Lippen die Spuren der Bisse,


Das brennt in meinen Eingeweiden!
Kann ich jetzt deinen Leib, so weiß wie Brot,
Kann ich jetzt noch deinen Leib genießen?
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

Dein Leib ist wie weißes Brot


Und wie Brot ist auch dein Wort.
Warum verlässt du deine Freundin,
Die von Eros’ Pfeil gequält wird?
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

Warum schweifst du durch die dunkle Nacht,


Um Frauen zu verschlingen wie Brot?
Hast du nicht schon als göttlicher Knabe
Mit deinen Freunden spöttisch gespielt?
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

Dies ist das Lied von Josef Maria Mayer


Über das gedankenlose Plaudern der Frauen,
Die enttäuscht und verbittert sind von der Liebe.
Gott, so höre du die klagenden Frauen!
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

Seh ich die Glut deiner Sehnsucht von dir fließen,


Gemischt mit dem Hennarot der Zehen der Freundin,
Warum brachest du die Bundestreue, Herr?
Spielst du mit dem Glück wie mit dem Schicksal?
Dein Antlitz zu sehen, macht mir Kummer,
Aber schließlich schäm ich mich meiner Tränen.

Jesus bewegt sein göttliches Haupt


Und pflückt vom Magnolienbaume Blüten,
Für Magdalena mit den Gazellenaugen
Ist das ein Zauber erneuerter Liebe,
Jesus, der sieben Dämonen aus ihr austrieb,
Jesus segne Magdalena mit seiner Flöte!

Zur betäubten Magdalena,


Zur freudeberaubten, verzweifelten Frau,
Von Jesus Christus enttäuschten,
Von ihm scheidenden Magdalena
Spricht die Freundin Susanna dies:

ACHTZEHNTER GESANG

Der Herr kommt im Frühling


Mit dem süßen Frühlingswind.
Was willst du schönere Freude
In deinem Hause finden?
Bittere, lass den Groll
Und verschmähe nicht Jesus voll Stolz!

Schwerer als Granatäpfel,


Von süßem Safte feucht,
Was lässt du unfruchtbar sein
Die Becher deiner Brüste?
Bittere, lass den Groll
Und verschmähe nicht Jesus voll Stolz!

Wie oft vernahmst du nicht den Vers,


Den wunderschön klingenden Vers:
Bleibe nicht fern vom Herrn,
Öffne dem Herrn dein Herz!
Bittere, lass den Groll
Und verschmähe nicht Jesus voll Stolz!

Warum heulst du so verzweifelt


Und bist den Schmerzen verfallen?
Nur spotten werden über dich
Die andern Christinnen alle.
Bittere, lass den Groll
Und verschmähe nicht Jesus voll Stolz!

Auf deinem Bett erblicke,


Auf dem die Violenblüten liegen,
Den Herrn und lass seine Augen
Deine reifen Feigen pflücken!
Bittere, lass den Groll
Und verschmähe nicht Jesus voll Stolz!

Was lässt du in deinen Gedanken


Die bittere Seelenwunde bluten?
Was lässt du den schweren Gram
Dir deine Seele umnachten?
Bittere, lass den Groll
Und verschmähe nicht Jesus voll Stolz!

In Josef Maria Mayers Gedicht,


Das so überaus schön geraten ist,
Sollen geistreiche Leser lesen
Von den Wunderwerken des Herrn.
Bittere, lass den Groll
Und verschmähe nicht Jesus voll Stolz!

Bist du grob, wo Jesus sanft ist,


Bist du stolz, wo Jesus demütig ist,
Setzt du seiner glühenden Liebe
Nur kalte Gleichgültigkeit entgegen,
Entziehst dich seinem Auge,
Wenn Jesus dich liebevoll anschaut,
Dann geschieht dir recht
In deinem verkehrten Sinn,
Dass dir das Nardenöl
Als Gift in die Poren dringt
Und dass das keusche Mondlicht
Dir wie verzehrende Glut erscheint
Und dass der Schnee vom Hermon
Dir wie ein Opferfeuer erscheint
Und dass der heitere Scherz der Liebe
Dich quält wie Pein des Todes!

Der Herr, dem die Pilger huldigen huldvoll,


Er neigt seine Stirn mit dem Dornenkranz,
Er ist süß wie Bienenhonig
Und ist verschwenderisch mit Gaben
Und ist blendend wie die Sonne!
Lobpreis den durchbohrten Füßen Jesu!
Dass der Tod und der Teufel besiegt sind,
Verkündet das Evangelium!

*
Zorn erfüllte die arme Magdalena,
Der Seufzer müde war ihr Mund.
Der Freundin mit den Rosenlippen nahend,
Die schamhaft zu Susanna schaute,
Mit liebesstammelnder Rede sprach
Am Ende des Tages Jesus zu Magdalena:

NEUNZEHNTER GESANG

Sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund!


Nimm von den Elfenbeinzähnen den Grimm!
Möge der Rotwein deiner Rosenlippen
Die Seele deines Freundes berauschen!
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Bist du denn wirklich böse auf mich?


Nägel sollen durch Hände und Füße mir dringen!
Umarme mich mit deinen Lilienarmen,
Rechtfertigung soll aus meiner Sehnsucht entspringen!
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Du bist doch mein goldenes Schmuckstück,


Du bist die Seele meiner Seele,
Du bist der Schatz im Acker meines Lebens,
Dich begehre ich selbst noch am Kreuz!
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Wie grüne Jade leuchten deine Augen,


Schlank bist du wie eine Palme von Tamar,
Lässt du von Liebesschmerz Jesu Herz bluten,
Wird er es freudig für dich erleiden!
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Deine Brüste sind breite Becher,


Es tanzen dazwischen die Perlenschnüre,
Es schimmert um deine Lenden der Liebreizgürtel,
Die Gebote des göttlichen Eros verkündend.
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Wie Lotossprossen sind deine Füße,


Die erhöht sind auf der Bühne des Tanzes,
Zu süßen Tönen tanzen deine Füße,
Ich will dir die Zehen röten mit Henna.
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Die verzehrende Glut der Leidenschaft zu löschen,


Leg mir auf die Schultern deine Füße,
Glühen sollst du von Liebesfieber,
Ich will dir die Wunde deiner Seele heilen!
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Es wirbt um dich der Teufelsüberwinder,


Es wendet sich Gottes Wort an Magdalena.
Es siege im Sänger-Wettstreit Josef Maria Mayer,
Allen frommen Frauen Seligkeit kündend!
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Gequälte Seele, lass ab vom Zweifel!


Immer seh ich vor mir deine schwellenden Brüste
Und deine schlanke Hüfte seh ich im Traum,
Keine andre ist für mich so schön wie du,
Selig herrscht in meinem heiligen Herzen
Der göttliche Eros allein, der Gott der Liebe!
Neige dich zu mir, du schöne Frau,
Der Anfang unsrer Umarmung gewähre
Volle Erfüllung aller unserer Hoffnung!

Süßes Mädchen, gönne doch dem Herrn


Die Bisse deiner Elfenbeinzähne!
Lass Armlianen mich fesseln!
Lass Brüste mich wie Sterne überwölben!
Erhöhe, feurige Frau, die Wollust noch
Und lass von des schrecklichen Eros Speer
Alle meine fünf Wunden bluten!

Du sonniges Antlitz! Wie fein deine Brauen!


Du betörst das Denken des sehenden Mannes,
Die du bist schillernd wie eine bunte Schlange,
Und um die Furcht vor der Schlange zu bannen,
Bleibt dem Jüngling Jesus nur der Zauber,
Den der Rotwein deiner Rosenlippen spendet.

Ach, mich verzehrt dein Schweigen, du Schöne,


Lass doch deine Liebeslieder wieder tönen,
Du Schlanke, mit süßem seufzendem Schmachten!
Mit lachenden Blicken deiner heiteren Liebe
Die verzehrende Glut der Leidenschaft lösche!
Du mit dem schönen Antlitz, wende dein Antlitz nicht ab
Und tröste mich wieder nach meiner Passion!
Du verliebtes Mädchen, hier bin ich, dein Bräutigam!

Wie Zwillingsblüten einer roten Rose


Sind deine feuchten schimmernden Lippen!
Rötlich von Liebesfieber glüht deine Wange!
Wie grüne Jade des Himmels leuchten deine Augen!
Deine Nase ist wie ein Elfenbeinturm!
Deine weißen Zähne lachen wie Jasmin!
Über deinem Antlitz ist Eros ausgegossen,
Eros, der die Sonnen und Sterne lenkt!

Deine Blicke sind trunken von Glück!


Dein Antlitz leuchtet heller als die Sonne!
Dein Tanz betört die jungen Männer alle!
Deine Schenkel sind gebogne Juwelenspangen!
Deine Wollust ist deine große Kunst!
Deine Brauen sind feine gebogne Linien!
Ach, du bist jung wie die Engel im Himmel!
Schlanke Schönheit, du mein Himmel auf Erden!

Spenden möge euch Jesus ewiges Glück,


Der im Kampf den Drachen getötet!
Das Schillern der satanischen Schlange
Erinnerte Jesus an Magdalenas Schillern,
Als er Blutschweiß schwitzte im Garten,
Die Augen schloss für einen Augenblick,
Da scholl schon der Ruf im Ostergarten:
Triumph, Triumph des göttlichen Eros!

Da er lange von Versöhnung gepredigt


Der Schönen mit den Gazellenaugen,
In seiner Schönheit ging der Menschensohn
Zum grünen Bett im grünen Garten,
Ging zur glänzenden Freundin,
Ging zu ihr in der Dämmerungsstunde.
Magdalena war nicht mehr bitter.
Zu ihr sprach die Freundin Susanna:

ZWANZIGSTER GESANG

Der dir das göttliche Wort zugewandt,


Der dir die staubigen Füße wäscht,
Der eben ins grüne Bett des Gartens sich legte,
Da die Osterglocken läuten,
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Wie schwer sind doch deine üppigen Brüste,


Wie schlank ist doch deine Hüfte!
Mit silbernen klingelnden Kettchen am Knöchel
Tanze zum Lied des sterbenden Schwanes!
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Höre den zärtlichen Ruf des Teufelsfeindes,


Alle zärtlichen Seelen lieben sein Wort!
Es flogen die Pfeile des Eros,
Da schwärmt die Nachtigall von der Rose.
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Wie Blätter von grünen Bäumen


Sind deine lichten Finger der Hand.
Zeit ists zum Aufbruch, Mädchen,
Wandle mit deinen schlanken Schenkeln!
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Als ob dir zuflüstert Eros:


Den Herrn umarme mit Liebe!
O welchen süßen Rauschtrank trägst du
Doch in den Bechern deiner üppigen Brüste!
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Die Jüngerinnen sehen Jesus kommen,


Dein Leib ist zur Liebe bereit,
Feurige Frau, du schäm dich nicht vor ihm,
Lass klingeln die Schellen deines Liebreizgürtels!
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Tänzelnd gestützt auf Johanna,


Mit deinen rotlackierten Fingernägeln,
Geh zum Herrn und gib dich ihm hin!
Deine göttliche Tugend der Liebe wird gepriesen.
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Josef Maria Mayer singt dies Lied,


Der die Gebete der Perlenschnur schätzt,
Diese Verse sollen tönen in den Kehlen
Frommer Frauen, die Christus lieben!
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!
Jesus sagt: Sie wird mich schauen,
Worte der Liebe wird sie lallen,
In meinen Armen wird sie ruhen.
Freundin, Jesus schaut nach dir,
Es sträuben sich ihm die Härchen im Nacken,
Er fühlt Liebe und schwitzt im Fieber,
Er geht dir entgegen mit glühender Sehnsucht,
Er sinkt in Ohnmacht in der dunklen Nacht,
Er kommt! Er kommt! Der Bräutigam kommt!

Wimperntusche auf die Wimpern legend,


An die Ohren hängt er dir Mondstein,
Hennablumen schmücken deine Mähne,
Auf deiner Brust sieht er das Schönheitsmal,
O all ihr lieben Jüngerinnen Jesu,
So eilt der Herr zu Magdalena,
Die Mutter Nacht breitet ihren Mantel
Um alle Mädchen mit schönen Augen.

Von goldenen Körpern fortgegangen,


Bedeckt er mit Blüten des Jasmin
Die Nacht, die wie ein Probstein ist,
An dem sich erweist die Reinheit des Goldes.

Von der weißen Perlenschnur beleuchtet


Und vom glitzernden Liebreizgürtel
Und von den goldenen Spangen der Arme,
Ist erleuchtet das grüne Bett des Gartens.
Durch die Pforte tritt Jesus ein
Und zur schamroten Magdalena
Spricht die Busenfreundin Susanna:

EINUNDZWANZIGSTER GESANG

Dort, wo die schöne Liebe thront,


In dem grünen Garten der Liebe,
Magdalena, tritt ein bei Jesus,
Schwelge, du Wonneweib,
Mit lustvoll lachendem Mund!

Dort in dem kostbaren Bett


Aus Zedern und Zypressen,
Magdalena, tritt ein bei Jesus,
Schwelge, die Becher deiner Brüste
Umgeben von frommer Perlenschnur!

Dort in des Brautgemaches


Lustschloss aus transparentem Jaspis,
Magdalena, tritt ein bei Jesus,
Schwelge, du mit dem lilien-
Weißen Leibe aus Licht und Schönheit!
Dort, wo der Südwind der Wüste
Blühen lässt die Apfelbäume,
Magdalena, tritt ein bei Jesus,
Schwelge, du von dem Honigpfeil
Des göttlichen Eros Getroffne!

Dort, wo die schweren Zweige der Reben


Voll sind von saftigen Trauben,
Magdalena, tritt ein bei Jesus,
Schwelge, du mit dem breiten Becken
Und dem kunstvollen Bauchtanz!

Dort, wo trunken von Honig


Goldene Bienen selig summen,
Magdalena, tritt ein bei Jesus,
Schwelge, du vom Honigpfeil
Des göttlichen Eros geöffnetes Herz!

Dort, wo wie Flötenspiel ertönt


Das Schmelzen der Nachtigallen,
Magdalena, tritt ein bei Jesus,
Schwelge, du mit dem Elfenbein
Der Perlenschnur deiner weißen Zähne!

Dort, wo sich die Schmetterlinge sammeln,


Die Glück im Kelch der Narzissen fanden,
O Teufelsfeind, spende den Segen,
Spricht Josef Maria Mayer, Dichter
Aus dem Dichterlande des Dichterfürsten.

Lange trägt Jesus dich schon im Herzen,


Er, vom Feuer der Liebe getrieben,
Ganz beherrscht vom Gott der Liebe,
Trinken will er von den roten Lippen,
Roten Lippen, getaucht in Rotwein!
Auf seinem Schoß genieße die Stunde!
Er wäscht dir deine lilienweißen Füße,
Ein Sklave, gekauft für den Preis
Einer deiner langen seidigen Wimpern!
Warum fürchtest du dich also vor Jesus?

Maria Magdalena, voll Wollust und Wonne,


Die Augen geöffnet zum Antlitz Christi,
Klingelnd die Kettchen der Knöchel der Füße,
So tritt sie ein in das Brautgemach.

ZWEIUNDZWANZIGSTER GESANG

Bei Magdalenas Antlitz fühlte Jesus


Kämpfen in sich Gerechtigkeit und Erbarmen,
Der See von Genezareth war aufgewühlt,
Der Vollmond schien aufs Meer von Tiberias.
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Sein heiliges Herz war der Morgenstern,


Die Perlenschnur der Gebete trug er,
Die Quellen des Jordan strömten vom Hermon
Und das Große Meer der Liebe schwoll an!
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Um Christi brotweißen Körper


Geschlungen der königliche Purpurmantel
Wie eine Rose, den Nektarstempel
Und den Samen der Rose in sich tragend.
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Seiner Augen zärtliche Liebkosung


Weckte die Wollust in ihrer Seele.
Sie waren wie ein Enten-Ehepaar
Auf dem Teich des seligen Lenzes.
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Er berührte ihre Rosenlippen,


Ihre Ohrringe strahlten wie Sonnen,
Seine Lippen schimmerten lächelnd
Und weckten in ihrer Seele die Lust.
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Schön wie der mondbeglänzte Bauch


Der schwarzen Wolke ihre langen Haare,
Makellos ihr Antlitz wie Luna,
Auf der Stirn das Zeichen der Auserwählten.
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Jesus sträubten sich die Haare zu Berge,


So war er erfüllt von Liebesverlangen,
Schön war sein weizenweißer Leib,
Schön wie weiße transparente Jade.
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Josef Maria Mayers Kunst


Lässt doppeltschön dies Lied geraten.
Beugt euch vor dem Herrn, der euch liebt,
Der euch angespornt zu Werken der Liebe!
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Sie verdrehte ihre strahlenden Augen,


Als wollte sie ihre Muschelohren betrachten,
So dass noch lichter ihrer Augensterne glänzten,
Da entströmte der schönen Maria Magdalena
Ein Wasserfall von Freudenströmen,
Da sie mit dem Geliebten zusammen war.

Als sie den Pfosten des Bettes berührte,


Da überkam sie ein lüsternes Jucken,
Mit den Händen verbarg sie ihr Antlitz,
Als sie das heilige Antlitz Christi sah,
Betört von der Allmacht des göttlichen Eros,
Überwand die Lust der Liebe die Scham.

Mutter Marias Sohn soll euch lehren,


Langsam, langsam sich der Liebe zu öffnen!
Magdalena schloss er in die Arme
Nach der langen bitteren Trennungszeit.
O dass die üppigen Brüste Magdalenas
Nicht flachgedrückt werden von Jesus!
Und der Bräutigam spricht zu den andern:
Entfernt euch, denn ich kenne euch nicht!

Geehrt durch die herrliche Dornenkrone,


Die ihm geschenkt den Sieg über Satan,
Stellte er sich auf wie ein Kriegselefant,
Der die Tochter Zion vorm Feinde schützt.
Den blutigen Händen des Todesüberwinders
Sei der Lobpreis für ihren Sieg!

O du Schönster aller Menschensöhne!


Dein Leib ist voll der ewigen Wonne!
Magdalenas Seele ist eine Bühne,
Wo sie den mystischen Schleiertanz tanzt!
Freue dich, Jesus, an ihren üppigen Brüsten,
Jesus, der du singst wie ein sterbender Schwan
Auf den hohen Hügeln ihrer üppigen Brüste!
Jesus gewähre allen Kindern der Ewigkeit Glück!

*
Fortgegangen waren die anderen Frauen,
Magdalena war von der Last erlöst,
Von Lust durchströmt ihr Bewusstsein,
Die rosigen Lippen umspielt vom Lächeln.
Voller Freude sah Maria Magdalena
Der Herr und sprach zur Geliebten diese Worte,
Als sie die Augen senkte aufs grüne Bett:

DREIUNDZWANZIGSTER GESANG

Lege auf das grüne Bett im Garten


Deiner Füße weiße Lotossprossen,
Mögen in diesem Garten der Liebe
Deine schlanken Beine siegen!
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Mit dem fließenden Salböl meiner Hände


Wasche ich dir die Füße, Geliebte,
Lege nieder in das Bett des Gartens
Die Perlenschnüre deiner Gebete!
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Wie vom Rotwein deines Rosenmundes


Fügen sich trunken die Worte der Liebe,
Wie ich dich von der Trennung erlöste,
Will ich erlösen deine Brüste vom Brusttuch!
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Es drängt mich zur Liebesumarmung,


Der ich dich erobern wollte,
Presse deine Brüste an meinen Brustkorb
Und lösche die Glut der Leidenschaft!
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Rotwein deiner Rosenlippen schenke ein


Und belebe den toten Gottesknecht!
All meinen Geist versenk ich in dich,
Den feurig liebenden Geist des Herrn!
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Junges Mädchen mit dem schönen Antlitz,


Lass die Glöckchen deines Gürtels klingen,
Liebkose mit Worten der Liebe meine Ohren,
Die immer lauschen dem Lied der Nachtigall.
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Schau meine fünf heiligen Wunden an,


Verwundet bin ich von der Lanze der Liebe,
Schäme dich nicht, mich anzuschauen,
Den nackten Gott an seinem Kreuz!
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Dieses Lied von Josef Maria Mayer


Soll Vers für Vers den Sieger erfreuen,
Möge dies Lied in frommen Hörern
Lust an der Liebe zu Jesus vermehren!
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Was stand jetzt noch der Umarmung entgegen?


Sie liebkosten einander mit den Augen.
Von lächelnden Lippen floss das Liebesgespräch.
So begann für die beiden die Liebesbegegnung,
Die von Augenblick zu Augenblick lieblicher wurde.

Von ihren Lilienarmen umarmt,


Von ihren üppigen Brüsten gepresst,
Die Lippen zerbissen von ihren Zähnen,
Ihre Hand an seinem Haupt,
Von ihrer Küsse Rotwein berauscht,
So labte sich der Geliebte an Maria!

Im Zeichen des ewigen Gottes der Liebe


Begann der zärtliche Kampf der Liebe.
Als wollte sie Jesus in die Kniee zwingen,
Fiel Magdalena übermütig über ihn her,
Frohlockend lag der Becher ihres Beckens,
Ihre üppigen Brüste zitterten, bebten,
Die Lider senkten sich auf die Augen,
Sie erlebte die Liebe auf weibliche Art.

Von den rotlackierten Fingernägeln


Blutete Jesu Seitenwunde,
Seine Augen waren wie vom Tod geschlossen,
Ihre blutenden Lippen befeuchteten sanft
Mit dem Wein der Küsse seinen Mund,
Der Dornenkranz war ihm entsunken,
Ihr Liebreizgürtel war aufgegangen,
Liebespfeile durchbohrten Jesu Herz!

Lang floss Magdalenas Mähne hinab,


Ihre Wangen glühten rötlich von Liebesfieber,
Blutrot wie Wunden ihre feuchten Lippen,
Die üppigen Brüste wie Becher des Heils,
Ihre Perlenschnur fiel auf die Brüste,
Der Gürtel hing an ihren Lenden hinab,
Die Brüste und die Scham verbarg sie
Mit der Mähne in den schlanken Händen,
Ihr Blick war keusch und schamhaft,
Ihr Rosenkranz auf dem Haupt war zerzaust,
Bezaubernd stand Maria da,
Bezaubernd die vom Rosenkranz Gekränzte.

Langsam schloss sie die Augen,


Die leuchtenden Augen des Mädchens,
Vom Lenzwind des göttlichen Eros
War sie betört, verrückt geworden,
Ihre purpurnen Lippen schimmerten feucht,
Ihre üppigen Brüste zitterten, bebten,
Ihre Gazellenaugen schauten zärtlich,
Ihr Leib zerschmolz vor Glut der Wonne.

Zu Jesus, der Lust an Magdalena hatte,


Da ihr ermattet waren alle ihre Glieder,
Zu Jesus sprach Maria Magdalena innig,
Zu Jesus Christus, dem seligen Gott der Wonne:

VIERUNDZWANZIGSTER GESANG

Male du mit deiner gesalbten Hand


Mit Schminke mir dein Zeichen auf die Stirn,
O Gottessohn, und male dein Zeichen auf meinen Busen,
Meine Brüste sind Schwestern den Bechern des Eros!
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Süßer als Honig ist dein heiliges Salböl,


Wenn mein Bräutigam Liebespfeile schießt,
Du küsstest mit Küssen deines Mundes meine Augen,
Mein Freund, für dich erstrahlen meine Augen.
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Gib doch meinen lauschenden Muschelohren,


Die neben meinen Gazellenaugen sind,
O du Schmuck meines Lebens, o Jesus,
Gib meinen Ohren Ringe von Mondstein!
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Hier die Mähne, wie Schmetterlinge flatternd,


Diese verlockenden langen Schlangenlocken,
Flechte du sie rings um mein Mondgesicht,
Mit dem ich dich anschau, meine Sonne!
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!
Male auf meine Stirn dein Zeichen,
Salbe meine Stirn mit Narde und Myrrhe,
O du heiliges Antlitz, salbe meine Stirn,
Nachdem die Erschöpfung von mir gewichen!
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Schlinge in die schimmernde Schlangensträhnen,


Die Fahnen des glühenden Eros sind,
Um die flatternden glatten schwarzen Strähnen
Schlinge mir purpurne Hennablüten!
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Hülle um meine schlanken Hüften,


Der Weide des schönen Hirten,
Hülle um meine Hüften den Liebreizgürtel
Und das seidige Kleidchen und goldenen Schmuck!
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Jesus, neige dich zu Josef Maria Mayer


Und höre mit Wohlgefallen seine Lieder,
Der sich in der Endzeit wendet an Jesus,
An Jesu durchbohrte Hände und Füße.
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Siehe auf meiner linken Brust das Muttermal!


Siehe die rote Schminke auf meinen Wangen!
Siehe den silbern glitzernden Liebreizgürtel
Um meine schlanken Hüften, Geliebter!
Siehe die schwarzen Flechten der schweren Haare!
Siehe an meinen Lilienarmen die Reifen
Und an meinen bloßen Füßen die Silberkettchen!
So sprach Maria Magdalena zu Jesus
Und Jesus tat alles, was sie sich wünschte.

EPILOG

Was Geschicklichkeit ist in seraphischem Sang,


Was Kontemplation über die Gottheit heißt,
Was Minnesang ist und Psalmengesang,
All das verfasste Josef Maria Mayer,
Der nicht mehr selbst lebt, sondern Jesus in ihm,
Den Lobpreis des liebenden Jesus
Sollen fromme Frauen lesen.

Der von seiner Großmutter abstammt,


Paula Margarethe Johanna Mayer,
Das Lied von Josef Maria Mayer
Fülle die Kehle der kommenden Kirche!

Fruchtiger Rotwein vom Berge Karmel,


Keiner denkt mehr an den Rotwein.
Weißer Zucker von dem Zuckerrohr,
Keiner denkt mehr an den weißen Zucker.
Milch von dem prallen Euter der Kuh,
Keiner denkt mehr an die Kuhmilch.
Reife Feige von dem Feigenbaum,
Keiner denkt mehr an die reife Feige.
Der Freundin scharlachrot geschminkter Mund,
Keiner denkt mehr an der Freundin Lippen.
Alle können nur noch denken an das Lied,
Das Josef Maria Mayer für Jesus gesungen!

So am Meer von Tiberias wandelt


Maria Magdalena, ihre Perlenschnur
Fällt ihr auf den frommbezwungenen Schoß.
Nach den prächtigen Granatäpfeln ihrer Brüste
Streckt Jesus die durchbohrten Hände aus.
Der Finger Gottes schenke euch ewige Wonnen!

ACHTES BUCH
PROLOGUE

The sky is thick with clouds; the forest area is dark with the oak trees; the night frightens Christ; Oh
Magdalenee! you take him home; this is the command from the moon. But, Magdalene and Jesus
stray to the tree on the banks of river Jordan, and their secret love sport prevails.
The heart of the great poet Sir Mayer is like a mansion, beautifully decorated with the Goddess of
the Word (Sophie), who is at the feet of Jesus, composes this great work comprising of the divine
plays of the mystical artists. Mayer means “the Mother”; Sir Mayer is one who illuminates the
utmost excellence of the pastimes of the Lord Jesus Christ by his devotion.
Dear audience! If your mind is permeated by mellows of ever-fresh loving attachment while hearing
the pastimes of the Lord Lord, and if you are curious to know about his ingenuity in the amorous
arts, may you become immersed in bliss by listening to the mellifluous, tender and endearing verses
of this collection of songs by the poet Mayer.

FIRST SONG

Unto the deliverer of the Holy Scriptures, the upholder of the world of moving and stationary living
beings, the saviour of Mother Earth, the slayer of Satan, the destroyer of the demons, the conqueror
of Canaan, the wielder of the plough, the advocate of compassion and the slayer of the barbarians;
unto you who assume these ten spiritual forms, O Lord Jesus Christ! I offer my obeisance unto you.
O God! O Lord! You rest with Lady Magdalene, with your dazzling earrings and playing with your
enchanting garland of ivory! O Lord, may you be triumphant!
O God! O Lord! You are the ornament shining like a thousand suns. You sever the bondage of
material existence. You are the swan who sports in the mind’s lake of the sages’ hearts. May you be
triumphant! May you be triumphant!
O God! O Lord! You pulverize the pride of the venomous snake, Satan. You fill the hearts of your
dearest ones with endless joy. You are the sun that makes the lily of David’s dynasty bloom. May
you be triumphant! May you be triumphant!
O God! O Lord! O destroyer of the demons! O you who ride upon your transcendent eagle! You
inspire the rest of the saints’ delightful play. May you be triumphant! May you be triumphant!
O God! O Lord! Your magnificent eyes resemble the petals of an immaculate lily flower. You
bestow emancipation from the sorrow of material existence. You are the foundation of all the
worlds. May you be triumphant! May you be triumphant!
O God! O Lord! You decorate Mary in your incarnation as Lord Jesus. You restore peace to the
world by killing the nine-headed Hydra in battle. May you be triumphant! May you be triumphant!
O Emmanuel, your complexion is lustrous like a fresh rain-cloud. O holder of the Mount Zion! As a
nightingale pines for the moon, you are incessantly attached to the moonlike face of the supreme
Fortune, O Lord, O Lord! O God! May you be triumphant! May you be triumphant!
O Jesus, we have taken exclusive refuge at your lily feet. May you confer auspiciousness by
blessing us with the gift of love. O God! O Lord! May you be triumphant! May you be triumphant!
O God, may this charming, radiant and melodious invocation of auspiciousness composed by Sir
Mayer increase your happiness. May it bestow bliss upon your devotees who hear and recite your
glorious qualities. May you be triumphant! May you be triumphant!

SECOND SONG

Once, in the splendid spring season, when Magdalene was pining for Christ, she began to search for
him in one forest grove after another. Her elegant, young limbs, soft as jasmine flowers, grew weary
and Cupid made her mind delirious with anxiety. At that time, her intimate girlfriend lovingly
addressed her as follows.
The zephyr breeze is so enchanting as he arrives and impetuously embraces the tender, charming
creepers again and again. The forest bower is permeated with the sweet sound of the nightingales
and the drone of bees as they bumble to and fro.
Moreover, the Lord is also dancing in this forest bower with his virgins when the spring is in full
bloom and while being immersed in a festival of love.
The peach trees are covered with flowers. There is no vacant space left upon their branches.
Innumerable groups of bumblebees are humming upon clusters of crocus flowers. Cupid’s arrows
hurt the virgins and over there, Christ is dancing as he revels in love with other virgins.
Adorned with new leaves, the trees delight in diffusing their musk-like fragrance in all directions.
Girlfriend, look! These lustrous flowers resemble the fingernails of God Cupid. It seems that the
King of amorous love has torn the bosom of youthful couples.
Blossoming roses appear to be the golden rods of King Cupid, and the clusters of hyacinth flowers
surrounded by bumblebees appear to be his quiver.
It seems that the whole world has become shameless by the formidable influence of spring. Seeing
this, the young, compassionate trees are laughing on the pretext of bursting into flower. Look!
Shaped like javelins for piercing the hearts of lonely lovers, the screw-pine flowers are blossoming
brightly in all directions and the directions are also overjoyed to unite with them.
The nectar of spring flowers and the aroma of jasmine blossoms are enthralling. Even the minds of
great sages are agitated in springtime and they suddenly become bewildered. Spring is the selfless
friend of the young.
The apple trees in the forest groves of Galilee are covered with freshly sprouted buds because they
are thrilled by the embrace of the restless creepers. The Lord Lord is affectionately playing with
virgins in the pure water of the Jordan that flows alongside those forest groves.
This auspicious, passion-laden song has been perfectly manifested through Sir Mayer. The portrayal
of the forest in springtime is suffused with the erotic aberrations of Magdalene when she is
overwhelmed with anxiety in separation from Christ. Woven together with transformations of
passion, the spring season awakens remembrance of the lily feet of the Lord Lord.
Wind perfumes the forest with fine pollen-shaken loose from newly blossomed jasmine’s it blows
love’s fragrant breath, it tortures every heart it touches.
Sounds of cuckoo’s mating on apple shoots shaken as bees seek honey scents of opening buds raise
fever in the ears of lonely travellers. Somehow they survive like a faithful mind, by thinking about
the divine love of God and His Wisdom.

THIRD SONG

Then Magdalene’s girlfriend expertly searched for Christ and saw that he was nearby. He was
immersed in joyful pastimes with beautiful virgins, who were receiving him with the utmost
respect. A need for delightful, sensuous pastimes suddenly awakened in Christ’s mind when the
virgins showed their eagerness to embrace him. Pointing out this scene to Magdalene, the girlfriend
spoke to her again.
O playful Magdalene, look! Dressed in white cloth and a garland of forest flowers, with myrrh paste
smeared upon his brown limbs, Lord Jesus feels the utmost elation as he enjoys with captivated
virgins in this Galilean forest. His earrings dangling in play, they ornament his smiling cheeks. The
beauty of his cheeks is astonishing and his face displays a wondrous sweetness with the honey of
his playful laughter.
One of the virgins is firmly embracing Christ with intense attachment. Pressing the heavy burden of
her voluptuous breasts against Christ’s chest, she has begun to sing a melody of love with him, in
the musical mode “lilies”.
Another virgin, lured by his wanton quivering looks is meditating on the lily face of Jesus. He
arouses lust in the hearts of sensuous young ladies with the romantic sidelong glances of his restless
eyes, and she is greedy to drink the honey of his lily face.
One curvaceous virgin has leant her face close to Christ’s cheek, on the pretext of whispering a
secret in his ear. When Christ understood her love-laden intention, he reciprocates. That virgin
seized this favourable opportunity to fulfil her most cherished desire. With the utmost delight, she
has begun to kiss his tingling cheek.
Another virgin eager for the art of love, discovered a secluded place in a charming grove of cane on
the banks of river Jordan. Impelled by a joyful fascination for the amatory arts, she pulls Christ with
both hands and dragged him away.
The Lord praises a virgin drunk from dancing with beating palms, in the rite of love upon hearing
the wondrous melody of his divine harp combined with the sound of her ringing bangles.
Christ is embracing one of his beloveds; he is kissing another and somewhere else he enjoys
passionate caresses with another. Elsewhere he gazes expectantly at the face of another beloved,
while appreciating the nectar of her suggestive sweet smile. Somewhere else he mimics a willingly
virgin.
May this auspicious, delightful and astounding song of Sir Mayer increase the good fame of all.
This song bestows all virtues. It describes Magdalene’s gaze upon the wondrous mystery of the
sensual games performed by Christ as she laments.

FOURTH SONG

When Magdalene saw Christ enjoying affectionate exchanges with all the virgins in the groves of
Galilee, she became indignant because he had not acknowledged her eminence. She immediately
departed for another part of the forest and hid herself inside a shady bower that resounded with the
drone of bumblebees. Feeling wretched, she began to disclose secrets to her intimate female
companion.
The sweet notes from his alluring lips are producing a sweet expressive song. His restless eyes
glance, his head sways and his earrings play at his cheeks. I repeatedly remember the Lord’s
attractive brown complexion, his laughter and his humorous behaviour.
His hair is adorned with a circle of charming peacock feathers, caressed by the moonlight that
crowns his hair. His lustre resembles a mass of fresh rain-clouds and brilliant rainbows, coloured
fine cloth adorns his delicate body.
He lowers his face with the desire to kiss the faces of the virgins in the festival of Cupid. His tender
lips are an enchanting soft ruby-red colour like the bud of a scarlet mallow flower. The
unprecedented lustre of his captivating smile spreads across his handsome face.
His entire body thrills when he deeply embraces thousands upon thousands of beautiful virgins with
his long arms, as tender as flower petals. All darkness is dispelled by the rays of beauty emanating
from the ornaments on his hands, feet and chest.
His forehead bears a captivating crown. Its indescribable lustre defeats the immense beauty of a
restless moon amidst a multitude of fresh rain-clouds. I simply go on remembering how the virgins
would be bruised by cruel-hearted Christ, who is always fond of inflicting pain.
The beauty of his cheeks is enhanced by his enchanting, jewelled, fish-shaped earrings. He accepts
the role of a hero and generously fulfils the hearts’ desires of his beloved. Attired in purple, Christ
has diffused his sweetness and captivated the best of his disciples, including saints, sages and
angels.
My heart becomes increasingly agitated by remembering Lord Christ. After arriving beneath a
broad peach tree in full blossom, he waits for me while looking around in anticipation. He
completely dispels my fear of separation, by consoling me with many clever and flattering words.
He quickly delights me with his loving glances.
Sir Mayer has presented this poem for those fortunate persons devoted to the service of Jesus. It
describes the spell-binding beauty of Christ’s form. It is the very embodiment of remembrance of
the Lord’s lily feet and it should be relished after taking complete shelter in the primary passion of
pure love.

FIFTH SONG

Girlfriend, Christ has abandoned me and now he goes away with other virgins. I know that it is
futile to express my love for him. Still, what am I to do? My attachment for him is so powerful that
it will not go away under any circumstances. I just go on enumerating his wonderful qualities.
When I realize my eminence, I become maddened with ecstasy. I cannot be angry with him, even by
mistake; and I feel satisfied when I overlook his love for others. I ardently long for him at every
moment. Girlfriend, I cannot forget him. My heart wants only him.
Once, he went to a secluded forest bower at night in accordance with the plan we had discreetly
arranged by hints and signals. In a mischievous mood, he concealed himself in the dense foliage of
the forest just to observe my eagerness to meet him and my agony in his absence. I began to look
around with tired, fearful eyes, immersed in anxiety and thinking: Oh, when will he come? Then he
suddenly delighted me with the nectar of his amorous laughter.
Christ is never lacking in love when it comes to relieve the burning heat of God Cupid. What’s
more, his mind is also bewildered by attachment for me. My feelings are ornamented by him; how
will my desire to unite with him be fulfilled? Arrange for our meeting immediately.
Seeing me so naive and gullible due to the natural embarrassment that occurs during one’s first
amorous encounter, he employed a succession of courteous words and humble entreaties to abate
my shyness. Enchanted by his flattering words, I smiled softly and sweetly and began to converse
with him. O girlfriend, immediately arrange for me to meet with him!
He made me lie down upon a charming bed of soft, fresh flowers and then, with great pleasure, he
laid so radiantly upon my heart. I kissed him and embraced him deeply. Moreover, he embraced me
and repeatedly drank the nectar of my lips under the powerful influence of passion. O girlfriend, he
is dearer to me than my very life. Take me to meet with him at once.
From the sudden, unexpected surge of rapture within the pleasure of passionate love with him, my
eyes became tired and closed. Christ’s cheeks assumed an extraordinary charm and loveliness from
the joy of this love-play. With sweat of love all over, his looks intoxicate me. Christ is full of love.
O girlfriend, quickly arrange for me to meet with Lord Christ!
Lord Christ is thoroughly conversant with the confidential theories found in authentic manuals on
the techniques of lovemaking. At the time of amorous union with Christ, I murmur like a
nightingale and think of him only. My braid opened and the arrangement of flower blossoms slipped
and fell from my hair and I bear his nail marks. O girlfriend, arrange for me to meet with my dearest
Lord Christ at once!
As we enjoyed amorous play, the jewel-studded ankle-bells on my feet rang out seeing his love.
Unite me at once with that Lord Christ who catches me by the hair, repeatedly kisses my face.
While enjoying with him, I gradually became exhausted. Christ’s slightly open lily eyes were
soaked in the mellows of Cupid. I cling like a creeper and Jesus delights me in his love. O
girlfriend, unite me with my dearest Lord Christ at once.
This narration composed by Sir Mayer portrays Lord Christ’s love as described by the anxious and
impatient heroine in the torment of her separation. May it increase the auspiciousness of all
devotees who recite and hear it.

SIXTH SONG

Christ, the enemy of Satan, remembered the intimate love expressed previously by Magdalene, he
realized that it was the very essence of the highest devotion. His heart was bound by the chain of
desire, embodied in the form of Magdalene. Therefore, considering the love of the other virgins of
Galilee to be insignificant, he abandoned them all.
As he searches for Magdalene in vain, an arrow of love pierced him. Jesus weeps in the thicket on
the banks of the Jordan.
When Magdalene saw me surrounded by virgins, she became indignant and departed. I thought, I
have committed an offence, so I became fearful and could not muster the courage to stop her from
leaving. Alas! I made her leave in anger.
She has been suffering from the heat of separation for a long time, so I cannot predict her behaviour.
What will she do? What will she say? Alas! In the absence of Magdalene, my wealth, my relatives,
my life, my home and everything seems worthless.
I feel as if I am directly beholding the face of Lady Magdalene, with its arched creeper-like
eyebrows. Her angry face resembles a red rose surrounded by hovering bumblebees.
Alas! When I continuously realize the direct presence of Magdalene and deeply embrace her in the
temple of my heart, why am I uselessly lamenting over her and why am I repeatedly searching for
her from forest to forest?
O delicate woman with a slender waist, it seems that your heart is contaminated with jealousy,
which wastes your heart. But what can I do? You proudly left in a huff. What kind of humble
supplication should I offer to dispel your indignation? I have no idea.
You haunt me appearing and disappearing again. Why do you deny me, winding embraces that you
once gave me?
O beautiful one, please forgive me. I will never offend you again. Allow me to see you at once. I am
reeling from the pain inflicted by Cupid.
Sir Mayer appeared in the village of Nazareth just as the moon appears from the ocean. He has
humbly collected Lord Christ’s expressions of deep emotion in the form of this song.

SEVENTH SONG

On the banks of Jordan, in the forest among the dense plants where Jesus was reeling under ardent
love, Magdalene’s girlfriend spoke:
O Jesus! Magdalene is experiencing intense suffering in separation from you. She is so afraid of the
incessant rain of Cupid’s arrows that she has resorted to prayer to find relief from this slow-burning
fire of distress. She has unconditionally surrendered to you and now she is completely immersed in
you by the practice of prayer. In your absence, even the rays of the moon, she feels as is burning
her. The southern breeze with myrrh fragrance, increases her pain of separation.
The arrows of Cupid are falling incessantly upon her heart. Since you reside there, she is making a
mystical shield to protect you by covering her vulnerable heart with large lily petals bearing
droplets of water.
Jesus! Magdalene is making a delightful flower bed, suitable for your enjoyment. Yet it seems to be
a bed of Cupid’s arrows. She is performing severe austerities in the form of a vow to recline on a
bed of arrows in the hope of attaining your deep embrace.
She raises her sublime lily face, clouded and streaked with tears, like the moon dripping nectar from
the cuts made by the eclipse’s teeth.
O Lord Christ, in a secluded place, Magdalene is painting a picture of your captivating form in deer
musk. After depicting you with apple-bud arrows in your hand, she bows down to offer respectful
obeisance to your portrait and worships you.
O Jesus, Magdalene pleads again and again Hey Lord Jesus Christ! I am falling at your feet. As
soon as you become indifferent to me, even the nectar of the moon-goddess feels like shower of fire
upon my body.
Lady Magdalene is completely absorbed in prayer to you. She imagines that you are directly before
her. Sometimes she laments in separation, sometimes she expresses jubilation, sometimes she cries
and sometimes she abandons all suffering by being embraced in a momentary vision.
This song composed by Sir Mayer, based on the words spoken by Magdalene’s dear girlfriend,
should be enacted within the temple of the heart. The girlfriend’s description of Magdalene’s pain in
separation from the Lord Lord are worthy of constant recitation.

EIGTH SONG

O Lord Christ, my girlfriend Magdalene is behaving exactly like a deer. She considers her residence
to be the forest and her friends to be like hunters with a net. The flames of the blazing forest fire in
her body are intensified by her own sighs of pain. Alas, alas! Cupid has become Death personified,
disguised as a tiger hunting its prey.
O Jesus, Magdalene is so emaciated in separation from you that the charming garland of necklace
has become a burden upon her. Hey Jesus, Magdalene suffers in pangs of your separation.
O Jesus, in separation from you, Magdalene looks upon the moist, smooth myrrh paste smeared on
her body feels like poison to her.
Strong winds of her own sighing, feels like burning fire of love.
Her lily eyes glance in all directions, scattering the rain of her teardrops like water-speckled lily
flowers detached from their stems.
Although she sees a bed of fresh petals directly before her, in her bewilderment she perceives it to
be a blazing fire.
Her reddish rose hand presses her cheek, which resembles the beauty of the newly risen moon in the
twilight sky, when she sits alone in a secluded place.
It seems that Magdalene has decided to give up her life. In separation from you, she continuously
chants passionately your name, Lord Lord, Lord Lord, with the desire to attain you.
May this song of Sir Mayer bestow happiness upon the devotees who are unconditionally
surrendered at the feet of Lord Jesus.

NINTH SONG

I’ll stay here, you go to Magdalene appease her with my words and bring her to me! Commanded
by Jesus, her girlfriend went to repeat his words to Magdalene.
My dear girlfriend Magdalene, the zephyr breeze drifts along slowly, just to soak everyone in the
mood for love. Varieties of flowers are opening and tearing open the hearts of lonely lovers. At this
provocative time of spring, passionate Jesus feels morose in separation from you, Magdalene.
The moonshine scorches him threatening death. His heart is pierced by flowers that fall from the
trees like arrows of Cupid. He bitterly laments in your separation.
He covers his ears with his hands when he hears the humming of bumblebees. Every night he
expects that he will attain your company, but he is disappointed. His infirmity increases as he goes
on enduring the torture of separation day after day.
He has abandoned his own charming bed chamber in the palace, to reside in the forest. Instead of
living comfortably at home, he rolls about on the ground, repeatedly calling out your name,
Magdalene! Magdalene!
This song of Sir Mayer is full of Christ’s anxiety of separation. As a result of the piety infused by
this song, those who recite it attain an unsurpassed immersion in the pastimes of separation. May
Lord Jesus Christ manifest within their hearts.

TENTH SONG

Jesus still awaits you in love’s most sacred thicket, where you perfected love together. He meditates
on you without sleeping. muttering a series of prayers. He craves for you.
Christ is adorned with a garland of forest flowers and his form is scintillating. He is dressed in the
most fascinating attire, exactly like the god of sensuality. Don’t make him wait, Magdalene. Follow
the Lord of your heart.
He is currently waiting in a forest bower on the gentle zephyr-windswept shore of the Jordan. He
waits for you, Magdalene.
O Magdalene, he is softly playing his harp, as if calling your name. He considers himself
immensely fortunate to be touched by the pollen, that have first touched your body. As they come to
him on the breeze, he receives them with the utmost honour.
As Christ joyfully makes the bed, he experiences many internal visions. When a bird landing on a
tree rustles the leaves and makes the slightest sound, Christ glances with startled eyes along the path
of your expected arrival.
Girlfriend, go! Move in the direction of that thicket. Take off your ankle-bells. They clang like
traitors in your play. Put on this dark blue garment.
Your garland falls on Jesus’ chest, which is decorated with a necklace of jewels, like lightening on a
dark cloud. Drink that intoxicated love and enjoy your good fortune.
O blue lily-eyed Magdalene, loosen your mind and drink the passion of love. Be with your lover’s
joyful fulfilment, on a bed of freshly sprouted leaves.
Now Lord Jesus is full of pride. The last period of the night is about to pass, so accept my advice.
Go at once, without further delay, and fulfil the desires of the Lord Lord Christ,
O saints! Christ is exuberant, causelessly merciful, exceptionally sweet, virtuous and adorned with
all desirable qualities. Offer obeisance to him with a joyful heart by reciting this song of Sir Mayer,
the composer of the most enchanting poetry and the servant of the Lord Lord.

ELEVENTH SONG

Magdalene was sitting in a chamber of flowering vines. When the girlfriend saw Magdalene
powerless to go to Christ despite her being fervently desirous of his company, she described
Magdalene’s condition to Jesus.
O Lord, you are her only refuge. Lady Magdalene is sinking to the depths of despair in the trysting
place. She is in agony. In all directions and in the core of her heart, she sees you who are so skilful
in drinking the sweet nectar of her lips.
Rushing in her haste to meet you, she stumbles after a few steps and falls down.
She puts on bangles, a sash, rings, armlets, necklaces and other ornaments made of spotless white
lilies and freshly sprouted leaves. She is living only in the hope of being with you again.
O Christ, her mind has become one with yours. Imagining that, “I am Jesus”, she identifies herself
with you and stares at her ornaments.
Why won’t the Lord come quickly to meet me? she incessantly asks her girlfriend.
In the dense darkness, she embraces and kisses the cloud-like form, and says, The Lord has come.
When Magdalene returns to external consciousness and realizes that you have still not arrived, she
loses all bashfulness and begins to weep out loud.
May this song of the poet Mayer awaken abundant jubilation in the hearts of those who are expert in
relishing passion.

TWELFTH SONG

As night came, the mood displayed cratered stains, seeming to flaunt its guilt with lighting depths of
Galilee with moonbeams. The moon appeared like a spot of cinnamon powder on the face of the
sky.
While the moon rose and Jesus idled, lonely Magdalene cried her pain aloud in pitiful sobbing.
My immaculate youth and beauty are all in vain because the Lord has not come to the forest at the
promised time. I have been deceived by my friends, so to whom may I seek refuge now?
That very person, in pursuance of whom I have even entered this wild forest on such a dark night, is
piercing my heart with arrows of love. To whom may I turn for refuge?
It is useless to maintain this body any longer. I should die at once. I am becoming senseless. How
can I endure this intolerable fire of separation?
Oh, how unfortunate I am. This exceptionally sweet spring-night makes me unsteady with the pain
of loneliness. At a time like this it is certain that elsewhere some impassioned young woman is
experiencing the highest happiness of the Lord’s favour, as she enjoys the fruit of her pious
activities.
Every bangle and jewel I wear pains me, carrying the fire of the Lord’s desertion.
Even this garland of forest flowers on my chest is inflicting terrible blows like the arrows of Cupid
upon my body, which is more delicate than the softest flower blossoms.
I fearlessly sit waiting for Christ, even in the midst of this formidable forest. But how astonishing it
is that Jesus does not remember me even once.
As the qualities of a beautiful young woman, who is expert in all arts, always shine within the heart
of a young man, similarly may this delightful song of Sir Mayer, who is unconditionally
surrendered at the lily feet of the Lord Jesus Christ, always bless the hearts of the devotees.

THIRTEENTH SONG

When Magdalene saw her girlfriend come back without Jesus, downcast and tongue-tied, suspicion
raised a vision of some virgin delighting Jesus and she told her girlfriend..
O girlfriend, she is attired in clothes and ornaments suitable for an amorous battle. Tangle of
flowers lie wilted in her loosened hair. Some young woman, who is more qualified than I, is
blissfully engaged in revelry with Jesus.
When Christ deeply embraces her, she becomes bewildered by sensual agitation. She must be
experiencing the bodily transformations beginning with the thrill of every pore of her skin and her
necklace must be swinging to and fro on her.
The beauty of her moonlike face must be enhanced by her curling locks of hair and her eyes must
be blissfully closed out of an all-consuming greed to drink the nectar of Christ’s lips.
Her cheeks must be even lovelier when her earrings are swinging. The tiny bells on the jewelled
sash elegantly adorning her waist must be tinkling so sweetly as they quiver.
When Christ lovingly glances upon her, she becomes bashful and laughs shyly. She must be making
an inarticulate sound resembling the warbling of birds like the cuckoo or nightingale, as she gasps
for breath in the state of excessive ecstasy.
When she is thrilled by the ecstasies of Cupid, bodily convulsions wash over her like waves. Her
complete absorption in Christ will be revealed by the way she closes her eyes and lets out a long
sigh.
She looks even more attractive when her graceful body is covered in droplets of perspiration from
the exertion of her love-sports. How much more beautiful she must be when she finally rests upon
Christ’s chest.
May Sir Mayer’s description of the Lord Lord’s love-play subdue the ill effects of the age of Satan.
May it cleanse the heart from unwanted desires.

FOURTEENTH SONG

The lonely moon like the lily face of Jesus, wane in love’s desolation, that pales in separation from
me. But the moon is Cupid’s friend, it still inflicts torments on my heart.
Jesus is victorious in the love-battle. This attractive virgin, every pore of her skin erupting with joy,
is the very embodiment of bliss. Lord Christ is decorating her face with a design in musk that
resembles the mark of a deer upon the moon. His hair is also standing on end and is kissing her.
Now he is enjoying a romance with his beloved in a forest on the bank of the Jordan.
Her hair is so black, soft, curly and abundant that it resembles a multitude of rain clouds. Or it
seems to be a dense forest wherein the deer called Cupid can wander without fear. The rose flowers
arranged in her hair by the Lord Lord are shining brilliantly like lightning in the dark clouds.
He smears her with deer musk and he is adorning her with an enchanting necklace of pearls, as if
placing a constellation of immaculate stars, upon the firmament of the night sky.
He slips a dark sapphire bangle over her lily petal hand. It looks like a swarm of bees encircling her
arms, which are cooler than lily supple stalk.
He lays a girdle of gemstones on her thighs.
He applies a shining coat of lac on her toe nails. He is lying on his heart, like tender shoots tipped
with pearls to honour Mary’s place inside.
The son of David – that indiscriminate Christ – is delighting in the embrace of some virgin with
beautiful eyes. So girlfriend, tell me – how long shall I sit waiting in this bower of flowering vines
pinned by his seperation?
The king of poets, Sir Mayer, glorifies the pastimes of the Lord Lord, which are completely full of
his divine qualities. May the fault of wicked behaviour, which is so prevalent in this adulterous age,
never enter this servant of the Lord Jesus.

FIFTEENTH SONG

Girlfriend, what fault is that of yours that he has not come yet? Look! Today my heart has been
broken by the burden of intense eagerness. Being attracted by the qualities of my most beloved
Christ, my heart will go to meet with him by itself.
His eyes flirt like blue night lilies in the wind. Oh girlfriend! The wildflower garland of the Lord
caresses her.
The terrible arrows of Cupid can never pierce that beautiful woman who has been blessed by Jesus
Christ. His charming face resembles a fully blossomed lily flower.
Christ speaks nectarine sweet and delightful words to that virgin. She can never feel scorched by
contact with the zephyr breeze.
Christ’s hands and feet are as cool and lustrous as flowers. The charming woman who has been
enjoyed by them does not have to roll about on the earth, burning in the rays of the moon.
Jesus Christ is even more enchanting, fresh and effulgent than a newly condensed rain-cloud. That
virgin who is with Christ will never be burnt by a large quantity of poison in the form of prolonged
separation.
His bright face shines like gold. This fortunate women though teased by her own people, will make
her sign.
The entire universe is touched by his beauty. Christ’s charming, youthful form is lustrous. That
virgin who is now in love with him, will not feel the dreadful pain of separation in the core of her
heart because he is exceedingly compassionate.
May the Lord Lord enter the hearts of the devotees, with the words rendered herein by Sir Mayer.

SIXTEENTH SONG

After struggling through the night, she seemed tired by Cupid’s arrows. She began to speak to him
in temper, as he bowed before her pleading for forgiveness.
Your blue eyes are slowly closing from the sleepless night of passion. Even now they express a
powerful and increasing attachment for that beautiful virgins.
Go away, Christ! Go, Jesus! Don’t plead your lies with me, go after that lily eyed virgin. She will
ease your despair.
Your beautiful red lips have become dark from kissing her painted eyes.
Your body is marked with scratches from the sharp nails of that virgin. It appears as if a certificate
of victory has been inscribed in golden letters upon an emerald wall.
Your celebrated chest is coloured with marks of red footlac from the lily feet of that attractive
woman. It seems as if the firmly-rooted tree of amorous desire situated in the core of your heart is
outwardly manifesting its newly sprouted red leaves.
Your lips are cut and wounded from the biting of that sensual woman’s teeth. Seeing this, sorrow
rises within my heart, yet even now you say, Your body is not separate from mine, we are not
different.
Your heart must be dark, Christ! How can you deceive a faithful creature tortured by your love?
You are roaming in the forest looking for innocent women. What is astonishing about this? By
killing the snakes while still in your infancy, you had already acquainted us with your cruel and
merciless nature.
O learned ones, may you hear the bitter lamentation of a betrayed and sensually deprived young
woman, Magdalene, which is even sweeter than nectar. Heaven rarely yields such sweet elixir.
The red stains her lac-painted feet lovingly left on your heart, look to me like Love. O Cheater! it is
shame alone that supercedes the sorrow I feel in my heart.
One morning, in a state of utter bewilderment, Christ put on Magdalene’s blue upper garment and
Magdalene covered her breast with Christ’s red upper garment. Seeing this, all the girlfriends burst
into fits of uncontrollable laughter. When Christ saw them all laughing, he became shy and, with a
mild smile, he cast an expressive sidelong glance towards the lily face of Magdalene. May that son
of David give joy to the whole universe!

SEVENTEENTH SONG

Magdalene was severely oppressed by the arrows of Cupid and disappointed to be deprived of the
rapture of union with Christ. Dejected and haunted by the Lord’s response to her quarrel, her
girlfriend spoke to Magdalene.
O sulky woman, look! The gentle spring breeze is blowing and Christ has come to your trysting
chamber. My dear friend, what could be a greater source of happiness than this?
Don’t waste your youth.
How many times do I have to tell you? Do not abandon the exceptionally handsome and charming
Lord Lord.
Why are you so overwhelmed with lamentation? Why are you weeping? Your youthful rivals are
delighted to see your alluring gestures.
Make your eyes successful by gazing lovingly at the Lord Christ as he reclines upon a cool bed of
moist lily petals.
Why are you so agitated in your heart of hearts? Listen to me. I am speaking only for your benefit,
without any ulterior motive.
Allow the Lord Lord to come close to you. Allow him to speak some sweet words. Why are you
inflicting even more pain upon your own heart?
May this exquisite description of the Lord Lord’s activities composed by Sir Mayer increase the
happiness of the devotees who are expert in relishing love’s passion.
When he’s tender, you’re harsh. When he’s pliant, you’re rigid. He’s passionate, you’re hateful.
When he looks expectant, you turn away. You leave when he is loving, your stubbornness justly
turns balm to poison, cool moon rays to heat, ice to fire, joys of lust to torments of hell.
The sound of Christ’s harp bewilders the hearts of the virgins. It makes their jewelled tiaras whirl
and their elegant floral decorations fall. It drives away the irrepressible suffering of the celestials. It
makes doe-eyed women become stunned. It attracts them and increases the jubilation of their eyes.
May that harp-sound destroy all impediments on the path of auspiciousness for everyone.
When Christ deflated the pride of Satan, the celestials were immersed in bliss. As they bowed to
him with the utmost reverence, the reflected lustre of the sapphires on their crowns made his feet
seem to be white lily flowers. The charming Jordan flows effortlessly and spontaneously like honey
from the lily of those feet. We prostrate to that Lord Jesus’ lily feet, the vanquishers of all
inauspiciousness.

EIGHTEENTH SONG

As night came, he approached Magdalene, finding the force of her anger softened, her face weak
from endless sighing. She stared in shame at her friends face, as the Lord spoke his emotion-filled
blissful words.
My beloved, O graceful one, give up this causeless aversion. If you will speak to me, even a little,
the terrible darkness of my fear will be dispelled by the effulgent rays of your teeth. Then your
moonlike face will make the nightingale of my eyes anxious to drink the nectar of your lips.
My cherished love! Abandon your baseless ego. The fire of amorous desire is burning in my heart.
Allow me to drink the honey of your lily face.
O you whose teeth are radiant, if you are genuinely angry with me, then strike me with the sharp
arrows of your glance. Bind me in the ropes of your arms. Cut my lips with the biting of your teeth.
Do whatever will make you happy.
You are my only ornament. You are my very life. You are the pearl in the ocean of my existence.
Always remain favourably disposed to me – my heart wishes only that.
O slender woman, your blue lily-like eyes have now become reddish. Cupid’s arrow arises the
expression of love. Christ’s love responds to that, with the same intensity.
The pearls adorning you, move the depths of your heart. May this sash of bells splendidly adorning
you, proclaim the order of Cupid.
O softly spoken one, your feet defeat the beauty of a lily and increase the lustre of my heart. Just
order me to colour those feet with foot-lac.
My beloved! Offer the fresh buds of your enchanting feet as an ornament upon my head, so the
effect of Cupid’s poison may be alleviated and the harsh fire of amorous desires may also be
relieved.
Sir Mayer, the beloved of Jesus, has related the tender, flattering words spoken by Jesus to
Magdalene. May these sweet, enchanting words be triumphant.

NINETHEENTH SONG

Fretful Magdalene, don’t suspect me! A rival has no place, When you always occupy my heart.
Fulfil our destined rite!
Punish me, lovely fool! bite me, chain me with your creeper arms, crush me, don’t weaken with
joy! Let Cupid’s arrows pierce me!
O woman with a radiant moonlike face, the curving vine of your eyebrow overwhelms the hearts of
young men. It resembles a female snake who even defeats the terrible influence of time itself. The
intoxicating nectar flowing from your lips is the only medicine to dispel the fear created by your
eyebrow.
My beloved Magdalene, O hot-tempered woman, your enchanting red lips are friends with the lustre
of a rose. Your cool cheeks have assumed the splendour of a lily. Your eyes eclipse the beauty of a
blue lake-flower. Your nose is like a sesame flower. Your teeth are as radiant as jasmine blossoms. O
beloved, the archer Cupid worshipped your face with his five flower arrows and then conquered the
entire universe.
Your moist lips glow, like scarlet autumn; the skin of cheek is a honey-coloured flower. Magdalene,
your eyes glow like gleaming dark lilies, your nose is sesame flower, your teeth white jasmine. O
you who are bereft of proper discrimination, your affectionate beloved is present before you.
Your eyes are lazy, your face glows like the moonlight nymph, your gait pleases every creatures,
your thighs are hills in motion, your passion is the mystic rite of Eros, your brows form the sensual
line of the truth. Saint Mary Magdalene, as you walk on earth, you are the young beauty of an
heavenly nymph!

NEUNTES BUCH
(...)

Wird sie dann zerstört werden oder keine Rolle mehr spielen?
Der Retter sagte: Die ganze Natur, alle Formationen, alle Geschöpfe existieren in- und miteinander,
und sie werden wieder in ihre eigenen Wurzeln aufgelöst werden.
Denn die Natur der Materie wird in die Wurzeln der eigenen Natur allein aufgelöst.
Wer Ohren hat zu hören, der höre.
Petrus sagte zu ihm: Weil du uns alles erklärt hast, teile uns dies auch mit: Was ist die Sünde der
Welt?
Der Retter sagte: Es ist keine Sünde, aber ihr seid es, die ihr Sünde tut, wenn ihr die Dinge, wie die
Natur des Ehebruchs, als Sünde tut.
Das ist es, warum der Gute kam in eure Mitte, zu den Wesen jeder Art, um sie an ihrer Wurzel
wiederherzustellen.
Dann sprach er weiter und sagte: Das ist es, warum du krank wirst und stirbst, denn du hast dich
dem, der dich heilen kann, entzogen.
Wer Verstand hat, zu verstehen, möge verstehen.
Die Materie gebar eine Leidenschaft, die nicht gleichgültig ist, die etwas gegen die Natur
vorgezogen hat. Dann tritt eine Störung in deinem ganzen Körper ein.
Das ist es, warum ich zu dir gesagt habe: Sei getrost, und sei in Gegenwart der verschiedenen
Formen der Natur, wenn du entmutigt bist.
Wer Ohren hat zu hören, der höre.
Als der Erhabene dies gesagt hatte, grüßte er sie alle und sagte: Friede sei mit euch! Empfangt
meinen Frieden in euch selbst!
Achte darauf, dass dich niemand in die Irre führt und sagt: Siehe, hier oder da ist er! - Denn der
Sohn des Menschen ist in dir!
Folge Ihm nach!
Diejenigen, die ihn suchen, werden ihn finden.
Geh dann und predige das Evangelium des Königreichs!
Lege dir keine Regeln auf über das hinaus, was ich euch geboten habe, und gebe dir nicht ein
Gesetz wie ein Gesetzgeber, damit du nicht dadurch eingeschränkt wirst.
Als er das gesagt hatte, ging er.
Aber sie waren betrübt. Sie weinten sehr und sprachen: Wie sollen wir gehen zu den Heiden und
predigen das Evangelium des Königreichs des Sohnes des Menschen? Wenn sie Ihn nicht verschont
haben, was werden sie mit uns tun?
Da stand Maria auf, begrüßte sie alle, und sagte zu ihnen: Brüder, weint nicht und seid nicht
traurig, noch unentschlossen, denn Charis wird völlig mit euch sein und wird euch beschützen.
Aber lasst uns loben seine Größe, denn er hat uns vorbereitet und uns in Menschen verwandelt.
Als Maria das gesagt hatte, wandte sie ihr Herz dem Guten zu, und sie fing an, die Worte des
Erlösers zu besprechen.
Petrus sagte zu Maria: Schwester, wir wissen, dass der Heiland dich mehr liebt als den Rest der
Frauen.
Bitte sag uns die Worte des Erlösers, an die du dich erinnerst, welche du weißt, aber wir wissen
nicht, noch haben wir sie gehört.
Maria antwortete und sprach: Was dir verborgen ist, will ich dir verkünden.
Und sie fing an, zu ihnen diese Worte zu reden: Ich habe, sagte sie, den Herrn geschaut in einer
Vision, und ich sagte zu ihm: Herr, ich habe dich heute in einer Vision geschaut. Er antwortete und
sprach zu mir:
Selig bist du, dass du nicht bei meinem Anblick zu wanken begonnen hast. Denn wo dein Geist ist,
das ist dein Schatz.
Ich sagte zu ihm: Herr, wie kann er, der die Vision schaut, sie schauen, durch die Seele oder durch
den Geist?
Der Erlöser antwortete und sprach: Er hat nicht durch die Seele noch durch den Geist geschaut,
sondern die Geistseele, die zwischen den beiden ist, die ist es, die schaut die Vision.
(...)
Und das ist mein Wunsch: Ich habe dich nicht gesehen herabsteigend, aber jetzt sehe ich dich
heraufsteigend. Warum gehörst du zu mir?
Die Seele antwortete und sprach: Ich schaute dich. - Du hast mich nicht gesehen, noch mich
erkannt. Dir diente ich als ein Kleid, und du hast mich nicht erkannt.
Als er dieser sagte, floss die Seele über vor Freude!
Hier kam sie in der dritten Potenz, die Unwissenheit genannt wird.
Die Macht hat der Seele eine Frage gestellt und sprach: Wo gehst du hin? In Schlechtigkeit bist du
gefesselt. Aber du bist verpflichtet, nicht zu richten!
Und die Seele sprach: Warum hast du mich beurteilt, obwohl ich noch nicht beurteilt wurde?
Ich war gefesselt, obwohl ich nicht gefesselt bin.
Ich wurde nicht erkannt. Aber ich habe erkannt, dass das All erlöst wird, beide, die irdischen Dinge
und die himmlischen.
Als die Seele die dritte Kraft zu überwinden hatte, ging sie nach oben und sah die vierte Kraft, die
sieben Formen annahm.
Die erste Form ist Dunkelheit, die zweite Verlangen, die dritte Unwissenheit, die vierte die
Aufregung des Todes, die fünfte das Reich des Fleisches, die sechste die törichte Weisheit des
Fleisches, die siebte die zornige Weisheit. Dies sind die sieben Kräfte des Zorns.
Sie fragten die Seele: Woher weißt du Bezwingerin von Männern, hierher zu kommen, oder wohin
gehst du, Erobererin des Weltraums?
Die Seele antwortete und sprach: Was mich fesselt, ist getötet worden, und das lässt mich
überwinden.
Und mein Verlangen wurde beendet, und meine Unwissenheit ist gestorben.
In einem Äon wurde ich aus der Welt entrückt, und in bin von einem neuen Typus, und von der
flüchtigen Fessel des Vergessens befreit.
Von diesem Zeitpunkt an werde ich den Rest der Zeit verbringen in der Stille.
Als Maria das gesagt hatte, schwieg sie, denn es war an dieser Stelle, dass der Retter mit ihr
gesprochen hatte.
Aber Andreas antwortete und sprach zu den Brüdern: Sagt, was ihr über das, was sie gesagt hat,
denkt. Ich zumindest glaube nicht, dass der Retter solches sagte. Denn gewiss, diese Lehren sind
seltsame Ideen.
Petrus antwortete und sprach die gleichen Dinge.
Er befragte sie über den Erlöser: Hat er wirklich intim gesprochen mit einer Frau, und nicht offen zu
uns? Sind wir dazu bestimmt, alle auf sie zu hören? Hat er sie lieber als uns?
Da weinte Maria und sprach zu Petrus: Mein Bruder Petrus, was denkst du? Glaubst du, dass ich
dies in meinem Herzen trage, oder dass ich über den Retter nicht die Wahrheit sage?
Levi antwortete und sprach zu Petrus: Petrus war schon immer hitziger als andre.
Jetzt sehe ich dich streiten mit der Frau, wie es Gegner tun.
Aber wenn der Retter sie geehrt, wer bist du, sie abzulehnen? Sicherlich, den Retter kennt sie sehr
gut.
Das ist es, warum Er sie mehr liebt als uns. Vielmehr wollen wir beschämt sein und zu perfekten
Menschen werden, und uns trennen, wie er uns geboten, und predigen das Evangelium, nicht zur
Festlegung anderer Regeln oder anderer Gesetze über das hinaus, was der Erlöser sagte.
Und als sie das hörten, begannen sie, hinauszugehen, um zu verkünden und zu predigen.

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